Etymologie, Etimología, Étymologie, Etimologia, Etymology, (griech.) etymología, (lat.) etymologia, (esper.) etimologio
DE Deutschland, Alemania, Allemagne, Germania, Germany, (esper.) Germanujo
eXterne Wortlisten, (esper.) eksteruloj vortlistoj
XADE_o - Adelung - Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart
O

(E?)(L?) https://woerterbuchnetz.de/?sigle=Adelung#0

Adelung: Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart




Erstellt: 2021-01

A

Adelung, Johann Christoph
Hochdeutsches Wörterbuch
Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart,
mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten,
besonders aber der Oberdeutschen [Adelung]

(E?)(L?) http://www.bastisoft.de/misc/adelung/

Zu den Daten

Hier finden Sie den vollständigen Text des "Grammatisch-kritischen Wörterbuchs der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen" von Johann Christoph Adelung. Er entspricht der Ausgabe von 1811, die vom Münchener Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek eingescannt und mit einem Texterkennungsprogramm in Textform überführt wurde. Text und Bilder hat die sogenannte Digitale Bibliothek auf Ihrem Web-Server verfügbar gemacht, jedoch nicht als fortlaufenden Text. Das ist die Lücke, die diese Datei füllen soll.

Wichtige Hinweise zu dieser Version: Der Text unterliegt keinem urheberrechtlichen Schutz, da dieser nach deutschem Recht nur Werken gewährt wird, deren Urheber noch lebt oder höchstens seit 70 Jahren tot ist.

Sebastian Koppehel


Erstellt: 2010-02

B

C

D

E

F

G

H

I

J

K

L

M

N

O

O (W3) [Adelung]


O, der funfzehente Buchstab des Deutschen Alphabetes, und der vierte unter den Selbstlautern, welcher mit einer runden Öffnung des Mundes ausgesprochen wird. Es hat im Hochdeutschen nur einen einzigen Laut, welcher aber bald gedehnt ist, wie in Tod, roth, schon, bald geschärft, wie in Post, Sonne, Stock. In den Mundarten aber gehet es fast in alle andere Selbstlaute, das i ausgenommen, und oft in die widrigsten Doppellaute über. Saun für Sohn, Pust für Post, grauß, groaß, gruß, für groß u. s. f. So wie in eben diesen Mundarten andere Selbstlaute in diesen übergehen. Die Doppellaute oi und ou finden sich, außer einigen eigenthümlichen Nahmen, nur noch in den gemeinen gröbern Mundarten. Für auch spricht der Schweizer ouch, für Eimer, Oimer, und statt Voigt schreibt und spricht man im Hochdeutschen beständig Vogt. Ehedem druckte man das gedehnte o oft durch ein angehängtes e aus, welche Schreibart sich noch in einigen eigenthümlichen Nahmen erhalten hat. So schreibt man Soest und Coesfeld, und spricht Soost und Coosfeld. In den neuern Zeiten fing man an, in einigen Wörtern das gedehnte o mit einem oo zu schreiben, und dieses Zeichen des gedehnten Selbstlautes gar für einen Doppellaut auszugeben, welches es doch auf keine Weise seyn kann, ( S. Aa.) So wollte Gottsched Boot, und Room (besser Rahm, denn Room ist Niederdeutsch) zum Unterschiede von der Stadt Rom, geschrieben wissen. Allein die Verdoppelung der Selbstlauter ist unter allen möglichen das unschicklichste Zeichen der Dehnung, und die seltsame Neuerung, verschiedene gleichlautende Wörter auch durch die Schreibart zu unterscheiden, hat zu wenig Beyfall gefunden, als daß man noch Rücksicht darauf nehmen könnte, zumahl da sie sich unter hundert Fällen kaum in Einem anwenden lässet. Von dem h, so fern es gleichfalls das Zeichen eines gedehnten o ist, S. H. Ein sehr nahe mit o verwandter Selbstlaut ist das ö, welches eben so wohl bald gedehnt bald geschärft ist, und daher von den meisten Sprachlehrern irrig für einen Doppellaut gehalten worden, da es doch vielmehr ein eigener Selbstlaut ist, welchen man nur aus Armuth an Schriftzeichen durch ein oe, o, oder ö ausdruckt, ( S. Ä.) In der Ableitung und Beugung der Wörter pflegt das o gern in diesen Selbstlaut überzugehen. Groß, größer, Größe; Tod, tödten, tödtlich; Ochs, Öchschen; Wort, wörtlich, Wörter; roth, Röthel, röthlich, röthen, u. s. f. Regeln lassen sich davon nicht geben, sondern der Gebrauch entscheidet hier alles. Das o druckt vermöge seiner Natur etwas Großes, Hohes, Erhabenes, Weites aus, und ist der natürliche Ausdruck der staunenden Verwunderung. ( S. den folgenden Empfindung statt.) Man findet es daher gemeiniglich in denjenigen Wörtern, welche diese Eigenschaft bezeichnen; groß, grob, hoch, Ochs, empor, ori, u. s. f. obgleich durch die Länge der Zeit, durch die natürlich Unbeständigkeit der Menschen, und durch das Eigenthümliche der Mundarten, dieses ursprüngliche o in vielen Wörtern in andere verwandte Selbstlauter übergegangen ist. Indessen haben wir doch noch Wörter, wo die verschiedenen Vocale zugleich die Verschiedenheit der Größe ausdrucken. Stock, Stecken und die Nieders. Stake und Sticken sind alle in der Größe verschieden, wie Kloß und Klößchen, das Schwed. Not, ein großes Netz, und Nätt, ein kleines Netz, und andere mehr. S. I den Selbstlaut. In den nördlichen Mundarten ist das o zu Anfange der Wörter oft aus unserm un entstanden, wo es sich denn dem a privativo der Griechen nähert. Im Schwed. ist otrogen ungetreu, osmaklig unschmackhaft; abgeschmackt, Ofall Unfall, Osoid ein schädliches Thier, u. s. f. Hingegen ist es im Schwedischen auch eine intensive Partikel; omycken, sehr stumm. Im Deutschen wird es manchen Wörtern, welche sich auf ein r endigen, oft müßig angehängt; dero, ihro, nunmehro, dahero u. s. f. wo es aber die reinere Hochdeutsche Mundart, einige wenige Fälle ausgenommen, wieder weggeworfen hat. S. Dero.


O! (W3) [Adelung]


1. O! ein Zwischenwort, welches sehr lang ausgesprochen wird, und ein Zeichen des Stillehaltens ist. So ruft man den Pferden vor dem Wagen, wenn sie stille stehen sollen, zu: O! wo man es auch wohl Oh zu schreiben, und im Sprechen auch wohl mit dem ha zu verlängern pflegt, oha! Das o, wenn es in einigen Sprachen den Vocativis vorgesetzet wird, jemanden zu rufen, scheinet gleichfalls hierher zu gehören. ( S. He 2.) Im Deutschen ruft man mit diesem Selbstlaute gewöhnlich nicht, denn wenn er den Vocativis mit Heftigkeit, oder mit einer Gemüthsbewegung vorgesetzet wird, da ist er eigentlich die folgende Interjection.


O! (W3) [Adelung]


2. O! ein Empfindungslaut, welcher der natürliche Ausdruck zunächst der Verwunderung, hernach aber auch fast aller lebhaften Gemüthsbewegungen mit allen ihren Schattirungen und Unterarten ist. 1) Der Verwunderung, so wohl der Verwunderung überhaupt. O, wie groß das ist! O, welch eine Tiefe! O, das ist zu viel! Als der fröhlichen, angenehmen Verwunderung. O, welch ein Glück! O, wie schön! O, der Entzückung! Weiße. O, was ist der Umgang mit großen Herzen für eine Wollust! Gell. Als auch der unangenehmen. O, welch ein Schmerz! O, welche Schande! O, Himmel! O, der Schande. 2) Einer jeden angenehmen Empfindung, nach allen Graden ihrer Stärke. O, wie mir das Herz schlägt! O Anblick, der mich fröhlich macht, Mein Weinstock reift und Doris lacht, Haged. Gegrüßet seyst du edles Licht, O Sonne! Weiße. Vergönne doch auch der süßen Cythere Den Zutritt, und o! dem freundlichen Amor, Raml. wo das o! den freundlichen Amor mit Bewunderung gleichsam ankündiget. 3) Einer jeden unangenehmen Empfindung von der Verzweifelung, der auffahrenden Wuth an, bis zum kältern Hohne, und dem gelassenern Unwillen. O, du Ungeheuer! O, ihr Thoren und träges Herzens! Luc. 24, 25. O, du Kind des Teufels! Apostelg. 13, 10. O, welche Noth! O, der großen Noth! O, ich Elender! O, mich Unglücklichen! O, der kurzen Freude! Weiße. O, über den infamen Kalender, daß ein solcher Tag darinnen steht! Weiße. O, des klugen Mannes! ironisch. O, ich habe es wohl ehe gesehen, daß du hast gehen wollen! Gell. 4) Des Wunsches, des Mitleidens, der Sehnsucht. O, daß ich dieser Hoffnung gewiß wäre! O, daß ihr weise wäret! O wenn er doch käme! Du blutest armes Thierchen, du, O, bissest du nicht an! Weiße. 5) Ja fast einer jeden veränderten Gemüthsstellung, besonders in der vertraulichen Sprechart. O, gehen sie doch noch nicht! O, sieh doch mir erst ins Gesicht! Weiße. O, warum sagen sie es denn laut? Da es denn im gemeinen Leben oft müßig ohne alle Gemüthsbewegung gebraucht wird. O ja, o nein, für das einfache ja und nein.

Anm. Dieser Empfindungslaut bindet sich so wie die Leidenschaft selbst, deren Dolmetscher ist, an keine bestimmte Wortfügung. Man findet ihn so wie ach mit allen Endungen, ohne daß man eben sagen könne, daß er diese Endungen regiere, ( S. 2. Ach,

Anm. 2.) Im gemeinen Leben verstärkt man ihn bey schwächern Gemüthsbewegungen oft mit dem ho. Oho, finde ich dich da? Diese Interjection lautet mit wenigen in allen Fällen üblichen Veränderungen fast allen Sprachen O! Oh! Das Hebräische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Latein. Eheu! und unser ach, ah, ha sind genau damit verwandt, oder sind vielmehr nur verschiedene Aussprachen eines und eben desselben Lautes. Ach ist wegen des Hauchlautes im Oberdeutschen, besonders in den Ausdrücken des Schmerzens, der Wehmuth, der Klage üblicher, so wie die Niederdeutschen, und die Hochdeutschen in der vertraulichen Sprechart, o häufiger gebrauchen, welches doch in allen Mundarten der Verwunderung vorzüglich eigen ist; so wie es bey der sanften, angenehmen, schmeichelnden Bewunderung gern in das ey! übergehet, welches wegen des kleinern Lautes ei schon eine Verkleinerung bezeichnet, ( S. I den Selbstlaut.) Bey den Schwäbischen Dichtern kommt es oft mit dem vorgesetzten Zischlaute vor. So we dir werlt! o, weh dir Welt! So helfe berndes trostes! o, des hülfreichen Trostes! S. Ach.


Ob (W3) [Adelung]


1. * Ob, eine im Hochdeutschen veraltete Partikel, welche noch im Oberdeutschen üblich ist, wo sie dem nied ( S. Nieden,) entgegen gesetzet ist, und in doppelter Gestalt vorkommt. 1) Als ein Nebenwort des Ortes, für das Hochdeutsche oben. ( S. dieses Wort.) Besonders in den Zusammensetzungen obbesagt, obbemeldt, obgemeldt, obberührt, oberwähnt, obgedacht, obgenannt, obbeschrieben, oberzählt, obangezogen u. s. f. welche auf in den Hochdeutschen Kanzelleyen nicht selten sind, und wofür man in der reinern Schreibart oben gedacht, oben gemeldet, oben genannt u. s. f. gebraucht. ( S. auch Obig.) 2) Als ein Vorwort, welches die dritte Endung erfordert, und eigentlich über, figürlich aber auch wegen, an, während u. s. f. bedeutet, in welcher Gestalt es auch in der Deutschen Bibel vorkommt. Ob dem Haupte schweben, über. Meine Hand soll ob dir halten, über dir, 2 Mos. 32, 22. Darum daß ich ob dem Guten halte, Ps. 38, 21. Halte ob dem Wort, Tit. 1, 9. Daß ihr ob dem Glauben kämpfet, Epist. Jud. 3, für den Glauben oder wegen desselben. Ob dem Mahle, Macc. 16, 6, während der Mahlzeit. Du schiltest ob der stolzen Leute Schaar, Opitz. Gott halt ob ihnen Hand, ebend. Ob denen wird des Herrn Güte schweben, ebend. Österreich ob der Ens, über, jenseits der Ens. Rothenburg ob der Tauber, an der Tauber. Wir haben ob Ew. - - Schreiben vernommen, aus. Im Hochdeutschen gebraucht man dieses Vorwort noch zuweilen in der komischen Schreibart. Ihm graute ob einem solchen Wundersmann. Dahin gehören auch die Zusammensetzungen darob, darüber, hierob, hierüber, Obacht, Obdach, Obhut, Obhanden, Obmann, Obsicht, Obstatt, obliegen, obsiegen u. s. f. welche im Oberdeutschen am üblichsten sind, wenigstens aus dieser Mundart herstammen, ob sie gleich zuweilen auch im Hochdeutschen vorkommen.

Anm. Diese alte Partikel lautet schon bey dem Kero und Ottfried oba. Sie ist das Stammwort von unserm oben, ober und über, und ist mit auf, Nieders. up, genau verwandt; ( S. diese Wörter.) Auf eben diese Art stammen von dem Oberdeutschen nied die Hochdeutschen nieden und nieder her.


Ob (W3) [Adelung]


2. Ob, ein Bindewort, welches überhaupt einen Zweifel, eine Ungewißheit begleitet, und in einer doppelten Hauptbedeutung üblich ist. 1. Einen eigentlichen Zweifel, eine eigentliche Ungewißheit zu begleiten, wo es alle Mahl im Nachsatze stehet, und solche Zeitwörter vor sich hat, auf welche sich die Ungewißheit beziehet. Frage ihn ob er es gesehen hat. Frage erst, ob er da ist. Siehe zu, ob er es ist. Daß ich sehe, ob sie noch leben, 2 Mos. 4, 18. Ich frage dich, ob du gehen willst. Es fragt sich, ob es noch Zeit ist. Wo das es sehr häufig mit dem ob zusammen gezogen wird. Wer weiß obs wahr ist. Ich weiß nicht, ob ichs thue. Wer weiß auch ob ich ihm gefalle. Laß sehn, spricht Galathe, obs auch die meine sey, Gell. Es kommt darauf an, ob er auch will. Man siehet schon aus diesen Beyspielen, daß ob nicht schlechterdings den Conjunctiv erfordert. In dem Gellertschen Beyspiele Laß sehn u. s. f. könnte auch der Indicativ stehen, obs auch die meine ist. Wird aber die Frage erzählet, so ist der Conjunctiv unentbehrlich. Man frage ihn, ob er sich wohl befunden habe. Der auch in einigen andern Fällen nöthig ist, wenn das Ungewisse der Rede ihn erfordert. Sie mögen aus meiner Bestürzung schließen, ob mir ihr Antrag gleichgültig gewesen sey, Gell. Wenn nach der ungewissen Sache ihr Gegensatz mit beygefüget wird, so bekommt derselbe das oder vor sich. Bis er erkennete, ob der Herr zu seiner Reise Gnade gegeben hätte, oder nicht, 1 Mos. 24, 21. Der Priester soll es schätzen, obs gut oder böse sey, 3 Mos. 27, 12. Ich weiß nicht, ob ich es thue oder nicht. Man konnte lange nicht erfahren, ob er gesund oder krank sey. Die ungewissen Subjecte in dem Nachsatze leiden in der vertraulichen Sprechart auch eine Ellipse des Zeitwortes. Ja ich weiß nicht, welche sie meinen, ob die erste oder die letzte, Gell. d. i. ob sie die erste oder letzte meinen. Ich weiß nicht, wem ich glauben soll, ob dem Magister, oder Lottchen, ebend. Bey den Dichtern wird statt des oder auch wohl das ob wiederhohlet. Kurz er blieb ungewiß, wo er mehr Ansehn hätte, Ob in dem Feld, ob in dem Cabinette, Gell. Im Nieders. ist diese Wortfügung sehr üblich. Ich weiß nicht, ob ich warte, ob nicht. Allein, da wird of, oft und ofte auch für oder überhaupt, ingleichen für entweder gebraucht. Ob dieß, ob das, entweder dieß, oder das. In der vertraulichen Sprechart dienet ob sehr oft auch ohne ein vorher gehendes Zeitwort eine Muthmaßung zu begleiten. Ob sich etwa gar krank werde? Gell. In andern Fällen ist die Auslassung des vorher gehenden Zeitwortes merklicher. Lassen sie ums gehen, ob wir die Sache sehen oder nicht, d. i. es ist nichts daran gelegen. Ob wir ihr kaltsinniges Gespräch von der Freundschaft hören oder nicht, Gell. Ehedem war es sehr üblich, ob vielleicht, oder nur ob allein für vielleicht daß zu setzen. Schreye zu deinem Gott, ob vielleicht Gott an uns gedenken wollte, Jon. 1, 6. Laßt uns Buße thun, ob Gott uns möchte gnädig seyn. In der reinern Schreibart der Hochdeutschen ist dieser Gebrauch veraltet. 2) Einen möglichen aber doch ungewissen, oder wenigstens noch künftigen Fall, wo es bey den ältern Oberdeutschen Schriftstellern sehr häufig für das wenn überhaupt vorkommt. Vbe si daz ne tuont, wenn sie das nicht thun, Notker. Ob jemand sündiget, so haben wir einen Fürsprecher, 1 Joh. 2, 1. Und ob ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seyd ihr doch selig, 1 Pet. 3, 14. Im Hochdeutschen ist dieser Gebrauch, den folgenden Fall ausgenommen, veraltet, daher Ramler ihn wenigstens für die Dichtung, wieder einzuführen gesucht: Und ob er auch diesen Triumph verlenkt - So singe du doch u. s. f. Und an einem andern Orte: Ob alle Reisigen aus euren Vesten, Ob eine neue Helene Euch alle Prinzen aus Lutetiens Palästen Zu Feldherrn sendete; d. i. wenn auch. Das Nieders. oft, ofte, das alte Oberdeutsche oba, ibu, das Angels. gif, und Engl. if, bedeuten gleichfalls wenn. Wir gebrauchen es in der Bedeutung des wenn nur noch in einem doppelten Falle. 1) In den zusammen gesetzten Bindewörtern obgleich, obschon und obwohl, ( S. diese Wörter.) 2) Nachdem als, eben als, gleich als, eine Ähnlichkeit zu bezeichnen, wo alle Mahl der Conjunctiv folgen muß. Es ist mir, als ob ich zu Rom wäre. Es siehet aus, als ob es regnen wollte. Gerade, als ob heute ein Festtag wäre. Ich will thun, als ob ich es gesehen hätte. Ich muß also thun, als ob ich gar nichts wüßte, Gell. Aber warum sehen sie mich so ängstlich an, als ob sie mich bedauerten? Gell. Wenn sie es erzählen, so wird mirs so neu klingen, als ob ichs selbst noch nicht wüßte, ebend. Als obs eine Schande wäre, zu nehmen, was man uns gibt, Weiße.

Anm. Bey dem Ulphilas jabai, jau, gau, im Isidor und bey dem Kero ibu, in dem alten Gesetze der Könige Ludwigs und Lothars aus der ersten Hälfte des 9ten Jahrhunderts avo, bey dem Ottfried oba, bey dem Willeram obe, avo, im Nieders. of, oft, ofte, im Isländ. ef, im Dän. om, im Lat. an. Im Schwed. ist noch If als ein Hauptwort für Zweifel, und jefwa als ein Zeitwort für zweifeln, muthmaßen, üblich. Bey den ältern Oberdeutschen Schriftstellern kommt oba auch für daß und ach daß vor.


Obacht (W3) [Adelung]


* Die Obacht, plur. car. ein nur in den gemeinen Sprecharten für Achtung, Aufsicht, übliches Wort; von dem Oberdeutschen Vorworte ob, auf, über, und Acht. Etwas in Obacht nehmen, in Acht, ingleichen es wahrnehmen. Obacht auf etwas geben, Achtung geben, aufmerken. Der göttlichen Obacht empfehlen, Aufsicht, Obhuth. Unser beobachten stammet noch davon her, S. dasselbe, ingleichen 1 Ob.


Obbemeldet (W3) [Adelung]


Obbemeldet, Obbenannt, Obberührt, Obbesagt, S. 1 Ob.


Obdach (W3) [Adelung]


Das Obdach, des -es, plur. die -dächer, eigentlich ein Dach über etwas. Figürlich wird es im Oberdeutschen häufig für einen bedeckten Ort, ingleichen für einen bedeckten Aufenthalt, eine Herberge gebraucht, in welcher Bedeutung es auch wohl in der edlern Schreibart der Hochdeutschen vorkommt. Schon Hornegk gebraucht es für Herberge. Jemanden Obdach geben, Herberge. Etwas unter Obdach bringen, an einen bedeckten Ort; Nieders. ein Schauer. Mit Schweiße bedecket Eilen die heißen Gespanne mit Brausen unter das Obdach, Zachar. S. 1 Ob.


Obelisk (W3) [Adelung]


Der Obelisk, des -en, plur. die -en ein aus dem Griechischen entlehntes Wort, eine hohe viereckige Pyramide mit einer kleinen Grundfläche zu bezeichnen. Weil sie gemeiniglich zur Pracht errichtet werden, so hat man dieses Wort durch Prachtkegel zu geben versucht. Opitz gebraucht dafür Spitzstein. Spitzsäule ist schicklicher, nur daß es auch von Pyramiden gebraucht wird.


Oben (W3) [Adelung]


Oben, ein Nebenwort des Ortes, der Höhe nach, mehr von der Oberfläche der Erde, oder von ihrem Mittelpuncte entfernet, im Gegensatze des unten und nieden, ingleichen auf der Oberfläche, d. i. der von dem Mittelpuncte der Erde am weitesten entfernten Fläche eines Dinges. 1. Eigentlich. Oben schwimmen, auf der Oberfläche des Wassers. Gemeiniglich kommen noch Vorwörter dazu, welche diesen sonst unbestimmten Begriff näher bestimmen. Oben auf dem Berge. Oben im Sacke, 1 Mos. 42, 27. Oben im Hause, wofür man auch nur schlechthin oben sagt. Oben wohnen, oben im Hause. Oben im Himmel. Von oben an bis unten aus. Bis oben an füllen. Oben drauf stehen, legen, setzen, stellen. Wir kommen von oben her. Etwas oben abschneiden. Von oben herab, von oben nieder. Oben durch das Dach. Dort oben, im Gegensatze des hier unten oder hier nieden. 2. Figürlich. 1) Für vorher, im vorigen; in Schriften, im Gegensatze des unten. Wie oben gedacht worden, im vorigen. Der oben gemeldete Freund. Die oben erwähnte Sache. In den Hoch- und Oberdeutschen Kanzelleyen ist dafür das veraltete ob üblich, welches alsdann mit den Mittelwörtern zusammen gezogen wird; oberwähnt; ( S. 1 Ob.) Aber unser oben mit ihnen zusammen zu ziehen, obengedacht, ist wider alle Analogie. 2) Oben an sitzen, gehen, stehen, an dem obersten, vornehmsten Platze. 3) Oben ein, oder oben drein, über dieß noch, als ein überflüssiges, eigentlich nicht zur Sache gehöriges Stück. Etwas oben drein geben, als eine Zugabe. Die zehnte gäb ich oben drein, Weiße. Ingleichen über dieß noch, in der vertraulichen Sprechart. Ich mußte noch oben ein den Verdruß empfinden u. s. f. Er ist so reich wie sie - oben drein aber ist er noch ein rechtschaffener und ehrlicher Mann, Weiße. Da werde ich noch oben ein ausgelacht. Da kommt noch oben drein jemand. 4) Oben hin, welches von vielen ohne Noth zusammen gezogen wird, obenhin, nachlässig, gleichsam nur die Oberfläche berührend, auf der Oberfläche hin, im Gegensatze des gründlich. Nur so oben hin arbeiten. Eine Sache nur oben hin machen, verfertigen, betrachten. untersuchen u. s. f. Latein. obiter.

Anm. Schon bey dem Kero obuna, bey dem Ottfried obana, im Tatian ufana, im Dän. oven, oppe, im Schwed. ofvan. Es ist das alte ob, ( S. 1 Ob,) mit der adverbischen Endung -en welche auch in unten, nieden, außen, hinten, vornen u. s. f. angetroffen wird; im Oberdeutschen hängt man sie den meisten Nebenwörtern in der adverbischen Form an, heimlichen, gröblichen, für heimlich, gröblich. Die Niederdeutschen und nördlichen Mundarten setzen noch ein b voran, Nieders. baven, Holländ. boven, Angels. bufan, Engl. above, so wie die Lateiner statt dessen den Zischlaut vorsetzen, supra, und die Griechen den Hauchlaut - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Ehedem war es auch als ein Beywort üblich. Der obene Beweis, der obige, Opitz, und bey dem Hornegk findet sich auch das im Hochdeutschen veraltete Zeitwort oben, obenüber etwas seyn oder schweben.


Obenein,Obenhin (W3) [Adelung]


Obenein und Obenhin, S. das vorige.


Ober (W3) [Adelung]


Ober, das Beywort des vorigen Nebenwortes, welches, Einen Fall ausgenommen, in der adverbischen Form nicht üblich ist, und im Comparat. oberer, und im Superlat. oberste hat, was oben ist, im Gegensatze des unter. 1. Eigentlich, wo es nicht schlechthin von der Oberfläche der Erde oder ihrem Mittelpuncte mehr entfernet, als ein anderes Ding, bedeutet, welchen Begriff man durch hoch ausdruckt, sondern alle Mahl den von der Erdfläche oder dem Mittelpuncte der Erde am. meisten entfernten Theil eines Dinges bezeichnet, im Gegensatze des unter. Die obere Fläche eines Dinges. Das obere Stock oder oberste Stock im Hause. Die obern Zimmer. Der obere oder oberste Theil. Der oberste Gipfel. Der obere Gang. Der obere Mühlstein, der oberste. Auf dem obersten Boden. Ingleichen von Ländern und Erdflächen, näher nach dem Gebirge und dem Ursprunge der Flüsse zu; im Gegensatze des nieder und unter. Das obere Deutschland. Der obere Teich. Das obere Thor. Am häufigsten in den Zusammensetzungen Ober-Sachsen, Ober-Baiern, Ober-Ungarn, Ober-Italien, Ober-Deutschland u. s. f. Man hält dieses Beywort eben so irrig für den Comparativ, dem der Positiv fehlet, als man bisher außer, hinter, vorder u. s. f. dafür gehalten hat, ( S. Hinter und Nieder,) indem die dort angeführten Gründe auch von diesem Worte gelten. Mit mehrern Grunde könnte man behaupten, daß es keinen Comparativ habe, oder vielmehr, daß der Comparativ, bey der heutigen eingeschränkten Bedeutung des Wortes, nicht gangbar sey. Ehedem, da es überhaupt hoch bedeutete, hatte es allerdings einen Comparativ, der noch bey dem Notker oberroro lautet. Jetzt, da man es nur von der von dem Mittelpuncte am meisten entfernten Fläche eines Dinges, oder von einem solchen Theile eines Ganzen gebraucht, im Gegensatze des unter, fällt der Comparativ der Natur der Sache nach, weg, und auch der Superlativ würde überflüssig seyn, wenn man ihn nicht, vermuthlich um des Nachdruckes willen, behalten hätte. Der obere Stock ist so viel wie der oberste. Indessen, da die obern Theile eines Dinges wieder ihre Stufen haben, so kann es seyn, daß der Comparativ um des Wohllautes willen oft in den Positiv zusammen gezogen wird. So finden unter den obern Zimmern eines Hauses doch immer noch oberste Zimmer Statt. Ober ist als ein Nebenwort so wenig üblich, als hinter, außer, vorder u. s. f. denn dafür haben diese Wörter ihre eigenen Nebenwörter auf -en, hinten, außen, vornen, oben. Indessen wird doch der Superlativ im gemeinen Leben oft als ein Nebenwort gebraucht. Das unterste zu oberst kehren. Alleroberst auf dem Berge, oben auf dem höchsten Gipfel. Jetzt gingen sie zu oberst auf dem Hügel in die Laube, Geßn. 2. Figürlich. 1) Der Würde, dem Range nach; im Gegensatze des nieder und zuweilen auch des unter. Die obern Classen in einer Schule, die höhern, zum Unterschiede von den niedern oder untern. Die obere Gerichtbarkeit, im Gegensatze der niedern. Die obern Schulen, die höhern, im Gegensatze der untern. Die oberste Stelle haben. Wohin auch eine Menge Zusammensetzungen gehören in welchen eine Person oder Sache der mit unter zusammen gesetzten entgegen gesetzet ist, ( S. eine Probe davon im folgenden.) In vielen Gegenden ist in diesen Zusammensetzungen statt des Ober - auch der Superlativ Oberst -, ehedem Obrist -, üblich; der Oberjagermeister und Oberstjägermeister. Von der sittlichen Würde ist nicht ober sondern hoch und erhaben üblich. 2) Der Gewalt nach; gleichfalls im Gegensatze des unter. Die oberste Gewalt, die höchste. Der oberste Vergelter, Sir. 3, 34. Gott unser oberster Herr und Gebiether, Gell. Die Obern, d. i. die Vorgesetzten, Personen, welche uns zu befehlen haben. Den Obern gehorsam seyn. Er ist mein Oberer, mein Vorgesetzter. In der Deutschen Karte ist der Obere und zusammen gezogen der Ober, im Gegensatze des Untern, das was in der Französischen Karte die Dame ist. Der Oberste bedeutet eigentlich denjenigen, welcher unter mehrern die höchste Gewalt hat. Daher sind in der Deutschen Bibel die Obersten der Gemeine, die Obersten im Volke, die Obersten der Jüden u. s. f. die obrigfeulichen Personen, die Vornehmsten, die Obern. Der Feldoberste, oder der Oberste über den reisigen Zeug, war bey der ehemahligen Kriegsverfassung der Deutschen das, was jetzt ein General von der Cavallerie ist. Jetzt ist bey den Kriegsheeren der Oberste der erste und vornehmste unter den Hauptleuten, der Vorgesetzte eines Regimentes, Franz. Colonel, wo dieses Wort wir der Oberdeutschen Versetzung des r zwar oft, aber deßwegen nicht minderfehlerhaft, Obriste geschrieben und gesprochen wird.

Anm. Bey dem Ottfried obor, und im Superlativ oberosta, im. Angels. ober, ufer, yfera, im Engl. over, upper, im Nieders. upper, im Schwed. öfver. Es ist von dem veralteten ob, oben, und der adjectivischen Endung -er gebildet, wie nieder von nied und -er, ( S. Nieder.) Es war ehedem auch ein Vorwort, in welcher Gestalt es aber nunmehr bey uns über lautet, ( S. dieses Wort.) In einigen Oberdeutschen Gegenden ist für über noch ober üblich; ober uns, über uns. Im Österreichischen bedeutet das Obers eigentlich das Oberste, den Milchrahm, die Sahne.


Oberacht (W3) [Adelung]


Die Oberacht, plur. inus. in den Gerichten einiger Gegenden, S. Aberacht.


Ober-Admiral (W3) [Adelung]


Der Ober-Admiral, des -es, plur. die -rale, der oberste Admiral unter mehrern. In England ist der Admiral von der rothen Flagge zugleich Ober-Admiral. Bey den neuern Schriftstellern des Naturreiches sind der Ober-Admiral und Unter-Admiral gewisse sehr schöne konische Schnecken, Conus Ammiralis L.


Oberalte (W3) [Adelung]


Der Oberalte, des -n, plur. die -n, in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, ein Nahme des Obermeisters oder Ältesten des Handwerkes oder einer Innung, welcher auch wohl der Oberälteste genannt wird. S. Obermeister.


Oberamt (W3) [Adelung]


Das Oberamt, des -es, plur. die -ämter, das oberste, d. i. höchste und vornehmste Amt unter mehrern einer Art, zum Unterschiede von den Unterämtern. Besonders ein solches Kammeramt. Oft ist es nur ein bloßer Titel, der einem solchen Amte einen höhern Grad der Würde ertheilet. Daher der Oberamtmann, der einem Oberamte vorgesetzet ist.


Oberamtsregierung (W3) [Adelung]


Die Oberamtsregierung, plur. die -en, in einigen Gegenden, ein Nahme des höchsten Regierungs-Collegii in der Provinz.


Oberarche (W3) [Adelung]


Die Oberarche, plur. die -n, im Jagdwesen, die obern Archen oder Leinen an dem Jagdzeuge; zum Unterschiede von den Unterarchen. S. Arche.


Oberarm (W3) [Adelung]


Der Oberarm, des -es, plur. die -e, der obere Theil des Armes zwischen der Schulter und dem Elbogen.


Oberaufseher (W3) [Adelung]


Der Oberaufseher, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Oberaufseherinn, eine Person, welche die oberste Aufsicht über eine Sache hat. In einigen Chursächsischen Provinzen, z. B. im Mansfeldischen, ist der Oberaufseher ein adeliger Beamter, welcher die Aufsicht über die churfürstlichen Kammerämter hat. Das Oberaufseheramt, dessen Würde.


Oberaufsicht (W3) [Adelung]


Die Oberaufsicht, plur. inus. die oberste Aufsicht über eine Sache.


Oberbalken (W3) [Adelung]


Der Oberbalken, des -s, plur. ut nom. sing. der obere oder oberste Balken unter mehrern, im Gegensatze des Unterbalkens.


Oberbau (W3) [Adelung]


Der Oberbau, des -es, plur. inus. der Bau über der Erde; im Gegensatze des Unterbaues oder Grundbaues, wodurch der Grund zu einem Gebäude in der Erde gelegt wird.


Oberbauch (W3) [Adelung]


Der Oberbauch, des -es, plur. die -bäuche, der obere Theil des Bauches, zum Unterschiede von dem Unterbauche.


Oberbauer (W3) [Adelung]


Der Oberbauer, des -s, plur. die -n, eine Figur in der Deutschen Karte, zum Unterschiede von dem Unterbauer.


Oberbaum (W3) [Adelung]


Der Oberbaum, des -es, plur. die -bäume, S. Hauptbaum.


Oberbefehl (W3) [Adelung]


Der Oberbefehl, des -es, plur. die -e, ein gutes altes Oberdeutsches Wort, welches man im Hochdeutschen vernachlässiget hat, das Ober-Commando, die höchste Gewalt, besonders über ein Kriegsheer, oder einen Theil zu bezeichnen. Daher der Oberbefehlshaber, der oberste Befehlshaber unter mehrern.


Oberbeichtvater (W3) [Adelung]


Der Oberbeichtvater, des -s, plur. die -väter, der oberste oder vornehmste Beichtvater unter mehrern, dergleichen sich z. B. an dem päpstlichen Hofe befindet.


Oberbein (W3) [Adelung]


Das Oberbein, S. Überbein.


Oberbereiter (W3) [Adelung]


Der Oberbereiter, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Höfen, der oberste Bereiter unter mehrern, zum Unterschiede von dem Bereiter schlechthin, oder Unterbereiter.


Oberbergamt (W3) [Adelung]


Das Oberbergamt, des -es plur. die -ämter, das oberste oder höchste Bergamt unter mehrern, welches in Sachsen aus dem Oberberghauptmanne, dem Berghauptmanne, den Bergräthen, Assessoren und Oberbergamtsverwalter u. s. f. bestehet.


Oberbergmeister (W3) [Adelung]


Der Oberbergmeister, des -s, plur. ut nom. sing. der oberste Bergmeister eines Landes oder einer Provinz, welchem die Bergmeister der einzelnen Orte untergeordnet sind.


Oberbett (W3) [Adelung]


Das Oberbett, des -es, plur. die -en, das obere Stück Betten, das Deckbett, zum Unterschiede von den Unterbetten.


Oberbeute (W3) [Adelung]


Die Oberbeute, plur. die -n, in der Bienenzucht, die oberste Hälfte einer Beute, oder eines hölzernen Bienenstockes, zum Unterschiede von der Unterbeute.


Oberblatt (W3) [Adelung]


Das Oberblatt, des -es, plur. die -blätter, das obere Blatt. So ist das Oberblatt ein Theil eines gewöhnlichen Hintergeschirres der Kutschpferde, welches so wohl dem Unterblatte, als auch dem Brustplatte entgegen gesetzet ist.


Oberblech (W3) [Adelung]


Das Oberblech, des -es, plur. die -e, das obere Blech, zum Unterschiede von dem Unterbleche, dergleichen sich z. B. an den Achsen der Wagen befinden.


Oberblinde (W3) [Adelung]


Die Oberblinde, plur. die -n, in der Seefahrt, das oberste Segel an dem Bugspriete, welches sich über der Blinde befindet.


Oberboden (W3) [Adelung]


Der Oberboden, des -s, plur. die -böden, der obere oder oberste Boden in einem Gebäude.


Oberbornmeister (W3) [Adelung]


Der Oberbornmeister, des -s, plur. ut nom. sing. in den Salzkothen zu Halle, der oberste Bornmeister, welchem die Unterbornmeister untergeordnet sind. Beyde heißen in Lüneburg Ober- und Untersieger. S. Bornmeister.


Ober-Capellan,Ober-Caplan (W3) [Adelung]


Der Ober-Capellan, oder Ober-Caplan, des -es, plur. die -äne, der oberste Capellan unter mehrern, welcher am häufigsten Archi-Diaconus genannt wird.


Ober-Commando (W3) [Adelung]


Das Ober-Commando, plur. des -s, S. Oberbefehl.


Ober-Constabler (W3) [Adelung]


Der Ober-Constabler, des -s, plur. ut nom. sing. auf den Kriegsschiffen, der oberste Constabler, welcher das Commando und die Aufsicht über die Constabler auf dem Schiffe hat.


Oberdeichgraf (W3) [Adelung]


Der Oberdeichgraf, des -en, plur. die -en, der oberste unter den Deichgrafen einer Provinz; in Nieder-Deutschland, der Oberdeichgräfe. S. Deichgraf.


Ober-Deutsch,Oberdeutsch (W3) [Adelung]


Ober-Deutsch, oder Oberdeutsch, adj. et adv. in Ober-Deutschland einheimisch, daher kommend, in demselben befindlich; im Gegensatze, des Niederdeutsch. In engerer Bedeutung auch zum Unterschiede von dem Hochdeutsch, ( S. das letztere.) Die Oberdeutsche Sprache oder Mundart, welche in Ober-Deutschland gesprochen, und auch das Oberdeutsch genannt wird. Die Oberdeutschen, die Einwohner des Ober-Deutschlandes; im Gegensatze der Hoch- und Nieder-Deutschen.


Ober-Deutschland (W3) [Adelung]


Ober-Deutschland, -es, plur. car. der obere oder höhere, d. i. näher nach dem Gebirge zu gelegene südliche Theil Deutschlandes, welcher in dem Deutschen Staatsrechte auch die Lande des Schwäbischen Rechtes genannt wird; im Gegensatze Nieder-Deutschlandes, wozu in diesem Verstande auch Ober-Sachsen gehöret.


Obereigenthum (W3) [Adelung]


Das Obereigenthum, des -es, plur. car. das oberste und höchste Eigenthumsrecht über liegende Gründe. Daher der Obereigenthumsherr, des -en, plur. die -en, der dieses höchste Eigenthumsrecht besetzet. So ist z. B. der oberste Lebensherr in einem geschlossenen Lande zugleich der Obereigenthumsherr über die darin befindlichen Lebensgüter.


Obereinfahrer (W3) [Adelung]


Der Obereinfahrer, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Bergbaue, der oberste Einfahrer, S. Einfahrer.


Obereinnehmer (W3) [Adelung]


Der Obereinnehmer, des -s, plur. ut nom. sing. der oberste Einnehmer der landesherrlichen Gefälle, welchem die Einnehmer untergeordnet sind.


Oberenke (W3) [Adelung]


Der Oberenke, des -n, plur. die -n, in der Landwirthschaft, S. Enke.


Oberfalkenmeister (W3) [Adelung]


Der Oberfalkenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Höfen, ein adeliger Jagdbeamter, welchem der Falknerey-Hauptmann, der Falknerey-Page und die Falkenmeister untergeordnet sind.


Oberfaß (W3) [Adelung]


Das Oberfaß, des -sses, plur. die -fässer, in dem Hüttenbaue, dasjenige Abflaufaß bey einem Planberde, in welchem die zwey Oberplanen gewaschen werden; zum Unterschiede von den Unterfässern. In den Salzkothen sind die Oberfässer, oder nach Oberdeutscher Mundart Oberfasse, die obern oder höher gelegenen Fässer, worin die Sohle aufbehalten wird; zum Unterschiede von den Unterfässern oder Unterfassen.


Oberfäule (W3) [Adelung]


Die Oberfäule, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, in dem Hohensteinischen Bergbaue, eine Fäule, d. i. aus Kalk, Sand und Thon zusammen gesetzte Steinart, welche sich über der zarten Fäule und unmittelbar unter dem so genannten Zechsteine befindet. S. Fäule.


Oberfauth (W3) [Adelung]


Der Oberfauth, des -es, plur. die -e, S. Obervogt.


Oberfläche (W3) [Adelung]


Die Oberfläche, plur. die -n, die obere oder oberste Fläche eines Dinges, im Gegensatze der Unter- oder Grundfläche. Die Oberfläche der Erde oder einer jeden andern Kugel ist dem Mittelpuncte und den um denselben befindlichen Theilen entgegen gesetzet.


Oberflächlich (W3) [Adelung]


Oberflächlich, -er, -ste, adj. et adv. welches nur im figürlichen Verstande gebraucht wird, im Gegensatze des gründlich. Eine Oberflächliche Gelehrsamkeit, welche man auch eine seichte zu nennen pflegt. So auch die Oberflächlichkeit.


Oberförster (W3) [Adelung]


Der Oberförster, des -s, plur. ut nom. sing. ein Forstbedienter, welcher einem Forste vorgesetzet, dem Forstmeister untergeordnet, den Förstern aber, über welche er die Aufsicht hat, vorgesetzet ist.


Oberforstmeister (W3) [Adelung]


Der Oberforstmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein vornehmer Forstbedienter, welcher einem ansehnlichen Forstbezirke vorgesetzet ist, und alle in demselben befindlichen Forstmeister und Forstbediente unter seiner Aufsicht hat. Ist er einem ganzen Lande oder einer ganzen Provinz vorgesetzet, so wird er auch wohl Oberlandforstmeister genannt.


Oberfreygräfe (W3) [Adelung]


Der Oberfreygräfe, des -n, plur. die -n, der oberste und vornehmste unter den Freygräfen, S. dieses Wort.


Oberfuß (W3) [Adelung]


Der Oberfuß, des -es, plur. die -füße. 1) In der Anatomie, der obere Theil des Fußes nach dem Beine zu, im Gegensatze der Zehen und des Theiles um die Zehen; die Fußwurzel. 2) Der obere Theil des untern oder Plattfußes, welcher auch der Vorderfuß, der Oberrist, genannt wird; im Gegensatze des Plattfußes oder der Sohle.


Obergericht (W3) [Adelung]


Das Obergericht, des -es, plur. die -e. 1) Ein oberes oder höheres Gericht, so wohl der Würde, als Gerichtbarkeit nach, unter welchem andere Gerichte als Untergerichte stehen. 2) Ein mit der obern oder criminellen Gerichtbarkeit versehenes Gericht, ein Criminal-Gericht, Halsgericht, Hochgericht u. s. f. zum Unterschiede von einem niedern, Nieder- oder Untergerichte. Auch die höhere Gerichtbarkeit oder Gerichtbarkeit über Leben und Tod, wird zuweilen im Plural die Obergerichte genannt. Daher der Obergerichtsherr, welcher diese Gerichtbarkeit besitzet; der Hochgerichtsherr, Halsgerichtsherr, im Oberdeutschen Fraißherr, Zentherr u. s. f.


Obergeschoß (W3) [Adelung]


Das Obergeschoß, des -sses, plur. die -sse, das obere Geschoß eines Hauses, im Gegensatze des Untergeschosses oder Halbgeschosses.


Obergeschühe (W3) [Adelung]


Das Obergeschühe, des -s, plur. ut nom. sing. S. Geschühe und Oberleder.


Obergespan (W3) [Adelung]


Der Obergespan, in Ungarn, S. 2 Gespan.


Obergewehr (W3) [Adelung]


Das Obergewehr, des -es, plur. die -e, bey den Soldaten, die Carabiner, Musketen, Piken, Spontons u. s. f. zum Unterschiede von dem Untergewehre oder Seitengewehre, d. i. dem Pallasche oder Säbel. Mit Ober- und Untergewehr, in völliger Rüstung.


Obergurt (W3) [Adelung]


Der Obergurt, des -es, plur. die -e, an dem Sattel eines Pferdes, der obere Gurt, welcher von Zwirn gewebt ist, und die Taschen zusammen hält; zum Unterschiede von dem Bauchgurte.


Oberhalb (W3) [Adelung]


Oberhalb, ein Nebenwort des Ortes, welches die zweyte Endung erfordert, auf der obern oder höher gelegenen Halbe oder Seite; im Gegensatze des unterhalb. Oberhalb der Stadt, über der Stadt, der höhern Lage der Erdfläche nach. S. 1 Halb 2.


Oberhand (W3) [Adelung]


Die Oberhand, plur. die -hände. 1) In der Anatomie, der obere Theil der Hand, nach dem Arme zu; die Handwurzel. 2) Der obere oder äußere Theil der Hand, im Gegensatze des innern, oder der flachen Hand. 3) Figürlich, so fern Hand auch Macht, Gewalt bedeutet, die überlegene Gewalt oder Macht in einem Wettstreite; ohne Plural. Die Oberhand haben, bekommen, erhalten, gewinnen, behalten, verlieren. In welcher Bedeutung es schon bey dem Stryker vorkommt. Hornegk gebraucht dafür Uberchraft. ( S. auch Überhand.) 4) Die Stelle zur rechten Hand, die oberste, vornehmste Stelle, dem Range nach, die rechte Hand; gleichfalls ohne Plural. Jemanden die Oberhand geben, die rechte Hand, den vornehmsten Platz im Gehen oder Sitzen. Die Oberhand nehmen.


Oberhandwerksmeister (W3) [Adelung]


Der Oberhandwerksmeister, S. Obermeister.


Oberhaupt (W3) [Adelung]


Das Oberhaupt, des -es, plur. die -häupter, nur im figürlichen Verstande, der die oberste, höchste Gewalt über ein ganzes Volk hat, das oberste unter den Häuptern oder Obern einer Nation. Jemanden für sein rechtmäßiges Oberhaupt erkennen. Sich zum Oberhaupte aufwerfen. Die Oberhäupter der Nation. Nieders. Upperhöfd. S. Haupt.


Oberhauptmann (W3) [Adelung]


Der Oberhauptmann, des -es, plur. die -männer, zuweilen auch -leute, der oberste Hauptmann, der Würde nach; im Gegensatze des Unterhauptmannes.


Oberhaus (W3) [Adelung]


Das Oberhaus, des -es, plur. die -häuser. 1) Der obere oder oberste Theil des Hauses, im Gegensatze des Unterhauses. 2) In dem Parlamente in England ist das Oberhaus, die versammelten Pairs oder Peers der Nation, und der Ort, in welchem sie sich versammeln, im Gegensatze des Unterhauses oder Hauses der Gemeinen.


Oberhaut (W3) [Adelung]


Die Oberhaut, plur. die -häute, Diminut. das Oberhäutchen, Oberd. Oberhäutlein, die oberste oder äußere Haut an den thierischen Körpern, zum Unterschiede von den darunter befindlichen oder innern Häuten. Weil diese Haut bey den Thieren narbig ist, so wird sie bey den Gärbern auch die Narbe genannt.


Oberhefen (W3) [Adelung]


Die Oberhefen, sing. inus. diejenigen Hefen, welche das Bier im Gähren oben ausstößet, und welche auch die Spundhefen, die Gahre und der Gischt genannt werden; im Gegensatz der Bodenhefen, Unterhefen, oder Stellhefen, welche sich auf den Boden setzen.


Oberheimbürge (W3) [Adelung]


Der Oberheimbürge, des -n, plur. die -n, der oberste Heimbürge, im Gegensatze des Unterheimbürgen. S. Heimbürge.


Oberhemd (W3) [Adelung]


Das Oberhemd, des -es, plur. die -en, im gemeinen Leben -er, ein feineres Hemd, welches über dem gewöhnlichen Hemde, oder Unterhemde, getragen wird.


Oberherr (W3) [Adelung]


Der Oberherr, des -en, plur. die -en, der höchste und oberste Herr unter mehrern, welcher in der bürgerlichen Gesellschaft niemanden unterworfen ist; der Landesherr. Ihr wisset, daß die weltlichen Fürsten herrschen und die Oberherren haben Gewalt, Matth. 20, 25. Am häufigsten gebraucht man es in Beziehung auf dessen Unterthanen. Jemanden für seinen Oberherren erkennen. Im Nieders. Averherr, welches aber auch einen jeden Herren oder Vorgesetzten bedeutet.


Oberherrlich (W3) [Adelung]


Oberherrlich, adj. et adv. dem Oberherren gehörig, in dessen Würde gegründet; oberherrschaftlich.


Oberherrschaft (W3) [Adelung]


Die Oberherrschaft, plur. inus. 1) Die oberste und höchste Herrschaft, oder Gewalt zu gebiethen und zu verbiethen. Daher oberherrschaftlich, in derselben gegründet. 2) In weiterer Bedeutung auch zuweilen die überlegene Gewalt in einem Wettstreite, die Oberhand. Die Oberherrschaft haben, bekommen, erhalten.


Oberhimmel (W3) [Adelung]


Der Oberhimmel, des -s, plur. ut nom. sing. der obere oder oberste Himmel, die oberste und höchste Gegend des Mannes über unserer Erde; zum Unterschiede von dem untern Himmel oder unserm Dunstkreise.


Oberhof (W3) [Adelung]


Der Oberhof, des -es, plur. die -höfe. 1) Der obere oder höher gelegene Theil eines Hofes, im Gegensatze des Unterhofes. 2) So fern Hof einen vornehmen Gerichtshof bedeutet, ist der Oberhof zuweilen ein höheres oder oberes Gericht, welchem andere Gerichtshöfe untergeordnet sind.


Oberhof- (W3) [Adelung]


Oberhof-, siehe die mit diesen Sylben anfangenden Wörter, in Hof-.


Oberholz (W3) [Adelung]


Das Oberholz, des -es, plur. inus. 1) Im Forstwesen, Holz, d. i. Bäume, welche zu hohen Stämmen gezogen werden, Stammholz; im Gegensatze des Unterholzes, oder niedrigern Gebüsches. Ein mit Oberholz bewachsener Wald. Der Wald bestehet aus Oberholz. 2) Zuweilen werden auch die Äste der Bäume das Oberholz genannt, zum Unterschiede von dem untern oder Stamm- und Stockholze.


Oberholzgraf (W3) [Adelung]


Der Oberholzgraf, S. Holzgraf.


Oberhüttenamt (W3) [Adelung]


Das Oberhüttenamt, des -es, plur. die -ämter, im Bergbaue, S. Hüttenamt.


Oberhütten-Inspector (W3) [Adelung]


Der Oberhütten-Inspector, des -s, plur. ut nom. sing. welcher die Schmelzhütten eines ganzen Bezirkes unter seiner Aufsicht hat.


Oberhüttenmeister (W3) [Adelung]


Der Oberhüttenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. der oberste Hüttenmeister, welcher die Hüttenmeister einer gewissen Gegend unter seiner Aufsicht hat.


Oberhüttenraiter (W3) [Adelung]


Der Oberhüttenraiter, S. Hüttenraiter.


Oberhüttenverwalter (W3) [Adelung]


Der Oberhüttenverwalter, S. Hüttenverwalter.


Oberjäger (W3) [Adelung]


Der Oberjäger, des -s, plur. ut nom. sing. einer von den obern Jagdbedienten, welcher die Jäger und Hofjäger unter seinem Befehle hat, und eine Jagd anordnet und ausführet.


Oberjägermeister (W3) [Adelung]


Der Oberjägermeister, des -s, plur. ut nom. sing. der oberste oder erste Jägermeister, unter welchem das Jagdwesen einer ganzen Provinz stehet, und welcher auch Oberstjägermeister, Oberlandjägermeister genannt wird. An großen Höfen hat er oft noch den Vice-Oberjägermeister, oder Oberhofjägermeister unter sich.


Oberjunker (W3) [Adelung]


Der Oberjunker, ein Bäckerknecht, S. Junker.


Oberkalfaterer (W3) [Adelung]


Der Oberkalfaterer, des -s, plur. ut nom. sing. auf den Schiffen, ein Unterbefehlshaber, welcher die Kalfaterer unter sich hat.


Oberkammer (W3) [Adelung]


Die Oberkammer, plur. die -n, die obere Kammer in einem Hause, im Gegensatze der Unterkammern.


Oberkämmerer (W3) [Adelung]


Der Oberkämmerer, des -s, plur. ut nom. sing. der oberste sind vornehmste Kämmerer unter mehrern, welchem diese untergeordnet sind. S. Kämmerer.


Oberkammerherr (W3) [Adelung]


Der Oberkammerherr, des -en, plur. die -en, an den Höfen, der oberste und erste Kammerherr, welchem die Kammerherren untergeordnet sind. Seine Gerichtbarkeit, und der Ort, wo dessen Ausfertigungen geschehen, wird die Oberkämmerey genannt.


Ober-Kanonirer (W3) [Adelung]


Der Ober-Kanonirer, des -s, plur. ut nom. sing. auf den Schiffen, ein Befehlshaber, welcher die ganze Artillerie des Schiffes commandiret, und die Kanonirer unter sich hat.


Oberkeit (W3) [Adelung]


Die Oberkeit, S. Obrigkeit.


Oberkellner (W3) [Adelung]


Der Oberkellner, des -s, plur. ut nom. sing. der oberste Kellner unter mehrern, unter welchem diese stehen.


Oberkiefer (W3) [Adelung]


Der Oberkiefer, des -s, plur. ut nom. sing. der obere Kiefer oder Kinnbacken, im Gegensatze des Unterkiefers.


Oberkirchenrath (W3) [Adelung]


Der Oberkirchenrath, des -es, plur. die -räthe, in einigen Gegenden ein Nahme eines Ober-Consistorial-Rathes. Auch das Ober-Consistorium selbst, wird in einigen Gegenden collective der Oberkirchenrath genannt, S. Kirchenrath.


Oberklaue (W3) [Adelung]


Die Oberklaue, plur. die -n, bey den Jägern, die kleinen Klauen oder Hornspitzen, welche das rothe und schwarze Wildbret an den Läuften über den Ballen hat, und welche auch die Afterklauen, Aberklauen, die Aftern, die Oberrücken, die Spornen genannt werden.


Oberkleid (W3) [Adelung]


Das Oberkleid, des -es, plur. die -er. 1) Ein oberes Kleid oder Kleidungsstück, welches man über andern trägt; in welchem Verstande der Rock und die Weste Oberkleider in Ansehung des Brusttuches sind. 2) Ein Kleid oder Kleidungsstück, welches die obern Theile des Leibes bekleidet; zum Unterschiede von dem Unterkleide oder den Hosen. S. auch Überkleid.


Oberknecht (W3) [Adelung]


Der Oberknecht, des -es, plur. die -e, der erste und oberste Knecht unter mehrern. So wird auf großen Landgütern, wo man mehrere Knechte hat, der oberste der Oberknecht, an einigen Orten auch Oberenke, Großenke, Großknecht, Schirrmeister genannt; alles im Gegensatze des Unterknechtes, Unterenken, Kleinknechtes und Kleinenken, und zuweilen auch des Mittelknechtes oder Mittelenken.


Oberkneter (W3) [Adelung]


Der Oberkneter, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bäckern einiger Gegenden, z. B. zu Leipzig, der zweyte Bäckerknecht dem Range nach, welcher auf den Werkmeister folget, und den Unterkneter oder Mitkneter nach sich hat. In kleinern Backhäusern ist auch nur Ein Kneter.


Oberküchenmeister (W3) [Adelung]


Der Oberküchenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. an den Höfen, ein vornehmer Hofbeamter, welcher die oberste Aufsicht über die Küche und Küchenbediente hat, und welchem der Küchenmeister untergeordnet ist.


Oberland (W3) [Adelung]


Das Oberland, des -es, plur. die -länder, Oberd. -lande, der obere, d. i. höher, näher nach dem Gebirge zu gelegene Theil eines Landes; im Gegensatze des Niederlandes.


Oberländer (W3) [Adelung]


Der Oberländer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Oberländerinn, eine Person, welche aus einem Oberlande gebürtig ist. Im männlichen Geschlechte auch zuweilen ein jedes aus einem Oberlande kommendes Ding. So werden z. B. in Holland gewisse kleine Fahrzeuge auf dem Rheine und der Maß, welche Erde und Thon zur Töpferarbeit aus den höher am Rheine hinauf gelegenen Provinzen hohlen, Oberländer genannt.


Oberländisch (W3) [Adelung]


Oberländisch, adj. et adv. aus einem Oberlande gebürtig, daher kommend, in demselben gegründet; im Gegensatze des niederländisch.


Oberlast (W3) [Adelung]


Die Oberlast, plur. die -en, die obere Last, im Gegensatze der Unterlast. So wird dasjenige, was auf die Flöße, und in die obern Theile der Schiffe geladen ist, die Oberlast genannt, dagegen das Floß selbst, ingleichen der Ballast und andere in den untern Schiffsraum geladene Dinge die Unterlast heißen.


Oberlästig (W3) [Adelung]


Oberlästig, -er, -ste, adj. et adv. ein nur von Schiffen übliches Wort. Ein Schiff ist oberlästig, wenn es oben zwischen den Verdecken zu sehr beladen worden, und daher schlecht segelt; Engl. topheavy. Ist es hinten zu sehr beladen, so wird es hinterlastig oder hinterlästig, ingleichen steuerlästig, und wenn es vorn zu sehr beladen ist, vorlastig oder vorlästig genannt.


Oberlauf (W3) [Adelung]


Der Oberlauf, des -es, plur. die -läufe, das obere oder oberste Verdeck auf den Schiffen, welches auch wohl der Überlauf genannt wird.


Oberläuterung (W3) [Adelung]


Die Oberläuterung, plur. die -en, in den Rechten, eine nochmahlige, wiederhohlte Läuterung, wo ober für das veraltete aber, wiederum, nochmahls, stehet.


Oberleder (W3) [Adelung]


Das Oberleder, des -s, plur. ut nom. sing. das obere Stück Leder, im Gegensatze des Unterleders. An den Schuhen wird dasjenige Stück Leder, welches den Rist des Fußes bedecket, im Gegensatze des Hinterleders und der Sohle, das Oberleder genannt. Im Oberdeutschen heißt es das Obergeschühe, und an den Stiefeln der Vorderschuh.


Oberlefze (W3) [Adelung]


Die Oberlefze, plur. die -n, im Oberd. und der anständigern Sprechart der Hochdeutschen, die obere Lefze; im gemeinen Leben die Oberlippe. Ingleichen figürlich, an den Flöten, das nieder gedrückte schräge Feld über dem Aufschnitte. Alles im Gegensatze der Unterlefze. S. Lefze.


Oberlehen (W3) [Adelung]


Das Oberlehen, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Lehenswesen, ein Lehen, welches unmittelbar bey dem obersten Lehensherren zu Lehen gehet; zum Unterschiede von einem Afterlehen.


Oberlehensfall (W3) [Adelung]


Der Oberlehensfall, des -es, plur. die -fälle, eben daselbst, ein Lehensfall, welcher sich in der obern Hand ereignet, d. i. den Lehensherren betrifft; im Gegensatze des Unterlehensfalles.


Oberlehensherr (W3) [Adelung]


Der Oberlehensherr, das -en, plur. die -en, der oberste Lehensherr, im Gegensatze des Afterlehensherren.


Oberleib (W3) [Adelung]


Der Oberleib, des -es, plur. die -er, der obere Theil des Leibes bis in die Gegend des Bauches, zum Unterschiede von dem Unterleibe.


Oberleine (W3) [Adelung]


Die Oberleine, plur. die -n, im Jagdwesen, die oberste Leine an den Tüchern und Netzen, welche auch die Hauptleine genannt wird; im Gegensatze der Unterleine.


Ober-Lieutenant (W3) [Adelung]


Der Ober-Lieutenant, S. Unter-Lieutenant.


Oberlippe (W3) [Adelung]


Die Oberlippe, plur. die -n, die obere Lippe des Mundes, im Gegensatze der Unterlippe. S. Oberlefze.


Oberlust (W3) [Adelung]


Die Oberlust, plur. car. die obere oder höhere Gegend der Lust des Dunstkreises unserer Erde; zum Unterschiede von der untern, näher nach der Erde zu befindlichen Lust.


Obermacht (W3) [Adelung]


Die Obermacht, S. Übermacht.


Obermann (W3) [Adelung]


Der Obermann, des -es, plur. die -männer. 1) Im gemeinen Leben, derjenige, welcher in einem Streite die Oberhand behält. Jemands Obermann werden. Wo der Plural ungewöhnlich ist. 2) Derjenige, welchen streitende Parteyen aus freyer Wahl zur Untersuchung und Entscheidung ihres Streites erwählen, der Schiedsrichter; welcher auch der Obmann, ingleichen der dritte Mann oder Drittmann genannt wird. 3) S. Untermann. 4) Eine Figur in der Deutschen Karte, welche auch der Ober, richtiger der Obere genannt wird, zum Unterschiede von dem Untern.


Obermeister (W3) [Adelung]


Der Obermeister, des -s, plur. ut nom. sing. der oberste oder vornehmste Meister unter mehrern, im Gegensatze des Untermeisters oder auch nur der Meister schlechthin. Auf den Kriegsschiffen gehören der Obermeister und der Untermeister, welche dem Range nach zwischen dem Schreiber und Schiffsprediger befindlich sind, zu dem Unterstabe. Am üblichsten ist diese Wort bey den Handwerkern, Zünften und Innungen, wo der erste und vornehmste Meister der Zunft, welchem die Handhabung der guten Ordnung bey derselben oblieget, der Obermeister, zuweilen auch Oberhandwerksmeister genannt wird. An andern Orten heißt er der Vormeister der Älteste, der Handwerksälteste, der Oberälteste, der Handwerksmeister u. s. f.


Ober-Officier (W3) [Adelung]


Der Ober-Officier, des -s, plur. ut nom. sing. ein Officier, von höherm Range und Würde, zum Unterschiede von dem Unter-Officier. Bey den Kriegsheeren werden alle Officier von dem Fähnrich an, Ober-Officier genannt. Auf den Schiffen gehöret auch der Schiffer, und zuweilen auch der Steuermann, mit zu den Ober-Officieren.


Oberpfarrer (W3) [Adelung]


Der Oberpfarrer, des -s, plur. ut nom. sing. der oberste Pfarrer an einer Kirche unter mehrern; der Oberpriester.


Ober-Pikier,Ober-Piqueur (W3) [Adelung]


Der Ober-Pikier, oder Ober-Piqueur, des -s plur. die -s, der oberste und erste Pikier bey der Par-Force-Jagd, welcher bey der Deutschen Jagd, der Oberjäger genannt wird. In einigen Gegenden heißt er auch der Erz-Pikier.


Oberpriester (W3) [Adelung]


Der Oberpriester, des -s, plur. ut nom. sing. S. Oberpfarrer.


Oberrechner (W3) [Adelung]


Der Oberrechner, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, der erste und vornehmste Rechner, d. i. Vorgesetzte einer Einnahme. So ist zu Rothweil der Oberrechner eine vornehme Rathsperson, welche das ist, was in andern Städten der Oberkämmerer genannt wird.


Oberrecht (W3) [Adelung]


Das Oberrecht, des -es, plur. inus. 1) Das höchste und oberste Recht über eine Sache, so wohl die höchste Herrschaft, als auch das oberste Eigenthum; in welcher Bedeutung es doch selten vorkommt. 2) In Schlesien wurde ehedem auch das Fürstenrecht, nach welchem über die Schlesischen Fürsten erkannt wurde, und das Gericht, welches dieses Recht handhabete, das Oberrecht genannt.


Oberrentmeister (W3) [Adelung]


Der Oberrentmeister, des -s, plur. ut nom. sing. der oberste und vornehmste Rentmeister unter mehrern.


Oberrichter (W3) [Adelung]


Der Oberrichter, des -s, plur. ut nom. sing. der obere oder höhere Richter, im Gegensatze des Unterrichters. Ingleichen der Richter in einem Obergerichte. In einigen Dörfern Chursachsens ist der Oberrichter auch ein Unterthan in eines andern Dorfe, worüber einem dritten die Obergerichte gehören, welcher denn die Vorladungen besorget, und überhaupt darauf Acht hat, daß nichts zum Nachteil des Obergerichtes vorgenommen werde.


Oberrichterlich (W3) [Adelung]


Oberrichterlich, adj. et adv. dem obersten und höchsten Richter gehörig, in dessen Recht und Würde gegründet. Die oberrichterliche Gewalt. Wofür man auch wohl im Superlativ oberstrichterlich sagt.


Oberrinde (W3) [Adelung]


Die Oberrinde, plur. die -n, die obere oder oberste Rinde, im Gegensatze der Unterrinde; z. B. an dem Brote.


Oberrist (W3) [Adelung]


Der Oberrist, des -es, plur. die -e, der obere Theil des untern Fußes, im Gegensatze der Ferse, der Zehen und der Fußsohle, welcher auch nur der Rist schlechthin genannt wird, ( S. dieses Wort.) Er heißt auch der Vorderfuß, der Oberfuß, die Fußwurzel, Lat. Tarsus.


Oberrock (W3) [Adelung]


Der Oberrock, des -es, plur. die -röcke, der obere Rock, in der weitern Bedeutung dieses letztern Wortes, so daß der Oberrock der Weste entgegen gesetzet ist, da er denn auch nur der Rock schlechthin genannt wird. Der Überrock ist von demselben gewisser Maßen noch verschieden, obgleich beyde oft verwechselt werden, auch verwechselt werden können, weil ober das Beywort, über aber das Vorwort ist; beyde aber eine und eben dieselbe Bedeutung gewähren.


Oberrücken (W3) [Adelung]


Der Oberrücken, des -s, plur. ut nom. sing. S. Oberklaue und Rücken.


Oberschale (W3) [Adelung]


Die Oberschale, plur. die -n, die obere Schale, zum Unterschiede von der Unterschale. Bey den Fleischern in Obersachsen ist die Oberschale das obere Stück Ziem, welches von der Keule des Rindes gehauen wird; da denn das untere Stück die Unterschale heißt.


Oberschar (W3) [Adelung]


Die Oberschar, plur. die -en, im Bergbaue, der übrige ungemuthete Raum außer den drey Wehr- und Fundgruben, der rückständige Raum, welcher noch gemuthet werden kann. Es ist in Meißen auch außer dem Bergbaue üblich, und scheint überhaupt ein freyes von niemanden besessenes Stück Feldes zu bezeichnen. Die Oberschar mit dem Viehe behüthen. S. Schar.


Oberschenk (W3) [Adelung]


Der Oberschenk, des -en, plur. die -en, an den Höfen, der oberste oder vornehmste Schenk, S. dieses Wort.


Oberschenkel (W3) [Adelung]


Der Oberschenkel, des -s, plur. ut nom. sing. der obere Theil des Schenkels an und um die Hüfte.


Oberschieds-Guardein (W3) [Adelung]


Der Oberschieds-Guardein, des -es, plur. die -e, ein zum Oberhüttenamte gehöriger Bergbeamter, welcher die streitigen und verschiedenen Erzproben der Probierer und Hüttenschreiber entscheidet, und zuweilen noch den Vice-Schieds-Guardein unter sich hat.


Oberschiffamt (W3) [Adelung]


Das Oberschiffamt, des -es, plur. die -ämter, in einigen Gegenden, ein Ober-Collegium, welches die Schifffahrt eines Landes oder einer Provinz in seiner Aufsicht hat. Ein solches Oberschiffamt befindet sich zu Wien, welches die Schifffahrt auf der Donau besorget.


Oberschlächtig (W3) [Adelung]


Oberschlächtig, im Bergbaue richtiger Oberschlägig, adj. et adv. welches nur bey Wassermühlen und Wasserkünsten vorkommt. Ein oberschlächtiges Wasserrad, welches durch die Schwere des von oben auf das Rad fallenden Wassers umgetrieben wird; im Gegensatze eines unterschlächtigen, welches durch den Stoß des unten fließenden Wassers in Bewegung gesetzt wird. Eine oberschlächtige Mühle, welche ein solches Wasserrad hat. Ober steht hier für über und im gemeinen Leben lautet das Wort oft wirklich und zwar richtiger überschlächtig.


Oberschlämmer (W3) [Adelung]


Der Oberschlämmer, des -s, plur. ut nom. sing. der erste und vornehmste Schlämmer bey einem Pochwerke. S. Schlämmer.


Oberschwelle (W3) [Adelung]


Die Oberschwelle, plur. die -n, die obere Schwelle, zum Unterschiede von der Unterschwelle, S. Schwelle.


Obersegel (W3) [Adelung]


Das Obersegel, des -s, plur. ut nom. sing. an den Schiffen, das obere kleinere Segel, im Gegensatze des größern Untersegels. Gemeiniglich haben sie nach der Verschiedenheit der Mastbäume, an welchen sie sich befinden, besondere Nahmen.


Obersichter (W3) [Adelung]


Der Obersichter, des -s, plur. ut nom. sing. in großen Backhäusern Niedersachsens, der vornehmste unter den Sichtern, d. i. denjenigen Bäckerknechten, welche das Sichten, d. i. Sieben oder Beuteln des Mehles, verrichten; im Gegensatze des Untersichters.


Obersippschaft (W3) [Adelung]


* Die Obersippschaft, plur. die -en, ein größten Theils veraltetes Wort, die Sippschaft, d. i. die Blutsfreunde, in aufstei- gender Linie zu bezeichnen; im Gegensatze der Untersippschaft, oder der Verwandten in absteigender Linie.


Obersitz (W3) [Adelung]


Der Obersitz, des -es, plur. die -e. 1) Ein höherer Sitz, ein oberer Sitz; im Gegensatze des Untersitzes. 2) Figürlich, der vornehmste Sitz der Würde nach; die Oberstelle. Den Obersitz nehmen.


Oberstaller (W3) [Adelung]


Der Oberstaller, des -s, plur. ut nom. sing. S. Staller.


Oberstallmeister (W3) [Adelung]


Der Oberstallmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein vornehmer Hofbedienter, welcher die oberste Aufsicht über den Stall des Hofes hat, und welchem der Stallmeister untergeordnet ist.


Oberstäuder (W3) [Adelung]


Der Oberstäuder, des -s, plur. ut nom. sing. S. Stäuder.


Oberst (W3) [Adelung]


Oberst, Oberste, S. Ober. In vielen Zusammensetzungen ist statt des Positivs oder der Superlativ oberst üblich. So sagt man zuweilen Obersthofmeister, Oberststallmeister, Oberstjagermeister, oberstrichterlich u. s. f. für Oberhofmeister, Oberstallmeister, Oberjägermeister, oberrichterlich; dagegen in Oberst-Lieutenant und Oberst Wachmeister der Positiv nicht üblich ist.


Obersteiger (W3) [Adelung]


Der Obersteiger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bergbedienter, welcher die Aufsicht über die ihm untergeordneten Untersteiger hat. S. Steiger.


Oberstelle (W3) [Adelung]


Die Oberstelle, plur. die -n, die oberste und vornehmste Stelle. Die Oberstelle haben, nehmen, bekommen.


Oberstimme (W3) [Adelung]


Die Oberstimme, plur. inus. außer wenn sie von mehrern gesungen wird, die -n, in der Musik, die Discant-Stimme, der Discant; nach dem Ital. Soprano.


Oberst-Lieutenant (W3) [Adelung]


Der Oberst-Lieutenant, des -s, plur. die -s, oder -e, ein vornehmer Officier bey den Kriegsvölkern, welcher unmittelbar auf den Obersten folget, und in seiner Abwesenheit dessen Stelle vertritt, daher er im Oberdeutschen ehedem auch der Unteroberste genannt wurde.


Oberstrich (W3) [Adelung]


Der Oberstrich, des -es, plur. die -e, ein von einigen Sprachlehrern in Vorschlag gebrachtes Wort, den Apostrophus der Griechen und Lateiner zu übersetzen; im Gegensatze des Unterstriches, Striches oder Komma.


Oberstrichterlich (W3) [Adelung]


Oberstrichterlich, S. Oberrichterlich.


Oberstube (W3) [Adelung]


Die Oberstube, plur. die -n, die obere Stube eines Hauses, im Gegensatze der Unterstube.


Oberstuhl (W3) [Adelung]


Der Oberstuhl, des -es, plur. die -stühle, von Stuhl, ein Haspel, in dem Salzwerke zu Halle, der obere oder höher stehende Haspel, im Gegensatze des untern oder Unterstuhles.


Oberstwachmeister (W3) [Adelung]


Der Oberstwachmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein vornehmter Officier bey den Kriegsvölkern, welcher auf den Oberst-Lieutenant folget, und die oberste Aufsicht über die Wachen und Posten hat. Bey den Regimentern zu Fuße führet er den fremden Nahmen des Majors, dagegen der Deutsche sich noch bey der Reiterey erhalten hat.


Obertheil (W3) [Adelung]


Das Obertheil, des -es, plur. die -e, der obere Theil eines Dinges, im Gegensatze des Untertheiles. Von dem Geschlechte dieses Wortes, S. Theil.


Oberuntergang (W3) [Adelung]


Der Oberuntergang, des -es, plur. die -gänge, in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, der vornehmste Untergang oder Umgang, d. i. Besichtigung der Gränzen einer Flur, besonders der Stadtflur oder Stadtgränzen, der Oberumgang; dagegen die Besichtigung der der Stadt gehörigen Dorffluren der Unterumgang oder Unteruntergang genannt wird. S. Untergang.


Oberverdeck (W3) [Adelung]


Das Oberverdeck, des -es, plur. die -e, das obere oder oberste Verdeck eines Schiffes, der Oberlauf; im Gegensatze des Unterverdecktes oder Unterlaufes.


Obervogt (W3) [Adelung]


Der Obervogt, des -es, plur. die -vögte, der oberste oder vornehmste Vogt unter mehrern, welchem andere Vögte untergeordnet sind; in einigen Oberdeutschen Gegenden der Oberfauth. ( S. Vogt.) Daher die Obervogtey, Oberd. auch Oberfauthey, das Amt, die Würde eines Obervogtes, ingleichen der ihm untergebene Bezirk.


Obervormund (W3) [Adelung]


Der Obervormund, des -es, plur. die -münder, der obere Vormund, welcher die Aufsicht über andere Vormünder hat. Daher die Obervormundschaft, das Amt, die Würde eines Obervormundes, das Obervormundschaftsamt, ein Collegium, welchem die oberste Aufsicht über die Vormünder einer Stadt oder eines Landes aufgetragen ist, obervormundschaftlich, zur Obervormundschaft gehörig, darin gegründet.


Oberwähnt (W3) [Adelung]


Oberwähnt, adj. S. 1 Ob.


Oberwärts (W3) [Adelung]


Oberwärts, ein Nebenwort des Ortes, nach oben hin, nach der obern Gegend zu; im Gegensatze des unterwärts.


Oberwelt (W3) [Adelung]


Die Oberwelt, plur. car. die obere Welt, d. i. der auf der Erdfläche befindliche Zusammenhang der Dinge, im Gegensatze der dichterischen Unterwelt; das gegenwärtige Leben im Gegensatze des Zustandes nach dem Tode. Beyde Ausdrücke werden nur noch als Nachahmung der Griechischen und Lateinischen Fabellehre gebraucht.


Oberwuchs (W3) [Adelung]


Der Oberwuchs, des -es, plur. car. im Forstwesen, 1) die Äfte eines Baumes, welche auch wohl das Oberholz, das Hochholz genannt werden. 2) Alles Holz, welches in einen Stamm gehen oder zu Bäumen erwachsen soll; im Gegensatze des Unterwuchses oder Gebüsches. Daher denn auch alles Oberholz, d. i. zu Bäumen erwachsenes Holz, der Oberwuchs genannt wird.


Oberwurf (W3) [Adelung]


Der Oberwurf, des -es, plur. die -würfe, bey den Jägern, der obere Kinnbacken eines wilden Schweines, im Gegensatze des Unterwurfes, S. Wurf.


Oberzählt (W3) [Adelung]


Oberzählt, adj. S. 1 Ob.


Oberzahn (W3) [Adelung]


Der Oberzahn, des -es, plur. die -zähne, die obern Zähne, die Zähne in dem obern Kinnbacken, zum Unterschiede von den Unterzähnen.


Oberzehnter (W3) [Adelung]


Der Oberzehnter, des -s, plur. ut nom. sing. der erste und oberste Zehnter unter mehrern. So hat das Oberzehnter- und Austheileramt zu Freyberg einen Oberzehnter, einen Oberaustheiler und verschiedene Zehnter, S. das letztere Wort.


Oberzimmermann (W3) [Adelung]


Der Oberzimmermann, des -es, plur. die -zimmerleute, auf den Schiffen, der oberste Zimmermann, welcher die Zimmerleute unter seiner Aufsicht hat.


Obgedacht (W3) [Adelung]


Obgedacht, Obgemeldet, Obgenannt, S. 1 Ob.


Obgleich (W3) [Adelung]


Obgleich, ein concessives Bindewort, welches von allen Zeiten gebraucht werden kann. Es ist aus der Partikel ob, und dem Bindeworte gleich zusammen gesetzet, und hat, wenn es im Vordersatze stehet, alle Mahl das so und gemeiniglich auch das doch im Nachsatze. Obgleich ein Geist keinen Ort einnimmt, so befindet er sich doch nothwendig irgend wo. Stehet es im Nachsatze, so kann der Vordersatz das doch oder dennoch haben, oder auch ohne Partikel bleiben. Ich habe es erfahren, oder ich habe es dennoch erfahren, obgleich kein Mensch es gesehen hatte. Wenn Pronomina mit in der Rede vorkommen, so können die beyden zusammen gesetzten Partikeln nicht beysammen bleiben, sondern sie müssen nothwendig getrennet werden. Ob sie gleich große Völker sind, Jer. 25, 14. Ob ihr mir gleich Brandopfer opfert, Amos 5, 22. Ich lebe vergnügt, ob ich gleich arm bin. Ich halte es doch mit ihm, ob er gleich unglücklich ist. Welches auch mit andern Partikeln geschiehet. Ob nun gleich bekannt ist. Ob es nun gleich niemand sahe, so u. s. f. Zuweilen aber auch mit Nennwörtern. Ob die Menschen gleich sterben müssen. Aber freylich nicht in allen Fällen. Obgleich oder ob-gleich, für wenn gleich, ist im Hochdeutschen veraltet. Ich kann es nicht thun, ob er gleich mein Bruder wäre, wenn er gleich, oder wenn er auch. Ob der Herr gleich Steine und Klüfte vom Himmel regnet, so werden sie uns nicht schaden, Opitz. S. 2 Ob, und von der Auslassung des ob, Gleich. Auch die Verbeißung des gleich, wohl und schon ist im Hochdeutschen ungewöhnlich, obgleich in der Oberdeutschen Mundart häufig Beyspiele davon vorkommen. Ob du reich bist, so bist du doch nicht vergnügt. Ob du weise bist, so kannst du doch irren. S. 2 Ob. Siehe auch Obschon und Obwohl, welche in allen Fällen mit obgleich gleichbedeutend sind.

Anm. Ottfried gebraucht für diese Partikel oba und Kero dohdoh. S. 2 Ob.


*Obhaben (W3) [Adelung]


*Obhaben, verb. irreg. neutr. ( S. Haben,) welches nur im Oberdeutschen für aufhaben oder auf sich haben üblich ist. Wegen meines obhabenden schweren Amtes. Von ob, so fern es ehedem auf bedeutete, S. 1 Ob.


*Obhanden (W3) [Adelung]


*Obhanden, adj. et adv. welches gleichfalls nur im Oberdeutschen üblich ist, für vorhanden. Die obhandene Gefahr, die vorhandene. Es ist nichts mehr obhanden, vorhanden. S. 1 Ob.


Obhuth (W3) [Adelung]


Die Obhuth, plur. car. die Huth, d. i. der Schutz, die Aufsicht, ob oder über eine Sache; ein in der Hochdeutschen Schreibart gleichfalls seltenes Wort, welches noch in den Kanzelleyen und dem kanzelleyförmigen Briefstyle am üblichsten ist, doch aber noch zuweilen in der edlern Schreibart gebraucht wird. Die göttliche Obhuth über das Israelitische Volk. Jemanden der göttlichen Obhuth empfehlen. S. 1 Ob.


Obig (W3) [Adelung]


Obig, das Beywort von dem Nebenworte oben, was oben ist, oder gewesen ist. Es ist nur in engerer Bedeutung üblich, so fern oben die vorher gegangene Stelle in einer Schrift bedeutet. Mein obiger Satz, welchen ich oben, d. i. im Vorhergehenden angeführet habe. Aus obigen erhellet, daß u. s. f. Es ist von dem veralteten Nebenworte ob für oben vermittelst der Ableitungssylbe -ig gebildet, ( S. 1 Ob.) Opitz gebraucht dafür auf eine ungewöhnliche Art oben als ein Beywort. Der obene Beweis, der obige.


*Die (W3) [Adelung]


*Die Oblast, plur. die -en, ein veraltetes nur noch in den Kanzelleyen für das einfache Last übliches Wort, eine Last oder Verbindlichkeit, welche man auf sich hat. Die Oblasten eines Standes gegen das Deutsche Reich.


Oblate (W3) [Adelung]


Die Oblate, plur. die -n, ein sehr dünnes gebackenes, welches gemeiniglich aus bloßem Mehl und Wasser zwischen zwey warmen Eisen gebacken wird, und oft nur die Dicke eines starken Papieres hat. Dergleichen sind die Oblaten, deren sich die Zuckerbäcker zum Boden für die Makronen, den Marzipan u. s. f. bedienen. Runder Oblaten bedienet man sich zum Zusiegeln der Briefe. Die Oblaten, deren man sich im Abendmahl statt des Brotes bedienet, sind von eben der Art, nur daß sie größer sind, als die Brief-Oblaten, S. Hostie.

Anm. Obgleich die Griechen schon eine Art Brot hatten, welches sie - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - nannten, und welches, dem Athenäus zu Folge, zwischen zwey Eisen gebacken wurde; so ist es doch erweislich genug, daß diese Wort aus dem Lat. Oblata herstammet. In den ersten Zeiten des christlichen Alterthumes brachten die Christen bey ihren Zusammenkünsten alles selbst mit, was zu den Liebesmählern und der darauf folgenden Haltung des Abendmahles nöthig war, welches daher Oblata, Oblationes genannt wurde. Da nun hierunter auch das zum Abendmahle nöthige Brot befindlich war, so behielt dasselbe den Nahmen nicht nur nach Abschaffung der Liebesmähler, sondern auch, nachdem man statt des Brotes die jetzt üblichen Kuchen einführete, worauf denn auch ein jedes ihnen ähnliche Gebäck Oblate genannt wurde. Im gemeinen Leben pflegt man ein dünnes Gebackenes aus Mehl und Wasser für kleine Kin- der Anblatt zu nennen, welches ohne Zweifel aus Oblate verderbe ist. S. auch Obley.


Oblaten-Bäcker (W3) [Adelung]


Der Oblaten-Bäcker, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bäcker, welcher vornehmlich Oblaten bäckt.


Obley (W3) [Adelung]


Die Obley, plur. die -en, ein gleichfalls aus dem Lat. Oblata geformtes und nur noch in einigen Gegenden übliches Wort. 1) Alles was Klöstern und geistlichen Stiftern an Lebensmitteln und selbst an Geld geschenkt wird, führet in einigen Oberdeutschen Gegenden noch jetzt den Nahmen der Obley. Daher das Obleyhaus, ein Gebäude, in welchem solche Gaben angenommen, und wo sie verwahret werden, der Obleyschreiber, der darüber Rechnung führet u. s. f. ( S. Frischens Wörterbuch.) 2) In noch weiterer Bedeutung wurde hernach oft ein jedes Geld, welches man für den Besitz eines Dinges, oder für eine gewisse Begünstigung entrichtete, eine Obley genannt. S. heißt noch in einigen Gegenden Obersachsens dasjenige Geld, welches die Einwohner des Dorfes dem Grund- oder Gerichtsherren entrichten, wenn derselbe einen Eber zum Behuf des Dorfes hält, so wohl das Ebergeld, als auch die Obley. Das Wort Oblei kommt schon in dem alten Gedichte auf den heil. Anno vor.


Obliegen (W3) [Adelung]


Obliegen, verb. irreg. act. ( S. Liegen,) welches auf doppelte Art gebraucht wird. 1. Mit dem Hülfsworte seyn, wo es aus dem veralteten Nebenworte ob für oben, und liegen zusammen gesetzet ist, oben liegen, und figürlich, in einem Wettsteite die Oberhand gewinnen, den Sieg davon tragen. Du hast mit Gott und mit Menschen gekämpfet und bist obgelegen, 1 Mos. 32, 28. Ein Geschrey derer die obliegen und unterliegen, 2 Mos. 32, 18. Wo es denn auch wohl mit der dritten Endung gebraucht wird. Er wird seinen Feinden obliegen. Im Hochdeutschen gehöret es in diesem Verstande unter die veralteten Wörter, außer daß es noch zuweilen von den Dichtern im Andenken erhalten wird. Doch so das es dir niht lige ob, daß es dich nicht beherrsche, bey dem Minsbeck. 2. Mit dem Hülfsworte haben, wo es aus dem veralteten Vorworte ob, auf, zusammen gesetzet ist. 1) Einer Sache obliegen, sich derselben auf eine anhaltende Art befleißigen. Den Wissenschaften, der Musik, dem Tanzen obliegen. Auch diese Bedeutung kommt im Hochdeutschen wenig mehr vor. 2) Durch ein Gesetz zu etwas bestimmt seyn, dazu verpflichtet, verbunden seyn; wo es nur in der dritten Person, und oft unpersönlich gebraucht wird, und gleichfalls die dritte Endung der Person erfordert. Es lag dir ob, daran zu denken. Es lieget mir ob, dafür zu sorgen. Die wichtige Pflicht, die uns obliegt, die Kräfte unsers Geistes auszubilden, Gell. Mir liegt die Pflicht der Ehrfurcht ob, Haged. Was liegt Monarchen ob, die tausende regieren? ebend.


Obliegenheit (W3) [Adelung]


Die Obliegenheit, plur. die -en, von der letzten Bedeutung des vorigen Wortes, diejenige Handlung, welche uns oblieget, wozu man verbunden ist, ein Verhalten, welches durch ein Gesetz bestimmt ist, eine Pflicht. Auch im Pohlnischen ist Oblig die Pflicht.


Obligation (W3) [Adelung]


Die Obligation, plur. die -en, aus dem Lat. Obligatio, das schriftliche Bekenntniß einer Schuld, welche man einem andern zu bezahlen hat; der Schuldbrief, Schuldschein, ehedem der Schuldzettel. Man gebraucht es nur von förmlichen mit allen Feyerlichkeiten versehenen Schuldbriefen, dagegen man kleinere einfache Schuldbekenntnisse nur Handschriften zu nennen pflegt.


Obmann (W3) [Adelung]


Der Obmann, des -es, plur. die -männer, ein im Hochdeutschen großen Theils veraltetes Wort, welches aus dem alten ob, auf, und Mann, zusammen gesetzet ist, ( S. 1. Ob.) 1) Ein Aufseher, welchem die Aufsicht über etwas aufgetragen ist; in welcher im Hochdeutschen ganz fremden Bedeutung im Österreichischen der Eisenobman, der oberste Aufseher eines Eisenwerkes ist. 2) Der Schiedsrichter zwischen zwey streitigen Theilen, in welchem Verstande es noch zuweilen vorkommt, und alsdann auch Obermann lautet; Nieders. Upmann, Overmann und Uppermann. Jemanden zum Obmann erwählen, zum Schiedsrichter. Siehe Schiedsrichter.


Obrigkeit (W3) [Adelung]


Die Obrigkeit, plur. die -en. 1) * Überlegene Gewalt, Herrschaft; ohne Plural. Welcher uns errettet hat von der Obrigkeit der Finsterniß, Col. 1, 13. In welcher Bedeutung es im Hochdeutschen veraltet ist. 2) Personen, welche im gemeinen Wesen die Gewalt zu gebiethen und zu verbiethen und die Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden haben; wo es nur collective im Singular, von mehrern Arten aber auch im Plural gebraucht wird. Der König ist meine Obrigkeit; aber nicht, zwey Obrigkeiten für obrigkeitliche Personen oder Collegia. Die Obrigkeiten, die obrigkeitlichen Personen, von mehrern Arten. Die höchste Obrigkeit, die hohe Landesobrigkeit, welche die höchste Gewalt in einem Lande hat. Die geist- und weltliche Obrigkeit. Die hohe und niedere Obrigkeit. Unterobrigkeiten, welche von der höhern Obrigkeit an ihre Stelle verordnet worden. Die Stadtobrigkeit, der Magistrat, welcher oft auch nur schlechthin die Obrigkeit genannt wird. Jemanden bey der Obrigkeit verklagen. Wer ist seine Obrigkeit? Der Obrigkeit gehorchen. Anm. So wie man von über das Beywort übrig hat, so sagte man von ober ehedem auch obrig, und von diesem Worte ist vermittelst der Ableitungssylbe -keit unser Obrigkeit, im Oberdeutschen auch Obrikeit, Nieders. Overicheit gebildet. Indessen hatte man unmittelbar von ober auch Oberkeit, welches noch im Oberdeutschen üblich, im Hochdeutschen aber veraltet ist; Nieders. Overhed, Schwed. Öfwerhat. In beyden Formen kommt das Wort vor dem 15ten Jahrhunderte wohl nicht leicht vor, denn in den ältern Zeiten hatte man andere Wörter, diesen Begriff auszudrucken, Hertuorn, Maistertuom, u. s. f. Als es aufkam, gebrauchte man es zuerst im Abstracto von der Herrschaft.


Obrigkeitlich (W3) [Adelung]


Obrigkeitlich, adj. et adv. der Obrigkeit gehörig, von ihr herkommend, in derselben gegründet. Die obrigkeitliche Gewalt. Ein obrigkeitlicher Befehl. Eine obrigkeitliche Person. Ein obrigkeitliches Amt.


Obrigkeitstein (W3) [Adelung]


Der Obrigkeitstein, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben einiger Gegenden noch ein Gränzstein, welcher die Gränzen eines Landes, der Landesobrigkeit scheidet, ein Bannstein; von Obrigkeit, so fern es ehedem auch die obrigkeitliche Gewalt bezeichnete.


Obrist (W3) [Adelung]


Obrist, Obriste u. s. f. S. Ober und Oberst -


Obschon (W3) [Adelung]


Obschon, ein Bindewort, welches einen Gegensatz begleitet, mit obgleich gleichbedeutend ist, und auch eben so wie dieses gebraucht wird. Es kann so wohl im Vordersatze stehen, da es denn alle Mahl das so und oft noch doch nach sich hat, als auch im Nachsatze. Obschon noch nicht ausgemacht ist, so u. s. f. Ich habe es erfahren, obschon niemand von ihnen es mir sagen wollte. Die Pronomina und das Wörtchen nun verursachen auch hier alle Mahl eine Trennung, welches zuweilen auch der Nominativ des Nennwortes thut. Ob ich schon wandere im finstern Thal, Ps. 23, 4. Obs schon wieder in die Scheide gesteckt würde, Ezech. 21, 30. Ob ich schon nicht kenne, so will ich ihm doch den Gefallen thun. Ob die Menschen schon undankbar sind. Indessen ist dieses Bindewort im gemeinen Leben häufiger, als in der edlen und ausständigen Schreibart, wo man dafür lieber die gleichbedeutenden obgleich und obwohl gebraucht.

Anm. Im Nieder. lautet dieses Bindewort obschonst, im Dän. omskiont, im Schwed. änskönt, und mit andern Vorsylben im Nieders. auch allshonst, und im Dän. endskiont. Schon stammet hier nicht, wie Ihre glaubt, von ske, geschehen, noch vonschön ab, sondern ist die bekannte Partikel schon, S. dieselbe.


Obschweben (W3) [Adelung]


Obschweben, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und von dem veralteten Vorworte ob, über, zusammen gesetzet ist, über etwas schweben, und figürlich vorhanden seyn, bevorstehen. Es ist im Oberdeutschen am häufigsten, wird aber auch in den Hochdeutschen Kanzelleyen gebraucht. Die zwischen ihnen obgeschwebten Streitigkeiten. Die obschwebende Gefahr.


Observanz (W3) [Adelung]


Die Observanz, plur. die -en, aus dem Lat. observantia, in den Rechten, das Herkommen, ingleichen eine in dem Herkommen gegründete Gewohnheit, ein hergebrachtes Recht. S. Herkommen.


Obsicht (W3) [Adelung]


Die Obsicht, plur. car. ein auch nur im Oberdeutschen für Aufsicht übliches Wort, von ob, auf. Die Obsicht über etwas haben. Scharfe Obsicht halten. Etwas in Obsicht nehmen, Logau.


Obsiegen (W3) [Adelung]


Obsiegen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und für das einfache siegen im Oberdeutschen gebraucht wird, aus welcher Mundart es zuweilen die höhere Schreibart der Hochdeutschen entlehnet; von ob, übet. Der Vernunft kommt es zu, in dem Streite der Leidenschaften obzusiegen. Denn Friedrich, der Menschenfreund, hat obgesiegt mit Gott, Zachar. Wo man es im Oberdeutschen auch mit der dritten Endung der Person verbindet. Und Rhotus flohe dich, Dem Bacchus obgesiegt, Opitz. Der Obsieg für Sieg, und Obsieger für Sieger, sind im Oberdeutschen gleichfalls üblich, so wie das Bey- und Nebenwort obsieglich; ein obsiegliches Urtheil erhalten, in dem Gerichte siegen.


Obsorge (W3) [Adelung]


Die Obsorge, plur. inus. ein gleichfalls nur im Oberdeutschen einheimliches Wort, für Vorsorge, gleichfalls von ob, über oder für. Eben daselbst hat man auch das Zeitwort obsorgen; dem Seinigen obsorgen, für das Seinige sorgen.


Ob-Stand (W3) [Adelung]


Der Ob-Stand, des -es, plur. car. der Widerstand, von der alten Partikel ob, ( S. 1 Ob.) Es kommt im Hochdeutschen nur selten vor. Glaubst du es nun bald, daß ich ihr festen Obstand gehalten habe? Less. Obschon noch nicht ausgemacht ist, daß diese Frau auch allen übrigen Arten Obstand halten würde, ebend.


Ob-Statt (W3) [Adelung]


Die Ob-Statt, plur. car. ein gleichfalls nur zuweilen in der Bedeutung des vorigen, für Widerstand übliches Wort, wo es auch nur mit dem Zeitworte halten gebraucht wird. Jemanden die Obstatt halten, ihm Widerstand leisten. Frisch leitet es aus dem Lat. obstat her, wozu sich aber das weibliche Geschlecht dieses Wortes nicht schickt. Es ist vielmehr gleichfalls aus der alten Partikel ob und Statt zusammen gesetzet.


Obwalten (W3) [Adelung]


Obwalten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert und aus dem Zeitworte walten, und dem veralteten Vorworte ob, über, ( S. 1 Ob,) zusammen gesetzet ist, aber nur im Oberdeutschen und in den Hochdeutschen Kanzelleyen gebraucht wird. 1) Vorhanden, gegenwärtig seyn, obschweben. Die obwaltende Gefahr. Aus obwaltenden Ursachen. 2) Mit Einfluß gegenwärtig seyn, vorhanden seyn und bestimmen. Dein eigenes Interesse waltet hierunter so sehr ob, als das meinige. So auch die Obwaltung.


Obwohl (W3) [Adelung]


Obwohl, ein Bindewort, welches mit obgleich und obschon gleichbedeutend ist, und so wie das erstere auch in der anständigen Schreibart gebraucht werden kann, dagegen obschon mehr in der gemeinen üblich ist. Es wird auf eben dieselbe Art gebraucht, als obgleich. Es wird weggeführet werden, wie eine Eiche oder Linde, welche den Stamm haben, obwohl ihre Blätter abgestoßen werden, Es. 6, 13. Und obwohl ihre Schwester Juda gesehen hat - noch fürchtet sich ihre Schwester nicht, Jer. 3, 7, 8; besser, so fürchtet sie ihre Schwester doch nicht. Du sollst dich nicht fürchten, - ob sie wohl ein ungehorsames Haus sind, Ezech. 2, 6. Ob du wohl solches alles weißt, Dan. 5, 22.


Ocean (W3) [Adelung]


Der Ocean, des -es, plur. die -e, aus dem Lat. Oceanus, das Weltmeer, ein beträchtlicher Theil des allgemeinen Weltmeeres, welcher mehr als Einen Welttheil berühret; das Meer oder Weltmeer. Der südliche Ocean, das stille Meer, die Südsee. Der nördliche Ocean, zwischen Amerika, Europa und Afrika bis an die Linie. Der Äthiopische Ocean, zwischen Afrika und Amerika jenseit der Linie. Der Indische Ocean, zwischen Asien und Afrika. Unglücklicher, der, schon von Hoffnung trunken, Des Oceans Gebiether ist, Raml. Ingleichen in der höhern Schreibart eine große Menge solcher Dinge, welche mit einem vollen Meere verglichen werden können. Der Ocean von Empfindungen, Herd.

Anm. Das Lat. Oceanus stammet von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - her, welches wiederum in Asien einheimisch zu seyn scheinet; wenigstens ist im persischen Ukianus gleichfalls das Weltmeer. Notker gebraucht dafür Endil mere, das Endmeer, wo sich die bewohnte Welt endiget.


Ochelbeze (W3) [Adelung]


Ochelbeze, eine Art Weißfische, S. Ukeley.


Ocher (W3) [Adelung]


Der Ocher, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. eine metallische Erde, welche aus reinen durch die Säure aufgelösten oder zerstörten Metallen entstehet, und nach Verschiedenheit der Metalle von verschiedener Farbe ist. Der Eisenocher, welcher gelb, braun und röthlich von Farbe ist, und wohin auch der Rost gehöret. Der Kupferocher, wohin das Kupfergrün, der Grünspan, der Kobaltbeschlag u. s. f. gehören. Der Bleyocher, der am häufigsten Bleyweiß genannt wird, u. s. f. In engerer Bedeutung ist der Ocher eine milde Erdart von dunkel gelber aus citronengelb und braun gemischter Farbe, welche in den Bley- und Kupferbergwerken angetroffen, von den Mahlern gebraucht und auch Berggelb genannt wird. Anm. In den harten Sprecharten Ocker, Oker. Franz. Ochre Ocre. Es ist aus dem Lat. Ochra und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - entlehnet. Die Schreibart Occher ist unrichtig, auch wenn im Griechischen ein doppelter Gaumenlaut befindlich wäre, weil das ch im Deutschen zwischen zwey Selbstlautern ohnehin schon doppelt ausgesprochen wird.


Ochergelb (W3) [Adelung]


Ochergelb, adj. et adv. der dunkelgelben Farbe des Ochers in der engsten Bedeutung gleich und ähnlich. Auch als ein Hauptwort wird es zuweilen theils für diese gelbe Farbe, theils für den Ocher selbst gebraucht.


Ochs (W3) [Adelung]


Der "Ochs", des -en, plur. die -en, Diminut. das "Öchschen", Oberd. "Öchslein".

1. Im weitern Verstande, das männliche Individuum einer Art zweyhufiger vierfüßiger Thiere, welche vorwärts gebogene sichelförmige Hörner und einen büscheligen Schwanz haben. Der wilde Ochs, der Büffelochs, der Auerochs, der zahme oder gemeine Ochs. Das weibliche Individuum dieser Arten wird die Kuh genannt. 2. In engerer Bedeutung führet der gemeine Ochs oder zahme Ochs den Nahmen des Ochsen schlechthin. 1) Eigentlich, wo (a) das ungeschnittene männliche Individuum, welches zur Fortpflanzung seines Geschlechtes bestimmt ist, der Herdochs, Faselochs, Zuchtochs, Stammochs, Reitochs, Springochs, Brüllochs, Brummochs, Bullochs, auch nur der Ochs schechthin genannt wird, dagegen er an andern Orten der Bulle, Stier oder Brummer heißt. (b) Am häufigsten führet diesen Nahmen ein solches geschnittenes Thier, dessen man sich hernach zum Ackerbaue, zum Fahren, und an einigen Orten auch zum Reiten und Lasttragen bedienet. Im engsten Verstande wird nur ein solches in der Jugend verschnittenes Thier ein Ochs genannt, dagegen man einen im Alter geschnittenen und zur Mast bestimmten Zuchtochsen einen Bullochsen nennet. In der Lausitz heißt der letztere Poiße, welches dem Lat. Bos sehr nahe kommt. Mit Ochsen pflügen, fahren. Ein Zugochs, Mastochs oder Schlachtochs. Die Ochsen hinter den Pflug spannen, eine Sache verkehrt anfangen, die Pferde hinter den Wagen spannen. Die Ochsen stehen am Berge, die Sache will nicht fort, wird durch ein Hinderniß in ihrem Fortgange aufgehalten; aqua haeret. 2) Figürlich ist in den niedrigen Sprecharten das Wort Ochs ein Scheltwort so wohl eines groben und ungeschickten, als auch eines dummen Menschen beyderley Geschlechtes. Ein grober Ochs. Ein dummer Ochs.

Anm. Im Isidor Oxsso; im Schwabensp. Ohs, im Nieders. Osse, bey dem Ulphilas Auhsn, im Angels. Oxa, im Dän. und Schwed. Oxe, im Engl. Ox, im Isländ. Uxe, im Wallis. Ych, Wachter und Junius leiten es von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - augere, wachsen, ehedem auchen, her, Frisch vom Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich fahre, trage, im Schwed. oka, fahren, ( S. Wagen,) Ihre aber von Ok, Joch. Den beyden letzten Abtheilungen kommt das zu Statten, daß im Isländ. Uxe ein jedes Last- und Zugthier, folglich auch ein Pferd, bedeutet. ( S. auch Noß,) welches sich nur durch das müßigen von diesem Worte unterscheidet. Das e euphonicum, Ochse, ist hier unnöthig, weil das ch in diesem Worte im Hochdeutschen hart, wie ein k ausgesprochen wird, worauf auch das s hart lauten muß.


Ochsen (W3) [Adelung]


Ochsen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches aber nur im gemeinen Leben einiger Gegenden für rindern üblich ist. Die Kuh ochset, wenn sie nach dem Zuchtochsen verlanget.


Ochsenauge (W3) [Adelung]


Das Ochsenauge, des -s, plur. die -n, eigentlich, das Auge eines Ochsen. Figürlich. 1) In den Küchen einiger Gegen- den werden auf zerlassene Butter geschlagene und gebackene Eyer, so daß der Dotter ganz bleibt, Ochsenaugen genannt; Nieders. Ossenogen, Speigelkoken, Spiegelkuchen. 2) In der Baukunst ist das Ochsenauge ein rundes oder oval rundes Fenster in einem Dache. 3) In einigen Gegenden führet das große Gänsekraut, Chrysanthemum Leucanthemum L. wegen einigere Ähnlichkeit der Blumen, den Nahmen des Ochsenauges. 4) Auch eine Art Zaunkönige, S. Goldhähnchen.


Ochsenbauer (W3) [Adelung]


Der Ochsenbauer, des -s, plur. die -n, ein Bauer, welcher keine Pferde, sondern nur Ochsen hält, im Gegensatze des Pferdebauers.


Ochsenbrech (W3) [Adelung]


Das Ochsenbrech, des -es, plur. inus. eine Pflanze, siehe Hauhechel.


Ochsenfieber (W3) [Adelung]


+ Das Ochsenfieber, des -s, plur. inus. ein nur in den niedrigen Sprecharten im figürlichen Verstands übliches Wort. Das Ochsenfieber haben, sich grob und ungeschickt betragen.


Ochsenfleisch (W3) [Adelung]


Das Ochsenfleisch, des -es, plur. car. das Fleisch von einem geschlachteten Ochsen, im Gegensatze des Kuhfleisches. Man begreift es am häufigsten mit unter dem Nahmen des Rindfleisches.


Ochsengalle (W3) [Adelung]


Die Ochsengalle, plur. die -n, eigentlich die Galle von einem Ochsen; ohne Plural. Figürlich pflegt amn die runden in der Mitte erhabenen grünen Gläser in den kleinen Laternen Ochsengallen zu nennen.


Ochsengeld (W3) [Adelung]


Das Ochsengeld, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -er, dasjenige Geld, welches die Gemeinde eines Ortes, wenn sie keinen eigenen Zucht- oder Gemeindeochsen hat, dem Gerichtsherren für den Gebrauch seines Zuchtochsen bezahlet.


Ochsenhaft (W3) [Adelung]


Ochsenhaft, -er, -este, adj. et adv. in den niedrigen Sprecharten, für grob, plump, ungeschickt und dumm. S. Ochs 2.


Ochsenhändler (W3) [Adelung]


Der Ochsenhändler, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher mit Ochsen handelt, besonders der, welcher fremde Schlachtochsen zum Verkaufe herum treibet.


Ochsenhaut (W3) [Adelung]


Die Ochsenhaut, plur. die -häute, die Haut von einem geschlachteten oder gefallenen Ochsen; die Rindshaut.


Ochsenherz (W3) [Adelung]


Das Ochsenherz, des -ens, plur. die -en, eigentlich das Herz eines Ochsen. Figürlich, wegen einiger Ähnlicheit in der Gestalt, eine Art versteinter zweyschaliger Muscheln, welche zu den Chamiten gehöret und die Gestalt eines Herzens hat; Bucardites, Bukardit. Die unversteinte Muschel wird auch die Herzmuschel genannt.


Ochsenhirt (W3) [Adelung]


Der Ochsenhirt, des -en, plur. die -en, ein Hirt, welcher allein die Ochsen weidet oder hüthet.


Ochsenhuf (W3) [Adelung]


Der Ochsenhuf, des -es, plur. die -e, eigentlich der Huf eines Ochsen, welcher, weil er getheilt ist, auch die Klane genannt wird. Figürlich ist der Ochsenhuf an einem Pferde ein sehlerhafter Huf, welcher vorn der Länge nach aufgesprungen ist.


Ochsenjoch (W3) [Adelung]


Das Ochsenjoch, des -es, plur. die -e, ein Joch, so wie es den Ochsen aufgeleget wird.


Ochsenjunge (W3) [Adelung]


Der Ochsenjunge, des -n, plur. die -n, in der Landwirthschaft, ein Knabe, welcher die Ochsen auf der Weide hüthet.


Ochsenkalb (W3) [Adelung]


Das Ochsenkalb, des -es, plur. die -kälber, in der Landwirthschaft, ein Kalb männlichen Geschlechtes, ein Bullenkalb; im Gegensatze eines Kuhkalbes, Färsenkalbes oder Moschenkalbes.


Ochsenkopf (W3) [Adelung]


Der Ochsenkopf, des -es, plur. die -köpfe, eigentlich der Kopf eines Ochsen. Figürlich, doch nur in den niedrigen Sprecharten, ein dummer ungeschickter Mensch. In Berlin wird das Arbeitshaus, weil es ehedem das Zeichen eines Ochsen oder Ochsenkopfes führete, noch jetzt den Ochsenkopf genannt, und an manchen Orten führet um eben dieser Ursache willen auch die Herberge der Fleischhauer diesen Nahmen.


Ochsenkraut (W3) [Adelung]


Das Ochsenkraut, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden ein Nahme der Hauhechel, Ononis L. S. dieses Wort.


Ochsenmarkt (W3) [Adelung]


Der Ochsenmarkt, des -es, plur. die -märkte. 1) Ein Markt oder Jahrmarkt, auf welchem nur Ochsen verkauft werden; eine Art des Viehmarktes. 2) Ein Marktplatz, auf welchem nur Ochsen verkauft werden.


Ochsenpost (W3) [Adelung]


Die Ochsenpost, plur. die -en, ein nur in den niedrigen Sprecharten im figürlichen Verstande übliches Wort. Mit der Ochsenpost gehen oder fahren, sehr langsam gehen oder fahren. Die Ochsenpost nehmen, sich sehr langsam fortbewegen. In der anständigern Sprechart die Schneckenpost.


Ochsenrübe (W3) [Adelung]


Die Ochsenrübe, eine Pflanze, S. Hasenohr.


Ochsenspath (W3) [Adelung]


Der Ochsenspath, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, eine Art des Spathes bey den Pferden, welcher seinen Sitz hinten an dem Knie hat; zum Unterschiede von dem Beinspathe, welcher an dem Innern des Schenkels sitzet.


Ochsenstall (W3) [Adelung]


Der Ochsenstall, des -es, plur. die -ställe, in der Landwirthschaft, ein Stall für Zug- oder Mastochsen, zum Unterschiede von dem Kuhstalle.


Ochsenziemer (W3) [Adelung]


Der Ochsenziemer, des -s, plur. ut nom. sing. das getrocknete männliche Glied eines Ochsen, welches die Gestalt einer langen dicken Sehne hat, und im gemeinen Leben statt einer Peitsche gebraucht wird. Nieders. Ochsenpesel. S. Ziemer.


Ochsenzunge (W3) [Adelung]


Die Ochsenzunge, plur. die -n, eigentlich die Zunge eines Ochsen. Figürlich, eine Pflanze, deren längliche und rauche Blätter einige Ähnlichkeit mit der Zunge eines Ochsen haben; Anchusa L. Besonders die officinelle Art, welche auf den Rainen, Wegen und Äckern wächset; Anchusa officinalis, rothe Ochsenzunge, wegen der rothen Blumen, Hundszunge, Ackermannkraut, Liebäuglein, Augenzier. Die echte rothe Ochsenzunge, Anchusa tinctoria L. deren Wurzel roth färbet, wird auch Färberkraut genannt; Franz. Orcanete. In einigen Gegenden wird auch der Steinsame oder die Steinhirse, Lithospermum arvense L. rothe Ochsenzunge genannt. Die kleine Ochsenzunge ist eine Pflanze eben dieser Classe, Lycopsis arvensis L. so wie die wilde Ochsenzunge, Echium vulgare L. welche auch Otterkopf genannt wird.


Ochsig (W3) [Adelung]


+ Ochsig, -er, -ste, adj. et adv. nur in den niedern Sprecharten, einem Ochsen gemäß, d. i. im höchsten Grade plump, ungeschickt und grob.


Ochshoft (W3) [Adelung]


Das Ochshoft, S. Oxhoft.


Ockeley (W3) [Adelung]


Ockeley, eine Art Weißfische, S. Ukeley.


Octav (W3) [Adelung]


Octav, ein aus dem Lat. octava forma entlehntes unabänderliches Hauptwort, die Größe eines in acht Blätter zusammen gelegtes Bogens zu bezeichnen. Ein Buch in Octav, dessen Bogen drey Mahl gebrochen sind und also acht Blätter geben, zum Unterschiede von dem Folio, Quart, Duodez u. s. f. Ein Buch in Groß-Octav, in Klein-Octav. Das Octav-Blatt, ein solches Blatt; das Octav-Format, ein solches Format der Bücher; ein Octav-Band, ein Buch in Octav.


Octave (W3) [Adelung]


Die Octave, plur. die -n, aus dem Lat. Octava, in der Musik, der Zwischenraum zwischen zwey Tönen, wovon der eine noch Ein Mahl so stark ist als der andere, da denn nur jeder der beyden äußersten Töne die Octave des andern genannt wird. Dieser Zwischenraum heißt die Octave, weil er, die beyden äußersten Töne mit gerechnet, aus acht ganzen Tönen bestehet. Auch eine Reihe von acht auf einander folgenden Tönen führet den Nahmen der Octave. In den Orgeln ist die Octave ein Nahme verschiedener Register, wohin die große Octave, von acht Fuß Ton, die mittlere Octave oder Mittel-Octave, von vier Fuß, die kleine Octave, von zwey Fuß, und das Super-Octävlein, von einem Fuße, gehören.


October (W3) [Adelung]


Der October, des -s, plur. ut nom. sing. aus dem Latein. October, der zehnte Monath im Jahre, der bey den Römern der achte war, und 31 Tage hat. Carl der Große nannte ihn den Weinmonath, weil die Weinlese gemeiniglich in denselben fällt, welchen Nahmen er auch noch zuweilen führet, obgleich derselbe den Römischen nicht verdrängen können. Nach dem Raban Maurus aus dem achten Jahrhunderte bey dem Goldast lautete dieser von Carln dem Großen herrührende Nahme, Windumanoth, Windmonath, welche Leseart auch einige Handschriften des Eginhard haben, dagegen andere Windrumanoth und Weinmoneth lesen. Allein es ist sehr wahrscheinlich, daß die Nahmen der vier letzten Monathe bey allen Schriftstellern dieser Zeit verderbt sind. Siehe auch September.


Oculiren (W3) [Adelung]


Oculiren, verb. reg. act. S. Augeln.


Oculist (W3) [Adelung]


Der Oculist, des -en, plur. die -en, aus dem Lat. Oculus, ein Wundarzt, welcher sich vorzüglich der Heilung der Augenschäden befleißigt; der Augenarzt.


-od (W3) [Adelung]


-od, in Kleinod, S. dieses Wort.


Öde (W3) [Adelung]


Öde, -r, -ste, adj. et adv. ein sehr altes Wort, welches in folgenden Bedeutungen gefunden wird. 1) * Hohl; eine im Hochdeutschen unbekannte Bedeutung, welche indessen eine der ersten zu seyn scheinet, und noch bey dem Dasypodius nach dem Frisch vorkommt, welcher öde durch hohl und cavus erkläret. Bey eben demselben ist die Öde die Höhle, Concavitas. Es ist in diesem Verstande mit dem Niederdeutschen Öhse, ein Ohr, ösen, schöpfen, Öse, ein Schöpfgefäß, und unserm Hose, ein Gefäß, genau verwandt, indem die Verwandlung des d in s und s in d in allen Sprachen und Mundarten sehr gewöhnlich ist, auch in den folgenden Bedeutungen öse für öde gefunden wird. Das Lat. haurire, im Pers. hausi, scheinet gleichfalls dahin zu gehören. 2) * Leer; eine im Hochdeutschen gleichfalls unbekannte, mit der vorigen aber genau verwandte Bedeutung, worin mit der Ableitungssylbe -el auch eitel üblich war, ( S. Eitel 1,) und von welcher Bedeutung auch das Franz. vuide und Ital. vuoto, leer, abstammen, welche nur den müßigen Blaselaut angenommen haben. 3) In engerer Bedeutung, von Menschen und Arbeiten des menschlichen Fleißes leer, unbewohnt und ungebauet. Eine öde Gegend, wo gar keine Menschen oder doch verhältnißmäßig nur sehr wenig Menschen angetroffen werden. Ein ödes Land, ein unbewohntes und ungebauetes. Die Häuser sollen wüste stehen, und die großen und feinen öde stehen, Es. 5, 9. Ich will deinem Willen folgen, vielleicht führst du mich ödern Gegenden zu, Geßn. Zwar ist die Gegend öde, die Herden ruhen eingeschlossen im wärmenden Stroh, ebend. Einen Acker, ein Feld öde liegen lassen, ungebauet. Die Welt ist für mich so öde wie das Grab. Daher ist einen Wald aböden, die Bäume völlig ausschlagen, ihn abräumen, die Fischbrut ausöden, sie ausrotten und vertilgen. u. s. f. ( S. auch Wüst.) 4) * Figürlich, keinen innern Werth haben, eitel; in welchem Verstande es jetzt veraltet ist, ehedem aber üblich war, wie aus einigen Beyspielen bey dem Frisch erhellet. Öde Werke, nichtswürdige, eitle. Ein öder Balg, ein nichtswürdiger, Pellexvana. Ein öder Pfaff.

Anm. In der dritten Bedeutung schon bey dem Notker ode, im Dän. öde, im Böhm. owdowely. Im Finnischen ist Authia ein leerer Raum, und im Friesischen Oode und im Irländ. Ait ein Ort, welcher Begriff mit dem leeren Raume genau zusammen hängt, so wie das Lat. Locus, ein Ort, zu unserm Loch gehöret. Ein leerer, wüster Ort heißt schon im Isidor Odhin, und bey dem Ulphilas Authids, im Schwed. Oede, im Irländ. Eide und Adda. ( S. auch Eitel und 3 Heide, welche gleichfalls damit verwandt sind.) Wachter hat schon die Verwandtschaft mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, allein, einsam, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, allein, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, verwüsten, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, verwüstet, eingesehen. Da keine Mitlauter häufiger mit einander verwechselt werden, als d, t und s, so lautete dieses Wort ehedem auch öde, daher das Zeitwort ösen, erösen, verösen, erösigen, und das im Hochdeutschen unbekannte ostur, wüst, in den Mundarten so oft vorkommen, wovon bey dem Frisch Beyspiele anzutreffen sind, härtere Mundarten sprechen und schreiben dieses Wort nur od, da denn das d wie ein t lautet; im Hochdeutschen ist um der weichern Aussprache dieses Mitlauters willen das e euphonicum unentbehrlich.


Öde (W3) [Adelung]


Die Öde, plur. die -n, ein öder, unbewohnter, ungebaueter Ort; ein im Hochdeutschen seltenes Wort, wofür in der Bedeutung eines unbewohnten Ortes jetzt Einöde üblich ist, S. dieses Wort.


Odem (W3) [Adelung]


Der Odem, S. Athem.


Oder (W3) [Adelung]


Oder, ein Bindewort, welches mehrere mögliche Fälle, von welchen etwas behauptet wird, begleitet. 1. So daß die mehrern Dingen einander aufheben, oder vielmehr, so daß von den mehrern nur Eines ist oder seyn soll: so daß diese Partikel alle Sätze nach dem ersten begleitet. Cajus muß sehr unwissend oder sehr boshaft seyn, wo zwey Fälle als möglich angenommen sind, von welchem nothwendig einer wirklich seyn soll. Gib mir die Waare oder Geld. Um des Nachdruckes willen und die Ausschließung der andern möglichen Fälle noch mehr hervorstechen zu lassen, bekommt der erste unter den möglichen Fällen gemeiniglich das entweder. Gib mir entweder die Waare oder Geld. Entweder bin ich der Männer, oder sie meiner nicht werth gewesen, Tob. 3, 20. Erwähle die entweder drey Jahr Theurung, oder drey Monden Flucht, 1 Chron. 22, 12. Einer von uns beyden, entweder ich oder du mußt es gewesen seyn. Da denn das letzte von den Dingen, welche mit oder bezeichnet sind, noch das auch zu sich nehmen kann. Es fehlt ihm entweder am Vermögen, oder am Willen, oder auch an Gelegenheit. 2. So daß die mehrern Dinge Theile eines Ganzen ausmachen; da denn das erste gleichfalls das entweder bekommt, das letzte aber von denen, welche oder vor sich haben, gleichfalls das auch oder endlich leidet. Die Steine sind entweder glasartig, oder thonartig, oder kalkartig, oder auch gemischt. Wo das entweder auch zuweilen wegbleiben kann. Diejenigen, welche in der menschlichen Gesellschaft gehorchen, sind Kinder, Unterthanen oder Knechte. 3. So daß die mehrern Dinge oder Fälle bloß aufgezählet werden, und es unentschieden, oder gleichgültig bleibt, welcher von ihnen ist oder geschiehet. Dieß oder jenes. Ich weiß nicht ob es Lob oder Tadel ist. Nun glaub' es, oder nicht, sie liebt, und liebet dich, Gell. Warum siehet man euern Bruder nicht? Ist er verheiratet? Oder ist er krank? Oder ist er so sehr beschäftiget? In drey oder vier Stunden komme ich gewiß. Trieg' ich mich, oder hör' ich den zärtesten Gesang? Geßn. O, wie reißt die Entzückung mich hin, wenn ich vom hohen Hügel die weit ausgebreitete Gegend übersehe, oder wenn ich ins Gras hingestreckt, die mannigfaltigen Blumen und Kräuter betrachte, oder wenn ich in nächtlichen Stunden den gestirnten Himmel wenn ich den Wechsel der Jahreszeiten oder den Wachsthum der unzählbaren Pflanzen betrachte! ebend. wo sich das letzte oder nicht auf die vorher gegangenen beziehet, sondern auf eine neue nach dem zweyten oder angefangene Reihe möglicher Fälle. Auf diese Art kann diese Partikel auch eine ganze Periode anfangen, wenn sie einen gleich möglichen Fall mit der vorher gehenden, oder auch einen Einwurf, einen Gegensatz u. s. f. enthält. Sie singt dann, und ich begleite ihren Gesang mit der Flöte. - - Oder singen eure Saitenspieler besser als die Nachtigall oder die liebliche Grasmücke? Geßn. 4. Oft dienet der durch das oder angekündigte Satz zur Erklärung des vorher gehenden. Das allgemeine Beste oder den Vortheil der Gesellschaft befordern. Alle Menschen können nicht Herren seyn, oder andern befehlen. Oft auch zur Berichtigung, da denn gemeiniglich noch das vielmehr dazu kommt. Wenn er nur könnte, oder vielmehr wollte. 5. Im gemeinen Leben gebraucht man es oft, eine ungewisse, ungefähre Zahl zu bezeichnen. Eine Elle oder sechs, d. i. ungefähr sechs Ellen. Ein Stück oder zehn, ungefähr zehn Stücke. Da man es denn zuweilen wohl gar in er zu verwandeln und dem ersten Hauptworte anzuhängen pflegt. Ein Ellener drey, ein Tager vier, für eine Elle oder drey, ein Tag oder vier, d. i. ungefähr drey Ellen, vier Tage. S. Ein.

Anm. Da die Leidenschaften sehr oft über die kalten Verbindungswörter dahin rauschen, so wird diese Partikel in einer lebhaften Gemüthsbewegung gar oft ausgelassen. Eine Versetzung findet bey ihr nicht Statt, und sie stehet alle Mahl vor demjenigen Subjecte, zu welchem es gehöret, sollte es auch nur ein Nebenworte seyn. Es komme nun oder nicht. Dieses alte Bindewörtchen lautet so wie wir es jetzt haben, im Angels. athor, im Nieders. edder und nach der gewöhnlichen Ausstoßung des d, ör, im Engl. or. Es ist aus od und der Ableitungssylbe -er zusammen gesetzet, welches od bey den ältesten Schriftstellern für oder allein vorkommt; im Isidor odho, bey dem Kero edo, edeo, im Ottfried odo, bey dem Ulphilas aiththau, aiththan, im Angels. oththe, welches denn mit dem Latein. aut, dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, oder, sichtbar genug überein kommt. Es ist sehr glaublich, daß es mit et in etwan einerley ist, denn in den Monseeischen Glossen und im Ottfried kommt es auch für etwan vor. Da in allen Sprachen keine Redetheile in ihrer Bedeutung so schwankend und unbeständig sind, als die Partikeln, so wurde auch odo ehedem sehr häufig für aber (Lat. autem) gebraucht, so wie aber noch im 15ten Jahrhunderte für oder vorkommt. Die Niedersachsen drucken das oder durch of, ofte, efte, und Willeram durch avo aus, welches dieses aber zu seyn scheinet. Eine andere noch für oder in einigen Oberdeutschen Gegenden übliche Partikel ist ald, bey dem Notker alde, bey den Schwäbisch. Dichtern alde, alder, im Schwed. eller, welche noch jetzt in der Schweiz üblich ist, und zu dem Lat. alter, ander, Ital. altro, Franz. autre, Engl. other, zu gehöret scheinet.


Odermennig (W3) [Adelung]


Der oder die Odermennig, eine Pflanze, S. Agrimone.


Ofen (W3) [Adelung]


Der Ofen, des -s, plur. die Öfen, Diminut. das Öfchen, Oberd. Öfelein, ein eingeschlossener Raum, Fener darin anzumachen und zu unterhalten. Ein steinerner, gemauerter Ofen. Ein blecherner Ofen oder Blechofen. Von der Absicht, zu welcher das darein gemachte Feuer dienet, bekommen die Ofen besondere Nahmen. Dahin der Backofen, Bratofen, Brennofen, Schmelzofen, Ziegelofen, Kalkofen, Destillir-Ofen, Glasofen Stubenofen, Kühlofen, Pechofen, Theerofen, Probier-Ofen u. s. f. gehören. Der hohe Ofen, im Hüttenbaue, ein Schmelzofen, welcher höher ist, als der sonst gewöhnliche Krummofen. Den Ofen ablassen, auslassen, ausbrennen, im Hüttenbaue, das Feuer in den Schmelzofen ausgehen, lassen; ihn anlassen, das Gebläse zur Verstärkung der Gluth in Bewegung setzen. Oft wird auch das Gebäude, in welchem sich ein Ofen befindet, der Ofen genannt. Bey den Minirern wird die Minenkammer, oder der hohle Raum unter der Erde, so lange er noch nicht mit Pulver angefüllet ist, der Ofen genannt; ist er gefüllt, so heißt er eigentlich die Mine. In engerer Bedeutung verstehet man unter dem Ofen gemeiniglich den Stubenofen, d. i. denjenigen eingeschlossener Raum, in welchem man Feuer zur Erwärmung eines Zimmers unterhält. Einen Ofen setzen, ihn aufbauen. Ein eiserner, blecherner Ofen, ein Kachelofen, Porzellan-Ofen u. s. f. Der Ofen raucht, wenn der Rauch aus dem Ofen in das Zimmer geht, anstatt in die Feuermauer zu gehen. Den Ofen hüthen, sich gern an oder um den warmen Ofen aufhalten. Hinter dem Ofen sitzen oder liegen, auch figürlich im gemeinen Leben, müßig zu Hause bleiben.

Anm. Schon bey dem Kero Ouan, (Ovan,) bey dem Notker Ouen, im Tatian Ovan, bey dem Ulphilas Auhn, im Nieders. Aven, im Angels. Ofen, Ofne, im Engl. Oven, im Dän. Ovne, im Isländ. Ofn. Wachter erkannte schon die Übereinstimmung mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich zünde an, und diese Verwandtschaft wird noch merklicher, wenn man erwäget, daß der Ofen im Schwedischen, mit der nicht ungewöhnlichen Verwechslung der Blase- und Gaumenlaute, Ugn, bey den ältern Schweden Ogn und Omn, im Finnländ. Uhni, im Esthländ. Uggen, heißt; woraus sich zugleich die Abstammung von dem alten Eck, Eg, Feuer, Lat. Ignis, Slavon. Ohn und Ogne ergibt. Ein Ofen ist doch allemahl um des Feuers willen da, und die Lat. Fornax und Furnus stammen auf ähnliche Art von Feuer, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, her.


Ofenanker (W3) [Adelung]


Der Ofenanker, des -s, plur. ut nom. sing. an den aus Mauersteinen und Kacheln aufgeführten Stubenöfen, eine dünne eiserne Schiene, welche an den Enden von einander geschroten und umgebogen ist, die Steine oder Kacheln zusammen zu halten.


Ofenauge (W3) [Adelung]


Das Ofenauge, des -s, plur. die -n, an den Schmelzöfen, ein Loch unter der Vorwand des Ofens, welches im Schmelzen zumacht, nach demselben aber geöffnet wird.


Ofenbank (W3) [Adelung]


Die Ofenbank, plur. die -bänke, eine Bank hinter dem Stubenofen gemeiner Leute.


Ofenblase (W3) [Adelung]


Die Ofenblase, plur. die -n, in der Landwirthschaft, eine in den Stubenofen oder dessen Brandmauer eingesetzte Blase, d. i. länglich rundes kupfernes Gefäß, vermittelst des im Ofen befindlichen Feuers beständig warmes Wasser zu haben.


Ofenbrand (W3) [Adelung]


Der Ofenbrand, des -es, plur. die -brände, so viel als auf Ein Mahl in einem Ofen gebrennet, d. i. durch Hülfe des Feuers verfertiget wird, und welches auch nur ein Brand schlechthin genannt wird. Ein Ofenbrand Ziegel, Kalk u. s. f.


Ofenbruch (W3) [Adelung]


Der Ofenbruch, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, die -brüche, dasjenige, was sich in einem Ofen ansetzet, und heraus gebrochen werden muß; besonders im Hüttenbaue, wo man zweyerley Ofenbrüche hat, so wohl solche, welche sich bey der Bley- und Roharbeit als ein Lehm unten im Ofen ansetzet, heraus gebrochen und bey der Roh- und Bleyarbeit wieder als ein Zuschlag gebraucht werden; als auch solche, welche sich oben in dem Ofen ansetzen, und aus einem verdickten mineralischen Rauche bestehen. Von der letztern Art ist besonders der Ofenbruch, welcher sich bey dem Schmelzen des Zinkes als eine harte, schwere, feste, blätterige Materie, oben in den Öfen ansetzt, und außer galmeyischen und arsenikalischen Theilen auch eine rohe Erde in sich enthält; die Kadmia.


Ofengabel (W3) [Adelung]


Die Ofengabel, plur. die -n, eine Gabel, oder ein zweyzackiges Eisen an einem langen Stiele, das Holz damit in den Ofen zu schieben oder zurecht zu legen.


Ofengalmey (W3) [Adelung]


Der Ofengalmey, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, ein Galmey, welcher sich in den Schmelzhütten bey der Roh- und Bleyarbeit an die obern Seiten und Winkel anleget, und eigentlich auch ein Ofenbruch ist.


Ofengestübe (W3) [Adelung]


Das Ofengestübe, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten, ut nom. sing. im Hüttenbaue, Gestübe, welches bey Ausstoßung der Ofenbrüche und Säuberung des Vorherdes mit los gebrochen, klein gemacht und wieder als Gestübe gebraucht wird.


Ofenherd (W3) [Adelung]


Der Ofenherd, des -es, plur. die -e, der Herd in einem Ofen.


Ofenkachel (W3) [Adelung]


Die Ofenkachel, plur. die -n, eine von denjenigen Kacheln, aus welchen die Kachelöfen verfertiget werden.


Ofenkessel (W3) [Adelung]


Der Ofenkessel, des -s, plur. ut nom. sing. auf dem Lande, ein eingemauerter Kessel in dem Stubenofen, Wasser darin warm zu machen.


Ofenkrücke (W3) [Adelung]


Die Ofenkrücke, plur. die -n, eine Krücke, d. i. ein senkrecht an einer Stange befestigtes Bret, das Feuer, die Kohlen, oder die Asche damit aus dem Ofen zu ziehen.


Ofenlehm (W3) [Adelung]


Der Ofenlehm, des -es, plur. inus. Lehm, so wie er zur Bereitung eines Ofens erfordert wird; ingleichen aus einem Ofen gebrochener Lehm.


Ofenloch (W3) [Adelung]


Das Ofenloch, des -es, plur. die -löcher, die Mündung des Ofens, die Öffnung, durch welche derselbe geheitzet wird; zuweilen auch das Rauchloch des Ofens, das Loch, durch welches der Rauch ausziehet.


Ofenmeister (W3) [Adelung]


Der Ofenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. im Hüttenbaue, derjenige, welcher die Aussicht über einen Schmelzofen hat, und die dabey nöthigen Arbeiten anordnet, von welcher Art besonders der hohe Ofenmeister bey einem hohen Ofen ist.


Ofenplatte (W3) [Adelung]


Die Ofenplatte, plur. die -n, eine eiserne Platte, womit zuweilen der Herd eines Stubenofens belegt wird. Ingleichen, eiserne Platten, aus welchen die eisernen Öfen zusammen gesetzet werden.


Ofenröhre (W3) [Adelung]


Die Ofenröhre, plur. die -n, die Röhre in einem Ofen, besonders diejenige Röhre, durch welche der Rauch aus dem Ofen abgeführet wird. Ingleichen eine große viereckige blecherne Röhre in einem Stubenofen, mit einer Thür, Speisen darin warm zu erhalten.


Ofenruß (W3) [Adelung]


Der Ofenruß, des -es, plur. inus. der Ruß aus einem Ofen.


Ofenschaufel (W3) [Adelung]


Die Ofenschaufel, plur. die -n, eine Schaufel, Kohlen oder Asche damit aus einem Ofen zu ziehen.


Ofenschirm (W3) [Adelung]


Der Ofenschirm, des -es, plur. die -e, ein Schirm vor dem Ofen, die große Hitze abzuhalten.


Ofenstange (W3) [Adelung]


Die Ofenstange, plur. die -n, eine Stange, das brennende Holz in einem Backofen damit in die rechte Lage zu bringen.


Ofenthür (W3) [Adelung]


Die Ofenthür, plur. die -en, die Thür vor dem Ofenloche.


Ofenwisch (W3) [Adelung]


Der Ofenwisch, des -es, plur. die -e, bey den Bäckern, ein Strohwisch an einer langen Stange, den Ofen damit auszukehren.


Ofenzins (W3) [Adelung]


Der Ofenzins, des -es, plur. die -e, derjenige Zins, welcher für den Gebrauch eines fremden Backofens, ingleichen für das Recht, einen Back- oder andern Ofen zu halten, entrichtet wird.


Offen (W3) [Adelung]


Offen, -er, -ste, welche Grade doch nur in der 5ten und 7ten figürlichen Bedeutung gebraucht werden, adj. et adv. Es ist dem verschlossen und eingeschlossen, und so fern es als ein Nebenwort gebraucht wird, dem zu entgegen gesetzet. 1. Eigentlich, auf Einer oder mehrern Seiten mit keinen körperlichen Einschränkungen versehen, nicht eingeschlossen, nicht zugemacht. Ein offener Helm, im Gegensatze eines geschlossenen. Ein offenes Glas, ein offener Topf, ein offenes Gefäß, im Gegensatze eines zugedeckten. Eine offene Thür, ein offenes Fenster, im Gegensatze so wohl eines verschlossenes, als auch eines zugemachten. Den Mund offen haben, ein offener Mund. Den Himmel offen sehen. Mit offnen Augen nicht sehen. Jemanden mit offenen Armen empfangen, mit ausgebreiteten, und figürlich, mit fröhlicher Bereitwilligkeit. Mit Entzückung eil' ich in deine offnen Arme, Geßn. Ein oben offener Spaziergang, im Gegensatze eines bedeckten. Ein offner Schade, eine Wunde an dem Körper, welche nicht geheilet werden kann oder darf. Ein freyes offenes Feld, welches durch keine Gegenstände eingeschlossen ist. Ein offener Brief, der nicht versiegelt ist, daher denn offene Briefe, offene Befehle, im mittlern Lat. Litterae patentes, auch solche obrigkeitliche Befehle genannt werden, welche jedermann angehen. 2. In verschiedenen engern Bedeutungen. Die Erde ist noch nicht offen, sagt man in der Landwirthschaft, wenn sie noch nicht aufgethauet, sondern durch den Frost gleichsam verschlossen ist. Man hat offenen Leib, wenn die Ausleerungen gehörig erfolgen, im Gegensatze des verstopften Leibes. Den Leib offen halten, dafür sorgen, daß die Ausleerungen gehörig erfolgen. In offener Rechnung mit jemanden stehen, in uneingeschränkter, d. i. daß jeder von dem andern so viel auf Rechnung bekommen kann als er will oder bedarf. Offene Casse bey jemanden haben, so viel Geld von ihm bekommen können, als er will. Ein offener Wechsel, ein uneingeschränkter, der auf keine gewisse Summe gerichtet ist. Mein Haus stehet ihnen offen, sie können zu allen Zeiten ungehindert in dasselbe kommen. 3. Figürlich. 1) Unbefestigt. Eine offene Stadt, ein offener Platz, ein offener Ort, der mit keinen Festungswerken, mit keinen Mauern versehen ist. Ein überall offenes Land, wo der Eingang durch nichts erschweret wird. 2) Ein Lehen wird offen, in dem Lehenswesen, wenn es dem Lehensherren anheim fällt, wenn es eröffnet wird. Ein offenes Lehen. 3) Die offene Zeit, im Gegensatze der geschlossenen, d. i. diejenige Zeit, da der Genuß oder Gebrauch eines Dinges einem jeden frey stehet; in der Landwirthschaft, diejenige Zeit, da die Äcker, Wiesen und Wälder mit dem Viehe betrieben werden können. Das Vieh zu offnen Zeiten in das Gehölz treiben. 4) Für öffentlich; doch nur als ein Beywort. Etwas in offener Gant verkaufen, im Oberdeutschen, d. i. in öffentlicher Auction. Im Hochdeutschen gebraucht man es nur noch in einigen Fällen. Auf offener Straße, auf öffentlicher. Offene Tafel halten, öffentlich speisen; ingleichen, jeden der mitspeisen will, mit zur Tafel ziehen. Einen offenen Laden haben, öffentlich verkaufen. 5) Ein offener Kopf, der etwas geschwinde und deutlich begreift. Einen offenen Kopf haben. Ingleichen eine Person, welche einen offenen Kopf hat. Er ist ein offener Kopf. 6) Das offene e, bey einigen Sprachlehrern, dasjenige e, welches wie ein ä ausgesprochen wird, wie das erste e in geben, leben, Steg; weil der Mund dabey mehr geöffnet wird, als bey dessen Gegensatze dem geschlossenen, welches in den ersten Sylben der Wörter gehen, stehen, das Lehen, Statt findet. Beyde Kunstwörter sind nach den Französischen Kunstwörtern e ouvert, und e ferme gebildet. Andere Sprachlehrern nennen das offene e nicht so bestimmt das dunkle, und das geschlossene das helle. Besser nennt man es das tiefe e, zum Unterschiede von dem hohen. 7) Eine offene Miene, ein offenes Gesicht, ein freyes, unverstelltes Gesicht, welches keine Verstellung, keine Zurückhaltung verräth. Ein offenes Herz, welches seine Gedanken und Empfindungen andern vertraulich bekannt macht. Du verdienest, daß ich mit offenem Herzen zu dir rede. Er scheint nicht mit offnem Herzen gehandelt zu haben. S. Offenheit.

Anm. 1. Dieses Wort lautet schon bey dem Ottfried und Willeram offan, im Nieders. apen, im Angels. open und yppe, im Engl. open, im Dän. aaben und aabent, und im Schwed. öppen, yppen. Es stammet, vermittelst der adverbischen Endung -en, von auf her, welches in der Zusammensetzung mit Zeitwörtern noch für offen gebraucht wird.

Anm. 2. Dieses auf macht zuweilen manchen Deutschen Schwierigkeit, welche in einigen Fällen nicht wissen, ob sie auf oder offen gebrauchen sollen, und daher beyde sehr oft mit einander verwech- seln. Offen ist ein eigentliches Nebenwort, und kann als ein solches nicht mit einem Zeitwort zusammen gesetzet werden; soll dieses geschehen, so muß dafür das Vorwort auf gebraucht werden, welches dagegen außer der Zusammensetzung nicht für offen gebraucht werden kann. Gehöret nun das Wort unmittelbar als ein Theil der Zusammensetzung zum Zeitworte, so muß auf, im widrigen Falle aber offen gebraucht werden. Er ließ die Thür offen, ist unrichtig, weil das Zeitwort auflassen dafür üblich ist. So sagt man auch das Fenster steht auf, das Thor bleibt die ganze Nacht auf, den Kasten aufmachen, sie hielt die Schürze auf u. s. f. Wohl aber, den Himmel offen sehen, den Mund offen haben, u. s. f. weil aufsehen, aufhaben, in diesen Bedeutungen nicht üblich sind. Alles dieß gilt nur, wenn auf und offen in der eigentlichen Bedeutung üblich sind, denn so bald sich eine Figur mit einmischt, muß offen stehen, es müßte denn das mit auf zusammen gesetzte Zeitwort diese Figur hergebracht haben. Die Thür steht auf; aber, mein Haus stehet ihnen zu allen Zeiten offen, zur Ausnahme bereit. Das Thor bleibt auf, aber unser Herz bleibt jedermann offen. Offen druckt schon im Positiv verschiedene Grade aus, oder vielmehr, ein Ding kann nur auf Eine Art offen seyn, d. i. so bald die Flächen, welche es auf allen Seiten einschließen, unterbrochen werden. Der Positiv druckt schon alle diese Grade allein aus, daher fallen der Comparativ und Superlativ, außer der 5ten und 7ten figürlichen Bedeutung, schon von sich selbst weg.


Offenbar (W3) [Adelung]


Offenbar, -er, -ste, adj. et adv. 1) Offen, auf allen Seiten durch nichts eingeschränkt; in welchem Verstande man es nur noch in dem Ausdrucke die offenbare See gebraucht, das hohe, dem Anblicke nach auf allen Seiten unbegränzte Meer. 2) * Bloß, unbedeckt; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, in welcher man nur noch in einigen Gegenden, z. B. in der Lansitz, den Barfrost, d. i. den ohne vorher gegangenen Schnee eintretenden Frost, einen offenbaren Frost zu nennen pflegt. 3) Von jedermann dafür erkannt. Es ist eine offenbare Lüge. Die offenbare Wahrheit. Es ist offenbar, daß dieß schon mehrmahls geschehen ist. Ein offenbarer Feind, im Gegensatze eines heimlichen oder verborgenen Feindes. Ein offenbares Wunder. Offenbare Sünden, welche von jedermann für Sünden erkannt werden. Bey dem Menschen waltet offenbar ein anderes Naturgesetz über die Succession seiner Ideen, Herd. 4) * Bekannt. Wenn dein Wort offenbar wird, so erfreuet es, Ps. 119, 130. Vieler Herzen Gedanken werden offenbar werden, Luc. 2, 35. Denn daß man weiß, daß Gott sey, ist ihnen offenbar, Röm. 1, 19. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen größten Theils veraltet, ob es gleich noch hin und wieder in den Kanzelleyen gebraucht wird, wo auch offenkündig für offenbar vorkommt. Der Thäter ist noch nicht offenbar, noch nicht bekannt.

Anm. Bey dem Stryker schon offenbar, im Nieders. apenbar. Es ist von offen und bar zusammen gesetzet, von welchen auch ehedem jedes für sich allein für offenbar gebraucht wurde, daher die Zusammensetzung bloß um des mehrern Nachdruckes willen geschehen zu seyn scheinet. In dem Isidor und bey dem Ottfried heißt offenbar beständig offen. Der Regel nach liegt der Ton auf der ersten Sylbe als der Stammsylbe des Hauptwortes. Allein in der nachdrücklichen Rede legt man ihn oft auf die Ableitungssylbe bar.


Offenbaren (W3) [Adelung]


Offenbaren, verb. reg. act. 1. Bekannt machen. Der Herr lässet sein Heil verkündigen, vor den Völkern lässet er seine Gerechtigkeit offenbaren, Ps. 98, 2; und so in andern Stellen mehr. Es ist in dieser weitern Bedeutung im Hochdeutschen veraltet, außer daß man in der zurück kehrenden Form noch zuweilen im gemeinen Leben sagt, es wird sich bald offenbaren, was an der Sache ist, es wird bald bekannt werden. Auch in der biblischen Schreibart sagt man noch, Gott habe sich im Reiche der Natur durch seine Werke offenbaret, d. i. dem Menschen bekannt gemacht. Man gebraucht es, 2. nur noch in zwey engern Bedeutungen. 1) Eine geheime, verborgene Sache Einem oder mehrern bekannt machen; gleichfalls mit der dritten Endung der Person, und der vierten der Sache. Jemanden ein Geheimniß offenbaren. Einem sein Herz, ein Anliegen offenbaren. Sich einem offenbaren, ihm seine Heimlichkeiten entdecken. Der Verbrecher hat alles offenbaret, wofür doch entdecken üblicher ist. Dem Beichtvater seine Sünden offenbaren. Offenbare nicht eines andern Heimlichkeit, Sprichw. 25, 9. Gleich wird sichs offenbaren, Wer unter euch den Kranz mit Ehren trägt, Gell. 2) In noch engerer und theologischer Bedeutung, übernatürliche Wahrheiten bekannt machen. In diesem Verstande hat Gott den Menschen den weg zur Seligkeit, die Heilsordnung geoffenbaret. Geoffenbarte Wahrheiten, Pflichten u. s. f. Siehe Offenbarung.

Anm. Nieders. apenbaren, Schwed. uppenbara. Bey dem Ottfried und Notker nur offenen, und selbst im Theuerdanke noch öffnen, wovon noch unser Eröffnen üblich ist. Die Weglassung des Augmenti ge, er hat es offenbaret, ist ein Fehler.


Offenbarlich (W3) [Adelung]


* Offenbarlich, -er, -ste, adj. et adv. welches im Hochdeutschen ganz fremd ist, aber noch mehrmahls in der Deutschen Bibel, für offenbar, bekannt, unverhüllt, öffentlich, vorkommt.


Offenbarung (W3) [Adelung]


Die Offenbarung, plur. die -n, von dem Zeitworte offenbaren. 1. Die Handlung des Offenbarens. 1) * Überhaupt, eine jede Bekanntmachung; in welchem Verstande es außer der biblischen Schreibart veraltet ist. Wir gehen auch nicht mit Schalkheit um, sondern mit Offenbarung der Wahrheit, 2 Cor. 4, 2. Der Tag der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes, Röm. 2, 5. 2) In engerer Bedeutung, die Bekanntmachung einer verborgenen Sache. Man kann alles versöhnen, ausgenommen die Schmach, Verachtung, Offenbarung der Heimlichkeit und böse Tücke, Sir. 22, 27. 3) In noch engerer theologischer Bedeutung, die Bekanntmachung übernatürlicher Wahrheiten von Gott. Manche Schwärmer rühmen sich noch jetzt, daß sie göttliche Offenbarungen haben oder bekommen. 2. Die bekannt gemachte Sache selbst, die geoffenbarten Kenntnisse; wo es nur allein im theologischen Verstande üblich ist, bekannt gemachte vorher unbekannte Kenntnisse zu bezeichnen. Die Offenbarung Johannis, der ganze Umfang aller ihm geoffenbarten Dinge, und das Buch, worin sie aufgezeichnet sind, welches in den ältern Übersetzungen vor Luthern das Buch der Tugenheit heißt, d. i. der Verborgenheit, von tugen, verborgen. Besonders die bekannt gemachten Wahrheiten von Gott und unserm Verhältnisse gegen ihn, und deren ganzer Umfang. Die allgemeinere oder entferntere Offenbarung, die aus dem Daseyn und Zusammenhange aller natürlichen Dinge bekannten Wahrheiten von Gott; im Gegensatze der nähern Offenbarung Gottes, der durch die veranstaltete Versöhnung von ihm bekannt gewordenen Wahrheiten. In der engsten Bedeutung ist die nähere Offenbarung, die durch symbolische Erkenntnißzeichen geschehene Bekanntmachung der nöthigen Heilswahrheiten, da denn in weiterm Verstande auch wohl die ganze heil. Schrift, ob sie gleich nicht lauter geoffenbarte Wahrheiten enthält, die göttliche Offenbarung, oder die Offenbarung schlechthin genannt wird. Bey de Notker nur Offenunga, Öffnung.


Offenheit (W3) [Adelung]


Die Offenheit, plur. inus. von offen 3. 7), die Eigenschaft, da man offen, d. i. frey, ohne Zurückhaltung und Verstellung ist.


Offenherzig (W3) [Adelung]


Offenherzig, -er, -ste, adj. et adv. ein offenes Herz habend, d. i. seine Gedanken und Empfindungen andern ohne Zurückhaltung entdeckend, und in dieser Eigenschaft gegründet. Ein offenherziger Mensch. Sie sind sehr offenherzig, da sie mir auch ihre Thorheiten nicht verschweigen. Gegen jemanden offenherzig seyn. Ein offenherziges Bekenntniß ablegen. Du gehst nicht offenherzig mit mir um. In engerer Bedeutung ist man offenherzig, wenn man einem andern alle heilsame Nachrichten auf das mögliche entdeckt.


Offenherzigkeit (W3) [Adelung]


Die Offenherzigkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da man offenherzig ist.


Offenkündig (W3) [Adelung]


* Offenkündig, -er, -ste, adj. et adv. welches nur im Oberdeutschen für jemanden bekannt, notorisch, üblich ist. Eine offenkündige Sache. Daher die Offenkündigkeit.


Offenstück (W3) [Adelung]


Das Offenstück, des -es, plur. die -e, bey den Gärtnern, eine Art Luststücke, wo man vermittelst der Gänge zwischen den Feldern überall frey ein- und ausgehen kann, ohne überzuschreiten; Franz. Parterre de Pieces coupees, eigentlich ein offenes Stück.


Öffentlich (W3) [Adelung]


Öffentlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Was vor allen Leuten, vor jedermann ist und geschiehet; im Gegensatze des geheim oder verborgen. Sich nicht öffentlich sehen lassen. Eine öffentliche Buße. Öffentliche Sünden, öffentliche Schande. Öffentlich beschimpft werden. Öffentlich speisen. Ein öffentliches Ärgerniß. Sich öffentlich hören lassen. Man spricht öffentlich davon. Der öffentliche Gottesdienst, wo jedem der Zutritt verstattet, jeder durch das Geläut der Glocken dazu eingeladen, und jede gottesdienstliche Handlung vor jedermann verrichtet wird; im Gegensatze des Privat-Gottesdienstes und Hausgottesdienstes. Öffentlich (vor den Leuten) spielten sie die Rolle der Gleichgültigkeit sehr glücklich. 2) Zu jedermanns Gebrauche bestimmt. Ein öffentlicher Ort. Auf öffentlichen Gassen. Auf öffentlichem Markte. Öffentliche Gebäude. Ein öffentliches Wirthshaus. 3) In engerm Verstande, eine große bürgerliche Gesellschaft betreffend. Ein öffentliches Amt. Öffentliche Verbrechen, welche wider das Band des Landesherren und der Unterthanen begangen werden.

Anm. Im Oberdeutschen offentlich. Es ist aus offen und lich zusammen gesetzet, und lautet daher im Kero, Isidor, und selbst noch bey den Schwäbischen Dichtern, offanliih, offenlih. Das t ist das t euphonicum, welches dem n in mehrern Wörtern nachschleicht, ( S. N und T.) Im Oberdeutschen wurde es ehedem auch sehr häufig für offenbar gebraucht, so wird Ottfried für öffentlich nur offen, offen, hat.


Öffentlichkeit (W3) [Adelung]


Die Öffentlichkeit, plur. inus. die Eigenschaft einer Sache, da sie öffentlich ist, oder geschiehet, in allen Bedeutungen dieses Wortes.


Official (W3) [Adelung]


Der Official, des -es, plur. die -e, aus dem mittlern Lat. Officialis, in der Römischen Kirche, der Vorgesetzte eines geistlichen Gerichtes, welcher in einem geistlichen Gerichte im Nahmen des Bischofes den Vorsitz hat, und dessen Stelle vertritt. Daher das Officialat, dessen Amt und Würde. Das Officialat-Gericht, ein geistliches bischöfliches Gericht, dessen Stelle bey den Protestanten die Consistorien oder Kirchenräthe vertreten. Die Officiale und ihre Gerichte kamen ungefähr im 12ten und 13ten Jahrhunderte anstatt der Archi-Diaconen und ihrer Gerichte auf, welche sich durch ihre Ausschweifungen, Härte, und Gierigkeit bey jedermann verhaßt gemacht hatten.


Officiant (W3) [Adelung]


Der Officiant, des -en, plur. die -en, aus dem mittlern Lat. officians, ein jeder, welcher ein öffentliches Amt geringerer Art bekleidet, und Unterbedienter, welcher den Beamten hilft oder an die Hand gehet. Die Officianten aus der Buchhalterey. Die Münz-Officianten. Zuweilen werden wohl die Arbeiter einer Officin Officianten genannt. An den Höfen sind die Officianten Hofbedienten geringer Art, welche keine Livree tragen.


Officier (W3) [Adelung]


Der Officier, des -s, plur. ut nom. sing. sehr häufig auch die -s, aus dem Franz. Officier, aber mit Deutscher Aussprache. 1) Ein jeder, welcher ein Amt, besonders ein öffenliches Amt bekleidet, in welchem Verstande auch das Franz. Officier gebraucht wird. Im Deutschen ist es in dieser weitern Bedeutung nur in einigen Oberdeutschen Gegenden üblich. Kait-Officier sind im Österreichischen die Beamten der kaiserl. königl. Cameral-Haupt-Buchhalterey. Das Kriegszahlamt zu Wien bestehet aus einem Kriegszahlmeister und verschiedenen Officieren. Das oberste Schiffamt zu Wien hat einen adeligen Schiffamtsobersten und einen Amts-Officier. Das kaiserl. königl. Waldamt in Nieder-Österreich hat einen adeligen Waldmeister, einen Waldschaffer und verschiedene Waldamts-Officier. Wo es zuweilen auch wie Officiant nur die Schreiber, Kanzellisten und andere Unterbeamten zu bezeichnen scheinet. Hingegen werden in Mähren der oberste Landkämmerer, der oberste Landrichter und der oberste Landschreiber, die drey obersten Land-Offizierer (Officier) genannt. 2) In engerer und im Hochdeutschen gewöhnlicherer Bedeutung werden nur die Beamten oder Befehlshaber bey den Soldaten Officier genannt. Unter-Officier, die erste Staffel der Officier nach den Gemeinen; zum Unterschiede von den Ober-Officieren, welche auch nur Officier schlechthin genannt werden, und wozu die Fähnriche, Lieutenants und Capitäns und Rittmeister gehören. Die Stabs-Offizier, die höhern Officier von dem Major an.


Officin (W3) [Adelung]


Die Officin, plur. -en, aus dem Lat. Officina, eine Werkstätte, der Ort, wo gewisse Arbeiten in Menge verfertiget werden. Man gebraucht es gemeiniglich von Fabriken, Manufacturen und andern Örtern, für welche man das Wort Werkstätte für zu niedrig und handwerksmäßig hält. Die Officin eines Buchdruckers. Auch die Apotheken werden zuweilen Officinen genannt; daher officinell, in den Apotheken gangbar oder gebräuchlich. Officinelle Kräuter, deren man sich in der Medicin bedienet.


Öffnen (W3) [Adelung]


Öffnen, verb. reg. act. offen machen, d. i. aufmachen, machen, daß andere Dinge freyen Aus- oder Zugang zu einem eingeschlossenen Raume bekommen. 1. Eigentlich, wo dieses Wort von einem weiten Umfange der Bedeutung ist, und alle die besondern Arten unter sich begreift, wodurch andern Dingen der Zugang zu einem eingeschlossenen oder verschlossenen Raume verschaffet wird, und welche man sonst durch aufmachen, aufthun, aufschließen, aufschneiden, aufgraben, aufbrechen u. s. f. ausdruckt. Zugleich ist es edler als die meisten dieser Zeitwörter, und wird daher vornehmlich in der edlen und anständigen Schreibart gebraucht. Eine Bouteille öffnen, durch Ausziehung des Stöpsels. Die Thür öffnen, so wohl durch Aufschließung des Schlosses, als auch indem man sie aufsperret. Die Fenster öffnen. Einen Brief öffnen, ihn aufsiegeln. Ein Packet öffnen, es aufbinden, aufschneiden, aufbrechen. Die Augen öffnen, sie aufmachen, aufthun, aufschlagen. Ein Grab öffnen, durch Wegnehmung der Bedeckung; ingleichen es machen, verfertigen. Die Laufgräben öffnen, sie durch Graben verfertigen. Ein Buch öffnen, es aufschlagen, aufmachen. Jemanden eine Ader öffnen, ihm die Ader schlagen. Ein Geschwür öffnen, es aufschneiden, aufmachen. Einen todten Körper öffnen, ihn aufschneiden. Ein Schloß öffnen, es aufschließen. Der Himmel öffnet sich, thut sich auf. Die Erde öffnet sich, wenn sie sich aufthut, d. i. einen beträchtlichen Riß bekommt. In einem andern Verstande öffnet sich die Erde im Frühlinge nach dem Froste, wenn die Dünste und fruchtbaren Ausflüsse ungehindert aus derselben aussteigen können. Die Blume öffnet sich, wenn sie sich ausschließt. Weiß und unschuldig wie die Lilie, wenn sie am Morgenroth sich öffnet, Geßn. Den Leib öffnen, den Ausleerungen den nöthigen ungehinderten Ausgang verschaffen. 2. Figürlich. 1) Den freyen Zugang zu etwas, den freyen Genuß, Gebrauch einer Sache verschaffen und verstatten. Die Stadt öffnete dem Überwinder die Thore, ließ ihn ungehindert einziehen. Die Magazine öffnen, das darin befindliche Getreide, jedem der es braucht, verkaufen. Das Feld, die Wiese, einen Wald öffnen, Erlaubniß ertheilen, sie mit dem Viehe zu betreiben, ( S. Offen.) Das bescheidene Verdienst öffnet sich den Zutritt bey den Hohen und Niedrigen zugleich, Gell. Sich durch Ungestüm und Wuth die Bahn der Ungebundenheit öffnen, ebend. Welches Feld von Tugenden öffnet nicht bloß die gemeinschaftliche Erziehung ihrer Kinder! ebend. Ihm öffnete sein hoher Stand ihr Haus, ebend. 2. Jemanden sein Herz öffnen, ihm dasselbe entdecken, ihm seine Gedanken und Empfindungen bekannt machen. Da sie mir ihr Herz so weit geöffnet haben, so sehen sie mich nunmehr vollends als ihren Vertrauten an, Weiße. Kein einziger öffnete mir sein Herz, Dusch. O, wie weit hätte mir das alles mein Herz öffnen können! entdecken. 3) Jemanden die Augen öffnen, ihm Einsicht und Erkenntniß verschaffen, in der Deutschen Bibel Luc. 24, 45, ihm das Verständniß öffnen. Die Schrift öffnen, erklären; nur in der Deutschen Bibel, Luc. 24, 45. Ehedem wurde es in noch weiterer Bedeutung für beweisen, offenbaren, ja für erzählen und bekannt machen überhaupt gebraucht.

Anm. Schon im Isidor, sogar in der letzten figürlichen Bedeutung offonon, bey dem Ottfried und Willeram offenen, im Angels. openian, im Nieders. apenen, im Schwed. öpna. Es ist von dem Nebenworte offen, vermittelst der Endung des Infinitives -en gebildet; öffnen für offenen.


Öffner (W3) [Adelung]


Der Öffner, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Seidenwebern, ein grober Kamm von knöchernen oder elfenbeinernen Zähnen, vermittelst dessen die Kette aufgebäumet wird. Auch bey andern Webern führet der Riedkamm diesen Nahmen. Im gemeinen Leben lautet dieses Wort auch Afner, Affner; indessen scheinet es doch von öffnen abzustammen.


Öffnung (W3) [Adelung]


Die Öffnung, plur. die -en, so wohl die Handlung des Öffnens, ohne Plural, als auch der geöffnete Ort selbst. In der ersten Bedeutung der Handlung ist es in allen Fällen des Zeitwortes üblich. Die Öffnung der Thür, eines Briefes, der Augen u. s. f. Ingleichen der Zustand, da man offenen Leibes ist. Öffnung haben, bekommen. Keine Öffnung haben, verstopft seyn. In der Bedeutung eines geöffneten Ortes ist es in der edlen und anständigen Sprechart von eben so weitem Umfange als das Zeitworte selbst, indem es jeden Ort bedeutet, durch welchen der freye Zu- oder Ausgang zu oder aus einem eingeschlossenen oder verschlossenen Raume verstattet wird, welchen man im gemeinen Leben ein Loch nennet. Eine Öffnung in ein Geschwür machen. Die Öffnung in der Bouteille u. s. f. Notker gebraucht Offenunga in der veralteten Bedeutung der Offenbarung.


Öffnungsrecht (W3) [Adelung]


Das Öffnungsrecht, des -es, plur. die -e, das Recht, nach welchem der Besitzer eines Schlosses gehalten ist, dasselbe dem Lehensherren zu allen Zeiten, oder auch nur in einigen Fällen zu öffnen, d. i. ihm den freyen Zugang zu demselben zu verstatten; Jus aperturae.


Oft (W3) [Adelung]


Oft, öfter, am öftesten, adv. 1) Mehr als Ein Mahl, ohne den Nebenbegriff der Vielheit; mehrmahls. Ein gutes Wort richtet oft mehr aus, als ein böses. Man sagt oft ein Wort, welches man nicht so meinet. Besonders mit den Partikeln wie und so. Wie oft? Antw. Nur Ein Mahl, zwey Mahl, drey Mahl u. s. f. Erinnere ihn daran, so oft du ihn siehest. Ich sehe ihn öfter als du, Cajus aber am öftesten. Eine Übermaße von Freude verursacht den Tod öfter als man wohl denkt. 2) In engerer Bedeutung, mit dem Nebengriffe der Vielheit, vielmahls. Unverhoft kommt oft. Ich habe es dir schon gesagt. Es geschiehet oft, daß man nicht weiß was man sagt. Schreibe mir fein oft. Das habe ich schon oft gehöret. Ich habe dich oft genug gewarnet. Nicht oft. Gar oft, sehr oft. Mehr als zu oft, sehr oft. Das geschiehet nur mehr als zu oft. Ich habe es dir schon so oft gesagt, sehr oft. Wie oft habe ich zu dir hingeseufzet? Dusch. Denn oft, wenn wir im Schatten bey der Herde sitzen, dann reden wir von dir, Geßn. Wer oft schwöret, sündiget oft, Sir. 23, 12. Anm. Schon im Isidor, bey dem Kero, Ottfried u. s. f. ofto, bey den Ulphilas ufta, im Angels. und Isländ. oft, im Dän. und Schwed. ofte, ofta, im Engl. often. Es ist aller Anschein vorhanden, daß es mit dem Angels. und Engl. eft, dem Goth. aftra, dem Isländ. aptur, und dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, wiederum, nochmahls, zu dem Geschlechte des im Hochdeutschen veralteten aber, wiederum, gehöret. Das Lat. saepe, unterscheidet sich von der Stammsylbe ab, of, bloß durch den zufälligen Zischlaut. Ehedem war es auch als ein Beywort üblich, wofür im Tatian oftiga vorkommt. Statt des Beywortes gebrauchen wir jetzt das folgende öfter und oftmahlig. Der Superlativ am öftesten, und in einigen Gegenden zum öftesten, ist analogisch völlig richtig, er wird aber doch im gemeinen Leben öfter gebraucht, als in der edlen Schreibart.


Öfter (W3) [Adelung]


Öfter, adj. et adv. von dem vorigen Nebenworte, in dessen ersten Bedeutung, mehrmahlig, mehr. Die Belagerten thaten öftere Ausfälle, mehrmahlige. Es wurden öftere Schlachten geliefert, mehrere, verschiedene. Der öftere Gebrauch des Abendmahles. Zum öftern, mehrmahls. Ingleichen als ein Nebenwort. Den Menschen habe ich schon öfter gesehen, mehrmahls. Ich habe den Brief öfter durchgelesen, mehr als Ein Mahl; wo es nicht der Comparativ von oft ist. ( S. Öfters.) In der zweyten Bedeutung des Wortes oft, für vielmahls, ist oftmahlig üblich.

Anm. Die meisten Sprachlehrer halten dieses Beywort für den Comparativ von dem vorigen oft. Allein ist es eben so gut ein eigenes Beywort als ober, nieder, äußer, hinter, vorder, sauer u. s. f. weil wir eine eigene Ableitungssylbe -er haben, welche Beywörter bildet, besonders aus solchen Nebenwörtern, welche nicht als Adjective gebraucht werden können, wie außen, oben, unten, hinten, oft. Der Comparativ ist um des Wohlklanges willen wenig üblich, aber der Superlativ öfterste kommt in der vertraulichen Sprechart oft genug vor, besonders als ein Nebenwort, am öftersten, zum öftersten, für das minder übliche am öftesten, öftesten. Dieser Superlativ könnte nicht Statt finden, wenn öfter der Comparativ wäre, weil die Beywörter das r des Comparativs im Superlative wieder wegwerfen. S. Hinter.


Öfters (W3) [Adelung]


Öfters, adv. von dem vorigen Beyworte, welches für öfter, mehrmahls, mehr als Ein Mahl, nur im gemeinen Leben üblich ist. Man spricht öfters etwas, was man nicht so meint. Ich habe dich schon öfters gesehen. Wie öfters, für wie oft, ist im Hochdeutschen ungangbar. Und wie öfters bläht die hohe Dame Nichts als ihr Nahme? Zach.


Oftmahlig (W3) [Adelung]


Oftmahlig, adj. von dem Nebenworte oft in dessen zweyten Bedeutung, was oft oder vielmahls ist oder geschiehet; vielmahlig. Ihre oftmahligen Zusammenkünfte. Die oftmahlige Wiederhohlung. Meine oftmahligen Schreiben.


Oftmahls (W3) [Adelung]


Oftmahls, das Nebenwort des vorigen Beywortes, für oft, in dessen zweyten Bedeutung; im gemeinen Leben auch oftmahlen und öftermahls. Ich habe es ihm schon oftmahls gesagt, schon oft. Er errettete sie oftmahls, Ps. 106, 43. So wohl dieß als das vorige, werden in der edlen Schreibart gern vermieden, außer daß die Dichter sie zuweilen um des Sylbenmaßes willen gebrauchen. Vernunft, zu oftmahls sclavisch, ergriff jetzt die Partey Der mächtigern Begierden, Dusch.


Oh! (W3) [Adelung]


Oh! S. 1 O.


Oheim (W3) [Adelung]


Der Oheim, zusammen gezogen der Ohm, des -es, plur. die -e, Fämin. die Oheime, zusammen gezogen die Ohme, plur. die -n, des Vaters oder der Mutter Bruder, und im Fämin. des Vaters oder der Mutter Schwester. Es ist in den gemeinen Sprecharten Ober- und Nieder-Deutschlandes am üblichsten, kommt aber auch in der Kanzelleysprache vor, wo der Kaiser die weltlichen Churfürsten, so wie die meisten altfürstlichen, Oheim zu nennen pflegt; vermuthlich so fern dieses Wort ehedem, wie aus dem Frisch erhellet, auch des Bruders und der Schwester Kinder zu bezeichnen pflegte, wofür jetzt die Wörter Neffe und Nichte üblicher sind, so daß die Neffen und Nichten so wohl ihrer Ältern Geschwister, als auch diese jene Oheim nannten. Im Bremischen wird des Bruders oder der Schwester Kind noch jetzt auf dem Lande Öhm und Öhme genannt. Der Großoheim oder Großohm, des Vaters oder der Mutter Oheim. Das weibliche Oheime und Ohme scheint seltener gebraucht zu werden; indessen kommt es doch Amos 6, 10 für Muhme vor: ein jeglicher muß seine Ohme nehmen.

Anm. In dem alten Fragmente auf Carln den Großen Ohein, in Schwaben und der Schweiz noch jetzt Ohan, Ohen, Ohein, im Nieders. Ohm, ein Diminut. Öhmken, Öhmke, im Angels. Eam. In dem alten Augsburg. Stadtrechte bey dem Schilter heißt es: Wer die frunt sien, die einen zer echt bringen mugen. Das sullen sin des mannes vater und sin mutter, wip und chind, bruder und swester, bruder chinde und swester chinde, vettern und vettern chinde, öhan und öhans chind, Wasen unt Mumen und iro chinde. Frisch ließ es, freylich gezwungen genug, von dem Latein. Avunculus abstammen. Weit wahrscheinlicher ist es, daß es mit dem alten Amme, Mutter, Ahn, und, so fern es auch einen Neffen bedeutet, mit Enkel und Enke verwandt ist, und überhaupt einen nahen Verwandten bedeutet, so wie Muhme und Mamma, Mutter, auf gleiche Art verwandt sind. Schon im Arab. bedeutet Am, dem Bremisch-Nieders. Wörterbuche zu Folge, einen Vaterbruder. In den Münzen werden an einigen Orten noch die zünftigen Arbeiter Ohme oder Ohmen, und ihre Zunft oder Gesellschaft die Ohmschaft, Öhenschaft, genannt; woraus denn erhellet, daß es auch in weiterer Bedeutung von einem jeden Verbundenen, in Gesellschaft und Gemeinschaft stehenden gebraucht worden.


Öhl (W3) [Adelung]


Das Öhl, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, ein von sich selbst flüssiges Fett, ein fetter flüssiger Körper, welcher sich im Wasser gar nicht oder doch nur wenig auflösen lässet, mit einer von Rauch und Ruß begleiteten Flamme brennet, und nach der Destillation eine kohlichte Substanz zurück lässet. 1) Eigentlich. Aus einem Körper das Öhl destilliren. Das Öhl aus den Früchten pressen. Öhl schlagen, es durch Stampfen aus den Samen heraus bringen. Wesentliches Öhl, welches den Geruch derjenigen vegetabilischen Substanz, aus welcher es gezogen worden, hat, wie Nelkenöhl, Zimmtöhl u. s. f. Brennliches Öhl, ein jedes Öhl, welches durch die Destillation bey einem Grade der Wärme erhalten worden, welcher über den Grad der Wärme des siedenden Wassers gehet, und daher ange- brannt riecht und schmeckt? empyrevmatisches Öhl. Öhl brennen in der Lampe. Öhl in das Feuer gießen oder schütten, figürlich, eine jede Leidenschaft noch heftiger machen. In engerer Bedeutung pflegt man diejenige Art des Öhles, deren man sich in gewissen Fällen am häufigsten bedienet, nur Öhl schlechthin zu nennen. So ist unter Öhl in der Deutschen Bibel beständig Baumöhl zu verstehen ( S. die folgenden Zusammensetzungen,) und in der Hauswirthschaft pflegt man das Lein- und Rübsenöhl, dessen man sich zum Brennen in den Hauslampen bedienet, nur Öhl schlechthin zu nennen. Das Öhl der Kupferdrucker ist Nußöhl, und das Öhl der Mahler Leinöhl, ( S. Öhlfirniß.) 2) Figürlich werden gewisse durch die Kunst bereitete flüssige Körper, wegen einer ähnlichen Consistenz, zuweilen Öhle genannt, dahin das Arseniköhl, Weinsteinöhl, Vitriolöhl, Kupferöhl u. s. f. gehören, S. diese Wörter. Anm. Schon im Isidor Ole, bey dem Ottfried Oli, im Nieders. Ölje, bey dem Ulphilas Alev, im Schwed. Olja, im Angels. Ele, im Engl. Oil, im Böhm. Oleg, im Krainerischen Vojle, im Pohln. Oley, im Franz. Huile, im Ital. Oglio, im Latein. Oleum, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, selbst in Patagonien Oli, und auf den Cocos-Inseln Lolo. Ihre lässet es von dem alten noch Schwed. ala, alere, abstammen, weil es dem Feuer Nahrung gibt, oder auch von ala, anzünden, und dem alten Eld, Aeld, Feuer. Allein es scheinet auch ohne diese Eigenschaft einen jeden flüssigen, besonders dicklichen Körper bezeichnet zu haben; daher ist im Angels. Eala, im Engl. Ale, im Schwed. Oel, im Isländ. Aul, im Lettischen Allus, im Esthnischen Olei, Oellut, und in einigen Niedersächsischen Gegenden Öhl, Bier, womit auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bey dem Eustathius überein kommt. In den nördlichen Mundarten ist Elbe, Elf, ein Fluß, und sogar im Patagonischen bedeutet Oli das Wasser. Gottsched hatte den sonderbaren Einfall, diese Wort ohne h Oel oder Öl zu schreiben, bloß weil das Lat. Oleum, wovon er es ableitete, kein h hat. Die Ableitung war sehr ungegründet; gleich als wenn das ganze nördliche Europa nicht eher ein flüssiges Fett, oder einen flüssigen Körper überhaupt hätte benennen können, als bis es solches erst von den Römern lernen müssen. Hätte es aber auch mit der Abstammung seine Richtigkeit, so wäre es doch billig, daß ein Wort, welches durch Wegwerfung der Endsylben und durch Veränderung des Selbstlautes ein ganz Deutsches Ansehen bekommen, sich auch in der Schreibart bequemet, welche vor den flüssigen Buchstaben ein herfordert. S. H.


Öhlbällchen (W3) [Adelung]


Das Öhlbällchen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Kupferdruckern, ein kleiner Ballen, womit die Kupferplatten abgewischet werden; das Filzbällchen.


Öhlbaum (W3) [Adelung]


Der Öhlbaum, des -es, plur. die -bäume, derjenige Baum, aus dessen Beeren das Baumöhl gepresset wird; Olea L. bey einigen, aber sehr undeutsch, Oliven-Baum. Und warum floh der Held itzt stillen Schatten zu, Und wahlte für den Streit des Öhlbaums träge Ruh? Weiße; weil der Öhlbaum schon seit den ältesten Zeiten ein Sinnbild des Friedens ist. Er ist in dem wärmern Asien einheimisch, von da er nach Griechenland, von da, um das Jahr 690 der Stadt Rom, nach Italien, und von da endlich nach Frankreich und Spanien gebracht worden. Der wilde Öhlbaum, oder Böhmische Öhlbaum wächst in Böhmen, Spanien und Syrien; Elaeagnus L. Er wird in der Lausitz Öhlbeerbaum genannt, und hat den Nahmen nur wegen der Ähnlichkeit der Früchte, so wie der Lebensbaum, Thuja L. welcher von einigen gleichfalls wilder Öhlbaum genannt wird. Bey dem Ottfried Oliboum, bey dem Notker Oleboum.


Öhlbäumen (W3) [Adelung]


Öhlbäumen, adj. et adv. von dem Öhlbaume herkommend. Öhlbäumenes Holz. Ingleichen aus diesem Holze bereitet.


Öhlbeerbaum (W3) [Adelung]


Der Öhlbeerbaum, des -es, plur. die -bäume, S. Öhlbaum.


Öhlbeere (W3) [Adelung]


Die Öhlbeere, plur. die -n, die Beeren des Öhlbaumes, welche man gemeiniglich mit einem ausländischen Nahmen Oliven zu nennen pflegt, S. dieses Wort.


Öhlberg (W3) [Adelung]


Der Öhlberg, des -es, plur. die -e, ein mit Öhlbäumen bewachsener Berg; besonders in engerer Bedeutung und als ein eigenthümlicher Nahme eines von der ehemaligen Stadt Jerusalem befindlichen Berges, welcher durch die Leidensgeschichte Christi bekannt geworden ist. In der Deutschen Bibel kommt es auch als ein allgemeiner Nahme mehrmahls vor. Öhlberge, die du nicht gepflanzet hast, 5 Mos. 6, 11. Bey dem Ottfried Oliberg.


Öhlbild (W3) [Adelung]


Das Öhlbild, des -es, plur. die -er, ein mit Öhlfarben gemahltes Bild. S. Öhlfarbe.


Öhlblase (W3) [Adelung]


Die Öhlblase, plur. die -n, eine kupferne Blase, worin die Mahler das Leinöhl, Nußöhl u. s. f. zu Firniß, die Kupferdrucker aber ihre Schwärze aus Nußöhl kochen; die Firnißblase.


Öhlblatt (W3) [Adelung]


Das Öhlblatt, des -es, plur. die -blätter, ein Blatt von dem Öhlbaume.


Öhlblau (W3) [Adelung]


Das Öhlblau, subst. indeclin. bey den Mahlern, ein Nahme der besten Schmalte, weil sie auch mit einem Öhlfirniß aufgetragen werden kann.


Öhldrusen (W3) [Adelung]


Die Öhldrusen, sing. inus. die Hefen, deren dicke Bodensatz des Öhles, und besonders des Baumöhles; die Öhlhefen. Ingleichen das Überbleibsel von den Öhlbeeren oder Oliven, nach ausgepreßtem Öhle; im gemeinen Leben die Öhltriestern. Bey dem Notker Oeltruosin. S. die Drusen.


Öhlen (W3) [Adelung]


Öhlen, verb. reg. act. mit Öhl versehen. Den Salat öhlen, Baumöhl darauf thun; doch nur im Oberdeutschen. Geöhltes Brot, mit Öhl bestrichenes oder in Öhl gebackenes Brot, 3 Mos. 8, 26. Am häufigsten gebraucht man es noch, für mit Öhl bestreichen, mit Öhl tränken. Geöhltes Papier, welches auf beyden Seiten mit Terpenthin-Öhl bestrichen worden. Ein Schloß einöhlen oder öhlen, es mit Öhl schmieren. Ehedem gebrauchte man es auch für mit Öhl salben, daher noch die letzte Ordnung in der Römischen Kirche üblich ist, wo es die sacramentische Saldung eines in den letzten Zügen liegenden Kranken mit dem geweiheten Öhle bedeutet.


Öhlfarbe (W3) [Adelung]


Die Öhlfarbe, plur. die -n, eine Farbe, welche mit Leinöhl, Nußöhl oder Mohnöhl, oder auch mit einem daraus gesortenen Firnisse aufgetragen worden oder aufgetragen werden kann; im Gegensatze der Wasserfarben. Mit Öhlfarben mahlen, mit Farben, welche mit Öhl angefeuchtet sind. S. Öhlmahlerey.


Öhlflecken (W3) [Adelung]


Der Öhlflecken, des -s, plur. ut nom. sing. ein von Öhl verursachter Flecken.


Öhlgarten (W3) [Adelung]


Der Öhlgarten, des -s, plur. die -gärten, ein Garten oder eingeschlossener Ort, welcher mit Öhlbäumen bepflanzt ist. In der Deutschen Bibel kommt es mehrmahls vor.


Öhlgötze (W3) [Adelung]


Der Öhlgötze, des -n, plur. die -n, eine figürliche Benennung eines dummen und trägen, unthätigen, unwirksamen Menschen. Es ist ein rechter Öhlgötz, in den alten Deutschen Sprichwörtern. Anders denn Layen gekleidet seyn, mag einen Gleißner und Öhlgötzen machen, aber nicht einen Christen, Luther bey dem Frisch. In Menkens Scriptor. Th. 2. S. 1519, auch bey dem Frisch, wird der Sächsische Abgott Crodo ein Öhlgötz genannt. Die Anspielung ist so klar noch nicht. Frisch erkläret es sehr wahrscheinlich durch ein Götzenbild, welches man ehedem mit Öhl zu salben pflegte. S. J. J. Bellermann über die alte Sitte Steine zu salben Erf. 1793, 4. Daher nennet man noch im Hennebergischen einen mit Öhl betrieften Pfosten, woran man die Lampen zu hängen pflegt, figürlich einen Öhlgötzen. Nach andern bezeichnet es eigentlich ein geschnitztes oder gehauenes Bild der am Öhlberge in trägen Schlaf zur Unzeit versunkenen Apostel, worauf man denn einen jeden aus Dummheit trägen Menschen einen Öhlgötzen genannt. Wäre diese Erklärung die wahre, so würde dieser Ausdruck die Ableitung des Wortes Götz, von gießen, giazen, ein gegossenes und in weiterer Bedeutung ein geschnitztes Bild, bestätigen. S. Götze.


Öhlhandel (W3) [Adelung]


Der Öhlhandel, des -s, plur. inus. der Handel mit Öhl. Daher der Öhlhändler, Fämin. die Öhlhändlerinn, eine Person, welche mit Öhl oder Öhlen handelt; im Österreichischen ein Öhler, eine Öhlerinn.


Öhlhefen (W3) [Adelung]


Die Öhlhefen, sing. inus. die Hefen von dem Öhle, besonders von dem Baumöhle. S. Öhldrusen.


Öhlicht (W3) [Adelung]


Öhlicht, adj. et adv. dem Öhle ähnlich, eine dem Öhle ähnliche Fettigkeit enthaltend. Das öhlichte Wesen mancher Früchte, Gewächse u. s. f. Öhlartig, Nieders. öljehaftig.


Öhlig (W3) [Adelung]


Öhlig, adj. et adv. Öhl enthaltend, mit Öhl vermengt. Der Salat ist zu öhlig, wenn sich zu viel Baumöhl daran befindet.


Öhlkelter (W3) [Adelung]


Die Öhlkelter, plur. die -n, eine Kelter, in welcher das Öhl aus den Öhlbeeren gekeltert wird.


Öhlkind (W3) [Adelung]


* Das Öhlkind, des -es, plur. die -er, ein ungewöhnliches nur in der Deutschen Bibel befindliches Wort, einen Gesalbten zu bezeichnen. So werden Zach. 4, 14 der Fürst Sernbabel, und der Hohepriester Josua Öhlkinder genannt.


Öhlkitt (W3) [Adelung]


Der Öhlkitt, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, bey den Steinmetzen, ein aus Glas, Eisenschlacken, Ziegelmehle, gelöschtem Kalke und Leinöhle verfertigter Kitt.


Öhlkrug (W3) [Adelung]


Der Öhlkrug, des -es, plur. die -krüge, ein Krug zum Öhle, Öhl darin zu thun. Ingleichen ein Krug mit Öhl.


Öhlkuchen (W3) [Adelung]


Der Öhlkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein mit Öhl, oder in Öhl gebackener Kuchen; in welchem Verstande dieses Wort auch einige Mahl in der Deutschen Bibel vorkommt. 2) Auch die in Gestalt großer Kuchen überbleibenden Trestern von den aus manchen Samen und Früchten gepreßten Öhlen werden Öhlkuchen genannt. Leinkuchen, Hanfkuchen, Rübsenkuchen u. s. f. solche von dem Leinsamen, Hanfe und Rübsen überbleibende Kuchen, nachdem das Öhl daraus gestampfet worden.


Öhllampe (W3) [Adelung]


Die Öhllampe, plur. die -n, eine Lampe, in welcher das brennende Docht mit Öhl unterhalten wird, und welche auch nur die Lampe schlechthin heißt.


Öhllese (W3) [Adelung]


Die Öhllese, plur. die -n, die Lese, d. i. Einsammlung der Öhlbeeren oder Oliven.


Öhlmahlerey (W3) [Adelung]


Die Öhlmahlerey, plur. die -en. 1) Das Mahlen mit Öhlfarben, und die Art und Weise mit Öhlfarben zu mahlen; ohne Plural, und im Gegensatze der Wassermahlerey. 2) Mit Öhl gemahlte Gemälde.


Öhlmann (W3) [Adelung]


Der Öhlmann, des -es, plur. die -männer, im gemeinen Leben, so wohl ein Mann, welcher mit Öhl handelt, als auch, welcher Öhl verfertiget, besonders der Öhlmüller.


Öhlmühle (W3) [Adelung]


Die Öhlmühle, plur. die -n, eine Stampfmühle, in welcher aus verschiedenen Arten von Sämereyen Öhl gestampfet, oder, wie man sagt, geschlagen wird. Auch derjenige Gang einer Mühle, welcher zu dieser Arbeit eingerichtet ist, wird die Öhlmühle genannt.


Öhlmüller (W3) [Adelung]


Der Öhlmüller, des -s, plur. ut nom. sing. der Vorgesetzte oder Eigenthümer einer Öhlmühle; dessen Gattinn die Öhlmüllerinn. S. Öhlschläger.


Öhlpresse (W3) [Adelung]


Die Öhlpresse, plur. die -n, eine Presse, Öhl aus Früchten, Sämereyen u. s. f. zu pressen.


Öhlrettig (W3) [Adelung]


Der Öhlrettig, des -es, plur. die -e, eine Art Rettige mit ganz kleinen Wurzeln, aber mit vielen Schote und Asten, aus dessen häufigen Samen ein nutzbares Öhl gepresset werden kann; Raphanus Chinensis annuus oleiferus L Er ist in China einheimisch, und ist erst in den neuern Zeiten von Herrn Eckeberg nach Schweden gebracht worden, wo er mit Nutzen gebauet wird. Bey einigen Schriftstellern wird er Chinesisch Öhlsamen genannt.


Öhlsame (W3) [Adelung]


Der Öhlsame, des -n, plur. die -n, S. Öhlrettig.


Öhlschläger (W3) [Adelung]


Der Öhlschläger, des -s, plur. ut nom. sing. der Öhlmüller, ingleichen derjenige Mühlknappe, welcher das Schlagen des Öhles in einer Öhlmühle besorgt.


Öhlstein (W3) [Adelung]


Der Öhlstein, des -es, plur. die -e. 1) Ein feiner Wetzstein, welcher im Wetzen mit Öhl befeuchtet werden muß. 2) In Tirol ist es ein mit Erdöhl durchdrungener Stinkstein, aus welchem man das Dürschenöhl destillirt, welches von seinem Erfinder Dürsch den Nahmen hat.


Öhltonne (W3) [Adelung]


Die Öhltonne, plur. die -n, eine zum Öhle bestimmte Tonne, Öhl darin zu verwahren.


Öhltrotte (W3) [Adelung]


Die Öhltrotte, plur. die -n, eine im Oberdeutschen übliche Benennung einer Öhlkelter, zuweilen auch einer Öhlmühle, S. Trotte.


Öhlung (W3) [Adelung]


Die Öhlung, plur. inus. S. Öhlen.


Öhlzucker (W3) [Adelung]


Der Öhlzucker, des -s, plur. inus. in den Apotheken, ein mit Zucker vermischtes Öhl, um das letztere durch dieses Mittel in wässerige Feuchtigkeiten zu vertheilen.


Öhlzweig (W3) [Adelung]


Der Öhlzweig, des -es, plur. die -e, ein Zweig von einem Öhlbaume; ein altes Sinnbild des Friedens und der ruhigen Freude. In dem alten Gedichte auf den heil. Anno Olizui.


Ohm (W3) [Adelung]


1. Der Ohm, S. Oheim.


Ohm,Ohme (W3) [Adelung]


2. Die Ohm, oder Ohme, ein Maß flüssiger Dinge, S. Ahm.


Ohmen (W3) [Adelung]


Ohmen, S. Ahmen.


Ohmig (W3) [Adelung]


Ohmig, S. Ahmig.


Ohne (W3) [Adelung]


Ohne, eine Partikel, welche auf doppelte Art gebraucht wird. I. Als ein Vorwort, welches ein nicht Daseyn, einen Mangel, eine gänzliche Abwesenheit, oder doch die Abwesenheit irgend einigen Einflusses, eine Ausschließung bezeichnet. Sie stehet im Hochdeutschen gewöhnlich vor dem Nennworte und erfordert alle Mahl die vierte Endung. Sie bezeichnet: 1. Einen Mangel, eine Abwesenheit; im Gegensatze des mit. Ohne deine Hülfe kann ich es nicht verrichten. Ohne mich könnt ihr nichts thun, ohne meine Hülfe. Er kann nicht ohne ihn seyn, oder leben, ohne seine Gegenwart, ohne seine Hülfe. Besonders mit solchen Hauptwörtern, welche den unbestimmten Artikel erfordern, welcher aber hier wegbleibet, weil das Vorwort die vierte Endung erfordert, und die Wörter, welchen es zugesellet wird, gemeiniglich schon etwas Allgemeines oder eine ganze Gattung bezeichnen, ( S. 1 Ein III.) Ohne Sorge seyn. Ohne Geld kaufen wollen. Ein Baum ohne Blätter. Ein Buch ohne Titel. Ein Mensch ohne Tugend. Ohne Hülfe seyn. Etwas ohne Umschweife erzählen. Ohne Trost, ohne Geld, ohne Gewissen seyn. Ohne Hut einher gehen. Wie Schafe ohne Hirten seyn. Er ist ohne Tadel. Ohne Ansehen der Person. Ohne Zwang leben. Ohne Scham und Scheu. Es wird nicht ohne Schläge abgehen. Die Speisen ohne Salz essen. Ohne Luft kann man nicht leben. Ohne Gewissensbisse sündigen. Ich habe ohne dein Wissen die Musik bestellt, Gell. Ohne die Bauern (ohne Bauern) wären keine Junkern, Weiße, wenn keine Bauern wären. Ohne Unterlaß arbeiten. Ohne Ende, unendlich, endlos. Ohne Unterschied. Wohin auch einige adverbische Ausdrücke gehören. Ohne Zweifel, es ist nicht daran zu zweifeln. Ohne Scherz, ohne Spaß, es ist kein Scherz. Ohne Ruhm zu melden, ohne mich damit zu rüh- men. Mit der Verneinung nicht entstehet eine Bejahung, welche oft mehr Nachdruck und Wohlklang hat, als das geradezu bejahende mit. Der Abschied war nicht ohne Thränen. Ich habe es nicht ohne viele Mühe von ihm erhalten. Die völlige Abwesenheit des Subjectes zu bezeichnen, dienen die Beywörter all und einig. Ohne alle Barmherzigkeit. Ohne einige Ursache, ohne alle Ursache. Ohne einigen Verzug. Ohne alles Recht. 2. Eine Ausschließung. So wohl eine Ausschließung des Dinges selbst. Zehn Personen, ohne die Kinder. Als auch einen Mangel des Einflusses, der Mitwirkung anderer Dinge. Ohne meinen Vater darf ich nichts thun. Er thut nichts ohne ihn, ohne ihn um Rath zu fragen. Das weiß ich ohne dich. Sie werden die Pflichten der Menschlichkeit ohne mich wissen, Gell. Er wird den verödeten Natur einen Glanz geben, den die blühende ohne ihn hat, Weiße. Wohin auch das so häufige ohne dieß gehöret, wo dieß der zusammen gezogene Accusativ dieses ist, welcher in dieser R. A. nur allein in der Zusammenziehung üblich ist. Ich hätte es ohne dieß gethan. Das versteht sich ohne dieß. Mein Geliebter wird sich ohne dieß noch nicht zur Ehe entschließen, Gell. Wo es denn zuweilen auch für über dieß oder über dieses stehet. Ich habe heute ohne dieß eine angenehme Nachricht von Hofe erhalten, ebend, wo es denn zur folgenden Bedeutung der Ausnahme gehöret. Im gemeinen leben, und selbst bey manchen guten Schriftstellern ist es sehr gewöhnlich, das Fürwort in diesem Ausdrucke in die dritte Endung zu setzen, ohne dem, da es denn manche wohl gar als Ein Wort zu schreiben pflegen, ohnedem. Ich wollte es ohne dem thun. Sie zweifelt ohnedem sehr an der Aufrichtigkeit meiner Tugend, Gell. Die Sache hat sich ohne dem zerschlagen. Doch das gehöret zu dem Fehler, von welchem sogleich geredet werden wird. Für ohne dieß ist in der vertraulichen Sprechart auch ohnehin üblich, wo hin das alte Fürwort hin, jener, jenes, Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ist. Ich wollte es ohnehin thun. Der Ort ist mir ohnehin verhaßt. S. Hin

Anm. 3. * Eine Ausnahme, für ausgenommen, außer. Ich habe keinen Freund ohne dich, außer. Es war niemand in dem Hause, ohne ein kleines Kind. Das darf niemand essen, ohne die Priester und Leviten. Es war nichts in der Lade ohne die zwey Tafeln. Im Hochdeutschen gehöret diese Bedeutung, wenigstens in der edlen und anständigen Schreibart, unter die veralteten. S. das folgende Nebenwort, wo sie noch ein Mahl vorkommt.

Anm. Dieses Vorwort ist von je her mit der vierten Endung verbunden worden. Anoh mih, im Isidor; an inan, Ottfried; ane in, Notker. Erst in den späten Zeiten ist man, vermuthlich durch Verleitung des Lat. sine und absque, in Versuchung gerathen, es mit der dritten Endung zu verbinden. Daß ihr waret ohne Christo, Eph. 2, 12. Der Herr schickt freye Ruh, Dem, den er liebt, ohn Ängsten zu, Opitz Ps. 127. Wohin besonders das vorhin schon gedachte ohne dem gehöret. Doch, daß diese Verbindung ein Sprachlehrer ist, ist schon von den meisten Sprachlehrern erkannt worden, einen ältern ausgenommen, den Hentschel, welcher er zur Regel machen wollte, daß ohne, wenn es bey einem eigenthümlicher Nahmen oder Lateinischen Worte stehet, den Ablativ regiere. Ohne dem billiget auch Aichinger, der es auch ohnedem geschrieben wissen will. Im Oberdeutschen ist es sehr gebräuchlich, dieses Vorwort hinter sein Nennwort zu setzen, in welchem Falle dieses alle Mahl in der zweyten Endung stehet. Wol ir wie si valsches ane In wiblichen zuihten lebet, Kristan von Hamle, für ohne Falsch. Im Hochdeutschen ist dieser Gebrauch gleichfalls veraltet, außer daß die R. A. Zweifels ohne für ohne Zweifel noch hin und wieder vorkommt. In dieser Stellung bekam das Vorwort noch die besondere Bedeutung der Beraubung, des Verlustes, besonders mit den Zeitwörtern seyn und werden. Einer Sache ohne werden, sie verlieren, ihrer los werden. Jetzund bin ich seiner ohne, bin ich seiner los. Weil wir doch unser Lebelang der Sünden nicht gar ohne sind, Luther. Wo man es auch wohl mit der vierten Endung gebraucht. Alle seine Waaren ohne werden, los werden. Im Oberdeutschen ist diese Bedeutung noch sehr üblich, und das anwerden der gemeinen Sprecharten ist ein Überbleibsel davon. S. Anwerden, wo umständlich davon gehandelt worden. II. Als ein Nebenwort, welches in manchen Fällen die Gestalt eines Bindewortes bekommt, und dessen Bedeutungen mit den Bedeutungen des Vorwortes genau zusammen hangen. Es bezeichnet: 1. Den Mangel, die Abwesenheit eines Dinges, wo es die Gestalt eines Bindewortes hat, und das daß unmittelbar nach sich hat. Er that es, ohne daß ich es wußte, ohne daß ich das geringste davon gewußt hätte, d. i. er that es ohne mein Wissen. Ich habe alles gehöret, ohne daß ich es gewollt hätte. So stirbt er, ohne daß ers nützt, Weiße. Ich kann nicht den ersten menschlichen Gedanken denken, ohne daß ich in meiner Seele dialogire, oder zu dialogiren strebe, Herd. Wo das daß noch besser weggelassen, und das Zeitwort mit dem Worte zu in den Infinitiv gesetzt wird. Die Raupen tödten, ohne den Gewächsen zu schaden, für, ohne daß man den Gewächsen schade. Ich habe mit ihm gesprochen, ohne zu wissen, wer er war, ohne daß ich wußte. Er ging fort, ohne sich etwas merken zu lassen. Ich that es, ohne zu wissen warum. Kannst du dich einen Engel nennen hören, ohne zu erröthen? Dusch, für, und nicht erröthen? Wo das ohne mit seinem Zubehör auch die Rede anfangen kann. Ohne aus meiner Fassung zu kommen, muß ich ihnen doch ein Paar Worte sagen. Ohne mir einen Grund des Abscheues anzugeben, verwirfst du einen würdigen Mann, Weiße. Oft enthält diese Art zu reden eine Bedingung, und läßt sich alsdann durch wenn - nicht auflösen. Man kann nicht richten, ohne sich in die Lage desjenigen gesetzt zu haben, den man richtet. Der Elephant kann sich nicht wenden, ohne einen großen Umfang zu nehmen. Der Freund kann nicht Freund seyn, ohne sich mit mir zur Tugend zu vereinigen, Gell. 2. Eine Ausnahme, für außer, ausgenommen, wo sich das folgende Nennwort in seiner Endung nach dem vorher gegangenen Zeitworte richtet, oder auch von Vorwörtern abhänget. Es ist kein Erbe ohne du und ich, Ruth 4, 4. Kein Gott ist ohne ich, Es. 45, 5; wo es ohne mich heißen müßte, wenn es das Vorwort wäre. Wo ist ein Gott ohne der Herr? oder ein Hort, ohne unser Gott? Ps. 18, 32. Es war überall finster, ohne allein zu Gosen. Sy waren all mit freud beladen On allein der valsch Neydelhart, Theuerd. Kap. 85. Doch diese Bedeutung ist in der anständigen Schreibart der Hochdeutschen eben so sehr veraltet, als der ausnehmende Gebrauch des Vorwortes. 3. Es ist nicht ohne, eine nur noch in den Kanzelleyen und zuweilen noch in der unterrichtenden Schreibart übliche Formel, für, es ist nicht ungegründet, wahr ist es, es ist nicht zu läugnen. Es ist nicht ohn, wer recht thut, wird gehaßt, Opitz. Ohne ist es zwar nicht, daß sich die Sache so verhält, aber u. s. f. Anm. 1. Diese alte Partikel lautet bey dem Ulphilas inuh, im Isidor anoh, im Kero ano, im Schwabensp. aun, im Nieders. ane, aun, im Schwed. utan, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und im Latein. mit dem vorgesetzten müßigen Zischlaute sine, wie super von über, ober. Ihr Alter erhellet aus dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, mangeln, fehlen, welches eben so gewiß damit verwandt ist, als unser von, Wahn, Mangel, Schwed. An, und un. S. diese Wörter. Anm. 2. Die mit diesem Worte zusammen gesetzten Wörter, sind im Hochdeutschen bis auf einige wenige veraltet; im Oberdeutschen aber sind sie noch völlig gangbar. Man hat es mit Zeitwörtern, ohnermangeln, ohnverhalten, für nicht ermangeln, nicht verhalten oder verschweigen, welche man im Hochdeutschen gar nicht kennet. Man setzt es auch mit Nennwörtern und Participien zusammen, wie ohngleich, ohndenklich, ohnentgeldlich, ohnverfänglich, ohnweigerlich, ohnmöglich, ohnwissend, ohnerachtet, ohnmaßgeblich, ohnparteyisch u. s. f. ingleichen mit Nebenwörtern, ohnfern, ohnlängst, ohnschwer u. s. f. wofür man aber im Hochdeutschen das Wort un hat, welches in allen diesen Zusammensetzungen gebraucht wird, und darin mit dem Latein. in überein kommt, indem beyde die Abwesenheit des Dinges bezeichnen, welchem dieses Wort vorgesetzt ist. Nur ein Paar derselben haben sich im Hochdeutschen erhalten, nähmlich ohngefähr, wofür aber doch auch schon viele richtiger ungefähr schreiben, und Ohnmacht, mit seinem Beyworte ohnmächtig, welches vielleicht auch noch einmahl in Unmacht und unmächtig übergehen wird. In den neuern Zeiten hat man ein Paar neue dazu gemacht, das - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - privativum der Griechen auszudrucken, nähmlich Ohngötter und ohnschattig, welche aber von den etymologischen Kenntnissen ihrer Erfinder eben keinen vortheilhaften Begriff zurück lassen. S. diese Wörter.


Ohnedem (W3) [Adelung]


Ohnedem und Ohnehin, S. Ohne I. 2.


Ohnerachtet (W3) [Adelung]


Ohnerachtet, S. Ungeachtet.


Ohnermangeln (W3) [Adelung]


Ohnermangeln, S. Ohne

Anm. 2.


Ohnfern (W3) [Adelung]


Ohnfern, S. Unfern.


Ohngeachtet (W3) [Adelung]


Ohngeachtet, S. Ungeachtet.


Ohngefähr (W3) [Adelung]


Ohngefähr, S. Ungefähr.


Ohngötter (W3) [Adelung]


Der Ohngötter, des -s, plur. ut nom. sing. ein von einigen Neuern gewagtes Wort, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - auszudrucken, wofür doch Gottesläugner richtiger und üblicher ist. Die Hochdeutschen haben das ohn in den Zusammensetzungen veralten lassen, und dafür das un behalten. Nach dieser Analogie müßte das Wort, wenn es auch keinen andern Tadel hätte, Ungötter heißen. Siehe Ohne

Anm. 2.


Ohnlängst (W3) [Adelung]


Ohnlängst, S. Unlängst.


Ohnmacht (W3) [Adelung]


Die Ohnmacht, plur. die -en. 1) Mangel der Macht, d. i. der Kraft, die Schwäche, Schwachheit; ohne Plural. Die Ohnmacht eines Staates, dessen geringe Macht. Die Ohnmacht des Menschen zu guten Handlungen. Die Ohnmacht der Götzen. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, derjenige Zustand des menschlichen Körpers, da derselbe auf einige Zeit alle Kräfte und alles Bewußtseyn verlieret, und wie todt dahin sinket. In Ohnmacht fallen, liegen. Es trat ihn eine Ohnmacht an. Die Ohnmacht dauerte fünf Minuten. Den Ohnmachten ausgesetzt seyn, öftere Ohnmachten bekommen.

Anm. In der ersten weitern Bedeutung lautet es schon von des Kero Zeiten an im Oberdeutschen Vnmaht, und im Plural Vnmahti, wo es auch von jeder Schwachheit und Krankheit so wohl des Leibes als des Geistes und Gemüthes gebraucht wird. Im Nieders. und einigen gemeinen Oberdeutsch. Mundarten auch Amacht. Ein stein der traff den jeger das Er vor Amacht darnieder saß, Theuerd. Kap. 37. Es ist aus un und Macht zusammen gesetzet, welches un in der neuern Oberdeutschen Mundart in ohn übergegangen ist. Es ist noch das einzige Wort, in welchem ohn für un im Hochdeutschen von allgemeinem Gebrauche ist, ob es gleich rathsamer wäre, dieses Wort nach dem Vorgange der Alten und der Analogie aller übrigen Wörter Unmacht und unmächtig zu schreiben und zu sprechen. S. Ohne

Anm. 2. Der Plural Ohnmachten ist der alte Oberdeutsche Plural von Macht, der daselbst noch die Machten lautet, wofür das einfache Wort im Hochdeutschen Mächte hat. In der zweyten engern Bedeutung lautet es im Isländischen Omeign, und im Nieders. gleichfalls Anemacht, Unmacht und Amacht, indessen ist dafür im Niedersächsischen auch Swögniß, Beswögniß, Beswugtje, Sweimnisse, Beswimung und Flaute üblich, da man denn auch die Zeitwörter beswögen, verflauen, sweimen, beswimen, beswugten, swugten u. s. f. für in Ohnmacht fallen, hat. Im Oberdeutschen sagt man für Ohnmacht auch die Unkräften.


Ohnmächtig (W3) [Adelung]


Ohnmächtig, -er, -ste, adj. et adv. 1) In der ersten Bedeutung des Hauptwortes, ohne Macht, ohne Kräfte, kraftlos, und darin gegründet. Ein ohnmächtiger Götze, Bac. 6, 58. Ich bin ohnmächtig, Ps. 77, 5. Ein ohnmächtiger Staat, ein ohnmächtiges Reich. Ein ohnmächtiger Feind. 2) In der zweyten und engern Bedeutung des Hauptwortes, Kräfte und Bewußtseyn verlierend. Ohnmächtig werden, in Ohnmacht fallen. Ohnmächtig seyn, in Ohnmacht liegen.

Anm. Bey dem Kero, der es für schwach, krank, gebraucht unmahtig, bey dem Notker, für kraftlos, unmahtig und amachtig. So erfluiget einen valken ein unmehtig hun, Reinmar der Alte. In der zweyten Bedeutung lautet es im Dän. afmägtig, im Theuerd. anmechtig, im Nieders. amächtig, anmächtig.


Ohnmaßgeblich (W3) [Adelung]


Ohnmaßgeblich, S. Unmaßgeblich.


Ohnschattig (W3) [Adelung]


Ohnschattig, adj. et adv. ein in der mathematischen Erdbeschreibung von einigen Neuern vorgeschlagenes Wort, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - auszudrucken. Ohnschattige Völker, welche an einem gewissen Tage im Jahre keinen Schatten haben, weil die Sonne alsdann senkrecht über ihnen stehet. Besser unschattige, weil das ohne in der Zusammensetzung in diese Partikel übergehet. S. Ohne

Anm. 2. und Un.


Ohnschwanz (W3) [Adelung]


Der Ohnschwanz, des -es, plur. die -schwänze, bey einigen ein Nahme des Straußbastardes oder grauen Casuars mit dem Straußschnabel; Struthio Nothus Klein. weil er fast gar keinen Schwanz hat.


Ohnschwer (W3) [Adelung]


Ohnschwer, S. Unschwer.


Ohnverhalten (W3) [Adelung]


Ohnverhalten, S. Ohne

Anm. 2.


Ohnvogel (W3) [Adelung]


Der Ohnvogel, des -s, plur. die -vögel, in einigen Oberdeutschen Gegenden, ein Nahme der Kropfgans oder des Vielfraßes; Plancus Gulo Klein. Im Griech. heißt dieser Vogel - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Esel, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Geklapper, weil er den Schnabel in das Wasser stecket, damit ein Geklapper macht, und dabey wie ein Esel schreyet, daher ihn auch einige den Eselschreyer nennen. Dieses - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - scheinet auch in dem Schweizerischen Nahmen Ohnvogel zum Grunde liegen, welches denn mit dem Vorworte ohne hier nur eine zufällige Ähnlichkeit hat. Im Franz. heißt der Esel gleichfalls Ane für Asne.


Oho! (W3) [Adelung]


Oho! S. 1 O.


Öhr (W3) [Adelung]


Das Öhr, des -es, plur. die -e, Diminut. das Öhrchen, Oberd. Öhrlein, ein noch in verschiedenen einzelnen Fällen übliches Wort, gewisse, gemeiniglich runde oder rundliche Öffnungen zu bezeichnen. Das Öhr einer Nähnadel, oder das Nadelöhr, die kleine Öffnung in der Nähnadel. Die Handhabe oder der Henkel- an den Geschirren ist im gemeinen Leben häufig unter dem Nahmen eines Ohres bekannt. Sprichw. Kleine Töpfe haben auch Öhre; kleine Töpfe haben kleine Öhre. Noch häufiger ist das Öhr ein kleiner rundlicher Ring von Draht an den Kleidungsstücken, worein ein Haken von Draht greift; beyde zusammen werden alsdann Haken und Öhre, im Oberdeutschen Heftle und Miderle, gleichsam Mütterlein, ( S. Mutter,) genannt. Im Niederdeutschen lautet es in der letzten Bedeutung mit der gewöhnlichen Vertauschung des r und s Öhse, und im Diminut. Öhseken, Ösken, Eesken, Schwed. Ösja, Holländ. Heyse, Heuse, wo denn Hose, in der Bedeutung eines Gefäßes oder hohlen Raumes, mit eintritt. Das Öhr an einer Münze ist ein ähnlicher kleiner angelötheter Ring, sie vermittelst desselben am Halse zu tragen, so wie das Öhr an einem metallenen Knopfe, welches bey den Gürtlern gleichfalls die Öhse genannt wird.

Anm. Dieses Öhr ist nicht nur in der Aussprache und Schreibart von dem folgenden Ohr in dessen weitern Bedeutung unterschieden, S. dasselbe.


Ohr (W3) [Adelung]


Das Ohr, des -es, plur. die -en, Diminut. das Öhrchen, Oberd. Öhrlein. 1. In der engsten und gewöhnlichsten Bedeutung, das Werkzeug des Gehöres an den thierischen Körpern, welches aus einer Höhle am Kopfe bestehet, welche gemeiniglich mit hervor ragenden Knorpeln umgeben ist. Große, lange, kleine Ohren haben. Man kennet den Esel an den Ohren. Die Ohren klingen, gällen, sausen oder brausen, wenn man ein solches Geräusch zu hören glaubt, welches gemeiniglich von einem Flusse herrühret. Jemanden bey den Ohren zupfen. Daher die figürlichen nur im gemeinen Leben üblichen R. A. Den Kopf zwischen die Ohren nehmen und davon gehen, sich in aller Eile davon machen. Jemanden hinter die Ohren, an die Ohren schlagen, ihm eine Maulschelle geben. Jemanden die Haut, oder das Fell über die Ohren ziehen, eigentlich, ihm die Haut ganz abziehen; figürlich, ihn um sein Vermögen bringen. Sich hinter den Ohren kratzen, zum Zeichen der Reue, des Unwillens über einen begangenen Fehler, über einen erlittenen Verlust. Sich etwas hinter die Ohren schreiben, eine empfangene Beleidigung im Andenken behalten. Bis über die Ohren im Elende, in Schulden stecken, von einem hohen unübersehlichen Grade des Elendes und der Schulden. Er hat es hinter den Ohren, er hat einen Schalk hinter den Ohren, er ist witziger, klüger, als er zu seyn scheinet. Noch nicht hinter den Ohren trocken seyn, noch jung und unerfahren seyn. Sich auf ein Ohr, auf das Ohr legen sich schlafen legen. Jemanden bey den Ohren nehmen, bey den Ohren kriegen, sich seiner Person bemächtigen, ihn in Verhaft nehmen. Die Ohren hängen, oder hangen lassen, vor Unmuth, Zagheit, Reue, wie manche Thiere. Ein Ding am rechten Ohre angreifen, wo Ohr für das vorige Öhr zu stehen scheinet. Besonders in Absicht auf das Gehör. Die Ohren spitzen, mit Begierde auf etwas hören, bey dem Ovid. cacuminare aures; eine von manchen Thieren entlehnte Figur. Er wird die Ohren spitzen, Wenn er erfährt, was unsre Absicht ist, Wiel. Jemanden die Ohren voll schreyen, ihm mit seinem Geschreye lästig werden. Davon thun mir die Ohren weh. Schreyen, daß dem andern die Ohren gällen. Jemanden beständig in den Ohren liegen, ihm immer von einer und eben derselben Sache vorreden. Ihm die Ohren mit etwas reiben, es ihm unaufhörlich vorwerfen. Ihm die Ohr kitzeln, ihm Neuigkeiten oder andere Sachen vorsagen, welche er gern höret. Die Ohren jucken ihm, wenn er nach Neuigkeiten lüstern ist. Einem etwas in das Ohr setzen, jemanden einen Floh in das Ohr setzen, ihm über eine Sache unruhig machen. Dicke, harte Ohren haben, nicht mit Einfluß auf den Willen hören. Keine Ohren zu etwas haben, davon nichts hören wollen. Auf dem Ohre höret er nicht wohl, von der Sache mag er nicht gern etwas hören. Thue die Ohren auf, höre mit Aufmerksamkeit zu. Etwas zu einem Ohre hinein, und zum andern wieder hinaus gehen lassen, es ohne Aufmerksamkeit, ohne Einfluß auf den Willen anhören. Dünne Ohren haben, ein leises Gehör. Einem die Ohren warm machen, ihm mit seinen Reden, mit seinen Vorstellungen beschwerlich fallen. Einem etwas in die Ohren blasen, zu Ohren tragen, zum Nachtheil eines Dritten ins geheim Nachricht von etwas geben. Ich habe es mit meinen Ohren gehöret, ein im gemeinen Leben üblicher Pleonasmus um des Nachdrucks willen. Man muß sehr viel hören, ehe ein Ohr abfällt. Auf den Ohren sitzen, nicht hören was gesagt wird, im Nieders. auf den Ohren gehen. Bohnen in den Ohren haben, in eben diesem Verstande. Folgende sind auch in der anständigen Sprechart üblich. Seine Ohren vor jemanden verstopfen. Man predigt tauben Ohren. Jemanden etwas in das Ohr sagen. Es ist mir zu Ohren gekommen, zu Ohren gebracht worden, ich habe es gehöret, man hat es mir berichtet. Es sind mir nachtheilige Dinge von dir zu Ohren gekommen. Ein offenes Ohr bey jemanden haben, bey ihm geneigtes Gehör finden. Und sein verhärtet Ohr ist taub bey unserm Flehen, Schlegel. Es war eine Zeit, da ihr Nahme die Wollust meines Ohres war, von Brawe. Alles war Ohr, alles hörte aufmerksam zu. So auch, wenn Ohr figürlich für die Person in Absicht des Gehöres gesetzt wird. Die größte Plage kluger Ohren, Gell. Sein Ohr um Rath fragen, etwas nach dem Gehöre beurtheilen. Aber die biblischen R. A. zu Ohren fassen, zu Ohren nehmen, mit Einfluß auf den Willen anhören, die Ohren zu etwas neigen, sein Ohr von jemanden wenden, seine Ohren merken auf die Stimme des Flehens, u. s. f. sind Hebraismen, welche im Deutschen fremd klingen. 2. In weiterer Bedeutung, wo in einigen Fällen so wohl vertiefte als hervor stehende Dinge Ohren genannt werden. 1) Von vertieften Dingen. So ist in der Baukunst das Ohr ein kleines Gewölbe in uns an einem größern; z. B. wenn die Fenster und Thüren in einem Gewölbe von neuen überwölbet werden, die durch die Öffnung geschwächte Mauer zu stärken; Franz. Lunette. In andern Fällen ist dafür Öhr üblich, S. dasselbe. 2) Von hervor ragenden Dingen. Ein Ohr in einem Buche, ein mit der Spitze eingeschlagenes Blatt, welches man auch wohl ein Eselsohr nennet, wo es zunächst eine Figur von Ohr, auris, ist. An einem Pfluge wird das Streichbret von einigen auch das Ohr genannt. Hingegen sind an einem Hakenpfluge oder Ruhrhaken die Ohren zwey längliche krumme Hölzer, welche unten an das Haupt des Pfluges befestiget sind, und die Spillewetter in der Mitte haben. An der Büchse eines Rades, oder denjenigen Ringen, welche inwendig in das Rad geschlagen werden, heißen die krummen Widerhaken, welche in das Holz getrieben werden, gleichfalls die Ohren.

Anm. In der ersten engern Bedeutung schon im Isidor Oro, bey dem Kero Ora, bey dem Ottfried Or, im Tatian Hora, im Nieders. Oor, im Angels. Eare, im Engl. Ear, im Holländ. Oor, im Dän. Öre, im Schwed. Oera, im Isländ. Eyra, im Franz. Oreilie, im Ital. Orecchio, im Latein. Auris. Andere Sprachen haben dafür das nahe verwandte s, wie das alte Gothische Auso, das Lettische Ausis, das alte Latein. Ausis für Auris, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Osen, wohin auch das Nieders. Öhse gehöret, wenn es für Ohr gebraucht wird. In noch andern Sprachen findet sich statt bey der Hauchlaut, wie in dem Pohln. Uccho und dem Krainerischen Uhu. ( S. Hören.) Es ist noch ungewiß, ob Ohr und Öhr allgemeine Nennwörter sind, welche eine jede Vertiefung und folglich auch Erhöhung und Hervorragung bedeuten, in welchem Falle sie mit Arsch, Horn, Ur, Hose, dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, spitzen, (wo - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - das Ohr ist,) und andern dieser Art Eines Geschlechtes seyn würden; oder ob es unmittelbar von hören abstammet, welches alsdann eigentlich schreyen, rufen, haren, und figürlich das Geschrey empfinden, bedeuten würde. In diesem Falle würden Ohr und Öhr, wenn sie vertiefte und erhabene Dinge bedeuten, bloß Figuren seyn, welche von der Ähnlichkeit mit einem Ohre entlehnet worden. Übrigens heißt das Ohr im Wallis. Clust, von lauschen, ehedem losen, in der Rothwälschen Diebessprache der Leisling, von eben diesem Stamme, bey den Jägern der Luser, Luchser, oder Lösel, der Wildlappen, bey den Hasen der Löffel, und bey den Hunden das Gehänge.


Ohrband (W3) [Adelung]


Das Ohrband, S. Ortband.


Ohrbock (W3) [Adelung]


Der Ohrbock, des -es, plur. die -böcke, im gemeinen Leben einiger Gegenden, ein Geschwür hinter dem Ohre, der Ohrenbock, die Ohrdruse, Ohrenbeule, Ohrweitzel, Ohrenmützel; von Bock, ein erhabenes Ding, ein Buckel.


Ohrbaumel (W3) [Adelung]


Die Ohrbaumel, plur. die -n, S. Ohrengehenk.


Ohre,Öhre (W3) [Adelung]


Die Ohre, oder Öhre, plur. die -n, S. Ahorn

Anm. 2.


Öhren (W3) [Adelung]


Öhren, verb. reg. act. mit einem Öhre versehen. Die Nähnadeln öhren, bey den Nadlern. S. Öhr.


Ohrenbaumel (W3) [Adelung]


Die Ohrenbaumel, plur. die -n, S. Ohrengehenk.


Ohrenbeicht (W3) [Adelung]


Die Ohrenbeicht, plur. inus. in der Römischen Kirche, diejenige Art zu beichten, da der Beichtende seine Sünden dem Beichtvater, welcher zu dem Ende das Ohr hinhält, ins geheim bekennet.


Ohrenbläser (W3) [Adelung]


Der Ohrenbläser, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Ohrenbläserinn, eine Person, welche das Gehör eines andern zum Nachtheile eines Dritten mißbraucht demselben nachtheilige Dinge von einem Dritten zuträgt. Sey nicht ein Ohrenbläser, Sir. 5, 16. Zuweilen auch ein Ohrenträger, Nieders. Ohrruner. Daher die Ohrenblaserey, plur. die -en, dergleichen Mißbrauch des geneigten Gehöres eines andern zum Nachtheile eines Dritten.


Ohrenbock (W3) [Adelung]


Der Ohrenbock, S. Ohrbock.


Ohrenbrausen (W3) [Adelung]


Das Ohrenbrausen, des -s, plur. inus. das Brausen in den Ohren, welches von einem vor das Ohr gefallenen Flusse herrühret; das Ohrensausen, und wenn man statt des Brausens ein Gällen und Klingen zu hören glaubt, das Ohrenklingen, das Klingen der Ohren, das Ohrengällen.


Ohrendraht (W3) [Adelung]


Der Ohrendraht, des -es, plur. die -e, bey dem andern Geschlechte, ein nach dem Ohre eingebogener Draht, unten mit einem halben Ringe, die Ohrgehenke daran zu tragen, wenn man sich die Ohren nicht gern will durchstechen lassen; die Ohrenspange.


Ohrendrüse (W3) [Adelung]


Die Ohrendrüse, plur. die -n, zwey Speicheldrüsen, zu beyden Seiten des Mundes, nahe an der Wurzel des Ohres; Glandulae Parotis.


Ohrengehenk (W3) [Adelung]


Das Ohrengehenk, des -es, plur. die -e, zierliche Gehenke von Gold, Silber, Perlen oder Edelsteinen, welche das andere Geschlecht in den Ohren zu tragen pflegt; die Ohrenbaumel, im Österreich. Ohrbuckerle. S. Ohrring.


Ohrengel (W3) [Adelung]


Ohrengel, eine Pflanze, S. Orengel.


Ohrenhöhler (W3) [Adelung]


Der Ohrenhöhler, des -s, plur. ut nom. sing. S. Ohrwurm.


Ohrenkitzel (W3) [Adelung]


Der Ohrenkitzel, des -s, plur. inus. figürlich, die Lüsternheit, ungeordnete Begierde nach Neuigkeiten.


Ohrenklingen (W3) [Adelung]


Das Ohrenklingen, des -s, plur. inus. S. Ohrenbräusen.


Ohrenknorpel (W3) [Adelung]


Der Ohrenknorpel, des -s, plur. ut nom. sing. der knorpelige Theil des äußern Ohres.


Ohrenmorchel (W3) [Adelung]


Die Ohrenmorchel, plur. die -n, eine Art runder Morcheln voller löcheriger Knorren, Stockmorcheln; zum Unterschiede von den Spitzmorcheln.


Ohrenpflanze (W3) [Adelung]


Die Ohrenpflanze, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Pflanze, welche in Zeylon einheimisch ist; Hediotis L. Besonders die Hediotis auricularia, welche ein kräftiges Mittel wider die Taubheit ist, daher sie auch den Nahmen bekommen hat.


Ohrenschmalz (W3) [Adelung]


Das Ohrenschmalz, des -es, plur. inus. eine gelbe fettige und dicke Feuchtigkeit, welche von den kleinen gelben Drüsen im Gehörgange abgesondert wird, um diesen schlüpfrig zu erhalten. Es ist ein Fett, welches die Haut nicht naß macht, damit die Reflexion des Schalles nicht gehindert wird.


Ohrenschmerz (W3) [Adelung]


Der Ohrenschmerz, S. Ohrenzwang.


Ohrenschwamm (W3) [Adelung]


Der Ohrenschwamm, des -es, plur. die -schwämme, eine Art Becherschwamm, welche einem Ohre gleicht; Peziza auricula L. Das Judasohr, der Judasschwamm, der Hohlunderschwamm.


Ohrenspange (W3) [Adelung]


* Die Ohrenspange, plur. die -n, ( S. Ohrendraht.) In Luthers Deutschen Bibel werden die Ohrengehenke mit diesem Nahmen belegt: 1 Mos. 35, 4; Es. 3, 20.


Ohrenträger (W3) [Adelung]


Der Ohrenträger, des -s, plur. ut nom. sing. S. Ohrenbläser.


Ohrenzeuge (W3) [Adelung]


Der Ohrenzeuge, des -n, plur. die -n, derjenige, welcher das was er bezeuget, selbst gehöret hat; nach dem Muster von Augenzeuge.


Ohrenzwang (W3) [Adelung]


Der Ohrenzwang, des -es, plur. inus. eine schmerzhafte spannende Empfindung in dem Grunde des Gehörganges; Otalgia, der Ohrenschmerz, im gemeinen Leben der Ohrenklamm, die Ohrenklemme.


Ohreule (W3) [Adelung]


Die Ohreule, plur. die -n, Diminut. das Ohreulchen, eine Art Eulen, welche an den Seiten des Kopfes in der Gegend der Ohren in die Höhe stehende Federn haben, welche den Ohren an vierfüßigen Thieren gleichen. Der Uhu, Strix Bubo L. ist eine Art derselben. Es gibt auch Kauze mit solchen langen Ohren, welche alsdann Ohrkauze genannt werden.


Ohrfeige (W3) [Adelung]


Die Ohrfeige, plur. die -n, ein Schlag mit der flachen Hand an das Ohr. Bey dem Hornegk kommt das einfache Wort Vaige in dieser Bedeutung vor. Daß die Ähnlichkeit mit Feige, Ficus, bloß zufällig sey, und daß Feige hier einen Schlag bedeutete, haben schon Wachter und andere vermuthet. Es gehöret in dieser Bedeutung ohne Zweifel zu dem Geschlechte des Wortes fegen, figere, von welchem ficken, mit Ruthen hauen, und wicksen, für prügeln, intensiva sind. Es bestätigen solches das Nieders. Ohrbatsche, Ohrslag, und Schwed. Oerfil, deren letzte Hälften insgesammt einen Schlag bedeuten. ( S. auch Maulschelle.) Übrigens wird eine Ohrfeige im gemeinen Leben einiger Gegenden auch eine Dachtel, eine Dusel, eine Brähme u. s. f. genannt.


Ohrfinger (W3) [Adelung]


Der Ohrfinger, des -s, plur. ut nom. sing. der fünfte und letzte Finger an der Hand, weil man vor Alters die Ohren damit zu säubern pflegte; der kleine Finger.


Ohrgewölbe (W3) [Adelung]


Das Ohrgewölbe, des -s, plur. ut nom. sing. oder die -r, ein kleineres Gewölbe über dem Fenster oder der Thür in einem größern, welches auch nur das Ohr schlechthin genannt wird, S. Ohr 2. 1)


Ohrkäfer (W3) [Adelung]


Der Ohrkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Ohrwurm.


Ohrkauz (W3) [Adelung]


Der Ohrkauz, des -es, plur. die -e, S. Ohreule.


Ohrküssen (W3) [Adelung]


Das Ohrküssen, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleines Küssen, welches man zuweilen im Bette unter das Ohr zulegen pflegt. Ehedem wurde auch das Kopfküssen mit diesem Nahmen belegt; Nieders. Leerküssen, von Leer, die Backe. In einer Kutsche sind die Ohrküssen an der Seite in der Gegend des Ohres befestiget, den Kopf im Schlafen daran zu legen.


Ohrlack (W3) [Adelung]


Der Ohrlack, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, bey den Mahlern eine Art des Gummi-Lackes, welcher ehedem in Gestalt der Ohren zu uns gebracht wurde, aber jetzt nicht mehr gesehen wird; Franz. Lacque en Oreilles, zum Unterschiede von dem Holzlacke und Plattlacke.


Ohrläppchen (W3) [Adelung]


Das Ohrläppchen, des -s, plur. ut nom. sing. Oberd. das Ohrläpplein, das häutige Läppchen, welches den untern Theil des menschlichen Ohres oder der Ohrmuschel ausmacht; in der Deutschen Bibel das Ohrläpplein, Amos 3, 12. Im Angels. Earlappe, im Engl. Flap, im Österreichischen das Ohrwaschel, welches auch wohl das ganze äußere Ohr bedeutet.


Öhrling (W3) [Adelung]


Der Öhrling, des -es, plur. die -e. S. Ohrwurm.


Ohrloch (W3) [Adelung]


Das Ohrloch, des -es, plur. die -löcher, im gemeinen Leben, die äußere Höhle des Ohres.


Ohrlöffel (W3) [Adelung]


Der Ohrlöffel, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleiner Löffel, das innere des Ohres von dem Ohrenschmalze zu säubern; im Oberdeutschen der Ohrgriebel, Ohrgriffel, Nieders. Ohrklaker. In dem Pflanzenreiche wird eine Art Stachelschwämme, welche einen Strunk und einen halb zirkelförmigen Hut hat, und in den Nadelhölzern über die Erde wächset, wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt Ohrlöffel genannt; Hydnum Auriscalpium L.


Ohrmahl (W3) [Adelung]


Das Ohrmahl, des -es, plur. die -e, in den Schäfereyen, ein Mahl oder Zeichen in den Ohren der Schafe, um das Vieh des Schäfers von dem Viehe der Herrschaft zu unterscheiden.


Ohrmuschel (W3) [Adelung]


Die Ohrmuschel, plur. die -n, der ganze äußere muschelförmige Theil des Ohres.


Ohrring (W3) [Adelung]


Der Ohrring, des -es, plur. die -e, zierliche Ringe von edlen Metallen, welche das andere Geschlecht zur Zierde in den Ohren zu tragen pflegt; in der Deutschen Bibel Ohrenring. In weiterer Bedeutung pflegt man auch wohl alle Ohrengehenke Ohrenringe zu nennen.


Öhse (W3) [Adelung]


Die Öhse, plur. die -n, S. das Öhr.


Okeley (W3) [Adelung]


Okeley, ein Fisch, S. Ukeley.


Ökelnahme (W3) [Adelung]


Der Ökelnahme, S. Ekelnahme.


Ökonom (W3) [Adelung]


Der Ökonom, des -en, plur. die -en, aus dem Griech. und Lat. Oeconomus, eine jede Person männlichen Geschlechtes von Seiten der Hauswirthschaft betrachtet, d. i. so fern sie sich beschäftiget zeitliches Vermögen zu erwerben und das Erworbene zu erhalten und zu vermehren; der Haushälter. In engerer Bedeutung ist der Ökonom derjenige, welcher sich mit der Feld- und Landwirthschaft beschäftiget; der Landwirth.


Ökonomie (W3) [Adelung]


Die Ökonomie, plur. inus. aus dem Griech. und Lat. Oeconomia, der ganze Umfang von Beschäftigungen, wodurch man zeitliches Vermögen zu erwerben und das Erworben zu erhalten und zu vermehren sucht; die Haushaltung, die Wirthschaft. In engerer Bedeutung, die Kunst zeitliches Vermögen zu erwerben und das Erworbene zu erhalten und zu vehmehren; die Haushaltungskunst, die Wirthschaftskunst. Da die weisliche und verhältnißmäsige Einrichtung der Ausgaben und Einnahmen eines der vornehmsten Stücke dieser Kunst ist, so wird oft auch figürlich die ganze Einrichtung der Endzwecke und Mittel die Ökonomie genannt. So ist die Ökonomie des Ganzen in der Mahlerey die Anordnung eines Gemähldes in Ansehung seiner Theile, die Ökonomie der Natur, die verhältnißmäßige Vertheilung der Zwecke und Mittel. In noch engerer Bedeutung, die Landwirthschaft.


Ökonomisch (W3) [Adelung]


Ökonomisch, -er, -te, adj. et adv. aus dem Griech. und Lat. oeconomicus. 1) Zur Ökonomie gehörig, in derselben gegründet; ohne Comparation. 2) Einem klugen Ökonomen oder Haushalter gemäß, d. i. mit weiser und verhältnißmäßiger Vertheilung der Zwecke und Mittel; haushältig.


Ol (W3) [Adelung]


Das Ol, S. Öhl.


Oleaster (W3) [Adelung]


Der Oleaster, des -s, plur. ut nom. sing. bey einigen ein Nahme des wilden oder Böhmischen Öhlbaumes; Elaeagnus L. S. Öhlbaum.


Ölen (W3) [Adelung]


Ölen, der


Öler (W3) [Adelung]


Öler, bey den Kammmachern, S. Ilen.


Olive (W3) [Adelung]


Die Olive, plur. die -n, die länglich runde gelbgrüne Frucht des Öhlbaumes, aus welcher, wenn sie reif ist, das Baumöhl gepresset wird. Der Nahme ist aus dem Lat. Oliva, und man könnte ihn gar wohl entbehren, da wir den Deutschen Öhlbeere haben, obgleich derselbe von dem ausländischen noch immer verdrängt wird. Aber völlig unverzeihlich ist es, wenn manche Schriftsteller, besonders ungeschickte Übersetzer, für Öhlbaum noch immer Olivenbaum, und für Baumöhl immer Olivenöhl setzen.


Olivenfarbe (W3) [Adelung]


Die Olivenfarbe, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, die lichte, bräunlich grüne Farbe der Oliven oder Öhlbeeren, welche aus einem lichten Zeisiggrün und einem etwas röthlichen Braun vermischt ist, das Olivengrün. Daher olivenfarben, olivenfarbig oder olivengrün, diese Farbe habend. Ein olivenfarbenes oder olivengrünes Tuch.


Olivenstein (W3) [Adelung]


Der Olivenstein, des -es, plur. die -e, bey den Mineralogen, kleine länglich runde Steine, welche die Gestalt der Oliven haben, aber mehr ein Naturspiel, als eine wahre Versteinerung sind.


Ölsenich (W3) [Adelung]


Das Ölsenich, des -s, plur. inus. eine Pflanze, welche eine Art der Silge ist, und in Thüringen und Frankreich wild wächset; Selinum sylvestre L. im gemeinen Leben Alsenach, Olsenach, Ölsenitz, Ölnich, im barbarischen Lat. Olsenichium, bey den ältern Kräuterkennern Thysselinum. Die letzte Hälfte scheinet aus Selinum verderbt zu seyn. Die erste Hälfte stammet vermuthlich von Öhl, ein dicklicher Saft her, weil diese Pflanze einen häufigen milch ähnlichen Saft enthält.


Olymp (W3) [Adelung]


Der Olymp, des -s, plur. inus. aus dem Griech. und Lat. Olympus, ein Gebirge in Thessalien, welches sich mit einigen Spitzen über die Wolken erhebt, und in der Mythologie der Griechen und Römer die Wohnung Jupiters und der obern Götter war, daher auch wohl christliche Dichter es noch von dem poetischen Himmel, und olympisch für himmlisch gebrauchen.


Omat (W3) [Adelung]


Das Omat, S. Grummet.


Ontologie (W3) [Adelung]


Die Ontologie, S. Grundwissenschaft.


Onvogel (W3) [Adelung]


Der Onvogel, S. Ohnvogel.


Onyx (W3) [Adelung]


Der Onyx, des -es, plur. die -e, aus dem Griech. und Lat. Onyx, Onychium, ein halb durchsichtiger glasartiger Halbedelstein, welcher zu den Achatarten gehöret, und eigentlich ein aus über einander laufenden Streifen von verschiedener Farbe bestehender Krystall Achat ist. Der Sardonyx, Sardonychium, ist ein mit rothen Streifen vermischter Onyx. In der Deutschen Bibel kommen die ungebräuchlichern Nahmen Onich und Onichstein vor.


Opal (W3) [Adelung]


Der Opal, des -es, plur. die -e, aus dem Griech. und Lat. Opalus, ein milchfarbiger, thonartiger, mehr, als halb durchsichtiger Stein, welcher nach dem Schleifen, bey verschiedener Wendung mit verschiedener Farbe spielet, und unter die Halbedelsteine gerechnet wird. Bey den Alten hieß er wegen dieser verschiedenen Farben Iris; Plinius nennet ihn Paederos.


Oper (W3) [Adelung]


Die Oper, plur. die -n, die mit Musik begleitete Vorstellung einer wunderbaren Handlung, das musikalische Drama, welches, weil es gesungen wird, auch im Deutschen das Singespiel heißt. Der Nahme ist so wie die Erfindung selbst Italiänisch, indem man im 16ten Jahrhunderte in Italien anfing, das damahls übliche Ertemporiren den mittelmäßigen Schauspielern zu erleichtern, die Rollen mit Musik zu begleiten. Die ernsthafte Oper, Ital: Opera seria, wenn eine ernsthafte wunderbare Handlung vorgestellet wird, welche sich wieder in die Götter-Oper und Helden-Oper theilet; zum Unterschied von der komischen Oper, Ital. Opera buffa, wenn es die Vorstellung einer lustigen Handlung ist. Daher die Operette, plur. die -n, Ital. Operetta, ein kurzes Singespiel dieser Art, das Opern-Haus, worin Opern gespielet werden, der Opern-Sänger, oder Operist, die Opern-Sängerinn, oder Operistinn, die Schauspieler in der Oper, der Opern-Dichter u. s. f.


Operment (W3) [Adelung]


Das Operment, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, ein aus Auripigmentum verderbtes Wort, ein Arsenik-Erz zu bezeichnen, welches aus Arsenik, Schwefel und Erde bestehet, ein blätteriges Gewebe und eine gelbe glänzende Farbe hat; Auripigment. Das rothe Operment har eine hochrothe Zinnoberfarbe, und wird auch Rauschgelb und rother Arsenik genannt. Es hat den Lateinischen Nahmen, so wie den Französischen, Orpiment, Orpin, von dem Gebrauche zum Mahlen, welchen die Mahler davon machen.


Operngucker (W3) [Adelung]


Der Operngucker, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art kleiner Ferngläser, so fern man sich ihrer bedienet, in der Oper damit umher zu gucken; der Taschengucker.


Opfer (W3) [Adelung]


Das Opfer, des -s, plur. ut nom. sing. ein jedes sichtbares Ding, welches der Gottheit zur Abbildung seiner eigenen Übergabe an dieselbe, dargebracht wird. Ein blutiges Opfer, oder Schlachtopfer, wenn es in einem lebendigen Geschöpfe bestehet, welches alsdann geschlachtet, und oft auch in der engsten Bedeutung ein Opfer schlechthin genannt wird, zum Unterschiede von einem unblutigen Opfer, welches in einem jeden andern Dinge bestehen kann. In weiterer Bedeutung wird oft, besonders in der Römischen Kirche, alles ein Opfer genannt, was zum Behuf des Gottesdienstes und der gottesdienstlichen Personen geschenkt und dargebracht wird. Im weitesten Verstande ist, besonders in der höhern Schreibart, ein jedes Ding, eine jede Sache, welche man einem andern zum Zeichen seiner Unterwürfigkeit, seiner Ergebenheit darbringet, ein Opfer. Ein Opfer bringen. Einem etwas zum Opfer bringen. In engerer und figürlicherer Bedeutung ist das Opfer so wohl eine Sache, deren Eigenthumes man sich um eines andern willen begibt, als auch ein Gegenstand, auf welchen die Schuld eines andern übertragen wird, und in weiterer Bedeutung ein jedes Ding, welches der Gegenstand eines von einem andern ihm zugefügten Übels ist, wo die Figur von einem Schlachtopfer oder blutigen Opfer entlehnet worden. Die Gerechtigkeit verlanget ein Opfer. Oft wird die Unschuld ein Opfer der Tyranney und überlegenen Macht. Ein Opfer der Leidenschaft eines andern werden. Anm. Schon in dem Isidor Offerung, bey dem Ottfried Oppher, im Tatian Obphar, im Dän. und Schwed. Offer, im Wallis. Abert, im Böhm. Ober. Gemeiniglich glaubt man, daß es aus dem Lat. offerre, obferre, oder gar aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, entlehnet sey. Allein, es kann auch, wie so viele andere eine bloß buchstäbliche Übersetzung des Lateinischen Ausdruckes seyn, weil so wohl das Vorwort ob, auf, Nieders. up, als auch das Zeitwort bären, tragen, bringen, ferre, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ehedem sehr üblich waren. Auf ähnliche Art hieß ein Opfer im Angels. Tiber, von toberan, zubringen, zutragen. Man hatte ehedem noch andere gleichbedeutende Ausdrücke, wohin das Ghelstar und Ghelstro im Isidor, von gelten, das Blostar bey eben demselben, und Blot der alten mitternächtlichen Völker, das Hunsl der Gothen, und Husl der Angelsachsen, und das Vuiechuuerch des Notker gehören.


Opferaltar (W3) [Adelung]


Der Opferaltar, des -es, plur. die -täre, ein Altar, so fern er zunächst zu den Opfern, und in engerer Bedeutung zu den blutigen Opfern bestimmt ist.


Opferfleisch (W3) [Adelung]


Das Opferfleisch, des -es, plur. inus. das Fleisch der als ein Opfer geschlachteten Thiere. Ezech. 40, 43.


Opfergeld (W3) [Adelung]


Das Opfergeld, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -er, ein Opfer in Gelde; Geld, welches geopfert wird; doch nur noch in einigen einzelnen Fällen. So wird in einigen Niedersächsischen Gegenden dasjenige Geld, welches man dem Gesinde, welches man behalten will, um Neujahr oder Johannis als ein Handgeld gibt, das Opfergeld, oder der Opferpfennig genannt.


Opferhaus (W3) [Adelung]


Das Opferhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus oder Gebäude, in welchem einer Gottheit geopfert wird, ein Tempel; ein sonst ungewöhnliches Wort, welches 1 Chron. 7, 12 von dem Tempel zu Jerusalem vorkommt.


Opferkasten (W3) [Adelung]


Der Opferkasten, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, ein Kasten in der Kirche, dasjenige Geld, welches freywillig zum Behuf des Gottesdienstes geschenkt wird, darein zu stecken; der Opferstock, wenn es ein hohler verschlossener Stock oder Pfahl ist, der Kirchenstock oder auch nur der Stock schlechthin.


Opferkuchen (W3) [Adelung]


Der Opferkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. Kuchen, so fern sie in der ehemahligen jüdischen und heidnischen Religion der Gottheit geopfert wurden.


Opfermann (W3) [Adelung]


Der Opfermann, des -es, plur. die -männer, oder Opferleute, in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, ein Nahme des Küsters oder Kirchners; vermuthlich so fern er vor der Reformation die zum Behufe der Kirche und des Gottesdienstes gebrachten Opfer oder freywilligen Geschenke in Empfang nahm und verwahrete.


Opfermesser (W3) [Adelung]


Das Opfermesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein gottesdienstliches Messer, womit die Schlachtopfer geschlachtet wurden.


Opfern (W3) [Adelung]


Opfern, verb. reg. act. als ein Opfer darbringen, eigentlich, der Gottheit als ein sinnbildliches Zeichen seiner eigenen Übergabe darbringen; wo es am häufigsten von dem Darbringen und Schlachten lebendiger Geschöpfe in denjenigen Religionen, wo diese Art des Gottesdienstes üblich war, und noch ist aber auch von dem gottesdienstlichen Darbringen aller körperlichen Dinge, gebraucht wird. In einigen protestantischen Kirchen nennet man auch das opfern wenn bey gewissen Gelegenheiten freywillige Geschenke an Geld auf den Altar oder in den Kirchenstock geleget werden. In weiterer Bedeutung, besonders in der höhern Schreibart, ist jemanden etwas opfern, es ihn zum Zeichen seiner Unterwürfigkeit oder Ergebenheit darbringen. Mit dem Nebenbegriffe der Begebung seines Eigenthumes um eines andern willen ist es besonders in dem zusammen gesetzten aufopfern üblich. Daher die Opferung, die Handlung des Opferns in allen obigen Fällen.

Anm. Schon bey dem Ottfried opphoron, bey dem Stryker ophern. ( S. Opfer.) Ottfried gebraucht dafür auch einige Mahl biuten, biethen.


Opferpfennig (W3) [Adelung]


Der Opferpfennig, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -e, S. Opfergeld.


Opferpriester (W3) [Adelung]


Der Opferpriester, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Opferpriesterinn, in den heidnischen Religionen, eine Person, welche dazu bestimmt ist, das Opfern der Opferthiere zu verrichten.


Opferschale (W3) [Adelung]


Die Opferschale, plur. die -n, in der Mythologie, eine Schale, in welcher das Blut der geschlachteten Opferthiere aufgefangen wurde.


Opferschmaus (W3) [Adelung]


Der Opferschmaus, des -es, plur. die -schmäuse, eben daselbst, ein festlicher Schmaus, zur Verzehrung des übrig gebliebenen Fleisches der geschlachteten Opferthiere. O, wenn dich noch ein Opferschmaus Herab vom Himmel ziehet, Raml.


Opferstock (W3) [Adelung]


Der Opferstock, des -es, plur. die -stöcke, S. Opferkasten.


Opferthier (W3) [Adelung]


Das Opferthier, des -es, plur. die -e, ein zum Schlachtopfer bestimmtes, als ein Opfer geschlachtetes Thier.


Opfertisch (W3) [Adelung]


Der Opfertisch, des -es, plur. die -e, in der Mythologie, ein Tisch, auf welchem die Opferthiere geschlachtet uns zubereitet werden.


Opfervieh (W3) [Adelung]


Das Opfervieh, des -es, plur. inus. zum Opfer bestimmtes, als ein Opfer geschlachtetes Vieh.


Opferwein (W3) [Adelung]


Der Opferwein, des -es, plur. inus. Wein, so fern derselbe in der ehemahligen jüdischen und heidnischen Religion zum Opfer bestimmt war. St. Esth. 3, 11.


Ophit (W3) [Adelung]


Der Ophit, des -en, plur. die -en, ein vornehmlich bey den Alten bekannter Stein, welcher grün ist, und schwarze Flecken und Adern hat, daher er auch Ophites, d. i. Schlangenstein, genannt wurde, welcher Nahme bey dem Plinius und Dioskorides vorkommt. Er bestehet aus Thon, Kalk und Serpentinstein, und wird in unsern Flötzgebirgen häufig gefunden, wo er auch Lehmstein heißt. Weil er um Memphis in Ägypten sehr häufig gefunden wurde, so kommt er auch unter dem Nahmen Memphites vor.


Opium (W3) [Adelung]


Das Opium, des Opii, plur. inus. ein Gummi, welches aus dem getrockneten Safte der morgenländischen Mohnköpfe fließet, wenn sie zur Zeit ihrer Reife geritzt werden, und welches ein sehr heftiges einschläferndes Mittel ist; Mohnsaft. Der Nahme ist morgenländischen Ursprunges und lautet in der heutigen Persischen Sprache Afiun. Daher das Opiat, des -es, plur. die -e, ein daraus bereitetes Schlaf machendes Mittel.


Optik (W3) [Adelung]


Die Optik, plur. inus. aus dem Griech. und Lat. Optica, ein Theil der angewandten Mathematik, welcher in der Wissenschaft der Lichtstrahlen bestehet. In der engsten und gewöhnlichsten Bedeutung ist die Optik die Wissenschaft der Lichtstrahlen, welche in gerader Linie in unser Auge kommen; zum Unterschiede von der Katoptik, oder der von polirten Flächen zurück geworfenen Lichtstrahlen, und der Dioptrik, der in durchsichtigen Materien gebrochenen Lichtstralen.


Optisch (W3) [Adelung]


Optisch, adj. et adv. aus dem Lat. opticus, zur Optik gehörig, in derselben gegründet. In weiterer Bedeutung ist optisch so wie eine Sache gesehen wird, so wie sie dem Auge vorkommt, im Gegensatze der Art und Weise, wie sie wirklich ist. So sind die Ausdrücke, die Sonne gehet auf, sie gehet unter, optische Ausdrücke und Vorstellungen weil die Sonne auf- und unterzugehen scheinet, ob sie gleich im Mittelpuncte ihres Systemes unbeweglich ist.


Orakel (W3) [Adelung]


Das Orakel, des -s, plur. ut nom. sing. aus dem Lat. Oraculum, nach der Mythologie der Alten, 1) die, gemeiniglich räthselhafte Antwort der Götter durch die Priester; der Götterspruch. Daher man auch noch jetzt einen jeden theils räthselhaften, theils auch unwiderlegbar gewissen Ausspruch ein Orakel zu nennen pflegt. 2) Der Ort, wo eine heidnische Gottheit den Fragenden durch die Priester Antwort ertheilte. Daher auch figürlich eine Person, bey welcher sich viele Raths erhohlen, ein Orakel heißt.


Orange (W3) [Adelung]


Die Orange, (sprich Orangsche,) plur. die -n, aus dem Franz. Orange, und dieß aus dem Ital. Arancia, eine Pomeranze, ingleichen ein Pomeranzenbaum. Im Deutschen pflegt man daher die Bäume, Blüthen, Zweige, ingleichen die unreifen Früchte der Pomeranzen und Citronen-Bäume Orangen, ingleichen Orangen-Bäume, Orangen-Blüthe, und Orangen-Früchte zu nennen. Im mittlern Lat. Irangia. Im Ital. heißt der Pomeranzen-Apfel auch mit dem müßigen n, Naranzo und Melaranzo, und im Persischen Nareng. Die Orange oder Orangen Farbe, und mit einem dem Deutschen näher gebrachten Ausdrucke die Oranien-Farbe ist die dunkle röthlich gelbe Farbe, welche aus citronen-gelb und roth gemischt ist, und den Übergang der gelben Farbe in das Morgenroth ausmacht. Daher das Bey- und Nebenwort orangen, orangefarben, orangefarbig, orangegelb, oraniengelb, diese gelbe Farbe habend. Ein orangegelber Taffent. Ein orangefarbenes Kleid.


Orangerie (W3) [Adelung]


Die Orangerie, (sprich Orangscherie, viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem Franz. Orangerie. 1) Der sämmtliche in und bey einem Garten befindliche Vorrath von Citronen-Bäumen, Pomeranzen-Bäumen, und in weiterer Bedeutung auch von allen ausländischen Bäumen und Gewächsen, welche in dem Gewächshause aufbewahret werden. 2) Auch das Gewächs- oder Treibhaus selbst wird zuweilen mit diesem Nahmen belegt.


Oraniengelb (W3) [Adelung]


Oraniengelb, S. Orange.


Orant (W3) [Adelung]


Der Orant, des -es, plur. inus. der Nahme einer Pflanze, welche auch Dorant, ingleichen Hundskopf, Steckkraut, Stärkkraut, Teufelsband, weil man es ehedem zur Zauberey zu mißbrauchen pflegte, genannt wird; Antirrhinum Orontium L. Nach dem Frisch sind beyde Nahmen so wohl Dorant als Orant, aus dem Griech. Antirrhinum verderbt. Von andern wird auch der gemeine Dosten oder Wohlgemuth, Origanum vulgare L. mit diesem Nahmen beleget, da denn derselbe aus dem Lat. oder vielmehr Griech. Origanum gebildet seyn würde.


Oratorie (W3) [Adelung]


Die Oratorie, plur. inus. S. Redekunst.


Oratorium (W3) [Adelung]


Das Oratorium, des -torii, plur. die -toria, das mittlere Lat. Oratorium, ein Singestück in der Musik zu bezeichnen, in welchem die Handlung aus der geistlichen Geschichte hergenommen ist, eine Oper oder Operette geistlichen Inhaltes. In der Römischen Kirche ist es auch ein Bethstübchen für vornehme Personen.


Orbede (W3) [Adelung]


Die Orbede, S. Urbede.


Orbil (W3) [Adelung]


Orbil, Genit. Orbils, plur. die Orbile, eigentlich der Nahme eines mürrischen harten Schulmeisters zu Rom, welcher vorher ein Rathsdiener, und hernach ein Soldat geworden war, und welchen Horaz, weil er die grammatischen Regeln mit dem Stocke einzubläuen pflegte, plagosum Orbilium nennet. Von ihm wird noch jetzt ein finsterer mürrischer und mit Schlägen freygebiger Schulmann ein Orbil genannt.


Orcan (W3) [Adelung]


Der Orcan, S. Orkan.


Orchester (W3) [Adelung]


Das Orchester, (sprich Orkester,) des -s, plur. ut nom. sing. der abgetheilte Ort in Schauspielen, Opern und Concerten, wo sich die Musikanten befinden, und die sämmtlichen in einem Stücke spielenden Musikanten. Es ist aus dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - entlehnet, welches den erhöheten Ort bedeutete, auf welchem die Mimi spieleten; daher auch das erhöhet Pult in der Kirche, ja zuweilen auch die Kanzel selbst, im mittlern Latein. Orcistra genannt wurde.


Orden (W3) [Adelung]


Der Orden, des -s, plur. ut nom. sing. 1. Die Ordnung, ohne Plural; eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutung. Nach dem Orden ihres Alters, 2 Mos. 28, 10. S. Ordentlich. 2. Ein Stand, d. i. eine Gesellschaft von Menschen einerley Art. 1) Überhaupt, wo es nur noch zuweilen und gemeiniglich im Scherze vorkommt. Der Männerorden, der Weiberorden, der Junggesellen-Orden u. s. f. der Stand oder die Gesellschaft der verheiratheten Männer, der Weiber, der Junggesellen. Siehe Ordnung. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung wird es nur von gewissen Gesellschaften, welche durch Gesetze, Regeln oder Statuten unter einander verbunden sind, gebraucht. Der geistliche Orden, in der Römischen Kirch, ist eine Gesellschaft gottesdienstlicher Personen, welche unter gewissen Regeln zum gemeinschaftlichen Gottesdienste verbunden ist. Der Mönchs-Orden, ein solcher Orden für Mönche oder männlich Personen, zum Unterschiede von einem Nonnen- oder Frauen-Orden. Der Augustiner-Orden, Franciscaner-Orden, Bettelorden u. s. f. Vermuthlich gaben diese geistlichen Orden das Muster zu den Ritter-Orden ab, in welchen die ritterlichen Übungen mit den gottesdienstlichen verbunden wurden, und welche in den neuern Zeiten bis auf bloße Ehrenzeichen und Feyerlichkeiten ausgeartet sind. Endlich sind auch andre Gesellschaften, welche bloß das gesellschaftliche Vergnügen zur Absicht haben, und deren Glieder durch gewisse Regeln und Gesetze mit einander verbunden, und ge meiniglich durch äußere Zeichen von andern unterschieden sind, unter dem Nahmen der Orden bekannt. Dergleichen sind der Freymäurer-Orden, der Mops-Orden und so ferner. 3. Das Verhältniß, die Würde und die Verbindlichkeit einer solchen Gesellschaft. Ingleichen das Ehren- und Unterscheidungszeichen einer solchen Gesellschaft, besonders eines Ritter-Ordens. Einen Orden tragen, das Ehrenzeichen eines Ordens. Anm. Es ist wohl gewiß, daß es, wenigstens in der zweyten Bedeutung, nach dem Lat. Ordo gebildet worden, welches schon sehr frühe von gottesdienstlichen Gesellschaften gebraucht, und mit dem Christenthume und den Mönchs-Orden selbst auch in die Deutsche Sprach eingeführet worden. In der allgemeinen Bedeutung der Ordnung ist es ein gutes altes Deutsches Wort, welches von dem Lat. Ordo nur ein Seitenverwandter ist, S. Ordentlich und Ordnung.


Ordensalter (W3) [Adelung]


Das Ordensalter, des -s, plur. inus. dasjenige Alter, welches nach den Gesetzen eines Ordens zu der Aufnahme in denselben erfordert wird.


Ordensband (W3) [Adelung]


Das Ordensband, des -es, plur. die -bänder, dasjenige Band, welches die Glieder eines Ordens tragen, und an welches oft der Orden befestiget ist.


Ordensbruder (W3) [Adelung]


Der Ordensbruder, des -s, plur. die -brüder, das Mitglied eines männlichen Ordens, so fern sich dieselben Brüder zu nennen pflegen; besonders eines geistlichen Ordens. Die Ordensschwester ist ein solches Mitglied eines weiblichen Ordens. Beyde zusammen werden Ordenspersonen und im gemeinen Leben Ordensleute genannt.


Ordensgeistliche (W3) [Adelung]


Der Ordensgeistliche, des -n, plur. die -n; ein Geistlicher, so fern er zugleich ein Glied eines geistlichen Ordens ist, in der Römischen Kirche, und zum Unterschiede von einem Weltgeistlichen. Daher die Ordensgeistlichkeit, die sämmtlichen Geistlichen dieser Art.


Ordenskleid (W3) [Adelung]


Das Ordenskleid, des -es, plur. die -er, dasjenige Kleid, diejenige Kleidung, welche die Glieder eines Ordens zu tragen verbunden sind, welches sie von andern unterscheidet. Die sämmtlichen Kleidungsstücke dieser Art machen den Ordens-Habit aus.


Ordensleute (W3) [Adelung]


Die Ordensleute, sing. inus. S. Ordensbruder.


Ordensmann (W3) [Adelung]


Der Ordensmann, des -es, plur. die -männer, und im gemeinen Leben, die -leute, das männliche Mitglied eines männlichen geistlichen Ordens; in der anständigern Sprechart die Ordensperson.


Ordensmeister (W3) [Adelung]


Der Ordensmeister, des -s, plur. ut nom. sing. der Meister oder Vorgesetzte eines Ritterordens. Wo mehrere Ordensmeister von verschiedenem Range sind, da wird der erste und vornehmste auch wohl der Großmeister genannt. Bey den geistlichen Orden ist das Wort General üblicher.


Ordensperson (W3) [Adelung]


Die Ordensperson, plur. die -en, S. Ordensbruder.


Ordensregel (W3) [Adelung]


Die Ordensregel, plur. die -n, die Regel oder Vorschrift, nach welcher die Glieder eines geistlichen oder weltlichen Ordens ihr Verhalten zu bestimmen verbunden sind.


Ordensritter (W3) [Adelung]


Der Ordensritter, des -s, plur. ut nom. sing. das Mitglied eines Ritterordens.


Ordensschwester (W3) [Adelung]


Die Ordensschwester, plur. die -n, S. Ordensbruder.


Ordenszeichen (W3) [Adelung]


Das Ordenszeichen, des -s, plur. ut nom. sing. das Ehren- und Unterscheidungszeichen eines weltlichen Ordens, welches auch nur der Orden schlechthin genannt wird.


Ordentlich (W3) [Adelung]


Ordentlich, -er, -ste, adj. et adv. der Ordnung gemäß, in derselben gegründet. 1. In der weitern Bedeutung dieses Hauptwortes, der Übereinstimmung des Mannigfaltigen in der Folge der Dinge nach und neben einander gemäß, und darin gegründet; im Gegensatze des unordentlich. Die Bibliothek ist sehr ordentlich eingerichtet. Eine ordentliche Bibliothek, welche nach einer guten Ordnung eingerichtet ist. Es liegt alles sehr ordentlich. Die Soldaten marschiren ordentlich. Etwas sehr ordentlich erzählen, wie die Folge der Begebenheiten es erfordert. Ingleichen, Fertigkeit besitzend, in allen Dingen die Übereinstimmung des Mannigfaltigen zu beobachten, und darin gegründet. Ein ordentlicher Mensch, der in allen Dingen und Geschäften eine gewisse Ordnung beobachtet, besonders in Ansehung der Zeit und des Ortes. Er lebt sehr ordentlich. Eine ordentliche Haushaltung, in welcher alle Geschäfte zur gehörigen Zeit und nach dem gehörigen Verhältnisse geschehen. Die Post kommt sehr ordentlich, zur bestimmten Zeit. 2. In engerer und figürlicher Bedeutung. 1) Im moralischen Verstande, der gehörigen Übereinstimmung unsrer Handlungen mit der Vollkommenheit unsers äußern und innern Zustandes gemäß und darin gegründet; ingleichen Fertigkeit besitzend, diese Übereinstimmung zu beobachten. Beydes im Gegensatze des unordentlich. Sehr ordentlich leben. Ein ordentlicher Mann. Ein ordentliches Leben, einen ordentlichen Wandel führen. Besonders in Ansehung des gehörigen Maßes und Verhältnisses in Speise und Trank und den Vergnügungen. Heute lebt auch der ausschweifendste ordentlich. 2) Der Einrichtung, der Beschaffenheit einer Sache gemäß, in derselben gegründet, daraus begreiflich; im Gegensatze des außerordentlich. (a) Überhaupt. Die ordentliche Obrigkeit, welcher man vermöge seines Verhältnisses in der bürgerlichen Gesellschaft unterworfen ist. Einen ordentlichen Beruf haben. Der ordentliche Pfarrer, der ordentliche Beichtvater, der ordentliche Richter. Die ordentlichen Lufterscheinungen, im Gegensatze der außerordentlichen. Um der Zweydeutigkeit mit der ersten allgemeinern Bedeutung willen, ist es in diesem Verstande gemeiniglich nur auf gewisse Fälle eingeschränkt. (b) Der Vorschrift, der Regel gemäß; um der gedachten Zweydeutigkeit willen, auch nur in wenigen Fällen. Ein ordentliches Verfahren. Aber für regelmäßig, regulär, durch Regeln und Verordnungen eingeschränkt, wie es von einigen gebraucht wird, die ordentliche Geistlichkeit, in der Römischen Kirche, die reguläre oder Ordensgeistlichkeit, im Gegensatze der weltlichen, ingleichen ordentliche Truppen für reguläre, ist es noch weniger anzurathen. (c) Den gewöhnlichen Formalitäten oder Umständen gemäß, in welchem Verstande es besonders in der vertraulichen Sprechart und im gemeinen Leben sehr üblich ist. Das Licht war nicht selbst erloschen, sondern ordentlich abgeschnäutzt, Hermes. Eine ordentliche Hochzeit halten, eine förmliche, feyerliche. Er hat mich ordentlich geschimpft, förmlich. Sie hat uns ordentliche Grobheiten gesagt, Gell. förmliche. Das Ding nehme ich ordentlich übel, förmlich, wirklich. Daher es denn, (d) in noch weiterer Bedeutung oft auch für gewöhnlich, den meisten Fällen ähnlich oder gemäß gebraucht wird; im Gegensatze des außerordentlich. Das gehöret zu seinen gewöhnlichen und ordentlichen Verrichtungen. Seine ordentliche Mahlzeit halten, seine gewöhnliche. Er schreibt ordentlich alle Posttage, gemeiniglich, gewöhnlich. Er kommt ordentlich alle Tage. In ordentlichen Fällen, im Gegensatze der außerordentlichen. Ordentlich, d. i. gewöhnlicher Weise, geschiehet das nicht.

Anm. Dieses Wort ist von dem Hauptwort Orden, so fern es ehedem Ordnung bedeutete, ( S. Orden 1 und Ordnung) und der Ableitungssylbe "-lich" gebildet, und bedeutet daher der Ordnung ähnlich, gleich und gemäß. Das t in der Mitte ist das t euphonicum, welches dem n in mehrern Wörtern angehänget wird, (siehe N und T.) Im Oberdeutschen lautete es daher in den ältern Zeiten nur ordentlich, und in einem 1503 zu Basel gedruckten Buche gar nur ordentlich. Auch in Luthers Bibel kommt unordig für unordentlich vor.


Order (W3) [Adelung]


Die Order, S. Ordre.


Ordinanz (W3) [Adelung]


Die Ordinanz, plur. die -en, aus dem mittlern Lat. Ordinantia. 1) Der Befehl; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Man gebraucht es 2) nur noch bey den Soldaten, wo die Ordinanz derjenige Soldat ist, welcher beständig bey und um einen Befehl habend Officier seyn muß, um dessen Befehle in nöthigen Fällen an andere zu überbringen, in manchen Ländern Ordonnanz, unmittelbar aus dem Franz. Ordonnance; wo es denn auch von diesem Verhältnisse, von dieser Verrichtung eines solchen Soldaten gebraucht wird. Auf Ordinanz seyn, einen Befehl habenden Officier begleiten, um auf dessen Befehle zu warten. In manchen Gegenden hat man auch dergleichen Civil-Bediente, welche, wenn sie beritten sind, und zu Pferde verschickt werden, Ordinanz-Reiter heißen.


Ordiniren (W3) [Adelung]


Ordiniren, verb. reg. act. aus dem Lat. ordinare. 1) Befehlen, anordnen, verordnen; in welchem Verstande es doch nur im gemeinen Leben üblich ist. 2) Einen Geistlichen ordiniren in der protestantischen Kirche, ihm das Lehramt und das Befugniß zu allen Amtsverrichtungen feyerlich ertheilen; welches von einem obern Geistlichen geschiehet, und an die Stelle der Priesterweihe in der Römischen Kirche eingeführet worden. Aus dem mittlern Lat. ordinare, geistlichen Ordines ertheilen, feyerlich in den Orden oder Stand der Priester aufnehmen. Daher die Ordination, diese feyerliche Ertheilung des Rechtes zur Führung des gottesdienstlichen Lehramtes.


Ordnen (W3) [Adelung]


Ordnen, verb. reg. act. die Folge des Mannigfaltigen nach und neben einander bestimmen. 1. Eigentlich, in Ordnung bringen, einem jeden von mehrern Dingen seine gehörige übereinstimmige Stelle anweisen, zunächst dem Orte, in weiterer Bedeutung aber auch der Zeit und dem Verhältnisse nach. Die Bücher in einer Bibliothek ordnen, in eine gewisse Ordnung stellen. Mehrere Personen nach dem Alter, nach der Größe, nach dem Range ordnen. Die Stimmen in der Musik ordnen. Die Schnitter ordnen das abgeschnittene Getreide in kleine Haufen. Ingleichen in weiterer Bedeutung, nicht nur dem gehörigen Orte und der gehörigen Zeit nach, sondern auch dem gehörigen Verhältnisse nach bestimmen. Der Verstand muß mit seinen Einsichten die Neigungen des Willens leiten und ordnen, Gell. Gott regieret und ordnet die allgemeinen und besondern Schicksale des Menschen. Die geordnete Selbstliebe, im Gegensatze der ungeordneten. 2. In engerer Bedeutung. 1) Die Handlungen anderer ordnen; wofür doch in den meisten Fällen die zusammen gesetzten anordnen und verordnen üblicher sind. Wie ich den Gemeinen in Galatia geordnet habe, 1 Cor. 16, 1, d. i. verordnet, befohlen. Ihr ordnet der Festtage zu viel. 2) Zu Führung und Verwaltung eines Amtes Befehl und Befugniß ertheilen; wofür jetzt gleichfalls zuweilen verordnen gebraucht wird. Gott hat geordnet die Herrschaften, Sir. 17, 14. Die Apostel ordneten ihnen hin und her Ältesten in den Gemeinen, Apostelg. 14, 23. Daß ich dich ordne zum Diener und Zeugen, Kap. 26, 16. Von der feyerlichen Verordnung und Einsetzung zum gottesdienstlichen Lehrer ist in den protestantischen Kirchen das verwandte aber Lat. ordiniren üblich. Daher die Ordnung, S. solches sogleich besonders.

Anm. Im Tatian ordinon, im Lat. ordinare. Es ist vermittelst der Endsylbe -nen entweder das Factitivum von einem veralteten Neutro orden, oder auch das Intensivum von dem noch bey dem Stryker befindlichen orden, für ordnen. Ordnen ist aus ordenen wie Ordnung aus Ordenung zusammen gezogen.


Ordnung (W3) [Adelung]


Die Ordnung, plur. die -en. 1. Die Handlung des Ordnens, als das Verbale des vorigen Zeitwortes und ohne Plural; in welcher Bedeutung es doch am seltensten gebraucht wird. Die Ordnung so vieler Menschen ist schwer, so viele Menschen zu ordnen. 2. Als ein Abstractum; wo der Plural nur von mehrern Arten üblich ist. 1) In der weitesten Bedeutung, eine jede Folge der Dinge nach und neben einander. Etwas in eine gewisse Ordnung bringen, die Dinge auf eine gewisse Art nach und neben einander stellen. Eine gute Ordnung, eine schlechte Ordnung. Die Ordnung der Wörter in der Rede, ihre Folge auf einander. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, die Übereinstimmung, die Ähnlichkeit des Mannigfaltigen in ihrer Folge auf und neben einander; im Gegensatze der Unordnung. (a) Überhaupt, wo es so viele Arten der Ordnung gibt, als Ähnlichkeiten des Mannigfaltigen Statt finden, oder als die Absicht und Bequemlichkeit des Ordnenden es erfordert. Etwas in Ordnung legen, stellen, bringen. Die Truppen in Ordnung stellen. Eine Bibliothek in Ordnung bringen. Die Truppen gingen ohne alle Ordnung unter einander hin. Nach der Ordnung gehen. Ohne alle Ordnung marschiren. Die Soldaten in Ordnung halten. Die Ordnung erfordert es. Es keine Ordnung unter den Leuten. Etwas ohne alle Ordnung erzählen. Die Ordnung lieben. Ingleichen die Folge einzelner Dinge nach der Ähnlichkeit des Ganzen. Wie ihn die Ordnung trifft, die Reihe. (b) In engerer Bedeutung. (aa) Die Ähnlichkeit in der Folge der Handlungen, und deren Beobachtung. Ordnung im Essen und Trinken halten, alle Mahl zu einer und eben derselben Zeit essen und trinken. Ich halte meine Ordnung und gehe. Sich an keine gewisse Ordnung binden. Aus seiner Ordnung kommen. Das ist wider meine Ordnung. (bb) In noch engerer Bedeutung, die durch allgemeine Vorschriften bestimmte Folge und Intensität der Handlungen und Veränderungen. Die Ordnung der Natur, die Folge aller Veränderungen in der selben nach gewissen Veränderungsgesetzen. Die göttliche Begnadigung der Menschen ist an eine gewisse Ordnung gebunden. Die bürgerliche Ordnung, die Übereinstimmung der Folge und Intensität der Handlungen mit den bürgerlichen Gesetze. Das ist wider die gute Ordnung. Dort erliegen Gesetze und Ordnung unter dem Übergewichte der Laster, Gell. Ordnung im Essen und Trinken halten, oder beobachten, nicht allein die Ähnlichkeit in Ansehung der Zeit, sondern auch das gehörige Maß und Verhältniß. Es ist weder Zucht noch Ordnung unter den Leuten. Die Truppen in Ordnung halten, ihre Handlungen mit den Vorschriften überein stimmend erhalten. (cc) Im engsten Verstande ist in der Baukunst ist die Ordnung das angenommene Verhältniß in den einzelnen Theilen der Säulen. Die Toskanische, die Dorische, die Ionische, die Korinthische, die Römische Ordnung. 3. Als ein Concretum. 1) In Ordnung gestellte Dinge, so wohl überhaupt. Die Ordnung trennen. Als auch in engerer Bedeutung, ein aus mehrern ähnlichen Individuis bestehendes Ganzes; wo dieses Wort oft für das ausländische Classe gebraucht wird. Die Priester der ersten Ordnung, 2 Kön. 25, 18. Die Ordnung der Thürhüther, 1 Chron. 27, 1. Die Schüler der ersten Ordnung, der ersten Classe. Die Schriftsteller des Naturreiches theilen die natürlichen Körper in Classen, Ordnungen, Geschlechter und Arten, da denn die Ordnung mehrere ähnliche Geschlechter unter sich begreift. 2) Die Regel oder Vorschrift, nach welcher die Verbindung und Folge mehrerer einzelner Handlungen auf eine übereinstimmige Weise eingerichtet wird. Wer sich wider die Obrigkeit setzet, der widerstrebet Gottes Ordnung, Röm. 13, 2. Seyd unterthan aller menschlichen Ordnung, 1 Petr. 2, 13. Die Feuerordnung, Dorfordnung, Brauordnung, Forst- und Waldordnung, Hofordnung, Kleiderordnung, Klosterordnung, Lebensordnung, Marktordnung, Postordnung u. s. f. Von der obrigkeitlichen Bestimmung einzelner Handlungen ist das Wort Verordnung üblich.

Anm. Dieses Wort, welches schon bey dem Notker Ordenningo, und im Schwed. Ordning lautet, ist aus Orden und der Ableitungssylbe -ing oder -ung zusammen gesetzet. S. -ung. Ottfried gebraucht dafür Ordo, die Monserische Glosse aber das noch kürzere Ort. Im Nieders. heißt die Ordnung Order und Odder, im alten Wallis. Vrdd, im Lat. Ordo, im Engl. Order, im Französ. Ordre, welche letztern denn auch für einen Befehl in einzelnen Fällen gebraucht werden, wie das Niedersächs. Order und Odder, wofür die Hochdeutschen das Französ. Ordre wieder erborgt haben. Das Bretagnische ordreni, und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ordnen, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, recht, geordnet, sind sehr genau damit verwandt. Frisch und andere leiten Orden, ordnen und Ordnung unmittelbar aus dem Lat. ordo und ordinare her, welche doch für nichts anders als für Seitenverwandte gehalten werden können. Der wahre Stamm ist in unserm Art, Ort, das erste und letzte eines Dinges, eher, erst, u. s. f. zu suchen, wohin auch das Lat. Series gehöret, welches, so wie saepe, semel, sine u. s. f. sich bloß durch den vorgesetzten Zischlaut von der alten Quelle entfernet hat. ( S. Ort.) Übrigens kommen für Ordnung in dem Isidor auch Redha, im Kero Antreitida, Antreiti, bey dem Notker Antreht, und im Tatian Antreitu vor, welche nicht so wohl zu unserm Rede, als vielmehr zu dem Oberdeutschen raiten, rechnen, vermuthlich eigentlich ordnen, und zu unserm recht und richten gehören.


Ordnungs-Zahl (W3) [Adelung]


Die Ordnungs-Zahl, plur. die -en, in der Sprachkunst, eine ordnende Zahl, vergleichen der erste, zweyte, dritte u. s. f. sind; nach dem Lat. Numeri ordinales, zum Unterschiede von den Grundzahlen, eins, zwey, drey u. s. f.


Ordonnanz (W3) [Adelung]


Die Ordonnanz, S. Ordinanz.


Ordre (W3) [Adelung]


Die Ordre, plur. die -n, ein zunächst aus dem Franz. Ordre entlehntes Wort, den gemessenen Befehl eines Höhern in einzelnen Fällen zu bezeichnen; in welchem Verstande es besonders im Kriegswesen und gemeinen Leben üblich ist. Gemessene Ordre haben, gemessenen Befehl. Nichts ohne Ordre thun. Ordre bekommen. ( S. Beordren.) Daß dieß Wort mit der Taktik und ganzen Kriegssprache aus Frankreich zu uns gekommen, ist sehr wahrscheinlich. Indessen bedeutet Order und Odder im Niedersächs. einen jeden Befehl, welches wohl unmittelbar von orden, für ordnen, befehlen, abzustammen scheinet. Daher man auch im Hochdeutschen Order und beordern schreiben kann.


Orengel (W3) [Adelung]


Der Orengel, des -s, plur. inus. in einigen Gegenden ein Nahme der Mannstreu, Eryngium L. aus welchem Lateinischen Nahme der Deutsche Orengel oder Ohrengel ohne Zweifel verderbt ist.


Orf (W3) [Adelung]


Der Orf, des -en, plur. die -en, oder die Orfe, plur. die -n, in einigen Gegenden ein Nahme des Goldbrassens oder der Goldforelle, Sparus aurata L. Bey andern Schriftstellern Orphus. Er hält sich in den Deutschen, Englischen und Französischen Flüssen auf, und hat den Nahmen von seiner Goldfarbe; Franz. Dorade, Ital. Orata, Orada, von welcher ohne Zweifel auch der Nahme Orf abstammet, welcher in andern Gegenden Erf, Elf, Urf, Orbe, und mit dem vorgesetzten n, Nörsling lautet. Ein anderer in der übrigen Gestalt dem vorigen ähnlicher Fisch, welcher aber statt der feuerrothen Farbe weiß ist, wird in Sachsen die weiße Orfe genannt.


Organ (W3) [Adelung]


Das Organ, des -es, plur. die -e, aus dem Griech. und Lat. Organum, womit besonders die Werkzeuge der äußern Sinne, der Empfindung, im weitern Verstande aber auch der Veränderung an und in den Körpern bezeichnet werden. Die Organe der Empfindungen, die Werkzeuge, oder Hülfsmittel, wodurch ein Körper empfindet. Das Organ des Gesichtes, das Auge, mit allen dazu gehörigen Theilen.


Organisch (W3) [Adelung]


Organisch, adj. et adv. aus dem Lat. und Griech. organicus, mit Organen, d. i. Werkzeugen der Empfindung, und in weiterer Bedeutung, der Veränderung, begabet und darin gegründet. Ein organischer, oder organisirter Körper, welcher vermöge seiner Zusammensetzung zu Empfindungen und Veränderungen fähig ist; zum Unterschiede von einem unorganischen.


Organist (W3) [Adelung]


Der Organist, des -en, plur. die -en, aus dem mittlern Lat. Organista, derjenige, dessen eigentliches Amt es ist, die Orgel in einer Kirche zu spielen; dessen Gattinn die Organistinn. S. Orgel.


Organsin-Seide (W3) [Adelung]


Die Organsin-Seide, plur. inus. aus dem Ital. Organsino, in den Seiden-Fabriken, die feinste und beste Seide, woraus die Kette der seidenen Zeuge bereitet wird, und welche aus einzelnen zusammen gezwirnten Fäden bestehet.


Orgel (W3) [Adelung]


Die Orgel, plur. die -n, Diminut. das Orgelchen, ein musikalischen aus vielen Pfeifen zusammen gesetztes Instrument, welches die verlangte Töne vermittelst des künstlichen Windes hervor bringet, und am häufigsten, ja fast nur noch allein in den Kirchen gebraucht wird. Die Orgel spielen oder schlagen. Auf der Orgel spielen. Ingleichen der erhöhete Platz in den Kirchen, auf welchem sich die Orgel befindet. Auf die Orgel gehen. Auf der Orgel stehen. Figürlich, wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt, ist in der Geschützkunst die Orgel ein Geschütz, welches aus mehrern auf einem Blocke neben einander befestigten Flintenläufen bestehet, dessen man sich zuweilen noch auf dem Schiffen bedienet.

Anm. Das Wort stammet aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - her. Das unter diesem Nahmen bekannte musikalische Instrument ist alt, und kommt zuerst in Constantinopel vor, wo man sich desselben bey den gottesdienstlichen Musiken bediente. Pipin erhielt die erste Orgel, welche in der abendländischen Kirche bekannt wurde, als ein Geschenk von dem Kaiser Constantin. Kaiser Ludwig nahm 840 den Priester Gregor, welcher Orgeln nach Griechischer Art zu bauen versprach mit vielen Freuden auf. Indessen ist leicht einzusehen, daß die damahligen Orgeln von den heutigen gar sehr verschieden waren, ob sie gleich in den wesentlichen Stücken mit ihnen überein kamen, und aus mehrern Pfeifen bestanden, welche durch Blasebälge zum Tönen gebraucht wurden. ( S. des Du Fresne Gloss. v. Organum.) Ottfried gebraucht noch das Wort Organa, dessen Griechisches Original - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ehedem ein jedes musikalisches Instrument, und besonders eine Pfeife bedeutete. Psalterium est genus Organi, ein Slahta Orgin sanges, heißt es bey dem Notker. Übrigens heißt eine Orgel im Ital. gleichfalls Organo, und im Engl. Organ.


Orgelbau (W3) [Adelung]


Der Orgelbau, des -es, plur. car. der Bau einer Orgel; ingleichen die Kunst, eine Orgel zu bauen. Den Orgelbau verstehen.


Orgelbauer (W3) [Adelung]


Der Orgelbauer, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher die Kunst verstehet, Orgeln zu bauen und wirklich daraus sein Hauptgeschäft mache; im mittlern Lat. Organarius.


Orgelgeschütz (W3) [Adelung]


Das Orgelgeschütz, des -es, plur. die -e, eine Art Geschutz, wo auf Einem Gestelle viele Läufe neben und über einander liegen; wegen der Ähnlichkeit mit den Pfeifen einer Orgel.


Orgeln (W3) [Adelung]


Orgeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur in der niedrigen Sprechart üblich ist, die Orgel spielen, oder auf der Orgel spielen.


Orgelpfeife (W3) [Adelung]


Die Orgelpfeife, plur. die -n, eine Pfeife in der Orgel oder aus der Orgel.


Orgeltreter (W3) [Adelung]


Der Orgeltreter, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher die Blasebälge an der Orgel tritt; der Balgentreter, und mit einem Lateinischen Ausdrucke der Calcant.


Orgelwerk (W3) [Adelung]


Das Orgelwerk, des -es, plur. die -e, das Innere einer Orgel, die zusammen gesetzten Theile, deren Ganzes die Orgel ausmacht, und die Orgel selbst.


Orgelwolf (W3) [Adelung]


Der Orgelwolf, des -es, plur. die -wölfe, bey den Orgelbauern ein Fehler an der Orgel, wenn zwey überein stimmende Pfeifen zugleich gerühret werden, und zwischen sich einen dritten Dissonanz-Ton hören lassen.


Orient (W3) [Adelung]


Der Orient, (dreysylbig,) des -es, plur. car. aus dem Latein. Oriens, die Gegend zu bezeichnen, in welcher die Sonne aufgehet, Morgen, Osten; in welcher Bedeutung es doch wenig mehr gebraucht wird. Am häufigsten bezeichnet es den Europa gegen Morgen gelegenen Welttheil, dessen westlicher oder näher gegen Europa gelegener Theil unter dem Nahmen der Levante bekannt ist; die Morgenländer.


Orientalisch (W3) [Adelung]


Orientalisch, adj. et adv. aus dem Latein. orientalis; aus dem Oriente herkommend, in demselben gegründet; morgenländisch. Orientalische Edelsteine. Der orientalische Compagnie in Wien, welche nach der Türkey handelt. Die orientalischen Sprachen, in engerer Bedeutung, S. Morgenländisch.


Orientiren (W3) [Adelung]


Orientiren, verb. reg. act. aus dem Franz. orienter, ein nur in der Seefahrt und Erdmeßkunst übliches Wort. Einen Riß orientiren, dessen Theile in die gehörigen Weltgegenden bringen. Figürlich, einen deutlichen Begriff von einer Sache beybringen. Sich orientiren, sich die Lage, Beschaffenheit einer Sache deutlich machen.


Original (W3) [Adelung]


Das Original, des -es, plur. die -e, aus dem mittlern Lat. Originale. 1) Eigentlich das erste feyerliche ursprüngliche Werk; im Gegensatze der Copie. Ein Bild, welches nach dem Leben gemahlt oder von dem Künstler selbst erfunden worden, heißt das Original, zum Unterschiede von der Copie oder dem wieder nach und von diesem Bilde gemahlten Gemählde. In einem andern Verstande ist die gemahlte Person oder der abgemahlte natürliche Gegenstand das Original, da denn das Gemählde, wenn es gleich nach dem Leben und der Natur gemahlt ist, die Copie heißt. In beyden Fällen ist im Deutschen auch das Wort Vorbild, noch mehr aber Urbild üblich, dagegen Nachbild für Copie erst nach einem mehrern Beyfall erwartet. In Ansehung der Schriften, ist der erste feyerliche Aufsatz das Original oder die Urschrift, zuweilen auch die Urkunde, im Gegensatze der Copie oder Abschrift. Etwas im Originale haben. Das Original eines Briefes, eines Vertrages. Die Originale, oder nach dem Lat. Originalis, die Originalien aufweisen. 2) Figürlich nennt man auch ein außerordentliches Genie, eine Person, welche in ihrer Art Selbsterfinder ist, ein Original; da denn auch wohl in weiterer Bedeutung ein seltsamer Kopf, ein Sonderling, den Nahmen eines Originales, nähmlich der Thorheit, des Seltsamen, bekommt.


Orkan (W3) [Adelung]


Der Orkan, des -es, plur. die -e, ein heftiger reißender und gemeiniglich im Wirbel sich drehender Sturm, der heftigste und höchste Grad des Sturmes. Im Ital. Orcano, Orricano, im Franz. Origan, Ouragan, im Engl. Hurricane. Es ist ein ausländisches Wort, welches aus Amerika herstammen soll; vielleicht aus dem Antillen, wo vom Julius bis zum October gemeiniglich schreckliche Orkane wüthen. Indessen siehet man doch bald, daß es, so wie Nord, ein nach der Natur gebildetes Wort ist, und das Brausen des Sturmwindes ausdruckt.


Orlean (W3) [Adelung]


Der Orlean, (sprich Orleang,) plur. inus. die rothe Samenkörner des Orlean-Baumes, welche zu einem Trige gestoßen, und in der Färberey gebraucht werden, da sie denn eine schöne hohe gelbrothe Farbe geben, welche gleichfalls Orlean genannt wird. Der Orlean-Baum, Bixa Orellana L. wächset in dem wärmern Amerika, und träget eine stachelige Frucht. Die Farbe wird jetzt am häufigsten und besten aus Cayenna zu uns gebracht. Vielleicht erhielt man sie ehedem aus der Stadt Orleans in Frankreich, da sie denn den Nahmen von derselben bekommen haben würde, wenn anders derselbe nicht Amerikanischen Ursprunges ist.


Orlog (W3) [Adelung]


* Der Orlog, des -es, plur. die -e, ein altes jetzt nur noch im Niederdeutschen übliches Wort, welches ehedem sehr gangbar war, einen feyerlichen Krieg, im Gegensatze der kleinen Fehden zu bezeichnen. Es kommt nur noch zuweilen in dem Worte Oriogsschiff vor, welches einige Schriftsteller aus dem Holländischen und Niedersächsischen beybehalten, ein Kriegsschiff zu bezeichnen. Bey dem Stryker Vrleuge, bey andern alten Oberdeutschen Schriftstellern Urligung, Urling, im Niederdeutschen Oorlog, Örling, wo auch orlogen Krieg führen ist, Die Ableitungen, welche bis- her davon versucht worden, sind größten Theils seltsam. Im Angels. bedeutet Orleg und im Schwed. Örlig eine Schlacht, und wenn dieß, wie es scheinet, die erste eigentliche Bedeutung ist, so ist die letzte Hälfte, wie Ihre will, unstreitig das alte Lag, bey dem Ulphilas Laug, wofür wir jetzt mit dem Zischlaute Schlag und in der intensiven Form Schlacht sagen. Die erste Sylbe, welche Ihre von dem alten Or, Aur, ein Pfeil, ableitet, wird richtiger für die Vorsylbe -er oder -ur gehalten, so daß Orlog in der Bedeutung einer Schlacht oder eines Treffens mit unserm Zeitworte erlegen überein kommen würde.


Orseille (W3) [Adelung]


Die Orseille, (sprich Orselje,) plur. inus. aus dem Französischen Orseille, der Nahme einer Art Flechte, welche strauchförmig, dicht, und wenig ästig ist, aber keine Blätter hat; Lichen Roccella L. Sie wächst an den Felsen des Meeres auf den Canarischen Inseln und im Archipelagus, und gibt die bekannte Columbin-Farbe.


Ort (W3) [Adelung]


Der Ort, des -es, plur. die Orte und Örter, Diminut. das Örtchen, Oberd. Örtlein, ein Wort von vielfachen Bedeutungen, welche sich doch insgesammt aus einem gemeinschaftlichen Stammbegriffe herleiten lassen. 1. * Ein Theil eines Ganzen, ein abgebrochenes Stück, ein Stückchen; eine Bedeutung, welche sich nur noch in einigen Überresten erhalten hat. Im Engl. sind Orts Brocken, der übrig gebliebene Theil des Brotes, und in weiterer Bedeutung jeder Speise. Im Niedersächsischen ist Ort und Ortels dasjenige, was das Vieh von dem Futter übrig lässet und verwirft; Ortstroh, das von dem Viehe übrig gelassene Futterstroh, orten, örden, verorten, das Beste aus dem Futter und den Speisen aussuchen, und das Schlechtere verwahrlosen. Im Irländischen ist Ordo ein Überrest, ein übrig gebliebenes Stück, und im Norwegischen Or ein Bröckchen. Wenn es hier nicht zu der folgenden Bedeutung des Letzten gehöret, so stammet es vermuthlich von ären, arare, ab, so fern es ehedem überhaupt graben, zermalmen u. s. f. bedeutet hat, und wovon wir mit dem Zischlaute noch scheren, theilen, haben. Besonders scheinen hierher diejenigen Fälle zu gehören, wo Ort von Gewichte, einer Münze und einem Maße gebraucht wird, wo es gemeiniglich den vierten Theil eines größern bezeichnet, und, wenn man das v und q oder k als unwesentliche Vorlaute betrachtet, alsdann mit vier, vierte und quartus, verwandt ist. 1) Ein Gewicht, eine besonders in Niedersachsen und Dänemark übliche Bedeutung, wo der Ort oder im Diminut. das Örtchen, der vierte Theil eines Quentes ist; in welchem Verstande es im Hannöverischen und Brenrischen vorkommt. An andern Orten wird das Quent dafür in vier Pfennige getheilet. Der Plural hat hier beständig Orte, oder nach der Analogie anderer Wörter, welche eine Zahl, ein Maß, ein Gewicht u. s. f. bedeuten, nur Ort, wie es denn in dieser Bedeutung auch wohl im sächlichen Geschlechte gebraucht wird, das Ort. 2) Eine Münze, welche gemeiniglich auch der vierte Theil einer größern ist, und wo der Plural gleichfalls Orte oder Ort lautet, das Geschlecht aber auch oft sächlich ist, das Ort. (a) In vielen Gegenden Ober- und Nieder-Deutschlandes ist der Ort oder das Ort der vierte Theil eines Reichsthalers, daher eine Münze, welche 6 Gr. gilt, auch ein Ortsthaler oder ein Reichsort genannt wird. Es kostet drey Thaler und eine Ort. Im Cöllnischen hat ein Ort oder Ortsthaler 2 Schillinge, 5 Blaffects, oder 240 Häller; zwey Ort machen daselbst einen Herrengulden. b) Das Örtchen, im Diminut. ist in Ostfriesland der vierte Theil eines Stübers, welcher 2 1/2 Witten hält, so daß 216 Örtchen auf einen Reichsthaler gehen. In Schweden ist Örtig oder Örtug der dritte Theil eines Öres, oder acht Pfennige. Auch ins Dänischen hat man Orte, und im Pohln. ist Urt gleichfalls eine Münze. In dieser Bedeutung einer Münze leiten es die meisten Sprachforscher von der folgenden Bedeutung einer Ecke her, weil ein in vier Theile getheiltes Stück Ecken bekommt. Allein wenn man den ganzen Umfang dieser Bedeutung zusammen nimmt, so muß man den Stamm höher suchen, welcher denn vermuthlich kein anderer ist, als das schon gedachte ären, scheren, theilen. 3) Eines Maßes, welches gleichfalls gemeiniglich der vierte Theil eines größern ist; Plural Orte oder Ort. Es ist in diesem Verstande im Niederdeutschen am üblichsten. In Lübeck ist das Ort der vierte Theil eines Quartieres, und im Osnabrückischen der vierte Theil einer Kanne oder eines Maßes, welcher daselbst wiederum vier Helfchen hat. Auch in Schweden ist Ort ein Getreidemaß, deren 32 eine Kanne, 1792 aber eine Tonne machen. Im Salzwerke zu Halle ist Ort der vierte Theil einer Pfanne. In noch weiterer Bedeutung, aber mit andern Endlauten gehören auch Ohr, Öhr, Arche, Arke, Urne, Urceus, Arca, das Narto, ein Becken, in den Monseeischen Stoffen, und das alte Gothische Auralija, ein Grab, hierher, welche insgesammt in der Bedeutung eines hohlen Raumes mit dem vorigen überein kommen. Auch das Ort im folgenden, so fern es im Bergbaue einen Theil einer Grube bedeutet, lässet sich hierher rechnen. 2. Die Schärfe, Spitze, Ecke eines Dinges; eine mit der vorigen sehr genau verwandte Bedeutung, welche im gemeinen Leben Ober- und Nieder-Deutschlandes noch häufig genau vorkommt. 1) Überhaupt, eine jede Spitze, Schärfe oder Ecke eines Dinges; wo der Plural gemeiniglich Örter lautet. Seiner Zungen Ort, für Spitze, heißt es bey dem Jeroschin. Vierörtig kommt für viereckig noch im gemeinen Leben Ober-Deutschlandes vor, so wie scharfortig, einen scharfen oder spitzigen Winkel, stumpfortig, einen stumpfen Winkel, und rechtortig, einen rechten Winkel habend. Im Bergbaue werden die Spitzen an den Bergeisen Örter genannt. Die Orter ausschmieden, die abgenutzten Spitzen wieder spitz schmieden. Seines Swertes ort blikke, Stryker, die Blicke von der Schärfe seines Schwertes. Im Nieders. ist der Ort, wie im Angels. Ord, eine jede Ecke, ein jeder Winkel. Um den Ort gehen, um die Ecke gehen. Daher Orthaus daselbst ein Eckhaus, Ortstein einen Eckstein bedeutet. Auch eine Landspitze an der Mündung zweyer in einander fließender Flüsse, oder an der See, ist unter dem Nahmen eines Ortes bekannt, daher sich manche eigenthümliche Nahmen auf dieses Wort endigen; z. B. Daggerort, Leerort u. s. f. Ein kleiner übrig bleibender Platz in einem Garten, in einem Acker, heißt im Nieders. ein Örtken, gleichsam ein Eckchen, ein Winkelchen. In den Monseeischen Glossen ist Ozth gleichfalls ein Winkel. Ähre Arista, Ärker, Horn, Hort, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und hundert andere sind gleichfalls damit verwandt, indem der Begriff der Hervorragung, der Schärfe, der Spitze, in allen der herrschende ist. S. diese Wörter. In einer alten Bibelübersetzung von 1477 werden die Hörner oder Ecken des Altars Örter genannt. 2) Ein mit einer scharfen Spitze begabtes Ding; wo der Plural gemeiniglich Orte hat. Besonders pflegen die Schuster ihre Ahle Orte zu nennen. 3. * Das Erste und Letzte an einem Dinge, der Anfang und das Ende in Ansehung der Ausdehnung; eine noch im gemeinen Leben hin und wieder übliche Bedeutung, welche eine Figur der vorigen ist, in der anständigen Schreib- und Sprechart der Hochdeutschen aber, einige Zusammensetzungen ausgenommen, nicht mehr vorkommt. Des Lebens Ort, des Lebens Ende, Jeroschin. Bis zu Tages Ort, bis zum Anbruche des Tages. Narrenschiff. Er sagt es ihm von Ort, er erzählet es ihm von Anfange, in einem alten Gedichte bey dem Eckard, nach dem Frisch. Bey dem Notker ist Ortfruma, und bey dem Hornegk Orthab, der Urheber, Anfänger eines Dinges, im Angels. Ort der Ursprung, Anfang, und im Schwed. Ort das Ende. Wer stehet nicht, daß in Ansehung des Anfanges unser er, erst, ur und Ur, das Lat. oriri, ordiri, Ortus, Origo, und in Ansehung des Letzten, des Endes, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Ende, das Lat Ora, in der Monseeischen Glosse Ort, der Rand, und mit dem Bauch unser Bord und Bort dahin gehören? Tewrdank der Held - trat an des Paumbs Ort, Theuerd. Kap. 28. Was ist doch unser Leben, Die wir ohn End und Ort in Furcht und Troste schweben? Opitz, wo End und Ort weiter nichts als Ende zu bedeuten scheinen. Im gemeinen Leben sagt man noch, eine Sache am rechten Orte angreifen, am rechten Ende. Im Nieders. ist es in dieser Bedeutung des Endes noch völlig gangbar. S. Ortband, Ortbret und andere der folgenden Zusammensetzungen. Vermuthlich gehöret hierher auch die im Bergbaue übliche Bedeutung, wo es das Ende eines jeden horizontal getriebenen Berggebäudes, ferner die Stelle in einer Berggrube bedeutet, wo der Bergmann arbeitet, und hernach in weiterer Bedeutung eine jede kurze horizontale Aushöhlung; wenn es hier nicht vielmehr zur ersten Bedeutung eines Theiles, eines kurzen Stückes, eines Endes, zu rechnen ist. Der Plural hat hier beständig Örter. Alle horizontale und in die Quere gehende Wege und Öffnungen, welche zum Theil auch Querschläge genannt werden, heißen daselbst Örter, Suchörter, deren Absicht bloß das Nachsuchen ist, Feidörter, welche in keine große Tiefe getrieben werden, Füllörter, wo die Tonnen gefüllet werden, u. s. f. Örter anstellen oder treiben, solche horizontale Öffnungen machen. Vor Ort kommen, an das Ende eines horizontalen Berggebäudes. Der Bergmann arbeitet vor Ort, wenn er seine Arbeit am Ende der Grube auf dem Gesteine hat. Im Schwed. lautet es in dieser Bedeutung gleichfalls Ort. 4. Derjenige Raum, welchen ein Körper einnimmt oder doch einnehmen kann, ein bestimmter Theil des Raumes; eine gleichfalls mit den vorigen genau verbundene Bedeutung, entweder, so fern das Ende des Raumes, dessen Gränze, figürlich für den Raum stehet, in welchem Verstande auch Gränze und das Latein. "finis" üblich sind, eder auch, so fern Ort, dem dritten besondern Falle der ersten Bedeutung zu Folge, einen hohlen, vertieften Raum, und hernach figürlich einen jeden bestimmten Raum bedeutet, auf welche Art auch das Latein. Locus eine Figur von Loch ist. 1) Überhaupt, der Raum oder Theil des Raumes, - welchen ein Ding einnimmt oder doch einnehmen kann, und in weiterer Bedeutung auch ein Theil eines Dinges in Ansehung des Raumes, so fern sich ein Ding oder auch nur ein Umstand daselbst befindet oder befinden kann. Der Plural hat hier im gemeinen Leben zwar häufig Örter, in der anständigern Schreib- und Sprechart, nach dem Muster der Oberdeutschen, aber alle Mahl Orte. In der Methaphysik nennt man denjenigen Raum, welchen ein Körper wirklich einnimmt, den absoluten Ort, den Theil des Raumes aber, welchen er in Ansehung anderer Körper einnimmt, sein Verhältniß gegen die neben ihm befindlichen Dinge, die Stelle, den relativen Ort. Im gemeinen Leben begreift man beyde unter dem Nahmen des Ortes schlechthin. Es lag an diesem Orte. Lege es an jenen Ort. Ein jedes Ding an seinem Orte. Ich habe es an allen Orten gesucht; in allen Theilen des Raumes, wo es sich nur befinden konnte. Ein bequemer Ort. An welchem Orte? wo? Etwas an dem rechten Orte suchen. An unzähligen Orten. Jemanden Zeit und Ort bestimmen. Eine Pflicht aller Zeiten und Örter; besser Orte. Sich einen Ort merken. Das lasse ich an seinen Ort gestellet seyn, das lasse ich unentschieden. Das Feuer brach an vier Orten aus. Die Stadt wurde an drey Orten zugleich angegriffen. Geistige Substanzen sind undurchdringbar und nehmen keinen Ort ein. Das stehet hier am unrechten Orte. Aller Orten, für an allen Orten. Die Luft - Schleicht Bösen aller Orten nach, Haged. Raum, Ort, Stelle und Platz kommen in gewissen Fällen mit einander überein, gehen aber auch in vielen Stücken von einander ab, ( S. diese Wörter.) Hier bemerke ich nur, daß Ort einen in seinen Gränzen eingeschlossenen obgleich unbestimmten Raum bezeichnet, welches aus der Abstammung dieses Wortes erhellet, da es eigentlich das Letzte, Äußerste, die Gränze des Dinges andeutet. Der Ort, wo ein Ding stehet oder lieget, kann zwar auch Ort heißen, wird aber doch in manchen Fällen lieber die Stelle und Stätte genannt, ( S. diese Wörter.) Daher ist in den Stellen, er wäget ein Land, aus seinem Ort, Hiob 9, 6, und, sein Ort kennet ihn nicht mehr, Kap. 7, 10, freylich das Wort Stelle, welches Michaelis dafür setzet, schicklicher. 2) In einigen engern Bedeutungen. (a) In der höhern Geometrie ist der Ort, im Plural die Orte, diejenige Linie, durch welche eine unbestimmte Aufgabe geometrisch aufgelöset wird; Locus geometricus. Der Ort an einer geraden Linie, oder ein einfacher Ort, wenn es eine gerade Linie ist. Der Ort an einem Zirkel, oder ein ebener Ort, Locus planus, wenn es eine Zirkellinie ist. Der Ort an der Parabel, Hyperbel u. s. f. oder ein körperlicher Ort Locus solidus, wenn es eine Parabel, Hyperbel u. s. f. ist. (b) Bey den Markscheidern ist der Ort oder die Ortung ein jeder Punct in der Grube, so fern derselbe durch eine perpendiculäre Linie am Tage, d. i. auf der Oberfläche der Erde, angegeben wird, wo es auch wohl im sächlichen Geschlechte gebraucht wird. Ein Ort, oder einen Ort, eine Ortung an Tag bringen, auf der Oberfläche der Erde verzeichnen. ( S. Ortpfahl und Ortung) (c) Derjenige Raum in einer Schrift, in welchem sich ein Satz, eine Rede, ein Ausspruch u. s. f. befindet; im Plural die Orte. Das ist schon an einem andern Orte gesagt worden. Davon wird an seinem Orte geredet werden. Dieses Wort kommt an mehrern Orten vor. Der Satz, die Rede, der Ausspruch selbst heißt die Stelle. (d) Die Himmelsgegend; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Die vier Winde aus den vier Örtern des Himmels, Jerem. 49, 36. Die vier Örter des Erdreichs, Es. 11, 12; wo es auch Enden oder Ecken bedeuten kann. (e) * Ein Theil der Erdfläche, ein in seine Gränzen eingeschlossener Theil der Oberfläche der Erde, ein Bezirk; im Plural die Örter und im Oberdeutschen die Orte. In den Orten der Wüste wohnen, Jerem. 9, 26. Im Hochdeutschen ist auch diese Bedeutung unbekannt, im Oberdeutschen aber kommt sie mehrmahls vor. So werden die Cantons der Schweizer daselbst nur Orte, oder Ortschaften genannt. Das gleichbedeutende Canton stammet auf ähnliche Art von Kante, Ecke, ab, wie Ort von Ort, Ecke. Die Fränkische Reichsritterschaft wird in sechs Orte oder Örter, d. i. Kreise, getheilet, welche Odenwald, Gedürg, Röhn und Werra, Steyerwald, Altmühl und Buchau heißen. Die Schwäbische Ritterschaft bestehet aus fünf Orten. (f) In engerer Bedeutung, ein von Menschen bewohnter Theil der Erdfläche; wo es ein allgemeiner Ausdruck ist, welcher Städte, Schlösser, Flecken, und Dörfer unter sich begreift. Der Plural hat hier im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart Örter, im Oberdeutschen und der anständigern Schreibart aber Orte. An meinem Orte, in der Stadt, dem Flecken, dem Dorfe, woher ich gebürtig bin, wo ich wohne. Ein fester Ort. Einen Ort mit Sturm erobern. An vielen Orten hält man es anders. Berlin ist sein Geburtsort, Wohnort, der Ort seines Aufenthaltes. An einigen Orten in Franken. Durch einen Ort reisen. Ein offener Ort. Dieß Orts, an diesem Orte, hiesigen Orts, an hiesigem Orte, hiesiger Orten, an oder in hiesigen Orten, was Orten, für wo, sind den Oberdeutschen am geläufigsten. (g) In noch engerer Bedeutung, ein kleinerer von Menschen besuchter Raum, auf eine ganz unbestimmte Art, ob es ein Gebäude, ein Haus, ein Zimmer u. s. f. ist. Im Plural gleichfalls im gemeinen Leben Örter, und in der anständigern Sprechart Orte. An öffentlichen Orten, Less. Verdächtige Örter oder Orte besuchen, verdächtige Häuser. Etwas an öffentlichen Orten aufschlagen. (b) Figürlich, die Person oder Personen selbst, doch nur in einigen Arten des Ausdruckes; im Plural die Orte. Etwas gehörigen Ortes, oder am gehörigen Orte melden, es der gehörigen Person melden. Es ist höhern Orts befohlen worden, im Oberdeutschen, von höherm Orte, d. i. von einer höhern Person. Etwas von hohen Orten, oder hohen Orts, her haben. Ich meines Orts, was mich betrifft. Er seines Orts, was ihn betrifft. Wir unsers wenigen Orts, was unsere geringe Person betrifft. Anm. In dieser ganzen vierten Bedeutung schon bey dem Ottfried Ort, im Schwed. Ort. Die Abstammung ist schon oben bemerkt worden. Außer den daselbst bemerkten Verwandten gehören auch noch hier, dort (gleichsam da - ort) und wärts zu dem Geschlechte dieses Wortes. Einige Mundarten sprechen das o in diesem Worte gedehnt aus, als wenn es Ohrt geschrieben würde. Im Hochdeutschen lautet es geschärft, wie es die Regel erfordert.

Anm. 2. Im Oberdeutschen ist dieses Wort häufig, obgleich nicht durchgängig, sächlichen Geschlechtes, welches Geschlecht auch wohl, doch nur in einigen oben bemerkten einzelnen Fällen im Hochdeutschen vorkommt; das Ort. Das Ort der Herrlichkeit, Opitz. Im Theuerdanke kommen in einer und eben derselben Bedeutung bald der Ort bald auch das Ort vor.

Anm. 3. So wie man von Locus im Latein. so wohl loci als loca sagt, so ist im Plural von diesem Worte auch Örter und Orte üblich. Die Fälle, wo sie gebraucht werden, sind schon bey jeder Bedeutung angeführet. Im Ganzen erhellet daraus, daß, so wie in andern ähnlichen Fällen, Örter mehr Niederdeutsch und gemein, Orte aber mehr Oberdeutsch, edel und anständig ist. Daher ist in denjenigen Fällen, wo Ort nur noch im gemeinen Leben gebraucht wird, auch nur allein der Plural Örter üblich. Sollte das Wort in diesen Bedeutungen einmahl in die edlere Schreibart aufgenommen werden, so müßte es im Plural gleichfalls Orte haben. Verschiedene Sprachforscher, und unter andern auch Stosch, haben behauptet, der Plural laute Orte, wenn das Wort ganz unbestimmt gebraucht werde, niemand kann an allen Orten seyn, ich bin aller Orten herum gelaufen; aber Örter, wenn es mit mehr Bestimmung gebraucht werde, und entweder das bestimmte Geschlechtswort, oder ein anzeigendes Fürwort vor sich habe; die Örter, wo wir vormahls so vergnügt waren. Allein aus dem vorigen und den daselbst angeführten Beyspielen erhellet, daß sich der Gebrauch an diese Bestimmung nicht bindet, welche auch in der Sache selbst keinen möglichen Grund hat. Der Plural auf -er scheinet aus derjenigen Mundart herzustammen, welche dieses Wort im sächlichen Geschlechte gebraucht, da doch einmahl die meisten Plurales auf -er sächlichen Geschlechtes sind. Da nun dieses Geschlecht im Hochdeutschen nicht üblich ist, so könnte man den Plural Örter füglich ganz entbehren. In dem 15ten Bande der Berliner allgemeinen Deutschen Bibliothek, machte ein Recen- sent zu der jetzt angeführten Bestimmung des Stosch folgende Anmerkung: "Das Worte Orte, als die mehrere Zahl von Ort, möchten wir nicht gern annehmen, sondern lieber sagen, daß Orten (denn bloß mit dieser Endung kommt es vor) adverbialiter gebraucht werde; z. B. aller Orten, welches auch richtiger ist, als an allen Orten." Hier sind so viele Fehler als Sätze, deren Unrichtigkeit einem jeden aus dem vorigen einleuchten wird.


Ortband (W3) [Adelung]


Das Ortband, des -es, plur. die -bänder, das hohle Blech unter an der Spitze einer Degenscheide; im gemeinen Leben das Ohrband, da es doch von Ort, das Ende eines Dinges, zusammen gesetzt ist, Nieders. Oortband, Ortisere. ( S. Ort 3.) Schon im Schwabenspiegel kommt das Ortbant an den Schwertern vor, wo es Kap. 386, von Kamphe, Vers. 14. heißt: Orbant sulent sie non den suuertschaiden abbrechen, si haben sin denn urlop von dem Rihter.


Ortbeschreibung (W3) [Adelung]


Die Ortbeschreibung, plur. die -en, die Beschreibung der Orte, d. i. der von Menschen bewohnten Plätze auf der Erdfläche, der Städte, Schlösser, Flecken und Dörfer; mit einem Griechischen Kunstworte die Topographie.


Ortbret (W3) [Adelung]


Das Ortbret, des -es, plur. die -er, im gemeinen Leben, das Bret am Ende eines Dinges, das äußerste Bret, das Seitenbret. Das ein jegliches der bey den sich mit seinem Ortbret von unten auf geselle, 2 Mos. 26, 24; Kap. 36, 29. Die Seitenbreter eines Bettgestelles werden noch jetzt Ortbreter genannt. S. Ort 3.


Ortengesell (W3) [Adelung]


Der Ortengesell, des -en, plur. die -en, bey einigen Handwerkern, z. B. bey den Gürtlern, der Altgesell, weil sein Amt unter andern auch darin bestehet, den ankommenden Gesellen den Willkommen zu reichen und sie zu bewirthen. Orte, Örte, Irte und Ürte ist ein altes noch hin und wieder im gemeinen Leben übliches Wort, welches die Zeche, d. i. den Antheil eines jeden an einem gemeinschaftlichen Schmause, und diesen Schmaus und dessen Kosten selbst bedeutet. Eine Örte Bier, eine Zeche Bier. Die Örte bezahlen, die Zeche. Die Abstammung ist dunkel. Es kann von Ort, ein Theil, herkommen, so fern es eigentlich den Theil eines jeden an den Kosten eines gemeinschaftlichen Schmauses bedeutet; oder von ären, dem Stammwort von Ort, zermalmen, essen, da es denn eine jede Handlung des Essens, eine Mahlzeit, einen Schmaus bedeuten würde; oder auch von Ort, so fern es eine Spitze, eine Linie, bezeichnet, da es denn eigentlich den Strich mit Kreide an der Tafel der Zechenden bezeichnen würde. S. Wirth und Irte.


Örtern (W3) [Adelung]


Örtern, verb. reg. act. ein nur bey den Tischlern, Kammmachern u. s. f. übliches Wort, die Örter, d. i. Enden, oder Stammenden der Breter und des Holzes, absägen; im gemeinen Leben ertern. Daher die Örterbank, eine längliche Bank, auf welcher es geschiehet, und auf welcher überhaupt die Breter zugeschnitten werden; die Örtersäge, eine grobe Handsäge, womit solches geschiehet. Die Kammmacher örtern das Horn, wenn sie es viereckt sägen, welches gleichfalls durch Absägung der Örter, d. i. der Enden, geschiehet. Ehedem bedeutete örtern auch zu Ende bringen, endigen, entscheiden, wovon noch unser erörtern übrig ist, S. dasselbe.


Örterzwitter (W3) [Adelung]


Der Örterzwitter, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. ling. im Bergbaue einiger Gegenden, Zwitter, welcher auf den Stollen vor Ort gewonnen worden, S. Ort 3.


Ortfäustel (W3) [Adelung]


Der Ortfäustel, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, ein Fäustel, welchen der Bergmann gebraucht, wenn er vor Ort arbeitet, S. Ort 3.


Ortgroschen (W3) [Adelung]


Der Ortgroschen, des -s, plur. ut nom. sing. ein in einigen Gegenden üblicher Nahme einer Münze, welche der vierte Theil eines Groschens, oder ein Dreyer ist. Im Meklenburgischen hat man Ortgroschen, welche der vierte Theil eines großen Groschens sind, und 4 1/2 Pfennig gelten. S. Ort 1. 2).


Orthäuer (W3) [Adelung]


Der Orthäuer, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, ein Bergmann, welcher vor Ort arbeitet, d. i. dessen Beschäftigung es ist, das Erz in den Gruben mit Schlägel und Eisen zu gewinnen; zum Unterschiede von denjenigen Bergleuten, welche andere Arbeiten verrichten. S. Ort 3.


Orthaus (W3) [Adelung]


Das Orthaus, des -es, plur. die -häuser, eine nur im Niedersächsischen übliche Benennung eines Eckhauses; von Ort, Ecke, S. Ort 2.


Orthodox (W3) [Adelung]


Orthodox, S. Rechtgläubig.


Örtlich (W3) [Adelung]


Örtlich, adj. et adv. welches von einigen Neuern eingeführet worden, das Latein. localis auszudrucken. 1) Einen Ort habend, einnehmend. Die Engel sind nicht ganz ohne oder außer allem Orte, ob sie gleich keinen Ort einnehmen und ausfüllen; sie haben also eine örtliche aber keine räumliche Gegenwart, welche letztere das Daseyn anderer Körper ausschließt. Gott ist keiner örtlichen Gegenwart und Einschränkung fähig. 2) Einem besondern Orte gemäß, in demselben gegründet; nach dem Franz. local. Die örtliche Schönheit, welche nur in einem Lande, in einem Orte bewundert, in andern aber verachtet wird. In welcher Bedeutung es doch um der Zweydeutigkeit willen am wenigsten anzurathen ist.


Ortolan (W3) [Adelung]


Der Ortolan, des -es, plur. die -e, aus dem Ital. Ortolano, der Wälsche Nahme einer in der Lombardey befindlichen sehr lockern Art Ammern oder Ämmerlinge, welche im Deutschen Fettammern genannt werden; Emberiza Hortulanus L. Siehe Fettammer.


Ortpäuschel (W3) [Adelung]


Der Ortpäuschel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bergleuten, ein eiserner schwerer Fäustel, das gröbere und festere Gestein damit vor Ort zu gewinnen, S. Ort 3. und Päuschel.


Ortpfahl (W3) [Adelung]


Der Ortpfahl, des -es, plur. die -pfähle, bey den Markscheidern, ein Pfahl, womit ein in der Grube befindlicher Ort auf der Oberfläche der Erde bezeichnet wird; der Ortpflock, wenn es nur ein Pflock ist.


Ortschaft (W3) [Adelung]


Die Ortschaft, plur. die -en, ein von Menschen bewohnter Ort, ohne zu bestimmen, ob es ein Weiler, Dorf, Flecken oder Stadt ist. Am häufigsten pflegt man Dörfer, Weiler und einzelne benannte Gebäude mit diesem allgemeinen Nahmen zu belegen.


Ortscheit (W3) [Adelung]


Das Ortscheit, des -es, plur. die -e, das jenige bewegliche Stück Holz, woran ein Pferd mit den Strängen vor einem Wagen gespannet wird; von Ort, das Ende, weil sich an jedem Ende der Wage eines befindet. In Niedersachsen heißt es der Schwängel, im Österreich das Drittel, der Vorschlag, im Hohenlohischen das Wagscheit, in der Wetterau das Stillscheit. S. Ort 3.


Ortschick (W3) [Adelung]


Das Ortschick, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, eine Kluft, welche nach einem spitzigen Winkel über einen Gang streichet, und ihn in Gestalt eines Andreas-Kreuzes, durchschneidet; zum Unterschiede von Kreuzkluft oder Querkluft, welche ihn nach einem rechten Winkel durchschneidet. Von Ort, die Spitze, und Schick für Geschick, eine zur Erzeugung der Erze dienliche Steinart. S. Ort 2, Geschick 4. Daher ortschickig, adj. et adv. Ortschicke habend, enthaltend.


Ortschief (W3) [Adelung]


Ortschief, adj. et adv. welches nur im gemeinen Leben üblich ist, eine schiefe, d. i. verschobene Ecke, einen schiefen Winkel habend, schiefwinkelig, im Gegensatze des rechtwinkelig. So heißt ein Rhombus im gemeinen Leben eine ortschiefe Figur.


Ortsgulden (W3) [Adelung]


Der Ortsgulden, des -s, plur. ut nom. sing. der viert Theil eines Guldens, d. i. vier Groschen, und eine Münze, welche vier Groschen gilt, ein Viergroschenstück. Von Ort, der vierte Theil eines Ganzen, ( S. Ort 1. 2). Ortsgülden, wie dieses Wort auch geschrieben und gesprochen wird, würde der vierte Theil eines Güldens, folglich 5 Gr. 3 Pf. seyn.


Ortspuhle (W3) [Adelung]


Die Ortspuhle, plur. die -n, im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, diejenigen Federspuhlen, welche sich am Orte, d. i. am Ende, des Gänseflügels befinden, und die kleinsten, aber auch die härtesten sind, zum Unterschiede von den Schlagspuhlen, welches die größten sind.


Ortstein (W3) [Adelung]


Der Ortstein, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben einiger Gegenden. 1) Der Eckstein; von Ort 2, Ecke. So werden die Ecksteine der Häuser und Gebäude in Niedersachsen Ortsteine genannt. Schon Notker nennet einen solchen Stein Ortstein. Auch ein Gränzstein, welcher in einen Winkel oder in eine Ecke der Markung gesetzt wird, ein Hauptstein, Eckstein, heißt in manchen Gegenden ein Ortstein. 2) Auch ein fester eisenschüssiger Sandstein, welcher nahe unter der Dammerde lieget, ist unter dem Nahmen des Ortsteines bekannt, entweder von Ort, der Anfan, weil er sich gleich unter der Dammerde befindet, oder auch, weil man die Ortsteine in der vorigen Bedeutung daraus zu verfertigen pflegt.


Ortsthaler (W3) [Adelung]


Der Ortsthaler, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z. B. am Nieder-Rheine, der vierte Theil eines Thalers, d. i. 6 Groschen, welcher auch nur ein Ort schlechthin genannt wird. Ingleichen eine Münze, welche 6 Groschen gilt. Verstehet man unter Thaler einen Species-Thaler, so ist der Ortsthaler 8 Groschen oder ein halber Gulden. Siehe Ort 1. 2).


Ortung (W3) [Adelung]


Die Ortung, plur. die -en, von Ort, und der Endsylbe -ung oder -ing; ein nur im Bergbaue übliches Wort, einen Ort, d. i. einen Winkel, eine Ecke eines Berggebäudes in der Grube zu bezeichnen. Die Ortung an Tag oder zu Tage ausbringen, eine Wendung, einen Winkel der Grube auf der Oberfläche der Erde andeuten.


Ortziegel (W3) [Adelung]


Der Ortziegel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Eckziegel, ein Ziegel, welcher sich an dem Orte, an der Ecke eines Daches, befindet; in einigen Gegenden ein Preisziegel.


Ösche (W3) [Adelung]


Die Ösche, im Oberdeutschen eine Flur, S. 3 Esche.


Öse (W3) [Adelung]


Die Öse, S. Öhr.


Ößel (W3) [Adelung]


Das Ößel, S. Nößel.


Ost (W3) [Adelung]


Der Ost, des -es, plur. inus. 1) Diejenige Himmelsgegend, wo die Sonne aufgehet oder doch aufzugehen scheinet, Morgen; wofür doch das folgende Nebenwort osten üblicher ist. Zuweilen wird es auch für das folgende osten ohne Artikel gebraucht. Die Gewitter aus Ost sind oft gefährlich. 2) Ein aus dieser Gegend kommender Wind, besonders in der höhern Schreibart, für Ostwind.

Anm. Im Nieders. Oost, im Angels. East, im Engl. East, im Pohlnischen Wichod. Der gemeinen Sage nach rühret dieses Wort, so wie die übrigen Nahmen der Himmelsgegenden, von Carln dem Großen her. Ohne Zweifel hat er dieselben nicht so wohl erfunden, als nur feyerlich bestätiget, weil alle diese Wörter das Gepräge eines sehr hohen Alterthumes an sich haben. Wachter ließ es von dem Gothischen ustandan, aufstehen, aufgehen, abstammen; allein die Zusammenziehung würde alsdann zu ungewöhnlich seyn. Über dieß kommt dieses Wort von dem Aufgehen der Sonne im Gothischen nicht vor, wo diese Himmelsgegend Vrruns heißt. Frisch findet dagegen viele Ähnlichkeit zwischen diesem Worte und dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, die Morgenröthe, und Ihre mit - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Morgen. Da indessen die übrigen Nahmen der Himmelsgegenden die Eigenschaften der daher kommenden Winde ausdrucken, wie Nord das Brausende und Stürmische, West das sanft Wehende, und Süd das Heiße dieser Winde, so kann auch Oft die scharfe, beißende Eigenschaft des Ostwindes bezeichnen, alsdann zu heiß, so fern es überhaupt scharf bedeutet, zu Aestus u. s. f. gehören. S. Ostern.


Osten (W3) [Adelung]


Osten, ein Nebenwort, welches nur mit einigen Vorwörtern gebraucht wird, den Ost, d. i. die Himmelsgegend, wo die Sonne aufgehet, zu bezeichnen. Der Wind kommt aus osten oder Osten. Gegen Osten reisen oder segeln. Gegen Osten wohnen, gegen Morgen. Notker gebraucht es auch im sächlichen Geschlechte als ein Hauptwort, daz Osten, und noch jetzt kommt es, wiewohl selten und im männlichen Geschlechte für das Hauptwort Ost von der Himmelsgegend vor. Niemahls müsse das Licht den wolkichten (wolkigen) Osten bepurpern, Zachar.

Anm. Schon als ein Nebenwort bey dem Ottfried Ostana. Es ist aus Ost und der adverbischen Endung -en zusammen gesetzt, wie Norden, Westen und Süden, von Nord, West und Süd. Als ein Nebenwort könnte es mit einem kleinen Buchstaben geschrieben werden; allein der große ist in allen diesen Wörtern einmahl hergebracht, vermuthlich weil man sie für Arten eigenthümlicher Nahmen, oder auch für Hauptwörter gehalten, in welcher Gestalt sie auch wirklich vorkommen. So wie man von außen, hinten, oben, unten, und andern Nebenwörtern auf -en. Beywörter auf -er hat, äußer, hinter, ober, unter u. s. f. so hatte man von dem Nebenworte osten auch ehedem das Beywort oster, morgenländisch. Oostar rich, das morgenländische Reich, im Isidor. Osterfürst, Osterherr, Osterheer, Osterland, Osterling bedeuteten daher ehedem einen morgenländischen Fürsten oder Herren, ein morgenländisches Heer, ein gegen Morgen gelegenes Land, ein gegen Morgen wohnendes Volk. Doch dieses Beywort ist außer dem eigenthümlichen Nahmen Österreich nunmehr veraltet. ( S. auch Ostern.) In den folgenden Zusammensetzungen stehet Oster für Ostern.


Öster (W3) [Adelung]


Die Öster, S. Auster.


Osterabend (W3) [Adelung]


Der Osterabend, des -es, plur. die -e, der Abend vor dem Osterfeste, vor Ostern.


Osterdinstag (W3) [Adelung]


Der Osterdinstag, des -es, plur. die -e, der Dinstag in dem Osterfeste, der dritte Osterfeyertag.


Osterey (W3) [Adelung]


Das Osterey, des -es, plur. die -er, im gemeinen Leben, bunt gefärbte Eyer, womit man sich noch jetzt auf dem Lande nach einem alten Gebrauche am Osterfeste zu beschenken pfleget. Im Nieders. Paskey, von Pasken, Ostern. Der Gebrauch rühret aus der Römischen Kirche her, da man am Osterabende nach geendigter Fasten, und nunmehr wieder vorhandenen Freyheit. Eyer und andere Fleischspeisen zu essen, ganze Körbe voll solcher bunt gemahlten Eyer weihen lässet, und die Mahlzeiten die ganze Osterwoche über damit ausschmücket. In Siebenbürgen werden solche Eyer Mengelahr, Mengeleyer, d. i. Eyer genannt, von dem aus mahlen verderbten mengeln.


Osterfest (W3) [Adelung]


Das Osterfest, des -es, plur. die -e, Ostern als ein Fest betrachtet, ein hohes Fest, welches in der Jüdischen Kirche zum Andenken des Ausganges aus Ägypten und der dabey vom Würgengel geschehenen Verschonung der Jüdischen Erstgeburten, ( S. Pascha,) in der christlichen Kirche aber zum Andenken der Auferstehung Christi gefeyert, und im gemeinen Leben nur Ostern genannt wird, S. dieses Wort.


Osterfeuer (W3) [Adelung]


Das Osterfeuer, des -s, plur. ut nom. sing. Freudenfeuer, welche man ehedem am Osterfeste oder am Osterabende anzuzünden pflegte, und welche noch an einigen Orten auf dem Lande üblich sind, und einigen zu Folge noch aus den Zeiten des Heidenthumes herstammen sollen. ( S. Ostern.) In der Römischen Kirche wird am Ostersonntage schon von alten Zeiten her alles alte Feuer ausgelöschet, und neues, welches man in den Kirchen von geweihten Lampen oder Kerzen bekam, angezündet, welches im mittlern Lateine gleichfalls Ignis paschalis hieß, und nach einem Briefe des Papstes Zacharias an den Erzbischof Bonifacius zu Mainz aus den ersten Zeiten der christlichen Kirche herrühren soll.


Osterfeyertag (W3) [Adelung]


Der Osterfeyertag, des -es, plur. die -e, einer von den drey Feyertagen, woraus das Osterfest bestehet.


Osterfladen; (W3) [Adelung]


Der Osterfladen; des -s, plur. ut nom. sing. Fladen, d. i. breite dünne Kuchen, welche noch am Osterfeste gebacken werden, und das Andenken des angesäuerten Brotes, welches in der alten Jüdischen Kirche an diesem Feste genossen werden mußte, erhält; der Osterkuchen. In Niedersachsen bäckt man um Ostern eine Art runder Fladen mit einem aufgebogenen Rande, welche oben mit einem Teige von Mohnsamen bedeckt werden und daselbst Ostermahne heißen, von Mahn, Mohn.


Osterkerze (W3) [Adelung]


Die Osterkerze, plur. die -n, in einigen Gegenden ein Nahme der Königskerze oder des Wollkrautes, Verbascum Thapsus L. vielleicht, weil es um Ostern blühet. S. Königskerze.


Osterkuchen (W3) [Adelung]


Der Osterkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Osterfladen.


Osterlamm (W3) [Adelung]


Das Osterlamm, des -es, plur. die -lämmer, dasjenige Lamm, welches die ehemahligen Juden an ihrem Osterfeste mit gewissen besondern Feyerlichkeiten zu essen pflegten. Bey dem Notker Ostcirfriskin, S. Frischling.


Österlich (W3) [Adelung]


Österlich, adj. et adv. was um Ostern ist oder geschiehet. Die österliche Zeit, die Zeit um Ostern. Die österliche Beicht, in der Römischen Kirche, da jeder wenigstens Ein Mahl des Jahres um Ostern zu beichten verbunden ist. Der osterliche tac, der Ostertag, Heinrich von Morunge.


Osterlilie (W3) [Adelung]


Die Osterlilie, plur. die -n, ein Nahme, welchen in einigen Gegenden die gelbe oder unechte Narzisse führet, weil sie um Ostern blühet; Narcissus Pseudo-Narcissus L.


Osterluzey (W3) [Adelung]


Die Osterluzey, plur. inus. eine Pflanze, welche in Österreich, Frankreich und der Tartarey wächset, und deren Wurzel einen starken widrigen Geruch, nebst einem scharfen bittern Geschmack hat, und Brechen erreget; Aristolochia Clematis L. Hohlwurz, Herzwurz, in Schwaben Fobwurz. Einige andere Arten sind in Amerika und dem wärmern Europa einheimisch. Der Deutsche Nahme ist, wie schon Frisch anmerket, so wie der Engl. Olsterloit, aus dem Griech. Aristolochia verderbt, welchen diese Pflanze, nach dem Dioskorides, um deßwillen erhalten hat, weil sie den Gebärenden sehr heilsam seyn soll.


Ostermesse (W3) [Adelung]


Die Ostermesse, plur. die -n, eine Messe, d. i. großer Jahrmarkt, welcher um Ostern gehalten wird. Der Ostermarkt, des -es, plur. die -märkte, ein Jahrmarkt, welcher um diese Zeit fällt.


Ostermonath (W3) [Adelung]


Der Ostermonath, des -es, plur. die -e, der Deutsche Nahme des Aprilles, weil das Osterfest gemeiniglich in denselben zu fallen pflegt, welcher Nahme, der bey dem Raban Maurus Ostarmanoth lautet, von Carln dem Großen herrühret. S. Aprill.


Ostermontag (W3) [Adelung]


Der Ostermontag, des -es, plur. die -e, der Montag in dem Osterfeste, der zweyte Osterfeyertag.


Osterpalme (W3) [Adelung]


Die Osterpalme, plur. die -n, in einigen Gegenden die wolligen Blüthknospen der Weiden, S. Palme.


Osterrechnung (W3) [Adelung]


Die Osterrechnung, plur. doch nur von mehrern Arten; die -en, die Berechnung oder Ausrechnung des Osterfestes, nach dem Schlusse der Nicänische Kirchenversammlung.


Ostersonntag (W3) [Adelung]


Der Ostersonntag, des -es, plur. die -e, der Sonntag in dem Osterfeste, der erste Ostertag.


Ostertag (W3) [Adelung]


Der Ostertag, des -es, plur. die -e, einer von den drey Tagen des Osterfestes. Der erste, zweyte, dritte Ostertag. In engerer Bedeutung wird zuweilen der erste Ostertag oder der Ostersonntag nur der Ostertag schlechthin genannt. Si ist mins herzen ostertag, Heinr. von Frauenberg.


Osterwoche (W3) [Adelung]


Die Osterwoche, plur. die -n, diejenige Woche, in welche das Osterfest fällt.


Östlich (W3) [Adelung]


Östlich, -er, -ste, adj. et adv. gegen Osten oder Morgen gelegen oder gerichtet. Die östlichen Länder. Der Wind drehet sich östlich, gegen Morgen.


Ostlinde (W3) [Adelung]


Die Ostlinde, plur. die -n, in einigen Gegenden, z. B. in der Lausitz, ein Nahme der Steinlinde, Waldlinde oder Sandlinde; Tilia cordata Mill.


Ostranz,Ostritz (W3) [Adelung]


Die Ostranz, oder Ostritz, in einigen Gegenden ein Nahme der Meisterwurz, S. dieses Wort.


Ostwind (W3) [Adelung]


Der Ostwind, des -es, plur. die -e, ein aus Osten oder Morgen kommender Wind; der Morgenwind, in der höhern Schreibart der Ost. Bey dem Raban Maurus im 8ten Jahrhunderte Ostroniuuint, bey spätern Oberdeutschen Schriftstellern Osterwind.


Othem (W3) [Adelung]


Der Othem, S. Athem.


Otte (W3) [Adelung]


Die Otte, plur. die -n, oder absolute Otten, der Ottenbaum, oder Otterbaum, in einigen Gegenden ein Nahme der Erle, ( S. dieses Wort.) Ohne Zweifel mit 2 Otter aus Einer Quelle, weil dieser Baum die feuchten sumpfigen Gegenden liebt.


Otter (W3) [Adelung]


1. Die Otter, plur. die -n. 1) Ein Nahme der kleinen, sehr giftigen Schlangen, deren Biß vor andern schädlich ist. Sie sind nicht über zwey Fußlang, und höchstens eines Daumens dick, haben eine graue oder gelbe Haut mit langen braunen Flecken und einen breiten Kopf; die Viper. In einigen gemeinen Mundarten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes, Adder, Atter, Angels. Aetter, Aetterae, Engl. Adder, und mit dem vorgesetzten müßigen n, in einigen Deutschen Gegenden auch Natter, welches von vielen von Natrix abgeleitet wird, da doch die eigentlichen kleinen giftigen Schlangen keine Wasserschlangen sind, sondern sich in den Schutthaufen und um Gebäude herum aufhalten, ( S. Natter.) Otter und Natter stammen unstreitig von dem alten noch bey dem Notker befindlichen Eitter, Gift, her, Angels. Aetter, Aettor, Gift, S. Eiter.


Otter (W3) [Adelung]


2. Die Otter, plur. die -n, ein vierfüßiges Thier mit verbundenen Schwimmzehen, dessen Schwanz halb so groß ist, als der ganze Körper. Es kann so wohl im Wasser, obgleich nicht lange, als auch auf dem Lande leben, und hält sich daher gemeiniglich an den Ufern der Flüsse, Seen und Meere auf, wo es von den Fischen, Fröschen und Krebsen lebt; Lutra L. Die Fischotter, zum Unterschiede von der vorigen. Die Flußotter, welche an den Flüssen Europens einheimisch ist. Die Seeotter, welche in Asien und Amerika angetroffen wird.

Anm. Im Engl. gleichfalls Otter, im Schwed. Utter, im Isländ. Ottr, im Dän. Odder, im Böhm. mit dem vorgesetzten Blaselaute Wycra, im Pohln. Wydra, im Ungar. und Dalmat. Vidra. Da im Isländ. Uddr Feuchtigkeit bedeutet, welches zu dem Latein. udus, feucht, naß, gehöret, und womit auch der eigenthümliche Nahme der Oder, Lat. Viadrus, und vermittelst des vorgesetzten n auch unser naß, Niederdeutsch natt, verwandt sind, so siehet man bald, daß mit dem Rahmen dieses Thieres auf den Ort seines Aufenthaltes gesehen wird. Im Oberdeutschen ist dieses Wort männlichen Geschlechtes, der Orter.


Otterbaum (W3) [Adelung]


Der Otterbaum, des -es, plur. die -bäume, S. Otte.


Otterfang (W3) [Adelung]


Der Otterfang, des -es, plur. die -fänge, das Fangen der Fischottern; ohne Plural. Auf den Otterfang ausgehen. Ingleichen, ein Ort, wo man Fischottern fänget, und die dazu gemachte Vorrichtung.


Otterfänger (W3) [Adelung]


Der Otterfänger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Jäger, welcher sich vornehmlich mit dem Fange der Fischottern und mit Abrichtung der Otterhunde beschäftiget.


Otterhund (W3) [Adelung]


Der Otterhund, des -es, plur. die -e, eine Art starker Dachshunde, welche zu dem Fange der Fischottern abgerichtet sind.


Otterngalle (W3) [Adelung]


Die Otterngalle, plur. die -n, die Galle von einer Otter oder Natter, in welchem Verstande dieses Wort in der Deutschen Bibel mehrmahls gebraucht wird, etwas höchst Schädliches und Giftiges zu bezeichnen; ungeachtet die Galle der Ottern wegen ihrer Schädlichkeit sonst eben nicht bekannt ist. S. 1. Otter.


Otterngezücht (W3) [Adelung]


* Das Otterngezücht, des -es, plur. die -e, ein gleichfalls nur in der Deutschen Bibel befindliches Wort, boshafte Nachkommen boshafter Ältern zu bezeichnen, in welchem Verstande man jetzt das Wort Schlangenbrut gebrauchen würde. S. 1 Otter.


Otterngift (W3) [Adelung]


Das Otterngift, des -es, plur. inus. das Gift von einer Otter oder Natter. S. 1 Otter.


Otto (W3) [Adelung]


Otto, Genit. Otto's oder Ottens, Dativ. Otten, ein alter Germanischer männlicher Taufnahme; vermuthlich von dem alten od, reich, vortrefflich. Im Wallis. ist od vorzüglich, und Udd ein Herr. Der alte Nahme Udo, vielleicht auch Hatto, ist auch kein anderer.


Oxhoft (W3) [Adelung]


Das Oxhoft, des -es, plur. die -e, ein größeres Maß flüssiger Dinge, besonders des Weines, welches 1 1/2 Ahm, 6 Anker oder 60 Stübchen hält. Wenn es ein Zahlwort vor sich hat, so bleibt es im Plural; wie so viele dieser Art, unverändert: sechs Oxhoft, nicht Oxhofte. Nieders. gleichfalls Oxhoofd, Engl. Hogshead, Holländ. Oxhoofd, Schwed. Oxhufvud. Es ist durch die Handlung aus Holland zu uns gebracht worden, und von noch dunkler Abstammung. Wachter gerieth auf dem seltsamen Einfall, Or sey hier die letzte Sylbe aus dem Nahmen der Stadt Bordeaux, Haupt aber bezeichne hier ein Maß. Wahrscheinlicher ißt, daß anfänglich nur ein mit einem Ochsenkopfe bezeichnetes ausländisches Weingebinde mit diesem Nahmen beleget worden, der denn nachmahls allen Fässern von ähnlichem Inhalte gemein geworden.


P

Q

R

S

T

U

V

W

X

Y

Z