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XADE_h - Adelung - Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart
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Adelung: Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart




Erstellt: 2021-01

A

Adelung, Johann Christoph
Hochdeutsches Wörterbuch
Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart,
mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten,
besonders aber der Oberdeutschen [Adelung]

(E?)(L?) http://www.bastisoft.de/misc/adelung/

Zu den Daten

Hier finden Sie den vollständigen Text des "Grammatisch-kritischen Wörterbuchs der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen" von Johann Christoph Adelung. Er entspricht der Ausgabe von 1811, die vom Münchener Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek eingescannt und mit einem Texterkennungsprogramm in Textform überführt wurde. Text und Bilder hat die sogenannte Digitale Bibliothek auf Ihrem Web-Server verfügbar gemacht, jedoch nicht als fortlaufenden Text. Das ist die Lücke, die diese Datei füllen soll.

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Sebastian Koppehel


Erstellt: 2010-02

B

C

D

E

F

G

H

H (W3) [Adelung]


H, der achte Buchstab des Deutschen Alphabetes, welcher ein dreyfaches Amt hat. 1. Ist er ein Buchstab im eigentlichsten und schärfsten Verstande, welcher einen etwas starken, aber doch nicht an den Gaumen angestoßenen Hauch ausdrucket, wo er gleichsam den Übergang der Selbstlauter zu den Mitlautern ausmacht, indem jene wahre, aber sehr gelinde Hauche sind. Um dieser Ursache willen ist auch das H von einigen Sprachlehrern ein Halb-Vocal genannt worden. Es hat in dieser Gestalt einen doppelten Laut. Mit einem starken Hauche wird es zu Anfange eines Wortes ausgesprochen, wie im Habe, Haft, Hand, Herz, Hoch, Hund u. s. f. mit einem schwächern aber in der Mitte zu Anfange einer Sylbe, besonders nach einem Vocale, wie in gehen, sehen, flehen, geschehen, nahe, Ehe, wehen, leihen, drohen, wiehern, Mühe, ruhen, Reihe u. s. f. wo es im manchen Gegenden so gelinde ausgesprochen wird, daß man es fast gar nicht höret. Ja die Niedersächsische Mundart, welche eine Feindinn des Hauches ist, und die mit ihr verwandten Sprachen, verbeißen es in der Mitte gar; Nieders. gaan, gehen, Schwed. ga, Engl. go, Holländ. gaen, Nieders. teen, ziehen, scheen, geschehen, seen, sehen, Engl. see, Schwed. si, Holländ. sien; dagegen die Niedersachsen in manchen Wörtern statt des h ein i oder j hören lassen, wie in Moie, Moje, Mühe, bloien, blühen, Holländ. bloeyen, gloien, glühen u. s. f. Die Alemannische und einige andere Mundarten sprechen es auch in der Mitte, wenigstens in vielen Wörtern, mit einem so harten Hauche aus, der dem ch nahe kommt, sich für stehe, geschicht für geschiehet, Floch für Floh; und daher rühret es vermutlich, daß es auch im Hochdeutschen in solchen Wörtern, wo der gedehnte Vocal in den geschärften verwandelt wird, wirklich in das ch übergehet, wohin Gesicht, sichtbar, von sehen, Flucht von fliehen, Geschichte von geschehen, Zucht von ziehen, Verzicht von verzeihen, u. a. m. gehören. Die ältere Fränkische Mundart pflegte es gern dem l, r und w zu Anfange der Wörter vorzusetzen, da es denn nur vor dem l oft in das noch stärkere ch oder k überging; Hludewig, Chlodewig, Clodewig, Hlotharius, Chlotarius, Hrabanus, Hruodolf, Hwil, ein Rad u. s. f. Die Engländer sprechen ihr roli, wenn es ein Wort anfängt, noch so, und die Schweden schreiben es sogar, Schwed. Hwal, Walfisch, Hwalf, Gewölbe, hwar, wer, hwar, Engl. where, wo, hwerfwa, werfen, Hwete, Weitzen, Hwila, Weile, hwilken, Engl. which, welcher u. s. f. Dagegen gibt es ganze Völker, welchen die Aussprache dieses Buchstabens auch zu Anfange der Wörter sehr schwer ankommt, wohin besonders die Russen und Italiäner gehören. Das Beyspiel der letztern läßt vermuthen, daß auch ihre Vorfahren, die Lateiner, das h zu Anfange der Wörter sehr gelinde und vielleicht gar nicht ausgesprochen; daher es auch in der Lateinischen Prosodie für keinen Buchstaben gerechnet wird. Im Deutschen kann man ihm wegen seines bestimmten und merklichen Lautes die Eigenschaft eines wahren Buchstabens nicht absprechen. 2. Das zweyte Amt des h ist, daß es zuweilen das Zeichen eines gedehnten Selbstlauters ist, und als dann für sich nicht ausgesprochen wird. Dieses findet Statt am Ende einiger Wörter, welche sich auf einen Selbstlaut endigen, wie in Stroh, froh, Schuh, Ruh, roh, Vieh, rauh, früh, eh für ehe, wo aber in manchen noch ein anderer Grund in der Abstammung liegt, und da dienet das h zugleich den stärkern Hauch des Stammwortes zu erkennen zu geben.

Noch häufiger wird dieses h in der Mitte vieler Wörter vor den vier flüssigen Selbstlautern l, m, n, r, zur Dehnung des vorher gehenden Selbstlauters gesetzet. So stehet es vor dem l, in Ahle, subula, fahl, Gemahl, das Mahl, mahlen, kahl, Stahl, Strahl, Wahl, Zahl, Pfahl, Fehl, fehlen, Kehle, Mehl, stehlen, hehlen, befehlen, Bohle, Kohl, Kohle, Stuhl, Sohle, hohl, hohlen, prahlen, Dohle, wohl, buhlen u. s. f. Vor dem m, in lahm, zahm, Ohm, Ahm, Ruhm, nehmen, ahmen Rahm u. s. f. Vor dem n, in ahnden, Ahnen, Bahn, Fahne, Hahn, Huhn, Kahn, Krahn, Lahn, lehnen, mahnen, Sahne, Wahn, dehnen, sehnen, Sehne, ihn, ihnen, Hohn, Lohn, Mohn, ohne, Sohn, wohnen, Dohne, Frohn u. a. m. Und endlich vor dem r, im Bahre, (nach andern Baare) wahr, bewahren, fahren, Fahrt, Gefahr, Jahr, Ehre, kehren, lehren, mehr, sehr, hehr, ihr, bohren, Ohr, Ruhr, Uhr, Fohre, der Gehren, begehren, gähren, Guhr u. s. f. Da das h in diesen Fällen, wenigstens der gemeinsten Meinung nach, ein bloßes Zeichen des vorher gehenden gedehnten Selbstlauters ist, so verstehet es sich von sich selbst, daß es unnöthig ist, wenn ein Doppellaut vorher gehet, dessen Dehnung schon kenntlich genug ist. Man schreibt daher verlieren, ob man gleich das h in befiehlst und stiehlst beybehält, weil es aus befehlen und stehlen gebildet ist. Da ä, ö und ü keine Doppellauter, folglich auch nicht an und für sich gedehnt sind, so kann nach ihnen das h, wo es einmahl eingeführet ist, auch nicht für überflüssig gehalten werden. Man schreibt also ganz richtig, Ähre, jähnen, Mähne, Mühle, schmählen, schmählich, Mähre, Möhre, Höhle, Öhl, Röhre, Bühne, fühlen, führen, wühlen, kühl u. s. f. Indessen ist diese Regel nicht allgemein, weil man wenigstens eben so viel Wörter hat, wo der gedehnte Selbstlaut vor den flüssigen Mitlautern kein h ausweisen kann. Dergleichen sind, z. B. die Endungen -sal, -sam, -bar, die Wörter dar, klar, Krone, bequem, Blume, (wo über dieß noch die Abstammung von blühen es erfordern sollte,) gar, Gram, schal, schmal, Schnur, Flur, Spur, Hure, schonen, Schwan, Schwur, schwören, Span, Plan, Bär, hämisch, schon, sparen, stören, die Sylbe ur-, und hundert andere mehr. In andern wird der Selbstlaut verdoppelt, wie in Aal, Heer, Waare, Haar, leer, Theer, Meer, Beere u. s. f. und was die Endung betrifft, in See, Schnee, Klee u. a. m. Diese Ungleichheit ist wichtig, und beweiset nebst dem Mangel dieses h in so vielen andern gedehnten Sylben sehr deutlich, daß es in den Fällen, wo es eingeführet worden, etwas mehr als ein bloßes Zeichen der Dehnung ist, wofür es von allen Sprachlehrern gehalten wird. Merkwürdig ist dabey, daß es nur vor den vier flüssigen Mitlautern l, m, n, und r angenommen worden; denn in Fehde, welches vielleicht das einzige Wort von dem Gegentheils ist, hat es einen unläugbaren etymologischen Grund, und erhält die Verwandtschaft mit fechten. S. die Orthographie, wo dieses umständlicher ausgeführet worden. Den Alten war dieses so genannte Dehnungs h völlig unbekannt, und man findet es bey ihnen so wenig, als es die Dänen, Schweden und andere Völker kennen. Auch die Niedersachsen wollen nichts davon wissen. Erst im 15ten Jahrhunderte kommt es, doch nur noch sehr einzeln, zum Vorscheine. In der ersten Hälfte des 16ten findet man es auch noch sehr selten; aber in der zweyten Hälfte, da man mehr auf die grammatische Richtigkeit seiner Muttersprache zu sehen anfing, ward es häufiger und nach und nach allgemein. 3. Dienen endlich auch das h den härtern Laut einiger Buchstaben und besonders des c, wenn es wie ein k lauten sollte, des p, und t zu mildern, oder vielmehr mit denselben gewisse Laute auszudrucken, für welche wir keine eigene einfache Zeichen haben, S. Ch, Ph und Th. Von dem h, welches in einigen wenigen Fällen dem r beygefüget wird. S. R.


Ha! (W3) [Adelung]


Ha! eine Interjection, welche gebraucht wird, verschiedene Empfindungen und Gemüthsbewegungen auszudrucken. 1) Einer mit Unwillen, mit Zorn begleiteten Verwunderung. Ha! was Henker ist denn das wieder für eine Figur! Weiße. Ha! diese kleine Furcht steht Männern gar nicht an, ebend. Ha! welche Flammenströme schoß die Hyder Nach seinem Leben! Raml. Ha! sprach ein junger Hengst, Wir Sklaven sind es wehrt, Daß wir im Joche sind, Gleim. Wo es zuweilen verdoppelt wird. Ha! ha! nun kenn' ich dich! 2) Des Unwillens, des Verdrusses allein. Ha! brummt er, (der Bär) dir will ich das Handwerk zeitig legen, Haged. 3) Oft auch der Verwunderung allein. Sie geht, ha! welchen Stolz gibt ihr die Tugend ein! Weiße. Ha! hier blickt noch Ein Strahl von Hoffnung vor, Schleg. S. in folgenden das Haha. Ha! welch ein lauter Päan steigt von seinen Siegen In mein entzücktes Ohr! Raml. Besonders im gemeinen Leben über eine neue, unerwartete Sache, wo es gemeiniglich verdoppelt wird. Sie schweigt und gräbt getrost. Ha! Ha! nun klingt es hohl, Gell. 4) Des Aufschlusses, besonders mit der Verdoppelung. Ha! ha! nun weiß ich es. 5) Der Freude, wo es in manchen Gegenden auch Heh! lautet, wie Klagel. 2, 16. In andern aber hey! Das Ezech. 25, 3, Kap. 26, 2, Kap. 36, 2, befindliche Heah! ist, wenigstens im Hochdeutschen ungewöhnlich. 6) Eine Nachahmung des Lachens, wo es alle Mahl verdoppelt wird. 7) In den niedrigen Sprecharten auch ein fragendes Zwischenwort, für was, wo es oft als ein unarticulirter Schall aus der Gurgel hervor gebracht wird, in einigen Gegenden aber auch he! lautet. Wenn diese Interjection verdoppelt wird, so hat alle Mahl das zweyte ha! den Ton.


Haar (W3) [Adelung]


Das Haar, des -es, plur. die -e, Diminut. das Härchen, Oberd. Härlein, des -s, plur. ut nom. sing. 1. In der weitesten Bedeutung, ein jedes zartes Zäserchen, in welcher es nur noch in einigen Fällen üblich ist. Ottfried nennet die Nadeln oder Tangeln der Fichten Har. In einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. in Österreich und Baiern, wird noch der Flachs Haar genannt, in welcher Bedeutung schon in der Monseeischen Glosse Hara vorkommt. Dahin gehöret auch das Schonische Hör, Flachs, welches Ihre nicht zu erklären weiß. Auch die einzelnen Zäserchen der Wolle und Seide werden häufig Haare genannt. Ein Tuch aus den Haaren rauhen, bey den Tuchbereitern, das gewalkte Tuch mit der Strohkarte oder Streiche wieder rauch machen. Das Tuch aus den Haaren scheren, eben daselbst, es das erste Mahl oder aus dem Gröbsten scheren. Das Tuch aus den Haaren ziehen, eben daselbst, die im Walken abgegangenen Haare abstreichen. Ein Tuch zu halben Haaren scheren, die Haare nur halb abscheren. Eben dieselben pflegen auch die linke Seite eines Tuches Haar, so wie die rechte Grund zu nennen. Ein Faden roher Seide, welcher über sich selbst gedrehet ist, wird in den Seiden-Manufacturen ein Haar, oder absolute Haar genannt; S. Haarseide. 2. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, die zarten röhrförmigen Fasen, womit die Haut so wohl mancher Thiere, als auch der Menschen an gewissen Theilen des Leibes bekleidet ist, und welche zarter als Borsten und Grannen, aber härter und gröber als Wolle sind. 1) Von Individuis, einzelne Auswüchse dieser Art zu bezeichnen. So sein wie ein Haar, oder wie ein Härchen. Es ist kein gutes Haar an ihm, er ist im Grunde verderbt. Ich frage nicht ein Haar darnach, nicht das geringste. Er hat kein Haar von seinem Vater, ist ihm nicht im geringsten ähnlich. Auch figürlich, wegen der geringen Breite eines Haares, einen fast unmerklichen Raum, Zeitpunct oder Grad der innern Stärke zu bezeichnen. Es trifft auf ein Haar zu, völlig, so daß auch nicht eines Haares breit Unterschied wahrzunehmen ist. Nicht ein Haar breit weichen. Bey einem Haare, (in den niedrigen Sprecharten, bey einer Haar,) beynahe. Bey einem Haare hätten sie mich böse gemacht. Man sollte dich bey einem Haare für einen Spitzbuben halten, Less. Er ist nicht um ein Haar, oder nicht ein Haar, besser. Meine Antwort war doch nicht ein Haar anders als die ihrige. Sie ist noch kein Haar besser als vordem. Auf ein Haar, sehr genau. Das Ziel auf ein Haar treffen. Er schießt auf ein Haar. Das weiß ich auf ein Haar. Ein Haar in etwas finden, Ursache zum Argwohn, zur Bedenklichkeit, zur Vorsicht. 2) Als ein Collectivum, ohne Plural und ohne Diminutivum, alle an einem Thiere befindliche Haare, oder auch eine unbestimmte Menge, auszudrucken. Der Esel hat graues, das Rindvieh gemeiniglich röthliches Haar. Daher Haar oft von der Farbe eines Pferdes gebraucht wird. Silbern war sein Haar auf seiner Scheitel und um sein Kinn, Geßn. Goldenes Haar, im gemeinen Leben Güldenhaar, ein Nahme verschiedener Pflanzen, S. Goldhaar. Noch mehr im Plural. Schwarze, krause Haare haben. Haare bekommen. Haare lassen müssen, im gemeinen Leben, in einem Streite den kürzern ziehen, ingleichen, Schaden, Verlust leiden. Doch hof ich er müß noch har lan Wiewol er yetz ist khomen darvon, Theuerd. Kap. 94. Der Wolf fiel in die arme Herde, Und mancher Bock gab Haare her, Lichtw. Haare auf den Zähnen haben, im gemeinen Leben, Erfahrung, Wissenschaft besitzen, eigentlich einen ehrwürdigen Bart haben. 3. In der engsten Bedeutung, die Haare des Hauptes bey Menschen, das Haupthaar, wo es so wohl von einzelnen Haaren, als auch collective, und zwar so wohl im Singular allein, als im Plural allein gebraucht wird. Es soll dir nicht ein Haar gekrümmet werden, es soll dir nicht die geringste Beleidigung widerfahren. Ein schönes, krauses, langes Haar haben. Sein eigenes Haar tragen, im Gegensatze des fremden oder falschen. Sich das Haar wachsen lassen, abscheren. Krau- ses Haar, krauser Sinn, im gemeinen leben. Und ergriff mich bey dem Haar meines Hauptes, Ezech. 8, 3. Noch häufiger aber im Plural. Lange, starke Haare haben. Sich die Haare wachsen lassen, sie abscheren. Sich die Haare ausraufen. Graue Haare bekommen, vor Alter oder sorgen. Die Haare stehen mir zu Berge, vor Schrecken, vor Grausen. Der Schrecken trieb mir die Haare zu Berge; wofür Dusch sagt, die Furcht die mein Haar empört. Dahin auch die im gemeinen Leben üblichen figürlichen R. A. gehören: Jemanden bey den Haaren herbey ziehen, ihn dazu zwingen. Etwas bey den Haaren herbey ziehen, es auf eine gezwungene Art anbringen, oder auf etwas anwenden, es zu weit herholen. Einander in die Haare gerathen, handgemein werden, in einen Streit gerathen, uneins werden. Sich in den Haaren liegen, sehr uneins seyn. Laß dir darüber keine grauen Haare wachsen, mache dir darüber keine Sorgen. Ein Wald oder ein Berg stehet ganz, oder voll, in Haaren, im Forstwesen, wenn er noch hinlänglich mit Holz und Bäumen bewachsen ist.

Anm. Bey dem Willeram Har, bey dem Tatian Haru, im Nieders. und Dän. gleichfalls Haar, im Engl. Hair, im Angels. Haer, im Franz. Haire, im Schwed. Har. Casaubonus leitet es von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Scheren, Wachter von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich flechte, und Junius von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - her; Ableitungen, deren Zwang sogleich in die Augen fällt, und schon um der ersten allgemeinen Bedeutung dieses Wortes willen nicht Statt finden. Mit mehrerer Wahrscheinlichkeit rechnet Ihre die Latein. hirtus, hirsutus und hircus zu der Verwandtschaft dieses Wortes, obgleich das letztere mit mehrerm Rechte zu dem alten hirzen, hirten, stoßen, Franz. heurter, gehören möchte. Ottfried und andere ältere Schriftsteller nennen das Haupthaar Fase, Vahs, S. Fase und Fächser, ingleichen Vlahs, S. Flachs, womit das Wend. Las, Haar, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, überein stimmet.


Haaralaun (W3) [Adelung]


Der Haaralaun, des -es, plur. inus. gediegener Alaun, in Gestalt zarter Haare, S. Federalaun.


Haarball (W3) [Adelung]


Der Haarball, des -es, plur. die -bälle, oder der Haarballen, des -s, plur. ut nom. sing. Ballen oder kleine Kugeln von zusammen gebackenen Haaren, welche zuweilen in den Mägen der Elendthiere, Hirsche, Gemsen, des Rindviehes u. s. f. gefunden werden, und aus denjenigen Haaren entstehen, welche diese Thiere verschlucken, wenn sie einander lecken; Haarkugeln, Aegagropilae. S. Gemsenkugel.


Haarband (W3) [Adelung]


Das Haarband, des -es, plur. die -bänder, ein Band, die Haupthaare damit zusammen zu binden, einzuflechten, oder auszuschmücken.


Haarbaum (W3) [Adelung]


Der Haarbaum, S. Fachbaum.


Haarbereiter (W3) [Adelung]


Der Haarbereiter, des -s, plur. ut nom. sing. eine Person, welche die Haare der Thiere und Menschen zu einer Waare zubereitet, besonders zum Behuf der Perrückenmacher.


Haarbeutel (W3) [Adelung]


Der Haarbeutel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Beutel, worin die Mannspersonen das hintere Haupthaar tragen; in einigen Oberdeutschen Gegenden ein Haarsack. Einen Haarbeutel haben, oder sich einen Haarbeutel trinken, einen leichten Rausch, im gemeinen Leben; als eine Anspielung auf einen gewissen Major bey der alliirten Armee im siebenjährigen Kriege; der den Trunk liebte, und alsdann gemeiniglich in einem Haarbeutel, anstatt des Zopfes, vor dem commandirenden Generale erschien.


Haarbinde (W3) [Adelung]


Die Haarbinde, plur. die -n, ein breites Haarband, die Haupthaare damit zurück zu binden.


Haarbirke (W3) [Adelung]


Die Haarbirke, plur. die -n, eine Abänderung der gewöhnlichen Birke, mit zarten dem Haare ähnlichen Fasern.


Haarbleiche (W3) [Adelung]


Die Haarbleiche, plur. die -n, eine Anstalt, wo Haare gebleichet werden. Daher der Haarbleicher.


Haarblume (W3) [Adelung]


Die Haarblume, plur. die -n, der Nahme einer Ostindischen Pflanze, deren Kronblätter mit Haaren eingefasset sind; Trichosanthes L.


Haarboden (W3) [Adelung]


Der Haarboden, des -s, plur. ut nom. sing. Von einer Person, welche ein gutes und starkes Haupthaar hat, sagt man im gemeinen Leben im Scherze, sie habe einen guten Haarboden.


Haarbraten (W3) [Adelung]


Der Haarbraten, des -s, plur. ut nom. sing. bey einigen Jägern, der Ziemer von einem wilden Schweine.


Haarbürste (W3) [Adelung]


Die Haarbürste, plur. die -n, eine Bürste, das Haupthaar, wenn es gekämmt worden, damit auszubürsten; die Kopfbürste.


Haardecke (W3) [Adelung]


Die Haardecke, plur. die -n, eine härene, oder aus Haaren gewirkte Decke.


Haardruse (W3) [Adelung]


Die Haardruse, plur. die -n, ein Stück eines aus sehr zarten Ecksäulen zusammen gesetzten Flußspathes; krystallinischer Flußspath.


Haareisen (W3) [Adelung]


Das Haareisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Lohgärbern, eine krumme Klinge mit Handgriffen, die Haare damit von den Fellen zu stoßen; das Schabeisen oder Streicheisen


Haaren (W3) [Adelung]


1. Haaren, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist. 1) Als ein Activum, die Haare abschaben, bey den Gärbern. 2) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, die Haare fahren lassen, verlieren. Das Wildbret haaret, wenn es zu gewissen Zeiten die Haare wechselt; wofür man auch sich haaren, ingleichen sich hären sagt.


Haaren (W3) [Adelung]


2. Haaren, verb. reg. act. welches vornehmlich im Niedersächsischen üblich ist, die Schneide einer Sense oder Sichel durch Hämmern oder Ausdehnen schärfen, welches in Obersachsen dengeln und in Oberdeutschland tengeln genannt wird. Es geschiehet vermittelst des Haarzeuges, d. i. des Haarhammers und des Haarspießes oder Haarbolzens, welcher letzterer ein kleiner unten spitziger Amboß ist. Wenn dieses Wort nicht von Haar abstammet, so fern es ehedem einen jeden zarten, dünnen Körper bedeutet hat, so gehöret es vielmehr zu dem Worte scharf, welches durch Vorsetzung des Zischlautes und Veränderung des Suffixi daraus entstanden seyn kann. S. dasselbe. Im Schwed. ist Hjor und Hör, im Isländ. hiör, bey dem Ulphilas Hairus, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Schwert, Degen. Bey den Sabinern hingegen war Curis ein Spieß.


Haarerz (W3) [Adelung]


Das Haarerz, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, ein haarförmiges Erz, besonders ein solches Bleyerz, welches zu Harzigerode gebrochen wird. S. Haarförmig.


Haarfarbe (W3) [Adelung]


Die Haarfarbe, plur. inus. 1) Die kastanienbraune Farbe, welche bey den Haupthaaren der Menschen am häufigsten angetroffen wird. Daher haarfarben, oder haarfarbig, adj. et adv. kastanienbraun. 2) Eine Farbe, Haare damit zu färben.


Haarfeder (W3) [Adelung]


Die Haarfeder, plur. die -n, die haarartigen Federn der jungen Vögel, ehe sie Federn zum Fliegen bekommen.


Haarflechte (W3) [Adelung]


Die Haarflechte, plur. die -n, zusammen geflochtene Haare. Ein Geschmuck mit Haarflechten, 1 Pet. 3, 3.


Haarförmig (W3) [Adelung]


Haarförmig, -er, -ste, adj. et adv. dem Haare in der Form, d. i. äußern Gestalt gleich. Haarförmiges Erz, oder Haarerz, welches in dünnen, dem Haare ähnlichen Fäden wächset.


Haargold (W3) [Adelung]


Das Haargold, des -es, plur. inus. gediegenes Gold in Gestalt zarter Haare.


Haargras (W3) [Adelung]


Das Haargras, des -es, plur. inus. eine Art zarten, aber dicht verwachsenen Grases, welches daher auch Pelzgras genannt wird; Elymus L.


Haarhammer (W3) [Adelung]


Der Haarhammer, des -s, plur. die -hämmer, siehe 2. Haaren.


Haarhandel (W3) [Adelung]


Der Haarhandel, des -s, plur. inus. der Handel mit Haaren. Daher der Haarhändler, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Haarhändlerinn, plur. die -en.


Haarhaube (W3) [Adelung]


Die Haarhaube, plur. die -n, eine ehemahlige Art mit fremden Haaren besetzter Hauben und Mützen beyder Geschlechter. Der kale ritter hat ein gewohnheit Das er ufbant ein huiben guot Mit hare, der Burggr. von Rietenburg. Welche Haarhauben der Grund der heutigen Perrücken sind.


Haaricht (W3) [Adelung]


Haaricht, adj. et adv. den Haaren ähnlich. Haarichtes Silber, Haarsilber. Haarichtes Gold, Haargold. Haaricht gewachsenes Erz, haarförmig. Angels. haeriht.


Haarig (W3) [Adelung]


Haarig, -er, -ste, adj. et adv. mit Haaren bewachsen, Haare habend. Ein haariges Thier. Ein närrisch haarichtes (haariges) Gesicht in einer struppichten (struppigen) Perrücke, Gell. Schwed. harig, Dän. haariig und haared.


Haarkamm (W3) [Adelung]


Der Haarkamm, des -es, plur. die -kämme. 1) Ein Kamm, die Haare damit zu kämmen. 2) Ein krummer Kamm beyder Geschlechter, die Nacken- und Scheitelhaare zusammen zu halten.


Haarklauber (W3) [Adelung]


Der Haarklauber, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, eine verächtliche Benennung eines Perrückenmachers, Nieders. Haarklöver, von klauben, Nieders. klöven, spalten. Zuweilen auch eines Grillenfängers. Daher Haarklauberey, Grillenfängerey.


Haarklein (W3) [Adelung]


Haarklein, adj. et adv. im gemeinen Leben, so klein wie ein Haar; noch mehr figürlich, genau, mit allen auch den kleinsten Umständen. Sie hat alles haarklein wieder erfahren. Einem alles haarklein erzählen.


Haarkopf (W3) [Adelung]


Der Haarkopf, des -es, plur. die -köpfe, ein ehemahliger Kopfputz des andern Geschlechtes, da es entweder seine eigenen Haare auf verschiedene Art aufziehen und mit Bändern ausschmücken ließ, oder sich statt deren eines Aufsatzes von fremden Haaren bedienete.


Haarkraut (W3) [Adelung]


Das Haarkraut, des -es, plur. von mehrern Arten, die -kräuter, ein Nahme verschiedener Pflanzen mit haarigen Blättern und haarförmigen Ranken, S. Frauenhaar.


Haarkugel (W3) [Adelung]


Die Haarkugel, plur. die -n, S. Haarball.


Haarkupfer (W3) [Adelung]


Das Haarkupfer, des -s, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, ut nom. sing. gediegenes Kupfer, welches sich in haarförmigen Fäden auf dem Gesteine befindet.


Haarlauf (W3) [Adelung]


Der Haarlauf, des -es, plur. die -läufe, bey den Webern, wenigstens einiger Gegenden, die obere Reihe der Litzenfäden über den Augen; zum Unterschiede von den Stelzen, oder der untern Reihe.


Haarlocke (W3) [Adelung]


Die Haarlocke, plur. die -n, eine Locke von Haaren, d. i. mehrere zusammen zirkelförming gekrümmte Haare; eine Locke, Nieders. Krulle. In einigen Gegenden ist es so wie Locke männlichen Geschlechtes. Sie knüpfte einen Haarlocken, Opitz.


Haarlos (W3) [Adelung]


Haarlos, adj. et adv. der Haare beraubt, keine Haare habend. So auch die Haarlosigkeit.


Haarmantel (W3) [Adelung]


Der Haarmantel, des -s, plur. die -mäntel, eigentlich, ein Nachtmantel des andern Geschlechtes, dessen es sich bedienet, wenn es sich das Haupthaar in Ordnung bringen lässet. Ehedem nannte man auch eine Art dünner und weiter Mäntel, deren sich das Frauenzimmer im Sommer zum Staate bedienete, so.


Haarmesser (W3) [Adelung]


Das Haarmesser, des -s, plur. ut nom. sing. an den Sammtstühlen, ein großes scharfes Messer, die haarige Oberfläche des gewebten Sammtes gleich auf dem Stuhle damit zu bescheren.


Haarmilbe (W3) [Adelung]


Die Haarmilbe, plur. die -n, eine Art Milben oder kleiner Würmer, welche die Haare zerfrißt, und zu den Acaris des Linnee gehöret; der Haarwurm.


Haarmörtel (W3) [Adelung]


Der Haarmörtel, des -s, plur. inus. bey den Mäurern, ein mit Kuhhaaren vermengter Mörtel.


Haarnadel (W3) [Adelung]


Die Haarnadel, plur. die -n. 1) Eine zweygabelige Nadel, oder vielmehr ein zusammen gebogener Draht, die Haupthaare und Haarlocken damit zu befestigen; eine Gabelnadel. 2) Starke und lange Nadeln mit runden gedreheten Köpfen, welche bey dem ehemahligen Kopfputze des andern Geschlechtes häufig gebraucht wurden. 3) Eine lange breite Nadel in Gestalt einer Reihnadel, vermittelst welcher das andere Geschlecht die in Zöpfe geflochtenen Haare zu einem Neste bildet und befestiget; die Nestelnadel.


Haarnest (W3) [Adelung]


Das Haarnest, des -es, plur. die -er, oder die Haarnestel, plur. die -n, aufgeflochtene und in einem Kreise gewickelte Haupthaare; im Braunschweigischen Puns, Punz. S. Nestel.


Haarpinsel (W3) [Adelung]


Der Haarpinsel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Pinsel von Haaren; zum Unterschiede von einem Borstenpinsel.


Haarpuder (W3) [Adelung]


Der Haarpuder, des -s, plur. inus. Puder, die Haupthaare damit zu bestreuen; ohne Zweifel zum Unterschiede von gestoßenem Gewürze, welches ehedem, wenigstens in einigen Gegenden, gleichfalls Puder genannt wurde. S. dieses Wort.


Haarputz (W3) [Adelung]


Der Haarputz, des -es, plur. inus. ein jeder Putz oder Zierath des Haupthaares.


Haarröhre (W3) [Adelung]


Die Haarröhre, plur. die -n, Diminut. das Haarröhrchen, Oberd. Haarröhrlein, zarte, subtile Röhrchen, welche kaum so weit sind, als ein Haar dick ist; sie mögen nun durch Kunst zu physischen Versuchen verfertiget werden, oder in der Natur befindlich seyn. Von der letztern Art sind die Haarröhren in den Pflanzen und Gewächsen. Tubi capillares.


Haarsalbe (W3) [Adelung]


Die Haarsalbe, plur. von mehrern Arten, die -n, eine Salbe zu den Haaren oder für die Haare, entweder sie wachsen zu machen, oder sie wegzubeitzen, u. s. f.


Haarsalz (W3) [Adelung]


Das Haarsalz, des -es, plur. von verschiedenen Arten die -e, eine salzige Substanz in Gestalt weißer sehr dünner Haare, welche in manchen Bergwerken, z. B. zu Idria, aus dem Gestein blühet, und von den Bergleuten Saliter genannt wird; ungeachtet sie nach des Scopoli Versuchen, weder ein Vitriol, noch ein Salpeter, sondern ein wahres Mittelsalz ist. Halotrichum.


Haarschar (W3) [Adelung]


Das Haarschar, des -es, plur. inus. an einigen Orten ein Nahme des Bärlappes; Lycopodium L. S. Bärlapp. Es hat viele kleine weiße Fäserchen, womit es sich an die Erde und an die Felsen anhänget, und wovon es vielleicht auch seinen Nahmen hat.


Haarscharf (W3) [Adelung]


Haarscharf, adj. et adv. im gemeinen Leben, sehr scharf. Etwas haarscharf beweisen, auf das bündigste. Es ging haarscharf darüber her, sehr eifrig.


Haarschedel (W3) [Adelung]


* Der Haarschedel, des -s, plur. ut nom. sing. ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort, den Schedel oder Kopf zu bezeichnen, welches Ps. 68, 22 vorkommt.


Haarschere (W3) [Adelung]


Die Haarschere, plur. die -n, eine Schere, die Haare bey Menschen und Thieren damit zu beschneiden. Bey den Sammtwebern ist es eine Schere, die Faserknoten auf der haarigen Fläche des Sammtes damit abzuschneiden.


Haarschlächtig (W3) [Adelung]


Haarschlächtig, S. Herzschlächtig.


Haarschleife (W3) [Adelung]


Die Haarschleife, plur. die -n. 1) Eine aus Haaren geflochtene Schleife. 2) Eine Schleife zum Schmucke des Haupthaares.


Haarschmuck (W3) [Adelung]


Der Haarschmuck, des -es, plur. inus. das Schmücken der Haupthaare; ingleichen womit die Haupthaare geschmücket werden.


Haarschnepfe (W3) [Adelung]


Die Haarschnepfe, plur. die -n, die kleinste Art Schnepfen, deren Federn sehr zart sind und mehr den Haaren gleichen; Scolopax minima Klein.


Haarschnur (W3) [Adelung]


Die Haarschnur, plur. die -schnüre, eine Schnur von Haaren, besonders so fern man sie durch die Haut ziehet, ein künstliches Geschwür hervor zu bringen, S. Haarseil. Bey den Perrückenmachern werden die auf seidene Fäden dressirten Haare, woraus die Perrücke zusammen gesetzet wird, Haarschnüre oder Dressen genannt.


Haarschopf (W3) [Adelung]


Der Haarschopf, des -es, plur. die -schöpfe, ein Schopf von Haaren. Den Kutschpferden setzt man zuweilen einen künstlichen Haarschopf auf die Stirne. S. Schopf.


Haarschuppen (W3) [Adelung]


Die Haarschuppen, sing. inus. ein Ausschlag an den haarigen Theilen des Kopfes, der wie Schuppen abfällt, und in seinem stärkern Grade Erbgrind heißt; Furfuratio.


Haarschwarte (W3) [Adelung]


Die Haarschwarte, plur. die -n, im gemeinen Leben, die Haut, welche die Hirnschale bedecket; Pericranium. S. Haarboden und Schwarte.


Haarschwefel (W3) [Adelung]


Der Haarschwefel, des -s, plur. inus. gediegener Schwefel in Gestalt zarter Haare oder Fäden.


Haarseide (W3) [Adelung]


Die Haarseide, plur. inus. in den Seiden-Manufacturen, eine Tram- oder Einschlagseide, welche aus einem Faden roher und um sich selbst gedrehter Seide bestehet, und auch das Haar genannt wird.


Haarseil (W3) [Adelung]


Das Haarseil, des -es, plur. die -e, ein aus Haaren gedrehetes Seil, besonders so fern dasselbe durch die Haut gezogen wird, ein künstliches Geschwür dadurch zu erwecken; eine Haarschnur. Einem Pferde ein Haarseil legen, stecken, oder setzen; welches, wenn man sich statt des Haarseiles eines ledernen Riemens bedienet, auch ein Leder legen, oder einen Riemen setzen genannt wird.


Haarsieb (W3) [Adelung]


Das Haarsieb, des -es, plur. die -e, ein aus Pferdehaaren geflochtenes Sieb; zum Unterschiede von einem Drahtsiebe. Auch ein aus Pferdehaaren auf ähnliche Art geflochtenes Gewebe, womit man ehedem die Schöße der Mannskleider auszusteifen pflegte, wird Haarsieb oder Siebtuch genannt.


Haarsilber (W3) [Adelung]


Das Haarsilber, des -s, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, ut nom. sing. gediegenes Silber in Gestalt zarter Fäden oder Haare.


Haarspieß (W3) [Adelung]


Der Haarspieß, des -es, plur. die -e, S. 2. Haaren.


Haarstrang (W3) [Adelung]


Der Haarstrang, des -es, plur. inus. eine Pflanze, welche eine lange starke mit vielen Zasern versehene Wurzel hat, welche vermuthlich zu ihrem Nahmen Anlaß gegeben; Peucedanum L. Saufenchel, weil ihr Kraut dem Fenchel gleicht; ingleichen Bärwurz, Roßkümmel, Bärfenchel, Bärdill. Auf den Wiesen duldet man es nicht gern, obgleich die Wurzel officinell ist. Engl. Harestrong.


Haar-Tour (W3) [Adelung]


Die Haar-Tour, plur. die -en, aus dem Franz. Tour, falsche frisirte Seitenhaare, deren man sich in einigen Gegenden in Ermangelung der eigenen zu bedienen pfleget.


Haartriegel (W3) [Adelung]


Haartriegel, S. Hartriegel


Haartuch (W3) [Adelung]


Das Haartuch, des -es, plur. die -tücher, ein aus Pferdehaaren gewebtes Tuch. In weiterer Bedeutung in den Küchen, ein Stück Beuteltuch, gewisse Materialien zu den Speisen dadurch zu treiben.


Haar-Vitriol (W3) [Adelung]


Der Haar-Vitriol, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, gediegener Vitriol in Gestalt zarter Fäden oder Haare.


Haarwachs (W3) [Adelung]


1. Das Haarwachs, des -es, plur. inus. von Wachs, cera, ein mit Talg vermischtes Wachs, die Haupthaare damit glatt zu streichen.


Haarwachs (W3) [Adelung]


2. Das Haarwachs, des -es, plur. inus. von dem Verbo wachsen, das aus spannaderigen oder sehnigen Zäserchen bestehende Ende der Muskeln in den thierischen Körpern, besonders in den Körpern größerer Thiere, wo es einem weißen oder gelblichen Leder ähnlich siehet, aber mit dem Wachsthum der Haare nichts zu thun hat, ungeachtet der große Haufe sich solches einzubilden scheinet; Nieders. Haarwaß.


Haarweide (W3) [Adelung]


Die Haarweide, plur. die -n, eine Art niedriger Weiden, welche nur an feuchten Orten wächset, und ein zähes und festes Holz hat. Sie ist vielleicht diejenige Weide, welche auch Bruchweide und Mattenweide genannt wird, Salix incubacea L. welche, wenn die reifen Kätzchen mit Samen sich öffnen, aussiehet, als wenn sie mit weißer Seide bedeckt wäre.


Haarwickel (W3) [Adelung]


Der Haarwickel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Anzahl zum Kräuseln in ein Papier gewickelter Haare, und dieses Papier.


Haarwuchs (W3) [Adelung]


Der Haarwuchs, des -es, plur. inus. der Wuchs, d. i. Wachsthum des Haares. Den Haarwuchs befördern. Ingleichen zuweilen eine mit Haaren bewachsene Stelle des Leibes. Blutegel an den Haarwuchs setzen.


Haarwulst (W3) [Adelung]


Der Haarwulst, des -es, plur. die -wülste, ein Wulst von Haaren, die langen Nackenhaare bey dem Kopfputze des andern Geschlechtes darüber zu schlagen.


Haarwurm (W3) [Adelung]


Der Haarwurm, des -es, plur. die -würmer, S. Haarmilbe. In einigen Gegenden wird eine Art der Rose oder des Rothlaufes, ingleichen ein um sich fressendes Geschwür, der Haarwurm genannt. Bey den Schafen ist der Haarwurm eine Krankheit der Klauen an den Vorderfüßen, wo sich eine zähe Feuchtigkeit sammelt, welche einem Wurme oder einer Raupe nicht unähnlich siehet, daher sie auch die Raupe genannt wird.


Haarwurzel (W3) [Adelung]


Die Haarwurzel, plur. die -n, die Wurzeln der Haare, d. i. ihr unterster Theil, vermittelst dessen sie in der Haut befestiget sind. Ingleichen zarte Wurzeln in Gestalt der Haare.


Haarzange (W3) [Adelung]


Die Haarzange, plur. die -n, Diminut. das Haarzänglein, eine kleine Zange, die Haare damit auszurupfen.


Haarzeug (W3) [Adelung]


Das Haarzeug, des -es, plur. inus. S. 2. Haaren.


Haarzirkel (W3) [Adelung]


Der Haarzirkel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Zirkel, mit welchem man die Entfernung zweyer Puncte auf ein Haar, d. i. sehr genau, nehmen kann, und der gemeiniglich ein stählernes Blatt oder eine gebogene Schraube hat, ihn damit auf das genaueste zu stellen.


Haarzopf (W3) [Adelung]


Der Haarzopf, des -es, plur. die -zöpfe, ein aus Haaren geflochtener Zopf, besonders so fern er aus den langen Nackenhaaren geflochten wird; bey dem Willeram Vahsstreno, von Vahs, Hase, Haar, und Sträne. S. auch Weichselzopf.


Habe (W3) [Adelung]


Die Habe, plur. inus. von dem Zeitworte haben. 1) * So fern es halten bedeutet, wird es im Oberdeutschen, nicht aber im Hochdeutschen, für Haltung, Festigkeit gebraucht. Das pyrg was faul und het kein hab, Theuerd. Kap. 69. Das Geleyt Was scharf, stickel an (ohne) all hab, ebend. Kap. 42. S. Gehäbig. 2) Derjenige Theil, wobey man ein Ding hält, S. Handhabe. 3) So fern es besitzen bedeutet, alles was man besitzet, besonders zeitliches Vermögen. Also nahm Abraham sein Weib - mit aller ihrer Habe, die sie gewonnen hat- ten, 1 Mos. 12, 5. Denn ihre Habe war groß, Kap. 13, 6. Daß ihr eine bessere - Habe im Himmel habet, Ebr. 10, 34. Im Hochdeutschen wird es außer der dichterischen Schreibart wenig mehr gebraucht. Und Ehre, Glück' und Habe Verläßt mich doch im Grabe, Gell. Lied. Nur im gemeinen Leben sagt man noch Hab und Gut, jemandes sämmtliches Vermögen auszudrucken, wo Habe, in engerer Bedeutung das bewegliche, Gut aber das unbewegliche Vermögen bezeichnet. S. Habseligkeit.

Anm. Bey dem Willeram im Plural Habido, bey dem Stryker und dem Winsbeck Habe, im Nieders. Have, ehedem Havede, im Angels. Haefe, im Schwed. Hafwor, Haefd, im mittlern Lat. Averium, Averia, wodurch in engerer Bedeutung auch Zugvieh, das vornehmste Stück der ehemahligen Habe, verstanden wurde. Es war einer von Gottscheds seltsamen Einfällen, daß er dieses Wort Haabe geschrieben wissen wollte, um es von dem Zeitworte ich habe zu unterscheiden.


Haben (W3) [Adelung]


Haben, verb. irreg. neutr. Präs. ich habe, du hast, er hat, wir haben, ihr habet oder habt, sie haben; Imperf. ich hatte, Conj. ich hätte; Mittelw. gehabt; Imperqt. habe. Es nimmt in den vergangenen Zeiten sich selbst zum Hülfsworte an, und ist in doppelter Gestalt üblich. I. Als ein für sich gebräuchliches Zeitwort, welches im Deutschen, so wie fast in allen Sprachen, von einem sehr weitläufigen und mannigfaltigen Gebrauche ist. Seine vornehmsten Bedeutungen mögen etwa folgende seyn. 1. In der Hand halten, mit der Hand, und in weiterer Bedeutung, mit einem Theile seines Leibes berühren und sich dessen bewußt seyn. Haben sie das Buch? - Ja jetzt habe ich es. Ein Schwert in der Hand haben. Ein Kind auf den Armen haben. Schuhe an den Füßen, den Hut auf dem Kopfe, den Degen an der Seite haben. Jemanden bey der Hand haben. Den Aal bey dem Schwanze, den Fisch bey dem Kopfe haben. Eine große Last auf seinen Schultern haben. Ich habe es in der Tasche. Kein Geld bey sich haben. Das hat nichts auf sich, figürlich, hat nichts zu sagen, hat keine wichtigen Folgen. Figürlich auch für nehmen, hinnehmen, im eigentlichen Verstande. Da, hast du Geld, da nimm hin das Geld. Da, habt ihr das Buch. Hier habt ihr alles was da ist. Willst du mein Eidam seyn, So habe sie und meine ganze Liebe, Gell. Daß dieses allem Ansehen nach die erste und eigentliche Bedeutung ist, wird aus der Anmerkung erhellen. 2. In weiterer Bedeutung wird dieses Wort, beynahe so wie das Zeitwort seyn, in fast unzähligen Fällen gebraucht, das Daseyn eines Prädicates in, an und um ein Subject, ja oft nur in Beziehung auf dasselbe zu bezeichnen, da denn das Prädicat in den meisten Fällen ein Substantiv ist, so wie es bey dem Zeitworte seyn am häufigsten die Gestalt eines Adverbii hat. 1) Das Verhältniß des Ortes gegen die darin befindlichen Dinge; für enthalten. Das Land hat viele große und schöne Städte. Eine Stadt, welche große Häuser aber nur wenig Einwohner hat. Der Fluß hat kein Wasser. Der Teich hat viele Fische. 2) Das Verhältniß eines Ganzen gegen seine Theile. Ein Pfund hat zwey und dreyßig Loth, eine Ruthe zwölf Fuß, ein Gulden sechzehen Groschen. 3) Das Verhältniß eines Dinges gegen die daran befindlichen Dinge, gegen dessen Eigenschaften und zufälligen Umstände. Der Mensch hat eine vernünftige Seele. Es gibt Thiere, welche sechs Füße haben. Der Igel hat statt der Haare Stacheln. Der Tisch hat vier Ecken. Die Luft hat eine blaue Farbe. Einen großen Verstand, ein böses Herz, vieles Ansehen haben. Gewalt, Macht, Ehre haben. Ehre von etwas haben. Gutes, schlechtes Wetter haben. Friede, Ruhe haben. Einen bösen Traum haben. Ein Ende, einen Anfang haben. Es wird bald ein Ende mit ihm haben. Guten Fortgang, einen schlechten Ausgang haben. Glück, Unglück haben. Ein gutes Gewissen haben. Die Sache kann Folgen haben. Seinen freyen Willen haben. Wer hat die Schuld? Recht, Unrecht haben. Wenn ich das Leben habe. Er hat wenig von seinem Vater, artet ihm nicht nach. Etwas in Gewohnheit, im Gebrauche haben. Alles hat seine Zeit. Eine gute Meinung von jemanden haben. Keinen Zweifel an etwas haben. Das Nachsehen haben. Einen Fehler an sich haben. Das Fieber, die Wassersucht, das Podagra u. s. f. haben. Ich habe das Herz nicht, ihn darum zu bitten. Streit, Zank, Krieg haben. Mangel, Überfluß haben. Viele Schulden, ein großes Vermögen haben. Er hat das Lob eines rechtschaffenen Mannes. Er hat Erziehung. Die Sache hat keinen Grund. 4) Verschiedene Arten des Verhältnisses gegen die außer uns befindlichen Dinge. (a) Überhaupt. Du sollst nicht andere Götter haben, d. i. verehren. Einen Vater, vier Kinder, viele Freunde haben. Haben sie Brüder? Viele Weiber haben. Einen guten König haben. Viele Bedienten, ein großes Gefolge haben. Arbeit haben. So auch mit verschiedenen Vorwörtern. Einen Freund, einen Feind an jemanden haben. Jemanden zum Freunde, zum Feinde haben. Ich habe dich zum Zeugen. Jemanden zum Vater, zum Könige haben. Zank, Streit mit jemanden haben. Umgang, Gemeinschaft, ein Verständniß mit jemanden haben. Einen andern über sich, neben sich unter sich haben. Theil an etwas haben. Viele Mühe mit etwas haben. Den Vorzug vor jemanden haben. Eine Person zur Ehe haben. Sie will ihn nicht zum Manne, er will sie nicht zur Frau haben; wo die Hauptwörter oft ausgelassen werden: er will sie nicht haben. Zuweilen wird auch das haben verbissen: er will sie nicht. Sie sollen meine Tochter haben, zur Frau. Sie hat einen Geistlichen, zum Manne. Der Mensch hat an seinem Gesichte den wachsamsten Hüther wider die Gefahren des Lebens, Gell. Ich habe die Sache nicht bey der Hand. Wissen sie auch, wen sie vor sich haben? Einfluß auf etwas haben. Den Grund seines Daseyns in etwas haben. Zuweilen bekommt das Verbum in diesen Fällen einen stärkern Nebenbegriff der Thätigkeit, so daß es nicht bloß einen leidentlichen Zustand des Subjectes bezeichnet. Seinen Scherz, sein Gespött mit etwas haben. Jemanden zum Besten, zum Narren haben. Eine Unterredung mit jemanden haben. Acht auf etwas haben. Ein wachsames Auge auf etwas haben. (b) Besonders. (aa) Für empfinden, in der weitesten Bedeutung, sich einer Sache als gegenwärtig bewußt seyn. Schmerzen haben. Seine Freude, seine Lust, sein Vergnügen an etwas, einen Groll wider jemanden haben. Ekel, Widerwillen, Abscheu an oder gegen etwas haben. Lust zu etwas haben. Durst, Hunger haben. Liebe, Hochachtung gegen etwas haben. Etwas gern haben, es mit Lust empfinden. Mitleid gegen jemanden, mit jemanden haben. Jemanden in Verdacht haben, Verdacht gegen ihn empfinden. Viele Noth, vielen Kummer, viele Sorgen haben. Das hab ich am Gefühle, am Griffe. Jemanden lieb haben, Liebe gegen ihn empfinden. Weder Scheu noch Scham haben. (bb) Zuweilen auch hier mit dem Nebenbegriffe der Thätigkeit, seine Empfindung thätig machen. Geduld mit jemanden haben. Haben sie die Gnade, die Liebe, Die Freundschaft für mich u. s. f. Einem Dank haben; eine im Hochdeutschen veraltete Redensart. Seine Andacht haben. (cc) Das Verhältniß des Subjectes gegen das Object in Ansehung der Gewalt, des Eigenthumes, des Besitzes, des Nießbrauches u. s. f. zu bezeichnen, fähig seyn, die Veränderungen eines Dinges willkürlich zu bestimmen; eine Fähigkeit, die sehr viele Stufen hat, welche das haben in manchen Fällen insgesammt ausdrucket. (1) Der physischen, körperlichen Gewalt nach. Jetzt haben wir den Dieb. Kaum naht' ich mich dem Ton, So hatte mich das Netz auch schon, Gell. Da haben wirs! im gemeinen Leben, die Verwunderung über eine unerwartete, gemeiniglich unangenehme Sache auszudrucken. (2) Dem Eigenthume nach, alle Grade desselben auszudrucken. Viel Geld haben. Drey Häuser, ein Rittergut, einen schönen Garten haben. Er hat nichts, kein Vermögen. Der Geitzige will alles haben. Ich mag es nicht haben. Je mehr man hat, je mehr man haben will. In einigen Fällen auch mit dem Infinitiv und dem Wörtchen zu. Zu leben haben. Er hat zu bezahlen. (3) Dem Besitze, und dessen verschiedenen Arten nach. Wer hat, der hat, beati possidentes. Hab ich, ist besser als hätt ich. Getreue Unterthanen haben. Von wem haben sie das Geld? Du hast meine ganze Liebe. Bis auf den Abend sollst du Zeit haben. Sie haben mein Wort. Genug haben. Hast du genug, so hast du viel. Er will es nicht wieder haben. Geld auf Zinsen stehen haben. Vieles Geld liegen haben. Ich habe einen guten Vorschlag für dich. Ich habe einen Brief an dich. Ich habe diese Nachricht von deinem Bruder. Ich habe Befehl zu kommen. (4) Verschiedenen schwächern Arten des Einflusses nach. Wo haben sie das Buch? Wo hast du deinen Bruder? Eine Arbeit fertig haben. Waaren feil haben. Seine Gedanken anderswo haben (5) Für bekommen, von einem künftigen Besitze. Morgen sollen sie ihr Geld haben. Ich soll es noch wieder haben. Ich kann diese Waare hier nicht haben, sie ist hier nicht zu haben. Man kann fürs Geld alles haben. (dd) Nutzen, Gewinn haben, in der vertraulichen Sprechart. Ich habe nichts an dieser Waare. Was hätt' ich aber nun die ganze Zeit vom Lachen? Rost. Ich möchte wissen, was ich von dem ewig langen Schlafen hätte, Weiße. 3. Figürlich. 1) Er will es so haben, d. i. er verlangt, daß es so geschehen soll. Wenn sie es so haben wollen. Ich will es nicht haben, will nicht, daß es geschehe. Ich weiß gar nicht, was sie haben wollen. Wie man es gerne hat. Wo haben auch ausgelassen wird. Das möchte ich nun nicht gerne. Ich weiß gar nicht was sie wollen. 2) Mit dem Infinitive und dem Wörtchen zu bezeichnet es sehr oft eine moralische Nothwendigkeit. Einen Befehl. Du hast dich dabey einzufinden. Wornach ihr euch zu richten habet. Du hast meinen Befehlen zu gehorchen. Eine Verbindlichkeit. Einem viel zu danken haben. Einen Zwang. Wie lange werde ich den Zorn der Götter noch zu erdulden haben! Viel Ungemach auszustehen haben. Eine Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit. Eine reiche Erbschaft zu hoffen haben. Du hast nichts zu hoffen. Das hat was zu bedeuten. Einen Bewegungsgrund, eine Ursache, eine Veranlassung. Was hast du mit dir allein zu reden? Jetzt wird die Welt wieder was zu lachen haben. Ich habe zu studiren, zu thun, zu arbeiten. Haben sie was dawider einzuwenden? Etwas mit einem auszumachen haben. Einen Vorsatz, einen Willen. Ich habe dir vieles zu sagen. Ich habe ihnen einen guten Vorschlag zu thun. Haben sie mich noch wohin zu schicken? Das hat nichts zu sagen, hat keine Folgen. Es hat gar viel zu sagen, hat wichtige Folgen. Ein Recht. Sie haben zu befehlen. Was hast du hier zu lärmen? Du hast dich nicht in diese Sache zu mischen. Was hast du darnach zu fragen? Ich habe dir zu befehlen. Oft auch nur das Daseyn einer Sache. Mit jemanden zu thun haben, mit ihm Geschäfte haben, in Verbindung stehen. Zu thun haben, mit Arbeit versehen seyn. Nichts zu essen haben. Wo das haben mit zu auch zuweilen ausgelassen wird. Ich habe nichts dawider, nehmlich zu sagen, oder einzuwenden. Ich habe nicht weit nach Hause, d. i. zu gehen, zu reisen. Ich hätte noch eine Bitte an sie, zu thun. 3) In einigen Fällen ist die ganze R. A. figürlich. Etwas nicht Umgang haben können, es nicht vermeiden können. Er will es nicht Wort haben, nicht gestehen. Du sollst es gut bey mir haben, es soll dir wohl bey mir gehen. Wohl dir, du hast es gut. Du hast gut sagen, gut machen u. s. f. dir fällt es leicht das zu sagen, zu machen. Er hat es auf Ein Mahl bey mir weg, er hat meine Gunst verscherzet. Das hat mich Wunder, es nimmt mich Wunder, wundert mich. Das mich des iemer wunder hat, Reinmar der Alte. Des muos mich iemer wunder han, Graf Kraft von Toggenburg. Ihr Wesen hat sie kein Hehl, Es. 3, 9; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, sie suchen es nicht zu verbergen. Vor einem Fremden thue nichts das dich Hehl hat, dessen du dich schämest, Sir. 8, 21. Ich habe Zeit zu gehen, es ist Zeit, daß ich gehe. 4) Unpersönlich bedeutet es zuweilen so viel als da seyn, vorhanden seyn. Man hat kein Beyspiel davon. Ingleichen mit dem Wörtchen es. Es hat keine Eile, es ist keine Ursache zur Eile vorhanden. Es hat keine Noth, es ist keine Nothwendigkeit vorhanden. Mit ihm hat es keine Noth, keine Gefahr, in Ansehung seiner ist keine Noth, keine Gefahr vorhanden. Da hat es gute Wege! da ist nichts zu befürchten. Es hat seine Richtigkeit, es ist richtig. Im Hochdeutschen ist diese Art zu reden nur einigen eingeführten Fällen vorbehalten. Im Oberdeutschen hingegen wird es hat fast ohne Ausnahme für es gibt gebraucht. Da es vor Zeiten reiche Bauern gehabt, Bluntschli. In Zürch hat es neunzehen Glocken, ebend. Weil es dies Ortes viel hohe Gebirge hat, Matthes. Zu sagen, daß es viel, so falsch ist, drinnen hat, Opitz. Sey Herrscher aller Enden So weit es Volk von deinen Feinden hat, ebend. Viel Helden hat es jetzt, so hats auch viel Poeten, Logau. Ohne Zweifel haben die Franzosen ihr il y a daher. Ein anderer unpersönlicher Gebrauch ist im Hochdeutschen im gemeinen Leben und in der vertraulichen Sprechart üblich, einen mit Spott oder Unwillen verbundenen Zweifel an den Tag zu legen. Ja, es hat sich wohl! Weiße. Ach, es hat sich was mit dem Galgen! Less. II. Als ein Hülfswort, welches die vergangenen Zeiten der thätigen Zeitwörter, der Reciprocorum und vieler Neutrorum bilden hilft. Es hat sich alle Tage ein Hinderniß finden müssen. Wer hätte das glauben sollen? Habe ich dich nicht bitten müssen! Habe ich ihn doch nicht kommen sehen. Hätte ich dich nicht gedacht, daß er so stolz wäre. Wohin auch einige besondere Arten des Gebrauches dieses Hülfswortes gehören. Das will ich dir hiermit gesagt haben, nachdrücklich, und befehlsweise. Er ist ein ehrvergessener Mann! doch ich will ihn nicht geschimpft haben, es soll nicht als eine Beschimpfung angesehen werden. Die fehlerhaften Arten des Gebrauches dieses Hülfswortes, ich habe es ihm gesagt, für, ich hatte es ihm gesagt, ich hätte es ihm geben würden, ich würde es ihm gegeben haben, aus Dero Schreiben habe zu vernehmen gehabt, für, habe vernommen, u. a. m. gehören, so wie die ganze Lehre von dem Gebrauche dieses Hülfswortes, in die Sprachlehre. Eine sehr wichtige Frage ist es, welche Neutra das Hülfswort seyn, und welche das Hülfswort haben bekommen; zumahl da die Mundarten hier sehr von einander abweichen. Die Hauptregel ist freylich diese, daß diejenigen, welche ein mehr thätiges Verhalten bezeichnen, das haben, diejenigen oder, welche einen mehr leidentlichen Zustand ausdrucken, das seyn bekommen. Da nun ein und eben dasselbe Neutrum zuweilen beyde Bedeutungen hat, oder doch unter beyden Bestimmungen betrachtet werden kann, z. B. Bav ist nach Frankreich gereiset, und, Bav hat in seinem Leben viel gereiset: so wird daraus begreiflich, wie ein und eben dasselbe Neutrum zuweilen beyde Hülfswörter bekommen könne. S. die Sprachlehre, wo umständlich davon gehandelt wird.

Anm. 1. Wegen der unzähligen Fälle, in welchen dieses Wort, wenn es ein für sich bestehendes Zeitwort ist, gebraucht wird, haben hier um der Kürze willen nur die allgemeinsten und häufigsten Classen derselben angeführet werden können. Eine größere Vollständigkeit würde auch um deßwillen von geringerm Nutzen gewesen seyn, da es in den meisten Fällen auf den Gebrauch ankommt, ob haben in denselben eingeführet ist, oder nicht. So sagt man z. B. wohl, Reichthum, Vermögen, Mangel, Überfluß haben, aber nicht Armuth haben; ein schönes, ein großes Rittergut haben, aber nicht gern, ein großes Reich haben; der Teich hat viele Fische, das Haus viele Zimmer, die Stadt viele Einwohner, aber nicht, die Kirche hat viele Leute, das Zimmer hat viele Personen; und so in andern Fällen mehr.

Anm. 2. Dieses Zeitwort lautet bey dem Ulphilas haban, bey dem Kero und den spätern Oberdeutschen Schriftstellern gleichfalls haben, im Angels. haebban, im Nieders. hebben, im Schwed. hafwa, im Engl. to have, im Franz. avoir, im Lat. habere, und bey den Griechen, dem Hesychius zu Folge, wenigstens einigen Lesearten nach, auch - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - für - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Es scheinet zu dem alten Gaff, die hohle Hand, Lat. cavus, hohl, und capere, nehmen, zu gehören, da es denn ursprünglich in der Hand halten, oder mit der Hand ergreifen bedeuten, und das Neutrum von dem Activo geben seyn würde, mit welchem es in manchen Bedeutungen überein kommt; z. B. Acht haben und Acht geben, es hat und es gibt, für es ist. S. Geben, Heben, Habicht, Haften und Handhaben. In der Pfalz ist die Hablosigkeit das Contract seyn der Glieder, da selbige starr sind und sich nicht haben, d. i. biegen und bewegen lassen.

Anm. 3. In denjenigen Personen und Zeiten, welche ein b mit einem darauf folgenden e haben, ich habe, habe du, haben, ist das a gedehnt, in den übrigen aber geschärft. Das Mittelwort der gegenwärtigen Zeit wird, außer dem wohlhabend, im Hochdeutschen nicht leicht gebraucht. Auch das Mittelwort der vergangenen Zeit ist außer der Conjugation selten. Nur im gemeinen Leben sagt man, ich danke für die gehabte Mühe. Im Oberdeutschen ging es, wenigstens in einigen Gegenden, ehedem regulär; haben, er hat, Kero, thu hebitos, du hattest, um das Jahr 800. In handhaben gehet es völlig regulär. In andern Gegenden ziehet man so wohl haben, als ich habe, in han zusammen.


Haber (W3) [Adelung]


Der Haber, S. Hafer.


Haberecht (W3) [Adelung]


Der Haberecht, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, ein Mensch, der immer Recht haben will. Nieders. Hebberecht. Daher haberechten, Recht haben wollen, streiten, Nieders. hebberechten, und die Haberechterey, diese Unart.


Habgier (W3) [Adelung]


Die Habgier, plur. car. die ungeordnete Begierde zu haben, d. i. zeitliches Gut zu besitzen. Daher habgierig, -er, -ste, Habgier besitzend, darin gegründet.


Habhaft (W3) [Adelung]


Habhaft, adv. haben, welches die zweyte Endung des Hauptwortes erfordert, und im Hochdeutschen nur dem Zeitworte werden üblich ist. Eines Dinges habhaft werden, es in seine Gewalt bekommen. Eines flüchtigen Missethäters nicht habhaft werden können. Im Oberdeutschen wird es auch den Zeitwörtern seyn und machen zugesellet. S. -haft.


Habicht (W3) [Adelung]


1. Der Habicht, des -es, plur. die -e, eine Art eßbarer Erdschwämme, von fahler oder graulicher Farbe, welche wie viele in einander gesteckte Dütchen aussehen, und gern in Eichenwäldern wachsen.


Habicht (W3) [Adelung]


2. Der Habicht, des -es, plur. die -e, ein Raubvogel mit vier bloßen Zähen, krummen Klauen und einem gekrümmten Schnabel, welcher den Vögeln in freyer Luft und zuweilen auch den Fischen im Wasser nachstellet, mit einem Schusse auf sie zufähret, und sie entweder auf der Erde oder auf den Bäumen verzehret. Diejenigen Vögel, welche man im gemeinen Leben mit diesem Nahmen beleget, gehören zu den Falken, und machen die gemeinste Art derselben aus. Bey den neuern Schriftstellern des Naturreiches, z. B. dem Klein, ist Habicht, Lat. Accipiter, ein allgemeines Geschlechtswort, welches die Adler, die Geyer, die Falken und Eulen als so viele Arten unter sich begreift.

Anm. Bey dem Willeram Habeche, bey dem Stryker Habich, im Schwabensp. Haebche, im Nieders. Havik, Haavk, im Angels. Hafoc, Hafuc, im Engl. Hawk, im Wallis. Hebog, im Isländ. mit Weglassung des Blaselautes Haukur, im Finnl. Haucka, woraus denn das Dän. Hog, und Schwed. Hök entstanden ist. Ohne Zweifel stammet es von haben, fangen, her, dessen Frequent. happen noch im Nieders. üblich ist; so wie das Lat. Accipiter von accipere, und das mittlere Lat. Capus, Capulus, ein Habicht, von capere herkommen. Indessen könnte man es auch von Haken herleiten, die krumme Gestalt des Schnabels und der Klauen dieses Vogels zu bezeichnen; da denn aus Hauk, Hök und Hög bloß durch eine eingeschobene Verlängerung Hawik und Habicht entstanden seyn würde. Der Falke hat seinen Nahmen eben diesem Umstande zu verdanken. In einigen Gegenden wird der Habicht auch Hacht, Eichvogel, im Oberdeutschen Sprinz, und in andern das Männchen des Habichtes Tärz genannt. S. auch Raubvogel.


Habichtsfang (W3) [Adelung]


Der Habichtsfang, des -es, plur. die -fänge. 1) Die Handlung, da man Habichte fängt; ohne Plural. Auf den Habichtsfang ausgehen. 2) Ein Korb oder Netz, in welchem man ein Huhn verbirget, den Habicht darin zu fangen; ein Habichtskorb oder Habichtsnetz.


Habichtskraut (W3) [Adelung]


Das Habichtskraut, des -es, plur. inus. eine Pflanze, welche auf den Feldern wild wächset, auch gelbe Wegwarte, Buchkohl, genannt wird, und den Augen sehr heilsam ist; Hieracium L. Engl. Hawkweed, Norw. Dild. Der große Haufe glaubt, daß der Habicht damit seine Augen schärfe, wenn sie ihm im Alter dunkel geworden.


Habichtsnase (W3) [Adelung]


Die Habichtsnase, plur. die -n, eine auswärts gekrümmte Nase, in Gestalt eines Habichtsschnabels; eine Adlersnase.


Habichtsnetz (W3) [Adelung]


Das Habichtsnetz, des -es, plur. die -e, ein aufgestelltes Netz, Habichte und andere Raubvögel darin zu fangen; das Stoßgarn, Stoßnetz, Rinnengarn.


Habichtsschnabel (W3) [Adelung]


Der Habichtsschnabel, des -s, plur. die -schnäbel, eigentlich, der Schnabel eines Habichtes. Figürlich auch ein Nahme einer Art Seeschildkröten, ohne Zweifel wegen einer Ähnlichkeit in der Gestalt.


Häbig (W3) [Adelung]


Häbig, S. Gehäbe.


Habit (W3) [Adelung]


Der Habit, des -es, plur. die -e, aus dem Latein. Habitus und Franz. Habit, die Kleidung, im gemeinen Leben. Der Jagdhabit, die Jagdkleidung, Mönchshabit, Mönchskleidung u. s. f. Frisch bemerkt, daß dieses fremde Wort im Deutschen schon alt ist, und sich bereits bey dem Jeroschin befindet.


Hablosigkeit (W3) [Adelung]


Die Hablosigkeit, plur. inus. S. Haben

Anm. 2.


Habschaft (W3) [Adelung]


Die Habschaft, plur. die -en, S. das folgende.


Habsucht (W3) [Adelung]


Die Habsucht, plur. car. die Sucht, d. i. heftige und anhaltende unordentliche Begierde, zu haben, oder zeitliches Vermögen zu besitzen.


Habsüchtig (W3) [Adelung]


Habsüchtig, -er, -ste, adj. et adv. Habsucht habend, in derselben gegründet.


Hache (W3) [Adelung]


+ Der Hache, des -n, plur. die -n, ein nur in den niedrigen Sprecharten und mit dem Beyworte grob übliches Wort. Ein grober Hache, ein grober Mensch, im verächtlichen Verstande. Haco, Hacho, war ehedem ein gangbarer Vornahme, welcher aber hierher nicht zu gehören scheinet.


Hachel (W3) [Adelung]


Die Hachel, plur. die -n, in den gemeinen Mundarten lange dünne Stacheln, dergleichen die Getreideähren haben, und welche an andern Orten Grannen, Acheln oder Agen genannt werden, von welchen letzten Wörtern es nur durch den vorgesetzten Hauchlaut unterschieden ist.


Hächel (W3) [Adelung]


Die Hächel, und Hächeln, S. Hechel u. s. f.


Hachelkraut (W3) [Adelung]


Das Hachelkraut, des -es, plur. inus. an einigen Orten, ein Nahme des Hauhechels, besonders des stacheligen; Ononis spinosa L. S. Hauhechel.


Hächse (W3) [Adelung]


Die Hächse, S. Häkse.


Hachtgericht (W3) [Adelung]


* Das Hachtgericht, des -es, plur. die -e, eines von den fünf kleinern oder so genannten Flügelsgerichten zu Cöln am Rheine. Von dem Nieders. Hacht, Hechte, für Haft, nach einer gewöhnlichen Verwechselung der Hauch- und Blaselaute; eigentlich das Haftgericht.


Hack (W3) [Adelung]


+ Hack, ein nur in den niedrigen Sprecharten Ober- und Niedersachsens, und in der Redensart, Hack und Mack übliches Wort, schlechte Dinge, geringen Pöbel aller Art und unter einander zu bezeichnen; in Lübeck Hack und Pack, im Meklenb. Hüsk und Schlüsk. Hüß bedeutet daselbst ein Schwein. Ist Hack auf ähnliche Art unser Hacksch, ein Eber, und gehöret Mack zu Mage, Verwandtschaft, so würde Hock und Mack ein Schwein mit der gesammten werthen Familie bedeuten. Allein da im Schwed. Hack die geringste und niedrigste Karte im Kartenspiele bedeutet, so muß es wohl überhaupt das schlechteste in seiner Art bezeichnen, S. auch Hagel und Mack.


Hackbalken (W3) [Adelung]


Der Hackbalken, des -s, plur. ut nom. sing. an einem Schiffe der oberste Balken am Hintertheile, worauf der Hackbort ruhet; S. dieses Wort.


Hackbank (W3) [Adelung]


Die Hackbank, plur. die -bänke, eine Bank, etwas darauf zu zerhacken; besonders in den Küchen.


Hackbeil (W3) [Adelung]


Das Hackbeil, des -es, plur. die -e, in den Küchen, ein Beil mit einem Helme oder Stiele, Fleisch und Gemüse damit zu zerhacken, oder klein zu hacken.


Hackblock (W3) [Adelung]


Der Hackblock, des -es, plur. die -blöcke, ein Block, Fleisch, Holz oder andere Dinge darauf zu hacken oder zu zerhacken; der Hackstock, Hackklotz.


Hackbort (W3) [Adelung]


Das Hackbort, des -es, plur. die -e, der oberste Theil an dem Hintertheile eines Schiffes, welcher gemeiniglich aus Bildhauerarbeit bestehet, und auch das Hackbret genannt wird. Etwa von dem Nieders. Hacke, die Ferse, der hintere Theil des Fußes, weil es einem ähnlichen Absatz am Hintertheile des Schiffes macht, wie die Ferse am Fuße? S. 2. Hacke und Bort.


Hackbret (W3) [Adelung]


Das Hackbret, des -es, plur. die -er. 1) S. das vorige. 2) In den Küchen, ein Bret mit einem Rande, Fleisch und andere Speisen darauf klein zu hacken. 3) Ein viereckiges mit Drahtsaiten bezogenes, und mit doppelten Stegen versehenes musikalisches Werkzeug, welches mit hölzernen Schlägeln gespielet, und auch das Cymbal genannt wird. Vermuthlich, weil es mit den hölzernen Schlägeln gleichsam gehacket wird.


Hacke (W3) [Adelung]


1. Die Hacke, plur. die -n, von dem Zeitworte hacken. 1) Die Verrichtung des Hackens, besonders das Behacken des Hopfeus, ingleichen die Bearbeitung eines Weinberges mit der Hacke. Die erste Hacke, oder das Karsten, geschiehet um Philippi Jacobi nach verrichteter Senke; die zweyte Hacke, oder das Wiederkarsten, kurz vor der Blüthe, und die dritte Hacke, die Beerhacke, oder die Zwiebrache, um Ägidii. 2) Ein Werkzeug zum Hacken. So wird im Oberd. eine Art eine Hacke, und Diminut. ein Häckel genannt; in welchem Verstande es noch 1 Chron. 21, 3 vorzukommen scheinet. Der Hacke leicht einen Stiel finden, figürlich, leicht einen Vorwand ersinnen. Daher die Holzhacke, Waldhacke, Zimmerhacke u. s. f. Das Franz. Hache, Span. Hacha, und Engl. Hatchet kommen gleichfalls damit überein. S. Art. In Schwaben heißt ein Bickel eine Hacke. Im Hochdeutschen führet diesen Nahmen nur ein gekrümmtes entweder breites oder spitziges Eisen an einem langen Stiele, damit in die Erde zu hacken, das Unkraut abzuhacken, oder etwas aus der Erde zu hacken, und welches auch eine Haue oder ein Karst genannt wird. Siehe Gartenhaue, Krauthacke, Radehacke, Spitzhacke, Keilhaue und Weinhacke.


Hacke (W3) [Adelung]


2. * Die Hacke, plur. die -n, ein nur im Niedersächsischen übliches Wort, die Ferse, ingleichen den Theil des Schuhes unter der Ferse, den Absatz, wie auch den Theil des Strumpfes, der die Ferse bekleidet, zu benennen. Bey den Fahnschmieden führet die Kniebeuge an den Hinterfüßen der Pferde, welche eigentlich aus sechs Knochen bestehet, den Nahmen der Hacke. Anm. Da dieses Wort in der ersten Bedeutung in einigen Gegenden auch der Haken lautet, mit einem gedehnten a, so scheinet es die Ähnlichkeit mit einem Haken oder Absatze auszudrucken. S. Häkse.


Hackeisen (W3) [Adelung]


Das Hackeisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug der Zinngießer.


Hacken (W3) [Adelung]


Hacken, verb. reg. act. welches das Iterativum oder Intensivum des Zeitwortes hauen ist, mehrmahls hauen. So wohl mit einem spitzigen Werkzeuge auf etwas stoßen, wie man von den Vögeln zu sagen pflegt, daß sie mit ihren Schnäbeln auf etwas hacken; Nieders. hicken. Als auch mit einem schneidenden Werkzeuge in kleinere Stücke hauen. Fleisch hacken, es mit dem Hackmesser in zarte Stücke hacken. Gehacktes Fleisch, Franz. Hache. Würste hacken, das Fleisch zu den Würsten. Kohl, Eyer hacken. Holz hacken, es mit der Art in kleinere Stücke zum Verbrennen hauen, wofür man in Niedersachsen Holz hauen sagt. Es ist ein guter Narr, ich wollte Holz auf ihm hacken, im gemeinen Leben. Ingleichen mit der Hacke bearbeiten. Die Erde in den Weinbergen hacken, oder den Weinberg hacken, die Erde mit der Hacke auflockern und von dem Unkraute reinigen. S. 1. Hacke. Figürlich sagt man auch von der Milch, daß sie sich hacke, wenn sie gerinnet, und dadurch das Ansehen eines zerhackten festern Körpers bekommt. S. Gerinnen. Nach einer noch andern Figur nennet man ungleich singen, eine Sache ungleich bearbeiten u. s. f. im gemeinen Leben hacken, so wie hacka im Schwed. und to hack im Engl. auch stottern und stammeln bedeutet.

Anm. Im Nieders. gleichfalls hacken, im Engl. to hack, im Schwed. hacka, im Ital. acciare.


Hacker (W3) [Adelung]


Der Hacker, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher hackt; aus dem Hacken seine vornehmste Beschäftigung macht. S. Holzhacker, Fleischhacker. In Franken werden die Winzer Häcker genannt, weil das Hacken in den Weinbergen eine ihrer vornehmsten Beschäftigungen ist.


Häcker (W3) [Adelung]


Der Häcker, des -s, plur. inus. 1) Siehe das vorige. 2) In einigen Gegenden, der Häckerling.


Häckerling (W3) [Adelung]


Der Häckerling, des -es, plur. inus. ein Collectivum, klein geschnittenes Stroh zu bezeichnen, besonders so fern es zum Futter für die Pferde und das Rindvieh bestimmt ist. Stroh zu Häckerling schneiden. Häckerling schneiden. Die Pferde zum Häckerlinge gewöhnen. Einer Braut Häckerling streuen, eine unter dem Pöbel übliche Gewohnheit, den Tag vor der Hochzeit vor der Hausthüre einer Braut, deren Keuschheit man für verdächtig hält, zum Schimpfe Häckerling zu streuen.

Anm. Im Oberdeutschen wird es auch im Plural allein gebraucht, die Häckerlinge. Es stammet von Hacken her, entweder so fern es ehedem auch schneiden bedeutet hat, oder so fern man ehedem den Häckerling nicht zu schneiden, sondern zu hacken pflegte. Es wird daher billig mit einem ä geschrieben. Im Hochdeutschen ist dafür auch Häcksel, Nieders. Hackels, im Oberdeutschen aber Häcker üblich.


Häckerlingsbank (W3) [Adelung]


Die Häckerlingsbank, plur. die -bänke, ein Gestell von Holz in Gestalt einer Lade, den Häckerling darauf zu schneiden; die Futterbank, Futterlade, der Siedekasten; S. Siede.


Hackerlohn (W3) [Adelung]


Der Hackerlohn, des -es, plur. inus. derjenige Lohn, welchen man für das Hacken, so wohl des Holzes, als im Garten; in den Weinbergen u. s. f. bezahlet.


Hackklotz (W3) [Adelung]


Der Hackklotz, des -es, plur. die -klötze, S. Hackblock.


Hackmesser (W3) [Adelung]


Das Hackmesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein langes und breites schweres Messer mit einer Handhabe, allerley Bedürfnisse damit klein zu hacken.


Hacksch (W3) [Adelung]


Der Hacksch, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben einiger Gegenden, der Eber der zahmen Schweine, und figürlich in den niedrigen Sprecharten auch so wohl ein säuischer Mensch, als auch ein unfläthiger Zotenreißer. Daher hackschen, gleichfalls nur in den niedrigen Sprecharten, Zoten reißen.

Anm. An einigen Orten auch Häcker. Im Engl. ist Hog ein Schwein, und hoggish säuisch, im mittlern Latein. aber Hogaster ein junges Schwein. S. Eber.


Hackscheit (W3) [Adelung]


Das Hackscheit, S. Hakscheit.


Häckse (W3) [Adelung]


Die Häckse, S. Häkse.


Häcksel (W3) [Adelung]


Der Häcksel, des -s, plur. inus. S. Häckerling.


Hackstock (W3) [Adelung]


Der Hackstock, des -es, plur. die -stöcke, S. Hackblock.


Haddig (W3) [Adelung]


* Der Haddig, des -es, plur. inus. in einigen Niedersächsischen Gegenden, ein Nahme des Attiches; Sambucus Ebulus L. S. Attich.


Hadel (W3) [Adelung]


Die Hadel, plur. die -n, ein gutes, aber im Hochdeutschen unbekanntes Wort, einen Haufen mehrerer herab hangender Ähren an manchen Gewächsen, z. B. der Hirse, manchen Grasarten u. s. f. zu bezeichnen. Daher das Hadelgras, diejenige Grasart, welche solche Hadeln hat, Gramen paniculatum, wohin der Bromus L. gehöret. S. das folgende.


Hader (W3) [Adelung]


1. Der Hader, des -s, plur. die -n, alte Lumpen, alte, unbrauchbare Stücke Zeuges aller Art. Das Papier wird aus Hadern zubereitet, aus Lumpen. Hadern sammeln. Daher ein Fußhader oder Schuhhader, ein Lappen, die Füße daran abzuwischen; ein Küchenhader u. s. f. S. Haderlumpen.

Anm. Man kennet dieses Wort auch in einigen Niedersächsischen Gegenden, und da lautet es Hadder; allein im Hoch- und Oberdeutschen ist das a beständig gedehnt. Im Böhmischen heißt ein Lumpen Hadry. Gottscheds Ausspruch S. 123 der größern Sprachkunst: "Hadern, Lumpen. NB dieß Wort ist nur aus dem Geschrey der Lumpensammler, nach der pöbelhaften Aussprache, entstanden: Hat ir Lumpen? d. i. habt ihr Lumpen? Daher man zum Spotte gesagt eine Haderlump, und endlich allein ein Hader, die Hadern; aber falsch;" bringt seiner etymologischen Einsicht wenig Ehre. Herr Stosch leitet es von dem Niedersächs. sich häddern, sich verwirren, her, ( S. Hadersuppe) und erkläret es durch einen so fern zerrissenen Lumpen, dessen Fäden sich in einander verwickeln. Diesen Begriff verknüpfet man mit dem Worte Hader im Oberdeutschen, wo dieses Wort eigentlich zu Hause ist, zuverlässig nicht. Das Franz. Haillon scheinet damit verwandt zu seyn. S. das vorige. Vielleicht ist in Hadel und Hader der Begriff des Herabhangens der herrschende.


Hader (W3) [Adelung]


2. Der Hader, des -s, plur. inus. ein im Hochdeutschen gleichfalls selten gewordenes Wort, einen jeden heftigen mit Zorn und Haß verbundenen Streit mit Worten, einen Zank, zu bezeichnen. Wie kann ich allein solche Mühe und Last und Hader von euch ertragen? 5 Mos. 1, 12. Wenn ein Hader ist zwischen Männern, so soll man sie vor Gericht bringen, 5 Mos. 25, 1. Das Loos stillet den Hader, Sprichw. 18, 18. Fragen und Wortkriege, aus welchen entspringt Neid, Hader und Lästerung, 1 Timoth. 6, 4. Der Eid machet ein Ende alles Haders, Ehr. 6, 16.

Anm. Dieses Wort lautet im Böhm. Hadrunk, und bey den Krainerischen Wenden Ardria. Frisch hält es für eine Figur des vorigen Wortes; allein es gehöret unstreitig zu dem Zeitworte hassen, welches in vielen Mundarten statt des Zischlautes ein d oder t hat, wie im Dän. hade, im Angels. hatian, im Schwed. hata u. s. f. daher im Isländ. Hatr, und im Engl. Harred, Haß bedeutet. Das Deutsche Hader selbst leidet diese Bedeutung in vielen biblischen Stellen, S. Hassen. In einigen Märkischen Gegenden ist Atter Ärger, atterig ärgerlich, und ättern sich ereifern. Im Oberdeutschen wird Hader auch von einem gerichtlichen Streite, von einem Prozesse über geringe Sachen gebraucht.


Haderbuch (W3) [Adelung]


Das Haderbuch, des -es, plur. die -bücher, in einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. zu Nürnberg, ein gerichtliches Buch, worin die Prozesse über unerhebliche Sachen, z. B. über Injurien, verzeichnet werden.


Haderer (W3) [Adelung]


1. Der Haderer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schweinen, die vier großen hervor stehenden Zähne, welche auch Wehrzähne, das Gewerf, das Gewäff, die Waffen genannt werden. Vielleicht ist es aus Hauer verderbt, welchen Nahmen sie im gemeinen Leben gleichfalls führen.


Haderer (W3) [Adelung]


2. Der Haderer, des -s, plur. ut nom. sing. von dem Zeitworte hadern, ein Zänker, zänkischer Mensch, den man im gemeinen Leben wohl einen Haderbalg und eine Haderkatze zu nennen pfleget. Herr hadere mit meinen Haderern, Ps. 35, 1. Sie wollen nun als Helden fechten Und nicht wie kleine Hadrer rechten, Haged.


Hadergericht (W3) [Adelung]


Das Hadergericht, des -es, plur. die -e, in einigen Oberdeutschen Gegenden, ein Nahme eines Untergerichts, wo geringe Streithändel, besonders Injurien abgethan werden.


Haderhaft (W3) [Adelung]


Haderhaft, oder haderhaftig, adj. et adv. welches im Oberdeutschen am üblichsten ist, zum Hadern geneigt, zänkisch. Ein Bischof soll nicht haderhaftig seyn, 1 Tim. 3, 3.


Haderhaft (W3) [Adelung]


Haderhaft, oder haderhaftig, adj. et adv. welches im Oberdeutschen am üblichsten ist, zum Hadern geneigt, zänkisch. Ein Bischof soll nicht haderhaftig seyn, 1 Tim. 3, 3.


Haderlumpen (W3) [Adelung]


Die Haderlumpen, sing. inus. welches im gemeinen Leben nur von denjenige Hadern oder Lumpen üblich ist, welche zum Gebrauche der Papiermühlen, von gewissen dazu bestellten Personen, welche Lumpensammler, Hadersammler und im gemeinen Leben Haderlumpenmänner heißen, gesammelt werden. Freylich ist das Wort eine Tavtologie, welche daher entstanden seyn kann, weil diese Leute bey dem Ausrufen ihres Bedürfnisses zu dem Oberdeutschen, den Sachsen weniger bekannten Hader, noch das bekannte Lumpen als eine Erklärung beygefüget. Siehe 1. Hader.


Hadermesser (W3) [Adelung]


Das Hadermesser, des -s, plur. ut nom. sing. auf den Papiermühlen, ein großes Messer, die Hadern oder Lumpen damit zu zerschneiden. S. Haderschneider.


Hadern (W3) [Adelung]


Hadern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) * Eigentlich, zürnen, seinen Haß oder Zorn merklich machen; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher es in der Deutschen Bibel von Gott gesagt wird. Ich will nicht immerdar hadern, noch ewiglich zürnen, Es. 57, 16. Ps. 103, 9. 2) Aus Zorn oder Unwillen mit Worten streiten, zanken. Wenn Männer mit einander hadern, 2 Mos. 21, 19. Das Volk haderte mit Mose, 4 Mos. 20, 3. Hadere nicht mit jemand ohne Ursache, Sprichw. 3, 30. O hadre nicht um kleiner Sache willen, Schleg. Überhaupt höre ich Segesten mehr hadern als streiten, Sonnenf. Auch von dem Streiten vor Gerichte, von dem Prozessiren, wird es zuweilen im verächtlichen Verstande gebraucht. S. 2. Hader.


Haderschneider (W3) [Adelung]


Der Haderschneider, des -s, plur. ut nom. sing. auf den Papiermühlen, eine Maschine in Gestalt einer Häckerlingsbank, die Hadern oder Lumpen damit zu zerschneiden.


Hadersüchtig (W3) [Adelung]


Hadersüchtig, -er, -ste, adj. et adv. in einem hohen Grade zum Hadern geneigt, zanksüchtig. So auch die Hadersucht.


Hadersuppe (W3) [Adelung]


Die Hadersuppe, plur. die -n, im gemeinen Leben Obersachsens, eine Suppe, welche aus Wasser oder Fleischbrühe bestehet, in welche, wenn sie kochet, man zerklopfte Eyer laufen lässet, welche sich darin zertheilen, und zu einem Gehäder werden. Vermuthlich vom Nieders. sich hadern, sich verwirren. Siehe 1. Hader Anm.


Häfen (W3) [Adelung]


Die Häfen, S. Hefen.


Hafen (W3) [Adelung]


1. Der Hafen, des -s, plur. die Häfen, ein am meisten im Oberdeutschen übliches Wort, ein Geschirr, und in engerer Bedeutung, einen Topf zu bezeichnen. Ein kupferner Hafen. Ein gegossener Hafen, ein Grapen. Am häufigsten werden daselbst irdene Geschirre, besonders Töpfe, Häfen genannt. In Einem Hafen zwey, Suppen sieden; und, man kann an den Scherben sehen, was am Hafen gewesen ist, sind im Oberd. übliche sprichwörtliche Redensarten.

Anm. Schon bey dem Notker und in den Monseeischen Glossen heißt ein Topf Hauen, Hauan. Es gehöret wohl, wie schon andere angemerket haben, zu dem Zeitworte haben, so fern es enthalten bedeutet, etwas Hohles, Lat. cavus, worin man andere Dinge haben, oder aufbehalten kann; daher einige Oberdeutsche Schriftsteller die Hirnschale auch den Haupthafen nennen. Aus ähnlicher Ursache werden in der Schweiz auch die Höhlen in den Bergen, in welchen sich Krystall befindet, Häfen oder Keller genannt. S. Hafner.


Hafen (W3) [Adelung]


2. Der Hafen, des -s, plur. die Häfen, in der Schifffahrt, eine Bucht an der See, wo sich Schiffe sicher vor Anker legen können, ohne von den Winden getroffen zu werden. Ein natürlicher Hafen, der auch nur eine Bucht, ein Ankerplatz, Franz. Cul de sac genannt wird, zum Unterschiede von einem durch die Kunst bereiteten oder verbesserten, welcher in engerer Bedeutung den Nahmen eines Hafens führet. Eine Stadt mit einem sichern Hafen. In den Hafen einlaufen. Die Schiffe liegen im Hafen. Einen Hafen räumen, ihn von dem Sande und Schlamme reinigen. Einen Hafen sperren, die Ein- und Ausfahrt hindern. Die fünf Häfen, in England, die Häfen zu Hastings, Ramney, Huh, Dover und Sandwich, welche ihre eigenen Aufseher haben und in dem Engländischen Staatsrechte von alten Zeiten her bekannt sind.

Anm. Bey dem Burggr. von Rietenburg der Habe, im Heldenbuche und der Preußischen Landesordnung die Hab, die Habe, im Nieders. Haven, im Engl. Haven, im Dän. Havn, im Schwed. Hamn, im Gallischen und Wallis. Aber, im Französ. Havre, im mittlern Lat. Habulum. Die Ähnlichkeit mit dem folgenden Worte Haff hat viele verleitet, es auch von demselben abstammen zu lassen. Ihre leitet es von hemmen ab, weil die Wuth der Winde daselbst gehemmet werde. Wahrscheinlicher ist Frischens und anderer Ableitung von haben, behalten, weil die Schiffe daselbst vor aller Gefahr behalten sind. Im Nieders. ist daher Havenung, Hävenung, Havenje, ein jeder Ort, wo man für Wind und Regen gedecket ist, z. B. ein Gebüsch, ein Gebäude u. s. f. Im Schwed. bedeutete hama ehedem bedecken, wovon auf ähnliche Art das Schwed. Hamn, ein Hafen, herstammen kann. Gottscheds Neuerung, dieses Wort wider allen bisherigen Sprachgebrauch mit den Niedersachsen Haven zu schreiben, um es von dem Oberdeutschen Hafen, ein Topf, zu unterscheiden, gehöret zu seinen seltsamen Unterscheidungsgrillen. Notker nennet einen Hafen Stedi, nach dem Lat. Statio. S. Gestade.


Hafenanker (W3) [Adelung]


Der Hafenanker, des -s, plur. ut nom. sing. ein Anker, welcher immer an einem und eben demselben Orte, besonders an dem Ufer in den Häfen, fest gemacht wird, und zuweilen nur Einen Arm hat, die Schiffe mit einem Seile daran anzubinden; Franz. Ancre a demeure, Ancre d'amarrage.


Hafen-Capitän (W3) [Adelung]


Der Hafen-Capitän, des -es, plur. die -e, ein vornehmer Bedienter in ansehnlichen Häfen, welcher für die Ordnung und Sicherheit des Hafens sorget, und die darin befindlichen Zeughäuser und Truppen unter seiner Aufsicht hat. In Kopen- hagen und Stockholm wird er Holm-Major genannt. Siehe Hafenmeister.


Hafengast (W3) [Adelung]


Der Hafengast, des -es, plur. die -gäste, diejenigen Schiffer, welche einen Hafen besuchen, sich in einem Hafen vor Anker legen. S. Gast.


Hafengeld (W3) [Adelung]


Das Hafengeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, dasjenige Geld, welches die Schiffe für die Freyheit, sich eines Hafens zu bedienen, bezahlen müssen.


Hafenleuchte (W3) [Adelung]


Die Hafenleuchte, plur. die -n, eine große Leuchte oder ein brennendes Feuer auf einem erhabenen Orte, fremden Schiffen zur Nachtzeit den Weg in den Hafen zu zeigen; Pharus. S. Bake.


Hafenmeister (W3) [Adelung]


Der Hafenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein Beamter, welcher die Aufsicht über einen Hafen und die Schiffe in demselben hat, und in großen befestigten Häfen Hafen-Capitän genannt wird.


Hafenräumer (W3) [Adelung]


Der Hafenräumer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Maschine auf einem Fahrzeuge, einen Hafen von dem überflüssigen Schlamme zu reinigen, welche in Holland ein Baggert genannt wird.


Hafer (W3) [Adelung]


Der Hafer, des -s, plur. inus. eine Grasart, wovon einige Arten bey uns wild wachsen; Avena L. Tauber oder wilder Hafer, Avena fatua L. S. Wiesenhafer und Windhafer. In engerer Bedeutung führet diejenige Art dieses Gewächses, welche als ein Getreide gebauet wird, und ein langes rundes spitziges Korn, welches nicht in eigentlichen Ähren, sondern in einzelnen Riffen oder Rispen wächset, diesen Nahmen; Avena sativa L. Da denn so wohl die Pflanzen, als auch die Körner collcetive Hafer genannt werden. Gemeiner weißer Hafer, schwarzer glatter Hafer, raucher schwarzer Hafer, dreykörniger Hafer, glatter grauer Hafer, blauer Hafer, nackter Hafer u. s. f. sind lauter Abartungen. Der Türkische Hafer gleicht dem gemeinen weißen, nur daß er eine stärkere Hülse hat. S. Augusthafer, Barthafer, Eichelhafer, Fahnenhafer, Rauchhafer, Spitzhafer, Sommerhafer, Winterhafer, Weißhafer, Grauhafer, Stumpfhafer u. s. f. Es ist gut Hafer säen, sagt man im gemeinen Leben, wenn in einer Gesellschaft eine große Stille herrschet, weil zum Säen des Hafers windstilles Wetter erfordert wird. Der Hafer sticht ihn, auch nur im gemeinen Leben, die guten Tage machen ihn übermüthig; ein von allzu reichlich gefütterten Pferden hergenommenes Bild. So reißt der Mensch auch aus, wenn ihn der Haber sticht, Opitz. Pferde, die den Hafer verdienen, kriegen ihn nicht, Sprichw.

Anm. Bey dem Hornegk Haber, im Nieders. Haver, im Engl. Haver, im Dän. Havre, im Schwed. Hafra, in Upland Hagra, Finnländ. Caura. Wachter leitet es sehr gezwungen von aben, abnehmen, her, weil Plinius sagt, daß die Gerste in den Hafer auszuarten pflege; Ihre nicht viel wahrscheinlicher von dem mittlern Lat. Averum, ein Pferd, (welches doch zum Worte Habe gehöret,) weil der Hafer das gewöhnlichste Futter der Pferde ist. Das Lat. Avena ist ohne Zweifel mit dem Deutschen Hafer verwandt; aus dem erstern haben die Franzosen ihr Avoine und von dem letzten ihr Averon. Im Hebr. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Getreide. Viele schreiben dieses Wort Haber, und nähern sich damit der Aussprache des gemeinen Lebens mehr. In der anständigern Sprechart lässet man so wohl im Hoch- als Oberdeutschen das f deutlicher hören.


Haferacker (W3) [Adelung]


Der Haferacker, des -s, plur. die -äcker, ein mit Hafer besäeter, oder für den Hafer bestimmter Acker.


Haferbier (W3) [Adelung]


Das Haferbier, des -es, plur. inus. ein aus Hafermalz gebrauetes Bier.


Haferbirn (W3) [Adelung]


Die Haferbirn, plur. die -en, eine Art blaßgrüner saftiger Birnen, welche in der Haferernte reifen.


Haferbrey (W3) [Adelung]


Der Haferbrey, des -es, plur. inus. ein aus Hafermehl oder Hafergrütze gekochter Brey. In Ulm müssen die Ehebrecher zur Strafe öffentlich Haferbrey mit einander essen, welches dort das Mußen genannt wird.


Hafer-Cur (W3) [Adelung]


Die Hafer-Cur, plur. inus. die Cur, d. i. Heilart mit Haferschleim, der Gebrauch des Hafers als eine Arzeney.


Haferdistel (W3) [Adelung]


Die Haferdistel, plur. die -n, eine Art der Scharte, welche unter dem Getreide, und am liebsten unter dem Hafer wächset; Serratula arvensis L. Felddistel.


Haferernte (W3) [Adelung]


Die Haferernte, plur. die -n, die Einerntung des Hafers, und die Zeit, wenn derselbe eingeerntet wird.


Haferey (W3) [Adelung]


Die Haferey, plur. die -en, ein in der Seefahrt, besonders in Niedersachsen und den Niederlanden, übliches Wort. 1) Dasjenige Geld, welches ein Schiff zur Unterhaltung des Hafens, in welchen es einläuft, entrichten muß; das Hafengeld. 2) Der Lohn, welchen der Lootse oder Pilot bekommt, welcher ein Schiff sicher in den Hafen führet. 3) Die Vergütung des Schadens an diejenigen, welche ihre Güter bey einem Sturme in die See werfen müssen, welche Vergütung von denjenigen geschiehet, deren Waaren auf eben demselben Schiffe unversehret in den Hafen kommen. Und endlich 4) in der weitesten Bedeutung, alle außerordentliche Unkosten, welche der Schiffer auf der Reise hat, ingleichen aller Schade an Waaren, welche dem Einen Theile von den Eigenthümern der übrigen Güter vergütet werden. So gehöret z. B. zur Haferey, wenn sich der Schiffer von den Seeräubern los kaufen muß, wenn ein Embargo auf sein Schiff geleget wird u. s. f. Dieses Wort lautet im Nieders. und Holländ. Haverije, woraus nicht nur das Lat. Avaria und Havaria, sondern auch das Franz. Havarie gebildet worden. Man findet es auch im Hochdeutschen Havarey, Avarey geschrieben. Da es ein Geld bedeutet, welches zuweilen zum Behuf des Hafens, alle Mahl aber nach glücklicher Ankunst des Schiffes in dem Hafen bezahlet wird, so ist es sehr wahrscheinlich, daß es auch von diesem Worte abstamme.


Haferfisch (W3) [Adelung]


Der Haferfisch, des -es, plur. die -e, Diminut. Haferfischchen, an einigen Orten, ein Nahme der kleinsten Fische, welche die Kinder mit einem Siebe zu fangen pflegen, und die vielleicht nur die Brut größerer Fische sind; Aphyae. An andern Orten heißen sie Heuerlinge, Mutterlosen, Grühen.


Hafergras (W3) [Adelung]


Das Hafergras, des -es, plur. inus. ein gutes Futtergras, welches auf unfruchtbaren Hügeln wächset, dem Hafer ähnlich siehet, und auch Perlgras, Türkischer Weitzen genannt wird; Melica ciliata L.


Hafergries (W3) [Adelung]


Der Hafergries, des -es, plur. inus. ein aus Hafer zubereiteter Gries. S. Gries.


Hafergrütze (W3) [Adelung]


Die Hafergrütze, plur. inus. eine aus Hafer bereitete Grütze, zu Grütze gemahlne Haferkörner.


Haferkasten (W3) [Adelung]


Der Haferkasten, des -s, plur. ut nom. sing. in der Landwirthschaft, ein Kasten, worin der für die Pferde bestimmte Hafer verwahret wird. Nieders. Haverkiste. Am kaiserlichen Hofe zu Wien ist der Haferkastner ein Hofbedienter, welcher den für die herrschaftlichen Pferde nöthigen Hafer in seiner Aufsicht und Berechnung hat.


Haferlattich (W3) [Adelung]


Der Haferlattich, des -es, plur. inus. Siehe Brandlattich.


Hafermalz (W3) [Adelung]


Das Hafermalz, des -es, plur. inus. das aus Hafer bereitete Malz.


Hafermehl (W3) [Adelung]


Das Hafermehl, des -es, plur. inus. das aus Hafer gemahlne Mehl.


Hafernudel (W3) [Adelung]


Die Hafernudel, plur. die -n, Nürnbergische Nudeln, in Gestalt der Haferkörner.


Haferpflaume (W3) [Adelung]


Die Haferpflaume, S. Haferschlehe.


Haferricke (W3) [Adelung]


Die Haferricke, plur. die -n, eine in Meißen übliche Benennung einer ganz schwarzen Krähe, mit einem rauhen, halb weißen Schnabel; Corvus alter L. Die erste Hälfte ihres Nahmens rühret von dem Hafer her, wovon sie sich nähret; die zweyte vermuthlich von ihrem rauhen unebenen Schnabel, oder auch von ihrem Geschreye. In andern Gegenden wird sie Roche, Rauch, Roke, Ricke, Karechel genannt; Engl. the Rook.


Haferrose (W3) [Adelung]


Die Haferrose, plur. die -n, eine Art wilder Rosen, welche niedrig wächset, nahe auf der Erde wegkriecht, und sich gern neben den Haferäckern antreffen lässet; Erdrose, Feldrose, Dunenrose, Rosa spinosissima L.


Hafersaat (W3) [Adelung]


Die Hafersaat, plur. inus. das Säen des Hafers, ingleichen die Zeit, wenn er gesäet wird.


Haferschlehe (W3) [Adelung]


Die Haferschlehe, plur. die -n, eine Art wilder frühzeitiger Schlehen, welche hochstämmiger wächset als die gemeine Art, und eine Abänderung des Prunus spinosa L. ist; Prunus silvestris, praecox, altior Tournef. Haferpflaumen, Kriechen. Sie reifen mit dem Hafer.


Haferschleim (W3) [Adelung]


Der Haferschleim, des -es, plur. inus. die dicke schleimige Brühe von gekochtem Hafer oder gekochter Hafergrütze, welche auch Haferseim, und wenn sie dünner ist, Hafertrank genannt wird; Nieders. Mood, Haverwellung, Welje.


Haferschrecke (W3) [Adelung]


Die Haferschrecke, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme der Heuschrecke, weil sie unter andern auch den Hafer beschädiget.


Haferseim (W3) [Adelung]


Der Haferseim, des -es, plur. inus. S. Haferschleim.


Haferspreu (W3) [Adelung]


Die Haferspreu, plur. inus. die Spreu von dem ausgedroschenen und gereinigten Hafer; im Nieders. Haverkaff.


Haferstoppel (W3) [Adelung]


Die Haferstoppel, plur. die -n, die Stoppeln von dem abgemäheten Hafer; so wohl von einzelnen Stoppeln, als auch collective, und zwar hier so wohl im Singular allein, als im Plural allein. Der Wind wehet über die Haferstoppel, sagt man, wenn nach der Haferernte, welche gegen das Ende des Herbstes fällt, sich rauhe Winde einstellen.


Haferstroh (W3) [Adelung]


Das Haferstroh, des -es, plur. inus. Stroh von ausgedroschenem Hafer. An bösen Schulden nimmt man auch wohl Haferstroh.


Hafertrank (W3) [Adelung]


Der Hafertrank, des -es, plur. die -tränke, S. Haferschleim.


Haferweihe (W3) [Adelung]


Die Haferweihe, plur. inus. in der Römischen Kirche, die Einweihung des für Pferde bestimmten Hafers, welche in einigen Gegenden am St. Stephanstage geschiehet; daher dieser Tag selbst auch von einigen die Haferweihe, ingleichen der große Pferdetag genannt wird.


Haff (W3) [Adelung]


* Das Haff, des -es, plur. die -e, ein altes, in dem gemeinen Sprachgebrauche veraltetes Wort, welches noch in dem Dänischen Hav und Schwed. Haf üblich ist, und das Meer, ingleichen einen beträchtlichen Theil desselben bedeutet. Im Deutschen ist es nur noch als ein eigenthümlicher Nahme gewisser großer Bayen der Ostsee bekannt. Dergleichen sind das Cuxische Haff, in Preußen an der Samländischen und Litthauischen Küste, das frische Haff, gleichfalls in Preußen, an dem Ausflusse der Nagat, und das frische Haff in Pommern, in welches sich die Ober ergießet. Ihres Ableitung von hoch, so wie die Römer auf ähnliche Art das Meer altum nannten, ist wohl zu gesucht.


Haffdeich (W3) [Adelung]


Der Haffdeich, des -es, plur. die -e, im Herzogthum Schleßwig, ein Deich oder Damm an der See, ein Seedeich; zum Unterschiede von den Mitteldeichen. S. das vorige.


Hafner (W3) [Adelung]


Der Hafner, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Hafnerinn, plur. die -en, die Oberdeutsche Benennung eines Töpfers, weil er Häfen, d. i. Geschirre aus Thon bereitet. Schon bey dem Notker Hafenar. S. 1. Hafen.


Haft (W3) [Adelung]


"Haft", eine Endung, welche, wie man glaubt, von "haben" abstammet, und vielen Haupt- und Zeitwörtern, wie auch einigen Nebenwörtern angehänget wird, die dadurch zu Bey- und neuen Nebenwörtern werden. Sie bedeutet:

1. Das Daseyn, die Anwesenheit derjenigen Sache, welche das Wort, dem sie angehänget wird, bezeichnet.

1) Eigentlich, die bloße Anwesenheit ohne alten Nebenbegriff zu bezeichnen; wo sie mit der Endung "-ig" und "-isch" überein kommt, in welchem Falle sie nur Hauptwörtern zugesellet wird. Dergleichen sind "bresthaft", oder wie es gemeiniglich lautet, "preßhaft", "gewissenhaft", "mangelhaft", "fehlerhaft", "schadhaft", "schmackhaft", "statthaft", "herzhaft", "nahmhaft", "lebhaft", "nahrhaft", so fern es von Städten, Örtern gebraucht wird, "frevelhaft", "handhaft", "lehrhaft", wofür doch jetzt "lehrreich" üblicher ist, "lückenhaft" u. s. f. Woraus zugleich erhellet, daß diejenigen Hauptwörter, welche sich auf "-en" endigen, dasselbe im Singular wegwerfen, wie in "bresthaft", "schadhaft", "nahmhaft", "lebhaft" geschiehet; "gewissenhaft" ausgenommen, welches es behält. Alle diese Wörter bedeuten eine bloße Anwesenheit des Subjectes, einen Bresten oder Gebrechen, ein Gewissen, einen Mangel, einen Schaden, einen guten Schmack oder Geschmack u. s. f. habend. In einigen wenigen Wörtern scheinet ein Zeitwort zum Grunde zu liegen, und da bedeuten diese Wörter so viel als das Mittelwort der gegenwärtigen Zeit. "Habhaft", für "habend", den Besitz einer Sache habend, daher dieses Wort um der Vieldeutigkeit des Zeitwortes haben willen, für keine Tavtologie gehalten werden kann; an einem Orte "wohnhaft" oder "seßhaft" seyn, wohnend oder ansitzend; "reuhaft", eine Sache wirklich bereuend; das veraltete "bärhaft", "bärend", d. i. wirklich Frucht bringend; "schmerzhaft", wirklich schmerzend. Aber in "bauhaft", eine "bauhafte" Zeche, welche wirklich gebauet wird, vertritt es die Stelle des Mittelwortes der vergangenen Zeit.

2) In engerer Bedeutung, eine beständige oder doch mehrmahlige Anwesenheit des Subjectes, gleichsam daran "haftend". "Sieghaft", in mehrern Fällen den Sieg davon tragend; ein "kummerhaftes" Leben; "glückhaft", in mehrern Fällen Glück habend; "dauerhaft", eine anhaltende Dauer habend; "standhaft", eine anhaltende Beständigkeit habend; welche insgesammt aus Hauptwörtern gebildet sind.

3) In noch engerer und figürlicher Bedeutung, eine Neigung zu derjenigen Eigenschaft habend, welche das Subject anzeiget, und im engsten Verstande, eine Fertigkeit in derselben besitzend. Dahin gehören von Hauptwörtern, "sündhaft", "gewissenhaft", Neigung, Fertigkeit besitzend, nach dem vorher gehenden Gewissen zu bandeln; "tugendhaft", "lasterhaft", "schreckhaft", geneigt, leicht erschrecket zu werden; "schwindelhaft", zum Schwindel geneigt; "vortheilhaft", so fern es zuweilen für eigennützig gebraucht wird; "diensthaft", welches im Oberdeutschen für dienstfertig üblich ist; "lebhaft", so fern es von einer natürlichen Neigung gebraucht wird; "grillenhaft", zu Grillen geneigt; "schamhaft", "lügenhaft" u. s. f. Ingleichen von Zeitwörtern, welche in diesem Falle ihr "-en" oder "-n" wegwerfen: "boshaft", (besser "boßhaft") geneigt, sich zu erboßen, und figürlich, andern zu schaden, "haderhaft", "zankhaft", im Oberdeutschen für zänkisch, "spaßhaft", "frevelhaft", "plauderhaft", "schwatzhaft", "waschhaft", "plapperhaft", "flatterhaft", "gaukelhaft", "tändelhaft", "schmeichelhaft", das veraltete "krieghaft" für "kriegerisch", "naschhaft", "polterhaft", "prahlhaft", "zaghaft" u. s. f. Einige wenige scheinen aus Nebenwörtern gebildet zu seyn, wie "leckerhaft" und "wahrhaft". Nach einer gewöhnlichen Figur bedeuten alle diese Wörter auch etwas, das in dieser Neigung, in dieser Fertigkeit gegründet ist, daraus herfließet. Ein "gewissenhaftes" Betragen, eine "tugendhafte" Handlung, eine "lasterhafte" Gesinnung, eine "prahlhafte" Erzählung u. s. f.

2. In einigen Fällen theilet diese Endung den Wörtern, welchen sie beygefüget wird, eine mehr thätige Bedeutung mit, wo sie denn die Hervorbringung einer Sache bezeichnet. Dergleichen sind, "schmerzhaft", Schmerzen verursachend, schmerzlich, eine "schreckhafte" Nachricht, welche Schrecken verursacht, eine "ekelhafte" Sache, eine "nahrhafte" Speise, eine "vortheilhafte" Gelegenheit, "tadelhaft", Tadel erweckend oder verdienend, "glaubhaft", Glauben verdienend, das Nieders. "brüchthaftig", strafwürdig u. s. f.

3. In noch andern, deren Zahl aber nicht groß ist, vertritt sie die Stelle der Endung "-bar", und bezeichnet eine bloße Möglichkeit. Ein "wohnhafter" Ort, wo man wohnen kann; eine "theilhafte" Sache, welche sich mit Vortheil vertheilen lässet; "arthaftes" Land, welches geähret oder gepflüget werden kann; einen Acker "bauhaft" machen; "wehrhafte" Unterthanen; "dauerhaft", so fern es dauern kann; ein "lehnhaftes" Gut u. s. f.

4. Weit größer ist die Anzahl derjenigen Wörter, wo es eine bloße, bald größere, bald geringere Ähnlichkeit bezeichnet, und darin mit den Wörtern auf "-mäßig", "-artig", "-icht", "-lich", "-isch", "-sam" u. s. f. überein kommt. Alle Wörter dieser Art kommen von Hauptwörtern her, wie z. B. "aashaft", "angsthaft", "alaunhaft", "bettelhaft", "bierhaft", "bleyhaft", "erdhaft", "eisenhaft", "fieberhaft", "flegelhaft", "eselhaft", "eiterhaft", "tintenhaft", "fabelhaft", "gabelhaft", "geckhaft", "schalkhaft", "götterhaft", "grillenhaft", "hasenhaft", "herbsthaft", "sommerhaft", "winterhaft", "kernhaft", "kreidenhaft", "laugenhaft", "regenhaft", "kinderhaft", "schülerhaft", "meisterhaft", "musterhaft", "schneiderhaft", "stammhaft", "pfuscherhaft", "mannhaft", einem tapfern Manne ähnlich, so wie männlich nur einem gesetzten Manne ähnlich bedeutet, u. a. m. Diese letzte Bedeutung ist beynahe die einzige, wo man die Freyheit hat, neue Wörter dieser Art zu bilden, welches aber auch nur alsdann Statt findet, wenn nicht schon ein gleich bedeutendes Wort mit einer andern Endung vorhanden ist. So sagt man nicht "teufelhaft", sondern "teufelisch", nicht "fürstenhaft", sondern "fürstlich" oder "fürstenmäßig". Am weitesten erstrecket sich diese Freyheit in Ansehung der Ähnlichkeit des Geschmackes und Geruches, wo man es beynahe allen Hauptwörtern wird anhängen können, einen ihnen ähnlichen Geschmack und Geruch zu bezeichnen. Von der Ähnlichkeit der innern Bestandtheile, der Bauart, gebraucht man lieber "-artig", obgleich auch "laugenhaft", "erdhaft" u. s. f. für "laugenartig", "erdartig", eingeführet sind. Von der Übereinstimmung mit einer andern Sache, ist "-mäßig" üblicher; daher man für "planhaft", "regelhaft", lieber "planmäßig", "regelmäßig" sagt; außer wenn diese Übereinstimmung als eine Figur der ersten Bedeutung angesehen werden kann, und alsdann zunächst in einer Neigung gegründet bedeutet, wie "tugendhaft", "lasterhaft" u. s. f.

Anm. Diese Endung ist alt, und kommt schon in unsern ältesten Denkmählern, obgleich noch nicht so zahlreich vor. Sie scheinet ihren Ursprung zunächst aus der Oberdeutschen Mundart zu haben; denn in den Niederdeutschen Mundarten und Nordischen Sprachen trifft man sie entweder gar nicht, oder doch so selten an, daß man sie kaum für ein einheimisches Product halten kann. Die Niedersachsen und Holländer, wo ihre Mundart noch nicht durch die Oberdeutsche verändert ist, gebrauchen in vielen, wo nicht den meisten Fällen "achtig" dafür; daher es glaublich wird, daß "-haft" und "-achtig", und "-icht", welches aus dem letztern zusammen gezogen ist, im Grunde eine und eben dieselbe Endung sind. Der Übergang des Hauchlautes in den Blaselaut ist nichts seltenes. Das Oberdeutsche "after" lautet im Niederdeutschen "achter", "Haft" lautet daselbst "Hacht" u. s. f. Indessen leiten Wachter, Frisch und mit ihnen fast alle Wortforscher unser "-haft" von "haben" her, und haben dabey freylich auch viele Wahrscheinlichkeit auf ihrer Seite. S. die folgenden Artikel.

Würde sich diese Ableitung von "-achtig" einmahl mit überwiegenden Gründen darthun lassen, so ließe sich auch begreifen, warum man den Wörtern auf "-haft" so gern ein der Bedeutung nach ganz unnützes "-ig" anhänget; "wahrhaftig", "standhaftig", "tugendhaftig", "zaghaftig" u. s. f. Indessen kann dieses "ig" auch aus dem "i" entstanden seyn, welches man ehedem dem "haft" anhängete. "Redihaftiu rahha", eine vernünftige Sache, Kero, "eerhafti", fromm, ebend. "unekihafti", ungesittet, ebend. "forachasti", verdächtig, ebend.

Im Oberdeutschen ist diese Form sehr gebräuchlich; allein im Hochdeutschen klingt sie niedrig, daher man sie in der edlen und anständigen Schreibart alle Mahl vermeidet. Nur "leibhaftig", d. i. körperlich, "theilhaftig", Theil oder Antheil habend, und "wahrhaftig", so fern es zu einem Schwure dienet, denn außer dem sagt man lieber "wahrhaft", sind auch im Hochdeutschen üblich. Es läßt sich dieses angehängte "ig" auch aus der Oberdeutschen Liebe zu langen Wörtern erklären, welche so weit gehet, daß man zu diesem "ig", besonders in der Adverbialform, noch ein eben so unnützes "lich" füget; "standhaftiglich", "boßhaftiglich", "glaubhaftiglich", "gewissenhaftiglich" u. s. f. welche alle nichts mehr sagen, als "standhaft", "boßhaft", "glaubhaft" und "gewissenhaft"; denn der Unterschied in den innern Graden der Stärke, den man etwas heraus, oder vielmehr hinein grübeln möchte, ist eine Grillenfängerey. Die Alten bildeten aus den Beywörtern auf "-haft"; Hauptwörter auf "e", oder, wie es bey ihnen lautet, auf "i". Daher heißt die "Mäßigkeit" bey dem Kero "Mezhafti", die Wahrheit "Warhafti". Diese Form ist veraltet, und man gebraucht jetzt dafür die Endung "-keit", vermittelst welcher aus allen Bey- und Nebenwörtern dieser Art Hauptwörter gebildet werden können, welche das Abstractum derselben ausdrucken, ob sie gleich nicht alle üblich sind. Man behält alsdann die alte Endung "afti", oder wie sie jetzt lautet, "aftig", welche älter ist, als aft. Die "Spaßhaftigkeit", "Wahrhaftigkeit", "Lebhaftigkeit", "Herzhaftigkeit", "Gewissenhaftigkeit" u. s. f. wo niemahls "Spaßhaftkeit", "Wahrhaftkeit" u. s. f. gesagt wird. S. "-ig" und "-keit", wo von dieser Sylbe "ig" noch etwas gesagt werden wird.


Haft (W3) [Adelung]


1. Das Haft, des -es, plur. die -e, ein kleines Insect mit netzförmigen Flügeln, welches nur einige Stunden, höchstens vom Untergange der Sonne bis ihrem Aufgange lebt, und alsdann seine Eyer ins Wasser legt, woraus Larven entstehen, welche von ihrer Verwandlung oft einige Jahre im Wasser leben; Libellula Ephemera L. Weil sich dieses Insect, so bald es aus der Larve geflogen ist, häutet, und die ausgezogene weiße Haut überall haften oder kleben lässet, so soll es von diesem Umstande seinen Nahmen haben. Es wird im gemeinen Leben auch Uferaas genannt, welcher Nahme aber eigentlich den Larven vor ihrer Verwandlung zukommt; ingleichen Augst, weil es im August zum Vorscheine kommt. In Franken und andern Ländern werden sie so wie die Afterfalter, Phryganea L. Schnaken genannt.


Haft (W3) [Adelung]


2. Der Haft, des -es, plur. die -e, von dem Zeitworte haften. 1) Die Eigenschaft einer Sache, vermöge welcher sie haftet; in einigen Fällen, und ohne Plural. Die Sache hat keinen Haft, keine Festigkeit, Haltung. Dein Herz ist Felsen, Gram und Leid Hat keinen Haft darauf, Gleim, kann darauf nicht haften. Das Eis ist zu glatt, ich habe keinen Haft darauf, keinen festen Tritt. 2) Dasjenige, wodurch eine Sache an die andere gehäftet wird; auch nur in einigen Fällen; Diminut. Häftchen, Oberd. Häftlein, und im gemeinen Leben Häftel. Einer Sache ein Paar Hafte geben, sie mit ein Paar Stichen zusammen häften. Bey den Büchsenmachern heißen die Ringe, wodurch der Lauf an dem Schafte befestiget wird, Hafte, und bey den Glasern, die bleyernen Ringe, welche das Windeisen an das Fenster befestigen. Bey den Jägern heißen alle Pfähle oder Pflöcke, woran die Leinen gebunden werden, Heftel oder Häftel. In einigen Oberdeutschen Gegenden werden die Stecknadeln noch Häftel genannt.


Haft (W3) [Adelung]


3. Die Haft, plur. inus. welches in der Gerichtssprache am üblichsten ist, gefängliche Verwahrung. Jemanden zur Haft, zur gefänglichen Haft, oder in gefängliche Haft bringen. In der Haft sitzen. In die Haft oder in gefängliche Haft gerathen. Jemanden der Haft entlassen, ihn seiner Haft entschlagen. So fall ich in des Satans Haft, Gryph. d. i. Gewalt, eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutung. Notker gebraucht die haften auch für Fessel, daher in einigen Oberdeutschen Gegenden die Hafte im Plural für Verhaft üblich ist. S. Haften und Verhaft. Im Nieders. lautet dieses Wort, so fern es gefängliche Verwahrung bedeutet, Hacht, Hecht, Hechtenisse, Schwed. Haekte.


Häft (W3) [Adelung]


Das Häft, des -es, plur. die -e, S. Heft.


Haftbrief (W3) [Adelung]


Der Haftbrief, des -es, plur. die -e, in der Gerichtssprache einiger Gegenden, ein Steckbrief, schriftliche Bitte oder Befehl, einen flüchtigen Übelthäter zur Haft zu bringen.


Häftel (W3) [Adelung]


Das Häftel, des -s, plur. ut nom. sing. S. 2. Haft.


Häftelhaken (W3) [Adelung]


Der Häftelhaken, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, kleine Pflöcke mit Haken, die Leinen damit auf dem Boden zu befestigen.


Häfteln (W3) [Adelung]


Häfteln, verb. reg. act. mit Häfteln befestigen. So häfteln die Jäger die Leinen, wenn sie selbige an die Häftel oder Pfähle und Pflöcke anbinden. Im Oberd. ist anhäfteln, zuhäfteln, aufhäfteln, mit einem Häftel, d. i. einer Stecknadel, an- zu- oder aufstecken. Daher die Häftelung.


Haften (W3) [Adelung]


Haften, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, hangen oder kleben bleiben, fest, unbeweglich auf etwas bleiben. 1. Eigentlich. Papier, welches mit bloßem Wasser aufgeklebet wird, haftet nicht, oder bleibt nicht haften. Der Boden ist so schlüpfrig, ich kann hier nicht haften, keinen festen Tritt haben. Da haftet es, im Oberdeutschen, eigentlich von einem Wagen, der wegen eines Hindernisses nicht weiter kann, wo man im gemeinen Leben der Hochdeutschen sagt, da hapert es. 2. Figürlich. 1) Wie begierig blieb dein Auge auf allen Schönheiten haften! in der höhern Schreibart, für, sich verweilen. 2) Ein flatterhafter Mensch, bey dem nichts haften will, dessen Gedächtniß nichts behalten kann. 3) Mit etwas verbunden seyn, in einigen R. A. Weil aber Gefahr auf den Verzug haftet. Es haften einige Schulden, viele Abgaben auf dem Gute. 4) Für jemanden, oder für eine Sache haften, Bürge dafür seyn. Du mußt mir dafür haften, dafür stehen. Ältern und Vormünder müssen für das Verhalten der Rinder haften. Daher die Haftung, im Oberdeutschen, für Bürgschaft. 5) Es haftet nicht an mir, eine im Oberdeutschen übliche R. A. wofür man im Hochdeutschen sagt, es liegt nicht an mir. Die Herstellung der Ruhe wird an mir nie haften. Daß an oder bey mir der Verzug gewiß nicht hafte, die Schuld des Verzuges nicht liege.

Anm. Schon Kero und Notker gebrauchen haften im eigentlichen Verstande. Bey dem letztern heißt einem haften auch figürlich, ihm Verbindlichkeiten schuldig seyn. Es ist das Neutrum von dem Activo heften, S. dasselbe, und gehöret mit demselben zu dem Zeitworte haben, von welchem es ein Iterativum oder vielmehr Intensivum zu seyn scheinet. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, verbunden seyn, kommt damit überein. Ehedem hatte man auch ein Activum haften, welches schon bey dem Ottfried und Notker für ergreifen vorkommt, und in einigen Oberdeutschen Gegenden noch für in Verhaft nehmen üblich ist.


Haftgeld (W3) [Adelung]


Das Haftgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, an einigen Orten das Angeld, welches zur Sicherheit oder Befestigung eines geschlossenen Kaufes darauf gegeben wird; der Haftpfennig. Wo ein Arrha oder Haftpfennig auf den Kauf gegeben worden u. s. f. heißt es in dem Würtemberg. Landrechte. An andern Orten ist es von dem Angelde noch verschieden, und da bedeutet es dasjenige, was nach geschlossenem Kaufe eines Gutes über der Kaufsumme der Gattinn des Verkäufers besonders gegeben, und in Obersachsen das Schlüsselgeld genannt wird; S. dieses Wort. An noch andern Orten ist es das Miethgeld. Es wird von einigen sehr seltsam von Hafen, ein Topf, abgeleitet, da es unstreitig von Haft, Befestigung, Festigkeit, abstammet. S. Angeld, Angabe und Handgeld.


Haftgericht (W3) [Adelung]


Das Haftgericht, des -es, plur. die -e, oder wie es der Niedersächsischen Mundart nach lautet, das Hachtgericht, eines von den fünf kleinern oder Niedergerichten zu Cöln am Rhein.


Häftler (W3) [Adelung]


Der Häftler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme der strengsten Secte unter den Wiedertäufern, weil sie weder Knöpfe noch Schnallen, sondern nur Häftel an ihren Kleidern tragen.


Haftmeißel (W3) [Adelung]


Der Haftmeißel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Büchsenmachern, ein Meißel zu den Haften am Rohre, womit dasselbe an den Schaft befestiget wird.


Haftpfennig (W3) [Adelung]


Der Haftpfennig, des -es, plur. die -e, S. Haftgeld.


Hagart (W3) [Adelung]


Der Hagart, des -es, plur. die -e, S. Hagerfalk.


Hägebereiter (W3) [Adelung]


Der Hägebereiter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Forstbedienter, welcher die Jagd- und Forstgehäge zu bereiten hat, damit von niemanden Eingriffe in dieselben geschehen; ein Gehägebereiter, Hägereiter, Überreiter, Heidereiter.


Hagedrüse (W3) [Adelung]


Die Hagedrüse, S. Heckdrüse.


Hageholz (W3) [Adelung]


Das Hageholz, des -es, so fern ein Gehölz darunter verstanden wird, plur. die -hölzer, Holz oder ein Gehölz, welches gehäget, d. i. geschonet wird, in einigen Gegenden Hainholz, zum Unterschiede von einem Hauholze.


Hageiche (W3) [Adelung]


Die Hageiche, plur. die -n, ein Nahme der gemeinen Eiche oder Steineiche, so fern sie in Hagen, d. i. Hecken gezogen wird, und alsdann nicht alle Mahl die Größe eines Baumes erreicht. An andern Orten führet die Äsche diesen Nahmen.


Hageichel (W3) [Adelung]


Die Hageichel, plur. die -n, an einigen Orten, ein Nahme der Galläpfel.


Hagel (W3) [Adelung]


1. Hagel, ein besonders in Niedersachsen mit dem Nahmen Jan oder Johann übliches Wort, gemeinen niedrigen Pöbel auszudrucken. Jan Hagel, Hans Hagel oder Johann Hagel lärmt, d. i. der Pöbel. Daher verhagelt, und hagelsk eben daselbst verzweifelt, vertrackt bedeutet. Sollte es wohl zu dem Arab. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, versammeln, gehören, und eigentlich zusammen gelaufenes Volk bedeuten? S. Hack.


Hagel (W3) [Adelung]


2. Der Hagel, des -s, plur. inus. zwey knotige Bänder in dem Weißen des Eyes, welche das Gelbe so halten, daß es sich daran drehen kann; welche auch Eyerhagel, im gemeinen Leben aber der Hahnentritt genannt werden. Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welches so wohl diesen, als den folgenden Hagel bedeutet.


Hagel (W3) [Adelung]


3. Der Hagel, des -s, plur. inus. ein Nahme, der verschiedenen Arten, mehrentheils runder Körner beygeleget wird. 1) Den gemeiniglich runden Stücken Eis, welche aus der Luft fallen und aus gefrornen Regentropfen bestehen, und welche, wenn sie groß sind, auch Schloßen genannt werden; als ein Collectivum. Vom Hagel getroffen werden. Man hat Stücken Hagel gefunden, welche über drey Loth wogen. Es siehet so weiß aus wie ein Hagel, im gemeinen Leben, wo man auch wohl hagelweiß sagt. Daß dich der Hagel! ein in den niedrigen Sprecharten üblicher gelinder Fluch. Von einzelnen Stücken Hagels gebraucht man das Wort Hagelkorn. In Baiern wird der Hagel Schauer, ingleichen Steinel, eigentlich Steinlein genannt. Der Schauer heißt in anderem teutsch der Hagel, Buch der Natur 1483. 2) Gegossene Körner von Bley, womit man nach allerley kleinem Wildbret und nach Vögeln schießet, und welche auch Schrot genannt werden; gleichfalls als ein Collectivum. 3) In der Geschützkunst werden alle Stücke gehauenen Eisens, kleine bleyerne Kugeln, auch wohl kleine Granaten, so fern sie aus Mörsern, Haubitzen u. s. f. geschossen werden, Hagel genannt.

Anm. In der ersten Bedeutung schon bey dem Notker Hagel, im Angels. Hagol, im Schwed. Hagel, im Engl. Hail, im Finnländ. Hauli. Wachter leitet es von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ab; Ihre hält hingegen den Begriff der Ründe für den Stammbegriff und rechnet es zu Welle, Kugel u. s. f. Im Hebr. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - rund, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - aber ein Tropfen.


Hagelgans (W3) [Adelung]


Die Hagelgans, plur. die -gänse, eine Art wilder Gänse, welche außer den vier oder fünf letzten schwarzen Fluchtfedern ganz weiß ist, und sich nur im Winter sehen lässet, daher sie auch Schneegans, ingleichen Saalgans genannt wird; Anser Grandinis Klein.


Hagelkugel (W3) [Adelung]


Die "Hagelkugel", plur. die -n, in der Geschützkunst, eine hohle Stückkugel, welche inwendig mit Hagel, d. i. kleinen Stückchen Eisen, bleyernen Kugeln u. s. f. gefüllet, und am häufigsten eine "Kartätsche" genannt wird.


Hageln (W3) [Adelung]


Hageln, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, aber nur in unpersönlicher Gestalt üblich ist. Es hagelt, d. i. es fällt Hagel vom Himmel. In Baiern es steinelt, es schauert, bey dem Kaisersberg es hurnigelt. Wenn große Stücke Hagels fallen, sagt man im Hochdeutschen es schloßet.


Hagelschaden (W3) [Adelung]


Der Hagelschaden, des -s, plur. die -schäden, der durch den Hagel verursachte Schaden, besonders an den Feldfrüchten.


Hagelschlag (W3) [Adelung]


Der Hagelschlag, des -es, plur. die -schläge, der Fall eines starken und großen Hagels, und die dadurch geschehene Zerschlagung der Früchte.


Hagelschrot (W3) [Adelung]


Der Hagelschrot, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, viereckiger Hagel, die wilden Änten damit zu schießen, welcher auch Äntendunst genannt wird. S. Schrot.


Hagelstein (W3) [Adelung]


* Der Hagelstein, des -es, plur. die -e, ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort, große Stücke Hagels, Schloßen, zu bezeichnen, welches Ezech. 13, 13, Sir. 46, 6 vorkommt.


Hagelsturm (W3) [Adelung]


Der Hagelsturm, des -es, plur. die -stürme, ein mit Hagel verbundener Sturm. Es. 28, 2.


Hagelweiß (W3) [Adelung]


Hagelweiß, adj. et adv. S. 3. Hagel.


Hagelwetter (W3) [Adelung]


Das Hagelwetter, des -s, plur. ut nom. sing. ein mit Hagel verbundenes Donnerwetter; ingleichen der Fall eines starken und schädlichen Hagels; ein Schloßenwetter, in Baiern ein Schauerwetter, in Franken ein Kieselwetter.


Hägemahl (W3) [Adelung]


Das Hägemahl, des -es, plur. die -e, oder -mähler, in einigen Gegenden, z. B. in Thüringen, ein niederes Gericht, welches des Jahres ein oder mehrere Mahle, gemeiniglich im freyen Felde gehalten wird, Gränzirrungen, Felddiebereyen und andere Feldsachen zu entscheiden. Von dem folgenden hägen, halten, und Mahl, eine Versammlung, besonders gerichtliche Versammlung. S. Feldgericht.


Hägen (W3) [Adelung]


1. * Hägen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, aber nur im Nieders. für ergetzen üblich ist. Das häget ihn, ergetzet ihn, verursacht ihm eine lebhafte innere Freude. Ingleichen als ein Reciprocum, sich hägen, sich lebhaft und innerlich freuen. S. Behagen.


Hägen (W3) [Adelung]


2. Hägen, verb. reg. act. mit einem Hage oder Zaune, einfassen, und dadurch vor der Beschädigung verwahren. 1. Eigentlich. Einen Acker, ein Stück Wiese hägen, wo aber einhägen üblicher ist. In weiterer Bedeutung, auch auf andere Art, z. B. durch einen aufgeworfenen kleinen Graben, durch einen aufgesteckten Strohwisch u. s. f. oder auch nur durch ein bloßes Verboth vor Beschädigung oder dem Gebrauche anderer bewahren, wo es häufig von Grundstücken üblich ist. Eine Wiese hägen, sie mit dem Viehe nicht betreiben lassen. Einen Wald hägen, kein Holz darin fällen lassen. Junges angeflogenes Holz hägen, es mit dem Viehe nicht behüthen lassen. Das Wild hägen, es schonen, nicht durch Jagen vermindern. 2. Figürlich. 1) Dulden, um erhalten, verbergen und beschützen, in einigen Fällen. Diebe bey sich hägen; daher im Oberdeutschen auch ein Häger einen Hehler bedeutet. Die Bosheit bey einem andern hägen, sie an ihm dulden und unterstützen. Einen Haß wider jemanden hägen, bey sich dulden und unterhalten. Viele Vorurtheile hägen. Einen Zweifel hägen. In weiterer Bedeutung oft nur für haben, von Vorstellungen, Gedanken u. s. f. Eine geringe, eine hohe Meinung von sich hägen. Wie können sie einen solchen Verdacht bey sich hägen? 2) * Sparen, zu Rathe halten; eine nur im Niedersächsischen übliche Bedeutung. Viel Geld zusammen hägen, sparen. Aufhägen wird daselbst für aufheben gebraucht. 3) * Fristen, verlängern; ein gleichfalls ungewöhnlicher Gebrauch. Du wollest deines Nahmens wegen, O Herr, mein Leben länger hegen, Opitz. 4) Ein Gericht hägen, halten; ein noch in der Gerichtssprache mancher Gegenden üblicher Ausdruck, welcher von den Schranken hergenommen zu seyn scheinet, mit welchen man die Gerichtsplätze zu umgeben pflegte, besonders zu der Zeit, da die Gerichte noch unter freyem Himmel gehalten wurden. So auch die Hägung.

Anm. Das Angels. hegian, Dän. hegne, und Schwed. haegna, bedeuten gleichfalls mit einem Zaune umgeben. Für schützen, kommt bey den Schwäbischen Dichtern auch heien, und Heie für Schutz vor, und noch jetzt sagt man im Österreichischen hayen für hägen. Die Niedersachs. hägen, gütlich thun, und Häge, Pflege, Vergnügen, Luft, gehören zu dem vorigen Zeitworte. Wenn in der ersten figürlich Bedeutung der Nebenbegriff der Duldung, Unterhaltung und Schonung nicht so sehr hervorsteche, so könnte man hägen in derselben auch von dem veralteten heigen und eigen ableiten, welche noch bey dem Ottfried und Notker vorkommen, und haben bedeuten.


Hager (W3) [Adelung]


Hager, -er, -ste, adj. et adv. für mager, von Menschen und ihren Gliedern. Ein langer hagerer Mensch. Hände wie der Neid, gelb und hager. Im Oberdeutschen, wo dieses Wort eigentlich zu Hause gehöret, lautet es auch häger. Im Engl. ist hagard wild, häßlich, hager. Aus dem Frisch erhellet, daß an einigen Orten hege für dürre, trocken, üblich ist, welches denn das Stammwort von hager seyn würde. S. Hagerkeit.


Häger (W3) [Adelung]


1. Der Häger, des -s, plur. ut nom. sing. S. Hägergut.


Häger (W3) [Adelung]


2. Der Häger, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, Hügel von Sande oder Erde in den Strömen, oder an dem Ufer, welche das Wasser daselbst ansetzet, und auch Anlagen, Horsten, Sandhorsten, und wenn sie größer sind, Werder genannt werden. S. Hügel, von welchem Worte es nur in der Ableitungssylbe unterschieden ist.


Hägereis (W3) [Adelung]


Das Hägereis, des -es, plur. die -er, in dem Forstwesen, junge schlanke Bäume, oder so genannte Stangen, welche man auf den jungen Schlägen oder Hauen stehen läßt, Bäume daraus zu ziehen; Laßreiser, Vorständer.


Hägereiter (W3) [Adelung]


Der Hägereiter, des -s, plur. ut nom. sing. welches an einigen Orten für Hägebereiter üblich ist.


Hagerfalk (W3) [Adelung]


Der Hagerfalk, des -en, plur. die -en, bey den Jägern, eine Art Falken, welche nicht viel größer als ein Sperber, aber stark und muthig ist, einen breiten Kopf, feurige Augen, einen kurzen Hals, lange Flügel und kurze schuppige Füße hat. Er wird auch Hagar, Hagart genannt, raubet große Vögel, nistet auf unersteiglichen Felsen und scheint der Bergfalk bey dem Klein zu seyn.


Hägergut (W3) [Adelung]


Das Hägergut, des -es, plur. die -güter, eine nur in Niedersachsen übliche Benennung einer gewissen Art Dienst leistender Bauergüter, welche auch hagerische und holtensche Güter genannt werden. Die Besitzer solcher Güter, welche Hägermänner heißen, haben die völlige Nutzung, müssen aber dem Hägerherren oder Hägerjunker, d. i. dem Grundherren, gewisse Dienste leisten, ihm den Zehenten und einen bestimmten Erbzins geben. Ein neuer Besitzer muß um die Belehnung ansuchen und die Höhr bezahlen. Die Hägermänner stehen wegen dieser Güter unter einem besondern Hägergerichte, welches sein eigenes Hägerrecht hat. Anm. Frisch schreibet dieses Wort Häker, erkläret es durch eine Art geringer Unterthanen, und scheinet es von Haken, einem in Niedersachsen bekannten Ackerwerkzeuge, abzuleiten. Allein es scheinet vielmehr zu Hag zu gehören, so fern dasselbe ehedem einen eingehägten Acker oder Bauerhof bedeutete. S. Hägerhufe. Im Schwedischen bedeutete Haker, welches Wort gleichfalls von Hag abstammet, so wie das Engl. Haw, einen abgesonderten kleinen Acker; wobey Ihre aus dem Westgothischen Gesetzbuche eine Stelle anführet, welche im Latein. so lautet: Si quis aedes suas a villa transportaverit, et aream illam coluerit, tum postea Haker dicitur, non vero Tofft velarea. S. Häker.


Hägerherr (W3) [Adelung]


Der Hägerherr, des -en, plur. die -en, S. das vorige.


Hägerhufe (W3) [Adelung]


Die Hägerhufe, plur. die -n, in einigen Niedersächsischen Gegenden, eine Art Hufen, welche sechzig Morgen Ackers oder vier Hakenhufen, oder zwey Land- oder Dorfhufen hält. Eine Hakenhufe hält daselbst funfzehen, eine Land- oder Dorfhufe dreyßig, und eine Tripelhufe fünf und vierzig Morgen.


Hägerjunker (W3) [Adelung]


Der Hägerjunker, des -s, plur. ut nom. sing. S. Hägergut.


Hagerkeit (W3) [Adelung]


Die Hagerkeit, plur. inus. von dem Bey- und Nebenworte hager, die Eigenschaft einer Person oder eines Theils derselben, da sie mager ist, in der anständigen Sprechart für Magerkeit.


Hägermann (W3) [Adelung]


Der Hägermann, des -es, plur. die -männer, oder Hägerleute, S. Hägergut.


Hägerrecht (W3) [Adelung]


Das Hägerrecht, des -es, plur. die -e, S. Hägergut.


Hägesäule (W3) [Adelung]


Die Hägesäule, plur. die -n, eine Säule oder ein Pfahl, so fern er die Gränze eines Jagdgehäges bezeichnet; die Jagdsäule.


Hägeschau (W3) [Adelung]


Die Hägeschau, plur. die -en, an einigen Orten, die Schau, d. i. Besichtigung der Zäune und Hage an den Wegen; die Hageschau.


Hägescheibe (W3) [Adelung]


Die Hägescheibe, plur. die -n, S. Hägewisch.


Hägeschlag (W3) [Adelung]


Der Hägeschlag, des -es, plur. die -schläge, ein gebägter, zu verletzen verbothener Schlag, d. i. Theil eines Gehölzes; im gemeinen Leben auch wohl ein Heuschlag oder Hainschlag.


Hagestolz (W3) [Adelung]


Der Hagestolz, des -en, plur. die -en, ein alter Junggesell, eine Person männlichen Geschlechtes, welche funfzig Jahre alt ist und noch nicht geheirathet hat, da sie doch könnte. In einigen Gegenden gebraucht man dieses Wort auch von weiblichen Geschlechte, und da lautet es bald die Hagestolze, bald die Hagestolzinn. Daher das Hagestolzenrecht, des -es, plur. inus. das Recht der Obrigkeit, nach dem Tobe eines Hagestolzen, dessen Erwerb- oder Errungenschaft (nicht aber die Erb-Lehen- und Stammgüter) einzuziehen; welches Recht sich noch in der Unterpfalz und am Oberrheine, ingleichen in einigen Niedersächsischen Gegenden befindet. Im Braunschweigischen ist es 1730 aufgehoben worden. Das Alter, welches zu einem Hagestolzen im gerichtlichen Verstande erfordert wird, ist nach den Gegenden verschieden. In Niedersachsen gehören dazu 50 Jahre 3 Monathe und 3 Tage; im Odenwalde hingegen sind schon 25 Jahre dazu hinlänglich.

Anm. Dieses Wort ist sehr alt, aber seinem Ursprunge nach dunkel. Schon bey dem Raban Maurus ist coelebs, Hagastult. Im Nieders. lautet es so wohl Hagestolt als Haverstolt. Im Angels. ist Haegstealdi, coelebs, virgo, tiro, princeps, und Hehstaldhad die Jungfrauschaft. In einem alten Vocabul. aus dem 12. Jahrh. bey Gerberts Reisen heißt Famulus, Hagistolt. Die gemeinste Meinung ist, daß durch Hagestolzen solche Personen verstanden werden, welche auf ihren Hag, oder Hof, stolz sind. Diecmann in Spec. Gloss. Lat. Theot. leitet es von Hag, Haus, und stallt, dem Mittelworte von stellen ab, und erkläret es durch Personen, die sich zu einer freywilligen Einsamkeit bequemen, sind in ihrem Hause gleichsam einstallen. Es wird diese Ableitung dadurch wahrscheinlich, daß Haistaldi oder Haistoldi bey dem du Fresne für Hausgesessene, Eingesessene, vorkommt, ein Hagestolz im Schwedischen auch auf ähnliche Art Einstöding, und im Isländ. Einstädingur genannt wird, von ein, allein, und sta, stehen, gleichsam ein Einsamer. Im Nellenburgischen werden, dem Frisch zu Folge, die Hurensöhne Hagestolze genannt.


Hägewasser (W3) [Adelung]


Das Hägewasser, des -s, plur. ut nom. sing. ein gehägtes Wasser, worin der Fischfang verbothen ist; im Gegensatze eines Freywassers.


Hägeweide (W3) [Adelung]


Die Hägeweide, plur. die -n, eine gehägte Weide, welche mit dem Viehe nicht betreiben werden darf.


Hageweide (W3) [Adelung]


Die Hageweide, plur. die -n, von Weide, Weidenbaum, ein Nahme der Bachweide, Salix helix L.


Hägewiese (W3) [Adelung]


Die Hägewiese, plur. die -n, eine gehägte Wiese; eine Wiese, welche Gartenrecht hat, und worauf ohne des Eigenthümers Willen niemand weiden darf.


Hägewisch (W3) [Adelung]


Der Hägewisch, des -es, plur. die -e, in der Landwirthschaft, ein Wisch Stroh, oder ein Bündel Reisholzes, welche auf eine Stange gestecket wird, einen gehängten Acker, Schlag, Wald u. s. f. damit zu bezeichnen; im Oberdeutschen eine Hägescheibe, Hägeschaub, Heuschaub, Hainscheibe. Einen Hau, eine Wiese, einen Acker mit Hägewischen abstecken.


Hägezeit (W3) [Adelung]


Die Hägezeit, plur. die -en, diejenige Zeit, da das Wildbret gehäget, d. i. geschonet, nicht gejaget noch gefangen wird; die geschlossene Zeit, die Grußzeit, die Waldsperre, die Schonzeit.


Hägling (W3) [Adelung]


Der Hägling, des -es, plur. die -e, in Oberdeutschland, eine Art kleiner Weißfische, welche im Canton Freyburg Pfärren, in Lucern Nachtfische genannt werden; Albula minima Gesn. der den Nahmen Hägling durch kleiner Häring erkläret.


Hägsmann (W3) [Adelung]


Der Hägsmann, des -es, plur. die Hägsleute, in einigen Gegenden ein Feldnachbar, dessen Acker nur durch einen Hag oder Zaun von dem Acker des andern abgesondert ist.


Haha (W3) [Adelung]


Das Haha, subst. indeclin. plur. die Haha, in den Gärten, eine Öffnung in der Befriedigung am Ende, wodurch man eine freye Aussicht hat, welche aber von außen mit einer tiefen Grube verwahret ist. Das Wort ist zunächst aus dem Englischen Haha, stammet aber mit demselben von Ha! dem Ausdrucke der Verwunderung her, weil man, wenn man durch die scheinbare Öffnung weiter zu gehen gedenkt, durch die Grube plötzlich aufgehalten wird.


Häher (W3) [Adelung]


Der Häher, des -s, plur. ut nom. sing. eine Benennung der Älster, welche am häufigsten in Niedersachsen üblich ist; Pica vulgaris Klein, Coracias Garrulus L. Sie hat diesen Nahmen zur Nachahmung ihres Geschreyes, und wird auch Heger, Häger, Hieger, Heyer u. s. f. im Angels. Higro, in der Monseeischen Glosse Heigero genannt. Im Schwed. ist Haeger der Reiher. S. Älster.


Hahnbrey (W3) [Adelung]


Der Hahnbrey, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, auf den Blechhämmern, ein Brey, welcher aus Wasser, Lehm und Kohlenstaube bestehet, und worin die Bleche geraucht werden, damit sie unter dem Schmieden nicht zusammen schweißen. Die Bedeutung des Wortes Hahn in dieser Zusammensetzung ist dunkel.


Hahnenbalken (W3) [Adelung]


Der Hahnenbalken, des -s, plur. ut nom. sing. der Balken oben im Giebel des Hauses, welcher die Dachsparren unter der Spitze verbindet, und auf welchem sich in den Bauerhäusern die Hühner gern des Nachts zu setzen pflegen; Nieders. Hanebalken, im Böhm. Hambalky.


Hahnenbart (W3) [Adelung]


Der Hahnenbart, des -es, plur. die -bärte, das rothe Läppchen unter dem Schnabel des Hahnes; der Bart.


Hahneney (W3) [Adelung]


Das Hahneney, des -es, plur. die -er, ein kleines Ey, welches die Hühner zuweilen wider ihre Gewohnheit legen. Der große Haufe auf dem Lande glaubet, ein solches Ey habe der Hahn geleget, und es werde ein Basilisk daraus; daher es auch im Nieders. ein Spooksey genannt wird, von spooken, spüken. Er pfleget ein solches Ey mit großer Sorgfalt in das Loch eines Ständers zu verspünden.


Hahnenfuß (W3) [Adelung]


Der Hahnenfuß, des -es, plur. von mehrern Arten, die -füße. 1) Eine Pflanze; Ranunculus L. wegen der Ähnlichkeit der dreyfach getheilten Blätter mit dem Fuße eines Hahnes. Schleichender Hahnenfuß, Ranunculus reptans, brennender Hahnenfuß, acris, welcher auch Brennkraut genannt wird. Der Sumpf-Hahnenfuß, Ranunculus Flammula L. heißt im Oberdeutschen auch Wassersemde, Schwefelbrech, Grensing, Glitzerpfännlein und Speerwurz. Einige Arten sind auch unter dem Nahmen Krähenfuß bekannt. 2) Eine Art Schwadens, Panicum Crus galli L. welcher auf den Europäischen Gartenländern wächset.


Hahnengefecht (W3) [Adelung]


Das Hahnengefecht, des -es, plur. die -e, eine noch in einigen Ländern, besonders in England, übliche Lustbarkeit des großen Haufens, wo zwey dazu abgerichtete Hähne mit einander fechten müssen; eine Lustbarkeit, welche ehedem auch in Niedersachsen, und in den ältesten Zeiten schon bey den Atheniensern geliebt wurde. Im mittlern Lat. Duellum Gallorum.


Hahnengeschrey (W3) [Adelung]


Das Hahnengeschrey, des -es, plur. die -e, das Geschrey, d. i. das Krähen des Hahnes oder der Hähne, besonders zu gewissen Stunden in der Nacht gegen den Morgen, wo es den Landleuten die Stelle einer Uhr vertritt; Gallicinium, im gemeinen Leben das Hahnenschrey, Marc. 13, 35. Bey dem Opitz das Hangekrey.


Hahnenkamm (W3) [Adelung]


Der Hahnenkamm, des -es, plur. die -kämme. 1) Eigentlich, der Kamm, d. i. die rothe fleischige Substanz oben auf dem Kopfe eines Hahnes; S. Kamm. 2) Wegen einiger Ähnlichkeit in der Zergliederungskunst, der obere oder inwendige Fortsatz des siebförmigen Beines, welcher dasselbe der Länge nach in zwey Theile theilet; Crista galli. 3) Eine Pflanze, welche häufig auf unsern Wiesen wächset; Rhinanthus crista galli L. Läusekraut, Rödel. 4) Das Kammgras, Cynosorus cristatus L. wird wegen des auf der einen Seite der Ähre besonders gestalteten Blättchens gleichfalls Hahnenkamm genannt. 5) Eine Art des Amarantes, Amarantus cristatus, führet im Niedersächsischen diesen Nahmen. 6) Eine Pflanze mit verwachsenen Staubbeuteln und lauter fruchtbaren Zwittern; Bidens L. Zweyzahn, Gabelkraut. 7) Das Meierkraut, welches von gemeinen Leuten als ein Gemüse wie Spinat gegessen wird, S. Meierkraut; und vielleicht noch andere Pflanzen mehr.


Hahnenpfötchen (W3) [Adelung]


Das Hahnenpfötchen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Hahnenhode.


Hahnenschritt (W3) [Adelung]


Der Hahnenschritt, des -es, plur. die -e, der Schritt eines Hahnes. Im gemeinen Leben sagt man, am Tage der heil. drey Könige habe der Tag schon um einen Hahnenschritt zugenommen, d. i. um einen zwar kleinen, aber doch merklichen Theil. Eben so drucken sich die Franzosen und Engländer aus. S. das Brem. Magaz. B. 5, S. 148, wo diese dem Scheine nach seltsame Figur, durch die bey den Landleuten übliche Messung des Schattens erkläret wird.


Hahnensporn (W3) [Adelung]


Der Hahnensporn, des -es, plur. die -en, eigentlich der spitzige hornartige Auswuchs der Hähne hinten am Fuße, in Gestalt eines Stachels. Figürlich ist die Osterluzey, Aristolochia L. in einigen Gegenden unter diesem Nahmen bekannt.


Hahnentritt (W3) [Adelung]


Der Hahnentritt, des -es, plur. die -e. 1) S. 2. Hagel. 2) Eine Art des Spathes bey den Pferden, wobey sie den Fuß, wie der hahn, mit einem Zucken aufheben.


Hahnenwecker (W3) [Adelung]

(E?)(L?) https://woerterbuchnetz.de/?sigle=Adelung&lemid=H00297

Der "Hahnenwecker", des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, ein Frühstück derer, welche die Nacht hindurch bis zum Hahnengeschrey geschwärmet haben; im gemeinen Leben der "Hahnewackel", ungeachtet es augenscheinlich von "wecken" abstammet.


Hähnker (W3) [Adelung]


* Der Hähnker, des -s, plur. ut nom. sing. in der Bienenzucht, besonders Niedersachsens, ein Schwarm Bienen, welcher auf ein von andern Bienen verlassenes Gewirk gesetzet wird.


Hahnrey (W3) [Adelung]


Der Hahnrey, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, eine schimpfliche Benennung eines Ehemannes, dessen Gattinn die eheliche Treue verletzet; ein Hörnerträger. Ein Hahnrey seyn, eine untreue Frau haben, Hörner tragen. Eine Frau macht ihren Mann zum Hahnreye, oder setzt ihm Hörner auf, wenn sie ihm untreu wird. Bav macht Tullium zum Hahnrey, oder setzt ihm Hörner auf, wenn er dessen Gattinn zur Untreue verleitet. Daher die Hahnreyschaft, die Eigenschaft, der Stand eines Hahnreyes. Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. Dän. und Schwed. gleichfalls Hanrei. In den beyden letzten Sprachen ist es, dem Ihre zu Folge, fremd, und vermuthlich von den Deutschen angenommen worden. Man hat von diesem dunkel Worte eine Menge Ableitungen, wovon eine die andere an Zwang und Unwahrscheinlichkeit übertrifft. Leibnitz leitete es von Hahn und dem alten ri, Isländ. runa, schneiden her, und erklärte es durch einen geschnittenen Hahn, oder Kapaun; Eckard leitete die letzte Hälfte des Wortes von rehe, müde, ab, und sahe in dem Hahnrey weiter nichts, als einen abgematteten zu seiner Bestimmung untauglichen Hahn. Wachter fiel auf das Angels. Heanra, Volk, Pöbel, und das Isländ. ria, spotten, und erklärete es durch aller Leute Spott. Ihre bringt das alte Bretagnische Hannerey, die Hälfte, in Vorschlag, und glaubt, man könne Hahnrey diesem Worte zu Folge durch einen Ehemann erklären, der der Vorrechte seines Ehebettes nur halb genießet. Anderer zu geschweigen. Bey diesen Umständen bleibt Frischens Muthmaßung immer noch die wahrscheinlichste, welcher dafür hält, daß dieses Wort aus dem Italiänischen Cornaro verderbt worden; welches dadurch glaublich wird, weil die Benennung eines Hörnerträgers sehr alt ist, und schon bey den Römern üblich war, ( S. Horn,) übrigens auch dir Verderbniß der Sitten für das ganze westliche und mitternächtige Europa aus Italien seinen Ursprung hat, da denn nicht selten auch die Nahmen zugleich mit eingeführet worden. Frisch hat dieses Wort bey dem Matthesius im sechzehenten Jahrhunderte zuerst gefunden, der es aber in beyden Geschlechtern. so wohl von einem Hurer als von einer Hure gebraucht. Opitz und Logau haben das sonst ungewöhnliche Zeitwort hahnen, zum Hahnrey machen. Wie oft ist Reu ankommen Dem lieben Feuergott, daß er geoffenbahrt, Gradiv, die eigne Smach, als er gehahnet ward, Opitz. Das Hahnen kömmt von dir, ebend. Allein es scheinet, daß dieses ein selbst gemachtes Wort ist, wozu bloß die unrichtige Erklärung der ersten Sylbe in dem Worte Hahnrey Anlaß gegeben. Indessen ist doch die Anspielung auf einen Hahn in den gleichbedeutenden Wörtern anderer Sprachen schon sehr alt. Von dem Französischen Coq, ein Hahn, scheinen die mittlern Latein. Cugus, Cucussus, Cucuciatus, Cucutus, Cucullus, die alten Französ. Ausdrucke Couz, Couyoul, Coucuol, Coquart, Coquillard, Hugho, wofür die heutigen Franzosen Cocu sagen, und das Engl. Cuckold, abzustammen, ob man sie gleich gemeiniglich von Guckguck, Lat. Cuculus, ableitet, und für eine Anspielung auf die bekannte Erzählung hält, daß der Guckguck seine Eyer in das Nest einer Grasmücke lege, und von derselben ausbrüten lasse; da denn aber Hahnrey und Cocu eigentlich den Hahnreymacher bedeuten müßten, welches aber nicht leicht wird erwiesen werden können. Richtiger nannten die alten Römer einen Hahnrey Curruca, welches Wort eigentlich der Nahme der Grasmücke ist, woraus im mittlern Latein. Coruca geworden. Übrigens wurde ein Hahnrey im mittlern Lateine auch Cucurbita, Minarius, Minnarius, Nima, Nimuarus, Niminvir, ingleichen Copaudus, im Französ. ehedem Coppau, Coupaut, Copereau, Couers, Couppere genannt, daher accouppaudir jemanden zum Hahnrey machen bedeutete. So fern eine Frau ihren Mann zu Hahnrey macht, wird solches in einer Französ. Urkunde von 1475 faire Jean genannt, S. Hans. Die Ital. Benennungen Becco, Becconazzo, Cornuto, Cornaro, sind bekannt. Die "Longobarden" nannten einen solchen Ehemann Arga, und in Niedersachsen heißt er Dudeldop, welches aber eigentlich einen schläfrigen, einfältigen Menschen bedeu- tet, daher Frischens Ableitung von einem Düthorne hier wohl nicht Statt finden kann.


Hain (W3) [Adelung]


Der Hain, des -es, plur. die -e, ein Wort, welches von Hag abstammet, und ehedem eben dieselben Bedeutungen hatte, daher haynen im Holländ. noch jetzt so viel als zäunen bedeutet. Besonders war es ehedem von einem gehägeten Walde sehr üblich, da es denn mit Forst überein kam, und in diesem Verstande noch in den eigenthümlichen Nahmen vieler Orte vorkommt, z. B. Großenhain, Ziegenhain, Lichtenhain u. s. f. wofür es in andern hahn, in andern ham, und in noch andern hagen lautet. Es wurde alsdann von einem jeden gehägten Gehölze, und in weiterer Bedeutung von einem jeden Walde gebraucht, er mochte groß oder klein seyn. In dem gemeinen Sprachgebrauche der Hochdeutschen ist es in dieser Bedeutung veraltet, wo es nur noch in der höhern und dichterischen Schreibart von einem jeden Walde, am häufigsten aber von einem kleinern Gehölze gebraucht wird. Wie lieblich flistert dort im Hain Der schlanken Espen furchtsam Laub! Kleist. In der Deutschen Bibel kommt es sehr häufig in der Bedeutung eines heiligen, einer Gottheit gewidmeten Waldes vor, wo es 1. Sam. 22, 6 auch von einigen einzelnen Bäumen gebraucht zu seyn scheinet: Als nun Saul wohnete zu Gibea, unter einem Hain in Rama. Ja 2 Kön. 23, 6 bezeichnet es auf eine sonst ungewöhnliche Art gar einen Hain- oder Waldgötzen: Und ließ den Hain aus dem Haus des Herren führen hinaus vor Jerusalem, in Bach Kidron, und verbrannte ihn u. s. f.

Anm. Hain, bey dem Stryker Heinic, im Wendischen Hai, Hain, ein Wald, ist aus Hagen zusammen gezogen, daher es zur Bezeichnung des ausgestoßenen Gaumenlautes auch von einigen Hayn geschrieben wird, so ungern auch die Hochdeutsche Mundart sonst den Doppellaut ay duldet. S. Hag und Ham.


Haingötze (W3) [Adelung]


Der Haingötze, des -n, plur. die -n, das Bild eines Waldgottes, ingleichen ein Götze, welcher in einem Haine verehret wird, 2 Kön. 21, 7.


Hainholz (W3) [Adelung]


Das Hainholz, des -es, plur. die -hölzer, S. Hägeholz.


Hainschaub (W3) [Adelung]


Der Hainschaub, des -es, plur. die -e, S. Hägewisch.


Haiternessel (W3) [Adelung]


Die Haiternessel, plur. die -n, S. Eiternessel.


Häkel (W3) [Adelung]


Das Häkel, des -s, plur. ut nom. sing. welches eigentlich das Diminut. von dem Worte Haken, für Häklein, ist, einen kleinen Haken zu bezeichnen. So ist bey den Kunstdrechslern das Häkel, ein halb runder gekrümmter Drehstahl, harte Körper inwendig auszudrehen. Wenn dieses Wort im männlichen Geschlechte der Häkel lautet, so ist die Endsylbe nicht mehr das Zeichen einer Verkleinerung, sondern vielmehr eines Werkzeuges, ( S. - El,) und Häkel bedeutet alsdann ein Werkzeug, womit man etwas haket, oder vermittelst dessen krummen Spitze heraus hohlet. Eben so bezeichnet das zusammen gesetzte Baumhäkel oder vielmehr Baumhäckel oder Baumhacker, einen Vogel, der seine Nahrung aus den Rinden der Bäume heraus hacket.


Hakelhufe (W3) [Adelung]


Die Hakelhufe, S. Hakenhufe.


Hakelig (W3) [Adelung]


* Hakelig, oder häklig, adj. et adv. welches nur im Oberdeutschen üblich ist, wo es theils im eigentlichen Verstande, mit kleinen Haken versehen bedeutet, theils figürlich, bedenklich, kitzlich. Eine häkelige Sache, eine bedenkliche Sache, welche behuthsam behandelt seyn will. Ein häkeliger Mensch, der an allen Din- gen etwas zu tadeln hat, dem man nicht leicht etwas recht machen kann, und der auch wohl ein Häkler genannt wird.


Häkeln (W3) [Adelung]


Häkeln, verb. reg. act. mit kleinen Haken herbey zu ziehen suchen. So sagt man von den Katzen, daß sie häkeln, wenn sie mit ihren Klauen spielend einhacken. Zusammen häkeln, an einander häkeln, mit kleinen Haken an einander befestigen. S. auch Anhäkeln, Forthäkeln, Zuhäkeln.


Häkelstahl (W3) [Adelung]


Der Häkelstahl, des -es, plur. die -stähle. bey den Kunstdrechslern, ein gekrümmter Drehstahl, besonders Kugeln in einander zu drehen; der von einem Häkel noch verschieden ist.


Hakelwerk (W3) [Adelung]


* Das Hakelwerk, des -es, plur. die -e, ein mit der Sache selbst nur in Niedersachsen übliches Wort, eine Art der Befriedigung um Häuser zu bezeichnen, wo über einem Zaune oder Plankenwerke, zwischen mehrern langen kreuzweise in die Erde geschlagenen Pfählen, ganze Fuder Busch- oder Reißholz geleget werden. Hakel bedeutet hier vermuthlich so viel als Hecke, gleichsam Heckenwerk. Daher der Hakelpfahl, einer von den langen spitzigen Pfählen, zwischen welchen dieses verwüstende und gefährliche Bollwerk lieget.


Haken (W3) [Adelung]


Der Haken, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Häkchen, Oberd. Häklein und zusammen gezogen Häkel. 1. * In der weitesten Bedeutung, ein jedes Werkzeug zum Stechen. In dieser nunmehr veralteten Bedeutung werden nur noch die rundlichen und scharfen Zähne der Pferde, welche sie erst im fünften Jahre bekommen, Haken oder Hakenzähne genannt. Sie folgen auf die Eckzähne. Auf ähnliche Art nennet man im Oberdeutschen auch die Spitzzähne der Kinder Häkerlein. 2. In engerer und gewöhnlichster Bedeutung, ein jedes krumm oder nach einem rechten oder spitzigen Winkel gebogenes Ding, oder krumm gebogenes Ende eines Dinges, besonders so fern es dazu dienet, andere Dinge damit herbey zu hohlen, damit zu befestigen, daran zu hängen u. s. f. 1) Überhaupt. Einen Haken an eine Nadel, an einen Draht biegen. Im Bergbaue wirft der Gang einen Haken, wenn er aus seiner Stunde absetzet, d. i. eine andere Richtung nimmt. Das Ding hat einen Haken, figürlich, es ist ein Hinderniß dabey, ein Aber, eine Bedenklichkeit. Der Englische Haken, an einer Stubenuhr, ein eiserner Bogen, dessen beyde Enden zwey Lappen in Gestalt zweyer Haken haben, wovon ein Zahn immer in das Steigerad greift, den Lauf des Räderwerkes zu hemmen und sich gleichförmig zu machen; Franz. Echappement. Die Schaufeln des Ankers werden um ihrer gekrümmten Gestalt willen gleichfalls Haken, sonst aber auch Fliegen und Flunken genannt. Bey den Drechslern ist der Haken oder das Baucheisen, ein gekrümmtes Dreheisen, bauchige Gefäße hohl auszudrehen. An den Kleidern befestiget man kleine Haken von Draht, oder Häkel, welche in ein Öhr, Nieders. Öse, eingreifen, gewisse Kleidungsstücke damit nach Belieben zu befestigen. Einen Missethäter in die Haken werfen, eine in der Türkey, in Rußland und andern Ländern übliche grausame Lebensstrafe, wo der Missethäter lebendig in einen an den Seiten mit scharfen großen eisernen Haken besetzten engen Thurm geworfen wird, worauf er sich spießen, und auf diese Art einen langsamen und schmerzlichen Tod erdulden muß. Die Haken der Tuchscherer sind von Eisen und haben die Gestalt eines Bogens, dessen Spitze an jedem Ende einwärts gebogen ist; die Zeuge mit Leisten werden damit auf dem Schertische befestiget und zugleich ausgedehnet. Und so in andern Fällen mehr. Nach der Bestimmung der Haken bekommen sie oft besondere zusammen gesetzte Nahmen, dergleichen Angelhaken, Brunnenhaken, Feuerhaken, Kesselhaken, Misthaken, Schlüsselhaken, Thürhaken, Widerhaken, Nußhaken, Winkelhaken u. a. m. Angel, Kräuel, Krücke, Krampe, Franz. Crampon, welches Wort dem Menage und Füretiere ein Räthsel ist, bedeuten in andern Fällen gleichfalls einem Haken. Ein Haken, womit etwas ergriffen und herbey gezogen wird, heißt Nieders. Dragge, Engl. Drag, von trecken, ziehen, oder tragen, so fern es ehedem gleichfalls ziehen bedeutete. 2) Besonders. (a) Ein in Niedersachsen übliches Werkzeug zum Ackern, welches weit einfacher als ein Pflug ist, keine Räder hat, und so wohl von Ochsen als Pferden gezogen werden kann; wegen seiner Gestalt, worin es einem Haken mit einem spitzigen Winkel gleicht. Es wird auch wohl ein Ackerhaken genannt. Siehe Haken, das Zeitwort. Schon bey dem Ulphilas ist Hoha ein Pflug, vielleicht unser heutiger Haken. Figürlich wird auch so viel Land, als man mit einem Haken in einer gewissen Zeit bestellen kann, in einigen Gegenden ein Haken genannt, wofür in andern Ländern das Wort Pflug üblich ist. So hält im Meklenburgischen eine gemeine Hufe zwey Haken. In eben dieser Bedeutung kommt Uncus bey dem du Fresne in Liefländischen Urkunde von 1242 und 1249 vor. S. Hakenhufe und Häker. (b) Eine ehemahlige Art eines Feuergewehres, dessen Schaft einen Haken hatte, vermittelst dessen es auf einem Gestelle ruhete, welches ein Bock genannt wurde. Es wurde auch eine Hakenbüchse genannt, zum Unterschiede von den Backenbüchsen, oder unsern heutigen kleinern Feuergewehren. Eine solche Hakenbüchse schoß vier Loth Bley, ein halber Haken aber, so jetzt den Nahmen einer Muskete führet, zwey Loth. S. Doppelhaken.

Anm. In dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter Hahgen, im Nieders. Hake, im Dän. Hage, im Schwed. und Isländ. Hake, im Angels. Hoc, im Engl. Hook, im Böhm. und Pohln. Hak, im Normand. und Picard. Acq, Acque, Eich, im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, wohin auch Ecke, Achel u. s. f. ingleichen das Lat. Uncus und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - gehören, welche sich, so wie das Deutsche Angel, bloß durch den eingeschobenen Nasenlaut unterscheiden. So fern dieses Wort ehedem etwas Spitziges überhaupt bedeutete, gehöret es zu dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, spitzig, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, stecken. Wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt heißt im Schwed. das Kinn Hake, und im Nieders. die Ferse Hacke, S. dieses Wort.


Haken (W3) [Adelung]


Haken, verb. reg. act. vermittelst eines Hakens ergreifen, herbey ziehen u. s. f. wo es doch in den Zusammensetzungen anhaken, einhaken, abhaken u. s. f. am üblichsten ist. In den Gegenden, wo man sich statt eines Pfluges des Hakens bedienet, bedeutet das Zeitwort haken, mit diesem Werkzeuge ackern. Einen Acker haken, mit dem Haken bearbeiten. Da haket es, als ein Neutrum, für da hänget es, und figürlich, daran lieget es, das ist Hinderniß, ist Niedersächsisch.


Hakenband (W3) [Adelung]


Das Hakenband, des -es, plur. die -bänder, ein jedes Thür-Fenster- oder ähnliches Band, welches sich um einem Haken, oder eine Angel beweget, und daher mit einem Öhre versehen ist.


Hakenbüchse (W3) [Adelung]


Die Hakenbüchse, plur. die -n, S. Haken 2. 2) Das Französ. Arquebuse ist vermuthlich daraus gebildet.


Hakenhaue (W3) [Adelung]


Die Hakenhaue, plur. die -n, bey den Minirern, eine breite eingebogene Haue, dessen sie sich in lehmigem und festem Boden bedienen; Franz. Pic hojau.


Hakenhufe (W3) [Adelung]


Die Hakenhufe, plur. die -n, ein in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden übliche Feldmaß, welches in Pommern 15 Morgen hält, zum Unterschiede von einer Land- oder Dorfhufe, welche 30 Morgen, einer Tripelhufe, welche 45 Morgen, und einer Hägerhufe, welche 60 Morgen hält. Hakenhufe bedeutet hier vermuthlich so viel Land, als mit einem Haken das Jahr über bequem bestellet werden kann; S. Haken 2. 2) Im Meklenburgischen ist eine Häkelhufe in einem andern Verstande, eine Hufe Ackerland, im Gegensatze der Hufen in Rusch und Busch, d. i. des Waldes und der Weide.


Hakenkreuz (W3) [Adelung]


Das Hakenkreuz, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, ein an den Enden mit Haken versehenes Kreuz.


Hakenlachs (W3) [Adelung]


Der Hakenlachs, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, eine Benennung des Männchens unter den Lachsen, wegen des krummen Schnabels oder Hakens, welchen er am Untermaule hat. Die Oberdeutschen Fischer nennen ihn Hagen.


Hakenmörser (W3) [Adelung]


Der Hakenmörser, des -s, plur. ut nom. sing. in der Geschützkunst, eine Art Handmörser, Handgranaten damit zu werfen.


Hakennadel (W3) [Adelung]


Die Hakennadel, plur. die -n, in der Geschützkunst, eine Nadel mit einem Haken, die Stärke des Metalles an einem Stücke durch das Zündloch damit zu messen.


Hakenpflug (W3) [Adelung]


Der Hakenpflug, des -es, plur. die -pflüge, in der Landwirthschaft, ein Pflug, welcher anstatt der Pflugschar, eine breite zweyschneidige Hakenschar hat, und in starkem Boden gebraucht wird, die gebrachten Äcker damit zu rühren, d. i. nach der Quere zu überpflügen, daher er auch ein Rührhaken, und mir einem vermuthlich Wendischen Worte auch Radlitz genannt wird. Die Arbeit selbst heißt das Hakenpflügen, das Balkenstreifen, das Rühren oder das Quiren, eigentlich Queren.


Hakenpulver (W3) [Adelung]


Das Hakenpulver, des -s, plur. inus. eine Art Schießpulvers, welches zu den Doppelhaken gebraucht wird; zum Unterschiede von dem Schlagen- und Karthaunenpulver.


Hakenrichter (W3) [Adelung]


Der Hakenrichter, des -s, plur. ut nom. sing. in Esthland, eine Art Polizeyrichter auf dem Lande, welche die Urtheile der Landesregierung mit Zuziehung der Bauern vollziehen. Ihrer sind in Esthland vier, welche aus dem Adel erwählet werden. S. Hakenhufe und Haken 2. 2).


Hakenschar (W3) [Adelung]


Die Hakenschar, plur. die -en, die große zweyschneidige und dreyeckige Schar an einem Haken; zum Unterschiede von der kleinern einschneidigen Pflugschar. Auch der Hakenpflug ist mit einer solchen Hakenschar versehen. Im gemeinen Leben lautet dieses Wort oft Hockschar, Hockenschar.


Hackenscheibe (W3) [Adelung]


Die Hackenscheibe, plur. die -n, in der Landwirthschaft, eine eiserne Scheibe mit einem Haken, welche an den Achsschenkel gesteckt wird, das dritte auf der Wildbahn gehende Pferd daran zu spannen.


Hakenschlüssel (W3) [Adelung]


Der Hakenschlüssel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schlüssel, welcher anstatt des Bartes oder Kammes nur einen Haken hat, und mehrere Schlösser schließet; an einigen Orten ein Krückel, und so fern man ihn zu verdächtigen Absichten gebraucht, ein Dieterich. S. Nachschlüssel.


Hakenschütze (W3) [Adelung]


Der Hakenschütze, des -n, plur. die -n, eine ehemahlige Art Soldaten, welche mit Haken oder Hakenbüchsen bewaffnet waren, und an deren Stelle die heutigen Musketiere gekommen sind; Franz. Arquebusier, Schwed. Hakeskytt.


Hakenzahn (W3) [Adelung]


Der Hakenzahn, des -es, plur. die -zähne, S. Haken 1.


Hakenwendung (W3) [Adelung]


Die Hakenwendung, plur. die -en, in Niedersachsen, wo man sich anstatt des Pfluges des Hakens bedienet, die Umwendung mit dem Haken. Ingleichen ein Längenmaß, einen so langen Raum zu bezeichnen, als man mit einem Haken ohne umzuwenden zu ackern pfleget.


Häker (W3) [Adelung]


Der Häker, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Derjenige, welcher den Acker mit dem Haken bearbeitet. 2) In einigen Niedersächsischen Gegenden, eine Art geringer Bauern, welche nicht mehr Acker haben, als sie mit einem Haken des Jahres bearbeiten können, und dafür dem Grundberren gewisse Handdienste leisten müssen. Sie scheinen von den oben erwähnten Hägern noch sehr verschieden zu seyn. Daher das Häkergut, das Gut eines solches Häkers.


Hakig (W3) [Adelung]


Hakig, adj. et adv. Haken oder einen Haken habend. Hakicht hingegen, einem Haken ähnlich.


Hakscheit (W3) [Adelung]


Das Hakscheit, des -es, plur. die -e, in die Salzwerken, starke Stäbe, woran die Pfanne mit ihren Haken eingehaket wird.


Häkse (W3) [Adelung]


Die Häkse, plur. die -n, der Kniebug an den größern Thieren, besonders an den Hinterfüßen derselben. In weiterer Bedeutung der ganze untere sehnige Theil des Fußes der größern Thiere, und im gemeinen Leben Niedersachsens auch wohl der Menschen. Im Oberd. Haxe, Hachse, Hächse, im Nieders. Hesse, im Osnabrück. und Pomm. Hespe; bey einigen Hochdeutschen auch wohl Häxe, Hexe, Hechse. An den Schöpps- und Kalbskeulen wird dieses Bein wegen einige Ähnlichkeit auch die Flegelkappe, ingleichen das Mägdebein genannt, weil man es den Mägden zu geben pfleget. Es gehöret zu dem Worte Hacke und drucket wie dieses die Ähnlichkeit dieses Buges mit einem Haken aus. Ihre hält das gleich bedeutende Schwed. Hasnar für ein von Hah, die Hacke, Ferse, und Sino, Sehne, zusammen gesetztes Wort. In der Monseeischen Glosse kommt aus 2 Kön. 8, 4 subnervavit vor, welches daselbst hasneta übersetzt wird. Schilter hält es für einen Fehler und will abasnita lesen; allein es bedarf dieser Verbesserung nicht, weil hasneta zu unserm Worte gehöret, und die Häksen abschneiden bedeutet. Frisch führet aus einer handschriftlichen Bibel-Übersetzung in der königl. Bibl. zu Berlin aus Josua 11 die Stelle an: Ihre Rosse sollt du enthehsenen, welches eben das ist.


Halb (W3) [Adelung]


1. Halb, halben und halber, drey Partikeln, wovon wenigstens die beyden letztern eigentlich Hauptwörter sind, und welche jetzt noch in folgenden Fällen gebraucht werden. 1) * Die Seite eines Körpers zu bezeichnen. Bey den Schwäbischen Dichtern bedeutet anderthalp, auf der andern Seite, bey dem Ottfried in allon anahalban min, auf meiner ganzen Seite. Doch in dieser Bedeutung ist es außer dem Worte allenthalben nunmehr veraltet, S. Halbe und Allenthalben. Im Oberdeutschen hat man noch beydenthalben, auf beyden Seiten, und enhalb, für jenseit. 2) Die Gegend, die Richtung in Beziehung auf einen andern Körper, wo das halb noch in einigen zusammen gesetzten Nebenwörtern vorkommt, und ungefähr so viel als -wärts bedeutet. Außerhalb, oberhalb, innerhalb, unterhalb, die äußere, obere, innere und untere Gegend eines Dinges zu bezeichnen. Da diese Nebenwörter alle Mahl die zweyte Endung des Hauptwortes erfordern, innerhalb der Stadt, unterhalb des Flusses, daher sie von einigen auch unter die Präpositionen gerechnet werden, so erhellet daraus, daß halb auch hier eigentlich das folgende Hauptwort die Halbe ist. Einige legen diesen Nebenwörtern auch noch die dritte Endung bey, welches aber in der anständigen Sprechart ungewöhnlich ist, und nur noch zuweilen bey dem großen Haufen vorkommt; z. B. innerhalb drey Tagen, für innerhalb dreyer Tage. Siehe diese Wörter selbst. Im Oberdeutschen hänget man dieses halb noch an andere Wörter. Sonnenhalb kommt bey dem Walser für südwärts vor, und in Boxhorns Glossen findet sich northhalba und sundhalba für nordwärts und südwärts. 3) Figürlich, werden halben und halber, so wie die ähnlichen Vorwörter willen und wegen, oft gebraucht, einen Bewegungsgrund zu bezeichnen, da sie denn die zweyte Endung des Hauptwortes erfordern und alle Mahl hinter demselben stehen. Ich thue es der Freundschaft halben. Deiner Verbrechen halben wirst du gestraft. Die Welt ist gewiß nicht allein des Menschen halben erschaffen. Ich habe ihn noch einiger Sachen halben zu sprechen. So auch ohne Artikel. Alters halber hätte er noch lange leben können. Gewissens halber zu etwas verbunden seyn. Halben wird in diesen Fällen gesetzet, wenn das vorher gehende Hauptwort den Artikel ausdrücklich bey sich hat; halber aber, wenn derselbe fehlet, da denn der Articulus Postpositivus dessen Stelle vertritt. Etwas des Gewinnstes halben thun, oder, etwas Gewinnstes halber thun. Die meisten gebraucht er halben und halber ohne diesen Unterschied zu beobachten, der doch sehr gegründet zu seyn scheinet. Wenn kein Artikel vorhanden ist, so pflegen viele des halber mit dem vorher gehenden Hauptworte zusammen zu ziehen; scheinshalber oder Scheinshalber, Bethenshalber, Neidshalber, Ehrenhalber, welches im gemeinen Leben mit dem hier sehr übel angebrachten t euphonico ehrenthalber lautet. Allein richtiger schreibt man sie getrennt, Scheines halber, Ehren halber. Ein wirklicher Fehler aber ist es, wenn man noch das Vorwort um dazu setzet, welches hier völlig überflüssig ist, obgleich Gottsched sagt, um des Wohlstands halber, für, des Wohlstandes halben. Halb und halben werden auch häufig mit einigen demonstrativen und relativen Fürwörtern zusammen gesetzet, welche alsdann gleichfalls in der zweyten Endung stehen, und mit diesen Wörtern die Gestalt eines Bindewortes bekommen. Derhalb oder derhalben, und nach der ältern Form derohalben, deßhalb oder deßhalben, weßhalb oder weßhalben, wo der, deß und weß die verkürzten Genitivi für derer oder deren, dessen und wessen sind, welche auch wohl im gemeinen Leben wirklich gebraucht werden, aber alsdann das t euphonicum annehmen; derenthalben, dessenthalben, wessenthalben. Siehe 2. Der

Anm. 3. Für derhalb sagt man lieber derhalben, aber deßhalb und deßhalben, weßhalb und weßhalben scheinen gleichgültig zu seyn; nur halber, welches viele in diesen Zusammensetzungen gleichfalls gebrauchen, möchte schwer zu vertheidigen seyn, weil halben eigentlich die dritte Endung des Plurals von dem Hauptworte Halbe ist, welche von einem ausgelassenen Vorworte regieret wird. Eben dieses gilt auch, wenn halben mit den zueignenden Fürwörtern mein, dein, sein, unser, euer, ihr, zusammen gesetzet wird, von welchen nur noch dieses zu merken ist, daß sie um des Wohlklanges willen statt des n ihres Genitivs, ein t annehmen; meinethalben, deinethalben, seinethalben, unserthalben, euerthalben, ihrethalben, für meinen, deinen, seinen, unsern, euern, ihren Halben. S. 2. Dein I. wo schon das nöthigste von dieser Zusammensetzung gesagt worden. Auf ähnliche Art sagt Cicero pro mea parte, meinethalben. Ehedem waren halb und halben noch in einigen andern Fällen üblich. Ist minan halbun gedan, heißt bey dem Ottfried, ist in meinem Nahmen gethan. Vbe Gott unser halb ist, bedeutet bey dem Notker, wenn Gott für uns ist. Halb, ein Bey- und Nebenwort, welches Einen Theil von zwey gleichen Theilen, worein ein Ganzes getheilet wird, bezeichnet. 1. Eigentlich, wo es nicht bloß von Körpern, sondern auch von der Zeit, dem Raume und mit Einem Worte von allen Dingen gebraucht wird, welche als ein Ganzes betrachtet werden können, und wobey man sich eine Theilung in zwey gleiche Theile oder Hälften gedenken kann. Ein halbes Brot, ein halber Apfel, der halbe Theil, eine halbe Kugel, ein halber Bogen Papier. Eine halbe Meile, eine halbe Elle, ein halbes Pfund, ein halber Zentner. Acht Fuß und ein halber. Der halbe Mond. Ein halber Feyertag, wovon nur die eine Hälfte gefeyert wird. Ein halber Ton. Ein halbes Jahr, ein halber Tag, eine halbe Stunde. Ein halber Thaler, ein halber Gulden, ein halber Louis d'or. Die Augen nur halb öffnen. Ich habe es nur halb, d. i. ich habe nur Eines von den zwey Theilen des Ganzen. Das Gefäß ist nur halb voll, es ist schon halb leer, bis auf die Hälfte. Etwas halb von einander brechen, schneiden u. s. f. Es ist nur halb so groß. Wo in vielen Fällen auf die Gleichheit der Theile nicht so genau gesehen wird. Halb London saß nunmehr an dem bestimmten Ort, Gell. Halb ein Mensch und halb ein Fisch seyn, oder halb Mensch, halb Fisch seyn. Doch welch Entsetzen, seine Schöne, Sein Liebling war halb Mensch, halb Fisch, Gell. Unsterblich, doch des Todes Raub, Sind wir halb Engel und halb Staub, Cron. Zu halben Tagen, oder zu ganzen halben Tagen spazieren gehen, d. i. mehrere halbe Tage, oft einen halben Tag spazieren gehen. Zu halben Stunden plaudern. Die halbe Jahre lang sich kalt zu stellen wissen, Gell. In manchen Fällen wird so wohl das Bey- als auch das Nebenwort gebraucht, den Punct oder die Linie zu bezeichnen, welche das Ganze in zwey gleich große, oder beynahe gleich große Theile theilet; die Mitte. Jemanden auf halben Wege begegnen, d. i. auf der Hälfte des Weges. Auf den halben Mann anschlagen, mit einem Feuergewehre nach der Mitte des Mannes zielen. Im gemeinen Leben sagt man auch im halben Märzen, im halben Aprill u. s. f. für in der Mitte des Märzes; auf der halben Zeit seyn, in der Hälfte oder der Mitte der Schwangerschaft; bis in den halben Tag schlafen u. s. f. Am häufigsten als ein Nebenwort von den Stunden der Uhr. Es ist halb zehen, d. i. neun Uhr und eine halbe Stunde. So auch halb eins, halb zwey u. s. f. Ich komme um halb fünf. Mit den ordnenden Zahlwörtern wird halb auf eine besondere Art verbunden, halbirende Grundzahlen daraus zu bilden, welche denn unabänderlich sind, und weder in Ansehung des Geschlechtes noch der Zahl verändert werden, auch keinen Artikel vor sich leiden. Anderthalb, d. i. eines und ein halbes; dritthalb, zwey und ein halbes; vierthalb, drey und ein halbes; dreyßigsthalb, neun und zwanzig und ein halbes. Anderthalb Jahr oder anderthalb Jahre. Dritthalb Gulden. Er both mir es um vierthalb Thaler. Ich habe ihn in fünfthalb Jahren nicht gesehen. Im gemeinen Leben pflegt man diese halbirenden Zahlen zuweilen zu decliniren, und in manchen Grammatiken findet man gar die Declination vorgeschrieben. Es sind anderthalbe Tage, vor drittehalben Jahren. Allein es ist solches ein eben so großer Mißbrauch, als wenn man diese halbirenden Grundzahlen zu Ordnungszahlen macht, wie im Oberdeutschen üblich zu seyn scheinet. Es gehet in das dritthalbe Jahr, für, es find bald dritthalb Jahre, oder, es gehet in die Hälfte des dritten Jahres, oder es gehet in das fünfte halbe Jahr. Man kann auf solche Art aus allen Zahlen halbirende Zahlen bilden; ein und zwanzigsthalb, d. i. zwanzig und ein halbes; neun und neunzigsthalb, acht und neunzig und ein halbes; hundertsthalb, neun und neunzig und ein halbes; tausendsthalb, neun hundert neun und neunzig und ein halbes u. s. f. Dieser Gebrauch der ordnenden Zahlwörter mit dem Worte halb hat etwas besonders an sich, aber er ist doch schon alt. Im Ripuarischen Gesetze Kap. 20, heißt es: quinto dimidio solido culpabilis iudicetur, d. i. um fünfthalb Schillinge; in dem Bündnisse der Könige Alfred und Godrin: reddat 34 solid, cum Anglis et cum Danis tres dimidias marcas, dritthalb Mark, nicht drey halbe; im Sachsenspiegel: quartus dimidius numerus. Auf ähnliche Art war bey den Griechen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, dritthalb Häller; - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, siebenthalb Talente. 2. Figürlich. 1) Von der Quantität, den Graden der Beschaffenheit, der innern Stärke u. s. f. im Gegensatze des ganz, wo aber auf die Gleichheit der Grade nicht so genau gesehen wird. Ein halber Feyertag, der nicht so feyerlich begangen wird, als ein ganzer. Ein halber Beweis, der noch keine völlige Überzeugung gewähret. Mit halber Stimme singen. Eine Sache nur halb verstehen. Er war schon halb todt. Noch halb schlafen. Halb betrunken seyn. Ihr seyd schon eine halbe Leiche, Gell. Es ist nur halb wahr. Halbe Wahrheiten, Dinge, von denen die Hälfte erlogen, und die andere erkünstelt ist, Hermes. Halbe Farben, in der Mahlerey, S. Mittelfarben. Die halbe Trauer, im Gegensatze der ganzen. Etwas mit halben Augen sehen. Mit halbem Winde fahren, in der Schifffahrt. 2) Besonders mit dem Nebenbegriffe der Unvollkommenheit. Gott nur halb dienen. Ich habe es nur halb gehöret. Seine Sachen nur halb verrichten. Es ist weder halb noch ganz, d. i. sehr unvollkommen. Er ist nur ein halber Mann, ein halber Gelehrter u. s. f. Halb und halb, im gemeinen Leben, für mittelmäßig, ein wenig, unvollständig. Ich habe es nur so halb und halb gehört. Hast du der Sache nachgedacht, die ich dir vorhin so halb und halb vorschlug? Less. Er gefällt mir halb und halb. 3) In andern Fällen gebraucht man dieses Wort, ein Ding von kleinerer oder geringerer Art anzudeuten, als ein andres von gleicher Art ist. Eine halbe Karthaune, im Gegensatze einer ganzen. S. auch die Zusammensetzungen Halbbier, Halbvogel u. s. f.

Anm. Halb, bey dem Ulphilas und Ottfried schon halb, im Nieders. half, im Angels. healf, im Engl. und Schwed. gleichfalls half, im Dän. halv, im Wendischen pol, ist in dieser Bedeutung eine Figur von dem vorigen Worte halb und von halbe, so fern es die Seite eines Dinges bezeichnet. S. Halbe und Hälfte. Man kann dieses Wort fast mit allen Haupt- und Beywörtern zusammen setzen, eine oder mehrere der jetzt gedachten Bedeutungen auszudrucken; wovon folgende etwa die bekanntesten seyn möchten. Mit Neben- und Beywörtern wird es oft, aber eben so irrig zusammen gezogen, als wenn man ganz mit ihnen zusammen ziehen wollte. Man schreibt daher lieber halb barbarisch, halb erhaben, halb tief u. s. f. als halbbarbarisch, halberhaben, halbtief. Einige wenige ausgenommen, wo andere Gründe die Zusammenziehung erfordern, als halbbürtig, halbjährig, halbfuderig u. s. f. S. die Sprachlehre.


Halbänte (W3) [Adelung]


Die Halbänte, plur. die -n, eine Art Wasservögel, in den mitternächtigsten Gewässern, welche zu den Patschfüßen gehören, vier Zehen haben, aber dem Kopfe, dem Halse, dem Schnabel und der Lage der Füße nach, ganz von einer Änte verschieden sind; Plotus anomalopes Klein. Ihre Füße sitzen außerhalb des Schwerpunctes ihres Körpers nahe am Hintern, daher sie nicht gehen können. Sie können sich auch nicht so lange als die Taucher unter dem Wasser aufhalten, obgleich andere sie zu den Tauchern rechnen.


Halbärmel (W3) [Adelung]


Der Halbärmel, des -s, plur. ut nom. sing. Ärmel von Leinwand, welche nur den halben Arm bedecken.


Halbbauer (W3) [Adelung]


Der Halbbauer, des -s, plur. die -n. 1) In einigen Gegenden, ein Bauer, der nur halb so viel Acker hat, als zu einem vollständigen Bauergute erfordert wird, im Gegensatze eines Vollbauers. 2) In einigen Gegenden, ein Pachter, der ein Landgut oder Grundstück um die Hälfte bauet, d. i. die Hälfte des Ertrages dem Eigenthümer anstatt des Pachtes entrichtet; Colonus partiarius. Er wird auch Halbmann, im Plural Halbmänner oder Halbleute, und ein solcher Vertrag die Halbbauerey genannt. S. Halbpacht.


Halbbier (W3) [Adelung]


Das Halbbier, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, geringes, schwaches Bier, welches entstehet, wenn man mit dem Kofent vor dem Aufstoßen etwas starkes Bier vermischet. S. Kofent.


Halbbild (W3) [Adelung]


Das Halbbild, des -es, plur. die -er, in den bildenden Künsten, halbe menschliche Gestalten mit oder ohne Arme, welche bis an den Unterleib in einem Steine zu stecken scheinen. Die Gränzgötter oder Gränzbilder sind solche Halbbilder.


Halbbruder (W3) [Adelung]


Der Halbbruder, des -s, plur. die -brüder, ein Bruder, der einen andern ehelichen Vater, oder eine andere Mutter hat; ein Stiefbruder, halbbürtiger Bruder. Eine solche Schwester wird eine Halbschwester, Stiefschwester oder halbbürtige Schwester, genannt, solche Geschwister aber Halbgeschwister, halbbürtige Geschwister, Stiefgeschwister, oder Geschwister von halber Geburt; alles im Gegensatze eines Vollbruders, einer Vollschwester oder der Vollgeschwister.


Halbbürtig (W3) [Adelung]


Halbbürtig, adj. et adv. im Gegensatze des vollbürtig, siehe das vorige.


Halbe (W3) [Adelung]


Die Halbe, plur. die -n, die Seite eines Dinges; ein in der anständigen Sprechart veraltetes und nur noch im gemeinen Leben übliches Wort. Jemanden von der Halbe ansehen, von der Seite, seitwärts. Ich habe es nur von der Halbe gesehen, von der Seite. Im Niedersächsischen wird es auch für Hälfte gebraucht. Auf der Halbe sitzen, auf der Hälfte des Stuhles oder des Gefäßes.

Anm. Schon bey dem Ottfried Halba, im Isidor thiu Halp, in der Monseeischen Glosse Halpo, im Nieders. Halve. Es scheinet dieses die erste eigentliche Bedeutung dieses Wortes zu seyn, welche sich noch in allenthalben erhalten hat, und wovon die Bedeutungen der oben befindlichen Wörter halb, halben und halber nur Figuren sind. Die Zeitwörter behalben, und umbehalben, für umgeben, kommen bey dem Notker vor.


Halbedelstein (W3) [Adelung]


Der Halbedelstein, des -es, plur. die -e, in der Naturgeschichte eine Benennung des Achates mit allen seinen Unterarten, des Carneoles, Chalcedons, Onyxes u. s. f. welche zwar eine schöne Politur annehmen, aber doch den Werth der eigentlichen Edelsteine nicht haben.


-halben (W3) [Adelung]


-halben, -halber, S. 1. Halb.


Halberbe (W3) [Adelung]


Der Halberbe, des -n, plur. die -n, ein Erbe, der nur die Hälfte erbet.


Halberhaben (W3) [Adelung]


Halberhaben, besser halb erhaben, S. Erhaben.


Hälberling (W3) [Adelung]


Der Hälberling, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, ein Mittelding von zwey Arten, ein Bastard, Blendling, Zwitter, d. i. ein Ding, welches von zwey Dingen verschiedener Art erzeuget worden, und daher jede Art nur halb an sich hat. Besonders werden die Bastarde oder Zwitter von Karauschen und Brassen Hälberlinge genannt.


Halbfenster (W3) [Adelung]


Das Halbfenster, des -s, plur. ut nom. sing. in der Baukunst, ein Fenster, welches nicht das Verhältniß eines gewöhnlichen Fensters hat, sondern, welches so breit als hoch, oder noch breiter als hoch ist; ein Bastardfenster, mit einem Italiänischen Worte eine Mezzanine.


Halbfisch (W3) [Adelung]


Der Halbfisch, des -es, plur. die -e. 1) Eigentlich, ein Ding, welches der einen Hälfte nach ein Fisch ist; dergleichen Halbfische die erdichteten Sirenen waren. 2) Im gemeinen Leben werden die getrockneten Schollen oder Platteiße, Pleuronectes Platessa L. Halbfische genannt, vermuthlich, weil sie halb von einander geschnitten sind, wenn sie zu uns gebracht werden.


Halbfleck (W3) [Adelung]


Der Halbfleck, des -es, plur. die -e, bey den Schustern, die kleinen Stücke starken Leders, woraus sie die Absätze zusammen setzen.


Halbfrucht (W3) [Adelung]


Die Halbfrucht, plur. die -früchte, nennet man in Ober-Sachsen gewisse dem Getreide ähnliche wilde Gewächse, als Trespe, Raden, Wildhafer u. s. f.


Halbfuchs (W3) [Adelung]


Der Halbfuchs, des -es, plur. die -füchse; eine Art Thiere, welche mit der Schnautze, dem Kopfe, den Zähnen und am Geruche, unsern gewöhnlichen Füchsen gleichen, von denen sie sich nur vermittelst des Schwarzes unterscheiden, der wir bey den Katzen mit abwechselnden Haaren geringelt ist. In weiterer Bedeutung werden vom Klein der Dachs, die Genethkatze und Zibethkatze mit dahin gerechnet. In engerer Bedeutung führet diesen Nahmen ein Südamerikanisches Thier dieser Art, welches daselbst Coati genannt wird; und von welchem es verschiedene Arten gibt.


Halbfüderig (W3) [Adelung]


Halbfüderig, adj. et adv. im Forstwesen, ein halbfüderiger Baum, der nur ein halbes Fuder ausmacht, d. i. deren man zwey auf einem Wagen mit vier Pferden fahren kann, und der auch ein halbgriffiger Baum genannt wird.


Halb-Galeere (W3) [Adelung]


Die Halb-Galeere, plur. die -n, ein Nahme, der in verschiedenen Ländern, z. B. in Rußland, denjenigen Galeeren beygeleget wird, welche kleiner als die gewöhnlichen Galeeren sind, und in der mittelländischen See Galleoten genannt werden.


Halbgelehrte (W3) [Adelung]


Der Halbgelehrte, des -n, plur. die -n, oder ein Halbgelehrter, ein Gelehrter, welcher diejenigen Wissenschaften, zu welchen er sich bekennet, nur halb, d. i. unvollständig verstehet. In weiterer Bedeutung auch wohl ein jeder, welcher sich von gelehrten Wissenschaften einige historische Kenntnisse erworben hat.


Halbgerinne (W3) [Adelung]


Das Halbgerinne, des -s, plur. ut nom. sing. im Hüttenbaue, ein Gerinne, welches nur aus zwey Seiten bestehet.


Halbgeschoß (W3) [Adelung]


Das Halbgeschoß, des -sses, plur. die -sse, in der Baukunst, ein Geschoß, welches nur halb so hoch ist, als ein gewöhnliches; Franz. Entresole. Die in einem solchen Geschosse befindlichen Zimmer werden daher Halbzimmer genannt.


Halbgeschwister (W3) [Adelung]


Das Halbgeschwister, des -s, plur. inus. oder die Halbgeschwister, sing. inus. S. Halbbruder und Geschwister.


Halbgesell (W3) [Adelung]


Der Halbgesell, des -en, plur. die -en. bey einigen Handwerkern, ein Lehrling, der zwar ausgelernet hat, aber noch nicht förmlich zum Gesellen gesprochen ist, und bey andern ein Jünger, bey den Buchdruckern aber ein Cornut genannt wird.


Halbgetreide (W3) [Adelung]


Das Halbgetreide, des -s, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. vermischtes Getreide, welches halb aus Einer und halb aus einer andern Art bestehet, und im gemeinen Leben auch Gemangkorn, Mangkorn, Mischkorn genannt wird.


Halbgott (W3) [Adelung]


Der Halbgott, des -es, plur. die -götter, in der Mythologie der Griechen und Römer eine Art Untergötter, zu welcher die vergötterten Menschen gerechnet wurden.


Halbgriffig (W3) [Adelung]


Halbgriffig, adj. et adv. S. Halbfuderig.


Halbhemd (W3) [Adelung]


Das Halbhemd, des -es, plur. die -en, ein Hemd, welches nur halb so lang ist, als ein gewöhnliches, oder auch nur ein Vordertheil mit dem Halsbunde hat.


Halbholz (W3) [Adelung]


Das Halbholz, des -es, plur. die -hölzer, Bauholz, welches entstehet, wenn man einen Baum Ein Mahl der Länge nach säget oder spaltet.


Halbhüfener (W3) [Adelung]


Der Halbhüfener, plur. ut nom. sing. ein Bauer, der nur eine halbe Hufe besitzet; ein Halbbauer, in Nieders. ein Halbmeier, in Österreich ein Halblöhner, im Braunschweigischen ein Halbspänner; im Gegensatze eines Ganzhüfeners, Haupthüfeners oder Vollhüfeners.


Halbjährig (W3) [Adelung]


Halbjährig, adj. et adv. was ein halbes Jahr dauert, alle halbe Jahre geschiehet u. s. f.


Halbig (W3) [Adelung]


+ Halbig, adj. et adv. nur in den niedrigen Sprecharten, besonders Niedersachsens, wo es für halb, von der Zeit, gebraucht wird. Es ist halbig zehen, halb zehen. Ingleichen für so ziemlich, mittelmäßig, ein wenig halb und halb. Ich kann es halbig errathen. Der Kranke befindet sich so halbig. Er besitzet einige halbige Erkenntniß von der Sternkunde. In dem Munde des großen Haufens lautet dieses Wort bald halbicht, bald halweg, und halwege, welches gleichfalls daraus verderbt worden. Im Bergbaue werden auch die Hebearme an der Pochwelle, welche die Stämpel ausheben, die Halbigen genannt, vermuthlich, weil an jeder Seite der Wälle die Hälfte davon hervor raget.


Halbinsel (W3) [Adelung]


Die Halbinsel,


Halbiren (W3) [Adelung]


Halbiren, verb. reg. act. welches aus dem Deutschen Worte halb un der Lateinischen Endung -iren gebildet, und nur in der Rechenkunst, ingleichen im gemeinen Leben üblich ist, in zwey gleiche Theile theilen. S. -iren.


Halbkaninchen (W3) [Adelung]


Das Halbkaninchen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Amerikanischer und Afrikanischer Thiere, welche in vielen Stücken den Kaninchen gleichen, aber noch von ihnen verschieden sind. Afterkaninchen, Cavia L.


Halbkreuzer (W3) [Adelung]


Der Halbkreuzer, des -s, plur. ut nom. sing. oder vielmehr der Halbkreuz, des -es, plur. die -e, bey den Maltheser-Rittern, eine Art Ordensglieder, welche weltlich sind, und nur Ein Gelübd ablegen, worin sie sich verbinden, dem Orden treu und hold zu seyn. Sie werden auch Donati genannt.


Halbkugel (W3) [Adelung]


Die Halbkugel, plur. die -n, eine halbe Kugel, ingleichen der halbe Theil einer Kugel, als ein Ganzes betrachtet; Hemisphaerium.


Halblaken (W3) [Adelung]


Das Halblaken, des -s, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. in Niedersachsen, ein Gewirke, dessen Aufzug aus hänfenem Garne, der Eintrag aber aus Heide oder Flachs bestehet. Von dem Nieders. Laken, Tuch, oder grobe Leinwand.


Halblehen (W3) [Adelung]


Das Halblehen, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, ein Grundstück, welches auf eine bestimmte Anzahl Jahre in Leben gegeben, oder vielmehr verpachtet wird, und die Verpachtung dieser Art.


Halbleute (W3) [Adelung]


Die Halbleute, sing. inus. S. Halbmann.


Hälbling (W3) [Adelung]


Der Hälbling, des -es, plur. die -e, eine ehemahlige Benennung der Häller, einen halben Pfennig zu bezeichnen, welche schon in dem Schwabenspiegel vorkommt. S. Häller.


Halblöhner (W3) [Adelung]


Der Halblöhner, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. in Österreich, ein Bauer, der nur mit zwey Pferden oder Ochsen dienet, zum Unterschiede von einem Ganzlöhner. S. Halbhüfener und Löhner.


Halbmann (W3) [Adelung]


Der Halbmann, des -es, plur. die -männer, oder Halbleute, ein Pachter, der statt des Pachtes die Hälfte des Ertrages von einem Grundstücke an den Eigenthümer gibt; Nieders. Halfmann. S. Halbbauer und Halbpachter. Ehedem wurde auch ein Verschnittener oder Castrat ein Halbmann genannt.


Halbmast (W3) [Adelung]


Die Halbmast, plur. car. im gemeinen Leben, eine Benennung der Buchmast, weil sie nicht so gut mästet, als die Eichelmast. Daher halbmästige Hölzer oder Waldungen, welche nur Buchmast enthalten.


Halbmeier (W3) [Adelung]


Der Halbmeier, des -s, plur. ut nom. sing. in Niedersachsen, ein Meier, welcher nur ein halbes Meiergut besitzet; zum Unterschiede von einem Vollmeier.


Halbmeister (W3) [Adelung]


Der Halbmeister, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, ein Untergebener des Feldmeisters, der auch ein Miethmeister genannt wird, und mit der Kavillerey, ingleichen mit Vollziehung des Staupenschlages und der Landesverweisung zu thun hat.


Halbmesser (W3) [Adelung]


Der Halbmesser, des -s, plur. ut nom. sing. der halbe Durchmesser eines Zirkels, d. i. eine gerade Linie, welche von dem Mittelpuncte bis an den Umkreis gezogen wird; Radius, Semidiameter.


Halbmetall (W3) [Adelung]


Das Halbmetall, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein mineralischer Körper, welcher an Schwere und Glanz den Metallen gleicht, im Feuer aber flüchtig ist, und sich unter dem Hammer nicht treiben lässet. Dergleichen sind der Wißmuth, der Zink, der Arsenik, der Kobalt, und nach einigen auch das Quecksilber.


Halbmutter (W3) [Adelung]


Die Halbmutter, plur. die -mütter, an einigen Orten, die Stiefmutter.


Halbneue (W3) [Adelung]


Die Halbneue, der -n, beyden Jägern, ein Nahme des aufthauenden Schnees am Morgen. S. Neue.


Halbpacht (W3) [Adelung]


Der Halbpacht, des -es, plur. die -e, ein Pacht um die Hälfte, d. i. wo der Pachter anstatt des Pachtes die Hälfte des Ertrages an den Eigenthümer entrichtet; an einigen Orten die Halbbauerey, im Gegensatze des Ganzpachtes. Daher der Halbpachter, an andern Orten der Halbbauer, der Halbmann. S. diese Wörter.


Halbpfeiler (W3) [Adelung]


Der Halbpfeiler, des -s, plur. ut nom. sing. in der Baukunst, ein kurzer Pfeiler über einem stärkern; Ital. Conforto, Franz. Soutin.


Halbschatten (W3) [Adelung]


Der Halbschatten, des -s, plur. ut nom. sing. in der Mahlerey, die Schattirung zwischen Licht und Schatten, der Übergang des Lichtes in den Schatten; bey einigen die Zwischenfarbe. Eben dieselbe Bedeutung hat es in der Astronomie, wo der Halbschatten, z. B. des Mondes, zwischen zwey Linien enthalten ist, deren eine die Sonne zur Rechten und den Mond zur Linken, die andere aber die Sonne zur Linken und den Mond zur Rechten berühren; dagegen sich der volle Schatten zwischen zwey Linien befindet, welche die Sonne und den Mond auf einer und eben derselben Seite berühren.


Halbscheid (W3) [Adelung]


Die Halbscheid, plur. die -e, im gemeinen Leben, die Hälfte, der halbe Theil eines Dinges; ohne Zweifel von scheiden, theilen. In der höhern Schreibart macht es eine schlechte Figur, obgleich Breitingeres in dem Ausdrucke die Halbscheid der Nationen, in der Schweizerischen Übersetzung des Milton, für ein Machtwort erkläret.


Halbschuldig (W3) [Adelung]


Halbschuldig, adj. et adv. welches nur in Westphalen als ein Hauptwort üblich ist, wo Halbschuldige eine Art Leibeigener sind; zum Unterschiede von den Vollschuldigen. S. Schuldig.


Halbschürig (W3) [Adelung]


Halbschürig, adj. et adv. welches, besonders von der Wolle, für zweyschürig gebraucht wird. Halbschürige Wolle, welche zum zweyten Mahle abgenommen worden, da sie erst halb ausgewachsen ist, und ihre völlige Länge und Stärke noch nicht erhalten hat. Von dem Zeitworte scheren. Figürlich, in Niedersachsen, auch für unreif, übereilt, unzeitig. Ein halbschieriger (halbschüriger) Einfall, eine Unbesonnenheit, ein Wortspiel u. s. f. Less.


Halbschwester (W3) [Adelung]


Die Halbschwester, plur. die -n, S. Halbbruder.


Halbspänner (W3) [Adelung]


Der Halbspänner, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z. B. in Braunschweig, ein Bauer, der nur ein halbes Anspanngut besitzet; S. Halbhüfener.


Halbsparren (W3) [Adelung]


Der Halbsparren, des -s, plur. ut nom. sing. in der Bau- und Zimmermannskunst, kleine Hölzer an einem Dachwerke, welche mit dem untersten Ende in den Dachbalken, und mit dem obern in die Grathsparren eingezapfet, oder an die Ecksparren angeschäftet werden.


Halbstädtchen (W3) [Adelung]


Das Halbstädtchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Ort, welcher halb eine Stadt und halb ein Dorf ist; ein Flecken.


Halbstiefel (W3) [Adelung]


Der Halbstiefel, des -s, plur. die -n, kurze Stiefeln, welche nur bis an die Waden, oder nahe über die Waden gehen.


Halbtuch (W3) [Adelung]


Das Halbtuch, des -es, plur. die -tücher. 1) Im Jagdwesen, niedrige Jagdtücher, welche nur drey Ellen hoch sind. 2) Ein wollener Sommerzeug, welcher nur auf Einer Seite tuchartig ist; plur. nur von mehrern Arten.


Halbverdeck (W3) [Adelung]


Das Halbverdeck, des -es, plur. die -e, auf den Schiffen, der unter dem Vordercastelle befindliche Raum.


Halbvieh (W3) [Adelung]


Das Halbvieh, des -es, plur. inus. in der Landwirthschaft, von Schafen, eine Schäferey, wo der Schäfer und die Herrschaft die Nutzung von den Schafen zur Hälfte genießen.


Halbwege (W3) [Adelung]


Halbwege, S. Halbig.


Halbwerk (W3) [Adelung]


Das Halbwerk, des -es, plur. die -e, in den Niedersächsischen Torfländern, ein Haufen gestochener Torf, welcher nicht sein völliges Maß hat, gleichsam ein halbes Tagewerk; im Gegensatze eines Vollwerkes.


Halbwüchsig (W3) [Adelung]


Halbwüchsig, adj. et adv. noch nicht völlig ausgewachsen, erst zur Hälfte gewachsen. Halbwüchsige Hasen, bey den Jägern, junge, aber schon eßbare Hasen. Nieders. halfwassen, halbwachsen, oder halb gewachsen.


Halbzimmer (W3) [Adelung]


Das Halbzimmer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Halbgeschoß.


Halbzirkel (W3) [Adelung]


Der Halbzirkel, des -s, plur. ut nom. sing. der halbe Theil, die Hälfte einer Zirkellinie oder einer Zirkelfläche. Die Seefahrer haben einen solchen Halbzirkel zur Messung der Höhe. In der Musik ist der Halbzirkel figürlich eine Art Läufer, welche aus vier Noten bestehet, wovon die zweyte und vierte auf einer und eben derselben Stufe stehen; zum Unterschiede von einer Walze, wo die erste und dritte auf eben derselben Stufe stehen.


Halde (W3) [Adelung]


Die Halde, plur. die -n. 1) * Die jähe, anhängige Seite eines Berges, oder einer Anhöhe; eine nur noch im Oberdeutschen übliche Bedeutung, in welcher es auch als ein Beywort üblich ist. An halden und jähen Örtern, Matthes. Bey andern lautet dieses Beywort hallig, haldicht, abhäldig, aufhäldig, niederhällig u. s. f. welche, so wie die zusammen gesetzten Berghalde und Thalhalde, noch hin und wieder im Oberdeutschen vorkommen. 2) * Ein Hügel, er sey groß oder klein; gleichfalls am häufigsten im Oberdeutschen, wo Halde, Haldine; Halle einen jeden Hügel bedeutet. Bey den Sächsischen Bergleuten sind Halden diejenigen Hügel von Schutt, tauber Erde und Gestein, welche aus den Bergwerken gefördert werden, oder nach der Berg- und Hüttenarbeit übrig bleiben; Schutthaufen. Die Halden ausklauben, eben daselbst, das darunter aus Versehen gerathene Erz aussuchen. Eine Halde einebenen, sie abtragen und eben machen. Halden stürzen, durch Zusammenführung tauber Erde und Steine solche Halden machen. Eine Gewerkschaft auf die Halde setzen, im Bergbaue, ihr das Feld, das Recht an einem Ganze gerichtlich absprechen. Nach einer andern Figur bedeutet, jemanden auf die Halde setzen, bey den Bergleuten so viel, als ihn betriegen, hintergehen. Anm. Es ist ein sehr altes Wort, welches in Boxhorns Glossen Haldo, im Dän. Häld, im Böhm. Halda, im Spanischen Halde, in den Florentinischen Glossen Halda lautet. Daher kommt auch das Zeitwort helden, neigen, welches bey dem Notker mehrmahls vorkommt. Helde ze mir din ora, Notker; und an einem andern Orte lautet es bey ihm halten. Um Vesper-Zeit, da sich die Sunn vast haltet, da sich die Sonne neiget, Etterlin bey dem Frisch. Das Lat. altus, hoch, welches der Hauptbegriff in diesem Worte zu seyn scheinet, ist genau damit verwandt. Die Niedersächsische Mundart hat noch das Zeitwort hellen, welches so wohl abhangen, sich neigen, als auch von einem abhängigen Orte herunter fließen, und endlich auch active, abhängig machen, bedeutet. Eine Tonne hellen, sie hinten in die Höhe heben, damit sie abhängig werde. Nach einer Figur stammet daher Nieders. hilde, hurtig, geschäftig. Halde und Hügel sind bloß in den Endsylben unterschieden; beyde kommen von dem alten ha, hoch, her, welches in einigen Sprecharten einen starken Hauch, in andern den Blaselaut, wie in Hause, in andern aber das flüssige l angenommen hat. Im Engl. heißt ein Hügel nur Hill. S. Hoch, Hügel, Haufe u. s. f. daher Frischens Ableitung von halten, weil man an einem Berge halten müsse, von selbst wegfällt.


Hälfte (W3) [Adelung]


Die Hälfte, plur. die -n, das Hauptwort des Bey- und Nebenwortes halb, welches schon im Nieders. half lautet. 1) Ein Theil von zwey gleichen Theilen, worein ein Ganzes getheilet, oder als getheilt betrachtet wird. Die Hälfte eines Zirkels, eines Eimers Wein, des Gehaltes u. s. f. Die zwey Hälften wieder zusammen setzen. Wo man im gemeinen Leben es mit der Gleichheit der Theile so genau nicht nehmen muß. Es ist jetzt um die Hälfte mehr, um die Hälfte größer. Die Ausgaben mit einem andern zur Hälfte tragen, die Hälfte, oder den halben Theil dazu beytragen. Der Gewinn soll zur Hälfte (der Hälfte nach, halb,) dein seyn. Die Nutzung zur Hälfte genießen. Daß ich deine Güte nicht zur Hälfte verdiene, Weiße. 2) Derjenige Punct, oder diejenige Linie, welche ein Ding in zwey gleich große, oder ungefähr gleich große Theile theilet; die Mitte. Ein Gefäß bis zur Hälfte voll machen. Wir sind auf der Hälfte unserer Reise. Die Hälfte des Weges. Bey dem Ulphilas Halbeta, im Nieders. Halve. S. Halb und Halbe.


Halfter (W3) [Adelung]


Die Halfter, plur. die -n, Diminut. das Halfterchen, Oberd. Halfterlein, überhaupt ein jedes Werkzeug, wodurch ein anderes Ding gehalten oder seiner Freyheit beraubt wird; in welcher Bedeutung es aber veraltet ist. Im Hochdeutschen gebraucht man es nur noch von einem Zaume ohne Gebiß, welchen man manchen Thieren, besonders aber den Pferden anzulegen pfleget, sie im Stalle damit zu befestigen. Ein Pferd an der Halfter führen, es an die Halfter legen. Bey den Wundärzten ist die Halfter eine Art Binde, welche unter die Kinnbacken gelegt wird und über dem Kopfe zusammen gehet. Auch der Hosenträger wird oft die Halfter genannt. Man muß dieses Wort nicht mit Holfter verwechseln, S. dasselbe.

Anm. Im Nieders. ohne Blaselaut Halter, im Engl. und Holländ. gleichfalls Halter, im Angels. Haelftre. Es stammet von halten her, von welchem Zeitwort ehedem auch die Fesseln Halden oder Helden, Schwed. Haella, genannt wurden. Der Blaselaut ist von den Oberdeutschen einige schoben, wofür einige Niederländische Gegenden den Hauchlaut haben, Helchter. Wachter und Frisch leiten es sehr unwahrscheinlich von halb ab.


Halftergeld (W3) [Adelung]


Das Halftergeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, dasjenige Trinkgeld, welches der Käufer eines Pferdes dem Knechte des Verkäufers zu reichen verbunden ist; Nieders. Haltergeld, im mittlern Lat. Chavestragium, Capistragium, Chevestragium, von Capistrum, die Halfter, welche in dieser Bedeutung schon im 13ten und 14ten Jahrhunderte vorkommen.


Halfterkette (W3) [Adelung]


Die Halfterkette, plur. die -n, eine eiserne Kette, womit das Pferd vermittelst der Halfter an seinen Stand befestiget wird.


Halftern (W3) [Adelung]


Halftern, verb. reg. act. Ein Pferd halftern, ihm die Halfter anlegen. Im gemeinen Leben sagt man auch figürlich, sich mühsam durchhalftern, die Hindernisse mühsam überwinden, wo es aber ein Intensivum und Iterativum von helfen zu seyn scheinet.


Hall (W3) [Adelung]


Der Hall, des -es, plur. die -e, ein in dem gemeinen Sprachgebrauche der Hochdeutschen veraltetes Wort, den Schall auszudrucken. Als das Volk den Hall der Posaunen hörete, Jos. 6, 20. Ein Lied - deß Hall erschallen wird bis an der Welt Ende, Jerem. 25, 30. Er achtet nicht der Drommeten Hall, Hiob 39, 24. Es kommt nur noch zuweilen in der höhern Schreibart vor.

Anm. Dieses alte Wort, welches schon in dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, loben, zum Grunde lieget, ist nachgehends durch Vorsetzung des Zischlautes in Schall verändert worden, S. dasselbe. Durch Vertauschung des Hauchlautes mit den Gaumenlauten ist Gall, und gällen, das alte kallen, Griech. §, daraus geworden. S. auch Heulen, Wiederhall, Nachhall, Einhällig, Gehehlen, Mißhällig u. s. f. wo es noch theils in eigentlicher, theils in figürlicher Bedeutung üblich ist.


Hallbursch (W3) [Adelung]


Der Hallbursch, des -en, plur. die -e, ein gemeiner Salzarbeiter in den Salzwerken, S. Halle 4) und Hallor.


Halldrommete (W3) [Adelung]


* Die Halldrommete, besser Halltrompete, plur. die -n, ein ungewöhnliches, nur in der Deutschen Bibel übliches Wort, eine Art stark hallender Trompeten zu bezeichnen, mit welchen bey den ehemahligen Juden das Halljahr angekündiget wurde. 4. Mos. 31, 6.


Halle (W3) [Adelung]


Die Halle, plur. die -n, ein sehr altes Wort, welches überhaupt ein bedecktes Gebäude, einen bedeckten Ort bedeutet, besonders aber folgende Gebäude dieser Art bezeichnet. 1) Eine an ein größeres Gebäude angebauete Hütte oder Bude, welche oben bedeckt ist, an den Seiten aber auch offen seyn kann. In diesem Verstande wurden die an größern, besonders öffentlichen Gebäuden angebaueten Kramläden dieser Art, welche in Leipzig Bühnen, d. i. Buden, heißen, schon in den ältesten Zeiten Hallen genannt, und an einigen Orten führen sie diesen Nahmen noch. In weiterer Bedeutung hießen hernach alle Kaufhäuser, oder öffentliche Gebäude, worin mehrere Kaufleute ihre Waaren feil hatten, Hallen, im mittlern Lat. Halae, Halli, im Franz. Halles, und an einigen Orten führen sie diesen Nahmen noch. 2) Besonders, ein oben bedecktes Vorgebäude an den Kirchen, und öffentlichen Gebäuden, besonders vor den Thüren derselben; ein Vorhof vor einem solchen Gebäude, besonders wenn er bedeckt ist. Salomo bauete eine Halle vor dem Tempel, zwanzig Ellen lang, 1 Kön. 6, 3. Ingleichen eine Halle von Säulen, eine Gallerie, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, vor seinem Pallaste, 50 Ellen lang und 30 Ellen breit, und noch eine Halle vor diese mit dicken Säulen und Balken, ingleichen eine Halle zum Richtstuhl, darin man Gericht hielt, 1 Kön. 7, 6, 7. Die Halle am Thor, Ezech. 40, 8. In dem 1523 zu Basel gedruckten neuen Testamente Luthers wird Halle durch Vorlaube, Fürschopf, ( S. Schoppen,) Yngang erkläret. Auch in dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet, wo man es nur noch zuweilen von dem bedeckten Platze vor einer Kirchthür gebraucht. An andern Orten führet auch wohl der innere Raum einer Kirche zunächst an den Hauptthüren, besonders unter dem Glockenthurme Diesen Nahmen. Eine solche Halle wurde in den katholischen Kirchen ehedem auch eine Leichhalle, oder ein Laithaus genannt, weil die Laien- oder Leutpriester darin Messe lesen durften. 3) * Ein großer Saal, besonders so fern er zu öffentlichen Versammlungen bestimmt ist, und ehedem an den Seiten nur frey stehende Säulen hatte, und in weiterer Bedeutung auch wohl ein jeder Saal. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet, ob sie gleich ehedem in mehrern Sprachen sehr häufig war; wie aus dem Angels. Healle, dem Engl. Hall, und hundert andern erhellet. Bey dem Ulphilas bedeutet Alh, so wie im alt Schwed. Hall, einen Tempel. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und Lat. Aula, haben den Hauch gleichfalls noch nicht. Durch einen gewöhnlichen Übergang des Hauchlautes in den Zischlaut ist unser Deutsches Saal, Franz. Salle, Ital. Sala, daraus entstanden. 4) Ein jedes oben bedecktes und an den Seiten offenes Gebäude. Der Teich zu Bethesda hatte fünf Hallen, Joh. 5, 2. Auch diese Bedeutung ist im Deutschen veraltet, außer daß sie noch zuweilen von den Salzkothen gebraucht wird, welche an einigen Orten noch Hallen oder Salzhallen heißen. Noch häufiger wird es als ein Collectivum gebraucht, alle bey einem Salzwerke befindliche und dazu gehörige Kothen und Gebäude zu bezeichnen; wo es denn endlich zu einem eigenthümlichen Nahmen geworden ist, daher noch so viele Orte in Deutschland von den noch jetzt daselbst befindlichen, oder doch ehemahligen Salzwerken, Halle genannt werden. Zu Halle in Sachsen heißt das Thal, worin die Salzbrunnen befindlich sind, die Halle. S. Hallor. Er hat Sprachforscher gegeben, welche Halle in dieser Bedeutung von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Sal, Salz, herleiten wollen; allein man hat in den verwandten Sprachen mehrere Beweise, daß Halle eigentlich ein jedes Gebäude bedeutet habe, wohin das mittlere Latein. Hala, und das alte Schwed. Hall gehören; zumahl da viele Orte den Nahmen Halle führen, welche nie Salzbrunnen oder Salzwerke gehabt haben. Indessen, so, fern die Salzbrunnen gemeiniglich in Thälern angetroffen werden, daher die ganze Gegend derselben zu Halle in Sachsen auch nur das Thal, und die Salzarbeiter oder Halloren Thallente heißen, so kann auch Halde, oder nach weichern Mundarten Halle, die abhängige Seite, und figürlich, ein Thal mit in Betrachtung kommen.

Anm. Das hohe Alter dieses Wortes und die Übereinstimmung seines Lautes mit so vielen andern ähnlichen, macht dessen Abstammung schwankend und ungewiß; ob es gleich an Muthmaßungen nicht fehlet, welche sich ohne Mühe noch mehr würden häufen lassen, wenn man einigen Nutzen davon haben könnte. Siehe auch Gallerie, welches davon abzustammen scheinet. Daß Halle in einigen Mundarten so viel als Halde ist, ist schon bey diesem Worte angemerket worden.


Halleluja (W3) [Adelung]


Halleluja, ein Hebräisches, aus - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, loben, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Herr, Gott, zusammen gesetztes Wort, welches eigentlich lobet den Herren! bedeutet, und sich in der Deutschen Bibel am Schlusse vieler Psalmen und einzelner Verse derselben befindet. Bey den Juden werden der 113te bis zum 117ten Psalme, das große Halleluja genannt, weil diese Psalmen wichtige Wohlthaten enthalten, und daher von ihnen so wohl am Osterfeste, als auch am Lauberhüttenfeste abgesungen werden. Der heil. Hieronymus soll diese Formel zuerst in die Kirchengesänge eingeführet haben, besonders in diejenigen, welche um Ostern gesungen werden. An einigen Oberdeutschen Orten wird der Buchampfer oder Guckgucksklee, Oxalis Acetosella L. Halleluja genannt, weil er um Ostern, d. i. zu derjenigen Zeit blühet, wenn in den Kirchen das Halleluja gesungen zu werden pflegt. Die Weglassung des h, Alleluja, ist eben so fehlerhaft, als wenn in den Kirchenliedern, um des Sylbenmaßes willen, der Ton auf die zweyte Sylbe geleget.


Hallen (W3) [Adelung]


Hallen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und, so wie das Hauptwort Hall, im Hochdeutschen nur noch in der höhern Schreibart für schallen gebraucht wird. Die frohen Haine hallen, Da Zephyrs Hauch und Scherz in ihren Haaren wallen, Haged. wo es auf eine ungewöhnliche Art für rauschen, lispeln, gebraucht wird.

Anm. Hallen, hellen, kommt schon bey dem Notker, Ottfried und andern für schallen vor. S. Hall, Hell, Gällen, Heulen, Schallen u. s. f.


Häller (W3) [Adelung]


Der Häller, des -s, plur. ut nom. sing. die geringste Münzsorte, welche einen halben Pfennig gilt. Jemanden bey Häller und Pfennig bezahlen, völlig, bis auf den letzten Häller. Wer den Häller nicht spart, wird keines Pfenniges Herr, und, was zum Häller geschlagen ist, wird kein Groschen werden, sind im gemeinen Leben übliche sprichwörtliche Redensarten. In Schlesien ist Häller auch eine Art eines kleinen Gewichtes, deren zwey auf einen Denar, acht auf ein Quent und zwey und dreyßig auf ein Loth gehen.

Anm. In Oberschwaben Haller, im Böhm. Halrj. Es ist schon eine alte Meinung, daß diese Art Münze ihren Nahmen von der Stadt Halle in Schwaben habe, weil sie daselbst zuerst gemünzet worden, daher man sie im mittlern Lat. auch Hallensis nannte. Allein es ist wahrscheinlicher, daß sie von Halb genannt worden, weil sie vom Anfange an einen halben Pfennig galt, und daher auch mit den Pfennigen in ihrem Werthe stieg und fiel. Im Schwabenspiegel wird ein Häller Hälberling, Helbling, und im Engl. Halfpenny genannt, ungeachtet die Englischen Häller von den Deutschen im Werthe sehr verschieden sind, und sich mehr unsern alten Hällern nähern, deren 60 einen Gulden machten. S. Pfennig und Kreuzer. Man mag nun eine Abstammung annehmen, welche man will, so folget doch daraus, daß dieses Wort richtiger mit einem ä als mit einem e geschrieben wird, obgleich das e in hundert andern Fällen die Stelle des ä vertritt.


Hällerarm (W3) [Adelung]


Hällerarm, adj. et adv. sehr arm, der gleichsam keinen Häller im Vermögen hat, blutarm.


Hallige (W3) [Adelung]


* Die Hallige, plur. die -n, ein nur in einigen Niedersächsischen Gegenden, z. B. im Herzogthum Schleßwig, übliches Wort, alles an der offenen See liegendes unbedeichtes Land zu bezeichnen, welches bey der Fluth ganz oder zum Theil überschwemmt wird. Es gehöret ohne Zweifel zu dem Worte Halde, welches auch in einigen Oberdeutschen Gegenden Halle und Hallige lautet, S. dasselbe.


Halljahr (W3) [Adelung]


Das Halljahr, des -es, plur. die -e, jedes funfzigste Jahr bey den ehemahligen Juden, ein Jubeljahr, in welchem alle Gefangene und Leibeigene ihre Freyheit, und die Schuldner einen Erlaß bekamen, daher es auch das Erlaßjahr genannt wurde. Den Nahmen eines Halljahres hat es von den Halltrompeten, 4 Mos. 31, 6, oder Hallhörnern, Jos. 6, 5, womit es ausgeblasen wurde; oder auch von Hall, so fern es ein gleichbedeutender Ausdruck von Jubel ist.


Hallleute (W3) [Adelung]


Die Hallleute, sing. inus. in den Salzwerken, besonders zu Halle in Sachsen, die Salzarbeiter, Halloren, Hallbursche.


Hallor (W3) [Adelung]


Der Hallor, des -en, plur. die -en, in den Salzwerken im Magdeburgischen, besonders zu Halle, eine Benennung der Salzarbeiter, oder derer, welche das Salz aus der Sohle sieben, und auch Salzwirker, Hallbursche, Hallleute, zu Lüneburg aber Sülzer genannt werden. Es scheinet aus Haller verderbt zu seyn, und eigentlich einen Einwohner der Halle, d. i. des Salzthales, zu bezeichnen; welches dadurch glaublich wird, weil diese Leute im Magdeburgischen unmittelbar von den ehemahligen Wenden abstammen, und noch ihre eigene Tracht und Mundart haben.


Hallunk (W3) [Adelung]


Der Hallunk, S. Halunk.


Halm (W3) [Adelung]


Der Halm, des -es, plur. distributive, die -e, aber collective, die -en. 1) Diminut. das Hälmchen, Oberd. Hälmlein, der Stamm oder Stängel der grasartigen Pflanzen, besonders des Getreides: Sieben Ähren wuchsen auf einem Halme, 1 Mos. 41, 5. Gleich Hagel von Sturme geschleudert zerschlägt er die nährenden Halmen, Kleist. Ein Strohhalm, ein trockner Getreidehalm, welcher seiner Körner beraubt ist. Einem das Hälmchen durch das Maul streichen, ihm schmeicheln. Im Oberdeutschen wird Halm auch als ein Collectivum und ohne Plural, so wohl für Stroh, als auch für geschnittene Strohhalme, Häckerling, gebraucht. 2) In engerer Bedeutung in Hollstein und Schleßwig, eine Art Grases, welche daselbst häufig auf den Dünen wächset, eine große und lange Ähre, viele Nebenstängel, und häufige Körner hat, welche dem Rocken am Geschmacke ähnlich, aber weit kleiner sind. Dieses Gras, welches in See- und Jütland Klittag genannt wird, treibt seine Wurzeln etliche Klafter um und unter sich, und ist ein vortreffliches Mittel den Flugsand stehend zu machen.

Anm. Schon bey dem Kero und Notker Halm, im Nieders. Dän. Engl. und Schwed. gleichfalls Halm, im Angels. Healm, Kaulm, Hielm, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , im Lat. Calamus und Culmus, im Pers. Calem. Wachter leitet es von hohl, Ihre aber von hilma, decken, her, ( S. Helm,) weil man das Stroh schon von Alters her zum Decken der Hütten und Häuser gebraucht hat. Kero gebraucht es auch von einem Splitter. Der Plural lautet im gemeinen Leben bald Hälmer, bald Halmer, bald Hälme.


Halmen (W3) [Adelung]


Halmen, verb. reg. neutr. mit haben, Halmen bekommen, in die Halmen schießen. Das Bindgras halmet stark.


Halmknoten (W3) [Adelung]


Der Halmknoten, des -s, plur. ut nom. sing. die an den Halmen der Gräser befindlichen Knoten.


Halmlese (W3) [Adelung]


Die Halmlese, plur. inus. in einigen Gegenden, die Lese oder Aufsammlung der zurück gebliebenen Getreidehalmen in der Ernte, welche von armen Leuten geschiehet; die Ährenlese. Daher der Halmleser, oder die Halmleserinn, eine Person, welche solche Halmen sammelt; Ährenleser.


Halmmotte (W3) [Adelung]


Die Halmmotte, plur. die -n, eine Art Motten, welche die Halmen des noch auf dem Stocke stehenden Getreides durchbohret, und dadurch der Frucht schadet.


Halmpfeife (W3) [Adelung]


Die Halmpfeife, plur. die -n, eine aus einem oder mehrern Strohhalmen verferrigte Pfeife.


Halmrübe (W3) [Adelung]


Die Halmrübe, plur. die -n, in der Landwirthschaft, Rüben, welche gleich nach der Ernte unter die Stoppeln gesäet werden, und am häufigsten Stoppelrüben heißen.


Hals (W3) [Adelung]


Der Hals, des -es, plur. die Hälse, Diminut. das Hälschen, Oberd. Hälslein. 1. Eigentlich, wenigstens seinem heutigen Gebrauche nach, der Theil der thierischen Körper zwischen dem Kopfe und der Brust, der gemeiniglich dünnere Theil, der den Kopf mit dem Rumpfe zusammen hänget. Einen langen, dünnen, kurzen, dicken Hals haben. Einen langen Hals machen, den Hals in die Länge ausdehnen, Nieders. reckhalsen. Die Bassisten sahen mit langen Hälsen über ihre Instrumente herüber. Einem Thiere den Hals abhauen, den Hals umdrehen. Im gemeinen Leben gibt man dem Teufel Schuld, daß er den Hexen den Hals umdrehe, d. i. sie erwürge. Einem den Hals brechen, ihm das Genick brechen, ihn erwürgen, auch wohl ihn zu Grunde richten. Er hat den Hals gebrochen, hat sich das Genick abgestürzet. Das bricht dir den Hals, kostet dir dein Leben. In engerer Bedeutung auch wohl für die innern Theile des Halses, die Gurgel, die Luftröhre. Einen bösen Hals haben, wenn die innern Theile entzündet, oder schadhaft sind. Daher die R. A. aus vollem Halse lachen, schreyen, rufen, aus allen Kräften. Die Speise will mir nicht zu Halse, will nicht schmecken; ein niedriger Ausdruck, den doch Opitz in einem sehr ernsthaften Zusammenhange gebraucht: Das Essen will nicht gehen Zu Halse wie zuvor, Ps. 107. Der unrechte Hals, im gemeinen Leben, die Luftröhre. Daher die figürlichen, aber nur im gemeinen Leben, höchstens nur in der vertraulichen Sprechart üblichen Redensarten. Jemanden um den Hals fallen, ihn plötzlich umarmen. Etwas am Halse haben, mir einer unangenehmen, beschwerlichen Sache beladen seyn; eine vermuthlich von einem Joche, entlehnte Figur. Das Fieber, ein böses Weib u. s. f. am Halse haben. Viele Verrichtungen über dem Halse haben, viele beschwerliche Dinge zu verrichten haben. Jemanden auf dem Halse haben, mit einem beschwerlichen Menschen Umgang, Gemeinschaft, Verbindung haben müssen. Sich etwas vom Halse schaffen, sich von einer beschwerlichen Sache los machen. Sich jemandes Zorn über den Hals ziehen. Einem etwas auf dem Halse lassen, ihn im Besitze einer beschwerlichen Sache lassen. Jemanden etwas an den Hals schwatzen, ihn zur Annehmung einer beschwerlichen Sache bereden. Er hat schon Jahre auf dem Halse, er ist schon bey Jahren. Jemanden einen Prozeß an den Hals werfen. Jemanden auf dem Halse sitzen, ihm zur Beschwerde zu nahe an ihm sitzen. Über Hals und Kopf, in der größten Eile. Jemanden über den Hals kommen, ihn unvermuthet überfallen. Du lügst in deinen Hals. Und was dergleichen niedrige Arten des Ausdruckes mehr sind. 2. Figürlich. 1) Der ganze Kopf; auch nur in einigen niedrigen R. A. Jemanden an den Hals schlagen, ihm eine Ohrfeige geben. 2) Die Bekleidung des Halses; in welcher Bedeutung das Diminutivum Hälschen von einem kleinen Halstuche üblich ist. Im Oberdeutschen sagt man auch ein Hals Perlen, d. i. so viele Perlen, als zu einer Halsschnur erfordert werden. 3) Das Leben; eine von der Strafe des Stranges oder des Schwertes in einigen R. A. hergenommene Figur. Das wird dir den Hals kosten, das Leben. Mit dem Halse bezahlen müssen. Es gehet ihm an den Hals, sein Leben ist in Gefahr. Auf den Hals sitzen, auf den Tod sitzen, um einer Ursache willen gefangen sitzen, welche das Leben kosten kann. 4) Die Person selbst; in welchem Verstande es nur in verächtlicher Bedeutung in den Zusammensetzungen Geitzhals, Wagehals, Schreyhals, Starrhals für Starrkopf u. s. f. üblich ist. Im Ostfriesischen Landrechte ist der todte Hals ein Erschlagener. 5) Wegen einiger äußern Ähnlichkeit, wird an verschiedenen Dingen ein schmalerer Theil, der den obern mit dem ganzen Dinge verbindet, der Hals genannt. Dergleichen ist der Hals an einer Bouteille oder Flasche, der Hals an einer Laute oder Violine, der Hals an den Racketen, der Ort, wo sie am Zündloche gebunden werden; der Hals an einem Anker, der Ort, wo die Arme mit der Ruthe vereiniget sind, der Hals eines Kellers, S. Kellerhals. Ein großer hölzerner Trichter, Wein- und Bierfässer damit zu füllen, führet den Nahmen eines Füllhalses u. s. f.

Anm. Schon bey dem Kero Halsa, bey dem Ulphilas, Raban Maurus, Ottfried, Notker und andern Hals, im Niedersächsischen, Dänischen, Schwedischen und Isländischen gleichfalls Hals. Das hohe Alter macht die Abstammung dieses Wortes ungewiß. Junius leitet es von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, wälzen, drehen, Stiernhjelm und Wachter von halten, weil es den Kopf hält oder träget. Man könnte auch auf das Wort hohl fallen, so daß damit auf die Speise- und Luftröhre gesehen würde, welche man im gemeinen Leben den rechten und den unrechten Hals zu nennen pflegt. So viel ist gewiß, daß das Lat. Collum sehr genau damit verwandt ist. Im Schwed. finden sich noch zwey völlig gleichlautende Wörter, welche aber allein Ansehen nach sehr verschiedenen Ursprunges sind. Das eine ist Hals, ein Ritter, tapferer Mann, welches Ihre zu dem Römischen Celsus rechnet, ein Titel, den man den Rittern zu geben pflegte; und das andere Hals, ein Hügel, welches zu unserm Halde gehöret. Das Deutsche Halse, ein Seil, ist von allen dreyen verschieden, S. 2. Halse. Im Krainischen ist Helze ein Messerheft, welches unläugbar von halten abstammet.


Halsader (W3) [Adelung]


Die Halsader, plur. die -n, diejenigen Adern, welche durch den Hals nach dem Kopfe steigen, und entweder Plus- oder Blutadern sind. Bey den Pferden wird die eine Blutader dieser Art auch die Herzader genannt.


Halsband (W3) [Adelung]


Das Halsband, des -es, plur. die -bänder, ein Band um den Hals, besonders so fern es zur Zierde getragen wird, da denn auch metallene und mit Juwelen besetzte Zierden dieser Art diesen Nahmen führen. Sich mit Halsbänden (Halsbändern) schmücken, Hos. 2, 13. Auch die Hunde tragen Halsbänder, welche bey den Jägern Halsen und Halsungen genannt werden. Figürlich heißt der vordere Gürtel an einer Kanone das Halsband.


Halsbein (W3) [Adelung]


Das Halsbein, des -es, plur. die -e, in einigen Oberdeutschen Gegenden, der Nacken, und die Beine, woraus derselbe bestehet.


Halsbinde (W3) [Adelung]


Die Halsbinde, plur. die -n, eine Binde, den Hals damit zu bekleiden oder zu zieren.


Halsbraten (W3) [Adelung]


Der Halsbraten, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, die zwey langen Stücke Wildbret oder Fleisch, welche das Roth- und Schwarzwildbret neben der Gurgel, auf beyden Seiten des Halses liegen hat, und welche gemeiniglich dem Leithunde zu Theile werden; der Kehlbraten.


Halsbräune (W3) [Adelung]


Die Halsbräune, plur. inus. eine Krankheit des Halses, welche auch nur schlechthin die Bräune genannt wird. S. dieses Wort.


Halsbrechend (W3) [Adelung]


Halsbrechend, adj. et adv. welches das Mittelwort der R. A. den Hals brechen ist, und im gemeinen Leben für sehr gefährlich, mit Lebensgefahr verbunden, gebraucht wird. Eine halsbrechende Arbeit. Es sahe sehr halsbrechend aus.


Halsbund (W3) [Adelung]


Der Halsbund, des -es, plur. die -bünde, an den Mannshemden, der Bund, d. i. Streif doppelter Leinwand, vermittelst dessen das Hemd oben um den Hals befestiget wird; Oberd. das Halsbesetz.


Halsdreher (W3) [Adelung]


Der Halsdreher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Vogel, S. Wendehals.


Halsdrüse (W3) [Adelung]


Die Halsdrüse, plur. die -n, Drüsen an der Seite des Halses, welche zwischen den Muskeln des Kopfes und der Schärfe des Nackens nach der Brust hinunter steigen; Glandulae jugulares.


Halse (W3) [Adelung]


1. Die Halse, plur. die -n, bey den Jägern, ein Halsband der Jagdhunde, welches auch wohl Halsung genannt wird. Im Oberdeutschen wird ein Strick, so fern er zum Aufhängen eines Übelthäters dienet, ein Halsing, Hälsing, Hälsling, genannt. In andern Oberdeutschen Gegenden führet das Kummet des Zugviehes den Nahmen einer Halse.


Halse (W3) [Adelung]


2. Die Halse, plur. die -n, an den Schiffen, starke Seile, welche sich unten an den Spitzen des großen und des Besansegels befinden, und zur Befestigung des Segels in den Halsklampen dienen. Von dem Nieders. halen, hohlen, aufziehen und niederlassen, ziehen, Franz. haler, Schwed. hala, Engl. to hale, haul, welches mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Lat. chalare, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, überein kommt.


Halseigen (W3) [Adelung]


Halseigen, adj. et adv. welches eigentlich so viel wie leibeigen bedeutet, aber doch in einigen Gegenden in engerer Bedeutung von einer besondern Art leibeigener Leute üblich ist. So gibt es, z. B. in den Hildesheimischen Ämtern Steuerwald, Wehlenberg Steinbrügge und Peine solche Halseigene, welche den Herzog von Braunschweig-Lüneburg für ihren Halsherren erkennen, der die Gerichtbarkeit und Heeresfolge über sie hat, zu deren Erkenntniß sie jährlich zur Entrichtung eines Halshuhnes verbunden sind. Daher die Halseigenschaft, die Leibeigenschaft dieser Art.


Halseisen (W3) [Adelung]


Das Halseisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein eisernes Band, welches Übelthätern in manchen Fällen um den Hals geleget wird. Einen Verbrecher an das Halseisen stellen, oder schließen. S. Pranger.


Halsen (W3) [Adelung]


+ Halsen, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben für umarmen üblich ist. Sich halsen und küssen. In einigen Gegenden auch hälsen. Das schöne Kind zu grüssen, Zu tragen auf der Hand, zu hälsen und zu küssen, Opitz. Im Schwed. halsas. S. Umhalsen.


Halsfeifel (W3) [Adelung]


Die Halsfeifel, plur. inus. eine Geschwulst der Halsdrüsen bey den Pferden, S. Feifel.


Halsgehänge (W3) [Adelung]


Das Halsgehänge, des -s, plur. ut nom. sing. alles was zur Zierde als ein Gehänge an dem Halse getragen, oder an den Hals gehänget wird.


Halsgericht (W3) [Adelung]


Das Halsgericht, des -es, plur. die -e, ein Gericht, welches über den Hals, d. i. über das Leben der Übelthäter erkennet; die obern Gerichte, ein peinliches Gericht, das Blutgericht, ein Criminal-Gericht. Im Plural, die Halsgerichte, wird es oft auch von der peinlichen Gerichtbarkeit gebraucht. Daher der Halsgerichtsherr, der diese Gerichtbarkeit besitzet, und auch Obergerichtsherr, Hochgerichtsherr u. s. f. genannt wird; die Halsgerichtsordnung, worunter besonders die von Kaiser Carl V. vorgeschriebene Ordnung des peinlichen Prozesses verstanden wird.


Halsgeschwulst (W3) [Adelung]


Die Halsgeschwulst, plur. inus. eine Geschwulst des Halses, so wohl den äußern als innern Theilen nach.


Halsgeschwür (W3) [Adelung]


Das Halsgeschwür, des -es, plur. die -e, ein Geschwür in oder an dem Halse.


Halsgicht (W3) [Adelung]


Die Halsgicht, plur. inus. eine Entzündung, welche von der Gicht-Materie im Halse verursacht wird; Angina arthritica. Ingleichen eine von eben dieser Materie verursachte Lähmung der Muskeln des Halses.


Halsgrüblein (W3) [Adelung]


Das Halsgrüblein, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kehle.


Halshaar (W3) [Adelung]


Das Halshaar, des -es, plur. inus. oder die Halshaare, sing. inus. die Haare am Halse, besonders mancher Thiere, welche bey den Pferden die Mähne heißen.


Halshemd (W3) [Adelung]


Das Halshemd, des -es, plur. die -en, ein kurzes Hemd gemeiner Frauensleute, welches nur die Schultern und die Brust bedecket, und auch ein Halbhemd genannt wird.


Halsherr (W3) [Adelung]


Der Halsherr, des -en, plur. die -en, an einigen Orten. 1) Der Halsgerichtsherr, S. Halsgericht. 2) Ein Eigenthums- und Gerichtsherr halseigener Unterthanen, S. Halseigen.


Halshuhn (W3) [Adelung]


Das Halshuhn, des -es, plur. die -hühner, S. Halseigen.


Halsjoch (W3) [Adelung]


Das Halsjoch, des -es, plur. die -e, in der Landwirthschaft, ein Joch, welches den Ochsen an den Hals gehänget wird; zum Unterschiede von einem Kopfjoche.


Halskappe (W3) [Adelung]


Die Halskappe, plur. die -n, eine Kappe, welche zugleich den Hals mit bedecket, dergleichen die Capuchons an den Mönchskutten, und an den Saloppen des andern Geschlechtes sind. Auch bey den Pferden hat man Halskappen, welche eine Art Decken sind, die den Hals und den ganzen Vordertheil, zur Anhaltung der Fliegen, bedecken.


Halskette (W3) [Adelung]


Die Halskette, plur. die -n, Diminut. das Halskettchen, Oberd. Halskettlein, eine Kette am Halse, besonders so fern sie zur Zierde getragen wird.


Halsklampe (W3) [Adelung]


Die Halsklampe, plur. die -n, an den Schiffen, Löcher an den Borten des Schiffes, die Halsen daran zu befestigen. Siehe 2. Halse und Klampe.


Halskragen (W3) [Adelung]


Der Halskragen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Kragen am Halse, zur Bedeckung oder Zierde des Halses, der auch nur ein Kragen schlechthin genannt wird; S. dieses Wort.


Halskrause (W3) [Adelung]


Die Halskrause, plur. die -n, eine Krause, so fern sie am Halse getragen wird, dergleichen noch bey den evangelischen Geistlichen an einigen Orten üblich sind, zum Unterschiede von den Hand- und andern Krausen; Nieders. Kruuskragen, Lobbe.


Halskraut (W3) [Adelung]


Das Halskraut, des -es, plur. von mehrern Arten, die -kräuter, ein Nahme, der im gemeinen Leben verschiedenen Kräutern beygeleget wird, welche in Krankheiten und Beschwerden des Halses gerühmet werden. Besonders dem Trachelium L. welches in Italien und dem Morgenlande einheimisch ist, und auch Halswurzel genannt wird. Ingleichen dem Ruscus Hypophyllum L. welches auch Kehlkraut, Zapfenkraut und Waldglöcklein genannt wird. S. auch Zapfenkraut.


Halsofen (W3) [Adelung]


Der Halsofen, des -s, plur. die -öfen, ein Stubenofen mit einem Halse, vermittelst dessen er von außen geheitzet wird; zum Unterschiede von einem Wind- oder Zugofen.


Halsrecht (W3) [Adelung]


Das Halsrecht, des -es, plur. inus. das recht über den Hals, d. i. Leben und Tod. S. Halsgericht.


Halssache (W3) [Adelung]


Die Halssache, plur. die -n, eine Sache, welche den Hals, d. i. Leben und Tod anderer betrifft. Ingleichen ein Verbrechen, wodurch das Leben verwirkt wird; eine peinliche Sache, Criminal-Sache. es ist eine Kleinigkeit, und ich wette, er wird sich einbilden, daß es Halssachen sind, Less.


Halsschleife (W3) [Adelung]


Die Halsschleife, plur. die -n, eine Schleife, so fern sie am Halse getragen wird.


Halsschmuck (W3) [Adelung]


Der Halsschmuck, des -es, plur. die -e, ein Schmuck des Halses, besonders so fern er aus edlen Metallen und Edelsteinen bestehet.


Halsschnalle (W3) [Adelung]


Die Halsschnalle, plur. die -n, eine Schnalle, die Halsbinde damit zu befestigen; das Halsschloß, wenn es vermittelst eines Schlosses geschiehet.


Halsschnur (W3) [Adelung]


Die Halsschnur, plur. die -schnüre, eine Schnur, so fern sie an dem Halse getragen wird, besonders zur Zierde. Dergleichen die Halsschnüre von Perlen, Granaten, Korallen u. s. f. sind.


Halsstarre (W3) [Adelung]


Die Halsstarre, plur. inus. 1) Eigentlich, die Starre, d. i. Unbiegsamkeit des Halses, welche aus einer Verletzung oder Lähmung der am Brust- und Schlüsselbeine entspringenden Muskeln entstehet; Obstipatio capitis. 2) * Figürlich wurde es ehedem für Halsstarrigkeit gebraucht; in welcher Bedeutung es aber veraltet ist. S. Starren.


Halsstarrig (W3) [Adelung]


Halsstarrig, -er, -ste, adj. et adv. 1) * Eigentlich, mit der Halsstarre behaftet, in derselben gegründet; in welcher Bedeutung es aber ungewöhnlich ist. 2) Figürlich, in einem hohen Grade hartnäckig, geneigt auf einem schädlichen Entschlusse zu beharren, auch bey den überwiegendsten Bewegungsgründen zum Gegentheile; ein, so wie harmäckig, von einem unbeugsamen Halse oder Nacken hergenommenes Bild. Ihr Halsstarrigen, ihr widerstrebet allezeit dem heiligen Geiste, Apost. Gesch. 7, 51. Aber sie wollen mich nicht hören, noch ihre Ohren neigen, sondern sind halsstarrig, Jer. 7, 26.

Anm. Schwed. halsstarrig, ingleichen kuakhals, gleichsam dessen Hals, wenn man ihn mit Gewalt beugen will, knackt, Niedersächs. interneerd, im Oberdeutschen auch halsbeinig. Das Hiob 15, 26 befindliche Nebenwort halsstarriglich ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Im Oberd. sagt man auch, jemanden verhalsstarrigen, und ihm Halsstark geben, ihn halsstarrig machen. S. Hartnäckig und Starrköpfig.


Halsstarrigkeit (W3) [Adelung]


Die Halsstarrigkeit, plur. inus. die vorsetzliche Beharrung auf einem schädlichen Entschlusse, auch bey den überwiegendsten Bewegungsgründen zum Gegentheil; ein hoher Grad der Hartnäckigkeit. Bey dem Notker mit einem andern Bilde Buchsuelhi, die Bauchschwelle.


Halsstück (W3) [Adelung]


Das Halsstück, des -es, plur. die -e, ein jedes Stück am Halse, oder von dem Halse. Besonders bey den Fleischern, ein Stück Fleisch des untern Buges Halse.


Halssucht (W3) [Adelung]


Die Halssucht, plur. car. S. Kehlsucht.


Halstuch (W3) [Adelung]


Das Halstuch, des -es, plur. die -tücher, ein Tuch, so fern es um den Hals getragen wird, besonders bey dem andern Geschlechte. Aber auch bey dem männlichen, ein in Gestalt einer Binde zusammen gelegtes Tuch zur Bekleidung des Halses.


Halsung (W3) [Adelung]


Die Halsung, plur. die -en, S. 1. Halse.


Halsweh (W3) [Adelung]


Das Halsweh, des -es, plur. inus. eine mit Schmerzen verbundene Entzündung des Halses, welches das Athemhohlen so wohl als das Schlucken erschweret; Synanche.


Halswurzel (W3) [Adelung]


Die Halswurzel, plur. die -n, S. Halskraut.


Halszange (W3) [Adelung]


Die Halszange, plur. die -n, bey den Nadlern, eine mit einem Halse versehene Zange, einfache Kettenglieder damit fest zu halten.


Halszierde (W3) [Adelung]


Die Halszierde, plur. die -n, ein jedes Ding, so fern es eine Zierde des Halses ist; bey dem Willeram Halsziereda.


Halt (W3) [Adelung]


Halt, ein Neben- und Zwischenwort, S. Halten.


Halt (W3) [Adelung]


Der Halt, des -es, plur. die -e, von dem Zeitworte halten. 1) Die Festigkeit, die Eigenschaft einer Sache, da sie hält; ohne Plural. Der Zeug hat keinen Halt. Noch mehr dasjenige, wodurch etwas gehalten wird, in einigen Fällen. Der Pfeiler muß fallen, denn er hat keinen Halt. Opitz gebraucht es auch für Zurückhaltung, Einschränkung: Die Zeit, so wir verschließen, Pflegt als ein Strom zu fließen, Der keinen Halt nicht weiß. 2) * Dasjenige, was ein anderes Ding enthält; wofür aber Gehalt üblicher ist. Der Halt einer Münze, des Erzes. Der Halt eines Gesundbrunnens. 3) * Der Hinterhalt; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, welche noch im Theuerdanke vorkommt. 4) Der Geleitsbezirk, der Bezirk, in welchem jemand für die öffentliche Sicherheit zu sorgen verbunden ist, in einigen Gegenden. Den Halt bereiten.


Haltbar (W3) [Adelung]


Haltbar, -er, -ste, adj. et adv. was sich halten lässet, gehalten werden kann, doch nur so fern halten vertheidigen bedeutet. Ein haltbarer Ort, eine haltbare Festung. Die Stadt ist nicht haltbar. So auch die Haltbarkeit.


Halten (W3) [Adelung]


Halten, verb. irreg. ich halte, du hältst, er hält, wir halten, u. s. f. Conj. ich halte, u. s. f. Impers. ich hielt; Mittelw. gehalten; Imperat. halte oder halt. Es ist in doppelter Gattung üblich. I. Als ein Activum. 1. Eigentlich, unmittelbar mit der Hand oder auf ähnliche Art ergreifen, und die Fortdauer des dadurch hervor gebrachten Zustandes bewerkstelligen. 1) Überhaupt. Jacob hielt die Fersen des Esau, 1 Mos. 25, 26; er hatte sie angefasset, und behielt sie in der Hand. Halt es fest. Etwas mit der Hand halten. Etwas in der Hand halten. Den Stock mit den Zähnen, ein glühendes Eisen mit der Zange halten. Einem etwas vor das Gesicht halten. Etwas gegen die Sonne halten. Ein Ding gegen das andere halten, so wohl eigentlich, als auch figürlich, ein Ding mit dem andern vergleichen. Den Spiegel an die Wand, das Wachs über das Feuer, ein Papier in das Licht halten u. s. f. Einem die Stange halten, figürlich, ihn ver- theidigen, seine Partey nehmen; ein von den ehemahligen Turnieren entlehntes Bild, S. Stange. So auch mit Nebenwörtern. Den Sack offen halten, seine Theile so halten, daß er offen stehe. Den Leithund kurz halten, bey den Jägern, das Hängeseil kurz fassen, damit der Hund nicht so vielen Willen habe, und dann auch figürlich, jemanden kurz halten, ihn einschränken. Derjenige Theil eines Körpers, woran man denselben hält, bekommt das Vorwort bey. Jemanden bey der Hand halten. Den Wolf bey den Ohren halten. Jemanden bey dem Mantel halten. Daher figürlich, jemanden bey seinem Worte halten, auf die Erfüllung des von ihm gethanen Versprechens dringen. 2) In engerer Bedeutung. (a) Ein Ding halten, damit es nicht falle. Er wäre gewiß gefallen, wenn ich ihn nicht gehalten hätte. Ingleichen als ein Reciprocum, mit dem Vorworte an. Sich an etwas halten, damit man nicht falle; ingleichen figürlich, sich an jemanden halten, sich auf ihn verlassen, die Erfüllung des gethanen Versprechens, ingleichen die Verbesserung seiner Umstände von ihm erwarten. Halten sie sich an mich, verlassen sie sich auf mich. Ich halte mich hier bloß an das Wahre und Natürliche, d. i. bleibe dabey stehen, nehme nur daher die nöthigen Bestimmungen, Beweisgründe u. s. f. (b) Ein Ding halten damit es nicht entfliehe, seine Bewegung nicht fortsetze. Haltet den Dieb, haltet ihn auf. Das Pferd will sich nicht halten lassen. Jemanden bey dem Arme, ein Pferd bey dem Zügel; den Aal bey dem Schwanze halten. Woran hälts? im Oberdeutschen, d. i. woran liegts, was hält die Sache auf, was hindert ihren Fortgang? Daher figürlich, das läßt sich noch halten, das ist mittelmäßig. Ihre Schönheit, seine Gelehrsamkeit läßt sich wohl noch halten. Ingleichen mit dem Vorworte mit. Mit seinem Reichthume läßt es sich noch halten, d. i. er ist so groß nicht. Es läßt sich mit meinen Jahren noch wohl halten, Gell. ich bin so gar alt noch nicht. 2. In etwas weiterer Bedeutung, einen Körper durch unmittelbaren Einfluß, ohne Berührung mit der Hand oder auf ähnliche Art, in eine gewisse Richtung bringen, von den Theilen seines eigenen Leibes. Die Hand vor das Gesicht halten. Die Hände, die Arme in die Höhe halten. Gott pfleget über den die treue Hand zu halten, Dem Überlast und Unrecht wird gethan, Opitz. Den Kopf schief halten. Den Mund offen halten. Einem den Daumen auf das Auge halten, figürlich, ihn in seinen Schranken erhalten. Einem den Daumen halten, figürlich, ihm mit Rath und That beystehen, S. Daumen. Einem ein Bein halten eigentlich, ihm das Bein vorhalten, damit er darüber falle, und dann figürlich, eines andern Unglück hinterlistiger Weise befördern. 3. Figürlich. 1) Die Bewegung eines Dinges hindern. (a) Auf unmittelbare Art, durch Unterstützung des Schwerpunctes, Anheftung u. s. f. auch von leblosen Dingen; doch nur in einigen Fällen. Der Hals hält den Kopf, träget, unterstützet ihn. Der Baum hält die Wand, sonst würde sie fallen. Den Athem zurück halten, oder ihn an sich halten, ihn bey sich behalten, nicht von sich geben. Welche beyde R. A. auch in verschiedenen figürlichen Bedeutungen gebraucht werden. Mit etwas zurück halten, oder an sich halten, theils, verschwiegen damit thun, theils auch, es nicht so leicht von sich geben. Zurückhaltend seyn, verschwiegen, in Ansehung seiner Urtheile, Entschließungen und Geheimnisse. Wir müssen den Verstand gewöhnen, bey oder mit seinen Urtheilen an sich zu halten, Sonnenf. Wir müssen bey der ersten Empfindlichkeit über Unfälle an uns zu halten lernen, Gell. unsere Empfindung zu verbergen. Opitz übersetzt das, Vtere quaesitis parce quum sumplus abundat, des Cato, durch: Halt an dich bist du reich und hast du was erworben. Der Verkäufer hält seine Waare an sich, wenn er sie nicht dem ersten und besten Käufer überläßt. Sich nicht mehr auf den Füßen halten können. Wohin vermuthlich auch die niedrige R. A. gehöret, das Maul halten, für schweigen. Ingleichen verschiedene andere Arten des Ausdruckes, wo halten zwar ein Activum ist, aber doch als ein Neutrum gebraucht wird. Die Thränen nicht halten können. Das Wasser nicht halten können, d. i. seinen Urin. Der Hut, die Stiefel halten Wasser, halten das Wasser ab, lassen es nicht durch. Das Faß hält, rinnet nicht. (b) Durch äußere Zwangsmittel. Ein Pferd im Zaume, im Zügel halten, dessen Bewegungen vermittelst des Zaumes oder Zügels beherrschen. Jemanden im Zaume halten, ihn einschränken. Seine Begierden, seine Leidenschaften im Zaume halten. Jemanden gefangen, oder gefänglich halten. Einen muthwilligen Menschen in den gehörigen Schranken halten. Ich halte mich in meinen Gränzen. (c) Durch moralische Bewegungsgründe. Er wollte sich nicht länger halten lassen, d. i. aufhalten. Wenn sie gehen wollen, so will ich sie nicht halten. Ich weiß, daß dich Geschäfte halten, Gell. (d) Nach einer noch weitern Figur auch als ein Reciprocum, den Ausbruch einer Gemüthsbewegung, einer Leidenschaft hindern. Sie konnte sich hier nicht länger halten, denn das Feuer stieg ihn in den Augen. Ich konnte mich vor Freuden nicht länger halten. Seinen Zorn, seine Thränen, seine Freude zurück halten. S. Enthalten. 2) Den Zustand, die Veränderungen eines Dinges bestimmen; größten Theils nur in verschiedenen einmahl eingeführten Fällen. (a) Überhaupt. Einem Dinge das Gleichgewicht, oder die Wage halten, machen, daß er im Gleichgewicht stehe, und dann auch figürlich, von dem sittlichen Werthe, von der moralischen Kraft. Meine Gründe halten den deinigen das Gleichgewicht. Etwas heimlich, oder geheim halten, es wisfentlich und vorsetzlich oder verschweigen. Etwas vor jemanden heimlich halten, hindern, daß er es nicht erfahre. Sich heimlich halten, sich verbergen. Die Kreuzzüge hielten Europa viele Jahre lang in einer beständigen Gährung. Vermuthlich gehören dahin auch folgende figürliche Arten des Ausdruckes. Jemanden frey halten, für ihn bezahlen. Jemanden schadlos halten, ihm seinen Schaden ersetzen. Die Freundschaft, so vortrefflich sie ist, hält uns doch nie wegen der Liebe schadlos, Gell. (b) In engerer Bedeutung, besonders in folgenden Fällen. (aa) Durch äußern Zwang. Jemanden unter dem Drucke halten. Einen jungen Menschen in scharfer Zucht halten. Ein Kind unter der Zucht, unter der Ruthe halten. Seine Kinder zur Schule halten. Jemanden zu allem Guten, zum Studieren halten. S. Anhalten. Daher das Mittelwort mit dem Hülfsworte seyn auch für verpflichtet seyn gebraucht wird. Der Verkäufer ist in diesem Falle das Geld wieder zu geben gehalten, d. i. verpflichtet und schuldig. Gott ist seiner einigen Vollkommenheiten wegen zur Erhaltung seiner Geschöpfe gehalten. (bb) In Ansehung der äußern Umstände eines Dinges. Das Geschirr rein und sauber halten. Ein Gebäude in gutem Stande halten. Das Seinige zu Rathe halten, sparsam damit umgehen. Buch oder Rechnung halten, die Rechnung führen, S. Buchhalter. Ein Tagebuch, ein Journal über etwas halten. Etwas rar halten. Etwas bereit, oder in Bereitschaft, machen, daß es bereit sey und in diesem Zustande verbleibe. Sich zur Reise fertig halten. Sich zur Flucht, zur Reise, zu etwas gefaßt halten. Sich auf alle Fälle gefaßt halten. (cc) In Ansehung der Begegnung. Jemanden gut halten, ihn nicht nur gut speisen und kleiden, sondern ihm auch gut begegnen. Das Gesinde wird in diesem Hause sehr schlecht gehalten. Jemanden wie sein Kind halten. Er wird wie ein Hund gehalten. Jemanden lieb und werth halten, nicht bloß von der innern Achtung, sondern auch von deren Erweisung. Jemanden warm halten, ihm scharf zusetzen, Hindernisse zu überwinden geben. (dd) In Ansehung seines eigenen Betragens bey Hindernissen, als ein Reciprocum, Sich gut halten, seine Verbindlichkeiten aller Art gehörig erfüllen. Sich hart halten, sich so betragen, als ob man hart wäre. Die Soldaten haben sich gut gehalten. In engerer Bedeutung heißt sich halten, sich mit gutem Fortgange vertheidigen. Die Besatzung hält sich. Diese Festung wird sich nicht lange halten. Die Stadt hat sich kaum drey Tage gehalten. S. Haltbar. (ee) Nach einer noch weitern Figur wird dieses Reciprocum auch von unvernünftigen und leblosen Dingen gebraucht, und da bedeutet es, in einem guten brauchbaren Zustande verharren. Das Vieh hält sich gut. Das Fleisch hält sich im Winter am besten, wird nicht leicht riechend. Dieses Obst hält sich nicht, bleibt nicht lange eßbar. (ff) In der Mahlerey wird das Zeitwort halten, nach dem Muster des Französ. tenir, von der Art und Weise gebraucht, wie der Künstler die Gegenstände bearbeitet, besonders in Ansehung des Lichtes und des Schattens, der Stärke und Schwäche des Ausdruckes. Die Lichter groß und nicht nahe an einander halten. Die entfernten Gegenstände müssen sanft und leicht an Farbe gehalten werden. 3) Die Fortdauer einer Sache so wohl als ihr äußeres Verhältniß durch Reichung der Nahrungsmittel, Bezahlung des Lohnes, Tragung der Kosten bestimmen; für unterhalten. Den ganzen Tag Feuer auf dem Herde halten. Offene Tafel halten. Besonders in Beziehung auf das dadurch bewirkte Verhältniß. Pferde, Hunde, Bediente, Gesinde halten. Einem Kinde eine Amme halten. Seinen Kindern einen Lehrer halten. Viel Vieh halten. Vier Pferde auf der Streu halten. Haus halten, Hof halten, S. Haushaltung, Hofhaltung. Figürlich auch die Fortdauer einer Sache durch Beobachtung der Obliegenheiten bewirken, doch nur in den R. A. Freundschaft, Umgang mit jemanden halten. Gute Nachbarschaft halten. 4) Eine Sache in Ansehung der äußern Umstände, oder durch Veranstaltung der äußern Umstände zur Wirklichkeit bringen, gleichfalls nur einigen bereits eingeführten Fällen. Eine Gasterey halten, ausrichten. Hochzeit halten, d. i. machen, feyern. Einem die Hochzeit halten, sie ausrichten, die Kosten dazu hergeben. Gericht halten. Einen Landtag, einen Reichstag halten. Eine Versammlung halten. Mit jemanden Rath halten, mit ihm rathschlagen. Ein Gespräch mit jemanden halten. Eine Musterung halten. Eine Auction halten. Das Abendmahl halten. Eine Rede, eine Predigt halten. Schule, ein Collegium halten. Nachfrage, Umfrage halten. Wo der Begriff der Feyerlichkeit oft verschwindet, und die bloße eigene Thätigkeit übrig bleibet, wie in den R. A. Mittagsruhe halten, nach Tische schlafen, Tafel halten, speisen, von großen Herren. 5) Eine Verbindlichkeit erfüllen; eine sehr alte und fast in allen Sprachen befindliche Figur, welche, wenigstens in einigen Fällen, von dem Handschlage entlehnet seyn kann, womit man ein Versprechen zu bestätigen pflegt. Sein Wort, sein Versprechen, seine Zusage halten. Seinen Eid halten. Treu und Glauben halten. Den Kauf nicht halten wollen. Einen Accord, einen Vergleich halten. Halte, was du mir versprochen hast. Viel versprechen und wenig halten. 6) In noch weiterer Bedeutung, beobachten, sich einer Sache gemäß betragen, sie zur Vorschrift seines Verhaltens annehmen. Die Gebothe Gottes halten, auf eine dauerhafte Weise Gehorsam dagegen üben. Das Gesetz halten. Einen Festtag, einen Fasttag halten, nicht so wohl ihn veranstalten, welches zur vorigen vierten Bedeutung gehöret, als vielmehr denselben auf die vorgeschriebene Art feyern. Frieden halten, sich friedlich betragen. Den Tact halten, beobachten. Den rechten oder schiefen Curs halten, beobachten, bey den Schiffern. Maße halten. Gute Ordnung; gute Diät halten. Die rechte Bahn halten, Opitz. Ich halte meine Ordnung und gehe. Das Stillschweigen halten. Reinen Mund halten, figürlich, ein anvertrautes Geheimniß verschweigen. Wache halten. Ich pflege es so zu halten, ich habe es immer so gehalten, habe mich dabey so betragen. Du kannst es halten wie du willst. So will ich es gehalten haben. Die biblischen Ausdrücke, die Wege des Herren, die Rechte, die Sitten, Recht und Gerechtigkeit halten, sind im Hochdeutschen ungewöhnlich. Mit den Vorwörtern auf und über auch als ein Factitivum, die Beobachtung einer Sache bewerkstelligen, Sorge tragen, daß sie beobachtet werde. Fest über einen Befehl halten. Auf Ordnung halten. Die Indianer halten steif und fast über ihre alten Gebräuche. 7) Ein Urtheil über den Werth oder die Vollkommenheit eines Dinges bey sich fällen, es schätzen, mit verschiedenen Nebenwörtern. So wohl von dem physischen Werthe. Wie hoch halten sie diesen Ring? wie viel wollen sie dafür haben? Eine Waare theuer halten, sie theuer biethen. Auf seine Waare halten, sie theuer biethen, und dabey beharren. Als von dem moralischen Werthe. Eine Sache hoch halten, sie geringe halten. Jemanden lieb und werth halten, welche R. A. auch ein diesem Urtheile gemäßes Betragen mit einschließet. Ingleichen mit dem Vorworte auf. Viel auf jemanden halten, ihn hoch halten; im gemeinen Leben, große Stücke auf ihn halten. Wenig auf sich halten, sich selbst nicht hoch schätzen und dieses Urtheil thätig beweisen. Auf Träume halten. Ich halte viel auf ein billiges Lob, Gell. Sie hält gar nicht viel auf das Essen, ebend. Auf Ehre halten, welches zugleich die thätige Beweisung seines Urtheils mit einschließet, sich so betragen, daß jedermann erkenne, man schätze die Ehre hoch. In einigen Fällen auch mit dem Vorworte von. Ich halte nichts davon, halte es nicht für wahr, nicht für rathsam. Viel von jemanden halten, ihn hoch halten. 8) In noch weiterer Bedeutung, ein wahrscheinliches Urtheil von etwas fällen, nach wahrscheinlichen Gründen urtheilen. Am häufigsten mit dem Vorworte für. Ich halte ihn für einen ehrlichen Mann. Ich habe ihn immer für einen Betrieger gehalten. Halten sie mich nicht für kindisch. Andre gegen sich für nichts halten. Sich etwas für eine Ehre, für eine Schande halten. Etwas für Sünde halten. Alles für verloren halten. Ich halte das nicht für rathsam. Ich halte dafür, daß es nicht geschehen wird. S. Für. Zuweilen auch mit einigen andern Vorwörtern, und einigen Nebenwörtern. Einem etwas zu gute halten, es nicht übel auslegen, es ihm übersehen. Sie müssen es seinem Unverstande zu gute halten, S. Gut. Er Hält sich dazu nicht zu vornehm. Halten sie mirs zu Gnaden, nehmen sie es nicht ungnädig. Sagen sie mir, was ich von ihm halten soll, was ich von ihm urtheilen soll. Sie mögen von mir halten, was sie wollen. Hält sich der Herr Gemahl An sein gegebnes Wort gebunden? Wiel. Allein absolute ist es wohl im Oberdeutschen, nicht aber im Hochdeutschen üblich. Die Sadducäer halten, es sey keine Auferstehung der Todten, Matth. 22, 23; d. i. halten dafür, glauben. So halten wir es nun, daß der Mensch gerecht werde u. s. f. Röm. 3, 23. Wir halten, daß, so einer für alle gestorben u. s. f. 2 Cor. 5, 14; wo es zugleich für behaupten stehet. Ich halt, du habst das erdicht, Theuerd. Hierher gehöret auch die Oberdeutsche Ausfüllungs-Partikel halt und in Baiern halter, welche eigentlich für halt ich, d. i. wie ich dafür halte, zu stehen scheinet, aber auch sehr oft als ein bloßes Flickwort und ohne Bedeutung gebraucht wird. Er wird heute halt nicht kommen. Er ist halt oder halter schon da gewesen. Es hat mich halt gedurstet. Wo es zuweilen für auch stehet. Si sint halt billich in dem fride, Schwabensp. Kap. 260. So bechert er halt sein veind zu dem frid, in einer Übersetzung der Sprichw. Sal. von 1400, Kap. 16, 7. Solt ich halt todt beleiben, Theuerd. Kap. 82. Die Thüringer und Franken brauchen statt dieser Partikel meech, meeg, d. i. meine ich, die Schweden manne, welches mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - überein kommt. S. Meinen. Bey dem Ottfried, Notker, Tatian u. a. war halt ein Nebenwort, welches mehr, thiu halt, desto mehr, ingleichen dermahleinst, einmahl bedeutete; wir sulen halto irsterben, Notk.

9) Endlich wird auch das Reciprocum, sich halten, in einigen R. A. noch von verschiedenen Arten der eigenen Veränderungen gebraucht, welche gleichfalls Figuren der eigentlich Bedeutung sind. Sich rechter Hand halten, rechter Hand bleiben. Ein anders Mahl halte dich eher dazu, thue es eher. Sich zu jemanden halten, mit ihm umgehen, Rath und Verbesserung seiner Umstände von ihm erwarten. Das ist meine Freude, daß ich mich Gott halte, Ps. 73, 28. Ich halte mich zu denen, die dich fürchten, Ps. 119, 63. Ein jedes Thier hält sich zu seines Gleichen. II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert. 1. Eigentlich, fest mit etwas verbunden seyn, so wohl mit einem Dinge außer sich, als auch in Ansehung seiner eigenen Theile. Der Nagel hält nicht, sondern biegt sich. Das Bret wird nicht halten, sondern brechen. Ein Bret hält, wenn es fest an einem andern Dinge befestiget ist. Das Eis hält nicht, bricht. Der Strick wird schon halten. Der Zeug hält nicht, ich nicht dauerhaft. Die Schminke will nicht halten, nicht kleben bleiben. Der Kalk hält, wenn er sitzen bleibt. Ingleichen in einem etwas mehr thätigen Verstande, der gleichsam den Übergang des Activi in das Neutrum ausmacht. Der Leim hält, wenn er nicht nur selbst haften bleibet, sondern auch die Theile, die er verbinden soll, gehörig verbindet. Die Farbe halten, behalten; ingleichen figürlich, nicht Farbe halten, in der Probe nicht echt, nicht treu befunden werden. Stich halten, eigentlich von den Zeugen, wenn sie im Nähen nicht ausreißen, und dann auch figürlich, die Soldaten hielten nicht Stich, rissen aus, liefen davon. Der Beweis hält nicht Stich, wird bey näherer Untersuchung nicht tüchtig befunden. Hier hält kein Zweifel Stich, 2. Figürlich. 1) Enthalten, dem innern Raume nach fassen können. Das Faß hält zwey Eimer. Diese Bouteille hält zwey Maß. Was hält dieser Brief in sich? Ein Buch, welches viel Gutes in sich hält. S. Enthalten und Inhalt. Ingleichen, als ein Ganzes, den Theilen nach in sich fassen. Der Zentner hält 110 Pfund, das Pfund 32 Loth, der Gulden 16 Groschen u. s. f. 2) Stehen bleiben, aufhören, sich zu bewegen, so wohl eigentlich als auch figürlich. Der Wagen hält stille. Halt Kutscher! Mit dem Wagen halten. Stille halten. Der Wagen, der Fuhrmann hielt mitten im Dorfe stille. Die Truppen halten mitten auf dem Marsche. Daher das besonders im Kriegeswesen übliche Hauptwort Halte, welches nur mit dem Zeitworte machen, und ohne Artikel gebraucht wird, Halte machen, stehen bleiben. Halt! das gewöhnliche Commando-Wort, wenn die Truppen im Marsche stehen bleiben sollen. Halt! sagte König Friederich, Halt! da war es ein Tritt, Gleim. Inne halten zu lesen, oder mit Lesen, oder im Lesen. So auch im Schreiben, im Singen, oder mit Schreiben, mit Singen u. s. f. inne halten. S. Inne. Halten sie mir solchen Reden inne. Einem stille halten, im gemeinen Leben auch nur einem halten, stille vor ihm halten, ihm nicht entweichen, sich nicht bewegen. Er muß mir halten. Ingleichen mit einigen Hauptwörtern. Stand halten, stehen bleiben, ingleichen sich standhaft vertheidigen. Noch hat sie ziemlich Stand gehalten, Weiße, sie ist ziemlich standhaft geblieben. Aus Scham mußte ich Stand halten, mußte stehen bleiben. Festen Fuß halten, gleichfalls stehen bleiben, und figürlich, standhaft bleibe. Die Löwen halten Fuß, Opitz. Das Feld halten, im Felde bleiben, im Kriegeswesen. Der Feind getrauet sich nicht das Feld zu halten. Bey der Stange halten, standhaft, beständig, treu bleiben. S. Stange. An etwas halten, demselben standhaft ergeben seyn, kommt noch zuweilen vor. Sie hält mit großer Demuth an den Sitten ihrer Vorfahren, Gell. Aber die biblischen Ausdrücke, an Gott, am Glauben, am Bekenntniß, an der Hoffnung halten, sind im Hochdeutschen ungewöhnlich. Zuweilen verschwindet der Begriff der vorher gegangenen Bewegung, und da bedeutet halten bloß aus gewissen Absicht ohne Bewegung seyn. Jenseit der Wiese hielten ein Paar verdächtige Leute zu Pferde. Gottes lebender Wind hielt zwischen den ehernen Bergen Unbeweglich, Klopst. Hinter dem Berge halten Soldaten. Figürlich bedeutet hinter dem Berge halten, auch, seine wahren Absichten, eine Sache verbergen, geheim halten. Mit etwas hinter dem Berge halten, damit geheim thun. Besonders in der Absicht, andern nachzustellen. Auf jemanden halten, auf ihn lauern. Man hielt auf ihn (den Simson) bey ihr in der Kammer, Richt. 16, 9. Abimelech stund auf und hielt auf Sichem mit vier Haufen, Kap. 9, 34. In welcher Bedeutung es aber im Hochdeutschen veraltet ist. Der Imperativ halt wird zuweilen als ein drohendes Zwischenwort gebraucht. Halt! ich will dich bezahlen. 3) Eines Partey halten, seiner Partey ergeben seyn, ihn vertheidigen, verfechten. Können sie glauben, daß ich ihre Partey gegen meine Schwester habe halten müssen? Less. Es mit jemanden halten, seiner Meinung seyn, ihm zugethan seyn. Ich halte es mit keinem. Ich halte es mit dem Weine, ich bin für den Wein. 4) Die Probe halten, d. i. aushalten, in der Probe echt erfunden werde. Im Oberdeutschen sagt man auch, das Feuer halten, den Hammerschlag halten, wo man im Hochdeutschen das Zeitwort aushalten gebraucht. 5) Das wird hart halten, oder, das wird schwer halten, das wird nicht anders als mit Mühe zu bewerkstelligen seyn. 6) Wie hälts? für wie gehet es? wie stehet es? Wie hälts, haben sie ausgeschlafen? Weiße. Wie hälts? wird auf der Insel nicht geredt? Mich.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Kero, Ottfried und andern haltan, im Isidor haldan, im Nieders. holden, hollen, im Dän. holde, im Angels. healdan, im Engl. to hold, und so fern es stille bedeutet, halt, im Schwed. halla, im Isländ. halda, im Holländ. houden. Weil dieses Wort in unsern ältesten Denkmählern für erhalten, servare, vorkommt, so nimmt Ihre diese Bedeutung für die erste ursprüngliche an, leitet es von Heil, Salus, her, und rechnet auch das Lat. incelumis, seiner zweyten und eigentlichen Stammsylbe nach dahin. Nach dem Wachter und Frisch ist custodire die erste ursprüngliche Bedeutung, weil es bey den ältesten Schriftstellern auch von den: Weiden oder Hüthen des Viehes vorkommt, daher sie es auch zu dem Latein. alere rechnen. So hirti ther thar heltit, Joch sines fehes weltit, Ottfr. wie ein Hirte, der sein Vieh hüthet und bewahret. Im Österreichischen ist daher Halter oder Viehhalter noch jetzt ein Viehhirt, und Halte die Weide. Im Nieders. ist Holung oder Holje die Kost; ein Kind in die Holung thun, in die Kost. Allein, es scheint der Analogie anderer Wörter und dem natürlichen Gange der menschlichen Begriffe gemäßer zu seyn, die einfachste, natürlichste und sinnliche Bedeutung zum Grunde zu legen, zumahl da sie für alle übrigen ein so leichtes und schickliches Bild an die Hand gibt. Halten hat mit haben, zumahl, wenn man die veralteten Bedeutungen, deren eine große Menge ist, und die Mundarten mit dazu nimmt, viele Bedeutungen und Wortfügungen gemein, daher sich vermuthen lässet, daß sie näher verwandt sind, als es dem ersten Anblicke nach scheinen möchte. Unsere ältesten Schriftsteller gebrauchen für halten, tenere, das Wort haben, und noch jetzt ist in Baiern heben in dieser Bedeutung üblich. In der Bedeutung der Erfüllung eines Versprechens, einer Verbindlichkeit, sagt man im Braunschweigischen für holden oder halten auch heren. S. auch Held.


Halter (W3) [Adelung]


Halter, das Oberdeutsche Zwischenwort, S. Halten I. 3. 8).


Halter (W3) [Adelung]


Der Halter, des -s, plur. ut nom. sing. von dem Zeitworte halten. 1) Eine Person, welche etwas hält, in verschiedenen Bedeutungen des Zeitwortes, doch nur in den Zusammensetzungen, Erhalter, Gasthalter, Gerichtshalter, Haushalter, Posthalter, Statthalter u. s. f. 2) Ein Werkzeug, womit man etwas hält. So sind bey den chirurgischen Instrumenten. Machern der Halter, zwey mit einer eisernen Niete verbundene Hölzer, kleine Stücken, wenn sie bearbeitet werden sollen, damit zu halten. S. auch Fadenhalter, Buchhalter, Anhalter u. s. f. 3) Ein Ort, worin man etwas hält. So ist im Oberdeutschen Behalter oder Gehalter ein Schrank, welches daselbst auch in Kalter zusammen gezogen wird. S. auch das folgende.


Hälter (W3) [Adelung]


Der Hälter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Ort oder Raum, worin man etwas aufbehält; doch nur in einigen Fällen. So wird eine Eiserne oder ein großes Gefäß, worin sich das zu den Springbrunnen nöthige Wasser sammelt, ein Hälter oder Wasserhälter genannt. In der Land- und Hauswirthschaft ist der Hälter oder Fischhälter ein kleiner Teich, oft auch nur ein durchlöcherter Kasten, die zum Verspeisen bestimmten Fische darin lebendig zu erhalten. Nieders. Holder, Oberd. Halter.


Haltevieh (W3) [Adelung]


Das Haltevieh, des -es, plur. inus. in der Landwirthschaft einiger Gegenden, fremde Schafe, welche um Lohn in das Winterfutter genommen werden; Miethvieh.


Haltig (W3) [Adelung]


Haltig, adj. et adv. Haltiges oder hältiges Gestein, im Bergbaue, welches einen brauchbaren mineralischen Gehalt hat, im Gegensatze des tauben. Außerdem ist es nur in den Zusammensetzungen goldhaltig, silberhaltig, reichhaltig, vollhaltig u. s. f. von dem innern Gehalte üblich, wovon in einigen Fällen auch die Hauptwörter Reichhaltigkeit, Vollhaltigkeit u. s. f. üblich sind.


Haltkette (W3) [Adelung]


Die Haltkette, plur. die -n, eigentlich, eine jede Kette, welche etwas hält. In engerer Bedeutung, die kurze Kette, vermittelst welcher die Deichsel eines Wagens an die Brust der Pferde befestiget ist, selbige damit zu lenken, und welche auch die Deichselkette genannt wird.


Haltnagel (W3) [Adelung]


Der Haltnagel, des -s, plur. die -nägel, an einem Sattelwagen, ein eiserner Nagel, welcher hinter der Achse durch den Langbaum gestecket wird, damit sie nicht zurück weichen kann.


Haltritt (W3) [Adelung]


Der Haltritt, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, die Bereitung der Landstraßen, zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit. S. Halt.


Haltstatt (W3) [Adelung]


Die Haltstatt, plur. die -stätte, oder die Haltstätte, plur. die -n, ehedem ein Ort, wo man sich in einen Hinterhalt legte. Bey den Jägern ist die Haltstatt, welches an einigen Orten auch Haltstatt lautet, der Ort, wo die Jägern im Sommer und Winter nach der Suche oder nach dem Besuche zusammen kommen.


Haltung (W3) [Adelung]


Die Haltung, plur. die -en, von dem Zeitworte halten. 1) Die Handlung des Haltens, in den meisten Bedeutungen des Activi; ohne Plural. Besonders in der Mahlerey, die Kunst, Licht und Schatten gehörig zu verbreiten. 2) Die Festigkeit eines Dinges; der Halt. Die Mauer hat keine Haltung. 3) Dasjenige, woran sich ein anderes Ding hält, oder worauf es dauerhaft ruhet.


Ham (W3) [Adelung]


1. Der Ham, S. Hamm.


Ham (W3) [Adelung]


2. * Der Ham, oder vielmehr der Hamm, des -es, plur. die -e, ein veraltetes, noch in einigen eigenthümlichen Nahmen der Örter übliches Wort, einen Wald zu bezeichnen, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . S. Hag und Hain, aus welchen Wörtern es verderbt ist. Schwed. Hammar. In andern eigenthümlichen Nahmen ist Ham unser Heim oder Heimath, d. i. Wohnung, und eine Sammlung mehrerer Wohnungen, wohin auch das Franz. Hameau, ein Dorf, und nach dem Frisch auch das Lat. Campus gehöret, S. Kamp und Heim. Im Ostfriesischen wird es noch für Flur gebraucht, den zu einer ganzer Dorfschaft gehörigen Strich Landes zu bezeichnen, wo es denn, in der weitesten Bedeutung des Wortes Hagen, einen umzäunten Raum bedeutet. Im Bremischen ist Hameine, Homeine, eine jede Umzäunung, ein Gehäge. S. Hameye.


Hambrey (W3) [Adelung]


Hambrey, S. Hahnbrey.


Hambüche (W3) [Adelung]


Die Hambüche, S. Hagebüche.


Hamen (W3) [Adelung]


Der Hamen, des -s, plur. ut nom. sing. ein beutelförmiges Netz, dessen Öffnung an einem Reifen mit einem Stiele befestiget ist. Die Jäger bedienen sich desselben zum Hühnerfange, da es denn auch ein Treibezeug genannt wird, die Fischer aber zum Fischfange; Franz. Truble, im Nieders. ein Kesser. Kannst du den Leviathan ziehen mit dem Hamen? Hiob 40, 20. Wie die Fische gefangen werden mit einem schädlichen Hamen, Pred. 9, 12. S. Setzhamen, Kratzhamen, Schleifhamen. Figürlich wird an einigen Orten ein Klingebeutel im Diminut. ein Hämchen oder Hämlein genannt. Anm. Allem Ansehen nach gehöret dieses Wort zu haben, so fern es fangen oder halten bedeutet. Im Schwed. ist haemta fangen, nehmen. Aus eben dieser Ursache hieß bey den Römern die Angel Hamus, Ital. Hammo, Franz. Hain. S. Immhamen. Das Lat. bedeutete aber auch einen Ring, der etwas hält, so wie in der Landwirthschaft der Kuhhamen ein halber hölzerner Ring ist, den man den Kühen um den Hals leget, um sie damit an der Krippe zu befestigen. Im Osnabrück. ist Hamm so wohl ein Hamen zum Fischfange, als auch ein Kummet, daher es ehedem daselbst eigene Hammmacher gab, welche solche Joche oder Kummete machten. S. Kummet und Hemmen.


Hameye (W3) [Adelung]


Die Hameye, plur. die -n, in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, ein Gatterthor, welches zu beyden Seiten ein Pförtchen hat, wo es im gemeinen Leben auch Horumeye, lautet. Es ist das Nieders. Hameine, Hameide, ein Gehäge, eine jede Befriedigung, besonders von Pallisaden; daher in Bremen der äußerste Sperrbaum vor den Stadtthoren Hameine heißt. Hammeye, Hameyde, Hammeyboom sind auch im Holländischen üblich. S. 2. Ham, Hamme und Hag.


Hämflich (W3) [Adelung]


Hämflich, -er, -ste, adj. et adv. in den gemeinen Sprecharten der Hoch- und Oberdeutschen, in seiner Art groß, stark und derb. Ein hämfliches Stück Brot. Eine hämfliche Lüge. Ingleichen stark und ungesittet. Ein hämflicher Mensch, ein grober. Die Abstammung erhellet aus der Schweizerischen Mundart, wo Hampfeln eine Hand voll, und Hampfelig die Hand füllend bedeutet. Eben daselbst ist Mumpfel, ein Mund voll, Arfel ein Arm voll, und Gauffeln so viel als man mit beyden Händen fassen kann.


Hämisch (W3) [Adelung]


Hämisch, -er, -te, adj. et adv. auf eine heimliche Art boßhaft, geneigt, andern auf eine hinterlistige Art, und ohne ihre Erwartung zu schaden, und in dieser Denkungsart gegründet. Ein hämischer Mensch. Ein hämisches Betragen. Jemanden hämischer Weise schaden. Ein hämischer Streich. Anm. Im Nieders. fünisch. Frisch leitet es von heim, heimlich, her, wovon heimisch im Oberdeutschen noch für zahm gebraucht wird. Man kann es aber auch zu Hamen rechnen, so daß damit zunächst auf die Nachstellung gesehen wird; indem hämisch in dieser Bedeutung wohl niemahls heimisch geschrieben oder gesprochen wird. S. Heimtückisch, mit welchem es in der Bedeutung überein kommt. Bey den Krainerischen Wenden ist Hamba Hohn, und Himba List.


Hamm (W3) [Adelung]


* Hamm, im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, ein Zwischenwort, womit man etwas verbiethet, besonders Kindern.


Hamm (W3) [Adelung]


Der Hamm, ein Wald u. s. f. S. 2. Ham.


Hamme (W3) [Adelung]


1. Der Hamme, des -n, plur. die -n, ein nur in einigen Gegenden bekanntes Wort, welches bald den Kniebug, bald die Füße eines Thieres, bald auch die Keule eines geschlachteten Thieres bedeutet. Im Oberdeutschen ist Hamme der Fuß eines geschlachteten Schweines. Bey den Jägern wird die Hinterkeule des Roth- und Rehwildbretes Hamm oder Hammel, von einer Sau aber Hammer genannt. In andern Gegenden ist Hamme ein Schinken. Daher das Hammenbein daselbst das Schinkenbein ist.

Anm. Im Angels. und Engl. Ham. Wachter leitet es von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, biegen, ab. Mit mehrerer Wahrscheinlichkeit rechnet Frisch es zu dem Ital. Gamba und Franz. Jambe, Jambon, der Schenkel. Da die Hinterkeule eines geschlachteten Thieres, wegen ihrer Ähnlichkeit mit einem Schlägel oder einer Keule, auch ein Schlägel, eine Keule genannt wird, so stehet es dahin, ob zwischen diesem Hamm oder Hamme, und Hammer nicht eine ähnliche Verwandtschaft Statt findet. Da aber im Holländischen Hamme, und im Nieders. Hamel, ein jedes abgeschnittenes Stück bedeutet, so scheinet das alte Zeitwort hammen die nächsten Ansprüche auf dieses Wort zu haben. S. 2. Hammel, Anm.


Hamme (W3) [Adelung]


2. Die Hamme, plur. die -n, in Obersachsen, der hintere breitere Theil der Sense, im Gegensatze der Spitze. Wenn der Mähder nicht bloß mit der Spitze der Sense, sondern mit der Hamme zugleich hauet. Etwa von hammen, schneiden, hauen? S. 2. Hammel.


Hamme (W3) [Adelung]


3. Die Hamme, plur. die -n, in einigen Niedersächsischen Gegenden, z. B. in Dithmarsen, ein Gehäge, eine Befriedigung. S. Hameye und 2. Ham.


Hammel (W3) [Adelung]


1. Der Hammel, des -s, plur. die Hämmel, die Hinterkeule eines geschlachteten Thieres, S. 1. Hamme.


Hammel (W3) [Adelung]


2. Der Hammel, des -s, plur. die Hämmel, in Ober- und Niedersachsen, ein geschnittener Schafbock; ein Schöpps. Daher der Hammelbraten, der Schöppsenbraten, das Hammelfleisch, das Schöppsenfleisch, die Hammelkeule u. s. f.

Anm. Dieses Wort, welches im Nieders. Hamel lautet, stammet gewiß nicht, wie Frisch will, von heim, heimlich her, einen durch das Verschneiden zahm gemachten Schafbock zu bezeichnen, sondern, wie schon Wachter behauptet, von einem veralteten Zeitworte hammen, hammeln, Angels. hamelan, verstümmeln, abschneiden, wovon Hamme im Holländ. ein abgeschnittenes Stück, hamma und hamm bey dem Ulphilas lahm, verstümmelt, und Hamalsteti, bey dem Tatian den Richtplatz bedeuten, weil die Übelthäter daselbst gleichsam verstümmelt werden. S. Hümpler. In einer 1486 zu Augsburg gedruckten Deutschen Übersetzung des Evnuchus des Terenz heißt es; Evnuchus das ist in teutsch Hemling. Woraus denn erhellet, daß Hammel eigentlich ein verschnittenes Thier bedeutet. Aus eben dieser Ursache wird vermuthlich auch die Nachgeburt im Nieders. Hamel genannt. Übrigens wird ein "Hammel" in Niedersachsen auch "Bötel", "Bötling" genannt, welches Wort aber auch ein "verschnittenes Pferd", einen "Wallach" bedeutet, ohne Zweifel von "Bötel", "Beitel", ein "Meißel", und "böteln", "mit dem Meißel abschlagen", (S. 4. "Beutel") Dän. "Beede". Im Osnabrück. heißt er auch "Wär", welches mit dem Dalmat. "Beran", und der ersten Hälfte des Latein. "Vervex" und mittlern Latein. "Berbix" überein kommt, und im mittlern Latein. "Mennonus", Ital. "Menno". S. auch "Neidhammel".


Hammeljährling (W3) [Adelung]


Der Hammeljährling, des -es, plur. die -e, in der Landwirthschaft, ein geschnittenes Lamm männlichen Geschlechtes, wenn es Ein Jahr alt ist, welches auch ein Jährlingshammel genannt wird. Ist es noch nicht Ein Jahr alt, so heißt es eigentlich ein Hammellamm, ist es aber zwey Jahr alt, ein Zeithammel.


Hammelknecht (W3) [Adelung]


Der Hammelknecht, des -es, plur. die -e, in der Landwirthschaft, ein Schafknecht, dem die Hüthung der Hämmel und Stäre anvertrauet ist; zum Unterschiede von dem Meisterknechte und Lämmerknechte.


Hammellamm (W3) [Adelung]


Das Hammellamm, des -es, plur. die -lämmer, siehe Hammeljährling.


Hammelmöhre (W3) [Adelung]


Die Hammelmöhre, plur. die -n, S. Pastinak.


Hammeln (W3) [Adelung]


Hammeln, verb. reg. act. verschneiden, castriren, welches nur noch von dem Verschneiden der Schaftböcke gebraucht wird. S. Leuchten, welches gleichfalls in dieser Bedeutung üblich ist.


Hammer (W3) [Adelung]


1. Der Hammer, des -s, plur. die Hämmer, die Keule eines geschlachteten Thieres, S. 1. Hamme.


Hammer (W3) [Adelung]


2. Der Hammer, des -s, plur. die Hämmer, Diminut. das Hämmerchen, Oberd. Hämmerlein, ein Werkzeug zum Schlagen, doch nur ein solches, wo sich das Haupt, oder der eigentlich schlagende Theil horizontal auf einem senkrechten Stiele befindet. 1. Eigentlich. Einen Nagel mit dem Hammer einschlagen. Etwas mit dem Hammer gerade schlagen. Auf einigen Dörfern in Obersachsen ist die Herumschickung des Hammers, ein Zeichen, wodurch der Richter oder Schulze die Gemeinde zusammen beruft. Im Osnabrückischen bedienet man sich in manchen Fällen eines Hammers, wenn jemanden von der Gemeinde ein Stück Landes abgetreten wird, da denn der Hammer aus einem Wagen unter dem linken Beine durchgeworfen wird, die Größe dieses Stückes zu bezeichnen, welcher Gebraucht der Hammerwurf heißt. Bey den Grobschmieden wird auch eine gewisse Art von Stämpeln oder Meißeln mit einem horizontalen Stiele ein Hammer genannt, auf welche man mit dem Hammer schläget, wenn man sie gebraucht. 2. Figürlich. 1) Wegen einiger Ähnlichkeit in der äußern Gestalt. So wird das Knie auf dem Gradbogen, welches auf dem Pfeile beweglich ist, auch der Hammer genannt. In der Anatomie führet das eine Bein in der Schnecke oder der Trommelhöhle des Ohres diesen Nahmen. 2) Eine Fabrik, wo manche Metalle vermittelst großer, von dem Wasser getriebener Hämmer bearbeitet werden, führet sehr häufig den Nahmen eines Hammers, oder Hammerwerkes; besonders in den Zusammensetzungen Blechhammer, Eisenhammer, Messinghammer, Kupferhammer u. s. f. Im mittlern Latein. des 13ten Jahrh. kommt schon das Wort Malleus in dieser Bedeutung vor, wo es du Fresne durch eine Papiermühle erkläret. 3) Im Nieders. wird ein dreister, durchtriebener Mensch, der alles durchzusetzen vermag, ein Hammer genannt: 4) Im gemeinen Leben, wo man zuweilen das Harte mancher Flüche vermindern will, ist es eine versteckte Benennung des Teufels. Daß dich der Hammer! Ey, für den Hammer! wo es aber auch den Henker oder Schinder bedeuten kann. S. 2. Hämmerling.

Anm. Bey dem Notker Hamere, bey den Schwäbischen Dichtern Hamer, im Nieders. und Angels. Hamer, im Dän. Engl. Schwed. und Isländ. Hammer. Frisch glaubt, dieses Wort stamme mit dem Ital. Martello von dem Latein. Marcus, Marculus ab, weil man im Ital. auch ammartellare für martellare, hämmern, sage, wo nur der Hauchlaut vorgesetzet werden dürfen. Ihr hält es gleichfalls für ein fremdes Wort, und räth auf das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, zerbrechen. Es ist zu verwundern, daß ihm das alte hammen, verstümmeln, schlagen, stoßen, nicht eingefallen ist, ( S. 2. Hammel,) wovon vermittelst der Endung -er, welche ein Werkzeug bezeichnet, ganz natürlich das Wort Hammer gebildet werden können. Indessen gehöret das jetzt gedachte Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - allerdings mit zu dem veralteten hammen. Übrigens wird ein Hammer von den Bergleuten ein Fäustel genannt. Andere Arten von Werkzeugen des Schlagens heißen Pochheyen, Beutheyen, Schlägel, Knüppel, Klopfhölzer, Klopfer u. s. f.


Hammeraxt (W3) [Adelung]


Die Hammeraxt, plur. die -äxte, bey den Kalfaterern der Schiffe, ein Hammer, der am andern Ende des Hauptes mit einem Meißel oder einer Axt versehen ist. Im Bergbaue wird sie ein Hauhammer genannt.


Hammerbeil (W3) [Adelung]


Das Hammerbeil, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, ein Hammer, welcher an dem andern Ende des Hauptes ein Beil hat.


Hammerfisch (W3) [Adelung]


Der Hammerfisch, des -es, plur. die -e, eine Art Hayfische, dessen breiter und platter Kopf sich auf beyden Seiten in Gestalt eines Hammers ausbreitet, welcher der gefräßigste Seehund ist, und sich in den Europäischen und Amerikanischen Meeren aufhält; Squalus Zygaena. Er wird auch Jochfisch, Judenfisch, nach dem Franz. Poisson Juif, von der Ähnlichkeit seines Kopfes mit einem ehemahligen Kopfschmucke der Juden in der Provence, ingleichen Schlägelfisch, Meerschlägel, Meerwage, Pantoffelfisch, Franz. Pantouflier, genannt. Im Franz. heißt er gleichfalls le Marteau, im Ital. Balista, Pesce Martello, im Span. Peis Limo, Limada, und im Engl. the Balance-Fish.


Hammerherr (W3) [Adelung]


Der Hammerherr, des -en, plur. die -en, der Eigenthumsherr eines Hammers oder Hammerwerkes.


Hammerhütte (W3) [Adelung]


Die Hammerhütte, plur. die -n, diejenige Hütte eines Eisenhammers, in welcher das Eisen unter dem großen Hammer geschmiedet wird. In weiterer Bedeutung auch ein jedes Hammerwerk.


Hämmerling (W3) [Adelung]


1. Der Hämmerling, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden ein Nahme der Goldammer, S. Ammer.


Hämmerling (W3) [Adelung]


2. Der Hämmerling, des -es, plur. die -e. 1) In den Marionetten-Spielen wurde ehedem der Pickelhäring oder Hanswurst Meister Hämmerling oder Hämmerlein genannt. Vielleicht als das Diminut. von dem Nieders. Hammer, ein durchtriebener Mensch. S. 2 Hammer. 2) An manchen Orten heißt der Kaviller, zuweilen auch der Scharfrichter, im Scherze und Spotte Meister Hämmerling. Vermuthlich von dem Abschlagen oder Abpuffen des gestorbenen Viehes. 3) An andern führet der vorgegebene Berggeist oder Kobold, ingleichen ein jeder Poltergeist den Nahmen Meister Hämmerling, weil er sich durch Hämmern oder Klopfen zu verrathen pfleget.


Hammermeister (W3) [Adelung]


Der Hammermeister, des -s, plur. ut nom. sing. der Meister oder Vorgesetzte eines Hammers oder Hammerwerkes, der die Aufsicht über die ganze Anstalt hat.


Hämmern (W3) [Adelung]


Hämmern, verb. reg. act. Schläge mit dem Hammer thun, am häufigsten in Absicht auf den dadurch verursachten Schall. Das Hämmern schlägt dem Schmid die Ohren voll, Sir. 38, 10. Zuweilen, obgleich seltener, und nur im gemeinen Leben, auch in Rücksicht der dadurch geschehenen Bearbeitung. Etwas gerade, gleich hämmern. Wo doch schlagen oder klopfen üblicher sind.


Hammerordnung (W3) [Adelung]


Die Hammerordnung, plur. die -en, die von der Obrigkeit so wohl dem Herren eines Hammerwerkes, als auch den Arbeitern vorgeschriebene Ordnung.


Hammerrad (W3) [Adelung]


Das Hammerrad, des -es, plur. die -räder, in den Hammerwerken, dasjenige Rad, wodurch der Hammer getrieben und in Bewegung gesetzt wird.


Hammerschlag (W3) [Adelung]


Der Hammerschlag, des -es, plur. die -schläge. 1) Der Schlag mit einem Hammer. Den Hammerschlag aushalten. 2) Die Schlacken, welche von dem Eisen abspringen, wenn es geschmiedet wird; ohne Plural. An einigen Orten werden diese dünnen und schieferigen Schlacken Sinter, Sindel, und verderbt Zunder genannt. S. Sinter.


Hammerschmid (W3) [Adelung]


Der Hammerschmid, des -s, plur. -schmiede, ein jeder, der als Schmid in einem Hammerwerke arbeitet; wohin der Vorschmid, der Frischer, der Aufgießer, der Gleicher, der Urweller, der Ziehner u. s. f. gehören. In engerer Bedeutung führet zuweilen nur der Hammermeister diesen Nahmen.


Hammerwerk (W3) [Adelung]


Das Hammerwerk, des -es, plur. die -e, eine Werkstätte oder Anstalt, wo gewisse Metalle vermittels großer von dem Wasser getriebener Hämmer bearbeitet werden, und welche auch nur ein Hammer heißt.


Hammerwurf (W3) [Adelung]


Der Hammerwurf, des -es, plur. die -würfe, siehe 2, Hammer.


Hampelmann (W3) [Adelung]


Der Hampelmann, des -es, plur. die -männer, eigentlich ein Nahme derjenigen kleinen Männer oder Püppchen, welche in einem Glase eingeschlossen sind, und vermittels eines Haares immer in die Höhe hüpfen, als wenn sie heraus zu springen strebten. Vermutlich von dem Nieders. ampeln, mit bewegten Armen und Füßen nach etwas streben, wie die Kinder zu thun pflegen.


Hamster (W3) [Adelung]


Der Hamster, des -s, plur. ut nom. sing. ein vierzehiges Thier, welches kleiner als ein Kaninchen, an den Seiten röthlich mit weißen Flecken und am Bauche schwarz ist, sich im Felde sehr künstliche Höhlen unter der Erde gräbt, und solche mit allen Arten Getreides anfüllt; Cricetus L. Glis Cricetus Klein. Man findet dieses dem Feldbaue schädliche Thier in Thüringen, Franken und andern Provinzen Deutschlandes. In Elsaß wird es Kornfarle, im Franz. Mulot, im Pohln. aber Skrzeczek genannt. Anm. Frisch glaubt, daß der Hamster wegen seiner künstlichen Wohnungen von Ham, Heim, Wohnung, so genannt worden. Das Wort ist alt, denn bey dem Raban Maurus wird Gurgulio durch Hamistro, übersetzt.


Hamstergräber (W3) [Adelung]


Der Hamstergräber, des -s, plur. ut nom. sing. gewisse Leute, welche ein eigenes Geschäft daraus machen, die Hamster in den Feldern auszugraben und zu tödten.


Hamsterröhre (W3) [Adelung]


Die Hamsterröhre, plur. die -n, der Bau eines Hamsters unter der Erde, und der Zugang zu demselben, S. Röhre.


Hamstock (W3) [Adelung]


Der Hamstock, des -es, plur. -stöcke, in dem Mühlenbaue einiger Gegenden, wo mehrere Wassermühlen an einem Wasser Theil haben, ein mit gewissen Zeichen bemerkter Stock zwischen den Mühlen, woran jeder Müller sehen kann, wenn ihm sein Nachbar das Wasser ungebührlich zurück stellet, oder schwellet, und der von dem Mahlpfahle noch unterschieden ist. Zuweilen werden dafür gewisse Hamzeichen in die Mühlen gehauen. Ham scheinet hier zu dem Zeitworte hemmen zu gehören, weil diese Zeichen das Maß der Hemmung des Mühlwassers bestimmen.


Hanbrey (W3) [Adelung]


Der Hanbrey, S. Hahnbrey.


Hand (W3) [Adelung]


Die Hand, plur. die Hände, Diminut. das Händchen, Oberd. Händlein. 1. Eigentlich. Dasjenige Gliedmaß der Menschen und Thiere, womit sie andere Dinge ergreifen und halten. 1) Im weitesten Verstande, in welchem nur noch die Füße der Falken bey den Jägern Hände genannt werden. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, an den menschlichen Körpern, der äußerste Theil des Armes, von dem Ende des Elbogenbeines oder von der Handwurzel an, bis zu den Fingern, mit Einschließung der selben. Die flache Hand, der Theil der Hand von der Handwurzel bis zu den Fingern. Die hohle Hand, der innere Theil der flachen Hand, welche auch in engerm Verstande die flache Hand oder der Handteller genannt wird, im Gegensatze des Rückens der Hand, oder des äußeren Theiles der flachen Hand. Im Isidor Folma, nach dem Latein. Palma. Jemanden mit verwandter oder umgewandter Hand eine Ohrfeige geben, mit dem Rücken der Hand. In einem andern Verstande ist die hohle Hand der innere Raum der halb geschlossenen Hand. Eine Hand voll, so viel als man in der Hand und mit der Hand fassen kann. ( S. Hämflich,) Die rechte Hand, die linke Hand. Etwas mit der Hand anfassen, in die Hand nehmen, mit der Hand halten, aus der Hand legen, in welchen so wie in den folgenden und allen ähnlichen R. A. das Wort Hand bald im Singular, bald nur im Plural, bald in beyden zugleich üblich ist. Wenn ich dich an meiner Hand durch eine schöne Gegend führte. Jemanden bey der Hand anfassen, oder ihn bey der Hand nehmen, dessen Hand anfassen. Jemanden bey der Hand halten. Ein Kind bey der Hand führen. Hand in Hand gehen, sagt man von zwey Personen, welche ihre Hände in einander geschlossen, oder sich bey den Händen angefasset haben. Hand in Hand gedrückt kamen sie in das Gebüsche, Geßn. Möchtet ihr stets Hand in Hand Auf Einem Wege gehen! Schleg. Bald schlossen alle Hand in Hand, Ein Reihentanz ward angefangen, Utz. Jemanden die Hand geben, sich in die Hände geben, ein Zeichen des Grußes, der Versöhnung, des Friedens. Jemanden die Hand auf etwas geben, zur Versicherung eines gethanen Versprechens, oder eines geschlossenen Vertrages; eine Gewohnheit, welche so alt ist, als das menschliche Geschlecht selbst. Die Hände falten, eine gleichfalls uralte Feyerlichkeit bey dem Gebethe. sage ihm, daß diese ohnmächtigen Hände sich für ihn zum letzten Mahle falten, zum letzten Mahle für ihn bethen. Einem Kinde die Hand führen, wenn es schreiben lernet. Mit den Händen arbeiten, Handarbeit verrichten. Die Hände gen Himmel heben, zum Zeichen der Andacht, des Gebethes, auch einer großen Verwunderung. Die Hände über den Kopf zusammen schlagen, zum Zeichen der Verzweifelung, oder eines großen Jammers. Die Hände zusammen schlagen, ein Merkmal eben dieser Empfindungen. Eine feste, gesetzte Hand haben, welche vor allen unwillkührlichen Bewegungen sicher ist. Figürlich ist die feste Hand bey einer Waare, der immer gleiche Preis derselben und dessen Erhaltung, S. Fest. Einem Kinde die Händchen geben, im gemeinen Leben Obersachsens, demselben nach dem achten Tage nach der Geburt beym Windeln die Hände und Arme frey lassen. Sich eine Person zur linken Hand oder an die linke Hand antrauen lassen, eine noch unter dem hohen Adel zuweilen übliche Gewohnheit, wenn sich derselbe mit einer Person geringern Standes vermählet, welche Ehe die Ehe zur linken Hand genannt wird. Die aus einer solchen Ehe erzeugten Kinder bleiben von dem völligen Erbe und der Nachfolge ausgeschlossen. Die Nothwendigkeit und der große Nutzen diese Gliedmaßes haben zu einer Menge figürlicher R. A. Anlaß gegeben, in welchen Hand oder Hände zwar seine eigentliche Bedeutung behält, aber doch mit der ganzen R. A. ein Bild einer andern Sache wird. Einige der vornehmsten sind folgende. Die Sache ist mir unter den Händen weggekommen, indem ich mich noch damit beschäftigte. Von Handen kommen, S. Abhanden. Eine Arbeit unter den Händen haben, sie in der Arbeit haben, daran arbeiten. Unter der Hand, insgeheim, heimlich. Ich gab es ihm unter der Hand zu verstehen, ließ es ihn unter der Hand errathen. Nicht mehr haben, als aus der Hand in den Mund, was man erwirbt, auch sogleich verzehren. Ein Gewerbe mit leeren Händen anfangen, ohne eigenes Vermögen. Einem etwas auf die Hand geben, zur Festigkeit eines geschlossenen Vertrages etwas von der bedungenen Summe geben, siehe Handgeld. Er hat schon zehn Thaler auf die Hand genommen. Einem die Hände biethen, eigentlich darreichen, ihm zu helfen, figürlich ihn unterstützen, ihm hülfliche Hand leisten, oder biethen. Der Tugend und Gottseligkeit die Hände biethen, sie zu befördern suchen. Wir können uns in unserm Vorhaben die Hände biethen, uns helfen, unterstützen. Hand an das Werk legen, es anfangen. Die letzte Hand an etwas legen, es vollbringen. Hand an jemanden legen, versönliche Gewaltthätigkeiten an ihm begeben Hand an sich selbst legen, sich ermorden. Die Arbeit geht ihm gut von der Hand, geht ihm gut, hurtig von Starten. Bey der Liebe Gegenstand Geht er mir fix von der Hand, Weiße. Alle Hände voll zu thun haben, häufige Beschäftigungen haben. Etwas vor die Hand nehmen, anfangen sich damit zu beschäftigen. Allerley Mittel vor die Hand nehmen, versuchen. Die Hand oder die Hände von jemanden abziehen, aufhören, ihm zu helfen, ihm zu unterstützen. Die Hände oder die Hand mit im Spiele haben, an etwas mitwirken. Gott hat die Hand in jedem Spiel, Bald gibt er wenig und bald viel, Can. Seine milde Hand aufthun, mildthätig seyn. Einem Mittel und Wege an die Hand geben, ihm solche vorschlagen, bekannt machen. Etwas aus freyer Hand thun, mit der bloßen Hand, oder Beyhülfe anderer Werkzeuge: aber etwas aus freyer Hand, oder aus der Hand verkaufen, freywillig, aus eigener Macht, im Gegensatze des gerichtlichen Verkaufes. Man kann es mit den Händen greifen, es ist augenscheinlich, S. Handgreiflich. Die Hände in den Schoß legen, müßig, unthätig, unwirksam seyn, wo man wirksam seyn sollte; auch, die Hände in den Sack, oder in die Tasche stecken. Eine Hand wäscht die andere, ein Sprichw. über welches Rabener die beste Auslegung geschrieben hat. Sich auf seine eigene Hand setzen, sich selbst zu ernähren anfangen, im Gegensatze des Dienens; auf seiner eigenen Hand sitzen, oder liegen, sich selbst ernähren. Jemanden die Hände versilbern, ihn bestechen; im gemeinen Leben, ihm die Hände schmieren. Es hat weder Hand noch Fuß, kein Geschick. Ich werde mir die Hände nicht binden lassen, mich nicht einschränken, mir nicht vorschreiben lassen. Die Hände sind ihm gebunden, er hat nicht freye Gewalt. Jemanden freye Hände lassen, freye Hände haben, freye Macht, Gewalt. Mit beyden Händen zugreifen, so wohl eigentlich, als auch figürlich, etwas begierig annehmen. Der Glaube wird ihm wohl in die Hände kommen, die Erfahrung wird ihn das mit seinem Schaden wohl glauben lehren. Wir werden hier fast auf den Händen getragen, man erweiset uns hier alle nur ersinnliche Ehrerbiethung und Liebe. Einer Person die Hand geben, sich mit ihr verehelichen. Und wenn ich auch noch zehen Jahre auf seine Hand warten soll, auf die Vollziehung des ehelichen Verlöbnisses. Meine Hand ist vergeben, ich habe mich schon verlobt. Die Hand über etwas halten, es bewahren, beschützen, in gutem Stande zu erhalten suchen. Mit ungewaschenen Händen, ohne gehörige Vorbereitung, ohne die nöthigen Fähigkeiten zu besitzen. Etwas nach der Hand verkaufen, nach muthmaßlicher Schätzung des Maßes oder Gewichtes, es gleichsam in der Hand wägen oder messen. Die Hand auf den Mund legen, aus Ehrerbiethung, aus Achtung schweigen, Hiob 29, 9; Sprichw. 30, 22. Jemanden auf die Hände sehen, Acht haben auf dasjenige, was er thut, aber auch, damit er nichts entwende, ihm auf die Fin- ger sehen. Einem die Hände sehen, seinen Unterhalt, Wohlthaten von ihm erwarten, Sir. 33, 22. Etwas bey der Hand haben, es gleich bekommen können, es an einem bequemen Orte liegen haben. Ich habe es nicht bey der Hand, kann es nicht gleich und ohne Mühe bekommen; im Oberdeutschen, ich habe es nicht beyhändig. Ist niemand bey der Hand? ist niemand da? Der Herr ist nicht bey der Hand, in Niedersachsen, er ist nicht zu sprechen. Die Sache liegt mir nicht zur Hand, liegt mir nicht bequem, so daß ich sie gleich haben könnte. Jemanden zur Hand, oder an die Hand gehen, in Oberd. ihm an Handen gehen, ihm Handreichung thun, seine Verrichtungen durch kleine Dienste erleichtern. Ist mir denn kein Mensch zur Hand? ist niemand da, der mir helfe? Mein Tisch wird mit lauter Speisen besetzt, die mir in die Hand wachsen, die ich selbst baue oder erzeuge, nicht kaufen darf. Die Hand verbrechen oder verwirken, in den Rechten, ein Verbrechen begeben, welches mit Abhauung der Hand bestrafet wird. Die Klage gehet dem Beklagten an die Hand, wenn er die Hand verwirkt hat. Etwas mit Hand und Mund versprechen, auf die feyerlichste Art. Einem in etwas aus Handen gehen, im Oberd. es ihm abschlagen. Ew. Schreiben ist mir zu Handen kommen, gleichfalls in Oberd. ich habe es erhalten. Über Eine Hand arbeiten, wird von einer Gesellschaft Handarbeiter gesagt, wenn sie alle entweder rechts, oder links sind. Zu Handen gehen, im Oberd. widerfahren. Wenn ihm was Widriges zu Handen möchte gehn, Opitz. In vielen Fällen wird es überflüssig gesetzt, einen mehrern Nachdruck zu bewirken. Er hat es mit eigener Hand gethan. Ich habe es ihm mit meiner Hand gegeben. Vergeblich (Vergebens) böthe sie mir heut Mit ihrer Hand Unsterblichkeit, Raml. 2. Figürlich. 1) Die rechte Hand, in einigen wenigen Fällen. Zur Hand arbeiten, im Bergbaue, zur rechten Hand; wohin vermuthlich auch die schon oben angeführte R. A. gehöret, es ist nicht zur Hand. 2) Die Seite; doch nur in den R. A. die rechte, die linke Hand. Einem rechter Hand haben, auf dessen rechten Seite. Sich linker Hand, oder zur linken Hand wenden, auf die linke Seiten. Bey den Niedersächsischen Fuhrleuten bedeutet tor Hand oder zur Hand, die linke, und von der Hand, die rechte Seite. S. Handpferd. 3) Der Besitz einer Sache. Etwas aus den Händen lassen, welches auch von einem nur möglichen Besitze gebraucht wird. Eine Gelegenheit nicht aus den Händen lassen, sie nicht ungebraucht vorbey gehen lassen. Ich habe es schon in Händen. Einem etwas in die Hände spielen. Ich habe die kräftigsten Beweise in den Händen. 4) Gewalt, Macht, in einigen R. A. Die Sache stehet in Gottes Hand, oder in Gottes Händen. Große Herren haben lange Hände, ihre Macht erstreckt sich weit. Er ist seinen Feinden in die Hände gefallen, gerathen. Unter der Hand des Arztes seyn. In der Deutschen Bibel ist es in dieser Bedeutung sehr häufig. S. Oberhand. 5) Die wirkende Kraft, in der höhern Schreibart. Wir sind Staub durch eine allmächtige Hand beseelt, Gell. In der Deutschen Bibel werden die Wörter Hand, Finger und Arm sehr häufig von der wirkenden Kraft Gottes, von der Erweisung seiner Allmacht gebraucht. 6) Die wirkende oder besitzende Person selbst, in einigen bereits eingeführten Fällen. Viele Hände machen kurze Arbeit. Der Wechselbrief ist schon in der dritten Hand, es hat schon die dritte Person ihn im Besitze. Ich weiß es von guter Hand, habe es von guter Hand erfahren, von einer zuverlässigen Person. Mit gesammter Hand, alle insgesammt. Im Lehenswesen hingegen ist die gesammte Hand, wenn alle Verwandte mit einem Lehen zugleich belehnet werden. S. Gesammt. Ein Geschenk von hoher Hand, oder von hohen Händen, von einer vornehmen Person. Wird nicht das Volk ihr Blut von meinen Händen fordern? Weiße, von mir. Ich bekomme es aus der ersten, aus der zweyten Hand u. s. f. Er ist in schlechte Hände gerathen, in schlechte Gesellschaft, unter einen schlechten Lehrer, Anführer. Wenn er in gute Hände fällt, so kann noch etwas aus ihm werden. In dem Lehenswesen einiger Gegenden ist die obere Hand der Lehensherr, die untere Hand aber der Vasall. Die todte Hand, eine ehemahlige Benennung eines Verstorbenen. In einem andern Verstande ist todte Hand, noch mehr aber das mittlere Lat. Manus mortua, eine gottesdienstliche Stiftung, wo Hand aber zunächst den Besitz zu bezeichnen scheinet. Ein Gut kommt an die todte Hand, wenn eine gottesdienstliche Stiftung es, erwirbt, weil es alsdann aus dem Handel und Wandel kommt, und für den Staat gleichsam tobt ist. 7) Die Art und Weise zu schreiben. Eine gute, eine schlechte Hand schreiben. Er schreibt eine sehr leserliche Hand. Das ist eine schöne, eine schlechte Hand. Alle Hände lesen können. Unter seiner Hand und Siegel, mit der eigenen Unterschrift seines Nahmens und mit seinem Siegel. Zuweilen auch die eigenhändig geschriebene oder doch unterschriebene Schrift selbst. Ich habe seine Hand darüber. 8) * Der Zustand, die Beschaffenheit eines Dinges; ein im Hochdeutschen veralteter Gebrauch, welcher eine Fortsetzung der zweyten figürlichen Bedeutung seyn könnte, wenn es nicht glaublicher wäre, daß Hand in dieser Bedeutung ein ganz verschiedenes Wort ist, welches zu dem alten Chun, Chunne, Geschlecht, gehöret, wovon noch unser Kind, abstammet; S. dasselbe. Ehedem sagte man in der bessern Hand seyn, in der Besserung, die ärgere Hand, die geringere, schlechtere Beschaffenheit. In engerer Bedeutung wurde es ehedem auch für Art, Geschlecht, gebraucht. Von drier Hand frien luten, von dreyer Art freyen Leuten, Schwabensp. Im Hochdeutschen ist dafür jetzt -ley üblich. Mancher hande blumelin, mancherley Blumen, einer der Schwäbischen Dichter; zweyerhand, zweyerley, Garten der Gesundh. 1490; vielerhand, Opitz für vielerley. Vermehren ihren Glanz mit Wassern vieler Hand, Opitz. S. Allerhand, welches noch in diesem Verstande üblich ist. 9) In einigen adverbischen R. A. hat es die Bedeutung einer Zeit. Zu Hand, bey dem Opitz zi henti, für sogleich, schnell, ist veraltet. Zu Handt der jung ward vderütz (überdrüssig) Der weldt, H. Sachs. Im Bergbaue sagt man noch zur Hand arbeiten, d. i. eifrig, fleißig, schnell. Von der Hand, für jetzt. Lassen sie das vor der Hand gut seyn. Nach der Hand, nachher, nachmahls; im Nieders. hingegen bedeutet es nach und nach. Hierher scheinen auch die im Kartenspiele üblichen R. A. zu gehören, vor der Hand und hinter der Hand. Vor der Hand zuwerfen, zu frühe, ehe als die Reihe es erfordert; hinter der Hand sitzen, der letzte im Zuwerfen seyn. S. auch Vorhand.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Ulphilas Handus, bey dem Kero, Ottfried und andern Hant, im Nieders. Engl. Dän. und Schwed. gleichfalls Hand, ja sogar bey den Krimmischen Tatarn Handa. Es ist sehr wahrscheinlich, daß es, wie Wachter und Frisch muthmaßen, von dem Zeitworte haben abstammet, welches in einigen alten Mundarten im Infinitivo han, und in der dritten Person des Plurals des Präsentis han und hant lautet; so daß Hand eigentlich dasjenige Gliedmaß bedeutet, womit man etwas ergreifet oder hat. Das alte Lat. hendo, in prehendo, kommt damit überein. Das Isländ. Ram, die Hand, hat einen ähnlichen Ursprung von rama, raffen. Der Plural lautet im Oberdeutschen Hande. In den Zusammensetzungen bedeutet es oft eine Sache, welche ohne Mühe in der bloßen Hand getragen oder gehandhabet werden kann.


Handarbeit (W3) [Adelung]


Die Handarbeit, plur. die -en, eine jede Arbeit, welche vornehmlich mit der Hand verrichtet wird, im Gegensatze der Kopfarbeit.


Handarbeiter (W3) [Adelung]


Der Handarbeiter, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Handarbeiterinn, plur. die -en, eine Person, welche solche Arbeit verrichtet, daraus ihr vornehmstes Geschäft macht.


Handballen (W3) [Adelung]


Der Handballen, des -s, plur. ut nom. sing. der Ballen unter dem Daumen in der Hand, zum Unterschiede von dem Fußballen.


Handbecken (W3) [Adelung]


Das Handbecken, des -s, plur. ut nom. sing. ein Becken, so fern es dazu dienet, die Hände daraus zu waschen; zum Unterschiede von einem Fußbecken, Barbierbecken u. s. f. An einigen Orten die Handgelte. S. Gießbecken.


Handbeil (W3) [Adelung]


Das Handbeil, des -es, plur. die -e, Diminut. das Handbeilchen, ein kleines leichtes Beil, welches ohne Beschwerde gehandhabet werden kann; zum Unterschiede von den größern Beilen der Zimmerleute, Fleischer u. s. f. Aber auch die Zimmerleute haben Handbeile, welche einen kurzen Helm und breite Schneide haben. Vermuthlich zum Unterschiede von den größern Schlichtbeilen.


Handbibel (W3) [Adelung]


Die Handbibel, plur. die -n, eine Bibel in kleinerm Formate, welche man bequem handhaben kann.


Hand-Bibliothek (W3) [Adelung]


Die Hand-Bibliothek, plur. die -en, eine kleinere Bibliothek, welche jemand zu seinem eigenen Gebrauche bey der Hand hat; zum Unterschiede von einer öffentlichen.


Handblatt (W3) [Adelung]


Das Handblatt, des -es, plur. die -blätter, weiße leinene Blätter, welche vorn an die Ärmel, z. B. der evangelischen Geistlichen, befestiget werden. Ehe das Franz. Manchette so beliebt wurde, pflegte man auch hier die Manschetten Handblätter zu nennen, welche aber richtiger Handkrausen heißen.


Handbock (W3) [Adelung]


Der Handbock, des -es, plur. die -böcke, eine kleine Ramme, womit man aus freyer Hand Pfähle einzuschlagen pfleget; die Handramme.


Handbogen (W3) [Adelung]


Der Handbogen, des -es, plur. ut nom. sing. ehedem die kleinste und leichteste Art der Bogen zum Schießen, welche man mit der bloßen Hand spannete; zum Unterschiede von den Armbrüsten.


Handbohne (W3) [Adelung]


Die Handbohne, plur. die -n, S. Feldbohne.


Handbohrer (W3) [Adelung]


Der Handbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleiner Bohrer, welcher mit der bloßen Hand gehandhabet wird; zum Unterschiede von größern Arten. Nieders. Frit. Eben so ist der Handbohrer im Bergbaue ein kleinerer Bohrer, welchen der Bergmann mit der einen Hand halten, und in der andern Hand den Fäustel führen kann.


Handbret (W3) [Adelung]


Das Handbret, des -es, plur. die -er, bey den Mäurern, dasjenige Bret, welches sie vermittelst des Stieles in der Hand tragen, den Kalk darauf in der Nähe zu haben; das Sparbret.


Handbriefchen (W3) [Adelung]


Das Handbriefchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleiner vertraulicher Brief, wie das Franz. Billet.


Handbuch (W3) [Adelung]


Das Handbuch, des -es, plur. die -bücher. 1) Ein Buch von mäßigem körperlichen Umfange, welches ohne Mühe zu handhaben ist. 2) Ein kleines Buch, welches man oft in die Hand nimmt, welches man täglich gebraucht; Manuale. Besonders, 3) so fern es zugleich die Anfangsgründe, oder nöthigsten Grundlehren einer Kunst oder Wissenschaft in sich enthält; nach dem Griech. und Lat. Enchiridium.


Handbüchse (W3) [Adelung]


Die Handbüchse, plur. die -n, eine Feuerbüchse kleinerer Art, zum Unterschiede von dem größern, dergleichen die ehemahligen Hakenbüchsen waren; eine Lothbüchse, weil sie nur ein oder zwey Loth Bley schießet.


Hand-Compaß (W3) [Adelung]


Der Hand-Compaß, des -sses, plur. die -sse, im Bergbaue, ein Nahme des Setz-Compasses, zum Unterschiede von dem Hange-Compaß; S. Gruben-Compaß.


Handdecke (W3) [Adelung]


Die Handdecke, plur. die -n, eine kleinere Decke, welche man im Stalle auf die Pferde leget. Ingleichen, eine Decke, womit man die Handpferde bey dem Ausreiten zum Staate bedecket.


Handdienst (W3) [Adelung]


Der Handdienst, des -es, plur. die -e, ein jeder Dienst, welcher unmittelbar mit der Hand geleistet wird. In engerer Bedeutung, Frohndienste dieser Art, welche auch Handfrohnen, und Leibdienste genannt werden; zum Unterschiede von den Fußdiensten und Spanndiensten. S. Handtag. Daher der Handdienster, des -s, plur. ut nom. sing. der zu Handdiensten verpflichtet ist, und auch ein Leibdienster, Handfröhner oder Leibfröhner genannt wird.


Handeimer (W3) [Adelung]


Der Handeimer, des -s, plur. ut nom. sing. ein gemeiner Wassereimer, welchen man mit der bloßen Hand führet; zum Unterschiede von den Brunneneimern, oder Zugeimern.


Handeisen (W3) [Adelung]


Das Handeisen, des -s, plur. ut nom. sing. eiserne Bänder oder Ringe mit Ketten an den Händen der Gefangenen, Handfessel, Handschellen; zum Unterschiede von den Fußeisen oder Fußfesseln.


Händeklatschen (W3) [Adelung]


Das Händeklatschen, des -s, plur. car. das Klatschen mit den Händen, oder Zusammenschlagen derselben zuweilen zum Zeichen der Verspottung, noch häufiger aber des Beyfalles. Junge Theaterkönige, die ihre Rolle gut spielen, damit sie das Händeklatschen der Logen und der Parterre erbeuten, Gell. In der Monseeischen Glosse Handslagodi, so wie Notker hantslagon für applaudere gebraucht.


Handel (W3) [Adelung]


Der Handel, des -s, plur. die Händel, von dem Zeitworte handeln. 1. Eine jede thätige äußere Veränderung, Nahrung und zeitliches Vermögen zu erwerben; ohne Plural. In dieser weitern Bedeutung scheinet als ein Collectivum in dem Ausdrucke Handel und Wandel vorkommen, worunter man ein jedes Gewerbe zu verstehen pfleget. Sie merket, wie ihr Handel Frommen bringet, Sprichw. 31, 18. In Nürnberg führet die Innung der Bierbrauer noch den Nahmen des Handels. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, die Verwechselung seines Eigenthumes des Gewinnes wegen. So wohl 1) von einzelnen Fällen dieser Art. Einen Handel schließen. Einen Handel treffen. Wenn jemand mit einem andern einen Tausch oder Verkauf zu verabreden sucht, so saget so wohl der Verkäufer als der Käufer, sie stehen mit einander im Handel, und wenn die Sache beschlossen worden, sie haben einen Handel geschlossen, getroffen oder gemacht. Der Handel ist zurück gegangen oder rückgängig geworden. Jemanden den Handel aufsagen, aufkündigen; welches auch in weiterer Bedeutung gebraucht wird, sein Versprechen zurück nehmen, alle Gemeinschaft mit ihm aufheben. Sie haben ihm ja dem ganzen Handel aufgesagt. Ehe ich dem Laster schon den Handel aufgesagt, Haged. Einem andern in den Handel fallen, ihm seinen Handel verderben. Da der Plural dieser individuellen Bedeutung ungeachtet nicht üblich ist, so druckt man denselben durch doppelten, dreyfachen Handel u. s. f. durch Arten des Handels oder vermittelst anderer Ausdrücke aus. 2) Bey- nahe noch häufiger wird es, so wie das Wort Handlung, als ein Collectivum gebraucht, mehrere Geschäfte dieser Art, so wohl bey einzelnen Personen, wenn eise solche Verwechselung der Waaren bey ihnen ein Gewerbe ist, als auch in Rücksicht ganzer Orte, Provinzen u. s. f. auszudrucken; der Kaufhandel, Handelt treiben. Mit etwas Handel treiben. Die mit Schiffen auf dem Meere führen, und trieben ihren Handel in großen Wassern, Pf. 107, 23. Hollands Handel ist seit einiger Zeit gar sehr gefallen. Frankreich sucht dem Handel in seinen Staaten wieder aufzuhelfen. Der Handel mit Wechselbriefen. In einigen Zusammensetzungen wird es auch von der Handlungswissenschaft gebraucht. Den Glashandel, den Tuchhandel, den Eisenhandel, den Spezereyhandel lernen. S. Handlung. Der in dieser ganzen Bedeutung ungewöhnliche Plural kommt noch Ezech. 27, 9 vor. Alle Schiffe im Meer und Schiffleute fand man bey dir (in Tyrus) die hatten ihre Händel in dir. 2. Eine Schlägerey, eine Handlung, wo zwey oder mehrere mit einander handgemein werden; wo es nur im Plural gebraucht wird. Händel mit jemanden bekommen. Händel anfangen. Daraus werden Händel entstehen. Händel suchen. In weiterer Bedeutung, ein jeder Streit, Zank oder "Zwist"; gleichsam am häufigsten im Plural. Händel mit jemanden haben, bekommen. Sich Händel zuziehen. Einem Händel machen, ihm "Zwist" mit andern erwecken. Ich will ihm nachgehen, er möchte sonst gar zu große Händel anrichten, Gell. Besonders, ein Streit vor Gericht, ein Prozeß, wo es auch im Singular üblich ist; ein Rechtshandel. Wenn jemand einen Handel hatte, daß er zum König vor Gericht kommen sollte, 2 Sam. 15, 2. Einen Handel beylegen, ausmachen, schlichten, entscheiden. Sich aus Handel ziehen. S. Handel *. 3. In der weitesten Bedeutung, eine jede Begebenheit, eine jede Reihe zusammen gehörige Veränderungen; doch am häufigsten nur noch im nachtheiligen oder verächtlichen Verstande. Daß David gethan hatte, das dem Herrn wohl gefiel - ohne in dem Handel mit Uria, 1 Kön. 15, 5. Ein toller, ein verwirrter Handel. Verwirrte Händel wieder in das Reine bringen. Allerley böse Händel anfangen. Man hat mir den ganzen Handel erzählet. Bav ist es, der den ganzen Handel angesponnen hat. Sich in fremde Händel mischen. Du hast mir den ganzen Handel verderbt. Lose Händel, schlimme Händel, Diebshändel. Das ist ein anderer Handel, eine andere Sache. Von guten oder doch gleichgültigen Begebenheiten ist es im Hochdeutschen nur im gemeinen Leben üblich; daher man für Reichshändel, Staatshändel, lieber Reichsgeschäfte oder Reichshandlungen, Staatsgeschäfte, Staatssachen u. s. f. sagt; ob es gleich in der Deutschen Bibel noch für eine jede Angelegenheit und Handlung, auch in guten Verstande vorkommt. David setzte sie über die Rubeniter - zu allen Händeln Gottes und des Königs, 1 Chron. 27, 32. Die Priester und Leviten sind willig und weise zu allen Ämter, dazu die Fürsten, und alles Volk zu allen deinen Händeln, Kap. 29, 21. Das Werk lobet den Meister und einen weisen Fürsten seine Händel, Sir. 9, 24.


Händelkraut (W3) [Adelung]


Das Händelkraut, S. Händleinkraut.


Handeln (W3) [Adelung]


Handeln, verb. reg. welches in doppelter Gestalt vorkommt. I. * Als ein Activum, wo es eigentlich oft mit der Hand berühren, mit der Hand bearbeiten bedeutete, tractare; in welchem längst veralteten Verstande hantalon noch in den Monseeischen Glossen vorkommt. In weiterer und figürlichen Bedeutung gebrauchte man es hernach theils für bearbeiten, theils auch für begegnen, so fern solches sich gegen jemanden betrage bedeutet. Mih sus ni hantoloti, daß er mir nicht so begegnete, Ottfr. Sol man ez handeln, Schwabensp. Die Egypter handelten uns und unsere Väter übel, 4 Mos. 20, 15; 5 Mos. 26, 6. Ingleichen für handhaben. Als die heiligen Kinder der Frommen dir opferten im Verborgenen und handelten das göttliche Gesetz einträchtig, Weish. 18, 9. Nach ihrem Mund sollen alls Sachen und alle Schäden gehandelt werden, 5 Mos. 21, 5. In welchen gleichfalls veralteten Bedeutungen im Hochdeutschen behandeln üblich ist. Mißhandeln und verhandeln sind gleichfalls noch in thätiger Gestalt gangbar. II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert. 1. Handel; treiben. So wohl in einzelnen Fällen, etwas an sich handeln, es käuflich oder durch eine Tausch an sich bringen, S. auch Erhandeln, Abhandeln, Einhandeln. Als auch, und zwar am häufigsten, aus dem Kauf und Verkaufen um des Gewinnes willen, aus der Verwechselung einer oder mehrerer Waaren um Gewinnes willen, ein Geschäft machen. Handelnde Handwerker. Mit Wein, mit Leder, mit Eisenwaaren, mit seidenen Waaren, mit Galanterie-Waaren, mit Kohlen, mit Käse, mit Butter u. s. f. handeln. Ins Große, im Großen, im Ganzen handeln. Stückweise, im Kleinen handeln. Mit Rauchwerk nach Italien handeln. Nach Hollands, nach Ostindien handeln. Mit jemanden handeln. 2. Unterhandlung pflegen. 1) Wegen des Preises einer Sache, welches durch Biethen und Gegenbiethen geschiehet. Um eine Waare handeln. Sehr genau handeln, im gemeinen Leben dingen. Ein Kaufmann läßt sich handeln, wenn er dem Gebothe des Käufers nachgibt. Daher sagt man auch figürlich von einem Menschen, er lasse sich handeln, wenn er biegsam, nachgebend ist. In einigen Fällen auch, einen Handel schließen. Wir haben auf bar Geld gehandelt. Was gehandelt ist, ist gehandelt, ein geschlossener Handel muß gehalten werden. 2) In weiterer Bedeutung, auch von einer jeden andern Sache, wofür doch unterhandeln üblicher ist. Mit jemanden handeln, mit ihm wegen einer Sache einig zu werden suchen. Wegen der Übergabe eines Platzes handeln. Vom Frieden zu handeln, 1 Macc. 7, 10. 3. Von etwas handeln, es zum Gegenstande einer Rede oder Schrift haben. Eine biblische Stelle, welche von der Dreyeinigkeit handelt, oder worin von der Dreyeinigkeit gehandelt wird. In einer Rede von der Großmuth handeln. Aber, Reden zwischen sich handeln, Luc. 24, 17, halten, wechseln, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. 4. Mit jemanden handeln, sich gegen ihn betragen, mit ausdrücklicher Meldung der Art und Weise, wird nur noch in der höhern Schreibart gebraucht. Du hast mit mir gehandelt, nicht wie man handeln soll, 1 Mos. 20, 9. Sollten sie denn mit unserer Schwester als mit einer Huren handeln? Kap. 24, 31. Handle mit deinem Knecht nach deiner Gnade, Ps. 119, 124. Er handelt nicht mit uns nach unsern Sünden, Ps. 103, 10. Wo es ehedem oft auch in weiterer Bedeutung gebraucht wurde, mit jemanden umgehen, Gemeinschaft mit ihm haben. Will sie nicht friedlich mit dir handeln, 5 Mos. 20, 12. Handle ich denn mit einem Menschen? Hiob 21, 4, habe ich denn mit einem Menschen zu thun? Wenn ein Weiser mit einem Narren zu handeln kommt, Sprichw. 29, 10. 5. In der weitesten Bedeutung, etwas thun oder zu thun sich bestreben, thätige Veränderungen hervor bringen oder hervor zu bringen suchen, und zwar nicht bloß äußere, wozu man die Hände nöthig hat, sondern thätige Veränderungen aller Art, sein Vermögen zu wirken an- wenden. Seinem Amt gemäß handeln. Nach der Billigkeit handeln. Wider ein Gesetz, wider eines Befehl, wider die Freundschaft handeln. Gott handelt allezeit untadelhaft. Unbekümmert um ihren Vorzug handeln sie (die Demuth) freymüthig, Gell. Auch nicht die Armuth selbst sollte mich abhalten, redlich zu handeln, Dusch. Nur in der thätigen Gattung ist es im Hochdeutschen veraltet, obgleich diese mehrmahls in der Deutschen Bibel vorkommt. Dieser aber hat nichts Ungeschicktes gehandelt, gethan, begangen, Luc. 23, 41. Ihr sollt nichts Unbedächtiges handeln, Apostelg. 19, 36. Daher die Handlung, S. solches hernach besonders.

Anm. Handeln, im Angels. handlian, im Engl. to handle, im Schwed. handla, ist das Iterativum von einem veralteten Zeitworte handen, mit der Hand berühren, welches noch in dem Schwed. hanna übrig ist.


Handelsbediente (W3) [Adelung]


Der Handelsbediente, des -n, plur. die -n, der Bediente eines Handelsmannes, so fern er zur Handlung gebraucht wird; ein Handelsdiener.


Handelsbuch (W3) [Adelung]


Das Handelsbuch, Handlungsbuch, des -es, plur. die -bücher. 1) Das Rechnungsbuch eines Handelsmannes. In engerer Bedeutung, dasjenige Buch eines Handelsmannes, worin er die Einnahme und Ausgabe mir genauer Bemerkung der Zeit verzeichnet. 2) In den Gerichten, ein Buch, in welches alle vorgefallene Geschäfte und Verhandlungen eingetragen werden.


Handelschaft (W3) [Adelung]


Die Handelschaft, plur. inus. der Handel, die Handlung, das Gewerbe welches durch Verwechselung der Waaren um Gewinnes willen und als ein Geschäft getrieben wird. Handelschaft treiben, handeln. Die Handelschaft blühete in Carthago. Es fängt im Hochdeutschen an zu veralten; wenigstens wird es seltener gebraucht, als Handel und Handlung, und wo es ja vorkommt, so geschiehet es, wie schon Hr. Stosch bemerket, nur von größern Kaufleuten.


Handels-Collegium (W3) [Adelung]


Das Handels-Collegium, des -gii, plur. die -gia, ein zum Behuf der Handlung eines Ortes niedergesetztes Collegium.


Handelsdiener (W3) [Adelung]


Der Handelsdiener, des -s, plur. ut nom. sing. der Diener in einer Handlung; ein Handelsbediener.


Handelsfrau (W3) [Adelung]


Die Handelsfrau, plur. die -en, S. Handelsherr.


Handelsfreyheit (W3) [Adelung]


Die Handelsfreyheit, plur. die -en, die Freyheit, einen Handel, d. i. Kaufhandel, zu treiben; ohne Plural. Ingleichen eine jede Freyheit, welche Handlung treibenden Personen an einem Orte verstattet wird.


Handelsgenoß (W3) [Adelung]


Der Handelsgenoß, des -ssen, plur. die -ssen, der mit einem andern in Gesellschaft handelt; im gemeinen Leben ein Compagnon, im Oberdeutschen ein Handelsgesell.


Handelsgericht (W3) [Adelung]


Das Handelsgericht, des -es, plur. die -e, ein Gericht, in welchem nur Handelssachen auf das kürzeste untersucht und entschieden werden. S. Gastgericht.


Handelsgesellschaft (W3) [Adelung]


Die Handelsgesellschaft, plur. die -en. 1) Als ein Abstractum und ohne Plural, die Gesellschaft oder gegenseitige Verbindung zweyer oder mehrerer, auf gemeinschaftlichen Gewinn und Verlust zu handeln; eine Handlungs-Compagnie. 2) Als ein Concretum, die auf solche Art verbundenen Personen selbst, als ein Ganzes betrachtet.


Handelsgewicht (W3) [Adelung]


Das Handelsgewicht, des -es, plur. inus. eine Art leichten Gewichtes, nach welchem die Handelsleute und Krämer ihre Waaren zu verkaufen pflegen, das Kramergewicht; zum Unterschiede von dem schwerern Fleischergewichte.


Handelsgewölbe (W3) [Adelung]


Das Handelsgewölbe, des -s, plur. ut nom. sing. ein Gewölbe, so fern es zur Handlung, d. i. zum Kauf und Verkauf der Waaren gebraucht wird.


Handelshaus (W3) [Adelung]


Das Handelshaus, des -es, plur. die -häuser, eine figürliche Benennung eines ansehnlichen Kaufmannes und seiner Handlung.


Handelsherr (W3) [Adelung]


Der Handelsherr, des -en, plur. die -en, ein ansehnlicher, großer Kaufmann, der eine weitläuftige und wichtige Handlung hat. Oft pflegt man die Ausdrücke Kauf- und Handelsherr mit einander zu verbinden. Fämin. die Handelsfrau.


Handelsleute (W3) [Adelung]


Die Handelsleute, plur. inus. S. das folgende.


Handelsmann (W3) [Adelung]


Der Handelsmann, des -es, plur. die -männer, oder die Handelsleute, ein jeder, der aus dem Kaufhandel sein vornehmstes Geschäft macht, ein Kaufmann. Man pflegt beyde Ausdrücke oft mit einander zu verbinden, ein Kauf- und Handelsmann. In engerer Bedeutung werden die Grossierer, oder solche Kaufleute, welche nur im Ganzen handeln, Handelsmänner oder Handelsleute genennet, zum Unterschiede von den Kaufleuten im Kleinen oder den Krämern. S. Handelsherr. In einer andern Bedeutung sind Handelsleute im gemeinen Leben Personen, welche mit einander einen Handel schließen. Können wir nicht Handelsleute werden? nicht wegen dieses Handels einig werden?


Handelsplatz (W3) [Adelung]


Der Handelsplatz, des -es, plur. die -plätze, eine Stadt, in welcher eine blühende Handlung im Großen, und ein ansehnliches Wechselgeschäft getrieben wird. S. Platz.


Handelsrecht (W3) [Adelung]


Das Handelsrecht, des -es, plur. die -e. 1) Eine Gerechtsame, ein Befugniß des Kaufhandels, und der handelnden Personen. 2) Das Recht zu handeln; ohne Plural. 3) Das Recht in Handelssachen, und der ganze Umfang der in Handelssachen gegebenen Gesetze.


Handelssache (W3) [Adelung]


Die Handelssache, plur. die -n, eine Sache, besonderes eine Streitsache, welche unmittelbar den Kaufhandel betrifft.


Handelsschiff (W3) [Adelung]


Das Handelsschiff, des -es, plur. die -e, ein Schiff, welches zunächst zur Handlung gebraucht wird, zum Unterschiede von einem Kriegsschiffe.


Handelsstadt (W3) [Adelung]


Die Handelsstadt, plur. die -städte, eine Stadt, in welcher eine ansehnliche Handlung im Großen getrieben wird.


Handelsverwalter (W3) [Adelung]


Der Handelsverwalter, des -s, plur. ut nom. sing. im Oberdeutschen, eine Person, welche einer Handlung im Nahmen eines andern vorstehet, und im Hochdeutschen gemeiniglich ein Factor genannt wird.


Handelszeichen (W3) [Adelung]


Das Handelszeichen, des -s, plur. ut nom. sing. das Zeichen, womit ein Handelsmann seine Waaren bezeichnet.


Handfahrt (W3) [Adelung]


Die Handfahrt, plur. die -en, im Bergbaue die Fahrt in einen Schacht vermittelst der Leitern, welche auch die Mannsfahrt genannt wird; zum Unterschiede von der Fahrt in Tonnen. S. Fahrt.


Handfaß (W3) [Adelung]


Das Handfaß, des -sses, plur. die -fässer. 1) Ein Faß, d. i. ein Gefäß, worin das zum Waschen der Hände nöthige Wasser aufbehalten wird, um es daraus auf die Hände zu gießen; das Gießbecken. 2) Dasjenige Gefäß, woraus oder worin man die Hände wäschet; eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutung, in welcher dieses Wort 2 Mos. 30, 18, Kap. 38, 8, Kap. 40, 11, 30 vorkommt. 3) Ein kleines oben offenes Faß im Hüttenbaue und gemeinen Leben, an welchem zwey Stäbe hervorragen und mit Löchern versehen sind, es bequem mit den Händen tragen zu können.


Handfäustel (W3) [Adelung]


Der Handfäustel, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, der gewöhnliche Fäustel oder Hammer der Bergleuten, welcher drey Pfund schwer ist, und mit Einer Hand geführet wird. S. Fäustel.


Handfeile (W3) [Adelung]


Die Handfeile, plur. die -n, bey den Metallarbeitern, kleinere Feilen, welche mit der bloßen Hand geführet werden, zum Unterschiede von den Armfeilen u. s. f.


Handfessel (W3) [Adelung]


Die Handfessel, plur. die -n, Fesseln, welche an die Hände eines Gefangenen gelegt, und auch Handeisen, das Handge- schmeide, und Handschellen genannt werden; zum Unterschiede von den Fußfesseln. S. Fessel.


Handfest (W3) [Adelung]


Handfest, -er, -este, adj. et adv. 1) Stark von Leibeskräften, im gemeinen Leben. Ein großer handfester Kerl. Gleichsam den eine feste, gewisse Hand hat. 2) Einen Übelthäter handfest machen, in der Gerichtssprache, ihn in Verhaft nehmen, wo es nur als ein Nebenwort üblich ist. Im Oberdeutschen hat man auch die Handfestung für Verhaftnehmung. Eben daselbst ist dieses Wort auch noch für gewiß, zuverlässig üblich. Einen Kauf handfest machen, indem man etwas darauf gibt.


Handfeste (W3) [Adelung]


* Die Handfeste, plur. die -n, ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, womit man ehedem nicht nur eine Handschrift oder Obligation, sondern auch eine jede schriftliche Urkunde bezeichnete; Schwed. Fastebref. S. Feste. Im mittlern Lat. auch Manufirma. Eigentlich bedeutete dieses Wort eine jede Sicherheit oder Versicherung, welche man mit seiner Hand gab, daher auch die Eindrückung des Daumens in ein an die Urkunde gehängtes Wachs, welches zuweilen die Stelle des Siegels vertrat, die Handfeste oder Daumenfeste genannt wurde. Das Schwed. Handfaestning bedeutet den Handschlag.


Handfrohne (W3) [Adelung]


Die Handfrohne, plur. die -n, Frohndienste, welche mit der bloßen Hand geleistet werden; zum Unterschiede von den Spann- und Fußfrohnen. Daher der Handfröhner, des -s, plur. ut nom. sing. der zu solchen Frohnen verbunden ist. Siehe Handdienst.


Handgaul (W3) [Adelung]


Der Handgaul, des -es, plur. die -gäule, S. Handpferd.


Handgehörn (W3) [Adelung]


Das Handgehörn, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, ein Gehör oder Hirschgeweih, welches oben in der Krone breit und mit kurzen Enden versehen ist, so daß es einer Hand gleicht; das Handgeweih, Schaufelgeweih, Schaufelgehörn.


Handgeld (W3) [Adelung]


Das Handgeld, des -es, plur. von mehrern Summen dieser Art, die -er. 1) Dasjenige Geld, welches man jemanden auf die Hand, d. i. zur Sicherheit eines geschlossenen Vertrages, gibt, indem dadurch beyde Theile gebunden und verpflichtet werden; Daraufgabe, Angeld, Ein Soldat, welcher angeworben wird, bekommt Handgeld; in welchem Falle es ehedem Laufgeld genannt wurde. Nach den verschiedenen Arten der Verträge, ingleichen nach den verschiedenen Gegenden, bekommt dieses Geld auch verschiedene Nahmen. Geld, welches man dem Gesinde bey dessen Miethung auf die Hand gibt, wird im Hochdeutschen Miethgeld, im Nieders Medelgeld, Bierkauf, Gottesgeld, in andern Gegenden Haftgeld u. s. f. genannt. 2) Im Handel und Wandel, das erste Geld, welches ein Krämer oder Verkäufer an einem Tage löset. Noch kein Handgeld gelöset haben. Auch der Handkauf.


Handgelenk (W3) [Adelung]


Das Handgelenk, des -es, plur. die -e, das Gelenk an der Handwurzel.


Handgelöbniß (W3) [Adelung]


Das Handgelöbniß, des -sses, plur. die -sse, der feyerliche Handschlag, welcher zur Sicherheit eines Versprechens gethan wird. Besonders bey Huldigungen, das Versprechen der Treue vermittelst des Handschlages; die Handtreue, das Handgelübde, die Handpflicht. Das Handgelöbniß thun. An einigen Orten wird auch die Verlobung oder das Eheverlöbniß das Handgelöbniß genannt.


Handgelte (W3) [Adelung]


Die Handgelte, plur. die -n, eine kleine Gelte mit einer Handhabe, Wasser damit aus Kesseln, Pfannen u. s. f. zu schöpfen, welche auch die Schöpfgelte genannt wird.


Handgelübde (W3) [Adelung]


Das Handgelübde, des -s, plur. ut nom. sing. S. Handgelöbniß.


Handgemein (W3) [Adelung]


Handgemein, adv. Handgemein werden, sich mit den Händen balgen oder streiten und in weiterer Bedeutung auch in der Nähe fechten. Die Truppen werden handgemein, wenn sie Degen, Säbel und kleineres Gewehr wider einander gebrauchen Im mittlern Lat. manualiter pugnare, Franz. en venir aux mains. S. das folgende.


Handgeschmeide (W3) [Adelung]


Das Handgeschmeide, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Geschmeide, die Hände damit zu zieren. Ein Handgeschmeide echter Perlen, Hermes. 2) An einigen Orten auch eine Benennung der Handfesseln, zum Unterschiede von dem Fußgeschmeide. S. Geschmeide.


Handgewehr (W3) [Adelung]


Das Handgewehr, des -es, plur. die -e, das kleine Schießgewehr der Soldaten, zum Unterschiede des größern Geschützes. Man gebraucht es so wohl von einzelnen Stücken, als auch als ein Collectivum im Singular. Mit dem Handgewehre oder mit den Handgewehren auf den Feind feuern.


Handgeweih (W3) [Adelung]


Das Handgeweih, des -es, plur. die -e, S. Handgehörn.


Handgraf (W3) [Adelung]


Der Handgraf, des -en, plur. die -en, ein in einigen Oberdeutschen Gegenden übliches Wort, welches einen Vorgesetzten in Handelssachen zu bezeichnen, und aus Handelsgraf zusammen gezogen zu seyn scheinet. So befindet sich in Wien ein kaiserlich-königliches Handgrafenamt, welchem ein adeliger Handgraf vorgesetzet ist, und welches die Zölle oder Aufschläge von den Waaren einzunehmen hat. In Spangenb. Adelssp. ist Handgraf so viel als Ober-Marktmeister. S. Hansgraf.


Handgranate (W3) [Adelung]


Die Handgranate, plur. die -n, kleinere Granaten, welche mit der bloßen Hand geworfen, und auch nur Granaten schlechthin genannt werden; zum Unterschiede von den größern, welche jetzt Bomben heißen. Man wirft sie auch aus kleinen Mörsern, welche daher Handmörser, ingleichen Hakenmörser genannt werden.


Handgreiflich (W3) [Adelung]


Handgreiflich, -er, -ste, adj. et adv. was sich mit den Händen greifen, d. i. fühlen und empfinden lässet; doch nur im figürlichen Verstande, unmittelbar in die Sinne fallend, ingleichen, sehr leicht zu begreifen. Eine handgreifliche Nothwendigkeit. Der Nutzen hat sich seit dem noch handgreiflicher gezeigt. Die handgreiflichsten Unwahrheiten. Bey dem Opitz nur greiflich. Das Lat. manifestus kommt genau damit überein, wo die letzte Hälfte zu fassen zu gehören scheinet.


Handgriff (W3) [Adelung]


Der Handgriff, des -es, plur. die -e. 1) * Ein Griff mit der Hand, und so viel als man mit einem Griffe fassen kann; in welcher veralteten Bedeutung Handgriff für eine Hand voll im Isidor vorkommt. Im Schwed. Handgreep der Handschlag. 2) Figürlich, die Art und Weise ein Werkzeug zu handhaben, und in engerer und gewöhnlicher Bedeutung, die geschickteste, bequemste Art der Handhabung eines Werkzeuges. Einem alle Handgriffe zeigen. Es ist nichts zu schwer, wenn man nur den rechten Handgriff weiß. Nieders. Lucht oder Lust, vermuthlich von lüften, heben. Bey den Soldaten sind die Handgriffe, Franz Manoeuvres, die Art und Weise, das Gewehr zu handhaben. Die Handgriffe machen, manoeuvriren. 3) Derjenige Theil eines Dinges, woran man dasselbe angreifet, welcher auch nur der Griff genannt wird. Dergleichen ist der Handgriff an einer Thür, oder derjenige Theil, woran man sie fasset, wenn man sie zuziehet. Nieders. Grepel, Handgrepel. S. Handhabe.


Handgucker (W3) [Adelung]


Der Handgucker, des -s, plur. ut nom. sing. im Scherze, ein Chiromant, der aus den Linien in der Hand wahrsaget. S. Gucken.


Handhabe (W3) [Adelung]


Die Handhabe, plur. die -n, derjenige Theil eines Gefäßes oder Werkzeuges, der ausdrücklich dazu bestimmt ist, dasselbe dabey zu haben oder zu halten, oder auch es daran aufzuheben, daher es in manchen Gegenden auch die Handhebe lautet. Ein Krug mit zwey Handhaben. Die Handhabe einer Feile, einer Ahle, eines Messers u. s. f. wofür im gemeine Leben bald Heft, bald aber auch Griff üblich ist; wie man die gebogenen Handhaben in Gestalt eines Öhres an Töpfen u. s. f. auch Henkel nennet. Im Nieders. Hantel, im Oberd. auch Häul, welches gleichfalls von haben abstammet.


Handhaben (W3) [Adelung]


Handhaben, verb. reg. act. 1. Eigentlich, in der Hand führen, mit der Hand bewegen und regieren. Ein Werkzeug handhaben, es in der Hand führen und vermittelst derselben regieren. Nieders. handhaven, behandhaven, welches auch in weiterer Bedeutung für behandeln, bearbeiten gebraucht wird. Ein handhabendes Pfand, für ein Pfand, welches man in Händen hat, ist nicht nur niedrig, sondern auch fehlerhaft, weil das thätige Mittelwort der gegenwärtigen Zeit hier sehr am unrechten Orte stehet. Im Isländ. ist Handhave der Besitzer. 2. Figürlich. 1) Ausüben, verwalten. Die höchste Gewalt handhaben, ausüben. Die Sacramente handhaben, verwalten, austheilen. Der Wort nicht handhaben, Nehem. 5, 13, hält, erfüllet. Wohl dem, der das Gesetz handhabet, Sprichw. 29, 18. Noch mehr, 2) auf die Beobachtung und Ausübung von andern bringen und halten, gleichsam die Hand über etwas haben. Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . David handhabete Gerichte und Gerechtigkeit all seinem Volke, 1 Chron. 19, 14. Daß du Recht und Redlichkeit handhabest, 2 Chron. 9, 8. Sie sind Gottes Diener, die solchen Schutz sollen handhaben, Röm. 13, 6. Jemanden bey seinen Rechten handhaben, d. i. schützen. Im Oberdeutschen sagt man auch, eine Meinung handhaben, d. i. vertheidigen; einen Garten handhaben, ihn bearbeiten, u. s. f. So auch die Handhabung.

Anm. Im Schwed. handhafwa, im mittlern Lat. manutenere, Franz. maintenir, welche insgesammt schützen, so wie Manutentia im mittlern Lat. Schutz bedeutet. Haben wird in dieser Zusammensetzung regulär abgewandelt, welches auch von bescheinen, für bescheinigen, bewillkommen, rathschlagen, veranlassen, willfahren u. a. m. gilt, deren Stammwörter gleichfalls irregulär gehen. Das Augmentum ge kommt von dem Worte zu stehen; gehandhabet, nicht handgehabet.


Handhaft (W3) [Adelung]


* Handhaft, adj. welches im Hochdeutschen veraltet ist. Ehedem sagte man, jemanden auf handhafter That ergreifen, auf frischer That. Handthätig war in eben demselben Verstande üblich.


Handhebe (W3) [Adelung]


Die Handhebe, plur. die -n, S. Handhabe.


Handkäse (W3) [Adelung]


Der Handkäse, des -s, plur. ut nom. sing. kleine Käse, welche in der bloßen Hand geformet werden; zum Unterschiede von den großen. Nieders. Brickenkäse, von Bricke, ein kleines Bret.


Handkauf (W3) [Adelung]


Der Handkauf, des -es, plur. inus. 1) Der Verkauf einer Waare aus freyer Hand, oder nach der Hand, d. i. nach muthmaßlicher Bestimmung ihres Gewichtes, oder ihres Maßes; im Gegensatze des Verkaufes nach dem Gewichte oder Maße. 2) Der Kauf oder Verkauf im Kleinen, im Gegensatze des Kaufes oder Verkaufes im Ganzen. So ist der Handkauf des Silbers, in den Münzen, wenn man es in allerley Bruchstücken und Kleinigkeiten einkauft; zum Unterschiede desjenigen Silbers, welches die Lieferanten liefern. 3) Dasjenige Geld, welches zuerst aus einer Waare gelöset wird, nachdem sie feil gebothen worden, ingleichen das erste Geld, welches ein Krämer oder Verkäufer an einem Tage löset; das Handgeld.


Handkorb (W3) [Adelung]


Der Handkorb, des -es, plur. die -körbe. 1) Ein kleiner Korb, welchen man in der Hand oder an der Hand träget; zum Unterschiede von einem Tragekorbe, der auf dem Rücken getragen wird. 2) An großen Relterdegen, ein Flechtwerk von Draht oder Gitterwerk von Metall am Griffe, die Hand zu bedecken.


Handkrause (W3) [Adelung]


Die Handkrause, plur. die -n, eine an das Ende des Hemdärmels befestigte Krause, die Hand damit zu zieren; Franz. Manchette, welchen Französischen Ausdruck man sehr füglich hätte entbehren können. Man nennet sie im Oberdeutsch, auch Handblätter, Tatzen, Handärmel, Pranghadern, (dieß vielleicht nur im Scherze,) und im Nieders. Panetten, Handpanetten, aus dem Franz. Poignets, Lobben, Krusedullen, Krusodillen.


Handkuß (W3) [Adelung]


Der Handkuß, des -sses, plur. inus. die Handlung, da man einem andern die Hand küsset. Zum Handkusse gelassen werden. Jemanden zum Handkusse lassen.


Handlangen (W3) [Adelung]


Handlangen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, Handwerksleuten die nöthigen Bedürfnisse mit der Hand zulangen, ihnen die nöthige Handreichung thun; dergleichen Handreichung besonders die Zimmerleuten und Maurer nöthig haben. Daher der Handlanger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Arbeiter, der dazu gedinget ist; in Albert Lex. von 1540 ein Obermann, Oberknecht, im Oberd. auch ein Handreicher.


Handleder (W3) [Adelung]


Das Handleder, des -s, plur. ut nom. sing. ein starkes Leder, womit die Schuster und andere Handwerker die Hand in manchen Fällen vor der Beschädigung verwahren.


Handlehen (W3) [Adelung]


Das Handlehen, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden. 1) Ein Erblehen, welches auch auf das weiblich Geschlecht vererbet werden kann. 2) Ein Lehen, welches man unmittelbar von dem Lehensherren selbst erhalten hat; Im Gegensatze eines Afterlehens.


Händleinschwamm (W3) [Adelung]


Der Händleinschwamm, des -es, plur. die -schwämme, ein Nahme, welchen an einigen Orten der Rehling führet, S. dieses Wort.


Händleinwurzel,Händelwurzel (W3) [Adelung]


Die Händleinwurzel, oder Händelwurzel, plur. die -n, ein Nahme des Knabenkrautes, weil die Wurzel einige Ähnlichkeit mit einer Hand mit fünf Fingern hat.


Handleiter (W3) [Adelung]


Der Handleiter, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Handleiterinn, plur. die -en, eigentlich eine Person, welche eine andere unvermögende an der Hand leitet oder führet; ein Führer. Elymas, da er blind war, suchte Handleiter, Apostelg. 13, 11. Figürlich, der einen andern unterrichtet, sein Verhalten durch Unterricht und guten Rath bestimmet.


Handleitung (W3) [Adelung]


Die Handleitung, plur. die -en, welches aus der R. A. an der Hand leiten gebildet ist, und so wohl eigentlich als auch figürlich gebraucht wird, die Ertheilung des Unterrichts, guten Rathes u. s. f. ohne Plural. Die menschliche Vernunft hat die Unterstützung und Handleitung der Offenbarung vonnöthen, Gell. Ingleichen dieser Unterricht selbst, und eine Schrift, welche sie enthält; Lat. Manuductio.


Händler (W3) [Adelung]


Der Händler, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Händlerinn, plur. die -en, von dem Zeitworte handeln. 1) Eine Person, welche Handel treibet, d. i. ein Geschäft daraus macht, Waaren um Gewinnes willen zu kaufen und zu verkaufen; ein Handelsmann. Deine Händler kommen um, Ezech. 27, 27. Mehr Händler haben, denn Sternen sind, Nahum. 3, 16. In dieser Gestalt ist es nur noch im Oberdeutschen üblich. Im Hochdeutschen gebraucht man es nur in den Zusammensetzungen Buchhändler, Eisenhändler, Kornhändler, Tuchhändler u. s. f. 2) In weiterer Bedeutung ist in einigen Oberdeutschen Gegenden Handler die Benennungen eines Beamten, vielleicht eines Rechnungsbeamten. So hat der Stadt Wien Pupillen-Raitkammer einen Ober-Raithandler und verschiedene untere Raithandler. Das dasige erzbischöfliche Zehentamt bestehet aus einem Ober-Zehenthandler und drey Zehenthandlern.


Handleuchter (W3) [Adelung]


Der Handleuchter, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleiner Leuchter, welcher statt des Fußes eine Schale mit einem Handgriffe hat, ihn in der Hand herum zu tragen.


Handlich (W3) [Adelung]


Handlich, -er, -ste, adj. et adv. welches nur im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, üblich ist, was sich ohne Mühe mit der Hand oder mit den Händen regieren oder handhaben lässet. Figürlich, mittelmäßig groß, schwer u. s. f. Ein handlicher Stein. In noch weiterer Bedeutung, für mittelmäßig, erträglich überhaupt. Es gehet noch so handlich, so leiblich. Ingleichen für billig, der sich leicht handeln lässet. Der Mann ist noch handlich genug. Im Oberdeutschen hingegen wird handlich für handfest, beherzt, tapfer gebraucht.


Handlohn (W3) [Adelung]


Der Handlohn, des -es, plur. von mehreren Arten oder Summen, die -löhne. 1) Derjenige Lohn, welchen man mit Handarbeiten verdienet, und welcher entweder Tagelohn ist, oder im Verdinge bezahlet wird. 2) In einigen Gegenden, z. B. im Culmbachischen, dasjenige Geld, welches bey einem Lehensfalle, er trage sich nun in der obern oder in der untern Hand zu, dem Lehensherren entrichtet wird; die Lehenwaare, S. dieses Wort. Er wird auch die Handlöse oder Handlosung genannt. Hand kann hier entweder die gesammte Hand, oder die Person so wohl des Lehensherren, als auch des Lehensmannes, oder auch den Besitz bedeuten. Man hat verschiedenen Arten dieses Handlohnes. Den Handroßhandlohn bezahlt der Erbe, wenn es das Gut nicht selbst bewohnet, sondern es als ein Nebengut in das Hauptgut einbauet, und es gleichsam als ein Handroß oder Handpferd führet. Der Erbehandlohn wird von dem entrichtet, der ein solches Gut erbet; der Sterbehandlohn wird gleich nach dem Tode des Besitzers entrichtet, und beträgt den 20sten oder 30sten Theil des Gutes; in Kauf- und Tauschfällen bezahlet der neue Besitzer den Kauf- oder Tauschhandlohn; eine Person weiblichen Geschlechtes, welche ein solches Gut besitzet, und es dem Ehemann zuschreiben lässet, ist zu dem Bestehhandlohne verbunden u. s. f. Daher handlohnbar oder handlöhnig, adv. et adv. zum Handlohne verpflichtet; verhandlohnen, den Handlohn erlegen.


Handlöse (W3) [Adelung]


Die Handlöse, plur. die -n, oder Handlosung, plur. die -en, S. das vorige.


Handlung (W3) [Adelung]


Die Handlung, plur. die -en, von dem Zeitworte handeln. 1. In dessen ersten Bedeutung, dasjenige Geschäft, da man Waaren um Gewinnes willen kaufet und verkaufet. 1) Eigentlich, und ohne Plural, als ein Collectivum, von mehrern einzelnen dahin gehörigen Geschäften, wo es in der anständigen Sprechart vor dem Worte Handel gern den Vorzug hat. Ein Land in welchem die Handlung blühet. Die Handlung nach Frankreich, nach Ostindien. Die Handlung erlernen. Sich der Handlung widmen. Statt der zusammen gesetzten Weinhandlung, Lederhandlung, Hornhandlung u. s. f. sagt man lieber Weinhandel, Lederhandel u. s. f. 2) Ein Kaufmann, wo es doch nur von ansehnlichen großen Kaufleuten gebraucht wird, und zunächst den ganzen Umfang ihrer Handlungsgeschäfte bezeichnet; ein Handelshaus. Die Richtersche Handlung in Leipzig. In der Fregischen Handlung Diener seyn. In diesem Verstande sagt man auch eine Weinhandlung, Seidenhandlung, Spezereyhandlung u. s. f. Zuweilen bezeichnet es auch das Recht zu handeln mit den vorräthigen Waaren und Bequemlichkeiten, wo es auch von geringern Anstalten dieser Art gebraucht werden kann. Eine Handlung verkaufen, an sich kaufen. Eine Handlung anlegen, errichten. 2. In weiterer Bedeutung, eine durch Vorstellung bewirkte äußerer einigen Veränderung, einer Bewegung des Leibes, welche von dem Willen herrühret. In diesem Verstande gebraucht man es in den bildenden Künsten, für das Franz. Action, von der Stellung und Unordnung des Körpers und seiner Theile, besonders des Gesichtes, wenn sie dem Gegenstande gemäß ausgedruckt sind. 3. In den Schauspielen ist die Handlung ein Theil des Drama, welche eine Reihen von Veränderungen in sich fasset, welche zusammen genommen ein Ganzes ausmachen; nach dem Latein. Actus, Ital. Atto, Franz. Acte. Man nennet eine solche Handlung auch einen Aufzug, weil bey jeder neuen Handlung gemeiniglich auch der Vorhang aufgezogen wird. In den Schauspielen des 15ten und 16ten Jahrhundertes findet man dafür die Ausdrücke Geschichte, Übung und Wirkung gebraucht. In engerer Bedeutung ist in einem Schauspiele die Handlung, das aus allen zusammen gehörigen Veränderungen entstehende Ganze; und in diesem Verstande verlangt man, daß in einem Schauspiele nur Eine Handlung seyn soll. 4. In der weitesten Bedeutung, eine jede aus einer Vorstellung herrührende eigene Veränderung, die Anwendung seiner Kraft; wo es ein sehr allgemeiner Ausdruck ist, der in den neuern Zeiten vorzüglich üblich geworden. Äußere Handlungen, solche Bewegungen des Leibes. Innere Handlungen, Gedanken der Seele. Freye Handlungen, welche aus freyer Wahl geschehen. Eine gute, eine böse Handlung. In noch weiterer Bedeutung haben einige alle leidentliche Veränderungen mit unter den Nahmen der Handlungen begreifen wollen. Allein, dadurch wird das Bild, welches in diesem Worte lieget, zu sehr aus den Augen gesetzet und verunstaltet; indem handeln so wohl Thätigkeit als Vorsatz mit einschließet. Allenfalls ließen sich noch die ohne unser Bewußtseyn und Vorsatz erfolgenden eigenen Veränderungen, z. B. die Verdauung, hierher rechen, und mit dem Nahmen der natürlichen Handlungen belegen, weil sie wirklich thätig sing., obgleich der Antheil, den unsere Seele daran nimmt, uns noch unbekannt ist.

Anm. In der zweyten, dritten und vierten Bedeutung des Zeitwortes wird es im Hochdeutschen nur in den Zusammensetzungen Unterhandlung, Behandlung, Abhandlung, Verhandlung, Friedenshandlung u. s. f. gebraucht Ob si mih eine gerne siht Was bedarf ich gueter handelunge me, d. i. guter Begegnung, Behandlung, Reinmar der Alte. In der ersten Bedeutung gebraucht man es zwar auch in eben denjenigen Zusammensetzungen, welche man auch mit Handel macht; Handlungsbedienter, Handlungsbuch, Handlungsrecht u. s. f. indessen sind sie doch im täglichen Umgange mit dem ersten Worte häufiger.


Handmahl (W3) [Adelung]


* Das Handmahl, des -es, plur. die -e, ein veraltetes, ehedem aber sehr gebräuchliches Wort. Es bedeutete, 1) ein Handgelöbniß, den Handschlag, und in engerer Bedeutung, ein eheliches Verlöbniß. 2) Das körperliche Zeichen eines Besitzes; von Hand, Besitz. 3) Ein Gericht, wozu der Richter und die Schöppen mit ausgereckter Hand geschworen hatten, und diese Eidesleistung selbst. S. Mahl.


Handmörser (W3) [Adelung]


Der Handmörser, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleiner Mörser, Handgranaten und andere kleine Kugeln daraus zu werfen.


Handmuff (W3) [Adelung]


Der Handmuff, des -es, plur. die -müffe, Dimin. das Handmüffchen, ein kleiner Muff, der bloß die Hände warm erhält; im Oberd. in Stauch, Staucher, Stutzer, Schliefer. Auch kleine mit Rauchwerk gefütterte Handschuhe ohne Finger, pflegt man in gemeinen Leben Handmüffchen zu nennen.


Handmühle (W3) [Adelung]


Die Handmühle, plur. die -n, eine kleine Mahlmühle, welche mit der bloßen Hand in Bewegung gesetzt wird; zum Unterschiede von den Windmühlen, Wassermühlen, Roßmühlen u. s. f. Im Nieders. wo dergleichen Mühlen noch üblich sind, werden sie Quern genannt, Engl. Quern, Angels. Cwearn, S. Quern; im mittlern Lat. Molendinum manuale.


Handmünze (W3) [Adelung]


Die Handmünze, plur. inus. welches im Oberdeutschen am üblichsten ist, kleines oder einzelnes Geld zu bezeichnen, Münze; im Gegensatze des groben oder harten Geldes.


Handochse (W3) [Adelung]


Der Handochse, des -n, plur. die -n, derjenige Ochse, welcher zur linken Hand an dem Pfluge gehet, der Beetochse, weil er immer auf dem Beete gehet; zum Unterschiede von dem Leinochsen.


Handpferd (W3) [Adelung]


Das Handpferd, des -es, plur. die -e, 1) Dasjenige Pferd vor einem Wagen, welches zur rechten Hand des Sattelpferdes ziehet; im Oberd. der Handgaul, das Handroß, Nieders. Handpeerd, welches aber auch figürlich einen Menschen bedeutet, den man zu seinem Dienste stets an der Hand, d. i. in Bereitschaft hat. 2) Ein Reitpferd, welches sich ein Herr durch einen Reitknecht an der Hand nachführen lässet, um sich dessen im Falle der Noth zu bedienen; im mittlern Lateine schon von alten Zeiten her Dextrarius, Destrerius, Dextralis, quia, wie Ugutio sagt, per dextram ducitur.


Handpflicht (W3) [Adelung]


Die Handpflicht, plur. inus. die Verpflichtung vermittelst eines Handschlages. Die Handpflicht leisten. S. Handgelöbiß.


Handpresse (W3) [Adelung]


Die Handpresse, plur. die -n, eine kleine Presse, welche mit der bloßen Hand gehandhabet wird.


Handprotzwagen (W3) [Adelung]


Der Handprotzwagen, des -s, plur. die wägen, im Kriege, ein kleiner Protzwagen, der von Menschenhänden gezogen wird, das Geschütz von einem Orte zum andern zu schaffen, S. Protzwagen.


Handquehle (W3) [Adelung]


Die Handquehle, plur. die -n, ein leinenes Tuch, welches gemeiniglich länger als breit ist, die Hände daran abzutrocknen; das Handtuch, eine Quehle, Nieders. Handdwele, Handrolle, weil sie daselbst über eine Rolle gehänget wird, im Oberd. Hangzwehle. S. Quehle.


Handramme (W3) [Adelung]


Die Handramme, plur. die -n, eine kleine Ramme, welche mit der bloßen Hand geführet wird, Pfähle einzuschlagen, oder auch das Straßenpflas=ter damit fest zu stoßen; die Handrammel, der Handbock, S. Jungfer.


Handregister (W3) [Adelung]


Das Handregister, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, ein Register, welches der Schichtmeister zu seiner Nachricht für sich hält; im Gegensatze der Einlegeregister.


Handreichung (W3) [Adelung]


Die Handreichung, plur. die -en, welches aus der R. A. in die Hand reichen gebildet ist, und eigentlich diejenige Handlung bedeutet, da man einem andern zu dessen Bequemlichkeit die nöthigen Dinge in die Hand reichet. Ingleichen figürlich, die Beförderung der Bequemlichkeit des natürlichen Lebens. Einem Handreichung thun, ihm an die Hand gehen. Jemanden in allen Stücken hülfliche Handreichung leisten. Damit sie mir keine Handreichung thun dürfen, Gell. In der Deutschen Bibel wird es mehrmahls für Almosen, Wohlthaten, gebraucht. Daß ihre Wittwen übersehen wurden in der täglichen Handreichung, Apostelg. 6, 1. Die ihm Handreichung thaten von ihrer Habe, Luc. 8, 3. Zu senden, nachdem er vermochte, eine Handreichung den Brüdern, Apostelg. 11, 29. Ingleichen für Hülfe, Beystand überhaupt. Daß mir dasselbe gelinget, durch Handreichung des Geistes Jesu Christi, Phil. 1, 19. In beyden Fällen ist es im Hochdeutschen veraltet. Im Oberdeutschen ist Handreicher ein Handlanger.


Handrohr (W3) [Adelung]


Das Handrohr, des -es, plur. die -röhre, ein kleineres Rohr, d. i. Feuergewehr, eine Handbüchse; zum Unterscheide von einem größern.


Handrolle (W3) [Adelung]


Die Handrolle, plur. die -n, eine kleine Rolle, die Wäsche damit zu rollen, welche ohne Mühe mit der bloßen Hand gehandhabet wird, und im gemeinen Leben auch eine Mange heißt. In Niedersachsen, wo man die sehr langen Handtücher in den Zimmern zur Zierde noch über Rollen zu hängen pfleget, wird ein solches Handtuch gleichfalls eine Handrolle genannt.


Handroß (W3) [Adelung]


Das Handroß, des -sses, plur. die -sse, S. Handpferd.


Handroßhandlohn (W3) [Adelung]


Das Handroßhandlohn, S. Handlohn.


Handruthe (W3) [Adelung]


Die Handruthe, plur. die -n, die Ruthe, d. i. der lange Stiel an einem Dreschflegel, ingleichen an einer Peitsche.


Handsäge (W3) [Adelung]


Die Handsäge, plur. die -n, eine kleine Säge, welche Eine Person führen kann; zum Unterschiede von den größern Schrotsägen, Klobensägen u. s. f.


Handscharwerk (W3) [Adelung]


Das Handscharwerk, des -es, plur. die -e, ein nur im Oberdeutschen übliches Wort, Handfrohnen zu bezeichnen, S. dieses Wort.


Handschelle (W3) [Adelung]


Die Handschelle, plur. die -n, Schellen, d. i. eiserne Fesseln für die Hand, S. Handfessel.


Handschmitz (W3) [Adelung]


Der Handschmitz, des -es, plur. die -e, in den niedern Schulen, Schmitze, d. i. Streiche mit der Ruthe auf die Hand; Nieders. Handsmete.


Handschraube (W3) [Adelung]


Die Handschraube, plur. die -n, ein Werkzeug der Tortur, die Hände darein zu schrauben; zum Unterschiede von den Bein- und Daumenschrauben.


Handschreiben (W3) [Adelung]


Das Handschreiben, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schreiben eines großen Herren, worin er von sich in der einfachen Zahl spricht; zum Unterschiede von einem Kanzelleyschreiben, worin er sich alle Mahl der Wir bedienet. Das Handschreiben wird von dem Secretär geschrieben, und nur von dem Herren unterschrieben; wodurch es sich noch von einem eigenhändigen Schreiben unterscheidet, als welches ganz von ihm selbst geschrieben wird.


Handschrift (W3) [Adelung]


Die Handschrift, plur. die -en. 1) * Die Züge der Schrift, die Art und Weise zu schreiben in Ansehung der Züge; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung; wofür Hand üblicher ist. Eine gute Handschrift haben, eine gute Hand. 2) Eine geschrieben Schrift, ein geschriebenes Buch, ein Manuscript; im Gegensatze eines gedruckten, welches in engerer Bedeutung ein Buch genannt wird. 3) In engerm Verstande, eine schriftliche Versicherung über ein zu bezahlendes Geld; Chirographum, ein Schuldbrief, eine Schuldverschreibung. Er that ihm dasselbige Geld und nahm eine Handschrift von ihm, Tob. 1, 17. Die Handschrift, so wider uns war, Col. 2, 14. Ehedem Feste, Handfeste.


Handschriftlich (W3) [Adelung]


Handschriftlich, adj. et adv. 1) Geschrieben, im Gegensatze des Gedruckten. Ein Buch, welches nur handschriftlich vor- handen ist, in Handschriften. 2) Mit eigener Hand geschrieben. Sich handschriftlich verpflichten.


Handschuh (W3) [Adelung]


Der Handschuh, des -es, plur. die -e, ein Schuh für die Hand, d. i. eine Bekleidung der Hände, Lederne Handschuhe, gestrickte, seidene, glasirte Handschuhe u. s. f. Handschuhe anziehen. Die Handschuhe ausziehen. Im Schwabenspiegel Haentschuh, im Niedersächs. Handske, Hanske, Hansche, im Schwed. und Dän. Handske. S. Schuh.


Handschuhmacher (W3) [Adelung]


Der Handschuhmacher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerker, welcher vornehmlich lederne Handschuhe verfertiget, und auch ein Beutler genannt wird, von einem Täschner und Senkler aber noch verschieden ist.


Handschwärmer (W3) [Adelung]


Der Handschwärmer, des -s, plur. ut nom. sing. kleine Schwärmer, welche man aus freyer Hand wirft, und welche Hülfen von starken Papiere haben, damit sie nicht in de Hand platzen.


Handsiegel (W3) [Adelung]


Das Handsiegel, des -s, plur. ut nom. sing. das Privat-Siegel eines regierenden Herren, dessen er sich in eigenhändigen und Handschreiben bedienet; zum Unterschiede von dem Kanzelleysiegel.


Handspieß (W3) [Adelung]


Der Handspieß, des -es, plur. die -e, ein Bratspieß, welcher vermittelst der daran befindlichen Kurbel von einem Menschen umgedrehet wird.


Handspritze (W3) [Adelung]


Die Handspritze, plur. die -n, eine kleine leichte Feuerspritze mit einem einfachen Druckwerke, welche ohne Mühe mit Einer Hand beweget werden kann; zum Unterschiede von den größern Brandspritzen.


Handstein (W3) [Adelung]


Der Handstein, des -es, plur. die -n, im Bergbaue ein Stück Erz oder Stein von mittlerer Größe, zum Vorzeigen; eine Stufe, Handstufe.


Handstufe (W3) [Adelung]


Die Handstufe, plur. die -n. S. Handstein.


Handtag (W3) [Adelung]


Der Handtag, des -es, plur. die -e, der Frohntag eines Handfröhners; zum Unterschiede von einem Pferdetage.


Handtatze (W3) [Adelung]


Die Handtatze, plur. die -n, Diminut. das Handtätzlein, S. Handkrause.


Handteller (W3) [Adelung]


Der Handteller, des -s, plur. ut nom. sing. der innere flache Theil der Hand, die flache Hand.


Handthiren (W3) [Adelung]


Handthiren, S. Hantiren.


Handtreue (W3) [Adelung]


Die Handtreue, plur. inus. das Versprechen der Treue vermittels des Handschlag, und auch wohl dieser Handschlag selbst. Die Handtreue geben, brechen. Ehedem bedeutete es auch den Mahlschatz, gleichsam ein Unterpfand der Treue.


Handtuch (W3) [Adelung]


Das Handtuch, des -es, plur. die -tücher, ein Tuch die gewaschenen Hände daran abzutrocknen. S. Handquehle. Im Schwabensp. Hanttuch, im Wend. Antela.


Handvogel (W3) [Adelung]


Der Handvogel, des -s, plur. die -vögel, ein Falke oder Habicht, so fern er abgerichtet ist, auf der Hand zu sitzen. Er heißt ein guter Handvogel, wenn er durch bloßen Rufen leicht wieder auf die Hand zu bringen ist.


Handvoll (W3) [Adelung]


Die Handvoll, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, so viel als man in der Hand halten oder fassen kann. Eine Handvoll Körner. Sand u. s. f. Mit Zahlwörtern bleibt es unverändert. Vier Handvoll Erde. Eine Handvoll Volks, figürlich, sehr wenig. Der werfe seiner Gruft zwey Handvoll Blumen zu, Günth. In der anständigen Schreibart wird dieses Wort wie eine Hand breit, eine Hand hoch, einer Hand lang, lieber getheilet. Eine Hand voll, zwey Hände voll. Im Angels. Handfulle.


Handwasser (W3) [Adelung]


Das Handwasser, des -s, plur. inus. Wasser, die Hände darin zu waschen.


Handweife (W3) [Adelung]


Die Handweife, plur. die -n, eine einfache Weife, welche aus einem langen hölzernen Stiele mit kürzern Querhölzern an bey- den Enden bestehet; im Gegensatze der Schnapp- oder Zählweife.


Handwerk (W3) [Adelung]


Das Handwerk, des -es, plur. die -e. 1. * Ein mit der Hand verfertigtes Werk, bey dem Notker Hantuuerch, in dem alten Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter Antwerk, im mittlern Lat. Maneficium, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ; eine nunmehr veraltete Bedeutung, in welcher vor Erfindung des Schießpulvers die großen Wurfzeuge Handwerke, Antberiche, Antwerke, und die denselben vorgesetzet waren, Hantwerchsmeister genannt wurden. In einigen Gegenden, z. B. der Lausitz wird der Rammblock noch jetzt das Handwerk genannt. 2 Die Fertigkeit körperliche Arbeiten ohne Kenntniß allgemeiner Wahrheiten hervor zubringen, noch mehr aber dasjenige Gewerbe, welches sich auf diese Fertigkeit gründet; im Gegensatze einer Kunst und Wissenschaft. 1) Eigentlich, wo doch dieses Wort nur von gewissen Handarbeiten, zu welchen eine Fertigkeit gehöret, üblich ist, und nur von solchen Gewerben dieser Art gebraucht wird, welche die erzeugten Producte verarbeiten, und an eine gewisse Ordnung und an eine gewisse Gebräuche gebunden sind. Das Handwerk der Schlösse, der Schneider, der Schuster, der Tischler u. s. f. oder das Schlösserhandwerk, das Schneiderhandwerk u. s. f. Ein Handwerk treiben, es ausüben. Ein Handwerk lernen. Sein Handwerk verstehen. Ein zünftiges Handwerk, wo die Handwerker in eine Zunft vereiniget und an gewisse Ordnungen und Gesetze gebunden sind, dergleichen Handwerke im engsten Verstande Handwerke genannt werden; zum Unterschiede von den freyen und unzünftigen. Ein geschenktes Handwerk, wo die Gesellen auf ihrer Wanderschaft ein Geschenk erhalten. Ein gesperrtes Handwerk. welches nur auf einige Orten eingeschränket ist, und sich außer denselben nicht ausbreiten darf. Zuweilen bedeutet es auch die Ausübung dieser Fertigkeit. Er ist seines Handwerk (was sein Handwerk betrifft,) ein Schuster, ein Weber u. s. f. Sie waren aber des (ihres) Handwerks Teppichmacher, Apostelg. 18, 3. Einem das Handwerk legen, ihm die Ausübung desselben untersagen, und im weiterer Bedeutung, jemanden in einer Beschäftigung, in einer Verrichtung auf immer hindern. Figürlich auch, obgleich gemeiniglich nur im verächtlichen Verstande, die gewöhnliche, eigenthümliche, pflichtmäßige Beschäftigung. Jemanden in das Handwerk greifen. Ein Handwerk aus dem Spielen machen, es als ein ordentliches pflichtmäßiges Geschäft treiben. Eine Sache als ein Handwerk treiben, oder sie handwerksmäßig treiben, mechanisch, ohne sich dabey allgemeiner Grundsätze bewußt zu seyn. Von andern Nahrungsgeschäften, welche die Natur-Producte bloß erzeugen, wird dieses Wort nicht gebraucht, wenn sie gleich allein aus Handarbeiten bestehen, und eine gewisse erworbene Fertigkeit voraus setzen, wie z. B. der Feldbau. 2) Figürlich. (a) Die sämmtlichen Personen, welche ein gemeinschaftliches Handwerk treiben, die Zunft, Innung, Gilde oder Gewerk. Das Handwerk zusammen kommen lassen. Jemanden bey dem Handwerke, oder vor dem Handwerke verklagen. In das Handwerk freyen, oder heirathen, eine Person gleiches Handwerk heirathen; ingleichen, durch Heirath ein Glied einer Zunft werden. (b) Deren Versammlung. Handwerk halten, oder das Handwerk halten. Vor das Handwerk gefordert werden. Zuweilen werden auch nur die versammelten Ältesten und Vorgesetzten unter dem Nahmen des Handwerkes verstanden. Der Plural lautet bey vielen Handwerker; allein dieses Wort gehöret unstreitig zu denen, welche in der mehrern Zahl nur ein e annehmen. Nieders. Handwark, Schwed. Handwerk.


Handwerker (W3) [Adelung]


Der Handwerker, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Handwerkerinn, plur. die -en, derjenige, welcher ein Handwerk in der engern Bedeutung dieses Wortes erlernet oder treibet; im gemeinen Leben ein Handwerksmann.


Handwerksälteste (W3) [Adelung]


Der Handwerksälteste, des -n, plur. die -n, erwählte Beysitzer des Obermeisters eines Handwerkes, welsche bey manchen Handwerken Fürmeister, Oberälteste, Altermänner, Handwerksmeister u. s. f. genannt werden. S. Älteste.


Handwerks-Artikel (W3) [Adelung]


Die Handwerks-Artikel, sing. inus. die Gesetze und Statuten eines Handwerks, welche demselben von der Obrigkeit gegeben oder doch bestätiget worden.


Handwerksbursch (W3) [Adelung]


Der Handwerksbursch, des -en, plur. Die -en, ein Handwerksgesell, besonders wenn er auf der Wanderung ist.


Handwerksgesell (W3) [Adelung]


Der Handwerksgesell, des -en, plur. die -en, ein Gesell eines Handwerkes oder Handwerksmeisters, welcher auch nur schlechthin ein Gesell genannt wird.


Handwerksgruß (W3) [Adelung]


Der Handwerksgruß, des -es, plur. die -grüße, die Formel, womit ankommende Gesellen das Handwerk eines Ortes oder dessen Glieder zu begrüßen pflegen.


Handwerksherr (W3) [Adelung]


Der Handwerksherr, des -en, plur. die -en, eine von der Obrigkeit abgeordnete Person, welche den Versammlungen eines Handwerkes beyzuwohnen, und dessen Bestes zu besorgen hat; ein Handwerks-Deputirter, in Straßburg Gasselheer, in Nieders. Morgensprachsherr, von Morgensprache, feyerliche Versammlung, in Lübeck Weddeherr.


Handwerksjunge (W3) [Adelung]


Der Handwerksjunge, des -s, plur. die -n, in den niedrigen Sprecharten, ein bey einem Handwerke aufgedingter junger Mensch, so lange er noch nicht zum Gesellen gemacht ist; ein Lehrbursch, Lehrling.


Handwerkslade (W3) [Adelung]


Die Handwerkslade, plur. die -n, die Lade eines Handwerkes, S. Lade.


Handwerksmann (W3) [Adelung]


Der Handwerksmann, des -es, plur. die Handwerksleute; der ein Handwerk im engern Verstande treibet, d. i. als Meister ausübet, in der anständigen Sprechart ein Handwerker.


Handwerksmeister (W3) [Adelung]


Der Handwerksmeister, des -s, plur. ut nom. sing. der ein Handwerk als Meister treibe und ausübet; ein Handwerksmann, Handwerker. In engerer Bedeutung an einigen Orten, der Meister oder Vorgesetzte eines ganzen Handwerkes, siehe Handwerksälteste.


Handwerksvolk (W3) [Adelung]


Das Handwerksvolk, des -es, plur. inus. in der niedrigen Sprechart und im verächtlichen Verstande, Handwerksleute und die zu ihnen gehören. Jerem. 52, 15 wird es im anständigen Verstande gebraucht.


Handwerkszeug (W3) [Adelung]


Das Handwerkszeug, des -es, plur. inus. als ein Collectivum, körperliche Hülfsmittel zu bezeichnen, deren nicht nur Handwerker, sondern auch in weiterer Bedeutung andere Personen zur Hervorbringung einer Handarbeit benöthiget sind; ein körperliches Erleichterungsmittel einer Handarbeit.


Handwurzel (W3) [Adelung]


Die Handwurzel, plur. die -n, der unterste Theil des Armes, wo er mit der Hand verbunden ist; Metacarpus. Andere Zergliederer nennen die Vorderhand oder Oberhand, Carpus, die Handwurzel, da denn der Metacarpus bey ihnen die Mittelhand heißt.


Handzirkel (W3) [Adelung]


Der Handzirkel, des -s, plur. ut nom. sing. ein gewöhnlicher Zirkel, dessen Füße von einerley Art und Gestalt sind, sich auch nicht ausnehmen lassen.


Handzünder (W3) [Adelung]


Der Handzünder, des -s, plur. ut nom. sing. in der Feuerwerkskunst, kurze Stöcke mit einem krummen eisernen Hahne und mit Lunten bewunden, welche die Kanoniere als ihre Feldzeichen führen.


Hanf (W3) [Adelung]


Der Hanf, des -es, plur. inus. eine Pflanze; aus welcher man so wie aus dem Flasche Fäden bereitet, welche zu Seilen, Lein- wand u. s. f. verarbeitet werden, nur daß sie größer sind, als von dem Flasche. Cannabis L. Die zubereiteten, aber noch nicht gesponnenen Fäden werden so wieder Same, gleichfalls nur Hanf genannt. Es gibt von dieser Pflanze zweyerley Geschlechter, welcher unter einander gebauet werden müssen, wenn sich die Pflanze vermehren soll. Der männliche Hanf ist schwacher, trägt gelbe Blumen aber keinen Samen, sondern einen zarten Staub, welcher zur Befruchtung des weiblichen Hanfes nothwendig ist. Dieser ist stärker, bringt keine Blumen, wohl aber den Samen, welcher gleichfalls Hanf genannt wird. Im gemeinen Leben, wo man die Geschlechter nach der Stärke der Pflanze bestimmt, kehret man es um, und nennet den kleinen Hanf den weiblichen, in manchen Gegenden die Hänfinn, in andern Fimmel, Femmel, vom Lat. Faemella, Engl. Female Hemp, im Österr. Bästling; den größern, eigentlich weiblichen aber, den männlichen, oder Hanf in engerer Bedeutung, Engl. Carle-Hemp. Im Nieders. wird der kleinere Hanf, der kleinen Samen träget, Geljehemp, gelte Hanf, d. i. unfruchtbarer, der andere aber Saathanf genannt. In der Mark Brandenburg hingegen heißt der erstere der Hanfhahn oder nur der Hahn, und der letztere die Hanfhenne oder nur schlechthin die Henne.

Anm. Hanf, Nieders. Hemp und Hennep, Holländ. Hamp, Hennep, Dän. Hamp, Schwed. Hampa, Engl. Hemp, Franz. Chanvre, im mittlern Lat. Chamoerum, Canvum, Ital. Cannapa, stammet von dem Griech. und Lat Cannabis her, welcher Nahme vermuthlich mit der Pflanze zugleich aus Ostindien, wo sie einheimisch ist, gebracht worden. Im Persischen wird der Hanf noch jetzt Cannab genannt. S. Cannevaß. Die hänfene Leinwand muß bey uns nicht alt seyn; indem König Carls VII in Frankreich Gemahlinn um die Mitte des 15ten Jahrh. nur noch zwey hänfene Hemden hatte.


Hanfbreche (W3) [Adelung]


Die Hanfbreche, plur. die -n, ein hölzernes Werkzeug, die gerösteten Hanfstängel damit zu zerbrechen.


Hanfdarre (W3) [Adelung]


Die Hanfdarre, plur. die -n, das Darren oder Dörren des Hanfes, ohne Plural; ingleichen das Gebäude, worin solches geschiehet.


Hänfen (W3) [Adelung]


Hänfen, adj. et adv. aus Hanf bereitet, verfertiget. Hänfene Leinwand. Hänfenes Werrig oder Werg. Im Oberd. hänfin, in Baiern rupfen.


Hanffink (W3) [Adelung]


Der Hanffink, des -es, plur. die -en, S. Hänfling.


Hanfhahn (W3) [Adelung]


Der Hanfhahn, des -es, plur. inus. die Hanfhenne, plur. inus. S. Hanf.


Hänfinn (W3) [Adelung]


Die Hänfinn, plur. inus. S. ebendas.


Hanfkorn (W3) [Adelung]


Das Hanfkorn, des -es, plur. die -körner, die Samenkörner des Hanfes, welche auch nur schlechthin und collective Hanf genannt werden.


Hanfkraut (W3) [Adelung]


Das Hanfkraut, des -es, plur. inus. S. Flachskraut.


Hänflich (W3) [Adelung]


Hänflich, S. Hämflich.


Hänfling (W3) [Adelung]


Der Hänfling, des -es, plur. die -e, ein Gesangvogel mit einem sehr kurzen kegelförmigen Schnabel und sehr kurzen Füßen, welcher sich am liebsten in den Flachs- und Hanffeldern antreffen lässet, daher er auch Flachsfink, Hanffink, und wegen seines Fluges, welcher schußweise geschiehet., im Oberd. auch Schösserlein, Schößlein hießet; Linaria Klein. Der graue Hänfling, Motacilla modularis L. wird auch nur Hänfling schlechthin, ingleichen Steinhänfling und Grauhänfling genannt. Der Hänfling mit der rothen Brust heißt auch Bluthänfling, Rothhänfling und Krauthänfling. Eine andere Art mit einer rothen Platte, Fringilla flammea L. ist unter dem Nahmen des Schwarzbärtchens, des Zitscherleins, des Meerzeischens, des Ziserinchens, in Preußen oder der Tschetzke bekannt. Der mit der gelben Kehle führet den Nahmen des Quittenhänflinges, oder Quitters. Anm. Im Nieders. heißt dieser Vogel Hemplünke, von Lüne, Lünink, Lüke, ein Sperling, woraus zu erhellen scheinet, daß die letzte Hälfte des Hochdeutschen Nahmens aus eben diesem Worte entstanden; S. -Ling. Im Dän. und Norweg. wird er Jrisk, und der graue Hänfling Graairisk genannt.


Hanfmeise (W3) [Adelung]


Die Hanfmeise, plur. die -n, in einigen Gegenden, einen Benennung der Schwarzmeise oder Tannenmeise; Parus sylvaticus Klein. welche auch Waldmeise und kleine Kohlmeise genannt wird.


Hanfmühle (W3) [Adelung]


Die Hanfmühle, plur. -n, eine kleine Handmühle, den Hanf für zahmen Vögel darin zu zerknirschen.


Hanfnessel (W3) [Adelung]


Die Hanfnessel, plur. -n, eine Art Nesseln, welchen dem Hanfe gleicht, und häufig unter dem Getreide und auf den Krautfeldern angetroffen wird; Galeopsis Tetrahit L.


Hanföhl (W3) [Adelung]


Das Hanföhl, des -es, plur. inus. das aus den Hanfkörnern gepreßte Öhl.


Hanfwürger (W3) [Adelung]


Der Hanfwürger, des -s, plur. inus. eine Schmarotzerpflanze, welche vornehmlich auf und von dem Hanf lebt; Orobranche major L. Sonnenwurz, Sommerwurz, Hanfmann.


Dar (W3) [Adelung]


Dar Hang, des -es, plur. inus. von dem Neutro hangen. 1. Eigentlich. 1) Die Eigenschaft einer Fläche, nach welcher sie mit der Horizontal-Linie einen stumpfen Winkel macht; in welcher Bedeutung es doch nur selten gebraucht wird. 2) * Der abhängende Theil, die abhängige Seite eines Körpers, eines Ortes; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, wofür Abhang üblicher ist. Die Schwanze liegt auf einem Hange, im Oberdeutschen. 2. Figürlich, ein merklicher Grad der Neigung zu etwas, Fertigkeit zu Veränderungen Einer Art. 1) Im physischen Verstande. Der Hang eines Körpers zur Hypochondrie. Noch mehr, 2) im moralischen. Die Menschen haben einen natürlichen Hang, ihre Meinungen fortzupflanzen. Unser Geist hat einen nothwendigen Hang, sich von jeder Art der Schönheit rühren zu lassen. Ein überwiegender Hang zum Bösen, zu sinnlichen Empfindungen. Der Hang zur Geselligkeit, zur Bequemlichkeit, Gell. Wir haben einen natürlichen Hang, an dem Übel anderer Theil zu nehmen. Ohne Liebe nimmt das menschliche Herz leicht einen Hang zur Traurigkeit und zum Eigenwillen, Gell.

Anm. Herr Stosch hat bereits ganz richtig bemerket, theils, daß Hang in der figürlichen Bedeutung neu ist, und bey ältern Schriftstellern nicht leicht angetroffen werden möchte, obgleich das Englische Hank auf eben diese Art gebraucht wird; theils, daß Neigung, Hang und Treib eigentlich nur den Graden nach verschieden ist. In den beyden ersten liegt ein und eben dasselbe Bild zum Grunde, nur daß Hang eine größere Abweichung von der Horizontal-Linie bezeichnet als Neigung, daher es auch figürlich von einem höhern Grade der Fertigkeit gebraucht wird. Trieb scheinet eigentlich einen noch höhern Grad zu bezeichnen, ungeachtet Hang sehr häufig als gleichbedeutend gebraucht wird. Nur die Einschränkung, daß Neigung und Hang Kenntniß voraus setzen, bekommt weder aus dem eigenthümlichen Bilde beyder Wörter, noch aus dem Gebrauche einige Erweislichkeit.


Hängebank (W3) [Adelung]


Die Hängebank, plur. die -bänke. 1) Im Bergbaue, der Ort über dem Schachte, wo die Kübel ausgestürzet, oder ausgeschüttet werden. 2) Eine an der Wand befestigte Bank, welche aufgeklappt werden kann.


Hangebauch (W3) [Adelung]


Der Hangebauch, oder Hängebauch, des -es, plur. die -bäuche, ein herab hangender Bauch; ein Kuhbauch. Ein Hängebauch verunstaltet ein Pferd.


Hängebirke (W3) [Adelung]


Die Hängebirke, S. Hangelbirke.


Hangebrücke (W3) [Adelung]


Die Hangebrücke, oder Hängebrücke, plur. die -n, eine Brücke, welche in einer beträchtlicher Länge ohne Joche gebaut wird, und gewisser Maßen frey hänget, oder aus einem Hängewerke bestehet.


Hängebügel (W3) [Adelung]


Der Hängebügel, de -s, plur. ut nom. sing. eine Art Steigbügel, welche nicht mit an dem Sattel befestiget sind, sondern jedes Mahl an den Sattelknopf gehänget, und auch Schweifbügel genannt werden.


Hange-Compaß (W3) [Adelung]


Der Hange-Compaß, des -sses, plur. die -sse, im Markscheiden, eine Art Compasse, welche alle Mahl ausgehänget wird; zum Unterschiede von dem Setz- oder Hand-Compasse.


Hängedohne (W3) [Adelung]


Die Hängedohne, oder Hangedohne, plur. die -n, hangende Dohnen, welche an die Büsche und auf die Bäume gehänget werden.


Hängeeisen (W3) [Adelung]


Das Hängeeisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schlössern, ein jedes Eisen, worin ein Balken, eine Rinne oder ein anderer Körper hänget.


Hängegarn (W3) [Adelung]


Das Hängegarn, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, ein Garn zum Vogelfange, welches an die Durch- und Zugänge aufgehänget und auch ein Ziehgarn genannt wird.


Hangekappe (W3) [Adelung]


Die Hangekappe, plur. die -n, im Bergbaue, die kleinen Ringe auf den Seiten der Kübel, worin der halbe eiserne Ring hänget, darin das Seil befestiget wird.


Hangekluft (W3) [Adelung]


Die Hangekluft, oder Hängekluft, plur. die -klüfte, im Bergbaue, Klüfte, welche nicht in die Teufe oder Tiefe, sondern vom Tage in das Liegende oder Hangende fallen, und daher auch Tageklüfte, Tagegehänge genannt werden.


Hängel (W3) [Adelung]


* Der Hängel, des -s, plur. ut nom. sing. das Gelenk, derjenige Theil eines Körpers, wo ein Theil an dem andern hänget; ein im Hochdeutschen unbekanntes Wort. Ahab wurde zwischen dem Panzer und Hengel (Hängel) geschossen, 1 Kön. 22, 34; 2 Chron. 18, 33.


Hangelbirke (W3) [Adelung]


Die Hangelbirke, plur. die -n, eine Abartung der gemeinen Birke, welche herab hangende Zweige und spitzigere Blätter hat, und auch Frauenbirke genannt wird.


Hangeleuchter (W3) [Adelung]


Der Hangeleuchter, oder Hängeleuchter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Leuchter, welcher an einem Stricke oder einer Schnur hänget, und wegen seiner Gestalt gemeiniglich Kronleuchter genannt wird. An andern Orten beleget man auch die Wandleuchter, weil sie an der Wandhängen, mit diesem Nahmen.


Hängeln (W3) [Adelung]


Hängeln, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert und nur in der Seefahrt üblich ist. Ein Fahrzeug hängelt, wenn es Waaren von einer Rehde zur andern bringet. Vielleicht von dem An- und Abhängen des Fahrzeuges; indem diese Art des Handels auch An- und Ablegen genannt wird.


Hängemörser (W3) [Adelung]


Der Hängemörser, des -s, plur. ut nom. sing. ein Feuermörser, der an seinen Schildzapfen hänget; zum Unterschiede von einem stehenden Mörser.


Hangen (W3) [Adelung]


Hangen, oder Hängen, verb. irreg. neutr. ich hange oder hänge, du hangest, hangst oder hängest, er hanget, hangt oder hängt; Conj. ich hange; Imperf. ich hing; Mittelw. hangend, gehangen; Imperat. hange oder hänge. Es erfordert das Hülfswort haben, und bezeichnet eigentlich denjenigen Zustand, da ein Körper mit seinem obern Theile von einem andern gehalten wird, oder so, daß er noch nach den Seiten beweget werden kann. 1. Eigentlich. Der Hut hangt oder hängt am Nagel, das Kleid an der Wand, der Dieb am Galgen. Der Mantel hat schon lange an der Wand gehangen. Ein Glied der Kette hangt oder hängt an dem andern. Lange Haare, welche über die Schulter herab hingen. Herb hangende Ohren. Abraham sahe einen Widder mit seinen Hörnern in der Hecke hangen, 1 Mos. 22, 13. Der Vorhang, der vor der Lade des Zeugnisses hanget, 2 Mos. 30, 6. Ich sahe Absalom an einer eichen hangen, 2 Sam. 18, 20. Als wenn vier oder fünf Früchte an den Zweigen hangen, Es. 17, 6. Verflucht ist jedermann, der am Holze hanget, Gal. 3, 13. In einigen R. A. wird es auch figürlich von demjenigen Körper gebraucht, an welchen andere hangen. Der Baum hangt oder hängt voll Früchte, der Galgen voll Diebe. Ingleichen in einigen Fällen im gemeinen Leben auch für gehänget werden. Er muß hängen. Antworte, oder du sollst hangen, Cron. Was hangen soll, ersäuft nicht. 2. In weiterer Bedeutung. 1) Schweben, in der höhern Schreibart. Der Himmel, der finster über mich herab hängt, Weiße. Es hänget am Abend Über dem Walde der silberne Mond, Zach. Ein zufriedenes Volk, obgleich ein sparsamer Himmel Über den traurenden Thälern hängt, ebend. Am Gipfel eines Wasserbergs Hing oft mein Kahn hoch in der Lift, Kleist. 2) Eine Fläche hangt oder hängt, wenn sie abhängig ist, sich unter den Horizont neiget. Noch mehr sagt man von stehenden Körpern, wenn sie die senkrechte Linie verlassen, daß sie hangen oder überhangen, wo es doch nur derjenigen Seite gebraucht wird, welche mit dem Horizonte einen spitzigen Winkel macht. Die Wand hangt oder hängt. Daß ihr ihn erwürget, als eine hangende Wand oder zerrissene Mauer, Ps. 62, 4. Der Thurm zu Bologna hängt drey und einem halben Pariser Fuß, er ist oben so viel von der Perpendicular-Linie entfernet. Die Stadt liegt sehr romantisch auf einem Felsen, der über des See hängt. Den Kopf hangen lassen. Im Bergbaue ist das Hangende derjenige Theil des Gesteines, der wie ein Dach auf dem Gange lieget, im Gegensatze des Liegenden, oder der untern Fläche. Bey stehenden oder senkrechten Gängen nennen die Bergleute diejenige Seite, welche auf der linken Hand ist, wenn man in diesem Gange das Gesicht nach Mittag wendet, das Hangende, und die Seite zur Rechten, das Liegende. 3) Sich mit einem Theile seines Körpers so anhalten, daß man gleichsam zu hangen scheinet. Der Blutegel hangt an der Haut. Das Kind hangt an der Brust der Mutter. An den kalkichten Fels hängt von dem Morgen zum Abend Euer Winzer mit emsiger Hacke, Zach. 4) Zusammen hangen, mit einem andern Dinge so verbunden seyn, daß es nicht ohne Mühe getrennet werden kann. 3) Figürlich. 1) Von den Blicken, Augen und Munde, gleichsam angeheftet seyn, in de höhern Schreibart. Ich hing starr an deinen Blicken, Dusch. Stets hängt über unsere Wiegen Dein besorgter wacher Blick, Weiße. Mit was für sehnsuchtsvollen Blicken Ihr Aug an seinem Auge hing, Gell. 2) Zusammen hangen, mit einander verbunden, in einander gegründet seyn. Die Erzählung hängt nicht zusammen. Das hängt mit seiner vorige Aussage nicht zusammen. In der Welt hängt alles auf das vortrefflichste zusammen S. Zusammenhang. 3) An einer Person oder Sache hangen, sein Verlangen, seine Begierden, seine Erwartungen auf eine dauerhafte Art auf sie richten. Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen, und an seinem Weibe hangen, 1 Mos. 2, 24. Joab hatte an Adonia gehangen, 1 Kön. 2, 28. Sichems Herz hing an der Dina, 1 Mos. 34, 3. Mein Herz, dem alles entrissen worden ist, hängt fest an dir. Mit seinem Herz an etwas hange. An den Wollüsten hangen, ihnen ergeben seyn. S. Anhang. Das Reciprocum sich an etwas hängen, gehöret zu dem folgenden Activo. 4) Im Oberdeutschen gebraucht man es auch für abhangen, im figürlichen Verstande, d. i. einem andern Dinge gegründet seyn. Der, von welchem alles hanget, Opitz. In welchem Verstande es aber im Hochdeutschen eben so ungewöhnlich ist, als mit dem Vorworte in, in diesen zweyen Gebothen hanget das ganze Gesetz, Matth. 22, 40. 5) Eine Sache hangt oder hängt, im gemeinen Leben, wenn sie keinem merklichen Fortgang hat. Die Sache bleibt hangen, sie bekommt einen Anstand.

Anm. Schon bey dem Kero und Ottfried hangen, Im Nieders. hangen, Im Engl. to hang, im Angels. hangan, im Dän. hange, Schwed. haenga, Isländ. hanga. Es stammt von ha, hoch, ab, indem das folgende Activum noch lange haben gelautet hat. Das eingeschobene ng kann entweder ein Zeichen eines Intensivi seyn, oder auch bloß von nieselnden Mundarten herrühren. S. das folgende hängen. In der Conjugation dieses Neutrius herrscht im Hochdeutschen viele Ungleichheit. Im Oberdeutschen bekommt es durchgehends ein a; ich hange, du hangst, er hangt u. s. f. Infinit. hangen, Imperat. hange; welche richtigere Form auch größten Theils in der Deutschen Bibel beybehalten worden. Im Hochdeutschen ist das ä am üblichsten, nur daß das Participium alle Mahl gehangen lautet. Billig sollte man diesem Neutro überall sein a lassen, und das ä dem folgenden Activo vorbehalten; da ohnehin in so vielen andern Fällen das Neutrum sich von dem Activo auf ähnliche Art unterscheidet, wohin fallen und fällen, haften und häften, trinken und tränken, dampfen und dämpfen u. a. m. gehören. Die Nordischen Mundarten scheinen unter dem Neutro und Activo in der Conjugation eben so wenig eine Unterschied zu machen; beyde lauten in Nieders. hängen, im Schwed. haenga, im Isländ. hanga und im Dän. hänge. Das ie ist alle Mahl das Zeichen eines gedehnten i., daher ist hieng eben so fehlerhaft als, gieng, giebst, giebt, und ich fieng, wo nur einige wenige dehnende Mundarten ein langes I hören lassen. In den Zusammensetzungen Hängebank, Hängebrücke, Hangematte u. s. f. darf das e nicht weggelassen werden, wenn nicht das g hier wider seine Absicht wie ein k lauten soll; S. E. Da das Neutrum im Hochdeutschen fast mehr hängen als hangen lautet; so hat sich auch in den meisten Zusammensetzungen dieser Art das ä eingeschlichen; in manchen aber ist so wohl a als ä üblich


Hängen (W3) [Adelung]


Hängen, verb. reg. act. folglich im Imperf. hängte, Mittelw. gehängt. Es ist das Activum des vorigen Neutrius. 1. Hangen lassen; eine Bedeutung, welche die Verbindung des Neutrius mit dem Activo ausmacht, indem sie von beyden Arten etwas an sich hat, auch im Passivo nicht gebräuchlich ist. Der Esel hängt die Ohren, der Hund hängt den Schwanz, der Vogel die Flügel. Ein Niedergeschlagener hängt den Kopf, läßt ihn sinken. Derselbe Schalk kann den Kopf hängen und ernst sehen, Sir. 19, 23. Daß ein Mensch seinem Leib übel thue, oder seinen Kopf hänge, wie ein Schilf, Es. 58, 5. Das Maul hängen, in den niedrigen Sprecharten, mißvergnügt seyn, Verdruß empfinden. 2. In mehr thätigem Verstande, hangen machen, eine Handlung vornehmen, nach welcher ein Ding hanget. 1) Eigentlich. Den Hut an den Nagel, das Kleid an die Wand, den Mantel an einen Haken hängen. Eine Flasche in das Wasser hängen. Einen Dieb an den Galgen hängen, mit Zuschnürung der Luftröhre. Du sollst den Vorhang hängen an vier Säulen, 2 Mos. 26, 32. Einen Mantel über sich, um sich hängen. Im gemeinen Leben lässet man den Accusativ des Ortes mit seinem Vorworte zuweilen aus Das Rad hängen, im Bergbaue, es an seinen gehörigen Ort hängen, es einhängen. In engerm Verstande wird hängen sehr häufig für an den Galgen hängen gebraucht. Eine Dieb hängen lassen. Kleine Diebe hängt man, die großen läßt man laufen. S. Henken. 2) In weiterer Bedeutung, an einem andern Körper kleben, oder haften machen. Jemanden eine Klette an das Kleid hängen. Noch häufiger als ein Reciprocum. Die Kletten hängen sich an die Kleider, der Koth hängt sich an die Schuhe, der Schmutz an die Wäsche. 3) Figürlich. (a) Hinab lassen, im Bergbaue. Holz hängen, es in die Grube hinab lassen. (b) Viel Geld an etwas hängen, für wenden, im verächtlichen Verstande. Alles auf den Leib hängen, alles an Kleider wenden. (c) Sich an jemanden hängen, gleichfalls nur in verächtlichen Verstande, ihm zugethan und ergeben seyn, seine Begierden und Erwartungen auf eine dauerhafte Art auf ihn richten. Und die Philister hiengen (hängten) sich an Saul und seine Söhne, 1 Sam. 31, 2. Und haben sich an andere Götter gehänget, 2 Chron. 7, 22. Dein Herz hieng (hängete) sich an die Weiber, Sir. 47, 21. Hänge dich nicht an den Pöbel, Kap. 7, 7, Sein Herz an etwas hängen. Fället euch Reichthum zu, so hänget das Herz nicht daran, Ps. 62, 11. Das Hauptwort die Hängung wird außer der Zusammensetzung wenig gebraucht.

Anm. Bey dem Ottfried und andern ältern Oberdeutschen Schriftstellern hangen, und hengen. Da es bey dem Tatian, Hornegk und andern auch hahan lautet, so scheinet es von ha, hoch, herzustammen, weil mit dem Hängen doch gemeiniglich der Begriff der Höhe verbunden ist; es mag nun der Übergang des Hauchlautes in den nieselnden Laut ng bloß von der Mundart herrühren, oder ein Zeichen eines Intensivi oder einer ähnlichen Form seyn. Indessen stehet auch dahin, ob hahan, so fern man das mittlere h mit einem starken Hauche ausspricht, nicht zu Haken gehöret, weil die meisten Dinge, welche man hänget, einen Haken voraus setzen, und das Lat. Uncus, so wie das Deutsche Angel, Anker, Hanke u. s. f. schon diesen Nasenlaut haben. Ottfried gebracht das einfache hängen sehr häufig für erlauben, bewilligen, verstatten; von welcher längst veralteten Bedeutungen noch verhängen etwas behalten hat. S. dasselbe. Im gemeinen Leben wird dieses Activum sehr häufig irregulär abgewandelt, wie das Neutrum. Mit gefangen, mit gehangen. Er hing das Kleid an den Nagel. Welcher Fehler sich auch wohl mit in die anständigere Schreibart einschleicht. Es ist noch niemahls ein Frauenzimmerspion gehangen worden, Schleg. S. übrigens auch Henken, welches ein Intensivum von hängen ist.


Hängenagel (W3) [Adelung]


Der Hängenagel, des -s, plur. die -nägel, im Bergbaue, ein Nagel, der zwey Theile mit einander verbindet, zusammen hangend macht. in den Mühlen, derjenige Nagel, welcher die Arme, Laschen und Reifen des Wasserrades zusammen hält.


Hangepfahl (W3) [Adelung]


Der Hangepfahl, des -es, plur. die -pfähle, auf dem Lande, derjenige Pfahl einer Gatterthür, in welchem die Angelhaken eingeschlossen sind, an welchen die Thür hanget.


Hänger (W3) [Adelung]


Der Hänger, des -s, plur. ut nom. sing. in der Seefahrt, die Tau-Enden von mittelmäßiger Größe, welche an den Brassen herab hangen. In dem zusammen gesetzten Kopfhänger bedeutet es jemanden, der den Kopf hänget, oder hangen lässet; S. dasselbe, ingleichen Anhänger.


Hangeriemen (W3) [Adelung]


Der Hangeriemen, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige Riemen, woran etwas hangt; besonders, diejenigen Riemen, worin eine Kutsche hangt.


Hängesäule (W3) [Adelung]


Die Hängesäule, plur. die -n, an einem Hängewerke, zwey kleine Säulen am Ende des Balkens, woran die Strebebänder geleget werden.


Hängeschloß (W3) [Adelung]


Das Hängeschloß, des -sses, plur. die -schlösser, S. Vorhängeschloß.


Hängeseil (W3) [Adelung]


Das Hängeseil, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, dasjenige Seil, woran der Leithund geführet wird, weil man ihn gleichfalls daran hänget. S. Nachhängen. Die Schweißhunde werden an dem Fangestricke, die Jagd- und Rüdenhunde an der Koppel, und die Hetzhunde an dem Hetzriemen geführet.


Hängeseilkunst (W3) [Adelung]


Die Hängeseilkunst, plur. die -künste, in der Hydraulik, ein Röhrenwerk, wo man vermittelst eines Seiles und einer daran hangenden Klappe Wasser aus der Tiefe ziehet. Sie wird auch Heinz genannt. S. dieses Wort.


Hängewage (W3) [Adelung]


Die Hängewage, plur. die -n, bey den Markscheidern, die Wasserwage oder der Gradbogen.


Hangewand (W3) [Adelung]


Die Hangewand, oder Hängewang, plur. die -wände, in der Baukunst, eine Wand, welche auf einem Hängewerk ruhet.


Hangewerk (W3) [Adelung]


Das Hangewerk, oder Hängewerk, des -es, plur. die -e, in der Baukunst, ein hangendes Werk, d. i. frey liegender langer Balken, welcher von oben her so verbunden oder gefasset wird, daß er sich nicht biegen kann. Geschiehet solches durch Strebebänder, welche unter dem Balken angebracht werden, so wird es ein Sprengewerk genannt. Werden beyde Arten zugleich angebracht, so entstehet daraus ein Hänge- und Sprengewerk.


Hanke (W3) [Adelung]


Die Hanke, plur. die -e, ein Wort, welches eigentlich ein Gelenk, einen Bug bedeutet, aber nur allein von demjenigen Theile an den Hinterbeinen der Pferde gebraucht wird, der sich zwischen den Backen und den Hosen befindet, und in weiterer Bedeutung zuweilen von dem ganzen Hintertheile der Pferde, von dem Kreuze an. Daher der Hankenknochen, derjenige röhrförmige Knochen, woran sich dieser Theil befindet, und welcher auch der Backenknochen genannt wird. Es gehöret zu dem Worte Anke, Änkel, welche gleichfalls ein gewisses Gelenk, ingleichen eine Biegung bedeutet; S. diese Wörter. Im mittlern Lateine bedeutet Hancha, und im Franz. Hanche, die Hüfte.


Hans (W3) [Adelung]


Hans, Genit. Hansens, Dat. Hansen; Dimin. Hänschen, Oberd. Hänslein, Hänsel, Nieders. Hänsken, Hänschen, eine nur im gemeinen Leben und den niedrigen Sprecharten übliche Verkürzung des ursprünglich Griech. männlichen Taufnahmens Johannes. Sprichw. Was Hänschen nicht lernt, wird Hans nimmermehr lernen, was man in der Jugend nicht lernt, wird man auch im Alter nicht lernen. Hänschen im Keller, eine im gemeinen Leben übliche scherzhafte Gesundheit des Kindes im Mutterleibe. Hans Wurst, eine sehr gewöhnliche Benennung der lustigen Person in den Schauspielen, welche schon in Peter Propsts Fastnachtsspielen aus der ersten Hälfte des sechzehenten Jahrhundertes unter diesem vermuthlich erdichteten Nahmen vorkommt. In den Französis. Lustspielen heißt er Jean Potage, Jean Farine, Pantalon, Trivelin, und im Ital. Polichinello, woraus die Niedersachsen ihr Putznelken gemacht, eine lustige Person zu bezeichnen. S. Harlekin und Pickelhäring. Der häufige Gebrauch, welchen man schon vor langen Zeiten von dem Taufnahmen Hans machte, gab Gelegenheit, daß der selbe, in manchen Fällen zu einem allgemeinen Nennworte ward. So nannte man einen großen Herren ehedem sehr häufig einen großen Hans, und im Plural große Herren große Hanse; ein Ausdruck, dessen man sich noch jetzt zuweilen bedienet, obgleich alle Mahl nur mit einem Nebenbegriffe der Verachtung und des Hasses. Frisch glaubt, daß dieser Gebrauch daher seinen Ursprung genommen, weil der Taufnahme Johann oder verkürzt Hans anfänglich nur unter vornehmen Personen üblich gewesen. Andere halten es in dieser Bedeutung für ein altes Deutsches Wort, welches einen vornehmen Mann bezeichnete, indem Jornandes von den Gothen versichert, daß ihre Vornehmen und Reichen Anses geheißen. Die Patricii und Vornehmsten in den Städten hießen in Italien in den mittlern Zeiten häufig Antiani und Anciani, so wie die Waldenser ihre Ältesten und Vorgesetzten Ancianos nannten; wohin auch das Franz. ancien, alt, zu gehören scheinet. Bey den Sachsen in Siebenbürgen wird die Regierung von Bürgermeister, Stadtrichter und Stadthahnen verwaltet. Allein um des verächtlichen Nebenbegriffes willen, welchen Hans in diesem Verstande jederzeit bey sich hat, scheinet es vielmehr zu dem folgenden Falle zu gehören. Denn eben um des häufigen Gebrauches dieses Vornahmens willen, ward es oft zu einem allgemeinen Nennworte einer jeden Person. In dem kaiserlichen Artikelsbriefe für das Kriegsvolk bey dem Fronsberg, heißt es nach dem Frisch: Es soll von niemand, er sey wer der wolle', Klein- oder Groß-Hans, ein Übelthäter aufgehalten werden. Und in Goblers Rechtsspiegel, gleichfalls nach dem Frisch: Knecht oder Rottmeister, Groß- oder Klein-Hans, d. i. ein jeder, er sey vornehm oder geringe. Besonders mit einem verächtlichen Nebenbegriffe. Ein dummer Hans, ein dummer, einfältiger Mensch. Er ist Hans in allen Gassen, er läßt sich überall antreffen. In einem andern Verstande ist Hans in allen Gassen, oder Hans Omnis, der Pöbel. Hans ohne Sorge, ein sorgloser Mensch. Hans hinter der Mauer, ein zaghafter Mensch. So auch in den Zusammensetzungen Fabelhans, Prahlhans, Schmalhans u. s. f. Hierher scheinet auch das Nieders. Hanke zu gehören, welches die Verfasser des Bremisch-Nieders. Wörterbuchs für unbekannt halten, welches aber allem Ansehen nach das verkürzte Nieders. Diminut. Johannchen ist, und auch Hannchen lautet. Hanke in der Noth, ein Nothhelfer. Hanke und alle Mann, ein jeder, und in einem andern Verstande, gemeiner Pöbel, Hack und Mack. Es ist doch merkwürdig, daß dieser Taufnahme in allen Sprachen einen so verächtlichen Nebenbegriff bekommen hat. Das Schwed. Jan, das Engl. John, und das Ital. Zann, Zanni, welches gleichfalls dieser Nahme ist, bedeuten sehr oft einen dummen einfältigen Menschen, den der Deutsche große Haufe auch nur schlechthin einen Hans zu nennen pfleget. Carpentier führet v. Joannes Stellen an, woraus erhellet, daß das Franz. Jehan, und Jehannot, schon im 14ten und 15ten Jahrh. einen verächtlichen Nebenbegriff gehabt, und faire Johan bedeutete im 15ten Jahrh. zum Hahnrey machen. Woraus zugleich erhellet, daß das alte Hans, ein Geselle, Compagnon, ( S. das folgende,) hier nicht in Betrachtung kommen kann.


Hansa (W3) [Adelung]


Die Hansa, oder Hanse, plur. inus. ein in dem gemeinen Sprachgebrauche der Hochdeutschen veraltetes Wort, welches ehedem eine Gesellschaft, eine Verbindung mehrerer zu einem gemeinschaftlichen Zwecke, und die auf solche Art verbundenen Personen bezeichnete, so wie Hans einen solchen Gesellen, ein Mitglied, einen Compagnon und Bundesverwandten bedeutete. Bey dem Ulphilas und Tatian ist Hansa ein Haufe Soldaten von bestimmter Stärke. Am häufigsten wurde dieses Wort in den mittlern Zeiten von der Verbindung der 85 Niederdeutschen Städte gebraucht, welche bald nach der Mitte des 13ten Jahrhundertes ihren Anfang nahm, und unter dem Vorsitze der Stadt Lübeck auf die Vertheidigung ihrer gemeinschaftlichen Handlung und Sicherheit abzielete; im mittlern Lat. Ansa, Hansa. Eine Stadt in die Hanse aufnehmen, in den Bund; sie aus der Hanse stoßen, aus dem Bunde. Im Nieders. lautet dieses Wort Hense, und bedeutet daselbst noch überhaupt dasjenige Geld, welches jemand bey dem Eintritte in eine Gesellschaft erleget. S. die folgenden. Es ist möglich, aber auch weiter nichts als möglich, daß dieses alte Wort von ein, eins, abstammet, und eigentlich eine Vereinigung bedeutet, so wie von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Zeitwort - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, vereinigen, ehedem einen, herkommt.


Hanseestadt (W3) [Adelung]


Die Hanseestadt, plur. die -städte, eine Stadt, so fern sie ein Glied der jetzt gedachten großen Hanse, oder des Handelsbundes ist. Ehedem waren dieser Städte sehr viel. Jetzt sind nur noch die Städte Lübeck, Bremen und Hamburg unter diesem Nahmen bekannt, welche ihren Bund von Zeit zu Zeit erneuert haben. Von dem vorigen Hanse sollte dieses Wort eigentlich Hansestadt oder Hansstadt heißen, so wie es im Nieders. wirklich Hensestadt lautet. Die fehlerhafte Schreib- und Sprechart Hanseestadt, wo der Ton auf der mittlern Sylbe tuhet, hat ihren Ursprung ohne Zweifel der irrigen, aber doch schon alten Ableitung zu danken, da man dieses Wort durch An-See-Städte erklärete, ungeachtet kaum der funfzehente Theil dieser Städte an der See lag. Im mittlern Lat. heißen diese Städte Ansaticae, Anseaticae und Hanseaticae urbes, nach welchen Mustern man sie auch zuweilen im Deutschen Anseestädte nennet.


Hänselbecher (W3) [Adelung]


Der Hänselbecher, des -s, plur. ut nom. sing. ein großer Becher, welchen ein Neuling in manchen Gegenden, wenn er gehänselt, d. i. in eine Gesellschaft aufgenommen wird, ausleeren muß. Nieders. Hänsebeker. S. Hänseln.


Hänseln (W3) [Adelung]


Hänseln, verb. reg. act. welches das Diminutivum des noch im Nieders. üblichen Zeitwortes hänsen ist, in eine Hanse, d. i. in eine Gesellschaft aufnehmen. Da diese Aufnahme von Alters her mit gewissen lächerlichen und oft grausamen Gebräuchen begleitet war, die man gar bald für das Wesentliche der ganzen Sache zu halten anfing, so ist auch dieses Zeitwort denselben besonders eigen geworden, so daß es überhaupt, mit gewissen lächerlichen Gebräuchen zu etwas einweihen bedeutet. Die Begierde zu hänseln ging endlich so weit, daß auch noch jetzt Reisende, wenn sie zum ersten Mahle an gewisse Orter kommen, sich diesen Gebräuchen unterwerfen, oder sich von denselben los kaufen müssen; z. B. Seefahrende, wenn sie zum ersten Mahle unter die Linie kommen. Im Dän. hanse, im Franz. hanser. Bey den Handelsbedienten in Königsberg wird dieses hänseln kaisern genannt, indem es in Stoßung des Hintern an einen Stein, welcher Kaiser heißt, und zehen Ellen im Umfange hat, bestehet. Das ehemahlige Deponiren auf den Universitäten ist bekannt.


Hansgraf (W3) [Adelung]


Der Hansgraf, des -en, plur. die -en, in einigen Oberdeutschen Städten, z. B. zu Regensburg, eine Benennung des Handelsrichters, der die Streitigkeiten in Handwerks- und Handelssachen auf das kürzeste untersuchet und entscheidet, und den Vorsitz in dem Hansgerichte hat. Ohne Zweifel von Hanse, Gesellschaft, Zunft, Innung, so fern es in engerer Bedeutung die Innung der Kaufleute bezeichnete. Schon 1230 in einem Privilegio Kaiser Friedrichs II, für die Stadt Regensburg heißt es: Cives potestatem habebunt eligendi Hansgravium qui disponat et ordinet extra civitatem, et non intra, ea tantum quae respiciunt negotia nundinarum. S. auch Handgraf. In Bremen sind die Hänsegräven zwey obrigkeitliche Personen, welche die Streitigkeiten der Nachbarn in Ansehung des Grund- und Eigenthumsrechtes schlichten, weil sie das gesellschaftliche gute Vernehmen der Bürger unterhalten.


Hanswurst (W3) [Adelung]


Der Hanswurst, des -es, plur. die -e, S. Hans.


Hantiren (W3) [Adelung]


Hantiren, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, im Hochdeutschen aber nur noch im gemeinen Leben üblich ist. 1) Handhaben, in der Hand oder mit der Hand bewegen. Der Stein ist zu groß, er läßt sich nicht gut hantiren. 2) Handarbeit verrichten, körperliche Bewegungen machen. Im Hause zu hantiren haben. Im figürlichen Verstande, an jemanden hantiren, 2 Pet. 2, 3, an ihm arbeiten, ihn zu gewinnen suchen, ist es völlig ungewöhnlich. 3) Poltern, lärmen, durch körperliche Bewegungen und Verrichtungen ein Getöse verursachen; besonders im Niedersächsischen. Das Gespenst hantiret entsetzlich auf dem Boden. Wer weiß wer über der Küche hantiret oder gepocht hat, Gell. 4) Ein Gewerbe treiben, äußere Handlungen zur Erwerbung seines Unterhaltes vornehmen. Alle Schiffherren und der Haufe, die auf den Schiffen hantiren, und Schiffleute, die auf dem Meer hantiren, Offenb. 18, 17. Und wollen ein Jahr da liegen und hantiren und gewinnen, Jac. 4, 13. S. Hantirung. Um die Weisheit hantiren, d. i. um sie handeln, Sprichw. 3, 14, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.

Anm. Die Endung iren gibt diesem Worte ein ausländisches Ansehen, daher es in den vergangenen Zeiten auch das Augmentum ge nicht annimmt. Im Nieders. lautet es handteren, im Dän. hantere, im Schwed. handtera, im Isländ. handtiera. Es ist nicht aus dem Französischen hanter entlehnet, welches ohnehin etwas anders bedeutet, sonder vermuthlich aus Hand und dem Nieders. teren, tiren zusammen gesetzt, welches theils ziehen, theils lärmen, Geräusch machen bedeutet, und das Stammwort von unserm Intensivo zerren ist.


Hantirer (W3) [Adelung]


* Der Hantirer, des -s, plur. ut nom. sing. ein im Hochdeutschen völlig ungewöhnliches Wort, welches Es. 47, 15, und Ezech. 27, 27 vorkommt, Leute zu bezeichnen, welche Handel und Wandel treiben, sich von ihrem Gewerbe zu nähren suchen.


Hantirung (W3) [Adelung]


Die Hantirung, plur. die -en, von dem Zeitworte hantiren, besonders in dessen vierten Bedeutung, im gemeinen Leben, der Handel und Wandel, eine jede Art der äußern Handlungen, so fern man damit seinen Unterhalt erwirbt. Ezech. 28, 5, 16 heißt es von Tyro, sie habe durch ihre große Weisheit und Hantirung solche große Macht überkommen. Daß Gewerb und Hantirung wohl gelinge, Weish. 13, 19. In welchen Stellen es zunächst den Kaufhandel zu bezeichnen scheinet. Aber sie verachteten das und gingen hin, einer auf seinen Acker, der andere zu seiner Hantirung, Matth. 22, 5. Unehrliche Hantirung treiben, 1 Tim. 3, 3, 8. In den Rechten wird es in weiterer Bedeutung zuweilen auch von der Lebensarten der Gelehrten gebraucht, ungeachtet ihre Beschäftigung zunächst nicht in äußern Arbeiten bestehet.


Hapern (W3) [Adelung]


Hapern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert aber nur im gemeinen Leben Ober- und Niedersachsens im unpersönlicher Gestalt üblich ist. Es hapert, oder die Sache hapert, es hapert mit der Sache, die Sache geräth in das Stocken, es will nicht mit ihr fort. Haperts denn, Freunde, bey der Antwort auf die erste Frage, Klopst. Daher hapenig, adj. et adv. mit Stocken, oder mehrmahliger Unterbrechung. Haperig predigen, Hermes. Es gehöret ohne Zweifel zu haften, wovon man im Oberd. sagt, es haftet, oder da haftet es, das ist es, was die Sache aufhält. Im Schwed. ist happla im Reden stocken, oder stecken bleiben.


Harand (W3) [Adelung]


* Der Harand, des -es, plur. die -e, ein nur in einigen Gegenden, z. B. im Vogtland und Franken, übliches Wort, ei- nen wilden grausamen Menschen zu bezeichnen; vielleicht von den Harannen, den gemeinen Kroatischen Soldaten, welche sich etwa in den vorigen Kriegen durch ihre Grausamkeit besonders ausgezeichnet haben mögen. Eben daselbst nennet man ein großes und bäurisches Weib einen Tharand.


Härchen (W3) [Adelung]


Das Härchen, S. Haar.


-hard (W3) [Adelung]


-hard, oder - hart, eine Endsylbe vieler eigenthümlicher Deutscher Nahmen, welche, wie es Frisch sehr wahrscheinlich macht, kein eigenes Wort ist, sonders aus der männlichen Endung - er gebildet worden, der man in manchen Mundarten ein müßiges t nachschleichen lässet, wie in Gansert für Ganser, Täubert für Täuber, Ebert für Eber. Durch Verwandlung des e in a und Vorsetzung des Hauches ward hart oder hard und im Lat. hardus daraus. Für Reiner sagte man daher erst Reinert und dann Reinhard, für Meiner Meinhard, für Berner, von bernen, brennen, leuchten, berühmt seyn, Bernhard, für Lehner Lehnhard, nd nach Lateinischer Form Leonhard, für Reicher Reichert und Reichhard, für Neider Neidhart u. s. f. S. - Er. Nur in manchen scheinet es doch wohl das Bey- und Nebenwort hart, tapfer, oder wie andere wollen, das Nieders. Hart, Herz, zu seyn; wie in Wolfhard, Eisenhart u. a. m. Wenn sich dieses Sylbe an eigenthümlichen Nahmen der Örter befindet, so gehöret sie nicht hierher, indem sie alsdann das alte Hart, (mit einem gedehnten a) ein gebirgiger Wald ist, S. 1. Harz.


-hart (W3) [Adelung]


-hard, oder -hart, eine Endsylbe vieler eigenthümlicher Deutscher Nahmen, welche, wie es Frisch sehr wahrscheinlich macht, kein eigenes Wort ist, sonders aus der männlichen Endung - er gebildet worden, der man in manchen Mundarten ein müßiges t nachschleichen lässet, wie in Gansert für Ganser, Täubert für Täuber, Ebert für Eber. Durch Verwandlung des e in a und Vorsetzung des Hauches ward hart oder hard und im Lat. hardus daraus. Für Reiner sagte man daher erst Reinert und dann Reinhard, für Meiner Meinhard, für Berner, von bernen, brennen, leuchten, berühmt seyn, Bernhard, für Lehner Lehnhard, nd nach Lateinischer Form Leonhard, für Reicher Reichert und Reichhard, für Neider Neidhart u. s. f. S. - Er. Nur in manchen scheinet es doch wohl das Bey- und Nebenwort hart, tapfer, oder wie andere wollen, das Nieders. Hart, Herz, zu seyn; wie in Wolfhard, Eisenhart u. a. m. Wenn sich dieses Sylbe an eigenthümlichen Nahmen der Örter befindet, so gehöret sie nicht hierher, indem sie alsdann das alte Hart, (mit einem gedehnten a) ein gebirgiger Wald ist, S. 1. Harz.


Harde (W3) [Adelung]


* Die Harde, plur. die -n, ein nur im Herzogthum Schleßwig übliches Wort, einen gewissen Landesbezirk von mehrern Dörfern oder einzelnen Höfen zu bezeichnen, worin die Ämter gemeiniglich getheilet zu seyn pflegen. Daher der Hardesvogt, der einer solchen Harde vorgesetzet ist. Es ist ein altes Nordisches Wort, welches im Schwed. und Isländ. Haerad lautet, und von Ihre zu dem alten Haer, ein Haufe, ein Heer, eine Horde gerechnet wird; S. diese Wörter. Im Angels. lautete es Hird, Hired, woraus durch Vorsetzung des Zischlautes das heutige Engl. Shire geworden, welches gleichfalls einen Landesbezirk bedeutet. Ein mehreres von diesem Worte kann man in Ihre's Glossario finden.


Hären (W3) [Adelung]


Hären, adj. et adv. von dem Hauptworte Haar, aus Haaren bestehend, aus Haaren verfertiget; im Oberdeutschen auch härin. Ein härenes Sieb. Eine härene Decke. Härine Kleider, 4 Esr. 16, 2. Ein häriner Sack, Offenb. 6, 12.


Hären (W3) [Adelung]


Hären, verb. reg. recipr. S. 1. Haaren.


Harfe (W3) [Adelung]


Die Harfe, plur. die -n, ein musikalisches Instrument, in Gestalt eines Dreyeckes, welches mit den Fingern gekniffen wird. Auf der Harfe spielen. Die Harfe spielen oder schlagen, auf der Harfe spielen können. S. Davids Harfe und Spitzharfe. Figürlich wird auch eine Kornfege oder Kornrolle, d. i. ein stehendes viereckiges Drahtsieb, vermuthlich um der Ähnlichkeit der Saiten willen, in einigen Gegenden eine Harfe, Schwed. Harpa, genannt. Die Deutsch redenden Wenden in Krain u. s. f. nennen einen an den Seiten offenen Schuppen, worin sie das Getreide trocknen, gleichfalls wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt, eine Harpfe oder Harfe.

Anm. Schon bey dem Ottfried Harpha, bey den Schwäbischen Dichtern Harphe, im Angels. Hearpe, Earpe, im Engl. Harp, im Dän. Harpe, Schwed. Harpa, Isländ. Haurpa, Franz. Harpe, im Ital. und mittlern Lat. Harpa. Im Oberdeutschen spricht man sehr deutlich Harpfe, daher es auch von vielen so geschrieben wird; allein im Hochdeutschen lässet man weiter nichts als ein gewöhnliches f hören. Es ist ein sehr altes Instrument, welches, wenigstens seinen wesentlichen Theilen nach, schon zu Davids Zeiten bekannt war. Die Deutschen haben es vermuthlich von ihren Nachbarn, und mit demselben auch dessen Nahmen bekommen; daher Frischens Ableitung von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - eine Klaue, Sichel, im mittlern Lat. Harpa, wegen der zum Spielen nöthigen Krümme der Finger, und Dieterichs von Stade Ableitung von haren, schreyen, rufen, sehr ungewiß und willkührlich sind. S. indessen 2. Harfen. Jemanden an der Harpfen schlagen, oder mit Ruthen streichen, war in Straßburg im 14ten Jahrh. eine Art der Strafe.


Harfen (W3) [Adelung]


1. * Harfen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, auf der Harfe spielen, welches aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. Wie kann man wissen, was gepfiffen oder geharfet ist? 1 Cor. 14. 7.


Harfen (W3) [Adelung]


2. Harfen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur zuweilen bey den Bergleuten gehöret wird. Auf dem Arschleder sitzend harfen, d. i. aus- und einschlupfen; im gemeinen Leben auch rutschen. Im Schwed. ist harfwa ziehen, raffen, scharren, Dän. harve, daher Harf daselbst auch eine Ege bedeutet, Engl. Harrow, S. Harke.


Harfenet (W3) [Adelung]


Das Harfenet, des -tes, plur. die -te, eine kleine Harfe, welche mit der Spitze in die Höhe stehet.


Harfenist (W3) [Adelung]


Der Harfenist, des -en, plur. die -en, der die Harfe zu spielen verstehet, besonders, wenn er daraus ein Geschäft macht; der Harfenspieler, oder Harfenschläger.


Harfenmuschel (W3) [Adelung]


Die Harfenmuschel, plur. die -n, eine einschällige gewundene Schnecke, deren Windungen nicht zu sehen sind, mit einer weiten und glatten Spalte; wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt.


Harfenuhr (W3) [Adelung]


Die Harfenuhr, plur. die -en, eine musikalische Uhr, wo kleine Hämmer an die Saiten anschlagen; wegen der Ähnlichkeit des Klanges.


Härin (W3) [Adelung]


Härin, adj. et adv. S. Hären.


Häring (W3) [Adelung]


Der Häring, des -es, plur. die -e, ein Seefisch, welcher besonders in den Nordischen Gewässern in großer Menge gefangen, und auf verschiedene Art zubereitet wird; Clupea Harengus L. Frischer oder grüner Häring, so wie er aus dem Wasser kommt. Gesalzener oder eingesalzener Häring, welcher auch nur Häring schlechthin genannt wird. Geräucherte Häringe, welche auch Bücklinge, und in Nieders. Flickhäringe heißen. Der volle Häring, welcher um Bartholomäi gefangen wird, da er noch voll Milch und Rogen ist.

Anm. Im Oberd. Haring, Nieders. Hering, im mittlern Lat. Harenga, im Ital. Arenga, im Angels. Haering, im Engl. Herring, im Holländ. Harink, im Franz. Hareng, im Böhm. Herynk. Weil dieser Fisch zu manchen Zeiten in großen Heeren nach fremden Küsten wandert, so leiten Wachter und andere dessen Nahmen von Heer her. Allein er scheinet vielmehr von dem Lat. Halec abzustammen, weil der Übergang des l in v und umgekehrt, etwas sehr gewöhnliches ist. Das n ist von nieselnden Mundarten eingeschaltet, und einige Gegenden sprechen noch ohne n Härig. Das Lat. Halec wird von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Salz, hergeleitet, weil man diesen Fisch sehr früh einzusalzen pflegte. Auf ähnliche Art heißt er im Dän. Sild, und im Schwed. Sill, vermuthlich auch von Salz. Weil man in der ersten Sylbe ein sehr deutliches ä hören lässet, so schreibet man auch dieses Wort richtiger mit diesem Selbstlaute als mit einem e, welches sich im Hochdeutschen bloß auf die unrichtige Ableitung von Heer gründet.


Häringer (W3) [Adelung]


Der Häringer, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur in einigen Oberdeutschen Gegenden übliches Wort, einen Höken zu bezeichnen, welcher vornehmlich mit Häringen handelt; der Häringekramer.


Häringsblick (W3) [Adelung]


Der Häringsblick, des -es, plur. die -e, der Blick oder blitzende Glanz, welchen die Häringe von sich geben, wenn sie in großen Haufen schwimmen.


Häringsbrühe (W3) [Adelung]


Die Häringsbrühe, plur. inus. 1) Die salzige Brühe von eingesalzenen Häringen; die Häringslake. 2) In den Küchen eine Brühe, zu welcher Häringe kommen.


Häringsbude (W3) [Adelung]


Die Häringsbude, plur. die -n, eine Bude, in welcher gesalzene Häringe verkauft werden.


Häringsbüse (W3) [Adelung]


Die Häringsbüse, plur. die -n, eine Büse, oder kleines Schiff, so fern es zum Häringsfange gebraucht wird. S. Büse.


Häringsfang (W3) [Adelung]


Der Häringsfang, des -es, plur. inus. der Fang des Häringes. Auf den Häringsfang gehen, segeln.


Häringsjäger (W3) [Adelung]


Der Häringsjäger, des -s, plur. ut nom. sing. in Holland, ledige Jagdschiffe, welche den Häringsbüsen, wenn sie auf dem Häringsfange sind, entgegen fahren, ihnen allerley Bedürfnisse zuführen, und die gefangenen Fische abnehmen. S. Jäger.


Häringskrämer (W3) [Adelung]


Der Häringskrämer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Höfe, welcher Häringe verkauft; Fämin. die Häringskrämerinn, im gemeinen Leben die Häringsfrau, oder das Häringsweib.


Häringslake (W3) [Adelung]


Die Häringslake, plur. inus. S. Häringsbrühe und Lake.


Häringsmeve (W3) [Adelung]


Die Häringsmeve, plur. die -n, eine Art Meven, welche den Häringen nachstellet; Larus fuscus L. et Klein.


Häringsnase (W3) [Adelung]


Die Häringsnase, plur. die -n, im Scherze, eine Benennung einer stumpfen Nase, wegen der Ähnlichkeit mit dem stumpfen Kopfe eines Häringes.


Häringstonne (W3) [Adelung]


Die Häringstonne, plur. die -n, eine Tonne, worin eingesalzene Häringe befindlich sind, oder gewesen sind.


Harke (W3) [Adelung]


* Die Harke, plur. die -n, eine nur im Nieders. und im gemeinen Leben der Obersachsen übliche Benennung desjenigen Garten-Instrumentes, welches im Hoch- und Oberdeutschen ein Rechen genannt wird, S. dasselbe. Daher harken, mit der Harke bearbeiten, rechen.

Anm. Im Engl. Harrow, im Dän. Harve, im Schwed. Harf, im Franz. Herce, im mittlern Latein Hercia, welches auch eine Ege bedeutet. Harke und Rechen, Engl. Rake, scheinen bloß durch Versetzung der Buchstaben aus einander entstanden zu seyn. Im Nieders. ist raken raffen, Angels. raccian.


Harlekin (W3) [Adelung]


Der Harlekin, des -es, plur. die -e, aus dem Französ. Harlequin, und dieß aus dem Ital. Arlequino, die lustige Person, besonders auf der Schaubühne; in den niedrigen Sprecharten der Hanswurst, S. Hans. Das Ital. Arlequino soll von einem kurzweiligen Dorfpfarrer in Toscana, Nahmens Piovano Arlotto, seinen Ursprung haben. In der Naturgeschichte führet auch eine Art Käfer den Nahmen des Harlekines, siehe Gaukler.


Harlekinsspecht (W3) [Adelung]


Der Harlekinsspecht, des -es, plur. die -e, die kleinste Art der bunten Spechte; Picus minor L. Picus varius minimus Klein. Vielleicht wegen einiger Ähnlichkeit seiner Farben mit den bunten Harlekinskleidern.


Harm (W3) [Adelung]


Der Harm, des -es, plur. inus. ein Wort, welches besonders in der höhern Schreibart für Gram gebraucht wird, und so wie dieses, einen hohen Grad der anhaltenden Betrübniß über ein Übel bezeichnet. Soll mir der Harm das Blut aus allen Adern saugen? Opitz.

Anm. Es lautet schon bey dem Ottfried Harm und Hermido, Härmde, bey dem Willeram Hermesal, gleichsam Harmsal, im Dän. und Schwed. gleichfalls Harm. Es scheint durch Versetzung der Buchstaben aus Gram entstanden zu seyn, welches bey dem r nichts ungewöhnliches ist; S. R. Es bedeutet daher im Schwed. so wie Gram auch eine anhaltende mit Widerwillen verbundene Abneigung. Nach einer nicht ungewöhnlichen Figur bedeutet Harm bey dem Tatian die Wirkung dieser Abneigung, nehmlich Verleumdung, und harmen verleumden. Hingegen ist im Angels. Hearm, und im Engl. Harm, Schaden, Unglück, und im Angels. hearman schaden. Das Nieders. karmen, wehklagen, schreyen, scheinet nicht hierher zu gehören, sondern zu dem Wallis. Garme, Carm, welches ein jedes Geschrey, besonders das Geschrey bey dem Anfange einer Schlacht bedeutet, wovon auch das Franz. Vacarme abstammet. Siehe Jammer.


Harmel (W3) [Adelung]


Die "Harmel", plur. die -n.

1) Eine in Ägypten, Klein-Asien und Sibirien befindliche Pflanze; "Peganum Harmala L."

2) In Meißen wird die "Kamille", "Anthemis nobilis L." im gemeinen Leben nur "Härmelchen" oder "Hermelchen" genannt.


Härmelin (W3) [Adelung]


Härmelin, S. Hermelin.


Härmen (W3) [Adelung]


Härmen, verb. reg. act. welches in der edlen und höhern Schreibart am häufigsten ist, aber nur als ein Reciprocum gebraucht wird; sich härmen, Harm empfinden, dem Harme nachhängen. Und Bachides härmte sich sehr, daß sein Anschlag vergeblich war, 1 Macc. 9, 68. Hierüber darfst du dich nicht härmen, Lichtw. Sich um etwas härmen. Sich zu Tode härmen. S. Harm.


Harmlos (W3) [Adelung]


Harmlos, -er, -este, adj. et adv. des Harmes oder Grames beraubet, ohne Harm, in der höhern Schreibart. Die harmlose Ruhe, Klopst. Im Oberdeutschen auch so viel als unschädlich. Ein harmloses Geschöpf.


Harmonica (W3) [Adelung]


Die Harmonica, plur. die -a's, von dem Lat. harmonicus, der Nahme eines musikalischen Instrumentes, welche aus zusammen gefügten gläsernen Glocken bestehet, welche mit den Fingern berührt werden. Es ward 1760 von einem Irländer erfunden und von Franklin verbessert.


Harmonie (W3) [Adelung]


Die Harmonie, (dreysylbig,) plur. die -n, (viersylbig,) aus dem Griech. und Lat. Harmonia. 1) Die Übereinstimmung oder Zusammenstimmung der Theile eines Ganzen unter und gegen einander; ohne Plural. So bedeutet es in er Mahlerey so wohl die Zusammenstimmung der Figuren, als auch der Farben, in der Tonkunst die Zusammenstimmung der Töne, welche einige den Zusammenklang nennen u. s. f. Kein Mißton stört die süße Harmonie, Geßn. Eine Welt im Kleinen, eine Welt voll Weisheit und Harmonie, Gell. Im gemeinen Leben wird es auch häufig von der Übereinstimmung des Willens, der Neigungen gebraucht. In der besten Harmonie mit einander leben. Die Harmonie einer Familie stören. In der Zergliederungskunst wird diejenige Verbindung der Knochen, wo nur glatte Ränder zusammen stoßen verbinden, die Harmonie genannt. 2) Zusammen stimmende Dinge, besonders zusammen stimmende Töne.


Harmonisch (W3) [Adelung]


Harmonisch, -er, -te, adj. et adv. zusammen stimmend, überein stimmend. Was entzückt mehr als die schöne Natur, wenn sie in harmonischer Unordnung ihre unendlichen mannigfaltigen Schönheiten verwindet? Gesn. Harmonische Töne flossen, jetzt von ihren Lippen, harmonischer, als noch kein Mädchen gesungen hatte, ebend. Harmonische Empfindungen gleich gestimmter Seelen, Dusch.


Harn (W3) [Adelung]


Der Harn, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, der Urin, so wohl von Menschen, als von Thieren; ein Oberdeutsches Wort, welches in den gemeinen Sprachgebrauche der Hochdeutschen unbekannt ist, und nur zuweilen im Schreiben, besonders von den Ärzten gebraucht wird. Den Harn lassen, harnen. Den Harn besehen. Es scheinet, wie schon Frisch vermuthet, aus Urin verderbt zu seyn, oder vielmehr mit demselben aus einer gemeinschaftlichen ältern Quelle abzustammen. S. Urin. Die folgenden Zusam- mensetzungen sind in dem gewöhnliches Hochdeutschen Sprachgebrauche eben so ungewöhnlich, als das einfache Wort, und kommen so wie dieses nur in Büchern vor.


Harnblase (W3) [Adelung]


Die Harnblase, plur. die -n, in der Anatomie, die Blase im Unterleibe, worin sich der Harn sammelt; die Urinblase.


Harnen (W3) [Adelung]


Harnen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, den Harn lassen, sein Wasser lassen; im gemeinen Leben der Meißner schollen. S. Urin.


Harnfluß (W3) [Adelung]


Der Harnfluß, des -sses, plur. die -flüsse, der Fluß oder Abgang des Urines wider Wissen und Willen, Diamnes, Diabetes; ein Zufall, welcher von der Schlaffheit des Schließ-Muskels der Harnblase herrühret.


Harngang (W3) [Adelung]


Der Harngang, des -es, plur. die -gänge, in der Anatomie, Gänge oder Röhren mit einer wurmförmigen Bewegung, welche den in den Nieren abgesonderten Harn in die Harnblase führen; Ureter, Harnwege.


Harngeist (W3) [Adelung]


Der Harngeist, S. Uringeist.


Harnglas (W3) [Adelung]


Das Harnglas, des -es, plur. die -gläser, ein Glas worin der Harn zur Besichtigung für den Arzt aufbehalten wird; das Uringlas.


Harnhaut (W3) [Adelung]


Die Harnhaut, plur. die -häute, bey den Ärzten, eine salzige Haut, welche sich zuweilen auf dem Harne zeiget, und verschiedene Farben spielet; die Urinhaut.


Harnisch (W3) [Adelung]


Der Harnisch, des -es, plur. die -e. 1) Eine eiserne oder stählerne Bekleidung des ganzen Leibes und seiner Theile, zur Sicherheit im Kriege; welche bey den Soldaten am häufigsten ein Küraß genannt wird. Der volle Harnisch, die ganze Rüstung, womit man sich vom Haupte bis auf die Füße bekleidet. Der Brustharnisch, so fern diese Rüstung nur die Brust bedeckt; ehedem die Brüne, die Platte. Auch der Helm kam ehedem zuweilen unter dem Nahmen des Kopf- oder Hauptharnisches vor. Einen Harnisch anlegen. Jemanden in den Harnisch jagen, oder treiben, figürlich; ihn zornig machen, in Zorn setzen. In Harnisch gerathen, zornig werden, sich entrüsten. Im Bergbaue ist der Harnisch figürlich, die Ablösung des Erzes von dem Gesteine, im Hangenden oder Liegenden. Der Gang führet einen glatten Harnisch, wenn er sich von dem Gesteine gut ablöset. 2) An den Stühlen der Seidenweber, werden der Rahmen, die Arkaden, die Oberlitzen, das Glasauge und die Unterlitzen zusammen genommen, der Harnisch, Franz. le Corps, genannt. Vielleicht nach dem Ital. Arnese, welches allerley Geräth und Werkzeug bedeutet. Bey den Damastwebern machen die Garnschnüre, welche die Kette hinten am Stuhle senkrecht durchschneiden, den Harnisch aus. Sie durchbohren ein hölzernes Bret, welches daher das Harnischbret oder die Planke genannt wird.

Anm. In den mittlern Zeiten in der ersten Bedeutung, Harnachs, im Schwabensp. Harnasch, im mittlern Lat. Harnascha, im Engl. Harness, im Franz. Harnois, Harnas, im Span. Arnes, im Ital. Arnese, im Dän. und Schwed. Harnesk, im Isländ. Harneskia. Hickes leitete es von dem Goth. Hairus, das Hirn, Gehirn, her, als wenn anfänglich nur allein der Helm, den Nahmen des Harnisches geführet hätte, welches aber unerweislich ist. Wachters und Frischens Ableitung von ähren, ehern eisern, Wallis. Hajarn, Eisen, Angels. iren. eisern, ist um ein gutes Theil wahrscheinlicher. Harnisch würde alsdann überhaupt ein jedes eisernes Geräth oder Werkzeug bedeuten, und daher ließe sich denn erklären, warum Arnese im Ital. noch jetzt von allerley Geräth gebraucht wird. Indessen muß doch auch das mittlere Lat. Garnachia, Garnacia, Guarnacia, Ital. Guarnaccia, in Betrachtung gezogen werden, welches sehr häufig vorkommt, und ein langes Kleid bedeutet, Vesle longa che si porta di sopra forse Zimarra; man müßte denn beweisen können, entweder, daß dieses ein von Harnisch ganz verschiedenes Wort sey, oder daß man ein langes Kleid nur nach einer Figur einen Harnisch genannt habe. Das mittlere Lat. garnire, Franz. garnir, welches eigentlich bedecken, mit allem Nöthigen versehen, ausrüsten, bedeutet, ist bekannt. Davon bedeutete Garniso unter andern auch eine Art der Rüstung, welche vermuthlich nicht anders als ein Harnisch war. S. des du Fresne und Carpentier Gloss. und von diesem Garniso lässet sich sehr bequem so wohl unser Harnisch, als auch das vorhin gedachte Garnachia, ein langes Kleid, ableiten. Über dieß ist bekannt, daß der Harnisch keine Deutsche Erfindung ist, sondern uns erst durch die Italiäner und Franzosen bekannt geworden, da man denn von ihnen zugleich den Nahmen mit angenommen haben kann.


Harnischbret (W3) [Adelung]


Das Harnischbret, des -es, plur. die -er, S. Harnisch 2.


Harnischen (W3) [Adelung]


Harnischen, verb. reg. act. mit einem Harnische versehen, bekleiden, von welchem aber nur das Mittelwort geharnischt, in Gestalt eines Bey- und Nebenwortes üblich ist. Ihre Geharnischte werden sich nicht wehren können, Ier. 51, 3. Geharnischt den Bogen führen, Ps. 87. 9. Geharnischt seyn. Geharnischte Reiter, welche am häufigsten Kürassier genannt werden.


Harnischhaus (W3) [Adelung]


* Das Harnischhaus, des -es, plur. die -häuser, ein veraltetes Wort, ein Zeughaus zu bezeichnen, welches noch Nehem. 3, 19 vorkommt. 2 Kön. 20, 13 befindet sich auch das gleichfalls ungewöhnliche Harnischkammer in der Bedeutung einer Rüstkammer. Ehedem, als die Harnische noch ein nothwendiges Stück der Rüstung im Kriege ausmachten, nannte man den Zeugmeister, oder Aufseher des Zeughauses, auch den Harnischmeister.


Harnischmächer (W3) [Adelung]


Der Harnischmächer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Waffenschmiede, welche sich vornehmlich mit Verfertigung der eisernen oder stählernen Harnische beschäftigen, und auch Plattner genannt werden, von Platte, der Brustharnisch. Ehedem hießen sie Harnischer.


Harnkolben (W3) [Adelung]


Der Harnkolben, des -s, plur. ut nom. sing. bey einigen Scheidekünstlern, eine Benennung der größten Art Kolben, dergleichen die sind, worin man den Urin zu distilliren pfleget; der Urinkolben.


Harnkraut (W3) [Adelung]


Das Harnkraut, des -es, plur. inus. 1) Eine Pflanze, welche den Urin Stark treibet und auch Bruchkraut genannt wird; Herniaria L. 2) Auch das Flachskraut, Antirrhinum linaria L. wird an einigen Orten Harnkraut genannt; Norw. Hörurt. 3) Bey einigen führet auch die Reseda L. diesen Nahmen, von welcher diejenige, welche bey uns wild wächset, und in der Färberey gebraucht wird, Reseda luteola L. am häufigsten Wau genannt wird. Das wohl riechende Harnkraut, Reseda odorata L. welches in Ägypten einheimisch ist, ist unter dem Latein. Nahmen Reseda am bekanntesten.


Harnprophet (W3) [Adelung]


Der Harnprophet, des -en, plur. die -en, eine scherzhafte und zugleich verächtliche Benennung eines Arztes, der ein übertriebenes Vertrauen auf die Kenntniß des Urines setzet; der Harn-Doctor, Harngucker, im Nieders. Miegenkiker, von Miege, Harn.


Harnröhre (W3) [Adelung]


Die Harnröhre, plur. die -n, in der Zergliederungskunst, eine Röhre am Wunde der Blase der menschlichen und thierischen Körper, durch welche der Harn aus dem Körper abfließet; Urethra.


Harnruhr (W3) [Adelung]


Die Harnruhr, plur. inus. bey den Ärzten, so wohl eine häufigere und öftere Ausleerung des Harnes, welche mehr als das genossene Getränk beträget, Diabethes notha; als auch derjenige häufige Abgang des Harnes, wo derselbe wie das genossene Getränk aussieht, welcher Abgang mit großer Hitze, Durst und Abzehrung verbunden ist, Diabetes vera. S. auch Milchharn.


Harnsalz (W3) [Adelung]


Das Harnsalz, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein Salz, welches man erhält, wenn man den Harn bis zur Honigdicke abrauchen läßt; Urinsalz.


Harnstrenge (W3) [Adelung]


Die Harnstrenge, plur. von mehrern Arten, die -n, bey den Ärzten, ein beschwerliches mit Hitze und Brennen in dem Blasenhalse und der Harnröhre verbundenes Harnen; Dysuria, der Harnzwang. Ein hoher Grad derselben, wo der Urin nur tropfenweise abgehet, Stranguria, wird die Harnwinde, und in den niedrigen Sprecharten, die kalte Pisse, die kalte Seiche, genannt; Schwed, Kallpiss, Holländ. Koude-Pisse, Engl. cold Evil, Franz. Chaude-Pisse, woraus anth das mittlere Lat. Culbicio gebildet worden. Der letzte und höchste Grad ist die Harnverstopfung, Ischuria, wenn der Harn völlig zurück gehalten wird.


Harntreibend (W3) [Adelung]


Harntreibend, adj. et adv. den Abfluß des Harnes befördernd. Harntreibende Mittel, in der Arzeneykunde, Diuretica.


Harnverstopfung (W3) [Adelung]


Die Harnverstopfung, plur. inus. S. Harnstrenge.


Harnweg (W3) [Adelung]


Der Harnweg, des -es, plur. die -e, S. Harngang.


Harnwinde (W3) [Adelung]


Die Harnwinde, plur. von mehrern Arten, die -n, siehe Harnstrenge. Winde scheinet hier das Winden und Krümmen auszudrucken, welches die mit dieser Krankheit verbundenen Schmerzen verursachen. In weiterer Bedeutung ist Harnwinde zuweilen ein allgemeiner Ausdruck, welcher alle drey oben gedachte Gebrechen des Harnes unter sich begreift.


Harnzwang (W3) [Adelung]


Der Harnzwang, des -es, plur. inus. S. Harnstrenge.


Harpune (W3) [Adelung]


Die Harpune, plur. die -n, bey den Wallfischfängern, ein Wurfspieß mit Widerhaken, an einem langen Seile, welcher dem Wallfische und andern großen Fischen in den Leib geworfen wird, sie damit zu tödten. Im Franz. Harpon, im Engl. Harpoon, im Dän. Harpun, im mittlern Latein Harpo, von Harpa, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine krumme Sichel, eine Klaue, ein Haken. Bey einigen ist es männlichen Geschlechtes, der Harpun, des -es, plur. die -e.


Harpunirer (W3) [Adelung]


Der Harpunirer, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, dessen Geschäft es ist, die Harpune den großen Fischen in den Leib zu werfen. Figürlich wird auch eine Art Amerikanischer Vögel mit einem langen nagelförmigen Schnabel im Gestalt einer Harpune, womit sie aus der Luft auf die Fische stoßen, Harpunirer genannt; Jaculator Klein.


Harpye (W3) [Adelung]


Die Harpye, plur. die -n, dem Griech - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , in der Fabellehre der Griechen, zwey oder nach andern drey Ungeheuer, mit weiblichen Gesichtern und schönen Haaren, welche aber Geyerflügel, Bärenohren und Hände mit fürchterlichen Klauen hatten, und dem Thracischen Könige Phineas zur Plage zugeschickt wurden.


Harre (W3) [Adelung]


* Die Harre, plur. car. welches nur noch in einigen R. A. im gemeinen Leben üblich ist. Das thut in die Harre kein Gut, in die Länge der Zeit. Etwas in die Haare ziehen, in die Länge. S. das folgende.


Harren (W3) [Adelung]


Harren, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und im Oberdeutschen für warten am üblichsten ist. Noah harrete noch andere sieben Tage, 1 Mos. 8, 12. Sieben Tage sollt du harren bis ich zu dir komme. 1 Sam. 10, 8. Ingleichen für zaubern, eine Handlung aufschieben. Harre nicht mit Besserung deines Lebens, Sir. 18, 22. Harre hie, harre da, hie ein wenig, da ein wenig, Es. 28, 10, 13. Auch im guten Verstande. Darum harret der Herr, daß er euch gnädig sey, Es. 30, 18. Da Gott einsmahls harrete und Geduld hatte, zu den Zeiten Noä, 1 Petr. 3, 20. Ferner mit dem Vorworte auf, oder statt dessen mit der zweyten Endung. Wenn ihr zusammen kommet zu essen, so harre einer des andern, 1 Cor. 11, 33. Sie harrt nur auf Gelegenheit, Wiel. Wo es zuweilen auch für hoffen gebraucht wird. Daß ich so lang muß harren auf meinen Gott, Ps. 69, 4. Harre auf Gott, Ps. 62, 6, 12. Harre sein nur, Hiob. 35, 14. Ob sie (die Weißagung) aber verzeucht, so harre ihr, sie wird gewißlich kommen, Hab. 2, 3. Im Hochdeutschen gebraucht man es so wohl absolute, als auch mit dem Vorworte auf, oder statt dessen nach Art der Oberdeutschen mit der zweyten Endung des Nennwortes, wo es in engerer Bedeutung ein anhaltendes ängstliches und doch mit Geduld verbundenes Warten und Hoffen bezeichnet. Harre, und du wirst sehen, daß die Übel zu deinem größern Glücke dienen, Gell. Traurig harrte die bange Natur im erkaltenden Schauder, Zach. Die Völker haben dein geharret, Gell. Lieb. Harr seiner meine Seele, Harr und sey unverzagt, ebend. Herauf, o Sonne, lange schon harret dir der Bard' entgegen, Denis. Es klingt daher alle Mahl widrig, wenn ungeschickte Schriftsteller da harren, wo vernünftige Personen nur warten würden.

Anm. Im Nieders. bedeutet harren in engerer Bedeutung aushalten, ausdauern; ich kann hier nicht harren, nicht aushalten. Es ist sehr wahrscheinlich, das es von hart abstammet, so wie das Lat. durare von durus gebildet ist; welches aus den verwandten Sprachen, welche das t behalten haben, noch deutlicher wird. Im Schwed. ist framhärda und uthärda ansharren, verharren, ehedem auch im Hochdeutschen geherten, und selbst unser währen und warten kann vermittelst der nicht ungewöhnlichen Verwechselung der Hauch- und Blaselaute davon abstammen. Daß das Lat. haerere, und vielleicht auch das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, zaubern, zurück bleiben, gleichfalls dahin gehören, wird demjenigen nicht unwahrscheinlich däuchten, der die Verwandtschaft aller Asiatischen und Europäischen Sprachen unter einander kennet. S. Hart, Währen und Warten.


Harsch (W3) [Adelung]


Harsch, -er, -este, adj. et adv. welches für hart üblich ist, doch nur in solchen Fällen, wo die Härte von der Wegdünstung des flüssigen oder feuchten Körpers, oder von dessen Gerinnung herrühret. Eine Wunde bekommt eine harsche Rinde. Siehe Schurf. Eine Brotrinde harsch, wenn sie sehr trocken und hart ist. Im Oberdeutschen gebraucht man es auch für rauh. Eine harsche Haut, eine rauhe Haut. Selbst im figürlichen Verstande, eine harsche Luft, eine rauhe, herbe, unfreundliche Luft. Anm. Im Engl. harsh, harrish, yarrish, im Schwed. harsk, im Nieders. barsch, basch. Es scheinet gleichfalls zu hart zu gehören, an welchem Worte das t, wie aus harren er- hellet, nicht wesentlich ist. Über dieß sind die Verwechselungen des t und s oder sch in den Mundarten etwas sehr gewöhnliches. S. auch Herbe, Beharschen und Verharschen.


Harschhorn (W3) [Adelung]


Das Harschhorn, des -es, plur. die -hörner, siehe Heerhorn.


Harschlächtig (W3) [Adelung]


Harschlächtig, S. Herzschlächtig.


Hart (W3) [Adelung]


Hart, härter, härteste oder härtste, adj. et adv. 1. Eigentlich, wo es diejenige Eigenschaft der Körper bezeichnet, nach welcher sie vermögend sind, einer leidentlichen Veränderung oder einem Stoße zu widerstehen, im Gegensatze des weich. In diesem schärfsten wissenschaftlichen Verstande ist ein jeder Körper hart, weil ein jeder ein gewisses Vermögen hat, einer leidentlichen Veränderung zu widerstehen. Allein im gemeinen Leben wird dieser Ausdruck alle Mahl verhältnißweise gebraucht, und da bezeichnet es einen merklichen und hohen Grad dieses Vermögens, so wohl überhaupt, da er vermögend ist, den gewöhnlichsten Eindrücken mehr zu widerstehen als ein anderer Körper. So nennet man alle Steine hart, weil sie den gewöhnlichsten Arten des Stoßes widerstehen. Der Demant ist der härteste unter allen bekannten Körpern. Sprichw. Auf einen harten Ast gehört ein harter Keil. Als auch mit noch näherer Beziehung auf einen weichern Körper eben dieser Art. Eine harte Haut, harte Hände haben. Hartes Holz, wohin man eichenes, büchenes, ahornes, birkenes Holz u. s. f. rechnet, im Gegensatze des weichen. Hart gesottene Eyer, harte Eyer, im Gegensatze der weich gesottenen. Das Fleisch ist hart gesotten, ob es gleich in Vergleichung mit Holz, Steinen u. s. f. weich genug ist. Harte Steine nennet man in der Mineralogie diejenigen, welche sich nicht mit dem Messer schaben lassen. Hartes Brot, eine harte Rinde, eine harte Schale. Ein hartes Wasser, welches viele erdige Theile bey sich hat. Hartes Getreide, oder Hartkorn, in der Landwirthschaft, Rocken, Weizen und Gerste, im Gegensatze des weichen, d. i. des Hafers. Hingegen zählet man zum harten Futter oder zum Hartfutter, eben daselbst, alles Getreide, mit Einschluß des Hafers und der Erbsen, im Gegensatze des rauchen Futters, d. i. des Strohes, Heues und Grummetes. Harte Schlacken, im Bergbaue, frische Schlacken. Hartes Bley, oder Hartbley, eben daselbst, welches im Abtreiben von dem Silber geschieden wird. Hartes Geld, ganzes oder grobes Geld, im Gegensatze des einzelnen Geldes oder der Münze. Zuweilen auch mit näherer Beziehung auf die Empfindung. Diese Speise liegt hart im Magen. Auf der harten Erde liegen. Die Erde ist ein hartes Lager. 2. Figürlich, wo dieses Wort in sehr vielen uneigentlichen Fällen gebraucht wird, wo das Bild theils von dem Widerstande der harten Körper selbst, theils von der Mühe, die man anwenden muß denselben zu überwinden, theils endlich auch von der dadurch verursachten unangenehmen Empfindung entlehnet ist. 1) In Ansehung des Widerstandes harter Körper gegen eine leidentliche Veränderung. (a) Vermögen oder Fertigkeit besitzend, bey sinnlichen Eindrücken von außen zu widerstehen, oder solche nicht zu empfinden. Hart gewöhnet seyn, den Eindrücken der Witterung, den Beschwerden widerstehen können, im Gegensatze des weichlich oder zärtlich. Ein Kind hart erziehen. Sich hart halten, nicht weichmüthig werden, im Nieders. aber auch, frisch und gesund seyn. Die Ebräischen Weiber sind harte Weiber, ehe die Wehmutter zu ihnen kommt, haben sie geboren. 2 Mos. 1, 19. S. Abhärten. Ein Harter Schlaf, ein fester, Es. 29, 10. Ich war so hart entschlafen, daß ich nicht erwachte, Opitz. Ein hartes Leben, ein zähes Leben, welches nicht leicht abzukürzen oder zu Überwinden ist. Ein harter Bezahler; der schwer zur Bezahlung zu bringen ist. (b) Im moralischen Verstande. (aa) Eine harte Stirn haben, unverschämt seyn, Fertigkeit besitzen den Empfindungen der Scham zu widerstehen. (bb) Fertigkeit besitzend, den Bewegungsgründen zu widerstehen, unbiegsam. Einen harten Kopf, einen harten Sinn, einen harten Nacken haben. Ein harter Sinn, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Das Herz Pharao ist hart, er wegert sich das Volk zu lassen, 2 Mos. 7, 14. Aber die Kinder, zu welchen ich dich sende, haben harte Köpfe, und verstockte Herzen, Ezech. 2, 4. Denn das ganze Haus Israel hat harte Stirnen und verstockte Herzen, Kap. 3, 7. Sprichw. Hart wider hart thut niemahls gut, wofür man auch sagt, zwey harte Steine mahlen selten klein. S. Hartnäckig. (cc) Den Empfindungen des Mitleidens widerstehend, Fertigkeit besitzend, bey anderer Noth unempfindlich zu seyn, und in dieser Gesinnung gegründet; im Gegensatze des weich. Ein hartes Herz haben. Sich hart halten, nicht gerühret, nicht weichherzig werden. Hart gegen jemanden seyn, mehr in leidentlicher Bedeutung, so wie einem hart seyn, mehr thätiges mit in sich lässet. Ein harter Orden. Sey nicht hart gegen den Dürftigen, Sir. 4, 1. (dd) Fertigkeit besitzend, den Glimpf, die Mäßigung in Beurtheilung des Verfahrens anderer und in dem Widerstande gegen ihr unrechtmäßiges Verhalten zu unterlassen, und in dieser Fertigkeit gegründet. Ein harter Richter. Eine harte Strafe. Etwas sehr hart bestrafen. Jemanden sehr hart anreden. Eine harte Antwort. Einem harte Vorwürfe machen. Das ist zu hart. Wo es oft ein glimpflicher und anständiger Ausdruck für grob ist. (a) Einen harten Kopf haben, in Niedersachsen, einen ungelehrigen, wofür man in Obersachsen sagt, einen schweren Kopf haben. (c) Als ein Nebenwort wurde es ehedem auch häufig für sehr nahe gebraucht, weil in der Nähe der Widerstand alle Mahl stärker ist; in welcher Bedeutung es aber im Hochdeutschen seltener zu werden anfängt. Hart unter den Leisten sollen die Ringe seyn, 2 Mos. 25, 27. Daß es auf dem Leibrock hart anliege, Kap. 28, 28. Ein groß Volk wird sich erregen, hart an unserm Lande, Jer. 6, 22. Hart an der Mauer wohnen. Er blieb hart an der Thür die Stirne runzelnd stehen, Zachar. Zwey Kinder spielten einst hart an des Pico Fuß, Lichtw. Die Niedersachsen sagen dafür dicht nach eben derselben Figur. Das Schwed. hardt bedeutet gleichfalls nahe. 2) In Rücksicht auf die Mühe, welche man anwenden muß, den Widerstand harter Körper zu überwinden, mit Mühe verbunden, doch nur in einigen Fällen. Einen harten Leib, einen harten Stuhlgang haben. S. Hartleibig. Das wird hart halten, es wird schwer, nicht anders als mit Mühe zu bewerkstelligen seyn. Hart hören, schwer, mit Mühe hören, etwas taub seyn, S. Harthörig. Das gehet ihm hart ein, sehr schwer. Harte Buchstaben, in der Sprachkunst, das p, t und k, im Gegensatze der weichen b, d und g, weil sie im Aussprechen mehr Mühe und Anstrengung erfordern. Vielleicht gehöret hierher auch die harte Tonleiter in der Musik, wo die Terz zwey ganze Töne in drey Stufen enthält, und welche auch die große genannt wird, zum Unterschiede von der weichen oder kleinen. 3) In Rücksicht auf die Empfindung, wo es in vielen Fällen theils einen sehr merklichen Grad einer unangenehmen Empfindung bezeichnet, theils überhaupt für sehr gebraucht wird. (a) In den schönen Künsten gebraucht man dieses Wort in vielen Fällen von solchen Fehlern, welche eine unangenehme Empfindung bey dem Zuschauer oder Zuhörer zurück lassen. Eine harte Figur, in der Redekunst, eine übertriebene Metapher, Katachresis. Harte Verse, in der Dichtkunst, im Gegensatze der fließenden. Ein harter Keim. Eine harte Schreibart. Eine harte Manier, ein harter Pinsel, bey den Mählern, wenn die hellen Farben zu nahe an den dunkeln stehen und nicht gehörig vertrieben sind, ingleichen wenn die Umrisse nicht gehörig vermischt sind, welches auch trocken genannt wird; im Gegensatze der weichen oder sanften Manier. Ein Bildhauer arbeitet hart und trocken, wenn seiner Arbeit das Markige und die gehörige Politur fehlet. (b) Ein wenig sauer, im gemeinen Leben. Das Bier schmeckt hart, wenn es anfängt sauer zu werden; Schwed. hard. Auf ähnliche Art sagten die Römer vinum durum. S. Härtlich und Härtling. (c) In einem sehr merklichen Grade unangenehm, schmerzhaft, empfindlich, beschwerlich, doch nur in einigen bereits eingeführten Fällen, in welchen man dafür auch schwer, und im gemeinen Leben zuweilen auch sauer gebraucht. Einen harten Fall thun. Eine harte Krankheit ausgestanden haben. Ich habe dafür hart genug büßen müssen. Das ist ein harter Gang. Harte Arbeit verrichten. Eine harte Dienstbarkeit, Sklaverey. Ein harter, sehr kalter, Winter. Es sind harte Zeiten. Eine harte (sehr unangenehme,) Nothwendigkeit. Es ist etwas sehr hartes, sich einen Narren vorgezogen sehen. Ein hartes Schicksal. Hartes (stürmisches,) Wetter auf der See. Ein Pferd trabet hart, gehet einen harten Trab, wenn der Trab dem Reiter unangenehme Empfindungen macht,. (d) In noch weiterer Bedeutung, eine bloße Intension, einen hohen Grad der innern Stärke zu bezeichnen; in welcher Bedeutung es im Hochdeutschen größten Theils veraltet ist. Eine harte Belagerung. Ein harter, heftiger, Streit oder Kampf. Wo der Streit am härtesten ist, 2 Sam 11, 15. Mit harter Mühe, mit großer, schwerer Mühe. Besonders als ein Adverbium für sehr; ein im Hochdeutschen gleichfalls veralteter Gebrauch. Ich bin so harte niht verzaget, einer der Schwäbischen Dichter. Harto bistu herti, Ottfr. du bist sehr hart. Fürwittig erschrack des gar hart, Theuerd. Kap. 15. Und sie drungen hart auf den Mann Lot, 1 Mos. 19, 10. Seit dem hat er das Volk noch härter geplagt, 2 Mos. 5, 23. Und schlug sie hart, Richt. 15, 8. Wer die Nasen hart schneutzet, zwinget Blut heraus, Sprichw. 30, 33. Deß erschrack Belsazar noch härter, Dän. 5, 9. Und so in andern Stellen mehr. Doch sagt man auch im Hochdeutschen, jemanden hart zusetzen, hart in ihn dringen. Auf ähnliche Art stammet das Lat. valde von validus ab. Das Schwed. harla bedeutet gleichfalls sehr. Anm. Bey dem Ulphilas hardus, bey dem Kero und Ottfried harto, im Nieders. hard und harde, im Angels. heard, im Engl. hard, im Isländ. hardur, im Dän. haard, im Schwed. hardt. Ehedem bedeutete es auch groß, fest, stark, tapfer u. s. f. Das Span. harto ist noch für viel üblich, und das Franz. hardi, kühn, stammet gleichfalls davon ab. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, stark, tapfer, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, sehr, kommen genau damit überein, so wie das Lat. arduus selbst einige figürliche Bedeutungen beybehalten hat. S. auch Harren, Harsch und Herb. Wenn man auf den sehr gewöhnlichen Übergang des r in l und dieses in jenes siehet, so wird man auch die Verwandtschaft zwischen hart und halten and dem Lat. validus, im Nieders. wählig, nicht ver- kennen können. Sagt man doch im Oberdeutschen noch jetzt erhalten, für erhärten, beweisen; im Braunschweigischen heren, für halten, erfüllen, und im Nieders. heerden, beheerden, für halten. S. auch Held. Übrigens ist für hart in der eigentlichen Bedeutung im Bergbaue auch gällig, klammgällig, klemmig, im Nieders. rog, (Lat. rigidus,) üblich; so wie man manche besonders Arten der Härte im Hochdeutschen durch harsch, spröde, zähe u. s. f. ausdruckt.


Hart (W3) [Adelung]


Der oder die Hart, ein gebirgiger Wald, S. 1. Harz.


Hartbley (W3) [Adelung]


Das Hartbley, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, S. Hart 1.


Härte (W3) [Adelung]


Die Härte, plur. inus. das Abstractum des Bey- und Nebenwortes hart, die Eigenschaft eines Dinges, da es hart ist, in den meisten Bedeutungen. 1. Das Vermögen, einem Stoße oder einer leidentlichen Veränderung zu widerstehen, so wohl absolute, wo die Härte eine Eigenschaft aller Körper ist, als auch, und zwar am häufigsten, verhältnißweise, das Vermögen, diesen leidentlichen Veränderungen in einem merklichen Grade, mehr als andere ähnliche Dinge, zu widerstehen. Die Härte des Holzes, eines Stelnes u. s. f. Dem Eisen den rechten Grad der Härte geben, es gehörig härten. Das Eisen verlieret seine Härte, wenn es weich ist. Die Härte der Haut, der Hände, des Brotes u. s. f. 2. Figürlich. 1) In Ansehung des Vermögens den leidentlichen Veränderungen zu widerstehen. (a) Das Vermögen, die Fertigkeit, den sinnlichen Eindrücken von außen Widerstand zu leisten, solche nicht zu empfinden. So sagt man, obgleich nur selten, von einem Menschen, der gegen die Witterungen, gegen die Beschwerden u. s. f. abgehärtet und unempfindlich ist, er besitze eine große Härte. Noch mehr, (b) im moralischen Verstande. (aa) Die Härte der Stirn, das Vermögen, die Fertigkeit, den Empfindungen der Scham zu widerstehen. (bb) Das Vermögen, und in engerer Bedeutung, die Fertigkeit, allen Bewegungsgründen Widerstand zu leisten. Star besitzet eine außerordentliche Härte. Die Härte des Gemüthes. Die Härte des Herzens, in der Theologie, der Stand der Unempfindlichkeit gegen alle heilsame Wirkungen der göttlichen Gnade, der auch der Stand der Verhärtung, und wenn er einen hohen Grad erreicht hat, der Verstockung genannt wird. S. Hartnäckigkeit. (cc) In engerer Bedeutung, das Vermögen, die Fertigkeit, den Empfindungen des Mitleidens zu widerstehen, die Fertigkeit von anderer Noth nicht gerühret zu werden; ein gelinderer Ausdruck für Unbarmherzigkeit. Eines Bitte mit vieler Härte verwerfen. Wenn man die Härte der Menschen schon so sehr erfahren hat, so wird man es endlich müde, von seinem Unglück zu sprechen, Sonnenf. (dd) Die Fertigkeit, die Mäßigung in Beurtheilung anderer und im Widerstande gegen ihr unrechtmäßiges Verhalten, zu unterlassen; die Strenge. Einen Fehler mit vieler Härte, oder nach der Härte bestrafen. Der Unterricht in den niedern Schulen wird gemeiniglich von zu vieler Härte begleitet. Die Härte des Schicksals. Jemanden mit vieler Härte begegnen, wo es so wie das Beywort oft ein glimpflicher Ausdruck für Grobheit, Ungestüm u. s. f. ist. (ee) Die Härte des Kopfes, die Ungelehrigkeit, das Unvermögen, eine Sache zu fassen, oder zu begreifen. 2) In Ansehung der Mühe, welche man anwenden muß, den Widerstand eines harten Körpers zu überwinden, ist es nur in einigen Fällen üblich. Die Härte des Leibes oder des Stuhlganges, derjenige Fehler der Gedärme, wo der Stuhlgang mit Mühe, mit Beschwerde verbunden ist, oder wohl gar ausbleibet. S. Hartleibigkeit. Die Härte der Buchstaben, da sie in der Aussprache mehr Anstrengung erfordern als andere. 3) Besonders in Ansehung der damit verbundenen unangenehmen Empfindung. (a) In den schönen Künsten, die Schwierigkeit, welche entweder den Sprachwerkzeugen oder den Empfindungen in den Weg geleget wird. Die Härte der Schreibart, des Styls. Die Härte der Verse, des Reimes. Wo einzelne harte Laute, Verbindungen oder Stellen, auch den Plural verstatten. Härten des Styls. Die Härte der Manier oder des Pinsels, in der Mahlerey, der Mangel der gehörigen Vertreibung der hellen Farben mit den dunkeln, der Mangel der Vermischung der Umrisse; die Trockenheit. Der erste Griechische Styl in den Bildwerken hatte noch viele Härte. (b) Die Eigenschaft einer Sache, da sie in einem sehr merklichen Grade unangenehm, schmerzlich, empfindlich, beschwerlich ist. Die Härte des Winters, einer Strafe, einer Sklaverei. Die Härte des Schicksales. Anm. Schon bey dem Ottfried, so wohl eigentlich als auch figürlich von der Härte des Gemüthes, Herti. Siehe auch Härtigkeit.


Härten (W3) [Adelung]


Härten, verb. reg. act. hart machen. Das Eisen härten, ihm mehr Härte geben, als es von Natur hat; schon in dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter herren. Ingleichen figürlich, gegen die sinnlichen Eindrücke von außen unempfindlich machen. Geduld durch Grundsätze genährt, und durch Schicksale gehärtet. Wofür doch außer der höhern Schreibart abhärten üblicher ist. Ingleichen im moralischen Verstande. Sie härteten ihre Nacken, wie der Nacken ihrer Väter, 2 Kön. 17, 14. Wofür man im Hochdeutschen lieber verhärten sagt. So auch die Härtung. Anm. Nieders. harden, Dän. härde, Engl. to harden, Angels. heardian, bey dem Ottfried harten, im figürlichen Verstande.


Härtern (W3) [Adelung]


Der Härtern, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben einiger Gegenden, eine Benennung so wohl des Hartriegels, als auch der Rainweide, beyder wegen der Härte ihres Holzes. S. diese Wörter.


Harthaarig (W3) [Adelung]


Harthaarig, oder Harthärig, adj. et adv. harte Haare habend, die dem Gefühle nach hart sind.


Harthäutig (W3) [Adelung]


Harthäutig, -er, -ste, adj. et adv. eigentlich, eine harte Haut habend. Harthäutige Weinbeeren. Ingleichen figürlich. Fertigkeit besitzend, Schläge, Ermahnungen und Bestrafungen nicht zu achten; wofür auch dickhäutig üblich ist.


Hartherzig (W3) [Adelung]


Hartherzig, -er, -ste, adj. et adv. ein hartes Herz habend, d. i. Fertigkeit besitzend; von anderer Noth nicht gerühret zu werden, und darin gegründet. Ein hartherziger Mann. Schämen sie sich, daß sie einen so hartherzigen Brief geschrieben haben.


Hartheu (W3) [Adelung]


Das Hartheu, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme des Johanniskrautes, Hypericum L. S. dieses Wort. Bey einigen neuern Schriftstellern wird auch ein Virginisches Staudengewächs, Ascyrum L. Hartheu genannt.


Harthobel (W3) [Adelung]


Der Harthobel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Tischlern, ein Hobel mit beynahe senkrechter Klinge, Metalle und harte Hölzer damit zu hobeln.


Harthörig (W3) [Adelung]


Harthörig, adj. et adv. im gemeinen Leben, hart, d. i. schwer, mit Mühe hörend, ein wenig taub. Daher die Harthörigkeit, plur. inus.


Harthüfig (W3) [Adelung]


Harthüfig, adj. et adv. einen harten Huf habend, besonders von den Pferden.


Härtigkeit (W3) [Adelung]


* Die Härtigkeit, plur. inus. das ohne Noth verlängerte Hauptwort Härte, welches statt dessen nur noch im gemeinen Leben üblich ist, dagegen man sich in der edlern Schreibart, wie in andern Fällen lieber des Abstracti auf e bedienet. So wohl im eigentlichen Verstande, wo Hardigkeit und Hardheit vorzüglich im Nieders. üblich sind, welche Mundart keine Freundinn von der Abstractis auf e ist. Als auch im figürlichen. Die Härtigkeit des Stuhlganges, des Leibes. Siehe nicht an die Härtigkeit dieses Volkes, 5 Mos. 9, 27. Eine linde Zunge bricht die Härtigkeit, Sprichw. 25, 15. Des Herzens Härtigkeit, Matth. 19, 8. Im Isidor wird dafür Hartnissa gebraucht.


Härtiglich (W3) [Adelung]


* Härtiglich, adv. ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, welches nur noch im Oberdeutschen, besonders in den figürlichen Bedeutungen des Wortes hart üblich ist, zuweilen aber auch dessen Bedeutung vermindert. Härtiglich arbeiten, mühsam, harte Arbeit verrichten. Sich härtiglich nähren, mühsam, kümmerlich. Härtiglich plagen, Opitz, für sehr plagen.


Hartklemmig (W3) [Adelung]


Hartklemmig, adj. et adv. welches nur im Bergbaue üblich ist. Hartklemmiges Gestein, welches sehr hart ist. S. Klemmig.


Hartkopf (W3) [Adelung]


Der Hartkopf, des -es, plur. die -köpfe, eine Person, welche einen harten Kopf hat, d. i. Fertigkeit besitzet, Bewegungsgründen zu widerstehen. Ital. Testardo. Daher hartköpfig, adj. et adv. diese Fertigkeit habend, darin gegründet, Ital. di testa dura. S. auch Hartnäckig.


Hartkorn (W3) [Adelung]


Das Hartkorn, des -es, plur. inus. hartes Korn oder Getreide, d. i. Gersten, Weitzen, Rocken, im Gegensatze des weichen Kornes, d. i. des Hafers. Im mittlern Latein des 13ten Jahrh. schon Bladum durum, welches du Fresne sehr irrig durch sanum, siccum, erkläret, indem es in den beyden von ihm angeführten Stellen ausdrücklich dem Hafer entgegen gesetzet wird.


Hartlehrig (W3) [Adelung]


Hartlehrig, -er, -ste, adj. et adv. der hart, d. i. schwer zu lehren ist, nicht leicht etwas bald zu fassen, oder zu begreifen vermögend ist; wofür andere hartlernig gebrauchen. S. Lehren und Lernen. Daher die Hartlehrigkeit, oder Hartlernigkeit.


Hartleibig (W3) [Adelung]


Hartleibig, -er, -ste, adj. et adv. einen harten Leib habend; so wohl einen trocknen, harten, mit Mühe verbundenen Abgang der Unreinigkeiten durch den Mastdarm habend, als auch mit einer hartnäckigen Verstopfung des Leibes behaftet, wo die natürliche Ausleerung durch den Mastdarm verhindert wird. Figürlich auch wohl im gemeinen Leben, geitzig, zähe, zurückhaltend im Bezahlen oder Geben.


Hartleibigkeit (W3) [Adelung]


Die Hartleibigkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da man hartleibig ist, im allen obigen Fällen.


Hartlernig (W3) [Adelung]


Hartlernig, adj. et adv. S. Hartlehrig.


Härtlich (W3) [Adelung]


Härtlich, -er, -ste, adj. et adv. ein wenig hart. Das Fleisch ist noch etwas härtlich. Ingleichen ein wenig sauer. Härtlicher Wein. Das Bier schmeckt härtlich. So auch die Härtlichkeit.


Härtling (W3) [Adelung]


Der Härtling, des -es, plur. die -e, ein im gemeinen Leben übliches Wort, gewisse harte Körper zu bezeichnen. Im Hüttenbaue sind die Härtlinge gewisse harte Schlacken, welche von einem eisenhaltigen Kiese herrühren, sich in den Herd setzen, schwer zu schmelzen sind, und das Zinn spröde machen. Im Oberdeutschen hingegen werden die sauern unreifen Weinbeeren und Weintrauben an manchen Orten Härtlinge genannt, wofür an den meisten Herling üblicher ist. S. dieses Wort.


Hartloth (W3) [Adelung]


Das Hartloth, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, bey den Metallarbeitern, ein hartes, d. i. strengflüssiges Loth, welches aus Zinn und Kupfer bestehet, Schlagloth; zum Unterschiede von dem Schnell- oder Zinnlothe, welches aus Zinn und Bley bestehet.


Hartmäulig (W3) [Adelung]


Hartmäulig, -er, -ste, adj. et adv. ein hartes, abgehärtetes Maul habend, welches vornehmlich von Pferden üblich ist, wenn sie die Eindrücke des Zügels nicht leicht empfinden und befolgen. Daher die Hartmäuligkeit, plur. inus.


Hartmeißel (W3) [Adelung]


Der Hartmeißel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schmieden, ein Hammer, welcher einem Schrothammer gleicht, die Eisenstäbe in die Länge damit zu durchschroten.


Hartnägelchen (W3) [Adelung]


Das Hartnägelchen, oder Hartnägelein, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art wilder Nägelein, von welchen man so wohl rauche als glatte hat; vermuthlich wegen der harten Blumenblätter.


Hartreder (W3) [Adelung]


Der Hartreder, des -s, plur. ut nom. sing. S. das folgende.


Hartriegel (W3) [Adelung]


Der Hartriegel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein strauchartiges Gewächs, welches rundliche schwarze Beeren in kleinen Trauben träget, welche im gemeinen Leben Hundsbeeren genannt werden; Ligustrum vulgare L. Es wächset auf den grobsandigen Hügeln und auf den Rainen, und hat ein sehr festes hartes Holz, daher es nicht nur den Nahmen Hartriegel bekommen hat, der im gemeinen Leben oft in Hartreder, Hartern, verstümmelt wird, sondern um eben dieses Umstandes willen auch Eisenbeerbaum, Beinhülsen, Beinholz, rothes Beinholz genannt wird. Weil es sich wie die Weiden verpflanzen lässet, und dessen Blätter den Weidenblättern gleichen, so heißt es an einigen Orten Rainweide, und Spanische Weide. Wegen der guten Wirkung des Holzes wider die Mundfäulniß, wird es auch Mundholz, und Kehlholz genannt. Übrigens führet es an andern Orten die Nahmen Heckenbaum, Heckholz, Geißhülsen, Griesholz, grüner Faulbaum, u. s. f. 2) An andern Orten ist der wilde Kornelbaum, Cornus sanguinea L. unter dem Nahmen des Hartriegels, Hartreders oder Harterns bekannt; gleichfalls seines festen Holzes wegen. Seine Beeren werden gleichfalls Hundesbeeren, an andern Orten aber Kürbeeren, Horlsken, Herlsken und Hernsken genannt, welche letztere Nahmen aus Kornelle verderbt zu seyn scheinen. Weil er gern in den Hecken wächset, so ist er in manchen Gegenden auch unter dem Nahmen des Heckenbaumes bekannt.


Hartrindig (W3) [Adelung]


Hartrindig, -er, -ste, adj. et adv. eine harte Rinde habend. Daher die Hartrindigkeit.


Hartroth (W3) [Adelung]


Hartroth, adj. et adv. welches in Obersachsen von einer Art rother Weintrauben gebräuchlich ist, welche auch in warmen Sommern selten reif werden; zum Unterschiede von den kurzrothen, feldrothen, ziegelrothen, zottelrothen und schleerothen Weinstöcken.


Hartschälig (W3) [Adelung]


Hartschälig, -er, -ste, adj. et adv. eine harte Schale habend. Hartschäliges Obst.


Hartschier (W3) [Adelung]


Der Hartschier, S. Hatschier.


Hartschlächtig (W3) [Adelung]


Hartschlächtig, S. Herzschlächtig.


Hartstich (W3) [Adelung]


Der Hartstich, des -es, plur. die -e, in dem Hüttenbaue, ein Stück Kupfer, welches, nachdem es geschmelzet worden, mit der Kelle ausgegossen ist. Vielleicht ist es eine verderbte Aussprache des folgenden Wortes.


Hartstück (W3) [Adelung]


Das Hartstück, des -es, plur. die -e, auf den Kupferhämmern, geschmelzte Stücke Kupfers, so wie sie hernach unter den Hammer gebracht werden. Ein Hartstück abpochen, es in kleinere Stücke hauen. Die Hartstücke zuschroten, diese kleineren Stücke noch kleiner schlagen.


Härttonne (W3) [Adelung]


Die Härttonne, plur. die -n, bey den Eisenarbeitern, eine Tonne mit Härtwasser, den glühenden Stahl darin abzulöschen und ihn dadurch zu härten.


Härtwasser (W3) [Adelung]


Das Härtwasser, des -s, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, ut nom. sing. eben daselbst, ein aus einer Lauge von Salz, Salpeter, oder Urin, oder auch Knoblauchssaft zubereitetes Wasser, den glühenden Stahl darin abzulöschen und ihn dadurch zu härten, welches auch das Löschwasser genannt wird.


Hartwerk (W3) [Adelung]


Das Hartwerk, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, auf den Zinnhütten, dasjenige was von dem kupferhaltigen Zinnsteine bey dem Schmelzen im Ofen zurück bleibet.


Harz (W3) [Adelung]


1. Der Harz, des -es, plur. die -e, ein gebirgiger Wald, oder waldiges Gebirge; eine ehedem allgemeine Benennung aller Gebirge dieser Art, welche jetzt als ein eigenthümlicher Nahme dem großen waldigen Gebirge übrig geblieben ist, welches sich durch einen Theil Niedersachsens, besonders durch das Herzogthum Braunschweig erstrecket, und auch der Harzwald genennet wird. Im Oberdeutschen, wo dieses Wort mehrern gebirgigen Wäldern eigen ist, lautet es mit einer gewöhnlichen Verwechselung des t oder d mit dem Zischlaute, Hart oder Hard, und ist alsdann zuweilen weiblichen Geschlechtes, die Hart. Dahin gehören die Hart im Fuldaischen und Hirschfeldischen, welche ein Stück des alten Buchwaldes ist, die Hart im Sundgau, unweit Mühlhausen, die Hart in Unter-Krain, de Susenhart im Brißgau, der Speßhart im Ober-Rheinischen Kreise, der Reinhart in Hessen, die Hönhart in Baiern u. a. m. Selbst der Braunschweig. Harz lautet bey dem gemeinen Manne nur Hart. Daß dieses Wort sehr alt ist, erhellet aus den Schriften der Römer, welche aus diesem allgemeinen Nennworte so wohl den Sylvam Arduennam, als den Sylvam Hercyniam gemacht haben. Ohne Zweifel stammet dieses Wort mit dem Wend. Hora, Gora, eine Anhöhe, Berg, von dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Berg ab. S. Berg. Siehet man auf den sehr gewöhnlichen Übergang des v in l, so wird man auch das Wort Halde, und vielleicht auch Wald selbst, mit zu dem Geschlechte dieses Wortes rechnen müssen. Merkwürdig ist, daß Hart in Oberschwaben auch ein Gebüsch, ein Gesträuch bedeutet.


Harz (W3) [Adelung]


2. Das Harz, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, eigentlich, ein fester brennbarer Körper, der bey einer gelinden Wärme eine klebende Eigenschaft zeiget, sich in der Flamme entzündet, im Weingeiste auflösen lässet, und sich mit allen Öhlen verbindet. Erdharz, Bergharz, Judenharz, Baumharz, welches letztere im engern Verstande nur schlechthin Harz genannt wird. Daher Fichtenharz, welches im engsten Verstande Harz heißet, Geigenharz u. s. f. Harz scharren, das Harz von den Fichtenbäumen scharren oder abkratzen, S. Harzen. In weiterer, aber nicht so richtiger Bedeutung pfleget man zuweilen alle verhärtete schleimige Säfte des Pflanzenreiches, welche im eigentlichsten Verstande Gummi heißen, Harz zu nennen, daher das Kirschgummi oft unter dem Nahmen des Kirschharzes vorkommt.

Anm. Schon in Boxhorns Glossen Harz, im Nieders. Haarpeus, welches aber eigentlich ein Gemenge von Pech, Theer und Harz ist, daher die letzte Sylbe peus zu Pech, Pix, zu gehören scheinet, im Dän. Harpix, Schwed. Harpös, Isländ. Harpeis. Helwig glaubt, daß es durch Versetzung der Buchstaben aus dem Hebräischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - entstanden sey, Frisch leitet es von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Latein. Resina, ab, Ihre aber von hart, da es denn eigentlich einen verhärteten Saft bezeichnen würde.


Harzbaum (W3) [Adelung]


Der Harzbaum, des -es, plur. die -bäume, ein jeder Baum, welcher Harz gibt. In engerer Bedeutung wird die eigentliche Fichte oder Rothtanne, Abies picea L. weil man von ihr das meiste Harz bekommt, der Harzbaum, oder die Harztanne genannt. S. Fichte.


Harzeichel (W3) [Adelung]


Die Harzeichel, plur. die -n, in gemeinen Leben, eine Benennung der kurzen und runden Eicheln, welche bitterer von Geschmack sind, und von den Schweinen nicht so gern gefressen werden; zum Unterschiede von dem Dachseicheln.


Härzer (W3) [Adelung]


Der Härzer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Einwohner des Harzwaldes in Niedersachsen.


Harzgalle (W3) [Adelung]


Die Harzgalle, plur. die -n, Stellen in dem Tangelholze, wo sich das Harz zwischen den Jahrwüchsen gesammelt hat. Siehe 2. Galle.


Harzholz (W3) [Adelung]


Das Harzholz, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -hölzer, im Forstwesen, eine Benennung aller derjenigen Hölzer oder Holzarten, welche Harz enthalten oder geben, dahin alle Tannen, Fichten, und Kiefern gehören, welche auch schwarzes Holz, Nadelholz, Tangelholz, todtes Holz, weiches Holz genannt werden. Ingleichen ein mit solchem Holze oder solchen Bäumen bewachsener Wald. S. Holz.


Harzicht (W3) [Adelung]


Harzicht, adj. et adv. dem Harze ähnlich. Harzig hingegen, Harz enthaltend. Harziges Holz, Harzholz.


Harzkappe (W3) [Adelung]


Die Harzkappe, plur. die -n, kurze Röcke von grober Leinwand, welche bis auf den Nadeln reichen, und von den Harzscharrern bey dem Harzen angezogen werden, ihre andere Kleidung zu schonen.


Harzkohle (W3) [Adelung]


Die Harzkohle, plur. die -n, ein Nahme der festen mit Erdharz durchdrungenen Steinkohlen, welche auch Pechkohlen, Glanzkohlen, und Fettkohlen heißen; zum Unterschiede von den Schieferkohlen.


Harzkuchen (W3) [Adelung]


Der Harzkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. Ballen oder Kuchen aus den Träbern, welche übrig bleiben, wenn das Harz in den Pechhütten ausgesotten worden.


Harzlüge (W3) [Adelung]


Die Harzlüge, plur. die -en, eine derbe grobe Lüge, mendacium Creticum, weil den Bewohnern des Harzwaldes die Fertigkeit in solchen Lügen Schuld gegeben wird.


Harzmesser (W3) [Adelung]


Das Harzmesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein krummes hohl geschmiedetes Messer mit einem zwey Eilen langen Stiele, womit die Harzschaber das ausgelaufene Harz aus den Lachen schaben; die Harzscharre, Pechscharre.


Harzmeste (W3) [Adelung]


Die Harzmeste, plur. die -n, bey den Harzschabern ein Behältniß von Fichtenrinde wie eine Düte, unten spitzig und oben weit, das ausgeschabte Harz darin aufzufangen. S. Meste.


Harzreißer (W3) [Adelung]


Der Harzreißer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Harzscharrer.


Harzriß (W3) [Adelung]


Der Harzriß, des -sses, plur. inus. das Reißen des Harzes, d. i. das Aufreißen der Bäume, um Harz von ihnen zu bekommen; das Harzen, das Harz reißen, oder Harz schaben.


Harzscharre (W3) [Adelung]


Die Harzscharre, plur. die -n, S. Harzmesser.


Harzscharrer (W3) [Adelung]


Der Harzscharrer, des -s, plur. ut nom. sing. Leute, welche ein Geschäft daraus machen, das Harz von den Harzbäumen zu scharren, und Pech daraus zu brennen, welche auch Harzschaber, Harzreißer, Pechhauer, Scharrer und Pecher genannt werden.


Harzschlacke (W3) [Adelung]


Die Harzschlacke, plur. die -e, im Hüttenbaue auf dem Harzwalde, ein Nahme der alten Schlacken von den ehemahligen Hüttenarbeiten, welche sorgfältig aufgesuchet und mit zum Vorschlage gebraucht werden.


Harztanne (W3) [Adelung]


Die Harztanne, plur. die -n, S. Harzbaum.


Harzwald (W3) [Adelung]


Der Harzwald, des -es, plur. car. S. 1 Harz.


Haschen (W3) [Adelung]


Haschen, verb. reg. act. durch Geschwindigkeit in seine Gewalt bekommen, mit Geschwindigkeit fangen. Fliegen haschen. Hühner haschen. Die Kinder haschen sich, wenn sie sich im Laufen oder laufend zu ergreifen suchen. Sich häschend (haschend) wälzen sich die Zephyre durch das Gras, Geßn. Wer auf Träume hält, der greifet nach den Schatten und will den Wind haschen, Sir. 34, 2. Nach etwas haschen, mit Geschwindigkeit darnach greifen. S. auch die Haschung.

Anm. Bey unser ältern Schriftstellern kommt dieses Wort, wie schon Wachter bemerkt, nicht vor; allein es kann dessen ungeachtet alt genug seyn. Frisch leitet es mit hetzen auf eine seltsame Art von dem Jägergeschreye he! he! her, andere von rasch, geschwinde. Im Schwed. ist Haske Gefahr, und haske Schrecken einjagen, ingleichen nachstellen, und hiervon soll, dem Ihre zu Folge, unser haschen abstammen, oder vielmehr, es soll ein und eben dasselbe Wort mit demselben seyn. Allein, da dieses eigentlich weder den Begriff des Schreckens, noch der Gefahr, noch der Nachstellung, wohl aber der Geschwindigkeit, bey sich führet, welcher Nebenbegriff diesem Worte wesentlich ist, so scheinet es zu dem in den niedrigen Sprecharten üblichen husch! zu gehören, womit man in manchen Fällen die Geschwindigkeit ausdruckt, oder vielmehr nachahmet. Im Hebr. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - haschen, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - eilen, welches letztere sehr merklich mit dem Deutschen überein stimmt. Durch Verwandelung des Hauches in den Blaselaut ist aus haschen auch wischen, und aus erhaschen, erwischen entstanden. S. Hastig, Entwischen und Wischen.


Hascher (W3) [Adelung]


Der Hascher, des -s, plur. ut nom. sing. eigentlich, der da haschet; doch nur noch in engerer Bedeutung an einigen Orten, ein Nahme der Gerichtsknechte, so fern sie zur Erhaschung flüchtiger Verbrecher, ingleichen zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, besonders zur Machtzeit; und zur Erhaschung der Störer derselben bestimmt sind. An andern Orten werden sie Scharrwächter, Büttel, in Nürnberg Schützen, in Leipzig Knechte, oder Rathsknechte, in Bremen Waldknechte, eigentlich Gewaltknechte u. s. f. genannt.


Hase (W3) [Adelung]


Der Hase, des -n, plur. die -n, Diminut. das Häschen, Oberd. Häselein. 1. Eigentlich, ein fünfzehiges, mit Haaren versehenes, wiederkäuendes, eßbares, vierfüßiges Thier, mit sehr langen Löffeln oder Ohren, welches sich von Kräutern, Kohl, Baumrinden und Feldfrüchten nähret und mit offenen Augen schläft. Hase ist eine allgemeine Benennung beyder Geschlechter dieses Thieres; will man solche unterscheiden, so heißt das männliche der Hase in engerer Bedeutung, oder auch der Rammler, und das weibliche die Häsinn, der Mutterhase, Setzhase, oder Satzhase. S. auch Berghase, Grundhase, Märzhase, Holzhase u. s. f. Einen Hasen streifen, bey den Jägern, ihm den Balg abziehen. Der Hase macht ein Männchen, wenn er den Kopf in die Höhe recket, und mit den Vorderfüßen den Kopf und Bart putzet. Die Furchtsamkeit, Geschwindigkeit, Possierlichkeit und andere Eigenschaften dieses wehrlosen Thieres haben zu verschiedenen sprichwörtlichen R. A. Anlaß gegeben. Viel Hunde sind des Hasen Tod. Er bleibt bey seinen Worten, wie der Hase bey der Trommel, sagt man von einem veränderlichen Menschen, der sich beständig widerspricht, nie sein Wort hält. Da liegt der Hase im Pfeffer, das ist die Ursache des Übels, hinc illae lacrymae. S. Hasenschwarz. Er denke es habe ihn ein Häschen geleckt, es sey ihm ein vortheilhafter Umstand begegnet. Der Hase brauet, S. Brauen. 2. Figürlich. 1) Der gespickte Hase, ein Instrument zur Tortur bey der Aufziehung auf die Folter oder Leiter, welches aus einer umgehenden Welle mit Zacken bestehet, die dem Verbrecher unter dem Rücken zu liegen kommt, und denselben aufreißet. 2) Ein furchtsamer Mensch, im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart. Er ist ein Hase, oder ein furchtsamer Hase. Von einem solchen Menschen sagt man auch im gemeinen Leben, er habe ein Hasenherz. S. Hasenpanier. 3) Ein possierlicher, spaßhafter Mensch, gleichfalls nur im gemeinen Leben, den man auch wohl einen Hasenfuß oder Hasenkopf zu nennen pflegt. S. Hasenfett, Hasenschrot und Haseliren. 4) Ein einfältiger, thörichter Mensch, der im gemeinen Leben auch ein Hasenkopf genannt wird. Anm. Dieses Thier heißt im Nieders. gleichfalls Hase, im Holländ. Haese, im Franz. Hase, und sogar im Arab. Hazaz. Andere Mundarten verwandeln das s in ein r, wie in dem Angels Hare, dem Isländ. Hiere, dem Engl. Dän. und Schwed. Hare, geschiehet. In Karelen heißt er Hitta, nach einer eben so gewöhnlichen Verwechselung des Zischlautes mit dem t. Die Abstammung ist ungewiß, weil mehrere Wörter mit fast gleicher Wahrscheinlichkeit Anspruch darauf machen können. Junius und Frisch leitet es von Haar her, weil der Hase ein sehr haariges Thier ist. Andere von haren, schreyen, weil dieses Thier im Winter ein durchdringendes Geschrey macht. Noch andere von dem Angels. har und hase, grau. Mit fast noch mehrerer Wahrscheinlichkeit kann man es von hast, Eil, hasten, eilen, ableiten, weil dieses Thier sehr stüchtig ist, daher es auch im Latein. Lepus, gleichsam Levipes, oder vom Nieders. lopen, laufen, soll seyn genannt worden. Auch das veraltete hasen, schrecken, und erhasen, erschrecken, kann darauf Anspruch machen, welches zu den Schwed. Haske, Gefahr, gehöret, S. Häßlich; da denn der Nahme dieses Thieres vornehmlich dessen schreckhafte, furchtsame Natur ausdrucken würde.


Hase (W3) [Adelung]


* Die Hase, plur. die -n, im gemeinen Leben einiger Gegenden, das weibliche Geschlecht der Vögel, welches am häufigsten die Sie genannt wird. S. dieses Wort.


Hasel (W3) [Adelung]


Die Hasel, plur. die -n, S. Haselstaude.


Häsel (W3) [Adelung]


Der Häsel, des -s, plur. die -n, ein Fisch, S. Häseling.


Haselant (W3) [Adelung]


Der Haselant, des -en, plur. die -en, von Haseliren, ein Mensch der beständig scherzt und Possen treibt.


Haselbirn (W3) [Adelung]


Die Haselbirn, plur. die -en, eine Art großer Birnen von der Farbe wie die Rinde der Haselstaude, welche wegen ihres herben Geschmackes nur zum Kochen taugen.


Haselbusch (W3) [Adelung]


Der Haselbusch, des -es, plur. die -büsche, so wohl eine Haselstaude, als auch ein mit Haselstauden bewachsenes Gebüsch; ein Haselgebüsch.


Haseleiche (W3) [Adelung]


Die Haseleiche, plur. die -n, eine Art Eichen mit einem geraden und hohen Stamme, aber wenigen fruchtbaren Zweigen und Ästen, welche auch weniger kleinere Früchte trägt, als die Steineiche. Sie wird auch Loheiche, Roteiche, Wintereiche, Viereiche und Traubeneiche genannt. Ihr Laub ist größer, aber an Farbe heller, als an der Steineiche.


Haselgeflügel (W3) [Adelung]


Das Haselgeflügel, des -s, plur. inus. ein Collectivum, Haselhühner zu bezeichnen.


Haselhuhn (W3) [Adelung]


Das Haselhuhn, des -es, plur. die -hühner, eine Art wilder Hühner, mit rauchen Füßen, welche größer als ein Repphuhn sind, sich gern in den Haselgebüschen und um die Haselstauden aufhalten, und Liebhaber der Haselkätzchen oder Haselzäpfchen sind; Tetrao Bonasia L. Das gemeinste Haselhuhn, wird auch Rothhuhn genannt. Es ist noch von dem rothen Haselhuhn verschieden, wovon der Hahn roth, und einen Kamm auf dem Kopfe hat. Im gemeinen Leben auch Hasselhuhn, in einigen Oberdeutschen Gegenden Sigelhuhn, Engl. Hazelhen.


Haseling (W3) [Adelung]


Der Haseling, des -es, plur. die -e. 1) Ein eßbarer Flußfisch, welcher dem Alante gleicht, größer als ein Häring wird, und oft ein Pfund wieget. Er hat auf beyden Seiten nach der Länge hin einen Querstrich; Cyprinus Dobula L. Er wird in Meißen auch Häßle, Heßle, Heßling, im Oberdeutschen Haßle, Haselung, in Dänemark Hessel, Hesseling, an andern Orten aber auch Döbel und Mayfisch genannt. 2) Ein anderer diesem ähnlicher, und nur in der geringern Größe verschiedener Fisch, Cyprinus Jeses L. führet in Obersachsen und in einigen Oberdeutschen Gegenden gleichfalls den Nahmen Häseling, Häßling, Heßling. Er ist sehr geschwinde, daher er vermuthlich von dem alten hasen, eilen, seinen Nahmen hat. S. Hastig. 3) In einigen Oberdeutschen Gegenden ist auch die Elritze, Cyprinus Phoxinus L. unter dem Nahmen Haselung, Häseling bekannt.


Haseliren (W3) [Adelung]


+ Haseliren, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und nur im gemeinen Leben üblich ist, scherzen, besonders scherzhafte oder possenhafte Bewegungen machen, spaßen. Die weiß gepuderten Herrchen aber haseliren immer mit allem was nur eine Schürze um hat, Weiße. Zuerst ist es wohl von den Hasen gebraucht worden, wenn sie mit einander scherzen und spielen, daher noch Hagedorn singt. Kaum können Hasen selbst im Busche haseliren. S. -iren.


Haselkätzchen (W3) [Adelung]


Das Haselkätzchen, des -s, plur. ut nom. sing. die Kätzchen, d. i. cylindrischen mit Blättchen wie mit Schuppen überdeckten Körper an den Haselstauden, welche Blüthe enthalten. Sie werden auch Haselbalmen, Haselzäpfchen, und nach einer verderbten Aussprache Hasenkätzchen genannt. S. Katze und Palme.


Häseln (W3) [Adelung]


Häseln, adj. et adv. was von der Haselstaude ist. Eine häselne Ruthe. Ein häselner Reif.


Haselöhl (W3) [Adelung]


Das Haselöhl, des -es, plur. inus. das aus Haselnüssen gepreßte Öhl, welches auch nur Nußöhl genannt wird.


Haselöhrlein (W3) [Adelung]


Das Haselöhrlein, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme desjenigen Schwammes, welcher sonst auch, und vermuthlich richtiger, Hasenöhrlein genannt wird. S. Eichschwamm.


Haselratze (W3) [Adelung]


Die Haselratze, plur. die -n, S. Haselmaus.


Haselruthe (W3) [Adelung]


Die Haselruthe, plur. die -n, eine häselne Ruthe, eine Ruthe von der Haselstaude.


Haselwurm (W3) [Adelung]


Der Haselwurm, des -es, plur. die -würmer, ein erdichtete große Schlange, welche sich gerne unter den Haselstauden aufhalten soll, aber ein eben solches Unding ist, als der berüchtigte Lindwurm.


Haselwurz (W3) [Adelung]


Die Haselwurz, oder Haselwurzel, plur. inus. eine Pflanze, welcher in den Europäischen Hainen wächset, niedrig bleibt und beständig grünet; Asarum L. aus welchem Nahmen, dem Frisch zu Folge, der Deutsche entstanden seyn soll. Sie wird auch wilde Narde, ingleichen Mäuseöhrchen genannt. Im Dän. heißt sie Hasselrood und Hasselurt.


Hasenadler (W3) [Adelung]


Der Hasenadler, des -s, plur. ut nom. sing. ein pechschwarzer sehr starker Adler, welcher bis über die Knie gefiedert ist, gelbrothe Füße, krumme und sehr spitzige Klauen hat, und vornehmlich den Hasen nachstellet; Hasenstößer, Gänseadler, Beinbrecher, großer Meeradler, Aquila Valeria oder Melanoaetus Klein.


Hasenampfer (W3) [Adelung]


Der Hasenampfer, des -s, plur. inus. an einigen Orten, ein Nahme des Buchampfers, Oxalis Acetosella L. weil die Hasen ihn gerne essen. S. auch Hasenklee.


Hasenapfel (W3) [Adelung]


Der Hasenapfel, des -s, plur. die -äpfel, S. Borsdorfer: Apfel.


Hasenauge (W3) [Adelung]


Das Hasenauge, des -s, plur. die -n, das Auge von einem Hasen, ein Auge, welches einem Hasenauge gleicht. Besonders ein schadhaftes Auge, wo das obere Augenlied zurück gezogen ist, so daß es nicht völlig niedergedrückt werden kann, folglich das Auge im Schlafe offen stehet, wie bey den Hasen; Oculus leporinus, Lagophthalmos.


Hasenbalg (W3) [Adelung]


Der Hasenbalg, des -es, plur. die -bälge, der Balg, d. i. das Fell eines Hasen, weil es abgestreifet wird, S. Balg. Im gemeinen Leben wird es auch das Hasenfell genannt.


Hasenbeitze (W3) [Adelung]


Die Hasenbeitze, plur. die -n, die Beitze auf Hasen, d. i. der Fang der Hasen mit abgerichteten Raubvögeln.


Hasenbrot (W3) [Adelung]


Das Hasenbrot, des -es, plur. inus. S. Hasenohr.


Hasenfährte (W3) [Adelung]


Die Hasenfährte, plur. die -n, die Fährte, d. i. die Spur von einem Hasen; die Hasenspur.


Hasenfett (W3) [Adelung]


Das Hasenfett, des -es, plur. inus. das ausgelassene Fett von einem Hasen. Von einem possierlichen, spaßhaft thörichten Menschen sagt man im gemeinen Leben, er habe in das Hasenfett getreten, oder er sey mit Hasenfett betropfet. S. Hase 2.


Hasenfuß (W3) [Adelung]


Der Hasenfuß, des -es, plur. die -füße. 1) Eigentlich, der Fuß eines Hasen, besonders so wie ihn die Buchbinder zu ihren Arbeiten gebrauchen. Figürlich sagt man von einem possierlichen, oder auch spaßhaft thörichten Menschen im gemeinen Leben, er habe einem Hasenfuß in der Tasche. Ja man pflegt einen solchen Menschen selbst auch wohl einen Hasenfuß zu nennen; Nieders. Hasenfood, Hasewits, Hasewitski, Hasentwern, ( S. Hasenzwirn,) im Hochdeutschen auch ein Hasenkopf. 2) In einigen Gegenden auch ein Nahme der Wald-Holz-Schnee- und Repphühner, wegen ihrer rauchen Füße, worin sie den Hasen ähnlich sind; daher diese Vögel auch im Griech. Lagopodes genannt werden. 3) In einigen Gegenden auch ein Nahme des Ackerklees, Trifolium arvense L. ohne Zweifel auch wegen der rauchen Blumenähren, daher er auch Hasenpfötchen, ingleichen Hasenklee genannt wird. S. das letztere. Norweg. Harefood, Engl. Haresfoot.


Hasenfutter (W3) [Adelung]


Das Hasenfutter, des -s, plur. ut nom. sing. ein oder mehrere zubereitete Hasenbälge, so fern sie das Futter eines Kleides oder Kleidungsstückes ausmachen.


Hasengarn (W3) [Adelung]


Das Hasengarn, des -es, plur. die -e, ein Garn von starkem Bindfaden, welches man zur Hasenjagd gebraucht; das Hasennetz.


Hasengehäge (W3) [Adelung]


Das Hasengehäge, des -s, plur. ut nom. sing. ein Revier, in welchem die Hasen gehäget oder geschonet werden.


Hasengeyer (W3) [Adelung]


Der Hasengeyer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Geyer in der Größe eines Kalekutischen Hahnes, welcher die Hasen in ihren Löchern sehr geschickt zu fangen weiß, und weil er auch den Gänsen nachstellet, auch Gänseaar genannt wird; Vultur leporarius Klein. Auch Hasenstößer.


Hasengras (W3) [Adelung]


Das Hasengras, des -es, plur. inus. S. Hasenohr.


Hasenhaft (W3) [Adelung]


Hasenhaft, -er, -este, adj. et adv. in gemeinen Leben, für possenhaft, possierlich. S. Hase 2.


Hasenheide (W3) [Adelung]


Die Hasenheide, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme des Pfriemenkrautes oder Gensters; Spartium seoparium L. S. Geniste.


Hasenherz (W3) [Adelung]


Das Hasenherz, des -ens, plur. die -en, S. Hase 2.


Hasenhorde (W3) [Adelung]


Die Hasenhorde, oder Hasenhürde, plur. die -n, Hürden, welche man nach einem spitzigen Winkel aufstellet, die mit Krautstauden angekörnten Hasen darunter zu fangen.


Hasenhund (W3) [Adelung]


Der Hasenhund, des -es, plur. die -e, ein zur Hasenjagd abgerichteter Hund.


Hasenjagd (W3) [Adelung]


Die Hasenjagd, plur. die -en, eine Jagd auf oder nach Hasen, besonders wenn sie mit Netzen und Hunden verfolget werden.


Hasenkasten (W3) [Adelung]


Der Hasenkasten, des -s, plur. ut nom. sing. ein mit Luftlöchern versehener Kasten, Hasen darin lebendig von einem Orte zum andern zu bringen.


Hasenkätzchen (W3) [Adelung]


Das Hasenkätzchen, S. Haselkätzchen.


Hasenklee (W3) [Adelung]


Der Hasenklee, des -s, plur. inus. ein Nahme verschiedener dem Klee ähnlicher Pflanzen, vermuthlich, weil sie eine angenehme Speise der Hasen sind. 1) Des Ackerklees, Trifolium arvense L. welcher wegen seiner rauchen Blumenähren auch Hasenfuß, Hasenpfötchen, bey den ältern Kräuterkennern Lagopus, sonst aber auch Katzenklee, Treibeblatt genannt wird. Dän. Harefoed, Hareklover. 2) Des Wundkrautes, Anthyllis vulneraria L. welches auch Gelbklee genannt wird; Dän. Hareklöver. 3) Des Buchampfers, Oxalis acetosella L. welcher auch unter dem Nahmen des Hasenampfers bekannt ist, S. Buchampfer. 4) Des Schafampfers, Rumex acetosella L. der auch Sauerklee, ingleichen Guckgucksklee heißt.


Hasenklein (W3) [Adelung]


Das Hasenklein, des -es, plur. die -e, in den Küchen, die vordern Theile eines Hasen, woraus vermittelst des Hasenschweißes das so genannte Hasenschwarz bereitet wird, welches auch wohl selbst Hasenklein heißt. An andern Orten wird es das Vorhäse, oder Vordergehäse genannt.


Hasenkohl (W3) [Adelung]


Der Hasenkohl, des -es, plur. inus. ein Nahme der kohlartigen Gänsedistel, Sonchus oleraceus L. weil sie gern von den Hasen genossen wird. Dän. Harekaal.


Hasenkopf (W3) [Adelung]


Der Hasenkopf, des -es, plur. die -köpfe, eigentlich, der Kopf von einem Hasen. Figürlich auch im gemeinen Leben, so wohl ein einfältiger, als vielmehr scherzhaft thörichter Mensch.


Hasenlab (W3) [Adelung]


Das Hasenlab, des -es, plur. inus. das Lab von einem hasen, S. Lab.


Hasenlager (W3) [Adelung]


Das Hasenlager, des -s, plur. die -läger, bey den Jägern, das Lager eines Hasen, d. i. der Ort, wo sich ein Hase nieder gethan hat, oder wo er sich gemeiniglich niederzuthun pflegt. S. das folgende.


Hasennest (W3) [Adelung]


Das Hasennest, des -es, plur. die -er, eine im gemeinen Leben übliche Benennung eines Hasenlagers. Figürlich werden auch in der Landwirthschaft fehlerhafte Stellen eines gepflügten Ackers, welche von ungleicher Führung der Pflugsterze herrühren, Hasennester, ingleichen Saunester, an andern Orten aber Hanfböckinnen, Schäffböckinnen oder Sackhosen genannt.


Hasennetz (W3) [Adelung]


Das Hasennetz, des -es, plur. die -e, S. Hasengarn.


Hasenohr (W3) [Adelung]


Das Hasenohr, des -es, plur. die -en, Diminut. das Hasenöhrchen, Oberd. Hasenöhrlein, des -s, plur. ut nom. sing. Eigentlich das Ohr eines Hasen. Figürlich, 1. bey den Buchdruckern, S. Anführungszeichen und Gänseauge. 2. Ein Nahme verschiedener Pflanzen, welche wegen der Ähnlichkeit einiger Theile derselben mit den Ohren der Hasen, im Diminut. Hasenöhrchen oder Hasenöhrlein genannt werden. 1) Einer Pflanze, welche auch Ochsenrippe genannt wird, und von welcher es verschiedene Arten gibt; Bupleurum L. Besonders des steifen Hasenöhrchens, Bupleurum rigidum L. welches in Thüringen sehr häufig an den Zäunen und in den Weinbergen wächset. 2) Einer andern Pflanze, welche bey den ältern Kräuterkennern Aegilops heißt, und in einigen Gegenden auch unter dem Nahmen des Hasenbrotes und Hasengrases bekannt ist. 3) Einer Art Schwämme, welche bey Gleditsch Boletus imbricatus, squamosus, et sessilis, tubulis minutissimis, connexis, lobis fimbriatis, ramosofoliaceis, heißt, und gern auf den Eichbäumen wächset, daher er auch Eichschwamm genannt wird. Es scheinet der Agaricus quercinus L. zu seyn.


Hasenpanier (W3) [Adelung]


Das Hasenpanier, des -es, plur. die -e, ein nur in der figürlichen R. A. das Hasenpanier aufwerfen oder ergreifen, übliches Wort, d. i. die Flucht ergreifen. So nimmt ein feiger Mann gar leichtlich das Panier Das auch ein Hase sucht, Opitz. S. Panier und Hase 2. Die Niedersachsen sagen dafür den Hasenpad kesen, den Hasenpfad erwählen, suchen.


Hasenpappel (W3) [Adelung]


Die Hasenpappel, plur. die -n, eine Art wilder Pappeln, mit einem aufrechten krautartigen Stamme, welche auf den Europäischen Feldern wächset; Malva sylvestris L. Sie ist eine angenehme Speise der Hasen.


Hasenpfeffer (W3) [Adelung]


Der Hasenpfeffer, des -s, plur. inus. S. Hasenschwarz.


Hasenpfote (W3) [Adelung]


Die Hasenpfote, plur. die -n, Diminut. das Hasenpfötchen, Oberd. das Hasenpfötlein, des -s, plur. ut nom. sing. die Pfote eines Hasen. Figürlich auch der Nahme einer Pflanze, S. Hasenfuß und Hasenklee.


Hasenpilz (W3) [Adelung]


Der Hasenpilz, S. Birkenpilz.


Hasenscharte (W3) [Adelung]


Die Hasenscharte, plur. die -n, eine Scharte, d. i. ein Spalt, welchen der Hase in der Oberlippe von Natur hat; daher man auch bey Menschen eine entweder von Natur oder durch eine Verletzung zertheilte oder gespaltene Lippe eine Hasenscharte nennet. Schwed. Harmunt, Franz. Bec de lievre. Ein Mensch mit einer solchen Lippe heißt im Engl. Harelipped. S. Scharte.


Hasenschrot (W3) [Adelung]


Das Hasenschrot, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, eine Art Schrotes, d. i. kleiner bleyerner Körner von mittlerer Größe, womit man die Hasen zu schießen pfleget; zum Unterschiede von dem gröbern Rehe- Wolfs- und Fuchsschrote, und seinern so genannten Dunste. Von einem possenhaften, oder lustig thörichten Menschen sagt man auch im gemeinen Leben, er sey mit Hasenschrot geschossen.


Hasenschwarz (W3) [Adelung]


Das Hasenschwarz, des -es, plur. inus. in den Küchen, die vordern Theile eines Hasen nebst dem Eingeweide, wenn sie mit dessen Schweiße zugerichtet worden, da denn ein solches Gericht eine schwärzliche Farbe bekommt; in einigen Gegenden wegen des dazu nöthigen Pfeffers auch Hasenpfeffer.


Hasensprung (W3) [Adelung]


Das Hasensprung, des -es, plur. die -sprünge. 1) Eigentlich, der Sprung, oder Satz, welchen ein Hase thut. 2) Bey den Jägern führen die Hinterfüße eines Hasen den Nahmen der Hasensprünge oder nur Sprünge. 3) Eben daselbst wird auch die Fährte eines flüchtigen Hasen, und das Zeichen, welches am Ende eines Geräumtes in Gestalt einer Hasenfährte in einen Baum gehauen wird, ein Hasensprung genannt. 4) Der Sprung. d. i. ein kleines krummes Bein in dem Gelenke an den hintern Läuften eines Hasen, unten, wo sich die Läufte anfangen, welches bey den Menschen und andern Thieren auch der Lauf, genannt wird; Os balistae, Astragalos. S. Sprung. Es ist zu dem Springen und andern schnellen Bewegungen unentbehrlich.


Hasenspur (W3) [Adelung]


Die Hasenspur, plur. die -en, S. Hasenfährte.


Hasenstößer (W3) [Adelung]


Der Hasenstößer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme so wohl des Hasenadlers als des Hasengeyers.


Hasenzwirn (W3) [Adelung]


Der Hasenzwirn, des -es, plur. inus. starker Zwirn, oder vielmehr Bindfaden, woraus die Hasengarne gestricket werden. In Niedersachsen pflegt man auch einen Possenreißer, einen Geck, Hans Hasenzwirn zu nennen.


Häsinn (W3) [Adelung]


Die Häsinn, plur. die -en, S. Hase.


Haspe (W3) [Adelung]


Die Haspe, oder Häspe, plur. die -n, ein Wort, eine besondere Art von Haken zu bezeichnen. So wird die Angel einer Thür, welche die Thür trägt, und um welche sich die Bänder bewegen, eine Haspe oder Häspe genannt; in Österreich ein Kegel. Im Bergbaue sind die Haspen oder Fahrthaspen halbe Klammern, womit die Fahrten befestiget werden, und welche von den Fahrthaken, womit die Fahrten an einander gehänget werden, noch verschieden sind. In den Salzwerken haben die Pfannen unten am Boden Häspen oder Haspeln, welche wie Krampen heraus stehen und von den Haken gefasset werden, die Pfanne damit an die Hakscheite zu befestigen. S. das folgende.

Anm. Das Schwed. Haspe, as Angels. Haepse, das Isländ. Hespa, das mittlere Lat. Halpa, das Flandr. Gaspa und Holl. Ghespe kommen in der Bedeutung mit dem Deutschen überein. Im Engl. hingegen ist Hasp ein eiserner Riegel. Wachter leitet es von heben oder heften, und Junius von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ab. Frisch. hingegen glaubt, daß es vermittelst der so gewöhnlichen Verwandelung des r in s mit - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - überein komme. S. Harfe und Harpune.


Haspel (W3) [Adelung]


1. Die Haspel, plur. die -n, welches an einigen Orten für das vorige Haspe üblich ist, und eben dieselbe Art Haken bedeutet. So werden die Haspen an den Salzpfannen auch Haspeln genannt. An andern Orten führen die Thürhaspen oder Thürangel, ingleichen dasjenige Eisen an der Thür, worin die Klinke fällt, den Nahmen der Haspeln.

Anm. Es ist nicht das Diminutivum von Haspe, wie Frisch glaubt, weil es alsdann ungewissen Geschlechtes seyn müßte, sondern vermittelst der Endsylbe -el von dem Zeitworte haspen gebildet, ein Werkzeug zu bezeichnen, welches etwas haspet, d. i. ergreifet oder hält.


Haspel (W3) [Adelung]


2. Der Haspel, des -s, plur. ut nom. sing. einigen Gegenden die Haspel, plur. die -n, ein Werkzeug, welches aus zwey oder mehr in das Kreuz befestigten Armen bestehet, welche um ihren gemeinschaftlichen Mittelpunct beweglich sind. Von dieser Art ist der Haspel, dessen man sich bedienet, das Garn von den Spulen zu bringen und es in Strähne oder Stücke zu verwandeln, und welcher daher auch ein Garnhaspel, Seidenhaspel, Zahlhaspel u. s. f. genannt wird; im mittlern Lat. Alabrum, von ala, ein Flügel, im Oberdeutschen eine Weife. Auch das horizontale Drehkreuz, die Fußwege damit für Pferde und Wagen zu versperren, führet an einigen Orten den Nahmen eines Haspels. Noch häufiger bedient man sich des Haspels als eines Hebezeuges, Lasten damit zu bewegen. Da er denn aus einer auf zwey Stücken liegenden Welle bestehet, welche vermittelst einer Kurbel, oder kreuzweise durchgesteckter Stäbe umgedrehet wird. Wird die Welle vermittelst eines Rades umgedrehet, so heißt das Hebezeug eine Winde. Dahin gehöret der Haspel, dessen man sich im Bergbaue bedienet, Erz und Steine aus der Grube zu ziehen, und welcher auch der Rundbaum genannt wird, welches Wort aber eigentlich nur die Welle bezeichnet. Einen ähnlichen Haspel haben die Kupferdrucker an ihrer Presse, die obere Walze zu bewegen; so wie man sich bey Torturen auch zuweilen eines Haspels zur Ausdehnung der Glieder des Inquisiten bedienet.

Anm. Im Dän. Haspe, im Franz. Haspe, im Engl. Hasp, im Ital. Aspo, Naspo, Naspolo. Das -el an dem Deutschen Worte bezeichnet ein Werkzeug; nur die Bedeutung der ersten Sylbe hat bisher Schwierigkeiten gehabt. Frisch leitet sie von Haspe, ein Haken, ab, obgleich dieses Hebezeug nichts mit einem Haken gemein hat. Andere Wortforscher bekennen ihre Unwissenheit. Doch diese kann das Schwedische heben, wo ein Haspel Harfwel heißt, welches durch Verwechselung der Hauch- und Blaselaute aus Wirbel und werben, im Kreise herum drehen, entstanden ist. Vermittelst einer ähnlichen Verwechselung und der so sehr gewöhnlichen Vertauschung des r und s ist daraus auch unser Haspel entstanden, dessen wesentliche Eigenschaft gleichfalls die kreisförmige Bewegung ist. Schon die Griechen nannten ein Rad an einer Welle - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . S. Haspelpumpe und Haspeln.


Haspelbaum (W3) [Adelung]


Der Haspelbaum, des -es, plur. die -bäume, die Welle an einem Haspel, so fern derselbe ein Hebezeug ist; der Kundbaum.


Haspeler (W3) [Adelung]


Der Haspeler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Arbeiter, welcher den Haspel beweget, welcher haspelt, und im Bergbaue ein Haspelknecht oder Haspelzieher genannt wird.


Haspelgestell (W3) [Adelung]


Das Haspelgestell, des -es, plur. die -e, das ganze Gestell, worauf der Haspel mit seiner Welle ruhet, und welches in den Bergwerken aus dem Pfuhlbaume, den Haspelstützen und der Hängebank bestehet.


Haspelhorn (W3) [Adelung]


Das Haspelhorn, des -es, plur. die -hörner, die Handhabe oder Kurbel an dem Haspelbaume, womit derselbe umgedrehet wird, besonders im Bergbaue.


Haspelknecht (W3) [Adelung]


Der Haspelknecht, des -es, plur. die -e, S. Haspeler.


Haspeln (W3) [Adelung]


Haspeln, verb. reg. act. et neutr. welches im letztern Falle das Hülfswort haben bekommt, den Haspel umdrehen, ingleichen vermittelst des Haspels bewegen. Erz aus der Grube haspeln. Das Garn haspeln, es von der Spule auf den Haspel bringen. Von jemanden, der sich sehr geschwinde beweget, ingleichen sehr geschwinde plaudert, sagt man in Niedersachsen, er haspele, so wie man auch in Obersachsen die kreisförmige Bewegung der Füße im Gehen haspeln nennet.


Haspelpumpe (W3) [Adelung]


Die Haspelpumpe, plur. die -n, im Bergbaue, eine Pumpe, oder Wasserkunst, welche von Menschenhänden gezogen wird; wo Haspel in der weitesten Bedeutung, eine jede Benennung zu bezeichnen scheinet.


Haspelrad (W3) [Adelung]


Das Haspelrad, des -es, plur. die -räder, ein Haspel, an welchem die Winden oder Arme vermittelst eines Rades vereiniget sind.


Haspelstütze (W3) [Adelung]


Die Haspelstütze, plur. die -n, die senkrechten Hölzer an einem Hebehaspel, worin die Welle lieget.


Haspelwinde (W3) [Adelung]


Die Haspelwinde, plur. die -n, die Hebel, Arme oder Stäbe, vermittelst welcher ein Hebehaspel umgedrehet wird, besonders im Bergbaue.


Haspelzieher (W3) [Adelung]


Der Haspelzieher, des -s, plur. ut nom. sing. S. Haspeler.


Haß (W3) [Adelung]


Der Haß, des -sses, plur. inus. ein hoher Grad der Neigung, aus der Wegschaffung eines Dinges oder aus dem Übel einer Person Vergnügen zu empfinden. Einen Haß auf jemanden werfen, wider ihn fassen; anfangen ihn zu hassen. Einen Haß auf jemanden, oder wider ihn haben, oder hägen. Seinen Haß an jemanden auslassen. Etwas aus Haß thun. Das erweckte Haß. Jemandes Haß auf sich laden. Den Haß fahren lassen. Anm. Bey dem Ottfried Haz. Die nördlichen Mundarten haben statt des Zischlautes ein t oder d, wie das Nieders. Haat, das Angels. Hete, das Engl. Hate, das Dän. Had, das Schwed. Hat, das Isländ. Hatr. das Goth. Hatiza, und das mittlere Lat. Atia, Eatia, wohin auch mit Weglassung des Hauches das Lat. Odium, und mit dessen Verstärkung, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein eingewurzelter Zorn, ein Groll, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich zürne; zu gehören scheinen. Der gemeinsten und immer noch wahrscheinlichsten Meinung nach stammet es von heiß, Nieders. heet, Angels. hat, und Hitze her, und da würde es ursprünglich eine jede heftige unangenehme Gemüthsbewegung bedeutet haben, welches auch so wohl die Deutsche, als andere Sprechen bestätigen. In den Monseeischen Glossen bedeutet hazon nacheifern, aemulari, in Lipsii Glossen ist Hatego Nacheiferung, und Hatongo Zorn, im Nieders. Hätskeit der Zorn, im Span. und Ital. Astio Ekel, Abscheu, im mittlern Lat. Atya und Hatya Neid, und im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Schmerz, Neid, Mitleiden empfinden. S. auch Haber, Häßlich, Gehässig und Verhaßt.


Hassel (W3) [Adelung]


Der Hassel, des -s, plur. die -n, ein Fisch, siehe Häseling.


Hassen (W3) [Adelung]


Hassen, verb. reg. act. Haß empfinden. Jemanden hassen. Keine Art von Leuten haßt aufrichtiger, als die Heuchler. Etwas an einem hassen. Die Wahrheit, die Zucht, die Lügen, die Sünden hassen, Neigung empfinden, sich an ihrer Wegschaffung zu belustigen. Das Hauptwort die Hassung ist nicht gebräuchlich.

Anm. In dem übersetzten Isidor hazssan bey dem Ottfried hazzon, bey dem Ulphilas hatjan, im Angels. hatian, im Engl. to hate, im Dän. hade, im Schwed. hata, im Franz. mit Ausstoßung des t nach Art der Niedersachsen; hair, im Lat. odisse, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . S. Haß.


Hasser (W3) [Adelung]


Der Hasser, des -s, plur. ut nom. sing. der da hasset, der einen andern hasset, ein Feind. Er errettete mich von meinen starken Feinden, von meinen Hassern, Ps. 18, 18. Daß ich meine Hasser verstöre, B. 41. Wenn mich mein Hasser pochete, Ps. 55, 19. Opitz gebraucht Hasser gleichfalls für einen Feind. Im Hochdeutschen wird es nur noch zuweilen in der dichterischen Schreibart gebraucht. Wein ist stärker als das Wasser, Dieß gestehn auch seine Hasser, Less. Einer der edler gesinnt ist, und nicht dein Hasser, Jehovah! Klopft.


Häßlich (W3) [Adelung]


Häßlich, -er, -ste, adj. et adv. 1. Eigentlich, in einem hohen Grade ungestaltet, so daß dadurch Ekel, Schrecken und Abscheu erwecket wird, im Gegensatze des schön. Ein häßliches Gesicht. Häßlich aussehen. Häßliche Geberden machen. 2. In engerer Bedeutung, schmutzig, unrein, garstig; nur im gemeinen Leben. Sich die Hände häßlich machen. Wie ist das Gold so gar verdunkelt und das feine Gold so heßlich worden! Klagel. 4, 1. Häßliche Wäsche, häßliche Kleider, beschmutzte. Häßliche Gassen, kothige. 3. Figürlich. 1) Im moralischen Verstande, schändlich, in einem hohen Grade lasterhaft. Ein häßlicher Mensch. Häßliche Reden führen. Ein häßliches Laster. 2) In weiterer Bedeutung wird es im gemeinen Leben häufig von einem hohen Grade einer jeden unangenehmen oder bösen Sache gebraucht. Einen häßlichen Fall thun, einen sehr gefährlichen. Es ist sehr häßliches, unangenehmes, unfreundliches, Wetter. Ein häßlicher Fehler, ein sehr grober, schimpflicher Fehler. Ein häßlicher Verweis, ein derber.

Anm. Bey dem Grafen Werner von Honberg, einem der Schwäbischen Dichter, hessuilich, von der Gestalt; im Dän. häslich, im Schwed. haesslig, haskelig und hiskelig. Man leitet dieses Wort gemeiniglich von Haß ab, und erkläret es durch, Haß erweckend, Haß verdienend; eine Ableitung, welche wahrscheinlich genug ist, zumahl da auch die Niedersachsen von Haat, Haß, hätsch, hätsk, haben, solches aber nur noch für heftig, von der Kälte gebrauchen. Indessen verlieret doch diese Ableitung viel von ihrer Wahrscheinlichkeit, wenn man erwäget, daß häßlich in dieser Gestalt bey alten Schriftstellern sehr sparsam vorkommt, wohl aber bey dem Ottfried egislich, und bey spätern Oberdeutschen Schriftstellern aislich, welches eigentlich fürchterlich, schrecklich bedeutet, und wohin auch das heutige Nieders. aisk, eisch, häßlich, garstig, das alte Oberdeutsche und noch jetzige Nieders. aisen, fürchten, grauen, schaudern, das Angels. Oga, Ege, Egsa, Furcht, Entsetzen u. a. m. gehören. Der Hauch findet sich auch im Schwed. wo Haske, Isländ. Haski, Gefahr ist; ingleichen in den ältern Oberdeutschen Mundarten, wo hasen für schrecken, und erhasen für erschrecken vorkommt. Auf ähnliche Art scheint häßlich aus aislich entstanden zu seyn. Man mag nun eine Abstammung annehmen, welche man will, so wird dieses Wort in allen Fällen richtiger mit einem ä als mit einem o geschrieben.


Häßlichkeit (W3) [Adelung]


Die Häßlichkeit, plur. inus. die Eigenschaft eines Dinges, da es häßlich ist, allen Bedeutungen des Beywortes. Die Häßlichkeit einer Person, des Lasters u. s. f. Die Häßlichkeit entstehet vornehmlich aus dem Widerspruche der Theile, die ein Ganzes ausmachen, Sulz.


Häßling (W3) [Adelung]


Der Häßling, ein Fisch, S. Häseling.


Hastig (W3) [Adelung]


Hastig, -er, -ste, adj. et adv. welches in Niedersachsen am üblichsten ist. 1) Eilfertig, eilig, geschwinde, hurtig. Hastig gehen, reden, essen. 2) Figürlich, jähzornig. Ich bin etwas hastig, aber ich bin auch gleich wieder gut, Gell. Einen hastigen Kopf haben. So auch die Hastigkeit. Anm. Im Schwed. gleichfalls hastig, im Isländ. höstugr. Ottfried gebraucht heistigo für sehr. In Nieders. hat man auch das Hauptwort die Haft, die Eile zu bezeichnen, Engl. Haste, Franz. Haste, Hate, Dän. und Schwed. Hast, ingleichen das Zeitwort hasten, eilen, Engl. to haste, Schwed. hast, Franz. hater, welches im Schwed. so wie das Bretagnische hasta auch active für antreiben, beschleunigen, vorkommt, und wie Ihre bemerkt, mit dem Lat. castigare überein kommt, welches die Römischen Schriftsteller mehrmahls in dieser thätigen Bedeutung gebrauchen. Siehet man das t in hasten als ein Zeichen eines Intensivi, Frequentativi oder einer ähnlichen Form an, so bleibt für die einfache Eile oder Geschwindigkeit has oder hasen üblich, wovon nicht nur unser haschen, sondern vielleicht auch Hase abstammen. S. diese Wörter. Indessen behält auch Frischens Ableitung ihre Wahrscheinlichkeit, der es von heiß, Hitze, abstammen lässet.


Hätscheln (W3) [Adelung]


+ Hätscheln, verb. reg. act. welches nur im Oberdeutschen üblich ist, liebkosen, liebkosend, streicheln; daher verhätscheln daselbst für verzärteln gebraucht wird.


Hatschier (W3) [Adelung]


Der Hatschier, des -s, plur. die -e, ein nur noch an dem kaiserlichen Hofe zu Wien übliches Wort, einen kaiserlichen Leib-Trabanten zu Pferde zu bezeichnen. Daher die Hatschier-Leibgarde, die kaiserliche Leibwache zu Pferde; zum Unterschiede von der Trabanten-Leibgarde, oder der Leibgarde zu Fuße. Es ist vom Ital. und Span. Arciere, Franz. Archier, ein Bogenschütze, und dieß vom Lat. Arcus, ein Bogen, weil diese Leibwache in den ältesten Zeiten aus Bogenschützen bestand.


Hattstatt (W3) [Adelung]


Die Hattstatt, plur. die -stätte, bey den Jägern ein Ort, wo die Jäger nach einer Suche zusammen kommen, und sich von dem, was sie angetroffen, Nachricht geben. Da dieses Wort auch Haltstatt lautet, so scheinet Hattstatt daraus verderbet zu seyn; und da würde es eigentlich einen Ort bedeutet, wo Halte gemacht wird.


Hatz (W3) [Adelung]


Die Hatz, oder Hatze, plur. die -n, welches von hetzen im Oberdeutschen und bey den Hochdeutschen Jägern am üblichsten ist, eine Hetze zu bezeichnen, d. i. eine Jagd, wo man wilde Thiere mit Hunden hetzet, oder fängt. Auf die Hatz gehen. Die mehresten, Hatzen geschehen auf Sauen und nach Hasen. So auch die Bärenhatz, Schweinshatz, Hasenhatz u. s. f. Figürlich werden auch so viel Hetzhunde als zusammen eingehetzet sind, eine Hatze Hunde genannt, welches bey den Windhunden ein Strick, und bey Jagdhunden eine Kuppel heißt. S. Hetzen.


Hätze (W3) [Adelung]


Die Hätze, ein Vogel, S. Atzel.


Hau (W3) [Adelung]


Der Hau, des -es, plur. die -e, von dem Zeitworte hauen. 1) Die Handlung des Hauens, distributive betrachtet, wofür in den anständigern Sprecharten Hieb üblicher ist. Jemanden einen Hau geben, einen Hieb. Einen Hau in dem Gesichte haben. 2) Der Ort, wo gehauen wird, wo dieses Wort nur im Forstwesen üblich ist, einen Wald, oder denjenigen Theil eines Waldes zu bezeichnen, in welchem Holz geschlagen oder gehauen wird; ein Gehau. Einen Wald in gewisse Haue, oder Gehaue theilen, S. Hieb.


Hauamboß (W3) [Adelung]


Der Hauamboß, des -es, plur. die -e, bey den Feilenhauern, ein kleiner viereckiger Amboß, die Feilen und Raspeln darauf zu hauen.


Haubar (W3) [Adelung]


Haubar, -er, -ste, adj. et adv. was sich hauen lässet. Besonders im Forstwesen, haubares Holz, völlig ausgewachsenes Holz, welches gehauen oder gefället werden kann, und welches auch hiebig, hauicht und schlagbar genannt wird. So auch die Haubarkeit.


Haubeere (W3) [Adelung]


Die Haubeere, plur. die -n, 1) In einigen Gegenden ein Nahme der Schlingbeeren oder Mehlbeeren, daher der Strauch, welcher sie trägt, auch Haubeerenstrauch oder Haubeerenholz genannt wird; Viburnum Lantana L. Vermuthlich wegen der an der Spitze der Zweige in großen Dolden wachsenden weißen Blumen, so fern man sich dabey einige Ähnlichkeit mit Weiberhauben gedacht hat. S. Schlingbaum. 2) Der Elsebeeren oder Vogelkirschen, deren Strauch gleichfalls an einigen Orten Haubeerenstrauch genannt wird; Prunus Padus L. S. Vogelkirsche und Elsebeere.


Häubellerche (W3) [Adelung]


Häubellerche, Haubelmeise, S. Haubenlerche, Haubenmeise.


Häubeln (W3) [Adelung]


Häubeln, verb. reg. act. mit einer kleinen Haube bekleiden; ein bey den Jägern für hauben vornehmlich übliches Wort, wo man die Falken häubelt, wenn man ihnen die Kappe aufsetzet.


Hauben (W3) [Adelung]


Hauben, verb. reg. act. mit einer Haube bekleiden, die Haube aufsetzen. Eine Braut hauben, ihr am andern tage der Hochzeit die Weiberhaube mit gewissen Feyerlichkeiten aufsetzen. Welch Weib des Isaacs Braut am Hochzeitabend haubte, Günth. Einen Falken hauben, oder häubeln, ihm die Haube oder Kappe aufsetzen.


Haubenband (W3) [Adelung]


Das Haubenband, des -es, plur. die -bänder, eigentlich ein Band, die Haube damit zu binden, oder es über die Haube zu binden. An einigen Orten, z. B. im Holsteinischen, werden die fräulichen Gerechtigkeiten, die Gerechtsamen des andern Geschlechtes mit allem, was dahin gehöret, im männlichen Geschlechte der Haubenband genannt.


Haubendraht (W3) [Adelung]


Der Haubendraht, des -es, plur. die -e, Draht, die Weiberhauben oder Kopfzeuge an den Seiten oder oben damit steif zu erhalten; mit einem Französischen Ausdrucke eine Carcasse.


Haubenfink (W3) [Adelung]


Der Haubenfink, des -en, plur. die -en, eine Art Indianischer rother Finken mit einer Haube oder einem Büschel auf dem Kopfe; Coccothraustes Indica cristata Klein.


Haubenkönig (W3) [Adelung]


Der Haubenkönig, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden ein Nahme des gekrönten Zaunköniges, oder des Goldhähnchens; Motacilla Regulus L.


Haubenkram (W3) [Adelung]


Der Haubenkram, des -es, plur. inus. der Kram, d. i. Handel mit Frauenzimmerhauben oder Kopfzeugen. Daher der Haubenkrämer oder die Haubenkrämerinn, Personen, welche damit handeln.


Haubenlerche (W3) [Adelung]


Die Haubenlerche, im gemeinen Leben Häubellerche, plur. die -n, eine Art Lerchen mit einer Haube oder einem kleinen Büschel Federn auf dem Kopfe, daher sie auch Kobellerche, Calander oder Galander, im mittlern Lat. Caliendrum, und weil sie sich im Winter häufig auf den Dörfern und in den Wegen antreffen läßt, auch Kothlerche, in Österreich Kothmünch und Wegelerche genannt wird; Alauda capitata, cristata, viarum Klein. S. Calander.


Haubenmacher (W3) [Adelung]


Der Haubenmacher, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Haubenmacherinn, plur. die -en, eine Person, welche Hauben oder Kopfzeuge für das andere Geschlecht verfertiget, und auch eine Haubensteckerinn, Putzmacherinn, im Österreichischen ein Visirschneider und Visirschneiderinn genannt wird.


Haubenmeise (W3) [Adelung]


Die Haubenmeise, im gemeinen Leben Häubelmeise, plur. die -n, eine Art Meisen mit einer schwarz und weißen Haube oder Federbusche auf dem Kopfe, welche auch Kobelmeise, Kuppmeise, Schopfmeise, Straußmeise und Heidemeise genannt wird; Parus cristatus Klein.


Haubennadel (W3) [Adelung]


Die Haubennadel, plur. die -n, die kleinste Gattung Stecknadeln, so wie sie zu Hauben und Kopfzeugen gebraucht werden.


Haubensteckerinn (W3) [Adelung]


Die Haubensteckerinn, plur. die -en, S. Haubenmacher.


Haubenstock (W3) [Adelung]


Der Haubenstock, des -es, plur. die -stöcke, ein rundlicher Kloß, in Gestalt eines Kopfes, worüber die Putzmacherinnen den Frauenzimmerhauben oder Kopfzeugen die gehörige Form geben.


Haubentaube (W3) [Adelung]


Die Haubentaube, plur. die -n, eine Art Cyperscher Tauben mit Hauben oder Büscheln auf dem Kopfe; wohin auch die Trommeltauben und andere Arten gehören; Columba cucullata Klein.


Hauberg (W3) [Adelung]


* Der Hauberg, es -es, plur. die -e, in den Marschländern in Schleßwig, ein mit einem hohen Dache von Rohr oder Schilf versehenes Gebäude, welches auf vier, sechs oder acht Balken ruhet, und nach Friesischer Art Wohnhaus, Scheuer und Stall zugleich ist. Hau scheinet hier zu dem alten da, hoch, berg aber zu bergen zu gehören, so daß es überhaupt ein hohes bedecktes Gebäude bezeichnen würde.


Haubitze (W3) [Adelung]


Die "Haubitze", plur. die -n, ein grobes Geschütz, welches eine Kammer, wie ein Mörser, aber einen längern Lauf hat, der doch kürzer ist als an einem Kammerstücke. Man bedienet sich ihrer, große steinerne Kugeln, Hagel, "Kartätschen", Granaten u. s. f. daraus zu werfen. Es soll den Nahmen von einiger Ähnlichkeit mit einer "Haube" haben. Aus dem Deutschen Worte ist das Böhm. "Haubyce" und das Franz. "Obus" gebildet. Indessen scheinet das ganze Wort einen ausländischen Ursprung zu verrathen. In einem Reichsanschlage von 1448 heißt es Steinbüchsen genannt "Hawffnitz", und in Ungarn kommt unter dem Könige Matthias 1460 "Hofniczi" in dieser Bedeutung vor. In manchen Gegenden ist es männlichen und in andern ungewissen Geschlechtes, der oder "das Haubitz", des -es, plur. die -e.


Haubitzgranate (W3) [Adelung]


Die Haubitzgranate, plur. die -n, Granaten, welche aus Haubitzen geschossen, und auf hölzerne Spiegel geküttet werden.


Haublock (W3) [Adelung]


Der Haublock, des -es, plur. die -blöcke, ein Block, darauf zu hauen, oder etwas darauf zu zerhauen; ein Hauklotz, Haustock, Hackblock, Hackklotz, Hackstock.


Hauch (W3) [Adelung]


1. Der Hauch, das Zäpfchen im Halse, ingleichen eine Krankheit des Viehes, S. Hauk.


Hauch (W3) [Adelung]


2. Der Hauch, des -es, plur. die -e. 1) Eigentlich, die Ansstoßung des Athems mit stark geöffnetem Munde, ingleichen der auf solche Art ausgestoßene Athem; wie auch der Ton, der Laut, womit solches geschiehet, der Laut des h, der Hauchlaut, und dessen Zeichen, das h, der Hauchbuchstab. In weiterer Bedeutung pfleget man in der Sprachkunst alle Buchstaben, welche mit einem merklichen Hauche vorgebracht werden, wohin außer dem h auch das ch, g, k und q gehören, Hauchlaute und Hauchbuchstaben zu nennen. 2) Figürlich, so wohl ein jeder Athem, als auch die sanft bewegte Luft. Der Haß zerfloß wie Schneewolken vor dem Hauche der wärmen Luft, Weiße. Der junge West, der schwächste von den Winden, Der doch durch seinen Hauch kaum Bäche runzeln kann, Schleg. 3) In einigen Gegenden, z. B. der Lausitz, eine Krankheit des Rindviehes, wenn es im Frühlinge bey gutem Futter plötzlich matt wird.


Häucheln (W3) [Adelung]


Häucheln, S. Heucheln.


Hauchen (W3) [Adelung]


1. Hauchen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, den Athem mit stark geöffnetem Munde von sich stoßen. In die Hände hauchen. An die Fensterscheibe hauchen. In weiterer Bedeutung für blasen, wehen, wie Weish. 17, 19, wo etwa ein Wind hauchte, ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich. Wohl aber gebraucht man es zuweilen in der höhern Schreibart active für aushauchen. Die Freyheit die in Todesangst den letzten Odem haucht, Weiße. Ingleichen figürlich. Die Weisheit ist das Hauchen der göttlichen Kraft, Weish. 7, 25. Seine Kindheit hauchte Freude, Ramler. In welchem Verstande auch athemen gebraucht wird. S. Aushauchen, Anhauen, Behauchen u. s. f.

Anm. Dieses Zeitwort, welches im Pohln. chuchac lautet, ahmet den Laut nach, der mit dem Hauchen verbunden ist, und druckt denselben aus.


Hauchen (W3) [Adelung]


2. Hauchen, sich auf den Füßen niederthun, S. Hocken.


Hauchlaut (W3) [Adelung]


Der Hauchlaut, des -es, plur. die -e, der Laut, welchen das Hauchen hervor bringet, und ein jeder mit einem Hauche hervor gebrachte Laut. S. 2 Hauch. Daher der Hauchlauter, des -s, plur. ut nom. sing. das Zeichen eines Hauchlautes, ein Hauchbuchstab. Der Häuchler u. s. f. S. Heuchler.


Haudegen (W3) [Adelung]


Der Haudegen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Degen zum Hauen; zum Unterschiede von einem Stoßdegen.


Hauderer (W3) [Adelung]


* Der Hauderer, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z. B. im Koburgischen, ein Miethwagen, Lohnkutscher. Daher haudern, Reisende um Lohn weiter fahren. In einer andern mir unbekannten Bedeutung gebraucht es Gleim: Ein großer Puterhahn - ging auf dem Hühnerhofe stolz tretend auf und nieder, und hauderte, sehr träg fortschleppend sein Gefieder.


Haue (W3) [Adelung]


Die Haue, plur. die -n, ein Werkzeug zum Hauen, doch nur in engerm Verstande, ein Werkzeug, damit in die Erde zu hauen, oder die Erde damit aufzuhauen; welches auch wohl ein Karst, ingleichen eine Hacke genannt wird. S. Hacke, ingleichen Reuthaue, Gäthaue, Mörtelhaue, Weinhaue, Keilhaue, u. s. f. Berge, so man Hauen pflegt umzuhacken, Es. 7, 25. Im Bergbaue ist die Haue ein hölzerner Hammer, womit die Eisensteine gepocht werden. S. Hauen. Nur in der Bedeutung einer Art, in welcher es 1 Sam. 13, 20, 21 vorzu- kommen scheinet, ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich. In der Monseeischen Glosse schon Houve.


Haueisen (W3) [Adelung]


Das Haueisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Eisen, damit zu hauen. Bey den Feilenhauern ist es das mit Rinnen versehene Eisen, worein man die Feilen legt, wenn man sie hauet.


Hauen (W3) [Adelung]


Hauen, verb. irreg. act. Präs. Ich haue, du hauest, er hauet, (nicht häuest, häuet;) Imperf. ich hieb, du hiebest oder hiebst, er hieb; Mittelw. gehauen; Imperat. haue. 1) Eigentlich, wenigstens in der gemeinsten und häufigsten Bedeutung, mit der Schärfe eines schneidenden Werkzeuges schlagen, und dadurch verletzen. Mit der Art, mit dem Degen, mit der Sense nach jemanden hauen. Jemanden in das Gesicht hauen. Er ist gehauen worden, d. i. auf solche Art verwundet worden, zum Unterschiede von dem Stechen. In Stücke, zu Stücken hauen. Einem Ast von dem Baume hauen. Mit dem Degen in das Pflas=ter hauen. Jemanden krumm und lahm hauen. Über die Schnur hauen, figürlich, nach einem von den Holzarbeitern entlehnten Bilde, das gehörige Maß überschreiten. Sprichw. Es ist weder gehauen noch gestochen, es ist weder halb noch ganz. Das ganze Regiment wurde in der Schlacht in die Pfanne gehauen, figürlich und im gemeinen Leben, nach einem von den Köchen entlehnten Bilde, es wurde nieder gehauen. Sich durch die Feinde hauen, sich durch Hauen Platz machen. Figürlich für abhauen, in einigen Fällen. Holz hauen, im gemeinen Leben zuweilen für Holz fällen, stehende Bäume umhauen, S. Hau und Gehau. Sie hauen im Walde einen Baum, Jer. 10, 3. In Meißen wird hauen mehrmahls für mähen, abmähen gebraucht. Gerste, Hafer, Gras, Erbsen hauen. Ingleichen für zerhauen. So heißet Holz hauen oder Holz hacken, das gefällte Holz mit der Axt klein hauen. Fleisch hauen, es in der Fleischbank zerhauen; daher die Fleischer an einigen Orten auch Fleischhauer genannt werden. + Jemanden zur Bank hauen, eben daher, ihn in seiner Abwesenheit verleumden und verkleinern. Wie auch für behauen, hauend bearbeiten. Daß man mir Cedern aus Libanon haue, 1 Kön. 5, 6. Daß bey uns niemand ist, der Holz zu hauen wisse, ebend. Ferner, durch Behauung oder durch Hauen hervor bringen. Balken hauen. 2) In weiterer Bedeutung, mit ausgehohltem Kopfe oder Schnabel verwunden oder schlagen. So sagt man von zahmen und wilden Schweinen, daß sie hauen, oder um sich hauen, wenn sie mit ihren hervor stehenden Zähnen nach jemanden schlagen. Ein hauendes Schwein, bey den Jägern, ein wildes Schwein, wenn es über fünf Jahr alt ist, weil es alsdann am gefährlichsten um sich hauet. Auch die Vögel hauen oder hacken mit ihrem Schnabel Löcher in die Bäume u. s. f. Die Katze hauet mit ihren Klauen nach der Maus. Bey den Jägern hauet der Biber, wenn er beißet. Aber von Scorpionen und andern Thieren sagt man im Hochdeutschen stechen, beißen u. s. f. ungeachtet es Offenb. 9, 5 heißt: und ihre Qual war wie eine Qual vom Scorpion, wenn er einen Menschen häuet, (hauet.) 3) Noch häufiger verstehet man unter diesem Zeitworte auch die Gewinnung oder Bearbeitung eines Körpers vermittelst des Meißels und Schlägels; entweder weil diese Arbeiten ehedem mehr in eigentlichen Verstande durch Hauen hervor gebracht worden, oder auch so fern hauen zuweilen für schlagen gebraucht wird. Erz hauen, im Bergbaue, es vermittelst des Eisens und Fäustels gewinnen, los machen. Daher diejenigen Bergleute, welche in den Gruben und auf dem Gesteine arbeiten, auch eigentlich Häuer heißen. Steine aus den Bergen hauen, Bar. 6, 38, so fern solches mit dem Meißel und Schlägel geschiehet. Außerdem sagt man Steine brechen. Ingleichen auch mit dem Schlägel und Meißel bearbeiten. Steine hauen oder behauen, ihnen auf solche Art eine regelmäßige oder zierliche Gestalt geben, daher diejenigen welche solches thun, Steinhauer genannt werden. Ein Grab in einen Fels hauen, Matth. 27, 60. Eines Nahmen in Marmor hauen. Hingegen in Stein, in Marmor hauen, künstliche Bildwerke vermittelst des Meißels und Schlägels hervor bringen, ist eine Beschäftigung der Bildhauer, welche auch Bilder aus Stein, oder aus Holz hauen. Aber etwas in Erz, in Metall hauen, wie man zuweilen in der dichterischen Schreibart lieset, ist sehr oft unrichtig, weil die Metalle nur selten auf dieses Art bearbeitet werden. Doch hauen die Schwertfeger nicht allein den Grund, sondern auch Figuren in die Degengefäße, aber alsdann bedienen sie sich gleichfalls eines Meißels und Schlägels, so wie die Feilenhauer, wenn sie Feilen hauen, d. i. die Furchen, worin das Wesen einer Feile bestehet, vermittelst eines Meißels und Hammers hinein schlagen. 4) In manchen Fällen wird es für schlagen gebraucht, besonders für das Schlagen mit Ruthen. Einen Verbrecher mit Ruthen hauen. Ein Kind mit der Ruthe hauen. Im gemeinen Leben gebraucht man es auch wohl von dem Schlagen mit dem Stocke, oder mit der Fläche einer Degenklinge. S. auch Hacken. Das Hauptwort die Hauung ist in den Zusammensetzungen häufiger als in dem einfachen Worte, ob man gleich im Forstwesen einiger Gegenden einen Hau oder ein Gehau auch wohl eine Hauung zu nennen pfleget.

Anm. Bey dem Ottfried und Notker houuen und im Imperf. schon hiuuuen, im Schwabensp. hauen, im Nieders. houen und houwen, im mittlern Lat. houare, im Angels. heawian, im Engl. to hew, im Holländ. houwen; woraus zugleich erhellet, woher das b im Imperfecto stammet. Andere Mundarten haben statt der Blaselaute einen starken Hauchlaut, wie das Dän. hugge, das Schwed. hugga, und unser hacken. Das Isländ. hoggva hat beyde zugleich. Es ist schwer auszumachen, welches die eigentliche Bedeutung dieses Wortes ist. In einigen alten Mundarten wird es häufig für schneiden gebraucht, (siehe Frisch v. Heyen,) von welcher Bedeutung auch unser Hobel noch ein Überrest ist. Daß es auch spalten und zermalmen bedeutet haben müsse, erhellet theils aus dem Angels. heawan, theils aus unserm kauen, und daß man es ehedem häufiger für schlagen gebraucht habe als jetzt, läßt sich aus dem Worte Heye, Pochheye, ein Schlägel, beweisen. S. diese Wörter. Die im Hochdeutschen ungewöhnlich Form, ich haue, du häuest, er häuet u. s. f. kommt noch in einigen Ausgaben der Deutschen Bibel und bey dem Opitz vor: Wer sticht und häuet mich? Und an einem andern Orte: der ein wenig zu sehr über die Schnur häuet.


Hauer (W3) [Adelung]


Der Hauer, des -s, plur. ut nom. sing. von dem vorigen Zeitworte. 1) Der da hauet; doch außer der Zusammensetzung nur in einigen Fällen. So sind im Bergbaue Hauer oder Häuer diejenigen Bergleute, deren eigentliche Beschäftigung es ist, das Erz in der Grube zu hauen, d. i. von dem Gesteine abzusondern; Böhm. Hawyr, S. Erbhäuer, Doppelhäuer, Ganghäuer, Lehrhäuer. 2 Chron. 2, 18 wird es auch für Steinhauer oder Steinmetz gebraucht, in welchem Verstande es aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist; ob man es gleich in den Zusammensetzungen Bildhauer, Feilenhauer, Fleischhauer, Holzhauer u. s. f. in dem ganzen Umfange der Bedeutungen des Zeitwortes gebraucht. Ein wildes Schwein männlichen Geschlechtes, besonders wenn es fünf Jahr alt ist, da es auch ein hauendes Schwein genannt wird, führet bey den Jägern den Nahmen des Hauers. Siehe Keiler. 2) Ein Werkzeug, womit man hauet. So wird ein Haudegen im gemeinen Leben oft ein Hauer genannt, und die Klempener nennen ihre runden Meißel gleichfalls Hauer. Auch die Hauzähne der zahmen und wilden Schweine beißen Hauer.

Anm. Im Österreichischen sind die Hauer eine Art Landleute welche nur zu Hand- und Fußfrohnen verpflichtet sind. Es scheinen Tagelöhner zu seyn, welche sich von dem Hauen oder Hacken in den Weinbergen nähren und an andern Oberdeutschen Orten Häcker genannt werden.


Häuergeld (W3) [Adelung]


Das Häuergeld, S. Anfahren.


Häuerglocke (W3) [Adelung]


Die Häuerglocke, plur. die -n, in den Bergwerken, diejenige Glocke, mit welcher die Bergleute und besonders die Häuer zusammen berufen werden, und welche auch die Bergglocke heißt.


Häuerlohn (W3) [Adelung]


Der Häuerlohn, des -es, plur. inus. der Lohn der Häuer in den Bergwerken.


Häuersteg (W3) [Adelung]


Der Häuersteg, des -es, plur. die -e, ein Steg, d. i. Fußweg, der Häuer zu den Zechen und Gruben.


Haufe (W3) [Adelung]


Der Haufe, des -ns, plur. die -n, Diminut. das Häufchen, Oberd. Häuflein. 1) Eigentlich, eine Versammlung mehrerer Dinge auf und über einander. Ein großes Haufe Erde. Ein kleiner Haufe Sand. Ein Maulwurfshaufe, Steinhaufe, Kothhaufe u. s. f. Die Garben, das Holz, die Steine in Haufen legen. Alles auf einen Haufen legen oder werfen. Einen Haufen aus etwas machen. Es liegt alles über einen Haufen, d. i. auf einem Haufen. Etwas über den Haufen stoßen, es umstoßen, gleichsam es so stoßen, daß es in einen Schutthaufen zerfällt. Thaz warf er alles in houf, Ottfr. für über den Haufen. Über den Haufen fallen, umfallen. Über den Haufen schießen, niederschießen. Sie stoßen alle Philosophie über den Haufen, Gell. sie richten sie zu Grunde, heben sie auf, machen sie unnütz. Aber mein Herz und mein Gefühl warfen auf einmal (Ein Mahl) das mühsame Gebäude von Schlüssen über den Haufen, Less. Zu Haufe bringen, in Menge versammeln, wo man nicht leicht Haufen sagt. 2) Figürlich, die Versammlung mehrerer Dinge neben einander, doch nur von lebendigen Geschöpfen. Ein zahlreicher Haufe Soldaten. Ein unordentlicher Haufe Volkes. Sich durch den Haufen drängen. Sie sitzen da alle auf einem Haufen, alle nahe um und neben einander. Die Leute in gewisse Haufen stellen, im Haufen abtheilen. Der ganze Haufe kam in die Stadt gerannt; im gemeinen Leben, der helle Haufen, von dem Nieders. heel, ganz, S. Hell. Reißt Schand und Üppigkeit mit hellem Haufen ein, Opitz. Die Noth kommt mit Haufen, zahlreich. Mit Haufen, oder haufenweise zulaufen. Ein starker Haufe Kühe, Frösche, Vögel u. s. f. Der große Haufe, der gemeine Haufe, der Pöbel, der größte Theil der Menschen dem Staude und den Einsichten nach. Das kleine Häuflein der Gerechten. Mit dem Haufen gehen. 3) Nach einer noch weitern Figur wird ein Haufen, doch nur im gemeinen Leben, sehr oft für viel gebraucht, und da kann es auch von leblosen Dingen gesagt werden. Es waren ein Haufen Leute in der Komödie, viele Leute. Ein Haufen Geld, vieles Geld. Einen Haufen Kinder haben.

Anm. Bey dem Ottfried Houfe, bey dem Willeram und Notker Husfo, im Pohln. Huf, im Böhmischen Hauff. Andere Mundarten ziehen dem f das b und p vor, wie das Nieders. Hoop, Hope, Hupe und Hüpen, das Angels. Heape, Hype, das Engl. Heap, das Dän. Hob, das Schwed. Hop; wohin auch das Lat. Copia, und copulare, gehören, so wie das Nieders. Hümpel, ein Haufe mit Cumulus überein stimmet. Der herrschende und Stammbegriff in diesem Worte ist wohl die Höhe, daher man es füglich zu dem Geschlechte der Wörter hoch, heben, Hübel für Hügel, Hüfte, und besonders auf rechnet.


Häufeln (W3) [Adelung]


Häufeln, verb. reg. act. kleine Haufen, Häuflein machen. Das Heu häufeln; es, wenn er auf der Wiese getrocknet ist, in kleine Haufen aufsetzen. Im gemeinen Leben ist das Häufeln, Nieders. Hupken, auch eine Art eines Kartenspieles, da so viele Häuflein gemacht werden, als spielende Personen sind.


Häufen (W3) [Adelung]


Häufen, verb. reg. act. in Haufen bringen, d. i. mehrere Dinge in Haufen versammeln. 1) Eigentlich, sie auf und über einander versammeln. Die Erde um ein Gewächs, um einen Baum häufen. Einen Scheffel häufen. Ein gehäufter Scheffel. Und sie häuften sie (die Frösche,) zusammen, hie einen Haufen und da einen Haufen, 2 Mos. 8, 14. Ein gehäufter Berg, d. i. ein hoher, Ezech. 17, 22, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. 2) * Sie neben einander versammeln. Werfet zu Zion ein Panier auf, hänfet euch und säumet nicht. Jer. 4, 6. Sie werden kommen und sich zu den Gaben des Herren häufen, Kap. 31, 12, d. i. sich versammeln; in welcher Bedeutung es doch im Hochdeutschen veraltet ist, wo man es, 3) am häufigsten mit dem Nebenbegriffe der Menge, der Vielheit gebraucht, viele Dinge einer Art hervor oder zusammen bringen. Gott häuft alles Unglück über uns zusammen. Sünde mit Sünde, Verbrechen mit Verbrechen häufen, d. i. die Sünden, die Verbrechen häufen, viele Sünden und Verbrechen begehen. Sie häuften Schuld auf Schuld, Dusch. Geld mit Geld häufen. Ingleichen als ein Reciprocum, sich häufen, zahlreicher werden. Die Zuschauer häufen sich alle Augenblicke. Die Geschäfte haben sich sehr gehäufet. Hier häufen sich die Begebenheiten. So auch die Häufung.

Anm. Bey dem Notker kehufen und gehufson, bey dem Ottfr. gihoufan, in Schlesien heffen, im Nieders. hopen, höpen und hüpen.


Haufenweise (W3) [Adelung]


Haufenweise, adv. in Gestalt eines Haufens, und figürlich auch in Menge. Die Leute kamen haufenweise zusammen, versammelten sich haufenweise. Das Geld haufenweise liegen haben.


Häufig (W3) [Adelung]


Häufig, -er, -ste, adj. et adv. von dem Hauptworte Haufe, doch nur so fern dasselbe in der dritten Bedeutung eine Menge, eine große Mehrheit einzelner Dinge bedeutet; besonders als ein Nebenwort. Die Schwalben lassen sich schon häufig sehen. Da kamen die Fürsten und Landvögte häufig vor den König, Dan. 6, 6. Die Leute gehen häufiger in die Komödie als in die Kirche. Diese Waare ist hier sehr häufig. In Gestalt eines Beywortes kommt es seltener vor. Ich könnte häufige Beyspiele davon anführen. Häufige Thränen quellen vom Auge, Geßn. Figürlich wird das Nebenwort auch für oft gebraucht, von der Vielheit der Zeit oder der Wiederholung, und in dieser Bedeutung kommt es immer häufig genug vor. Nieders. hüpig.


Haufwerk (W3) [Adelung]


Das Haufwerk, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, allerley auf einen Haufen gestürzte Erze oder Steine. In engerer Bedeutung nennet man in der Mineralogie Haufwerke außer und neben einander zusammen gewachsene Steine verschiedener Arten; Steinhäufungen, Aggregata lapidum.


Haugeld (W3) [Adelung]


Das Haugeld, des -es, plur. von mehrern Summen dieser Art, die -er, im Bergbaue, dasjenige Geld, welches die Häuer für ihre Arbeit bekommen, und auch das Gedingegeld genannt wird.


Hauhammer (W3) [Adelung]


Der Hauhammer, des -s, plur. die -hämmer, im Bergbaue, ein Hammer, welcher auf der andern Seite ein Beil oder eine Axt hat, und daher auch ein Hammerbeil oder eine Hammeraxt genannt wird. Bey den Feilenhauern ist der Hauham- mer derjenige Hammer, welcher bey dem Hauen der Feilen den Meißel treibt.


Hauhechel (W3) [Adelung]


Die Hauhechel, plur. die -n, eine Pflanze; Ononis L. Besonders die stachelige Art derselben, welche bey uns in den Feldern und dürren Gründen wächset, und eben wegen ihren Stacheln ihren Nahmen bekommen hat; Ononis spinosa L. Sie wird auch Stachelkraut und verderbt Stahlkraut, Häkelkraut, Heuschel, Hachelkraut, Ochsenbrech, Weiberkrieg, in Österreich aber, gleichfalls wegen ihrer Stacheln, Aglarkraut genannt.


Hauholz (W3) [Adelung]


Das Hauholz, des -es, plur. die -hölzer, im Forstwesen, Holz, d. i. mehrere Bäume, welches zu seiner Zeit gehauen oder geschlagen werden soll; ohne Plural. Ingleichen ein Wald oder Theil desselben, welcher zum Holzfällen oder Abräumen bestimmt ist. In beyden Fällen auch Splitterholz. Im Gegensatze des Hain- oder Hägeholzes.


Häuig (W3) [Adelung]


Häuig, adj. et adv. welches gleichfalls nur im Forstwesen üblich ist, und so wie haubar gebraucht wird. Ein häuiger Wald, in welchem Holz gefället werden kann. S. Haubar.


Hauk (W3) [Adelung]


Der Hauk, des -es, plur. die -e, ein im gemeinen Leben übliches Wort, welches in einigen Fällen gebraucht wird, eine gewisse Erhöhung anzuzeigen. So wird 1) das Zäpfchen im Halse der Hauk, Hauch, Heuch oder Huch genannt. 2) Ein Gebrechen der Augen bey den Pferden und dem Rindviehe, welches aus einer Haut bestehet, die sich aus dem innern Augenwinkel erzeuget und auch der Haug genannt wird. S. Fell. Das Wort gehöret ohne Zweifel zu der Familie der Wörter hoch, Höcker, Hügel u. s. f. welche eine Erhöhung überhaupt bedeuten.


Haukenblatt (W3) [Adelung]


Das Haukenblatt, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben, ein Nahme des Halskrautes, Ruscus Hypophyllum L. weil es von dem gemeinen Manne gebraucht wird, wenn ihm der Hauk oder das Zäpfchen geschossen ist, daher es auch Zapfenkraut, Kehlkraut, Hockenblatt u. s. f. genannt wird. Siehe Halskraut.


Hauklinge (W3) [Adelung]


Die Hauklinge, plur. die -n, die Klinge eines Haudegens, oder zu einem Haudegen, im Gegensatze einer Stoßklinge.


Hauklotz (W3) [Adelung]


Der Hauklotz, des -es, plur. die -klötze, S. Haublock.


Haumeißel (W3) [Adelung]


Der Haumeißel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Meißel, damit zu hauen, d. i. vermittelst der darauf gethanen Hammerschläge, Einschnitte zu machen; doch nur in einigen Fällen. So nennen die Windenmacher den Meißel mit schräger Fläche, vermittelst dessen sie die Zwischenräume zwischen den Zähnen der eisernen Räder aushauen, den Haumeißel.


Haupt (W3) [Adelung]


Das Haupt, des -es, plur. die Häupter, Diminut. welches aber nur in einigen Fällen gebraucht wird, das Häuptchen, Oberd. Häuptlein. 1. Eigentlich, oder vielmehr am häufigsten, der oberste Theil der menschlichen und thierischen Körper, wo diese Wort für Kopf nur in der edlern und anständigern Sprechart gebraucht wird, besonders, wenn man von Personen redet, denen man Achtung und Ehrerbiethung schuldig ist. Am häufigsten von Menschen. So sagt man in der anständigen Sprechart, das Haupt thut mir weh, Schmerzen im Haupte empfinden, im Haupte verrückt seyn, sein Haupt entblößen, bedecken, so viel ich Haare auf meinem Haupte habe, jemanden das Haupt abschlagen, vom Haupte bis auf die Füße, u. s. f. wo man im gemeinen Leben das Wort Kopf gebraucht, S. dasselbe. Achtzig Jahre waren schon über sein Haupt hingeflogen, Geßn. Dahin gehöret auch die figürl. R. A. den Feind aufs Haupt schlagen, ihn völlig, gänzlich schlagen, wo das Wort Kopf nicht gebräuchlich ist. Den veindt bis auf das Haupt erlegen, Theuerd. Kap. 93. Man hat den Feind aufs Haupt geschlagen, Doch Fuß hat Haupt hinweg getragen, Logau. Das Haupt des heil. Dionysius, u. s. f. wo man in der Römischen Kirche, wenn von Heiligen die Rede ist, niemahls das Wort Kopf gebraucht. In der edlern Schreibart auch von Thieren. Und die Häupter der Rosse, wie die Häupter der Löwen, Offenb. 9, 17. Ein großer rother Drach, der hatte sieben Häupter, Kap. 12, 3: Kap. 17, 7, 9. Dieser Unterschied gilt auch von den folgenden Zusammensetzungen, indem sie insgesammt edler und anständiger sind, als diejenigen, welche mit Kopf - gemacht werden. 2. Figürlich. 1) Derjenige Theil des Bettes, des Garges, oder des Grabes, wo das Haupt ruhet; im gemeinen Leben der Kopf. Etwas zum Haupte des Bettes legen. Wo es auch in dem veralteten Plural zu den Häupten, der alsdann anstatt des Singulars stehet, gebraucht wird. Und er nahm einen Stein und legte ihn zu seinen Häupten, 1. Mos. 28, 11, 18. Da neigete sich Israel auf dem Bett zun (zu den) Häupten, Kap. 47, 31. 2) Die Person oder das Thier selbst, doch unter verschiedenen Einschränkungen. (a) Die vornehmste Person unter mehrern, besonders so fern ihr wegen dieser ihrer Würde, die Macht zu herrschen, zu befehlen zukommt, daher es auch nur von solchen Personen männlichen Geschlechtes üblich ist; Franz. Chef. Der Mann ist des Weibes Haupt. Ein hohes Haupt, ein Fürst. Ein gekröntes Haupt, ein König. Eine Zusammenkunft von drey gekrönten Häuptern. Das Haupt der Kirche. Die Häupter eines Landes, des Volkes, einer Stadt, eines Geschlechtes, die Vornehmsten. Das Haupt der Rebellen, ihr Anführer. Sich zum Haupte aufwerfen. Kopf ist in dieser Bedeutung gar nicht üblich. Siehe Oberhaupt. (b) Eine jede Person. Ein jeglicher nehme ein Gomor auf ein jegliches Haupt, nach der Zahl der Seelen in seiner Hütten, 2 Mos. 16, 16. So manch Haupt, so manch halber Seckel, - von allen die gezählet wurden, von zwanzig Jahren an und drüber, Kap. 38, 26. Nehmet die Summa der ganzen Gemeine - alles was männlich ist, von Haupt zu Haupt, 4 Mos. 1, 2, 18. In diesem Verstande kommt es nur noch zuweilen im Oberdeutschen vor. Im Hochdeutschen gebraucht man dafür im gemeinen Leben das Wort Kopf, und in der anständigern Sprechart das Wort Person oder andere ähnliche Ausdrücke. Doch nennet man einen Greis auch in der edlern Schreibart ein graues Haupt, ein ehrwürdiges Haupt. (c) Im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, wird Haupt sehr häufig von dem Rindviehe gebraucht; in welchem Verstande Kopf ungewöhnlich ist. Hundert Häupter Rindvieh auf der Weide gehen haben. Ingleichen mit Auslassung des Wortes Rindvieh. Es sind ihm zehen Häupter gefallen. Wo es denn auch wohl nach Art anderer Wörter, welche eine Zahl, ein Maß, und ein Gewicht bedeuten, wenn es ein Zahlwort bey sich hat, im Singular gebraucht wird. Es sind ihm zehen Haupt gefallen. Im mittlern Lateine kommt Caput in diesem Verstande häufig vor, nicht nur von dem Rindviehe, sondern auch von Pferden und Schafen. Decem equorum capita, Gregor. Magn. l. 10, ep. 41. Legitimus pastor ovium si 80 capita in grege habet, Lex Alemann. tit. 79, §.2. Wo es zuweilen auch allein ohne allen Beysatz gebraucht wird, ein jedes Stück zahmes Vieh zu bezeichnen. Ja nach weiterm Verstande wird es auch von leblosen Dingen gefunden, ein Stück zu bezeichnen, wovon bey dem du Fresne und Carpentier Beyspiele angeführet werden. Auch Capitale wurde sehr frühe von jeden Gute, welches man besitzet, besonders aber von dem Viehe, dem vornehmsten Stücke des Reichthums in den ältern Zeiten, gebraucht. Das Nieders. Höft wird auf eben dieselbe Art von dem Rindviehe, das Schwed. Hufwud aber von einem jeden Individuo oder Stücke gebraucht. 3) Von leblosen Dingen, wo das Bild theils von der Ründe des Hauptes, theils von dessen Stelle und Würde hergenommen ist, in der edlern und anständigern Schreibart. (a) Von der Ründe, besonders so fern sie zugleich den obersten Theil eines Dinges ausmacht. So nennet man an dem Kohle und Sallate die in einen runden Körper geschlossenen Blätter, und die runden Samenkapseln des Mohnes, in der anständigern Schreibart das Haupt, und im gemeinen Leben den Kopf. Drey Kohlhäupter. Ein Mohnhaupt. (b) In weiterer Bedeutung, das oberste eines Dinges; am häufigsten in der edlen Schreibart, wo im gemeinen Leben Kopf gebräuchlich ist. Die Blume hebt ihr sinkendes Haupt empor. Das Haupt des Nagels, dessen Kopf. Das Haupt des Schildes, in der Wapenkunst, dessen oberster Theil. In der Landwirthschaft wird das unterste Stück Holz an einem Pfluge, worauf der ganze Pflug gleichsam gebauet ist, dessen Haupt genannt. Ehedem wurde die Quelle eines Flusses im Oberdeutschen sehr häufig das Haupt genannt, theils so fern sie alle Mahl am höchsten lieget, theils auch so fern sie der Anfang des Flusses ist. (c) Verschiedene hervor ragende Theile eines Dinges, besonders so fern sie die Gewalt anderer Dinge abhalten sollen. So wird an den Deichen und Wällen der abhängige mit Rasen bekleidete Theil das Haupt genannt. In dem Wasserbaue sind die Häupter in das Wasser hinein gehende Bollwerke von Mauerwerk, Pfählen oder Flechtwerk, die Gewalt des Wassers zu brechen. Nieders. Höfd, Holländ. Hoofd, welche auch ein Vorgebirge bezeichnen, nach dem Muster des Ital. Capo, und Franz. Cap. (d) Der Würde nach, das Vornehmste eines Dinges, in einigen Fällen, in der edlern Schreibart. Diese Stadt ist das Haupt des Landes. S. auch Häuptel. In den folgenden Zusammensetzungen kommt diese Bedeutung am häufigsten vor. Man kann in derselben das Wort Haupt fast mit allen Substantiven zusammen setzen, das Wichtigste, das Vornehmste seiner Art auszudrucken, welches den Grund anderer Dinge seiner Art enthält; von welchen diejenigen, welche im folgenden vorkommen, nur eine kleine Probe sind. Kopf kann auf diese Art nicht gebraucht werden. In etwas engerer Bedeutung, gebraucht man das Wort Haupt - in einigen Zusammensetzungen für Erz -. Ein Hauptnarr, ein Narr der ersten Größe; so auch ein Hauptschelm, ein Hauptdieb, ein Hauptgut, d. i. ein vortreffliches, sehr wichtiges Gut, u. s. f. wofür man im gemeinen Leben auch Capital-Narr, Capital-Dieb, Capital-Gut u. s. f. sagt. In beyden Fällen wird Haupt in der Zusammensetzung mit einem stärkern Tone ausgesprochen, als wenn es den Kopf bedeutet. Eine Hauptarzeney, eine vortreffliche, vorzügliche, sehr wichtige Arzeney; hat auf der ersten Sylbe einen stärkern und längern Ton, als die Hauptarzeney, so fern sie wider Krankheiten des Hauptes gut ist.

Anm. In dem übersetzten Isidor Haubide, bey dem Kero und Ottfried Haubit, bey dem Notker Houbet, bey dem Willeram Hoibet, im Nieders. Höfd, Höved, in einigen gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes nur Heet und Höt, im Altfries. Haud, bey dem Ulphilas Haubith, im Angels. Heafod, im Isländ. Hoffod, im Schwed. Hufwud, im Engl. Head, stammet gewiß nicht, wie sich jemand träumen lassen, von Haube her, so daß es eigentlich einen mit einer Haube bekleideten Kopf bedeutet, sondern vermittelst des Ableitungszeichens de, d oder t, von heben, oder einem ähnlichen veral- teten Zeitworte, so daß es überhaupt das Höchste, das Oberste an einem Dinge bedeutet. Es gehöret daher zu dem zahlreichen Geschlechte der Wörter Haube, auf, Haufen, heben, hoch u. s. f. Das Lat. Caput, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Gipfel, Giebel, und hundert andere sind genau damit verwandt. Für hoch, vor Alters ha, findet man in den verwandten Sprachen auch so wohl haf und hab als had.


Hauptabschied (W3) [Adelung]


Der Hauptabschied, des -es, plur. die -e, auf den Reichs- und Landtagen, der vornehmste, öffentlich bekannt gemachte Abschied; im Gegensatze des Nebenabschiedes. S. Abschied.


Hauptabsicht (W3) [Adelung]


Die Hauptabsicht, plur. die -en, die vornehmste Absicht, diejenige Absicht, ohne welche eine Handlung gar nicht geschehen würde, ohne welche sie unnöthig seyn würde, welche den Grund der übrigen Absichten in sich enthält, "Finis primarius"; zum Unterschiede von der Nebenabsicht.


Hauptader (W3) [Adelung]


Die Hauptader, plur. die -n. 1) Eine Ader am Haupte; im gemeinen Leben die Kopfader. Zuweilen auch eine Ader, welche nach dem Haupte gehet, oder mit dem Haupte in Verbindung stehet. So wird ein Zweig der Median-Ader zwischen dem Daumen und Zeigefinger von einigen die Hauptader genannt, welche bey andern die Augenader oder Salvatell-Ader heißt. 2) Die vornehmste Ader unter mehrern.


Hauptaltar (W3) [Adelung]


Der Hauptaltar, des -es, plur. die -täre, der vornehmste, größte und heiligste Altar in einer Kirche; zum Unterschiede von den Nebenaltären.


Hauptanker (W3) [Adelung]


Der Hauptanker, des -s, plur. ut nom. sing. auf den Schiffen, der größte, vornehmste Anker; Franz. Ancre maitresse.


Haupt-Artikel (W3) [Adelung]


Der Haupt-Artikel, des -s, plur. ut nom. sing. der vornehmste, wichtigste Artikel, der den Grund der übrigen in sich enthält; zum Unterschiede von den Neben-Artikeln.


Hauptarzeney (W3) [Adelung]


Die Hauptarzeney, plur. die -en. 1) Eine Arzeney gegen Krankheiten des Hauptes; Medicamentum cephalicum, im gemeinen Leben eine Kopfarzeney. 2) Die vornehmste, wichtigste Arzeney unter mehrern ihrer Art.


Hauptbalken (W3) [Adelung]


Der Hauptbalken, des -s, plur. ut nom. sing. die vornehmsten und stärksten Balken in einem Gebäude, besonders diejenigen Balken unter dem Dache, welche von einer Wand des Gebäudes bis zur andern reichen, und worauf das ganze Dach ruhet. Sie werden auch Bindebalken genannt.


Hauptbalsam (W3) [Adelung]


Der Hauptbalsam, des -es, plur. von verschiedenen Arten oder Quantitäten, die -e, ein künstlicher Balsam für das Haupt; im gemeinen Leben ein Kopfbalsam.


Hauptbau (W3) [Adelung]


Der Hauptbau, des -es, plur. die -e. 1) Ein Bau von Wichtigkeit, der ein ganzes Gebäude nach seinen vornehmsten Theilen betrifft; ohne Plural. Einen Hauptbau vornehmen. 2) Im gemeinen Leben zuweilen auch das Hauptgebäude; zum Unterschiede von einem Nebenbaue oder Nebengebäude.


Hauptbaum (W3) [Adelung]


Der Hauptbaum, des -es, plur. die -bäume, im Forstwesen, eine Benennung der stärksten und vollkommen ausgewachsenen Bäume in einem Walde, welche auch Oberbäume genannt werden.


Hauptbegriff (W3) [Adelung]


Der Hauptbegriff, des -es, plur. die -e, der vornehmste Begriff, der den Grund der übrigen in sich enthält; zum Unterschiede von den Nebenbegriffen.


Hauptbericht (W3) [Adelung]


Der Hauptbericht, des -es, plur. die -e, der vornehmste, wichtigste Bericht; zum Unterschiede von den Nebenberichte.


Hauptbeweis (W3) [Adelung]


Der Hauptbeweis, des -es, plur. die -e, der vornehmste, wichtigste Beweis, der den Grund der übrigen in sich enthält; zum Unterschiede von den Nebenbeweise.


Hauptbinde (W3) [Adelung]


Die Hauptbinde, plur. die -n, eine Binde um das Haupt; im gemeinen Leben Kopfbinde. Die königliche Hauptbinde, ein königlicher Hauptschmuck der vorigen Zeiten; Diadema.


Hauptbohrer (W3) [Adelung]


Der Hauptbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Wundärzten, ein Bohrer, die Hirnschale damit zu durchbohren, daher er auch der Schädelbohrer genannt wird; mit einem Griech. Kunstworte der Trepan.


Hauptbrief (W3) [Adelung]


Der Hauptbrief, des -es, plur. die -e, so fern Brief eine jede Urkunde bedeutet, an einigen Orten noch, die vornehmste, wichtigste Urkunde, das Haupt-Document; zum Unterschiede von den Nebenbriefen oder Neben-Documenten. Ingleichen der vornehmste, wichtigste Brief unter mehrern.


Hauptbuch (W3) [Adelung]


Das Hauptbuch, des -es, plur. die -bücher, ein vornehmes, sehr wichtiges Buch. Die Natur bleibt das Hauptbuch, worin der neugierige Knabe lernen muß, Gell. Besonders das vornehmste und wichtigste unter mehrern Handlungs- oder Rechnungsbüchern.


Hauptdecke (W3) [Adelung]


Die Hauptdecke, plur. die -n, eine Decke für das Haupt; im gemeinen Leben die Kopfdecke.


Hauptdeich (W3) [Adelung]


Der Hauptdeich, des -es, plur. die -e, der vornehmste Deich, welcher das Land gegen die Überschwemmungen von außen sichert; Nieders. Haffdiek, Höftdiek.


Hauptdickicht (W3) [Adelung]


Das Hauptdickicht, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, das stärkste Dickicht, worin sich das Wildbret aufhält und aufhalten kann.


Hauptdrüse (W3) [Adelung]


Die Hauptdrüse, plur. die -n, eine Drüse am Haupte; im gemeinen Leben die Kopfdrüse. Ingleichen die vornehmste Drüse unter mehrern.


Häuptel (W3) [Adelung]


Das Häuptel, des -s, plur. inus. welches eigentlich das Diminut. Haupt ist, und besonders im Bergbaue im figürlichen Verstande gebraucht wird, den obersten und besten Schlich in der Wäsche oder von den Schlammgräbern zu bezeichnen; wo es nach der gemeinen Aussprache der Bergleute auch nur Hedel lautet.


Häupteln (W3) [Adelung]


Häupteln, verb. reg. act. welches nur als ein Reciprocum von dem Salate und Kohlarten üblich ist. Der Salat, der Kohl häuptelt sich, bekommt Häupter, schließt sich in Häupter zusammen.


Haupterbe (W3) [Adelung]


Der Haupterbe, des -n, plur. die -n, Fämin. die Haupterbinn, plur. die -en, der vornehmste Erbe, der den größten und wichtigsten Theil eines Nachlasses erbet.


Haupt-Essenz (W3) [Adelung]


Die Haupt-Essenz, plur. inus. außer mehrern Arten, die -en, eine Essenz für das Haupt, wider Krankheiten des Hauptes; im gemeinen Leben eine Kopf-Essenz.


Hauptfabel (W3) [Adelung]


Die Hauptfabel, plur. die -n, die vornehmste oder wichtigste Erdichtung, welche in einem Gedichte zum Grunde lieget, und worauf sich die übrigen beziehen; zum Unterschiede von den Nebenfabeln.


Hauptfall (W3) [Adelung]


Der Hauptfall, des -es, plur. die -fälle. 1) Ein wichtiger Fall, der den Grund vieler andern in sich enthält; zum Unterschiede von den Nebenfällen. 2) Besonders in dem Lehenswesen, einer der vornehmsten Lehensfälle; daher der Tod so wohl des Lehensherren, als auch des Lehensmannes Hauptfälle genannt werden. In den Reichskanzelleyen wird der Tod eines Kaisers sehr häufig mit dem Nahmen eines Hauptfalles beleget. 3) In noch engerer Bedeutung ist es an einigen Orten der Todesfall des Leibeigenen oder Unterthanes, und das Recht des Grundherren, in diesem Falle das beste Stück Vieh aus dessen Verlassenschaft an sich zu nehmen; S. Baulebung und Hauptrecht.


Hauptfarbe (W3) [Adelung]


Die Hauptfarbe, plur. die -n, die vornehmste und wichtigste Farbe unter mehrern. So sind die Hauptfarben oder Grundfarben der Mahler weiß, schwarz, gelb, roth und blau, weil sie daraus die meisten übrigen zusammen setzen. Bey den Färbern heißen blau, roth, gelb, braun und schwarz Hauptfarben, die übrigen aber Mittel- und Nebenfarben. In der Naturlehre nimmt man bald mehr bald weniger Hauptfarben an.


Hauptfehler (W3) [Adelung]


Der Hauptfehler, des -s, plur. ut nom. sing. der vornehmste Fehler unter mehrern, ein wichtiger Fehler, der den Grund von mehrern in sich enthält.


Hauptfeind (W3) [Adelung]


Der Hauptfeind, des -es, plur. die -e, der vornehmste, gefährlichste Feind unter mehrern. Ingleichen ein wichtiger, gefährlicher Feind.


Hauptfestung (W3) [Adelung]


Die Hauptfestung, plur. die -en, eine wichtige Festung; ingleichen die vornehmste Festung unter mehrern. Im gemeinen Leben eine Capital-Festung.


Hauptfigur (W3) [Adelung]


Die Hauptfigur, plur. die -en, die vornehmste Figur in einem Gemählde, welcher die andern untergeordnet sind, und worauf sie sich beziehen.


Hauptflügel (W3) [Adelung]


Der Hauptflügel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, der vornehmste Flügel bey einer Jagd; zum Unterschiede von den Treibe- und Nebenflügeln.


Hauptfluß (W3) [Adelung]


Der Hauptfluß, des -sses, plur. die -flüsse. 1) Der vornehmste Fluß eines Landes; ingleichen ein wichtiger Fluß oder fließendes Wasser. 2) In der Arzeneykunde, ein Fluß, Rheuma, am Haupte; im gemeinen Leben ein Kopffluß.


Hauptfrage (W3) [Adelung]


Die Hauptfrage, plur. die -n, die vornehmste, wichtigste Frage, welche den Grund der übrigen in sich enthält; zum Unterschiede von den Nebenfragen.


Hauptgang (W3) [Adelung]


Der Hauptgang, des -es, plur. die -gänge, der vornehmste, breiteste, wichtigste Gang unter mehrern; zum Unterschiede von den Bey- und Nebengängen. Im Bergbaue wird so wohl ein mächtiger Gang, als auch ein Gang, welchem mehrere andere Gänge zufallen, ein Hauptgang genannt.


Hauptgasse (W3) [Adelung]


Die Hauptgasse, plur. die -n, die vornehmste, breiteste Gasse; zum Unterschiede von den Nebengassen.


Hauptgebäude (W3) [Adelung]


Das Hauptgebäude, des -s, plur. ut nom. sing. das vornehmste Gebäude; zum Unterschiede von dem davon abhangenden Nebengebäude.


Hauptgegend (W3) [Adelung]


Die Hauptgegend, plur. die -en, die vornehmste Gegend unter mehrern. Besonders werden in der Erdbeschreibung Morgen, Abend, Mittag und Mitternacht die vier Hauptgegenden, oder Cardinal-Gegenden genannt; zum Unterschiede von den Nebengegenden.


Hauptgeld (W3) [Adelung]


Das Hauptgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er. 1) Ein gutes, im Hochdeutschen aber ungebräuchliches Wort, ein Capital zu bezeichnen, welches im Oberdeutschen auch das Hauptgut, der Hauptstamm, die Haupt-Summe, der Hauptstuhl genannt wird. 2) Im Oberdeutschen führet auch das Kopfgeld den Nahmen des Hauptgeldes. Siehe Kopfgeld.


Hauptgeleit (W3) [Adelung]


Das Hauptgeleit, des -es, plur. die -e, das vornehmste Geleit, von welchem andere abhängen, welche daher Beygeleite oder Nebengeleite genannt werden.


Hauptgeschoß (W3) [Adelung]


Das Hauptgeschoß, des -sses, plur. die -sse, das vornehmste Geschoß eines Gebäudes, d. i. dasjenige, welches auf das Bodengeschoß folgt, und die vornehmsten Zimmer in sich begreift; der Hauptstock.


Hauptgesimse (W3) [Adelung]


Das Hauptgesimse, des -s, plur. ut nom. sing. das oberste Gesimse einer Säule, welches oben auf der Säule ruhet; zum Unterschiede von dem Fußgesimse.


Hauptgestell (W3) [Adelung]


Das Hauptgestell, des -es, plur. die -e. 1) Das vornehmste Gestell, von welchem andere abhangen, zum Unterschiede von dem Nebengestelle. 2) In der anständigen Sprechart wird auch das Riemenwerk, welches den Kopf eines Pferdes umgibt, und im gemeinen Leben auch das Kopfgestell heißt, das Hauptgestell genannt. S. Gestell.


Hauptgewende (W3) [Adelung]


Das Hauptgewende, des -s, plur. ut nom. sing. in der Landwirthschaft einiger Gegenden, ein Gewende, wo viele Stücke Feldes der Breite nach an andere anstoßen. S. Gewende.


Hauptglied (W3) [Adelung]


Das Hauptglied, des -es, plur. die -er, das vornehmste, wichtigste Glied, von welchem andere abhangen. In der Baukunst sind Hauptglieder die wesentlichsten Glieder oder Theile einer Säulenordnung, welche nothwendig vorhanden seyn müssen, z. B. die Platte in dem Fußgesimse; zum Unterschiede von den Bey- oder Nebengliedern.


Hauptgraben (W3) [Adelung]


Der Hauptgraben, des -s, plur. die -gräben, der vornehmste Graben unter mehrern, derjenige Graben, in welchen die Bey- und Nebengräben ihr Wasser führen oder ihr Wasser aus demselben empfangen. Im Festungsbaue ist es derjenige Graben, welcher die eigentliche Festung umgibt; zum Unterschiede von den Gräben um die Außenwerke.


Hauptgränze (W3) [Adelung]


Die Hauptgränze, plur. die -n, die vornehmste, wichtigste Gränze, d. i. diejenige Gränze, welche zweyer Herren Länder scheidet.


Hauptgrind (W3) [Adelung]


Der Hauptgrind, des -es, plur. inus. der Grind des Hauptes; im gemeinen Leben der Kopfgrind.


Hauptgut (W3) [Adelung]


Das Hauptgut, des -es, plur. die -güter, das vornehmste, wichtigste Gut unter mehrern. Besonders in folgenden Fällen. 1) Ein Land- oder Bauergut, auf welchem der Eigenthümer wohnet; zum Unterschiede von einem Nebengute, welches in das Hauptgut eingebauet, d. i. von dem Hauptgute aus gebauet und bestritten wird. In weiterer Bedeutung ist ein Hauptgut ein wichtiges, ansehnliches Land- oder Bauergut. 2) Im Oberdeutschen wird auch das Capital das Hauptgut genannt. Ein böser Schuldner stielt dir Hauptgut und Gewinn, Opitz. S. Hauptgeld.


Haupthaar (W3) [Adelung]


Das Haupthaar, des -es, plur. die -e, ein Haar von dem Haupte; im gemeinen Leben, das Kopfhaar. Noch mehr als ein Collectivum, so wohl im Singular allein, als auch im Plural allein, alle Haare des Hauptes zu bezeichnen. Absaloms Haupthaar wog zwey hundert Seckel, 2 Sam. 14, 26. Ein tödtlich panisches Schrecken Sträubte der zitternden Nymphe das Haupthaar empor, Zachar.


Haupthafer (W3) [Adelung]


Der Haupthafer, des -s, plur. inus. an einigen Orten, eine gewisse Menge Hafers, welche die Unterthanen dem Grundherren zur Erkenntniß des Hauptrechtes oder der Baulebung, jährlich entrichten müssen. Wenn statt desselben ein Huhn gegeben wird, so heißt dasselbe das Haupthuhn, Leibhuhn oder das Halshuhn. S. Hauptrecht.


Hauptheftel (W3) [Adelung]


Der Hauptheftel, des -s, plur. ut nom. sing. einer der vornehmsten Heftel in der Jägerey, welcher auch Spannheftel und Spannstock genennet wird. S. Heftel.


Haupthandlung (W3) [Adelung]


Die Haupthandlung, plur. die -en. 1) Die vornehmste wichtigste Handlung in einem Gedichte, welche den Grund der übrigen in sich enthält. 2) So fern die Handlung ein handelndes Haus mit dessen Geschäften bezeichnet, ist die Haupthandlung eine wichtige Handlung, welche viele und große Handelsgeschäfte treibet.


Hauptheer (W3) [Adelung]


Das Hauptheer, des -es, plur. die -e, der vornehmste, wichtigste und stärkste Theil eines Kriegsheeres; Franz. Gros d'Armee oder Corps d'Armee.


Haupthirsch (W3) [Adelung]


Der Haupthirsch, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, ein Hirsch, der acht und mehr Jahre alt, und von vorzüglicher Stärke und Schwere ist; im gemeinen Leben auch ein Capital-Hirsch.


Hauptholz (W3) [Adelung]


Das Hauptholz, des -es, plur. die -hölzer, bey den Zimmerleuten, Hölzer, welche über den Köpfen der Obertheile der Ständer und Säulen weglaufen, und sie zusammen halten.


Haupthufe (W3) [Adelung]


Die Haupthufe, plur. die -n, in der Landwirthschaft, so viel Acker, als zu einem vollständigen Bauergute gehöret; zum Unterschiede von einer Stückhufe, welche nur einen Theil einer solchen Haupthufe ausmacht. Der Besitzer einer Haupthufe wird daher ein Haupthüfener oder nur ein Hüfener oder Hüfner schlechthin, so wie der Besitzer einer Stückhufe ein Halbhüfner genannt. S. Anspänner.


Haupthuhn (W3) [Adelung]


Das Haupthuhn, des -es, plur. die -hühner, siehe Haupthafer.


Hauptjagd (W3) [Adelung]


Die Hauptjagd, plur. die -en, oder das Hauptjagen, des -s, plur. ut nom. sing. eine große Jagd, wo das Wildbret aus einem ganzen Forste, oder aus einem ganzen Reviere zusammen getrieben wird; zum Unterschiede von einem Bey- oder Nebenjagen.


Hauptkarpfen (W3) [Adelung]


Der Hauptkarpfen, des -s, plur. ut nom. sing. die größten und besten Karpfen in einem Deiche, welche an einigen Orten auch Zwieken genannt werden.


Hauptkirche (W3) [Adelung]


Die Hauptkirche, plur. die -n, die vornehmste Kirche unter mehrern. Besonders wird die Mutterkirche, zum Unterschiede von den Tochter- oder Beykirchen, die Hauptkirche genannt. In noch engerer Bedeutung führet eine Dom- oder Kathedral-Kirche zuweilen den Nahmen Hauptkirche.


Hauptknoten (W3) [Adelung]


Der Hauptknoten, des -s, plur. ut nom. sing. der vornehmste, wichtigste Knoten. In einem Heldengedichte ist es derjenige Knoten, worauf sich alle übrigen, ja die ganze Handlung beziehen; zum Unterschiede von den Nebenknoten. Siehe Knoten.


Hauptkohl (W3) [Adelung]


Der Hauptkohl, des -es, plur. inus. Kohl, welcher sich in Häupter schließet; im gemeinen Leben Kopfkohl.


Hauptkrankheit (W3) [Adelung]


Die Hauptkrankheit, plur. die -en. 1) Eine Krankheit des Hauptes, welche das Haupt angreift; im gemeinen Leben die Kopfkrankheit. 2) Eine wichtige, gefährliche Krankheit.


Hauptküssen (W3) [Adelung]


Das Hauptküssen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Küssen für das Haupt, oder unter das Haupt; im gemeinen Leben ein Kopfküssen.


Hauptlade (W3) [Adelung]


Die Hauptlade, plur. die -n, bey den Handwerkern, die vornehmste Lade eines Landes oder einer Gegend, von welcher die andern Laden abhängen, welche daher Bey- oder Nebenladen genannt werden. S. Lade.


Hauptlager (W3) [Adelung]


Das Hauptlager, des -s, plur. die -läger, das vornehmste und wichtigste Lager eines Kriegsheeres. Ingleichen der vornehmste Theil eines Lagers, wo der Befehlshaber sich befindet, welcher doch am häufigsten das Haupt-Quartier genannt wird.


Hauptlaster (W3) [Adelung]


Das Hauptlaster, des -s, plur. ut nom. sing. ein wichtiges, sehr strafbares, grobes Laster. Ingleichen ein Laster, welches den Grund vieler andern Laster in sich enthält.


Hauptlehen (W3) [Adelung]


1. Das Hauptlehen, des -s, plur. ut nom. sing. das vornehmste oder wichtigste Lehen unter mehrern. Ingleichen ein Lehen, von welchem andere Lehen abhangen. So wird im Bergbaue die vornehmste Fundgrube auf einem Zuge das Hauptlehen genannt; im Gegensatze der Bey- oder Nebenlehen.


Hauptlehen (W3) [Adelung]


2. Die Hauptlehen, plur. ut nom. sing. oder die Hauptlehenwaare, plur. die -n, im Lehenswesen, diejenige Lehenwaare, welche bey einem Oberlehensfalle, d. i. bey dem Todesfalle des Lehensherren entrichtet wird. S. Lehenwaare.


Hauptlehre (W3) [Adelung]


Die Hauptlehre, plur. die -n, eine wichtige Lehre, welche den Grund vieler andern in sich enthält.


Hauptleine (W3) [Adelung]


Die Hauptleine, plur. die -n, im Jagdwesen, die oberste Leine an einem Jagdtuche oder Jagdnetze, welche auch die Oberleine genannt wird.


Hauptleiter (W3) [Adelung]


Die Hauptleiter, plur. die -n, in der Tonkunst, die Tonleiter von c bis c, nach welcher alle übrige Tonleitern gebildet werden; die Stammleiter.


Hauptleute (W3) [Adelung]


Die Hauptleute, sing. inus. S. Hauptmann.


Hauptlicht (W3) [Adelung]


Das Hauptlicht, des -es, plur. die -er, das vornehmste und wichtigste Licht unter mehrern. In der Mahlerey wird das natürliche Licht das Hauptlicht genannt, zum Unterschiede von einem Wiederscheine oder von dem zufälligen Lichte einer Kerze u. s. f.


Häuptling (W3) [Adelung]


* Der Häuptling, des -es, plur. die -e, ein nur in Ostfriesland übliches Wort, einen der vornehmsten von Adel im Lande zu bezeichnen, der gleichsam einer von den Häuptern des Landes ist.


Hauptlinie (W3) [Adelung]


Die Hauptlinie, plur. die -n, die vornehmste, wichtigste Linie unter mehrern. In dem Festungsbaue ist es die Linie, welche von dem Kehlpuncte bis an die Bollwerksspitze gezogen und auch die Capital-Linie genannt wird.


Hauptmangel (W3) [Adelung]


Der Hauptmangel, des -s, plur. die -mängel, ein Mangel von Wichtigkeit, ein Mangel der ersten Größe.


Hauptmann (W3) [Adelung]


Der Hauptmann, des -es, plur. distribut. die -männer, collect. die Hauptleute, der Oberste unter mehrern Personen, der Oberste eines gewissen Bezirkes, der gleichsam das Haupt desselben ist, wenigstens in gewissen Angelegenheiten. In diesem weitern Verstande ist es nur in gewissen Fällen üblich, welche durch die Zusammensetzung näher bestimmt werden; dessen Gattinn die Hauptmänninn. S. Amtshauptmann, Landeshauptmann, Berghauptmann, Schloßhauptmann, Gassenhauptmann, Stückhauptmann u. s. f. In der Deutschen Bibel kommt es in dieser allgemeinen Bedeutung eines Vorgesetzten sehr häufig vor. In engerer Bedeutung wird es im Kriegswesen von einem Befehlshaber über hundert Soldaten zu Fuße, von dem Obersten einer Compagnie gebraucht, der im mittlern Lat. Capitaneus und im Franz. Capitain genannt wird.

Anm. Nieders. Höfdmann, im Schwed. Höfding, im Böhm. und Pohln. Heytman. Ehe das Wort Hauptmann im Deutschen in der Bedeutung eines Befehlshabers über hundert üblich wurde, findet sich dafür bey dem Tatian Centenar, nach dem Latein. Centurio, und Hunteri, von hundert, ingleichen Waltambahto, gleichsam Gewaltamtmann, bey dem Notker aber Hunno, von dem alten hun, chunno, hundert, welches noch in der Jülichschen Polizeyordnung vorkommt, wo Sonne einen Befehlshaber von der geringsten Art bedeutet. Auf der andern Seite bedeutet Hauptmann im Schwabenspiegel und andern Schriften der vorigen Jahrhunderte, den Befehlshaber eines ganzen Kriegsheeres, welche Bedeutung auch das Pohln. und Slavon. Heytman, Hetmann, hat.


Hauptmannschaft (W3) [Adelung]


Die Hauptmannschaft, plur. die -en, die Würde eines Hauptmannes, ingleichen das Gebieth, welchem er vorgesetzet ist; doch nur in den Zusammensetzungen Landeshauptmannschaft, Amtshauptmannschaft, Berghauptmannschaft u. s. f.


Hauptmittel (W3) [Adelung]


Das Hauptmittel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Das vornehmste, wichtigste Mittel unter mehrern; ingleichen ein vorzüglich brauchbares Mittel. 2) Ein Arzeneymittel wider Krankheiten oder Gebrechen des Hauptes. 3) Bey den Handwerkern wird die vornehmste Zunft oder Innung eines Handwerkes, das Hauptmittel genannt. S. Mittel.


Hauptnarr (W3) [Adelung]


Der Hauptnarr, des -en, plur. die -en, im gemeinen Leben, ein Narr der ersten Größe; ein Erznarr.


Hauptnenner (W3) [Adelung]


Der Hauptnenner, des -s, plur. ut nom. sing. in der Rechenkunst in gebrochenen Zahlen, ein Nenner, so fern er das Product der Nenner mehrerer Brüche ist.


Hauptnote (W3) [Adelung]


Die Hauptnote, plur. die -n, S. Hauptton.


Hauptperson (W3) [Adelung]


Die Hauptperson, plur. die -en, die vornehmste oder wichtigste Person unter mehrern, oder in einem Geschäfte.


Hauptpfahl (W3) [Adelung]


Der Hauptpfahl, des -es, plur. die -pfähle, die vordersten Pfähle eines Wasserwehres, weil sie gleichsam dessen Haupt ausmachen. S. Haupt 2. 3) (c).


Hauptpflock (W3) [Adelung]


Der Hauptpflock, des -es, plur. die -pflöcke, S. Hauptheftel.


Hauptpfühl (W3) [Adelung]


Der Hauptpfühl, des -es, plur. die -e, ein Pfühl unter das Haupt; im gemeinen Leben ein Kopfpfühl.


Haupt-Planet (W3) [Adelung]


Der Haupt-Planet, des -en, plur. die -en, ein Planet, welcher sich um eine Sonne beweget; zum Unterschiede von den Nebenplaneten oder Trabanten, welche sich um einen andern Planeten bewegen.


Hauptpolster (W3) [Adelung]


Der Hauptpolster, des -s, plur. ut nom. sing. ein Polster für oder unter das Haupt; ein Hauptküssen.


Hauptpunct (W3) [Adelung]


Der Hauptpunct, des -es, plur. die -e, der vornehmste, wichtigste Punct unter mehrern, so wohl eigentlich als figürlich; dasjenige, worauf es bey einer Sache vornehmlich ankommt, wovon die übrigen Puncte oder die Nebenpuncte abhangen. In der Perspective wird der Augen- oder Gesichtspunct auch der Hauptpunct genannt.


Hauptquartier (W3) [Adelung]


Das Hauptquartier, des -es, plur. die -e, dasjenige Quartier, in welchem sich der Herr oder Befehlshaber eines Kriegesheeres oder eines Corps im Felde aufhält; das Hauptlager.


Hauptrechnung (W3) [Adelung]


Die Hauptrechnung, plur. die -en, die vornehmste Rechnung über eine Sache, eine Rechnung über das Ganze; zum Unschiede von den einzelnen oder kleinern Rechnungen.


Hauptrecht (W3) [Adelung]


Das Hauptrecht, des -es, plur. inus. das Recht des Hauptfalles, d. i. das Recht nach dem Tode eines Zinsmannes oder Unterthanen das beste Haupt, d. i. das beste Stück Vieh, aus dessen Verlassenschaft zu nehmen, welches, so fern man das beste Kleid zu nehmen befugt ist, der Gewandfall oder das Gewandrecht heißt. S. Baulebung.


Hauptriegel (W3) [Adelung]


Der Hauptriegel, des -s, plur. ut nom. sing. der vornehmste Riegel unter mehrern. An einer Kanonen-Lavette werden die Querhölzer, welche die Seiten der Lavette zusammen halten, Hauptriegel genannt.


Hauptriß (W3) [Adelung]


Der Hauptriß, des -sses, plur. die -sse, ein Riß, wo die Eintheilung eines Gebäudes, oder der äußere Umfang einer Festung, durch bloße einfache Linien vorgestellet wird; Protographia.


Hauptsache (W3) [Adelung]


Die Hauptsache, plur. die -n, die vornehmste, wichtigste Sache, ingleichen der vornehmste, wichtigste Theil einer Sache, von welchem die übrigen Theile abhangen, worin sie gegründet sind. Das ist die Hauptsache, darauf kommt es an. Der Hauptsache nach läuft es auf eins hinaus.


Hauptsächlich (W3) [Adelung]


Hauptsächlich, -er, -ste, adj. et adv. das wichtigste in seiner Art, wovon alle übrigen Theile abhangen; als ein Beywort vornehmlich in der dritten Staffel. Die hauptsächlichsten Wahrheiten der Heilsordnung, die vornehmsten und wichtigsten. Noch mehr als ein Nebenwort, zunächst, unmittelbar und eigentlich. Es kommt hauptsächlich nur darauf an. Deßwegen bin ich hauptsächlich hierher gekommen. Im Oberdeutschen wird es auch intensive gebraucht, für in einem haben Grade. Hauptsächlich singen, sehr schön. Hauptsächlich trinken, stark trinken.


Hauptsalat (W3) [Adelung]


Der Hauptsalat, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, Salat, der sich in Häupter schließet; im gemeinen Leben Kopfsalat.


Hauptsatz (W3) [Adelung]


Der Hauptsatz, des -es, plur. die -sätze, der vornehmste oder wichtigste Satz, von welchem die übrigen abhangen, worin sie gegründet sind. Der Hauptsatz einer Rede wird mit fremden Ausdrücken gemeiniglich das Thema oder die Proposition genannt.


Hauptschiene (W3) [Adelung]


Die Hauptschiene, plur. die -n, eine eiserne Schiene auf der Seite des Pflughauptes.


Hauptschild (W3) [Adelung]


Der Hauptschild, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, der vornehmste Schild eines Wapens, der kleinere Schilde als Herzschilde enthält.


Hauptschlacht (W3) [Adelung]


Die Hauptschlacht, plur. die -en, eine wichtige Schlacht, welche zwischen zwey Haupt-Armeen geliefert wird, und die streitige Sache, oder doch einen Theil derselben entscheidet; das Haupttreffen.


Hauptschlüssel (W3) [Adelung]


Der Hauptschlüssel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schlüssel, welcher nach vielen Eingerichten und Schlössern eines Hauses gemacht ist, viele Schlösser eines Hauses schließet. S. Dieterich.


Hauptschmerz (W3) [Adelung]


Der Hauptschmerz, des -ens, plur. die -en, Schmerzen am Haupte; im gemeinen Leben Kopfschmerzen.


Hauptschmuck (W3) [Adelung]


Der Hauptschmuck, des -es, plur. die -e, der Schmuck des Hauptes, in der anständigern Sprechart; im gemeinen Leben der Kopfputz.


Hauptschuldner (W3) [Adelung]


Der Hauptschuldner, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Hauptschuldnerinn, plur. die -en, der vornehmste Schuldner; im Gegensatze der Mit- und Nebenschuldner.


Hauptschwein (W3) [Adelung]


Das Hauptschwein, des -es, plur. die -e, ein Schwein der ersten Größe und Güte; im gemeinen Leben ein Capital-Schwein. Bey den Jägern werden die wilden Schweine männlichen Geschlechtes, wenn sie fünf Jahre und darüber sind, Hauptschweine genannt.


Hauptsegel (W3) [Adelung]


Das Hauptsegel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Seefahrt, das große Segel eines Schiffes.


Hauptseite (W3) [Adelung]


Die Hauptseite, plur. die -n. 1) An den Münzen, diejenige Seite, auf welcher sich das Haupt oder Brustbild befindet, oder befinden sollte, im gemeinen Leben die Kopfseite; im Gegensatze der Rückseite. 2) Die vornehmste, wichtigste Seite eines Dinges.


Hauptsiech (W3) [Adelung]


Hauptsiech, adj. et adv. siech, d. i. krank, am Haupte, mit einer Hauptkrankheit behaftet. S. Hauptsucht.


Hauptsohle (W3) [Adelung]


Die Hauptsohle, plur. die -n, eine eiserne Sohle unten am Haupte des Pfluges.


Hauptspaß (W3) [Adelung]


Der Hauptspaß, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, ein Spaß der ersten Größe, ein überaus lustiger Spaß.


Hauptsprache (W3) [Adelung]


Die Hauptsprache, plur. die -n, eine Sprache, von welcher viele andere abstammen; eine Stamm- und Muttersprache. Einige haben auch die Grundsprache eines Buches, d. i. diejenige, in welcher es ursprünglich geschrieben worden, die Hauptsprache nennen wollen, aber wenig Beyfall gefunden.


Hauptspruch (W3) [Adelung]


Der Hauptspruch, des -es, plur. die -sprüche, der vornehmste, wichtigste Spruch. In den Rechten wird der endliche Ausspruch eines Gerichtes, das Endurtheil, zuweilen der Hauptspruch oder das Haupturtheil genannt.


Hauptstamm (W3) [Adelung]


Der Hauptstamm, des -es, plur. die -stämme, das Capital, S. Hauptgeld.


Hauptstärkung (W3) [Adelung]


Die Hauptstärkung, plur. die -en, eine Arzeney, welche das Haupt stärket.


Hauptstein (W3) [Adelung]


Der Hauptstein, des -es, plur. die -e, der vornehmste, wichtigste Stein. Unter den Gränzsteinen werden diejenigen, welche man zu Anfange oder Ende des begränzten Stückes, oder auch an die Ecken desselben setzet, Hauptsteine genannt; im Gegensatze der Laufer oder Läufer.


Hauptsteuer (W3) [Adelung]


Die Hauptsteuer, plur. die -n, im Oberdeutschen, die Personen-Steuer, wofür man im Hochdeutschen die Kopfsteuer sagt.


Hauptstimme (W3) [Adelung]


Die Hauptstimme, plur. die -n, in der Musik zuweilen eine Benennung des Discantes, weil sie die vornehmste Stimme ist.


Hauptstock (W3) [Adelung]


Der Hauptstock, des -es, plur. die -stöcke, S. Hauptgeschoß.


Hauptstollen (W3) [Adelung]


Der Hauptstollen, des -s, plur. ut nom. sing. der vornehmste Stollen, im Bergbaue, ein Stollen, welcher vielen Zechen zu Hülfe kommt.


Hauptstrahl (W3) [Adelung]


Der Hauptstrahl, des -es, plur. die -en, in der Perspective, derjenige Strahl, welcher aus dem Auge senkrecht auf die Tafel fällt; zum Unterschiede von den Nebenstrahlen.


Hauptstraße (W3) [Adelung]


Die Hauptstraße, plur. die -n, die vornehmste, wichtigste Straße unter mehrern.


Hauptstreich (W3) [Adelung]


Der Hauptstreich, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, ein Streich der ersten Größe, ein sehr wichtiger Streich.


Hauptstreichen (W3) [Adelung]


Das Hauptstreichen, des -s, plur. inus. im Bergbaue, dasjenige Streichen eines Ganges, d. i. diejenige Richtung desselben gegen die Weltgegenden, welche er in seiner ganzen Länge am meisten hat.


Hauptstück (W3) [Adelung]


Das Hauptstück, des -es, plur. die -stücke, das vornehmste und wichtigste Stück; ingleichen ein wichtiges Stück oder Theil eines Ganzen. Die Hauptstücke der christlichen Lehre, größere oder wichtige Theile derselben.


Hauptstuhl (W3) [Adelung]


Der Hauptstuhl, des -es, plur. die -stühle, das Capital, S. Hauptgeld: Nieders. Höfdstool. S. Stuhl.


Hauptsturm (W3) [Adelung]


Der Hauptsturm, des -es, plur. die -stürme, ein wichtiger Sturm, derjenige Sturm, welcher von dem ganzen Kriegesheere der Belagerer, oder doch von dem größten Theile derselben auf eine Festung geschiehet; der General-Sturm.


Hauptsucht (W3) [Adelung]


Die Hauptsucht, plur. inus. ein unter den Pferdeärzten übliches Wort, das Hauptweh oder die Kopfschmerzen der Pferde zu bezeichnen. Von einem Pferde, welches die Hauptsucht hat, sagt man auch, es sey hauptsiech.


Hauptsumme (W3) [Adelung]


Die Hauptsumme, plur. die -n, die vornehmste Summe, welche sich zu mehrern kleinen Summen als das Ganze zu seinen Theilen verhält. In engerer Bedeutung wird, besonders im Oberdeutschen, auch das Capital, im Gegensatze der Interessen und Renten, die Hauptsumme genannt. S. Hauptgeld.


Hauptton (W3) [Adelung]


Der Hauptton, des -es, plur. die -töne, der vornehmste Ton unter mehrern. So wird in der Musik der unterste Ton eines Trillers der Hauptton, dessen Note die Hauptnote genannt; im Gegensatze der höhern oder Hülfstöne.


Haupttreffen (W3) [Adelung]


Das Haupttreffen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Hauptschlacht.


Haupttreiben (W3) [Adelung]


Das Haupttreiben, des -s, plur. ut nom. sing. im Jagdwesen, ein Treiben, wo das Wild aus einem ganzen Walde zusammen getrieben wird. Auch das letzte Treiben bey einem Hauptjagen, wenn das Wildbret in die Enge zusammen getrieben wird, wird das Haupttreiben genannt.


Haupttugend (W3) [Adelung]


Die Haupttugend, plur. die -en, eine Tugend, welche den Grund vieler andern in sich enthält; bey den ältern Sittenlehrern eine Cardinal- oder Angeltugend.


Hauptuhr (W3) [Adelung]


Die Hauptuhr, plur. die -en, in der Gnomonik, eine Sonnenuhr, welche zur Beschreibung anderer Sonnenuhren dienet, und sich am leichtesten beschreiben lässet; dergleichen die Äquinoctial-Horizontal-Polar-Uhren u. a. m. sind.


Hauptübel (W3) [Adelung]


Das Hauptübel, des -s, plur. ut nom. sing. ein wichtiges Übel, welches den Grund vieler andern in sich enthält. Zuweilen werden auch Übel oder Krankheiten des Hauptes Hauptübel genannt.


Hauptursache (W3) [Adelung]


Die Hauptursache, plur. die -n, die vornehmste, wichtigste Ursache, welche den Grund anderer in sich enthält, oder zu welcher sich andere als Mittel verhalten, die daher Nebenursachen genannt werden.


Haupturtheil (W3) [Adelung]


Das Haupturtheil, des -es, plur. die -e, S. Hauptspruch.


Haupt-Ventil (W3) [Adelung]


Das Haupt-Ventil, des -es, plur. die -e, in den Orgeln, dasjenige Ventil in der Windlade, welches den Ton hervor bringen hilft, weil es von dem Claviere geöffnet wird.


Hauptwache (W3) [Adelung]


Die Hauptwache, plur. die -n, die vornehmste Wache, von welcher die übrigen Wachen abhangen, und der Ort, oder das Gebäude, wo sie ihren Aufenthalt hat.


Hauptwall (W3) [Adelung]


Der Hauptwall, des -es, plur. die -wälle, im Festungsbaue, der Wall um die Festung selbst, im Gegensatze der Wälle um die Außenwerke.


Hauptwand (W3) [Adelung]


Die Hauptwand, plur. die -wände, in dem Jagdwesen, die vier Seitenwände eines Lerchenfanges.


Hauptweh (W3) [Adelung]


Das Hauptweh, des -es, plur. inus. Schmerzen des Hauptes; Hauptschmerzen, und im gemeinen Leben Kopfweh oder Kopfschmerzen. Hauptweh, oder das Hauptweh haben.


Hauptwerk (W3) [Adelung]


Das Hauptwerk, des -es, plur. die -e, das vornehmste oder wichtigste Werk, von welchem andere abhangen; im Gegensatze eines Nebenwerkes. Sein Hauptwerk aus etwas machen.


Hauptwind (W3) [Adelung]


Der Hauptwind, des -es, plur. die -e, ein Wind, welcher aus einer der vier Hauptgegenden kommt, bey einigen ein Cardinal-Wind; im Gegensatze der Nebenwinde und Zwischenwinde.


Hauptwissenschaft (W3) [Adelung]


Die Hauptwissenschaft, plur. die -en, eine Wissenschaft von großer Wichtigkeit, welche den Grund aller oder doch vieler andern in sich enthält; in welchem Verstande die Metaphysik oder Grundwissenschaft von einigen mit diesem Nahmen beleget wird.


Hauptwort (W3) [Adelung]


Das Hauptwort, des -es, plur. die -wörter. 1) Ein wichtiges Wort; ingleichen das vornehmste, wichtigste Wort unter mehrern. So wird in der Vernunftlehre dasjenige Wort eines Satzes, welches das eigentliche Subject oder Prädicat enthält, von einigen das Hauptwort genannt. 2) In engerer Bedeutung wird in der Sprachkunst ein Nennwort, welches den Nahmen eines Dinges enthält, ein Substantiv, das Hauptwort genannt. Ein eigenthümliches Hauptwort, besser, ein eigener Nahme, Nomen proprium; zum Unterschiede von den allgemeinen Hauptwörtern oder allgemeinen Benennungen, Nominibus appellativis. Ältere Sprachlehrer nennen die Substantiva eigenständige Wörter, selbstständige oder wesentliche Nahmen, Hauptnahmen. Christian Wolf verstand unter den Hauptwörtern die Verba oder Zeitwörter.


Hauptwunde (W3) [Adelung]


Die Hauptwunde, plur. die -n, eine Wunde an dem Haupte; im gemeinen Leben die Kopfwunde.


Hauptzahl (W3) [Adelung]


Die Hauptzahl, plur. die -en, die vornehmste Zahl unter mehrern, wogegen sich andere als Theile gegen das Ganze verhalten. In engerer Bedeutung werden in der Sprachkunst die Grundzahlen, Numeri cardinales, von einigen Hauptzahlen genannt.


Hauptzeichen (W3) [Adelung]


Das Hauptzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. das vornehmste, wichtigste Zeichen. In der Astronomie werden die vier Himmelszeichen, der Widder, der Krebs, die Wage und der Steinbock, in welchen der Äquator die Ekliptik durchschneidet, die Hauptzeichen genannt.


Hauptzeuge (W3) [Adelung]


Der Hauptzeuge, des -n, plur. die -n, der vornehmste, wichtigste Zeuge in einer Sache.


Hauptzoll (W3) [Adelung]


Der Hauptzoll, des -es, plur. die -zölle, der vornehmste und wichtigste Zoll, von dem andere abhangen, und der Ort, wo er gegeben wird; im Gegensatze der Bey- oder Nebenzölle.


Hauptzug (W3) [Adelung]


Der Hauptzug, des -es, plur. die -züge, der vornehmste, wichtigste Zug. Trägheit und Eigenliebe sind die Hauptzüge seines Charakters.


Hauptzweck (W3) [Adelung]


Der Hauptzweck, des -es, plur. die -e, der vornehmste, oder wichtigste Zweck, ein Zweck, ohne welchen eine Handlung gar nicht geschehen, oder unnötig seyn würde; zum Unterschiede von den Neben- oder Mittelzwecken.


Haus (W3) [Adelung]


Das Haus, des -es, plur. die Häuser, Diminut. das Häuschen, Oberd. Häuslein. 1. In der weitesten Bedeutung, ein Behältniß, ein eingeschlossener Raum; in welchem Verstande es nur noch in einigen einzelnen Fällen vorkommt. So wird das Samenbehältniß der birn- oder apfelförmigen Früchte das Kernhaus, Kerngehäuse, und im gemeinen Leben das Häuschen genannt, S. Griebs; wohin auch das abgeleitete Gehäuse in der Bedeutung eines Behältnisses gehöret. Besonders, so fern ein solcher eingeschlossener Raum zum Aufenthalte für Menschen oder Thiere bestimmt ist. 2 Kön. 23, 7 werden die Gezelte auf eine nunmehr ungewöhnliche Art Häuser genannt. Bey den Jägern führet die Wohnung des Bibers den Nahmen eines Hauses, und Sprichw. 30, 26 legen die Kaninchen ihr Haus in Felsen. Die Könige der Heiden liegen mit einander ein jeglicher in seinem Hause; d. i. in seinem Grabe, Es. 14, 18. Wohin auch die Zusammensetzungen Schneckenhaus, Vogelhaus, Hühnerhaus, Taubenhaus, Bienenhaus, Schilderhaus u. s. f. gehören. 2. In engerer Bedeutung, ein bedecktes Gebäude, d. i. ein nach den Regeln der Baukunst eingeschlossener und bedeckter Raum, allerley Verrichtungen darin vorzunehmen. So pflegen Kinder ein jedes Gebäude ein Haus zu nennen. Eine Kirche wird häufig ein Haus Gottes, das Haus des Herren, und im gemeinen Leben das Gotteshaus genannt, so wie in der Deutschen Bibel der Tempel zu Jerusalem mehrmahls unter dieser Benennung vorkommt. Indessen ist es in dieser Bedeutung in Zusammensetzungen am häufigsten, welche dessen Absicht und Gebrauch näher bestimmen, dergleichen Backhaus, Brauhaus, Ballhaus, Beinhaus, Gartenhaus, Kornhaus, Bethhaus, Waschhaus, Blockhaus, Gewächshaus, Glashaus, Schießhaus und hundert andere mehr sind. Der Abtritt oder das heimliche Gemach wird im gemeinen Leben vieler Gegenden im Diminut. das Häuschen genannt. 3. In noch engerer Bedeutung, ein Wohnhaus, ein zur Wohnung für Menschen bestimmtes Gebäude. 1) Überhaupt. Ein Haus bauen. Die Tatarn wohnen nicht in Häusern, sondern in Gezelten. Ein Haus beziehen, in dasselbe ziehen. Ein eigenes Haus haben. Von Haus zu Hause gehen, von einem Hause zum andern. Mit der Thür in das Haus fallen, nicht die nöthige Klugheit und Behuthsamkeit anwenden. Jemanden zu sich in sein Haus nehmen, ihm einen Aufenthalt darin geben. Ein großes, ein prächtiges, ein kleines, ein elendes Haus, u. s. f. Präch- tige Häuser führen gemeiniglich den Nahmen der Paläste, und feste Häuser den Nahmen der Schlösser. S. diese Wörter. Ehedem wurden auch die letztern, nehmlich die Bürge und Schlosser des Adels häufig nur Häuser genannt, welcher Gebrauch in einigen Gegenden, besonders in Westphalen, noch Statt findet; daher ein Ganerbenschloß auch unter dem Nahmen eines Ganerbenhauses vorkommt. S. Haltaus Glossar. v. Haus. In einigen Fällen wird Haus den Zimmern in Hause entgegen gesetzet, und da bedeutet es das Vorhaus, die Hausflur. 2) In engerer Bedeutung, dasjenige Haus, wo jemand wohnet, es mag ihm nun eigenthümlich oder nur miethweise gehören; wo der bestimmte Artikel das die Stelle der Fürwörter mein, dein, sein u. s. f. vertritt. Aus dem Hause gehen, aus seinem Hause. Ich bin in acht Tagen nicht aus dem Hause gekommen, aus meiner Wohnung. Jemanden aus dem Hause jagen. Einem das Haus verbiethen. Er soll mir nie wieder vor das Haus, oder in das Haus kommen. Das Haus hüthen, auch figürlich, im Hause bleiben, nicht aus dem Hause gehen können, so wie man auf ähnliche Art sagt, das Bett hüthen. Im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart wird es mit den Vorwörtern nach, von und zu, auch ohne Artikel gebraucht, wo denn ganze R. A. ein adverbisches Ansehen hat. Nach Hause gehen, reiten, fahren, reisen, sich begeben, in sein Haus, und in weiterer Bedeutung auch, an den Ort seiner Wohnung, seines Aufenthaltes. Er wird bald nach Hause kommen. Etwas mit nach Hause nehmen, mit in sein Haus. Jemanden nach Hause führen, einen Freund nach Hause begleiten, in dessen Haus. Nach Hause eilen. Jemanden von Haus und Hof treiben, aus seinem gesammten Eigenthume. Ich komme von Hause, d. i. ich komme unmittelbar aus meiner Wohnung. Ich bin lange von Hause gewesen, so wohl eigentlich, aus meinem Hause, als auch figürlich, von den Meinigen, aus meinem Geburts- oder Wohnorte, aus meinem Vaterlande. Einen Brief von Hause bekommen, von den Seinigen, aus seinem Geburts- oder Wohnorte. Etwas von Hause aus verrichten. Ein fürstlicher Rath von Hause aus, der dem Fürsten in Geschäften dienet, die er von seinem Hause aus bestreiten kann, der nicht bey Hofe angestellet ist. Er ist ein Schalk von Hause aus, ein durchtriebener Schalk. Die Tochter, der Sohn, die Frau, der Herr vom Hause, d. i. des Eigenthümers des Hauses, zuweilen auch der Familie. Zu Hause seyn, in seiner Wohnung. Es ist niemand zu Hause. Den ganzen Tag zu Hause bleiben. Wir haben den ganzen Tag zu Hause gesessen. Wir zankten uns zu Hause, so oft wir einander sahen. Mit etwas zu Hause bleiben, figürlich, es nicht vortragen, bey sich behalten, verschweigen. Ich wollte, daß sie mit ihren Beweisen zu Hause geblieben wären. An einem Orte zu Hause seyn, so wohl daselbst wohnhaft seyn, als auch daher gebürtig seyn. Wo gehört er zu Hause? Er ist nirgends zu Hause, hat nirgends eine dauerhafte Wohnung. In einer Wissenschaft zu Hause seyn, bewandert. Ingleichen figürlich, auch von leblosen Dingen. Früchte, welche in Italien zu Hause gehören, daselbst einheimisch sind. Auch mit einigen Zeitwörtern der Bewegung nach einem Orte, für nach. Zu Hause gehen, nach Hause. Er wird bald zu Hause kommen. Es wird dir wieder zu Hause kommen, oder zu Hause gebracht werden, figürlich, es wird dir wieder vergolten werden. Jemanden zu Hause bringen, begleiten, führen, nach Hause. Gottsched und andere haben diesen Gebrauch des Vorwortes zu getadelt, ihn für Niedersächsisch erkläret, und behauptet, daß mit den Zeitwörtern der Bewegung nicht zu stehen könne. Allein, sie haben vermuthlich nicht bedacht, daß man sehr häufig sagt: zur Hochzeit, zum Tanze, zur Kirche, zu Felde, zu Weine, zur Ruhe, zu Bette gehen, jemanden zu Bette, zur Ruhe bringen, ihn zur Erde bestatten, und hundert andere Fälle mehr, welche noch von niemanden getadelt oder für Niedersächsisch erkläret worden. 3) Figürlich, die in einem Hause wohnenden Personen: (a) Alle in einem Hause wohnende Personen, wo es nur im Singular üblich ist. Das ganze Haus lief vor das Thor. Sein ganzes Haus war zugegen, alle Personen, die mit ihm in Einem Hause wohnen. Das ganze Hause ist aufgeschrieben worden. Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, Luc. 19, 9. (b) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, eine Gesellschaft, welche ohne unmittelbare Beyhülfe einer andern, die Erhaltung des natürlichen Lebens und die Bequemlichkeit ihrer Glieder besorget, diejenigen Personen, welche eine häusliche Gesellschaft ausmachen, zusammen genommen, eine Familie, eine Haushaltung; wo dieses Wort bald im engsten Verstande von Eheleuten und ihren Kindern und Verwandten, so fern sie in einem Hause beysammen wohnen, allein, bald in weiterm auch mit Einschließung des Gesindes gebraucht wird. Seinem Hause gut vorstehen. Sie stehet des Nachts auf und gibt Futter ihrem Hause, Sprichw. 31, 15. Das Nestelsche Haus, die Nestelsche Familie. Was man in das Haus braucht, zur Nothdurft und zur Bequemlichkeit seiner Familie. Eine Person aus einem guten Hause, von guten Ältern, und in der folgenden weitern Bedeutung, auch aus einem guten Geschlechte. Sehr häufig gebraucht man es auch in engerer Bedeutung von einem Handelshause, d. i. von einem angesehenen Kaufmanne. Wechsel aus einem guten Hause. Es haben drey angesehene Häuser bankerott gemacht, es sind drey ansehnliche Häuser gefallen. Dahin gehöret auch die R. A. Haus halten, d. i. ein Haus regieren, einem Hause vorstehen, mit Inbegriff aller dazu gehörigen Veranstaltungen; welche R. A. von einigen irrig als ein zusammen gesetztes Wort behandelt wird, ob gleich die Nennwörter, das Haushalten, die Haushaltung u. s. f. mit allem Rechte so gebraucht werden können. Er hat schon zehen Jahre Haus gehalten, d. i. eine eigene Familie gehabt, und dieselbe regieret und versorget. In engerer Bedeutung ist Haus halten, die zur Unterhaltung eines Hauses nöthigen Ausgaben verwalten, und den häuslichen Geschäften vorstehen. Einem Haus halten; seinem Hauswesen vorstehen. Wo es denn auch wohl überhaupt für verwalten, administriren gebraucht wird. Übel, gut Haus halten. Mit vielen hält man Haus, mit wenigen kommt man auch aus. Mit etwas Haus halten, auch zuweilen, sparsam damit umgehen. S. auch die Haushaltung, Haushalter, Haushältig. (c) In noch weiterer Bedeutung, ein Geschlecht, d. i. alle von einem gemeinschaftlichen Stammvater herstammende Personen, bald im weitesten Verstande mit Einschließung der Seitenverwandten, bald aber auch, und zwar am Häufigsten, mit Ausschließung derselben. Und es war ein langer Streit zwischen dem Hause Saul und dem Hause David, 2 Sam. 3, 1. Das Haus Israel das ungehorsame Haus, Ezech. 12, 9, das ganze Volk Israel; und so in andern Stellen mehr. Im Hochdeutschen gebraucht man es nur von angesehenen Geschlechtern, bald mit mehr, bald mit weniger Einschränkung. Eine Person aus einem guten Hause. Das ganze königliche Haus, d. i. die Verwandten. Das Haus Sachsen, Brandenburg u. s. f. Zahlreiche adelige Geschlechter pflegen sich zuweilen nach Häusern einzutheilen, und alsdann bedeutet dieses Wort den Zweig eines Geschlechtes.

Anm. Bey dem Ulphilas, dem Übersetzer Isidors, dem Kero, Ottfried und allen alten Oberdeutschen Schriftstellern Hus, in den gemeinen Mundarten Oberdeutschlandes, im Niedersächsischen, Dänischen, Schwedischen, auch nur Hus. Das au in unserm Hochdeutschen ist neuern Ursprunges. Im Engl. House, im Slavonischen und Wendischen Hisha, im Kroat. Kuzha, im Ungar. Haz. Das Latein Casa ist genau damit verwandt. Wachter leitet es mit Haut und Hütte, von dem alten Zeitworte hüthen, bedecken, her, so daß es eigentlich einen bedeckten Ort bedeuten würde. Gewiß ist es, daß s und t beständig mit einander abwechseln. Für Geschlecht, Familie, gebraucht schon Raban Maurus Huscha.


Hausähre (W3) [Adelung]


Die Hausähre, plur. die -n, S. Hausflur.


Hausälster (W3) [Adelung]


Die Hausälster, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme der gewöhnlichen Älster, welche sich gern um die Häuser auf dem Lande aufhält. S. Älster.


Hausandacht (W3) [Adelung]


Die Hausandacht, plur. die -en, die Andacht zu Hause, d. i. gottesdienstliche Übungen zu Hause, im Gegensatze der Öffentlichen, besonders wenn sie mit Zuziehung des ganzen Hauses geschehen. Seine Hausandacht halten.


Hausänte (W3) [Adelung]


Die Hausänte, plur. die -n, eine Benennung der zahmen Änten, im Gegensatze der wilden.


Haus-Apotheke (W3) [Adelung]


Die Haus-Apotheke, plur. die -n, eine Apotheke, d. i. Vorrath von Arzeneyen, welche man zu häuslichen Bedürfnissen bey sich im Hause hat.


Hausarbeit (W3) [Adelung]


Die Hausarbeit, plur. die -en, eine Arbeit, welche zu Hause oder im Hause vorgenommen wird; im Gegensatze der Feldarbeit. Im Holsteinischen bedeutet häuseln dergleichen häusliche Arbeit verrichten.


Hausarm (W3) [Adelung]


Hausarm, adj. et adv. Hausarme Personen, oder Hausarme, arme Personen, welche sich zu betteln schämen, und Almosen im Hause, oder aus gutthätigen Häusern bekommen; zum Unterschiede von den Bettlern und Kircharmen. Schwed. husarm.


Haus-Arrest (W3) [Adelung]


Der Haus-Arrest, des -es, plur. inus. ein Arrest, vermöge dessen man nicht aus seiner Wohnung gehen darf, Arrest, welchen man in seiner Wohnung hat, und welcher auch Stuben-Arrest und bey den Soldaten Civil-Arrest genannt wird. Haus-Arrest haben.


Hausarzeney (W3) [Adelung]


Die Hausarzeney, plur. die -en, eine Arzeney, welche man zu häuslichen Bedürfnissen bey sich im Hause hat. In einem andern Verstande werden auch die so genannten Hausmittel mit diesem Nahmen beleget; S. dieses Wort.


Hausbacken (W3) [Adelung]


Hausbacken, S. Hausgebacken.


Hausbau (W3) [Adelung]


Der Hausbau, des -es, plur. inus. der Bau eines Hauses, d. i. eines Wohnhauses.


Hausbesitzer (W3) [Adelung]


Der Hausbesitzer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Hausbesitzerinn, plur. die -en, der eigenthümliche Besitzer eines Hauses, ein Hausgesessener; zum Unterschiede von Miethleuten.


Hausbier (W3) [Adelung]


Das Hausbier, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, im gemeinen Leben, Bier, welches man für sich und die Seinigen selbst brauen lässet.


Hausblase (W3) [Adelung]


Die Hausblase, S. Hausenblase.


Hausbothe (W3) [Adelung]


Der Hausbothe, des -n, plur. die -n, in einigen Niedersächsischen Gegenden, z. B. in Bremen, ein Rathsdiener, welcher die Bürgerschaft auf das Rathhaus ladet, oder ihr die obrigkeitlichen Befehle in das Haus bringt.


Hausbrauch (W3) [Adelung]


Der Hausbrauch, des -es, plur. die -bräuche, der in einem Hause, in einer Familie, eingeführte Gebrauch. Den Hausbrauch wissen.


Hausbrenner (W3) [Adelung]


Der Hausbrenner, des -s, plur. ut nom. sing. S. Feuerschröter.


Hausbrief (W3) [Adelung]


Der Hausbrief, des -es, plur. die -e, der Kaufbrief eines Hauses, die über den Kauf eines Hauses ausgefertigte Urkunde.


Hausbrot (W3) [Adelung]


Das Hausbrot, des -es, plur. inus. S. Hausgebacken. In engerer Bedeutung wird nur das Gesindebrot an einigen Orten Hausbrot genannt.


Hausbuch (W3) [Adelung]


Das Hausbuch, des -es, plur. die -bücher, ein Rechnungsbuch über die häuslichen Ausgaben und Einnahmen. An einigen Orten werden auch die Erb- oder Salbücher, d. i. die Verzeichnisse der Einnahmen und Rechte einer Herrschaft an einem Orte, Hausbücher genannt.


Hausbursch (W3) [Adelung]


Der Hausbursch, des -en, plur. die -en, ein Bursch, d. i. lediger junger Mensch, so fern er bey jemanden zur Miethe in einem Hause wohnet. Besonders sind auf Universitäten die Studenten in Beziehung auf ihre Hausherren unter diesem Nahmen bekannt.


Haus-Capelle (W3) [Adelung]


Die Haus-Capelle, plur. die -n, eine Capelle im Hause, zum Behufe des häuslichen Gottesdienstes; zum Unterschiede von einer öffentlichen.


Hauschlag (W3) [Adelung]


Der Hauschlag, des -es, plur. die -schläge, von hauen und Schlag. 1) Ein Schlag, d. i. ein Revier Holzes, ein bestimmter Theil eines Waldes, in welchem Holz gefället worden oder noch gefället wird; ein Hau, Gehau. 2) Bey den Müllern, die strahligen Rinnen oder Schärfen, welche in die Mühlsteine gehauen werden, welche zusammen genommen die Märkische Schärfe genannt werden; zum Unterschiede von der einschlägigen Schärfe, wo der Stein nur mit ungleichen Hieben behauen wird. Einen Stein in Hauschlägen hauen. Die Hauschläge abreiben, den Grath durch aufgeschüttete Kleye wegschaffen.


Haus-Commenthur (W3) [Adelung]


Der Haus-Commenthur, des -s, plur. die -e, ein Commenthur, welcher einem einzelnen Ordenshause vorgesetzet ist; zum Unterschiede von den Land-Commenthuren. S. Commenthur.


Hausdieb (W3) [Adelung]


Der Hausdieb, des -es, plur. die -e, Fämin. die Hausdiebinn, plur. die -en, eine Person aus dem Hause, aus der häuslichen Gesellschaft, so fern sie diese Gesellschaft selbst bestiehlet. So auch der Hausdiebstahl.


Hausdiele (W3) [Adelung]


Die Hausdiele, plur. die -n, S. Hausflur.


Hausehre (W3) [Adelung]


Die Hausehre, plur. inus. 1) Die Ehre des Hauses, oder der häuslichen Gesellschaft. Die Hausehre retten. Im Schwabenspiegel heißt es Kap. 279 (nicht 157, wie es bey dem Frisch heißt,) Den Aehter mag ain ieglich man uuol behalten uber naht - Daz ist gesetzet durh dez mannez hus ere, uon der hus ere ist uil guter dinge komen. In einem andern aber jetzt veralteten Verstande bedeutet eben daselbst in der Aufschrift des 42sten Kap. Husere die freye Gewalt eines Hausvaters über sein Eigenthum zu schalten und walten: Wie lange der man husere haben müge. Wo es Frisch durch Hausähre erkläret, (siehe Hausflur,) in welchem Verstande es wenigstens in einer Straßburgischen Eidesformel bey dem Schilter vorkommt. 2) Figürlich, die Hausfrau, weil sie dem Hause Ehre und Ansehen gibt. Die Könige der Heerschaaren sind unter einander Freunde, und die Hausehre theilet den Raub aus, Ps. 68, 13. In welchem Verstande es am häufigsten im Scherze üblich ist.


Häuselgroschen (W3) [Adelung]


Der Häuselgroschen, des -s, plur. inus. an einigen Orten Obersachsens, dasjenige Geld, welches die Häusler oder Hausleute anstatt des Zehenten, dessen sie nicht fähig sind, dem Pfarrherren und Küster jährlich zu geben verbunden sind, und welches gemeiniglich ein Groschen ist.


Hausen (W3) [Adelung]


Hausen, verb. reg. welches von Haus abstammet, in doppelter Gestalt üblich ist, aber im Hochdeutschen wenig mehr gebraucht wird. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Wohnen, Aufenthalt an einem Orte haben; in welchem Verstande huson schon bey dem Notker und Winsbeck vorkommt. Minne hat gehuset dar, Schenk Ulrich von Winterstetten. Gerechtigkeit wird auf dem Acker hausen, Es. 33, 16. Gleichwie Sodom und Gomorra umgekehrt ist, daß niemand daselbst wohnen, noch kein Mensch drinnen hausen soll, Jer. 49, 18, 33; Kap. 50, 39, 40. Im Nieders. husen. S. Behausung. 2) In engerer Bedeutung, gemeinschaftlich wohnen; nur noch im gemeinen Leben Oberdeutschlandes. Ein Ehepaar hauset nicht mit einander, wenn es nicht bey einander wohnet. 3) Haus halten, die Haushaltung führen; auch nur im gemeinen Leben, besonders Oberdeutschlandes. Ich hause schon lange; habe schon lange meine eigene Haushaltung. Er weiß nicht recht zu hausen. 4) Poltern, lärmen; wofür auch Haus halten üblich ist. Wer hauset so auf dem Boden? Der Wind hauset gewaltig. 5) Nach einer noch weitern Figur, übel behandeln, schlecht, hart mit etwas umgehen. Schlecht mit etwas hausen, es schlecht verwalten, schlecht damit Haus halten. Die Franzosen haben ehedem in Westphalen sehr übel gehauset. Wie Venus mit mir Haust, Opitz. 2. Als ein Activum, in seinem Hause Aufenthalt geben, beherbergen, behausen; schon im Schwabensp. Kap. 124 husen, im Nieders. husen, im Dän. huse, im Schwed. husa. Jemanden hausen.


-hausen (W3) [Adelung]


-hausen, die Endung des eigenthümlichen Nahmens verschiedener bewohnter Örter in Deutschland, welche gleichfalls von Haus abstammet. Mühlhausen, Nordhausen, Wolfrathshausen, Sundhausen, Osthausen u. s. f. welche in den gemeinen Mundarten der Niedersachsen oft in -sen zusammen gezogen wird; Hornsen, Pattensen u. s. f. für Hornhausen, Pattenhausen. In den davon abgeleiteten Wörtern gehet das a in ein ä über; ein Nordhäuser, eine Mühlhäuserinn, Mühlhäusich, Nordhäusisch.


Hausen (W3) [Adelung]


Der Hausen, des -s, plur. ut nom. sing. ein großer eßbarer Fisch, welcher nach dem Linne zu dem Geschlechte der Störe gehöret, und nicht nur in der Donau, sondern auch in allen großen Flüssen, welche sich in das Kaspische und schwarze Meer ergießen, wenigstens in ihren Mündungen angetroffen wird; Acipenser Huso L. Er wird oft 24 Fuß lang, und unterscheidet sich von allen andern Fischen dieses Geschlechtes durch seine weiße Haut, und durch sein weißes Fleisch; daher er im Russischen auch Beluga genannt wird, von bel, biel, weiß. Er ist der - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - des Herodotus, und der Esox der Lateiner in Ungarn, obgleich Plinius dieses Wort von dem Lachse verstehet. Der Lat. Nahme Huso ist nach dem Deutschen gebildet, und durch Geßnern, Aldrovand u. a. eingeführet worden. Der Deutsche Nahme soll von dem Türkischen Worte usun, lang, herstammen, und diesem Fische wegen seiner beträchtlichen Länge seyn gegeben worden, so wie das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - auf die spitzige Gestalt seines Kopfes zielet, von welcher auch der geschlechtsverwandte Stör im Lat. Acipenser heißt. Die Ungarn nennen den Hausen Wysahal, Rascian und Moruna, welches letztere mit dem Mario des Plinius überein zu kommen scheinet.


Hausenblase (W3) [Adelung]


Die Hausenblase, plur. die -n, eigentlich die Luftblase des Hausens. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, aber ohne Plural, wird der Fischleim, welcher aus der Luftblase des Hausens und der übrigen Fische seines Geschlechtes zubereitet wird, Hausenblase, im gemeinen Leben nur Hausblase, Schwed. Hus- blas genannt. Die von dem eigentlichen Hausen ist die schlechteste, aber im Handel und Wandel die gemeinste, so wie die von dem Stör und der Sterlette die beste aber auch die seltenste ist. Im Russischen heißt sie Rüby Kley, bey den Kosaken Karluk. Die Ichthyocolla der Alten wurde nicht aus der Blase, sonders aus der Haut dieser Fische verfertiget.


Hausenrogen (W3) [Adelung]


Der Hausenrogen, des -s, plur. inus. der eingemachte Rogen des Hausens und anderer Fische seines Geschlechtes, welcher unter dem Nahmen Caviar am bekanntesten ist, S. dieses Wort.


Hauseule (W3) [Adelung]


Die Hauseule, plur. die -n, die kleine Eule, welche sich gern bey den Gebäuden und Häusern aufhält und daher auch die Scheuereule, in andern Gegenden aber die Stockeule und Waldeule genannt wird; Noctua parva Klein. Sie ist unter dem Nahmen des Kauzes oder des Käuzchens am bekanntesten.


Hausfliege (W3) [Adelung]


Die Hausfliege, plur. die -n, die gemeine Fliege, so fern sie am häufigsten in den Häusern angetroffen wird; Musca domestica L. zum Unterschiede von andern Arten ihres Geschlechtes.


Hausflur (W3) [Adelung]


Die Hausflur, plur. die -en, bey einigen der Hausflur, des -es, plur. die -e, der Raum in einem Hause gleich nach der Hausthür, aus welchem man in die Zimmer tritt, besonders so fern er gepflas=tert ist; das Vorhaus, in Thüringen, Franken und am Ober-Rheine die Hausähre oder der Hausern, welches mit dem Latein. Area überein kommt, aber gewiß nicht daraus entlehnet ist, Ital. Aia, in Nieders. die Hausdiele, in Baiern das Flötz.


Hausfrau (W3) [Adelung]


Die Hausfrau, plur. die -en. 1) Die Frau vom Hause, oder in der häuslichen Gesellschaft, die Ehegattinn des Hausherren. Tobiä Hausfrau, Tob. 2, 22. Wer eine Hausfrau hat, der bringet sein Gut in Rath, Sir. 36, 26. In welchem Verstande, nehmlich in Beziehung auf den Ehemann, es nur unter gemeinen Leuten üblich ist. Ein wenig häufiger, doch aber auch nur von Personen geringern Standes gebraucht man es in Beziehung auf das Gesinde. S. Hausmutter. Im Schwabensp. Husfrauu. In Oberdeutschen Urkunden wird die Schutzheilige einer Kirche, die Patroninn, gleichfalls Hausfrau genannt. 2) Eine Frau, welcher die Stelle eines Hausmannes vertritt, folglich die Sicherheit und Reinlichkeit eines Hauses zu besorgen hat.


Hausfrieden (W3) [Adelung]


Der Hausfrieden, des -s, oder der Hausfriede, des -ns, plur. inus. 1) Der Friede, d. i. die Einigkeit, das gute Vernehmen einer häuslichen Gesellschaft. Den Hausfrieden stören. Es ist eine edle Sache um den Hausfrieden. 2) Die Sicherheit, welche ein jeder in seiner Wohnung vor den Gewaltthätigkeiten anderer genießet, und zu fordern berechtigt ist; Schwed. Hemfried. Den Hausfrieden brechen, dawider handeln.


Hausfürst (W3) [Adelung]


* Der Hausfürst, des -en, plur. die -en, eine im Deutschen ungewöhnliche Benennung eines vornehmen Haushofmeisters an einem königlichen Hofe, welche nur 2 Chron. 28, 7 vorkommt.


Hausgebacken (W3) [Adelung]


Hausgebacken, adj. et adv. welches besonders im gemeinen Leben üblich ist, wo es auch nur hausbacken lautet. Hausgebackenes Brot, im Hause gebackenes Brot, Brot, welches man zum Gebrauche seiner häuslichen Gesellschaft durch sein eigenes Gesinde backen lassen, Hausbrot; im Gegensatze des Bäckerbrotes. Nieders. huusbacken, Dän. huusbaged.


Hausgeflügel (W3) [Adelung]


Das Hausgeflügel, des -s, plur. inus. ein Collectivum, dasjenige Geflügel zu bezeichnen, welches man in der Landwirthschaft in oder bey dem Hause zu halten pfleget; das zahme Geflügel, das Federvieh, im Gegensatze des wilden Geflügels oder des Feld-Wald- und Wassergeflügels.


Hausgeist (W3) [Adelung]


Der Hausgeist, des -es, plur. die -er, ein erdichteter Geist, welcher sich zuweilen in den Häusern sehen lassen, und allerley häusliche Arbeit verrichten soll; Spiritus familiaris. Siehe Kobolt.


Hausgeld (W3) [Adelung]


Das Hausgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, dasjenige Geld, welches man für den Gebrauch eines Hauses oder eines Theiles desselben dem Eigenthümer bezahlet, und welches am häufigsten die Hausmiethe oder der Hauszins genannt wird. So führet in den Rechten einiger Gegenden dasjenige Geld, welches einer adeligen Wittwe für die Wohnung bezahlet wird, den Nahmen des Hausgeldes.


Hausgeräth (W3) [Adelung]


Das Hausgeräth, des -es, plur. inus. dasjenige Geräth, welches zur Nothdurft oder zur Bequemlichkeit im Hause, oder des häuslichen Lebens erfordert wird; der Hausrath, in Nieders. Huusreseep, Ingedömpte, in Dithmarsen das Ingut, Schwed. Husgerad, Inwidur.


Hausgesinde (W3) [Adelung]


Das Hausgesinde, des -s, plur. inus. dasjenige Gesinde, welches man im Hause hält, im Gegensatze des auswärtigen Gesindes, so fern dieses Wort ehedem einen jeden Bedienten oder Vasallen bedeutete. Ehedem wurde auch die ganze Familie, d. i. die Glieder der häuslichen Gesellschaft mit Ausschließung des Hausherren und der Hausfrau, das Hausgesinde genannt. Des Menschen Feinde sind sein eigen Hausgesind, Mich. 7, 6. Ich habe aber auch getauft des Stephana Hausgesind, 1 Cor. 1, 16. In welcher Bedeutung es aber veraltet ist. S. Gesinde.


Hausgiebel (W3) [Adelung]


Der Hausgiebel, des -s, plur. ut nom. sing. der Giebel eines Wohnhauses. S. Giebel.


Hausgott (W3) [Adelung]


Der Hausgott, des -es, plur. die -götter, in der heidnischen Gottesgelehrsamkeit, Götter, welche dem Hauswesen vorstehen, und im Hause verehret werden. Die freundlichen Hausgötter sehen des Redlichen Geschäfte, Geßn.


Hausgottesdienst (W3) [Adelung]


Der Hausgottesdienst, des -es, plur. inus. der häusliche Gottesdienst, feyerliche gottesdienstliche Übungen im Hause und mit den Personen seines Hauses ohne eigentlichen Priester; im Gegensatze des öffentlichen Gottesdienstes. Wird ein Priester dabey gebraucht, so ist es eigentlich ein Privat-Gottesdienst. In der weitesten Bedeutung des Wortes Gottesdienst wird zuweilen eine jede gottesdienstliche Besserung der häuslichen Gesellschaft ein Hausgottesdienst genannt.


Hausgötze (W3) [Adelung]


Der Hausgötze, des -n, plur. die -n, das körperliche Bild eines Hausgottes im verächtlichen Verstande, und auch wohl der Hausgott selbst. S. Götze.


Hausgrille (W3) [Adelung]


Die Hausgrille, plur. die -n, Grillen, welche sich in den Wohnhäusern aufhalten, und daher im gemeinen Leben auch Heimchen, von Heim, das Haus, im Mecklenb. Ehmken, genannt werden; zum Unterschiede von den Feldgrillen. S. Grille und Heimchen.


Haushahn (W3) [Adelung]


Der Haushahn, des -es, plur. die -hähne, der Hahn der Haushühner oder der zahmen eigentlichen Hühner. Ein alter Haushahn hielt auf einer Scheune Wacht, Hag.


Haushalten (W3) [Adelung]


Haushalten, verb. reg. act. besser Haus halten, S. Haus 3. 3) (b).


Haushalten (W3) [Adelung]


Das Haushalten, des -s, plur. ut nom. sing. der Infinitiv der vorigen R. A. als ein Hauptwort gebraucht, für Haushaltung. 1) * Die Regierung des Hauswesens und Anordnung der häuslichen Geschäfte; ohne Plural. Das Haushalten versehen, Haus halten. Durch ordentliches Haushalten werden die Kammern voll, Sprichw. 24, 4. Thue Rechnung von deinem Haushalten, Luc. 16, 2. 2) Eine häusliche Gesellschaft, eine Familie, in einigen Gegenden. Es wohnen sechs Haushalten in diesem Hause. S. Haushaltung.


Haushälter (W3) [Adelung]


Der Haushälter, (im Oberd. Haushalter,) des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Haushälterinn, plur. die -en. 1) * Derjenige, welcher eine eigene Haushaltung hat, der Hausvater, Hausherr; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. 2) Eine Person, welche die Haushaltung oder Hauswirtschaft eines andern verwaltet, derselben vorstehet, Oeconomus; besonders auf dem Lande, wo er in manchen Gegend auch Hofmeister, Verwalter u. s. f. und wenn es eine Person weiblichen Geschlechtes ist, auch Ausgeberinn, Beschließerinn, Altfrau, u. s. f. genannt wird. Der ungerechte Haushalter, Luc. 16. Wir sind Haushalter über Gottes Geheimnisse, 1 Cor. 4, 1. 3) Bey dem Salzwerke zu Halle wird derjenige Amtsknecht, welcher das Thalhaus reinlich hält, und dasselbe zur gehörigen Zeit auf und zuschließet, der Haushalter genannt.


Haushälterisch (W3) [Adelung]


+ Haushälterisch, adj. et adv. S. das folgende.


Haushältig (W3) [Adelung]


Haushältig, -er, -ste, adj. et adv. Fertigkeit besitzend, gut Haus zu halten, d. i. einem Hauswesen mit Klugheit und beson- ders mit weiser Sparsamkeit vorzustehen, und darin gegründet. Zuweilen auch in weiterer Bedeutung für sparsam. Wenn sie recht haushältig wird, Gell. Im niedrigen Leben haushälterisch. Erast ist mäßig und haushälterisch, Gell.


Haushältigkeit (W3) [Adelung]


Die Haushältigkeit, plur. car. die Fertigkeit, einem Hauswesen mit Klugheit und besonders mit weiser Sparsamkeit vorzustehen. In weiterer Bedeutung auch für Sparsamkeit.


Haushaltung (W3) [Adelung]


Die Haushaltung, plur. die -en, welches das Verbale der R. A. Haus halten ist. 1) Die Regierung einer häuslichen Gesellschaft, mit allen dahin gehörigen Geschäften, besonders der Verwaltung der dazu nöthigen Ausgaben und Einnahmen, ohne Plural; die Ökonomie, das Haushalten. Eines Haushaltung führen. Ingleichen die Kunst, einer häuslichen Gesellschaft mit Klugheit vorzustehen; die Haushaltungskunst. Die Haushaltung lernen, verstehen. 2) Die häusliche Gesellschaft selbst. Eine eigene Haushaltung haben. Unsere beyden Haushaltungen sind einander gleich entgegen gesetzet, Gell. Es wohnen drey Haushaltungen in diesem Hause. Im Oberd. Haushab und Hausgesäß. Figürlich werden in der Theologie die Zeiten des alten und neuen Testamentes zwey Haushaltungen Gottes genannt, welche man auch unter dem Nahmen des alten und neuen Bundes zu verstehen pfleget.


Haushaltungsbuch (W3) [Adelung]


Das Haushaltungsbuch, des -es, plur. die -bücher, ein Rechnungsbuch, worin man die zu einer Haushaltung gehörigen Ausgaben und Einnahmen zu verzeichnen pfleget. Zuweilen auch ein Buch, worin die Haushaltungskunst gelehret wird.


Haushaltungskunst (W3) [Adelung]


Die Haushaltungskunst, plur. inus. die Kunst, einer häuslichen Gesellschaft mit Klugheit vorzustehen; mit einem Griech. Worte die Ökonomie.


Haushenne (W3) [Adelung]


Die Haushenne, plur. die -n, eine zahme Henne; zum Unterschiede von wilden Hennen.


Hausherr (W3) [Adelung]


Der Hausherr, des -en, plur. die -en. 1) Der Herr, d. i. eigenthümliche Besitzer eines Wohnhauses, zum Unterschiede von seinen Hausgenossen oder Miethleuten; der Hausbesitzer, im gemeinen Leben der Hauswirth, in Bremen Hüster. 2) Der Herr in der häuslichen Gesellschaft, das Haupt derselben in Beziehung auf das Gesinde, so wie er im Verhältniß gegen die Kinder der Hausvater genannt wird.


Haushoch (W3) [Adelung]


Haushoch, adj. et adv. im gemeinen Leben, so hoch wie ein Haus, sehr hoch. Ein haushoher Berg.


Haushuhn (W3) [Adelung]


Das Haushuhn, des -es, plur. die -hühner, ein zahmes Huhn, im Gegensatze der wilden oder Feld- und Wasserhühner. In engerer Bedeutung, ein Haushuhn weiblichen Geschlechtes, eine Haushenne; zum Unterschiede von dem Haushahne.


Haushund (W3) [Adelung]


Der Haushund, des -es, plur. die -e, eine Hund, welcher zur Bewachung des Hauses gehalten wird; zum Unterschiede von einem Schooßhunde, Jagdhunde, Hirtenhunde u. s. f.


Hausiren (W3) [Adelung]


Hausiren, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) Waaren von Haus zu Hause feil biethen; in Baiern hossen gehen. Hausiren gehen, auf solche Art handeln. Mit Glaswaaren hausiren, oder hausiren gehen. 2) Toben, lärmen, poltern; wofür man auch hausen und Haus halten gebraucht. Im Hause herum hausiren. Der Poltergeist hat entsetzlich hausiret. In Niedersachsen auch in mehr eigentlicher Bedeutung, übel Haus halten. Herum hausiren, herum schwärmen. In beyden Bedeutungen im Nieders. huseeren, im Dän. husere. Es ist vermittelst der ausländischen Endung -iren, wie mehrere ähnliche Wörter, von hausen gebildet. S. - Iren.


Hausirer (W3) [Adelung]


Der Hausirer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Hausirerinn, plur. die -en, eine Person, welche ihre Waare von Haus zu Hause feil biethet.


Hausjungfer (W3) [Adelung]


Die Hausjungfer, plur. die -n. 1) Die Jungfer vom Hause, d. i. die unverheirathete Tochter des Hausherren oder Hausvaters. 2) Eine Jungfer, oder unverehelichte Person weiblichen Geschlechtes, welche anstatt der Hausfrau und in ihrem Nahmen die Haushaltung führet, und an andern Orten die Ausgeberinn, Beschließerinn u. s. f. genannt wird.


Hauskatze (W3) [Adelung]


Die Hauskatze, plur. die -n, die zahme Katze, welche in den Häusern gehalten wird; zum Unterschiede von den wilden Katzen.


Hauskauf (W3) [Adelung]


Der Hauskauf, des -es, plur. die -käufe, der Kauf eines Hauses.


Hauskeller (W3) [Adelung]


Der Hauskeller, oder Hauskellner, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Höfen, z. B. an dem Chursächsischen, der erste Vorgesetzte der Hofkellerey, welcher den Kellermeister, die Mundschenken u. s. f. unter sich hat, und unmittelbar unter Ober-Küchenmeister stehet.


Hauskirche (W3) [Adelung]


Die Hauskirche, plur. die -n. 1) Eine Kirche in einem Hause und zum Behufe einer häuslichen Gesellschaft. In Westphalen, wo die Schlösser noch häufig Häuser genannt werden, ist die Hauskirche so viel als eine Schloßkirche. 2) Der feyerliche Gottesdienst im Hause und mit der häuslichen Gesellschaft, im gemeinen Leben und ohne Plural; der Hausgottesdienst. Hauskirche halten.


Hauskleidung (W3) [Adelung]


Die Hauskleidung, plur. die -en, diejenige Kleidung, mit welcher man in seinem Hause und bey seinen häuslichen Verrichtungen bekleidet ist.


Hausknecht (W3) [Adelung]


Der Hausknecht, des -es, plur. die -e, in der Landwirthschaft, ein Knecht, welcher zum Futterschneiden und andern häuslichen Verrichtungen gebraucht wird; zum Unterschiede von dem Ackerknechte, Fuhrknechte u. s. f. In Franken ein Bößler, in Niedersachsen Drevel. In großen Häusern in den Städten hat man gleichfalls Hausknechte, welche mit einem anständigern Nahmen zuweilen Hausmänner genannt werden, und nicht nur das Vorhaus und den Hof rein zu halten, sondern auch das Haus zur gehörigen Zeit auf- und zuzuschließen haben. In weiterer aber jetzt ungewöhnlicher Bedeutung kommt es Sir. 37, 13, Apost. Gesch. 10, 7 von einem jeden häuslichen Bedienten vor.


Hauskost (W3) [Adelung]


Die Hauskost, plur. inus. im gemeinen Leben, häusliche Kost, d. i. Speisen, wie man sie gewöhnlich in seiner Haushaltung zu haben pflegt. S. Hausmannskost.


Hauskreuz (W3) [Adelung]


Das Hauskreuz, des -es, plur. inus. ein Kreuz, d. i. Leiden, Widerwärtigkeit in der häuslichen Gesellschaft und in Ansehung derselben. Vieles Hauskreuz haben, viele häusliche Unglücksfälle oder Widerwärtigkeiten. S. Kreuz.


Hauskrieg (W3) [Adelung]


Der Hauskrieg, des -es, plur. die -e, der Krieg, d. i. hoher Grad der Uneinigkeit in der häuslichen Gesellschaft, besonders zwischen den Eheleuten.


Hauskrone (W3) [Adelung]


Die Hauskrone, plur. die -n, die Krone seines Hauses, seines Geschlechtes, zum Unterschiede von einer Reichskrone; besonders in dem Hause Österreich. Die Kaiser aus diesem Hause führen auf Münzen und Siegeln mehrmahls die Hauskrone, d. i. die erzherzogliche Krone.


Hauslaub (W3) [Adelung]


Das Hauslaub, des -es, plur. inus. eine Pflanze, welche auf dem Lande häufig auf den Strohdächern der Häuser und auf alten Mauern wächset; Sempervivum L. Es wird auch Hauslauch und große Hauswurzel, Engl. Houseleek genannt. S. auch Donnerbart.


Hauslauch (W3) [Adelung]


Der Hauslauch, des -es, plur. inus. 1) S. das vorige. 2) Auch ein Nahme des Hohllauches, S. dasselbe.


Hauslehrer (W3) [Adelung]


Der Hauslehrer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Lehrer, welchen ein Hausvater für seine Kinder hält, und der im gemeinen Leben ein Hofmeister und mit einem Lateinischen Worte ein Informator genannt wird.


Hausleinwand (W3) [Adelung]


Die Hausleinwand, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, Leinwand, welche sich ein Hauswirth für seine Haushaltung selbst verfertigen lässet; zum Unterschiede von der Kaufleinwand, welche auf den Kauf verfertiget wird.


Häusler (W3) [Adelung]


Der Häusler, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Geringe Bauersleute, welche mit keinem Hause angesessen sind, sondern nur bey andern zur Miethe wohnen, und auf dem Lande das sind, was in den Städten die Schutzverwandten sind. Im Nieders. Hüsselt, Hüssent, Hüssel, Hüsling, Einlieger, Instmann, im Oberd. Inmann, Gädemer, Büdner, Hausinne, an andern Orten Hausleute, Hausgenossen, Häuslinge. S. Hausgenoß. 2) In einigen Gegenden werden auch diejenigen Landleute, welche zwar ein eigenes Haus, aber wenig oder gar keinen Acker haben, Häusler genannt. In Niedersachsen heißen sie Brinksitzer, und sind von den Kothsassen oder Kossaten noch verschieden, S. dieses Wort, ungeachtet man diese zuweilen mit dem Nahmen der Häusler zu belegen pflegt.


Hausleute (W3) [Adelung]


Die Hausleute, sing. inus. S. Hausmann.


Häuslich (W3) [Adelung]


Häuslich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Zum Hause gehörig, es mag nun dieses Wort das Wohnhaus, oder die Familie bedeuten, dasselbe betreffend, darin gegründet; ohne Comparation. Häusliche Arbeiten, Geschäfte, welche man im Hause verrichtet. Die Häusliche Gesellschaft, welche die Beförderung der äußern Wohlfahrt einzelner Personen betrifft, und die auf solche Art verbundenen Personen, S. Haus 3. 3). - Zwey häusliche Thiere, Cyper ein fleckiger Kater und ein geschwätziges Papchen, Zachar. In häuslicher Stille von unserer Arbeit genährt, Geßn. Die Häusliche Sicherheit, die Sicherheit in seinem Hause. Ein Frauenzimmer, die Tugend und Verstand besitzt, besitzt gewiß auch häusliche Geschicklichkeiten, Gell. Häusliche Widerwärtigkeiten, Vorfälle, Angelegenheiten. Die häusliche Wohlfahrt, die Wohlfahrt der häuslichen Gesellschaft. 2) Sich an einem Orte häuslich niederlassen, nur als ein Nebenwort, sich daselbst ein eigenes Haus erwerben, im Oberd. haushäblich; zuweilen auch in weiterer Bedeutung, seine beständige Wohnung daselbst nehmen. 3) Figürlich, Fertigkeit besitzend, an kleinern Angelegenheiten eines Hauses Theil zu nehmen, ingleichen die Pflichten des häuslichen Standes, der häuslichen Gesellschaft zu erfüllen, und darin gegründet. Ein häuslich Weib ist ihrem Manne eine Freude, Sir. 26, 2. Daß sie die jungen Weiber lehren - häuslich seyn, Tit. 2, 5. Weit reitzender geschmückt, Als für ein häuslich Weib sichs sonst im Hause schickt, Rost. 4) In engerer Bedeutung, Fertigkeit besitzend, die häuslichen Ausgaben mit weiser Sparsamkeit einzuschränken, und darin gegründet; haushältig. Ein häuslicher Mann, eine häusliche Frau.


Häuslichkeit (W3) [Adelung]


Die Häuslichkeit, plur. inus. welches nur in den beyden letzten Bedeutungen des vorigen Beywortes üblich ist. 1) Die Fertigkeit, an den häuslichen Angelegenheiten Theil zu nehmen, die Pflichten des häuslichen Standes zu erfüllen. 2) Die Fertigkeit, die häuslichen Ausgaben mit weiser Sparsamkeit einzuschränken, tugendhafte Sparsamkeit in der Haushaltung.


Häusling (W3) [Adelung]


Der Häusling, des -es, plur. die -e, an einigen Orten auf dem Lande, ein Häusler, ein Einwohner, der nur zur Miethe wohnet. An andern Orten auch ein Landmann, der zwar ein eigenes Haus, aber keinen oder doch so wenig Acker hat, daß er kein Zugvieh darauf halten kann; in Niedersachsen ein Brinksitzer, in Schlesien ein Angerhäusler.


Hausmagd (W3) [Adelung]


Die Hausmagd, plur. die -mägde, eine Magd, welche zu allerley groben Arbeiten im Hause bestimmt ist, besonders auf dem Lande, wo sie der Viehmagd entgegen gesetzet wird. In den Städten werden die Hausmägde, welche auch Stubenmägde, Hausmädchen, Stubenmädchen, und in Leipzig Jungemägde heißen, durch ihre Verrichtungen im Hause von den Küchenmägden, Köchinnen, Kindermägden u. s. f. unterschieden.


Hausmann (W3) [Adelung]


Der Hausmann, des -es, plur. die Hausleute, in einigen wenigen Fällen, die Hausmänner, ein Wort, welches nach der verschiedenen Bedeutung der Wörter Haus und Mann auch in einem verschiedenen Verstande gebraucht wird. 1) In den großen Häusern einiger Städte ist es eine anständige Benennung eines Hausknechtes, oder desjenigen Bedienten, dessen vornehmste Pflicht es ist, auf die Reinigkeit und Sicherheit des Hauses Acht zu haben, S. Hausknecht und Hausmeister. Es hat alsdann im Plural die Hausmänner. 2) Das Hausgesinde, die Bedienten, werden zuweilen im Plural die Hausleute genannt. Was wird er uns Hausleuten vermacht haben? 3) Im gemeinen Leben wird es auch sehr oft für Hausgenossen gebraucht, d. i. für diejenigen Personen, welche mit einander in einem gemeinschaftlichen Hause wohnen, so wohl im Verhältniß gegen einander, als auch in Beziehung auf den Eigenthümer des Hauses. Unsere Hausleute, welche mit uns in Einem Hause wohnen, ingleichen, welche bey uns zur Miethe wohnen. Mein Hausmann, mein Miethmann, der bey mir zur Miethe wohnet. Hingegen führet, 4) doch gleichfalls nur im gemeinen Leben, der Hausherr oder Hauswirth, besonders wenn er von keinem vornehmen Stande ist, oft den Nahmen des Hausmannes; daher die Hausbesitzer, oder solche, welche eigene Häuser haben, in einigen Gegenden auch Hausleute heißen. 5) In engerer Bedeutung sind auf dem Lande einiger Gegenden Hausleute diejenigen, welche zwar ein eigenes Haus haben, aber nicht so viel Acker dabey besitzen, daß sie Zugvieh darauf halten könnten, und auch Hausgenossen und noch häufiger Häusler heißen, S. diese Wörter. 6) In einigen Niedersächsischen Gegenden bedeutet Hausmann und im Plural Hausleute, einen jeden Bauer; vielleicht so fern dieses Wort in den ältern Zeiten einen jeden Vasallen bezeichnete, der zu dem Hause, d. i. zu der Familie, oder auch zu dem Schlosse des Lehens- und Eigenthumsherren gehörte. S. Hausmannskost. Alle Ministeriales der mittlern Zeiten werden daher im Deutschen auch Hausgenossen und Hausleute genannt. Im Wallisischen ist Hwsmon ein Ackermann, ein Bauer, im Schwed. aber ist Husman ein Knecht, ein Leibeigener, Huskart aber ein Bedienter, Vasall. 7) Besonders sind im Herzogthum Schleßwig die Hausleute eine Art Landleute, welche in den Marschländern und auf der Insel Femern wohnen, ihre Ländereyen und Höfe mit dem nöthigen Eigenthume besitzen, und vor den eigentlichen Bauern sehr vieles voraus haben. 8) Am häufigsten bedeutet Hausmann und im Plural Hausleute, Personen, welche keine eigenthümlichen Häuser haben, sondern bey andern zur Miethe wohnen, wo es so wohl von solchen Einwohnern geringen Standes in den Städten, als auch, und zwar am häufigsten, von solchen Leuten auf dem Lande gebraucht wird; S. Haußgenoß und Häusler. 9) An einigen besonders Niedersächsischen Orten führet auch der Thürmer oder Thurmwächter den Nahmen des Hausmannes; vielleicht so fern er als ein Dienstmann angesehen wird, welchem der Thurm zu seiner Wohnung und Behausung angewiesen worden; S. die vorige sechste Bedeutung. Daher wird an solchen Orten auch derjenige Thurm, welcher von einem Thürmer bewohnet wird, im gemeinen Leben der Hausmannsthurm genannt. Die Fäminina die Hausfrau und Hausmänninn sind in keiner dieser Bedeutungen üblich. Soll das weibliche Geschlecht besonders bezeichnet werden, so sagt man die Hausmannsfrau oder die Frau des Hausmannes. Nur in der vierten Bedeutung, so fern es den Hauswirth bezeichnet, kann im Fäminino die Hausfrau gebraucht werden. Dagegen kann der Plural Hausleute auch Personen beyderley Geschlechtes bezeichnen.


Hausmannskost (W3) [Adelung]


Die Hausmannskost, plur. inus. im gemeinen Leben, ländliche Kost, Speisen so wie sie der Hausmann, d. i. der Landsmann, täglich in seiner Haushaltung zubereiten lässet. S. Hausmann 6. In weiterer Bedeutung wird es auch für jede häusliche Kost, für Hauskost gebraucht, S. dieses Wort.


Hausmannsthurm (W3) [Adelung]


Der Hausmannsthurm, des -es, plur. die -thürme, S. Hausmann 2.


Hausmarder (W3) [Adelung]


Der Hausmarder, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Marder, welche sich am liebsten bey den Häusern und Gebäuden aufhält; im Gegensatze des Waldmarders.


Haus-Marschall (W3) [Adelung]


Der Haus-Marschall, des -es, plur. die -schälle, an einigen Höfen, ein adeliger Hofbedienter, welcher auf den Hof-Marschall folget, und die fürstlichen Wohngebäude und Schlösser in seiner Aufsicht hat.


Hausmaße (W3) [Adelung]


* Die Hausmaße, plur. die -n, in den Niedersächsischen Marschländern, die abgetheilten Schläge an den Deichen und Dämmen, welche die Häuser und deren Besitzer in gutem Stande erhalten müssen; Nieders. Huusmaten. Sie werden auch Mannroden genannt.


Hausmast (W3) [Adelung]


Die Hausmast, oder>Hausmastung, plur. inus. in der Landwirthschaft, die Mast oder Mastung der Schweine zu Hause; im Gegensatze der Holzmast.


Hausmaus (W3) [Adelung]


Die Hausmaus, plur. die -mäuse, eine Benennung derjenigen Mäuse, welche sich in den Häusern aufhalten; im Gegensatze der Feldmäuse.


Hausmeister (W3) [Adelung]


Der Hausmeister, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, z. B. zu Wien, der unterste und niedrigste Bediente eines Collegii, welcher noch unter dem Thürhüther und Heitzer ist, und vermuthlich die Reinigung der Zimmer zu besorgen hat. Eben daselbst wird auch der Hausknecht oder Hausmann Hausmeister genannt.


Hausmiethe (W3) [Adelung]


Die Hausmiethe, plur. die -n. 1) Der Vertrag über die Miethung eines Hauses, oder eines Theiles desselben, einer Wohnung; ohne Plural. Jemanden die Hausmiethe aufsagen. 2) Das Geld, welches für ein gemiethetes Haus, oder für eine gemiethete Wohnung in demselben bezahlet wird; der Miethzins, das Hausgeld, der Hauszins, Nieders. die Hausheuer.


Hausmittel (W3) [Adelung]


Das Hausmittel, des -s, plur. ut nom. sing. ein häusliches Gegenmittel gegen eine Krankheit oder Verletzung, ein Arzeneymittel aus einfachen Kräutern u. s. f. welche jeder im Hause hat, oder doch leicht haben kann; auch im Diminut. das Hausmittelchen.


Hausmutter (W3) [Adelung]


Die Hausmutter, plur. die -mütter, die Hausfrau als Mutter betrachtet, die Hausfrau in Beziehung auf ihre Kinder.


Hausnaht (W3) [Adelung]


Die Hausnaht, plur. die -nähte. 1) Die Naht, d. i. Art und Weise zu nähen, wie sie bey der gewöhnlichen Wäsche in der Haushaltung üblich ist, ohne Plural; im Gegensatze der künstlichen Naht, oder des künstlichen Genähes. 2) Eine auf solche Art verfertigte Naht.


Hausotter (W3) [Adelung]


Die Hausotter, plur. die -n, eine Art unschädlicher kleiner Schlangen, welche sich gern in den Häusern aufhält, und von dem gemeinen Manne für heilig oder doch Glück bringend gehalten wird; an einigen Orten das Erdhühnchen.


Haus-Postille (W3) [Adelung]


Die Haus-Postille, plur. die -n, eine zur Hausandacht bestimmte Postille. Im Nieders pflegt man auch eine ehrbare Hausmutter nach der alten Welt im Scherze eine Hauspostille zu nennen. S. Postille.


Hausrath (W3) [Adelung]


Der Hausrath, des -es, plur. inus. für Hausgeräth, siehe dasselbe, ingleichen Rath.


Hausratze (W3) [Adelung]


Die Hausratze, plur. die -n, diejenigen Ratzen, welche sich am liebsten in den Wohnhäusern aufhalten; zum Unterschiede von den Feldratzen.


Hausrecht (W3) [Adelung]


Das Hausrecht, des -es, plur. inus. das Recht, d. i. die Befugniß, welche so wohl dem Hausherren oder Hausbesitzer in seinem Hause oder in seiner Wohnung und in Ansehung derselben, als auch dem Hausherren über die häusliche Gesellschaft zukommt. Sein Hausrecht gebrauchen, jemanden, der uns in unserer Wohnung Gewalt anthut, aus dem Hause treiben.


Haussässig (W3) [Adelung]


Haussässig, adj. et adv. vermittelst eines Hauses ansässig, ein eigenes Haus besitzend; in einigen Gegenden erbgesessen, haussitzend, hausgesessen; dergleichen haussässige Einwohner im Oberdeutschen Haussassen genannt werden.


Hausschabe (W3) [Adelung]


Die Hausschabe, plur. die -n. 1) Ein Insect, welches den Erdkäfern gleicht, und sich theils unter dem Auskehrichte der Gärten, theils im Mehle bey den Bäckern aufhält, und von welchem diejenige Larve herkommt, welche so gern von den Nachtigallen gefressen und Mehlwurm genannt wird; Tenebrio L. der Mehlkäfer. 2) Bey andern führet die Blatta orientalis L. welche sich bey uns nur noch in den Bäckerhäusern aufhält, gleichfalls den Nahmen der Hausschabe.


Hausschlachten (W3) [Adelung]


Das Hausschlachten, des -s, plur. inus. das Schlachten desjenigen Viehes, welches ein Hauswirth das Jahr über in seiner Haushaltung bedarf, von der R. A. in das Haus schlachten; zum Unterschiede von dem Bankschlachten, oder demjenigen Schlachten, welches von den Fleischern zum Verkaufe geschiehet. Daher werden in Niedersachsen eine Art unzünftiger Fleischer oder Schlächter, welche sich allein davon nähren, daß sie das Hausschlachten bey den Hauswirthen verrichten, daselbst Hausschlächter genannt.


Hausschlange (W3) [Adelung]


Die Hausschlange, plur. die -n, eine Art Schlangen, welche sich gern in und an den Häusern der Landleute aufhält, die Hausunke, zum Unterschiede von den Feld-Wald- und Wasserschlangen; Coluber Berus L.


Hausschlüssel (W3) [Adelung]


Der Hausschlüssel, des -s, plur. ut nom. sing. der Schlüssel zum Hause oder zur Hausthür.


Hausschoß (W3) [Adelung]


Der Hausschoß, des -sses, plur. die -sse, ein Schoß oder obrigkeitliche Abgabe, welche von einem Wohnhause entrichtet wird.


Hausschwalbe (W3) [Adelung]


Die Hausschwalbe, plur. die -n, diejenige Art Schwalben, welche ihre Nester von außen an die Häuser bauet, unten an dem Körper bis an den Schnabel ganz weiß ist, und wollige Füße hat; Hirundo domestica Klein. Sie wird auch Giebelschwalbe, Fensterschwalbe, Lehmschwalbe genannt; zum Unterschiede von der Erdschwalbe, Mauerschwalbe u. s. f. Siehe auch Rauchschwalbe.


Hausschwelle (W3) [Adelung]


Die Hausschwelle, plur. die -n, die Schwelle, d. i. der unterste Balken eines Wohnhauses, in welchen das Zimmerwerk der Seitenwände eingezapfet wird.


Haußen (W3) [Adelung]


Haußen, ein Nebenwort des Ortes, welches nur in den niedrigen Sprecharten für draußen und außerhalb ist. Und setze den Tisch in die Hütte des Stiftes -haußen vor dem Vorhange 2. Mos. 40, 22, außerhalb des Vorhauses. So solt du nicht in sein Haus gehen - sondern du solt haussen stehen, 5 Mos. 24, 10. Und ließen sie haussen ausser dem Lager Israel, Jos. 6, 23. Jetzt ist sie haussen, jetzt auf der Gassen, Sprichw. 7, 12. Denn haussen sind die Hunde und die Zauberer, Offenb. 22, 15. Man glaubt gemeiniglich, daß es aus heraußen oder hier außen zusammen gezogen sey. Allein es hat nur selten den Nebenbegriff des hier oder her, wohl aber des da. Daher das h auf eine andere Art entstanden zu seyn scheinet. Die Niedersachsen setzen statt dessen ein b vor, buten, welches Frisch oben so gezwungen als eine Verkürzung des Vorwortes bey ansiehet. Merkwürdig ist, daß im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - nicht nur eine Gasse bedeutet, sondern auch etwas das draußen oder haußen ist.


Haussitzend (W3) [Adelung]


Haussitzend, adj. et adv. S. Haussässig.


Haussorge (W3) [Adelung]


Die Haussorge, plur. die -n, häuslich Sorge, Sorge, welche das Hauswesen erfordert und veranlasset.


Haussperling (W3) [Adelung]


Der Haussperling, des -es, plur. die -e, diejenige Art Sperlinge, welche sich bey den Häusern und Gebäuden aufhält; zum Unterschiede von dem Feld- und Rohrsperlinge.


Hausspinne (W3) [Adelung]


Die Hausspinne, plur. die -n, diejenige Art Spinnen, welche ihr Gewebe in den Häusern und Winkeln der Zimmer macht, ihre Augen in einem ovalen Kreise auf der Stirn hat, und sich alle Jahre häutet; zum Unterschiede von der Feldspinne, Kellerspinne, Gartenspinne u. s. f.


Haussprache (W3) [Adelung]


Die Haussprache, plur. die -n, S. Hausgenoß 2.


Hausstand (W3) [Adelung]


Der Hausstand, des -es, plur. inus. der häusliche Stand, der Stand der häuslichen Gesellschaft, das Verhältniß derjenigen Personen unter einander, welche ihre äußere Wohlfahrt unmittelbar befördern; zum Unterschiede von dem bürgerlichen geistlichen Stande, Wehrstande u. s. f.


Haussteuer (W3) [Adelung]


Die Haussteuer, plur. die -n, in einigen Gegenden, z. B. im Herzogthum Eisenach, ein Geschenk an Hausrath, welches dem neu verehlichten Paare von den Hochzeitgästen gemacht wird. Bestehet es in Geld, so heißt es in der engsten Bedeutung ein Hochzeitgeschenk.


Haussuchung (W3) [Adelung]


Die Haussuchung, plur. die -en, die feyerliche Durchsuchung eines Hauses, besonders in der Absicht, einen Diebstahl oder eine andere verborgene Sache zu entdecken. Haussuchung thun. Eine Haussuchung veranstalten.


Haustämpel (W3) [Adelung]


Der Haustämpel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Gürtlern, ein runder an einem Ende hohler Stämpel, runde Scheiben aus einer Messingplatte damit zu hauen.


Haustafel (W3) [Adelung]


Die Haustafel, plur. inus. derjenige Abschnitt in dem Kathechismo, worin die Pflichten des Hausstandes vorgetragen werden.


Haustaube (W3) [Adelung]


Die Haustaube, plur. die -n. 1) Die zahmen Tauben, welche man in und bey dem Hause zu halten pfleget; im Gegensatze der wilden Tauben. In engerer Bedeutung führen nur diejenige zahmen Tauben den Nahmen der Haustauben, welche man zu Hause füttert, und nicht ausfliegen lässet; im Gegensatze der Feldtauben. 2) Eine verächtliche Benennung der Thürmer und Stadtpfeifer, welche sogar in einem Privilegio Kaiser Ferdinands des Zweyten für die Feldtrompeter von 1623 vorkommt.


Haustenne (W3) [Adelung]


Die Haustenne, plur. die -n, in einigen Gegenden, die Tenne vorn im Hause, die Hausflur, das Vorhaus.


Hausteufel (W3) [Adelung]


Der Hausteufel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine im höchsten Grade zanksüchtige Person in der häuslichen und besonders ehelichen Gesellschaft. 2) Eine Art Schnepfen, welche man auch im Diminut. das Hausteufelchen zu nennen pflegt. Siehe Braushahn.


Hausthier (W3) [Adelung]


Das Hausthier, des -es, plur. die -e, ein jedes zahmes Thier, so fern man es in den Häusern zu halten pfleget; im Gegensatze der wilden Thiere.


Hausthür (W3) [Adelung]


Die Hausthür, plur. die -en, diejenige Thür, durch welche man in ein Wohnhaus gehet. Besonders die große Thür dieser Art, zum Unterschiede von den kleinern Hinter- oder Seitenthüren.


Haustock (W3) [Adelung]


Der Haustock, des -es, plur. die -stöcke, ein Stock oder Kloß, etwas darauf zu hauen oder zu zerhauen; S. Haublock.


Haustrauer (W3) [Adelung]


Die Haustrauer, plur. inus. die Trauerkleidung im Hause, zum Unterschiede von der öffentlichen.


Haustrauung (W3) [Adelung]


Die Haustrauung, plur. die -en, die Trauung, oder eheliche Einsegnung eines Brautpaares im Hause; zum Unterschiede von der öffentlichen in der Kirche.


Haustrunk (W3) [Adelung]


Der Haustrunk, des -es, plur. inus. ein Trunk, d. i. Getränk, welches man für sich und seine häusliche Gesellschaft nöthig hat; zum Unterschiede desjenigen Getränkes, welches man zum Verkaufe einleget, oder verfertiget.


Hausübel (W3) [Adelung]


Das Hausübel, des -s, plur. ut nom. sing. ein häusliches Übel, eine Beschwerde in der häuslichen Gesellschaft als ein Übel betrachtet.


Hausunke (W3) [Adelung]


Die Hausunke, plur. die -n. 1) Ein Nahme der Hausschlange, S. dieses Wort. 2) Der Erdkröte, welche sich gern in den Häusern, Kellern und Ställen auf dem Lande aufhält. S. Unke.


Hausvater (W3) [Adelung]


Der Hausvater, des -s, plur. die -väter, das Haupt der häuslichen Gesellschaft besonders in Beziehung auf seine Kinder, so wie er in Betrachtung des Gesindes Hausherr genannt wird. Bey dem Kero Fater Hiuuiskes, bey den Tatian Hiuuish Fater.


Hausverwalter (W3) [Adelung]


Der Hausverwalter, des -s, plur. ut nom. sing. der Verwalter der häuslichen Ausgaben und Angelegenheiten eines großen Hauses, im Nahmen des Herren; dessen Gattinn, die Hausverwalterinn.


Hausvogt (W3) [Adelung]


Der Hausvogt, des -es, plur. die -vögte, welches mit dem vorigen einerley Bedeutung hat, aber doch in besondern Fällen auf verschiedene Art gebraucht wird. Der Hausvogt Abrahams kommt 1 Mos. 15, 2 vor. In einigen Ämtern und herrschaftlichen Schlössern, besonders Niedersachsens, hat der Hausvogt die Aufsicht über die herrschaftlichen Schlösser und Gebäude. In Berlin wird der in dem Kammergerichtshause wohnende Kammergerichtsrath, der zugleich die oberste Aufsicht über die in dem Hause befindlichen Gefangenen führet, der Hausvogt genannt. In andern Orten hingegen ist der Hausvogt der Stockmeister, der die Aufsicht über das öffentliche Gefängniß und die darin befindlichen Gefangenen hat.


Hausvogtey (W3) [Adelung]


Die Hausvogtey, plur. die -en. 1) Das Gebieth, der Bezirk eines Hausvogtes. 2) An einigen Orten, das öffentliche Gefängniß. S. das vorige.


Hauswanze (W3) [Adelung]


Die Hauswanze, plur. die -n, diejenige Art Wanzen, welche sich in den Häusern aufhält; Cimex personatus L. zum Unterschiede von den Bettwanzen, u. s. f.


Hauswärme (W3) [Adelung]


Die Hauswärme, plur. inus. in Obersachsen sagt man von jemanden, welcher ein neu erbautes Haus feyerlich beziehet, daß er die erste Hauswärme vollbringe. Ehedem bezeichnete es besonders die Heimfahrt fürstlicher Personen nach vollbrachtem Beylager.


Hauswäsche (W3) [Adelung]


Die Hauswäsche, plur. inus. die gewöhnliche Wäsche, welche in einer Haushaltung am häufigsten gebraucht, und auch Rollwäsche genannt wird; zum Unterschiede von der feinern Platt- oder Bügelwäsche, welche nicht gerollet; sondern geplattet oder gebügelt wird.


Hauswesen (W3) [Adelung]


Das Hauswesen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Als ein Collectivum und ohne Plural, alle Angelegenheiten der häuslichen Gesellschaft, und dahin gehörige Dinge. Wenn meine Frau niederträchtig genug wäre, sich um das Hauswesen zu bekümmern, Gell. 2) * Im Oberdeutschen wird es auch von einer Haushaltung im Concreto gebraucht, Es sind drey Hauswesen in diesem Hause.


Hauswiesel (W3) [Adelung]


Die Hauswiesel, plur. die -n, die gemeine Wiesel, welche sich gern in und bey den Häusern aufhält und daher auch Speicherwiesel genannt wird; zum Unterschiede von der Frettwiesel, Königswiesel, dem Iltisse u. s. f.


Hauswirth (W3) [Adelung]


Der Hauswirth, des -es, plur. die -e, welches nach den verschiedenen Bedeutungen des Wortes Wirth auch auf verschiedene Art gebraucht wird. 1) * Ein Ehemann; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Und da Urias Weib hörete, daß ihr Mann Uria todt war, trug sie Leid um ihren Hauswirth, 2 Sam. 11, 26. 2) Das Haupt der häuslichen Gesellschaft, der Hausvater, oder Hausherr; wo dieses Wort nur von Hausherren geringen Standes gebraucht wird. Da er herzu brachte einen Hauswirth nach dem andern, Jos. 7, 17. Wo ihr eingehet, da sprecht zum Hauswirthe u. s. f. Marc. 14, 14. In weiterer Bedeutung auch in Beziehung auf die Art und Weise, wie er seiner Haushaltung vorstehet. Ein guter, ein schlechter Hauswirth; wo auch nur das einfache Wirth üblich ist. 3) Der Herr oder Eigenthümer des Hauses, der Hausherr, im Gegensatze der Hausgenossen, Hausleute oder Miethleute; wo es nur von Hausbesitzern geringern Standes gebraucht wird.


Hauswirthinn (W3) [Adelung]


Die Hauswirthinn, plur. die -en, das weibliche Geschlecht des vorigen, welches in eben so vielen verschiedenen Bedeutungen vorkommt. 1) * Einer Ehefrau; ein gleichfalls veralteter Gebrauch. 2) Der Hausfrau oder Hausmutter, der Gebietherinn in der häuslichen Gesellschaft, in Beziehung auf die Führung der Haushaltung, so wie sie in Betrachtung der Kinder Hausmutter, und in Verhältniß auf das Gesinde Hausfrau heißt. 3) Die Eigenthümerinn eines Hauses, im Gegensatze der Miethleute.


Hauswirthschaft (W3) [Adelung]


Die Hauswirthschaft, plur. inus. die Verwaltung des Hauswesens, die Haushaltung; zum Unterschiede von der Gastwirthschaft, Schenkwirthschaft u. s. f.


Hauswurz (W3) [Adelung]


Die Hauswurz, plur. inus. oder die Hauswurzel, plur. die -n. 1) Ein Nahme des Hauslaubs, Sempervivum L. welches große Hauswurz genannt wird. Siehe Hauslaub. 2) Des Mauerpfeffers; Sedum acre L. welcher kleine Hauswurz genannt wird. S. Mauerpfeffer.


Hauszehent (W3) [Adelung]


Der Hauszehent, des -en, plur. die -en, an einigen Orten, ein Zehent oder Zins, welcher dem Grundherren von einem Hause gegeben wird; dergleichen Hauszehenten die Rauchhühner sind.


Hauszins (W3) [Adelung]


Der Hauszins, des -es, plur. von mehrern Summen, die -e, ein Zins für den Gebrauch eines Wohnhauses, oder eines Theiles desselben; der Miethzins, die Hausmiethe.


Haut (W3) [Adelung]


Die Haut, plur. die Häute, Diminut. das Häutchen, Oberd. Häutlein, eine Benennung verschiedener Arten natürlicher biegsamer Decken, so wohl flüssiger als fester Körper. 1. Bey flüssigen mit fremdartigen festern Theilen vermischten Körpern bildet sich auf der Oberfläche eine solche Decke oder Haut, wenn die feinern flüssigen Theile abdampfen und die festern fremdartigen zurück lassen. 2. Bey festern Körpern, besonders aus dem Pflanzen- und Thierreiche, ist die Haut, 1) überhaupt ein aus Fasern verschiedener Art bestehendes biegsames Gewebe, die darunter liegenden Theile vor der Verletzung zu bewahren. Von der Art ist die Haut, womit manche Früchte, Kerne, Zwiebeln und andere Theile der Pflanzen umgeben sind, und welche bey vielen noch eine Schale über sich hat. In dem thierischen Körper werden sehr viele Theile, von einem ähnlichen aber festern und zähern Gewebe bedecket, welches, wenn es sehr zart und fein ist, das Häutchen oder Häutlein genannt wird. Dahin gehören die Hirn- oder Gehirnhaut, die Beinhaut, die Hornhaut des Auges u. s. f. 2) In engerer Bedeutung, die äußere natürliche Bedeckung der thierischen und menschlichen Körper, welche gemeiniglich aus weißlichen Fasern bestehet, oft mit Haaren bedeckt ist, und auch das Fell genannt wird. In der Zergliederungskunst unterscheidet man das Häutchen oder die Oberhaut (Cuticula) von der eigentlichen Haut (Cutis). Ersteres ist sehr zart und glänzend, bedeckt die letztere, und gibt sich los, wenn die Haut mit heißem Wasser verbrannt wird. Im gemeinen Leben verstehet man unter dem Nahmen der Haut entweder beyde zusammen genommen, oder auch nur die erstere. Einem Thiere die Haut abziehen. Eine Haut gärben, gar machen. Harte Haut an den Händen haben. Es läuft mir ein Schauer über die Haut. Ein Geschwür aus heiler Haut, im gemeinen Leben, welches von sich selbst entstehet, ohne Verletzung von außen. Wenn von den natürlichen Bedeckungen der thierischen Körper die Rede ist, so wird Haut bald in der weitesten Bedeutung von allen Thieren gebraucht, bald aber auch in engerer. In der ersten Bedeutung sagt man, daß die Schlangen ihre Haut ablegen, eine abgestreifte Schlangenhaut, eine Fischhaut, Aalhaut u. s. f. in welchem Falle das Wort Balg üblicher ist. In engerer Bedeutung ist es nur von den Häuten größerer Thiere, besonders solchen, welche ausgewirket und nicht abgestreifet werden, üblich, sie mögen übrigens noch mit Haaren bedeckt seyn oder nicht. S. Balg und Fell. Von der menschlichen Haut sind eine Menge figürlicher R. A. im Gange, welche aber größten Theils niedrig, höchstens in der vertraulichen Sprechart üblich sind. Dahin gehören: Einem die Haut über die Ohren ziehen, ihn seines Vermögens berauben, welches Mich. 3, 2, 3 heißt, die Haut schinden und abziehen. Mit ganzer Haut davon kommen, ohne Verwundung, ohne Schaden. Die Haut juckt ihm, sagt man von einem frevelhaften Kinde oder Menschen, wenn beyde sich nach Schlägen zu sehnen scheinen. Jemanden die Haut voll schlagen. Jemanden die Haut voll lügen. Einem recht auf die Haut greifen, ihm mit Ernst zusetzen, scharf in ihn dringen. Sich seiner Haut wehren, sich nachdrücklich vertheidigen. Seine Haut theuer verkaufen, nicht ungerochen sterben, nicht ohne den Schaden eines andern zu Grunde gehen. Mit der Haut bezahlen, für ein Verbrechen am Leibe, oder mit dem Leben büßen. Es gilt seine Haut, sein Leben. Auf der faulen Haut liegen, müßig gehen, siehe Bärenhäuter. Wieder in die alte Haut schliefen, wieder in seine vorigen Fehler oder Sünden verfallen. Vor Zorn, vor Freude aus der Haut springen wollen. Ich möchte aus der Haut fahren, sagt man in einer heftigen Leidenschaft. Er ist ein Schelm in der Haut, die Leichtfertigkeit ist ihm angeboren. Seine Haut selbst zu Markte tragen, etwas auf seine eigene Gefahr versuchen. Er steckt in keiner guten Haut, hat keinen gesunden Körper. Ich möchte nicht in seiner Haut stecken, möchte nicht an seiner Stelle seyn. Aus fremder Haut ist gut Kiemen schneiden, mit anderer Vermögen kann man leicht freygebig seyn. Wohin auch folgende niedrige Stelle aus dem Opitz gehöret: Ist schon der Geist entflogen, Und aus der Haut gezogen. Eine gute ehrliche Haut, im gemeinen Leben, eine gute, ehrliche Person, ohne besondere Gemüthsgaben; Franz. un bon Diable. Er ist immer eine gute Haut gewesen, Less.

Anm. Bey dem Ottfried Hut, bey dem Notker Hiute, für Leder, im Nieders. Huud, im Angels. Hyd, im Engl. Hide, im Holländ. Huid, im Schwed. Hud, im Lettischen Uda, im Lat. Cutis. Es wird gemeiniglich, und zwar mit vieler Wahrscheinlichkeit, von dem Zeitworte hüthen, bedecken, Angels. hy- dan, Engl. to hide, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , hergeleitet, so daß es ursprünglich eine jede Decke bedeutet haben kann; welcher Begriff auch in dem Worte Fell zum Grunde lieget. Im Nieders. bedeutet daher behüen auch mit Kleidungsstücken bedecken. Das Nieders. Schuut, Fell, Haut, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ist nur durch den vorgesetzten Zischlaut davon unterschieden, so wie in dem Lat. Scutum, ein Schild, noch die erste Bedeutung des Schutzes, der Bedeckung, übrig geblieben ist.


Häuteln (W3) [Adelung]


Häuteln, verb. reg. act. welches das Diminutivum des folgenden ist, und am häufigsten in den Küchen gebraucht wird. Einen Hasen häuteln, nach abgestreiftem Balge die zarten auf dem Fleische befindlichen Häute abziehen. Daher die Häutelung. S. das folgende.


Häuten (W3) [Adelung]


Häuten, verb. reg. act. der Haut berauben, die Haut abziehen, doch nur in einigen einzelnen Fällen. Einen Hasen häuten, wofür an andern Orten häuteln üblicher ist; siehe das vorige. Sich häuten, die vorige Haut ablegen, wie bey den Schlangen und verschiedenen Insecten zu geschehen pfleget. S. Mausen.


Hautform (W3) [Adelung]


Die Hautform, plur. die -en, bey den Goldschlägern, ein Buch von sechs hundert aus zarten Häuten bestehenden Blättern, worin das Gold geschlagen wird.


Häutig (W3) [Adelung]


Häutig, -er, -ste, adj. et adv. Haut habend. Häutiges Fleisch, worin sich viele Häute befinden. Am häufigsten in den Zusammensetzungen dickhäutig, vielhäutig, dünnhäutig, harthäutig u. s. f.


Hautwurm (W3) [Adelung]


Der Hautwurm, des -es, plur. die -würmer, bey einigen eine Benennung des Fadenwurmes, Gordius Medinensis. L. weil er das Vordertheil seines Leibes zuweilen aus der Haut heraus stecket. S. Fadenwurm.


Hauzahn (W3) [Adelung]


Der Hauzahn, des -es, plur. die -zähne, die großen hervor stehenden Zähne der Schweine, womit sie im sich hauen, und welche auch Hauer genannt werden.


Haverey (W3) [Adelung]


Haverey, S. Haferey.


Hay (W3) [Adelung]


1. Der Hay, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, ein gehägter Wald, ein Hag, aus welchem Worte es auch entstanden ist; im mittlern Lat. Haya, in einigen Gegenden auch Heu. S. Hag und Hain.


Hay (W3) [Adelung]


2. Der Hay, des -en, plur. die -en, oder der Hayfisch, des -es, plur. die -e, ein großer Seefisch mit fünf Luftlöchern an den Seiten, welcher daher auch durch die Lunge Athem hohlet, und lebendige Junge gebieret; Squalus L. Besonders diejenige Art, welche wegen der Ähnlichkeit ihres Kopfes auch Seehund und Seewolf, ingleichen Hundskopf genannt wird; Canis Carcharias L. Der Nahme Hay ist im Dänischen, Schwedischen und Isländischen am üblichsten, in welchen Sprachen auch dessen Ursprung ausgesucht werden muß.


Hayn (W3) [Adelung]


Der Hayn, S. Hain.


Hebamme (W3) [Adelung]


Die Hebamme, plur. die -n, eine Person weiblichen Geschlechtes, welche ein Geschäft daraus macht, Kinder zu heben, d. i. gebärenden Weibern in der Geburt Hülfe zu leisten; eine Wehmutter, Wehfrau, Kindermutter, Bademutter, weise Frau, Nieders. Bademome, Bademoder, wyse Moor, in Preußen die Alte, in Meißen die Pimpelmutter, im Dithmars. Förfro. In einem alten 1501 zu Rom gedruckten Deutschen Italienischen Vocabul. kommt dafür das sonst ungewöhnliche Heckamme vor.


Hebarm (W3) [Adelung]


Der Hebarm, des -es, plur. die -e, in der Mechanik, dasjenige Holz an der Welle eines Rades, welches einen Stämpel, Hammer u. s. f. aufheben muß, und an einigen Orten auch die Hebetatze, Hebelatte, der Hebekopf, Hebedaumen, Hebezapfen, Hebel oder Heber, und im Bergbaue der Halbig genannt wird. In dem Hüttenbaue führet auch eine Stange mit zwey Ringen, womit die Seigerstücke aus der Frischpfanne gehoben werden, den Nahmen des Hebarmes. Siehe Hebel und Heber.


Hebarzt (W3) [Adelung]


Der Hebarzt, des -es, plur. die -ärzte, ein Arzt, welcher bey gebärenden Weibern die Stelle einer Hebamme vertritt; der Geburtshelfer, Franz. Accoucheur.


Hebe (W3) [Adelung]


Die Hebe, plur. die -n, von dem Zeitworte heben, was gehoben wird, doch nur in einigen einzelnen Fällen. In der Deutschen Bibel ist die Hebe oder das Hebopfer bey dem Gottesdienste der ehemahligen Juden, ein jedes Opfer oder Gott gewidmetes Geschenk, welches mit empor heben dargebracht wurde; besonders die auf solche Art dargebrachten Erstlinge von den Früchten. S. Heben und Hebeschulter. In weiterer Bedeutung wird in manchen Gegenden eine jede Abgabe Hebe genannt, wofür an andern Orten das Wort Hebung üblich ist. Blüh, theurer Schafgotsch! blüh' und lebe! Kein Fall ersteigt dein Grafenhaus! Das Glücke zollt dir Zins und Hebe, Dein Stammbaum schlage täglich aus, Günth. Daher in der Landwirthschaft einiger Gegenden, z. B. in der Lausitz, der Drescherlohn, so fern er in einem bestimmten Theile des ausgedroschenen Getreides bestehet, die Drescherhebe genannt wird. S. Hebekorn.


Hebebalken (W3) [Adelung]


Der Hebebalken, des -s, plur. ut nom. sing. ein jeder Balken, welcher etwas hebet, oder aufhebet. Besonders an den Zugbrücken, die zwey beweglichen Balken, von deren Enden Ketten bis zur Brücke gehen, dieselbe damit aufzuziehen.


Hebebaum (W3) [Adelung]


Der Hebebaum, des -es, plur. die -bäume. 1) Ein Baum, d. i. starke hölzerne Stange, eine Last damit in die Höhe zu heben, besonders so fern er im gemeinen Leben mit der bloßen Hand gebraucht und regieret wird; in Franken ein Tremel oder Hebetremel, an andern Orten eine Handkluppe, ein Handklotz, ein Wuchtbaum, Nieders. Bärboom, Handspeke. S. Hebel und Heber. 2) Bey den Zimmerleuten, ein ausgeputzter junger Tannenbaum, welcher bey dem Heben eines Gebäudes auf den Gipfel gesetzt wird. S. Heben, 2. 1).


Hebedaumen (W3) [Adelung]


Der Hebedaumen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Hebarm.


Hebeisen (W3) [Adelung]


Das Hebeisen, des -s, plur. ut nom. sing. eine eiserne Stange, Lasten damit zu heben, und welche, so fern sie zunächst zum Auf- oder Ausbrechen bestimmt ist, auch ein Brecheisen genannt wird. Bey den Wundärzten ist das Hebeisen oder der Heber, Elevatorium, ein stählernes Werkzeug, ein Stück einer zerbrochenen Hirnschale wieder in die gehörige Lage zu heben.


Hebegabel (W3) [Adelung]


Die Hebegabel, plur. die -n, in Jagdwesen, eine eiserne Gabel, an einem hölzernen langen Stiele, die Tücher und Garne damit auf die Forkel- und Stellstangen zu heben.


Hebegerüst (W3) [Adelung]


Das Hebegerüst, des -es, plur. die -e, ein jedes Gerüst, so fern es bestimmt ist, Lasten zu heben. Der Krahn, die Winde u. s. f. sind solche Hebegerüsten.


Hebekopf (W3) [Adelung]


Der Hebekopf, des -es, plur. die -köpfe, S. Hebarm.


Hebekorb (W3) [Adelung]


Der Hebekorb, des -es, plur. die -körbe, eine Art größerer Körbe, welche an beyden Enden vermittelst daran befindlicher Handhaben gehoben und getragen werden; zum Unterschiede von einem Handkorbe und Tragekorbe.


Hebekorn (W3) [Adelung]


Das Hebekorn, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, z. B. der Mark Brandenburg, dasjenige Korn oder Getreide, welches als ein Pacht, Zins, oder andere Abgaben gegeben wird. Den Bauern seine Äcker um Hebekorn austhun, S. Hebe.


Hebekrahn (W3) [Adelung]


Der Hebekrahn, des -es, plur. die -e, S. Krahn.


Hebel (W3) [Adelung]


Der Hebel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug, einen andern Körper damit zu heben, oder aufzuheben. So ist in der Mechanik der Hebel eine gerade steife Linie, welche in einem Puncte, um welchen sie beweglich ist, auflieget, und an deren einem Ende die Last, an dem andern aber die Kraft angebracht wird; Vectis, Franz. Levier, im mittlern Lat. Levarius. Im gemeinen Leben wird ein solches einfaches Werkzeug gemeiniglich der Hebebaum oder das Hebeisen genannt. In zusammen gesetzten Kunstzeugen hat man so wohl Tragehebel, welche die Last eigentlich heben, als auch Druckhebel, welche sie niederdrücken; welche letztern nur figürlich den Nahmen der Hebel führen. In einigen Gegenden wird auch der Sauerteig der Hebel genannt, Franz. Levain, weil er den Teig hebet, oder zum Gähren bringet, S. Hefen; daher hebeln auch für säuern; einsäuern vorkommt. Das -el in diesem Worte zeiget ein Werkzeug an. S. Heber.


Hebelade (W3) [Adelung]


Die Hebelade, plur. die -n, ein mechanisches Werkzeug, in Gestalt einer Lade oder eines länglichen Kastens, schwere Bäume mit Vortheil auf den Wagen zu heben; die Baumhebe, der Holzheber.


Hebelatte (W3) [Adelung]


Die Hebelatte, plur. die -n, S. Hebarm.


Hebeleiter (W3) [Adelung]


Die Hebeleiter, plur. die -n, ein Nahme, welchen in einigen Orten die Fuhrmannswinde führet, weil sie einer kurzen Leiter nicht unähnlich ist.


Hebemahl (W3) [Adelung]


Das Hebemahl, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, ein Gastmahl, welches den Zimmerleuten bey Hebung, d. i. Richtung eines Gebäudes gegeben wird, und an andern Orten das Richtmahl, der Richtschmaus heißt.


Heben (W3) [Adelung]


Heben, verb. reg. act. Imperf. ich hob, (Oberd. hub und hebte;) Conjunct. ich höbe, auch wohl noch hübe; Mittelw. gehoben, (Oberd. gehaben und gehebt;) in die Höhe bewegen, von der Oberfläche der Erde entfernen. 1. Eigentlich. Die Last ist so schwer, ich kann sie nicht heben. Wer den Stein nicht heben kann, der muß ihn fortwälzen. Der Wind hebt den Staub; wenn er ihn aufwärts treibet. Die Wage hebt tausend Pfund. Die Hand gen Himmel, die Augen in die Höhe, das Haupt empor heben. Mein Herz hebt sich mühsam unter einer drückenden Last, Sonnenf. Schmachtende Seufzer hoben die schwellende Brust. Jemanden auf den Tisch, auf das Pferd heben. Jemanden vom Pferde, aus dem Wagen, aus dem Bette heben. Jemanden in den Himmel heben, figürlich, ihm außerordentliche Lobeserhebungen beylegen, S. Erheben. 2. Figürlich. 1) Von verschiedenen Handlungen, welche mit einem eigentlichen Heben oder Aufheben verbunden sind. Einen Schatz heben, ihn ausgraben. So auch, einen Stein heben. Einen Graben heben, d. i. reinigen, ausschlämmen, von neuen ausgraben. Ein Kind aus der Taufe heben, dessen Pathe seyn; im mittlern Lat. Levare de sacro fonte. Bey den Jägern hebt der Wolf oder Fuchs die Lockspeise, wenn er sie frißt. Jemanden aus dem Sattel heben, eigentlich, ihn mit der Lanze vom Pferde stoßen, eine von den ehemahligen Turnieren entlehnte R. A. figürlich, jemanden überlegen seyn, ihn aus dem Besitze eines Gutes oder Vortheiles treiben. Ein Haus heben, in verschiedenen Hoch- und Oberdeutschen Gegenden, das Zimmerwerk aufsetzen und zusammen fügen; im Nieders. richten, S. Hebemahl. 2) * Zur Hebe bringen, d. i. mit Aufhebung darbringen, besonders Gott zum Opfer bringen; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, welche noch in der Deutschen Bibel vorkommt. Desselben Speisopfer heben zum Gedächtniß, 3 Mos. 2, 9. Alles Fett des Sündopfers soll er heben, Kap. 4, 8, 19. Alles Gottes Hebe, das sie dem Herrn huben, 4 Mos. 31, 52. S. Hebe. 3) Einnehmen, in Empfang nehmen, von Einkünften, Abgaben und Geldsummen. Geschoß und Steuern heben. S. Hebung. Im mittlern Lat. levare, elevare, Franz. lever. Geld oder Gelder heben, zu sich nehmen, in Empfang nehmen. Das Geld ist schon von einem andern gehoben, d. i. in Empfang genommen worden. Daher die noch bey den Handwerkern übliche R. A. mit einem Handwerke heben und legen, dessen sämmtliche Gebräuche beobachten, sich gewisser Maßen zu demselben bekennen; eigentlich, gemeinschaftlich einnehmen und ausgeben, seinen Beytrag an Gelde mit demselben geben, und solchen auch gemeinschaftlich mit demselben genießen. Im mittlern Lat. wurden die Eingebornen Unterthanen eines Herren Levantes et cubantes, Franz. Levans et couchans, genannt, zum Unterschiede von den Albanis oder Fremden. 4) * Aufstehen und sich weg begeben, als ein Reciprocum; ein im Hochdeutschen veralteter Gebrauch. Hebet euch aus dieser Gemeine, 4 Mos. 16, 45. Nun hebe dich an deinen Ort, Kap. 24, 11. Hebe dich entweder zur Rechten oder zur Linken, 2 Sam. 2, 21. Hebe dich weg von mir, Satan! Matth. 4, 10. 5) * Entstehen, als ein Reciprocum; eine im Hochdeutschen gleichfalls veraltete Bedeutung, wofür sich erheben üblicher ist. Daselbst hub sich ein groß Freudengeschrey, Ezech. 23, 42. Und hub sich ein groß Ungewitter auf dem Meere, Ion. 1, 4. 6) Wegschaffen, aufhören machen, endigen; nur in einigen Fällen. Einen Streit heben, endigen. Eine Krankheit, einen Anstoß heben, wegschaffen. Eines Furcht, eines Kummer heben. Einen Zweifel heben, auflösen. Einen Einwurf heben, zeigen, daß er ungegründet sey. Keine Irrthümer sind schwerer zu heben, als die ihren Schutz in dem natürlichen Charakter unsers Geistes finden, Gell. Das Lat. levare und elevare, das Franz. lever und Schwed. haefwa werden auf ähnliche Art gebraucht. 7) Hervor stechend machen, machen daß eine Sache deutlicher, merklicher in die Sinne falle oder lebhafter empfunden werde. Durch starke Schatten um die Figuren, werden diese gehoben. Der Mahler hebt einen Gegenstand, wenn er einige Pinselstöße mit hellen oder glänzenden Farben darauf thut. Plötzlich hob das feinste Roth die Weiße ihrer Haut. Sie hatte keine Schminke gesparet, ihre Gesichtsfarbe zu heben. 8) Ehre, Ansehen, Vermögen ertheilen. Jemanden heben. Sich heben, zu Ansehen, Gewalt oder Vermögen gelangen. S. auch Erheben. Daher die Hebung, S. solches hernach besonders.

Anm. Die Oberdeutsche Form, Imperf. hub, Mittelw. gehaben und gehebt, kommt noch in der Deutschen Bibel vor. Das Land darüber ich meine Hand gehaben, 2 Mos. 6, 8, wofür 4 Mos. 14, 30 gehebt stehet. S. Erhaben. Dieses alte Zeitwort lautet bey dem Ulphilas hafjan, bey dem Kero heffan, bey dem Ottfried heffen, und im Imperf. huob, bey dem Übersetzer Isidors hepfan, ( S. Hüpfen,) bey dem Winsbeck haben, im Angels. heavian, im Nieders. heven, im Engl. to heave, im Dän. häve, im Schwed. haefwa, im Wend. hibam und gibam. Es stammet von dem alten ha, hoch, her, von welchem mit veränderten Ableitungslauten auch Haupt, Hübel, Hügel, Giebel, Hefen, Hüpfen und hundert andere herkommen. Das Nieders. Heven, der Himmel, Angels. Heofenan, Engl. Heaven, bestätiget diese Ableitung, so wie das Nieders. hevig, bey dem Ottfried hevig, groß, und figürlich auch schwer, wichtig, S. Heftig und Erheblich. Im Oberdeutschen bedeutet heben nicht nur haben, besitzen, sondern auch halten; von welchen im Hochdeutschen ganz ungewöhnlichen Bedeutungen Frisch sehr weitläuftig handelt. Übrigens ist für heben im Nieders. auch hissen, (Franz. hausser,) tillen, (Lat. tollere, delere, S. Tilgen,) ingleichen lüften und lichten, (Frequentativa von levare,) üblich.


Hebenagel (W3) [Adelung]


Der Hebenagel, des -s, plur. die -nägel, in den Schlaguhren, kleine Stifte auf der rechten Seite des Heberades, welche den Hammer heben, wenn die Uhr schlagen soll, und auch Schlagenägel genannt werden.


Heber (W3) [Adelung]


Der Heber, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Person, welche hebet; in welcher Bedeutung es nur in den Zusammensetzungen Anheber und Urheber üblich ist. 2) Ein Werkzeug, womit man etwas aufhebet. Dahin gehöret der Heber der Wundärzte, Elevatorium, die zerbrochene Hirnschale wieder in ihre gehörige Lage zu heben, S. Hebeisen. Noch häufiger bezeichnet dieses Wort eine Röhre, mit welcher ein flüssiger Körper, vermittelst des Druckes der Luft, gehoben oder in die Höhe getrieben wird; Sipho. Bier oder Wein vermittelst eines Hebers aus dem Fasse ziehen. Der Würtembergische Heber hat zwey gleiche Schenkel, welche unten etwas krumm gebogen sind. Ein Bürger zu Stuttgard, Johann Jordan, soll ihn erfunden, und das Wasser damit 45 Fuß hoch gehoben haben. S. auch Stechheber. In den Pochwerken werden auch die Hebarme Heber genannt. In andern Fällen ist Hebel üblicher, ob es gleich mit diesem ein und eben dasselbe Wort ist. Im Dän. Hävert, im Böhm. Hewer, im Pohl. Hewar.


Heberad (W3) [Adelung]


Das Heberad, des -es, plur. die -räder, S. Hebenagel.


Hebeschmaus (W3) [Adelung]


Der Hebeschmaus, des -es, plur. die -schmäuse, in Obersachsen, ein Schmaus, welchen der Bauherr den Mäurern und Zimmerleuten gibt, wenn das Haus gehoben wird; in Nieders. das Richtebier, S. Hebemahl.


Hebeschulter (W3) [Adelung]


Die Hebeschulter, plur. die -n, in der Deutschen Bibel, die Schulter von einer Hebe, d. i. einem zum Opfer geschlachteten Thiere. S. Hebe und Heben.


Hebespiegel (W3) [Adelung]


Der Hebespiegel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Geschützkunst, eine hölzerne Scheibe, welche auf den Pfropfen oder Kammerspiegel eines Mörsers oder Kammerstückes gesetzt wird, damit die Granaten und andere Kugeln sein gleich aufliegen und verdämmet werden können.


Hebetatze (W3) [Adelung]


Die Hebetatze, plur. die -n, S. Hebarm.


Hebetuch (W3) [Adelung]


Das Hebetuch, des -es, plur. die -tücher, in dem Jagdwesen, ein Tuch, welches man auf- und niederlassen kann, um dem Wilde nach Belieben einen freyen Ausgang zu verschaffen; das Schnapptuch, die Schnappe, das Falltuch.


Hebewinde (W3) [Adelung]


Die Hebewinde, plur. die -n, ein Nahme, welchen in einigen Gegenden auch die Fuhrmannswinde oder Wagenwinde führet; S. Hebeleiter.


Hebezange (W3) [Adelung]


Die Hebezange, plur. die -n, in den Hammerwerken, eine Zange, die Gänse in das Feuer, und wieder unter den Hammer zu heben.


Hebezeug (W3) [Adelung]


Das Hebezeug, des -es, plur. die -e, ein jedes, so wohl einfaches als zusammen gesetztes Werkzeug, eine Last damit in die Höhe zu heben. In engerer Bedeutung führet in dem Bergbaue die Winde, womit die Kunsträder aufgehoben werden, diesen Nahmen.


Hebopfer (W3) [Adelung]


Das Hebopfer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Hebe.


Hebung (W3) [Adelung]


Die Hebung, plur. die -en, von dem Zeitworte heben. 1) Die Handlung des Hebens, in allen Bedeutungen des Zeitwortes; ohne Plural. 2) Was gehoben, d. i. eingenommen wird, in welchem Verstande in einigen Gegenden nicht nur alle Arten von Einkünften, sie bestehen in Geld oder Waaren, sondern auch die Abgaben diesen Nahmen führen. Stehende Hebungen eines Gutes, in der Mark Brandenburg, gewisse Einkünfte von demselben. Eine Hebung ausschreiben, eine Steuer, Abgabe. Levata, Levatio und Levatura kommen im mittlern Lat. in eben diesem Verstande vor. S. auch Hebe. 3) Ein erhobener oder erhabener Ort. In diesem Verstande werden die Erhebungen an dem Hinter- und Vordertheile der Fahrzeuge auf Flüssen in einigen Gegenden Hebungen genannt.


Hechse (W3) [Adelung]


Die Hechse, der Kniebug, S. Häkse.


Hecht (W3) [Adelung]


Der Hecht, des -es, plur. die -e, Diminut. das Hechtchen, Oberd. Hechtlein, ein sehr gefräßiger Raubfisch in süßen Wassern, mit einem langen, oben flachen Kopfe und scharfen Zähnen; Esox Lucius L. Frischer oder grüner Hecht, im Gegensatze des eingesalzenen. S. Grashecht, Schüsselhecht, Merzhecht u. s. f.

Anm. In dem Monseeischen Glossen Haecid, im Nieders. Heked, im Angels. Hacod, im Engl. Hakot, im mittlern Lat. Hakedus. Entweder von dem noch im Nieders. üblichen hechten, fangen, ingleichen heften, von welchem Worte der Mause- oder Taubengeyer in einigen Gegenden auch der Taubenhacht, und der Sperber der Stoßhächtel genannt wird; oder auch von seinen scharfen Haken oder Zähnen. Um dieses letztern Umstandes willen wird er im Schwed. Gädda, und im Dän. Giedde genannt, welches Ihre von Gadd, ein Stachel, herleitet, ungeachtet es auch von dem alten Giet, Begierde, ( S. Geitz,) abstammen kann, die große Gefräßigkeit dieses Fisches auszudrucken. In einem alten, zu Ende des 15 ten Jahrh. zu Augsburg gedruckten Vocabulario, heißt er Snouch, welches mit dem Holländ. Nahmen Snoek von snoijen, schneiden, hauen, abstammet. Die Franz. Benennungen Brochet und Becquet beziehen sich so, wie die Engl. Pike, gleichfalls auf seine scharfen Zähne.


Hechtapfel (W3) [Adelung]


Der Hechtapfel, des -s, plur. die -äpfel, eine Art großer, gelber, roth gestreifter Äpfel.


Hechtgrau (W3) [Adelung]


Hechtgrau, adj. et adv. der grauen Farbe, welche der Hecht an den Seiten hat, gleich oder ähnlich. S. Hechtschimmel.


Hechtkiefer (W3) [Adelung]


Der Hechtkiefer, des -s, plur. die -n, die mit Zähnen besetzten Kiefern oder Kinnbacken eines Hechtes; Nieders. Hechtkeven.


Hechtkraut (W3) [Adelung]


Das Hechtkraut, des -es, plur. inus., verschieden Arten des Samenkrautes, Potamogeton L. ingleichen des Federballes, Myriophyllum L. welche in den Flüssen und Mühlgräben häufig wachsen; weil die Fische, und besonders die Hechte darauf zu leichen pflegen.


Hechtreißer (W3) [Adelung]


Der Hechtreißer, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Städten der Mark Brandenburg, z. B. zu Writzen und Freyenwalde, eine eigene Zunft solcher Leute, welche die Hechte, die daselbst sehr häufig gefangen werden, einsalzen und verschicken.


Hechtsatz (W3) [Adelung]


Der Hechtsatz, des -es, plur. inus. ein Collectivum, junge Hechte zu bezeichnen, bis sie drey Jahre alt sind. S. Satz.


Hechtschimmel (W3) [Adelung]


Der Hechtschimmel, des -s, plur. ut nom. sing. ein hechtgrauer Schimmel, oder weißes Pferd.


Hechtteich (W3) [Adelung]


Der Hechtteich, des -es, plur. die -e, ein Teich, in welchem vornehmlich Hechte gehalten und gehäget werden.


Heck (W3) [Adelung]


Das Heck, des -es, plur. die -e, ein vornehmlich in Niedersachsen übliches Wort, eine Befriedigung von Latten, ein Stacket, und die darin befindliche Thür, eine Gartenthür, auch wenn sie die Gestalt eines Schlagbaumes hat, zu bezeichnen; in einigen Gegenden auch die Hecke. Es gehöret mit dem folgenden Hecke zu dem Worte Hag, welches unter andern auch eine jede Befriedigung oder Einfriedigung bedeutete. S. dasselbe, ingleichen Hägen.


Heckapfel (W3) [Adelung]


Der Heckapfel, S. Heckenapfel.


Heckbalken (W3) [Adelung]


Der Heckbalken, des -s, plur. ut nom. sing. im Schiffbaue, der obere letzte Balken im Hintertheile der Schiffe, welcher über das ganze Schiff reicht, in der Mitte auf den Hintersteven und mit den Enden auf den Randhölzern ruhet; Franz. Lisse d'hourdi. Die erste Hälfte des Wortes stammet vermuthlich von dem Nieders. hechten, Schwed. haekta, heften, verbinden, her, weil dieser Balken wirklich die beyden Borde des Schiffes mit einander verbindet.


Heckdrüse (W3) [Adelung]


Die Heckdrüse, plur. die -n, in einigen Gegenden, eine Benennung des fehlerhaften Kropfes an den Menschen, wo dieses Wort an manchen Orten auch Hagedrüse und im Osnabrück. Hagedrull lautet. Es stammet vermuthlich von hecken, sich fortpflanzen, her, weil ein solcher Auswuchs schwer zu vertilgen ist. In einer andern Bedeutung des Wortes hecken, kommt es in dem 1500 gedruckten Liber Pestilent. von den Hoden oder Testiculis vor, wo es heißt: an beiden beynen oben by dem gleich (Gelenk) do gewönlichen die Hagdrüsen wachsent, genant Evinctorium; in welchem Verstande es in den Monseeischen Glossen schon Hegadruosi lautet.


Hecke (W3) [Adelung]


1. Die Hecke, plur. die -n, von dem Zeitworte hecken, sich fortpflanzen. 1) Die Fortpflanzung seines Geschlechtes, Ausbrütung der Jungen; doch nur von den Vögeln, und ohne Plural. 2) Die Zeit, wenn die Vögel zu brüten pflegen, die Heckzeit; am häufigsten auch ohne Plural. 3) Der Ort, wo man kleinere Vögel zur Fortpflanzung unterhält. Eine Canarien-Hecke, Vogelhecke u. s. f. 4) Ein Nest voll Vögel, so viel junge Vögel einer Art, als auf Ein Mahl ausgebrütet werden; in welchem Verstande auch die Wörter Geheck, Flug und Zug üblich sind. S. 3. Hecken.


Hecke (W3) [Adelung]


2. Die Hecke, plur. die -n. 1) * Ein Strauch, ein Busch, besonders ein mit Dornen oder Stacheln versehenes strauchartiges Gewächs. Ich will euer Fleisch mit Dornen aus der Wüsten, und mit Hecken zerdreschen, Richt. 8, 7, 16. In alle Hecken und in alle Büsche, Es. 7, 19. Der beste unter ihnen ist wie ein Dorn, und der Redlichste wir eine Hecke, Mich. 7, 4. In welcher Bedeutung es doch im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. 2) Eine Sammlung mehrerer solcher stachligen Sträuche, besonders ein aus solchem Buschwerk bestehender lebendiger Zaun, und in weiterer Bedeutung, ein jeder lebendiger Zaun; besonders in den Gärten eine von Bäumen oder Gesträuche gezogene Wand. Eine Hecke von Hagebuchen, Rosen, Kirschen u. s. f. Eine wilde Hecke zur Befriedigung eines Stückes Feld u. s. f. wird in Niedersachsen auch ein Knick, im Schleßwigischen ein Paatwerk, und in Obersachsen ein Gehägezaun, ein lebendiger Zaun genannt. 3) In einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden führet so wohl eine jede Einfriedigung von Stangen, Pfahlwerk u. s. f. als auch die darin befindliche Thür den Nahmen der Hecke, wo doch das Heck üblicher ist, S. dieses Wort. Daher rühret vermuthlich auch die Hochdeutsche R. A. bey der Hecke seyn, bey der Hand seyn, gleich zu etwas bereit, willig seyn; eigentlich gleich an der Thür seyn.

Anm. Im Dän. Hekke, im Angels. Hegge, im Engl. Hedge, im Franz. Haye, im Nieders. Hagen. S. Hag, welches in allen diesen Bedeutungen gleichfalls vorkommt. In den Zusammensetzungen Heckherberge, Heckmünze, Heckjäger u. s. f. wo dieses Wort etwas Verbothenes bedeutet, welches heimlich geschiehet, scheinet es aus Ecke gebildet zu seyn, weil in den meisten dieser Fälle auch Winkel - üblich ist. Indessen lässet sich auch die Ableitung von Hecke vertheidigen.


Hecken (W3) [Adelung]


1. * Hecken, verb. reg. act. welches in einigen Gegenden für hacken, Nieders. hicken, mit dem Schnabel beißen, ingleichen für beißen, stechen überhaupt üblich ist. Und heckt ihn stets Der Reue Angel, Hans Sachs. In welcher Bedeutung es von hacken nur der Mundart nach verschieden ist.


Hecken (W3) [Adelung]


2. Hecken, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben zu sich nimmt, und in einigen Gegenden für hocken üblich ist. Auf einander hecken, sitzen, d. i. sehr nahe um und neben einander seyn, von lebendigen Geschöpfen. S. Hocken.


Hecken (W3) [Adelung]


3. Hecken, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, sich fortpflanzen, seines Gleichen erzeugen; wo es aber nicht ohne Einschränkung gebraucht werden kann. Man sagt es, 1) von Vögeln, besonders von kleinern Arten derselben und solchen, welche sich zu diesem Geschäfte paarweise versammeln, wo es denn das Begatten, Nisten und Ausbrüten mit unter sich begreift. So sagt man von den Tauben, Schwalben, Lerchen u. s. f. daß sie Junge hecken. Keine Taube heckt einen Sperber. Von größern Arten, wohin Gänse, Änten, und Hühner u. s. f. gehören, ist brüten und ausbrüten üblicher, welches Wort über dieß nur das Sitzen über den Eyern ausdrückt, folglich von eingeschränkterer Bedeutung ist. 2) Von einigen kleinern vierfüßigen Thieren. Der Igel wird auch daselbst nisten und legen, brüten und aushecken, Es. 34, 15. Am häufigsten von den Kaninchen. Da die Deutschen Musen jetzt wie die Kaninchen hecken,

Anm. über den Anakr. 3) In noch weiterer Bedeutung wird es, obgleich nur im Scherze oder aus Verachtung, von Personen weiblichen Geschlechtes gebraucht, S. Heckmutter. 4) Im weitesten, vielleicht figürlichen Verstande, ist es im Oberdeutschen für hervor bringen überhaupt üblich. Ein Krieg heckt den andern. Zähne hecken, d. i. bekommen. S. auch Aushecken, Heckgroschen, Heckpfennig. Das Hauptwort die Heckung ist nicht gebräuchlich, siehe 1. Hecke.

Anm. Frisch leitet es von Hecke, ein Zaun, Gebüsch, her, andere von dem Angels. Aeg, ein Ey. Allein, da es scheinet, daß es ehedem überhaupt hervor bringen, zeugen bedeutet habe, so muß es wohl von einem andern Stamme herkommen, der dessen Bedeutung nicht so sehr einschränket. S. Heckdrüse.


Heckenapfel (W3) [Adelung]


Der Heckenapfel, des -s, plur. die -äpfel, ein Apfel und der Baum, welcher ihn trägt, weil derselbe viele Nebenschüsse und einen schlechten Stamm treibet; daher er besser in Gestalt eines Strauches und in Hecken, als in Gestalt eines Baumes fortkommt; Pyrus Malus frutescens L. Staudenapfel, Johannis-Apfel, Zwergapfel, Nieders. Katling.


Heckenbaum (W3) [Adelung]


Der Heckenbaum, des -es, plur. die -bäume, ein jeder Baum oder baumartiges Gewächs, welches sich in Hecken ziehen lässet, dergleichen die Hagebüchen, Kirschen u. s. f. sind. In engerer Bedeutung ist der Hartriegel um eben dieser Ursache willen unter diesem Nahmen bekannt, S. dieses Wort.


Heckenbinder (W3) [Adelung]


Der Heckenbinder, des -s, pur. ut nom. sing. in der Landwirthschaft, ein Arbeiter, welcher die Hecken, d. i. Dornenbüsche, woraus man an manchen Orten eine Art eines Hages oder Zaunes verfertiget, bindet und zubereitet.


Heckenkäfer (W3) [Adelung]


Der Heckenkäfer, S. Maykäfer.


Heckenkirsche (W3) [Adelung]


Die Heckenkirsche, plur. die -n. 1) An einigen Orten, der Nahme eines Strauches, welcher in den Hecken und Zäunen des kältern Europa wächset, und auch Zaunkirsche, Beinholz, Ahlkirsche, Läusebaum, Zweckholz, Röhrholz, Schießbeere u. s. f. genannt wird; Lonicera Xylosteum L. 2) Auch eine Art Gartenkirschen, welche in Italien wild wachsen, in Deutschland aber in Hecken gezogen werden, und kleine, unschmackhafte, rothe Kirschen tragen, deren alle Mahl zwey an einem Stiele beysammen stehen.


Heckensamen (W3) [Adelung]


Der Heckensamen, des -s, plur. inus. ein Stechginster, oder stachelige Geniste, mit rauchen spitzigen Blättern, welche in England, Frankreich und Brabant häufig in Hecken gezogen wird; Ulex Europaeus L.


Heckenschnarre (W3) [Adelung]


Die Heckenschnarre, plur. die -n, an einigen Orten, ein Nahme des Wachtelköniges, weil er sich gerne in Hecken und Büschen aufhält. Er wird auch Heckschnarre genannt. Siehe Wachtelkönig.


Heckenvogel (W3) [Adelung]


Der Heckenvogel, des -s, plur. die -vögel, ein Nahme des Dorndrehers, oder der blauen Grasmücke, Motacilla dumetorum L. welche sich gern in Hecken aufhält, und auch Heckenspringer, Heckenwenzel, Heckenschmätzer, von der schmatzenden Stimme, und Heckenwitwe genannt wird.


Heckenwicke (W3) [Adelung]


Die Heckenwicke, plur. die -n, eine Art wilder Wicken, welche in Thüringen und Frankreich in den Hecken und Zäunen wild wächset; Vicia dumetorum L.


Heckerling (W3) [Adelung]


Der Heckerling, S. Häckerling.


Heckfeuer (W3) [Adelung]


Das Heckfeuer, des -s, plur. ut nom. sing. bey der Infanterie, diejenige Art des Feuers, oder des Feuerns, wenn die Soldaten einzeln aus ihren Gliedern heraus springen, Feuer geben, und alsdann wieder in das Glied treten und laden, da indessen andere auf eben dieselbe Art feuern.


Heckgroschen (W3) [Adelung]


Der Heckgroschen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) In der Naturlehre des großen Haufens, ein übernatürlicher Groschen, von welchem man glaubet, daß er mehrere Groschen hecke, oder hervor bringe. S. Heckthaler. 2) Im gemeinen Leben auch ein falscher, nachgemachter Groschen, ein Beyschlag. S. 2. Hecke,

Anm. und Heckpfennig.


Heckherberge (W3) [Adelung]


Die Heckherberge, plur. die -n, ein verdächtiges Wirthshaus an einem ungewöhnlichen Orte, ingleichen eine verbothene unerlaubte Herberge; eine Winkelherberge. S. 2. Hecke, Anm.


Heckholz (W3) [Adelung]


Das Heckholz, oder vielmehr Heckenholz, des -es, plur. inus. S. Hartriegel.


Heckjagen (W3) [Adelung]


Das Heckjagen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Das Jagen an unerlaubten Örtern, oder zu verbothenen Zeiten; S. 2. Hecke,

Anm. 2) In einem andern Verstande ist im Jagdwesen ein Heckjagen, ein Treibejagen, welches durch Vorhölzer und Hecken angestellet wird, das daselbst befindliche Wild gleichfalls herbey zu treiben; das verlorne Treiben.


Heckjäger (W3) [Adelung]


Der Heckjäger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Mensch, welcher verstohlener unerlaubter Weise auf die Jagd gehet; ein Winkeljäger. S. 2. Hecke, Anm.


Heckicht (W3) [Adelung]


Heckicht, adj. et adv. Hecken ähnlich. Heckig, adj. et adv. mit Hecken, d. i. stacheligem Buschwerke bewachsen. Ein heckigter (heckiger) und wüster Ort, Opitz.


Hecklauge (W3) [Adelung]


Die Hecklauge, S. Mutterlauge.


Heckmünze (W3) [Adelung]


Die Heckmünze, pur. die -n, eine falsche, nachgemachte Münze; ingleichen ein Ort, oder eine Werkstätte, wo falsche, verbothene, untaugliche Münzen gepräget werden, eine Winkelmünze. S. 2. Hecke, Anm.


Heckmutter (W3) [Adelung]


Die Heckmutter, plur. die -mütter, im vertraulichen Scherze, eine fruchtbare Person weiblichen Geschlechtes, welche fleißig hecket, d. i. oft gebieret. S. 3. Hecken.


Heckpfahl (W3) [Adelung]


Der Heckpfahl, des -es, plur. die -pfähle, in Niedersachsen auf dem Lande, zwey Pfähle, woran das Heck, d. i. eine Gatterthür, befestiget wird, und welche auch Heckstapel genannt werden. S. Hängepfahl und Schlagpfahl.


Heckpfennig (W3) [Adelung]


Der Heckpfennig, des -es, plur. die -e. 1) Ein falscher, nachgemachter, ungültiger Pfennig. S. 2. Hecke,

Anm. 2) Ein fruchtbarer Pfennig, von welchem sich der große Haufe einbildet, daß er mehrere aus sich selbst hervor bringe. S. Heckgroschen. Ein solcher Gulden wird ein Heckgulden, und ein solcher Thaler ein Heckthaler genannt.


Heckschnarre (W3) [Adelung]


Die Heckschnarre, S. Heckenschnarre.


Heckse (W3) [Adelung]


Die Heckse, der Kniebug, S. Häkse.


Hecksel (W3) [Adelung]


Das Hecksel, S. Häckerling.


Heckstapel (W3) [Adelung]


Der Heckstapel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Heckpfahl.


Heckthaler (W3) [Adelung]


Der Heckthaler, des -s, plur. ut nom. sing. Siehe Heckpfennig.


Heckzeit (W3) [Adelung]


Die Heckzeit, pur. die -en, diejenige Zeit, da die Vögel zu hecken pflegen; die Brutzeit, die Hecke. S. 3. Hecken.


Hedel (W3) [Adelung]


Das Hedel, des -s, plur. inus. ein in der gemeinen Sprache der Bergleute übliches und aus Häuptel verderbtes Wort, den besten obersten Schlich in der Wäsche und dem Schlämmgraben zu bezeichnen, der daher auch Hedelschlich genannt wird. Der Hedelherd, eine Art des Waschherdes, welches einen Abhang von 15 bis 20 Grad hat. S. Häuptel.


Hedwig (W3) [Adelung]


Hedwig, ein eigenthümlicher weiblicher Vornahme Deutschen Ursprunges, welcher so viel als des Vaters Zuflucht bedeuten soll, von dem alten Atta, Hetto, Vater, und dem Sächsischen Wiek, Zuflucht.


Heer (W3) [Adelung]


Das Heer, des -es, plur. die -e. 1) In der weitesten Bedeutung, eine große Menge neben oder bey einander befindlicher Dinge. Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer, 1 Mos. 2, 1, mit allen darauf befindlichen Geschöpfen. Das Heer des Himmels, 5 Mos. 4, 19, der ganze Umfang aller Welt- oder Himmelskörper. Im Hochdeutschen gebraucht man es nur noch in einigen Fällen von solchen Dingen, welche als im Zuge, oder doch in der Bewegung begriffen, vorgestellet werden. Diese Worte - drangen - mit einem Heere von Nebenbegriffen des Schauders, des Schreckens in unsre Seele, Herd. 2) In engerer Bedeutung, eine bey und neben einander befindliche große Menge Geschöpfe. Ein Heer Heuschrecken. Ein einziger alter Eichbaum ist eine Welt für ganze Heere verschiedener Thiere, die sich von ihm nähren, Gell. Ein Heer Weiber, Kinder u. s. f. Das Heer des Himmels, Ps. 33, 6, Nehem. 9, 6, d. i. die unsichtbaren Geschöpfe Gottes, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. 3) In der engsten Bedeutung, eine Menge zum Kriege gerüsteter Menschen, welche dem Oberbefehle eines Einzigen unterworfen sind; ein Kriegsheer, zum Unterschiede von einem Heere aus andern Ursachen versammelter Menschen. In dieser alten und guten Bedeutung, in welcher es noch in der Deutschen Bibel sehr oft vorkommt, ist es im Hochdeutschen aus dem Gebrauche gekommen, seitdem das Franz. Armee beliebter geworden. Indessen hat sich doch Heer und noch mehr Kriegsheer von Zeit zu Zeit in der edlen Schreibart erhalten. Ein Heer auf die Beine bringen, anwerben. Mit dem Heere ausrücken, in das Feld rücken. Das wüthende Heer, oder Fastnachtsheer, ein eingebildetes Gespenst; welches mit einem großen Gefolge und schrecklichen Getöse durch die Wälder und Felder fahren soll, und vielleicht ein Überbleibsel von dem Heere Wodans, der ehemahligen heidnischen Deutschen ist. Mit Heeres Kraft, mit einem zahlreichen Kriegsheere, ist im Hochdeutschen veraltet. Anm. Bey dem Ulphilas ist Harji eine Legion, bey dem Ottfried Heri und Heriscaf eine Menge Menschen, und ein Kriegsheer, welche letztere Bedeutung auch das Angels. Here, Herig, Herg, und das Isländ. Her haben. Im Schwed. bedeutete Haer so wohl einen Landtag, als eine bürgerliche Versammlung, als endlich auch eine Zahl von hundert. In den ältern Oberdeutschen Schriftstellern kommt auch Harst für Heer, Kriegesheer, und Harster für Soldat, mehrmahls vor, wovon Frisch nachgesehen werden kann. Daß Herde, Schar, und vielleicht auch Horst, mit zu dem Geschlechte des Wortes Heer gehören, ist sehr wahrscheinlich. Allein, welches der erste und herrschende Begriff in diesen Wörtern ist, ist nicht so leicht zu bestimmen. Frisch scheint das alte hor, hoch, als das Stammwort anzusehen, S. Hehr. Wäre, wie sehr wahrscheinlich ist, der Begriff des Zuges, der Bewegung, der in den meisten Fällen mit dem Worte Heer verbunden ist, der herrschende, so würden das Nebenwort her, das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, wandern, und das Deutsche scheren, in den niedrigen R. A. sich fortscheren, sich herscheren u. s. f. gleichfalls mit dahin gehören. Frisch führet aus einer alten Reisebeschreibung die Stelle an, alsbald die Nacht zu Here gieng, d. i. anbrach, herein brach. Auch das alte haren, rufen, schreyen, könnte dabey in Betrachtung kommen, das Getöse vieler bey und neben einander befindlicher Dinge auszudrucken. S. Herde, Schar, Horst. Im mittlern Lat. kommt Hara und Haracium, Franz. Haras, sehr oft von einer Herde Vieh vor. Hingegen wird daselbst Exercitus so wohl von einer Herde Viehes, als auch von einem zahlreichen Gefolge von Hofbedienten gebraucht, in welchem Verstande auch Heer ehedem üblich war. Da das Wort Heer im Oberdeutschen zwar beständig üblich geblieben ist, im Hochdeutschen aber durch Französische Wörter verdränget worden, so gilt solches auch von den meisten der folgenden Zusammensetzungen, da sie doch vor den statt ihrer eingeführten ausländischen Ausdrücken immer noch den Vorzug verdienen. In einigen derselben ist das lange scharfe e in ein kurzes offenes übergegangen, wie in Herberge, Hermann und Herzog.


Heer (W3) [Adelung]


Heer, hoch, heilig, S. Hehr.


Heerbann (W3) [Adelung]


Der Heerbann, des -es, plur. inus. ein größten Theils veraltetes Wort, der Bann, d. i. das Aufgeboth der Unterthanen zur Vertheidigung des Landes; ingleichen die Verbindlichkeit, auf vorher gegangenes Aufgeboth in den Krieg zu ziehen, S. Heeresfolge; wie auch die im Weigerungsfalle darauf gesetzte Strafe. Im mittlern Lat. Heribannus, Franz. Arriere-Ban.


Heerberge (W3) [Adelung]


Die Heerberge, S. Herberge.


Heerbiene (W3) [Adelung]


Die Heerbiene, plur. die -n, Bienen, welche nicht selbst Honig einsammeln, sondern es andern Bienenstöcken rauben, und daher am häufigsten Raubbienen genannt werden. S. Heeren.


Heerd (W3) [Adelung]


Der Heerd, S. Herd.


Heerde (W3) [Adelung]


Die Heerde, S. Herde.


Heeren (W3) [Adelung]


* Heeren, verb. reg. act. welches von dem Worte Heer abstammet, aber im Hochdeutschen veraltet ist. Es bedeutete ehedem, 1) mit einem Kriegesheere anfallen, mit Krieg überziehen, bekriegen, in welchem Verstande ehedem das Schwed. haerja üblich war. 2) Rauben, eine der ehemahligen Kriegesverfassung sehr gewöhnliche Ausschweifung; Schwed. haerja. S. auch Heerbiene. 3) Durch Rauben und Plündern zu Grunde richten, verderben; in welchem Verstande noch das zusammen gesetzte verheeren üblich ist. S. dasselbe. Bey dem Notker kommt das einfache herron noch vor. Auf ähnliche Art machten die Römer von Populus das Zeitwort populare, und die Griechen von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, beyde in der Bedeutung des Verwüstens. Das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bedeutet gleichfalls verwüsten.


Heeresfolge (W3) [Adelung]


Die Heeresfolge, plur. inus. die Verbindlichkeit dem Heere seines Herren zu folgen, die Waffen für ihn zu ergreifen; der Heerbann, die Landfolge, ehedem auch der Kriegesbann, die Heerfahrt, die Reise.


Heereskraft (W3) [Adelung]


Die Heereskraft, S. Heerkraft.


Heerfahne (W3) [Adelung]


Die Heerfahne, plur. die -n, ehedem, die große Hauptfahne eines ganzen Kriegesheeres. S. des du Fresne Gloss. v. Carrocium.


Heerfahrt (W3) [Adelung]


* Die Heerfahrt, plur. die -en, der Feldzug, Franz. Campagne, in welcher Bedeutung es veraltet ist. Daher an einigen Orten auch der Heerwagen, oder Rüstwagen der Heerfahrtswagen genannt wird. Zur Heerfahrt verbunden seyn, zur Heeresfolge. In die Heeresfahrt ziehen, 5 Mos. 24, 5. In den Florentinischen Glossen Herivart, im Schwed. Haerfaerd.


Heerflüchtig (W3) [Adelung]


Heerflüchtig, adj. et adv. seine Fahne böslich verlassend. Ein Heerflüchtiger, heerflüchtig werden. Ein gutes altes Oberdeutsches Wort, welches man im Hochdeutschen vernachlässiget und dafür die Französ. Deserteur und desertiren aufgenommen hat. S. auch Ausreißer. Auch die Heerflucht war ehedem für Desertion üblich, wofür in noch ältern Zeiten auch das Wort Herifliz gebraucht wurde.


Heergans (W3) [Adelung]


Die Heergans, plur. die -gänse, in einigen Gegenden ein Nahme des grauen, blauen, oder aschfarbenen Reihers; Ardea pella, pulla, cinerea Klein. Bey dem Altensteig heißt eine Art Wasserhühner oder schwarzer Taucher die Heergans.


Heergeräth (W3) [Adelung]


Das Heergeräth, des -es, plur. inus. ein Collectivum, alles dasjenige Geräth zu bezeichnen, welches im Kriege, und zu dessen Führung erfordert wird, und wovon die Bagage oder das Gepäck, und das Heergewette nur einen Theil ausmacht; im Ripuarischen Gesetze Harireda. Oft wurde es ehedem auch von dem zur Ausrüstung eines einzelnen Kriegesmannes nöthigen Geräthe gebraucht.


Heergewette (W3) [Adelung]


Das Heergewette, des -s, plur. inus. die Kriegesrüstung eines Mannes, welche bey dessen Tode alle Mahl sein ältester Sohn oder nächste männliche Erbe zum voraus bekam; ingleichen das Recht, diese Rüstung, wohin auch die besten Kleider und Zierathen gerechnet wurden, zum voraus zu erben. Nieders. Herwedde. Die letzte Hälfte des Wortes ist das alte Gewette, bey dem Ottfr. Giwati, von Wad, Kleid, S. Gewand. Da bey der veränderten Kriegesverfassung die Sache selbst in vielen Provinzen abgeschaffet worden, so ist auch das Wort mit in Abgang gekommen, indem es nur noch in denjenigen Gegenden gehöret wird, wo dieses Recht bey Todesfällen noch gültig ist.


Heerholz (W3) [Adelung]


Der Heerholz, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden ein Nahme des Holzhähers, aus welchem Worte derselbe auch verderbt ist. S. Holzhäher.


Heerhorn (W3) [Adelung]


* Das Heerhorn, des -es, plur. die -hörner, eine ehemahlige, nunmehr aber veraltete Benennung einer Trompete, weil man sich derselben vornehmlich bey den Kriegesheeren bediente. In der Schweiz sind in einigen Cantons noch die Harschhörner üblich, welches Wort aus Heerhorn verderbt ist; obgleich diese Harschhörner von unsern hiesigen Trompeten noch verschieden sind.


Heerkraft (W3) [Adelung]


* Die Heerkraft, oder Heereskraft, plur. die -kräfte, ein veraltetes Wort, ein zahlreiches Kriegesheer zu bezeichnen. Ein Geschrey von Rossen, Wagen und großer Heerkraft, 2 Kön. 7, 6. Er wird daher ziehen mit großer Heerskraft, Dan. 11, 13, 25. Und Assa hatte eine Heerskraft, die Schilde und Spiese trugen, 2 Chron. 14, 8, und in andern Stellen mehr, wo in manchen Ausgaben bald Heerkraft, bald Heereskraft gelesen wird. S. Heermacht.


Heerkutsche (W3) [Adelung]


Die Heerkutsche, plur. die -n, in einigen Gegenden ein Nahme einer Landkutsche, welche nur Personen führet, weil sie deren viele fortbringen kann.


Heerlager (W3) [Adelung]


* Das Heerlager, des -s, plur. die -läger, das Lager eines Heeres, besonders eines Kriegesheeres; ein im Hochdeutschen gleichfalls in Abgang gekommenes Wort. Der Stank von eurem Heerlager, Amos 4, 10. Das Heerlager der Heiligen, Offenb. 20, 9. Ingleichen das Kriegesheer selbst, auch wenn es nicht im Lager stille lieget. Da zogen hinauf die fünf Könige - mit all ihrem Heerlager, Jos. 10, 5. Sie wurden geschlagen vor dem Herren und vor seinem Heerlager, 2 Chron. 14, 13.


Heerling (W3) [Adelung]


Der Heerling, S. Herling.


Heermacht (W3) [Adelung]


* Die Heermacht, plur. die -mächte, ein so wie Heerkraft im Hochdeutschen veraltetes Wort, ein zahlreiches Kriegesheer zu bezeichnen, welches noch 1 Chron. 21, 1, und Chron. 26, 13 vorkommt.


Heermeister (W3) [Adelung]


Der Heermeister, des -s, plur. ut nom. sing. der Meister, d. i. Oberste, Vorgesetzte eines Theiles eines Kriegesheeres. Besonders ist dieses Wort noch bey einigen kriegerischen Ritter-Orden üblich, wo die Vorgesetzten einer Provinz, welche bey andern Orden Land-Commenthur genannt werden, Heermeister heißen, weil sie die Ritter ihrer Provinz im Kriege anführen. Dergleichen ist der Heermeister des Johanniter-Ordens zu Sonnenburg. Daher heermeisterlich, demselben gehörig, das Heermeisterthum, dessen Würde, und Gebieth. Oft lautet dieses Wort auch Herrenmeister, entweder nach einer verderbten Aussprache, oder auch weil dergleichen Ritter gemeiniglich Herren genannt werden.


Heermoos (W3) [Adelung]


Das Heermoos, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden eine Benennung des Schaftheues, S. dieses Wort.


Heerpauke (W3) [Adelung]


Die Heerpauke, plur. die -n, eine Pauke, so fern sie bey einem Heere, und besonders einem Kriegesheere gebraucht wird. Da- her der Heerpauker, des -s, plur. ut nom. sing. der sie zierlich zu schlagen weiß.


Heerpfühl (W3) [Adelung]


Der Heerpfühl, des -es, plur. die -e, das Bett eines Soldaten im Kriege; ein in denjenigen Gegenden, wo das Heergewette noch gangbar ist, übliches Wort, ein bereitetes Bett nächst dem besten zu bezeichnen, welches das ältesten Sohne oder nächsten männlichen Erben eines Verstorbenen, als ein Theil des Heergewettes überlassen wird.


Heerrauch (W3) [Adelung]


Der Heerrauch, des -es, plur. inus. ein anhaltender, weit sich erstreckender trockner Nebel, welcher aus schwefeligen, oder noch nicht vollkommen aufgelöseten Dünsten bestehet, welche folglich die Luft undurchsichtiger machen als gewöhnlich. Der Sommer von 1783, wo der Dunstkreis durch die ungewöhnlichen heftigen Ausbrüche Feuer speyender Berge mit fremdartigen Theilen angefüllet war, zeichnete sich vorzüglich durch einen solchen anhaltenden Heerrauch aus. Er wird auch Sonnenrauch und Landrauch genannt. Die Bedeutung des Heer ist noch sehr dunkel. Der Heiderauch ist noch davon verschieden. S. dieses Wort.


Heerraupe (W3) [Adelung]


Die Heerraupe, plur. die -n. 1) Ein Nahme derjenigen Raupen, welche in ungewöhnlicher Menge, gleichsam in Heeren, von einem Orte zum andern ziehen. 2) Der Heerwurm, S. dieses Wort.


Heers (W3) [Adelung]


Der Heers, eine Pflanze, S. Gersch.


Heerschar (W3) [Adelung]


* Die Heerschar, plur. die -en, ein im Hochdeutschen ungewöhnlich gewordenes Wort, eine Schar, d. i. einen verbundenen Haufen eines Heeres, besonders eines Kriegesheeres, zu bezeichnen; ein Detachement, eine Legion, ein Regiment. In der Deutschen Bibel wird es im Plural häufiger von einer großen Menge verbundener Geschöpfe, besonders aber auch von einem Kriegesheere gebraucht. Bey dem Notker Harnscharon, bey dem Ottfried Heriscaf, im Schwed. und Dän. Haarskara.


Heerschatz (W3) [Adelung]


Der Heerschatz, des -es, plur. inus. an einigen Orten, die Lehenwaare von einem erkauften Bauergute, welche an andern Orten der Handlohn, die Anfahrt, der Leihkauf, das Pfundgeld u. s. f. genannt wird. Das Wort ist ohne Zweifel aus Ehrschatz verderbt, welches in dieser Bedeutung gleichfalls üblich ist. S. dasselbe.


Heerschau (W3) [Adelung]


Die Heerschau, oder Heerschauung, plur. die -en, ein Oberdeutsches in Hochdeutschen ungewöhnliches Wort, die Musterung oder feyerliche Besichtigung eines Kriegesheeres zu bezeichnen; Franz. die Revue.


Heerschild (W3) [Adelung]


Der Heerschild, des -es, plur. die -e, ein in den neuern Zeiten gleichfalls ungangbar gewordenes Wort. 1) Ein Schild, so fern man sich desselben ehedem im Kriege bedienete; in welchem Verstande es mit der Sache selbst längst veraltet ist. 2) In dem Deutschen Staatsrechte bezeichnete dieses Wort ehedem die Classe, die angeborne Würde der Ritterschaft, deren jede Classe sich durch Schild oder Wapen von der andern unterschied. Es gab sieben solcher Heerschilde oder Classen, wovon es in dem Schwabenspiegel Kap. 3 heißt: Dis ist von den siben herschilten - Der Künig hebt (hat) den ersten herschilt, Bischoeff und Aebt und die Aebtissin, die da gefürstet sint, die hebent alle den andern herschilt. Die Layen fürsten den dritten. Die Frienherren den vierden. Die Mitternfrien den fiunften. Dienstman den sechsten - Den sibenten herschilt hebt ain ieglich man, der nyt aigen ist, und ain Ehkint ist. Man glaubt, daß diese Eintheilung erst zu den Zeiten der Kreuzzüge aufgekommen; allein da das Wort Arascild schon in einem ähnlichen Verstande in dem Longobardischen Gesetze vor- kommt, so muß sie wohl älter seyn. S. des du Fresne Glossar. v. Heereschild.


Heerschnepfe (W3) [Adelung]


Die Heerschnepfe, plur. die -n, ein Nahme der Feldschnepfe, Scolopax Klein entweder, weil sie ihre Züge in großen Scharen oder Heeren anstellet; oder weil sie sehr hoch flieget, daher sie auch Himmelsziege genannt wird, in welchem Falle dieses Wort Hehrschnepfe geschrieben werden müßte, S. Hehr; oder auch, für Herrenschnepfe, welchen Nahmen sie wegen ihres schmackhaften Fleisches gleichfalls führet. S. Feldschnepfe. Die Haarschnepfe ist von ihr noch verschieden, ( S. dieses Wort,) obgleich beyde im gemeinen Leben häufig verwechselt werden.


Heerskraft (W3) [Adelung]


Die Heerskraft, S. Heerkraft.


Heerspitze (W3) [Adelung]


* Die Heerspitze, plur. die -n, ein veraltetes Wort, die Spitze eines in Schlachtordnung gestellten Kriegesheeres, ingleichen das ganze in eine spitzige Schlachtordnung gestellte Kriegesheer selbst zu bezeichnen. Schröcklich wie die Heerspitzen, Hohel. 6, 3, 9.


Heersteuer (W3) [Adelung]


Die Heersteuer, plur. die -n, ein nur noch in einigen Gegenden übliches Wort, die Kriegessteuer zu bezeichnen, d. i. diejenige Steuer, welche zum Behufe eines Krieges gefordert und bewilliget wird. Ingleichen diejenige Steuer, womit sich ein Vasall oder Unterthan von den persönlichen Kriegesdiensten befreyet, und welche bey adeligen Vasallen gemeiniglich das Ritterpferd genannt wird.


Heerstraße (W3) [Adelung]


Die Heerstraße, plur. die -n, eine breite Straße durch ein Land, auf welcher ein Kriegesheer bequem fortkommen kann; die Landstraße, so fern sie durch ein ganzes Land, oder aus einem Lande in das andere gehet. Angels. Herestraet, Schwed. Haerstrat, im mittlern Lat. Herestrata.


Heervolk (W3) [Adelung]


* Das Heervolk, des -es, plur. die -völker, ein veraltetes Wort, ein Kriegesheer, ingleichen Kriegesvölker oder Truppen zu bezeichnen, welches noch 1 Sam. 16, 5, 1 Chron. 8, 4, Nahum. 2, 4 vorkommt.


Heerwagen (W3) [Adelung]


Der Heerwagen, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur noch in einigen Gegenden übliches Wort. 1) Ein jeder bey einem Kriegesheere befindlicher Wagen; daher ehedem so wohl die Rüst- und Munitions-Wagen, als auch die Ritterwagen, die Wagen, aus welchen eine Wagenburg geschlossen wurde, u. s. f. Heerwagen genannt wurden. 2) Ein Bezirk von gewissen Dorfschaften oder Unterthanen, welche in Kriegeszeiten einen Heerwagen stellen und unterhalten müssen. So sind die Amts-Dorfschaften in Sachsen in Ansehung der Frohnen noch jetzt in gewisse Heerwagen eingetheilet. Zu dem Pflügischen Heerwagen befanden sich 1745 in sechs Dörfern 147 Pferde. 3) Der Wagen am Himmel, Arcturus, wurde ehedem gleichfalls der Heerwagen genannt.


Heerwurm (W3) [Adelung]


Der Heerwurm, des -es, plur. die -würmer, eine Art kleinen sprenkligen Ungeziefers, wie Maden, mit schwarzen Köpfen, welche sich oft zwey Ellen lang an einander anhängen, und in dieser Gestalt als ein scheckiges starkes Seil auf den Heerstraßen fortziehen; die Heerraupe. Der Pöbel weißaget aus ihrer Erscheinung Krieg und Kriegesgeschrey.


Heerzug (W3) [Adelung]


* Der Heerzug, des -es, plur. die -züge, ein veraltetes Wort, den Zug eines Heeres, besonders eines Kriegesheeres, Franz. Marche, zu bezeichnen.


Hefen (W3) [Adelung]


Die Hefen, sing. inus. dasjenige bey einem flüssigen Körper, was durch die Gährung in die Höhe getrieben wird, und sich hernach zu Boden setzet. Bierhefen, Weinhefen, welche auch die Mutter genannt werden. In weiterer Bedeutung wird auch der Bodenfaß eines jeden flüssigen Körpers, auch wenn es nicht durch die Gährung niedergeschlagen worden, die Hefen genannt. Daher denn der Bodenfaß des Öhles auch unter dem Nahmen der Öhlhefen bekannt ist. Bey den Bierhefen unterscheidet man die Gohre, Gäscht, Oberhefen oder Spundhefen, welche in der Gährung oben ausgestoßen werden, und die Unterhefen, Stellhefen oder Backhefen, welche sich nach der Gährung auf den Boden setzen. Das Bier, den Wein, auf den Hefen liegen lassen, ihn von den Hefen ziehen. Etwas bis auf die Hefen austrinken. Die Hefen trinken, figürlich, die unangenehmen Folgen einer Sache empfinden. Die Hefen austrinken müssen, figürlich, eine Strafe nach aller ihrer Schwere empfinden müssen. Auf die Hefen kommen, auf den Hefen sitzen, auf das Äußerste gekommen seyn, nicht weiter können. Nun sitzen wir mit unsrer Weisheit auf den Hefen, Weiße. Er wird nun wohl auch auf die Hefen gekommen seyn, Less. Auf seinen Hefen stille liegen, figürlich, in Ruhe und Sicherheit leben, Jer. 48, 11; Zeph. 1, 12. Figürlich sind die Hefen des Volkes die geringsten, schlechtesten Glieder eines Staates oder eines Volkes.

Anm. Obgleich dieses Wort im Hochdeutschen im Plural am häufigsten ist, so ist doch der Singular nicht ganz ohne Beyspiel. Ein Mahl darinnen keine Hefen ist, heißt es Es. 25, 6. In der Oberpfalz ist die Hefe nur allein im Singular üblich. Das Wort stammet von dem Zeitworte heben ab, welches ehedem hefan lautete, weil die eigentlichen Hefen nicht nur in der Gährung in die Höhe gehoben werden, sondern auch andere, besonders flüssige Körper zum Aufblähen und zur Gährung bringen. Aus eben diesem Grunde wird auch der Sauerteig im Oberdeutschen Hebel und Hefel genannt, wo hebeln auch für säuern üblich ist. Die gleichbedeutenden Wörter von Hefen bestätigen diese Ableitung, wohin das in den gemeinen Mundarten gehörige Bärme, welches mit dem Latein. Fermentum überein kommt, von dem alten bären, beben, das Oberdeutsche Gärm, Germ, Görm, Baier. die Gerben, von gähren, das Österreich. Urhab, Ura, Nura, und andere mehr gehören; S. auch Sauerteig. In Steiermark werden die Hefen Gleger, von legen, genannt.


Hefenbrot (W3) [Adelung]


Das Hefenbrot, des -es, plur. inus. Brot, welches anstatt des Sauerteiges mit Hefen zum Aufheben gebracht worden, und in Pommern Pamel genannt wird, S. dieses Wort.


Hefener (W3) [Adelung]


Der Hefener, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, derjenige, welcher Wein- und Bierhefen zusammen kauft, und solche entweder verbraucht oder wieder verhandelt.


Hefenkuchen (W3) [Adelung]


Der Hefenkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Hefenküchlein, ein jeder Kuchen, welcher mit Bierhefen zur Gährung gebracht worden. In Nürnberg werden besonders die Pfann- oder Eyerkuchen Hefenküchlein genannt, weil sie daselbst auf eben diese Art zubereitet werden.


Hefenstück (W3) [Adelung]


Das Hefenstück, des -es, plur. die -stücke, bey den Bäckern, Mehl, welches mit Bierhefen zu einem Teige gemacht worden, und bey den Semmeln anstatt des Sauerteiges dienet.


Heficht (W3) [Adelung]


Heficht, adj. et adv. den Hefen ähnlich, nach Hefen schmeckend. Hefig, Hefen habend, von Hefen trübe. Beyde kommen im Hochdeutschen selten vor.


Heft (W3) [Adelung]


1. Das Heft, des -es, plur. die -e, Diminut. das Heftchen, Oberd. Heftlein, derjenige Theil eines Werkzeuges, wobey man dasselbe angreifet und handhabet; der Stiel, die Handhabe, der Griff. Das Heft eines Degens, derjenige Theil des Gefäßes, wobey man denselben angreifet; zuweilen auch das ganze Gefäß, wie Richt. 3, 22. Das Heft eines Messers, einer Ahle, eines Meißels. Eine Sache bey dem Hefte angreifen, an ihrem gehörigen Orte, das gehörige und schicklichste Verfahren beobachten. S. Stiel wo dessen Unterschied von Heft gezeiget werden wird.

Anm. Im Nieders. Hecht, im Engl und Pohln. Haft, im Dän. Hefte, im Angels. Haeft. Es stammet zunächst von haben her, so fern es ehedem halten bedeutete und auch heben geschrieben wurde. In einigen Gegenden ist es männlichen Geschlechtes, der Heft. Im Oberdeutschen lautet es an einigen Orten Haft. Gottsched wollte es Häft geschrieben wissen; allein alsdann müßten auch heben, Hefen, heftig und hundert andere dieser Schreibart folgen.


Heft (W3) [Adelung]


2. Das Heft, des -es, plur. die -e, Diminut. das Heftchen, Oberd. Heftlein und zusammen gezogen Heftel. 1. Ein Werkzeug, vermittelst dessen zwey Dinge zusammen geheftet werden, doch nur in einigen einzelnen Fällen. 1) Die Stecknadeln werden im Oberdeutschen häufig Heftel genannt, daher auch die Nadler in Nürnberg Heftleinsmacher heißen. 2) Ehedem waren, besonders im Oberdeutschen, Hefte, Heftlein oder Heftel, gespaltene dünne Spangennadeln, gewisse Theile der Kleidungsstücke damit zusammen zu heften, da sie denn zugleich einen Theil das Frauenzimmerputzes ausmachten. Zu der Zeit wird der Herr den Schmuck - wegnehmen, und die Hefte und die Spangen, Es. 3, 18. 3) Ein kleiner krumm gebogener Haken von Draht mit zwey Öhren an einem Ende, der an diejenigen Dinge genähet wird, die man auf solche Art an einander hängen will, da denn dieses Heft in eine Schlinge oder ein Öhr von Draht eingreift. In Niedersachsen wird dieses Heft der Haken, und die Schlinge die Öhse genannt. In einigen Oberdeutschen Gegenden heißen beyde Stücke der Mönch und die Nonne. Die Hefte an der Stiftshütte, 2 Mos. 26, 6, 11, 33 waren vermuthlich von dieser Art. 4) Bey den Jägern sind die Heftel starke unten zugespitzte Pflöcke, woran man die Leinen der Tücher und Netze, wenn sie gestellet werden, anbindet und befestiget. S. Heftel. 2. Dasjenige, was zusammen geheftet ist. In diesem Verstande pflegt man einen oder mehrere Bogen zusammen geheftetes Papieres sehr häufig ein Heft zu nennen. S. Heften, von welchem es zunächst abstammet. In einigen Gegenden ist auch dieses Wort männlichen Geschlechtes, der Heft. Im Oberdeutschen lautet es sehr oft Haft, S. 2 Haft.


Hefte (W3) [Adelung]


Die Hefte, plur. die -n, die Handlung des Heftens; ein nur im Weinbaue übliches Wort, das Anheften oder Anbinden der Weinreben an die Pfähle zu bezeichnen. Die erste Hefte geschiehet gleich nach der Breche im Junio, die andere aber gleich nach der andern Hacke. S. Heften.


Hefteisen (W3) [Adelung]


Das Hefteisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Glasmachern, ein langes, rundes, gerades Eisen, mit einem eben so langen hölzernen Stiele, womit sie ein wenig geschmelztes Glas aus dem Ofen nehmen, die andern halb verfertigten Gläser damit gleichsam anzuheften oder zu befestigen.


Heftel (W3) [Adelung]


Das Heftel, des -s, plur. ut nom. sing. das Diminut. von Heft, für Heftlein, S. 2. Heft. Bey den Jägern wird es gemeiniglich im männlichen Geschlechte gebraucht, der Heftel, der Hauptheftel, Spannheftel u. s. f. Alsdann ist es freylich nicht das Diminutivum, sondern die Endung - el ist alsdann das Merkmahl eines Werkzeuges. S. -El.


Hefteln (W3) [Adelung]


Hefteln, verb. reg. act. das Diminut. des folgenden, mit kleinen Heften oder Hefteln befestigen. S. das folgende.


Heften (W3) [Adelung]


Heften, verb. reg. welches das Factitivum von dem Neutro haften ist, haften machen. 1. Eigentlich, wo es durch den Gebrauch auf verschiedene einzelne Fälle eingeschränket worden, wo es zum Theil nur eine Befestigung auf kurze Zeit bezeichnet. 1) Mit Nägeln befestigen. Die Tischler heften eine Leiste, wenn sie selbige anleimen, und inzwischen bis der Leim bindet, mit einigen Nägeln befestigen. Die Philister hefteten Sauls Schedel an das Haus Dagon, 1 Chron. 11, 10. Und heftetens (das Blech) mit Nägeln, daß es nicht sollte wackeln, Es. 41, 7. Christus ward an das Kreuz geheftet. 2) Mit Stecknadeln befestigen; wo es besonders im Oberdeutschen für anstecken üblich ist, daher die Stecknadeln auch daselbst Heftel genannt werden. Eben daselbst sind auch die Diminut. hefteln, anhefteln, abhefteln, zuhefteln u. s. f. für anstecken, abstecken, zustecken üblich. 3) Vermittelst eines Bandes, für anbinden. So wird in dem Weinbaue der Wein geheftet, wenn die Weinreben und Schosse mit Stroh an die Pfähle gebunden werden. S. Hefte. 4) Durch Hefte und Schlingen, oder Haken und Öhren, wo besonders die Zusammensetzungen anheften, aufheften, abheften, zuheften u. s. f. üblich sind. 5) Am häufigsten gebraucht man es von der Befestigung durch Nähen, wo man es theils für nähen überhaupt gebraucht. Und sollt zween Ringe an den Leibrock heften, V. 27. So heften auch die Buchbinder die Bogen, wenn sie selbige auf der Heftlade mit Zwirn oder Seide an einander befestigen. Jemanden etwas auf den Ärmel heften, oder ihm etwas aufheften, seine Leichtgläubigkeit mißbrauchen, ihn einer Unwahrheit bereden. Theils von dem Nähen mit weiten Stichen, zwey Dinge nur auf einige Zeit mit einander zu befestigen, welches bey den Schneidern auch anschlagen, in Niedersachsen aber rijen, rigen, reihen, anreihen, genannt wird. So werden zwey Stücke Zeuges, welche zusammen genähet werden sollen, zuvor geheftet. Auch die Wundärzte heften auf ähnliche Art die Wunden, damit die getrennten Theile zusammen wachsen. 2. Figürlich. Seine Augen auf etwas heften, sie auf eine anhaltende Weise auf etwas richten. Augen die oft schmachtend auf die seinigen geheftet sind. Er sagts und heftete mit trauriger Geberde Den Supplicanten-Blick voll Thränen auf die Erde, Zachar. So auch seine Gedanken, seine Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand heften. Man flattert von einem Gegenstande zum andern, ohne sich auf irgend einen heften zu können. Das Hauptwort die Heftung ist nur in den Zusammensetzungen üblich. Doch kommt es auch in dem einfachen Worte zuweilen im figürlichen Verstanden vor.

Anm. Schon in dem übersetzten Isidor heftan, bey dem Ottfried aber haftan, im Nieders. und Holländ. hechten, im Schwed. haefta, im Isländ. hefta. Aus dem erstern erhellet zugleich, daß es ehedem in einem viel weitern Umfange der Bedeutung üblich gewesen, weil daselbst heftida auur zi so viel ist, als er fügte von neuen hinzu, und in Boxhorns Glossen wird heftan durch nectere erkläret. Bey dem Tschudi bedeutet heften in Verhaft nehmen. Diejenigen, welche dieses Wort und dessen Ableitungen häften schreiben wollen, weil das Neutrum haften ein a hat, bedenken nicht, daß das Neutrum und Activum in vielen andern Fällen auf ähnliche Art unterschieden sind; z. B. hangen und henken, laben und leben, prallen und prellen, darben und verderben; schallen und schellen, nassen und netzen, schwanken und schwenken u. s. f.


Heftfaden (W3) [Adelung]


Der Heftfaden, des -s, plur. die -fäden, ein Faden, womit zwey Stücke Zeuges geheftet, d. i. verloren zusammen genähet werden; Nieders. Rijdraht.


Hefthaken (W3) [Adelung]


Der Hefthaken, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Buchbindern, eiserne Haken an der Heftlade mit Flügelschrauben, welche die Schnüre oder Streifen, worauf ein Buch geheftet wird, halten.


Heftig (W3) [Adelung]


Heftig, -er, -ste, adj. et adv. einen hohen Grad der innern Stärke habend, und bemühet, denselben thätig zu erweisen, ingleichen in dieser Eigenschaft gegründet. 1) Überhaupt. Ein heftiges (großes) Feuer, Es. 64, 2. Die Ströme werden sich heftig ergießen, Weish. 5, 23. Eine Stadt heftig stürmen 1 Macc. 15, 25. Als die Schlacht am heftigsten war, 2 Macc. 10, 29. Die Hitze ist so heftig, daß niemand dauern kann. Eine heftige Kälte. Das schmerzet mich überaus heftig. Ein heftiges Fieber. In dem heftigsten Sturme, Regen, Ungewitter. Ein heftiger Anfall. Eine Sache auf das heftigste vertheidigen. Heftig bitten. Der Trieb zur Einsamkeit ist weit heftiger, als der Trieb zum gesellschaftlichen Leben. Besonders von Leidenschaften und Gemüthsbewegungen. Eine heftige Liebe. Jemanden auf das heftigste lieben. Heftig weinen. Ein heftiger Zorn. Eine heftige Begierde. Zu heftig oder zu wenig begehren und verabscheuen ist ein innerlicher Krieg unsers Willens mit dem Verstande, Gell. 2) In engerer Bedeutung, zu starken Gemüthsbewegungen und Leidenschaften geneigt, und in dieser Neigung gegründet. Er ist ein sehr heftiger Mann. Eine heftige Natur, ein heftiges Temperament haben. Ich ward bey dem Streite warm und sogar heftig.

Anm. Im Dän. heftig, im Schwed. heftig. Die wahre Abstammung dieses Wortes ist noch ungewiß, weil mehrere Wörter, und wie es scheinet, mit ziemlich gleichem Rechte darauf Anspruch machen können. Bey dem Ottfried, Notker und Tatian kommt das Wort hebig vor, welches daselbst schwer, groß, wichtig, heftig bedeutet, zu dem Zeitworte heben gehöret, und das Stammwort von unserm erheblich ist. Das Angels. hefig, Nieders. hevig, und Engl. heavy bedeuten gleichfalls wichtig, schwer, groß, heftig, sehr. Daher Wachter unser heftig mit verzüglicher Wahrscheinlichkeit von diesem hebig ableitet. Frisch lässet es zunächst von heften abstammen, und erkläret es, woran man als geheftet ist. Ihre siehet das Isländ. Heipt, Zorn, Muth, als das Stammwort an, und wird darin von der Nieders. Mundart unterstützet, wo eine hatske Kälte eine heftige Kälte bedeutet, von Haat, Haß. Allein da heftig nicht bloß auf den Zorn allein eingeschränket ist, das Isländ. Heipt auch allem Ansehen nach zu dem Nieders. Haat, Haß, und mit demselben zu Hitze gehöret, so scheinet Wachters Ableitung den Vorzug zu verdienen. Luthers Oberdeutsches heftiglich ist im Hochdeutschen veraltet.


Heftigkeit (W3) [Adelung]


Die Heftigkeit, plur. inus. die Eigenschaft einer Sache, da sie heftig ist. 1) Überhaupt, die Eigenschaft, da sie einen hohen Grad der innern Stärke hat, und denselben an den Tag zu legen bemühet ist. Die Heftigkeit der Kälte, der Hitze, des Zornes, der Freude, der Liebe, des Hasses, der Begierde u. s. f. Die Geduld ermüdet oft unter der Heftigkeit der Schmerzen, Gell. 2) Besonders die Neigung zu starken Gemüthsbewegungen und Leidenschaften. Schreiben sie es ihrer eigenen Heftigkeit zu.


Heftlade (W3) [Adelung]


Die Heftlade, plur. die -n, bey den Buchbindern, ein Bret, mit zwey Schrauben und einem Querbalken, worin die Bücher geheftet werden.


Heftnadel (W3) [Adelung]


Die Heftnadel, plur. die -n, eben daselbst, eine lange Nähnabel, die Bücher damit zu heften. Auch die Wundärzte und Zergliederer haben gekrümmte Heftnadeln, die Wunden und gewisse Theile des Leibes damit zusammen zu heften.


Heftpulver (W3) [Adelung]


Das Heftpulver, des -s, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. eben daselbst, ein Pulver, die Theile einer Wunde damit an einander zu kleiben.


Heftscharte (W3) [Adelung]


Die Heftscharte, plur. die -n. 1) Im Weinbaue, der Stiel oder das Heft an dem Weinmesser. 2) Bey den Faßbindern, die Bänder von Weiden, womit die Enden der Reise zusammen gebunden werden, und welche auch Heftspäne heißen. In beyden Fällen von dem Oberd. Scharte, ein Stück, S. dieses Wort.


Heftspan (W3) [Adelung]


Der Heftspan, des -es, plur. die -späne, S. das vorige.


Heftstrick (W3) [Adelung]


Der Heftstrick, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, ein Seil, womit das Holz, wenn es in die Grube gelassen werden soll, zusammen gebunden wird, und welches, wenn es von Eisen ist, ein Schurz heißt.


Hege (W3) [Adelung]


Hege, ein hölzerner Hammer, S. Heye.


Hegen (W3) [Adelung]


Hegen, S. Hägen.


Heger (W3) [Adelung]


Der Heger, S. Häger.


Heher (W3) [Adelung]


Der Heher, S. Häher.


Hehl (W3) [Adelung]


* Hehl, ein im Hochdeutschen veraltetes unabänderliches Hauptwort, welches selbst ehedem nur in einigen Fällen üblich war, wo es die Gestalt eines Nebenwortes hat. Es bedeutet die Verborgenheit, den Zustand, da eine Sache verborgen ist, oder im Verborgenen geschiehet. Ihr Wesen hat sie kein Heel, Es. 3, 9., sie verhehlen es nicht. Vor einem Fremden thue nichts, das dich heel hat, welches du zu verbergen, folglich dich dessen zu schämen Ursache hättest, Sir. 8, 21. Es sollte mich nicht Heel haben zu bekennen, Luth. ich wollte kein Bedenken tragen, mich nicht schämen zu bekennen. Auf ähnliche Art sagt man noch jetzt, es hat mich Wunder, für es wundert mich. In Obersachsen höret man noch zuweilen im gemeinen Leben, er hat es auch keinen Hehl, er verhehlet es nicht. Im Nieders. lautet dieses Wort Haal. In dem Haale wesen, bedeutet daselbst, ein Geheimniß seyn, und in Bremen schwören die neu erwählten Rathsherren: Wat mi in Haale (in geheim) segt word, will ik in Haale holen. Die Unwissenheit der Abstammung hat es vermuthlich gemacht, daß man dieses Wort bald Heel, bald Häl, bald auch Hähl und Höhl geschrieben. S. das folgende.


Hehlen (W3) [Adelung]


* Hehlen, verb. reg. act. außer dem Mittelworte, wo es so wohl gehohlen als gehehlet hat. Es ist im Hochdeutschen völlig veraltet, wo es durch das zusammen gesetzte verhehlen verdränget worden, welches siehe. Hier wird es nur um der Abstammung und ursprünglichen Bedeutung willen angeführet. Es lautet bey dem Übersetzer Isidors im Mittelw. chiholan, bey dem Kero helan, bey dem Ottfried hilan und halan, im Schwabensp. hilen, bey den Schwäbischen Dichtern helen, alles für verschweigen, verborgen halten, nicht bekannt werden lassen; womit auch das Dän. häle, das Angels. helan, das Nieders. holken, das Schwed. haela und das Lat. celare, occulere und occultare, überein kommen. Ursprünglich bedeutete dieses Wort bedecken, wie noch jetzt das Isländ. haela, das Engl. to hill, das Deutsche hüllen und das ehemahlige Goth. haljan. S. Hülle, Höhle, Hölle u. s. f. welche insgesammt aus dieser Quelle geflossen sind. Durch eine sehr gewöhnliche Verwechselung der Hauch- und Blaselaute gehören auch Fell, das Lat. Vellus, Velum, velare u. s. f. dahin. Gottsched wollte es höhlen geschrieben wissen, weil das verwandte Höhle ein ö hat. Mit eben dem Rechte hätte er es auch hählen, hihlen und hühlen schreiben können, weil auch diese Selbstlaute sich in dem Geschlechtsregister dieses Wortes finden. Man wird nicht leicht ein altes Stammwort haben, welches nicht in seinen Ableitungen durch alle Selbstlaute durchgegangen wäre. Was würde für Verwirrung entstehen, wenn man eine alte hergebrachte Sprech- und Schreibart nach solchen Mustern ändern wollte!


Hehler (W3) [Adelung]


Der Hehler, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Hehlerinn, plur. die -en, eine Person, welche eine strafbare Sache, besonders eine gestohlene Sache, geflissentlich verhehlet. Der Hehler ist so gut, wie der Stehler. Im Nieders. Holker, im Dän. Häler, im Schwed. Haelare, im Wallis. Celewr, Lat. Celator.


Hehr (W3) [Adelung]


* Hehr, adj. et adv. welches im Hochdeutschen völlig veraltet ist, aber in den Schriften der mittlern Zeiten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes noch häufig vorkommt. Es bedeutet eigentlich hoch und gehöret zu dem Geschlechte des ar, er, or, welches in diesem Verstande in allen Europäischen Sprachen vorkommt; S. 5 Er, Ehre, Herr, Ur und Vor. Im figürlichen Verstande bezeichnet es, 1) erhaben, der Würde, dem Vorzuge nach; daher die hohe Messe ehedem mehrmahls die Hehrmesse genannt wurde. Manige bischof also herin, in dem alten Gedichte auf den heil. Anno V. 104. Heilig und her ist sein Nahme, Ps. 111, 9; wo es Luther durch schrecklich, furchtbar erkläret. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Held, scheinet damit verwandt zu seyn. 2) Heilig, wo es mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - überein kommt. Der here Nahmen Jesu Christ; Mechtildis die here, in den Scriptor. Brunsuic. bey dem Frisch. 3) Werth, lieb, theuer. Suesse minnetwing die heren Das sie erkenne minen senden pin, Walther v. Klingen. Wil die vil here das ich vro beste, Markgr. Heinrich von Weißen. 4) Froh, vergnügt; in welchem Verstande auch heer im Niedersächsischen üblich ist. Diu machet mich so rehte her, Reinmar der Alte. Mehrere Beyspiele führen Frisch v. Hehr und Schilter v. Her an, woraus zugleich erhellet, daß so wohl ehe, eher, als Ehre, Herr, Herrlich und andere mehr von diesem alten Worte abstammen.


Heide (W3) [Adelung]


1. Die Heide, plur. inus. ein besonders in Niedersachsen übliches Wort, das Werrig von dem Hanfe und Flachse zu bezeichnen, S. Hede. Ein anderes Niedersächsisches mit diesem gar nicht verwandtes Wort ist Heide, so fern es etwas bedeutet, welches man zusammen sparet und verstecket. Eine Heide Äpfel oder Birnen, Äpfel oder Birnen, welche man sammelt und heimlich aufhebet. In dem Bremisch-Nieders. Wörterbuche wird es sehr wahrscheinlich von höden, hüden, hüthen, oder auch von hägen, sparen, abgeleitet.


Heide (W3) [Adelung]


2. Die Heide, plur. inus. eine Pflanze, welche viele holzige, harte, braunrothe Stängel und eine Menge Blätter treibet, welche den Tamarisken-Blättern gleichen, und beständig grün bleiben; Erica L. besonders dessen Erica vulgaris, welche bey uns an unfruchtbaren Örtern, besonders auf den dürren Heiden in großer Menge wächset, und auch Heidekraut, in Niedersachsen auch Brüsch genannt wird. Nieders. Heide, Heede, Heen, Angels. Haeth, Engl. Heath. Vermuthlich hat diese Pflanze den Nahmen von ihrem gewöhnlichsten Aufenthalte; d. i. den unfruchtbaren Heiden, da denn der Nahme Heide aus Heidekraut verkürzet seyn würde; obgleich andere es umdrehen und die Heiden von dieser Pflanze benannt wissen wollen. Indessen stehet es noch dahin, ob nicht die verworren unter einander gewachsenen Stängel zu dessen Benennung Anlaß gegeben, da denn der Deutsche Nahmen der Heide, zu dem Nieders. Heide oder Hede, ( S. Hede,) der Latein. Nahme Erica aber zu unserm Werrig, Werk gehören würde. Auch der wilde Roßmarin, Porsch, Post oder Mutterkraut, welcher in den Sümpfen wächset, Ledum palustre L. wird in einigen Gegenden weiße Heide genannt.


Heide (W3) [Adelung]


3. Die Heide, plur. die -n, ein sehr altes Wort, welches ehedem so wie das heutige Feld oder Land den Städten und bewohnten Örtern entgegen gesetzet wurde, in welcher jetzt veralteten Bedeutung es in den ältesten und mittlern Zeiten noch häufig vorkommt. So bedeutet Haithi bey dem Ulphilas das Feld; wie Matth. 6, 28, Blomans haithjos, die Blumen des Feldes; V. 30, Havihaithjos, das Heu des Feldes; Marc. 1, 6, Milith haithivisn, wildes Honig. So auch bey den Schwäbischen Dichtern, wo es häufig für Flur gebraucht wird. Wie ich danne sunge von den vogellinen Von der Heide und von den bluomen, Walther von der Vogelweide. Eine schoene wol gezieret Heide Dar aber man bluomen bricht wunder, ebend. Da singe ich von der Heide und von dem gruenen kle, der von Singenberg. Und so in vielen andern Stellen mehr, wovon einige auch die folgende Bedeutung eines Waldes leiden. Über Heide und über Wiese, hieß ehedem so viel als über Stock und Stein, über Berg und Thal. Noch jetzt heißt im Niedersächsischen Heide und Weide in verschiedenen sprichwörtlichen R. A. so viel als alles mit einander, wo es in Hamburg Hey und Wey lautet; einem Heide und Weide vorrücken, alle genossene Wohlthaten. Auch im Wallis. bedeutet Haithio den Acker. S. Heideschwamm. In dieser weitern Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet, wo man es nur noch in folgenden zwey Fällen gebraucht, welche Überbleibsel derselben zu seyn scheinen. 1) Ein großer mit Tangel- oder schwarzem Holze bewachsener Wald, in welchem Verstande es in Ober- und Niedersachsen häufig ist. In dem Sachsenspiegel heißt es B. 2, Art 61: Drey Heiden sint binnen Sachsen, do den wilden thieren fride gemacht ist by Königsbann, ane den beeren, wolffen, füchsen. Die Heiden heissen Bannförste. daz eyne ist die Heide zv Koyne. der ander ist der Harz. der dritte die Meideheide. Die Dübensche Heide, die Torganische Heide, sind noch jetzt in Sachsen bekannt und ansehnliche Wälder, so wie die Brandsheide, im Zerbstischen, die Gardelegische Heide in der Altmark, die Mosikauer und Qualendorfische Heide im Dessauischen u. a. m. Indessen gebraucht man doch in der edlen Schreibart statt dieses Ausdruckes lieber das Wort Wald, ungeachtet es auch an Beyspielen des Gegentheiles nicht fehlet. Gehabt euch wohl ihr Nymphen in der Heide, O Pan, ich muß von dir, Opitz. Nur der güldne Hämmerling sitzt im Haselgebüsche Auf dem schwankenden Ast, und singt den ruhigen Heiden Stets eintönig sein Lied, Zachar. Im als Schwedischen war Id, Ed gleichfalls ein Wald. S. Hain, welches vielleicht mit diesem Worte verwandt ist. 2) Ein unfruchtbares ebenes Feld, welches ungebauet lieget, weil es weder Getreide noch brauchbares Gras, sondern nur Heidekraut, Geniste und anderes Gesträuch träget, und in Obersachsen eine Lehde, in Oberdeutschland eine Ägerte, Egerte, Egde, (vielleicht von Ericetum, und dieß von Erica, Heidekraut,) und in Rußland eine Steppe genannt wird. Im Nieders. gleichfalls Heide, wo vornehmlich die Lüneburgische Heide, so wie die Rastätter Heide in der Markgrafschaft Baden, in diesem Verstande bekannt sind. Der wird seyn, wie die Heide in der Wüsten, Jer. 17, 6; Kap. 48, 6. David war in der Wüsten Siph in der Heide, 1 Sam. 23, 15, 19. Wie der Löw. das Wild frißt in der Heide, Sir. 13, 23. Im Angels. Haeth, im Engl. Heath, im Schwed. Hed, im Dän. Heede. Wachter leitet es in dieser Bedeutung von haed, ha, hoch, ab, und will, daß es eigentlich ein hoch gelegenes Land bedeute; andere von dem Heidekraute, S. 2 Heide. Man könnte auch leicht auf das Deutsche Ode fallen, wenn es nicht glaublicher wäre, daß es in diesem Verstande ein Überrest der allgemeinen Bedeutung eines Feldes, im Gegensatze der bewohnten Städte und Örter wäre. Werden doch von unserm Deutschen Land wüste und unbebauete Gegenden im Französischen les Landes und im Ital. le Lande genannt, wenn nicht diese Wörter durch das von nieselnden Mundarten eingeschobene n aus unserm Lehde gebildet worden. S. dasselbe. Auf der Insel Madagascar heißt eine Wüste gleichfalls Heta.


Heide (W3) [Adelung]


4. Der Heide, des -n, plur. die -n, Fämin. die Heidinn, plur. die -en, eine Person, welche außer der Erkenntniß des wahren Gottes lebet, ein Ungläubiger im weitern Verstande; daher im alten Testamente alle Völker außer den Juden, heut zu Tage aber alle außer den Juden, Christen und Türken, Heiden genannt werden, ob man gleich in den mittlern Zeiten auch die Türken mit zu den Heiden zu zählen pflegte. In einigen Gegenden sind die Zigeuner unter dem Nahmen der Heiden in engerer Bedeutung bekannt. Auch ein noch ungetauftes Kind wird im gemeinen Leben ein Heide genannt, weil es noch nicht auf eine sichtbare Art in die Gemeinschaft des wahren Gottes aufgenommen ist. S. Heidenhaut und Heidenhaar. Anm. Man hat von diesem dunkeln Worte allerley Ableitungen versucht. Schilter leitet es von Heide, Hain, ain Wald, her, weil die abgöttischen Deutschen ihren Götzendienst vornehmlich in den Wäldern zu verrichten pflegten; Gudmund Andreä von dem alten Schwed. Heid, Reichtum, weil sie diesen als das höchste Gut verehret; Wachter von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ; Frisch und andere von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welche Ableitung dadurch einigen Schein erhält, daß in dem Angelsächsischen Gesetze das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ausdrücklich durch Haethne gegeben wird, anderer Versuche zu geschweigen. Allein, wenn man die alte Schreibart dieses Wortes und dessen Gestalt in den verwandten Sprachen betrachtet, so wird man auf eine weit wahrscheinlichere Spur gerathen. Bey dem Ottfried heißt der Heide Heithiner, in den Monseeischen Glossen Heidaner, bey dem Notker, in dem Schwabenspiegel, bey den Schwäbischen Dichtern und fast bey allen Schriftstellern des mittlern Zeitalters, und selbst noch jetzt im Oberdeutschen der Heiden, im Engl. Heathen, im Holländ. Heyden, im Dän. und Schwed. Hedning, im Isländ. Heidin, im Goth. bey dem Ulphilas Haithns. Diese Endung -ner, ning und verkürzt -n, beweiset deutlich, daß unser Heide eigentlich ein abgeleitetes Wort ist, welches von Heide, das Feld, das Land, im Gegensatze der Stadt ( S. 3. Heide,) gerade auf eben die Art gebildet worden, wie das spätere Lat. Paganus von Pagus. Es ist bekannt, daß, als Constantin und dessen Söhne die Götzendiener aus den Städten verbanneten, sich diese auf das Land und in die Dörfer, in Pagos, begaben, und daselbst ihren Götzendienst in der Stille fortsetzten, daher sie von den Lateinischen Christen gegen das Ende des vierten Jahrhundertes Pagani genannt wurden. Als die Deutschen sich zur christlichen Religion bekannten, übersetzten sie nebst vielen andern christlichen Kunstwörtern auch dieses wörtlich, und nannten einen Götzendiener einen Heidener, einen Bewohner des flachen Landes, woraus mit der Zeit der Heiden, und noch kürzer der Heide geworden. Hieraus erhellet zugleich, woher das n in den übrigen Endungen außer der ersten kommt. In den mittlern Zeiten wurden in Schweden die Adeligen Hedin genannt; allein dieses Wort hat allem Ansehen nach einen andern Ursprung, und stammet mit unserm Adel vermuthlich von Aet, Geschlecht, her, so wie das mittlere Lat. Gentilis, von Gens, in eben dieser Bedeutung gebraucht wurde. Gottsched, der alle gleichlautende Wörter von verschiedener Bedeutung auch durch die Schreibart unterschieden wissen wollte, schrieb Hayde, ein Wald, Heide, ein unfruchtbares Stück Land, und Heyd, paganus; allein zum Unglücke war er in Ableitung der Wörter, die doch hier den Ton angeben sollte, fast alle Mahl unglücklich, daher diese und andere Neuerungen auch nur bey einigen wenigen seiner nächsten Anhänger Beyfall gefunden haben.


Heidebereiter (W3) [Adelung]


Der Heidebereiter, S. Heidereiter.


Heidebesen (W3) [Adelung]


Der Heidebesen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Besen von Heide oder Heidekraut, dessen man sich in einigen Niedersächsischen Gegenden häufig bedienet.


Heidebiene (W3) [Adelung]


Die Heidebiene, plur. die -n, Bienen, welche man den Herbst über in die unfruchtbaren Heiden träget, und daselbst ihren Honig einsammeln lässet, wie solches in einigen Niedersächsischen Gegenden sehr üblich ist. Sie sind kleiner und schwärzer als die Bienen aus fettern Gegenden. S. Heidehonig.


Heideböckchen (W3) [Adelung]


Das Heideböckchen, des -s, plur. ut nom. sing. in Obersachsen, Haufen, welche man auf dem Felde von dem abgemäheten Heidekorne macht, damit die Körner desto besser austrocknen können. S. 4. Bock.


Heidebusch (W3) [Adelung]


Der Heidebusch, des -es, plur. die -büsche, besonders in Niedersachsen, ein jedes strauchartiges Gewächs, welches nur auf den unfruchtbaren Heiden wächset, und auch Brake genannt wird; dergleichen das Heidekraut, der Ginster u. a. m. sind. S. 3. Heide 2.


Heidedeich (W3) [Adelung]


Der Heidedeich, des -es, plur. die -e, in Niedersachsen, ein kleiner Deich, welcher in den Mooren und sumpfigen Heiden aufgeworfen wird.


Heidefench (W3) [Adelung]


Der Heidefench, des -es, plur. inus. S. Heidekorn.


Heidefutter (W3) [Adelung]


Das Heidefutter, des -s, plur. inus. Futter, welches auf dürren unfruchtbaren Heiden wächset. S. 3. Heide 2.


Heidegrütze (W3) [Adelung]


Die Heidegrütze, plur. inus. die aus dem Heidekorne bereitete Grütze; Buchweitzengrütze. S. Heidekorn.


Heidehonig (W3) [Adelung]


Der Heidehonig, des -es, plur. inus. Honig, welcher von solchen Bienen gesammelt worden, welche man in unfruchtbaren Heiden stehen gehabt, und hochgelb von Farbe ist. Siehe Heidebiene.


Heideknecht (W3) [Adelung]


Der Heideknecht, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, ein Unterförster, ein geringer Forstbedienter, welcher dem Heidereiter oder Förster untergeordnet ist, und auch Heideläufer, Forstläufer und Forstknecht genannt wird. Siehe 3. Heide.


Heidekorn (W3) [Adelung]


Das Heidekorn, des -es, plur. inus. der Oberdeutsche Nahme derjenigen Pflanze und ihres Kornes, welche in Ober- und Niedersachsen unter dem Nahmen des Buchweitzens am bekanntesten ist; S. dieses Wort. Im Oberdeutschen wird es auch Heidefench, Heidel, in Krain Hade genannt. Entweder, weil es einen hohen dürren Boden liebet, und daher auch in unfruchtbaren Heiden fortkommt, oder auch, und zwar am wahrscheinlichsten, weil es in den Kreuzzügen aus der Türken zu uns gebracht worden, daher es im Französ. auch Ble Sarazin, und im Böhm. Pohanka, von Pohan, ein Heide, genannt wird.


Heidekraut (W3) [Adelung]


Das Heidekraut, des -es, plur. die -kräuter. 1) Ein jedes Kraut, welches auf dürren unfruchtbaren Heiden wächset. S. 3. Heide 2. 2) In engerer Bedeutung und ohne Plural, die Erica vulgaris L. welche auch Heide genannt wird. S. 2. Heide. 3) Auch der Felsenstrauch, Empetrum nigrum L. ist in einigen Gegenden unter dem Nahmen des Heidekrautes bekannt, weil er gleichfalls gern an dürren unfruchtbaren Orten wächset. S. auch Affenbeere.


Heidel (W3) [Adelung]


Der Heidel, des -s, plur. inus. S. Heidekorn.


Heideläufer (W3) [Adelung]


Der Heideläufer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Heideknecht.


Heidelbeere (W3) [Adelung]


Die Heidelbeere, plur. die -n, die Beeren einer Pflanze, welche staudenartig wächset, und die schattigen Wälder liebt, und diese Pflanze selbst; Vaccinium L. Es gibt ihrer verschiedene Arten. 1) Die gemeine Heidelbeere, Vaccinium Myrtillus L. trägt schwarze Beeren, und heißt auch Schwarzbeere, Myrtenbeere, Blaubeere, Roßbeere, Staudelbeere, in Niedersachsen Bickbeere, Bickelbeere, Besinge, Kuhtäcken, in Baiern Aigelbeere, im Franz. Myrtille, Airelle, Raism des Bois; woraus zu erhellen scheinet, daß sie auch den Deutschen Nahmen Heidelbeere daher erhalten, weil sie in den Heiden, d. i. Tangelwäldern häufig wächset. 2) Die große Heidelbeere, Vaccinium uliginosum L. heißt an andern Orten Kosbeere; weil sie nur in Sümpfen wächset, auch Moorbeere, Moosbeere, Moosheidelbeere, Bruchbeere; weil sie den Kopf einnimmt, auch Trunkelbeere, Drumpelbeere, Rauschbeere; im Dänischen Böllebär, Böller, und im Nieders. Krackbeere und Ingelbeere. 3) Die rothe Heidelbeere, welche niedrig an der Erde wächset, Vaccinium Vitis Idaea L. ist in Obersachsen unter dem Nahmen der Preiselbeere am bekanntesten, S. dieses Wort. Sie wächset gleichfalls in den Heiden, d. i. schattigen Wäldern.


Heidelbeerkamm (W3) [Adelung]


Der Heidelbeerkamm, des -es, plur. die -kämme, ein hölzernes Werkzeug in Gestalt eines Kammes, womit man die Heidelbeeren von dem Strauche abzustreifen pfleget.


Heidelbrey (W3) [Adelung]


Der Heidelbrey, des -es, plur. inus. am häufigsten im Oberdeutschen, ein Brey von gekochter Heidegrütze.


Heidelerche (W3) [Adelung]


Die Heidelerche, plur. die -n, eine Art Lerchen, welche sich am liebsten in den Heiden, d. i. Schwarzwäldern, aufhält, und sich durch ihre geringere Größe und dunkelbraunen Flügelfedern von der gemeinen Sang- oder Feldlerche unterscheidet; Alauda sylvestris Klein. Sie wird auch Brachlerche, Wiesenlerche, Steinlerche, Mittellerche, Baumlerche, Holzlerche, Spießlerche, Krautvogel und Waldlerche genannt.


Heidelgries (W3) [Adelung]


Der Heidelgries, des -es, plur. inus. im Oberdeutschen, Gries aus Heidekorn oder Buchweitzen. S. Gries.


Heidelhahn (W3) [Adelung]


Der Heidelhahn, in einigen Gegenden, der Birkhahn, ( S. dieses Wort,) Tetrao tetria L.


Heidendreck (W3) [Adelung]


Der Heidendreck, des -es, plur. inus. S. Heidenhaut.


Heidengeld (W3) [Adelung]


Das Heidengeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, in einigen Obersächsischen Gegenden, ein Geld, welches für das Betreiben der Felder mit dem Viehe gegeben und auch das Triftgeld genannt wird. Vielleicht, weil es zunächst für das Betreiben der Waldungen entrichtet wird; oder auch weil Heide hier noch die erste Bedeutung des Feldes, der Flur hat. S. 3. Heide.


Heidenhaar (W3) [Adelung]


Das Heidenhaar, des -es, plur. inus. oder die Heidenhaare, sing. inus. im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, diejenigen Haare. welche die Kinder mit auf die Welt bringen. Figürlich auch wohl die ersten Federn der Tauben, so lange sie noch den Haaren gleichen. S. das folgende.


Heidenhaut (W3) [Adelung]


Die Heidenhaut, plur. inus. im gemeinen Leben einiger Gegenden, besonders Niedersachsens, eine Unreinigkeit, welche die neu gebornen Kinder auf den Köpfen mit auf die Welt bringen, und welche sich hernach in Gestalt einer Rinde oder einer Haut ablöset. Diese Unreinigkeit wird auch der Heidenkoth und in den niedrigen Sprecharten der Heidendreck genannt. Die erste Hälfte dieser Wörter zielet auf den alten Gebrauch, Kinder, so lange sie noch nicht getauft sind, Heiden zu nennen. Siehe 4. Heide.


Heidenisopp (W3) [Adelung]


Der Heidenisopp, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, z. B. in Thüringen, ein Nahme des Kirschisoppes, Cistus Helianthemum L. weil er auf dürren Heiden und unfruchtbaren Triften wächset, und daher auch Heidenschmuck genannt wird; S. Kirschisopp.


Heidenkoth (W3) [Adelung]


Heidenkoth, des -es, plur. inus. S. Heidenhaut.


Heidenmeise (W3) [Adelung]


Die Heidenmeise, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme der Haubenmeise. S. dasselbe.


Heidenreich (W3) [Adelung]


Der Heidenreich, des -es, plur. inus. an einigen Orten ein Nahme des Bauernsenfes, ( S. dieses Wort) Thlaspi arvense L. wo dieser Nahme auch in Heiderich zusammen gezogen wird. An andern Orten wird der wilde Meerrettich, Thlaspi campestre L. der auf den Feldern und an den thonigen Wegen wächset, Heidenreich und Heidenrettig genannt.


Heidenrettig (W3) [Adelung]


Der Heidenrettig, des -es, plur. inus. S. das vorige.


Heidenschaft (W3) [Adelung]


* Die Heidenschaft, plur. inus. ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, das Heidenthum, den Mangel der Erkenntniß des wahren Gottes, ingleichen die im Heidenthume lebenden Völker zu bezeichnen. In dem alten Gedichte auf den heil. Anno Heidenscapht. Wer hat vor Zeit und Jahren Auch in den Heidenschaft dergleichen doch erfahren? Opitz. Er übergab sie in gemein Der fremden Heidenschaft auf Erden, ebend.


Heidenschmuck (W3) [Adelung]


Der Heidenschmuck, des -es, plur. inus. S. Färberscharte. An andern Orten führet der Kirsch- oder Heidenisopp diesen Nahmen. S. Heidenisopp.


Heidenthum (W3) [Adelung]


Das Heidenthum, des -es, plur. inus. 1) Der Mangel der Erkenntniß des wahren Gottes, der Stand des Götzendienstes. 2) Völker, welche in diesem Zustande leben.


Heidepfrieme (W3) [Adelung]


Die Heidepfrieme, plur. inus. in einigen Gegenden, die Geniste. S. dieses Wort.


Heiderauch (W3) [Adelung]


Der Heiderauch, des -es, plur. inus. ein Nebel, welcher sich in dürren Sommern Abends in Gestalt eines Rauches über den Heiden oder Wäldern sehen lässet, und von dem Heerrauche noch verschieden ist. Im Oberdeutschen Hegerauch, von Hag, ien Wald.


Heidereiter (W3) [Adelung]


Der Heidereiter, des -s, plur. ut nom. sing. in denjenigen Gegenden, wo man die Schwarz- oder Tangelwälder Heiden zu nennen pfleget, ein Förster zu Pferde, der die Heide zu bereiten hat; der Heidebereiter.


Heiderich (W3) [Adelung]


Der Heiderich, des -s, plur. die -e. 1) Ein Nahme des Hederichs; ohne Plural. S. dieses Wort. 2) Ein Nahme des Bauernsenfes; auch ohne Plural. S. Heidenreich. 3) Ein Nahme eßbarer Feldschwämme; S. Heideschwamm.


Heiderling (W3) [Adelung]


Der Heiderling, des -es, plur. die -e, S. Heideschwamm.


Heiderose (W3) [Adelung]


Die Heiderose, plur. die -n, S. Weinrose.


Heideschaf (W3) [Adelung]


Das Heideschaf, des -es, plur. die -e, in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, Schafe, welche auf den unfruchtbaren Heiden gehalten werden, und sich mit dem dürren Heidefutter behelfen müssen. Sie sind klein, aber von harter Natur, und heißen in Niedersachsen auch Geestknabben, von Geest, hohes, unfruchtbares Land, im Lüneburgischen und um Hamburg Schnicken, Schnucken, Heideschnucken, woraus einige Hochdeutsche Heideschnaken und Heideschmacken gemacht haben; vermuthlich vom Angels. sniccan, kriechen.


Heideschwamm (W3) [Adelung]


Der Heideschwamm, des -es, plur. die -schwämme, in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, eine Art eßbarer Feldschwämme, welche daselbst auch Heideriche und Heiderlinge, und in Sachsen mit dem ohne Noth erborgten Französis. Nahmen, Champignons, genannt werden, Agaricus campestris L. ohne Zweifel, so fern Heide ehedem das Feld bedeutete, siehe 3. Heide. In andern Gegenden heißt er Drüschling, in Baiern Ögartling, in Böhmen Herrenschwamm, in Steiermark Angerling. S. auch Champignon.


Heideschwarm (W3) [Adelung]


Der Heideschwarm, des -es, plur. die -schwärme, in Niedersachsen, ein Bienenschwarm, der von dem Vorschwarme zuweilen ausflieget; weil solches zu der Zeit zu geschehen pfleget, da die Bienen schon in der Heide stehen.


Heidesiebt (W3) [Adelung]


Das Heidesiebt, des -es, plur. die -e, in einigen Niedersächsischen Gegenden, ein Siebt oder kleine Sense, die Heide oder das Heidekraut damit abzumähen. S. Siebt.


Heidexe (W3) [Adelung]


Die Heidexe, S. Eidexe.


Heidnisch (W3) [Adelung]


Heidnisch, adj. et adv. von 4. Heide, den Heiden gehörig, in dem Heidenthume gegründet, nach Art der Heiden. Heidnische Götter, heidnische Sitten, heidnische Fabeln. Ingleichen mit einem harten Nebenbegriffe, ruchlos, gottlos. Heidnisch leben. Ein heidnisches Betragen. In dem übersetzten Isidor heidhhliih und heidheno, bey dem Ottfried heidinen, in dem alten Gedichte auf Carls des Großen Feldzug haithenisch, in dem 1514 gedruckten Livius heidisch.


Heiduck (W3) [Adelung]


Der Heiduck, des -en, plur. die -en, ein Ungarisches Wort, welches eigentlich einen leicht gewaffneten Soldaten zu Fuß bedeutet. In Deutschland beleget man mit diesem Nahmen einen Diener in der Tracht dieser Ungarischen Heiducken, dessen vornehmstes Amt darin bestehet, die Kutsche oder Sänfte seines Herren zu begleiten. Im Pohln. lautet dieses Wort Hayduk.


Heie (W3) [Adelung]


Die Heie, ein Schlägel, S. Heye.


Heil (W3) [Adelung]


Heil, adj. et adv. welches in der Gestalt eines Nebenwortes am üblichsten ist. Es bedeutet, 1) * eigentlich, ganz, unzertheilt, unzertrennt; in welcher Bedeutung es nur noch im Nieders. wo es heel lautet, gangbar, im Hochdeutschen aber fremd ist. Die hele oder heile Welt, die ganze Welt. Heil mager, sehr mager, ganz mager. Die Hochdeutschen, welche es im gemeinen Leben in einigen Ausdrücken beybehalten haben, haben es zugleich in hell verändert. Der helle Haufen, der ganze, völlige Haufen, S. 1. Hell. In dieser Bedeutung lautet es schon bey dem Ottfried heil, im Engl. whole, Angels. hal, im Holländ. heel, geheel, im Dän. heel, im Schwed. hel, im Wallis. oll und olh; womit das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - sehr genau überein stimmen. S. auch All, welches gleichfalls hierher gehöret. 2) In engerer Bedeutung, unverwundet, und nach der Verwundung wieder geheilet, von äußern Schäden und Verletzungen der Glieder. Auf heiler Haut ist gut schlafen, im gemeinen Leben. Aus heiler Haut sterben, ohne sichtbare Veranlassung von außen. Ein Geschwür aus heiler Haut bekommen. Doch diese R. A. sind größten Theils Niedersächsisch. Im Hochdeutschen ist es in dieser Bedeutung nur als ein Nebenwort üblich. So ist der Grind heil, 3 Mos. 13, 37. Wie das Mahl des Aussatzes heil worden ist, Kap. 14, 3. Da das Volk beschnitten war, blieben sie an ihrem Ort - bis sie heil wurden, Jos. 5, 8. Die Wunde ist schon heil. Indessen hat es doch auch hier etwas niedriges, daher man in der anständigen Sprechart lieber das Mittelwort geheilet, oder einen ähnlichen Ausdruck dafür gebraucht. 3) Figürlich, gesund, von den innern Theilen des Leibes; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher dieses Wort noch einige Mahl in der Deutschen Bibel vorkommt. Ist gleich mein ganzes Fleisch nicht heil, Opitz, Ps. 73. In dieser Bedeutung lautet es bey dem Ulphilas hails, bey dem Ottfried un Kero heil, im Engl. hail, im Schwed. hel, und im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . S. das folgende und Heilen.


Heil (W3) [Adelung]


Das Heil, des -s, plur. car. das vorige Wort als ein Hauptwort gebraucht, welches aber nur in einigen figürlichen Bedeutungen vorkommt. 1) * Die Gesundheit; im Wallis. Hwyl, im Schwed. Hel, im Englischen mit einem andern Suffixo Health. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet, wo es nur noch in den Nahmen einiger, so wohl in Ansehung äußerer Wunden, als auch innerer Krankheiten, heilsamen Pflanzen vorkommt. So werden so wohl die Agrimone, als auch der Ehrenpreis, die Stabwurz un das Gauchheil in einigen Gegenden Heil aller Welt genannt. 2) Die menschliche Glückseligkeit oder Wohlfahrt, so wohl ihrem ganzen umfange, als auch ihren einzelnen Stücken nach. Jemanden alles Glück und Heil wünschen. Sein Heil versuchen, sein Glück versuchen, ob man in einer Sache glücklich seyn könne. Sein Heil im Kriege, im Spiele u. s. f. versuchen. Das ewige Heil, die ewige Wohlfahrt, die ewige Glückseligkeit. Durch den übertriebenen Gebrauch, oder vielmehr Mißbrauch, welchen die Dichter der vorigen Zeiten von diesem Worte machten, hat es viel von seiner Würde verloren, daher man es jetzt in der höhern und edlern Schreibart immer sparsamer antrifft. In engerer Bedeutung ist es in der Theologie von allen Arten geistlicher Güter und Wohlthaten noch am häufigsten, in welchem Verstande es nicht nur in der Deutschen Bibel sehr oft, sondern auch in vielen der folgenden Zusammensetzungen vorkommt. Die Ordnung des Heils, diejenige Ordnung, in welcher man zu der geistlichen Glückseligkeit gelanget; S. Heilsordnung. Das Heil der Menschen, ihre geistliche und ewige Wohlfahrt. Die Quelle des Heils, der Ursprung, der Urheber dieser Wohlfahrt. Es ist in dieser ganzen Bedeutung schon sehr alt. Bey dem Kero und dem Übersetzer Isidors, unsern ältesten Schriftstellern, lautet es mit andern Ableitungssylben, Heilidha, Heilij, (gleichsam Heile,) in welchen Gestalten es zugleich weiblichen Geschlechtes ist, so wie Heili bey dem Notker, und Heilda bey dem Ottfried, welcher letztere aber auch schon Heil hat. Im 9ten und 10ten Jahrh. kommt in eben diesem Verstande auch Gealtniss und Gehaltnissi vor, welches aber zunächst zu halten, erhalten, zu gehören scheinet. Im Angels. lautet es Hael, Haelo, im Engl. Hail, im Dän. Held und Heil, im Schwed. Hel und Helsa. Das Lat. Salus ist sehr genau damit verwandt, indem der Hauchlaut in manchen Mundarten sehr leicht in den Zischlaut überzugehen pfleget, wovon sylva aus - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - unter vielen nur ein Beispiel ist. Haben doch die Deutschen diesen Zischlaut in dem veralteten Seld, Selde, Glückseligkeit, Wohlfahrt, und in dem heutigen selig, gleichfalls beybehalten. S. das letztere, ingleichen Wohl und Unheil. 3) Wird dieses Wort auch in der dichterischen und höhern Schreibart, mit der dritten Endung der Person. häufig als ein Glückwunsch gebraucht, jemanden alle Arten der Wohlfahrt, der Glückseligkeit anzuwünschen, oder wenn es an Gott gerichtet wird, als eine Formel des Dankes, des Ruhmes, des Preises. Heil mir, wenn ich in Christo sterbe! Gell. Lied. Heil uns, daß unser Morgen in die Tage Des einzigen Monarchen fiel! Raml. Heil dem Gotte, dessen Gnade Dich zur Göttinn ausersah! ebend. S. Wohl, welches auf ähnliche Art gebraucht wird. Da Gottsched über dieses Zwischenwort, wie er es irrig nennet, mehr als Ein Mahl gespottet, und es für eine unerträgliche, den Britten nachgeahmte Neuerung ausgegeben hat, so wird es wohl der Mühe werth seyn, einen kleinen Beweis zu führen, daß dieser Glückwunsch unserer Sprache gar nicht fremd ist, und daher von unsern neuern Dichtern nicht aufgebracht, sondern nur der Vergessenheit, in welche er gerathen war, wird er entrissen worden. Hails thiudan Iudaie, heißt es bey dem Ulphilas Marc. 15, 16, wo die Angelsächsische Übersetzung Hal vaes thu Iudaea kyning, und Luther, gegrüßet seyst du der Jüden König, haben. Bey dem Notker lautet die ähnliche Stelle in den Psalmen, Heil herro du Iuden Chuninc. Bey dem Ottfried ist diese Formel gleichfalls sehr häufig. Heil wih dohter, Heil dir, heilige Tochter, B. 1, Kap. 6. Heil magad zieri, Kap. 5. Heil du Krist, B. 4, Kap. 22. Wo es, wenn es mit der ersten oder fünften Endung verbunden wird, eigentlich das Bey- oder Nebenwort ist, und das Zeitwort seyn oder wesen verstanden werden muß; wie bey dem Tatian Kap. 32, heil uuis thu gebono follu, Heil dir, die du voller Gnade bist, und in dem Fragmente auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter, Hail sistu Kuning Marsilie! Von welcher Gruß- oder Glückwünschungs-Formel bey dem Tatian auch die Wörter heilizen für grüßen, und Heilizunga für Gruß vorkommen.


Heilart (W3) [Adelung]


Die Heilart, plur. die -en, die Art und Weise, eine Krankheit zu heilen; die Heilungsart; Methodus medendi.


Heilbad (W3) [Adelung]


Das Heilbad, des -es, plur. die -bäder, in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, eine mineralische Quelle, in welcher man sich, zur Wiederherstellung der Gesundheit, badet; ein Gesundheitsbad.


Heilbar (W3) [Adelung]


Heilbar, adj. et adv. was zu heilen ist, geheilet werden kann, besonders von Wunden, Krankheiten und Schäden. Noch mehr in dem zusammen gesetzten unheilbar. So auch die Heilbarkeit.


Heilblatt (W3) [Adelung]


Das Heilblatt, des -es, plur. inus. an einigen Orten ein Nahme der Wiesenraute oder Krötendistel; Thalictrum L. vermuthlich wegen ihrer Heilkräfte. S. Wiesenraute.


Heilbrunnen (W3) [Adelung]


Der Heilbrunnen, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, eine mineralische Quelle, deren Wasser zur Wiederherstellung der Gesundheit getrunken wird; der Gesundheitsbrunnen. Es. 12, 3 wird es figürlich von dem Urheber alles Heils, d. i. aller leiblichen und geistlichen Wohlfahrt, gebraucht.


Heilen (W3) [Adelung]


1. Heilen, verb. reg. welches von dem Bey- und Nebenworte heil abstammet, und in doppelter Gestalt üblich ist. I. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, heil werden; wo es doch nur von Wunden und äußern Schäden gebraucht wird. Die Wunde heilet schon, ist geheilet. Katzenbisse heilen schwer. Bey den Schwäbischen Dichtern kommt auch das verlängerte Alemannische geheilen in weiterer Bedeutung für genesen, gesund werden, vor. Das habent mir ir schoenin ougen getan Das ich niemer me geheilen kan, Ulrich v. Guotenburg. Im Nieders. helen, im Angels. halian. II. Als ein Activum. 1. * Eigentlich, ganz machen, besonders, was zerbrochen, zerrissen, zerstücket ist. Da alles Volk zu ihm trat, heilete er den Altar des Herren, der zerbrochen war, 1 Kön. 18, 30; d. i. er besserte ihn aus, stellete ihn wieder her. Im Hochdeutschen ist diese Bedeutung veraltet, wo man sie nur noch zuweilen im Scherze als eine Figur der folgenden Bedeutungen gebraucht. 2. In engerer Bedeutung, von Wunden, Geschwüren und anderen Schäden und Verletzungen des Leibes. Der Wundarzt heilete die Wunde in kurzer Zeit. Das Pflas=ter wird die Wunde bald heilen. Einen Bruch, ein Geschwür, eine Fistel heilen. 3. Figürlich. 1) Von Krankheiten des Leibes befreyen, genesen machen; mit dem Vorworte von. Jemanden von der Blindheit, von dem Fieber, von dem Podagra u. s. f. heilen. Ingleichen mit der vierten Endung der Person, mit Auslassung der Krankheit oder des Gebrechens. Einen Kranken heilen. Er heilete ihn also, daß der Blinde und Stumme beyde redete und sah, Matth. 12, 22. So auch mit der vierten Endung der Sache, wenn die Person verschwiegen wird. Eine Krankheit, ein Gebrechen heilen. Eine Arzeney, welche alle Krankheiten heilet. Im gemeinen Leben ist dieses Wort durch das ausländische curiren beynahe ganz verdränget worden; allein in der edlern Schreibart hat es noch immer seine Stelle behauptet. 2) Von einem Grame, von einem Kummer befreyen; in der edlen Schreibart, und nur mit dem Vorworte von oder mit der vierten Endung der Sache. Nichts als eine außerordentliche Veränderung wird sie von ihrem Kummer heilen, Weiße. 3) Von Unvollkommenheiten, Gebrechen des Geistes und der Seele befreyen; wo es doch nur in der Sprache der Gottesgelehrten, nach dem Vorgange der Deutschen Bibel, in allen den Wortfügungen üblich ist, in welchen es von leiblichen Krankheiten gebraucht wird. Heile mich Herr, Ps. 6, 3. Von dem Ungehorsam heilen, Ier. 3, 22. Und so in andern Stellen mehr. Daher das Hauptwort die Heilung, die Handlung des Heilens, in allen obigen Fällen.

Anm. Bey dem Ottfried heilan, im Nieders. helen, im Dän. heele, im Engl. to heal, im Schwed. hela, bey dem Ulphilas hailjan.


Heilen (W3) [Adelung]


2. * Heilen, verb. reg. act. welches nur noch in einigen, besonders, Oberdeutschen Gegenden, für verschneiden, castriren, üblich ist. Daher verheilen in eben diesem Verstande, der Heiler, ein verschnittenes Pferd, ein Wallach, der Heilbock, ein verschnittener Bock, u. a. m. in eben diesen Gegenden gebraucht werden. Frisch leitet es von dem vorigen Zeitworte ab, und glaubt, daß es eigentlich verheilen, d. i. zergänzen, heißen müsse. Allein da es in einigen Gegenden richtiger geilen lautet, so stammet es durch eine gelindere Aussprache des Hauchlautes unstreitig auch von diesem Worte ab. S. 1. Geilen.


Heilholder (W3) [Adelung]


Der Heilholder, des -s, plur. inus. S. Attich.


Heiljahr (W3) [Adelung]


Das Heiljahr, des -es, plur. die -e, ein im Hochdeutschen ziemlich ungewöhnlich gewordenes Wort, die Jahre nach der Geburt Christi, und der dadurch verschafften geistlichen Wohlfahrt der Menschen, zu bezeichnen. Im Heiljahre 1499.


Heilig (W3) [Adelung]


Heilig, -er, -ste, adj. et adv. am wahrscheinlichsten von dem Hauptworte Heil, und zwar, I. * Im transitiven oder thätigen Verstande, für heilsam, Heil, d. i. Gesundheit, Nutzen bringend, auf welche Art heilligh bey dem Kero für salutaris vorkommt. In dieser allem Ansehen nach schon lange veralteten Bedeutung, kommt es noch in den Nahmen einiger heilsamen Pflanzen vor. Dergleichen ist die heilige Pflanze, Santolina Chamae Cyparissus L. welche in dem mittägigen Europa wächset, und das heilige Holz, das Holz eines Amerikanischen Baumes, welches in der Arzeneykunde gleichfalls sehr geschätzet wird, S. Franzofenholz. II. In intransitiver Bedeutung, vermuthlich so fern Heil ehedem, dem Bey- und Nebenworte heil zu Folge, die ganze, unzertrennte Beschaffenheit eines Dinges bezeichnet haben mag. 1. Unverletzt, unverderbt, sich in dem Zustande der gehörigen Vollständigkeit und Vollkommenheit befindend; wo es doch nur im moralischen Verstande in der Theologie, von der sittlichen und geistlichen Vollkommenheit gebraucht wird, Fertigkeit zur überwiegenden Liebe des Guten und zum herrschenden Hasse des Bösen besitzend. 1) Eigentlich. So wird im höchsten Verstande Gott heilig genannt, wo dieser Ausdruck zugleich die höchste Vollkommenheit aller seiner Eigenschaften mit in sich schließet, S. Heiligkeit. Der heilige Geist, die dritte Person des göttlichen Wesens, welche dadurch von andern Geistern unterschieden wird. In eingeschränkterer Bedeutung wird dieses Wort in der Deutschen Bibel oft so wohl von den guten oder heiligen Engeln, als auch von tugendhaften, mit Gott vereinigten Personen gebraucht, welche letztere auch Heilige genannt werden. Im gemeinen Leben hat dieses Wort, so fern es von Menschen gebraucht wird, einen gehäffigen Nebenbegriff bekommen, indem man sich bey einem Heiligen oder einer heiligen Person alle Mahl einen Heuchler, einen Scheinheiligen denket. Bey vollendeten Gläubigen verlieret sich dieser Nebenbegriff, daher man ihn in diesem Falle ohne Anstoß gebraucht. Die Heiligen im Himmel. Die Gemeinschaft der Heiligen. Besonders von solchen Personen, welche sich durch einen vorzüglich frommen und Gott gefälligen Wandel von andern unterschieden haben. Der heilige David. Der heilige Johannes. Die heiligen Apostel. In der Römischen Kirsche werden nur diejenigen vollendeten Gläubigen, welche wegen ihrer, unläugbaren vorzüglichen Tugenden öffentlich für Heilige erkannt und zur Verehrung aufgestellet worden, mit diesem Nahmen beleget, und noch von den Seligen unterschieden, S. dieses letztere Wort. Jemanden heilig sprechen, eben daselbst, ihn canonisiren. Daher die Heiligsprechung, die Canonisation. Ein wunderlicher Heiliger, ein wunderlicher Mensch. 2) Figürlich, in diesem vollkommenen Zustande des Willens gegründet; ingleichen auf die Hervorbringung dieser Fertigkeit abzielend. Die heiligen Wege Gottes. Eine heilige Lehre. Heilige (gottselige) Gedanken haben. Heilige Betrachtungen anstellen. Ein heiliges Leben führen. Ein heiliger Vorsatz, ein heiliger Trieb. Eine heilige Miene, worunter man aber gemeiniglich eine heuchlerische, scheinheilige Miene verstehet. Die heilige Schrift, die schriftlich verfassete göttliche Offenbarung. 2. Unverletzlich, von Beleidigungen, Beschädigungen oder Mißbräuchen gesichert, von dem gemeinen Gebrauche abgesondert, und zu einem besondern feyerlichen Gebrauche bestimmt. 1) Überhaupt. Ein heiliger Ort, dergleichen die Freystätten, Kirchen, Palläste u. s. f. sind. Die wildesten Völker halten das Recht der Ehe für ein heiliges Recht. Die heilige Asche unsrer Väter. Die Bande des Blutes sind mir nicht heiliger als die Bande der Liebe, Dusch. Etwas heilig verwahren, mit großer Sorgfalt. Etwas heilig versichern, betheuern, versprechen, zusagen, auf die feyerlichste, unverletzlichste Weise. Ich, sprach der Wolf, kann heilig schwören, Herr König, ich war nicht dabey, Lichtw. Vermuthlich beziehet sich auch hier auf die Benennung des heiligen Römischen Reiches, im Lat. sacri imperii Romani, welche schon von den heidnischen Kaisern angenommen werden; ingleichen des heiligen Beines in der Zergliederungskunst, Os sacrum, weil es unter den Zeugungsgliedern lieget, welche bey allen gesitteten Völkern für heilig, d. i. unverletzlich, gehalten werden, und von welchem auch die heilige Pulsader, Arteria sacra, und die heilige Blutader, Vena sacra, den Nahmen haben, weil sie sich in eben dieser Gegend befinden. 2) In engerer Bedeutung, dem Gottesdienste, der Verehrung Gottes gewidmet, und dadurch unverletzlich gemacht, und von dem gemeinen Gebrauche abgesondert; in welchem Verstande es in der Deutschen Bibel oft als ein Hauptwort vorkommt. Kein Heiliges soll sie anrühren, 3 Mos. 12, 4. Daß Aaron trage die Missethat des Heiligen, das die Kinder Israel heiligen in allen Gaben ihrer Heiligung, 2 Mos. 28, 38. Ein heiliger Ort, heilige Sachen, ein heiliger Tag. Der heilige Abend, der Abend vor einem Feste, der Festabend. Ehedem nannte man auch die Priester und Geistlichen in der Römischen Kirche die Heiligen. Im vorzüglichsten Verstande gibt man daselbst noch jetzt dem Pabste den Nahmen heiliger, oder wohl allerheiligster Vater, und im Abstracto Se. Heiligkeit. Besonders ist das Wort heilig von solchen Dingen üblich, welche einem feyerlichern Gottesdienste gewidmet sind, oder ein Stück eines feyerlichern Gottesdienstes ausmachen, wo es oft noch mit dem Worte hoch verstärket wird, hochheilig. Das Heilige war in der Jüdischen Kirche ein zum feyerlichen Gottesdienste bestimmter Theil des Tempels, der an das Allerheiligste stieß. Die heilige Woche, die Woche vor dem Osterfeste, die Charwoche. Das heilige Jahr, in der Römischen Kirche, worin das große Jubiläum gefeyert wird. In weiterer Bedeutung wird es oft von allem gebraucht, was sich auf den Gottesdienst und kirchliche Dinge oder Personen beziehet. Die heilige Kleidung, die Kleidung der Geistlichen bey dem Gottesdienste. Das heilige Feuer, der Rothlauf, die Rose. S. Feuer. 3) Figürlich, in der höhern Schreibart, einen hohen Grad der Ehrerbiethung, der Ehrfurcht, der Andacht einflößend, und in dieser Eigenschaft gegründet. Der heilige Glanz der Tugend. Gell. Die heilige Stille des Waldes. Ein heiliges Dunkel. Feyerlich zittert im stammen Gehölz ein heiliges Schrecken, Zachar. Sein ehrlich fromm Gesicht, sein heilig graues Haar, Gell. Anm. In dem übersetzten Isidor heileg, bey dem Ottfried heilag, bey dem Willeram heilig, im Nieders. hillig, im Angels. halig, halga, im Engl. holy, im Dän. hellig, im Schwed. helig. Es vereiniget die Bedeutungen der beyden Lat. Wörter sacer und sanctus in sich. Die Wortforscher haben sich gleichsam am die Wette bemühet, seltsame und gezwungene Ableitungen dieses Wortes zu erdenken, indem sie bald auf das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - die Sonne, bald auf das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Gott, bald auf das alte Nordische Eld, Feuer, bald auf - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bald auf das alte Heit, Reichthum, Kleinod, bald auf noch andere eben so unwahrscheinliche Stämme gefallen sind. Nur wenige sind bey dem Worte Heil, welches sich doch so natürlich darbiethet, stehen geblieben. Heilig kommt vermittelst der Ableitungssylbe -ig, von Heil, wie selig von dem veralteten Sal, Heil, Wohlfahrt. Indessen ist nicht zu läugnen, daß es sich in der zweyten intransitiven Bedeutung, wo es den Begriff der Absonderung sehr deutlich mit sich führet, ganz erträglich von dem Zeitworte hehlen, verdecken, bedecken, würde ableiten lassen; welche Ableitung dadurch einige Wahrscheinlichkeit erhalten könnte, daß im Isidor arcana secretorum durch heilac chiruni übersetzt worden. Kero gebraucht für heilig, so fern es sacer und sanctus bedeutet, beständig wih und wiho, ( S. Weihen,) ein Vermuthungsgrund, daß heilig in diesen Bedeutungen zu seiner Zeit noch nicht gangbar gewesen. In der zweyten intransitiven Bedeutung wurden ehedem auch frohn und hehr statt desselben gebraucht; S. diese Wörter.


Heiligen (W3) [Adelung]


Heiligen, verb. reg. act. heilig machen, in den intransitiven Bedeutungen dieses Wortes. 1. Im theologischen Verstande, wo 1) von Gott gesagt wird, daß er die Menschen heilige, d. i. die rechtmäßige Gemüthsbeschaffenheit, die Sinnesänderung in ihnen hervorbringe; doch mit verschiedenen Einschränkungen, indem es im engsten Verstande nur die Fortsetzung der angerichteten Sinnesänderung, in weiterm die ganze innere Ausbesserung des Menschen im Gegensatze der Rechtfertigung, und im weitesten das ganze Gnadenwerk Gottes in dem Menschen, mit Inbegriff der Rechtfertigung, bezeichnet. Heilige sie in deinen Wahrheit, Joh. 17, 17. 2) Gottes Heiligkeit, d. i. Majestät und Vollkommenheit, erkennen, bekennen, und diese Erkenntniß thätig beweisen; doch nur in der Deutschen Bibel. Daß Gott der Heilige geheiliget werde in Gerechtigkeit, Es. 5, 16. Heiligt aber Gott den Herren in euren Herzen, 1 Pet. 3, 15. Geheiliget werde dein Nahme. 2. Vor Verletzungen sicher stellen, und in weiterer Bedeutung, von dem gemeinen Gebrauche absondern und zu einem feyerlichen Gebrauche bestimmen. 1) Überhaupt, wo es nur in der höhern Schreibart gebraucht wird. Diese Empfindsamkeit eurer Herzen müßt ihr zu einem lebendigen Gefühle alles dessen, was gut, recht, wahr, löblich und billig ist, heiligen, Cram. 2) In engerer Bedeutung. (a) Dem Gottesdienste, der Verehrung Gottes widmen. Heilige mir alle Erstgeburt, 2 Mos. 13, 2. Ein geheiligter Ort. Den Sabbath heiligen. (b) Zum Gottesdienste zubereiten, bequem machen; in welcher Bedeutung es nur in der Deutschen Bibel und in der höhern Schreibart gebraucht wird. Gehe hin zum Volk und heilige sie heut und morgen, daß sie ihre Kleider waschen, 2 Mos. 19, 10. Die Priester, die zum Herren nahen, sollen sich heiligen, B. 22. So auch die Heiligung, plur. inus. in allen obigen Fallen.

Anm. Im Isidor heilegan, bey dem Notker geheiligeien, im Angels. halgian, im Engl. to hallow.


Heiligenfresser (W3) [Adelung]


+ Der Heiligenfresser, des -s, plur. ut nom. sing. ein niedriger Ausdruck eines Scheinheiligen, der sich im äußern so beträget, als wenn er gleichsam alle Heiligen in sich trüge; Nieders. Hilligenbiter.


Heiligenholz (W3) [Adelung]


Das Heiligenholz, des -es, plur. inus. S. Götzenholz,


Heiligensohle (W3) [Adelung]


Die Heiligensohle, plur. inus. in dem Salzwerke zu Halle, diejenige Sohle, welche wöchentlich den Kirchen zum Besten versotten wird.


Heiligholz (W3) [Adelung]


Das Heiligholz, des -es, plur. inus. S. Franzosenholz und Heilig I.


Heiligkeit (W3) [Adelung]


Die Heiligkeit, plur. inus. die Eigenschaft einer Sache, nach welcher sie intransitive heilig ist. 1) In engerer Bedeutung, von vernünftigen Wesen, die Fertigkeit zur überwiegenden Liebe des Guten und zum herrschenden Hasse des Bösen; doch nur im theologischen Verstande, wo es, wenn es von Gott gebraucht wird, dessen vollkommenste Neigung zum Guten, und in weiterer Bedeutung dessen höchste und einfachste Vollkommenheit, bezeichnet. 2) In weiterer Bedeutung, die unverletzliche Beschaffenheit eines Dinges, die Eigenschaft, nach welcher von dem gemeinen Gebrauche abgesondert, und zu einem feyerlichen Gebrauche, besonders zum Dienste, zur Verehrung Gottes gewidmet ist. Die Heiligkeit eines Ortes, eines Tages. Die Heiligkeit der Ehen. In der Römischen Kirche wird der Papst in Abstracto im Deutschen Se. Heiligkeit, und im Concreto heiliger oder allerheiligster Vater genannt.

Anm. Bey dem Notker Heiligheit, bey dem Stryker Heilichait, mit andern Suffixis bey dem Notker Heiligi, im Isidor und bey dem Tatian Heilacnissa, Heilagniss.


Heiliglich (W3) [Adelung]


* Heiliglich, ein veraltetes Oberdeutsches Nebenwort für heilig, welches noch Ier. 4, 2, und Weish. 6, in vorkommt.


Heiligmacher (W3) [Adelung]


Der Heiligmacher, des -s, plur. inus. ein Ausdruck, welcher in der Theologie zuweilen von Gott und besonders dem heiligen Geiste gebraucht wird, weil er die Menschen heiliget. Eben daselbst ist auch die Heiligmachung für Heiligung üblich.


Heiligsprechung (W3) [Adelung]


Die Heiligsprechung, plur. die -en, S. Heilig II. 1.


Heiligthum (W3) [Adelung]


Das Heiligthum, des -es, plur. die -thümer, ein heiliger Ort, oder ein heiliges Ding., in der zweyten intransitiven Bedeutung des Wortes heilig; besonders ein Gott oder dessen Verehrung geweiheter Ort oder Gegenstand. So werden in der Deutschen Bibel die Stiftshütte, der Tempel, und zuweilen auch die Stadt Jerusalem häufig das Heiligthum genannt. In engerer Bedeutung sind in der Römischen Kirche Heiligthümer und in den gemeinen Sprecharten Heilthümer, die Überbleibsel heiliger Personen; Reliquien. Etwas als ein Heiligthum verwahren. Bey dem Notker Heiligtuom, bey dem Stryker Heiltum, im Schwed. Helgedom. Notker nennet auch ein Sacrament Heilichtuom.


Heilkraft (W3) [Adelung]


Die Heilkraft, plur. die -kräfte, die heilende, d. i. die Genesung befördernde Kraft einer Arzeney.


Heilkraut (W3) [Adelung]


Das Heilkraut, des -es, plur. die -kräuter, ein Kraut, welches seiner heilsamen Kräfte wegen, in der Arzeneykunst gebraucht wird; ein officinelles Kraut.


Heilkunde (W3) [Adelung]


Die Heilkunde, plur. car. die Kunde, d. i. Wissenschaft, Krankheiten zu heilen; die Medicin, Arzeneywissenschaft. Siche Kunde.


Heillos (W3) [Adelung]


Heillos, -er, -este, adj. et adv. gottlos, lasterhaft 1 Sam. 25, 17, und 2 Sam. 20, 1. Ein heilloser Mensch. Heillos leben. Eine heillose That. Wie habt ihr so hayloß in der sach gehandelt, Theuerd. Kap. 57, wo es für treulos stehet. Figürlich, doch nur in den niedrigen Sprecharten, in einem hohen Grade unangenehm, thöricht u. s. f. Ein heilloser Lärm. So auch das Hauptwort die Heillosigkeit, plur. inus.


Heilmittel (W3) [Adelung]


Das Heilmittel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Mittel, Wunden, Schäden oder Krankheiten zu heilen; ein Heilungsmittel, Arzeneymittel.


Heilmonath (W3) [Adelung]


Der Heilmonath, des -es, plur. die -e, der Nahme des letzten Monathes im Jahre, des Decembers, welchen derselbe schon von Carln dem Großen erhalten hat, weil das Fest der Geburt Christi in demselben gefeyert wird, daher er auch der Christmonath heißt.


Heilsam (W3) [Adelung]


Heilsam, -er, -ste, adj. et adv. was Heil bringet, unser Heil befördert. 1) Was Wunden und Krankheiten heilet, und überhaupt die Gesundheit befördert und erhält. Ein heilsames Pflas=ter, heilsame Kräuter, eine heilsame Arzeney. Das ist der Gesundheit sehr heilsam. Im Oberdeutschen wird auch die Arzeneykunst zuweilen die heilsame Kunst genannt. 2) Was unsere zeitliche und geistliche Wohlfahrt befördert. Heilsame Gesetze. Die Züchtigung war ihm sehr heilsam. Eine heilsame Lehre. Die Heilsame Gnade Gottes. Ein heilsamer, sehr nützlicher, Rath. Bey dem Notker heilsam, und mit einer andern Ableitungssylbe heilhaft, im Engl. wholesome, im Schwed. helsosom. Im Oberdeutschen bedeutet es auch intransitive gesund.


Heilsamkeit (W3) [Adelung]


Die Heilsamkeit, plur. inus. die Eigenschaft einer Sache, nach welcher sie heilsam ist, in beyden Bedeutungen des Beywortes. Im Oberdeutschen auch intransitive für Gesundheit.


Heilsmittel (W3) [Adelung]


Das Heilsmittel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Theologie, ein jedes Mittel, wodurch man die geistliche und ewige Wohlfahrt erhält; das Gnadenmittel.


Heilsordnung (W3) [Adelung]


Die Heilsordnung, plur. die -en, eben daselbst, 1) diejenige Ordnung, in welcher der Mensch der geistlichen Wohlfahrt theilhaftig wird; die Gnadenordnung. 2) Der Umfang der dahin gehörigen Wahrheiten; die Dogmatik.


Heilstätte (W3) [Adelung]


Die Heilstätte, plur. die -n. Im gemeinen Leben mancher Gegenden sagt man von einem Kranken, er suche Heilstätten, wenn er kurz vor dem Tode unruhig wird, und auf eine andere Stätte oder Stelle gebracht seyn will, wo er sich besser zu befinden hofft.


Heilungsmittel (W3) [Adelung]


Das Heilungsmittel, S. Heilmittel.


Heim (W3) [Adelung]


* Das Heim, des -es, plur. die -e, oder die Heime, plur. die -n, ein, wenigstens im Hochdeutschen, völlig veraltetes Hauptwort, welches nur um der folgenden Wörter willen zu merken ist. Es bedeutete, 1) einen Zaun, welche Bedeutung Schilter als die erste und ursprüngliche annimmt, und sich dabey auf den Kilian beruft, der es durch sepes, sepimentum, septum, und heimen durch sepire, obvallare, erkläret. In Oberschwaben ist heimen noch jetzt so viel als einzäunen und hägen. Indessen scheinet es in dieser Bedeutung zunächst zu Hain und mit demselben zu Hag zu gehören; ob es gleich nicht an Wortforschern fehlet, welche Heim und Hain für einerley Wort halten, wenigstens beyde aus Einer Quelle herleiten. 2) Ein umzäunter oder eingehägter Bezirk, ein in seinen Gränzen eingeschlossenes Gebieth, eine Flur, eine Mark, S. Heimbuch, Heimbürge, Heimfeld, Heimgereuth, Heimrath. 3) Ein Gezelt, eine Hütte, ein Wohnhaus mit seinem Zubehör; eine im Deutschen und allen verwandten Sprachen überaus alte Bedeutung. Schon im Salischen Gesetze kommt Cham in verschiedenen Zusammensetzungen, die ich im folgenden anführen werde, vor. Das Angels. Ham, das Nieders. Heime, das Schwed. Heim, das Engl. Home, und andere mehr haben eben diese Bedeutung. Frisch führet aus dem Tschudi die R. A. an, um Haus und Heim kommen, wofür man jetzt sagt, um Haus und Hof kommen. In vielen eigenthümlichen Nahmen der Örter kommt diese und die folgende Bedeutung noch jetzt vor. Das gräfliche Öttingische Bergschloß und heutige Oberamt Hohenhaus, wird in den mittlern Zeiten häufig Hürnheim, und in Lateinischen Urkunden Alta domus, Altum castrum genannt, hundert anderer Beyspiele zu geschweigen. In engerm Verstande bedeutet es ein eigenes Wohnhaus, in welcher Bedeutung auch Haus in den R. A. gebraucht wird, um Haus und Hof kommen, von Hause kommen, nach Hause gehen u. s. f. welche sich vorzüglich in dem folgenden Nebenworte erhalten hat. 4) Eine Sammlung mehrerer Häuser, ein Dorf, ein Flecken. Bey dem Ulphilas sind Bourgs und Haimos Städte und Flecken, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Bey dem Hesychius sind - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Fischerwohnungen. Auch das Franz. Hameau, mittlere Lat. Hama und im Diminut. Hamelus, Hamelettum, und das Lettische Kaimo, Kiemas, ein Dorf, gehören hierher, anderer zu geschweigen. 5) In engerer Bedeutung, der Ort, wo jemand zu Hause ist, woher er gebürtig ist, und in weiterer Bedeutung, ein solches Land, das Vaterland; eine gleichfalls sehr alte Bedeutung, in welches dieses Wort in dem Salischen Gesetze Cham, bey dem Ottfried Heime, Heiminge. im Nieders. Heime, bey den Schwäbischen Dichtern das Heim, lautet. In dem folgenden Nebenworte und in Heimath hat sich auch diese Bedeutung erhalten. In noch weiterm Verstande bezeichnete es im Schwedischen auch die Welt, und Heims Kringla den Weltkreis, das gemeinschaftliche Vaterland aller Menschen.

Anm. Das Wort ist zu alt, als daß man dessen Abstammung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit sollte bestimmen können. Die beste Ableitung ist noch die, die es von dem alten hemen, hemmen, bedecken, abstammen lässet, S. Hemd und Himmel, welche aus eben dieser Quelle herfließen; obgleich Ihre es umkehret, und hemmen, bedecken, von Hem und Heim ableitet.


Heim (W3) [Adelung]


Heim, ein Nebenwort des Ortes, welches im Hochdeutschen nur im gemeinen Leben üblich ist, zu Hause oder nach Hause bedeutet, und diejenigen Zeitwörter begleitet, welche eine Bewegung nach einem Orte bedeuten, da es denn nicht nur das Wohnhaus, sonden auch den Geburts- oder Wohnort, und in weiterer Bedeutung auch das Vaterland bezeichnet; z. B. heim gehen, heim reisen, heim hohlen u. s. f. In manchen Fällen wird es noch mit dem Vorworte an zusammen gesetzet, S. Anheim. Von dem Seyn oder Aufenthalte in seiner Wohnung, an seinem Geburts- oder Wohnorte, oder in seinem Vaterlande, ist daheim üblich, S. dasselbe. Heim ist ohne allen Zweifel ein Nebenwort, und sollte daher billig mit den Zeitwörtern eden so wenig zusammen gezogen werden, als die meisten andern Nebenwörter; indem dieses eigentlich nur mit Vorwörtern geschiehet. Allein, da hin, her, weg, wieder, wenn es das Nebenwort ist, und noch einige andere hier eine Ausnahme machen, so wird heim von vielen auch mit dahin gezogen, die folglich heimbringen, heimhohlen, heimfahren u. s. f. schreiben. Indessen sollte man doch hier lieber zu wenig als zu viel thun, weil dergleichen unnöthige Zusammenziehungen zu weiter nichts dienen, als daß sie die Zahl der Wörter ohne Noth vermehren. Ich habe daher im folgenden die gangbarsten; mit diesem heim verbundenen Zeitwörter, zwar besonders aufgeführet, aber sie getheilt geschrieben, heimsuchen ausgenommen, welches die Zusammenziehung schon längst hergebracht hat. Die von solchen Redensarten hingegen gemachten Hauptwörter, wie Heimfahrt, Heimbringung, Heimhohlung, Heimkunft u. s. f. werden billig als Ein Wort angesehen, wie solches in tausend andern Fällen gleichfalls geschiehet. S. die Sprachlehre. Dieses alte Nebenwort stammet von dem vorigen Hauptworte ab, und lautet schon in dem Salischen Gesetze cham, bey dem Ottfried. heim, im Dän. hiem, im Schwed. hem, im Engl. home.


Heimath (W3) [Adelung]


Die Heimath, plur. die -en, der Ort, das Land, wo jemand daheim ist, d. i. sein Geburtsort, sein Vaterland. Gott, der mich von meiner Heimath genommen hat, 1 Mos. 24, 7. Sie ruderten gemach der Heimath wieder zu,. Kleist. Anm. Bey dem Notker Heimod und Heimuod, bey dem Tschudi Heimen, bey dem Pictorius Heimand, im Holländ. Heymet, im Nieders. nur Heime, und im Dän. Hiem. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die letzte Sylbe aus der Endung -de entstanden ist, wie schon Frisch behauptet hat, indem dieses Wort im gemeinen Leben, vieler Gegenden wirklich Heimde geschrieben und gesprochen wird. Ottfried gebraucht dafür mit einer andern Ableitungssylbe Heiminge. In einigen Gegenden ist es ungewissen Geschlechtes, welches es auch bey dem Frisch hat. Ein Mann verlässet sein eigen Heimat und hanget seinem Weibe an, 3 Esr. 4, 20.


Heim begeben (W3) [Adelung]


Heim begeben, verb. irreg. recipr. ( S. Geben,) welches nur im gemeinen Leben vorkommt. Sich heim begeben, sich nach Hause, in seinen Wohn- oder Geburtsort, in sein Vaterland begeben.


Heim bringen (W3) [Adelung]


Heim bringen, verb. irreg. act. ( S. Bringen,) im gemeinen Leben, nach Hause bringen. Esau ging aufs Feld, daß er ein Wildbret jagte und heim brächte, 1 Mos. 27, 5. Wird Gott - mich mit Frieden wieder heim zu meinem Vater bringen, Kap. 28, 21. Daher die Heimbringung.


Heimbuch (W3) [Adelung]


Das Heimbuch, des -es, plur. die -bücher, in einigen Gegenden, z. B. zu Mühlhausen, ein obrigkeitliches Buch, welches die Flur. und Feldgesetze enthält. S. das Heim 2. und das folgende.


Heimbürge (W3) [Adelung]


Der Heimbürge, des -n, plur. die -n, ein nur an einigen Orten übliches Wort. 1) In Thüringen und einigen andern Gegenden ist der Heimbürge eines Dorfes dessen Kämmerer, und zuweilen auch dessen Syndicus, indem er die Güter der Gemeinde verwaltet und berechnet, bey Rechtshändeln das Beste der Gemeinde besorget, und zuweilen auch die Polizey in seinem Dorfe handhabet. Sein Amt wird das Heimbürgenamt, die Heimbürgenschaft genannt. Er folgt in der Würde nach dem Schulzen, und heißt in andern Gegenden der Heimer, Vorsteher, Dorfmeister, Vormünder, Gemeinder, Gemeindsführer, im Hennebergischen Bauermeister, Baumeister, in Sachsen Gemeindemeister. 2) An andern Orten, z. B. in Mühlhausen, sind es obrigkeitliche Personen, welche vornehmlich die Streitigkeiten, die in dem Heime, d. i. in der Flur und in den Feldern ( S. das Heim 2,) vorfallen, untersuchen und entscheiden, und ihre Urtheile nach dem Heimbuche abfassen. Sie halten gemeiniglich jährlich Ein Mahl im Felde unter freyem Himmel ein öffentliches Gericht, welches das Heimbürgengericht, im gemei- nen Leben das Heimbürgensigen, und zusammen gezogen das Heimersigen genannt wird. An andern Orten heißt es das Hägemahl, S. dieses Wort, ingleichen Feldgericht. 3) Zuweilen, besonders im Oberdeutschen, werden die Gerichtsbothen, oder obersten Gerichtsdiener Heimbürgen, und im mittlern Lat. Heimburgenses und Heimburgii genannt, wie von Speyer, Straßburg und andern Orten erweislich ist.


Heime (W3) [Adelung]


Die Heime, plur. die -n, noch häufiger aber im Diminut. das Heimchen, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, eine sehr gewöhnliche Benennung der Grille, besonders aber der Hausgrille, weil sie sich am liebsten in den Häusern aufhält, stehe Hausgrille. Bey dem Raban Maurus Muheimo, bey dem Dafipodius mit Versetzung der Sylben Heimenmuck, von dem Oberdeutschen Mucke, ein fliegendes Ungeziefer, im Nieders. Hemken, Ehmken, Ehme.


Heim eilen (W3) [Adelung]


Heim eilen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert und nur im gemeinen Leben üblich ist, noch Hause eilen.


Heimer (W3) [Adelung]


Der Heimer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Heimbürge.


Heim fahren (W3) [Adelung]


Heim fahren, verb. irreg. neutr. ( S. Fahren,) welches das Hülfswort seyn bekommt, im gemeinen Leben, nach Hause fahren.


Heimfahrt (W3) [Adelung]


Die Heimfahrt, plur. die -en, die Fahrt, d. i. Reise nach Hause. In engerer Bedeutung wird auch die feyerliche Heimführung der Braut, die Heimhohlung, an einigen Orten die Heimfahrt genannt.


Heimfall (W3) [Adelung]


Der Heimfall, des -es, plur. die -fälle, in den Rechten, derjenige Zufall, da jemanden ein Genuß oder Eigenthum anheim fällt, durch einen Todesfall wieder zufällt.


Heim fallen (W3) [Adelung]


Heim fallen, verb. irreg. neutr. ( S. Fallen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, und auch anheim fallen lautet, zufallen, durch einen Todesfall oder andern Umstand in jemandes Besitz gerathen, besonders von Gütern, wenn sie wieder an ihren vorigen Herren, oder dessen Haus fallen. Wenn das Lehen dem Lehensherren heim fallen wird. Wo es aber seiner Knechte einem von seinem Erbtheil etwas schenket, das sollen sie besitzen bis aufs Freyjahr, und soll alsdann dem Fürsten wieder heim fallen, Ezech. 46, 17. Solche heim gefallene Güter werden oft heim fällige Güter genannt, nach einer fehlerhaften, aber sehr gewöhnlichen Verwechselung der Mittelwörter. Schwed. hemfalla.


Heimfeld (W3) [Adelung]


Das Heimfeld, des -es, plur. die -er, in einigen Gegenden, z. B. in Sachsen, ein Feld, welches in des Dorfes eigenen Heim, d. i. Flur; Mark und Gerichte, lieget; ein einheimisches Feld, im Gegensatze der auswärtigen Felder oder Weitfelder, welche in andern Fluren oder unter andern Gerichten liegen. Bestehen dergleichen Felder aus Hufen, so werden diese auch Heimhufen, und ihre Besitzer Heimhüfener genannt, welche letztere an andern Orten auch Inmärker heißen, und den Ausmärkern entgegen gesetzet sind.


Heim führen (W3) [Adelung]


Heim führen, verb. reg. act. nach Hause, in seinen Wohnort, in sein Vaterland führen. Führe ihn wieder mit dir heim, 1 Kön. 13, 18. Will dich des Weges wieder heim führen, deß du gekommen bist, Es. 37, 29. Daher die Heimführung, welches in engerer Bedeutung auch von der feyerlichen Führung einer Braut in das Haus ihres Bräutigams gebraucht wird, von der Heimhohlung.


Heim gehen (W3) [Adelung]


Heim gehen, verb. irreg. neutr. ( S. Gehen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, nach Hause, in sein Haus, in seinen Wohnort, in sein Vaterland gehen. Ey, laßt uns heim gehen, Hist. Sus. v. 13. Hebe dein Bett auf und gehe heim, Matth. 9, 6. So froh geht nicht der Schnitter heim, wenn er die letzte Garbe in seine rolle Scheune trägt, Geßn.


Heimgereuth (W3) [Adelung]


Das Heimgereuth, oder Haimgeraid, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, z. B. um Landau, ein in seinen Gränzen eingeschlossenes Gereuth, eine Holzmark, S. Gereuth und das Heim 2.


Heim hohlen (W3) [Adelung]


Heim hohlen, verb. reg. act. nach Hause, in seine Wohnung, in seinen Wohnort, in sein Vaterland hohlen. Besonders, seine Braut oder neue Ehegattinn feyerlich in seine Wohnung führen. Welcher ein Weib ihm anvertrauet hat, und hat sie noch nicht heim gehohlet, 5 Mos. 20, 7. Als Maria dem Joseph vertrauet war, ehe er sie heim hohlete, Matth. 1, 18. Daher die Heimhohlung, welche, wenn eine solche feyerliche Handlung darunter verstanden wird, auch die Heimfahrt, die Heimführung heißt.


Heimhufe (W3) [Adelung]


Die Heimhufe, plur. die -n, der Heimhüfener, des -s, plur. ut nom. sing. S. Heimfeld.


Heimisch (W3) [Adelung]


* Heimisch, adj. et adv. welches im Hochdeutschen, außer der Zusammensetzung einheimisch, unbekannt, im Oberdeutschen aber noch gangbar ist. Es bedeutet daselbst, 1) was im Hause ist, sich in Wohnhäusern aufhält. Heimische Mäuse, Hausmäuse, im Gegensatze der Feldmäuse. Heimische arme Leute, hausarme. 2) Zahm, wofür auch heimlich üblich ist. Heimische Thiere, zahme. 3) Einheimisch, im Gegensatze dessen, was fremd ist. Vermuthlich gehören hierher auch die heimischen Trauben in Sachsen und Franken, welche eine Art grüner Weintrauben sind, den Elbingischen Trauben gleichen, und so wie sie, hell, dünnschälig und wässerig sind, und daher auch leicht faulen.


Heim kehren (W3) [Adelung]


Heim kehren, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, wieder nach Hause, in seinen Geburtsort, in sein Vaterland kehren. Wir wollen nicht heim kehren, 4 Mos. 32, 18. Maria kehrete wiederum heim, Luc. 1, 56.


Heim kommen (W3) [Adelung]


Heim kommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen,) mit seyn, wieder nach Hause, in seine Wohnung, in seinen Wohn- oder Geburtsort, in sein Vaterland kommen. Bis sein Herr heim kam, 1 Mos. 39, 16. Wenn er heim kommt vom Felde, Luc. 17, 7. Daher die Heimkunft, plur. inus.


Heim laufen (W3) [Adelung]


Heim laufen, verb. irreg. neutr. ( S. Laufen,) mit dem Hülfsworte seyn, und nur im gemeinen Leben, nach Hause laufen.


Heim leuchten (W3) [Adelung]


Heim leuchten, verb. reg. act. im gemeinen Leben, nach Hause leuchten. Figürlich auch in der niedrigen Sprechart, nach Hause prügeln, fortprügeln. Im Nieders. utliichten, ausleuchten.


Heimlich (W3) [Adelung]


Heimlich, -er, -ste, adj. et adv. welches in einer doppelten Hauptbedeutung üblich ist.

1. So fern es zunächst von Heim, das Haus, abstammet, bedeutet es,

1) * was sich in einem Hause befindet, zu demselben gehöret, und in weiterer Bedeutung, was aus einer und eben derselben Heimath ist, wofür in dem erstern Falle im Oberdeutschen auch heimlich üblich ist. Heimliche Thiere, Hausthiere. In den Deutschen Bibeln vor Luthern werden daher auch die Hausbedjenten, Hausgenossen, die Heimlichen genannt,

2) Figürlich.

(a) * Verwandt; in welcher Bedeutung es ehedem in Niedersachsen sehr üblich war. Like hemelik, gleich nahe verwandt, in den Bremischen Statuten. S. Oheim.

(b) * Vertraut, wie Leute, die zu Einer Familie, zu Einem Hause gehören, gegen einander zu seyn pflegen. Den armen was er haimleich, in dem alten Gedichte auf Carls Feldzug bey dem Schilter. Schwed. hemlig, Lat. familiaris, von welchem es eine buchstäbliche Übersetzung ist. Besonders wurde es ehedem

(c) * häufig von denjenigen Dienern, Ministern und Beamten eines Fürsten gebraucht, denen er sich und seine Geschäfte zunächst anvertrauete, welche vor andern einen Theil seines Hauses ausmachten, daher sie auch im mittlern Lat. Domestici und Familiares hießen. Daher ein heimlicher Rath, ein heimlicher Schreiber, ein Heimlicher, in den mittlern Zeiten so oft für einen geheimen Rath, geheimen Secretär und vertrauten Minister vorkommt. Der meier und der richter Der fuirsprech und der heimlicher, der Burggr. von Riedenburg. der vertraute Freund. Pharao nennte Joseph den heimlichen Rath. 1 Mos. 41, 45. David machte den Benaja zum heimlichen Rath. 2 Sam. 23, 23; 1 Chron. 12, 25. Die Weisheit ist der heimliche Rath im Erkenntniß Gottes, Weish. 8, 4. In den folgenden Zeiten, wo diese Bedeutung unbekannt wurde, oder das Wort heimlich etwas Niedriges bekam, gebrauchte man dafür das in diesem Falle ganz unschickliche geheimer Rath, geheimer Minister u. s. f. welches nicht einen vertrauten, sondern eigentlich einen verborgenen Minister bezeichnet.

(d) * Zahm, von Thieren, wie solche Thiere zu seyn pflegen, welche sich in den Häusern und um den Menschen aufhalten, in welchem Verstande es im Oberdeutschen noch völlig gangbar ist. Heimliche und wilde Thiere, Buch der Nat. 1483. Im mittlern Lat. domesticus, wo auch domesticare zähmen bedeutet. Selbst unser zahm scheint durch Vertauschung des Hauchlautes mit dem Zischlaute davon abzustammen.

(e) * Sicher zu wohnen, sicher an einem Orte zu bleiben, besonders in Ansehung der Gespenster; nach häufig im Oberdeutschen. Es ist hier nicht heimlich.

(f) * Gütig, gnädig, freundlich. Wie ist dir Gott so hert und so unheimlich. Kaisersb. Bey den Schwäbischen Dichtern kommt es in diesem Verstande mehrmahls vor.

(g) * Heiter, fröhlich; besonders in Schlesten. Ein Mann steht unbewegt; es ist allezeit heimliches Wetter in seinem Gemüthe, Opitz. Daß durch sein Singen Saat und Heiden heimlich werden, ebend. Doch in allen diesen Bedeutungen ist es im Hochdeutschen veraltet, wo man es,

2. Nur noch gebraucht, so fern es zunächst von dem alten hemen, bedecken, verbergen, abstammet, wo es überhaupt etwas das verborgen wird, oder verborgen soll, bedeutet, so wohl so fern es ohne anderer Beyseyn, als auch so fern es ohne ihr Wissen, nud auf eine ihnen verborgene Art und Weise ist und geschiehet. Ein heimlicher Ort, ein heimlicher Winkel ein heimlicher Gang, eine heimliche Treppe. Das heimliche Gemach, weil man es gemeiniglich den Augen anderer zu entziehen pfleget; im Weichbilde die Heimlichkeit. Heimliche Örter, heimliche Theile des Leibes, welche der Wohlstand zu verbergen befiehlet. Heimliche Waffen bey sich führen. Eine heimliche Liebe, ein heimliches Verständniß, heimliche Sünden. Ein heimliches Anliegen haben. Wir haben nichts Heimliches. Ihr Auge verräth einen heimlichen Gram. Die heimliche Zauberkraft der Mannspersonen. Ingleichen als eine Nebenwort. Sich heimlich davon schleichen, ohne daß es andere gewahr werden. Sich heimlich verbergen. Jemanden etwas heimlich offenbaren. Heimlich zu etwas Befehl haben. Etwas heimlich mit jemanden verabreden. Etwas heimlich halten. Sich heimlich halten, sich vor andern verborgen halten. Jemanden heimlich nachstellen. Heimlich klagen, seufzen, weinen, sich freuen. Welche heimlich vergossene Thränen! In diesen und wohl allen übrigen Fällen hat heimlich etwas niedriges an sich, wenigstens muß es in der Würde dem geheim nachstehen, daher man es am sichersten noch da gebraucht, wo von einer unerlaubten, oder unanständigen Sache die Rede ist. Dieß ist vermuthlich euch die Ursache, warum das Unschickliche dieses Wortes in folgenden Stellen einem feinen Gehöre so gleich merklich wird. Gottes heimlicher Rath, Hiob 15, 8. Zu mir ist kommen ein heimlich Wort, Kap. 4, 12. Die heimliche Weisheit, Kap. 11, 6; Ps. 51, 8. Die heimliche verborgene Weisheit Gottes, 1 Cor. 2, 7. Das heimliche Gericht Gottes, Weish. 2, 22. Die heimliche Wissenschaft. Zum heimlichen Gebrauche des Landesherren. Wo geheim der Würde des Gegenstandes weit angemessener ist.

Indessen findet außer dem noch ein sehr wesentlicher Unterschied zwischen "heimlich" und "geheim" Statt. Dieser rühret von der Ableitungssylbe "-lich" in dem erstern Worte her, welches zunächst eine Ähnlichkeit bezeichnet, so daß "heimlich" eigentlich etwas bedeutet, was einem geheimen Dinge ähnlich ist, oder was "geheim", verborgen gehalten wird, und adverbisch auf eine geheime verborgene Art; dagegen "geheim" verborgen selbst bedeutet. Man sagt daher auch aus diesem Grunde nicht richtig, alles was "heimlich" ist, wissen, Weish. 7, 21, sondern was "geheim" ist; nicht richtig die "heimlichen" Gerichte Gottes, sondern geheimen, weil sie nicht bloß verborgen gehalten werden, sondern an und für sich selbst verborgen sind; nicht eine "heimliche" Wissenschaft, so fern sie an und für sich unbekannt und verborgen ist, sondern eine "geheime"; nicht "heimlich" bleiben, sondern "geheim"; nicht das "Heimliche" an den Tag bringen, 2 Macc. 12, 41. Hingegen ist "heimlich" halten und "geheim" halten von Sachen gleich richtig, weil halten in dem zweyten Falle so viel als erhalten ist, und so viel bedeutet, als eine Sache in dem verborgenen Zustande erhalten, worin sie sich befindet.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. "hemelik", im Dän. "hemmelig", und im Schwed. "hemlig".


Heimlichkeit (W3) [Adelung]


Die Heimlichkeit, plur. die -en, von dem vorigen Bey- und Nebenworte. 1) Der Zustand, da man eine Sache geheim zu halten, vor andern zu verbergen bemühet ist; ohne Plural. Die Wohlthätigkeit, welche den Dürftigen so schön zu finden, und mit so glücklicher Heimlichkeit ihm zu helfen weiß, Gell. Zu meiner Zeit Befliß man sich der Heimlichkeit. Genoß ein Jüngling ein Vergnügen, So war er dankbar und verschwiegen, Haged. 2) Eine heimlich gehaltene Sache, besonders von solchen Dingen, welche man der Ehre, des Wohlstandes wegen heimlich hält. Nach eines Heimlichkeiten forschen. Alle Heimlichkeiten offenbaren, alle Anekdoten. Jemanden seine Heimlichkeit offenbaren. In einigen Gegenden wird auch der Abtritt oder das heimliche Gemach die Heimlichkeit genannt, S. das vorige. Zuweilen, aber nicht im Hochdeutschen, auch ohne diesen Nebenbegriff. Der verrieth den Feinden alle Heimlichkeit, 2 Macc. 13, 21. Herr ewiger Gott, der du kennest alle Heimlichkeit, Sus. V. 42; wo es verborgen gehaltene Sachen überhaupt bedeutet.

Anm. In dem Schwabenspiegel nur das Heimlich. Aus dem vorigen erhellet, daß Heimlichkeit eigentlich keine an und für sich verborgene Sache bedeuten könne, wie Geheimniß, so fern nicht zugleich angedeutet werden soll, daß sie vorsetzlich geheim gehalten werde. Indessen fehlet es nicht an Beyspielen des Gegentheiles, welche aber im Hochdeutschen niedrig klingen. Ich will meinen Mund aufthun in Gleichnissen, und will aussprechen die Heimlichkeit von Anfang der Welt, Matth. 13, 35. Die Heimlichkeit der Dreyfaltigkeit, in einer Oberd. Schrift, für das Geheimniß. Wie wollten wir doch mahlen Die tiefe Heimlichkeit, Opitz, das tiefe Geheimniß. So fern heimlich zunächst von Heim das Haus, abstammet, bedeutete Hemeligkeit im Nieders. ehedem auch das Beysammen- wohnen in einem Hause, ingleichen den nächsten Grad der Verwandtschaft.


Heim machen (W3) [Adelung]


Heim machen, verb. reg. recipr. sich heim machen, im gemeinen Leben, sich nach Hause, in seinen Wohnort machen, d. i. begeben.


Heimrath (W3) [Adelung]


Der Heimrath, des -es, plur. die -räthe, in einigen Gegenden, z. B. im Clevischen, ein Beysitzer, oder Rath eines gewissen Gerichtes, wo besonders die Deichgeschwornen, weil sie mit in dem Deichgerichte sitzen, diesen Nahmen führen und vollständig Deichheimräthe genannt werden. Von Heim, so fern es einen gewissen Bezirk, ein Gebieth bedeutet.


Heimreise (W3) [Adelung]


Die Heimreise, plur. die -n, die Reise nach Hause, in seinen Geburts- oder Wohnort.


Heim reisen (W3) [Adelung]


Heim reisen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, nach Hause reisen. Der König reisete wieder heim, 1 Macc. 4, 37.


Heim reiten (W3) [Adelung]


Heim reiten, verb. irreg. neutr. ( S. Reiten,) mit dem Hülfsworte seyn, nach Hause reiten.


Heimschar (W3) [Adelung]


Die Heimschar, plur. die -e, S. Bauerfriede.


Heim schicken (W3) [Adelung]


Heim schicken, verb. reg. act. nach Hause schicken. Und er schickte ihn heim, Macc. 8, 26. Daher die Heimschickung.


Heimschnat (W3) [Adelung]


Die Heimschnat, plur. die -en, S. Bauerfriede und Schnat.


Heim senden (W3) [Adelung]


Heim senden, verb. irreg. act. S. Senden, nach Hause senden. Daher die Heimsendung.


Heim sehnen (W3) [Adelung]


Heim sehnen, verb. reg. recipr. sich heim sehnen, sich nach Hause sehnen.


Heim stellen (W3) [Adelung]


Heim stellen, verb. reg. act. welches nur in figürlichem Verstande des Wortes heim üblich ist, eines Gutbefinden überlassen. Christus stellete es dem heim, der da recht richtet, 1 Pet. 2, 23. Daß völlige Gewalt In allem, was er hat, dem Sohn ist heimgestellt, Opitz. Wofür man auch anheim stellen zu sagen pfleget.


Heim steuern (W3) [Adelung]


Heim steuern, verb. reg. act. aussteuern, eine Person, welche verheirathet werden soll, mit der nöthigen Mitgabe versehen. Daher die Heimsteuerung.


Heimsuchen (W3) [Adelung]


Heimsuchen, verb. reg. act. welches die vierte Endung der Person erfordert. Es bedeutet, 1. * Eines Haus gewaltthätiger Weise erbrechen, in welcher Bedeutung auch die Heimsuche und die Heimsuchung verkommen. Schon in dem Salischen Gesetze findet sich in diesem Verstande Chamestali, von Cham, das Haus. In weiterer Bedeutung auch ehedem überhaupt, jemanden in seinem Hause Gewalt anthun. Ist das ain Man sin haus hinlat und selb darinne nit en ist, swer das haus dann bestanden hat, wirt der geheimsuchet, die heimsuch ist des hofherrn halbw und des der das haus bestanden hat, halbw, in dem alten Augsburg. Stadtrechte bey dem Schilter, wo das Hauptwort auch die darauf gesetzte Strafe bedeutet. Es sey dan Blutrunst oder Heimsuche oder Todtschlag, oder Knütteln mit bedachtem Mute, in dem Vertrage Erzbisch. Gerhards zu Mainz mit der Stadt Erfurt von 1289, So sol ain vogt rihten uber den totslag und alle fraevel - und haimsuchen, und swaz fraevel und unzuht haizzet, Schwabensp. Kap. 3, 4. Im Schwed. hemsokn, im Angels. hamsokna, im mittlern Lat. hamsoca, hamsocna. Auch Haussuchung und Heimzucht, im Friesischen Hamfare, Huusfare, waren ehedem in diesem Verstande üblich. Jetzt sind sie alle in demselben veraltet. 2. * Untersuchen, erforschen, ergründen; vielleicht eine Figur der vorigen Bedeutung, in welcher es aber im Hochdeutschen veraltet ist. Wer will über ihn heimsuchen seinen Weg? Hieb 36, 23. 3. Besuchen, einen Besuch bey jemanden in seinem Hause abstatten. 1) Eigentlich, in welchem Verstande es im Hochdeutschen nur noch im Scherze oder gemeinen Leben, im Oberdeutschen aber noch völlig gangbar ist. Als ihn Regiomontan in seinem hohen Alter zu Rom heimsuchte, von Khauz. Daher in den Kirchen noch das Fest der Heimsuchung Mariä seinen Nahmen hat, von dem feyerlichen Besuche, welchen der Engel Gabriel bey derselben abstattete. 2) Figürlich wird es in der Deutschen Bibel und der daher entlehnten theologischen Schreibart häufig von einer jeden merklichen Offenbarung Gottes und seiner Beschäftigung mit den Menschen gebraucht, und zwar, (a) von der Offenbarung der gnädigen Gegenwart Gottes. Und der Herr suchte heim Sarah, wie er geredt hatte, 1 Mos. 21, 1. Was ist des Menschen Sohn, daß du ihn heimsuchest? Ebr. 2, 6; in welcher aus Ps. 8, 5 entlehnten Stelle es daselbst heißet, daß du dich sein annimmst. (b) Von der Offenbarung der Strafgerichte Gottes. Ich will den Erdboden heimsuchen um seiner Bosheit willen, Es. 13, 11. Zu der Zeit wird der Herr heimsuchen die hohe Ritterschaft, Kap. 24, 21. Wenn die Strafe genannt wird, so bekommt selbige das Vorwort mit, da denn diese Redensart auch noch im Hochdeutschen üblich ist. Mit Feuersbrünsten, mit Krieg, mit Pest, mit einer bösen Frau, heimgesuchet werden. In der Deutschen Bibel wird es auch häufig mit der vierten Endung, der Sache gebraucht, die Sünde, die Bosheit, die Blutschulden u. s. f. heimsuchen, d. i. strafen, da denn Heimsuchungen auch Strafen bedeuten.


Heimsuchung (W3) [Adelung]


Die Heimsuchung, plur. die -en, S. Heimsuchen.


Heim tragen (W3) [Adelung]


Heim tragen, verb. irreg. act. ( S. Tragen,) nach Hause tragen. Daher die Heimtragung.


Heim treiben (W3) [Adelung]


Heim treiben, verb. irreg. act. ( S. Treiben,) nach Hause treiben. Daher die Heimtreibung.


Heimtücke (W3) [Adelung]


Die Heimtücke, plur. die -n. 1) Die Fertigkeit, die Neigung, andern heimlich und wider ihre Erwartung zu schaden; ohne Plural. Viele Heimtücke besitzen. Ich kenne deine Heimtücke. 2) Ein Übel selbst, besonders ein Übel geringerer Art, welches man einem andern heimlich, wider dessen Erwartung zufüget. S. das folgende.


Heimtückisch (W3) [Adelung]


Heimtückisch, -er, -te, adj. et adv. Heimtücke besitzend, und in dieser Neigung gegründet. Ein heimtückischer Mensch. Ein heimtückischer Streich. Anm. Obgleich Tücke schon den Begriff des Verborgenen bey sich führet, so scheinet doch heim in dieser Zusammensetzung richtiger zu heim, geheim, verborgen, als zu ham, hämisch, zu gehören. Hämtücke, wie es einige von diesem letztern Worte schreiben, würde eben so gut eine Tavtologie seyn als Heimtücke, wenn man auch den beständigen Gebrauch, der unstreitig für das letztere ist, nicht mit in Betrachtung ziehen wollte. Indessen kann heim hier auch die Bedeutung des Verborgenen verstärken, eine sehr verborgene Tücke zu bezeichnen. Im Nieders. ist dafür gluupsch, nüksch, fünisch, luurhaftig üblich, wo man: einen solchen heimtückischen Menschen auch einen Glunper, Stillkenbiter, Dullker, Luurangel u. s. f. nennet.


Heim wandern (W3) [Adelung]


Heim wandern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, nach Hause wandern.


Heimwärts (W3) [Adelung]


Heimwärts, adv. nach seinem eigenen Hause, nach seiner Wohnung, nach seinem Geburts- oder Wohnorte, nach seinem Vater- lande zu. Bey dem Ottfried heimortes, in dem Tatian heimuuartes.


Heimweg (W3) [Adelung]


Der Heimweg, des -es, plur. inus. der Weg nach Hause, doch nur in der R. A. sich auf den Heimweg machen. Ingleichen figürlich, die Rückkehr nach Hause. Morgen will ich an meinen Heimweg denken.


Heim weisen (W3) [Adelung]


Heim weisen, verb. irreg. act. S. Weisen, nach Hause weisen, ingleichen figürlich, abweisen. So auch die Heimweisung.


Heim wollen (W3) [Adelung]


Heim wollen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, nach Hause wollen.


Heimzen (W3) [Adelung]


Der Heimzen, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur noch in einigen Gegenden, z. B. in Meißen, auf dem Lande, besonders bey Lieferung des Zinsgetreides übliches Maß, welches nach dem Dresdener Maße 3/4 eines Scheffels und 3 1/5 Mäßchen hält. Gemeiniglich aber werden 5 Heimzen für 4 Dresdener Scheffel gerechnet. S. Himten, mit welchem Worte es verwandt ist.


Heim ziehen (W3) [Adelung]


Heim ziehen, verb. irreg. ( S. Ziehen,) welches so wohl in Gestalt eines Activi; als eines Neutrius vorkommt, und im letztern Falle das Hülfswort seyn erfordert, nach Hause, in sein Vaterland ziehen. Heim ziehen in seine Stadt, 2 Sam. 17, 23. Die Bothen zogen heim, Judith 1, 11. Daher der Heimzug. Des Königes Heimzug, 2 Macc 13, 26. Im Salischen Gesetze ist Chamzy so viel als in den spätern Zeiten Heimzucht, d. i. gewaltsame Erbrechung eines Hauses. S. Heimsuchen 1.


Heinrichs (W3) [Adelung]


Der Heinrichs Nobel, des -s, plur. ut nom. sing. eine ehemahlige Englische Goldmünze, welche König Heinrich VIII. nach dem Muster der ältern Rosenobeln schlagen ließ, und welche 5 Pfennige und 10 Grän, oder 2 Ducaten wog. Der halbe Heinrichs-Nobel wog 2 Pfennige 17 Grän, oder 1 Ducaten. Nach dem Lat. Henricus-Nobilis. S. Rosenobel und Nobel. Die Niederländer prägten diese Münze nach, da sie denn wegen des darauf befindlichen Schiffes auch Schiffs-Nobel genannt wird.


Heint (W3) [Adelung]


* Heint, ein veraltetes Nebenwort der Zeit, welches aus heute verderbt ist, und ehedem theils für dieses Nebenwort überhaupt, theils auch in engerer Bedeutung von der vorigen Nacht gebraucht wurde, als wenn es auch heute Nacht zusammen gezogen worden. Heint als die dunkeln Schatten u. s. f. in dem bekannten Kirchenliede. Bey dem Ottfried hinaht.


Heinz (W3) [Adelung]


1. "Heinz", -es, der zusammen gezogene eigenthümliche Nahme Heinrich, S. denselben.


Heinz (W3) [Adelung]


2. Der Heinz, des -en, plur. die -en, ein nur noch in einigen Fällen und Gegenden übliches Wort.

1) In dem Sächsischen Erzgebirge werden die Zugochsen, dem Melzer bey dem Frisch zu Folge, "Heinzen" genannt.

2) In dem Bergbaue wird ein sehr einfaches Röhrwerk, wodurch das Wasser vermittelst eines eisernen Seiles und der daran hängenden Taschen aus der Tiefe gezogen wird, ein "Heinz", eine "Heinzenkunst", sonst aber auch eine "Hängeseilkunst", genannt. Es ist das älteste unter den im Bergbaue üblichen Kunstzeugen, und wird bald "Heinitz", bald auch "Henitz" und "Hönitz" geschrieben und gesprochen.

3) In der Chymie führet ein Zugofen, welchen man voll Kohlen füllet, daher er kein so häufiges Nachsehen erfordert als ein anderer, den Nahmen des "faulen Heinzen", vermuthlich, weil er nur schwach ziehet. Bey einigen heißt er der "faule Heinrich", vermuthlich, weil man das Wort "Heinz" nicht verstanden, und es irrig für den verkürzten eigenthümlichen Nahmen gehalten.

Anm. Frisch führet aus dem Tschudi das Zeitwort "heunzen", an welches daselbst "vor Gericht ziehen" bedeutet. Hat dieses ehedem ziehen überhaupt bedeutet, so ist es wahrscheinlich das Stammwort von "Heinz" in allen diesen drey Bedeutungen, weil das Ziehen in allen der herrschende Begriff ist. S. "Heinzelbank" und die folgenden. Indessen stehet es dahin, ob es in der ersten Bedeutung, da es von "Zugochsen" gebraucht wird, nicht etwa eine Art eines eigenthümlichen Nahmens ist, dergleichen man auf dem Lande dem Viehe mehrmahls zu geben pfleget. Zur zweyten Bedeutung gehöret, daß die Stange an einem Ziehbrunnen, woran der Eimer hinab und herauf gezogen wird, an einigen Orten der "Hengst", und im Schwed. "Hink" genannt wird, vielleicht aus eben dieser Quelle, obgleich Ihre es von "hwika", "wanken", ableitet.


Heinze (W3) [Adelung]


Die Heinze, plur. die -n, scheinet an einigen Orten eine Benennung der Bienen zu seyn. Wenigstens werden die Feldbienen in einigen Gegenden Waldheinzen genannt. Etwa von Hain, Heinz, ein Hag, S. Heinzerlein? Oder von dem alten Hans, ein Gesell, Genoß, und Hansa, eine Vereinigung mehrerer, welche Bedeutung Wachter auch dem veralteten Zeitworte heimen beyleget? Das Nieders. Imme, Biene, wird von eini- gen gleichfalls von diesem Zeitworte hergeleitet, welches alsdann mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, zugleich, sehr deutlich überein kommt. Ein leer gelassener Bienenstock mit noch vollem Werke heißt in Niedersachsen ein Hänker.


Heinzelbank (W3) [Adelung]


Die Heinzelbank, plur. die -bänke, in einigen Gegenden, die Schnitzbank, nicht, wie Frisch glaubt, wegen der Ähnlichkeit des dicken beweglichen Kopfes, mit einem Ochsenkopfe, S. 2. Heinz, sondern vermuthlich so fern sie sonst auch die Ziehbank genannt wird, weil das Schneiden auf derselben mit einem Ziehen verbunden ist. S. 2. Heinz Anm.


Heinzelmännlein (W3) [Adelung]


Das Heinzelmännlein, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, eine Benennung des Alrauns, weil, wie Frisch vermuthet, diese zum Aberglauben gemißbrauchte Wurzel, durch einen Hund aus der Erde gezogen wird. S. 2. Heinz Anm.


Heinzenkunst (W3) [Adelung]


Die Heinzenkunst, plur. die -künste, S. 2. Heinz.


Heinzenseil (W3) [Adelung]


Das Heinzenseil, des -es, plur. die -e, in dem Hüttenbaue, das eiserne Seil oder die Kette, vermittelst deren die Blasebälge gezogen werden. Ohne Zweifel auch von dem veralteten heinzen, ziehen. S. 2. Heinz Anm.


Heirath (W3) [Adelung]


Die Heirath, plur. die -en, die Verbindung zweyer Personen zum ehelichen Stande; wo dieses Wort von beyden dazu gehörigen Personen gesagt werden kann. Auf die Heirath gehen oder ausgehen, eine solche Verbindung zu treffen suchen; im gemeinen Leben, auf die Freyd gehen. Eine Heirath stiften, so fern solches von Mittelspersonen geschiehet. Die Heirath vollziehen, 1 Macc. 10, 56. Eine gute Heirath treffen. Eine vortheilhafte Heirath thun.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Willeram Hirat, im Schwabenspiegel Heurat. Wachter und Ihre leiten es von den alten Hiu, Hew, Familie, Haus, und raten, zubereiten, verbinden, her, welche Ableitung dadurch wahrscheinlich wird, daß Ottfried hiun wirklich für heirathen gebraucht. Indessen hat doch Frischens Ableitung auch ihre Wahrscheinlichkeit, der es von Heuer und heuern abstammen lässet, nicht so fern solches miethen, sondern käuflich an sich bringen bedeutet, weil bey den ältesten Völkern die Weiber gekauft werden mußten. In einem 1501 zu Rom gedruckten Deutsch-Italiän. Vocabulario heißt maridare, heiren, und maridato, geheiret; und im Holländ. ist noch jetzt verheuren für verheirathen üblich. Frisch führet v. Raufen verschiedene Beyspiele an, woraus erhellet, daß man noch lange, eine Frau, einen Mann kaufen, für heirathen gesagt, und das Dän. gifte, Schwed. gifta und Isländ. gipta, haben auch keine andere Bedeutung; so wie die Römer locare, elocare und collocare in ähnlichem Verstande gebrauchten. Es stamme nun her, woher es wolle, so ist Heirath der allgemeinen Aussprache gemäßer als Heurath, und daher auch diesem vorzuziehen. Die letzte Sylbe -ath kann die Ableitungssylbe -de seyn, welche in Zierath, Heimath, dem Oberd. Hemath für Hemd u. a. m. gleichfalls in ath übergegangen ist. Die Holländer sagen noch jetzt Huerde. In Stade heißt Huurfrouv eine Ehefrau. In dem Schwabenspiegel haben einige Abschriften für Heurat, Haylach, welches alte Oberdeutsche Wort in einer Urkunde von 1450 Hevlach, und in dem Augsburgischen Stadtbuche Heylech lautet, aber zu dem Worte heilig gehöret, welches ehedem auch ein Sacrament, und in engerer Bedeutung die Verabredung und Vollziehung des Sacramentes der Ehe bedeutete. Nach eben diesem Muster könnte auch das alte Hir, heilig, ( S. Hehr,) in Betrachtung kommen, von welchem Hirde, Heirde, Heirath, eben dasselbe bedeuten würde.


Heirathen (W3) [Adelung]


Heirathen, verb. reg. act. eine Heirath treffen, schließen. In einigen Gegenden gebraucht man dieses Zeitwort schon, wenn die künftige Ehe nur zwischen zwey Personen verabredet worden, besonders nach der feyerlichen Verlobung; am häufigsten oder nach der feyerlichen Einsegnung vor dem Altare, da es denn von beyden Personen gesagt werden kann. Werden sie nicht bald heirathen? Sie hat schon geheirathet. Sie wollen einander heirathen. Jetzt gibt er bey meiner Nichte Heirathens vor, Weiße. Reich heirathen, eine reiche Person heirathen. Es mag dir wohl weh thun, daß deine Schwester so reich heirathet, Gell. Glücklich, unglücklich, schlecht, gut heirathen, eine glückliche oder unglückliche Heirath thun u. s. f. Ingleichen, sich um eine Person ehelich bewerben. Um eine Person heirathen. Nach Geld heirathen, eine reiche Person zu heirathen suchen. In dem 1523 zu Basel gedruckten N. T. Luthers wird Heuradten als ein unbekanntes Wort durch mannen, eelichen, erkläret.


Heirathsbrief (W3) [Adelung]


Der Heirathsbrief, des -es, plur. die -e, die schriftliche Urkunde, welche wegen einer Heirath, besonders in Ansehung der Mitgabe u. s. f. verfertiget wird.


Heiraths-Contract (W3) [Adelung]


Der Heiraths-Contract, des -es, plur. die -e, der Contract, d. i. die feyerliche Verbindung wegen einer Heirath, und die Urkunde, worin dieselbe enthalten ist; der Heirathsvertrag.


Heirathswapen (W3) [Adelung]


Das Heirathswapen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Wapenkunst, ein Wapen, welches man durch eine Heirath erlanget.


Heisch (W3) [Adelung]


+ Heisch, adj. et adv. S. Heiser.


Heischbrief (W3) [Adelung]


Der Heischbrief, des -es, plur. die -e; in einigen Oberdeutschen Gegenden, offene Briefe, wodurch die Unterthanen zu etwas geheischet, d. i. zusammen gefordert, aufgefordert werden.


Bei Adelung findet man:


"Heischen", verb. reg. act. "begehren", "verlangen", "bitten", "fordern". Ich wills geben, wie ihrs heischet, 1 Mos. 34, 12. Heische von mir, Ps. 2, 8. Die jungen Kinder heischen Brot, Klagel. 4, 4. Gesundheit heischet ihr sehr wenig, Wollust viel, Opitz. Nach Heischung der Gerechtigkeit, ebend. Im Hochdeutschen ist es veraltet außer daß es noch zuweilen von den Dichtern im Andenken erhalten wird. Der Tod der Müden heischt mein Lied, Gell. Und was hat er von dir geheischt? Weiße. Der Held, der dreymal Frieden heischt, Bevor u. s. f. Raml.

Anm. Es ist ein sehr altes Wort, welches noch im Oberdeutschen gangbar ist, und überhaupt, "verlangen", und dieses "Verlangen an den Tag legen" bedeutet, daher Ottfried "eiskon" auch für "wünschen" gebraucht. Bey eben demselben bedeutet es auch "forschen", "fragen", wie das Angels. "ascian", "aescian", "ahsian", und das Engl. "to ask", "fragen". Im Nieders. ist "esken", "eschen", gleichfalls "bitten", "verlangen", "fordern"; ein Amteschen, "darum anhalten", "bitten"; im Dän. "edske"; im Schwed. "aeska", im Epirotischen "hiesciun", im Griech. "???". Unser "heißen" ist genau damit verwandt, daher auch bey dem Opitz für "verheißen" mehrmahls "verheischen" vorkommt. Im Oberdeutschen wird auch in einigen Gegenden wirklich "heißen" für "heischen", "fordern", gesagt. Da der Übergang des Zischlautes in das "t" etwas sehr gewöhnliches ist, so gehöret auch "haitan", "bitten", bey dem Ulphilas, so wie das Griech "???", hierher. Im Oberdeutschen gehet es in einigen Mundarten irregulär; "ich hiesch", oder "ich iesch", Mittelw. "geheischen" oder "gehieschen". S. "Erheischen" und "Anheischig".


Heischesatz (W3) [Adelung]


Der Heischesatz, des -es, plur. die -sätze, in der Philosophie, ein practischer Satz oder Übungssatz, welcher aus einer Erklärung geschlossen wird, weil man mit Recht heischen oder fordern kann, daß man ihn einräume; ein Forderungssatz, Postulatum.


Heiser (W3) [Adelung]


Heiser, -er, -ste, adj. et adv. rauh, dumpfig, doch nur von der Stimme, welche diese fehlerhafte Eigenschaft durch vieles Reden oder Schreyen, durch kalte Luft, durch Entzündung der Sprachwerkzeuge u. s. f. zuweilen erhält. Heiser seyn oder werden. Eine heisere Stimme haben. Sich heiser reden oder schreyen. In den gemeinen Mundarten lautet es heisch, welches sich auch zuweilen in die edle Schreibart mit einzuschleichen pfleget. Mein Hals ist heisch, Ps. 69, 4. Höret mich Musen, höret mein heischeres Rufen, Geß.

Anm. Bey dem Notker nur heis, bey den Schwäbischen Dichtern gleichfalls heis: Ich han so vil gesprochen und gesungen Das ich bin muede und heis von der klage, Heinrich von Morunge; bey dem Hornegk aber schon hayser, im Nieders. heestrig, im Angels. has, im Engl. hoarse, im Schwed. hees, im Isländ. haes, im Dän. häs. Im Nieders. ist dafür auch demstig üblich. Heiser reden heißt in Baiern grigeln.


Heiserkeit (W3) [Adelung]


Die Heiserkeit, plur. inus. die fehlerhafte Beschaffenheit der Stimme, da sie heiser oder rauh ist.


Heiß (W3) [Adelung]


Heiß, -er, -este, adj. et adv. Hitze, d. i. einen hohen Grad der Wärme habend. 1. Eigentlich. Das Eisen ist heiß. Heißes Eisen, heißes Wasser, ein heißer Stein. Die Sonne scheinet heiß. Es ist heute ein heißer Tag. Ein heißer Sommer. Den Ofen heiß machen, ihn heitzen. Heiße Stuben sind ungesund. Jemanden die Hölle heiß machen, sie ihm als heiß vorstellen, sein Gewissen rühren, und in weiterer Bedeutung, ihm Angst verursachen. Heiße Thränen weinen, weil die Thränen bey einem hohen Grade der Leidenschaft wärmer sind, als gewöhnlich; aber nicht, heiß weinen, wie es Tob. 12, 12 heißt. Ingleichen eine innere Hitze empfindend. Den Menschen ward heiß für großer Hitze, Offenb. 16, 9. Ihr ist von der Arbeit heiß, Weiße. Ia da wird mir brühsiedend heiß, ebend. Ime wart kalt unde heiz, in dem alten Gedichte auf Carls Feldzug bey dem Schilter. Im gemeinen Leben auch für geschmolzen. Heiße Butter, zerlassene. Heißes Bley, geschmolzenes. 2. Figürlich 1) Von verschiedenen Gemüthsbewegungen und Leidenschaften gebraucht, zeiget es einen hohen Grad ihrer Lebhaftigkeit an, obgleich einen etwas geringern als brennend und feuerig. Eine heiße Andacht, Hos. 7, 6, 7. Ein heißes Verlangen, eine heiße Begierde haben. Heiße Seufzer. Die heißesten Bitten eines Freundes. Eine heiße Liebe. Heiß vor der Stirne seyn, leicht zornig werden, hitzig seyn. 2) Von einer Stadt, in welcher die Lebensmittel theuer sind, sagt man, sie habe ein heißes Pflas=ter.

Anm. Bey dem Ottfried, Notker und Willeram heiz. Andere Mundarten haben statt des Zischlautes ihr gewöhnliches t, wie das Nieders. heet, das Angels. hat, das Engl. hot, das Dän. heed, das Schwed. het. Es ist seinem Ursprunge nach ein sehr altes Wort, welches zu dem alten Eit, Feuer, und eiten, feuern, zu Heiter, Esse, dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Hisc, dem Lat. Aestus, u. a. m. gehöret. S. Heitzen, Hitze, Hitzig, Hetzen. Ottfried gebraucht heizo auch für sehr.


Heißen (W3) [Adelung]


Heißen, verb. irreg. ich heiße, du heißest, er heißt; Imperf. ich Hieß; Mittelw geheißen; Imperf. heiß. Es ist in doppelter Gestalt üblich. I. Als ein Activum, welches jetzt nur noch in folgenden Fällen vorkommt. 1. Für nennen, so wohl einen eigenthümlichen Nahmen geben, und dabey rufen, und anreden, als auch mit einer Ausdruckung einer Eigenschaft anreden. Es erfordert alsdann einen doppelten Accusativ, so wohl der Person, als der Sache oder des Nahmens. 1) Einen eigenthümlichen Rahmen geben oder beylegen; nennen. Adam hieß sein Weib Heva, 1 Mos. 3, 20. Deß Nahmen sollt du Jesus heißen, Matth. 1, 21. Den wird sie heißen Immanuel, Es. 7, 14. Ingleichen bey diesem Nahmen anreden. Wir heißen ihn nur Peter. In Gestalt eines Reciproci, ich heiße mich Orest, Schleg. anstatt des Neutrius, ich heiße Orest, ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich. 2) Mit Bezeichnung einer Eigenschaft anreden. Niemand kann Jesum einen Herren heißen, 1 Cor. 12, 3. Jemanden du heißen, du zu ihm sagen, ihn mit du anreden. Er heißt mich Sie. Hat er dich nie anders geheißen? Gell. Mache, daß ich dich bald Braut heißen kann, ebend. Nein, heißen sie mich nicht eine Braut, ebend. Ich hieß ihn mein Montan; er mich mein Herz, mein Leben, ebend. Da mich mein Bauer kaum, gestvenger Junker, heißt, Canitz. Jemanden kurz und lang heißen, im gemeinen Leben, ihm allerhand Schimpfnahmen geben. Jemanden willkommen heißen, willkommen zu ihm sagen, ihm zu seiner Ankunft Glück wünschen. 3) Figürlich druckt es die Verwunderung über den hohen Grad einer Sache aus, wo es aber nur in der ersten einfachen Person des Präsens üblich ist. Das heiß ich schlafen! das verdienet doch den Nahmen des Schlafes. Das heiß ich getrunken! Er seufzte gar zu schön, und kurz, das hieß ich lieben! Wiel. Das folgende Neutrum wird auf eben dieselbe Art gebraucht. 4) Etwas gut heißen, erklären, daß etwas gut, d. i. seinem Endzwecke gemäß sey, doch nur von Handlungen. Ich kann dein Verfahren nicht gut heißen. Im Oberdeutschen hat man auch dessen Gegensatz übel heißen, für mißbilligen, welches aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. Das Passivum kommt in der letzten Bedeutung häufig, in der dritten gar nicht, und in den beyden ersten nur selten vor. in dieser ganzen Bedeutung des Nennens lautet es bey dem Tatian heizzen, im Nieders. heten, im Angel. hatan, im Engl. Particip. hight. 2. Befehlen, wo es doch nur von einem mündlichen Befehle, und so wohl im schärfsten Verstande von Obern gebraucht wird, wenn sie ihren Willen Niedrigern mündlich bekannt machen, als auch in gelinderer Bedeutung, von gleichen Personen, wenn sie sagen, daß etwas geschehen soll. Es wird alsdann auf doppelte Art gebraucht. 1) Mit zwey Accusativen, einem der Person und dem andern der Sache, welcher letztere am häufigsten ein Pronomen ist. Höre, was ich dich heiße, 1 Mos. 27, 8, was ich dir befehle. Wer hat dich das geheißen? Zuweilen aber auch ein Nennwort. Wer heißt dich solche Sachen? Gell. Ich habe ihn das Betragen nicht geheißen. Oft steht auch nur die vierte Endung der Sache allein. Ich heiße es nicht, und wehre es nicht. Auf diese beyden Accusative ist erst in den neuern Zeiten so scharf gedrungen worden, vermuthlich auf Veranlassung der Lateinischen Sprache. Man findet daher dieses Zeitwort auch häufig mit der dritten Endung der Person. Der Herr hats ihm geheißen, 2 Sam. 16, 10. Ich habe dir dieses geheißen. Der König hat es mir geheißen. Auch in dem folgenden Falle, wenn statt des Accusativs der Sache ein Infinitiv stehet. Der Herr hieß ihm verkaufen sein Weib, Matth. 18, 28. Und diese Wortfügung scheinet der Analogie der Deutschen Sprache wirklich gemäßer zu seyn; welches noch deutlicher erhellet, wenn man statt des Activi das Passivum setzet, indem wohl niemand sagt: es ist mich geheißen worden, sondern mir, so wie man aus eben diesem Grunde auch nicht sagen kann, ich bin geheißen, ich bin befohlen, ich bin gesagt worden u. s. f. sondern es ist mir u. s. f. weil nur diejenigen Verba, welche im Activo die vierte Endung fordern, im Passivo mit der ersten Endung der Person verbunden werden können. S. Lehren 2) Oft wird die vierte Endung der Sache von einem Zeitworte vertreten, welches alsdann im Infinitive ohne zu stehet, wie auch bey den Zeitwörtern dürfen, finden, helfen, sehen, hören, lassen, lehren, lernen u. s. f. üblich ist. Daselbst hießen uns singen, die uns gefangen hielten, Ps. 137, 3. Wer heißt dich so frey seyn? Ich hieß ihn freundlich gehen, Gell. Du heißest uns zu deinem Lager kommen, um den letzten Segen zu empfangen. In den zusammen gesetzten Zeiten verlieret daher auch das heißen sein Augment, oder wird vielmehr zum Infinitiv. Habe ich doch den Narren nicht kommen heißen, Less. Wer hat dich das sagen heißen. Daher die Stelle, Gott hat mich wandern geheißen, 1 Mos. 20, 13 unrichtig ist. Dieser Infinitiv der thätigen Gattung wird auch beybehalten, wenn gleich der Verstand das Passivum erforderte. Er hieß ihn zu sich führen, er befahl, daß er zu ihm geführet werden sollte. Die Hauptleute hießen sie stäupen, Ap. Gesch. 16, 22. Der König hieß ihn binden, befahl, daß er gebunden würde. Weil diese Art zu reden oft Zweydeutigkeit macht, so vermeidet man sie lieber. In dieser ganzen thätigen Bedeutung schicket sich heißen besser für die vertrauliche Sprechart als für die edlere und höhere, wo man in der ersten Bedeutung lieber nennen, und in der zweyten befehlen oder andere schicklichere Ausdrücke gebrauchen wird. Indessen lautet es auch in der Bedeutung des Befehlens schon bey dem Ottfried und Notker heizzen. So auch Geheiß. II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort haben bekommt. 1. Gesagt werden, in unpersönlicher Gestalt. Es heißt, man sagt. Es heißt, der Friede werde nicht lange dauern. Es hat schon lange geheißen, daß er kommen würde. Wenn es Ein Mahl von dir heißen wird: er hat auch gelebt. Es heißt für gewiß, ein Oberdeutsches Blümchen, für: man versichert. Diese Bedeutung ist noch ein Überbleibsel des ehemahligen weitern Gebrauches des Activi, da es sagen, sprechen, überhaupt bezeichnete. S. die

Anm. 2. Genannt werden, einen Nahmen haben. 1) Eigentlich mit dessen ausdrücklichen Meldung, es sey nun ein eigenthümlicher Nahme oder die Bezeichnung eines Dinges vermittelst einer Eigenschaft; wo es einen doppelten Nominativ erfordert. Abrahams Weib hieß Sara, 1 Mos. 11, 29. Heißet nicht seine Mutter Maria? Matth. 13, 56. Wie heißt er? Was Weisheit ist und heißt, Opitz. Wie heißt das auf Deutsch? Euch heißt der Wein der Unart Zunder, Haged. für bey euch, ihr nennet ihn so. 2) In weiterer und figürlicher Bedeutung. (a) Bedeuten, ein Zeichen, ein Ausdruck eines Begriffes, eines Dinges seyn. Mensa heißt ein Tisch. Wo es sehr häufig die Erklärung eines vorher gegangenen Wortes oder Satzes begleitet. Sein Leben verlieren, das heißt, dem es gelassen zurück geben, von dem er es erhielt, Gell. Ein Kunstwerk ist desto schöner, je vollkommner es ist, das heißt, je mehr es Theile hat, und je mehr alle diese Theile zum Zwecke beytragen, Sulz. (b) Auf sich haben, Folgen haben, von Folgen seyn. Diese Abnahme heißt wenig, Gell. ist nicht wichtig. Sie soll ihn fühlen lassen, was es heißt, ein edles Herz hintergehen, ebend. Sie wissen, was das heißt, wenn man Ein Mahl von dem geraden Wege der Tugend und Weisheit abgewichen ist, Weiße. Wo zuweilen em unnöthiges zu vor dem Infinitive eingeschoben wird. Noch wißt ihr nicht, was es heißt, mit einem andern verwandt zu seyn. Ich will ihm weisen, was das heißt, wegzugehen und nicht zu bezahlen. (c) Was soll das heißen? im gemeinen Leben, warum geschiehet das? (d) Steht es oft für seyn, wenn ein Satz als völlig gleichbedeutend mit dem andern bezeichnet werden soll. Das heißt unser ganzes Geschlecht beschimpft, Gell. dadurch wird unser ganzes Geschlecht beschimpft. Was heißen Freunde nach der Vernunft? Menschen, welche u. s. f. ebend. Seinen Verstand nicht zum eigenen Nachsinnen gewöhnen - heißt (ist eben so viel als) sein. Eigenthum verlassen, um betteln zu können, ebend. Stets bethen, heißt nicht bethen, ebend. (e) Besonders mit Nachdruck, seine Verwunderung an den Tag zu legen. Das heißt Großmuth! Das heißt Freundschaft! das ist Großmuth, verdient doch den Nahmen der Großmuth. Das heißt Angst ausgestanden! So wie hier und in der vorigen Bedeutung heißen für seyn stehet, so pflegte man ehedem auch Nahme für Person zu gebrauchen, welches besonders auch von dem zu heizen gehörigen ehemahligen Hauptworte Heit gilt, S -Heit.

Anm. Heißen, in dem alten Oberdeutschen Mundarten heizzen und heizen, in den Nordischen Mundarten und Sprachen heten, hetan, ist in seinen heutigen Bedeutungen nur noch ein geringes Überbleibsel der vorigen Zeiten, wo es sagen, reden, sprechen, bejahen, versichern u. s. f. bedeutete, und wovon einige Bedeutungen noch in heischen und verheißen übrig sind. Es gehöret zu dem alten chedan, quedan, reden, sagen, welches in unsern ältesten Denkmählern so häufig angetroffen wird, und in manchen Gegenden noch nicht ganz veraltet ist. Das Lat. ciere und citare, das alt Lat. cedere, welches ehedem sagen bedeutete, das Wend. kasam, kasa, ich befehle, das Russ. Ukass, ein Befehl, und viele andere müssen mit demselben billig als gemeinschaftliche Abkömmlinge von einem weit ältern Stamme angesehen werden. S. auch -Heit.


Heißgrätig (W3) [Adelung]


Heißgrätig, -er, -ste, adj. et adv. welches nur im gemeinen Leben einiger Gegenden üblich ist. Heißgrätige Erze, im Berg- und Hüttenbaue, welche strengflüssig sind, und viele Ofenbrüche und Schlacken machen. Im Landbaue einiger Gegenden, z. B. im Hennebergischen, wird ein dürrer unfruchtbarer Boden, welcher nichts trägt, heißgrätiges Land genannt. Daher die Heißgrätigkeit, plur. inus.


Heißhunger (W3) [Adelung]


Der Heißhunger, plur. inus. ein heißer Hunger, hoher Grad des Hungers, besonders als eine Krankheit betrachtet, ein widernatürlicher Hunger, alles mit der größten Begierde zu sich zu nehmen; Bulimia; im Nieders. Slingsucht. S. auch Freßfieber. Der höchste Grad desselben ist der Hundshunger, w. s.


Heißhungerig (W3) [Adelung]


Heißhungerig, adj. et adv. in einem hohen Grade hungerig. Ingleichen mit dem Heißhunger, als eine Krankheit betrachtet, behaftet, und darin gegründet.


Heister (W3) [Adelung]


Die Heister, plur. die -n, ein nur im Niedersächs. übliches Wort, wo es bald einen jeden jungen Baum Laubholzes, bald aber nur einen jungen noch biegsamen Eich oder Buchbaum bedeutet. Im Franz. ist Hetre ein Buchbaum.


-heit (W3) [Adelung]


-heit, ein außer der Zusammensetzung veraltetes Wort, welches ehedem eine Person bedeutete, da es denn so wohl im männlichen als weiblichen Geschlechte vorkommt, der Heit und die Heit. Heiteo antfankidu, Ansehung der Personen, Kero. Besonders gebraucht es Isidors Übersetzer einige Mahl von dem Personen des göttlichen Wesens. Dhero zueio heido, der zwey Personen; dhiu anderheit, die zweyte Person; dhiu drittunheit, und an einem andern Orte dher dritto Heid, die dritte Person. Auch in den Monseeischen Glossen wird Heite durch Personae übersetzt, so wie das Schwed. Had noch jetzt eine Person bezeichnet. Adelheid, eine freye Person, scheinet gleichfalls hierher zu gehören. S. 4. Heide. Figürlich bedeutete es ehedem auch den Stand einer Person, die Art und Weise, eine Eigenschaft einer Person und in weiterer Bedeutung eines jeden Dinges, welche Bedeutung noch in dem Schwed. Had, und Isländ. Hatt, Hattur, angetroffen wird. Jetzt ist es in dieser Gestalt veraltet, wo man es nur noch als eine Endsylbe vieler Hauptwörter weiblichen Geschlechtes antrifft, denen es die jetzt gedachten Bedeutungen mittheilet. Es bezeichnet nehmlich, 1) mehrere Personen Einer Art, als ein Ganzes, oder als eine einzige Person betrachtet. Dahin gehöret vornehmlich das Wort Christenheit, welches schon bey dem Isidor Christinheit, nach dem Muster des mittlern Lat. Christianitas lautet. Ehedem sagte man auch die Jüdischheit für die Juden, die Pfaffheit für die Geistlichkeit, welche aber veraltet sind. 2) Die Eigenschaft, zuweilen auch den Stand einer Person und Sache. In dieser Bedeutung ist es zwar gleichfalls schon sehr alt, allein die damit zusammen gesetzten Wörter kommen doch in den ältesten Zeiten weit seltener vor, als in den folgenden, da man bey dem mehrern Wachsthume der Weltweisheit und Redekunst auch immer mehr genöthiget wurde, aus Concretis Abstracta und aus den Eigenschaften der Dinge Prosopopölen zu machen. Man setzte daher das Wort heit an Hauptwörter, das Wesen derselben, ihren Stand, ihre Eigenschaft auszudrucken. Dergleichen sind, die Gottheit, das göttliche Wesen, die Menschheit, die menschliche Natur, die Mannheit, männliche Eigenschaft, Kindheit, Stand, Alter eines Kindes, Schalkheit, Eigenschaft eines Schalkes; so auch Thorheit, Narrheit und vielleicht noch andere mehr. Ehedem sagte man auch Biscofheit, welches in dem Tatian männlichen Geschlechtes ist, das Priesterthum, Champfheit, bey dem Kero, der Kriegesstand u. s. f. Noch mehrere werden aus Beywörtern gebildet, eine Eigenschaft eines Dinges als ein Abstractum zu bezeichnen. Dergleichen sind Beschaffenheit, Bescheidenheit, Blindheit, Bosheit, Dunkelheit, Eigenheit, Einheit, Ergebenheit, Freyheit, Falschheit, Gelegenheit, Gewogenheit, Grobheit, Gleichheit, Gutheit, Hoheit, Kargheit, Klugheit, Klarheit, Kühnheit, Lüsternheit, Plumpheit, Schwachheit, Thorheit, Trunkenheit, Vermessenheit, Vielheit, Ungelegenheit, Wahrheit, Wildheit, Zagheit, Zufriedenheit u. a. m. Nach einer neuen Figur werden diese aus Concretis gemachten Abstracta wiederum gebraucht, Concreta zu bezeichnen, welche die Eigenschaft des Abstracti an sich haben; und in diesem Falle leiden die mit heit zusammen gesetzten Wörter auch den Plural, dessen sie als Abstracta nicht fähig sind. Die Gottheit, Gott selbst, Angelegenheiten, Dinge, welche uns angelegen sind, Einheiten, einfache Dinge, Thorheiten, thörichte Handlungen, die Gemeinheit, ein Grundstück, welches mehrern gemein ist, Schwachheiten, schwache Handlungen u. s. f. Indessen sind nicht alle Beywörter geschickt, Hauptwörter auf - heit zu bilden. Diejenigen, welche sich auf bar, er ig, lich und sam endigen, nehmen keit an, Sicherheit und einige wenige andere ausgenommen. Die auf haft und los, setzen vor dem keit noch ein ig, Schmeichelhaftigkeit, denen auch rein, matt, müde, süß u. a. m. folgen. In andern sind die Endungen e, de, ey u. s. f. hergebracht. Es erhellet hieraus zugleich, daß man nicht befugt ist, dergleichen Abstracta nach Belieben zu bilden, ob es gleich nicht ganz unverwehret ist. Erfahrung und Gehör können hier allein die Gränzen bezeichnen, welche man nicht überschreiten darf.

Anm. Diese Endung lautet im Angels. had und hade, im Engl. hood und head, im Schwed. het, im Dän. hed. Unser -kett ist unstreitig daraus entstanden; wahrscheinlich auch das veraltete -ode, Bettelode, mendicitas, Notk. und die heurige Endsylbe -de, und noch mehr zusammen gezogen -e und -ey. S. -Keit. Was die Abstammung des Wortes Heit betrifft, so fern es ehedem eine Person bedeutete, so ist es sehr glaublich, daß es von heißen, Nieders. heten, oder auch dieses von jenem herkomme. Auch Nahme wurde ehedem häufig für Person gebraucht. Das alte Fürwort ha, he, er, Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, womit man ehedem eine jede Person außer sich bezeichnete, und welche schon durch den heraus gestoßenen Laut ein Wegweisen von sich selbst, so wie ich, durch den eingezogenen Athem, seine eigene Wenigkeit bedeutet, ist vermuthlich das Stammwort von beyden. S. Er, Ich.


Heiter (W3) [Adelung]


Heiter, -er, -ste, adj. et adv. klar, hell. 1. Eigentlich; wo es doch nur von der Luft und dem Dunstkreise gebraucht wird; im Gegensatze des trübe. Eine heitere Luft, welche durch keine Dünste verdicket und verdunkelt wird. Ein heiterer Himmel, den keine Wolken und Dünste verdecken. Ach, gibt es für mich noch einen heiteren Himmel und Eine sanfte Luft? Weiße. Heiteres Wetter. Ein heiterer Tag. Heitere Nächte im Winter, helle Nächte. Zuweilen auch von dem Gase. Der Spiegel war nicht heiter, Gell. 2 Figürlich. 1) Eine heitere Stimme, welche nicht heiser oder rauh ist. 2) * Für klar, deutlich; doch nur im Oberdeutschen. Ein heiterer Beweis, eine heitere Wahrheit. Nach deren heiterem Inhalte. Sich etwas heiter (klar und deutlich) vorbehalten. 3) Von dem Zustande des Gemüthes, mit keinem Kummer, von keinen unangenehmen Empfindungen beladen, und in diesem Zustande des Gemüthes gegründet. Ein heiteres Gemüth. Ein heiteres Gesicht. Seine Seele ist immer heiter, so wie seine Miene. Eine Tugend, welche ehedessen meine Tage heiter, wie die Tage des Frühlinges machte.

Anm. Der heitero tag, kommt schon bey dem Notker vor. Es gehöret zu dem alten Eit, Feuer, und eiten, brennen, leuchten, und bedeutet also ursprünglich hell im weitesten Umfange der Bedeutung. S. Agtstein, Eiternessel, Heiß, und Hitze. Im Isländ. ist Heid, Heidi noch jetzt Heiterkeit. Im Nieders. ist für heiter, glau üblich, von glühen.


Heiterkeit (W3) [Adelung]


Die Heiterkeit, plur. inus. der Zustand eines Dinges, da es heiter ist, in allen Bedeutungen des Beywortes. Die Heiterkeit des Himmels, der Luft, des Gemüthes. Die Heiterkeit eines guten Gewissens. Gram und Sorge verbannen die Heiterkeit aus meinem Gesichte, Dusch. Aus der Heiterkeit der Seele folget eine angenehme Träumerey, Sulz. Bey dem Pictorius auch die Heitere.


Heitern (W3) [Adelung]


Heitern, verb. reg. act. heiter machen, welches aber nur in den Zusammensetzungen aufheitern, ausheitern und erheitern üblich ist. Einige Neuere haben auch das einfache wieder in Gang zu bringen gesucht. Wie eine liebliche Aussicht jedweden unmittelbar anlacht und heitert, Herd. - Ein trüber Tag, den nur ein Jerwisch heitert, Hall. Was auf dieser Jugendwärme lacht, heitert, glühet, erwärmet, Herd in welcher letztern Stelle es wider seinen bisherigen Gebrauch als ein Neutrum zu stehen scheinet.


Heiternessel (W3) [Adelung]


Die Heiternessel, ein Nahme der Brennnessel, S. Eiternessel.


Heitschäffel (W3) [Adelung]


Der Heitschäffel, des -s, plur. ut nom. sing. ein im Herzogthum Schleßwig auf der Geest, d. i. auf dem hohen Lande, übliches Flächenmaß, welches 6 Schipp, oder 144 Quadrat-Ruthen, an andern Orten aber 240 Quadrat-Ruthen enthält. Es stehet dahin, ob dieses Wort nicht vielmehr Heideschaffel geschrieben werden müßte, da es denn zu Heide, ein dürres unfruchtbares Land, gehören würde. In den Marschen, d. i. niedrigern Gegenden, werden die Ländereyen nach Dematen berechnet.


Heitzen (W3) [Adelung]


Heitzen, verb. reg. act. heiß machen, doch nur von Ofen, und Zimmern, vermittelst der Öfen. Den Backofen heitzen, Feuer in demselben anmachen, und ihm die gehörige Hitze geben. Wenn von Zimmern die Rede ist, gebraucht man das Wort Ofen nicht, sondern sagt nur, ein Zimmer, eine Stube, einen Saal heitzen, ihnen durch Heitzung des Ofens die nöthige Wärme mittheilen. Ein geheitztes Zimmer. Daher die Heitzung. S. Einheitzen, Heiß und Hitze.


Heitzer (W3) [Adelung]


Der Heitzer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Heitzerinn, plur. die -en, ein Person, welche dazu bestimmt ist, Öfen oder Zimmer zu heitzen; der Einheitzer, Stubenheitzer, und mit einem Lateinischen Worte zuweilen Calefactor.


Hel,Helbeinahrer (W3) [Adelung]


Das Hel, der Helbeinahrer, S. 2. Helle.


Held (W3) [Adelung]


Der Held, des -en, plur. die -en, Fämin. die Heldinn, plur. die -en, eigentlich eine mit vorzüglicher Leibesstärke begabte Person. In dieser Bedeutung war es ehedem sehr gebräuchlich, da nicht nur die Tapferkeit noch größten Theils in der Leibesstärke bestand, sondern da auch diese noch für die erste und glänzendste Fähigkeit gehalten wurde. In den spätern Zeiten nannte man Personen, welche mit einer vorzüglichen Herzhaftigkeit begabet waren, Helden, besonders, wenn sie einen pflichtmäßigen und für viele vortheilhaften Gebrauch davon machten; in welcher Bedeutung es noch jetzt in der edlen und höhern Schreibart üblich ist. Im vorzüglichsten Verstande wird dieses Wort zuweilen von Gott und Christo gebraucht, dessen überlegene Macht und den davon gemachten und vortheilhaften Gebrauch zu bezeichnen. Der Held in Isral, 1 Sam. 15, 29. Figürlich, eine Person, welche eine gewisse Fertigkeit in einem hohen Grade besitzet. Ein Glaubensheld, bey den Gottesgelehrten. Ein Tugendheld, in der Sittenlehre. Helden Wein zu saufen, Es. 5, 22. Ein berühmter Held im Fressen, Haged. Ein Held im Müßiggehen, Schiebler.

Anm. In dem alten Gedichte auf den heil. Anno Helit und im Plural Helide, bey dem Stryker Helt, im Nieders. gleichfalls Held, im Dän. Heldt, im Angels. Haeleth, im Schwed. Hjelt, ehedem Haelad; alle in der Bedeutung eines mit vorzüglicher Leibesstärke und Herzhaftigkeit versehenen Mannes, in welchem Verstande es so wohl im Deutschen als Schwedischen, besonders bey den Dichtern der mittlern Zeiten, üblich ist. Bey den Schwäbischen Dichtern kommt dieses Wort mehrmahls von Personen ritterlichen Standes vor. So heißt Graf Gerhard von Hoya daselbst, Gherhart helt von der Hoye, Conrad von Würzburg aber, Conrat der helt von Wertzeburc. In Nieders. scheinet es auch eine vorzügliche mit Schwierigkeiten verbundene Sache zu bezeichnen. Dat heet Held, das ist eine harte Nuß. Die Abstammung dieses alten Wortes ist noch ungewiß. Wachter leitet es von dem alten hellen, streiten, ( S. Hellebarde,) Frisch aber von hell, lauter, klar, her. Gudmund Anderä siehet es als das Mittelwort von dem alten Nordischen Zeitworte haela, loben, erheben, an, (Hebr: - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ) und erkläret es durch einen gepriesenen und berühmten Mann; worin ihm Hickes, Gramm, und nicht undeutlich auch Ihre beyfallen. Allein wenn man bedenket, daß der Ursprung dieses Wortes in diejenigen Zeiten fällt, da Leibesstärke und deren geschickte Anwendung, noch für die vornehmste, wo nicht einzige Tugend gehalten wurde, so wird man es lieber zu halten rechnen, von welchem nach einer gewöhnlichen Verwechselung der Hauch- und Blaselaute auch validus und das Nieders. wehlig abzustammen scheinen. S. auch Bald,

Anm. 1. Im Hebr. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Stärke, und in weiterer Bedeutung Tugend, Tapferkeit, Reichthum, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Im Griech. heißt ein Held - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und selbst unser hart wurde ehedem für stark, fest und tapfer gebraucht; S. Hart

Anm. Daß die alten nördlichen und westlichen Bewohner Europens, wegen ihrer vorzüglicher Größe und Leibesstärke von den verzärteltern mittägigen Völkerschaften von diesem Worte den Nahmen Celten bekommen, ist sehr glaublich. Strabo sagt ausdrücklich, sie wären - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - so genannt worden. Übrigens wird dieses Wort im Oberdeutschen häufig nach der Gottsched. zweyten Declination abgeändert, des Heldes, Plur. die Helde, wovon auch in der Deutschen Bibel Beyspiele vorkommen. Ich habe einen Held erwecket, Ps. 89, 20, für einen Helden.


Helde (W3) [Adelung]


Die Helde, plur. die -n, ein nur noch in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens, übliches Wort, die Fessel zu bezeichnen, wo dieses Wort auch Halden lautet, von halten, S. Halfter.


Heldenbrief (W3) [Adelung]


Der Heldenbrief, des -es, plur. die -e, in der Dichtkunst, poetische Briefe, besonders verliebten Inhaltes, durchlauchtiger oder erhabener Personen; vermuthlich, so fern man sie vorzüglich den ehemahligen Helden des Alterthumes in den Mund und in die Feder leget.


Heldenbuch (W3) [Adelung]


Das Heldenbuch, des -es, plur. die -bücher, ein Buch, worin die Thaten der ehemahligen Helden erzählet werden. Besonders ist unter diesem Nahmen eine Sammlung solcher Geschichten bekannt, deren Verfasser im 13ten Jahrhunderte lebten, und worunter Heinrich von Ofterdingen einer der vornehmsten war.


Heldengedicht (W3) [Adelung]


Das Heldengedicht, des -es, plur. die -e, eigentlich ein Gedicht, welches die Thaten eines oder mehrerer Helden besinget. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, ein größeres historisches Gedicht, worin eine wichtige Handlung erzählet wird; mit einem Griech. Kunstworte eine Epopee. Daher der Heldendichter, der Verfasser eines solchen Gedichtes; der epische Dichter.


Heldenhaft (W3) [Adelung]


Heldenhaft, -er, -este, adj. et adv. einem Helden ähnlich, und in dieser Ähnlichkeit gegründet; ein Wort, welches heut zu Tage seltener zu werden anfängt. Eine heldenhafte oder heldenmäßige That, besser eine Heldenthat.


Heldenheer (W3) [Adelung]


Das Heldenheer, des -es, plur. die -e, in der dichterischen Schreibart, ein Heer von Helden, d. i. tapfern Kriegern. Als Joabs Heldenheer die Kinder Ammons schreckte, Hag.


Heldenherz (W3) [Adelung]


Das Heldenherz, des -ens, plur. inus. in der edlern Schreibart, Herz, d. i. Muth eines Helden, Heldenmuth.


Heldenlied (W3) [Adelung]


Das Heldenlied, des -es, plur. die -er, ein Lied, worin die Thaten eines Helden besungen werden.


Heldenmäßig (W3) [Adelung]


Heldenmäßig, -er, -ste, adj. et adv. einem Helden gemäß. S. Heldenhaft.


Heldenmuth (W3) [Adelung]


Der Heldenmuth, des -es, plur. inus. der Muth eines Helden, ein hoher Grad des Muthes. Die Gelassenheit wird Heldenmuth, wenn sie uns lehret die gewöhnlichen Schrecken der Natur und den Tod selbst zu besiegen.


Heldenmüthig (W3) [Adelung]


Heldenmüthig, -er, -ste, adj. et adv. Heldenmuth habend, in dem Heldenmuthe gegründet; mit einem Griech. Worte heroisch.


Helden-Oper (W3) [Adelung]


Die Helden-Oper, plur. die -n, in den schönen Künsten, eine Oper, in welcher die handelnden Personen Helden sind; zum Unterschiede von einer Götter-Oper und komischen Oper.


Heldensprache (W3) [Adelung]


Die Heldensprache, plur. die -n, ein Nahme; welchen man zuweilen der Deutschen Sprache zu geben pfleget, nicht so wohl weil sie ehedem die Muttersprache berühmter Helden war, als vielmehr, weil sie wegen ihres männlichen Ernstes dem Munde und der Denkungsart eines Helden angemessener seyn soll, als andere schlüpfrigere und weichere Sprachen.


Heldenthat (W3) [Adelung]


Die Heldenthat, plur. die -en, die That eines Helden, eine That, zu welcher vorzügliche Herzhaftigkeit erfordert wird; eine heroische That.


Heldentugend (W3) [Adelung]


Die Heldentugend, plur. die -en, eine Tugend, welche zu einem Helden als Helden erfordert wird, welche den Helden bildet. Ingleichen eine Tugend, zu deren Ausübung Heldenmuth gehöret.


Heldenweib (W3) [Adelung]


Das Heldenweib, des -es, plur. die -er, ein Weib, d. i. ein herzhaftes Frauenzimmer, welches einen Heldenmuth besitzet. S. Weib.


Heldenzeit (W3) [Adelung]


Die Heldenzeit, plur. die -en, diejenige Zeit, in welche die von den Dichtern, besonders unter den Griechen und Römern, so sehr gepriesenen Helden des Alterthumes lebten; diejenige Zeit, in welcher Stärke des Leibes und deren nützliche Anwendung noch die vornehmste und beynahe einzige Tugend waren; die heroische Zeit.


Helena (W3) [Adelung]


Helena, ein aus dem Griech. entlehnter Taufnahme des weiblichen Geschlechtes, welcher im gemeinen Leben nur Leene, Leenchen, im Nieders. aber Hilke lautet.


Helenen-Feuer (W3) [Adelung]


Das Helenen-Feuer, des -s, plur. ut nom. sing. in der Schifffahrt, eine Art Irrlichter, welche von den Ausdünstungen auf dem Schiffe entstehen, sich an den Masten und Rahen sehen lassen, und von den Schiffleuten für gewisse Vorbedeutungen ihres Schicksales gehalten werden. Lassen sich ihrer zwey sehen, so werden sie für ein gutes, Eines allein aber, welches auch nur die Helena genannt wird, für ein böses Zeichen gehalten. In den gemeinen Mundarten lautet dieses Wort bald das St. Elmsfeuer, bald aber auch das St. Elmsfeuer. Bey den Alten hieß das gedoppelte Castor und Pollux. Das christliche Alterthum hat dafür den Nahmen der H. Helena eingeführet.


Helenen-Kraut (W3) [Adelung]


Das Helenen-Kraut, des -es, plur. inus. ein Nahme, welcher von einigen dem Alante gegeben wird, S. dieses Wort.


Helfarm (W3) [Adelung]


Der Helfarm, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, ein eiserner Arm an der Kunststange, welcher den Krumms hält.


Helfbrief (W3) [Adelung]


Der Helfbrief, S. Hülfsbrief.


Helfchen (W3) [Adelung]


Das Helfchen, des -s, plur. ut nom. sing. im Osnabrückischen ein Maß flüssiger Dinge, welches der vierte Theil eines Ortes, oder der sechzehente Theil einer Kanne oder eines Maßes ist; vielleicht so fern es die Hälfte eines andern Maßes ist, da es denn Hälfchen geschrieben werden sollte.


Helfen (W3) [Adelung]


Helfen, verb. irreg. neutr. Präs. ich helfe, du hilfst, er hilft, wir helfen u. s. f. Conjunct. ich helfe, du helfest, er helft u. s. f. Imperf. ich half; Conjunct. ich hülfe; Mittelw. geholfen; Imperat. hilf. Es bekommt das Hülfswort haben, und hat zwey Hauptbedeutungen. 1. Jemandes Zustand vollkommener machen 1) Eigentlich, wenigstens der wahrscheinlichsten Abstammung nach, jemandes Heil, d. i. Gesundheit wieder herstellen. Der Arzt kann hier nicht mehr helfen. Die Arzeney hat wenig geholfen. Diese Arzeney hilft für oder wider das Fieber. Die Natur hilft sich selbst. Wenn die Person ausgedruckt wird, so stehet selbige ohne Ausnahme in der dritten Endung. Arzt hilf dir selber, Luc. 4, 23. Welche auch im Passivo bleibet, ungeachtet dieses seltener vorkommt. Mir wurde geholfen. 2) In weiterer Bedeutung, von einer Noth, von einer Gefahr, von einer Verlegenheit befreyen. Wie ist da zu helfen. Das Übel ist zu groß, hier ist nicht mehr zu helfen. Ingleichen mir der dritten Endung der Person. Hilft dir der Herr nicht, woher soll ich dir helfen? 2 Kön. 6, 27. Gott hilft dem Elenden, Hieb 40, 9. Er weiß sich nicht zu helfen. Wem nicht zu rathen ist, dem ist auch nicht zu helfen. Seinem Freunde mit Gelde, mit Rath und That, helfen. Ich konnte mir nicht helfen, es mußte heraus. Auch im Passivo. Nun ist mir geholfen. Damit ist mir nicht geholfen. Gott helf! ein gewöhnlicher Glückwunsch gegen Niesende, dessen Ursprung sich in dem höchsten Alterthume verlieret, und schon bey den Griechen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - lautete. Wenn die Sache, von welcher man befreyet wird, ausgedruckt werden soll, so geschiehet solches vermittelst eines Vorwortes. Der Herr hilft in der Noth, Sir. 2, 13. Herr hilf mir von allen meinen Verfolgern, Ps. 7, 2. Du hilfest ihm von aller seiner Krankheit, Ps. 41, 4. Helfen sie mir von diesem Menschen, befreyen sie mich von ihm. Jemanden von seinem Vermögen helfen, figürlich, ihn darum bringen, machen, daß er es verliere. Gott der euch aus all eurem Unglück geholfen hat, 1 Sam. 10, 19. Der Herr half ihm aus allen seinen Nöthen, Ps. 34, 7. 3) In der weitesten Bedeutung, jemandes Heil, d. i. Wohlfahrt befördern, seinen Zustand vollkommner machen. Was hilft das bloße Ansehen? was nützet es? Am häufigsten gleichfalls mit der dritten Endung der Person. Das hilft dir, aber mir nicht. Wem hat es geholfen? Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne? Matth. 16, 26. Indessen findet man es in dieser Bedeutung auch häufig mit der vierten Endung, entweder nach dem Muster der Niedersachsen, oder als eine Nachahmung des Latein, juvare. Was hilfet si ir arger list, Reinmar der Alte. Was hilfet mich die sumer zit Vnde die villiechten langen tage, König Conrad der Iunge. Was hilft michs? 1 Cor. 15, 23. Sir 11, 24. Was hilft dichs? Ier. 2, 18. Das möchte dich helfen, Judith 10, 16. Es hilft dich nicht, Sir. 5, 10. Es half sie nichts, Marc. 5, 26. Das Wort der Predigt half jene nicht, Hebr. 4, 2. Was hülfe sie das? Jac. 2, 16. Was hilft michs, daß ich es gethan habe? Reichard, Bödicker und Aichinger geben die Regel, daß helfen, wenn es in dieser Bedeutung unpersönlich stehe, die vierte Endung erforderte. Aus den jetzt angeführten Beyspiele erhellet, daß diese Regel, wenn sie brauchbar seyn soll, zu enge eingeschränket ist. Am besten thut man ohne Zweifel, wenn man dem Zeitworte auch hier die dritte Endung der Person lässet, und die angeführten gegenseitigen Beyspiele für das hält, was sie wirklich sind, nehmlich Eigenheiten einer oder der andern Mundart. 2. Seine Kräfte mit den Kräften eines andern zur Erreichung eines Endzweckes vereinigen, einem andern in Erreichung einer Absicht beystehen; gleichfalls mit der dritten Endung der Person. Einem helfen. Es will uns niemand helfen. Einem mit Rath, mit der That helfen. Gott helf euch! Ein gewöhnlicher Gruß gegen arbeitende Personen, dessen Hugo de Nigella in Leibnitzens Accessionibus schon bey dem Jahre 1199 gedenket. Die Sache, welche der Gegenstand der Hülfe ist, wird oft mit verschiedenen Vorwörtern ausgedrucket. Jemanden in einer Sache helfen. Es hat mir niemand dabey geholfen. Jemanden zu einem Amte, zu einer Versorgung, zu einer Frau helfen, ihm dazu behülflich seyn, wofür auch verhelfen üblich ist. Andern zu ihrem Rechte helfen. Ich will die Sache nicht hindern, sondern vielmehr dazu helfen. Die Kinder werden ihnen zum Tode helfen, Matth. 10, 21. Einem davon helfen, ihm zu seiner Flucht beförderlich seyn. Einem Gefallenen wieder auf die Beine helfen, eigentlich, ihm helfen, damit er aufstehen könne; figürlich, seinen Nahrungsstand verbessern. Sie helfen mir auf das rechte Capitel, auf den rechten Weg. Er hilft mir auf einen Einfall. Jemanden auf das Pferd, aus der Grube, aus dem Wasser helfen. Alles hilft zu seinem Verderben, trägt das seinige dazu bey. Wenn jeder Theil so viel als möglich ist, zum gemeinschaftlichen Nutzen hilft. Oft aber auch vermittelst eines Zeitwortes, welches alsdann im Infinitiv ohne zu stehet, welche Wortfügung auch bey den Zeitwörtern heißen, dürfen, sollen, hören, lehren, lassen u. s. f. Satt findet. Einem arbeiten, schreiben, bezahlen helfen. Sie helfen uns das Unglück leichter ertragen. Helft mir Gottes Güte preisen. Welcher Infinitiv denn auch in den zusammen gesetzten Zeiten anstatt des Mittelwortes stehet. Diesen Brief habe ich ihm schreiben helfen, nicht geholfen. In den Mundarten findet man auch hier zuweilen die vierte Endung der Person. Got helfe mich, das ich mich bewar, Reinmar der Alte.

Anm. Bey dem Kero helfan, bey dem Ottfried in der zweyten Person des Präsens thu hilphis, und im Imperf. ich half, bey dem Ulphilas hilpan, im Nieders. helpan, im Engl. to help, im Dän. hiälpe, im Schwed. hjelpa, im Isländ. hialpa, im Wallis. helpu, im Lettischen gelbmi. Über die Abstammung dieses Wortes haben die Wortforscher lange Zeit sehr unwahrscheinlich geträumet. Junius lässetes von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Wachter von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Frisch von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ziehen, abstammen. Mit weit mehrerer Wahrscheinlichkeit leitet Ihre es von Heil, Gesundheit. Wohlfahrt, ab, da es denn aus heilpen, heilfen, entstanden, und mit dem Latein. salvare überein kommen würde, welches auf ähnliche Art aus Salus, Heil, gebildet ist. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Heil, kommt genau damit überein. S. Heil und Hülfe.


Helfenbein (W3) [Adelung]


Das Helfenbein, S. Elfenbein.


Helfer (W3) [Adelung]


Der Helfer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Helferinn, plur. die -en, eine Person, welche hilft, in allen Bedeutungen des Zeitwortes. Gott der Herr ist ein Helfer, 2 Mos. 2, 22. Da ist kein Helfer, 2 Sam. 22, 42. Vor einem bescheidenen Helfer verbirgt sich die leidende Unschuld nicht, Gell. In der zweyten Hauptbedeutung des Zeitwortes, wo in der anständigen Schreibart Gehülfe üblicher ist, kommt es nur noch in den Provinzen vor, wo besonders die Diaconi oder Capelläne der Priester im Oberdeutschen Helfer genannt werden. Gott hat in der Gemeine gesetzt Helfer, 1 Cor. 12, 28. Ein Helfers Helfer, im verächtlichen Verstande, der dem Gehülfen eines andern in einer bösen Sache hilft. Schon bey dem Notker Helfare.


Helfgeld (W3) [Adelung]


Das Helfgeld, S. Hülfsgeld.


Helfrecht (W3) [Adelung]


Das Helfrecht, des -es, plur. inus. an einigen Orten, z. B. im Hennebergischen, das Recht, die gepfändeten Sachen eines Schuldeners an die Meistbiethenden zu verkaufen, und dadurch dem Kläger zu seiner Forderung zu helfen; das Gantrecht, das Stangenrecht.


Helfrede (W3) [Adelung]


Die Helfrede, plur. die -n, in den Rechten einiger Gegenden, eine Entschuldigung, Ausflucht, Exception, womit man sich zu helfen, d. i. von einer Beschuldigung oder Zumuthung zu befreyen, sucht; eine Hülfsrede. S. Behelf.


Helfreich (W3) [Adelung]


Helfreich, adj. et adv. S. Hülfreich.


Helfwurz (W3) [Adelung]


Die Helfwurz, plur. inus. S. Allermannsharnisch.


Hell (W3) [Adelung]


Das Hell, des -es, plur. die -e, S. 2. Helle.


Hell (W3) [Adelung]


1. Hell, adj. welches nur im gemeinen Leben für ganz, völlig, besonders mit dem Hauptworte Haufe üblich ist. Sie kamen mit hellem Haufen, es kam der ganze völlige Haufe, Opitz. Der helle Haufe dringet Sich um das Ufer her, ebend. Reißt Schand und Üppigkeit mit hellem Haufen ein, ebend. Es ist vermuthlich das Nieders. heel, ganz, S. Heil das Beywort. Indessen kann doch auch das Nieders. hellen, von einer abhängigen Höhe herunter fließen, ( S. Halde) mit in Betrachtung kommen, daher Zehner in seinem 1622 gedruckten Henneberg. Vocabulario, einen hellen Haufen, durch einen ziehenden Haufen, Agmen, erkläret.


Hell (W3) [Adelung]


2. Hell, -er, -este, zusammen gezogen hellste, adj. et adv. welches in einer doppelten Hauptbedeutung üblich ist. 1. Von den Tönen, einen hohen Grad der mit Reinigkeit verbundenen Deutlichkeit habend, und darin gegründet. Eine helle Stimme, welche aus dem offenen Munde ohne Zwang und Drücken der Kehle frey aus der Brust hervor gebracht wird. Eine helle oder hell klingende Trompete, welche einen starken, reinen Klang hat; Nieders. schrell. Helle Cimbeln, 1 Chron. 16, 16, 28. Helle Posaunen, Pf. 47, 6. Auf ähnliche Art gebrauchen die Lateiner die Wörter clarus und Splendor von den Tönen und der Stimme. Hell schreyen. Das helle e, in der Sprachkunst, das offene e, das e ferme der Franzosen, so wie es in der ersten Sylbe der Wörter stehen, Ehre, stehen, ausgesprochen wird, zum Unterschiede von dem dunkeln oder tiefen e, welches wie ein ä lautet, wie in geben, leben. 2. Eine Eigenschaft der Körper in Ansehung der Lichtstrahlen zu bezeichnen. 1) Eigentlich. (a) Einen hohen Grad des Lichtes habend, oder von sich gebend, und darin gegründet; im Gegensatze dessen was dunkel ist. Das Licht, das Feuer brennt nicht hell. Ein helles Licht. Die hellen Sterne. Es ist sternenhell, wenn die Sterne hell leuchten. Der Blitz machte das ganze Zimmer hell. Ein helles Zimmer, welches den nöthigen Grad des Lichtes hat. Es wird hell, wenn der Tag anbricht. Es ist schon heller lichter Tag, im gemeinen Leben. Was ist heller denn die Sonne? Sir. 17, 30. Ein heller Schein, 2 Cor. 4, 6. Helle Hölzer, im Forstwesen, welche auch lichte Hölzer heißen, Laubhölzer, mit Laubholze bewachsene Gehölze, weil sie heller sind, als die Nadel- oder Tangelhölzer. In einem andern Verstande ist eine Holzung hell oder licht, wenn die Bäume sehr dünn in derselben stehen, und also viele Lichtstrahlen durchlassen. Helle Farben, in der Mahlerey, welche viele Lichtstrahlen zurück werfen, lichte Farben; im Gegensatze der dunkeln. So auch in den Zusammensetzungen, hellblau, hellgrau, hellroth, hellgrün, hellgelb u. s. f. im Gegensatze des dunkelblau, dunkelgrau u. s. f. (b) Einen hohen Grad des Glanzes habend, viele Lichtstrahlen von seiner Oberfläche zurück werfend; im Gegensatze des matt oder trübe. Helle (glänzende) Augen haben. Ein heller Spiegel. Das Geschirr hell scheuern. Ihre Füße glänzten, wie ein hell glatt Erz, Ezech. 1, 7. Ihr Licht war gleich einem hellen Jaspis, Offenb. 21, 11. (c) Einen hohen Grad der Durchsichtigkeit habend, viele Lichtstrahlen durchlassend: im Gegensatze des trübe. Ein sehr helles Wetter. Die Luft ist nicht hell, wenn sie mit Dünsten angefüllet ist. Das Glas ist sehr hell. Der Diamant ist hell. Reines, helles Wasser. Helles Bier, welches nicht dick oder trübe ist. Augen, in denen helle Tropfen hingen. Nicht ohne helle Zähren zu weinen, Wiel. 2) Figürlich, einen hohen Grad der Deutlichkeit habend, und darin ge- gründet. Es ist die helle Wahrheit. Hell denken, mit vieler Deutlichkeit. Ein heller Kopf, welcher sehr klare oder deutliche Begriffe von vielen Dingen hat. In seinem Kopfe ist es helle. Die hellen Zwischenräume der Vernunft, Intervalla lucida, wo man sich seiner mit Deutlichkeit bewußt ist.

Anm. Dieses Wort lautet in beyden Bedeutungen im Nieders. hell. In der ersten Bedeutung, in welcher es älter zu seyn scheinet, weil sich Töne leichter nachahmen lassen, als die Empfindung des Sehens, gehöret es ohne Zweifel zu dem alten Hall, und hallen, schallen. Bey dem Notker kommt hellen für schallen vor. Da es eine eben nicht seltene Figur ist, die Eindrücke des Gehöres auf die übrigen Sinne, und besonders auf das Sehen überzutragen, so ist auch hell schon sehr früh von einem hohen Grade des Lichtes und Glanzes gebraucht worden. Das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , glänzen, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , die Sonne, Lat. Sol, durch Vertauschung des Hauchlautes mit dem Zischlaute, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, der Sonnenglanz, und das Wallis. Haul, die Sonne, sind sehr alte Beweise davon. Zu eben diesem Geschlechte gehöret auch das Angels. Aeled und Dän. Ild, Feuer, aelan, anzünden.


Hellblau (W3) [Adelung]


Hellblau, adj. et adv. eine helle blaue Farbe habend, lichtblau; zum Unterschiede von dunkelblau.


Hellbraun (W3) [Adelung]


Hellbraun, adj. et adv. eine helle braune Farbe habend, lichtbraun; im Gegensatze des dunkelbraun.


Hellbutte (W3) [Adelung]


Die Hellbutte, plur. die -n, im Nieders. ein Nahme der fetten und großen Norwegischen Butten oder Schollen, woraus der Raf und Rekel bereitet wird; Pleuronectes Hippoglossus L. Nieders. Heilbutte, Dän. Helleflynder und Hellebutt, Engl. Hallibut, Holländ. Heilbot, Eelbot. S. 2. Butte.


Helldunkle (W3) [Adelung]


Das Helldunkle, des -n, plur. inus. ein in der Mahlerey nach dem Ital. Chiaroscuro und Franz. Clair obscur gebildetes Wort, die ganze Vertheilung des Lichtes und des Schattens in einem Gemählde zu bezeichnen, ingleichen die Kunst, beyde auf eine geschickte Art zu vertheilen; die Haltung.


Helle (W3) [Adelung]


1. Die Helle, plur. inus. das Abstractum von dem Bey- und Nebenworte 2. hell. 1) Die Eigenschaft einer Sache, da sie hell ist; doch nur in Beziehung auf die Lichtstrahlen. Die Helle der Sonne, des Tages, der Nacht. Die Helle des Glases, Ingleichen figürlich, die Deutlichkeit, und ein hoher Grad derselben. Der Mensch hat mehr Helle in seinen Vorstellungen als das Thier. Gellerts Seele liebte das Helle im Ausdrucke, Cram. 2) Bey den Goldschmieden ist die Helle das Pulver von Weinstein, Schwefel und Küchensalze, womit das Gold gehellet, d. i. heller an Farbe gesotten wird.


Helle (W3) [Adelung]


3. Die Helle, plur. die -n, in dem Forstwesen einiger Gegenden, der starke Afterschlag; zum Unterschiede von dem Zopfholze, oder dem dünnen Afterschlage. Vermuthlich von dem Schwed. Hale, Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, der Schwanz, Schweif. Siehe 1. Helm.


Hellebarde (W3) [Adelung]


Die Hellebarde, oder vielmehr Hellebarte, plur. die -n, ein Spieß mit einer Barte, d. i. einer Art eines Beiles, mit welcher daher so wohl gestochen, als gehauen werden kann; eine ehemahlige Art des Kriegsgewehres, welches jetzt nur noch von den Leibwachen zu Fuße großer Herren geführet wird, welche daher auch Hellebardier heißen. Nieders. Tweesnider, Lat. Bipennis. Im Schwed. Hallbard, im Dän. Hellebard, im Böhm. Halapartna, im Engl. Halberd, im Franz. Hallebarde, im Ital. Alabarda. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist das noch bekannte Barte, ein Beil. Nur die erste Hälfte ist noch dunkel. Wachter leitet es von dem alten hellen, streiten, ab, so daß eine Hellebarte nichts anders als eine Streitart seyn würde; Frisch und andere von Helm, Cassis, weil man mit diesem Gewehre von Helmen den meisten Schaden zufügen konnte; wobey ihm zu Statten kommt, daß dieses Wort wirklich sehr oft Helmbarde und Helmparte geschrieben wird. Aber mit eben dem Rechte könnte man es auch von Helm, ein langer Stiel, ableiten, so daß es ein Beil an einem langen Stiele oder Schafte bedeuten würde. Nach dem Fabricius in Origg. Sax. B. 7, S. 700 sind die Hellebarten erst zu Anfange des 15ten Jahrhunderts erfunden worden. Ihre erinnert sich dabey des Fechterspießes der alten Römer, welcher Celibaris genannt wurde, und findet zwischen beyden Wörtern eine mehr als zufällige Ähnlichkeit. S. Barte und Partisane.


Hellen (W3) [Adelung]


Hellen, verb. reg. act. hell machen; wofür aber die zusammen gesetzten aufhellen, aushellen und erhellen üblicher sind. Nur bey den Goldschmieden ist noch das einfache hellen üblich, das Gold heller an Farbe sieden, welches vermittelst der Helle, d. i. eines Pulvers von Weinstein, Schwefel und Küchensalz geschiehet.


Heller (W3) [Adelung]


Der Heller, S. Häller


Hellfuchs (W3) [Adelung]


Der Hellfuchs, des -es, plur. die -füchse, ein Fuchs, d. i. röthliches Pferd von heller Farbe, ein Lichtfuchs; zum Unterschiede von einem Dunkelfuchse.


Hellgelb (W3) [Adelung]


Hellgelb, adj. et adv. eine helle gelbe Farbe habend, lichtgelb; zum Unterschiede von dunkelgelb.


Hellgrau (W3) [Adelung]


Hellgrau, adj. et adv. eine helle graue Farbe habend, lichtgrau; im Gegensatze des dunkelgrau.


Hellgrün (W3) [Adelung]


Hellgrün, adj. et adv. eine helle grüne Farbe habend, lichtgrün; zum Unterschiede von dunkelgrün.


Hellig (W3) [Adelung]


* Hellig, -er, -ste, adj. et adv. welches nur in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens üblich ist, ermüdet, abgemattet, kraftlos. Lauf dich nicht zu hellig, Jer. 2, 25. Der Held ganntz müd und hellig was, Theuerd. Kap. 86. Im engerm Verstande wird es im Nieders. auch für durstig gebraucht. Ein traurig Herz ist immer hellig, d. i. durstig. Das Land ist hellig, wenn es nach Regen durstet. Frisch leitet es von hallen, schreyen, her, und erkläret es durch müde von Schreyen. Allein es scheinet vielmehr eine Nachahmung des keichenden Lautes zu seyn, welchen ein von Arbeit abgemattetes Geschöpf von sich gibt, womit denn gemeiniglich ein heftiger Durst verbunden zu seyn pfleget. Alsdann würde es zu dem Geschlechte des Lat. anhelare und Halitus, und des Franz. haleter gehören. S. Behelligen, welches Hochdeutsche Wort von diesem abstammet.


Helligkeit (W3) [Adelung]


1. * Die Helligkeit, plur. inus. von dem vorigen Worte, der Zustand, da man hellig ist; doch nur im gemeinen Leben.


Helligkeit (W3) [Adelung]


2. Die Helligkeit, plur. inus. die Eigenschaft eines Dinges, da es hell ist, in Betrachtung der Lichtstrahlen, gleichfalls nur im gemeinen Leben; besser die Helle. S. 1. Helle.


Hellroth (W3) [Adelung]


Hellroth, adj. et adv. eine helle rothe Farbe habend, lichtroth; im Gegensatze des dunkelroth.


Hellschreyer (W3) [Adelung]


Der Hellschreyer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Dompfaff.


Hellweg (W3) [Adelung]


* Der Hellweg, des -es, plur. die -e, in einigen Niedersächsischen Gegenden, ein auf der Seite abhängig gemachter Weg, damit das Wasser ablaufen könne; in und um Bremen der Helmer, welches aber auch eine jede Abdachung bedeutet. Die erste Hälfte dieses Wortes gehöret zu dem Nieders. hellen, abhängig seyn, sich neigen, und die Helle, der Abhang. S. Halde.


Hellweiß (W3) [Adelung]


Hellweiß, adj. et adv. eine helle weiße Farbe habend, d. i. welche mit keiner andern Farbe vermischt ist; schneeweiß, hagelweiß.


Helm (W3) [Adelung]


1. Der Helm, des -es, plur. die -e, ein Stiel, besonders ein langer Stiel, derjenige Theil eines Werkzeuges, woran man dasselbe hält und handhabet; doch nur noch in einigen Fällen. Im gemeinen Leben ist der Stiel einer Art oder eines Beiles besonders unter dem Rahmen eines Helmes bekannt, dagegen im Bergbaue alle Stiele oder Hefte der Berggezähe diesen Rahmen führen. An den Ankern wird die Ruthe auch der Helm, und an dem Steuerruder der Griff und besonders der Knopf an dem Griffe, Franz. Heaume, der Helm genannt. In einem andern Verstande ist der Helm einer Axt der dicke hohle Theil, welcher den Stiel umschließt.

Anm. Man könnte es unmittelbar von Halm herleiten, welches in einigen Oberdeutschen Gegenden gleichfalls Helm lautet. Allein es scheinet vielmehr zu halten zu gehören, weil es den Theil eines Werkzeuges bedeutet, woran dasselbe gehalten und geführet wird. Das Nieders. und die mitternächtigen Mundarten haben dafür einen andern Ableitungslaut. Ein Heft oder Stiel heißt im Nieders. Helft, im Angels. Helf und Hielfa, im Engl. Helve. In einigen Gegenden ist es ungewissen Geschlechtes, das Helm. S. 3. Helle, Helmen und Helmstock.


Helm (W3) [Adelung]


2. Der Helm, des -es, plur. inus. in Schleßwig und Hollstein, eine Art Grases, oder vielmehr Rohres, welches den Flugsand stehend macht; Arundo arenaria L. Sandrohr, Sandhalm, Sandgras, Sandhafer, Sandschilf, Nervengras. Der Nahme Helm ist nur eine verderbte Aussprache für Halm, unter welchem es an einigen Orten wirklich vorkommt. S. Halm 2. Im Dänischen wird es Hielme, genannt, im Holländ. aber Duinhelm.


Helm (W3) [Adelung]


3. Der Helm, des -es, plur. die -e, Diminut. das Helmchen, Oberd. das Helmlein, die halb runde erhabene Bedeckung des Obertheiles verschiedener Körper. 1) Bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches ist es das oberste Blatt der helmförmigen, d. i. einblätterigen, ungleichförmigen, Blumen; Galea oder Labium superius L. im Gegensatze des Bartes oder des untersten Blattes; Barba oder Labium inferius. 2) Das oberste runde Dach der Thürme, welches im Ital. Cuppola heißt, ist im Deutschen gleichfalls unter dem Nahmen des Helmes, der Haube, oder der Kuppel bekannt. 3) An den Destillir-Blasen ist es der gewölbte, mit einer Röhre in Gestalt eines Schnabels versehene Deckel, welcher auf die Blase gesetzet wird, und auch der Hut, der Blasenhut heißt. Der blinde Helm, ein solcher Helm ohne Röhre. 4) Dasjenige Stück von den Häuten, welches neu geborne Kinder und Thiere zuweilen mit auf die Welt bringen, und welches ein Überrest derjenigen Häute ist, worin sie im Mutterleibe eingeschlossen waren, ist gleichfalls unter dem Nahmen des Helmes bekannt. 5) Am häufigsten bezeichnet man mit diesem Worte eine eiserne Verkleidung des Hauptes im Kriege, welche heut zu Tage nur noch zur Zierde, besonders auf den Wapen gebraucht wird, ehedem aber ein nothwendiges Stück der Kriegsrüstung war. S. Bickelhaube, welchen Nahmen noch eine Art des Helmes bey den Scharwächtern an manchen Orten führet. Ein offener Helm, im Gegensatze eines geschlossenen. Und hatte einen ehernen Helm auf seinem Haupt, 1 Sam. 17, 5. In weiterer Bedeutung nannte man ehedem auch mit Helmen bekleidete Kriegsleute, Helme. Herzog Otto schickte wider die Bürger zu Lübeck 600 Helme, in den Scriptor. Brunsuic. bey dem Frisch. Anm. In der letzten Bedeutung schon bey dem Ottfried Helm, im mittlern Lat. Helmus, Elmus, im Ital. Elmo, im Franz. Heaume, im Dän. Hiälm, im Angels. und Engl. Helm, im Pohln. Helm, im Isländ. Gialmur, im Schwed. Hjelm, im Lat. Galea, und im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Es stammet unstreitig von hehlen, decken, bedecken, her, daher es bey den Schwäbischen Dichtern auch Heln geschrieben wird, und bedeutete ehedem eine jede Decke, oder ein jedes Dach, wovon sich noch Beyspiele genug finden. Im Angels. war Haelme, und im mittlern Lat. Helmus, das Dach, der Gipfel eines Dinges, und haelmen decken, bedecken. Im Lettischen ist Chelmo der Hut. Im Griech. bey dem Suidas ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein jeder Deckel, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ich bedecke, wickele ein, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - der Deckel des Dreyfußes zu Delphi. S. Hehlen, Höhle, Hülle u. s. f. Opitz gebraucht Helm in der letzten Bedeutung im ungewissen Geschlechte, ein blankes Helm.


Helmbiene (W3) [Adelung]


Die Helmbiene, plur. die -n, an einigen Orten ein Nahme der Brutbienen, Thränen, oder Wasserbienen.


Helmbinde (W3) [Adelung]


Die Helmbinde, plur. die -n, eine Binde, womit man zuweilen den Helm zu schmücken pflegte, und noch bey den Helmen auf den Wapenschilden üblich ist. Ehedem auch die Helmlör, oder Brünlör, von Brün, galea, und Lör, eine Binde, Lorum. S. 3. Helm 5.


Helmdach (W3) [Adelung]


Das Helmdach, des -es, plur. die -dächer, in der Baukunst, ein Thurmdach, welches nicht gerade in eine Spitze zuläuft, sondern mit einem Helme versehen, und nach allerley Ausschweifungen und Krümmungen gebildet ist. S. 3. Helm 2.


Helmdecke (W3) [Adelung]


Die Helmdecke, plur. die -n, in der Wapenkunst, alle gekräuselte Zierathen, welche von dem Helme eines Wapens zu beyden Seiten herunter hangen und wie Laubwerk aussehen.


Helmen (W3) [Adelung]


1. Helmen, verb. reg. act. mit einem Helme, d. i. Stiele versehen. Eine Axt helmen. S. 1. Helm.


Helmen (W3) [Adelung]


2. Helmen, verb. reg. act. mit einem Helme, d. i. einer Kopfrüstung bekleiden. Gehelmte Soldaten. Sie sind gehelmte Hafen, Und kommen, Fersengeld zu geben, in den Krieg, Opitz.


Helmfenster (W3) [Adelung]


Das Helmfenster, des -s, plur. ut nom. sing. das Gitterwerk vorn an einem Helme; das Helmgitter, das Helmvisier, der Helmrost.


Helmförmig (W3) [Adelung]


Helmförmig, adj. et adv. die Gestalt eines Helmes, d. i. einer halb runden Bedeckung habend. Eine helmförmige Blume, in der Kräuterkunde, eine einblätterige, ungleichförmige Blume; Corolla ringens L.


Helmgewölbe (W3) [Adelung]


Das Helmgewölbe, des -s, plur. ut nom. sing. in der Baukunst, ein Gewölbe in Gestalt eines Helmes, d. i. ein Gewölbe, welches eine halbe Kugel vorstellet, und auch ein Kugelgewölbe, oder Kesselgewölbe genannt wird.


Helmgitter (W3) [Adelung]


Das Helmgitter, des -s, plur. ut nom. sing. S. Helmfenster.


Helmkleinod (W3) [Adelung]


Das Helmkleinod, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, die -ien, in der Wapenkunst, alle Kleinode oder Zierathen, womit der Helm eines Wapenschildes ausgezieret zu werden pfleget, und wohin Kronen, Wülste, Hüte, Küssen, Thiere u. s. f. gehören; Helmzierathen, Helmzeichen. In engerer Bedeutung führet der Federbusch eines Helmes den Nahmen des Helmkleinodes.


Helmlehe (W3) [Adelung]


Das Helmlehe, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Wapen, so fern es ehedem auch zuweilen zu Lehen gegeben wurde, wovon Schilter bey dem Worte Wapen ein Beyspiel anführet; ein Wapenlehen. 2) In weiterer Bedeutung wurde ehedem auch ein jedes Ritterlehen ein Helmlehen, und im Lat. Feudum galeatum genannt, weil der Helm eine vorzüglich den Rittern eigene Rüstung war.


Helmreif (W3) [Adelung]


Der Helmreif, des -es, plur. die -e, die gebogenen Stangen, woraus das Helmfenster oder Helmgitter bestehet.


Helmrost (W3) [Adelung]


Der Helmrost, des -es, plur. die -röste, S. Helmfenster und Rost.


Helmspitze (W3) [Adelung]


Die Helmspitze, plur. die -n, der oberste Theil eines Helmes worin der Federbusch befestiget ist. Ingleichen die Spitze eines Helmdaches.


Helmstange (W3) [Adelung]


Die Helmstange, plur. die -n, die Stange auf dem Helme eines Daches, um welche sich die Windfahne drehet.


Helmstock (W3) [Adelung]


Der Helmstock, des -es, plur. die -stöcke, an den Schiffen, ein langes rundes Holz, welches in den Kolderstock des Steuerruders gehet, und vermittelst dessen dasselbe regieret wird. S. 1. Helm.


Helmstutz (W3) [Adelung]


Der Helmstutz, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, die Zierathen oben auf dem Helme, dergleichen Federbüsche, Köpfe u. s. f. sind. S. Stutz.


Helmtaube (W3) [Adelung]


Die Helmtaube, plur. die -n, eine Art Tauben, mit einem Schopfe auf dem Kopfe, welcher einen Helm vorstellet.


Helm-Visier (W3) [Adelung]


Das Helm-Visier, des -es, plur. die -e, das Visier eines Helmes, d. i. derjenige Theil, welcher das Gesicht bedecket, und die Gestalt eines Gitters hat, S. Helmfenster und Visier.


Helmweiderich (W3) [Adelung]


Der Helmweiderich, des -es, plur. inus. eine Art Weiderich mit blauen Blumen, welcher auch das Fieberkraut genannt wird, weil er das dreytägige Fieber vertreiben soll; Epilobium L.


Helmzeichen (W3) [Adelung]


Das Helmzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Helmkleinod.


Helmzierath (W3) [Adelung]


Der Helmzierath, des -es, plur. die -en, S. eben daselbst.


Hemd (W3) [Adelung]


Das Hemd, des -es, plur. die -en, im gemeinen Leben die -er, Diminut. das Hemdchen, Oberd. Hemdlein. 1) Eigentlich und in der weitesten Bedeutung, ein jedes Kleidungsstück oder Bekleidung des menschlichen Körpers; in welcher Bedeutung es aber nur noch in einigen Zusammensetzungen üblich ist, S. Chor-Hemd, Futterhemd, Meßhemd, Panzerhemd. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, eine gemeiniglich leinwandene Bekleidung des Körpers, welche man unmittelbar an die Haut leget. Jemanden bis auf das Hemd ausziehen. Das Hemd ist mir näher als der Rock, Sprichw.

Anm. In der zweyten engern Bedeutung in den gemeinen Oberdeutschen Mundarten Hemat, in dem Heldenbuche Hemmat, bey den Schwäbischen Dichtern Hemede, in den spätern Zeiten Hembe und Hemb, im Angels. Haam, Ham, im Ungar. Imeg, im mittlern Lat. Camisia, im Franz. Chemise. In der weitern Bedeutung einer jeden Kleidung lautet es bey dem Notker Hemide, der es für einen Rock gebraucht, da es denn sehr deutlich mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - überein kommt. Im Isländ. ist Hempe ein Unterrock. Wachter leitet es von Hanf her, der ersten und ältesten Materie der Hemden. Allein es gehöret wohl unstreitig zu dem alten hemen, heimen, bedecken, bekleiden, Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - von welchem es vermittelst der Ableitungssylbe de oder d abstammet. Im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ich ziehe an, im Schwed. hama, hema, bedecken, Ham eine jede Decke, besonders ein Kleid, Esthnisch Hame. Das Dänische Ham bedeutet einen abgestreiften Schlangenbalg. Auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Deutsche um scheinen hierher zu gehören. S. Heim, Himmel. Der Plural Hemder ist nur im gemeinen Leben üblich. Das b vor dem d, Hembd, ist einigen Oberdeutschen Mundar- ten eigen, welche dem letztern Buchstaben gern ein b vorher schleichen lassen. Übrigens wird ein Hemd bey dem großen Haufen der Oberdeutschen ein Pfad, Pfoad, und eine Hemdkrämerinn eine Pfadlerinn genannt, womit das Gothische Paida, und Isländ. Paita, ein Hemd, überein kommen.


Hemmen (W3) [Adelung]


Hemmen, verb. reg. act. die Bewegung eines Körpers hindern. 1) Eigentlich, wo es doch nur noch in einigen einzelnen Fällen, besonders aber von Rädern gebraucht wird. Einen Wagen hemmen, oder die Räder hemmen, durch eine angelegte Kette den Umlauf der Räder hindern. In den Uhrwerken hemmt der eine Zahn des Englischen Hakens das Steigerad, wenn er in dasselbe eingreifet, und dessen Umlauf unterbricht, daher dieser Haken. auch die Hemmung genannt wird. Das Wasser hemmen, dessen Fortfließung oder Abfluß vermittelst eines Dammes, eines Wehres, eines Schutzbretes u. s. f. hindern; im gemeinen Leben es stauen. Und den verstrickten Fuß an seinem Gange hemmet, Hans Sachs. Das heißt recht einem andern eine Grube graben und selbst darein gefallen, und ein Netz geleget, und sich selbst gehembt, d. i. gefangen, Luther in der Kirchenpost, in welcher Bedeutung es doch veraltet ist, so wie das zusammen gesetzte behemmen, in Verhaft nehmen. 2) Figürlich, den Lauf, den Fortgang einer Sache hindern, unterbrechen. Furcht und Zweifel hemmen oft große Anschläge gleich im Anfange. Hemme die vergoßnen Thränen, Gryph. Eines Muth hemmen. So auch die Hemmung.

Anm. Im Engl. to hem, im Dän. hemme, im Pohl. hamuie, im Schwed. haemma, und mit andern Ableitungslauten hamna, hamla und hafna; woraus zugleich zu erhellen scheinet, daß man dieses Wort füglich zu haben und heften, oder auch zu hamm, lahm und hammeln, verstümmeln, rechnen könne. S. Hammel. Frisch leitet es sehr unwahrscheinlich von hängen ab, leget ihm auch eine falsche Nebenbedeutung bey, wenn er behauptet, daß es nur dem heftigen Laufe eines Dinges Einhalt thun bedeute; worin ihm auch Hr. Stosch gefolget ist. Im Nieders. ist für hemmen lemmern üblich, ohne Zweifel von lahm, eigentlich lähmen, welches zugleich die Ableitung von ham, lahm, verstümmelt, wahrscheinlich macht. S. auch Hamen und Hamstock.


Hemmerling (W3) [Adelung]


Der Hemmerling, S. Ammer und Hämmerling.


Hemmkette (W3) [Adelung]


Die Hemmkette, plur. die -n, eine an dem Langwagen befestigte Kette, welche man um ein Rad leget, dessen Umlauf zu hemmen, und die allzu schnelle Bewegung eines Wagens auf sehr abhängigen Wegen zu hindern; die Sperrkette, Radsperre.


Hemmschuh (W3) [Adelung]


Der Hemmschuh, des -es, plur. die -e, bey Frachtwagen, ein mit einer Rinne versehenes Holz, womit man ein Rad einzuhemmen pflegt.


Hengel (W3) [Adelung]


Der Hengel, S. Hängel.


Hengst (W3) [Adelung]


1. Der Hengst, des -es, plur. die -e. 1) Der Nagel an den Fahrzeugen und Kähnen, woran und worauf das Ruder beweget wird; besonders im Oberdeutschen: 2) Bey den Färbern führet diesen Nahmen derjenige Haspel, womit das gefärbte Zeug aus der Blauküve gewunden wird. Auch die Ruthe an einem Ziehbrunnen, woran der Eimer befestiget wird, führet in einigen Gegenden den Nahmen des Hengstes, Schwed. Hink, dagegen er an andern Heinz genannt wird, S. dieses Wort.

Anm. In der ersten Bedeutung kann dieses Wort durch den eingeschobenen Nasenlaut aus Haken gebildet seyn. In der zweyten scheinet es mit Heinz von einem veralteten Zeitworte abzustammen, welches ziehen bedeutet haben mag.


Hengst (W3) [Adelung]


2. Der Hengst, des -es, plur. die -e, Diminut. das Hengstchen, Oberd. das Hengstlein, ein unverschnittenes Pferd männlichen Geschlechtes, zum Unterschiede von einem Wallache und von einer Stute; welches, wenn es besonders zur Fortpflanzung seines Geschlechtes bestimmt ist, auch der Springhengst, Zuchthengst, Reithengst, Beschäler, ehedem im Oberd. Scalo, Schel, genannt wird. Figürlich in den niedrigen Sprecharten, eine geile Person männlichen Geschlechtes.

Anm. Im Salischen Gesetze schon Chengisto, im Nieders. und Dän. Hingst, im Böhm. Hynst, im Schwed. Hingst. Frisch lässet es mit vieler Wahrscheinlichkeit von hinnire, im Oberd. hanen, abstammen, so fern dieses Wort eine Nachahmung des den Pferden eigenthümlichen Geschreyes ist, wovon die jungen Füllen in Franken und einigen andern Gegenden auch Hankerlein genannt werden. Bey den Saterländern im Stifte Münster bedeutet Hangst ein Pferd überhaupt, und da scheinet es zu dem Schwed. Haest und Dän. Hest, ein Pferd, zu gehören, welches Ihre von Hast, Eil, herleitet, so wie das Latein. Equus, von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, hurtig, abstammen soll. Übrigens wurde ein Hengst ehedem auch ein Meyden genannt.


Hengstfüllen (W3) [Adelung]


Das Hengstfüllen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Füllen männlichen Geschlechtes, zum Unterschiede von einem Mutterfüllen; im gemeinen Leben ein Hengstfohlen, Nieders. Hingstvale.


Hengstgeld (W3) [Adelung]


Das Hengstgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, Geld, welches man dem Eigenthümer eines Springhengstes für dessen Zulassen bezahlet; das Beschälgeld.


Hengstmann (W3) [Adelung]


Der Hengstmann, des -es, plur. die -männer, in den Stutereyen, derjenige, welcher die Belegung der Mutterpferde zu besorgen hat; der Wildenhirt, Stutenmeister. Im gemeinen Leben führet auch derjenige den Nahmen eines Hengstmannes, welcher mit seinem Beschälhengste von einem Orte zum andern reitet, und Mutterpferde gegen einen gewissen Lohn belegen lässet.


Henkel (W3) [Adelung]


Der Henkel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut das Henkelchen, Oberd. Henkellein, derjenige in Gestalt eines Öhres gebogene Theil an einem Körper, woran derselbe hänget, oder gehenket werden kann. Der Henkel an einem Topfe, an einen Theetasse, an einem Korbe, an einem Ducaten u. s. f. Im Nieders. Henk und Hängel, von dem Zeitworte henken, hängen, so daß die Sylbe -el ein Werkzeug bedeutet.


Henkelkorb (W3) [Adelung]


Der Henkelkorb, des -es, plur. die -körbe, ein Korb mit einem Henkel; Nieders. Hängelkorf.


Henkeln (W3) [Adelung]


Henkeln, verb. reg. act. mit einem Henkel versehen; besonders im Mittelworte. Alte gehenkelte Ducaten. Gehenkeltes Geld.


Henkeltasse (W3) [Adelung]


Die "Henkeltasse", plur. die -n, eine mit einem Henkel versehene Tasse.


Henkeltopf (W3) [Adelung]


Der Henkeltopf, des -es, plur. die -töpfe, ein mit Henkeln oder einem Henkel versehener Topf; Nieders. Hängelpott.


Henkel (W3) [Adelung]


Henkel, verb. reg. act. welches das Frequentativum oder Intensivum von hängen zu seyn scheinet, aber mit hängen in einerley Bedeutung gebraucht wird, hangen machen. Das Kleid, den Degen an die Wand henken. Sein Gewissen an den Nagel henken. S. Flegelhenke. Indessen bedienet man sich in diesen und andern Fällen im Hochdeutschen doch lieber des Zeitwortes hängen, und schränket das henken bloß auf das Hängen an den Galgen ein. Einen Dieb an den Galgen henken lassen. Am häufigsten absolute. Der Dieb ist gehenket worden. Das Hauptwort die Henkung, ist nur in den zusammen gesetzten Aufhenkung und Erhenkung üblich.

Anm. Im Schwabensp. in der eingeschränkten Bedeutung schon henken; eben daselbst aber kommt auch noch das alte hahen, hohen, in eben diesem Verstande vor. Die Niedersachsen kennen dieses Zeitwort nicht, sondern brauchen dafür ihr hangen. S. Hängen.


Henkenswerth (W3) [Adelung]


Henkenswerth, -er, -este, adj. et adv. werth gehenket, oder mit dem Strange bestrafet zu werden.


Henker (W3) [Adelung]


Der Henker, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Henkerinn, plur. die -en, von dem vorigen Zeitworte. 1) Eigentlich, derjenige, dessen Geschäft es ist, Verbrecher zu henken, welches der vornehmste Knecht des Scharfrichters ist, der zugleich den Staupbesen gibt, das Peinigen verrichtet u. s. f. Dem Henker in die Hände fallen. Dem Henker übergeben werden. 2) In weiterer Bedeutung führet auch der Scharfrichter oder Nachrichter, so wohl im gemeinen Leben als in der edlen Schreibart, obgleich nicht ohne Beleidigung, den Nahmen des Henkers, vermuthlich, weil er ehedem auch das Henken verrichtete. Von des Henkers Hand sterben, hingerichtet werden. Sein eigener Henker werden, sich selbst umbringen. 3) Figürlich, ein grausamer, blutdürstiger Mensch. Dieser Vater ist ein wahrer Henker seiner Kinder. Ingleichen eine Person oder Sache, welche uns in einem hohen Grade quälet und beunruhiget. Sein eigener Henker seyn, sich selbst quälen. Das Laster ist sein eigener Henker. Die Liebe ist eine grausame Henkerinn, welche ihren Sclaven das Herz zerreißt. 4) Im gemeinen Leben wird dieses Wort, besonders bey unangenehmen Vorfällen, sehr oft als ein Zwischenwort gebraucht. Der Henker! Das wäre der Henker! Das wäre des Henkers! Ich möchte fürn Henker wissen, wer euch dazu bestellt hat, Weiße. Was, Henker, ist denn das wieder für eine Figur? ebend. Zum Henker reden sie doch. Ingleichen in Vergleichungen. Er fragt den Henker darnach, d. i. nichts. Ich fürchte mich vor ihm wie vor dem Henker; ingleichen, ich fürchte mich vor ihm ganz des Henkers. Er ist ganz des Henkers, ausschweifend zornig, wild u. s. f. Das taugt den Henker nicht, gar nichts. Wo es oft eine verdeckte Benennung des Teufels ist. Daß dich der Henker hohle! Geh in des Henkers Nahmen! Gehe zum Henker! Reitet dich der Henker? reißet dich der Teufel?

Anm. Im Oberdeutschen ehedem Hoher, im Nieders. Henger. In Nürnberg heißt der vornehmste Knecht des Scharfrichters; dem Frisch zu Folge, Bala, in andern Oberdeutschen Gegenden Beudel, Beul, welches vermuthlich eine weiche Aussprache von Büttel ist. Im Nieders. führet der Henker oder Scharfrichter auch den Nahmen Nikker, vermuthlich von dem Angels. naecan, tödten, Lat. necare, welches Wort denn so wie das Hochdeutsche auch figürlich von dem Teufel gebraucht wird. Im Engl. ist Nick gleichfalls der Teufel. S. auch Nix.


Henkerbeil (W3) [Adelung]


Das Henkerbeil, des -es, plur. die -e, in denjenigen Ländern, wo die Enthauptung noch vermittelst eines Beiles geschiehet, das dazu bestimmte Beil; das Richtbeil.


Henkerey (W3) [Adelung]


Die Henkerey, plur. die -en, an einigen Orten die Wohnung des Scharfrichters und seiner Leute; die Scharfrichterey.


Henkergeld (W3) [Adelung]


Das Henkergeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er. 1) Dasjenige Geld, welches der Henker für das Aufknüpfen, und in weiterer Bedeutung, der Scharfrichter für die Hinrichtung eines Verbrechers bekommt. 2) Die peinlichen Kosten, welche, so fern unter die Einwohner einer Gemeine nach den Herden vertheilet werden, auch das Herdgeld heißen.


Henkerisch (W3) [Adelung]


+ Henkerisch, adj. et adv. in den niedrigen Sprecharten, nach Art eines Henkers; ingleichen grausam, blutdürstig.


Henkermahl (W3) [Adelung]


Das Henkermahl, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben die -mähler, die letzte, gemeiniglich feyerliche Mahlzeit eines zum Galgen, und in weiterer Bedeutung, eines jeden zum Tode verurtheilten Missethäters. Das Henkermahl halten. Im mittlern Lat. Coena libera, welches schon bey dem Tertullian vorkommt. Figürlich, die letzte Mahlzeit vor einer traurigen oder unangenehmen Begebenheit; Nieders. Hülgrütt, Heulgrütze, weil sie mit Weinen verzehret wird.


Henkermäßig (W3) [Adelung]


Henkermäßig, adj. et adv. einem Henker gemäß, nach Art eines Henkers.


Henkerschwert (W3) [Adelung]


Das Henkerschwert, des -es, plur. die -er, das Schwert des Henkers, d. i. Scharfrichters; das Richtschwert.


Henkersknecht (W3) [Adelung]


Der Henkersknecht, des -es, plur. die -e, der Knecht des Henkers, d. i. Scharfrichters; im gemeinen Leben der Schinder.


Hennenbiß (W3) [Adelung]


Der Hennenbiß, eine Pflanze, S. Hühnerbiß.


Hennendarm (W3) [Adelung]


Der Hennendarm, eine Pflanze, S. Hühnerdarm.


Henning (W3) [Adelung]


Der Henning, des -es, plur. die -e. 1) An einigen Orten, z. B. im Meklenburgischen, ein Nahme des Hahnes, S. Hahn. 2) Ein männlicher Tauf- und Geschlechtsnahme, welcher vermuthlich von der vorigen Bedeutung entlehnet ist.


Henriette (W3) [Adelung]


"Henriette", ein weiblicher Taufnahme, welcher das weibliche Geschlecht von "Heinrich" ist, aber zunächst aus dem Franz. "Henriette" herstammet. Im gemeinen Leben wird dieser Nahme häufig in "Jettchen", "Gettchen", "Gette", Nieders. "Jetke", verkürzet.


Heppe (W3) [Adelung]


Die Heppe, S. Hippe.


Her (W3) [Adelung]


Her, ein Vor- und Nebenwort des Ortes, welches eigentlich und zunächst eine Bewegung aus der Ferne nach uns, nach dem Redenden zu bezeichnet; im Gegensatze des hin. 1) Eigentlich, da es, wenn es mit Zeitwörtern zusammen gesetzet ist, gern andern Vorwörtern beygesellet wird. Komm zu mir her. Sie jauchzen vom Meere her, Es. 24, 14. Von Mitternacht her, Jer. 1, 13. Von oben her, von unten her u. s. f. Versammelt euch um mich her. Die Strafe hinkte mit der Krücke Ganz langsam hinter ihnen her, Lichtw. Hin und her, bald dort hin, bald hier hin. Hin und her gehen, wanken, sich bewegen u. s. f. Geschenke hin, Geschenke her eine im vertraulichen Umgange übliche Art, seine Verachtung, Geringschätzung einer Sache an den Tag zu legen. Oft stehet es elliptisch, so daß das dazu gehörige Zeitwort verschwiegen wird. Nur Tint und Leder her! d. i. gebt mir Tinte und Feder her. Ha, Vater Bevern, riefen wir, Uns, uns Patronen her! Gleim. Zuweilen beziehet sich der Begriff der Annäherung oder der Richtung der Bewegung auf den Gegenstand, von welchem die Rede ist. Über etwas her fallen, sich darüber her machen, darüber her seyn. In den meisten übrigen Fällen dieser Art ist zu üblich. Darauf zu gehen. Darüber zu kommen. In manchen Fällen verliert sich der Begriff der Bewegung, und her bedeutet alsdann bloß, daß eine Sache in der Nähe des Redenden ist oder geschiehet. Sie standen alle um uns her. Er ging neben mir her. Er ging nahe vor mir her. Traurig trieb er die Schafe vor sich her, Geßn. Wenn aber die Richtung der Bewegung von dem Redenden weggehet, oder sich von ihm entfernet, so kann ohne einen Fehler niemahls her stehen, sondern diese Bedeutung bleibt beim Nebenworte hin vorbehalten. 2) Figürlich, von einer Zeit, wo es gleichfalls eine Richtung oder Annäherung von einer entferntern bis zur gegenwärtigen Zeit bezeichnet. Es hat alsdann die Gestalt eines wahren Vorwortes, welches die vierte Endung regieret, aber allezeit dem Hauptworte nachgesetzet wird. Ich habe die Tage her (die vorigen Tage bis zum jetzigen) viele zu thun gehabt. Ich habe einige Jahre her nicht das Vergnügen gehabt, ihn zu sehen. Ingleichen in Gesellschaft des Vorwortes von. Von Anfang der Welt her. Von Ewigkeit her. Von Alters her. Von langen Zeiten her. Aber nicht gern mit andern Vorwörtern, wie 2 Cor. 8, 10, vor dem Jahre her. Auch nach der Partikel seit ist es, außer dem zusammen gesetzten seither, überflüssig, seit sechs Jahren her; weil ersteres schon den Begriff des her mit in sich schließet. Anm. 1. Aus dem Gebrauche dieser Partikel, wenn sie eine Zeit bezeichnet, erhellet zugleich, daß sie ein wirkliches Vorwort ist, ungeachtet sie in den Sprachlehren gemeiniglich nicht mit darunter gerechnet wird. Eben um deßwillen wird sie auch mit den Zeitwörtern, denen sie beygesellet wird, beständig zusammen gezogen, welches, einige wenige Nebenwörter ausgenommen, zunächst nur mit Vorwörtern üblich ist. Indessen gehöret sie zu den trennbaren Partikeln, welche in der Conjugation hinter das Zeitwort treten; ich kam her, nicht ich herkam.

Anm. 2. Außer den Zeitwörtern und den davon abgeleiteten, wie auch einigen wenigen andern Nennwörtern, wird dieses Wort noch mit verschiedenen Partikeln zusammen gesetzet, neue Nebenwörter damit zu bilden. Es stehet alsdann theils vorn, theils hinten. Vorn, wie in herab, heran, herauf, heraus, herbey, herein, herunter, hervor, herüber, herum, herzu u. s. f. in welchen es so wie das einfache eine Bewegung nach der redenden Person zu bedeutet, im Gegensatze der mit hin zusammen gesetzten Partikeln, obgleich beyde sehr häufig mit einander verwechselt werden. Komm zu mir herauf, gehe hinaus, komm zu uns herüber, sind vollkommen richtig; nicht aber, das Wasser floß den Berg herab, jetzt sind wir den Berg herüber u. a. m. Eben dieses gilt auch, wenn es an manche Partikeln angehänget wird, wie in daher, dorther, bisher, einher, hierher, nebenher, umher, woher u. s. f. in deren einigen es auch eine Zeit mit der oben gedachten Einschränkung bezeichnet. Von außen her, darüber her, darunter her, hinter her, von innen her, von oben her, von unten her, vorn her u. s. f. werden besser getheilt als zusammen gezogen geschrieben. In den gemeinen Mundarten wird dieses Vorwort in den Zusammensetzungen oft sehr verstümmelt; raus, rauf, rab, rein, für heraus, herauf, herab, herein.

Anm. 3. Her behält den Ton auch in der Zusammensetzung mit Zeitwörtern und den davon abgeleiteten Nennwörtern, ingleichen auch alsdann, wenn es andern Partikeln angehänget wird. Wird es aber andern Partikeln vorgesetzet, so wirft es seinen Ton auf diese. Ihn herbringen, nebenher, daher, liegt der Ton auf her; in herab, herauf, herbey u. s. f. aber auf ab, auf und bey.

Anm. 4. Dieses Vor- und Nebenwort lautet im 9ten Jahrh. in der Fränkischen Mundart hera und herra, bey dem Ottfried hera, bey dem Notker hera und hara. Es ist ursprünglich einerley mit dem Nebenworte hier, bey dem Ulphilas her, Angels. und Engl. here, Schwed. haer, welches nunmehr ein Seyn oder eine Ruhe in der Nähe des Redenden, im Gegensatze des da und dar, so wie her eine Bewegung zu ihm, bezeichnet. Neidelhart gedacht her unnd dar Wie er solch sach möcht ankheren, heißt es noch im Theuerdanke Kap. 95, für hier und da. Auch in den zusammen gesetzten hernach, nachher und vorher scheinet es noch für hier zu stehen.


Herab (W3) [Adelung]


Herab, eine Nebenwort des Ortes, von einem höhern Orte nach dem Redenden zu; im Gegensatze des hinab, von einem höhern Orte von dem Redenden weg. Du bist gesegnet mit Segen oben vom Himmel herab, 1 Mos. 49, 25. Weil du vom Himmel herab gestäupet bist, 2 Marc. 3, 34. Die Hülfe die ihnen vormahls vom Himmel herab geschehen wäre, Kap. 15, 8. Wenns vom Libano herab schneyet, Jer. 18, 14. Zuweilen, besonders in der edlen Schreibart, wird es auch ohne das Vorwort von, mit der vierten Endung verbunden, welche demselben aber alle Mahl vorgesetzet wird. Den Berg herab. Wasserströme rollen das Gebirge herab. Mehrere Beyspiele kommen im folgenden vor. Herab und hinab werden selbst von guten Schriftstellern häufig verwechselt, ungeachtet der nunmehr wesentliche Unterschied zwischen her und hin auch in den Zusammensetzungen beobachtet werden sollte. Nur da scheinet es gleich gültig zu seyn, welches Nebenwort gewählet wird, wenn die Richtung in Absicht auf den Redenden unbestimmt bleibt, und bloß eine Bewegung von einem höhern nach einem niedrigen Orte bezeichnet werden soll, in welchem Falle das her bloß zur Verstärkung des ab dienet, in welchem Falle denn herab beynahe gebräuchlicher ist als hinab. Heiße Thränen rollten ihre Backen herab. Dessen grauer verworrener Bart den Gürtel herab floß, Zach. Mehrere Beyspiele kommen im folgenden vor. Das versetzte Oberdeutsche abher für herab, welches nach Marc. 3, 22 vorkommt, ist im Hochdeutschen veraltet. Da herab ein wirkliches Nebenwort ist, so thun diejenigen nicht wohl, welche es mit den Zeitwörtern, denen es beygesellet wird, zusammen ziehen und beyde als Ein Wort schreiben, ungeachtet solches in Ansehung der von solchen R. A. abgeleiteten Nennwörter, z. B. bey Herablassung von herab lassen, Her- abkunft von herab kommen u. a. m. Statt finden kann und muß. Herab kann allen Zeitwörtern der Bewegung oder der Richtung beygesellet werden. Einige der gebräuchlichsten sind folgende. Bringen. Bringet ihn herab zu mir, 1 Mos. 24, 21. Sie brachten die Früchte herab zu uns, 5 Mos. 1, 25. Dreymahl brachte er Feuer herab, Sir. 48, 3. Wer hat die Weisheit aus den Wolken herab gebracht? Bar. 3, 29. Fahren. Den dritten Tag wird der Herr vor allem Volke herab fahren auf den Berg Sinai, 2 Mos. 19, 11. Wer fähret hinauf gen Himmel und herab? Sprichw. 30, 4. Fallen. Wenn jemand von dem Hause herab fiele, 5 Mos. 22, 8. Da fiel das Feuer des Herren herab, 1 Kön. 18, 38. Wie der Thau, der vom Hermon herab fällt auf die Berge Zion, Pf. 133, 3. Fließen. Wasser, welches von oben herab fließet. Der Strom fließt den Berg herab, wenn der Redende unten ist, hinab, wenn er sich auf dem Berge befindet. Laß Tag und Nacht Thränen herab fließen, Klagel. 2, 18, wo auch hinab mit eben so vielem Rechte stehen könnte. Führen. Führet ihn zu uns herab. Gehen. Die Stufen, die von der Stadt David herab gehen; Nehem. 3, 15. Von dem Berge herab gehen, oder den Berg herab gehen, wenn der Redende als unten befindlich vorgestellet werden soll. Hängen, das Neutrum. Der Himmel, der finster über mich herab hängt, Weiße. Hängen, das Activum. Die haben ihre Schilde von deinen Mauern herab gehangen, (gehänget,) Ezech. 27, 11. Hauen. Die Bilder oben darauf hieb er oben herab, 2 Chron. 34, 4. Heben. Hebet ihn herab, von dem Pferde. Hohlen. Salomo ließ ihn herab vom Altar hohlen, 1 Kön. 1, 53. Christum herab hohlen, (vom Himmel,) Röm. 10, 6. Kommen. Komm herab zu mir. Kriechen. Den Berg herab kriechen. Lassen. Etwas mit Stricken herab lassen, wenn der Redende unten ist, hinab, wenn er oben ist. Ingleichen figürlich, sich zu jemanden herab lassen, von Personen höhern Standes, wenn sie sich mit Geringern in eine Art von Gleichheit setzen. Sich zu den ärmsten Personen herab lassen. Nach einer noch weitern Figur, sich nach ihren Einsichten, nach ihren Fähigkeiten bequemen. Sich zu dem Gesichtskreise, zu den Fähigkeiten des großen Haufens herab lassen. Sich zu den Schwachheiten anderer herab lassen. Weißt du noch, mit wie vieler Geduld ich mich zu allen Erniedrigungen herab ließ? Dusch. S. Herablassung. Hier sollte billig hinab stehen; allein herab hat schon die Zeitdauer und eine allgemeine Gewohnheit für sich; man müßte denn behaupten, daß in diesen figürlichen Arten des Ausdruckes die Richtung der Bewegung in Absicht auf den Redenden in keine Betrachtung komme. Für die im gemeinen Leben üblichen R. A. etwas von dem Preise herab lassen, sagt man richtiger und gewöhnlicher, ablassen. Müssen. Es muß herab. Nehmen. Laßt sehen, ob Elias komme, und ihn herab nehme, Marc. 15, 36. Reißen. Bis ein Stein herab gerissen ward, Dan. 2, 34. Rollen. Eine glänzende Thräne rollte über ihre Wangen herab. Schauen. Bis der Herr vom Himmel herab schaue, Klagel. 3, 30. Schütten. Segen herab schütten die Fülle, Mal. 3, 10. Sehen. Siehe herab von deiner heiligen Wohnung, Es. 63, 15. Seine Unschuld, auf die er jetzt im Triumphe eines guten Gewissens herab siehet, (hinab siehet,) Gell. Senden. Gott der euch herab sendet Frühregen und Spatregen, Joel 2, 23. Setzen. Jemanden herab setzen, von dem Pferde, von dem Stuhle. Einen Ober-Officier bis zum Unter-Officier herab setzen, ihn degradiren. Einen Thaler bis auf einen Gulden herab setzen, abwürdigen. Den Preis des Getreides herab setzen, durch Befehl vermindern. In welchen figürlichen Arten des Ausdruckes die Richtung der Bewegung in Ansehung der Nähe und Ferne nicht in Betrachtung kommt, daher auch hinab in denselben nicht üblich ist. Sinken. Bis zur Sprache des Pöbels herab sinken, besser hinab. Steigen. Vom Berge herab, oder den Berg herab steigen. Bist du Gottes Sohn, so steige herab vom Kreuz, Matth. 27, 40. Stürzen. Er sprach: stürzet sie herab, 2 Kön. 9, 33, wo der Redende unten stand. Wäre er oben befindlich gewesen, hätte er sagen müssen hinab. Träufeln. O träufle Trost auf ihn herab! besser hinab. Wälzen. Ich will dich von den Felsen herab wälzen, Jer. 51, 25. Ziehen, so wohl das Neutrum als das Activum. Da er den Öhlberg herab zog, (besser hinab,) Luc. 19, 37. Man zog ihn herab, von dem Pferde. Und so in vielen andern mehr.


Herablassung (W3) [Adelung]


Die Herablassung, plur. die -en, von der R. A. herab lassen, die Handlung des Herablassens. Die Herablassung eines Steines, wenn solches vermittelst der Seile von einem höhern Orte geschiehet. Am häufigsten im figürlichen Verstande, die Bequemung nach anderer geringerm Stande, oder schwächern Einsichten. Mit der größten Herablassung zu seinen Bedienten reden. Die Herablassung zu andrer Schwachheiten, Fähigkeiten und Einsichten. S. herab lassen in Herab.


Heran (W3) [Adelung]


Heran, ein Nebenwort des Ortes, ein Nahekommen an einen Ort oder an eine Sache, in Beziehung auf den Redenden, zu bezeichnen; im Gegensatze des hinan. Es wird verschiedenen Zeitwörtern der Bewegung beygesellet, mit denen es einige ohne Noth zusammen ziehen und als Ein Wort schreiben. Komm heran, d. i. nahe zu mir. Sie kamen immer näher heran. Aber, er ging den Berg hinan, d. i. er entfernte sich von uns als er auf den Berg ging. Das Wasser fließet zu uns heran. Sich heran nahen, näher zu uns kommen. Die Zeit nahet heran, da ich verreisen muß. Daher die Herannahung, die Handlung des Herannahens. So auch heran treten, heran steigen, heran kriechen, heran klettern u. s. f. Der Augenblick, der uns unzertrennlich verbinden soll, rückt heran. S. Anher.


Herauf (W3) [Adelung]


Herauf, ein Nebenwort des Ortes, eine Bewegung nach einem höhern Orte, welchem sich die redende Person nähert, oder nach dem Redenden zu, zu bezeichnen; so wie hinauf eine solche Bewegung ausdruckt, wenn sie sich von dem Redenden entfernet. Komm zu mir herauf. Wenn der Ort in Gestalt eines Hauptwortes ausgedrucket wird, so stehet dasselbe in der vierten Endung vor dem Nebenworte. Komm die Treppe herauf. Führet ihn den Berg herauf. Es kann unter den nöthigen Umständen, so wie herab, mit allen Zeitwörtern gebraucht werden, welche eine Bewegung bezeichnen. Zur Probe dienen folgende. Bringen. Bringt ihn herauf zu mir. Man brachte ihn die Treppe herauf zu uns. Fahren. Wer ist die, die herauf fähret von der Wüsten? Hohel. 8, 5. Er kommt den Berg herauf gefahren. Fliegen. Er fleucht (fliegt) herauf, wie ein Adler, Jerem. 49, 22. Führen. Jemanden die Treppe, den Berg herauf führen, wenn der Redende sich oben befindet. Man führe ihn herauf. Gehen. Wer ist die, die herauf gehet aus der Wüsten, wie ein gerader Rauch? Hohel. 3, 6. Hohlen. Daß er die Lade Gottes von dannen herauf hohlte, 2 Sam. 6, 2. Kommen. Komm zu mir herauf. Sie kommen schon die Treppe herauf. Kriechen. Die Frösche sollen herauf kriechen, aus dem Strome, 2 Mos. 8, 3. Steigen. Den Berg, die Treppe herauf steigen.


Heraus (W3) [Adelung]


Heraus, ein Nebenwort des Ortes, eine Bewegung aus einem Orte nach der redenden Person zu, zu bezeichnen; so wie hinaus die Bewegung von dem Redenden entfernet. Komm zu mir heraus, oder komm heraus, aus dem Hause, aus dem Zimmer. Bringe es heraus. Zuweilen stehet es auch elliptisch, so daß das Zeitwort verschwiegen wird. Nur heraus damit! d. i. sage es nur heraus. Heraus! kommt oder komm heraus. Heraus, aus deiner Wolfesgruft, Furchtbares Heldenheer, Heraus, zum Streit in frische Luft, Mit Muth und Schlachtgewehr! Gleim. Oft stehet es auch, wenn die Richtung der Bewegung in Absicht auf den Redenden unbestimmt bleibt, und da scheinet es zuweilen die Stelle des dar oder da zu vertreten, oder vielmehr für hier zu stehen, oft aber auch nur das aus zu verstärken; z. B. ich kann mich nicht heraus finden, d. i. daraus kann ich mich nicht finden, oder hieraus; ein Buch heraus geben, für ausgeben; heraus klauben, für daraus; sich Freyheiten heraus nehmen, u. s. f. Im Oberdeutschen war dafür ehedem auch ausher üblich, welches aber im Hochdeutschen veraltet ist. Gebt uns den fremden Mann ausser, Theuerd. Kap. 95. Dieses Nebenwort kann fast allen Zeitwörtern zugegeben werden, welche eine Bewegung bezeichnen, wird aber von einigen eben so ungebührlich mit denselben zusammen gezogen, als solches in herab, herauf, hinaus, und hundert andern mehr geschiehet. Von den vielen Zeitwörtern dieser Art, welche in Gesellschaft dieses Nebenwortes, und zuweilen in figürlichem Verstande gebraucht werden, sind folgende eine kleine Probe. Ackern. Einen Stein mit heraus ackern, d. i. ausackern. Arbeiten. Sich aus einem Orte heraus arbeiten, mit Arbeit aus demselben gelangen. Geben sie mir Zeit, mich aus diesem Wirbel aufrührischer Leidenschaften heraus zu arbeiten. Beichten. Etwas heraus beichten, es bekennen, es ausbeichten. Bekommen. Auf diesen Ducaten bekomme ich noch zehen Groschen heraus. Er bekommt nichts mehr heraus. Blasen. Den Staub heraus blasen, aus einem Dinge nach sich zu; ihn hinaus blasen, von sich weg. Brennen. Das Feuer brannte schon zu den Fenstern heraus. Bringen. Bringt es zu mir heraus. Der Nagel sitzt so fest, ich kann ihn nicht heraus bringen, aus der Wand. Einen Flecken heraus bringen, aus dem Zeuge. In welchen Fällen es die Beziehung auf den Redenden verlieret. Fahren. Sie fuhren zu uns heraus, aus der Stadt. Die Flammen führen zu den Fenstern heraus. Ingleichen figür- lich. Wer unvorsichtig heraus fähret, Sprichw. 12, 13, etwas unvorsichtig, schnell heraus saget. Ey, fuhr der Koch heraus, Lichtw. Fallen. Da fielen die Kinder Benjamin heraus aus Gidea, Richt. 20, 21. Daß Hagel heraus fallen, aus den Wolken, Sir. 43, 16. Feuern. Aus den Fenstern heraus feuern, d. i. schießen. Mit Kanonen heraus feuern, aus der Festung. Finden. Ich kann mich nicht heraus finden, weiß nicht, wie ich aus dem Orte kommen soll, für hinaus; ingleichen figürlich, ich kann nicht daraus klug werden, kann den Zusammenhang, die Entstehungsart u. s. f. nicht begreifen. Fließen. Laß deine Brunnen heraus fließen - auf die Gassen, Sprichw. 5, 16, wo billig hinaus stehen sollte. Führen. Führe sie heraus zu uns, 1 Mos. 19, 5. Und führten sie heraus, Apostelg. 16, 39, wo es gleichfalls unrichtig für hinaus stehet. Geben. Er gab es mir zum Fenster heraus. Etwas heraus geben, eine Sache, welche man einem andern mit Unrecht, wenigstens seiner Einbildung nach, vorenthält, ihm ausliefern, einhändigen. Gib deinen Sohn heraus, er muß sterben, Jos. 6, 10. Gib mir den Schöpps heraus, eh geh ich nicht vom Flecke, die gelernte Liebe. Ich habe ihm sechzehen Groschen darauf heraus gegeben, ich habe sie ihm gegeben, weil sie ihm noch gebühreten. Ein Buch heraus geben, veranstalten, daß es gedruckt werde, und es zum Drucke zubereiten, es ediren. Daher der Herausgeber, der solches thut, Editor. Gehen. Alles Vieh gehe heraus mit dir, aus dem Kasten, 1 Mos. 8, 17, wo es irrig für hinaus stehet. Loth ging heraus (hinaus) zu ihnen, Kap. 19, 6. Ingleichen figürlich. Wenn er nur aufrichtig damit heraus gehet, es aufrichtig saget. Graben. Einen Schatz heraus graben, aus der Erde. Halten. Er hielt es zum Fenster heraus, nach mir zu; wenn aber ich die haltende Person bin, so muß hinaus stehen. Hängen, so wohl das Activum, als das Neutrum. Der Vorhang hängt zum Fenster heraus. Helfen. Ich will ihnen heraus helfen aus allen Örtern, Ezech. 37, 23. Hohlen. Ich will euch aus den Gräbern heraus hohlen, Ezech. 37, 12. Jagen. Jage ihn zu mir heraus. Aber 2 Mos. 23, 28, die vor dir heraus jagen die Heviter, stehet es irrig für hinaus. Kommen. Es kommt niemand zu uns heraus. Es kommt auf eins heraus, figürlich, es hat einerley Bedeutung, einerley Folgen. Das käme schön heraus, würde schön stehen, spöttisch. Wenn es heraus kommt, für auskommt, bekannt wird. Sie befürchten auch nicht, daß es heraus kommen wird, Gell. Dabey kommt nichts heraus, das bringt keinen Nutzen. Kriechen. Aus dem Neste heraus kriechen. Lassen. Jemanden heraus lassen, aus einem Orte nach sich zu. Sich über etwas heraus lassen, seine Meinung, seine Gedanken darüber äußern. Laufen. Die Mäuse sind heraus gelaufen aus ihren Löchern, Judith 14, 11. Müssen, wo alle Mahl ein anderes Zeitwort verstanden werden muß. Er muß heraus, d. i. kommen. Ich konnte mir nicht helfen, es mußte heraus, ich mußte es sagen. Es muß heraus, es muß bekannt werden. Nehmen. Der König von Babel nahm von dannen heraus alle Schätze im Hause des Herren, 2 Kön. 24, 13. Da sie das Geld heraus nahmen, das zum Hause des Herren eingeleget war, 2 Chron. 34, 13. Sich allerhand Freyheiten heraus nehmen, figürlich, sich dieselben anmaßen. Platzen. Mit etwas heraus platzen, es plötzlich und unvorsichtiger Weise heraus sagen. Putzen. Jemanden heraus putzen, ihm durch Putz ein gutes äußeres Ansehen geben. Recken. Über wen wollt ihr die Zunge heraus recken? Es. 57, 4. Reichen. Reiche mir deine Hand heraus. Reißen. Bis daß wir sie heraus von der Stadt reißen, Jos. 8, 6. Ich will ihn heraus reißen, aus der Noth, Pf. 91, 15. Rinnen. Er riß den Fels, daß Wasser heraus rann, Es. 48, 21. Rücken. Mit der Sprache heraus rücken, etwas ohne Rückhalt sagen. Die Truppen rückten heraus, aus der Festung. Der Schwiegervater muß heraus rücken, muß sich bequemen Geld herzugeben. Sagen. Alles heraus sagen, nichts verschweigen. Sage es nur frey heraus. Schlagen. Die Kupfer heraus schlagen, sie außer dem Buche aus einander legen. Der Hauer hat sein Tagewerk heraus geschlagen, hat es durch Schlagen erfüllet. Schütteln. Daß die Gottlosen heraus geschüttelt würden, Hiob 38, 13. Springen. Das Wasser sprang heraus von der rechten Seiten, Ezech. 47, 2. Stechen. Die Austern heraus stechen, aus der Schale. Stecken. Den Kopf heraus stecken, zum Fenster, nachdem Redenden zu. Stehen. Der Balken stehet heraus, raget auswärts hervor. Steigen. Ich sahe sieben magere Kühe heraus steigen, aus dem Wasser, 1 Mos. 41, 19. Stoßen. Einen Pfropf heraus stoßen. Und man stieß sie heraus (hinaus) von Pharao, 2 Mos. 10, 11. Strecken. Die Hand heraus strecken, aus dem Fenster. Die Zunge heraus strecken, aus dem Munde. Streichen. Eine Sache oder Person heraus streichen, figürlich, aber nur im gemeinen Leben, sie sehr loben. Siehe Streichen. Thun. Da that er seine Hand heraus, (hinaus,) 1 Mos. 8, 9. Als sie jetzt gebar, that sich eine Hand heraus, Kap. 38, 28. Tragen. Als er nahe an das Stadtthor kam, siehe; da trug man einen Todten heraus, Luc. 7, 12. Aber 4 Mos. 17, 9, und Ezech. 12, 7, stehet es irrig für hinaus. Treiben. Jesus ging zum Tempel Gottes hinein, und trieb heraus alle Verkäufer, Matth. 21, 12, besser hinaus. Werfen. Wirf es zum Fenster heraus, 1 Marc. 2, 36, stehet es irrig für hinaus. Wickeln. Sich aus einer Sache heraus wickeln, sich durch List oder Klugheit von derselben los machen. Sie wissen sich gut heraus zu wickeln, sich zu rechtfertigen. Wollen, wo alle Mahl ein anderes Zeitwort verstanden werden muß. Der Vogel will heraus, aus dem Bauer. Der Nagel will nicht heraus, aus der Wand. Er will nicht recht mit der Sprache heraus, will nicht recht bekennen, gestehen. Ziehen. Einen Nagel heraus ziehen, aus der Wand. Die Truppen zogen heraus, aus der Stadt, dem Redenden entgegen.


Herausgeber (W3) [Adelung]


Der Herausgeber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Herausgeberinn, plur. die -en, S. Heraus geben in dem vorigen Artikel.


Heraußen (W3) [Adelung]


* Heraußen, ein Nebenwort des Ortes, welches im Hochdeutschen ungewöhnlich ist, für draußen. Der Fürst soll auswendig unter die Halle des Thors treten und heraußen - stehen bleiben, Ezech. 46, 2. Ein Vernünftiger bleibet heraußen stehen, Sir. 21, 25.


Herbe (W3) [Adelung]


Herbe, -r, -ste, adj. et adv. eine Eigenschaft der Körper in Absicht auf den Geschmack, nach welcher sie einen mit Säure vermischten zusammen ziehenden Geschmack haben; im Gegensatze des milde. 1) Eigentlich. Unreifes Obst ist gemeiniglich herbe. Die Schlehen schmecken herbe. Ein herber Wein. 2) Figürlich, im hohen Grade unangenehm. Ein herber Schmerz. Die herbesten Worte anhören müssen, welche die bitterste, unangenehmste Empfindung machen. Sie halten Herr, dein Volk sehr herbe, Opitz Pf. 94. Ingleichen, rauhe, widerwärtige Sitten habend. So herbe (in einem hohen Grade widerwärtig) ist sein Eigendünkel, daß er nicht allemahl ein Compliment unangetastet lassen kann, welches man seiner Person macht.

Anm. Das e am Ende ist das e euphonicum, welches nicht wegbleiben kann, wenn nicht das b, wider die Hochdeutsche Aussprache, wie ein p lauten soll. In unsern alten Denkmählern kommt dieses Wort nicht vor. Im Schwed. ist kerf unschmackhaft, widerwärtig von Geschmack, im Wallis. chwerw bitter, und garw rauh, widerwärtig, welche Bedeutung auch das Finnische carwe hat. In Bretagne ist für herbe fur, und in Vannetois in Frankreich hüero üblich, welches mit dem Deutschen sehr genau überein kommt, so wie auch das Latein. acerbus. S. auch Sauer. Von herbe stammet das im Hochdeutschen unbekannte Zeitwort erherben her, w. s. Die Niedersachsen gebrauchen für herbe struuf, und im figürlichen Verstande von rauhen Sitten wreed. S. Herblich.


Herbe (W3) [Adelung]


Die Herbe, plur. car. die Eigenschaft eines Dinges, nach welcher es herbe ist.


Herberge (W3) [Adelung]


Die Herberge, plur. die -n, von Heer und bergen. 1) * Ein Ort, wo sich ein Heer, d. i. viele, vor der Witterung bergen, oder daselbst Schutz finden können. Zu dieser eigentlichsten, aber bereits veralteten Bedeutung, gehöret das Engl. Harbour, ein Hafen, das Bretagnische Erberc'h, ein vor der Witterung sicherer Ort, Abri. 2) * In engerer Bedeutung, eine jede Wohnung, eine Hütte, ein Gezelt, ein Logis u. s. f. Bi then heribergon dhero herdon, Willeram Hohel. 1, 8; bey den Hirtenhäusern, Luth. Ketubele dere herebirgon, Notk. Ps. 107, 4. das Thal der Hütten. Beyde gebrauchen es mehrmahls auch von Gezelten. In einigen Gegenden der Schweiz, z. B. in Schafhausen, ingleichen in der Oberpfalz, bedeutet Herberge noch ein Logis in einem Hause, eine gemiethete Wohnung. Im Hochdeutschen ist es auch in dieser Bedeutung veraltet. 3) * Ein Lager, der Ort, wo sich ein Kriegsheer unter freyem Himmel vor der Witterung birget; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, welche aber in den mittlern Zeiten sehr häufig vorkommt. Dahin gehören das Herebirga und Herebergo bey dem Notker, Hereberga bey dem Willeram, das alt Franz. Hereberge, und andere mehr. 4) Ein jeder Ort wo man einkehret, und auf kurze Zeit verpfleget wird, es sey für Geld oder aus Gefälligkeit; ingleichen die Einkehrung und der Aufenthalt an einem solchen Orte. Bey jemanden zur Herberge seyn. Seine Herberge an einem Orte haben, sie bey jemanden nehmen. Eine gute, eine schlechte Herberge. Sich bey jemanden die Herberge ausbitten. Da sie ihm einen Tag bestimmen, kamen viel zu ihm in die Herberge, Apostelg. 28, 23. Welcher ist zur Herberge bey einem Gerber Simon, Kap. 10, 6, 18. Daß sie hingegen in die Dörfer und Herberge und Speise finden, Luc. 9, 12. Bereite mir die Herberge, Philem. v. 22. In diesem Verstande gebraucht man es nur noch im gemeinen Leben, wo man auch Gasthäuser, besonders geringer Art, wo Reisende für Geld Aufenthalt und Bewirthung finden, Herbergen, öffentliche Herbergen zu nennen pfleget. Bey den Gesellen der Handwerker ist die Herberge derjenige Versammlungsort einer Zunft oder Innung, wo sie ihre Lade hat, die reisenden Gesellen beherbergen, und die Kranken verpflegen lässet; da denn der Wirth der Herbergsvater, und dessen Gattinn die Herbergsmutter heißen.

Anm. In der letzten Bedeutung schon bey dem Notker Herebergo, bey den Schwäbischen Dichtern Hereberge, im Angels. Hereberga, im Nieders. Harbarge, im Dän. Herberg, im Schwed. Haerberge, im mittlern Lat. Heribergum, Herbergamentum, Herbergagium, Alberga u. s. f. im Franz. von einem Gasthofe Hauberge, Auberge, im Ital. Albergo, im Span. Alvergue. Ungeachtet man in dem vorigen Jahrhunderte angefangen hat, Heer und dessen Zusammensetzungen und Ableitungen mit einem doppelten e zu schreiben, so haben sich doch Herberge und Herzog bey der alten Schreibart erhalten; vermuthlich weil man sie schon von Alters her mit einem kurzen offenen e ausgesprochen, dagegen Heer ein langes, scharfes e hören lässet.


Herbergen (W3) [Adelung]


Herbergen, verb. reg. welches in gedoppelter Gestalt vorkommt. 1) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. Bey jemanden herbergen, bey ihm einkehren, auf einer Reise seinen Aufenthalt bey ihm nehmen. Der zu im geherberget hat. Schwabensp. Haben wir auch Raum, in deines Vaters Hause zu beherbergen? 1 Mos. 24, 23. Die Herberge, da ihr diese Nacht beherbergen werdet, Jos. 4, 3. Der Kobold wird auch daselbst herbergen, Es. 34, 14. Im mittlern Lat. herbegare. 2) Als ein Activum, Herberge geben, auf der Reise aufnehmen und verpflegen; wofür doch beherbergen üblicher ist. Es war niemand, der sie die Nacht im Hause herbergen wollte, Richt. 19, 15. Herberget gerne, Röm. 12, 13. Im mittlern Lat. heribergare, im Ital. albergare. Figürlich, in sich lassen, enthalten. Doch, Freund, der prächtige Saal herberget lügenden Wein, Zachar.


Herbergiren (W3) [Adelung]


+ Herbergiren, verb. reg. act. welches statt des vorigen Activi mit der ausländischen Endung -iren im gemeinen Leben üblich ist, Reisende für Geld aufnehmen und bewirthen. In diesem Gasthofe ist viel Herbergiren, es kehren viele Leute daselbst ein. Daher der Herbergirer, gleichfalls nur im gemeinen Leben, ein Gastwirth, besonders geringerer Art.


Herbestellen (W3) [Adelung]


Herbestellen, verb. reg. act. zu sich an diesen Ort bestellen, in Absicht auf den Redenden. Ich weiß wohl, daß wir erst um vier Uhr herbestellet sind, Gell.


Herbethen (W3) [Adelung]


Herbethen, verb. reg. act. ein Gebeth auswendig und laut bethen. Figürlich, nach Art eines Gebethes hersagen. Den Psalter herbethen. Ein Compliment herbethen. Daher die Herbethung.


Herbey (W3) [Adelung]


Herbey, ein Nebenwort des Ortes, eine Bewegung aus einem entfernten Orte nach einem nähern zu bezeichnen, in Beziehung auf die redende oder handelnde Person. Es wird alle Mahl Zeitwörtern zugesellet, die in dem befehlenden Tone auch verschwiegen werden können. Herbey! d. i. kommt herbey! Von denjenigen Zeitwörtern, mit welchen dieses Nebenwort verbunden, aber nicht zusammen gezogen wird, dienen folgende wenige zur Probe. Bringen. Das Verlorene herbey bringen. Zeugen herbey bringen. Fahren. Steine, Kalk, Schutt herbey fahren. Fließen. Das Wasser fließt herbey, nahe zu uns hin. Führen. Jemanden herbey führen. Steine, Kalk, Waaren herbey führen, vermittelst eines Fuhrwerkes. Hohlen. Zeugen herbey hohlen. Ein Schiff, eine Insel herbey hohlen, in der Seefahrt, sich derselben nähern. Kommen. Kommen sie doch näher herbey. Die Zeit kommt herbey, da ich abreisen muß. Das Himmelreich ist nahe herbey kommen (gekommen,) Matth. 3, 2. Rufen. Einen vorüber gehenden herbey rufen. Schaffen. Eine verlorene Sache wieder herbey schaffen. Ziehen. Jemanden herbey ziehen. Etwas bey den Haaren herbey ziehen, auf eine gezwungene Art darauf kommen, dessen erwähnen.


Herbitten (W3) [Adelung]


Herbitten, verb. irreg. act. ( S. Bitten,) zu sich an diesen Ort bitten. Du wirst doch denken, daß ich ihn zu deinem Vergnügen habe herbitten lassen, Gell.


Herblich (W3) [Adelung]


Herblich, -er, -ste, adj. et adv. von dem Bey- und Nebenworte herbe, ein wenig herbe. Ein herblicher Geschmack. S. Herbe.


Herbringen (W3) [Adelung]


Herbringen, verb. irreg. act. ( S. Bringen,) zur redenden Person bringen. 1) Eigentlich. So bringe mir her, mein Sohn, zu essen, 1 Mos. 27, 25. Bald schickte der König hin den Henker und hieß sein Haupt herbringen, Marc. 6, 27. 2) Figürlich, durch langen Gebrauch als ein Recht erhalten. Wir haben die freye Trift auf diesem Gute hergebracht, besitzen sie als ein Recht, welches sich auf eine lange Gewohnheit gründet. Steuern, welche auf dem Gute hergebracht sind, welche von Alters her auf demselben haften. Ein hergebrachtes Recht, eine hergebrachte Gewohnheit, mit einem Lat. Kunstworte die Observanz. Die Gentilia sind im Deutschen in verschiedenen Formen hergebracht, von Alters her gewöhnlich. S. Herkommen.


Herbst (W3) [Adelung]


Der Herbst, des -es, plur. die -e. 1) Die Einsammlung der Feldfrüchte, die Ernte, die Weinlese; eine nur noch im Oberdeutschen übliche Bedeutung. Einen guten Herbst haben, eine gute Ernte, eine gute Weinlese. Daher das Oberdeutsche Zeitwort einherbsten, für einernten, S. dasselbe. 2) Figürlich, und im Hochdeutschen im gewöhnlichsten Verstande, die gewöhnlichste Zeit der Ernte, d. i. diejenige Jahreszeit, welche auf den Sommer folget und vor dem Winter hergehet, wo sich die Sonne durch die Wage, den Scorpion und den Schützen beweget.

Anm. In der Bedeutung der Ernte lautet dieses Wort im Engl. Harvest, im Angels. Haerfest, in der Bedeutung der Jahreszeit aber zu Carls des Großen Zeit und bey dem Notker Herbist, im Nieders. Harfst. Die Abstammung dieses Wortes ist noch ungewiß. Frisch leitet es von herbe her, weil die Witterung in dieser Jahreszeit schon unangenehm ist; Wachter aber vom Goth. Ar, Getreide, und Angels. fon, nehmen. Tacitus sagt von den alten Deutschen, daß sie nur zwey Jahreszeiten kenneten, Sommer und Winter; autumni perinde nomen acbona ignorantur. Ihre schließet daraus, daß der Nahme des Herbstes daher aus einer fremden Sprache eingeführet worden. Allein wider seine Gewohnheit fällt er auf den unwahrscheinlichen Gedanken, es aus dem Lat. Augustus herzuleiten, woraus die Niedersachsen ihr Aust, die Holländer ihr Oogst, und die Schweden ihr Höst, alle in der Bedeutung der Ernte und des Herbstes, entlehnet haben, woraus durch Einschiebung des r unser Herbst geworden seyn soll. Die ältesten Römer hatten gleichfalls nur zwey Jahreszeiten, in der folgenden Zeit nahmen sie auch den Herbst an und nannten ihn Auctumnus, von augere. Vermuthlich haben die Deutschen die Einsammlung der Feldfrüchte, und die Zeit in welche solche fällt, auf ähnliche Art benannt. Im Angels. bedeutet aerfwa erwerben, und Arf, Yrfe, eine jede erworbene Sache; Wörter, welche für unser Herbst eine weit wahrscheinlichere Abstammung an die Hand biethen, als der Augustus; S. Arbeit, Erbe und Werben. Aus eben dieser Ursache hieß die Ernte und der Herbst im mittlern lat. Gagnagium, und im alt Franz. Gain. Übrigens wird diese Jahreszeit auch das Spätjahr und im Nieders. das Nachjahr, so wie der Frühling das Vorjahr, genannt.


Herbstarbeit (W3) [Adelung]


Die Herbstarbeit, plur. die -en, eine jede Arbeit, welche im Herbste üblich und nöthig ist, besonders in der Landwirthschaft.


Herbstbirn (W3) [Adelung]


Die Herbstbirn, plur. die -en, Birnen, welche im Herbste reif werden; zum Unterschiede von den Sommer- und Winterbirnen.


Herbstblume (W3) [Adelung]


Die Herbstblume, plur. die -en, eine Pflanze, welche im Herbste blühet und auch Herbst-Zeitlose genannt wird; Colchicum autumnale L.


Herbstbrief (W3) [Adelung]


* Der Herbstbrief, des -es, plur. die -e, im Oberdeutschen, wo besonders die Weinlese unter dem Nahmen des Herbstes bekannt ist, eine obrigkeitliche Verordnung, durch welche die Weinlese eröffnet wird.


Herbsteis (W3) [Adelung]


Das Herbsteis, des -es, plur. inus. Eis, welches im Herbste und der ersten Hälfte des Winters entstehet, und klärer und dichter ist, als das Frühlingseis.


Herbsten (W3) [Adelung]


* Herbsten, verb. reg. act. welches nur im Oberdeutschen üblich ist, ernten, ingleichen den Wein lesen. S. Herbst 1. und Einherbsten.


Herbstfieber (W3) [Adelung]


Das Herbstfieber, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. eine Art Flußfieber, welche die Ordnung der täglichen und dreytägigen Wechselfieber halten, und im Herbste, d. i. zwischen dem August und Februar zu entstehen pflegen; zum Unterschiede von den Frühlingsfiebern.


Herbsthaft (W3) [Adelung]


Herbsthaft, adj. et adv. S. Herbstlich


Herbstheu (W3) [Adelung]


Das Herbstheu, des -es, plur. inus. Heu, welches im Herbste gemacht wird, und eine Art Grummets ist; Spätheu.


Herbsthuhn (W3) [Adelung]


Das Herbsthuhn, des -es, plur. die -hühner, ein Zinshuhn, welches von einem Bauer zur Erkenntniß der Oberherrschaft dem Grundherren jährlich im Herbste gegeben wird.


Herbstlich (W3) [Adelung]


Herbstlich, adj. et adv. dem Herbste gemäß ähnlich. Die Witterung ist bereits so herbstlich. Im gemeinen Leben herbsthaft, herbsthaftig herbstmäßig. Ingleichen, was im Herbste ist oder geschiehet. Die herbstliche Nachtgleiche. Besonders in der höhern Schreibart. Auf einem Hügel lag der Greis Menalkas und sah auf die herbstliche Gegend hin, Geßn. Die Farbe der Gesundheit, gleich einer späten herbstlichen Rose, blühete noch auf seinen Wangen, Wiel.


Herbstling (W3) [Adelung]


Der Herbstling, des -es, plur. die -e, eine Art eßbarer Schwämme S. Förchling und Reitzke. Im gemeinen Leben werden auch Apfel, Birnen und andere Früchte, ingleichen in der Landwirthschaft, Vieh, welches im Herbste geboren worden, Herbstlinge oder Spätlinge genannt; zum Unterschiede von den Frühlingen 2.


Herbstluft (W3) [Adelung]


Die Herbstluft, plur. inus. diejenige Beschaffenheit der Luft, welche sie im Herbste gewöhnlicher Weise hat.


Herbstmast (W3) [Adelung]


Die Herbstmast, plur. inus. in der Hauswirthschaft, die Mast oder Mästung des Schlachtviehes, besonders der Ochsen, im Herbste; zum Unterschiede von der Sommermast.


Herbstmonath (W3) [Adelung]


Der Herbstmonath, des -es, plur. die -e. 1) Einer von den drey Monathen, welche den Herbst ausmachen, d. i. der September, October und November, welche daher die drey Herbstmonathe heißen. 2) In engerer Bedeutung führet der September im Deutschen diesen Nahmen, weil der Anfang des Herbstes in denselben fällt. Dem Eginhard zu Folge schreibt sich diese Benennung von Carln dem Großen her, der ihn Herbistimanoth nannte; wofür doch andere Lesearten auf eine unverständlichere Art Mutumanod, Vintemota und Wiltomanoth haben. Auch bey dem Notker heißt er Herbist Manod, und im Angels. Harfestmonath.


Herbstmorchel (W3) [Adelung]


Die Herbstmorchel, plur. die -n, eine Art Morcheln, oder Schwämme, welche im Herbste zum Vorscheine kommen, und um Regensburg Pfaffenhüthe heißen; Boletus tertius Rupp. Fungus velut apex fluminis Plinii Menzel. Peziza miniata major Dillen.


Herbstobst (W3) [Adelung]


Das Herbstobst, des -es, plur. car. Obst, welches im Herbste zur Reife kommt; Spätobst, zum Unterschiede von dem Sommerobste. S. Herbstling.


Herbstordnung (W3) [Adelung]


Die Herbstordnung, plur. die -en, im Oberdeutschen, eine obrigkeitliche Verordnung, wie es bey dem Herbste, d. i. der Weinlese und allen dazu gehörigen Geschäften gehalten werden soll. S. Herbst 1.


Herbst-Punct (W3) [Adelung]


Der Herbst-Punct, des -es, plur. die -e, in der Astronomie, der Äquinoctial-Punct im Anfange der Wage, weil der Herbst seinen Anfang nimmt, wenn die Sonne in denselben tritt; Punctum aequinoctiale autumnale, zum Unterschiede von dem Frühlings-Puncte.


Herbstrose (W3) [Adelung]


Die Herbstrose, plur. die -n eine Art Gartenpappeln, welche einfache Blumen träget, im Herbste blühet, und auch Rosenpappel genannt wird; Alcea rosea L.


Herbströthe (W3) [Adelung]


Die Herbströthe, plur. inus. eine Art der Färberröthe, welche im Herbste ausgegraben wird; zum Unterschiede von der Keimröthe.


Herbstsaffran (W3) [Adelung]


Der Herbstsaffran, des -s, plur. inus. eine Art des zahmen oder officinellen Saffrans, welche im Herbste blühet; Crocus officinalis autumnalis L. zum Unterschiede von dem Frühlingssaffran.


Herbstschein (W3) [Adelung]


Der Herbstschein, des -es, plur. die -e, in der Astronomie, derjenige Schein, d. i. Neumond, welcher in den Herbstmonath oder September fällt; Novilunium Septembris.


Herbststand (W3) [Adelung]


Der Herbststand, des -es, plur. die -stände, bey den Jägern, derjenige Stand oder Ort, wo sich die Hirsche und das Wildbret im Herbste aufzuhalten pflegen.


Herbsttag (W3) [Adelung]


Der Herbsttag, des -es, plur. die -e. 1) Ein Tag im Herbste. Die frühe Morgensonne verkündigte den schönsten Herbsttag, Geßn. 2) Im Oberdeutschen, das Erntefest.


Herbsttrüffel (W3) [Adelung]


Die Herbsttrüffel, plur. die -n, eine Art Trüffeln, welche im Herbste gegraben werden, marmorirt sind, und für besser gehalten werden, als die weißen Frühlingstrüffeln.


Herbstwetter (W3) [Adelung]


Das Herbstwetter, des -s, plur. inus. das Wetter im Herbste; ingleichen herbstliches Wetter, wie es im Herbste gemeiniglich zu seyn pfleget.


Herbstwiese (W3) [Adelung]


Die Herbstwiese, plur. die -n, in der Landwirthschaft, eine Wiese, welche nur Ein Mahl des Jahres, und zwar im August, gehauen werden kann; eine einmähdige, einschürige, einhauige Wiese, alte Heuwiese.


Herbstwitterung (W3) [Adelung]


Die Herbstwitterung, plur. inus. die Witterung, d. i. Beschaffenheit der Luft im Herbste; ingleichen eine herbstliche Witterung, wie sie im Herbste gemeiniglich zu seyn pflegt.


Herbstzeichen (W3) [Adelung]


Das Herbstzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Astronomie, diejenigen himmlischen Zeichen, in welchen die Sonne den Herbst macht, welche auf unserer nördlichen Halbkugel die Wage, der Scorpion und der Schütze sind.


Herbstzeitlose (W3) [Adelung]


Die Herbstzeitlose, plur. inus. S. Herbstblume.


Herd (W3) [Adelung]


Der Herd, des -es, plur. die -e, Diminut. das Herdchen, Oberd. Herdlein, ein ebener, zuweilen erhöheter Platz auf der Erde, gewisse Verrichtungen darauf vorzunehmen; doch nur noch in einigen Fällen. 1) Im Bergbaue ist es der runde ebene Platz bey einem Pferdegöpel, auf welchem die Pferde im Kreise herum gehen; der Göpelherd, Göpelplatz, die Rennbahn. 2) * Der Platz, worauf ein Haus stehet, besonders in Ansehung des Obereigenthumes; eine veraltete Bedeutung, welche noch in den Zusammensetzungen Herdgeld, Herdrecht und Herdzins übrig ist. 3) Bey einem Überfallwehre, wo das überflüssige Wasser oben abschießet, scheinet es der obere Raum des Dammes oder eigentlichen Wehres zu seyn. 4) Bey den Vogelstellern ist es der ein wenig erhöhete ebene Platz, welcher mit Lockvögeln besetzt und mit Schlaggarnen umlegt wird, Vögel darauf zu fangen; der Vogelherd. S. Feldherd, Waldherd, Buschherd, Strauchherd, Lerchenherd, Springherd, Tränkherd, Herbstherd u. s. f. 5) Im Hüttenbaue führet diesen Rahmen ein von Holz und Bretern zubereiteter Platz, worauf die gepochten Erze gewaschen werden; der Waschherd, Planenherd, weil die Planen darauf geleget werden. S. Hedelherd und Schlammherd. 6) Eben daselbst wird auch die Grube vor dem Schmelzofen, worein das Werk aus dem Schmelzofen fließet, der Herd genannt. S. Stichherd. 7) Am häufigsten, ein zubereiteter, zuweilen erhöheter ebener Platz, Feuer darauf anzumachen und zu unterhalten. In dieser Bedeutung kommt es so wohl in dem häuslichen Leben, als bey allen denjenigen Beschäftigungen, welche vermittelst des Feuers vorgenommen werden, sehr häufig vor. Der Herd eines Backofens, einer Malzdarre, einer Schmiedeesse u. s. f. Der Ofenherd, Kaminherd u. s. f. In den Salzsiedereyen hat man Gradierherde, Ofenherde und Siedeherde, S. diese Wörter. In dem Hüttenbaue wird der Boden der Schmelz- und Treibeöfen, ja oft der ganze unterste Theil derselben, aus eben dieser Ursache der Herd genannt. S. Frischherd, Treibeherd, Seigerherd u. s. f. Den Herd abwärmen, ihn durch darauf gemachtes Feuer austrocknen. Den Herd anlegen, die zum Treibeherde nöthige Asche auf dem Boden des Treibeofens ausbreiten. Den Herd anstoßen, diese Asche derb auf einander stoßen. Der Herd stehet auf, wenn das geschmolzene Werkbley, durch dazu gekommene Feuchtigkeit oder Kälte, sich in den Herd eingräbt, alles über sich schlägt und zerschmettert. Figürlich wird auch das Bley, welches sich auf dem Treibeherde in die Asche gezogen hat, der Herd genannt, S. Herdbley; zum Unterschiede von der Glätte, welche oben schwimmet. Besonders in den Wohnhäusern, der gemeiniglich von Steinen zubereitete und erhöhete Platz, das zum häuslichen Gebrauche nöthige Feuer darauf anzumachen; der Feuerherd, Küchenherd oder Kochherd. Feuer auf dem Herde machen. Zuweilen auch figürlich, das Wohnhaus selbst. Eigener Herd ist Goldes werth. Ingleichen die Haushaltung und häusliche Gesellschaft, die Familie. "Eltern Erbgut wird in Ostfriesland nicht vererbt, sondern geht wieder an den Herd heim, woher es geflossen ist." Winkelmann in der Oldenburg. Chron. bey dem Frisch. Einen eigenen Herd haben oder halten, eine eigene Haushaltung; im mittlern Lat. Focum tenere. Der Herr hat zu Jerusalem einen Herd, Es. 31, 9, einen Tempel. In den Niedersächsischen Marschländern werden diejenigen Wohnhäuser oder Haushaltungen, welche zur Unterhaltung eines Deiches verpflichtet sind, Herde genannt. Anm. Im Nieders. gleichfalls Herd, im Angels. Hearth und Heorth, im Schwed. Haerd, bey dem Ulphilas Haurjan; alle in der letzten Bedeutung eines Feuerherdes. Wachter leitet es vom Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - her, welches bey dem Hesychius einen Herd bedeutet, Junius aber von ardere, Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, brennen. Allein da dieses Wort nicht bloß einen Feuerherd, sondern einen jeden zu einem gewissen Gebrauche bestimmten Platz auf der Erde bedeutet, so scheinet es mit mehrerm Rechte zu Erde, der Boden, die Oberfläche der Erde, zu gehören, welches noch sehr oft mit dem vorgesetzten Hauchlaute, selbst im männlichen Geschlechte, vorkommt. Herthus, die Göttinn Erde, bey dem Tacitus, ist bekannt. Fon themo irdisgen Herde, heißt bey dem Ottfried von irdischer Erde, und gouta Herda ist im Tatian ein guter Boden, guter Acker. Leichter, schwarzer Herd, d. i. Boden, in der Schweiz. Den Herd aus den Wegen sammeln, eben daselbst.


Herdasche (W3) [Adelung]


Die Herdasche, plur. inus. im Hüttenbaue, diejenige Asche, aus welcher der Treibeherd bereitet wird. Ingleichen, dasjenige Bley, welches sich im Treiben zuerst in Glätte verwandelt.


Herdbley (W3) [Adelung]


Das Herdbley, des -es, plur. inus. eben daselbst, dasjenige Bley, welches sich bey dem Treiben in den Herd ziehet, und auch nur schlechthin der Herd genannt wird; zum Unterschiede von der Glätte.


Herdbret (W3) [Adelung]


Das Herdbret, des -es, plur. die -er, in den Küchen, diejenigen Breter, mit welchen der Feuerherd an den Seiten zuweilen eingefasset und bekleidet wird.


Herdehammel (W3) [Adelung]


Der Herdehammel, des -s, plur. die -hämmel, an einigen Orten, der Schafbock. An andern wird der Leithammel oder Bellhammel, weil er die ganze Herde leitet, der Herdehammel genannt.


Herdeisen (W3) [Adelung]


Das Herdeisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein ovales Eisen mit einer Handhabe, womit der Lehm zu dem Herde eines Backofens fest geschlagen wird.


Herdenweise (W3) [Adelung]


Herdenweise, adv. in Gestalt einer oder mehrerer Herden.


Herdfink (W3) [Adelung]


Der Herdfink, des -en, plur. die -en, bey den Vogelstellern, ein Fink, welcher als ein Lockvogel auf dem Vogelherde gebraucht wird.


Herdfluth (W3) [Adelung]


Die Herdfluth, plur. inus. in dem Hüttenbaue, derjenige Schlamm, welcher sich bey dem Waschen der Erzschliche absondert und über den Plauenherd in den Aftergraben fließet.


Herdfrischen (W3) [Adelung]


Das Herdfrischen, des -s, plur. inus. im Hüttenbaue von der R. A. den Herd frischen, d. i. den Herd, oder die in die Herdasche gezogene Glätte wieder in Bley verwandeln. Siehe Frischen.


Herdgehalt (W3) [Adelung]


Der Herdgehalt, des -es, plur. die -e, eben daselbst, der Gehalt des Herdes oder Herdbleyes an Silber.


Herdgeld (W3) [Adelung]


Das Herdgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er. 1) An einigen Orten, eine Abgabe von einem Herde, d. i. einer Feuerstätte, einem Wohnhause, an die Obrigkeit; welche an andern Orten auch der Herdschilling, die Herdsteuer, das Feuerstättengeld, das Feuergeld, Kamingeld, Rauchfanggeld, Rauchgeld, Rauchpfennig u. s. f. genannt wird, weil die Größe der Häuser, folglich auch der Abgabe dabey, nach der Zahl der Kamine oder Feuermauern bestimmt wird. Im mittlern Lat. wird es Foagium, Focagium, im alt Französ. Foage, Fouage, bey den Byzantinischen Schriftstellern - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - genannt. 2) An andern Orten ist es vielmehr eine jährliche Abgabe, welche dem Grundherren von demjenigen Platze, worauf ein Haus stehet, zur Erkenntniß seines Grundrechtes gegeben wird, und alsdann heißt sie auch das Herdrecht, der Herdzins; S. Herd 2. 3) An noch andern Orten führet auch das Henkergeld, oder die sämmtlichen Kosten eines peinlichen Prozesses, diesen Nahmen; so fern diese Kosten nach den Herden, d. i. Feuerstätten, unter die Unterthanen vertheilet werden. 4) In einigen Gegenden, z. B. im Altenburgischen, wird dasjenige freywillige Geschenk, welches der Käufer eines Hauses oder Gutes der Gattinn des Verkäufers, gleichsam für die willige Abtretung ihres Feuers und Herdes macht, das Herdgeld genannt. An andern Orten heißt es das Gönnegeld, am häufigsten aber das Schlüsselgeld.


Herdglas (W3) [Adelung]


Das Herdglas, des -es, plur. inus. in den Blaufarbenwerken, dasjenige Glas, welches aus den allzu vollen Töpfen, bey dem Aufschäumen der Materie, auf den Herd des Ofens zu fließen pfleget.


Herdhammer (W3) [Adelung]


Der Herdhammer, des -s, plur. die -hämmer, im Hüttenbaue, ein Hammer, womit der Treibeherd zugerichtet und geschlagen wird.


Herdkorn (W3) [Adelung]


Das Herdkorn, des -es, plur. die -körner, eben daselbst, diejenigen Körner Silber, welche sich zuweilen auf dem Rande des Treibeherdes anzusetzen pflegen, und auch Treibekörner, ingleichen Hähne heißen. S. 1. Hahn.


Herdkugel (W3) [Adelung]


Die Herdkugel, plur. die -n, eben daselbst, eine steinerne Kugel, welche man auf den Treibeherd laufen lässet, dessen Mitte zu finden, weil sie in derselben liegen bleibet.


Herdlöffel (W3) [Adelung]


Der Herdlöffel, des -s, plur. ut nom. sing. eben daselbst, ein eisernes Löffel, womit man bey dem Abtreiben des Silbers etwas aus dem geläuterten Werke schöpfet, um dessen Silbergehalt zu erfahren.


Herdochs (W3) [Adelung]


Der Herdochs, des -en, plur. die -en, der Bolle oder Stier bey einer Herde Kühe, welcher auch der Faselochs oder Zuchtochs heißt; im Salischen Gesetze Cheredicto, oder vielmehr Cheretheuto, von Theuto, ein Ochs.


Herdplatte (W3) [Adelung]


Die Herdplatte, plur. die -n, eine eiserne oder steinerne Platte, womit man diejenige Stelle eines Herdes, wo das Feuer eigentlich angemacht wird, zuweilen zu belegen pfleget. Der Herdstein, wenn sie von Stein ist.


Herdprobe (W3) [Adelung]


Die Herdprobe, plur. die -n, im Hüttenbaue, diejenige Probe, welche man bey dem Abtreiben des Silbers mit dem geschmolzenen Werke anstellet, um dessen Silbergehalt zu erforschen.


Herdrecht (W3) [Adelung]


Das Herdrecht, des -es, plur. inus. 1) An einigen Orten, das Recht einen eigenen Herd zu halten, d. i. eine eigene Wohnung zu haben; das Feuerrecht. 2) S. Herdgeld 2.


Herdring (W3) [Adelung]


Der Herdring, des -es, plur. die -e, im Hüttenbaue, ein eiserner an einem Theile scharfer Ring, womit der Treibeherd ausgeschnitten wird.


Herdschaufel (W3) [Adelung]


Die Herdschaufel, plur. die -n, in den hohen Öfen, eine eiserne Schaufel, den Herd damit rein zu halten.


Herdschilling (W3) [Adelung]


Der Herdschilling, des -es, plur. die -e, S. Herdgeld 1.


Herdschmid (W3) [Adelung]


Der Herdschmid, des -s, plur. die -schmiede, auf den Blech- und Hammerwerken, der Nahme eines Hammerschmids, welcher in den Blechhämmern auf den Blechmeister folget, und den Gleicher, Ziener und Urwäller unter sich hat.


Herdstange (W3) [Adelung]


Die Herdstange, plur. die -n, bey den Bäckern, eine Stange, den schadhaften Herd in dem Backofen damit auszustechen; die Brechstange.


Herdstein (W3) [Adelung]


Der Herdstein, des -es, plur. die -e, S. Herdplatte.


Herdsteuer (W3) [Adelung]


Die Herdsteuer, plur. die -n, S. Herdgeld 1.


Herdurch (W3) [Adelung]


Herdurch, ein im Hochdeutschen selten gewordenes Nebenwort des Ortes, eine Bewegung durch einen Ort, nach dem Redenden zu, zu bezeichnen; im Gegensatze des hindurch. Er kam glücklich herdurch, durch das Wasser nach mir zu. In der Deutschen Bibel wird es auf eine noch ungewöhnlichere Art für hier durch, durch diesen Ort, gebraucht. Ich bin herdurch gegangen, Apost. Gesch. 17, 23, durch diese Stadt. Ingleichen für dadurch. Du sollst nicht herdurch ziehen, 4 Mos. 20, 20, durch das vorhin genannte Land. Wie auch für hindurch. Ziehet durch den Bach Sared, - und wir zogen herdurch, 5 Mos. 2, 13, durch denselben.


Herdvogel (W3) [Adelung]


Der Herdvogel, des -s, plur. die -vögel, bey den Vogelstellern, zahm gemachte Vögel, welche als Lockvögel auf den Vogelherden gebraucht werden. Ingleichen Vögel, welche man auf solchen Herden zu fangen pfleget.


Herdzins (W3) [Adelung]


Der Herdzins, des -es, plur. die -e, S. Herdgeld 2.


Herein (W3) [Adelung]


Herein, ein Nebenwort des Ortes, eine Bewegung in einen Ort zu bezeichnen, so fern sie sich zugleich dem Redenden nähert; zum Unterschiede von dem hinein. Es dienet alle Mahl Zeitwörtern zur Begleitung, welche aber auch zuweilen verschwiegen werden. Herein! ruft man, wenn jemand an die Thür klopfet, d. i. kommt herein! Komm herein du Gesegneter des Herren, 1 Mos. 24, 31. Das Licht fällt von der linken Seite herein. Er platzte, ohne sich anmelden zu lassen, in mein Zimmer herein. Der Ebräische Knecht, den du uns herein gebracht hast, 1 Mos. 39, 17. Es kommt niemand herein, in die Stadt.


Herfahren (W3) [Adelung]


Herfahren, verb. irreg. neutr. ( S. Fahren,) mit dem Hülfsworte seyn, nach dem Redenden zu fahren, sich demselben im Fahren nähern; im Gegensatze des hinfahren. Da fahren sie her, näher zu uns. In der Deutschen Bibel wird es oft figürlich von dem Betragen im Äußern gebraucht. Gott ließ Jacob hoch herfahren auf Erden, 5 Mos. 32, 13, gab ihm Reichthum und Ansehen. Machet Bahn dem, der da sanft herfähret, Pf. 68, 5. Fahret nicht hoch her, Luc. 12, 29, thut nicht stolz. Ingleichen für gegenwärtig werden, bekannt werden. Laßt herfahren den Anschlag des Heiligen in Israel, Es. 5, 19. In beyden Fällen ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Herfliegen (W3) [Adelung]


Herfliegen, verb. irreg. neutr. ( S. Fliegen,) mit dem Hülfsworte seyn, nach der redenden Person zu fliegen; im Gegensatze des hinfliegen.


Herfließen (W3) [Adelung]


Herfließen, verb. irreg. neutr. ( S. Fließen,) mit dem Hülfsworte seyn, nach dem Redenden zu fließen; im Gegensatze des hinfließen. Alles Vergnügen kann sehr wohl aus einer gemeinschaftlichen und sehr einfachen Quelle herfließen, daraus seinen Ursprung nehmen.


Herfordern (W3) [Adelung]


Herfordern, verb. reg. act. nach der redenden Person zu fordern. Ich bin hergefordert, Apost. Gesch. 10, 29.


Herführen (W3) [Adelung]


Herführen, verb. reg. act. nach der redenden Person zu führen. Ihr habt den Menschen hergeführet, Apost. Gesch. 19, 37. Löset es ab, und führet es her, Marc. 11, 2. Der Ostwind führet die Heuschrecken her, Hiob 38, 34.


Herfür (W3) [Adelung]


Herfür, adv. S. Hervor.


Hergang (W3) [Adelung]


Der Hergang, des -es, plur. die -gänge. 1) Eigentlich, der Gang nach dem Redenden zu. Jemanden den Hin- und Hergang bezahlen. 2) Figürlich. Der Hergang der Sachen, die Art und Weise, wie die Sache zugegangen, erfolget, vorgegangen ist; der Verlauf. Jemanden den ganzen Hergang erzählen.


Hergeben (W3) [Adelung]


Hergeben, verb. irreg. act. ( S. Geben) dem Redenden geben, im Gegensatze des hingeben. Gebet her die Pauken, Pf. 81, 3. Gib mir her auf einer Schüssel das Haupt Johannis, Matth. 14, 8. Ingleichen in weiterer Bedeutung, heraus geben, von sich geben. Was er einmahl hat, gibt er nicht gerne wieder her. Er soll es schon hergeben.


Hergegen (W3) [Adelung]


Hergegen, ein zuwider laufendes Bindewort, für die üblichern dagegen, hingegen; wo es im gemeinen Leben oft herentgegen, d. i. diesem entgegen, lautet. Du hast es gut, ich hergegen nicht; oder, hergegen ich nicht. Er macht, daß der recht urtheilt ohne Wahn, Hergegen der viel Sprachen deuten kann, Opitz. S. Hingegen.


Hergehen (W3) [Adelung]


Hergehen, verb. irreg. neutr. ( S. Gehen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1. Eigentlich, nach dem Redenden zu gehen, sich ihm durch Gehen nähern; im Gegensatze des hingehen. Gehe her, im gemeinen Leben, für komm her. 2. Figürlich. 1) Einher gehen, daher gehen. Inner Gold und Seiden hergehen, Logau. 2) Sich zutragen, geschehen, doch nur von der Art und Weise, mit verschiedenen Nebenwörtern; zugehen. Da ging es lustig her. Da wird es traurig genug hergehen. Bey ehrlichen Leuten gehet es ehrlich her. Es gehet schwer her. Für geschehen, wirklich werden, gegenwärtig werden, ist es im Hochdeutschen veraltet. Wenn die Noth hergehet, Jer. 2, 27; Sir. 37, 5. ( S. Hergang,) 3) Jetzt soll es darüber hergehen, jetzt wollen wir uns darüber machen, muthig den Anfang damit machen. Es wird bald darüber hergehen.


Herhalten (W3) [Adelung]


Herhalten, verb. irreg. act. ( S. Halten,) 1) Eigentlich, nach der redenden Person zu halten; im Gegensatze des hinhalten. Die Hände, den Kopf herhalten. 2) Figürlich, in Gestalt eines Neutrius. Herhalten müssen, etwas Unangenehmes erdulden müssen. Er wird wacker herhalten müssen, gestraft werden. Wenn der Arme fehlet, so muß er herhalten, Sir. 13, 29, so wird er getadelt, verleumdet, gestraft. Bald hält der Spiegel her, bald wünsch ich weiß nicht was, Günth.


Herhohlen (W3) [Adelung]


Herhohlen, verb. reg. act. zu der redenden Person, oft auch zu dem persönlichen Gegenstande, hohlen. Hohlet mir ein Schwert her, 1 Kön. 3, 24. Laß ihn herhohlen zu mir, 1 Sam. 20, 31. Daher die Herhohlung.


Herjagen (W3) [Adelung]


Herjagen, verb. reg. act. nach der redenden Person zu jagen. Daher die Herjagung.


Herisey (W3) [Adelung]


Die Herisey, eine Art Zeuges, S. Kirsey.


Herkommen (W3) [Adelung]


Herkommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1. Eigentlich, zu der redenden Person kommen, sich ihr kommend nähern. Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seyd. Der Wind kommt von Morgen her. Wo kommt der Wind her? In den ge- meinen Mundarten, besonders Niedersachsens, wird es sehr häufig gebraucht, den Anfang einer Handlung oder die Handlung selbst mit Nachdruck zu bezeichnen. Da kam ich her und kehrte das Ding um. Da kam er her und ging weg. Wofür auch her seyn üblich ist. Da war ich her und u. s. f. 2. Figürlich. 1) Es ist so hergekommen, es ist so üblich, durch einen langen Gebrauch so eingeführet, so hergebracht. In welchem Verstande der Infinitiv in Gestalt eines Hauptwortes am gewöhnlichsten ist. Das Herkommen, des -s, plur. car. Es ist so Herkommens. Das ist nicht Herkommens. Ein altes Herkommen, ein alter Gebrauch. Das Reichs-Herkommen, eine durch die bloße Gewohnheit oder das Stillschweigen der gesetzgebenden Macht eingeführte Regel in Staatssachen des Deutschen Reiches; die Observanz, das Gewohnheitsrecht. Im Nieders. Herkumst, wo auch das Bey- und Nebenwort herkumstig, was Herkommens ist, gebraucht wird. S. Herbringen. 2) Abstammen, dem Geschlechte nach. Von Esau kommen her die Edomiter, 1 Mos. 36, 9. Christus kommt her aus (von) den Vätern nach dem Fleische, Röm. 9, 5. Im Hochdeutschen ist es in dieser Bedeutung veraltet, außer daß man in derselben noch das Hauptwort das Herkommen gebraucht. Er ist von dem besten Herkommen, von der besten Familie. Ein Mädchen von geringem Herkommen, aus einem geringen Geschlechte. S. auch Herkunft. 3) In noch weiterer Bedeutung, die Wirkung einer Ursache seyn. Die Sünde kommt von einem Weibe her, Sir. 25, 32. Kommen nicht alle diese Beschuldigungen von ihm her? Alles das Böse kommt von deinem Ungehorsam her. Das Herkommen ist in dieser Bedeutung nicht üblich.


Herkömmlich (W3) [Adelung]


Herkömmlich, adj. et adv. in dem Herkommen, in der figürlichen Bedeutung gegründet. Es ist bey uns so herkömmlich.


Herkunft (W3) [Adelung]


Die Herkunft, plur. car. von dem vorigen Zeitworte. 1) In der eigentlichen Bedeutung, die Handlung des Herkommens. Vor meiner Herkunft. 2) In dessen zweyten Bedeutung, die Abstammung, dem Geschlechte, den Vorältern nach. Die Herkunft des Messias aus dem Geschlechte Davids. Die Amerikaner wissen nichts von ihrer Herkunft. S. Abkunft. Im Nieders. Herkumst.


Herlallen (W3) [Adelung]


Herlallen, verb. reg. act. lallend vorbringen, vortragen. Daher die Herlallung.


Herlangen (W3) [Adelung]


Herlangen, verb. reg. act. der redenden Person zulangen, ihr durch Zulangung näher bringen; im Gegensatze des hinlangen. Lange her den Mantel, den du anhast, Ruth. 3, 15. Daher die Herlangung.


Herlassen (W3) [Adelung]


Herlassen, verb. irreg. act. ( S. Lassen,) zu der redenden Person lassen; im Gegensatze des hinlassen. Man wollte ihn nicht herlassen.


Herlaufen (W3) [Adelung]


Herlaufen, verb. irreg. neutr. ( S. Laufen,) welches das Hülfswort seyn bekommt, zu der redenden Person laufen, sich ihr laufend nähern; im Gegensatze des hinlaufen. Spornstreichs lief er her, kam er hergelaufen.


Herlegen (W3) [Adelung]


Herlegen, verb. reg. act. nahe zur redenden Person legen; im Gegensatze des hinlegen. Lege es mir her. Daher die Herlegung.


Herleihen (W3) [Adelung]


Herleihen, verb. irreg. act. ( S. Leihen,) darleihen, einem andern leihen, wenn die Person verschwiegen wird. Ich habe bereits viel Geld hergeliehen. Daher die Herleihung.


Herleiten (W3) [Adelung]


Herleiten, verb. reg. act. 1. Eigentlich, zu dem Redenden leiten; im Gegensatze des hinleiten. Das Wasser herleiten. 2. Figürlich. 1) Ein Wort von einem andern herleiten, zeigen, oder auch nur glauben, daß es davon abstamme, es von demselben ableiten, mit einem Lat. Kunstworte deriviren. 2) Aus einer andern Sache begreiflich oder erweislich machen. Eine Wahrheit aus der heiligen Schrift herleiten. Die Herleitung der göttlichen Eigenschaften aus dem Begriffe von Gott. Der Grundsatz des großen Neuton von der allgemeinen Schwerkraft ist zum Entzücken schön - weil man das ganze Planeten-System daraus herleiten kann, Sulz. 3) Zum Grunde einer freyen Handlung annehmen. Sein Verhalten aus Gott herleiten. So auch die Herleitung, in allen obigen Bedeutungen.


Herlesen (W3) [Adelung]


Herlesen, verb. irreg. act. ( S. Lesen,) laut lesen. Eine Schrift, eine Seite aus derselben herlesen. Daher die Herlesung.


Herling (W3) [Adelung]


Der Herling, des -es, plur. die -e, in dem Weinbaue, solche Weinbeeren und Trauben, welche, weil sie zu spät geblühet haben, nicht die gehörige Reise oder Zeitigung erhalten, folglich sauer und herbe bleiben; um Wien die Winterhelen. Er wartete, daß er (der Weinberg) Trauben brächte, aber er brachte Heerlinge, Es. 5, 2. Die Väter haben Heerlinge gegessen, aber den Kindern sind die Zähne davon stumpf geworden, Ezech. 18, 2; Jerem. 31, 29, 30. So darf kein wilder Stock noch Heerling übrig seyn, Günth.

Anm. Es kann dieses Wort so wohl von herbe, Herbling, als auch von hart, welches in einigen Gegenden auch für sauer gebraucht wird, abstammen; zumahl da für Herling an manchen Orten wirklich Härtling und Hertling üblich ist. Die Schreibart Heerling hat nichts, womit sie sich vertheidigen könnte.


Hermachen (W3) [Adelung]


Hermachen, verb. reg. recipr. welches nur im gemeinen Leben üblich ist. Sich hermachen, sich her begeben, her verfügen; im Gegensatze des hinmachen. Die Leviten sollen sich rings um den König hermachen, (besser her machen,) 2 Chron. 23, 7. Sich über etwas hermachen, (besser getheilt her machen,) den Anfang machen, eine Veränderung damit vorzunehmen.


Hermann (W3) [Adelung]


Hermann, -s, plur. Hermänner, ein Wort, welches nur noch als ein männlicher Tauf- und Geschlechtsnahme üblich ist, und im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, Harm und Herm lautet, und welcher schon in den alten Deutschen Nahmen Arminius, Hermenegild, Hermanarik, Irmentrud, vielleicht auch in dem Persischen Arimann zum Grunde lieget. Ehedem war es ein allgemeines Nennwort. Allein die wahre Bedeutung der ersten Sylbe ist ungewiß, weil mehrere Wörter darauf Anspruch machen können, auch Spuren vorhanden sind, daß es ehedem in sehr verschiedenem Verstande gebraucht worden. Von ar, hehr, groß, erhaben, würde es einen erhabenen, heiligen, werth geschätzten Mann bedeuten. Von Heer, bedeutete es ehedem als ein Appellativum sehr häufig einen Kriegsmann, da denn im Plural auch Heerleute für Soldaten vorkommt; bey den "Longobarden" Herimanni, Arimanni, S. des du Fresue Glossar. Im Schwed. ist Herremann ein Ritter, adeliger Vasall, ingleichen ein Edelknecht, und da ist es wohl aus Herr zusammen gesetzet. Auch von dem Worte Herde hatte man ehedem Herdmann und zusammen gezogen Hermann, einen Hirten zu bezeichnen, und auf dem Lande einiger Gegenden wird noch der Leithammel Hermann genannt. Ja es finden sich Spuren, daß das Männchen mehrerer Thiere ehedem Hermann genannt worden. Im Nieders. ist Harm-Bock ein Schafbock, und Harm-Schaf, oder Schaf Harm, ein einfältiger Tropf, auf welche Art auch die eigenthümlichen Nahmen Hans, Peter u. s. f. gebraucht werden. Im Osnabrück sagt man von jemanden, welcher die Güte Gottes mißbraucht, er glaube Gott heiße Härm, d. i. Hermann. S. Hermelin 3.


Hermel (W3) [Adelung]


Die "Hermel", plur. die -n, noch mehr im Diminut. das Hermelchen, im gemeinen Leben der Meißner, eine Benennung der "Kamille"; "Anthemis nobilis L." S. "Harmel" und "Kamille".


Hermelin (W3) [Adelung]


Das Hermelin, des -es, plur. die -e, Diminut. das Hermelinchen. 1) Eine Art Wiesel, welche ganz weiß und nur an der äußersten Spitze des Schwanzes ein wenig schwarz ist, in den kältern Gegenden von Europa und Asien lebet, Fische, Mäuse und Eyer frißt, und das kostbare Pelzwerk gibt, welches gleichfalls unter dem Nahmen des Hermelins bekannt ist. Mustela erminea L. Königswiesel, im Nieders. Harmke, Hermelke, in dem alten Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter Harmin, im Engl. Ermine, im Französ. Hermine, im Ital. Hermellino, Armellino, im mittlern Lateine Hermellina, Hermellinus, im Schwed. Hermelin; alles von dem Nahmen der Landschaft Armenien, aus welcher man ehedem dieses Pelzwerk bekam, ehe man noch unmittelbar den Weg in die nördlichen Länder wußte, daher diese Felle ehedem auch pelles arminiae und herminiae hießen. Auch ein nachgemachtes weißes mit schwarzen Flecken versehenes Pelzwerk ist unter dem Nahmen des Hermelines bekannt. 2) Ein weißgelbes Pferd mit röthlichen Mähnen und Schweife führet gleichfalls den Nahmen des Hermelines; Franz. Soupe de lait. 3) In einem alten Deutsch-Lat. Vocabulario von 1477 wird die Grille oder das Heimchen eyn Hermelyng genannt. Pictorius, ein Schweizer, nennet bey dem Frisch das Männchen einer Maus Härme und Härmle, und in den Monseeischen Glossen heißt der Chamäleon Haramo.


Hermelraute (W3) [Adelung]


Die "Hermelraute", plur. inus. eine Art der Gartenraute mit einer dicken, langen und schwärzlichen Wurzel, welche mit vielen Nebenwurzeln behänget ist und längere und schmälere Blätter als die Bergraute hat. Sie träget fünfblätterige große weiße Blumen, und einen dreyeckigen braunrothen bittern Samen. Hat sie diesen Nahmen etwa wegen einiger Ähnlichkeit mit der "Hermel" oder "Kamille"?


Hermurmeln (W3) [Adelung]


Hermurmeln, verb. reg. act. daher murmeln, mit Murmeln hersagen.


Hermüssen (W3) [Adelung]


Hermüssen, oder richtiger Her müssen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, für herkommen müssen, müssen hergebracht werden u. s. f. Er muß her. Es muß her.


Hernach (W3) [Adelung]


Hernach, ein beziehendes Nebenwort der Zeit und der Ordnung, für nach diesem. 1) Der Zeit nach. Nicht lange hernach. Ich habe es hernach erfahren. Gehen sie nur, ich will hernach schon kommen. Wie wird es aber hernach gehen? Es geschah erst lange hernach, wo aber besser das noch mehr relative darnach gesetzet wird. Wenn die Zeit durch ein Hauptwort ausgedruckt wird, so stehet dasselbe in der vierten Endung vor dem Nebenworte. Über 430 Jahr hernach, Gal. 3, 17. Acht Tage hernach ging er gar weg. 2) Der Ordnung. Wie hernach gesagt werden soll. Erst trennte uns der Wohl- stand auf Monathe, hernach der "Zwist" auf ewig, Dusch. Und die vorn gingen und die hernach folgten, Marc. 11, 9. Anm. Schon bey dem Notker heranah, haranah, im Nieders. hernaa, hernaast. Im gemeinen Leben pfleget man noch gern ein unnützes er anzuhängen, hernacher. Auch hernachmahls, für hernach, fängt an in der edlen Schreibart zu veralten. Wenn eure Kinder hernachmahls ihre Väter fragen werden, Jos. 4, 6, 21. Der oberste Vergelter wirds hernachmahls gedenken, Sir. 3, 34. Da ich hingehe, kannst du mir dießmahl nicht folgen, aber du wirst mir hernachmahls folgen, Joh. 13, 36. Im Oberdeutschen sind für hernach auch demnächst und hinnach üblich. S. auch Nachher.


Hernehmen (W3) [Adelung]


Hernehmen, verb. irreg. act. ( S. Nehmen,) an sich nehmen, nach sich zu nehmen; doch nur in weiterer Bedeutung. Er weiß nicht, wo er so viel Geld hernehmen soll, besser woher er es nehmen, d. i. bekommen, soll. Wo nehmen sie die Geduld her, mit so einer Frau umzugehen? Gell. besser woher u. s. f. Den Beweis von etwas hernehmen, herleiten, es zum Beweise gebrauchen. Jemanden umbarmherzig hernehmen, ihn mit harten Worten strafen, mit Bitterkeit aufziehen; auch ihn herum nehmen.


Hernieder (W3) [Adelung]


Hernieder, ein Nebenwort des Ortes, die Richtung einer Bewegung nach der redenden oder handelnden Person niederwärts zu bezeichnen. Da fuhr der Herr hernieder, 1 Mos. 11, 5. Mein Schwert wird hernieder fahren auf Edom, Es. 34, 5. Der heilige Geist fuhr hernieder auf ihn, Marc. 3, 22. In dieser Bedeutung kommt es nur noch zuweilen in der höhern Schreibart für das einfache nieder oder für das niedrigere herab und herunter vor. Aber in weiterer Bedeutung, wie 1 Mos. 45, 13. kommt hernieder mit meinem Vater hierher, d. i. aus Palästina nach Ägypten, und Jos. 16, 3, die Wüste zeucht sich hernieder gegen Abend, ist es im Hochdeutschen veraltet. Bey dem Ottfried hernidur, in dem alten Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter her nither.


Herodes (W3) [Adelung]


Herodes, der bekannte eigenthümliche Griechische Nahme verschiedener Könige und Vierfürsten im Jüdischen Lande, welcher hier nur um der im gemeinen Leben üblichen R. A. willen angeführet wird, das danke dir Herodes, d. i. dafür verdienst du Strafe und nicht Dank, wofür man wohl auch sagt, das danke dir ein andrer, das danke dir der Teufel. Herodes dank euch für dieß Lied, Günth. Ohne Zweifel als eine Anspielung auf das Verhalten Herodis nach der ihm von den Weisen aus Morgenlande überbrachten Nachricht.


Heroisch (W3) [Adelung]


Heroisch, -er, -te, adj. et adv. aus dem Lat. heroicus, einem Helden gleich und ähnlich, ihm gemäß, in dessen Eigenschaften gegründet, heldenmüthig. Eine heroische Handlung, eine heldenmüthige; ingleichen in dem Trauerspiele eine Handlung, welche die Wirkung einer außerordentlich hohen Eigenschaft der Seele ist. Eine heroische Geduld in anhaltenden Übeln. Eine heroische Figur, bey den Bildhauern, eine menschliche Statue zwischen sechs und sieben Fuß. Über sieben Fuß heißt sie ein Koloß, unter sechs Fuß aber eine Statue in natürlicher Größe.


Herold (W3) [Adelung]


Der Herold, des -es, plur. die -e, eine ehemahlige Benennung eines Gesandten im Kriege, eines feyerlichen Ausrufers höherer Art, eines verpflichteten Aufsehers bey Turnieren und andern feyerlichen Vorfällen, welcher die adeligen Wapen und Ahnen untersuchen, und in streitigen Fällen den Ausspruch thun mußte. In dieser letzten Bedeutung gibt es noch an verschiedenen Höfen Herolde, wie z. B. in England und Frankreich, deren vornehmste Beschäftigung die Wapen der Adeligen sind. Von den acht und zwanzig Herolden in Frankreich wird der erste und vornehmste der Wapenkönig, Roi d'Armes, genannt. Figürlich, in der höhern Schreibart, ein feyerlicher Bothe, eine Person, welche eine Sache auf eine feyerliche Art bekannt macht, wo man auch das Fämin. die Heroldinn findet. Apollo spielte seine Leyer, Melpomene war Heroldinn, Gleim, und an einem andern Orte nennt er die Heuschrecke die Heroldinn des frohen Lenzen. In der Naturgeschichte wird auch der blaue Holzhäher, Pica glandaria cristata L. Herold genannt; ohne Zweifel zunächst von dem alten haren, schreyen, rufen, woher auch der Nahme Häher abstammet.

Anm. Es würde unnöthig seyn, die vielen Ableitungen anzuführen, welche man von diesem alten aber dunkeln Worte versucht hat; daher ich nur einiger der wahrscheinlichsten gedenken will. Schilter lässet es von Heer, Kriegsheer, und Ald, Aldio, ein Diener, abstammen, weil der Herold ehedem vornehmlich ein öffentlicher Bothe eines Kriegsheeres war, dessen Stelle man jetzt durch einen Trompeter ersetzen lässet; Leibnitz und Ihre von dem Wallis. Herod, ein Bothe, Gesandter, woraus durch ein eingeschobenes l unser Herold, das mittlere Latein. Heraldus, das Ital. Araldo, und das Franz. Herault geworden; Frisch von Ehre, weil der Herold die Ehrenzeichen des Adels in Ehren zu halten hatte, daher man dieses Wort auch mehrmahls Ehrenhold geschrieben findet. Und der Ehrenhold rief überlaut u. s. f. Dan. 3, 4. Wachter unterscheidet gar den Ehrenhold von dem Herolde, und leitet das letztere von dem schon gedachten alten haren, rufen, her, welches bey dem Kero, Ottfried und andern häufig vorkommt. Dieser Unterschied ist gewiß sehr unnöthig und willkührlich, obgleich haren, ausrufen, den nächsten Anspruch auf die Verwandtschaft mit diesem Worte zu haben scheinet. In Boxhorns Glossen wird Preco durch Fora-haro übersetzt, und bey dem Ottfried ist thaz Arunti Sconi die angenehme Bothschaft.


Heroldsfigur (W3) [Adelung]


Die Heroldsfigur, plur. die -en, in der Wapenkunst, diejenigen Figuren oder Züge, welche, wie man glaubt, außer der Wapenkunst nichts bestimmtes vorstellen, ob sie gleich den Nahmen von wirklich vorhandenen Dingen führen, dergleichen der Pfahl, der Balken, der Sparren, das Kreuz, das Gitter, der Zirkel, die Kugel u. s. f. sind; zum Unterschiede von den gemeinen Figuren, welches Dinge sind, welche in der Natur oder Kunst wirklich vorhanden sind. Die Ehrenstücke sind eine Art dieser Heroldsfiguren.


Heroldskunst (W3) [Adelung]


Die Heroldskunst, plur. inus. ein Nahme, welchen einige der Wapenkunst, nach dem Latein. Heraldica, beygeleget haben, weil sich die heutigen Herolde vornehmlich mit den Wapen beschäftigen.


Herons-Ball (W3) [Adelung]


Der Herons-Ball, des -es, plur. die -Bälle, in der Hydraulik, eine Kugel mit einer engen Röhre, woraus man das Wasser durch Blasen zum Springen bringen kann; Pila Heronis, weil Heron von Alexandrien für ihren Erfinder gehalten wird.


Herons-Brunn (W3) [Adelung]


Der Herons-Brunn, des -en, plur. die -en, eben daselbst, eine Art eines Springbrunnen, in welcher das heraus gesprungene und wieder gesammelte Wasser das andere Wasser nach sich heraus treibet; Fons Heronis, von eben diesem Erfinder.


Herpacken (W3) [Adelung]


Herpacken, verb. reg. reciproc. welches nur in der gebietherischen Art zu reden des gemeinen Lebens üblich ist. So pack dich her, und rede! d. i. begib dich her, komm her. S. auch Herscheren.


Herplappern (W3) [Adelung]


Herplappern, verb. reg. act. plappernd hersagen. Seine Einfälle gedankenlos herplappern.


Herr (W3) [Adelung]


Der Herr, des -en, zusammen gezogen Herrn, plur. die -en, so wohl ein jeder, welcher einem andern zu befehlen hat, in Beziehung auf denselben, als auch der eigenthümliche Besitzer einer Sache. 1) Überhaupt, in welcher weitesten Bedeutung es auch von weiblichen Personen gebraucht wird. Ich muß Herr im Hause seyn. Die Frau ist hier Herr im Hause. Herr zur See seyn, die höchste Gewalt zur See haben. Sein eigener Herr seyn, seine Veränderungen nach eigenem Gutdünken bestimmen können. Ich bin nicht Herr meines Herzens, habe dasselbe nicht in meiner Gewalt. Herr über seine Leidenschaften seyn. Sich zum Herren seiner Begierden, einer Stadt, eines Landes machen. Herr über etwas seyn, frey damit schalten können. Er ist nicht Herr über sein Vermögen. Der Herr eines Hauses, eines Gutes, eines Feldes, der eigenthümliche Besitzer desselben, der Hausherr, Eigenthumsherr, Grundherr. 2) Besonders, in vielen derjenigen Stufen, deren die Macht zu befehlen, oder die Gewalt über andere fähig ist. Die vornehmsten Fälle dieser Art sind etwa folgende. Im höchsten und vorzüglichsten Verstande bezeichnet dieses Wort in der Deutschen Bibel und biblischen Schreibart, Gott, den höchsten Oberherren, so wohl für sich allein, als mit allerley Beysätzen, z. B. Gott der Herr, der Herr Herr, d. i. der Herr aller Herren, das Hebr. Jehovah Elohim auszudrucken. Ehedem pflegte man das Wort Herr, wenn es Gott bedeutete, entweder ganz, oder den ersten zwey Buchstaben nach mit großen Anfangsbuchstaben zu drucken, HERR oder HErr, welches aber jetzt immer mehr aus der Gewohnheit kommt. Auch Obrigkeiten, von dem höchsten Landesherren an, bis zu geringern Unterbeamten werden mit diesem Nahmen beleget. Der Kaiser, unser allergnädigster Herr. Der König, mein Herr. In den Titulaturen pfleget man es in diesem Verstande zu verdoppeln: Durchlauchtigster Herzog, Gnädigster Fürst und Herr, Herr; welches doch nicht in allen Gegenden üblich ist. Eine Person weiblichen Geschlechtes wird in diesem Falle Frau genannt. Strenge Herren regieren nicht lange. Große Herren, vornehme Personen von hohem Range und Ansehen, welche zuweilen auch nur schlechthin Herren genannt werden, wohin auch die im gemeinen Leben üblichen R. A. gehören: Herren-Feuer wärmt und brennt; Herren-Gunst währet nicht lange; große Herren haben lange Hände; mit großen Herren ist nicht gut Kirschen essen; Herren-Sünde, Bauern-Buße, quidquid delirant reges u. s. f. Herren und Narren haben frey reden u. s. f. Besonders adelige Personen männlichen Geschlechtes. Ehedem war das Wort Herr vorzüglich dem hohen Adel eigen, indem auch Fürsten und Grafen auf den Titel edler Herr stolz waren. Die Grafen von Reuß pflegten sich noch in der neuern Zeiten nur Herren Reußen oder Herren von Reuß zu schreiben. Nachmahls ward dieses Wort den Freyherren und Baronen eigen, in welcher Bedeutung es noch nicht ganz veraltet ist, ob es gleich jetzt am häufigsten einer jeden adeligen männlichen Person beygeleget wird; der Herr von N., welche von ihren Unterthanen auch nur der Herr schlechthin genannt werden. S. Herrenbank, Herrenstand. Auch die bürgerliche Obrigkeit in den Städten, die Rathsglieder, werden von ihren Bürgern nur schlechthin die Herren genannt, vollständig die Rathsherren, oder Herren des Rathes. Wohin auch die Zusammensetzungen Bauherr, Feuerherr, Fruchtherr u. s. f. gehören. Ingleichen der Besitzer eines Land- und Rittergutes, der Gutsherr, in Absicht auf die Unterthanen und Leibeigenen. S. Herrenarbeit u. s. f. Aus Höflichkeit nennt man auch eine jede männliche Person von einigen Stande, auch wenn es nicht der bloße Titel ist und den Nahmen begleitet, einen Herren, welches auch der einzige Fall ist, in welchem das Diminut. das Herrchen von jungen Personen dieser Art gebraucht wird. Schulgelehrte und modische Herren. Ein artiger junger Herr. Ein süßer Herr, im Franz. Petit-Maitre, welches einige sehr ungeschickt durch Kleinmeister übersetzt haben. Die weiß gepuderten Herrchen, Weiße. Was gilts, darum hat sich das junge Herrchen noch nicht bekümmert? Less. Im mittlern Lateine waren dafür die Diminut. Herilis, Domicellus, Domnulus u. s. f. üblich. S. auch Junker. In der häuslichen Gesellschaft heißt der Hausvater in Rücksicht auf das Gesinde dessen Herr. Herr und Frau, der Hausherr oder Hausvater und dessen Gattinn. Sprichw. Wie der Herr so der Knecht. Auch Ehegattinnen pflegen ihre Ehegatten in der anständigen Sprechart ihren Eheherren oder nur Herren schlechthin zu nennen. Mein seliger Herr, d. i. Ehemann. 3) In weiterer Bedeutung ist dieses Wort, so wie das weibliche Frau, auch ein Ehrenwort oder Titel, welchen alle männlichen Personen von einigem Stande, so wohl von Geringern, als von Personen ihres Standes und von Vornehmern zu bekommen pflegen, wenn man sie anredet, oder auch ihrer mit Achtung erwähnet; da man es denn so wohl ihrem Nahmen, als auch ihrer Würde oder dem Nahmen ihres Verhältnisses vorzusetzen pflegt. Der Herr Graf von N. der Herr Baron von X. (aber nicht Herr Freyherr, ob man gleich sagt der Herr Kammerherr von F.) der Herr Amtmann, der Herr Pfarrer u. s. f. Herr Peter, Herr Hofmann u. s. f. Ihr Herr Vater, ihr seliger Herr Bruder, mein Herr Verleger u. s. f. Oft gebraucht man auch dieses Wort, besonders im Oberdeutschen absolute, solche Personen anzureden, die man nicht kennet, oder auch, denen man eben keine vorzügliche Achtung schuldig zu seyn glaubt. Wie heißt der Herr? d. i. wie heißen sie, mein Herr? Wer ist der Herr? wer sind sie, mein Herr? Ich bin des Herren ergebener Diener. Bey Personen, welche schon über den Herrenstand erhaben sind, dergleichen Kaiser, Könige, Herzoge und Fürsten sind, pfleget man das Herr dem Nahmen ihrer Würde oder ihrem eigenthümlichen Nahmen nicht mehr vorzusetzen, obgleich solches ehedem üblich war. Herr König kommt noch in der Deutschen Bibel vor. Die komische Schreibart ahmet solches noch zuweilen nach. Ich, sprach der Wolf, kann heilig schwören, Herr König, ich war nicht dabey, Lichtw. Indessen geschiehet solches doch noch in einigen Kanzelleyen, wo man noch der Herr Erbprinz, des Herrn Herzogs Durchlaucht u. s. f. spricht und schreibt. Wenn Herr dem eigenthümlichen Nahmen vorgesetzet wird, läßt man im gemeinen Leben und in der vertraulichen Schreibart den Artikel zuweilen aus. Ich habe es Herrn Brausebart gegeben. Nicht so richtig ist es, wenn man Herr unverändert läßt, und dafür den eigenen Nahmen biegt. Ich weiß mir die Welt und Herr Simonen nicht verbindlicher zu machen, Gell. für Herrn Simon oder den Herrn Simon.

Anm. Gottsched behauptete, dieses Wort habe in der dritten Endung der einfachen Zahl nur dem Herrn, ohne e, zum Unterschiede von der dritten Endung im Plural, den Herren. Vermuthlich hatte er diese Regel sehr gedankenlos hingeschrieben, sonst würde ihm eingefallen seyn, daß es noch tausend andere Wörter gibt, welche im Singular und Plural gleich lauten, und eben so vieles Recht auf einen solchen Unterschied haben, als Herr. Hätte er gesagt, daß dieses Wort in der zweyten, dritten und vierten Endung der einfachen Zahl gemeiniglich, im Plural aber nur selten zusammen gezogen werde, des Herrn, dem Herrn, aber nicht leicht die Herrn, so hätte er etwas sehr wahres gesagt. Doch findet sich auch der unverkürzte Singular nicht selten. Den Herren, der mir helfen kann, Floh ich mit meinem Rufen an, Opitz. Ps. 142. Und so in vielen andern Stellen mehr.

Anm. 2. In dem weiblichen Geschlechte ist in den meisten Fällen Frau üblich, S. dasselbe. Herr und Frau; der Landesherr, die Landesfrau; der Erbherr, die Erbfrau. In solchen Fällen, wo Frau nicht üblich ist, oder eine Zweydeutigkeit verursachen könnte, bedienet man sich anderer Ausdrücke, Gerichtsherrschaft, die Hausbesitzerinn u. s. f. Von Freyherr ist im Fämin. so wohl Freyfrau als Freyherrinn üblich. Das letzte gebraucht man auch, wenn man bloß die Gattinn eines Mannes bezeichnen will, dessen Ehrennahme in der letzten Hälfte das Wort Herr hat; die Feldherrinn, nicht Feldfrau; die Kammerherrinn, welche von der Kammerfrau sehr verschieden ist; die Rathsherrinn. Aber von Pfarrherr sagt man häufiger Pfarrfrau als Pfarrherrinn.

Anm. 3. Dieses alte Wort lautet schon im Isidor Herr, bey dem Willeram Herro, in dem alten Gedichte auf den heil. Anno Heirri, Hero, in Oberschwaben Heer, Heir, in Nieders. Heer und Herr, im Angels. Hearra, im Isländ. Schwed. und Dän. Herre. Es ist sehr wahrscheinlich, daß es zu dem Geschlechte der Wörter ar, hoch, hehr, erhaben, heilig, ehe, eher, erst, Ehre u. s. f. gehöret, welches dadurch wahrscheinlicher wird, weil dieses Wort wirklich bey dem Ottfried Herero und im Tatian Heristo lautet, wovon ersteres der Comparativ, letzteres aber der Superlativ von hehr oder eher ist. Das Latein. Herus und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - sind vermuthlich sehr genau damit verwandt. Bey dem Worte Ehr ist schon angemerket worden, daß man im Hoch- und Oberdeutschen unter Ehr und Herr, und im Niedersächsischen unter Heer und Herr einen Unterschied macht, und letzteres für anständiger und höher hält, als die erstern Ausdrücke. Dieser Unterschied beruhet mehr auf dem Gebrauche, als auf der Abstammung und ursprünglichen Bedeutung. Beyde sind allem Ansehen nach ein und eben dasselbe Wort. Vermuthlich wurde Ehr, Hehr und Heer, welches älter zu seyn scheinet, durch den langen Gebrauch und durch die weite Ausdehnung zu gemein und niedrig; ein ungefährer Zufall brachte vielleicht das Heer einer härtern Mundart in Ansehen, und man behielt es als ein minder bekanntes und folglich edleres Wort, für solche Personen bey, welche man durch das gemeinere Heer und Ehr nicht genug geehrt glaubte. Wenigstens ist unser Herr auf eine ähnliche Art in die Niedersächsische Mundart gekommen, wo es sich auch noch neben dem ältern Heer erhält. In einer alten Nieders. Übersetzung einer ältern Urkunde von 1318, in den Bützoischen Ruhestunden St. 12, S. 36 kommen beyde zugleich vor. Herzog Johann zu Mecklenburg heißt daselbst Herr tho Wenden, und der Pfarrer zu Jördenstorp Er Cordt Gamme. Im mittlern Lat. wurden Domnus und Dominus auf ähnliche Art unterschieden; jenes gebrauchte man von geringern, dieses von vornehmern Herren. Coelestem Dominum, terrestrem dicito Domnum, sagt der Verfasser des Graecismi bey dem du Fresne. Siehe auch Ehr. In einigen Gegenden ist Herr auch ein Geschlechtswort. Es ist ein Herr, heißt es alsdann von einem neu gebornen Kinde männlichen Geschlechtes. Geschiehet es hier nur aus Achtung, oder ist es das Geschlechtswort er? S. 1. Er.


Herrauschen (W3) [Adelung]


Herrauschen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, sich rauschend dem Redenden nähern, in der dichterischen Schreibart.


Herrechnen (W3) [Adelung]


Herrechnen, verb. reg. act. einem andern stückweise vorrechnen, besonders figürlich, stückweise vorwerfen. Jemanden alle empfangene Wohlthaten herrechnen, ihm alle seine Fehler herrechnen.


Herrecken (W3) [Adelung]


Herrecken, verb. reg. act. reckend dem Redenden näher bringen; im Gegensatze des hinrecken. Die Hand, den Hals herrecken. Daher die Herreckung.


Herreichen (W3) [Adelung]


Herreichen, verb. reg. act. der redenden Person zureichen, ihr reichend näher bringen; im Gegensatze des hinreichen. Reiche mir deine Hand her. Daher die Herreichung.


Herreisen (W3) [Adelung]


Herreisen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, hierher, an diesen Ort reisen; im Gegensatze des hinreisen. Eben darum bin ich hergereiset. Daher die Herreise, plur. die -n.


Herreißen (W3) [Adelung]


Herreißen, verb. irreg. act. ( S. Reißen,) reißend näher bringen. So auch die Herreißung.


Herrenapfel (W3) [Adelung]


Der Herrenapfel, des -s, plur. die -äpfel, eine Art gelber rothbäckiger Äpfel von gutem Geschmacke; gleichsam, Äpfel, welche werth sind, die Tafel eines großen Herren zu zieren; Prinzenapfel.


Herrenarbeit (W3) [Adelung]


Die Herrenarbeit, plur. die -en, eine jede Arbeit, welche man seinem Herren zu verrichten schuldig ist. Besonders auf dem Lande, die Hof- oder Frohnarbeit. S. Herrendienst.


Herrenarbeiter (W3) [Adelung]


Der Herrenarbeiter, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, Häuer, welche den Gewerken; als ihren Herren, gegen einen gewissen Wochenlohn arbeiten; zum Unterschiede von den Lehenhäuern.


Herrenbank (W3) [Adelung]


Die Herrenbank, plur. die -bänke, in verschiedenen Gerichten und feyerlichen Versammlungen, z. B. in dem Reichshofrathe, bey dem königlichen Appellations-Gerichte in Prag u. s. f. diejenige Bank, derjenige Ort, wo die Herren oder Ritter ihren Sitz haben, und die daselbst sitzenden Herren oder Ritter selbst, die Ritterbank; im Gegensatze der gelehrten Bank, oder der Glieder bürgerlichen Standes. S. Herrenstand.


Herrenbauch (W3) [Adelung]


Der Herrenbauch, des -es, plur. die -bäuche, im Scherze, ein Bauch, wie ihn ein wohl gemästeter vornehmer Herr zu haben pfleget; ein Prälaten-Bauch.


Herrenbier (W3) [Adelung]


Das Herrenbier, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, starkes, kräftiges Bier, wie es der Herr, oder Herren, zu trinken pflegen; im Gegensatze des Nachbieres, Tischbieres oder Kofentes.


Herrenbirn (W3) [Adelung]


Die Herrenbirn, plur. die -en, eine Art gelblicher und rother schmackhafter Birnen, welche im August reift; Pfaffenbirn, Königsbirn, Tafelbirn, Franz. Poire de Monsieur.


Herrenbret (W3) [Adelung]


Das Herrenbret, des -es, plur. die -er, bey den Tischlern, eine Art dünner Breter, vielleicht weil sie selbige nicht zu den gemeinen, sondern nur zu den für vornehmere Personen bestimmten Arbeiten brauchen.


Herrenbrot (W3) [Adelung]


Das Herrenbrot, des -es, plur. inus. 1) Brot, welches für den Tisch des Herren bestimmt ist; im Gegensatze des Gesindebrotes. Ingleichen weißes, feines Brot, dergleichen für vornehme Herren gebacken zu werden pfleget. In engerer Bedeutung, werden die runden geraspelten Semmeln an einigen Orten Herrenbrot genannt. Verstehet man unter diesem Ausdrucke einzelne Brote, so kann auch der Plural Herrenbrote gebraucht werden. 2) Figürlich, der Unterhalt, welchen man von seinem Herren bekommt. Herrenbrot essen, einem andern gegen den nöthigen Unterhalt zu dienen verbunden seyn. Der Gegensatz ist, sein eigenes Brot essen.


Herrendienst (W3) [Adelung]


Der Herrendienst, plur. des -es, die -e, ein jeder Dienst, welchen man seinem Herren zu leisten schuldig ist. Herrendienst gehet vor Gottesdienst, ein im gemeinen Leben üblicher Satz. In engerer Bedeutung werden die Frohn- oder Hofdienste an einigen Orten nur Herrendienste genannt.


Herrenessen (W3) [Adelung]


Das Herrenessen, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, ein schmackhaftes, vortreffliches Gericht. Das ist ein Herrenessen.


Herrenfastnacht (W3) [Adelung]


Die Herrenfastnacht, plur. inus. S. Fastnacht u. Herrensonntag.


Herrengebäckel (W3) [Adelung]


Das Herrengebäckel, des -s, plur. inus. bey den Confect-Bäckern, eine Art Zuckergebackenes in Gestalt kleiner Klößchen, welches wegen seines gewürzhaften Geschmackes in Holland und Niedersachsen in den Thee gebraucht, und daselbst Domini-Klütches genannt wird.


Herrengeboth (W3) [Adelung]


Das Herrengeboth, des -es, plur. die -e, das Geboth, d. i. der Befehl des Landes- Guts- oder Dienstherren. Herrengeboth gehet vor Gottes Geboth.


Herrengefälle (W3) [Adelung]


Die Herrengefälle, sing. inus. die Gefälle, d. i. Einkünfte des Grund- oder Landesherren. Bestehen sie in Geld, so werden sie zuweilen auch Herrengelder genannt.


Herrengulden (W3) [Adelung]


Der Herrengulden, des -s, plur. ut nom. sing. 1) In einigen Gegenden, eine Benennung des Gatterzinses, S. dieses Wort. 2) Im Erzstifte Cöln ist eine Münze unter diesem Nahmen bekannt, welche 2 Ort, oder 4 Schillinge, oder 10 Blaffert, oder 15 Groschen oder Räder-Albus, oder 480 Häller hält.


Herrengülte (W3) [Adelung]


Die Herrengülte, plur. die -n, die Gülte, d. i. die Einkünfte des Grund- oder Eigenthumsherren von einem Gute.


Herrengunst (W3) [Adelung]


Die Herrengunst, plur. inus. die Gunst eines großen oder vornehmen Herren. Du Ursprung bester Gaben, Die weder Gold erkauft, noch Herrengunst gewährt, O Freyheit! Haged.


Herrengünstler (W3) [Adelung]


Der Herrengünstler, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z. B. in Baiern, der Besitzer eines Laßgutes; vermuthlich, weil die auf einem solchen Gute haftenden Freyheiten aus der ehemaligen besondern Gunst des Grundherren hergeflossen sind. S. Laßgut.


Herrenhaus (W3) [Adelung]


Das Herrenhaus, des -es, plur. die -häuser, das Haus des Herren, oder eines vornehmen Herren. Besonders wird auf dem Lande das Wohnhaus des Guts- oder Gerichtsherren das Herrenhaus genannt; zum Unterschiede so wohl von den Wirthschaftsgebäuden, als auch von den Häusern der Unterthanen.


Herrenhof (W3) [Adelung]


Der Herrenhof, des -es, plur. die -höfe, der Hof, d. i. das Wohnhaus mit allen dazu gehörigen Gebäuden des Gerichts- oder Eigenthumsherren eines Rittergutes. In engerer Bedeutung auch zuweilen nur der eigentliche Hofplatz desselben.


Herrenhuther (W3) [Adelung]


Der Herrenhuther, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Herrenhutherinn, ein Glied eines bekannten, von dem ehemahligen Grafen von Sinzendorf gestifteten Religions-Partey, welche sich auch die evangelische Brüdergemeinde nennet. Den Nahmen haben sie von den Orte Herrenhuth in der Oberlausitz, in welcher ihre erste und vornehmste Gemeinde von ihrem Stifter gegründet wurde.


Herrenkorn (W3) [Adelung]


Das Herrenkorn, des -es, plur. inus. an einigen Orten, dasjenige Korn, welches man dem Landes- oder Gutsherren als eine Abgabe zu entrichten verbunden ist.


Herrenkrankheit (W3) [Adelung]


Die Herrenkrankheit, plur. inus. im Scherze, eine Benennung des Podagra, weil Personen von Stande am häufigsten damit behaftet zu seyn pflegen.


Herrenleben (W3) [Adelung]


Das Herrenleben, des -s, plur. inus. ein sehr bequemes, müßiges Leben, dergleichen vornehme Herren gemeiniglich zu führen pflegen. Ein Herrenleben haben oder führen.


Herrenloch (W3) [Adelung]


Das Herrenloch, des -es, plur. die -löcher, in der Landwirthschaft, ein Nahme der vordersten Nebenlöcher an dem Grängel des Pfluges; zum Unterschiede von den mittelsten Löchern oder Lohnlöchern, und den hintersten, oder den nächsten an dem Sechloche, oder den Frohnlöchern; vermuthlich weil der Pflug nach diesen Löchern gestellet wird, je nachdem der Knecht des Bauern für seinen eigenen Herrn, oder um Lohn, oder auch zur Frohne pflüget.


Herrenlos (W3) [Adelung]


Herrenlos, adj. et adv. 1) Keinen Dienstherren habend, von Personen, welche sonst um Lohn und Unterhalt zu dienen gewohnt sind. Herrenloses Gesinde. Nieders. heerlos. 2) Keinen Eigenthümer habend, von Sachen. Daher die Herrenlosigkeit, in beyden Fällen.


Herrenmeister (W3) [Adelung]


Der Herrenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. S. Heermeister.


Herrenschnepfe (W3) [Adelung]


Die Herrenschnepfe, plur. die -n, S. Feldschnepfe. Der Herrenschwamm, des -es, plur. die -schwämme, eine in einigen Gegenden, z. B. in Böhmen, übliche Benennung des Feldschwammes oder Champignons, so fern er eine angenehme Speise vornehmer Herren ist; der Herrenpilz.


Herrensitz (W3) [Adelung]


Der Herrensitz, des -es, plur. die -e, der Sitz, d. i. der Wohnsitz des Herren eines Rittergutes.


Herrensonntag (W3) [Adelung]


Der Herrensonntag, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, besonders in der Römischen Kirche, der Sonntag Esio Mihi, welcher im gemeinen Leben auch die Pfaffenfastnacht genannt wird; weil die große Fasten sich bey den Geistlichen, welche zuweilen auch nur schlechthin die Herren genannt werden, schon mit dem folgenden Montage, bey weltlichen Personen aber erst an der Aschermittwoch anfängt. S. Fastnacht.


Herrenstand (W3) [Adelung]


Der Herrenstand, des -es, plur. inus. der Stand der Herren, d. i. der adeligen Personen männlichen Geschlechtes, und die dazu gehörigen Glieder; der Ritterstand. In engerer Bedeutung werden nur die Grafen und Freyherren, welche ehedem im vorzüglichen Verstande Herren hießen, zu dem Herrenstande gerechnet.


Herrenstuhl (W3) [Adelung]


Der Herrenstuhl, des -es, plur. die -stühle, der Stuhl in der Kirche, welcher für den Erb- oder Gerichtsherren des Ortes bestimmet ist.


Herrentafel (W3) [Adelung]


Die Herrentafel, plur. die -n, die Tafel, an welcher ein vornehmer Herr speiset, und die Art und Weise wie er speiset. Ingleichen die Tafel des Herrn, zum Unterschiede von der Tafel seiner Bedienten; von geringern Herren auch der Herrentisch, im Gegensatze des Gesindetisches.


Herrenvogel (W3) [Adelung]


Der Herrenvogel, des -s, plur. die -vögel, in einigen Gegenden, ein Nahme des Holzhähers; entweder als eine verderbte Aussprache des Wortes Häher, oder auch so fern er wegen seiner bunten Farben und Gelehrigkeit von vornehmen Personen ehedem mehr geliebt wurde, als jetzt geschiehet.


Herrig (W3) [Adelung]


Herrig, adj. et adv. dem Herren, oder einem Herren gehörig, nur noch in den Zusammensetzungen zweyherrig, dreyherrig, vierherrig, Deutschherrig, u. s. f. zwey, drey oder vier Herren, den Deutschen Herren gehörig, wofür in den niedrigen Sprecharten auch zweyherrisch, dreyherrisch u. s. f. und an manchen Orten zweyherrlich, dreyherrlich u. s. f. üblich sind.


Herrisch (W3) [Adelung]


Herrisch, adj. et adv. 1) S. das vorige. 2) Einem Herren gleich oder ähnlich, doch nur im verächtlichen Verstande, geneigt, andern ohne Fug und Recht, ingleichen mit einem üblen Anstande zu befehlen, und in dieser Gemüthsart gegründet. Eine herrische Stimme. Ein Trog, der herrisch droht, Haged. Wo der Bedienten Stolz - In herrischer Gestalt des nackten Redners lacht, ebend.


Herrlich (W3) [Adelung]


Herrlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Einen hohen Grad der Pracht, des äußern Vorzuges und Ansehens habend, und darin gegründet. Ein herrlicher Aufzug, ein herrliches Gastmahl, ein herrlicher Glanz. Herrlich leben, prächtig, wie ein großer Herr. Herrlich gekleidet seyn. Ein herrlicher, sehr rühmlicher, Tod, nicht auf dem Rosenbette der weichlichen Muße. 2) Einen hohen Grad der innern Vollkommenheit habend, ohne doch deren äußere Bekanntmachung auszuschließen, und darin gegründet, wo es im höchsten und vorzüglichsten Verstande in der Deutschen Bibel häufig von Gott gebraucht wird. In weiterer Bedeutung bezeichnet es sehr häufig in einem hohen Grade schön, angenehm, vollkommen, brauchbar u. s. f. Herrliche Tage haben, überaus bequeme. Wie herrlich glänzet die Gegend! Geßn. Ein herrlicher Beweis, ein sehr bündiger, fruchtbarer Beweis. Der Rath wäre recht herrlich und schön. Ein herrliches (vortreffliches) Arzeneymittel.

Anm. In dem alten Gedichte auf den heil. Anno nur herro, im Schwed. herrlig. Es scheinet nicht so wohl von Herr abzustammen, in welchem Falle es zunächst einem großen Herren gleich oder ähnlich bedeuten würde; sondern unmittelbar von dem alten hehr, hoch, erhaben, heilig, prächtig, welches dadurch wahrscheinlich wird, weil es in unsern ältesten Denkmählern jederzeit nur mit einem einfachen r geschrieben wird. Herlih, bey dem Ottfried, prächtig. Der schon genannte Verfasser des alten Gedichtes auf den heil. Anno gebraucht nur das einfache her dafür, und im Dänischen ist herlig, prächtig, von herrelig, herrisch, sehr genau unterschieden. Bey dem Notker ist hirlicho in noch weiterer Bedeutung, sehr. Indessen hat man auch unmittelbar von Herr das Beywort herrlich, doch nur in Zusammensetzungen, dreyherrlich, dreyen Herren gehörig, Deutschherrlich, den Deutschen Herren gehörig, landesherrlich, oberherrlich u. s. f. S. Herrig und das folgende.


Herrlichkeit (W3) [Adelung]


Die Herrlichkeit, plur. die -en, das Abstractum des vorigen Bey- und Nebenwortes. 1. Die Eigenschaft einer Sache, nach welcher sie herrlich ist, ein hoher Grad der äußern Pracht, des äußern Vorzuges; ohne Plural. Die Herrlichkeit des Königes, Sprichw. 14, 28. Die Herrlichkeit ist dahin von Israel, 1 Sam. 4, 21. In diesem Verstande wird es in der anständigen Schreibart auch in der Theologie gebraucht, besonders von Gott, den ganzen Umfang seiner Vollkommenheiten und deren thätige Erweisung zu bezeichnen, nach welchen ihm die höchste Ehre gebühret. Die Herrlichkeit Gottes. Das Reich der Herrlichkeit, die künftige Glückseligkeit der Gläubigen nach der Auferstehung, weil sie vornehmlich in der genauern Offenbarung der göttlichen Vollkommenheiten und deren näherem Genuß bestehet. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist Ew. Herrlichkeit ein Titel, welcher im Abstracto verschiedenen Personen gegeben wird. In Erfurt bekommen ihn die churfürstlichen Kammerräthe, und in Nürnberg die Rathsherren, Ärzte u. s. f. doch überall nur noch von geringen Personen; im mittlern Lat. Dominatio, im Ital. Signoria, woraus zugleich erhellet, daß es in diesem Verstande zunächst von Herr herkommt. Bey dem Ottfried findet sich dafür thinaz Heroti. 2. Im Concreto, ein herrliches Ding, eine herrliche Sache, wo es in einigen Fällen unmittelbar von Herr abstammet. 1) In einigen Oberdeutschen Gegenden wird eine Feyerlichkeit, eine Solennität, eine Herrlichkeit genannt. 2) Auch die Regalia so wohl, als die mit dem Erb- und Grundeigenthum verbundenen Gerechtsamen, werden zuweilen Herrlichkeiten genannt. Die forsteyliche Herrlichkeit, das Recht des Landesherren über alle in seinem Lande befindliche Waldungen; das Forstregal. In dem alten Fragmente auf Carls des Großen Feldzug kommt dafür das veraltete Herliche vor. 3) In den Niederlanden wird auch eine Herrschaft, d. i. das einem Herren oder Freyherren gehörige Gebieth, eine Herrlichkeit genannt. 4) Eine jede herrliche Sache. Alle diese Herrlichkeiten machten keinen Eindruck auf ihn.


Herrschaft (W3) [Adelung]


Die Herrschaft, plur. die -en, von Herr, in dessen vorzüglichen und engeren Bedeutung, so wohl in Ansehung der Gewalt, als auch des Eigenthumes. 1. Als ein Abstractum und ohne Plural, die Gewalt, andern zu befehlen, besonders andern willkührliche Befehle zu ertheilen, und wenn der Gegenstand eine Sache ist, die Gewalt, dieselbe als sein Eigenthum zu gebrauchen. Auf daß seine Herrschaft groß werde, Es. 9, 7. Deine Herrschaft währet für und für, Ps. 145, 13. Unter jemandes Herrschaft stehen. Zur Herrschaft über Land und Leute gelangen, zur Regierung. Ein Land unter seine Herrschaft bringen, unter seine Gewalt, Bothmäßigkeit. Jemanden der Herrschaft entsetzen, der Regierung, der Gewalt. Die Herrschaft führen. Die Frau hatte die Herrschaft über den Mann. In welcher ganzen Bedeutung es doch, vermuthlich wegen der Zweydeutigkeit mit den folgenden Bedeutungen, zu veralten anfänget, wo man es nur noch am häufigsten im figürlichen Verstande gebraucht. Das Glück hat große Herrschaft über uns, große Gewalt. Eine Neigung hat die Herrschaft über andere Neigungen, wenn sie stärker ist, als die andern. Die Herrschaft über sich selbst haben, über seine Leidenschaften und Neigungen. 2. Als ein Concretum, mit dem Plural. 1) Eine mit der Herrschaft bekleidete Person, eine Person, welche berechtiget ist, andern willkürlich zu befehlen. Du König aller Götter und Herrschaften, St. Esth. 3, 9. Die die Herrschaften verachten und die Majestäten lästern, Br. Jud. 9. In diesem Verstande ist es noch in folgenden Fällen üblich. (a) Als ein Collectivum, so wohl im Singular allein, als im Plural allein, von mehrern die höchste Gewalt habenden Personen, der Landesherr und dessen Familie. Die hohe Landesherrschaft. Die durchlauchtigste Herrschaft ist heute ausgefahren, oder die durchlauchtigsten Herrschaften sind ausgefahren. Die junge Herrschaft, oder die jungen Herrschaften, die Kinder des Landesherrn oder Herrn. (b) An einigen Orten führet auch die höchste gegenwärtige Obrigkeit eines Ortes den Nahmen der Herrschaft. Am häufigsten ist es in dieser Bedeutung auf dem Lande, von dem Gerichtsherrn und dessen Familie, in Beziehung auf die Unterthanen. Eine gute Herrschaft haben. Jemanden bey der Herrschaft verklagen. (c) Vornehme Personen werden von geringern sehr häufig Herrschaft, oder im Plural Herrschaften genannt, so wohl collective, als auch von einzelnen Personen. Es ist eine fremde Herrschaft hier angekommen, ein fremder vornehmer Herr, er mag sich nun allein befinden, aber seine Familie bey sich haben. (d) In der häuslichen Gesellschaft werden Herr und Frau von dem Gesinde die Herrschaft genannt. Seiner Herrschaft treu und redlich dienet. Sie wissen nicht, was Herrschaften für eine Noth mit dem Gesinde haben, Gell. Wo es auch von einzelnen Personen gebraucht wird. Unsere gnädige Frau ist jetzt die beste Herrschaft von der Welt, Weiße. 2) Das Gebieth, über welches jemand Herr ist, über welches er zu befehlen hat. Die ganze Herrschaft zu Dor, 1 Kön. 4, 11. Es war nichts in seiner ganzen Herrschaft, das ihnen Hiskia nicht zeigte, 2 Kön. 20, 13. In der ganzen Herrschaft meines Königreiches, Dan. 6, 26. Auch hier ist es von dem Gebrauche eingeschränket worden, wo man es am häufigsten nur noch in folgenden Fällen gebraucht. (a) Der Gerichtsbezirk, das einem Gerichtsherren unterworfene Gebieth. In eine fremde Herrschaft ziehen. (b) In noch engerm Verstande ist die Herrschaft ein Gebieth, welches einem Herrn im engern Verstande, d. i. einem Dynasten, einem Freyherren, als einem solchen Herren, unterworfen ist, welches in Schlesien eine Standesherrschaft genannt wird, S. dieses Wort. Die Herrschaft Wartemberg in Schlesien, die Herrschaft Wolgast in Pommern, die Herrschaft Anholt in Westphalen u. s. f. In Baiern führet ein jedes Rittergut, welches die obere Gerichtbarkeit besitzet, den Nahmen einer Herrschaft.

Anm. Als ein Abstractum schon bey dem Notker Herscaft, dagegen in dem Isidor und spätern Schriften Haerduom, Herrthum, selbst im Concreto von einem Fürsten vorkommt. Stryker gebraucht Herscaft auch für einen Befehl, ingleichen im Abstracto als einen Titel, ewer Herscaft, im mittlern Lat. vestra dominatio. S. -Schaft.


Herrschaftlich (W3) [Adelung]


Herrschaftlich, adj. et adv. von dem vorigen Worte, doch nur in engerem Verstande, der Herrschaft, d. i. dem Landes- oder Gerichtsherren gehörig, in dessen Würde gegründet. Die herrschaftlichen Befehle übertreten. Herrschaftliche Güter, Gefälle. Ingleichen von der häuslichen Herrschaft. Die herrschaftliche Gesellschaft, die Gesellschaft zwischen dem Herren oder der Frau und dem Gesinde.


Herrschaftsnahme (W3) [Adelung]


Der Herrschaftsnahme, des -ns, plur. die -n, derjenige Nahme, welcher die Herrschaft, d. i. Gewalt und Würde einer Person anzeiget; besonders in der Theologie, wo der Nahme Herr ein solcher Herrschaftsnahme Gottes ist.


Herrschaftswapen (W3) [Adelung]


Das Herrschaftswapen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wapen, welches ein Herr von seiner Herrschaft, d. i. dem ihm gehörigen Gebiethe und Lande führet; zum Unterschiede von den Geschlechtswapen, Standeswapen, Gnadenwapen, Heirathswapen u. s. f.


Herrschen (W3) [Adelung]


Herrschen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, seine Herrschaft, d. i. oberste oder doch überlegene Gewalt ununterbrochen ausüben und thätig erweisen. Herrschen beziehet sich bloß auf die Ausübung dieser überlegenen Gewalt; regieren aber auf die Anordnung aller Dinge zu einem gemeinschaftlichen Zwecke. 1. Eigentlich, vornehmlich in der höhern Schreibart. Herrschet über die Fische im Meere, 1. Mos. 1, 26. Durch mich herrschen die Fürsten, Sprichw. 8, 16. Über Land und Leute herrschen. Die Reichen herrschen über die Armen. Er kann sich selbst nicht regieren, wie wird er klüglich in seinem Hause zu herrschen wissen, Gell. Mit Bitten herrscht die Frau, und mit Befehl der Mann, Die eine wenn sie will, der andre wenn er kann, Rost. Für befehlen in einzelnen Fällen ist es nur noch im Oberdeutschen üblich. Der Landvogt hat über das Städtlein nichts zu herrschen, Bluntschli. 2. Figürlich. 1) Jemandes Veränderungen auf eine überwiegende Art bestimmen, besonders von Neigungen, Leidenschaften u. s. f. So lasset nun die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leibe, Röm. 6, 12. Hoffart laß nicht herrschen - in deinem Herzen, Tob. 4, 14. Herrschende Laster. Eine herrschende Gemüthsfassung. Herrschende Zweifel hegen. Der Stand der herrschenden Sünde, wo die Sünde den Menschen ohne Widerstand bestimmet. Ein starkes herrschendes und überwiegendes Vertrauen auf Gott. Welch edler Anstand herrscht in seiner jungen Miene! Weiße. 2) Im Schwange gehen, von dem größten Haufen Einer Art angenommen und ausgeübet werden. Der gute Geschmack herrschet bey uns noch nicht überall. Es herrschet hier allerley Vorurtheile unter den Leuten. Die herrschende Mode, der herrschende Geschmack. Welche unselige Vertraulichkeit herrscht nicht unter den Lastern! Gell. Doch Verstellung herrschet allhier, Zachar. 3) Auf eine fortdauernde Art, und mit Bestimmung der Dinge außer sich vorhanden seyn, in der höhern Schreibart. Anmuth herrschet überall und Freude. Eine schauernde Stille herrscht umher, Geßn. Hier herrschen noch eben dieselben Ursachen. Hier herrscht fast tausend Jahr ein schwarzer wilder Schrecken In grauser Finsterniß, Haged. Der Mittag herrschte schon, die Essenszeit war nah, Zach.

Anm. Bey dem Notker herresen, bey den Schwäbischen Dichtern nur heren, im Nieders. harschopen, im Dän. herske, im Schwed. herrska; alle von Herr, wie dominari von Dominus, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Das Hauptwort die Herrschung ist nicht üblich. S. auch Beherrschen.


Herrscher (W3) [Adelung]


Der Herrscher, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Herrscherinn, plur. die -en, eine Person, welche herrschet, d. i. ihre überlegene Gewalt auf eine ununterbrochene Art ausübet; doch nur in der höhern Schreibart. In der Deutschen Bibel wird Gott sehr oft der Herrscher genannt, wo es auch einige Mahl von regierenden Herren auf Erden, von Regenten, gebraucht wird. Der weise Herrscher lacht, wenn wir zu furchtsam zittern, Giseke. Ehrsucht und Neid zu Herrschern ihrer Gemüther einsetzen, Gell.


Herrschsucht (W3) [Adelung]


Die Herrschsucht, plur. car. die Sucht, d. i. ungeordnete Begierde, über andere zu herrschen.


Herrschsüchtig (W3) [Adelung]


Herrschsüchtig, -er, -ste, adj. et adv. mit der Herrschsucht behaftet, in derselben gegründet. Ein herrschsüchtiger Minister. Ein herrschsüchtiges Verfahren.


Herrücken (W3) [Adelung]


Herrücken, verb. reg. act. und neutr. im letztern Falle mit seyn, näher zu der redenden Person rücken; zum Unterschiede von dem hinrücken. Daher die Herrückung.


Herrufen (W3) [Adelung]


Herrufen, verb. irreg. act. ( S. Rufen,) zu sich rufen. Laß herrufen einen, Simon, Apostelg. 10, 32. So auch die Herrufung.


Herrühren (W3) [Adelung]


Herrühren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. Von etwas herrühren, seinen Ursprung, den Grund seines Daseyns in demselben haben. Alle zufällige Dinge rühren von Gott her. Mängel, welche von uns selbst herrühren. Die meisten Krankheiten rühren von der Unmäßigkeit her. Daher die Herrührung.

Anm. Rühren, entstehen, Schwed. röra, ist außer dieser Zusammensetzung bey uns veraltet. Mit dem thätigen rühren hat es nichts als den Klang gemein; näher scheinet es dem Lat. oriri verwandt zu seyn. S. Rühren 1.


Hersagen (W3) [Adelung]


Hersagen, verb. reg. act. aus dem Gedächtnisse der Länge nach sagen. Eine Formel hersagen. Eine Rede vor sich allein hersagen. So auch die Hersagung.


Herschaffen (W3) [Adelung]


Herschaffen, verb. reg. act. schaffen, d. i. machen, befehlen, veranstalten, daß etwas zu dem Redenden gebracht werde, im Gegensatze des hinschaffen. Schaffet euer Vieh her, 1 Mos. 47, 16. Schaffe mir her sieben Farren, 4 Mos. 23, 1. So auch die Herrschaffung.


Herschauen (W3) [Adelung]


Herschauen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches für hersehen im Oberdeutschen und der höhern Schreibart der Hochdeutschen gebraucht wird; im Gegensatze des hinschauen. Schauet her ihr Blinden, daß ihr sehet. Es. 42, 18.


Herscheren (W3) [Adelung]


+ Herscheren, verb. reg. recipr. ( S. Scheren,) welches nur in der niedrigen Sprechart üblich ist, sich herscheren, für, sich herbegeben; im Gegensatze des hinscheren.


Herschicken (W3) [Adelung]


Herschicken, verb. reg. act. nach dem Redenden zu schicken; im Gegensatze des hinschicken. Daher die Herschickung.


Herschieben (W3) [Adelung]


Herschieben, verb. irreg. act. ( S. Schieben,) nach der redenden Person zu schieben, im Gegensatze des hinschieben.


Herschießen (W3) [Adelung]


Herschießen, verb. irreg. ( S. Schießen,) 1) Für hergeben, wo es als ein Activum nur allein vom Gelde gebraucht wird, als ein Darlehen hergeben. Geld zu etwas herschießen. 2) Mit einem Schießgewehre nach dem Redenden zu schießen. Schieß her! im Gegensatze des hinschießen. 3) Sehr geschwinde herkommen; als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, und im Gegensatze des hinschießen. Wie ein Pfeil schoß er her. Da kommt sie hergeschossen.


Herschiffen (W3) [Adelung]


Herschiffen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, nach der redenden Person zu schiffen; im Gegensatze des hinschiffen. Daher die Herschiffung.


Herschlagen (W3) [Adelung]


Herschlagen, verb. irreg. act. ( S. Schlagen,) nach dem Redenden zu schlagen. Schlag her! Ingleichen schlagend nach der redenden Person treiben, im Gegensatze des hinschlagen.


Herschleichen (W3) [Adelung]


Herschleichen, verb. irreg. neutr. ( S. Schleichen,) mit dem Hülfsworte seyn, schleichend herkommen; im Gegensatze des hinschleichen. Er ist unvermerkt hergeschlichen. Da kommt er hergeschlichen. Ingleichen als ein Reciprocum. Er hat sich unvermerkt hergeschlichen.


Herschleppen (W3) [Adelung]


Herschleppen, verb. reg. act. nach der redenden Person zu schleppen; im Gegensatze des hinschleppen. So auch die Herschleppung.


Herschreiben (W3) [Adelung]


Herschreiben, verb. irreg. act. ( S. Schreiben,) aus der Ferne an die redende Person, oder an andere ihr nahe Personen schreiben; im Gegensatze des hinschreiben. Unser Freund hat noch nicht hergeschrieben. Man hat uns eine Neuigkeit hergeschrieben.


Hersehen (W3) [Adelung]


Hersehen, verb. irreg. neutr. ( S. Sehen,) mit dem Hülfsworte haben, nach der redenden Person zu sehen; im Gegensatze des hinsehen.


Hersehnen (W3) [Adelung]


Hersehnen, verb. reg. recipr. sich hersehnen, sich nach der redenden Person zu sehnen; im Gegensatze des hinsehnen.


Hersenden (W3) [Adelung]


Hersenden, verb. irreg. act. ( S. Senden,) nach der redenden Person zu senden, im Gegensatze des hinsenden. Ihr habt mich nicht hergesandt, sondern Gott, 1 Mos. 45, 8. So auch die Hersendung.


Hersetzen (W3) [Adelung]


Hersetzen, verb. reg. act. nach der redenden Person zu setzen; im Gegensatze des hinsetzen. Setze den Stuhl her. Ingleichen als ein Reciprocum, sich hersetzen, sich zu der redenden Person setzen. Daher die Hersetzung, in der thätigen Bedeutung.


Herseufzen (W3) [Adelung]


Herseufzen, verb. reg. 1) Als ein Neutrum, sich seufzend nach der redenden Person, oder in ihre Nachbarschaft sehnen; mit dem Hülfsworte haben, und im Gegensatze des hinseufzen. 2) Als ein Activum, in der höhern Schreibart, durch Seufzer herbringen. Umsonst hatten wir diesen Tag hergeseufzet, Dusch.


Herseyn (W3) [Adelung]


Herseyn, besser her seyn, S. Seyn.


Hersingen (W3) [Adelung]


Hersingen, verb. irreg. act. singend der Länge nach vortragen. Eine Mordgeschichte hersingen. So auch die Hersingung.


Herstammen (W3) [Adelung]


Herstammen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, seinen Stamm, d. i. seinen Anfang, seinen Ursprung von etwas haben; abstammen. Von etwas herstammen. So auch die Herstammung.


Herstellen (W3) [Adelung]


Herstellen, verb. reg. act. 1) Nach der redenden Person zu stellen; im Gegensatze des hinstellen. Stelle die Flasche her. Ingleichen als ein Reciprocum, sich herstellen. 2) In den vorigen Zustand versetzen, das vorige Daseyn wieder geben; nach dem Latein. restituere. Ein zerbrochenes Fenster herstellen. Bey den Soldaten ist her stellt euch! ein grammatisch unrichtiges Commando-Wort, für stellt euch her, wenn sie die vorigen Glieder wieder bilden sollen. Am häufigsten mit dem Nebenworte wieder. Etwas wieder herstellen. Eine veraltete Jugend, die keine Zeit wieder herstellen wird. Einen Scha- den wieder herstellen, ist eine häufige, aber sehr harte Figur, für die beschädigte Sache.


Herstreichen (W3) [Adelung]


Herstreichen, verb. irreg. ( S. Streichen,) 1) Als ein Activum, nach der redenden Person zu streichen; im Gegensatze des hinstreichen. 2) Als ein Neutrum, streichend, strichweise sich der redenden Person nähern; mit dem Hülfsworte seyn. Die Zugvögel streichen her. Alle Mann, da sie hörten daß die Philister flohen, strichen hinter ihnen her im Streite, 1 Sam. 14, 22. Daher der Herstrich, bey den Jägern, die Rückkunft der Streich- oder Zugvögel zu uns, der Herzug, Wiederzug, Wiederstrich; im Gegensatze des Hinstriches oder Rückstriches, d. i. ihres Abzuges.


Herthun (W3) [Adelung]


Herthun, verb. irreg. act. ( S. Thun,) welches nur im gemeinen Leben, für hersetzen, herstellen üblich ist; im Gegensatze des hinthun.


Hertragen (W3) [Adelung]


Hertragen, verb. irreg. act. ( S. Tragen,) nach der redenden Person zu tragen; im Gegensatze des hintragen. So auch die Hertragung. Die wiehernden Rosse tragen ihn hoch auf Leichnamen her, Zachar. wo es für einher oder daher tragen stehet.


Hertreiben (W3) [Adelung]


Hertreiben, verb. irreg. act. ( S. Treiben,) nach der redenden Person zu treiben; im Gegensatze des hintreiben. So auch die Hertreibung.


Hertreten (W3) [Adelung]


Hertreten, verb. irreg. neutr. ( S. Treten,) welches das Hülfswort seyn erfordert, nach der redenden Person zu treten; im Gegensatze des hintreten.


Herüber (W3) [Adelung]


Herüber, ein Nebenwort des Ortes, welches die Richtung einer Bewegung über einen Ort nach der redenden Person zu bezeichnet; im Gegensatze des hinüber. Komm zu mir herüber, über den Fluß. Es gehe der Jünglinge einer herüber (über den Bach zu mir) und hohle ihn, 1 Sam. 26, 22. Die Blumen biegen sich herüber, Geßn. Wenn der Ort, über welchen die Bewegung gerichtet ist, ausdrücklich genannt wird, so wird über wiederhohlet. Die Bassisten sahen mit langen Hälsen über ihre Instrumente herüber. In weiterer Bedeutung begleitet es in der Deutschen Bibel und im gemeinen Leben zuweilen eine Bewegung aus einem Lande, aus einem Orte nach dem Redenden zu. Die Völker, welche - Asnaphar herüber bracht und sie gesetzt hat u. s. f. Esra 4, 10, welche er aus Persien nach Samaria gebracht hatte. Von dannen (aus Chaldäa) brachte ihn Gott herüber in dieß Land, Apostelg. 7, 4. Aber mit hinüber lässet es sich nicht ohne einen sehr merklichen Fehler verwechseln. Wo ich herüber fahre zu dir, 1 Mos. 31, 52. Da trat er in das Schiff, und fuhr wieder herüber, und kam in seine Stadt, Matth. 9, 1. Daß sie in das Schiff traten, und vor ihm herüber fuhren, Kap. 14, 22; und so in andern Stellen mehr, wo hinüber stehen sollte. S. auch Überher.


Herum (W3) [Adelung]


Herum, ein Nebenwort des Ortes. 1) Die kreisförmige Richtung einer Bewegung oder die Richtung einer Bewegung um alle Seiten eines Dinges zu bezeichnen. Sich im Kreise herum drehen. Im Zirkel herum fliegen. Rings herum gehen. Um das Haus herum gehen. Der Fluß fließet um die ganze Stadt herum. Um den Berg herum fahren. Er gehet um die Sache herum, wie die Katze um den heißen Brey. Herum trinken, von Personen, welche im Kreise sitzen und eine nach der andern trinken. Das Glas gehet herum, unter den im Kreise sitzenden Personen. Die Sache gehet mir im Kopfe herum, figürlich, macht mir Sorgen, Kummer, verursacht mir unruhiges Nachdenken. Manchmahl geht mir der Aufwand wohl in dem Kopfe herum, Gell. In dem ganzen Hause herum gehen. Ich bin schon ein wenig in dem Gar- ten herum gegangen. Im Lande herum gehen. Etwas mit sich herum tragen. Kätzchen Miez sah, wie zwey Hunde Sich schon über eine Stunde Um ein Bein herum gejagt, Michael. der Dichter. 2) Die Richtung einer Bewegung nach der andern Seite zu bezeichnen; für das einfache um. Kommen sie da herum. Drehe es herum. Kehre es herum. Biege es herum. Daß er seine Seele herum hohle, aus dem Verderben, Hiob 33, 13. d. i. zurück. In einem andern Verstande ist jemanden herum hohlen, figürlich, ihm einen scharfen Verweis geben, in welchem Verstande man auch ihn herum nehmen sagt. 3) Die unstäte, ungewisse, unbestimmte Richtung einer Bewegung zu bezeichnen, besonders, wenn sie einiger Maßen kreisförmig gedacht werden kann. Den ganzen Tag müßig herum gehen. In der Stadt herum laufen. Es gehet herum, oder es gehet um, im gemeinen Leben, für, es spuket. Auf etwas herum sinnen. Im Felde herum schleudern. So auch mit den Zeitwörtern fliegen, schweifen, schwärmen, springen, rasen, laufen, rennen, reisen, ziehen, irren, streichen, wandern, kriechen, klettern, flattern, ziehen u. s. f. Sich mit allen Leuten herum beißen, d. i. zanken, streiten. + Jemanden bey der Nase herum führen, ihn durch vergebliche Hoffnung aufziehen. 4) Im gemeinen Leben wird es zuweilen auch gebraucht, eine Ruhe, ein Daseyn an einem ungewissen oder unbekannten Orte zu bezeichnen. Er muß da herum wohnen, d. i. ungefähr in dieser Gegend. Es muß da herum liegen. Es muß da herum stehen, ungefähr in jener Gegend. Auf welche Art man es auch, doch gleichfalls nur im gemeinen Leben, von einer nicht genau bestimmten Zeit gebraucht. Um sechs Uhr herum, ungefähr um sechs Uhr. Um den Abend herum.

Anm. Her bezeichnet in dieser Zusammensetzung theils bloß die Nähe um den Gegenstand, theils scheinet es auch nur die Bedeutung des um zu verstärken, oder aus diesem Vorworte ein Nebenwort zu bilden. Daher ist auch hinum nicht üblich, ungeachtet in andern Fällen hin dem her entgegen gesetzet wird. S. auch Umher.


Herunter (W3) [Adelung]


Herunter, ein Nebenwort des Ortes, von einem höhern Orte unterwärts nach der redenden Person zu; im Gegensatze des hinunter. Komm zu mir herunter. Bringe es herunter. Das Glas fiel herunter. Führe ihn zu mir herunter. Wenn der Ort vermittelst eines Hauptwortes ausgedruckt wird, so kann dasselbe das Vorwort von bekommen, er stieg von dem Baume herunter. In einigen Fällen kann es auch ohne Vorwort in der vierten Endung vor dem Nebenworte stehen; er stieg den Berg, die Treppe herunter; er eilete zu mir den Hügel herunter. Oft auch nur überhaupt die Richtung einer Bewegung von einem höhern Orte nach einem niedrigern, ohne Beziehung auf die redende Person. Daß beyde Roß und Mann herunter fallen sollen, von dem Wagen, Hagg. 2, 23. Gott hat die hoffärtigen Fürsten vom Stuhl herunter geworfen, Sir. 10, 17. Herunter von dem Pferde! Thränen rollen die Wangen herunter. Wo es zuweilen figürliche Ausdrücke bilden hilft. Herunter kommen, in Verfall der Kräfte, des Nahrungsstandes kommen. Jemanden herunter bringen, ihn in Verfall seiner häuslichen Umstände bringen. Der Prozeß hat ihn sehr herunter gebracht. Sich zu anderer Denkungsart herunter lassen, für herab lassen, S. in Herab. Daß ich zu diesem unwürdigen Betragen herunter sank, mich zu demselben hinab ließ; wo aber doch richtiger hinunter stehen würde. Jemanden herunter machen, herunter reißen, im gemeinen Leben, ihm sehr anzügliche Verweise geben, ingleichen ihn schmähen und schimpfen. Ich lasse keinen Dreyer herunter, ich lasse keinen Dreyer von dem Preise fallen. Eine Schrift herunter lesen, für ablesen, ist Oberdeutsch. S. Hinunter. Aber wenn sich die Bewegung ausdrücklich von der redenden Person entfernet, sollte herunter niemahls für hinunter stehen, sogleich solches häufig genug geschiehet. Deine Pracht ist herunter in die Hölle gefahren, Es. 14, 11. Leuchte ihn die Treppe herunter. Und der Sohn sah lange mit stiller Freude auf den Vater herunter, Geßn.


Herunterwärts (W3) [Adelung]


Herunterwärts, ein Nebenwort der Richtung, von oben nach unten zu. Von seinen Lenden herunterwärts war gleich wie Feuer, Ezech. 8, 2. In den meisten Fällen vertritt herunter dessen Stelle.


Hervor (W3) [Adelung]


Hervor, ein Nebenwort, die Richtung einer Bewegung, oder eines Zustandes aus einem verdeckten oder hintern Orte vorwärts, nach vorn zu bezeichnen. Hinter dem Berge hervor blicken. Es bricht ein solcher Bach hervor, Hiob. 28, 4. Wer ist, die hervor bricht wie die Morgenröthe? Hohel 6, 9. Gott, der da hieß das Licht aus der Finsterniß hervor leuchten, 2 Cor. 4, 6. Etwas unter dem Bette, aus der Tasche, hinter dem Ofen hervor ziehen. Die Hand hervor thun. Hervor ragen, weiter vorwärts stehen, als die daneben befindlichen Dinge. Über andere Dinge hervor ragen, höher seyn als sie. Noch ist die Sonne nicht hinter dem Berge hervor, Geßn. Du Fluß, der du mit glänzendem Silberglanze hinter jenen grauen Bergen hervor rauschest, ebend. Wenn der Mond aus Wolken hervor geht, ebend. Jetzt traten sie Hand in Hand aus der schützenden Grotte hervor, ebend. Es drängt der Halm sein Kronenhaupt hervor, Kleist. Wo es oft allerley figürliche Bedeutungen bilden hilft. Sich hervor thun, andere in etwas übertreffen. Sich im Fleiße, in der Tugend, in der Pracht, durch Ausschweifungen hervor thun. Die Veränderungsgesetze, nach welchen sich die Kraft der Geschöpfe hervor thut, merklich macht, äußert. Eine Figur hervor heben, in der Mahlerey, sie durch die Umrisse, durch Licht und Schatten gleichsam von dem Grunde oder den hintern Figuren absondern; sie hervor treiben. Eine Figur tritt hervor, eben daselbst, wenn sie von dem Grunde gehörig abgesondert zu seyn scheinet. Die Macht Gottes leuchtet aus den Geschöpfen hervor, wird deutlich daraus erkannt. Jemanden hervor ziehen, ihm Ehre, Ansehen, Vorzüge ertheilen. Hervor bringen, die Wirklichkeit ertheilen, zur Wirklichkeit bringen. Veränderungen in andern Dingen hervor bringen.


Herwärts (W3) [Adelung]


Herwärts, ein Nebenwort, die Richtung eines Dinges nach der redenden Person zu bezeichnen, im Gegensatze des hinwärts. Er kommt herwärts, nach mir, nach uns zu. Der Herr stellte mich auf einen sehr hohen Berg, darauf wars wie eine gebaute Stadt von Mittag herwärts, Ezech. 40, 2.


Herweg (W3) [Adelung]


Der Herweg, des -es, plur. die -e, der Weg, d. i. die Veränderung des Ortes, nach der redenden Person, oder nach der Heimath des Gegenstandes; im Gegensatze des Hinweges.


Herwieder (W3) [Adelung]


* Herwieder, ein im Hochdeutschen veraltetes Nebenwort, für wieder her. - Gott wird Israel herwieder bringen mit Freuden; Bar. 5, 9. Judas brachte herwieder die dreyßig Silberlinge, Matth. 27, 3. Bis auf die Zeit da herwieder bracht werde alles was Gott geredt hat, Apostelg. 3, 21. Auf ähnliche Art sagt man im Oberdeutschen überher, für herüber, abher für herab, ausher für heraus u. s. f.


Herz (W3) [Adelung]


I. Das Herz, des -ens, Dat. -en, Accus. das Herz, plur. die -en; Diminut. das Herzchen, Oberd. Herzlein, zusammen gezogen Herzel. 1. Eigentlich, derjenige fleischige Theil in den thierischen Körpern, welcher einer umgekehrten Pyramide gleicht, zwischen den zwey Abtheilungen der Lunge fast mitten in der Brust lieget, und durch seine wechselweise Ausdehnung und Zusammenziehung, das Blut aus den Blutadern von allen Theilen des Leibes in seine Höhlen aufnimmt, und durch die Pulsadern wiederum ausstößet. Dadurch wird es zugleich das Werkzeug der natürlichen Wärme in den Menschen und Thieren, der Flüssigkeit des Geblütes und des Lebens. Jemanden den Degen durch das Herz stoßen. Es stößt ihm das Herz ab, sagt man im gemeinen Leben von dem Augenblicke des Todes. Das Herz schlägt, wenn es sich ausdehnet und zusammen ziehet; es pocht, es klopft, wenn solches geschwinder und mit mehrerer Heftigkeit geschiehet als gewöhnlich, S. das Herzklopfen. Fühle, wie mir bey seinem Nahmen das Herz schlägt, Weiße. Ein Kind unter seinem Herzen tragen, in der edlern Schreibart, für, mit demselben schwanger gehen. Sein Herz mit jemanden theilen, alles. So lange mir das Herz im Leibe schlägt, so lange ich lebe. Da man schon von den ältesten Zeiten an das Herz für den Sitz der Seele und besonders des Willens und der innern Empfindungen gehalten hat, so hat solches zu vielen figürlichen R. A. Gelegenheit gegeben, worin Herz zwar seine eigentliche Bedeutung behält, die ganze Redensart aber doch eine Figur ist. Die Angst möchte ihm das Herz abstoßen, sagt man von einem sehr hohen Grade der Angst. Es will ihm das Herz abstoßen, von einem Menschen, welcher eine unruhige Begierde blicken lässet, ein Geheimniß zu entdecken. Der Gram frißt ihm das Herz ab, verkürzet sein Leben. Einem das Herz schwer machen, traurige Empfindungen in ihm erwecken. Nun ist mein Herz leichter, wenn diese Empfindungen, gehoben oder vermindert werden. Nun da ist mir ein rechter Stein vom Herzen, in eben diesem Verstande. Es ist mir so enge um das Herz, wenn man eine geheime Sorge, einen geheimen Gram empfindet. Ich rede, wie es mir um das Herz ist, wie ich es empfinde. Ich weiß, wie es ihm ums Herz ist, was er empfindet. Wie warm wird mirs um das Herz! Mein Herz will mir brechen, von einem hohen Grade des Kummers, des Grames, der Wehmuth. Dieser Brief brach ihm das Herz. Darum bricht mir mein Herz gegen ihn, (über ihm,) daß ich mich sein erbarmen muß, Jer. 31, 20. Es ist ihm an das Herz gewachsen, von einem hohen Grade der Liebe, der Neigung gegen eine Sache. Das Geld ist ihm eben nicht an das Herz gewachsen. Die Hand, oder auch ohne Artikel, Hand übers Herz legen, seinen Empfindungen Raum geben. Ihr Kind ist zwar ungehorsam gewesen, aber ein Vater legt doch Hand übers Herz. Der Gram zerreißt mir das Herz, von einem hohen Grade des Grames. Da ward mein klopfend Herz vor Furcht und Angst zerrissen, Schleg. Und so viele andere Ausdrücke mehr, wovon einige noch im folgenden vorkommen werden. 2. Figürlich. 1) Der äußere Theil des Körpers, unter welchem sich das Herz befindet. Fall an sein Herz, o Königinn, mit Zähren Der Freude, fleuch an seine Brust, Ramml. Besonders die Brust. Das Schildlein auf dem Herzen des Hohenpriesters. Im Oberdeutschen pflegt man noch die äußere Brust des weiblichen Geschlechtes das Herz zu nennen. Mit bloßem Herze (Herzen) gehen, mit bloßer Brust. 2) Das Mittelste, das Inwendigste eines Dinges, in verschiedenen Fällen. In dem Herzen des Landes, mitten in dem Lande. Das Herz, oder die Markröhre, der Nelken. Das Herz, das Herzchen, die mittelsten zarten Blätter, in den Pflanzen; Nieders. die Herzpolle. Bey den Schiffern wird der mittelste Theil eines Dicktaues, welches aus einer gewissen Anzahl Fäden bestehet, worüber die übrigen Leinen geschlagen werden, das Herz genannt. Die mittlern Lateiner gebrauchen Cor und Corallum auf eben dieselbe Art. 3) Der menschliche Leib, doch nur in einigen biblischen Stellen. Gott erfüllet unser Herz mit Speise, Apostelg. 14, 17. Noch mehr die Lebenskraft. Wein erfreuet des Menschen Herz. S. auch Herzstärkend. 4) Am häufigsten die Seele des Menschen und deren besondere Fähigkeiten. Bey den ältern Juden wurde der Verstand häufig das Herz ( - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ) genannt, daher es nach Hiob 12, 3 in Luthers Übersetzung heißt, ich habe so wohl Herz als ihr, wofür Michael das Wort Gehirn gebraucht. Im Deutschen ist es in diesem Sinne nicht üblich, wo man es theils noch von den Gedanken des Menschen, theils aber auch, und zwar am häufigsten, von dem ganzen Empfindungs- und Begehrungsvermögen und dessen Äußerungen in besondern Fällen braucht. (a) Die Gedanken, die innern Vorstellungen der Seele, im Gegensatze ihrer Bekanntmachung durch äußere Zeichen. Etwas in seinem Herzen behalten. Herz und Mund stimmen bey ihm nicht überein, er spricht nicht so wie er denkt. Im Herzen bethen, ohne ausgesprochene Worte; aus dem Herzen bethen, mit selbst gemachten Formeln, mit eigenen Worten, im Gegensatze des Bethens aus einem Buche. Aber mit dem Herzen bethen, und von Herzen bethen, gehören zur folgenden Bedeutung. Im mittlern Lateine hingegen ist corde, ex corde, cordetenus, so wie im Franz. par coeur, auswendig, aus dem Gedächtnisse, welches ohne Zweifel auch die erste Bedeutung der R. A. aus dem Herzen bethen, gewesen ist. Etwas seinem Herzen eindrücken, einprägen, seinen Gedanken, seinem Gedächtnisse, mit Einschließung des Einflusses auf das Begehrungsvermögen. (b) Die innern Empfindungen, das ganze Begehrungsvermögen, der Wille im weitern Verstande; das Gemüth. So wohl aa) Überhaupt. Weß das Herz voll ist, davon gehet der Mund über. Erhebet euer Herzen zu Gott, richtet eure Gedanken und eure Begierden auf ihn. Jemanden in das Herz greifen, starke Empfindungen in ihm erwecken. Ihm das Herz erweichen, Empfindungen des Mitleidens, der Wehmuth in ihm erwecken. Das gehet zu Herzen, erweckt Empfindungen, hat Einfluß auf den Willen. Sein Herz verhärten. Ein hartes Herz haben, im Gegensatze eines weichen Herzens, oder der Fertigkeit leicht zu empfinden, leicht gerühret zu werden. Es gehet ihm nicht von Herzen, er empfindet es nicht so wie er spricht. Die Sprache des Herzens reden, der Empfindungen. Mein Herz sagt mirs, ich empfinde es auf eine dunkle Art. Ein Vaterherz, ein Mutterherz, ein Bruderherz, ein Tiegerherz haben, empfinden, wie ein Vater u. s. f. Es überwältigte mich die Bewegung eines zu vollen Herzens, Sonnenf. Von dem Herzen wegreden, so wie man es empfindet. Als er seine erste Angst von dem Herzen weggesprochen hatte. Mein Herz, von deinen Tönen erweicht, schmilzt vor süßer Wehmuth. Der, für den mein Herz in mir spricht. Etwas zu Herzen nehmen, davon auf eine anhaltende Art gerühret werden. Gott wirds zu Herzen fassen, Gell. Ein Herz und Eine Seele mit jemanden seyn, eben so wollen und denken wie er. Er hat mein ganzes Herz eingenommen. Sein Herz von jemanden abwenden. Sein Herz vor einem andern verschließen. Kein Herz zu jemanden haben, kein Vertrauen. Er ist nach meinem Herzen, so wie ich ihn wünsche. Etwas nicht über das Herz bringen können, seine Empfindungen nicht überwinden können, um etwas zu thun. Wenn wird mein armes Herz wieder ruhig werden? Der richtigste und beste Verstand ohne Anwendung auf das Herz, ist ein Schatz, der seinen Besitzer darben läßt, Gell. Mit dem Herzen bethen, mit Übereinstimmung der Gedanken und Begierden. Aus einem vollen Herzen, aus der Fülle des Herzens, mit sehr lebhaften Begierden und deren Ausdruck. Von Herzen gern, mit Übereinstimmung der lebhaften Empfindung. Jemanden von Herzen lieben, von Herzen hassen, von ganzem Herzen verabscheuen. Von Grund des Herzens, oder von Herzens Grund. Er lachte, aber man sahe, daß dieß Lachen nicht von Herzen kam. Im gemeinen Leben wird von Herzen auch in weiterer Bedeutung für sehr, in einem hohen Grade, gebraucht. Es war von Herzen schlecht. Er ist von Herzen arm. S. herzlich. Nach seines Herzens Wunsch handeln. Das Herz möchte mir bluten, sagt man von einem hohen Grade der Wehmuth, des Kummers. Mit Herz und Mund versprechen. Pfui, schämen sie sich ins Herz! Schämen sie sich aufrichtig. Sein Herz an eine Person oder Sache hängen, seine Begierden auf eine dauerhafte Art auf dieselbe richten, gemeiniglich nur im nachtheiligen und verächtlichen Verstande. Ein gutes, ein böses Herz haben, in Beziehung auf andere. Nicht Erbrecht noch Geburt, das Herz macht groß und klein, Haged. bb) Besonders mit dem Nebenbegriffe des verborgenen, geheime Empfindungen und Gedanken zu bezeichnen. Im Herzen aber war mirs lieb. Man kann niemanden in das Herz sehen. Etwas auf dem Herzen haben, ein geheimes Anliegen. Jemanden sein ganzes Herz entdecken, sein Herz vor ihm ausschütten. Sein Herz in den Schooß eines Freundes ausschütten. Offenbare ihm dein ganzes Herz. In seinem Herzen nach etwas trachten. cc) Nach einer noch weitern Figur, auch eine Person, besonders in Betrachtung ihres Empfindungs- und Begehrungsvermögens. Sich alle Herzen verbinden, die Herzen, die Gemüther aller Menschen, mit denen man in Verbindung stehet. O was ist der Umgang mit großen Herzen für eine Wollust! Gell. So manches Herz das sich verirrte, hat an dem Freunde einen Retter gefunden, ebend. Besonders ist mein Herz, und im Diminut. mein Herzchen, im gemeinen Leben ein Ausdruck der vertraulichen Zärtlichkeit, womit geliebte Personen einander anzureden pflegen; da man denn, doch gleichfalls nur im gemeinen Leben, auch wohl Zusammensetzungen mit diesem Worte zu machen pfleget; Herzenskind, Herzensfrau, Herzensmann u. s. f. für geliebtes Kind u. s. f. (c) Das Gewissen; ein besonderer Fall der vorigen Bedeutung. So uns unser Herz verdammet, 1 Joh. 3, 20. Damit, daß sie beweisen, des Gesetzes Werk sey beschrieben in ihrem Herzen, Röm. 2, 15. Und das Herz schlug David, nachdem das Volk gezählet war, 1 Sam. 24, 10. Frage dein Herz, es wird dir sagen, daß du Unrecht hast.

Anm. In dem Isidor, bey dem Kero, Ottfried und andern alten Schriftstellern bereits Herz, bey spätern Oberdeutschen Schriftstellern auch des Herezenleich. Die Gothische und die mitternächtigen Mundarten haben anstatt des Zischlautes nach ihrer Gewohnheit ein t, wie das Hairto bey dem Ulphilas, das Angels. Heort, das Englische Heart, das Nieders. Hart, das Dänische Hierte, und das Schwedische Hjerte, wohin auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - gehöret. Andern Sprachen fehlet der letzte Buchstab ganz, wie dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Lat. Cor; dagegen die Slavonischen Mundarten auch den vordersten Hauchlaut in den Zischlaut übergehen lassen, wie das Dalmat. Szarcze, das Böhm. Srdce, das Pohln. Sercze, und das Crain. Serze. Es können mehrere Wörter auf dessen Abstammung Anspruch machen; allein da man es doch zu weiter nichts als zu Muthmaßungen bringen kann, so thut man am besten, wenn man sich bey einem so alten Worte der Ableitung völlig enthält. Im Oberdeutschen wird dieses Wort auch, das Herz, des -es, plur. die -e, oder das Herze, des -n, plur. die -n, abgeändert.


Herz (W3) [Adelung]


2. Das Herz, welches nur in der ersten und vierten Endung des Singulars gebraucht wird, die Mäßigung der Furcht in Gefahren und des Widerwillens in unangenehmen Vorfällen zu bezeichnen. Er hat Herz wie ein Löwe. Er ist lauter Herz. Jemanden Herz machen, ihm ein Herz einsprechen. Herz bekommen. Ein Herz fassen, sich muthig zu etwas entschließen. Wer hat Herz? Komm her, wenn du Herz, oder wenn du das Herz hast. Der Feige! er hat nicht das Herz, ganz ein Bösewicht zu seyn. Das Herz ist ihm entfallen, in der niedern Sprechart, ist ihm in die Hosen gefallen, sitzt ihm in den Hosen. S. auch Beherzt, Herzhaft und Herzhaftigkeit. Anm. Ob es gleich sehr wohl angehet, Herz in dieser Bedeutung als eine bloße Figur des vorigen anzusehen, zumahl da auch im Lat. Animus und im Deutschen Muth auf ähnliche Art gebraucht werden; so ist es doch fast noch wahrscheinlicher, daß es ein eigenes Wort für sich ist, welches mit dem vorigen nur zufälliger Weise dem Klange nach überein kommt. Die mangelhafte Declination und der Mangel dieser figürlichen Bedeutung in den verwandten Sprachen machen solches glaublich. Es scheinet von dem Worte hart abzustammen, welches unter andern auch kühn, tapfer, muthig bedeutete, und durch Veränderung des t in den Zischlaut diesem Hauptworte den Ursprung gegeben haben kann. S. Hart, die

Anm. Das Franz. hardi und Hardiesse, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und das Pohln. Hardose, Muth, (dagegen das Herz daselbst Sercze heißt) haben eine ähnliche Abstammung. S. auch Herzlich.


Herzader (W3) [Adelung]


Die Herzader, plur. die -n, eine Benennung verschiedener Adern, von welchen man glaubt, daß sie zu dem Herzen gehen, welches doch von allen Blut- und Pulsadern gilt. So wird bey den Pferden eine Ader am Bauche hinter dem Gurte die Herzader, und weil sie in der Gegend des Spornes lieget, auch die Sporader genannt. Bey andern führet eine Blutader am Halse den Nahmen der Herzader.


Her-zählen (W3) [Adelung]


Her-zählen, verb. reg. act. von her und zählen, der Länge nach vorzählen. Einem etwas auf den Fingern herzählen. Daher die Herzählung.


Herzbalsam (W3) [Adelung]


Der Herzbalsam, des -s, plur. von mehrern Arten, die -e, ein Balsam, welcher das Herz, d. i. die Lebenskraft, stärket und erhält.


Herzbändel (W3) [Adelung]


Das Herzbändel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Herzbeutel.


Herzbaum (W3) [Adelung]


Der Herzbaum, des -es, plur. die -bäume, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Art des Schellenbaumes, welcher in Ostindien an den Wassern wächset, und in seinen großen länglich runden Äpfeln eine herzförmige Nuß einschließet, welche einen weißen Kern enthält; Cerbera Manghas L. Wenn in einigen Gegenden auch die Fichte Herzbaum genannt wird, so ist solches eine verderbte Aussprache für Herzbaum.


Herzbettchen (W3) [Adelung]


Das Herzbettchen, im Oberd. Herzbettlein, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleines weiches Küssen, welches man den Kindern beym Einwindeln auf das Herz zu legen pfleget.


Herzbeutel (W3) [Adelung]


Der Herzbeutel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Zergliederungskunst, eine starke, doppelte, glatte Haut, in welcher das Herz mit dem Herzwasser in den Körpern der Menschen und Thiere eingeschlossen ist; Pericardium, das Herzfell, die Herzhaut, das Herzhäutlein, der Herzsack, das Herzbändel, das Diminut. von Band, für Bandlein, im niedrigen Scherze der Seelsack.


Herzblume (W3) [Adelung]


Die Herzblume, plur. die -n, oder im Diminut. das Herzblümchen, in einigen Gegenden, ein Nahme der Borrago, weil man ihren Blumen eine besondere herzstärkende Kraft beyleget. S. Borrago.


Herzblut (W3) [Adelung]


Das Herzblut, des -es, plur. car. S. Herzgeblüt.


Herzbrand (W3) [Adelung]


Der Herzbrand, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben, eine Benennung des innerlichen oder schwarzen Brandes, einer Krankheit des Rindviehes, welche aber eigentlich ein Schlagfluß ist; zum Unterschiede von dem Leberbrande, und Glieder- oder Knochenbrande.


Herzbräune (W3) [Adelung]


Die Herzbräune, plur. inus. im gemeinen Leben, der Nahme eines der heftigsten faulen und giftartigen hitzigen Fieber, wobey die Zunge trocken und schwarz ist. Es ist unter dem Nahmen der Ungarischen Krankheit am bekanntesten.


Herzbrechend (W3) [Adelung]


Herzbrechend, -er, -ste, adj. et adv. welches eigentlich das Mittelwort von der R. A. das Herz brechen, ist. Herzbrechende Worte, Worte, welche den höchsten Grad der Wehmuth, des Mitleidens zu erregen fähig sind. Das ist herzbrechend.


Herzeleid (W3) [Adelung]


Das Herzeleid, des -es, plur. car. eigentlich ein Leid oder ein Schmerz, welcher das Herz oder Gemüth betrifft; zum Unterschiede von körperlichen Schmerzen. In engerer und der gewöhnlichsten Bedeutung, gebraucht man es von einem jeden sehr merklichen Grade des Kummers, der Traurigkeit, der Betrübniß. So man sein (des Weins) zu viel trinkt, bringt er Herzleid, Sir. 31, 36. Sie thun mir Arges um Gutes, um mir Herzenleid zu bringen, Ps. 35, 12. Einem alles gebrannte Herzeleid anthun, im gemeinen Leben, S. Brennen. Besonders, ein hoher Grad des Kummers über solche Personen, welche uns nahe am Herzen liegen. Nichts als Herzeleid an seinen Kindern erleben. Nichts als Herzeleid haben. Ingleichen zuweilen der laute Ausbruch eines hohen Grades des Schmerzens, des Kummers. Da ward aus der Hochzeit ein Herzeleid, 1 Macc. 9, 41. Das wird ein Herzeleid seyn, ein Klagen, ein Lamentiren. Anm. Schon bey dem Stryker Hertzenlait, im Nieders. Hartseer, von dem alten Seer, ein Schmerz, S. Versehren. Ottfried gebraucht dafür Sera herza. Die Form Herzenleid ist nach einer veralteten Oberdeutschen Declination. Herzleid oder Herzensleid wären richtiger, allein sie sind nicht üblich.


Herzen (W3) [Adelung]


Herzen, verb. reg. act. aus Liebe an sein Herz drücken, umarmen. Viel küssen, wenig herzen, Arg meynen, höflich scherzen, Dieß ist des Hofes Spiel Man spielt es täglich viel, Logau. In weiterm Verstande, umarmen, küssen, überhaupt, so wohl von erlaubter als unerlaubter Umarmung. Laban herzte und küssete den Jacob, 1 Mos. 29, 12. Herzen hat seine Zeit, Pred. 3, 5. Ingleichen als ein Reciprocum. Herze dich nicht mit eines andern Weibe, Sir. 9, 12. Dort herzen wir nur kalte Schatten, Haged. Petrarchen, der in Versen herzt, ebend. Besonders im figürlichen Verstande. Wo bey den hellen Bächen Und in dem grünen Hain sich Ruh und Freyheit herzt, ebend. Er herzt den Beutel, den er hält, ebend. Für lieben überhaupt, die Weisheit herzen, Sprichw. 4, 8, ingleichen für umfangen, seine rechte Hand herzet mich, Hohel. 2, 6, ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich. Das Hauptwort, die Herzung, ist gleichfalls nicht eingeführet.


Herzensangst (W3) [Adelung]


Die Herzensangst, plur. car. ein hoher Grad der Angst, der Beklemmung des Herzens, sie mag nun aus körperlichen oder moralischen Ursachen entstehen. Herzensangst empfinden. Ich brachte die Nacht in der größten Herzensangst zu.


Herzensfrau (W3) [Adelung]


Die Herzensfrau, plur. die -en, im gemeinen Leben, eine geliebte Frau, besonders in der Anrede.


Herzensfreude (W3) [Adelung]


Die Herzensfreude, plur. inus. ein hoher Grad der lebhaften Freude. In einigen Gegenden sind auch die Borrago und der Waldmeister, wegen der ihnen zugeschriebenen herzstärkenden Kraft, unter diesem Nahmen bekannt.


Herzensfreund (W3) [Adelung]


Der Herzensfreund, des -es, plur. die -e, Fämin. die Herzensfreundinn, plur. die -en, in der vertraulichen Sprechart, ein sehr vertrauter Freund, vor welchem man sein ganzes Herz aufschließet; ein Busenfreund.


Herzensglaube (W3) [Adelung]


Der Herzensglaube, des -ns, plur. inus. in der Theologie, der wahre Glaube, weil er von dem Herzen gehet, der Heilsglaube; zum Unterschiede von dem Mund- Wahn- und Heuchelglauben.


Herzensgut (W3) [Adelung]


Herzensgut, adj. et adv. im gemeinen Leben, im hohen Grade gut oder gutmüthig, von Personen. Ein herzensguter Mann.


Herzenskind (W3) [Adelung]


Das Herzenskind, des -es, plur. die -er, im gemeinen Leben, ein geliebtes Kind, besonders in Anreden.


Herzenskündiger (W3) [Adelung]


Der Herzenskündiger, des -s, plur. ut nom. sing. der der Herzen kündig ist, die Herzen, d. i. verborgensten Gedanken und Empfindungen, kennet, welches nur eigentlich von Gott gesagt werden kann. Gott der Herzenskündiger, Apostelg. 15, 8.


Herzenslust (W3) [Adelung]


Die Herzenslust, plur. inus. im gemeinen Leben, ein hoher Grad der Luft, welcher das Herz auf eine merkliche Art rühret; ohne Artikel. Wir hatten Herzenslust an euch, 1 Thess. 2, 8.


Herzenszähmerinn (W3) [Adelung]


Die Herzenszähmerinn, plur. die -en, eine poetische Benennung der Dichtkunst, weil sie die Herzen zähmet, d. i. empfindend und gefühlvoll macht.


Herzerbse (W3) [Adelung]


Die Herzerbse, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Pflanze, welche in beyden Indien einheimisch ist, und herzförmige Erbsen trägt; Cardiospermum L.


Herzfell (W3) [Adelung]


Das Herzfell, des -es, plur. die -e, S. Herzbeutel.


Herzfinger (W3) [Adelung]


Der Herzfinger, des -s, plur. ut nom. sing. bey einigen, der vierte Finger an der Hand, von dem Daumen an gerechnet, an welchem man den Ring träget.


Herzgeblüt (W3) [Adelung]


Das Herzgeblüt, des -es, plur. inus. ein Unding, worunter sich der große Haufe ein besonders Geblüt nahe um das Herz einbildet, dessen Verlust den Tod verursache; das Herzblut.


Herzgeschwulst (W3) [Adelung]


Die Herzgeschwulst, plur. die -schwülste, eine Geschwulst am Herzen, welche entweder durch die Brustwassersucht oder durch eine Wassersucht des Herzbeutels verursacht wird.


Herzgespann (W3) [Adelung]


Das Herzgespann, des -es, plur. inus. 1) Eine schmerzhafte Aufblähung und Spannung des Unterleibes unter den kurzen Rippen, nahe am Herzen, wodurch ein schweres und ängstliches Athemhohlen verursacht wird. Es ist bey Kindern und Thieren sehr häufig, wo es aus Unverdaulichkeit und versetzten Blähungen in dem Grimmdarme entstehet, obgleich der große Haufe es einer Bezauberung zuschreibt, und abergläubische Mittel dagegen gebraucht; Cardiaca. Im Oberd. das Herzspann, Herzgesperr, in Schlesien die Röthe, an andern Orten der Ribbenkuchen. 2) Eine Pflanze, welche nach dem Linnee eine Art des Löwenschwanzes ist, auf den Rainen wächset, und in dem Wahne des großen Haufens ein kräftiges Mittel wider das Herzgespann ist, wenn es zu den Kindern in die Wiege geleget wird; Leonuarus cardiaca crispa L.


Herzgewächs (W3) [Adelung]


Das Herzgewächs, des -es, plur. die -e, ein vorgegebenes fehlerhaftes Gewächs in dem Herzen, welches zuweilen wildes Fleisch, zuweilen knorpelartig, zuweilen aber auch ein bloßes schleimiges Wesen seyn, den Umlauf des Geblütes hindern, und daher Herzklopfen verursachen soll; Polypus Cordis, der Herz-Polyp.


Herzgrube (W3) [Adelung]


Die Herzgrube, plur. die -n, Diminut. das Herzgrübchen, Oberd. Herzgrüblein, eine kleine Höhle oder Grube in der Mitte des äußern Leibes gleich unter der Brust; Scorbiculus cordis. In dem alten Fragmente auf den Feldzug Carls des Großen bey dem Schilter Herznavel.


Herzhaft (W3) [Adelung]


Herzhaft, -er, -este, adj. et adv. Herz habend, siehe 2. Herz. 1) In weiterer Bedeutung, Fertigkeit besitzend, alle Furcht gehörig zu mäßigen, und in dieser Fertigkeit gegründet, wo es dem furchtsam entgegen stehet. Ein herzhafter Mann. Eine herzhafte That. Sich herzhaft zu etwas entschließen. Herzhaft reden. 2) In engerer Bedeutung, Fertigkeit besitzend, alle Gefahr zu mehrerer Anstrengung seiner Kräfte im Widerstande dagegen zu gebrauchen; tapfer, im Gegensatze des feige. Den Feind herzhaft angreifen. Herzhaft wider den Strom schwimmen. Herzhaftig ist im Hochdeutschen eben so ungewöhnlich geworden, als das Oberdeutsche Nebenwort herzhaftiglich.


Herzhaftigkeit (W3) [Adelung]


Die Herzhaftigkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da man herzhaft ist, in beyden Bedeutungen. In der ersten ist sie der Furchtsamkeit, und in der zweyten der Feigheit oder Zagheit entgegen gesetzet.


Herzhaut (W3) [Adelung]


Die Herzhaut, plur. die -häute, S. Herzbeutel.


Her-ziehen (W3) [Adelung]


Her-ziehen, verb. irreg. act. ( S. Ziehen,) der redenden Person durch ziehen nähern. So auch die Herziehung. Ingleichen als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, hierher, an diesen Ort ziehen. Daher der Herzug. Beyde im Gegensatze des Hinziehens, der Hinziehung, und des Hinzuges. Siehe Herstreichen.


Herzig (W3) [Adelung]


Herzig, adj. et adv. 1) Ein Herz habend; doch nur in den Zusammensetzungen barmherzig, falschherzig, doppelherzig, gutherzig, offenherzig, treuherzig, weichherzig u. s. f. 2) * Im gemeinen Leben der Hoch- und Oberdeutschen wird herzig auch für herzlich, zärtlich geliebt, gebraucht. Ein herziges Kind.


Herzinnig (W3) [Adelung]


Herzinnig, -er, -ste, adj. et adv. gleichsam aus dem Innersten des Herzens, von ganzem Herzen, mit einem hohen Grade aufrichtiger und lebhafter Empfindung. Jemanden Herzinnig lieben. Ein herzinniges Gebeth. Man findet auch noch das sonst Oberdeutsche Nebenwort herzinniglich. Herzinniglich lachen. Sich herzinniglich freuen; so wie das Hauptwort die Herzinnigkeit.


Herzkäfer (W3) [Adelung]


Der Herzkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Käfer mit fünf Gliedern an den vordern und mittlern und mit vier an den hintern Fußblättern, mit einem ausgestreckten Kopfe, gewölbten und gesäumten Brustschilde und gewölbten Flügeldecken; Diaperis L.


Herzkammer (W3) [Adelung]


Die Herzkammer, plur. die -n, zwey Höhlen in dem Herzen, welche durch eine Scheidewand von einander gesondert werden, von welchen die zur rechten Seite das Blut aus der Lunge erhält, die zur linken aber dasselbe durch den ganzen Leib vertheilet; Ventriculi cordis. In dem alten Friesischen Gesetze Herthamon, von Ham, Heim, ein Behältniß. Bey den Jägern hingegen wird die ganze Höhle in dem vordern Theile eines wilden Thieres, worin die Lunge und das Herz liegen, die Herzkammer genannt.


Herzkirsche (W3) [Adelung]


Die Herzkirsche, plur. die -n, eine Art süßer, theils schwarzer, theils roth mit gelb vermischter Kirschen, welche die Gestalt eines Herzens haben.


Herzklee (W3) [Adelung]


Der Herzklee, des -s, plur. inus. S. Buchampfer.


Herzklopfen (W3) [Adelung]


Das Herzklopfen, des -s, plur. inus. ein ungewöhnliches, mit Ängstlichkeit verbundenes Klopfen des Herzens, welches so wohl von natürlichen als moralischen Ursachen herrühren kann, und auch das Herzpochen genannt wird. S. Herzwurm.


Herzknorpel (W3) [Adelung]


Der Herzknorpel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Benennung des Brustbeines, welches halb knorpelicht ist, im vordern Theile der Brust vor dem Herzen lieget, und die Rippen aufnimmt; Sternum.


Herzkohl (W3) [Adelung]


Der Herzkohl, des -es, plur. inus. eine Art braunen Kohles, dessen Blätter sich in der Mitte der Pflanze in ein Herz zusammen schließen; von Herz, das Mittelste eines Dinges.


Herzläppchen (W3) [Adelung]


Das Herzläppchen, oder Herzläpplein, des -s, plur. ut nom. sing. das Diminut. des ungewöhnlichern Wortes der Herzlappen. 1) In der Zergliederungskunst, kleine Höhlen oder Säckchen auf der Seite der Blutadern oben an beyden Herzkammern, worin sich das zum Herzen laufende Blut bey noch nicht eröffneter Herzkammer verweilet; Auricula cordis; Herzröhrchen, Vorkammern. 2) Im gemeinen Leben, kleine Lätzchen, welche kleinen Kindern bey dem Einwindeln über das Herz gelegt werden.


Herzlaub (W3) [Adelung]


Das Herzlaub, des -es, plur. inus. in den bildenden Künsten, ein Laubwerk an den Gesimsen in Gestalt eines Herzens; Franz. Rais de coeur.


Herzlich (W3) [Adelung]


Herzlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) * Im Herzen; im Gegensatze des mündlich. Warum der herzlich haßt und mündlich liebt, Opitz. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen eben so sehr veraltet, als für auswendig, im mittlern Lat. cordetenus, ex corde, wie herzlihho schon bey dem Kero vorkommt. 2) Von Herzen, mit lebhafter innerer Empfindung, mit Einstimmung des ganzen Begehrungsvermögens. Eine herzliche Liebe gegen jemand tragen. Eine herzliche Freude über etwas haben. Ein herzliches Mitleiden, Erbarmen, Verlangen u. s. f. Ich wünsche es herzlich. Er meint es herzlich gut. Die laute Lache ist voller herzlicher Spott, Klopst. gel. Rep. Herzlich geliebter Freund. Der Hof ist nicht der Ort, der Freundschaft herzlich macht, Haged. Jemanden herzlich hassen, von ganzem Herzen. Die herzliche Barmherzigkeit Gottes, Es. 63, 15, ist nicht nur ein Mißklang, sondern zum Theil auch eine Tavtologie, obgleich noch Gellert sang: Durchschau mit heiligem Muthe Die herzliche Barmherzigkeit Deß, u. s. f. Herzlich gern, von Herzen gern, und in weiterer Bedeutung, sehr gern, wo sich das gern nicht ohne Übelklang verbeißen lässet. Der alle Schuld, damit du ihn verletzet, Dir herzlich schenkt, Opitz Ps. 103. 3) In engerer Bedeutung, für zärtlich, ist es in der edlen Schreibart der Hochdeutschen veraltet. Daß ihr euch aber ängstet, das thut ihr aus herzlicher Meinung, 2 Cor. 6, 12. Seyd unter einander herzlich, Ephes. 4, 32. 4) Im weitesten Verstande, für sehr, in der vertraulichen Sprechart, und als ein Nebenwort. Es ward mir herzlich sauer. Es ist herzlich schlecht. Ein herzlich elendes Gedicht. In welchem Verstande man auch von Herzen schlecht u. s. f. sagt. Ir vil spiegelliehten ougen Hant verseret mih Herzeklih, Heinr. von Stretlingen. Es stehet dahin, ob es in dieser weitern Bedeutung nicht vielmehr von hart abstammet, welches ehedem, wie noch jetzt im Oberdeutschen, häufig für sehr gebraucht wurde, und von welchem auch das Nebenwort härtiglich in eben dieser Bedeutung vorkommt.

Anm. In den drey ersten Bedeutungen im Nieders. hartlik, im Schwed. hjertelig.


Herzlieb (W3) [Adelung]


Herzlieb, -er, -ste, adj. herzlich geliebt, welches im Hochdeutschen nur noch im gemeinen Leben üblich ist. Herzlieber Bruder. Herzliebste Mutter. Herzliebster Jesu, was hast du u. s. f. Ich sage dir herzliebes kint, Winsbeck. Swer bi herzeliebe minne empfunde, Graf Conr. von Kirchberg. Diu herze liebe frowe win, Jacob von Warte. Diu Herzelibe, ebend. die Geliebte.


Herzmuschel (W3) [Adelung]


Die Herzmuschel, plur. die -n, eine Art Muscheln mit vollkommenen Scharniere in Gestalt eines Herzens; Chama cordiformis. S. Ochsenherz.


Herzohr (W3) [Adelung]


Das Herzohr, des -es, plur. die -en, noch mehr im Diminut. das Herzöhrchen, Oberd. Herzöhrlein, S. Herzläppchen.


Herzpfirsche (W3) [Adelung]


Die Herzpfirsche, plur. die -n, im Oberd. die Herzpfirsiche, eine Art Pfirschen, welche die Gestalt eines Herzens haben. Daher der Herzpfirschen-Baum, der sie trägt.


Herzpochen (W3) [Adelung]


Das Herzpochen, des -s, plur. inus. S. Herzklopfen.


Herz-Polyp (W3) [Adelung]


Der Herz-Polyp, des -en, plur. die -en, S. Herzgewächs.


Herzrad (W3) [Adelung]


Das Herzrad, des -es, plur. die -räder, an den Schlageuhren, das zweyte Rad des Schlagwerkes, weil es das Herz, d. i. das mittelste Rad ist, und sich zwischen dem Hebenägelrade und Schloßrade in der Mitte befindet.


Herzsack (W3) [Adelung]


Der Herzsack, des -es, plur. die -säcke, Diminut. das Herzsäckchen, Oberd. Herzsäcklein, S. Herzbeutel.


Herzschild (W3) [Adelung]


Das Herzschild, des -es, plur. die -e, Diminut. das Herzschildchen, Oberd. Herzschildlein, in der Wapenkunst, ein kleines Schild, welches sich in der Mitte des Wapenschildes befindet.


Herzschlächtig (W3) [Adelung]


Herzschlächtig, -er, -ste, adj. et adv. eigentlich ein heftig schlagendes Herz habend. Am häufigsten wird dieses Wort und das Hauptwort Herzschlächtigkeit im gemeinen Leben von den Pferden gebraucht, eine Krankheit zu bezeichnen, welche eigentlich in einer Entzündung der Lunge und der Brustmuskeln bestehet, von einer übermäßigen Erhitzung und darauf erfolgten Erkältung herrühret, und mit einem starken Fieber, schweren und ängstlichen Athem und einem harten und geschwinden Pulse verbunden ist, wobey dem Thiere das Herz und der Bauch heftig schläget. Franz. Courbature. In weiterer Bedeutung wird ein jeder mit einem beschwerlichen Athemhohlen und daraus entstehenden Schlagen der Seiten verbundener Husten bey den Thieren und besonders bey Pferden, der Dampf, oder die Dämpfigkeit, die Herzschlächtigkeit genannt. Anm. Dieses Wort lautet in der Nürnberg. Reform. von 1522 harschlechtech, in dem Hohenlohischen Landrechte haar- oder herzschlechtig, in einer Braunschw. Verordnung hartschlägig, in dem Sächs. Weichbilde hartschlegig, in dem Böhmischen Landrechte hartkeichend, im Nieders. hartschlechtig. Die Unkunde der wahren Beschaffenheit dieser Krankheit hat allerley seltsame Ableitungen dieses Wortes hervor gebracht. Es stammet ohne Zweifel von Herz, Nieders. Hart, und schlagen ab, weil das Herz dabey ungewöhnlich schlägt, und folglich auch die Seiten in eine heftige Bewegung setzt. Man darf es deßwegen nicht herz- schlägtig schreiben, weil schlagen, so wie tragen u. a. ihr g in den Ableitungen, wenn der Vocal geschärft wird, in ein ch verwandeln. Am richtigsten würde man es herzschlägig schreiben, von dem folgenden Herzschlag. In Nürnberg ist für herzschlächtig auch bauchbläsig und an andern Orten schlägebäuchig, schleebäuchig üblich, und Bluntschli, ein Schweizer, nennt engbrüstige Leute gutschlägige. Bey dem Notker ist Herzeslagod die ängstliche Furcht.


Herzschlag (W3) [Adelung]


Der Herzschlag, des -es, plur. die -schläge. 1) Der Schlag des Herzens, welcher durch die Einziehung und Ausstoßung des Blutes entstehet. Besonders eine Krankheit der Schafe, wobey ihnen der Bauch stark schläget und der Athem oft ausbleibt; welche Krankheit bey den Pferden die Herzschlächtigkeit genannt wird. Das Bey- und Nebenwort davon heißt herzschlägig, und im gemeinen Leben herzschluckig. 2) Im gemeinen Leben einiger Gegenden, besonders Niedersachsens, wird der Lappen über der Leber bey den Thieren der Herzschlag, Nieders. Hartslag genannt. Noch häufiger führet Herz, Lunge und Leber von einem Viehe, besonders von Kälbern, diesen Nahmen, welches in Obersachsen das Geschlinge heißt.


Herzspann (W3) [Adelung]


Das Herzspann, des -es, plur. inus. S. Herzgespann.


Herzstärkend (W3) [Adelung]


Herzstärkend, -er, -ste, adj. et adv. welches eigentlich das Mittelwort von der R. A. das Herz, d. i. die Lebenskraft, stärken ist. Herzstärkende Arzeneyen, welche durch einen gelinden Reitz auf die festen Theile des Körpers dieselben erwecken, und die Nerven zu einer verstärkten Wirkung aufmuntern; Analeptica, Confortantia, Restaurantia, Tonica, Nervina, Cardiaca, Cordialia.


Herzstärkung (W3) [Adelung]


Die Herzstärkung, plur. die -en, ein Mittel, welches das Herz, d. i. die Lebenskraft, stärket, S. das vorige.


Herzstein (W3) [Adelung]


Der Herzstein, des -es, plur. die -e, ein Stein, welcher die Gestalt eines Herzens hat. Besonders führet diesen Nahmen eine Art so gestalteter Echiniten.


Herzu (W3) [Adelung]


Herzu, ein Nebenwort, die Richtung einer Bewegung nach einer redenden Person zu bezeichnen; im Gegensatze des hinzu. Tritt herzu mein Sohn, daß ich dich begreife, 1 Mos. 27, 21. Noch häufiger, nahe zu einem verschwiegenen Gegenstande, so daß her sich auf denselben beziehet, und zur Verwandelung des Vorwortes in einem Nebenwort dienet. Seine Söhne sollt du auch herzu führen, 2 Mos. 29, 8. Herzu eilen, sich herzu nahen. In vielen Fällen, wo dieses Nebenwort ehedem gebraucht wurde, bedienet man sich jetzt des herbey, oder anderer gleichgültiger Ausdrücke.


Herzug (W3) [Adelung]


Der Herzug, des -es, plur. die -züge, S. Herziehen und Herstreichen.


Herzwasser (W3) [Adelung]


Das Herzwasser, des -s, plur. inus. das in dem Herzbeutel befindliche Wasser, worin das Herz gleichsam schwimmet. Ingleichen, ein herzstärkendes abgezogenes Wasser.


Herzweh (W3) [Adelung]


Das Herzweh, des -es, plur. inus. ein empfindlicher Schmerz an dem obern oder linken Magenmunde, der in den Magenschlund hinauf steiget, nicht selten mit Ohnmachten, Kopfweh, Herzklopfen u. s. f. begleitet ist, und von einer Schärfe entstehet, welche auf die in dieser Gegend befindlichen vielen Nerven wirket; Cardialgia.


Herzwurm (W3) [Adelung]


Der Herzwurm, des -es, plur. die -würmer, in dem Wahne des großen unwissenden Haufens, ein Wurm, welcher sich in dem Herzen befinden und durch seinen Abgang den Tod verursachen soll. Wenn daher jemanden das Wasser aus dem Magen in den Mund tritt, so heißt es alsdann, der Herzwurm beseiche ihn. Auch einen hohen Grad des Herzklopfens und des Herzwehes pflegt man diesem Wurme zuzuschreiben, und diese Krankheiten wohl selbst den Herzwurm zu nennen.


Herzwurzel (W3) [Adelung]


Die Herzwurzel, plur. die -n, an den Bäumen und einigen Gewächsen, diejenige Wurzel, welche senkrecht in die Erde gehet und das Herz oder die mittelste unter den Wurzeln ist; die Zapfenwurzel, Pfahlwurzel oder Spießwurzel, zum Unterschiede von den Seiten- und Nebenwurzeln. An dem Weinstocke wird sie von einigen auch die Zapfenwurzel und Pfeilwurzel genannt.


Heschelrechen (W3) [Adelung]


Der Heschelrechen, S. Nachrechen.


Hespe (W3) [Adelung]


Die Hespe, Hespen, u. s. f. S. Häspe.


Hessel (W3) [Adelung]


Der Hessel, Hesseling, ein Fisch, S. Häseling.


Hetzlich (W3) [Adelung]


Hetzlich, S. Häßlich.


Hetzbahn (W3) [Adelung]


Die Hetzbahn, plur. die -en, S. 2. Hetze.


Hetze (W3) [Adelung]


1. Die Hetze, plur. die -n, an einigen Orten, ein Nahme der Älster, S. dieses Wort.


Hetze (W3) [Adelung]


2. Die Hetze, plur. die -n, von dem folgenden Zeitworte. 1) Die Handlung des Hetzens. Eine Hetze aufstellen, ein Thier mit Hunden hetzen. Auf die Hetze gehen. Die Hasenhetze, Bärenhetze, Wolfshetze, Schweinshetze oder Sauhetze u. s. f. Auch figürlich. In der Hetze seyn, von allen Seiten in Gefahr, in Verlegenheit seyn. Eine Hetze mit jemanden haben, sich mit ihm zanken; ingleichen, ihn ohne Verschonen verspotten, auch, ihn in der Hetze haben. 2) Der Ort, wo Thiere mit Hunden zum grausamen Vergnügen der Zuschauer gehetzet werden, dergleichen Hetze sich zu Wien befand; der Hetzplatz, das Hetzhaus, der Hetzgarten, die Hetzbahn. 3) Eine Hetze Hunde, bey den Jägern, so viel Hetzhunde, als zusammen eingehetzet sind. S. auch Hatz, wie dieses Wort im Oberdeutschen lautet.


Hetzen (W3) [Adelung]


Hetzen, verb. reg. act. so wohl eilen als eilen machen, die Bewegung einer Person oder Sache beschleunigen, in welcher weitesten und eigentlichen Bedeutung es aber großen Theils veraltet ist. Es ist, I. Ein Neutrum, welches vermuthlich das Hülfswort haben bekommt, aber nur unter den Jägern für eilen, laufen, bekannt ist. Ein Fehler ist es, wenn der Leithund hinter einem jeden Vogel darein hetzet. Der Wolf hetzet nach dem Raube, oder zu seinem Fraße, d. i. er läuft, eilet, wofür bey den meisten Jägern trollen üblicher ist. II. Als ein Activum, jagen, verfolgen, wo es noch Klagel. 3, 52 heißt, meine Feinde haben mich gehetzet, wie einen Vogel. Hier gebraucht man es nur noch in engerer Bedeutung von vierfüßigen Thieren, und besonders von den Hunden. Der Hund hetzet gern, bey den Jägern, von dem Leithunde, wenn er gern alle Thiere, welche ihm vorkommen, verfolget, sich mit ihnen herum jaget. Wenn eine Sau von einem Saubeller gefunden und gehetzet (verfolget) wird. Noch häufiger, vermittelst eines andern Thieres, besonders vermittelst der Hunde jagen, oder in voller Flucht verfolgen. Einen Ochsen mit Hunden hetzen, oder auch nur schlechthin, einen Ochsen hetzen. So auch, Bären, Wölfe, Esel, Hasen hetzen. Einen Fuchs todt, oder zu Tode hetzen. Hetzen reiten, auf die Hetze reiten. Ins Garn hetzen, bey den Jägern, ein Thier vermittelst der Hetzhunde in das Garn treiben. Vom Strick aus hetzen, oder von dem Stricke hetzen, wenn man in freyem Felde hetzet. Auf den Ball hetzen, nach dem von dem Saufinder durch Bellen gegebenen Laute die Rüdenhunde auf die Sau anlassen. Einen Bettler von dem Hofe hetzen, mit Hunden von dem Hofe treiben. Auch figürlich, jemanden hetzen, ihn ohne alles Verschonen verspotten, aushöhnen, besonders wenn solches von mehrern zugleich geschiehet. Er ist mit allen Hunden gehetzt, sagt man im gemeinen Leben von einem Menschen, der sich in alle Fälle leicht zu schicken weiß, besonders von einem, der auf alle Ränke abgerichtet ist; wo die Figur von einem den Hetzhunden schon mehrmahls entgangenen und dadurch verschlagener gewordenen Thiere hergenommen ist. III. Eilen, verfolgen machen, und in weiterer Bedeutung, anreißen, antreiben. Ir muindel rot hat mich an si mit dienste gehetzet, Graf Werner von Honberg. Auch hier gebraucht man es nur noch in einigen Fällen, besonders von den Hunden. Den Hund an oder auf einen Ochsen hetzen. Die Hunde hinter jemanden darein, hinter ihm her hetzen. Hunde, Thiere an einander hetzen. S. Anhetzen. Ingleichen von Personen. Zwey Personen an einander hetzen, sie mit einander uneins machen, einen Zank, ein Mißverständniß unter ihnen stiften. Ich will die Egypter an einander hetzen, Es. 19, 2. Der Gottlose verwirret gute Freunde und hetzet wider einander die guten Frieden haben, Sir. 28, 12; wo es doch mit dem Vorworte wider im Hochdeutschen nicht gewöhnlich ist. S. auch Aufhetzen. Das Hauptwort die Hetzung ist außer der Zusammensetzung nicht üblich.

Anm. In dem alten Fragmente auf Carls des Großen Feldzug hezzen, im Schwabensp. hetzen, im Nieders. hissen, im Holländ. hissen, und hischen, im Schwed. hissa und hetsa, im Dän. hedse, im Florentinischen izzare, bey den übrigen Italiänern adizzare. Wachter leitet es von Aß, ätzen, ankörnen, Frisch von dem Geschrey der hetzenden Jäger he! he! und Ihre von heiß, Nieders. heet, Schwed. het, her. Die letzte Ableitung würde die wahrscheinlichste seyn, wenn es nicht noch eine bessere gäbe. Der harte zusammen gesetzte Laut in der Mitte des Wortes lässet schon vermuthen, daß es ein Intensivum, Frequentativum oder Factitivum seyn müsse; und das ist es wirklich, indem es so wohl sehr eilen, als sehr eilen machen bedeutet. Es muß also von einem Stammworte herkommen, welches hesen, oder, da es in gröbern Mundarten auch hatzen ( S. Hatz) gesprochen wird, Hasen lautet und eilen bedeutet; so wie das Lat. incitare von cito, cilig, gebildet worden. Und dieses Stammwort ist noch wirklich vorhanden, wie bereits bey den Wörtern Hase, haschen und Hastig gezeiget worden. Indessen kann es seyn, daß Heiß, Hitze, und dieses veraltete hasen, eilen, und active jagen, in ihrem Ursprunge nahe mit einander verwandt sind. In dem Finnischen hasitan, hetzen, ist die intensive oder frequentative Form -ten, welche mit der Lat. Endung -tare überein kommt, noch reiner aufbehalten worden. Schon im Arabischen ist hazza antreiben, und im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - so wohl eilen, als treiben, eilen machen. Bey den alten Finnen und Lappen war Hyse der Gott der Jagd. Das Zeitwort hetzen, welches in dem Schwabensp. für grüßen vorkommt, gehöret nicht hierher, sondern zu heißen.


Hetzgarten (W3) [Adelung]


Der Hetzgarten, des -s, plur. die -gärten, ein Garten, d. i. mit einer Wand umgebener Platz, Hetzen darin anzustellen. S. Hetze.


Hetzhaus (W3) [Adelung]


Das Hetzhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus an einem Hetzgarten, worin die zur Hetze bestimmten Thiere aufbehalten werden. Zuweilen auch ein Gebäude, in welchem Hetzen angestellet werden.


Hetzhund (W3) [Adelung]


Der Hetzhund, des -es, plur. die -e, im Jagdwesen, eine Art großer starker Hunde, welche bloß zum Hetzen gebraucht werden. Schwere Hetzhunde, welche nur zum Niederziehen und Würgen des Wildes und Thieres geschickt sind, und wohin die Englischen Docken und Bullenbeißer gehören. Leichte Hetzhunde, welche zum Einhohlen und Stellen des Wildes geschickt sind, und auch Cours-Hunde genannt werden. Die Hetzhunde für die Hasen und alles Hochwildbret sind unter dem Nahmen der Windhunde oder Windspiele am bekanntesten.


Hetzlos (W3) [Adelung]


Hetzlos, adj. et adv. von dem Hetzriemen los, bey den Jägern. Die Hunde hetzlos machen, sie von dem Hetzriemen los machen, damit sie dem Wilde nacheilen können.


Hetzpeitsche (W3) [Adelung]


Die Hetzpeitsche, plur. die -n, eine große starke Peitsche, wie sie die Jäger bey einer Hetze zu Pferde zu gebrauchen pflegen.


Hetzplatz (W3) [Adelung]


Der Hetzplatz, des -es, plur. die -plätze, S. 2. Hetze.


Hetzriemen (W3) [Adelung]


Der Hetzriemen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, ein lederner Riemen, woran die Windhunde geführet werden. Bey dem Leithunde heißt er das Hängeseil, bey dem Schweißhunde das Seil oder der Fangestrick, bey den Jagd- und Rüdenhunden aber die Koppel. S. Hetzstrick.


Hetzschirm (W3) [Adelung]


Der Hetzschirm, des -es, plur. die -e, bey einem Hauptjagen, ein Schirm von Buschwerke für die Hetzhunde.


Hetzstrick (W3) [Adelung]


Der Hetzstrick, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, ein Seil, an welchem die Hetzhunde geführet werden.


Heu (W3) [Adelung]


1. Der Heu, des -es, plur. die -e, eine in Holland übliche Benennung eines Hochbortes von mittelmäßiger Größe, mit einem flachen Boden, welches einen Gabelmast, ein Mars- und ein Stagsegel führet. S. Holk und Huker, welche wenig davon verschieden sind. Es gehöret, der Abstammung nach, vermuthlich zu dem Geschlechte des Wortes hohl, oder auch zu hauen. Im Schwed. ist Ho so wohl ein ausgehöhlter Stamm, woraus man das Vieh tränket, ein Trog, als auch der Canal oder das Gerinne, welches das Wasser auf das Mühlrad führet.


Heu (W3) [Adelung]


2. Das Heu, des -es, plur. inus. in weiterer Bedeutung, alles abgehauene und gedörrete Gras, besonders so fern es zum Futter für das Vieh bestimmet ist. Heu machen, Heu gewinnen, in der Landwirthschaft, es zubereiten, und dadurch als sein Eigenthum bekommen, S. Heugewinn. In engerer Bedeutung führet nur das erste Heu, welches von den zweymähdigen Wiesen gewonnen, und auch altes Heu genannt wird, diesen Nahmen, im Gegensatze des Grummetes. In dem Pflanzenreiche kommt dieses Wort auch in den Nahmen verschiedener Pflanzen vor. So wird das Johanniskraut, Hypericum L. auch hartes Heu oder Hartheu genannt. Etwa weil es auf den Wiesen wächset, und ein hartes Heu gibt? Das Bockshorn, Trigonella Foenum Graecum L. ist unter dem Nahmen des Griechischen Heues bekannt; in Niedersachsen nennet man es mit einem aus dem Latein. verstümmelten Nahmen fine Margrete.

Anm. Bey dem Ulphilas Hawi, bey dem Notker Hauue, im Schwabensp. Hoeuu, in den Monseeischen Glossen Houo, im Nieders. Hau, im Osnabrück. Hög, Häg, im Holländ. Hoy, im Angels. Hieg, Hig, im Engl. Hay, im Dän. Hoe, Heu, und Haa, Grummet, im Schwed. Hö, im Isländ. Hei, im Finnischen Heinae. Casanbonus leitet es von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Gras, Frisch von hägen, schonen, geschontes Gras, Wachter und die meisten übrigen von hauen, im Alemann. houuen, ab; welche Ableitung dadurch wahrscheinlich wird, weil man das Gras niemahls eher Heu zu nennen pfleget, als bis es bereits abgehauen ist, wenn es gleich noch nicht trocken ist. S. Heuen.


Heuärnde (W3) [Adelung]


Die Heuärnde, S. Heuernte.


Heubarn (W3) [Adelung]


Der Heubarn, des -es, plur. die -e, S. Heubucht.


Heubaum (W3) [Adelung]


Der Heubaum, des -es, plur. die -bäume, ein gerader, starker, langer Baum, womit ein Fuder Heu gebäumet, d. i. das auf dem Wagen liegende Heu befestiget wird, indem man den Baum der Länge nach oben auf das Heu leget, und die beyden Enden mit Stricken fest an den Wagen anziehet. Der Wiesbaum, Wiesenbaum, verderbt Wieselbaum.


Heubirn (W3) [Adelung]


Die Heubirn, plur. die -en, eine Art gelblicher Birnen von mittlerer Größe, welche zu Ende des Augusts reift.


Heublume (W3) [Adelung]


Die Heublume, plur. die -n, im gemeinen Leben, Blumen, welche um die Heuernte blühen.


Heuboden (W3) [Adelung]


Der Heuboden, des -s, plur. die -böden, in der Landwirthschaft, ein Boden, welcher zur Vewahrung des Heues bestimmt ist.


Heubucht (W3) [Adelung]


Die Heubucht, plur. die -en, in der Landwirthschaft, eine Bucht, d. i. ein Verschlag in einem Stalle, oder in einer Scheuer, das Heu daselbst zu verwahren. S. Bucht. Im Oberd. der Heubarn, S. Barn.


Heubund (W3) [Adelung]


Das Heubund, des -es, plur. die -bünde, ein Bund Heu, d. i. eine gewisse Menge vermittelst eines Strohseiles zusammen gebundenen Heues.


Heuch (W3) [Adelung]


Der Heuch, der Zapfen im Halse, S. Hauk.


Heuchelbuße (W3) [Adelung]


Die Heuchelbuße, plur. inus. in der Theologie, eine verstellte, mit Heucheley verbundene Buße; im Gegensatze der wahren Buße.


Heuchel-Christ (W3) [Adelung]


Der Heuchel-Christ, des -en, plur. die -en, eben daselbst, derjenige, welcher sich im Äußern als ein Christ stellet, ohne es seiner wahren Gesinnung nach zu seyn: ein Schein-Christ, im Gegensatze des wahren Christen.


Heucheley (W3) [Adelung]


Die Heucheley, plur. die -en. 1) In der weitesten Bedeutung, dasjenige Betragen, da man aus Begierde zu gefallen anders spricht und handelt, als man denkt, da man aus Verlangen zu gefallen wider seine Überzeugung und Neigung denkt und handelt; ingleichen, die Fertigkeit so zu handeln. In engerer Bedeutung, das Betragen, da man aus Begierde zu gefallen, im Äußern besser zu scheinen sucht, als es die innere Beschaffenheit verstattet; ingleichen, die Fertigkeit so zu handeln. Es ist nur Heucheley. Etwas aus Heucheley thun. Suche nicht Ruhm vor den Leuten durch Heucheley. Sir. 1, 35. In der engsten Bedeutung, in der Theologie, das Bestreben nach einem bessern Scheine seines Verhaltens gegen Gott, als es der innern Gemüthsfassung gemäß ist, und die Fertigkeit dazu. Siehe zu, daß deine Gottesfurcht nicht Heucheley sey, Sir. 1, 34. Gott weiß wohl, was recht gethan oder Heucheley ist, Kap. 15, 20. In allen diesen Fällen ist der Plural nicht üblich. 2) Ein aus Heucheley herrührendes Verhalten in einzelnen Fällen, ein heuchlerisches Betragen in einzelnen Fällen; wo auch der Plural Statt finden kann. S. Heucheln.


Heuchelglaube (W3) [Adelung]


Der Heuchelglaube, des -ns, plur. inus. in der Theologie, der falsche aus Heucheley vorgegebene Glaube; im Gegensatze des wahren Glaubens.


Heucheln (W3) [Adelung]


Heucheln, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) In der weitesten Bedeutung, schmeicheln, Liebkosungen erweisen, schmeichelnd, liebkosend bitten, sich freundschaftlich stellen, mit der dritten Endung der Person; in welcher Bedeutung es im Hochdeutschen wenig mehr gebraucht wird. Er wird heucheln und gute Worte geben dem Gottlosen, Dan. 11, 32. Und machen ein löblich Bild des -Königes, auf daß sie mit Fleiß heucheln möchten dem Abwesenden, als dem Gegenwärtigen, Weish. 14, 17. Und da er bey dem Könige in Gnaden kam, heuchelte er ihm, und brachte das Hohepriesterthum an sich, 2 Macc. 4, 24. Meinest du er werde dir viel Flehens machen, oder dir heucheln? Hiob 50, 22. 2) In engerm Verstande, aus Begierde zu gefallen, anders sprechen und handeln als man denkt. Der rechtschaffene Mann heuchelt nicht, sondern spricht, wie es ihm um das Herz ist. Zuweile auch mit der dritten Endung der Person, einem heucheln, aber mit dem Vorworte gegen, gegen jemanden heucheln; aber nicht mit dem Vorworte mit, wie es Ps. 12, 3, und Sprichw. 29, 5 gebraucht wird. 3) In noch engerer Bedeutung, aus Begierde zu gefallen, sich besser, freundschaftlicher stellen, als man wirklich gesinnt ist; wo es denn so wohl absolute, als auch mit der dritten Endung der Person oder dem Vorworte gegen gebraucht wird. 4) Im engsten Verstande, im Äußern ein besseres Vertragen gegen Gott zeigen, als die innere Gesinnung verstattet. Das Hauptwort die Heuchelung ist ungewöhnlich. Siehe Heucheley.

Anm. In unsern ältesten Schriften kommt dieses Wort nicht vor, so wie es auch den Niedersachsen unbekannt ist, obgleich die Dänen hykle, und die Schweden hyckla für heucheln, und Hycklare für einen Heuchler und Schmeichler gebrauchen. Dieses Stillschweigen macht dessen Abstammung schwer. Dietrich von Stade leitet es von Gauch, Junius von Angels. viglian, muthmaßen, errathen, Wachter von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ähnlich, so wie die Lateiner von similis simulare gebildet haben, und noch andere von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich schmeichele, ab Frisch und andere sehen es als das Diminut. von hauchen an, schreiben es daher auch häucheln, und erklären es durch, jemanden einen Bisamhauch zuwehen. Ihre stimmet dem Martinius bey, der es von dem Holländ. Huik, ein Mantel, abstammen lässet, mit welchem Worte man auch im Hochdeutschen figürlich sagt, den Mantel nach dem Winde hängen. Lauter Ableitungen, denen man das Gezwungene und Seltsame bey dem ersten Blicke ansiehet. Ungeachtet dieses Wort in unsern ältesten Denkmählern zur Zeit noch nicht angetroffen worden, so ist es doch vermuthlich sehr alt, und zu einer Zeit gebildet worden, da man in Deutschland von dem Bisamhauche noch nichts wußte, gesetzt man hätte ihn auch jemahls auf diese Art gebraucht, welches in Ansehung der Europäischen Sitten noch ganz unerworfen ist. Die Mecklenburger gebrauchen für heucheln, besonders wenn es durch einen verstellten Beyfall geschiehet, ögeln, Hochd. äugeln, und ein solcher Heuchler heißt bey ihnen Ögler, Schwed. Öglare, Holländ. Ooghler. Eben dieselben gebrauchen hucheln für lächeln, so wie in andern Mundarten schmeicheln in eben diesem Verstande üblich ist. In andern Niedersächsischen Gegenden, besonders um Hamburg, wird für heucheln oder schmeicheln, fiecheln und fucheln gebraucht, welches zu fackeln, fachen Fächer u. s. f. gehöret, und eigentlich sich hin und her schmiegen und biegen bedeutet, welches bey Hunden und zuweilen auch bey Menschen ein Zeichen der Schmeicheley ist. Aus diesem fiecheln, fucheln, muß auch das mittlere Latein. foculare, schmeicheln, hergeleitet werden. Man wähle, welche Abstammung man will, so wird sie allemahl natürlicher seyn, als die von Hauch. Siehe auch Schmeicheln, welches mit diesem Worte so wohl in dessen ersten Bedeutung, als in der Abstammung vieles gemein hat. Aus allem erhellet, daß die Begierde zu gefallen das unterscheidende Merkmahl dieses Wortes ist, welches dasselbe von dem Geschlechtsworte verstellen und Verstellung, und von der Nebengattung gleißen und Gleißnerey unterscheidet.


Heuchler (W3) [Adelung]


Der Heuchler, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Heuchlerinn, plur. die -en, eine Person, welche heuchelt, in allen Bedeutungen des Zeitwortes, besonders in der Religion. Im Notker und Tatian heißt ein Heuchler in der Religion Kelihseara und Lihhizar, welches mit unserm Gleißner überein kommt, beym Ottfried aber auch Driagar; so wie in dem 1552 zu Basel gedruckten N. T. Lutheri Heuchler als ein daselbst unbekanntes Wort durch Gleißner, Trügner erkläret wird.


Heuchlerisch (W3) [Adelung]


Heuchlerisch, adj. et adv. einem Heuchler gemäß, ähnlich. Ein heuchlerischer Mensch. Noch mehr aber, in der Heucheley gegründet. Eine heuchlerische Gesinnung. Ein heuchlerisches Betragen.


Heuen (W3) [Adelung]


Heuen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Heu machen, so daß es alle zur Zubereitung des Heues nöthigen Beschäftigungen, besonders das Umwenden, Trocknen und Zusammenbringen des abgehauenen Grases, mit in sich schließet. Nieders. hauen.


Heuernte (W3) [Adelung]


Die Heuernte, plur. die -n, die Verfertigung und Einerntung des Heues; ingleichen die Zeit, wenn das Gras gehauen und zu Heu gemacht wird, besonders in der engern Bedeutung des Wortes Heu, da denn die Heuernte in den Junius und Julius fällt. S. Heumonath.


Heufehm (W3) [Adelung]


Der Heufehm, des -es, plur. die -e, oder der Heufeimen, des -s, plur. ut nom. sing. S. 3. Fehm.


Heufutter (W3) [Adelung]


Das Heufutter, des -s, plur. inus. das Heu als ein Futter für das Vieh betrachtet.


Heugabel (W3) [Adelung]


Die Heugabel, plur. die -n, eine große Gabel mit zwey Zinken an einem langen Stiele, das Heu damit auf den Wagen und von demselben zu laden; Nieders. die Hauforke. So fern man auch die Garben damit auf- und abladet, heißt sie auch die Reichgabel. Das hätte ich mit der Heugabel nicht in ihm gesucht, im gemeinen Leben, das hätte ich mir auf keine Weise von ihm vorgestellet.


Heugewinn (W3) [Adelung]


Der Heugewinn, des -es, plur. inus. die Gewinnung, d. i. Verfertigung und Einerntung des Heues; die Heuwerbung. Ein Gut hat vielen Heugewinn, wenn es viel Heu machen kann.


Heuhaufen (W3) [Adelung]


Der Heuhaufen, des -s, plur. ut nom. sing. Siehe Heuschober.


Heuhechel (W3) [Adelung]


Die Heuhechel, oder Heuhachel, S. Hauhechel.


Heuland (W3) [Adelung]


Das Heuland, des -es, plur. die -länder, Land, von welchem das Gras abgemähet und zu Heu zubereitet wird; Nieders. Mädland, Mäde.


Heuleine (W3) [Adelung]


Die Heuleine, plur. die -n, in der Landwirthschaft, eine Leine, womit das Heu oder Stroh auf dem Wagen befestiget wird.


Heulen (W3) [Adelung]


Heulen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. Es druckt 1) einen starken, gedehnten, kläglich und zugleich auch widerlich klingenden Laut aus, welchen ein starker Wind, wenn er sich an einem Orte fänget, ingleichen die Hunde zu manchen Zeiten, wie auch die Wölfe, welche auch davon den Nahmen haben, zu machen pflegen, von denen man daher auch sagt, daß sie heulen. Die Winde heulen durch die gebogenen Gipfel. In einem dicken Wald, wo Wind und Hunger heulten, Haged. Wenn man unter den Wölfen ist, muß man mit heulen, man muß sich in die Zeit schicken. Bey den Jägern heulen auch die Hohl- und Ringeltauben, wenn sie sich locken, welches von andern rücksen genannt wird. 2) In engerer Bedeutung, von Menschen, mit lauter und zugleich kläglicher Stimme weinen, wo dieses Wort einen verächtlichen Nebenbegriff hat, so wie diese Art zu weinen selbst etwas Niedriges und Verächtliches verräth; ob es gleich in Luthers Deutschen Bibel sehr häufig für laut weinen, laut klagen gebraucht wird. Sie heulte aus voller Lunge. Ein betrübter Esel heulte, weil des Schicksals karge Hand u. s. f. Haged. Figürlich auch, einen ähnlich widerlichen Laut von sich geben. Eine verstimmte Orgel heult. Wenn man noch untaugliche Gesänge in den Kirchen heult.

Anm. Im Nieders. hulen, im Engl. to howl, im Dän. hyle, im Schwed. ulfwa, im Isländ. ylfa, yla, im Finnischen ulwon, im Franz. hurler, houler, im Ital. urlare, im Span. ahullar, aullar, im Latein. ejulare, ululare, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , im Arab. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ; über welche Übereinstimmung man sich nicht wundern darf, da alle diese Wörter, so wie gällen, hallen, schallen u. s. f. den Laut nachahmen, welchen sie ausdrucken.


Heulkreisel (W3) [Adelung]


Der Heulkreisel, des -s, plur. ut nom. sing. ein hohler Brummkreisel, in welchem die aufgefangene Luft einen heulenden Laut verursacht. S. Brummkreisel.


Heumacher (W3) [Adelung]


Der Heumacher, des -s, plur. ut nom. sing. S. Heuvogel.


Heumarkt (W3) [Adelung]


Der Heumarkt, des -es, plur. die -märkte, in einigen Städten, ein Marktplatz, auf welchem das Heu verkauft wird, oder doch ehedem verkauft worden.


Heumeister (W3) [Adelung]


Der Heumeister, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Höfen, z. B. an dem kaiserlichen Hofe zu Wien, ein Hofbedienter, welcher das für den Marstall nöthige Heu in seiner Aufsicht und Berechnung hat.


Heumonath (W3) [Adelung]


Der Heumonath, des -es, plur. die -e, der siebente Monath im Jahre, mit einem Römischen Nahmen der Julius, weil die Ernte des eigentlichen Heues gemeiniglich in denselben zu fallen pflegt; daher er auch im mittlern Lat. Mensis. fenalis genannt wird. Die Deutsche Benennung schreibt sich schon von Carln dem Großen her, der diesen Monath, dem Eginhard zu Folge, Hewinmanoth nannte. Hewet, Höwet, Hauwet, Ewenmanoth kommen in den vorigen Jahrhunderten in eben dieser Bedeutung vor. Im Dänischen heißt er Hoemaaned.


Heune (W3) [Adelung]


Der Heune, des -n, plur. die -n, ein nur noch unter dem großen Haufen, besonders Niedersachsens, übliches Wort, wo es gemeiniglich Hüne lautet, und verschiedene Bedeutungen hat. 1) Ein Fremder, ein Ausländer. Wenigstens erkläret Kilian das Niederländische Heyn auf diese Art. Besonders pflegte man ehedem die Wenden mit diesem Nahmen zu belegen, da er denn sehr deutlich mit dem Worte Hunne überein kommt. Die Wenden und Heunen, Avent, bey dem Frisch. 2) Ein Riese, wenigstens leget man heut zu Tage dem Worte diese Bedeutung bey. Er ist so groß wie eine Heune. Daher auch die Grabhügel der ehemaligen heidnischen Einwohner Deutschlandes, welche noch an vielen Orten angetroffen werden, bey dem großen Haufen unter dem Nahmen der Heunengräber oder Hünengräber, Hünenbetten, Hünenhügel bekannt sind. Indessen stehet es dahin, ob diese Bedeutung wirklich alt ist, und ob sie nicht erst in den spätern Zeiten aus Unkunde der vorigen oder folgenden Bedeutung entstanden ist. 3) Bey den alten Friesen bedeutete Hüne oder Hünne einen Todten, und in Gröningen und dem Osnabrückischen wird ein Todtenkleid noch jetzt ein Hünenkleid oder Heinenkleid genannt. Im Schwedischen ist Hjon eine jede Person, besonders so fern sie als ein Glied einer Familie betrachtet wird, und im engsten Verstande ein Knecht; von welchem alten Worte. Ihres Glossarium nachgesehen werden kann. Im Englischen ist Heine ein Bauerknecht.


Heupferd (W3) [Adelung]


Das Heupferd, des -es, plur. die -e, Diminut. das Heupferdchen. 1) Eine im gemeinen Leben übliche Benennung eines großen Insectes mit vier netzförmigen Flügeln, mit welchen es einen schwirrenden Laut in der Luft macht, einem schlanken Leibe von grüner und glänzender Farbe, und abgesonderten heraus stehenden Augen, welches sich zur Zeit der Heuernte häufig auf den Wiesen sehen lässet. Libellula grandis L. Es führet bey dem großen Haufen mancherley seltsame Nahmen, welche zum Theil von einem alten Aberglauben herrühren, nach welchem man dasselbe oft für verwünschte und verwandelte Personen hält. So wird es halb Herr-Gottspferdchen, Gottespferd, Perle, bald des Teufels Reitpferd, in Jütland Fandens Ridehest, in Bremen das Ritterpferd, ingleichen Reereer, bald die Jungfer, die verfluchte Jungfer, die Nymphe im Franz. Demoiselle, in Sachsen die Drachenhure, in der Mark Brandenburg Schillebold u. s. f. genannt. 2) An einigen Orten führet auch die Heuschrecke diesen Nahmen. S. dieses Wort.


Heurath (W3) [Adelung]


Die Heurath, u. s. f. S. in Heirath.


Heuraufe (W3) [Adelung]


Die Heuraufe, plur. die -n, in der Landwirthschaft, eine Raufe, in welcher dem Viehe das Heu vorgestecket wird; die Raufe.


Heure (W3) [Adelung]


Die Heure, S. die Heuer.


Heurechen (W3) [Adelung]


Der Heurechen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Rechen, das Heu damit auf den Wiesen zusammen zu kehren.


Heurecht (W3) [Adelung]


Das Heurecht, des -es, plur. inus. das Recht, das auf einer Wiese wachsende Gras zu Heu zu machen. Eine Wiese hat Heurecht, wenn sie nur so lange gehäget werden darf, bis sie gemähet und das Heu eingebracht worden. Im Gegensatze des Gartenrechtes.


Heuren (W3) [Adelung]


Heuren, S. Heuern.


Heurig (W3) [Adelung]


Heurig, S. Heuerig.


Heusamen (W3) [Adelung]


Der Heusamen, des -s, plur. inus. 1) Der Samen derjenigen Grasarten, welche ein gutes Heu geben. In weiterer Bedeutung wird in der Landwirthschaft der Samen von allen auf den Wiesen wachsenden Kräutern und Pflanzen Heusamen genannt, in so fern er mit dem Heu eingeführet wird, auf den Böden ausfällt und daselbst liegen bleibt. 2) An einigen Orten ist der Sichelklee, der auf den Wiesen wächset, und ein gutes Futterkraut ist, Medicago falcata L. unter dem Nahmen des Schwedischen Heusamens; vermuthlich, weil man den Samen dazu aus Schweden bekommen.


Heuschaube (W3) [Adelung]


Die Heuschaube, plur. die -n, S. Hägewisch.


Heuscheibe (W3) [Adelung]


Die Heuscheibe, plur. die -n, in der Landwirthschaft, runde Haufen oder vielmehr Scheiben, welche fünf bis acht Klafter im Umkreise haben, aber nur eine halbe Elle hoch sind, und aus den Wetterhaufen des gemäheten Heues gemacht werden; Flatschen, Schöberflatschen, Schöberflecke. Wenn das Heu völlig trocken ist, werden aus diesen Heuscheiben die Heuschöber zusammen gesetzt.


Heuschein (W3) [Adelung]


Der Heuschein, des -es, plur. die -e, der Schein, d. i. Neumond, in dem Julius oder Heumonathe, S. Schein.


Heuschel (W3) [Adelung]


Der Heuschel, des -s, plur. inus. S. Hauhechel.


Heuscheuer (W3) [Adelung]


Die Heuscheuer, plur. die -n, eine besondere, zur Aufbehaltung des Heues bestimmte Scheuer, dergleichen man besonders in Thiergärten und Gehägen zum Behuf des Wildes hat; im gemeinen Leben die Heuscheune.


Heuschlag (W3) [Adelung]


Der Heuschlag, des -es, plur. die -schläge, S. Hägeschlag.


Heuschober (W3) [Adelung]


Der Heuschober, des -s, plur. die -schöber, in der Landwirthschaft, große, runde, oben spitz zugehende Haufen, welche von dem völlig getrockneten Heue aus den Heuscheiben auf den Wiesen zusammen gesetzet werden, bis man es nach Bequemlichkeit einführen kann; der Heuhaufen, Heuschock, Heustock, im Oberd. auch ein Tristen, im Osnabrück. Duuf, Röckel, dagegen die Wetterhaufen im Stadischen Rucken genannt werden.


Heuschoppen (W3) [Adelung]


Der Heuschoppen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schoppen, das Heu darin aufzubehalten. Ingleichen ein Schoppen, worin das Wildbret im Winter mit Heu gefüttert wird; ein Wildschoppen. Im gemeinen Leben ein Heuschuppen.


Heuschrecke (W3) [Adelung]


Die Heuschrecke, plur. die -n, Diminut. das Heuschreckchen, ein bekanntes Insect mit ganz harten Flügeldecken, einem niedergebogenen Kopfe mit Kiefern und vier Fühlspitzen, und langen Springfüßen, mit welchen es sehr weit springen kann. Gryllus L. Es gibt über sechzig Arten derselben, welche aber größten Theils in Asien einheimlich sind, wo sie gegessen werden, und von welchen die eine Art Gryllus cristatus L. oft große verwüstende Züge nach Europa anstellet. Eine Art derselben, hält sich vornehmlich auf den Wiesen und unter dem Heue bey uns einzeln auf; woher auch die erste Hälfte ihres Nahmens rühret. Die zweyte Hälfte ist schrecken, springen, einem vorzüglich unterscheidenden Merkmahle dieses Insectes, welches daher schon in dem Tatian Heuuiskrekio und bey dem Notker Matoscregh, von Matte, Wiese, genannt wird; S. Schrecken. Bey dem letztern heißt es auch Hoistalfel, (Hoistaffel,) Hestafele, bey den Schwäbischen Dichtern Hoestiuffel, im Angels. Gaerstapa, von staffeln, stapeln, welches noch im Niedersächsischen mit langen Füßen einher gehen bedeutet. Noch jetzt werden sie an einigen Orten Stapeln, an andern Grashüpfer, Heupferde, im Niedersachsen Sprenger, Sprinken, Heuspringer, Springsel, Springhähne, Springstapel, Kohlsprenger, im Friesischen Gesprenger, im Dän. Grashoppe, Hoeskrükke, im Schwed. Gräshoppa, im Franz. Sauterelle, von sauter, springen, genannt. Wenn dieses Wort an einigen Orten Haferschrecke lautet, so rühret die erste Hälfte entweder von dem alten Hawi, Heu, her, oder auch, weil sie oft dem Hafer Schaden zufügen. Übrigens ist dieses Wort im Oberdeutschen auch männlichen Geschlechtes, der Heuschreck, des -es, plur. die -e.


Heuschreckenbaum (W3) [Adelung]


Der Heuschreckenbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum in dem mittägigen Amerika, welcher das in den Apotheken bekannte Gummi Animä gibt; Hymenaea L. Von andern wird die Honigerbse, welche gleichfalls ein Amerikanischer und Ostindischer Baum ist, Gleditsia Triacanthos L. mit diesem Nahmen beleget.


Heuschuppen (W3) [Adelung]


Der Heuschuppen, S. Heuschoppen.


Heuseil (W3) [Adelung]


Das Heuseil, des -es, plur. die -e, in der Landwirthschaft, ein Seil, womit der Heubaum auf einem Fuder Heu oder Stroh befestiget wird.


Heustock (W3) [Adelung]


Der Heustock, des -es, plur. die -stöcke, S. Heuschober und Stock.


Heute (W3) [Adelung]


Heute, in einigen Fällen auch nur heut, ein Nebenswort der Zeit, an dem gegenwärtigen Tage, an diesem Tage; im Gegensatze des gestern und morgen. 1) Eigentlich. Ich habe ihn heute noch nicht gesehen. Wirst du heute noch kommen? Heute Morgen, heute früh, heute Abend, heute Mittag, heute Nacht, diesen Morgen u. s. f. wenn sie zu dem gegenwärtigen Tage gehören, sie mögen übrigens verflossen seyn, oder noch bevor stehen. Für heute hat er sich schon empfohlen. Für heute ist es genug. Dahin auch die sprichwörtlichen R. A. Heute mir, morgen dir; heute roth, morgen todt. Heute König, morgen todt, Sir. 10, 12. Heut oder morgen, d. i. künftig einmahl. Heut oder morgen möchten eure Kinder zu unsern Kindern sagen, Jos. 22, 24. Wenn er heut oder morgen, sterben sollte. Er mag nun heut oder morgen kommen, er mag kommen, wenn er will. Lieber heut als morgen, je eher, je lieber. Er ist so vergafft in sie, daß er sie lieber heut als morgen nähme, Less. 2) Heut zu Tage, zu der gegenwärtigen Zeit in welcher wir leben, heutigen Tages.

Anm. Bey dem Kero hiutu, bey dem Ottfried und Notker hiuto, hiut, bey dem Ulphilas hita. Es ist ohne Zweifel aus dem alten Fürworte ha, he, hi, dieser, Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und Tag, mit Verschluckung des Hauchlautes, so wird das Latein, hodie aus hoc die, zusammen gezogen. Ähnliche Zusammenziehungen sind heint, für diese Nacht, und heuer, für dieses Jahr. Die Niedersachsen gebrauchen dafür van, van Dage, oder dalink, heute, van der Weke, diese Woche, vant Jahr, heuer, van der Tydt, jetzt. Da dieses Fürwort ehedem auch hin lautete, wie aus dem Gothischen hina dag, für heute, erweislich ist, so lautet dieses Wort auch in den gemeinen Mundarten noch häufig heint, heunt und hinte. Denke, wenn er sich im Zorn erregte, Über dir heunt das Gerichte hegte, Gryph. S. Heint. Das verkürzte heut für heute wird außer den oben angeführten sprichwörtlichen R. A. und außer der Dichtung am sichersten vermieden. Das verlängerte Oberdeutsche anheut für heute kann man den Kanzelleyen überlassen.


Heutig (W3) [Adelung]


Heutig, das Beywort von dem vorigen Nebenworte, was an dem gegenwärtigen Tage ist oder geschiehet, an demselben gewesen oder geschehen ist. Der heutige Tag, in der feyerlichen Sprechart für das kürzere heute. Mein heutiger Traum, welchen ich heute Nacht gehabt habe. Der heutige Unfall, der mir oder ihm heute begegnet ist. Heutiges Tages, figürlich, zu der gegenwärtigen Zeit, in der Zeit in welcher wir leben, heut zu Tage. Alle diese Gebräuche sind heutiges Tages nicht mehr üblich.

Anm. Schon im achten Jahrhunderte in der Fränkischen Mundart heidig, in dem Tatian aber hiutlih. Bey dem Notker sind hiutiga chiudeli, Kinder, welche erst Einen Tag alt sind.


Heuvogel (W3) [Adelung]


Der Heuvogel, des -s, plur. die -vögel, ein Nahme, welcher im gemeinen Leben dem Bienenfraße, einer Art Bracher oder Brachvögel gegeben wird, welcher an andern Orten auch der Heumacher, Heumäher heißt, Merops Apiaster L.


Heuwage (W3) [Adelung]


Die Heuwage, plur. die -n, eine große Wage, auf welcher man das Heu zu ganzen Fudern wägen kann; ingleichen dasjenige Gebäude, in welchem sie sich befindet.


Heuwerbung (W3) [Adelung]


Die Heuwerbung, S. Heugewinn und Werben.


Heuwiese (W3) [Adelung]


Die Heuwiese, plur. die -n. 1) Eine Wiese welche Heurecht hat, d. i. von welcher das Gras zu Heu gemacht werden darf; zum Unterschiede von denjenigen Wiesen, welche zu allen Zeiten für das Vieh offen stehen müssen. 2) Eine einhauige Wiese, welche nur Heu im ersten Verstande gibt: zum Unterschiede von den Grummetwiesen.


Heuzehente (W3) [Adelung]


Der Heuzehente, des -n, plur. die -n, der Zehente, welcher von dem Heue gegeben wird.


Hexe (W3) [Adelung]


1. Die Hexe, der Kniebug, S. Häkse.


Hexe (W3) [Adelung]


2. Die Hexe, plur. die -n, eine noch im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart übliche Benennung einer Zauberinn. Figürlich auch eine listige verschlagene Weibesperson; ingleichen im verächtlichen Verstande, eine alte Frau. Daß doch immer die alte Hexe dabey seyn muß! Weiße. Auch die großbärtige Schwalbe, welche auch unter dem Nahmen des Milchsaugers, Ziegensaugers, Kindermelkers, Nachtvogels u. s. f. bekannt ist, Hirundo caprimulga Klein wird häufig Hexe genannt, weil sie, dem Wahne des großen Haufens nach, den Menschen und Thieren zur Nachtzeit die Milch aussaugen soll.

Anm. Dieses Wort lautet im Angels. Haegesse, Haegtys, im Holländ. Heckse, im Engl. nur Hag, im Dän. Hexe, im Schwed. Hexa, im Span. Hechissera. Wachter leitet es von Hag, Haug, Hug, Gemüth, Nachdenken her, so daß eine Hexe eigentlich eine kluge oder weise Frau bedeutet habe, Skinner von dem Latein. Saga; Frisch von dem alten egislik, fürchterlich, Egise, Schrecken, S. Ekel und Häßlich; Ihre von dem Isländ. hagur, klug, erfahren, künstlich, welches mit Wach- ters Ableitung überein kommt. Die Angels. Schreibart Haegesse, welche die älteste ist, scheinet wirklich die noch in Niedersachsen übliche weibliche Endung -sche zu verrathen, z. B. Schneidersche, für Schneiderinn. Das männliche Hag, jetzt Hake, ist noch im Schwed. üblich, wo es aber im nachtheiligen Verstande einen Betrieger, eine Schalk, bedeutet. Übrigens wird eine Hexe in Schlesien eine Bielweise, (im Slawonischen ist bielo weiß,) im Österreichischen eine Bockschickerinn, in Oberschwaben eine Druth, bey dem Pictorins ein Galsterweib, von dem veralteten galstern, bezaubern, im Fries. Wicke, im Angels. Wicca, Engl. Witch u. s. f. genannt. Eine Erzhexe heißt im Nieders. eine Strahlhexe. S. Zaubern und Schwarzkünstler.


Hexen (W3) [Adelung]


Hexen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, zaubern, im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart. S. das vorige, ingleichen Anhexen, Behexen, Verhexen.


Hexenbaum (W3) [Adelung]


Der Hexenbaum, des -es, plur. die -bäume, in einigen Gegenden, der Vogelkirschbaum, Prunus Padus avium, dessen Frucht in einigen Oberdeutschen Gegenden auch Elxe, Elex, Ahlkirsche u. s. f. genannt wird. S. Vogelkirsche.


Hexenbutter (W3) [Adelung]


Die Hexenbutter, plur. car. im gemeinen Leben, eine Benennung derjenigen Butter, welche zu weich und noch mit Buttermilch vermischt ist; Drachenbutter.


Hexenfahrt (W3) [Adelung]


Die Hexenfahrt, plur. die -en, die erdichtete Fahrt oder Reise der Hexen in der Walpurgis Nacht. In Ober- und Niedersachsen hält man den Bloxberg für ihren Versammlungsort. In andern Provinzen hat man dafür andere Berge.


Hexengeschichte (W3) [Adelung]


Die Hexengeschichte, plur. die -n, erdichtete Geschichten von Hexen und ihren Bezauberungen; das Hexenmährchen.


Hexenkarte (W3) [Adelung]


Die Hexenkarte, plur. die -n, S. Hexenspiel.


Hexenkraut (W3) [Adelung]


Das Hexenkraut, des -es, plur. inus. 1) Eine Pflanze, welche in den Hainen des mitternächtigen Europa wild wächset; Circaea L. weil sich, wie Boerhaave glaubt, die Früchte dieser Pflanze an die Kleider anhängen, und sie dadurch an sich ziehen, wie die Zauberinn Circe die Leute an sich zu ziehen gewußt. Sie wird auch Stephanskraut genannt. 2) Auch der krause Rainsarn, Tanacetum crispum L. ist, so wie das Farnkraut, unter diesem Nahmen bekannt, weil man sie ehedem sehr zum Aberglauben mißbrauchte. S. Farnkraut.


Hexenmännchen (W3) [Adelung]


Das Hexenmännchen, S. Alraun 2.


Hexenmeister (W3) [Adelung]


Der Hexenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart, ein Zauberer, eine Hexe männlichen Geschlechtes. S. Hexe.


Hexenprobe (W3) [Adelung]


Die Hexenprobe, plur. die -n, die Probe, welche man ehedem bey den noch üblichen Hexen-Prozessen, mit den angeklagten Hexen anzustellen pflegte, indem man sie gebunden auf das Wasser warf. S. Wasserprobe.


Hexen-Prozeß (W3) [Adelung]


Der Hexen-Prozeß, des -sses, plur. die -sse, ein in einigen Gegenden, z. B. in Baiern, ähnliches Kartenspiel, welches mit 36 Karten gespielet wird, welche allerley Männer, zwey Hexen und zwey Hanswurste vorstellen, und Hexenkarten heißen.


Hexenstich (W3) [Adelung]


Der Hexenstich, des -es, plur. die -e, eine Art der Nähterey, welche lauter kleine Löcher in der Naht läßt.


Hexenstrang (W3) [Adelung]


Der Hexenstrang, des -es, plur. mus. eine Benennung der Waldrebe, Clematis vitalba L. welche auch Hurenstrang, Hagseil, von Hag, ein Zaun, weil sie gern an den Zäunen wächset, Teufelszwirn u. s. f. genannt wird. S. Waldrebe.


Hexentanz (W3) [Adelung]


Der Hexentanz, des -es, plur. die -tänze, der erdichtete Tanz der Hexen in der Walpurgis-Nacht auf dem Bloxberge und andern deßhalb beysichtigten Örtern.


Hexerey (W3) [Adelung]


Die Hexerey, plur. die -en. 1) Die Zauberey, die Hervorbringung gewisser Wirkungen durch Hülfe des Teufels, und die Fertigkeit dazu; ohne Plural. Hexerey treiben, mit etwas Hexerey treiben. Der Hexerey verdächtigt seyn. Geschwindigkeit ist keine Hexerey. Das gehet ohne Hexerey zu. 2) Eine einzelne Handlung, eine einzelne Wirkung dieser Art; mit dem Plural.


Heye (W3) [Adelung]


Die Heye, plur. die -n, ein Nahme verschiedener hölzerner Werkzeuge zum Schlagen oder Stoßen. So wird in den Salzkothen der kleine hölzerene Hammer an einem Stiele, womit der Schöp von den Salzpfannen abgeschlagen wird, die Heye, Hege genannt. Die Beutheye oder Pochheye der Böttcher ist ein hölzerner Schlägel, womit sie die Reife antreiben. Auch die Handramme der Pflas=terer, welche sonst auch die Jungfer heißt, Franz. Demoiselle, wird an einigen Orten die Heye genannt, Franz. Hie. Es stammet von hauen ab, so fern solches ehedem auch schlagen bedeutete, wie aus der Haue der Bergleute erhellet, welche gleichfalls ein hölzerner Hammer ist, womit die Eisensteine gepocht werden.


Hie (W3) [Adelung]


Hie, S. Hier.


Hieb (W3) [Adelung]


Der Hieb, des -es, plur. die -e, von dem Zeitworte hauen. 1) Die Handlung des Hauens; ohne Plural. Auf den Hieb fechten. 2) Ein mit einem hauenden Werkzeuge gegebener Schlag. Der Hieb ging vorbey. Jemanden einen Hieb geben. Einem Hiebe ausweichen. Viel Hiebe nach jemanden thun. Den Kopf auf Einen Hieb abhauen. Der Baum fällt nicht von Einem Hiebe. Auch ein Schlag, welcher mit einem schlagenden Werkzeuge und aus gereckten Arme gegeben wird. Ein Hieb mit der Peitsche, mit der Ruthe, mit dem Stocke. Ingleichen, ein nachdrücklicher aber versteckter Verweis, welchen man, wenn er gelinder ist, auch einen Stich zu nennen pfleget. Jemanden einen Hieb geben. 3) Die dadurch verursachte Wunde, der Eindruck, welchen ein Hieb macht. Einen Hieb im Gesichte haben. Man siehet noch alle Hiebe in dem Baume. Die Hiebe in einer Feile. Auch collective in Ansehung der Beschaffenheit. Die Plattenfeile der Schlösser hat einen weit feinern Hieb, als die Vorfeile. 4) Im Forstwesen, ein Bezirk im Walde, wo Holz gefället werden soll, wo es gefället wird, oder wo es ehedem gefället worden, und der auch ein Hau ein Gehau, eine Hauung, ein Holzschlag, ein Schlag genannt wird. Einen Wald in zehen Hiebe theilen. Die Zimmerhiebe in dem Tangelholze anordnen, die Schläge, wo Zimmerholz gefället werden soll. Ein alter Hieb, wo ehedem Holz gefället worden, und welcher so lange ein Hieb heißt, bis das junge Holz wieder zu Stangen aufgewachsen ist. S. Hauen und Hiebig.


Hiebevor (W3) [Adelung]


Hiebevor, S. Hier.


Hiebig (W3) [Adelung]


Hiebig, adj. et adv. welches nur im Forstwesen üblich ist. Ein hiebiger Schlag, wo Holz gefället werden kann. S. Haubar und Althiebig.


Hief (W3) [Adelung]


Der Hief, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, derjenige Laut, welcher aus dem Hiefhorne gestoßen wird; der Jagdhief, Hiefstoß. Ein langer, einfacher, kurzer, doppelter Hief, ein solcher heraus gestoßener Laut. Der Hennebergische Hief, welcher aus drey reinen langen Hiefen bestehet.

Anm. Es ahmet den Laut nach, welcher aus den Jagdhörnern gestoßen wird, und wird daher von einigen unrichtig Hift und Hüft gesprochen und geschrieben. Im Engl. ist to hoop und im Franz. houper schreyen. S. Hiefhorn.


Hiefhorn (W3) [Adelung]


Das Hiefhorn, (nicht Hüfthorn,), des -es, plur. die -hörner, dasjenige gerade Horn, dessen sich die Jäger bedienen, die bey der Jagd nöthigen Zeichen darauf zu geben. Sie werden von den Spitzen der großen Ochsenhörner verfertiget, und an dem Hornfessel über die linke Achsel getragen. Die Zinken, Mittelhörner; Rüdenhörner und Flügelhörner sind besondere Arten der selben.


Hiefriemen (W3) [Adelung]


Der Hiefriemen, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige lederne Riemen, woran das Hiefhorn von den Jägern getragen wird, und welcher am häufigsten das Hornfessel heißt. S. dieses Wort.


Hiefstoß (W3) [Adelung]


Der Hiefstoß, des -es, plur. die -stöße, S. Hief.


Hieke (W3) [Adelung]


Die Hieke, plur. die -n, ein im Bergbaue übliches Wort, einzelne Körner oder kleine Stücke eines Minerales, wenn sie in andern Mineralien angetroffen werden, zu bezeichnen. So werden die Eisenkiese, welche zuweilen stückweise im Thone brechen, die Kupferkörner im Schiefer u. s. f. Eisenhieken, Kupferhieken, oder nur schlechthin Hieken genannt. Es scheinet zu dem Geschlechte der Wörter Hauk, welches im gemeinen Leben auch Hüch und Hük lautet, Hügel, Hoch u. s. f. zu gehören. S. Hauk.


Hienieden (W3) [Adelung]


Hienieden, S. das folgende, ingleichen Nieden.


Hier (W3) [Adelung]


Hier, ein bestimmendes Nebenwort des Ortes, welches sich auf die redende Person beziehet, ein Seyn, eine Ruhe an demjenigen Orte, in welchem sie sich befindet, zu bezeichnen. 1. Eigentlich, für an diesem Orte; im Gegensatze des da und dort. Hier ist gut wohnen. Hier bin ich. Ist niemand mehr hier? Hier auf dem Tische sehe ich nichts. Von hier aus, von diesem Orte aus. Weit von hier. Da der Ort oder Raum, in welchem man sich befindet, sehr unbestimmt ist, so kann auch das hier in einem verschiedenen Umfange gebraucht werden, je nach dem man den Umfang des Raumes in Beziehung auf sich groß oder klein annimmt. Hier (in dieser Stadt) gibt es viele Ärzte. Hier (in diesem Lande) wachset kein Wein. Hier zu Lande, in diesem Lande, worin ich mich befinde. Wir haben hier keine bleibende Stätte, auf dieser Welt. Hier zeitlich und dort ewiglich. Zuweilen bezeichnet es auch den nächsten Ort, in Absicht auf den Redenden, im Gegensatze des durch dort oder da ausgedruckten entferntern. Bald hier, bald da, bald an diesem, bald an jenem Orte. Er sah bald in das Thal und bald den Berg hinan, Hier (an dem Berge) traf er Schwierigkeit, und dort (in dem Thale) Vergnügen an, Gell. Wohin auch das hier und da gehöret, verschiedene Örter von unbestimmter Zahl, Lage und Beschaffenheit zu bezeichnen, wofür auch hin und wieder üblich ist. Er hat hier und da Schulden gemacht, an verschiedenen Orten. Am häufigsten mit dem Nebenbegriffe der Wenigkeit; daher verschiedene Stellen in der Deutschen Bibel, wo dieser Ausdruck ohne diesen Nebenbegriff vorkommt, wie Es. 18, 2, 2 Kön. 3, 16, Kap. 21, 16, im Hochdeutschen fremd klingen. Dieses Nebenwort lässet sich auch mit verschiedenen andern Nebenwörtern des Ortes in Gesellschaft bringen; die obige Lage in Absicht auf den Redenden näher zu bestimmen. Hier außen, für hier außerhalb, oder hier draußen. Hier nieden, im Oberdeutschen und der höhern Schreibart der Hochdeutschen, hier unten, und figürlich, hier auf dieser Welt, S. Nieden, welches schon bey dem Ottfried hiar nidana lautet. Hier oben, hier unten u. s. f. welche von manchen ohne Noth als Ein Wort, hieraußen, hienieden, hieroben, hierunten, und im Oberdeutschen mit Auslassung des r hienieden, hieoben, hieunten, geschrieben werden, da sie doch zwey verschiedene Ne- benwörter sind, welche eben so wenig zusammen gezogen werden können, als dort oben, dort unten, u. a. m. 2. Figürlich. 1) Von der Sache, diese Sache, die gegenwärtige Sache, die Sache von welcher man spricht, oder nächst vorher gesprochen hat, zu bezeichnen. Für die Ruhe meines Herzens wäre es besser hier zu irren, in dieser Sache. Die Gefahr einer ewigen Trennung - hier (in dieser Trennung) liegt das Schreckliche, Weiße. Hier muß man nicht scherzen, in dieser Sache. Hier ist viel zu bedenken, bey dieser Sache. Besonders in Verbindung mit Vorwörtern, welche die dritte und vierte Endung erfordern, wo sich hier alle Mahl auf die gegenwärtige oder doch nächst vorher gemeldete Sache beziehet, und gleichsam darauf weiset, so wie das da und in manchen Fällen dar, in eben derselben Verbindung sich auf eine entferntere Sache beziehet. Dergleichen sind hierauf, hieran, hieraus, hierbey, hiergegen, hierher, hierhin, hiermit u. s. f. welche im folgenden besonders vorkommen, und wahre Zusammensetzungen sind, weil hier in denselben ein Demonstrativo-Relativum, die Bedeutung folglich elliptisch ist, dagegen es in Verbindung mit Nebenwörtern, hier oben, hier unten u. s. f. bloß demonstrativ ist. Mit welchen Zusammensetzungen aber nicht diejenigen Fälle verwechselt werden müssen, wenn das Vorwort zu dem Zeitworte gehöret. Der Balken lieget hier auf, von aufliegen. Es gehet hier ab. 2) Von einer Zeit. Vater die Stunde ist hie; (hier,) daß du deinen Sohn verklärest, Joh. 17, 1. Im Hochdeutschen nur noch in denjenigen Fällen, wo es die gegenwärtige Zeit und Sache zugleich, oder vielmehr eine Ordnung, bezeichnet. Hier (bey diesen Worten, jetzt) konnte sie sich der Thränen nicht länger enthalten. Hier warf er einen Seitenblick auf den Spiegel. Dahin gehöret auch das Oberdeutsche hier bevor, ober hie bevor, für vor diesem, so wohl von der Zeit, als auch von der Sache, im vorigen, welches von einigen zur Ungebühr in hiebevor zusammen gezogen wird, und schon bey den Schwäbischen Dichtern hiebeuore, hie bevorn, hi bi vor, lautet. Durh das ich froide hiebevor ie gerne pflae, Reinmar der Alte. S. Bevor. Anm. 1. Dieses Nebenwort bezeichnet eigentlich ein Seyn oder Ruhen an dem gegenwärtigen Orte, in Absicht auf die redende Person; so wie her eine Bewegung nach diesem hier. Es kann also eigentlich und für sich allein keinen Zeitwörtern, welche eine Bewegung bedeuten, zugegeben werden. Ich höre, daß er oft hier auf unser Gut kommt, ist daher unrichtig. Soll es eine Bewegung in Absicht auf den gegenwärtigen Ort bestimmen, so müssen andere Vorwörter dazu kommen. Ich höre, daß er oft hierher auf unser Gut kommt. Er reisete hierdurch, besser getheilt hier, durch. Er ging von hier aus weiter.

Anm. 2. Weil hier, nicht so wie her, als ein Vorwort gebraucht wird, sondern ein eigentliches wahres Nebenwort ist, so wird es auch mit Zeitwörtern der Ruhe niemahls zusammen gezogen. Ich werde bald hier seyn; du sollst hier bleiben; wirst du noch lange hier stehen? Wohl aber, wenn sie im Infinitiv als Hauptwörter gebraucht werden. Bey meinem Hierseyn. Anm. 3. Wenn dieses Nebenwort mit Vorwörtern zusammen gesetzet wird, so hat es den Ton, wenn das Wort den Satz anfängt. Stehet es aber am Ende eines Satzes, so liegt der Ton auf dem Vorworte. In der Mitte eines Satzes hängt die Stelle des Tones von dem Nachdrucke ab, womit man das hier ausspricht. In, hieran liegt mir nichts, hat die erste, und in es liegt mir nichts hieran, die letzte Sylbe den Ton. In, du mußt hieran nicht weiter denken, kann ihn so wohl die erste als letzte haben.

Anm. 4. Dieses Nebenwort lautet schon bey dem Kero hiar, im Isidor hear, bey dem Ottfried und andern hiar, bey dem Ulphilas her, im Holländ. und Nieders. hier, her, im Angels. haer und her, im Engl. here, im Schwed. und Dän. gleichfalls nur her; woraus zugleich erhellet, daß es von her ursprünglich nicht verschieden ist, obgleich jetzt beyde nicht ohne einen sehr merklichen Fehler verwechselt werden können. Es ist ohne Zweifel aus dem alten Pronomine ha, hi, he, dieser, und Ar. area, so fern es ehedem überhaupt einen Ort bedeutete, ( S. Hausflur und Ort,) zusammen gesetzet. Dieses alte Pronomen ist unter andern auch noch aus den Zusammensetzungen hieran, hierauf, hieraus u. s. f. ersichtlich, wo es sich am häufigsten auf eine Sache beziehet, für, an dieser Sache u. s. f. Die Oberdeutsche Mundart lässet dieses r, welches gewiß nicht überflüssig ist, gern weg, daher dieses Nebenwort in der Deutschen Bibel noch so oft hie lautet; welches aber im Hochdeutschen fehlerhaft ist, ungeachtet das hia in der Fränkischen Mundart schon im 8ten Jahrhunderte vorkommt; auch das dar, als der Gegensatz des hier, sein r gern verbeißet. Die gemeinen Mundarten treiben die Verstümmelung noch weiter, indem man für hier über, hier oben, hier unten, oft genug rüber, hoben und hunten höret. Siehe auch Hiesig.


Hierab (W3) [Adelung]


* Hierab, adv. demonstr. relat. welches aber nur im Oberdeutschen für hiervon, hieraus, üblich ist. S. Ab.


Hieran (W3) [Adelung]


Hieran, adv. demonstr. relat. an diesem Orte. Hieran habe ich mich gestoßen. Hieran blieb das Kleid hangen. Noch mehr, an diese Sache, an dieser Sache, zum Unterschiede von dem entferntern daran. Hieran ist mir nichts gelegen. Man muß hieran nicht weiter denken. Ich zweifele noch sehr hieran. Hieran wird nicht mehr gedacht. S. An und Daran.


Hierauf (W3) [Adelung]


Hierauf, adv. demonstr. relat. für auf diese Sache, auf dieser Sache; so wohl der Zeit, als der Ordnung und dem Gegenstande nach. Hierauf (auf diese Arbeit) muß man ein wenig ruhen. Was sagte er hierauf? Hierauf wußte er nichts zu sagen. Hierauf darfst du dich nicht verlassen. Er ist stolz hierauf. S. Auf.


Hieraus (W3) [Adelung]


Hieraus, adv. demonstr. relat. aus diesem Orte; zum Unterschiede von daraus. Von hieraus kann man die ganze Stadt übersehen. Noch mehr figürlich, aus dieser Sache. Hieraus ist zu schließen. Das folget hieraus nicht, das folget nicht hieraus. Du siehest hieraus, was u. s. f. S. Aus und Daraus.


Hieraußen (W3) [Adelung]


Hieraußen, besser hier außen, S. Hier 1.


Hierbevor (W3) [Adelung]


Hierbevor, besser hier bevor, S. Hier 2. 2).


Hierbey (W3) [Adelung]


Hierbey, adv. demonstr. relat. bey diesem Orte; zum Unterschiede von dabey. Hierbey lieget nichts. Ingleichen figürlich, bey dieser Sache. Hierbey mißfällt mir auch dieses. Erinnerst du dich hierbey keiner Sache? S. Bey und Dabey.


Hierdurch (W3) [Adelung]


Hierdurch, adv. demonstr. relat. durch diesen Ort; im Gegensatze des dadurch. Gehe mir nicht hierdurch, sondern dadurch, wo beyde aber besser getheilet werden, hier durch und da durch; so wie es in, wir reisen hier durch, zu dem Zeitworte durchreisen gehöret. Figürlich, durch diese Sache. Hierdurch kannst du es erhalten. Laß dich hierdurch nicht irre machen. S. Durch und Dadurch.


Hierein (W3) [Adelung]


Hierein, adv. demonstr. relat. in dieses, in diesen Ort, in diese Sache; zum Unterschiede von darein. Hierein gehen nicht mehr als sechs Maß. Hierein willige ich nicht. Ich gebe meinen Willen nicht hierein. Dieses Nebenwort kann nur ge- braucht werden, wenn in die vierte Endung erfordert; nimmt es die dritte zu sich, so stehet hierin.


Hierfür (W3) [Adelung]


Hierfür, adv. demonstr. relat. für dieses; zum Unterschiede für dafür. Hierfür will ich vier Thaler geben. Hierfür ist nichts besser als Geduld. Ich kann nichts hierfür. Im Hochdeutschen kommt es nur selten vor. S. Für und Dafür.


Hiergegen (W3) [Adelung]


Hiergegen, adv. demonstr. relat. gegen diese Sache, im Gegensatze des dagegen. Hiergegen habe ich nichts einzuwenden. Was sagst du hiergegen? S. Gegen und Dagegen.


Hierher (W3) [Adelung]


Hierher, adv. demonstr. relat. an diesen Ort her. 1) Eigentlich. Komm hierher. Bringe es hierher. Wir sind von Berlin hieher (hierher) gereiset, Gell. Hierher wollte er nicht. 2) Figürlich, von der Zeit, zu dieser Zeit; doch nur mit dem Nebenworte bis. Bis hieher (hierher) hat uns der Herr geholfen, 1 Sam. 7, 12. Bis hierher hat er sich gut gehalten. 3) Ingleichen der Sache nach. Das gehöret nicht hierher, zu dieser Sache. S. Her und Hier. Im Oberdeutschen ist dafür in allen Bedeutungen anhero, dahero, hiehin gebräuchlich.


Hierherwärts (W3) [Adelung]


Hierherwärts, adv. eine Richtung hierher zu bezeichnen. Gehe hierherwärts. Die Fahne stehet hierherwärts.


Hierhin (W3) [Adelung]


Hierhin, adv. des Ortes, an dieser Seite hin, nach diesem Ort hin, zum Unterschiede von dahin und dorthin. Wir wandten uns bald hierhin bald dorthin. Hierhin müssen wir gehen. Im Oberdeutschen ist auch bis hierhin von einer Zeit, für bis hierher gebräuchlich. S. Hin und Dahin.


Hierin (W3) [Adelung]


Hierin, adv. demonstr. relat. in diesem Orte; im Gegensatze des darin. 1) Eigentlich. Hierin wohnet niemand, in diesem Hause. Ich finde nichts hierin. 2) Figürlich, in dieser Sache. Hierin hast du Recht. Er irret sich hierin. Hierin bestehet sein ganzes Glück. Ich will dir hierin nicht zuwider seyn. S. auch Darin, und von der unnützen Verlängerung am Ende, da einige hierinn oder hierinnen schreiben, In.


Hierländisch (W3) [Adelung]


Hierländisch, adj. et adv. S. Hiesig.


Hiermit (W3) [Adelung]


Hiermit, adv. demonstr. relat. mit diesem Dinge, mit dieser Sache; zum Unterschiede von damit. Was willst du hiermit anfangen? Hiermit ist nichts auszurichten. Hiermit verdarb er den ganzen Handel. Ich sage dir hiermit. Hiermit Gott befohlen! S. Mit und Damit.


Hiernach (W3) [Adelung]


Hiernach, adv. demonstr. relat. nach dieser Sache. Hiernach wird niemand fragen. Verlange nicht hiernach. Richte dich vielmehr hiernach. In der Bedeutung einer Zeit oder Ordnung, was folgt hiernach? sind im Hochdeutschen hierauf und darnach üblicher. S. Nach und Darnach.


Hiernächst (W3) [Adelung]


Hiernächst, adv. demonstr. relat. nächst diesem. Hiernächst ist auch noch dieses zu bemerken. Als ein Nebenwort der Ortes, er wohnet hiernächst, gleich in der Nähe, und, du wirsts hiernächst empfangen, gleich nach diesem, kommt es nur im gemeinen Leben vor. S. Nächst.


Hierneben (W3) [Adelung]


Hierneben, adv. demonstr. relat. 1) Neben diesem Orte. Er wohnet gleich hierneben. 2) Neben dieser Sache, wo es aber auch nur im Oberdeutschen üblich ist, und daselbst auch hieneben, hienebst, hiernebst, hierbenebst lautet. S. Neben, Nebst und Daneben.


Hiernieden (W3) [Adelung]


Hiernieden, besser hier nieden, S. Hier 1. und Nieden.


Hierob (W3) [Adelung]


* Hierob, adv. demonstr. relat. welches nur noch im Oberdeutschen üblich ist, für hierüber; zum Unterschied von darob. Du mußt fleißig hierob halten. Hierob muß man keinen Ekel spüren lassen. Unsere hierob geschöpfte Freude. S. Ob und Darob.


Hierselbst (W3) [Adelung]


Hierselbst, ein Nebenwort des Ortes, für hier, wo das selbst bloß um des Nachdruckes willen stehet, die Bedeutung des hier zu verstärken, aber auch oft Noth gebraucht wird. Ich habe ihn wirklich hierselbst gesehen, besser hier. S. Selbst und Daselbst.


Hierseyn (W3) [Adelung]


Das Hierseyn, des -s, plur. car. der als ein Hauptwort gebrauchte Infinitiv der R. A. hier seyn, das Seyn, der Aufenthalt, die Gegenwart an diesem Orte, in Beziehung auf den Redenden. Zeit meiner Hierseyns. Ich habe ihn bey seinem Hierseyn wenig gesprochen. In dem alten Lobgedichte auf den König Ludewig bedeutet Hierwist, wo die letzte Hälfte das noch im Nieders. übliche wesen, seyn, ist, das Leben.


Hierüber (W3) [Adelung]


Hierüber, adv. demonstr. relat. über diesen Ort, zum Unterschiede von darüber. Gehe hierüber und nicht darüber. Noch häufiger, über diese Sache, im Oberdeutschen hierob. Hierüber gehet nichts. Verwunderst du dich hierüber? S. Über und Darüber.


Hierum (W3) [Adelung]


Hierum, adv. demonstr. relat. um diese Sache; zum Unterschiede von darum. Hierum bekümmere dich nicht. Ich habe ihn schon hierum gebethen. S. Um und Darum L. 1. 1) 2).


Hierunten (W3) [Adelung]


Hierunten, besser hier unten. S. Hier 1.


Hierunter (W3) [Adelung]


Hierunter, adv. demonstr. relat. unter diesem Orte, unter dieser Sache, unter diesen Dingen; zum Unterschiede von darunter. Hierunter sind große Geheimnisse verborgen. Dieses ist das beste hierunter, unter diesen Dingen. Hierunter (unter diesem Dache) ist man sicher.


Hiervon (W3) [Adelung]


Hiervon, adv. demonstr. relat. von dieser Sache; zum Unterschiede von davon. Hiervon verstehe ich nichts. Du wirst wenig hiervon genießen.


Hierwegen (W3) [Adelung]


* Hierwegen, adv. demonstr. relat. welches im Hochdeutschen ungebräuchlich ist, dessen Zusammensetzung auch wider die ganze Art der mit hier und da verbundenen Vorwörter streitet, indem dazu nur diejenigen geschickt sind, welche die dritte und vierte Endung zu sich nehmen; dagegen wegen die zweyte erfordert. Man sagt daher anstatt des Oberdeutschen hierwegen, richtiger deßwegen.


Hierwider (W3) [Adelung]


Hierwider, adv. demonstr. relat. wider dieses. Hierwider hilft nichts. Hast du noch etwas hierwider zu sagen? S. Wider und Dawider.


Hierzu (W3) [Adelung]


Hierzu, adv. demonstr. relat. zu dieser Sache; zum Unterschiede von dazu. Was sagen sie hierzu? Hierzu schwieg er still. Star taugt hierzu nicht. Hierzu gehöret mehr, als man denkt. Hierzu kommt noch. Ich bin hierzu gezwungen worden. S. Zu und Dazu.


Hierzwischen (W3) [Adelung]


Hierzwischen, adv. demonstr. relat. zwischen diesen, zwischen diese. Hierzwischen liegt nichts. Hierzwischen lege ich mich nicht. S. Zwischen und Dazwischen.


Hiesig (W3) [Adelung]


Hiesig, adj. von dem Nebenworte hier, was hier ist oder geschiehet; zum Unterschiede von dasig. Die hiesige Messe. Ein hiesiger Kaufmann. Der hiesige Wein, welcher hier, in diesem Lande wächset; im Oberdeutschen der hierländische. Die hiesigen Fabriken, welche hier in diesem Orte sind; Oberd. die hierortigen. In eben dieser Mundart ist für hiesig auch allhiersig, dahiesig und hieselbstig üblich. Das s ist vermuthlich um des Wohlklanges willen aus dem r des Nebenwortes gebildet worden, welche beyde Buchstaben ohnehin sehr oft in einander übergehen. S. auch Dasig. In der Adverbial-Form wird dieses Beywort so wenig gebraucht, als dasig, jetzig, nachmahlig, heutig, gestrig, und andere unmittelbar aus Nebenwörtern gemachte Beywörter.


Hietz (W3) [Adelung]


Hietz, ein im gemeinen Leben üblicher Nahme, wobey man in Obersachsen die Katzen zu rufen pfleget, wofür an andern Orten Mietz, Puse, Wienz u. s. f. üblich sind. Eben daselbst sagt man auch wohl der Hietz, für der Kater, und die Hietze, für die Katze. S. Mietz und Katze.


Hift (W3) [Adelung]


Der Hift, das Hifthorn, S. Hief und Hiefhorn.


Hilbutte (W3) [Adelung]


Die Hilbutte, S. Hellbutte.


Hildebrand (W3) [Adelung]


Hildebrand, ein alter Deutscher Vor- und Zunahme des männlichen Geschlechtes. Die erste Hälfte ist das Longobard. Hilde, Huld, Anmuth, oder nach dem Frisch, unser Adel; die letzte Hälfte aber das alte Brand, Schein, Glanz, Ruhm, welches aus Bret, Brecht, ( S. Pracht und Brechen,) entstanden ist, daher dieser Nahme ehedem auch Hildebert und Hildebrecht lautete. Hildebrand würde also so viel als ein huldreicher, oder auch ein vornehmer, berühmter Mann seyn.


Hilke (W3) [Adelung]


Hilke, S. Helena.


Hillbutte (W3) [Adelung]


Die Hillbutte, S. Hellbutte.


Hilpersgriff (W3) [Adelung]


Der Hilpersgriff, des -s, plur. die -e, ein nur im gemeinen Leben einiger Gegenden bekanntes Wort; unerlaubte Griffe, Ränke, Advocatenstreiche zu bezeichnen. Frisch leitet, es von dem Nieders. Hülperede, Ausflucht, leere Entschuldigung ab; welche Ableitung wahrscheinlich ist, wenn dieses Wort nicht etwa das Andenken eines ränkevollen Mannes erhält, welcher Hilper geheißen, und wofür von einigen der Papst Hildebrand gehalten wird.


Hiltrof (W3) [Adelung]


Hiltrof, S. Byrole.


Himmelan (W3) [Adelung]


Himmelan, ein Nebenwort, die Richtung einer Bewegung zu bezeichnen, den Himmel hinan, sehr hoch in die Höhe. Die Wellen steigen himmelan, bey den Dichtern. S. Himmelwärts.


Himmelbett (W3) [Adelung]


Das Himmelbett, des -es, plur. die -en, ein mit einem Himmel, d. i. einer erhabenen Decke versehenes Bett; im Gegensatze eines Bettes, welches oben frey und offen ist.


Himmelblau (W3) [Adelung]


Himmelblau, adj. et adv. der hellblauen Farbe des heitern Himmels gleich; bey den Mahlern bergblau.


Himmelbrand (W3) [Adelung]


Der Himmelbrand, des -es, plur. inus. an einigen Orten ein Nahme der Königskerze oder des Wollkrautes, Verbascum Thapsus L. S. Königskerze.


Himmelbrot (W3) [Adelung]


Das Himmelbrot, des -es, plur. inus. Brot, welches unmittelbar von dem Himmel gekommen seyn soll. So wird in der Deutschen Bibel das Manna mehrmals mit diesem Nahmen belegt, wie Ebr. 9, 4, Ps. 105, 40. Auch das bey uns bekannte Manna ist noch in einigen Gegenden unter diesem Nahmen bekannt. S. Manna.


Himmelerz (W3) [Adelung]


Das Himmelerz, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, Erz, welches gleich unter der Dammerde bricht; im Gegensatze dessen, welches in der Teufe oder Tiefe gewonnen wird. S. Himmel 2. 2. (a).


Himmelfaden (W3) [Adelung]


Der Himmelfaden, des -s, plur. die -fäden, S. Sommerfaden.


Himmelfahrt (W3) [Adelung]


Die Himmelfahrt, plur. inus. die feyerliche Begebung in den Himmel, d. i. den Ort der unmittelbaren Offenbarung Gottes, von der R. A. gen Himmel fahren. Die Himmelfahrt Enochs, Eliä, Die Himmelfahrt Christi, die feyerliche Begebung Christi in den Himmel seiner menschlichen Natur nach. Auf Himmelfahrt, d. i. auf dem Feste, welches dieser Himmelfahrt Christi zu Ehren gefeyert wird. Das Fest der Himmelfahrt Mariä, oder Mariä Himmelfahrt, ein Fest, welches erst im 11ten Jahrh. allgemein wurde, und noch in der Römischen Kirche gefeyert wird. Es fällt auf den 15ten August und wird daher im Franz. auch Mi-Out genannt. Im Deutschen hieß es ehedem auch unserer Frauen Tag der eheren, weil es eher gefeyert wird als das Fest ihrer Geburt, welches daher auch unserer Frauen Tag der letztern genannt wurde. Die Nahmen das Fest der Krautweihe, der Würzweihe, sind auch noch an einigen Orten bekannt, S. diese Wörter. In der Bedeutung des Todes, in welcher es 3 Macc 5, 45 stehet, kommt es nur noch zuweilen im niedrigen Scherze vor.


Himmelfahrtsfest (W3) [Adelung]


Das Himmelfahrtsfest, des -es, plur. die -e, der Himmelsfahrtstag, als ein Fest betrachten.


Himmelfahrtstag (W3) [Adelung]


Der Himmelfahrtstag, des -es, plur. die -e, derjenige Tag, an welchem in den christlichen Kirchen die Himmelfahrt Christi gefeyert wird.


Himmelhoch (W3) [Adelung]


Himmelhoch, adj. et adv. sehr hoch, so hoch, daß es bis an die Wolken reicht.


Himmeln (W3) [Adelung]


Himmeln, verb. reg. neutr. welches mit dem Hülfswort haben verbunden wird, aber nur in den niedrigen Sprecharten üblich ist.

1) Für blitzen, im Oberdeutschen, wo es auch himmlitzen lautet.

2) Für sterben, eigentlich gen Himmel fahren, unter beim großen Haufen so wohl Ober- als Nieder-Deutschlandes; Nieders. hemmeln.


Himmelnagel (W3) [Adelung]


Der Himmelnagel, des -s, plur. die -nägel, bey dem Sattlern, eine Art Nägel, womit der Himmel einer Kutsche beschlagen wird.


Himmelreich (W3) [Adelung]


Das Himmelreich, des -es, plur. inus. eigentlich das Reich des Himmels, in der Theologie. 1) Die Gesellschaft der mit Gott vereinigten vollendeten Gerechten nach diesem Leben, der Ort ihres Aufenthaltes, der Himmel, und die Glückseligkeit, welche sie daselbst genießen; in welchen Bedeutungen es in der Deutschen Bibel und der biblischen Schreibart vorkommt. Figürlich auch ein hoher Grad zeitlicher Glückseligkeit. Das ist sein Himmelreich, das hält er für das höchste Glück. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich. 2) Die Gesellschaft der mit Gott verbundenen Menschen auf Erden, das Gnadenreich, in Rücksicht auf dessen Endzweck; doch nur in der Deutschen Bibel. Das Himmelreich ist nahe herbey kommen, Matth. 3, 2. Das Geheimniß des Himmelreiches, Kap. 13, 11. Schon bey dem Kero Himilrihhe, bey dem Ottfried Himelriche, im Angels. Heofenrike.


Himmelsachse (W3) [Adelung]


Die Himmelsachse, plur. die -n, S. Weltachse.


Himmelsangel (W3) [Adelung]


Die Himmelsangel, plur. die -n, S. Weltpol.


Himmelblatt (W3) [Adelung]


Das Himmelblatt, des -es, plur. die -blätter, siehe Nostoch.


Himmelsblume (W3) [Adelung]


Die Himmelsblume, plur. die -n, S. eben daselbst.


Himmelsbreite (W3) [Adelung]


Die Himmelsbreite, plur. die -n, in der Erdbeschreibung, die Breite eines Ortes in Ansehung des Himmels, d. i. dessen Entfernung von dem Äquator; die Polhöhe, Himmelshöhe, auch nur die Breite schlechthin, Latitudo.


Himmelsbürger (W3) [Adelung]


Der Himmelsbürger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Himmelsbürgerinn, in der dichterischen Schreibart, ein Bewohner des Himmels der Seligen, besonders die Seele eines verstorbenen mit Gott vereinigten Menschen.


Himmelschreyend (W3) [Adelung]


Himmelschreyend, -er, -ste, adj. et adv. gleichsam zu Gott um Rache schreyend. Das ist himmelschreyend, verdienet Gottes unmittelbare Bestrafung. Himmelschreyende Sünden, Sünden, welche Gottes unmittelbarer Rache ausgesetzt sind, weil sie keinen Bestrafer auf Erden haben; besonders stumme Sünden, welche im Verborgenen geschehen.


Himmelsgegend (W3) [Adelung]


Die Himmelsgegend, plur. die -en, eine Gegend an dem Himmel. In engerer Bedeutung, S. Gegend 2.


Himmelsgeiß (W3) [Adelung]


Die Himmelsgeiß, plur. die -e. S. Feldschnepfe.


Himmelshöhe (W3) [Adelung]


Die Himmelshöhe, plur. die -n, die Höhe des Himmels. In engerer Bedeutung, S. Himmelsbreite.


Himmelskorn (W3) [Adelung]


Das Himmelskorn, des -es, plur. inus. ein Nahme, welchen an einigen Orten auch die vierzeilige nackte Gerste führet, welche auch Davidskorn, Ägyptisches Korn und Dinkelgerste genannt wird. Schwed. Himmels korn. Da diese Gerste die bey den andern Arten gewöhnliche harte Schale nicht hat, daher sie im Schwed. auch skallöst korn genannt wird: so glaubt Ihre, daß dieser Nahme aus himlöst korn, d. i. himmelloses Korn, oder himloses Korn, verderbt worden. S. Himmel 1. und Anm.


Himmelskörper (W3) [Adelung]


Der Himmelskörper, des -s, plur. ut nom. sing. ein jeder Körper, so fern er ein unmittelbarer Theil des Himmels oder der Welt ist; ein Weltkörper. Alle Fixsterne und Planeten sind dergleichen Welt oder Himmelskörper.


Himmelskugel (W3) [Adelung]


Die Himmelskugel, plur. die -n, in der Astronomie, eine künstliche Kugel, auf welcher der Stand der Fixsterne gegen einander abgebildet ist; im Gegensatze der Erdkugel.


Himmelslänge (W3) [Adelung]


Die Himmelslänge, plur. die -n, in der Astronomie, die Länge eines Ortes in Ansehung des Himmels, d. i. dessen Abstand von dem ersten Meridian; welcher am häufigsten auch nur die Länge, Lat. Longitudo, genannt wird.


Himmelslauf (W3) [Adelung]


Der Himmelslauf, des -es, plur. inus. der Lauf des Himmels, d. i. die Bewegung der Himmelskörper, der Lauf der Gestirne.


Himmelsluft (W3) [Adelung]


Die Himmelsluft, plur. inus. diejenige Luft, oft dasjenige feine flüssige Wesen, welches den unendlichen Zwischenraum zwischen den Himmelskörpern ausfüllen soll; mit einem Griechischen Worte der Äther.


Himmelsmehl (W3) [Adelung]


Das Himmelsmehl, des -es, plur. inus. ein aufgelöseter oder verwitterter Gyps, welcher zuweilen gefunden, noch öfter aber von Überschwemmungen zurück gelassen, und von dem großen Haufen für Mehl; welches vom Himmel gelassen, gehalten wird, auch wohl, obgleich zu dessen großem Schaden, gegessen worden.


Himmelspol (W3) [Adelung]


Der Himmelspol, S. Weltpol.


Himmelsspur (W3) [Adelung]


Die Himmelsspur, plur. die -en, bey den Jägern, diejenige Spur, welche der Hirsch außer der unmittelbaren Oberfläche der Erde zurück lässet, im Gegensatze der Fußspur; z. B. wenn er sich an einem Baume gefeget hat, wenn er das Laub mit seinem Gehörne umwendet u. s. f. Sie wird auch das Himmelszeichen genannt.


Himmelsstängel (W3) [Adelung]


Der Himmelsstängel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art des Enzianes mit vier Mahl eingeschnittenen Kronen, welcher auf den Bergen Italiens und Deutschlandes einheimisch ist; Gentiana ciliata L. kleiner Enzian, Sporenstich. Siehe Enzian.


Himmelsstrich (W3) [Adelung]


Der Himmelsstrich, des -es, plur. die -e, ein Strich, d. i. ein zwischen zwey mit dem Äquator parallel laufenden Zirkeln befindlicher Theil des Himmels, in Ansehung der Beschaffenheit der Luft und Witterung; das Klima, in der dischterischen Schreibart nur der Himmel. Ein reiner Himmelsstrich, unser dem alles mit gesunder Üppigkeit aufblühet, Geßn. Ein übersichtiger Ausländer sprach dem nördlichen Himmelsstriche die Fähigkeit ab, dischterische Köpfe zu bilden.


Himmelsthau (W3) [Adelung]


Der Himmelsthau, des -es, plur. inus. S. Manna.


Himmelswagen (W3) [Adelung]


Der Himmelswagen, des -s, plur. inus. der Wagen am Himmel, d. i. ein Gestirn in der nördlichen Halbkugel, welches unter dem Nahmen des Bären am bekanntesten ist, sonst aber auch der Heerwagen genannt wird.


Himmelsweg (W3) [Adelung]


Der Himmelsweg, des -es, plur. die -e, in der Theologie, der Weg zum Himmel, d. i. die Art und Weise zur künftigen unmittelbaren Vereinigung mit Gott zu gelangen.


Himmelszeichen (W3) [Adelung]


Das Himmelszeichen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Bey den Jägern, S. Himmelsspur. 2) In der Astronomie sind die zwölf Himmelszeichen, oder die zwölf himmlischen Zeichen, die zwölf Bögen, worein die Ekliptik getheilet wird, ingleichen die Gestirne, welche in diesen Abtheilungen angetroffen werden. S. Zeichen.


Himmelsziege (W3) [Adelung]


Die Himmelsziege, plur. die -n, S. Feldschnepfe.


Himmelszirkel (W3) [Adelung]


Der Himmelszirkel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Astronomie, Zirkel, welche man sich an dem Himmel einbildet; Weltzirkel, zum Unterschiede von den Erdzirkeln.


Himmelträger (W3) [Adelung]


Der Himmelträger, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher bey Feyerlichkeiten den Prachthimmel über vornehme Personen trägt.


Himmelwärts (W3) [Adelung]


Himmelwärts, ein Nebenwort, die Richtung einer Bewegung nach dem Himmel zu zu bezeichnen.


Himmelweit (W3) [Adelung]


Himmelweit, adj. et adv. Diese beyden Dinge sind himmelweit von einander unterschieden, sehr weit, eigentlich, so weit; als der Himmel von der Erde entfernet ist. Ein himmelweiter Unterschied, überaus großer.


Himmlisch (W3) [Adelung]


Himmlisch, -er, -te, adj. et adv. in und an dem Himmel befindlich, zu demselben gehörig, ihm ähnlich, in demselben gegründet; doch nur in einigen figürlichen Bedeutungen des Wortes Himmel. 1. Was in und an dem Sternenhimmel ist, zu demselben gehöret, in demselben gegründet ist; wo es doch um der Zweydeutigkeit mit den folgenden Bedeutungen willen, außer der poetischen Schreibart, nur noch in einigen wenigen Fällen üblich ist. Die himmlischen Körper, besser die Himmelskörper. Die zwölf himmlischen Zeichen, die Himmelszeichen. 1. In dem Himmel, dem Orte der unmittelbaren Offenbarung Gottes befindlich, dazu gehörig, darin gegründet. 1) Eigentlich. Der himmlische Vater, in der Deutschen Bibel. Die himmlischen Geister, die guten Engel und Seligen. 2) In der künftigen Wohlfahrt der Menschen gegründet, derselben gemäß; im Gegensatze des irdisch. Der himmlische Sinn, in der Deutschen Bibel, die Fertigkeit zur lebendigen Einsicht und öftern Erinnerung der künftigen Wohlfahrt. Himmlische Gedanken, welche auf dieselbe gerichtet sind. Himmlische Dinge. Eine himmlische Freude. 3) In einem hohen Grade vortrefflich, vollkommen. Das ist himmlisch. Ein himmlischer Glanz. Eine himmlische Schönheit. Leute, deren Seelen das himmlische der Tugend nicht fühlen können. Sonnenf. Schon bey dem Kero und im Isidor himilisc, bey dem Ottfried himelisg, bey dem Notker himesc.


Himten (W3) [Adelung]


Der "Himten", des -s, plur. ut nom. sing. oder der "Himt", des -en, plur. die -en, ein besonders in Niedersachsen übliches Maß trockner Dinge, welches am häufigsten von dem Getreide gebraucht wird. 120 Himten machen in Hamburg und im Lünenburgischen eine "Last", 40 ein "Wispel", 4 einen "Scheffel", 2 aber ein "Faß"; so daß ein Himten daselbst vier Spint, oder 16 große und 32 kleine Maß hält. Im Hannöverischen machen 96 Himten eine "Last", 48 ein "Wispel", 6 ein "Malter"; wo ein Himten 3 Drittel- oder 4 Viertelmetzen hält. Im Braunschweigischen bestehet ein Himten aus "Vierfassen", oder 16 "Löchern", und 40 Himten machen daselbst ein "Wispel". In Hessen, wo der himten 4 Metzen, oder 16 Mäßchen hält, machen 4 Himten ein Viertel.

Anm. In Niedersachsen lautet dieses Wort bald "Hempe", bald "Hempte", bald aber auch "Himpe". Ehedem wurde es auch "Hemethe" geschrieben. Es gehöret unstreitig zu dem noch in Thüringen und Sachsen unter dem Nahmen "Heimzen" üblichen Getreidemaße, ( S. dieses Wort,) und wahrscheinlicher Weise auch zu "Ahm", und mit demselben zu dem mittlern Lat. "Emina", "Imina", "Eminata", und Griech. "???". Im Schwed. ist "haemta" "fassen", "halten", "enthalten". S. auch "Heim".


Hin (W3) [Adelung]


Hin, eine ehemalige Präposition, welche aber jetzt nur noch als ein Adverbium gebraucht wird, die Richtung einer Bewegung von der redenden Person weg, in die Ferne zu bezeichnen. 1) Eigentlich, wo es, wenn es nicht unmittelbar mit Zeitwörtern zu- sammen gesetzt ist, andern Partikeln zugestellet wird, die jetzt gedachte Richtung zu bestimmen. Rechts hin, links hin, d. i. rechter, linker Hand von mir weg in die Ferne. Gehe zum Ufer, an das Ufer hin. Hin und her gehen, hin und wieder gehen. Hin und wieder, wird auch figürlich für hier und da gebraucht, an einigen wenigen unbestimmten Orten. Hin und wieder stehet man nur einen Baum. S. Hier. Hin und her auf Mittel sinnen, allerley Mittel erwägen. Eine Sache hin und her überlegen, von allen Seiten. Mode hin, Mode her! ein Ausdruck der Geringschätzung, Verachtung einer Sache. Gebeut hin und gebeut her, Es. 28, 10. Zuweilen stehet es auch elliptisch, so daß das dazu gehörige Zeitwort ausgelassen wird. Hin, und gehe zum Könige David, 1 Kön. 1, 13. Besonders, wenn es den Zeitwörtern können, sollen, wollen, müssen, seyn; zugesellet wird, mit welchen es daher auch nicht eigentliche Zusammensetzungen ausmachen kann. Er will hin, d. i. hinreisen. Ich kann nicht hin, nicht hinkommen. Er muß hin. Er ist schon hin, d. i. schon hingegangen, hingereiset. Er soll hin, hingehen. Mit dem Zeitworte seyn wird es oft figürlich gebraucht, den Verlust einer Sache zu bezeichnen, für weg. Auch dieser Freund ist hin, wir haben ihn verloren. Meine Anschläge, meine Rache, alles ist hin. Hin ist alle meine Kraft, Alt und schwach bin ich, Gleim. Hin ist hin, im gemeinen Leben, was verloren ist, ist verloren. S. auch Dahin. Eine andere Figur ist es, wenn es im gemeinen Leben mit der Partikel so die mittelmäßigen Beschaffenheit einer Sache bezeichnet. Es gehet noch so hin, so ziemlich, erträglich. 2) * Figürlich, von einer Zeit, eine Richtung von einer gegenwärtigen Zeit bis zu einer entferntern zu bezeichnen; in welcher Bedeutung es aber nicht mehr gebraucht wird. Anm. 1. Das i ist in diesem Wörtchen geschärft, ob es gleich Mundarten gibt, welche es zur Ungebühr dehnen. Da es ehedem, so wie her ein wirkliches Vorwort war, so wird es auch mit den Zeitwörtern, welche es begleitet, alle Mahl zusammen gezogen, wo es zugleich den Ton behält, und zu den trennbaren Partikeln gehöret, welche in der Conjugation hinter das Zeitwort treten; er ging hin.

Anm. 2. Außer den Zeitwörtern wird es auch mit Vorwörtern zusammen gesetzet, die Richtung der Bewegung von dem Redenden weg zu bezeichnen, wo es alle Mahl die erste Stelle bekommt, den Ton aber auf das Vorwort wirft, wie in hinab, hinan, hinauf, hinaus, hinein, hinüber u. s. f. Aber auch mit Nebenwörtern, wo es seine Stelle an dem Ende bekommt, wie in dahin, forthin, umhin, wohin, (von welchem es oft wieder getrennet wird; S. dasselbe,) schlechthin, immerhin, umhin u. s. f. wo es zum Theil figürliche Bedeutungen bekommt, oft aber auch nur dazu dienet, aus dem Vorworte ein Nebenwort bilden zu helfen. Unten hin, oben hin, neben hin, u. s. f. werden besser getheilet, als zusammen gezogen geschrieben.

Anm. 3. Dieses alte Wörtchen lautet bey dem Ottfried und Willeram hina, im Nieders. hen, im Schwed. haen, ehedem aber hedan. Es war ehedem ein Pronomen, welches jener bedeutete und dem gleichfalls veralteten hie, dieser, entgegen gesetzet war. Dieß erhellet noch aus dem Schwedischen und Isländischen, wo das Pronomen hin, jener, noch völlig gangbar ist. In unserm vorhin, vor dieser Zeit, hat es noch etwas von dieser sonst veralteten Bedeutung, wohin auch das Oberdeutsche kurz abhin, vor kurzen, nächsthin u. s. f. gehöret. Ehedem lautete es auch nur en, enweg, hinweg.


Hinab (W3) [Adelung]


Hinab, ein Nebenwort des Ortes, die Richtung einer Bewegung von einem höhern Orte nach einem niedrigern, und zwar von der redenden oder handelnden Person weg, zu bezeichnen. Rebecca ging hinab zum Brunnen, 1 Mos. 24, 45. Sie führten ihn auf einen Hügel des Berges, daß sie ihn hinab stürzten, Luc. 4, 29. Daß sie (die Bäche) hinab flössen wie Wasserströme, Ps. 78, 16. Wenn der Ort genannt wird, so bekommt derselbe die Vorwörter von, an, in u. s. f. In das Thal hinab sehen. Von dem Berge hinab. Oft aber, besonders in der edlern Schreibart, stehet derselbe ohne Vorwort in der vierten Endung. Hagel wird seyn den Wald hinab. Es. 32, 19. Lauf die Treppe hinab. Führe ihn den Berg hinab. Wenn die Richtung der Bewegung in Absicht auf die redende oder handelnde Person unbestimmt bleibt, so ist es gleichgültig, ob man herab oder hinab setzet. Gott mehr gütig als gerecht denken, ist eben so viel, als Gott entehren, ihn bis zum Menschen hinab erniedrigen, Gell.


Hinan (W3) [Adelung]


Hinan, ein Nebenwort, ein Nahebekommen an einen Ort oder Sache zu bezeichnen, wobey sich die Bewegung zugleich von der redenden oder handelnden Person entfernet; im Gegensatze des heran. Daß er soll Böcke hinan führen lassen, Ezech. 21, 22. Sie gehen gen Luhith hinan und weinen, Es. 15, 5. Ich kann nicht hinan reichen. Ingleichen mit der vierten Endung des Hauptwortes. Er stieg den Berg hinan. Er sah bald in das Thal und bald den Berg hinan, Gell. Kaum hatte er dieses gehöret, als er die Treppe hinan flog. David ging den Öhlberg hinan, 2 Sam. 15, 30. S. An und Heran.


Hinauf (W3) [Adelung]


Hinauf, ein Nebenwort, eine Bewegung nach einem höhern Orte, welche sich zugleich von der redenden Person entfernet zu bezeichnen; im Gegensatze des herauf. Es sind nur zehen Stufen hinauf. Gehe zu ihm hinauf. Bis in das f hinauf singen. Eine Untersuchung bis zur Sündfluth hinauf treiben. Ingleichen mit der vierten Endung des Hauptwortes. Die Treppe hinauf steigen. Verdrücke den Seufzer nicht, der deinen Busen hinauf dringt, Geßn, Wo die Richtung der Bewegung in Absicht auf die redende Person oft unbestimmt bleibt. S. Auf und Herauf.


Hinaus (W3) [Adelung]


Hinaus, ein Nebenwort des Ortes, die Richtung der Bewegung aus einem Orte und von der redenden Person weg zu bezeichnen. Gehe hinaus. Er lief zum Hause hinaus. Wirf es auf die Gasse hinaus. Hinaus mit ihm! Entzückt sah ich in die Zukunft hinaus, Geßn. Eine Freundschaft, welche sich über das Grab hinaus bis in die Ewigkeit verbreitet, Gell. Zuweilen, obgleich seltener, auch mit der vierten Endung des Hauptwortes. Ehud ging den Saal hinaus, Richt. 3, 23. zum Saale hinaus. Oft bleibt auch hier die Richtung der Bewegung in Absicht auf die redende Person unbestimmt, besonders in manchen figürlichen Arten des Ausdruckes. Eine Sache hinaus führen, sie endigen, zu Ende bringen, Luc. 14, 28. Bewegungsgründe, die über alle Bewegungsgründe der Vernunft hinaus reichen, Gell. sie übertreffen. Wo denken sie hinaus? Das läuft auf Eins hinaus, ist am Ende einerley. Todt und blind seyn kommt wohl auf Eins hinaus. Es würde auf eine ungereimte Erdichtung hinaus laufen. Ein Buch hinaus lesen, bis zu Ende lesen, es auslesen. Er ist weit über diese Kleinigkeit hinaus, sie rühret ihn nicht. Sich über etwas hinaus segen, sich dasselbe nicht rühren lassen. Ich merke, wo sie hinaus wollen, was ihre Absicht ist. Wo will es endlich damit hinaus? was wird das für ein Ende nehmen? S. Aus und Heraus.


Hinbannen (W3) [Adelung]


Hinbannen, verb. reg. act. an einen entfernten Orten bannen, von der redenden Person wegbannen. Und hat in Fesseln an der Höllenpforten Agel Die Zwietracht hingebannt, Raml.


Hinbestellen (W3) [Adelung]


Hinbestellen, verb. reg. act. an jenen Ort bestellen, in Absicht auf den Redenden; im Gegensatze des herbestellen.


Hinblicken (W3) [Adelung]


Hinblicken, verb. reg. neutr. mit haben, auf einen Gegenstand von sich weg blicken.


Hinbringen (W3) [Adelung]


Hinbringen, verb. irreg. act. ( S. Bringen,) an einen Ort bringen, so daß sich die Bewegung von der redenden Person entfernet; im Gegensatze des herbringen. Die Zeit mit etwas hinbringen, wie zubringen. Daher die Hinbringung.


Hinbrüten (W3) [Adelung]


Das Hinbrüten, S. Hirnbrüten.


Hindan (W3) [Adelung]


Hindan, S. Hintan.


Hindinn (W3) [Adelung]


Die Hindinn, plur. die -en, oder die Hinde, plur. die -n, das weibliche Geschlecht des Hirsches; die Hirschkuh, das Reh, bey den Jägern das Wild, das Thier. Auch die Hündinn (Hinden oder Hindinnen), so auf dem Felde werfen, verlassen die Jungen, Ier. 14, 5. Von der Hindinn, die frühe gejagt wird, Ps. 22, 1. Sie ist lieblich wie eine Hinde, und holdselig wie ein Rehe, Sprichw. 5, 19. Die Stimme des Herren erreget die Hinden, Ps. 29, 9.

Anm. Hindinn kommt nur noch zuweilen in der edlen Schreibart vor; Hinde ist beynahe schon veraltet. Die Jäger nennen nur noch das Weibchen des Damhirsches, so lange es noch nicht trägt, Hindinn, außer welchem Falle es bey ihnen nicht üblich ist. Hint, in der Bedeutung einer Hirschkuh, kommt schon bey dem Willeram vor; welche Bedeutung auch das Angels. Hinde, das Engl. Dän. und Schwed. Hind, haben. Die weiblichen Endungen -inn und -e setzen deutlich ein männliches Hind voraus, welches aber, wenigstens von einem Hirsche nicht vorkommt, obgleich im Lateinischen Hinnus den Rehbock, und Hinnulus ein Hirschkalb bedeutete. Indessen scheinet Hind und Hinde ehedem ein Nahme mehrerer Thiere gewesen zu seyn. Unsers Hundes nicht zu gedenken, ist im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - eine Ziege, besonders eine wilde Ziege; so wie im Schwed. eine Ziege, welche Ein Mahl geworfen hat, Hena, und im Wallis. Oeh ein Lamm bedeutet.


Hinderlich (W3) [Adelung]


Hinderlich, -er, -ste, adv. ein Hinderniß enthaltend, gewährend, hindernd. Ich würde dir nur hinderlich fallen, aber seyn. Jemanden in, oder an etwas hinderlich seyn. Ich will dir an deinem Glücke nicht hinderlich seyn. Die Gemächlichkeit, welche den großen Tugenden so hinderlich ist, Gell. Die zweyte und dritte Staffel kommen seltener, aber doch zuweilen vor. S. das folgende.


Hindern (W3) [Adelung]


Hindern, verb. reg. act. von dem Vorworte hinter. 1) * Eigentlich, machen, daß eine Person dahinten bleibe, oder vielmehr hinter sich d. i. zurück gehe; in welcher nunmehr veralteten Bedeutung noch Notker hintern für zurück treiben braucht. 2) Figürlich, machen, daß eine Veränderung nicht zur Wirklichkeit komme, nicht erfolge, mit der vierten Endung der Sache. Bis wir das Werk hindern, Nehem. 4, 11. Eure Missethaten hindern solches, Jerem. 5, 25. Was hinderts, daß ich mich taufen lasse? Apost. Gesch. 8, 36. Allein dieß hindert nicht, daß der geneigte Leser nicht sollte glauben, was ihm beliebt, Wiel. Ingleichen mit der vierten Endung der Person, jemanden hindern, machen, daß er eine Veränderung nicht zur Wirklichkeit bringen könne. Hindere nicht einen frommen Knecht, Sir. 7, 23. Einer hindert den andern. Ich bin von ihm gehindert worden. Wenn in diesem Falle euch die Sache ausgedruckt wird, so bekommt sie die Vorwörter an oder in. Das hindert mich am Gehen. Jemanden an seinem Schlafe hindern, ihn in einer Sache hindern. Ich will dich an deinem Glücke nicht hindern. Wir wollen uns an solchem Gebrauche nichts hindern lassen, von keiner Sache. Ingleichen mit dem Bindeworte daß, in welchem Falle noch ein nicht dazu kommen muß. Er hinderte mich, daß ich nicht kommen konnte. Daher die Hinderung, S. solches hernach besonders.

Anm. Bey dem Notker hintern, im Holländ. hinderen, im Angels. hindrian, im Engl. to hinder, im Dän. hindre, im Schwed. und Isländ. hindra. Es ist von dem Vorworte hinter, welches in den gemeinen Mundarten, selbst Oberdeutschlandes, häufig hinder lautet, in welcher Gestalt es noch in der Deutschen Bibel vorkommt, S. Hinter; daher auch einige Neuere es hintern schreiben wollen, welches aber wider die allgemeine Aussprache ist, welche sehr deutlich ein d hören lässet.


Hinderniß (W3) [Adelung]


Das Hinderniß, des -sses, plur. die -sse, dasjenige, um dessen willen ein anderes Ding nicht zur Wirklichkeit kommen kann. Es ereignet sich ein neues Hinderniß. Jemanden ein Hinderniß in den Weg legen. Viele Hindernisse in einer Sache antreffen. Alle Hindernisse aus dem Wege räumen, wegschaffen. Das wichtigste Hinderniß ist bereits überstiegen, überwunden. Ein Hinderniß verursachen. Die besten Hoffnungen verschwinden und neue Hindernisse setzen sich unsern gerechten Wünschen entgegen, Gell. Die innern Hindernisse der Bekehrung. Das gibt oder macht kein Hinderniß.

Anm. Im Nieders. und Dän. nur Hinder, im Schwed. gleichfalls Hinder. Im Oberdeutschen wird es wie andere Hauptwörter auf -niß häufig im weiblichen Geschlecht gebraucht, welches auch wohl Hochdeutsche Schriftsteller nachahmen. Eine Hinderniß machen, 1 Cor. 9, 12. S. -Niß.


Hinderung (W3) [Adelung]


Die Hinderung, plur. die -en, von dem Zeitworte hindern. 1) Die Handlung des Hinderns; ohne Plural. Die Hindernisse, aus welchen die Hinderung der Bekehrung herrühret, Baumg. 2) Die hindernde Sache selbst, das Hinderniß. Es stehen dieser Sache viele Hinderungen im Wege.


Hinläufte (W3) [Adelung]


Die Hinläufte, plur. inus. ein in vielen Gegenden üblicher Nahme der Wegewarte, Cichorium Intybus L. welche auch Feld-Cichorie genannt wird. Etwa wegen einiger Ähnlichkeiten ihrer Stängel mit den Läuften, d. i. Füßen der Hindinnen? Oder etwa, weil sie gern an den Wegen wächset? Oder verderbt von Intybus?


Hindsch (W3) [Adelung]


Der Hindsch, S. Hintsch.


Hindurch (W3) [Adelung]


Hindurch, ein Nebenwort, die Richtung einer Bewegung durch einen Ort, von der redenden Person weg, zu bezeichnen. Du hast sie frey hindurch geführet, durch das rothe Meer, 3 Macc. 2, 8. Sie zogen durchs Feld hindurch, Jer. 39, 4. Oft auch nur für dadurch, so daß sich hin nicht auf die redende Person, sondern auf das verschwiegene Hauptwort beziehet, oder auch das durch bloß verstärket. Bis wir hindurch gingen, durch das Schilfmeer, Jos. 44, 23. Er ist von Tode zum Leben hindurch gedrungen, Joh. 5, 24. Ingleichen von einer Zeit. Die ganze Nacht hindurch spielen. In dem alten Fragmente auf das Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter, hinthurh. S. Durch und Herdurch.


Hinein (W3) [Adelung]


Hinein, ein Nebenwort, die Richtung der Bewegung in einem Ort zu bezeichnen, so fern sie sich zugleich von dem Redenden entfernet; im Gegensatze des herein. Gehe hinein. Es gehet nicht alles hinein, in das Gefäß. Sie haben in sein Innerstes hinein geschauet. Er verfolgte ihn, bis zur Stadt hinein. Trage es hinein. In den Tag hinein leben, figürlich, un- besonnen, ohne Erwägung der Folgen, Absichten und nöthigen Mittel. Man gibt die Herzen jetzt nicht mehr so in den Tag hinein weg, Less.


Hinfahren (W3) [Adelung]


Hinfahren, verb. irreg. ( S. Fahren,) von der redenden Person fahrend entfernen. 1) Als ein Activum. De Fuhrmann hat die Waaren bereits hingefahren. 2) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. Er ist schon hingefahren. Da fähret er hin. Nachlässig über etwas hinfahren. In Boxhorns Glossen kommt hinafare für weggehen vor.


Hinfahrt (W3) [Adelung]


Die Hinfahrt, plur. inus. die Handlung des Hinfahrens. Ingleichen figürlich, in der edlern Sprechart, der Tod, das Absterben. Die Hinfahrt der Gerechten, Weish. 3, 3. Schon im Tatian in dieser Bedeutung des Absterbens Hinafart, dagegen Notker Hinauuerti für Untergang gebraucht. Bey den Jägern ist die Hinfahrt des Hirsches, welche auch der Hingang genannt wird, dessen Gang von dem Felde zu Holze, und die Hinfährte, plur. die -n, die Fährte, oder Spur desselben.


Hinfallen (W3) [Adelung]


Hinfallen, verb. irreg. neutr. ( S. Fallen,) mit dem Hülfsworte seyn, dahin fallen, zu Boden fallen. Auf der ebenen Erde hinfallen. Das Hinfallen, im gemeinen Leben, eine sehr übliche Benennung der Epilepsie, welche auch die hinfallende oder fallende Sucht genannt wird, S. Fallen.


Hinfällig (W3) [Adelung]


Hinfällig, -er, -ste, adj. et adv. leicht hinfallend. Hinfällig werden, zu Boden fallen, im Oberdeutschen. Im Hochdeutschen ist es nur im figürlichen Verstande üblich, für schwach, den Leibeskräften nach. Er ist sehr hinfällig. Ingleichen nach einer noch weitern Figur, hinfällige, d. i. zufällige, vergängliche Dinge. Deine hinfällige Schönheit, vergängliche. Im Oberdeutschen wird es auch für nichtig, ungegründet, gebraucht. Ein hinfälliges Vorgeben, hinfällige Entschuldigungen, welche leicht widerleget werden könne.


Hinfälligkeit (W3) [Adelung]


Die Hinfälligkeit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft, da eine Person oder Sache hinfällig ist; ohne Plural. Die Hinfälligkeit des Alters, dessen Schwäche. Die Hinfälligkeit des Grafes, dessen leichte Vergänglichkeit. 2) eine körperliche Schwachheit. Die Hinfälligkeiten des Alters empfinden.


Hinfliegen (W3) [Adelung]


Hinfliegen, verb. irreg. neutr. ( S. Fliegen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, sich im Fliegen von der redenden Person entfernen. Da flog der Vogel hin. Ingleichen dahin fliegen, verfliegen. Achtzig Jahre waren über sein Haupt hingeflogen, Geßn.


Hinfliehen (W3) [Adelung]


Hinfliehen, verb. irreg. neutr. ( S. Fliehen,) mit dem Hülfsworte seyn, zu jemanden fliehen, so daß man sich zugleich von der redenden Person entfernet. Fliehe zu ihm hin.


Hinfließen (W3) [Adelung]


Hinfließen, verb. irreg. neutr. ( S. Fließen,) mit dem Hülfswort seyn, sich im Fließen von der redenden Person entfernen.


Hinfort (W3) [Adelung]


Hinfort, ein Nebenwort der Zeit, von jetzt an, künftig, forthin. Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen, 1 Mos. 8, 21. Und soll hinfort keine Sündfluth mehr kommen, Kap. 9, 11. Es wird, so wie forthin, im Hochdeutschen nur noch in der edlen und höhern Schreibart gebraucht. Nach dir kann nichts hinfort mein Herz gewinnen, Raml. Im Angels. heonenforth. S. Fort und Hinfür.


Hinführen (W3) [Adelung]


Hinführen, verb. reg. act. im Führen von der Redenden Person entfernen. Daher die Hinführung.


Hinfür (W3) [Adelung]


* Hinfür, ein nur im Oberdeutschen für das vorige hinfort übliches Nebenwort der Zeit, wo es zuweilen auch hinfüro lautet. In dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter hinen vore, bey dem Notker hinafure, bey dem Willeram hinneuure, im Oberd. auch hinfüran, füro, füran, von für, so fern es ehedem auch fort bedeutete. S. Für.


Hingang (W3) [Adelung]


Der Hingang, des -es, plur. die -gänge, der Gang von dem Redenden weg; im Gegensatze des Herganges. Auf dem Hin- und Hergange. S. auch Hinfahrt. Der Hingang Christi zum Vater, oder nur schlechthin dessen Hingang, dessen Entfernung aus der Welt der sichtbaren Gegenwart nach.


Hingeben (W3) [Adelung]


Hingeben, verb. irreg. act. ( S. Geben,) im Geben von der redenden Person oder von sich entfernen; im Gegensatze des hergeben. Gib es deinem Bruder hin. Ingleichen in weiterer Bedeutung, von sich geben, andern überlassen. Ein Haus hingeben, es veräußern, verkaufen, u. s. f. Sein guter Nahme ist in meinen Augen ein Ansehen, daß ich um Ahnen und Rittergüter nicht hingeben wollte. Gell.


Hingegen (W3) [Adelung]


Hingegen, ein Bindewort, welches dem Gegensatze des vorher gehenden zur Verbindung dienet, da es so wohl zu Anfange eines Satzes, als auch nach einem oder mehrern Worten stehen kann. Die Demuth ist dem Himmel und der Erde angenehm alles hingegen ist wider den Stolz, Gell. Alle unvernünftige Geschöpfe sind ganz blinde Werkzeuge der Natur; hingegen dem Menschen ist es zuweilen erlaubt, ihre geheimen Triebfedern zu erkennen. S. Dagegen und Hergegen.


Hingehen (W3) [Adelung]


Hingehen, verb. irreg. neutr. ( S. Gehen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, sich im Gehen von der redenden Person entfernen. Gehe hin und komme bald wider. In weiterer Bedeutung, nach einem entferntern Orte gehen. Wo gehest du hin? Ich will morgen hingehen. Ingleichen figürlich, vergehen, vorüber gehen. Darüber gehet die Zeit hin. Vierzehen Tage gehen bald hin. Es gehet noch so hin, oder es gehet noch hin, d. i. es ist mittelmäßig, erträglich. Etwas hingehen lassen, es ungeahndet, ungetadelt lassen. Nun, nun, wenn das ist, so mag es hingehen, Less. Nun dasmahl will ichs hingehen lassen, Weiße.


Hingucken (W3) [Adelung]


Hingucken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, von der redenden Person weg nach etwas gucken; im Gegensatze des hergucken. S. Gucken.


Hinhalten (W3) [Adelung]


Hinhalten, verb. irreg. act. ( S. Halten,) 1) Von sich oder der redenden Person weghalten, haltend von sich oder ihr entfernen; im Gegensatze des herhalten. Die Hand hinhalten. 2) Durch Zögerung aufhalten. Er hat uns lange hingehalten. Daher die Hinhaltung.


Hinhelfen (W3) [Adelung]


Hinhelfen, verb. irreg. neutr. ( S. Helfen,) mit dem Hülfsworte haben, an einen von sich entfernten Ort helfen; im Gegensatze des herhelfen. Sich kümmerlich hinhelfen, sich von einer Zeit zur andern seinen Unterhalt kümmerlich erwerben.


Hinjagen (W3) [Adelung]


Hinjagen, verb. reg. act. im Jagen von der redenden Person entfernen; im Gegensatze des herjagen.


Hinken (W3) [Adelung]


Hinken, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, lahm gehen, sich im Gehen mehr auf die eine als auf die andere Seite neigen. 1. Eigentlich. Mit oder auf Einem Fuße, mit beyden Füßen hinken. Einen hinkenden Gang haben. Und sie hinken um den Altar, den sie gemacht hatten, 1 Kön. 18, 26. Die Strafe hinkte mit der Krücke ganz langsam hinter ihnen her, Lichtw. Der hinkende Bothe, figürlich, eine unangenehme Nachricht von einer vorher gegangen angenehmen. Der hinkende Bothe wird bald nachkommen. 2. Figürlich. 1) Wankelmüthig in der Wahl zwischen zwey einander entgegen stehenden Dingen seyn. Wie lange hinket ihr auf beyden Seiten? 1 Kön. 18, 21. 2) Das Gleichniß hinkt, wenn es nicht gehörig passet. 3) Seine Sachen hinken, oder noch häufiger unpersönlich, es hinkt mit seinen Sachen, es will nicht recht mit ihnen fort; ingleichen, sie werden verdächtig. Es fängt mir unsrer Freundschaft an zu hin- ken, sie fängt an zu erkalten. Es hinkt mit seiner Aussage, sie ist verdächtig.

Anm. Schon bey dem Ottfreid hinken, bey dem Notker hinchen, im Dän. hinke, Nieders. hinken. Es gehöret zu dem Geschlechte des Wortes wanken, welches siehe. Im Oberdeutschen wird es häufig irregulär abgewandelt; Impers. hunk, Mittelw. gehunken, welche Form sich auch bey dem Opitz findet: Silenus aller (ganz) trunken Kam auf dem Esel her fein langsam nachgehunken. Für hinken ist im Nieders. auch lumpen, lunschen, hinkhanken, welches das Iterativum von hinken ist, humpumpen, schrikken, u. s. f. im Oberdeutschen aber auch knappen, alt Franz. clopper, clopiner, üblich. S. Wanken.


Hinknien (W3) [Adelung]


Hinknien, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, niederknien. Vor jemanden hinknien.


Hinkommen (W3) [Adelung]


Hinkommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, zu einem entfernten Gegenstande kommen; im Gegensatze des herkommen. Ein Hinderniß hielt mich ab, daß ich nicht hinkommen konnte. Je weiter wir längst dieser Küste hinkommen. Ich komme nirgends hin, komme zu niemanden.


Hinkriechen (W3) [Adelung]


Hinkriechen, verb. irreg. neutr. ( S. Kriechen,) mit dem Hülfsworte seyn, an einen entfernten Ort kriechen. Die Katze kam zum Adler hingekrochen, Haged.


Hinlächeln (W3) [Adelung]


Hinlächeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur in der poetischen Schreibart vorkommt. Er lächelte zufrieden mit seiner Arbeit in den Schatten des geretteten Baumes hin, Geßn.


Hinlangen (W3) [Adelung]


Hinlangen, verb. reg. 1) Activum, von sich weg langen, einem andern zulange; für das edlere hinreichen. Lange ihm das Buch hin. 2) Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, der Länge, der Größe nach zu einer gewissen Absicht geschickt seyn, zulangen, zureichen, hinreichen. Der Zeug langet zu einem Kleide nicht hin. Ingleichen figürlich, der Menge, der innern Größe nach. Dazu langen meine Kräfte nicht hin. Daher die Hinlangung in der thätigen Bedeutung. S. Hinreichen.


Hinlänglich (W3) [Adelung]


Hinlänglich, -er, -ste, adj. et adv. hinlangend, so fern dieses Zeitwort ein Neutrum ist, der Länge, der Größe, der Menge, ingleichen der innern Stärke nach zu einer Absicht bequem, geschickt. Der Zeug ist dazu nicht hinlänglich. Mein Vermögen ist dazu nicht hinlänglich. Ich bin davon hinlänglich überzeugt, so viel als nöthig ist. Jemanden hinlängliche Anweisungen zu etwas, hinlänglichen Unterricht in etwas ertheilen. Sich etwas hinlänglich bekannt machen. Ein hinlänglicher Erkenntnisgrund. Ein hinlänglicher Mittel zu Erreichung einer Absicht. Sich hinlängliche Zeit zu etwas nehmen. Die Sache wird dadurch noch nicht hinlänglich erschöpft. So bald sie glaubte, daß ihre Reize einen hinlänglichen Eindruck gemacht hätten, Sonnenf. Siehe Hinreichen.


Hinlänglichkeit (W3) [Adelung]


Die Hinlänglichkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da eine Person oder Sache zu etwas hinlänglich ist, in Ansehung der Person, die Fähigkeit. Die Hinlänglichkeit der philosophischen Moral zur Besserung der Sitten. Gott besitzet alle Hinlänglichkeiten, die Erfüllung seiner Zusagen zu gewähren.


Hinlassen (W3) [Adelung]


Hinlassen, verb. irreg. act. ( S. Lassen,) an einen entfernten Ort lassen; im Gegensatze des herlassen. Man wollte mich nicht hinlassen.


Hinlässig (W3) [Adelung]


Hinlässig, -er, -ste, adj. et adv. nachlässig; doch am häufigsten im Oberdeutschen. Seyd nicht hinlässig, denn der Herr hat euch erwählet u. s. f. 2 Chron. 29, 11. Hinlässig arbeiten. Durch Faulheit sinken die Balken und durch hin- lässige Hände wird das Haus triefend, Pred. 10, 18. Daher die Hinlässigkeit, die Nachlässigkeit, gleichfalls am häufigsten im Oberdeutschen. S. Nachlässig.


Hinlaufen (W3) [Adelung]


Hinlaufen, verb. irreg. neutr. ( S. Laufen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, an einen entfernten Ort laufen, sich im Laufen von der redenden Person entfernen; im Gegensatze des herlaufen.


Hinlegen (W3) [Adelung]


Hinlegen, verb. reg. act. von der redenden Person im Legen entfernen; ingleichen überhaupt, von sich legen. Lege es hin. Daher die Hinlegung.


Hinlehnen (W3) [Adelung]


Hinlehnen, verb. reg. act. an etwas lehnen; wo das hin die Bedeutung bloß verstärket. Sein graues Haupt auf den Arm hingelehnet, Geßn.


Hinleihen (W3) [Adelung]


Hinleihen, verb. irreg. act. ( S. Leihen,) einem andern leihen; im gemeinen Leben hinlehnen. Ein Capital hinleihen, es ausleihen, wegleihen.


Hinleiten (W3) [Adelung]


Hinleiten, verb. reg. act. an einen entfernten Ort leiten, leitend von der redenden Person entfernen. Daher die Hinleitung.


Hinmachen (W3) [Adelung]


Hinmachen, verb. reg. recipr. welches nur im gemeinen Leben üblich ist, im Gegensatze des hermachen. Sich hinmachen, sich hin begeben.


Hinmüssen (W3) [Adelung]


Hinmüssen, oder richtiger hin müssen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches aber nur im gemeinen Leben üblich ist. Er muß hin, nähmlich hinkommen. Er muß hin, hingebracht werden.


Hinnach (W3) [Adelung]


* Hinnach, ein nur im Oberdeutschen übliches Nebenwort. 1) Des Ortes oder der Ordnung, für hinter her, nach. Wohin das erste ging, da gingen sie hinnach, Ezech. 10, 11. Mein Herr ziehe vor seinem Knechte hin, ich will mählich hinnach treiben, 1 Mos. 33, 14. Einem hinnach laufen, Logau, für nachlaufen. 2) Der Zeit, für hernach.


Hinnehmen (W3) [Adelung]


Hinnehmen, verb. irreg. act. ( S. Nehmen,) zu sich nehmen und dadurch von der redenden Person entfernen, im Gegensatze des hernehmen. Da, nimmt es hin. S. Nehmen.


Hinnen (W3) [Adelung]


Hinnen, ein Nebenswort des Ortes, der hiesige Ort, der Ort, wo sich die redende Person befindet, welches aber nur noch mit dem Vorworte von, und auch hier nur noch am häufigsten im Oberdeutschen und der dichterischen Schreibart der Hochdeutschen vorkommt. Von hinnen, von hier, von hier weg, hinc. Reiß mich ja nicht so von hinnen, Starker Gott, Opitz. d. i. von dieser Welt. Muß ich vor dir von hinnen fliehn, Haged. Im Oberdeutschen ehedem auch ohne von. Ritest du nu hinnen, Kaiser Heinrich. Swenne si wil so fueret si mich hinnen, Heinr. von Morunge. Hina, hina, nimm inan, weg, weg mit ihm, Ottfr. Richi min n'ist hinana, mein Reich ist nicht von hinnen, ebend. Wo es ehedem auch verkürzt nur hynn, hin, lautete. Es ist ein Hirsch von hin nit ferr, Theuerd. Kap. 33. Du kumbst lebendig nicht von hin, ebend. Kap. 74. Ich ways ein schön garten nit weit von hynn, ebend. Eben daselbst stehet es auch für das einfache hier. Ein solchs wetter ist gewesen, daß ich mir vörcht hynn zu gnesen, hier auszudauern, Kap. 52. Ja bey dem Notker ist hinnan, und im Tatian fon hinan, von hier an, d. i. von der gegenwärtigen Zeit an. Es erhellet hieraus zugleich, daß dieses Nebenwort nicht zunächst von hin, sondern von hie, hier, abstammet, und daß die letzte Sylbe vermuthlich das Wörtchen an oder nahe ist, hie an, oder hie nah, bey dem Ottfried hienana. Im Angels. lautet es heonan, heonon. Im Schwed. ist hinnug hier her. In den niedrigen Sprecharten wird auch hierin häufig in hinnen zusammen gezogen. Wer wohnet hinnen? d. i. in diesem Haufe.


Hinraffen (W3) [Adelung]


Hinraffen, verb. reg. act. von der redenden Person im Raffen entfernen. Etwas zu sich hinraffen. Ingleichen, dahin raffen, wegraffen. Die Rache Gottes die dich ereilen und dich hinraffen wird, dich plötzlich aus dieser Welt reißen. Hunger und Pest raffen die Menschen zu tausenden hin. Daher die Hinraffung.


Hinrauschen (W3) [Adelung]


Hinrauschen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, sich rauschend von dem Redenden entfernen. Ein junger Eichbaum neben einem hinrauschenden Bache, Geßn.


Hinrecken (W3) [Adelung]


Hinrecken, verb. reg. act. im gemeinen Leben, von der redenden Person oder von sich im Recken entfernen. Recke ihm die Hand hin.


Hinreichen (W3) [Adelung]


Hinreichen, verb. reg. 1) Activum, reichend von der redenden Person entfernen; im gemeinen Leben hinlangen. Einem die Hand hinreichen. Daher die Hinreichung. 2) Neutrum, mit haben, bis an etwas reichen. Der Strick ist zu kurz, er reichet nicht hin. Ingleichen figürlich, der Größe, der Menge, der innern Kraft nach zur Hervorbringung einer Wirkung geschickt seyn; wie hinlangen und zureichen. Dazu reicht mein Vermögen nicht hin. Hinreichendes Vermögen, hinreichende Kraft zu etwas haben. Das ist dazu schon hinreichend. Die natürlichen Kräfte der Dinge reichen dazu nicht hin.


Hinreise (W3) [Adelung]


Die Hinreise, plur. die -n, die Reise an einen von dem Sprechenden entfernten Ort; im Gegensatze der Herreise.


Hinreisen (W3) [Adelung]


Hinreisen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, an einen entfernten Ort reisen, sich im Reisen von der redenden Person entfernen.


Hinreißen (W3) [Adelung]


Hinreißen, verb. irreg. act. ( S. Reißen,) im Reißen von der redenden Person entfernen; im Gegensatze des herreißen. Er riß es zu sich hin. Ingleichen figürlich, dahin reißen. Der Zorn riß mich hin, bemächtigte sich plötzlich meiner. Ein hinreißendes Vergnügen. O wie reißt das Entzücken mich hin, wenn ich vom hohen Hügel die weit ausgebreitete Gegend übersehe! Geßn.


Hinreiten (W3) [Adelung]


Hinreiten, verb. irreg. neutr. ( S. Reiten,) welches das Hülfswort seyn erfordert, an einen von der redenden Person entfernten Ort reiten.


Hinrichten (W3) [Adelung]


Hinrichten, verb. reg. act. 1) An einen von der redenden Person entfernten Ort richten, d. i. in Ordnung stellen; doch nur im gemeinen Leben einiger Gegenden, und im Gegensatze des herrichten. 2) * Gerichtlich zuerkennen, durch einen Rechtsspruch zuerkennen; eine veraltete Bedeutung, welche noch im Schwabensp. Kap. 226 vorkommt. 3) Das gerichtlich gesprochene Todesurtheil an jemanden vollziehen. Mit dem Schwerte, mit dem Strange hingerichtet werden. Einen Missethäter hinrichten lassen; im gemeinen Leben nur richten. In weiterer Bedeutung auch zuweilen, jemanden den Tod bringen, die unmittelbare Ursache des Todes seyn. Mit Gift hingerichtet werden. Der ungerathene Sohn hat seinen Vater endlich hingerichtet, durch verursachten Gram dessen Leben verkürzet. So auch die Hinrichtung.


Hinrücken (W3) [Adelung]


Hinrücken, verb. act. an einen von der redenden Person entfernten Ort rücken. Daher die Hinrückung.


Hinsch (W3) [Adelung]


Der Hinsch, S. Hintsch.


Hinschaffen (W3) [Adelung]


Hinschaffen, verb. reg. act. an einen von den redenden Person entfernten Ort schaffen. So auch die Hinschaffung.


Hinschauen (W3) [Adelung]


Hinschauen, verb. reg. neutr. mit haben, im Oberdeutschen und der höhern Schreibart, für hinsehen, nach einem von der redenden Person entfernten Orte schauen.


Hinscheren (W3) [Adelung]


+ Hinscheren, verb. irreg. recipr. ( S. Scheren,) Sich hinscheren, in der niedrigen Sprechart, sich hin begeben.


Hinschicken (W3) [Adelung]


Hinschicken, verb. reg. act. an einen von der redenden Person entfernten Ort schicken. Daher die Hinschickung.


Hinschieben (W3) [Adelung]


Hinschieben, verb. irreg. act. ( S. Schieben,) von der redenden Person im Schieben entfernen. Daher die Hinschiebung.


Hinschießen (W3) [Adelung]


Hinschießen, verb. irreg. ( S. Schießen,) 1) Als ein Activum, als ein Darlehen hingeben. Geld zu etwas hinschießen. 2) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, mit einem Schießgewehre an einen von der redenden Person entfernten Ort schießen. 3) Mit dem Hülfsworte seyn, sehr geschwinde hineilen. Wie ein Pfeil schoß er hin.


Hinschissen (W3) [Adelung]


Hinschissen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, sich im Schiffen von der redenden Person entfernen, an einen entfernten Orte schiffen. Daher die Hinschiffung.


Hinschlagen (W3) [Adelung]


Hinschlagen, verb. irreg. ( S. Schlagen,) 1) Als ein Activum, schlagend von der redenden Person entfernen. 2) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, plötzlich hinfallen, zu Boden fallen. Er schlug hin wie ein Klotz.


Hinschleichen (W3) [Adelung]


Hinschleichen, verb. irreg. neutr. ( S. Schleichen,) mit seyn, schleichend hingehen. Er schlich in aller Stille hin. Ingleichen als ein Reciprocum, sich hinschleichen.


Hinschleppen (W3) [Adelung]


Hinschleppen, verb. reg. act. an einen von der redenden Person entfernten Ort schleppen. Daher die Hinschleppung.


Hinschlüpfen (W3) [Adelung]


Hinschlüpfen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, sich schlüpfend von der redenden Person entfernen. Die Leichtigkeit, über alle Gefahren der Welt hinzuschlüpfen. Flüchtig und nachlässig über etwas hinschlüpfen.


Hinschmeißen (W3) [Adelung]


Hinschmeißen, verb. irreg. ( S. Schmeißen,) 1) Als ein Activum, im gemeinen Leben für hinwerfen. 2) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, aber auch nur im gemeinen Leben, hart hinfallen.


Hinschreiben (W3) [Adelung]


Hinschreiben, verb. irreg. act. ( S. Schreiben,) an einen entfernten Ort schreiben.


Hinschütten (W3) [Adelung]


Hinschütten, verb. reg. act. im Schütten von der redenden Person entfernen. Ingleichen, verschütten. So auch die Hinschüttung.


Hinsehen (W3) [Adelung]


Hinsehen, verb. irreg. neutr. ( S. Sehen,) welches das Hülfswort haben bekommt, nach einer Sache von der redenden Person wegsehen; im Gegensatze des hersehen. Ingleichen in weiterer Bedeutung, seine Augen auf einen Gegenstand richten.


Hinsehnen (W3) [Adelung]


Hinsehnen, verb. reg. recipr. sich hinsehnen, sich nach einem, in Absicht auf die redende Person entfernten Orte sehnen.


Hinsenden (W3) [Adelung]


Hinsenden, verb. irreg. act. ( S. Senden,) nach einem, in Rücksicht des Redenden entfernten Orte senden; im Gegensatze des hersenden. Daher die Hinsendung.


Hinsetzen (W3) [Adelung]


Hinsetzen, verb. reg. act. im Setzen zugleich von der redenden Person entfernen; im Gegensatze des hersetzen. In weiterer Bedeutung, niedersetzen, aus der Hand setzen. Ingleichen figürlich, im gemeinen Leben, jemanden hinsetzen, ihn in das Gefängniß setzen. So auch die Hinsetzung.


Hinseufzen (W3) [Adelung]


Hinseufzen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, nach einem in Absicht auf den Redenden entfernten Orte seufzen. Wie oft habe ich nach dir hingeseufzet! Dusch.


Hinsicht (W3) [Adelung]


Die Hinsicht, plur. inus. von dem Zeitworte hinsehen, die Handlung des Hinsehens. Noch mehr figürlich, die Erwägung, die Rücksicht. Ich habe es ohne Hinsicht auf dich gethan, ohne dabey auf dich gesehen, ohne dich dabey in Betrachtung gezogen zu haben. Star lebt ohne alle Hinsicht in seine noch sehr dunkele Zukunft unbesonnen in den Tag hinein, Sonnenf.


Hinsinken (W3) [Adelung]


Hinsinken, verb. irreg. neutr. ( S. Sinken,) mit dem Hülfsworte seyn, niedersinken, zu Boden sinken.


Hinspringen (W3) [Adelung]


Hinspringen, verb. irreg. neutr. ( S. Springen,) mit dem Hülfsworte seyn; zu einem entfernten Gegenstande springen. Zu jemanden hinspringen.


Hinstellen (W3) [Adelung]


Hinstellen, verb. reg. act. an einen in Rücksicht auf die redende Person entfernten Ort stellen; im Gegensatze des herstellen. In weiterer Bedeutung, aus der Hand stellen. Stelle es hin. Ingleichen, an einen gewissen Ort stellen. So stellen sie den Rücken hin, Gell.


Hinsterben (W3) [Adelung]


Hinsterben, erb. irreg. neutr. ( S. Sterben,) mit seyn, dahin sterben, versterben. Über etwas hinsterben.


Hinstrecken (W3) [Adelung]


Hinstrecken, verb. reg. act. im Strecken von der redenden Person entfernen; im Gegensatze des herstrecken. Ingleichen von sich strecken. Sich in das Gras hinstrecken, der Länge nach hinlegen. Nachlässig hingestreckt, die Brust mit Flor bedeckt, Less. So auch die Hinstreckung.


Hinstreichen (W3) [Adelung]


Hinstreichen, verb. irreg. ( S. Streichen,) 1) Als ein Activum, im Streichen von dem Redenden entfernen; im Gegensatze des herstreichen. 2) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, sich strichweise oder streichend wegbegeben; besonders von den Zugvögeln, im Gegensatze des Herstreichens oder Wiederstreichens. Daher der Hinstrich, die Entfernung der Streichvögel, der Rückstrich, im Gegensatze des Herzuges, Herstriches, Wiederzuges oder Wiederstriches.


Hintan (W3) [Adelung]


Hintan, ein Nebenwort des Ortes, welches im Oberdeutschen am häufigsten für zurück, ingleichen hinten, der Ordnung nach, gebraucht wird, und aus hinten an zusammen gezogen ist. Etwas hintan legen, es zurück legen. Wir lassen alles hintan, Opitz, für zurück. Durch sie bleibt nichts hintan, ebend. Ingleichen figürlich, etwas hintan setzen, stellen, eine andere Sache demselben vorziehen. Die Schönheit der Wissenschaften hintan stellen, Opitz. Stoß ja nicht mehr den Dürftigen hintan, ebend. verachte ihn nicht. In welcher Bedeutung es auch noch zuweilen im Hochdeutschen vorkommt. Die Andacht hintan setzen, Gell. versäumen, unterlassen. Sich mit Hintansetzung der Gesetze durch Geschenke erweichen lassen. Im Oberdeutschen, wo man hinten, und hinter sehr häufig mit einem weichen d zu schreiben pfleget, wird auch dieses Wort hindan geschrieben und gesprochen, welches aber der Hochdeutschen Aussprache widerlich klinget. Der held tette ein trit hinden auf die seytten, Theuerd. In den ältern Schriften findet sich dieses Wort noch in folgenden Bedeutungen. Notker gebraucht hindenan von der Zeit, für hinten nach. Im Theuerdanke stehet es häufig für davon, von dannen, dahin, aus welchem letztern Worte es alsdann auch durch eine Versetzung der Sylben entstanden zu seyn scheinet. Weyt hindan ist für die schüß gut, Kap. 50. Heimlichen schlich er vom Held hindan, Kap. 73. Wolt ir faren hindan, wollt ihr dahin fahren, Kap. 64. Ingleichen für hinein. Damit weist Unfallo den man auf das geleid in wald hindan, Kap. 27. Wie auch für hin oder hinan. Für (führe) morgen diesen tewren mann auf das hohe gepirg hindan, Kap. 18.


Hinten (W3) [Adelung]


Hinten, ein Nebenwort des Ortes, im Rücken eines Dinges, an oder in dem hintern Theile; im Gegensatze des vorn. David und seine Männer saßen hinten in der Höhle, 1 Sam. 24, 4. Hinten an der Wohnung sollt du sechs Bretter machen, 2 Mos. 26, 22. Er war hinten auf dem Schiffe, Marc. 4, 33. Hinten im Hause wohnen. Sich hinten darauf setzen. Jemanden von hinten anfallen. Von hinten her. Es ist hinten herab gefallen. Hinten nachkommen. Hinten nach wird zuweilen auch von einer Zeit gebraucht, nach geschehener Sache. Hinten nach wird er erst klug. Das Pferd schlägt hinten und vornen aus. Hinten durchwischen.

Anm. Im Angels. hindan und hynan, im Engl. behind, im Gothischen hindana. Es ist aus dem alten hind und an zusammen gesetzet, welches unter andern auch aus dem Schwabenspiegel erhellet, wo hindan dem vorn an oder vorn entgegen gesetzet wird. Das einfache hind aber, welches für hinten bey dem Ulphilas vorkommt, scheinet das schon mehrmals angeführte alte Fürwort hin, jener, zu seyn. S. Hin und Unten.


Hinter (W3) [Adelung]


1. Hinter, eine Präposition, im Rücken eines Dinges; im Gegensatze des vor. Es bezeichnet so wohl einen Ort, als eine Ordnung. I. Einen Ort, wo es so wohl mit der dritten als auch mit der vierten Endung des Hauptwortes verbunden wird. 1. Mit der dritten Endung, ein Seyn, eine Ruhe in dem Rücken eines Dinges zu bezeichnen. 1) Eigentlich. Das hörete Sava hinter ihm, hinter der Thür der Hütte, 1 Mos. 18, 10. Bestelle einen Hinterhalt hinter der Stadt, Jos. 8, 2, 4. Hinter dem Tische sitzen. Hinter dem Ofen liegen. Hinter der Mauer wohnen. Hinter dem Vorhange stehen. Hinter der Hand sitzen, im Kartenspiele, im Gegensatze des Sitzens vor der Hand. Wohin auch diejenigen Fälle gehören, wo das folgende Zeitwort zwar eine Handlung, eine Bewegung bedeutet, welche aber doch als ruhend, als bleibend gedacht werden kann. Der Herr schloß hinter ihm zu, 1 Mos. 7, 16. Mache die Thür hinter dir zu. Jemanden hinter der Thür suchen. Jemanden hinter dem Pfluge wegnehmen. Noch ist die Sonne nicht hinter dem Berge hervor gekommen. Du Fluß, der du mit blendendem Silberglanze hinter jenen grauen Bergen hervor rauschelt, Geßn. Allein, Es. 57, 8 hinter der Thür und Pfosten stellest du dein Geheimniß, sollte billig die vierte Endung stehen; dagegen in der R. A. sich hinter einem Berge verstecken, auch die vierte Endung stehen könnte, hinter einen Berg. In eben dieser Gestalt hilft es verschiedene, größten Theils nur im gemeinen Leben übliche Arten des Ausdruckes bilden. Hinter der Thür Abschied nehmen, heimlich davon gehen, ohne Abschied weggehen. Hinter dem Berge halten, zurück halten, seine wahre Absicht, seine wahren Gedanken verbergen. Mit etwas hinter dem Berge halten, es nicht einem jeden bekannt machen. Er hat es hinter den Ohren, er besitzt mehr Fähigkeit, als man vermuthen sollte. Hinter den Ohren noch nicht trocken seyn, noch jung, noch nicht zu Verstande gekommen seyn. Hinter einer Sache stecken, sie in geheim betreiben, befördern. Es steckt was dahinter, es ist etwas Verdächtiges darunter verborgen. Ich muß sehen was hinter ihm steckt, was für ein Mensch er ist. Das hat etwas hinter sich, es ist etwas Wichtiges darunter verborgen. Es ist nichts hinter ihm, er ist ein unbedeutender Mensch, er besitzt keine Fähigkeiten. Es ist ein Schalk hinter ihm, er ist ein heimlicher Schalk. Er hat es hinter meinem Rücken gethan, ohne mein Wissen. 2) Figürlich, ohne Wissen des andern; wo es doch nur im Oberdeutschen am üblichsten ist. Der Knecht that es hinter seinem Herren, ohne dessen Wissen. Er hat es hinter mir gethan. Wo es mit Pronominibus im Oberdeutschen auch mit der zweyten Endung gefunden wird, hinter meiner, hinter seiner, ohne mein, ohne sein Wissen. 2. Mit der vierten Endung, eine Bewegung nach einem Orte, im Rücken eines Dinges. Loths Weib sahe hinter sich, zurück, 1 Mos. 19, 26. Die Wolkensäule trat hinter sie, 2 Mos. 14, 19. Er soll das Bocksblut hinein bringen hinter den Vorhang, 3 Mos. 16, 2. Boas legte sich hinter eine Mandel, Ruth. 3, 7. Du wirfst meine Gebothe hinter dich, Pf. 50, 17. Er kann weder hinter sich noch vor sich. + Jeman- den hinter die Ohren schlagen. Sich hinter die Thür stellen. Es hören meinen Stolz Belt, Donau, Wolga, Rhone, Und weichen hinter mich, Raml. So auch in den figürlichen R. A. Sich hinter eine Sache stecken, sie heimlich befördern. Sich hinter jemanden stecken, ihn ins geheim als ein Werkzeug zu Erreichung einer Absicht gebrauchen. Hinter eines Sprünge kommen, seine Schelmerey entdecken. Hinter die Wahrheit, hinter eine Sache kommen, sie entdecken, erfahren. Endlich bin ich doch hinter das Geheimniß gekommen. Recht als ob es der Himmel hätte haben wollen, daß ich hinter ihre Schliche kommen sollte, Gell. Jemanden hinter das Licht führen, ihn heimlich hintergehen. Sich etwas hinter die Ohren schreiben, es sich merken, um es bey Gelegenheit ahnden zu können. Die Pferde hinter den Wagen spannen, eine Sache verkehrt anfangen. II. Die Ordnung, mit der dritten Endung. 1) Hinter einander, einer hinter oder nach dem andern. Hinter einander gehen, trinken, laufen werfen u. s. f. Sie starben alle hinter einander weg. Sechs Jahre hinter einander. Er aß frisch hinter einander weg, ohne abzubrechen. 2) Mit der Partikel her. Hinter jemanden her laufen, hinter ihm laufen und diese Ordnung behalten. Hinter ihnen her ausziehen, Czech. 5, 14. Ich will das Schwert hinter ihnen her schicken, Jer. 49, 37. Ingleichen, hinter einer Sache her seyn, sie mit Eifer betreiben. Hinter einer Person her seyn, sie verfolgen; wofür man auch sagt, hinter ihr darein seyn. Wo es auch zuweilen eine Zeitfolge bedeutet, und die Gestalt eines Nebenwortes hat. Ich habe das Vergnügen noch lange hinter her empfunden, noch lange nachher. Sein Verhalten hinter her prüfen, nach geschehener Sache. Du wirst es hinter her bedauern. Für hinten nach.

Anm. 1. Im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart wird dieses Vorwort häufig mit dem Artikel zusammen gezogen; hinters, hintern, hinterm, für hinter das, hinter den, hinter dem.

Anm. 2. Dieses Vorwort wird mit Wörtern allerley Art zusammen gesetzet, wo es denn bald seine eigentliche Bedeutung behält. bald eine figürliche annimmt. Mit Partikeln, wie hinterhalb, hinterwärts, und das im gemeinen Leben übliche hinterrückts; wohin aber nicht hinter her (wenigstens nicht im eigentlichen Verstande,) und hinter einander gehören, welche keine wahren Zusammensetzungen sind. Mit Beywörtern, hinterlistig, hinterständig, hinterstellig u. s. f. Mit Hauptwörtern, dergleichen im folgenden viele vorkommen, wo es aber vielmehr das folgende Beywort ist. Endlich auch mit Zeitwörtern, wo der Ton von dem Vorworte auf das Zeitworte tritt, da es denn zugleich eine untrennbare Partikel ist, welche in den sonst gewöhnlichen Fällen nicht hinter das Zeitwort geworfen werden kann, sondern mit demselben vereiniget bleibet; dergleichen hinterbleiben, hinterbringen, hintergehen, hinterhalten, hinterlassen, hinterlegen, hinterschleichen und hintertreiben sind. Ich hinterbringe dir eine Neuigkeit, hintertreib die Sache u. s. f. Eben um deßwillen verlieren diese Zeitwörter auch in den zusammen gesetzten Zeiten das gewöhnliche Augmentum ge; er ist hinterblieben, die hinterhaltene Sache, hinterlegtes Gut. Das im gemeinen Leben übliche hinterstreichen, zurück streichen, weicht von dieser Regel ab, weil der Ton nicht nur auf dem Vorworte ruhet, sondern das Vorwort auch hinter das Zeitwort tritt, und diesem sein Augment lässet; er strich die Haare hinter, hinter gestrichen. Indessen scheinet es hier vielmehr das folgende Nebenwort hinter, für hinunter, zu seyn, daher man es auch billig getheilet schreibt, hinter streichen. Es gibt zwar noch einige Fälle, wo das Vorwort hinter in der Zusammensetzung mit Zeitwörtern den Ton hat, und daher auch hinter das Zeitwort geworfen wird; allein sie sind sehr elliptisch und nur im gemeinen Leben üblich. Er bleibt immer hinter, hinter uns, zurück, dahinter. Treib das Vieh hinter, dahinter.

Anm. 3. Bey dem Ottfried hinter, bey dem Notker hinder, bey einigen der neuern Oberdeutschen, so wie im Niedersächsischen, gleichfalls hinder, im Engl. behind. Die erste Sylbe dieses Wortes ist vermuthlich, so wie in hinten, das veraltete und noch im Schwedischen übliche Fürwort hin, jener, welches dem hi, dieser entgegen gesetzet ist. Die letzte Sylbe hält Frisch für das Nebenwort dar, es kann aber auch das alte Ur, area, ein Ort, seyn, ( S. Hier und Ort,) welches nur das t euphonicum vor sich angenommen hat. Im Oberdeutschen ist für hinter auch after und im Nieders. achter üblich.


Hinter (W3) [Adelung]


2. Hinter, ein nur im gemeinen Leben übliches Nebenwort, für hinunter, aus welchem Worte es auch zusammen gezogen ist, und besonders mit den Zeitwörtern essen, trinken, schlucken, schlingen, bringen u. s. f. gebraucht wird. Der Hals ist ihm geschwollen, er kann nichts hinter bringen, d. i. hinunter. Er hat das ganze Glas hinter getrunken. Die Haare hinter streichen, S. die vorige

Anm. 2. Dieses Nebenwort wirft seinen Ton nicht auf das folgende Zeitwort, und kann, weil es ein wahres Nebenwort ist, nicht mit demselben zusammen gezogen werden. S. Hinunter.


Hinter (W3) [Adelung]


3. Hinter, das Adjectiv, der, die, das hintere, Supertat. hinterste, was hinten ist; im Gegensatze des vorder, und vorderste. Die hintern Zimmer im Hause, im Gegensatze der vordern. Das hinterste zu vorderst kehren, oder das vorderste zu hinterst kehren, welches vielleicht der einzige Fall ist, wo dieses Beywort als ein Nebenwort gebraucht wird. Die hintere Thür, die Hinterthür. Der hinterste Mann im Gliede, der letzte dem Orte und der Ordnung nach, im Gegensatze des vordersten, oder ersten.

Anm. Schon bey dem Notker das hinderora. Es ist so wie äußere, innere, obere, untere, vordere, ein mangelhaftes Beywort, welchem die eine Staffel fehlet. Viele Sprachlehrer geben den Positiv für die fehlenden Staffel aus, und halten hintere für den Comparativ, vermuthlich bloß darum, weil sich dieses Beywort auf -er endiget. Allein, da die steigende Bedeutung hier nicht Satt findet, indem der hintere Theil bloß der hinten befindliche Theil ist, das r auch im Superlativ bleibet, dagegen es bey andern Beywörtern wegfällt, schön, schöner, schönste, nicht schönerste: so hält man hintere richtiger für den Profitteum, dem der Comparativ fehlet, und welcher von dem vorigen Vorworte bloß vermittelst des angehängten e gebildet worden. Eben dieses gilt auch von äußere, innere, obere, untere und vordere. S. auch der Hintere.


Hinterachse (W3) [Adelung]


Die Hinterachse, plur. die -n, die hintere Achse eines Wagens; im Gegensatze der Vorderachse.


Hinterbacke (W3) [Adelung]


Die Hinterbacke, plur. die -n, die Backen, d. i. erhabenen fleischigen Theile am Hintern; im niedrigen Sprecharten die Arschbacken.


Hinterbein (W3) [Adelung]


Das Hinterbein, des -es, plur. die -e, das hintere Bein eines vierfüßigen Thieres; im Gegensatze des Vorderbeines. Auf die Hinterbeine treten, figürlich, im gemeinen Leben, sich zum Wiederstande gefaßt machen; ingleichen ein Versprechen nicht halten, einen Vertrag nicht erfüllen wollen.


Hinterbleiben (W3) [Adelung]


Hinterbleiben, verb. irreg. neutr. ( S. Bleiben,) welches das Hülfswort seyn erfordert, zurück bleiben; wo doch nur das Mit- telwort die Hinterbliebenen üblich ist, die zurück gebliebenen Verwandten eines Verstorbenen zu bezeichnen. Ingleichen für unterbleiben; doch am häufigsten im Oberdeutschen. Die Sache ist hinterblieben, mußte hinterbleiben. S. 1. Hinter

Anm. 2.


Hinterbringen (W3) [Adelung]


Hinterbringen, verb. irreg. act. ( S. Bringen,) insgeheim Nachricht ertheilen, mit der dritten Endung der Person. Einem etwas hinterbringen. Man hat mir hinterbracht, daß du dich sehr übel aufführest. Zuweilen auch überhaupt für Nachricht ertheilen. Es ist mir hinterbracht worden u. s. f. So auch die Hinterbringung, S. Hinter

Anm. 2.


Hinterbringen (W3) [Adelung]


Hinterbringen, besser hinter bringen, getheilt, S. 2. Hinter.


Hinterbug (W3) [Adelung]


Der Hinterbug, des -es, plur. die -büge, der hintere Bug eines Thieres; im Gegensatze des Vorderbuges. S. Bug.


Hinter-Castell (W3) [Adelung]


Das Hinter-Castell, des -es, plur. die -e, das hintere Castell eines Schiffes; im Gegensatze des Vorder-Castelles. S. Castell. In den niedrigen Sprecharten wird auch der Hintere das Hinter-Castell genannt.


Hintere (W3) [Adelung]


Der Hintere, des -n, zusammen gezogen, Hintern, plur. die -n, in der anständigen Sprechart, der hintere Theil des menschlichen Körpers in der Gegend des Mastdarmes; das Gesäß, weil man zugleich darauf sitzet, im gemeinen Leben der Arsch, der Steiß, der Bürzel, im mittlern Lat. Infernum. Jemanden den Hintern zukehren.


Hinteressen (W3) [Adelung]


Hinteressen, besser hinter essen, getheilet, S. 2. Hinter.


Hinterfährte (W3) [Adelung]


Die Hinterfährte, plur. die -n, bey den Jägern, 1) diejenige Fährte, welche ein Hirsch oder Thier bereits gemacht hat, welche es hinter sich, im Rücken hat; die Wiederfährte, Nachfährte, Rückfährte. 2) Die Fährte, welche ein Wild mit den Hinterfüßen macht. 3) Die Fährte, welche das Thier macht, wenn es an einen Ort hingehet, zum Unterschiede von der Rückfährte, welche es macht, wenn es von einem Orte herkommt.


Hinterflagge (W3) [Adelung]


Die Hinterflagge, plur. die -n, in der Schifffahrt, diejenige Flagge, welche auf dem Hintertheile des Schiffes aufgestecket wird; zum Unterschiede von der Vorderflagge.


Hinterfleck (W3) [Adelung]


Der Hinterfleck, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, und bey den Schustern, ein Fleck, d. i. Flicken, unter dem Absatze des Schuhes.


Hinterflügel (W3) [Adelung]


Der Hinterflügel, des -s, plur. ut nom. sing. der hintere Flügel; besonders bey Insecten, welche mehr als zwey Flügel haben, zum Unterschiede von den Vorderflügeln.


Hinterfries (W3) [Adelung]


Der Hinterfries, des -es, plur. die -e, in den Säulenordnungen, der hintere Fries; besonders bey Kanonen, der Fries am ersten Bruche der Kanone, zum Unterschiede von den Bodenfriesen und Mittelfriesen. S. Fries.


Hinterfuß (W3) [Adelung]


Der Hinterfuß, des -es, plur. die -füße, der hintere Fuß eines vierfüßigen Thieres; im Gegensatze der Vorderfüße. An den Menschen wird der hintere Theil des äußersten Fußes, der Theil um die Ferse, der Hinterfuß genannt, dagegen bey manchen Zergliederern der Plattfuß, Metatarsus, diesen Nahmen führet.


Hintergang (W3) [Adelung]


Der Hintergang, des -es, plur. die -gänge, bey den Jägern, der Gang eines Thieres aus dem Walde zu Felde; der Ausgang. Im Oberdeutschen ist der Hintergang, oder Anlaß, ein gütlicher Vergleich zwischen zwey streitenden Parteyen; ein Compromiß.


Hintergebäude (W3) [Adelung]


Das Hintergebäude, des -s, plur. ut nom. sing. das hinten an einem Gebäude angebauete Gebäude, ingleichen der hintere Theil eines Gebäudes; im Gegensatze des Vordergebäudes.


Hintergebirge (W3) [Adelung]


Das Hintergebirge, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, der hintere Theil eines Gebirges, im Gegensatze des Vordergebirges; ingleichen ein Gebirge, welches einen hintern Theil hat, d. i. welches auf der andern Seite wieder fällt, wenn es sich auf der einen erhebet.


Hintergehäse (W3) [Adelung]


Das Hintergehäse, des -s, plur. ut nom. sing. S. Gehäse.


Hintergehen (W3) [Adelung]


Hintergehen, verb. irreg. act. ( S. Gehen,) mit der vierten Endung der Person. Jemanden hintergehen, ihn geflissentlich zu einem Irrthume verleiten, der ihm schädlich werden kann. Einen Betrieger betriegt man nicht, sondern den hintergeht man nur, Less. Sich selbst hintergehen, einen Irrthum hegen, welcher schädlich werden kann. Bey dem Stryker hinder gan, im mittlern Lat. circumvenire, ehedem auch hinterführen, hinterkommen, wo auch Hintergang für die Handlung des Hintergehens üblich war.


Hintergeschühe (W3) [Adelung]


Das Hintergeschühe, des -s, plur. ut nom. sing. Siehe Hinterleder.


Hintergrund (W3) [Adelung]


Der Hintergrund, des -es, plur. die -gründe, der hintere Grund; im Gegensatze des Vordergrundes. In der Mahlerey ist es das Hintere eines Gemähldes, worauf alles gemahlt ist, und wovon es doch abgesondert scheinen muß; im Gegensatze des Vordergrundes. Der Hintergrund einer Schaubühne.


Hintergurt (W3) [Adelung]


Der Hintergurt, des -es, plur. die -e, an den Kanonen, derjenige Theil an den Bodenfriesen, worin sich das Zündloch befindet, welcher auch das Kammerband genannt wird.


Hinterhaar (W3) [Adelung]


Das Hinterhaar, des -es, plur. die -e, das hintere Haar; im Gegensatze des Vorderhaares. Bey den Perrückenmachern wird das Mittelhaar und Unterhaar zusammen genommen das Hinterhaar genannt.


Hinterhalb (W3) [Adelung]


* Hinterhalb, adv. auf der hintern Seite, welches die zweyte Endung erfordert, aber im Hochdeutschen unbekannt ist. Hinterhalb des Berges liegen, hinter dem Berge.


Hinterhalt (W3) [Adelung]


Der Hinterhalt, des -es, plur. die -e. 1) In der Chymie, dasjenige Silber, welches das Scheidewasser bey dem Golde hinter oder zurück lässet, der Hinterhalt von dem Scheidewasser. 2) Derjenige Ort, hinter welchen man etwas versteckt hält, und auf etwas lauert; besonders im Kriege. Im Hinterhalte liegen, versteckt liegen und auf etwas lauern. Truppen in den Hinterhalt stellen. Sich in den Hinterhalt legen. Aus verborgenen Hinterhalten angegriffen werden. Im Theuerdanke Hinterhut. Nieders. Hinterholt, welches aber auch Zurückhaltung, Abhaltung bedeutet. 3) Die auf solche Art verborgenen Personen, besonders im Kriege, die dazu versteckten Soldaten. Einen Hinterhalt bestellen, Ios. 8, 2. Der Hinterhalt brach auf, V. 19. Einen Hinterhalt machen, Richt. 9, 32. 4) Einige Neuere haben auch das Corps de Reserve bey einem Kriegesheere den Hinterhalt nennen wollen, welches aber um der bereits allgemeinen vorigen Bedeutung willen nicht anzurathen ist.


Hinterhalten (W3) [Adelung]


Hinterhalten, verb. irreg. act. ( S. Halten,) welches im Hochdeutschen nur zuweilen im gemeinen Leben, für zurück halten üblich ist. Hinterhältst du mir deinen Lohn? Einem ein Pfand hinterhalten. Ingleichen für verhehlen, einen etwas hinterhalten, geheim gegen ihn thun, damit gegen ihn hinter dem Berge halten. Sehr hinterhaltend seyn, oder hinter- hältig im gemeinen Leben, hinterhältisch, zurück haltend, geneigt; nicht einem jeden alles zu offenbaren.


Hinterhand (W3) [Adelung]


Die Hinterhand, plur. inus. in der Zergliederungskunst, der hintere Theil der äußern Hand, Metacarpus; im Gegensatze der Vorderhand. Bey den Pferden ist die Hinterhand der ganze hintere Theil; zum Unterschiede von der Vorhand und dem Leibe.


Hinterhaupt (W3) [Adelung]


Das Hinterhaupt, des -es, plur. inus. der hintere Theil des Hauptes, Occiput; im Gegensatze des Vorderhauptes.


Hinterhaus (W3) [Adelung]


Das Hinterhaus, des -es, plur. die -häuser, ein hinten an einem Wohnhause angebauetes Haus; ingleichen der hintere Theil eines Hauses. Beydes im Gegensatze des Vorderhauses.


Hinterher (W3) [Adelung]


Hinterher, besser hinter her, S. 1. Hinter, II. 2).


Hinterhof (W3) [Adelung]


Der Hinterhof, des -es, plur. die -höfe, der hintere Hof, ingleichen der hintere Theil eines Hofes; im Gegensatze des Vorderhofes.


Hinterlage (W3) [Adelung]


Die Hinterlage, plur. die -n, welches im Oberdeutschen am bekanntesten ist, ein hinterlegtes, d. i. in Verwahrung gegebenes Gut, ein Depositum zu bezeichnen. S. Hinterlegen.


Hinterlaß (W3) [Adelung]


Der Hinterlaß, des -sses, plur. die -lässe, bey den Jägern, derjenige Umstand an dem Gange eines Hirsches, wenn er mit dem hintern Fuße nicht bis an den vordern Tritt reicht, sondern mit demselben hinter, d. i. zurück bleibet, welches ein Zeichen seiner Feiste ist, und auch das Zurückbleiben genannt wird.


Hinterlassen (W3) [Adelung]


Hinterlassen, verb. irreg. ( S. Lassen). Es ist, 1) ein Neutrum, wo es doch nur bey den Jägern üblich ist, wo der Hirsch hinterlässet, wenn er im Treten die Vorderfüße mit den hintern nicht erreichen kann. Siehe das vorige. 2) Ein Activum, zurück lassen, von Dingen, welche man nicht mitnehmen kann, oder will. Seinem Freunde ein Andenken hinterlassen, vor seiner Abreise. Es ist ein Mann von Felir hinterlassen gefangen, Apostelg. 25, 14. Einen Befehl hinterlassen, ihn vor seiner Abreise geben; im gemeinen Leben auch verlassen. Er hat es so hinterlassen, vor seiner Abreise, vor seinem Weggange so verordnet. In engerer Bedeutung, bey seinem Tode auf der Welt lassen; im gemeinen Leben gleichfalls verlassen. Viel Vermögen hinterlassen. Er hat seinen Kindern nichts hinterlassen. Er hinterließ der Folgezeit Zwar Muster, aber nicht Gesetze, Haged. Die Hinterlassenen, welche ein Verstorbener auf der Welt zurück lässet, besonders dessen nächste Verwandte; die Hinterbliebenen. Im Schwabeusp. hinder in lauzzen. Im Oberdeutschen wird es in noch mehrern Fällen für zurück lassen gebraucht, wovon die Hochdeutschen noch üblichen nur einige Überbleibsel zu seyn scheinen.


Hinterlassenschaft (W3) [Adelung]


Die Hinterlassenschaft, plur. die -en, zeitliches Vermögen, welches ein Verstorbener auf der Welt zurück lässet; die Verlassenschaft.


Hinterlastig (W3) [Adelung]


Hinterlastig, -er, -ste, adj. et adv. in der Schifffahrt. Das Schiff ist hinterlastig, wenn es hinten zu sehr beladen ist; im Gegensatze des Vorlastig.


Hinterlauf (W3) [Adelung]


Der Hinterlauf, des -es, plur. die -läufe, bey den Jägern, der Hinterfuß eines Hirsches und Thieres; im Gegensatze des Vorderlaufes. S. Lauf.


Hinterleder (W3) [Adelung]


Das Hinterleder, des -s, plur. ut nom. sing. das am hintern Theile eines Dinges befindliche Leder, im Gegensatze des Vorderleders. Bey den Schuhen wird derjenige Theil des ledernen Schuhes, welcher die Fersen umgibt, das Hinterleder genannt; im Gegensatze des Oberleders. Im Oberdeutschen heißt es das Hintergeschühe, S. Geschühe, Nieders. Hackenleder, von Hacke, die Ferse.


Hinterlegen (W3) [Adelung]


Hinterlegen, verb. reg. act. eigentlich zurück legen; doch nur noch in engerer Bedeutung, bey jemanden verwahrlich niederlegen, ihm in Verwahrung geben, deponiren, niederlegen; in welcher Bedeutung es im Oberdeutschen am üblichsten ist, wo ein hinterlegtes Gut oder eine Hinterlage, ein Depositum, und der Hinterleger, die hinterlegende Person, Depositor ist. Wer in der Aussprache den Ton auf das Vorwort legt, muß dieses Zeitwort auch anders conjugiren, und ich lege hinter, und hintergelegtes Gut, für ich hinterlege und hinterlegtes Gut sagen.


Hinterlist (W3) [Adelung]


Die Hinterlist, plur. inus. eine verborgener Weise zum Schaden des andern angewandte List. Jemanden mit Hinterlist fangen. Er ist voller Hinterlist. Logau gebraucht es auch auf eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Art im Plural: vor diebschen Hinterlisten. Hinterlist treiben, Apostelg. 7, 19, ist gleichfalls ungebräuchlich.


Hinterlistig (W3) [Adelung]


Hinterlistig, -er, -ste, adj. et adv. Hinterlist habend, in derselben gegründet. Ein hinterlistiger Mensch. Ein hinter listiger Streich. Bey dem Notker hinderserenchig.


Hinterlistigkeit (W3) [Adelung]


Die Hinterlistigkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da eine Person oder Sache hinterlistig ist.


Hintermann (W3) [Adelung]


Der Hintermann, des -es, plur. die -männer, im gemeinen Leben, der hinterste Mann der Ordnung nach, unter mehrern; im Gegensatze des Vormannes oder Vordermannes. In der Schifffahrt wird auch ein Beyständer, oder ein Schiff, welches dem Flaggenschiffe hinten zum Beystande gegeben wird, dessen Hintermann genannt.


Hinternaht (W3) [Adelung]


Die Hinternaht, plur. die -nähte, die hintere Naht; im Gegensatze der Vordernaht. Bey den Schultern ist es diejenige Naht, welche an den Hinterquartieren herunter geht.


Hinterpfanne (W3) [Adelung]


Die Hinterpfanne, plur. die -n, in den Salzwerken, eine Benennung der Gradierpfanne, weil sie sich hinter der Siedepfanne befindet.


Hinterquartier (W3) [Adelung]


Das Hinterquartier, des -es, plur. die -e, das hintere Quartier. Bey den Schustern wird auch die Hälfte desjenigen Theiles des Schuhes, welcher die Ferse umgibt, mit diesem Nahmen beleget. S. Hinterleder.


Hinterrast (W3) [Adelung]


Die Hinterrast, plur. die -en, an dem Schlosse einer Feuerbüchse, eine von denjenigen Kasten oder Ruhen, worauf die Schlagfeder ruhet; zum Unterschiede von der Vorder- und Mittelrast. S. Kast.


Hinterrücks (W3) [Adelung]


Hinterrücks, adv. welches nur im gemeinen Leben üblich ist, rückwärts, zurück, im Rücken. Hinterrücks fahren, rückwärts. Hinterrücks gehen, kriechen. Jemanden hinterrücks anfallen, von hinten. Der uns hinterrücks gern verwünschen möchte, in unserer Abwesenheit.


Hintersaß (W3) [Adelung]


Der Hintersaß, des -ssen, plur. die -ssen, von dem veralteten Worte Saß, ein Besitzer, Einwohner. 1) * Ein Nachkomme, Nachkömmling; eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutung. Dieß Recht der fromme Sem hat seinen Hintersassen, Imgleichen Abraham und Iacob auch gelassen, Opitz. 2) * Ein jeder Unterthan oder Vasall; eine gleichfalls ungewöhnlich gewordene Bedeutung, welche noch zuweilen in der höhern Schreibart gebraucht wird. 3) In engerm Verstande werden diejenigen Bauern, welche so wenig Acker besitzen, daß sie kein Zugvieh darauf halten können, und daher nur zu Handdiensten verpflichtet sind, Hintersassen, Hintersässer, Hintersiedler oder Hintersättler genannt. An andern Orten heißen sie Kothsassen, Kossather, Kothener, Kleinbauern, Beysassen u. s. f. Daher das Hintersassengut, oder Hintersässergut; das Gut eines solchen Hintersassen. 4) An andern Orten führen die Schutzverwandten, welche gar keine liegende Gründe besitzen, den Nahmen der Hintersassen oder Beysassen. S. Saß.


Hintersättler (W3) [Adelung]


Der Hintersättler, des -s, plur. ut nom. sing. S. das vorige.


Hinterschleichen (W3) [Adelung]


Hinterschleichen, verb. irreg. act. ( S. Schleichen,) schleichend von hinten überfallen. Er hat mich hinterschlichen:


Hintersiedler (W3) [Adelung]


Der Hintersiedler, des -s, plur. ut nom. sing. Siehe Hintersaß.


Hinterspan (W3) [Adelung]


Der Hinterspan, des -es, plur. die -späne, in den Salzhütten der hinterste Span unter den beyden Sogspänen, welche sich auf dem Sogbaume befinden; im Gegensatze des Vorderspanes.


Hinterspätig (W3) [Adelung]


Hinterspätig, adj. et adv. bey den Tuchscherern, ungleich von Haaren der Länge nach, denjenigen Fehler zu bezeichnen, wo das Tuch ungleich geschoren ist, folglich die Haare an einigen Stellen länger sind, als an andern. Nach dem Frisch gehöret die letzte Hälfte dieses Wortes zu Spieß, Spitze, Nieders. Spet. Aber was bedeutet alsdann hier hinter?


Hintersporn (W3) [Adelung]


Der Hintersporn, des -es, plur. die -en, bey den Goldplättern zwey eiserne Stänglein, welche die blecherne Rolle mit dem Drahte, der geplättet werden soll, tragen.


Hinterstab (W3) [Adelung]


Der Hinterstab, des -es, plur. die -stäbe, der hintere Stab, d. i. halb runde Zierath an dem Mundstücke einer Kanone; im Gegensatze des Vorderstabes. S. Stab.


Hinterstaude (W3) [Adelung]


Die Hinterstaude, plur. die -n, die hintere Staude; im Gegensatze der Vorderstaude. Besonders auf den Papiermühlen, die gespaltene Pfoste, in welcher der Hintertheil der Schwinge vermittelst eines Bolzens beweglich ist. S. Staude und Hinterstudel.


Hinterstellig (W3) [Adelung]


* Hinterstellig, adj. et adv. welches aber nur im Oberdeutschen üblich ist. 1) Für hinterlistig, nachstellend; in welchem Verstande es Frischlin nach dem Frisch gebraucht. 2) Rückstellig, rückständing, noch ausstehend. Hinterstellige Gelder, Schulden u. s. f. ausstehende, wofür in andern Gegenden auch hinterständig üblich ist. 3) Übrig, rückständig. Die hinterstellige Zeit, 1. Petr. 4, 2. 4) Rückgängig. Etwas hinterstellig machen, es hintertreiben. Denn, ach, Combabens Stand macht alles hinterstellig, Wiel.


Hintersteven (W3) [Adelung]


Der Hintersteven, des -s, plur. ut nom. sing. im Schiffbaue, der hintere Steven eines Schiffes, oder derjenige schief auf den Kiel in die Höhe gehende Balken am Hintertheile des Schiffes, welcher dessen ganze Gestalt bestimmet, und zugleich das Steuerruder trägt, Franz. Etambot; im Gegensatze des Vorstevens oder Vorderstevens. S. Steven.


Hinterstreichen (W3) [Adelung]


Hinterstreichen, besser hinter streichen, S. 1. Hinter.

Anm. 2.


Hinterstrich (W3) [Adelung]


Der Hinterstrich, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welchen einige Sprachlehrer dem Apostroph gegeben, aber damit noch wenig Nachfolge gefunden haben.


Hinterstube (W3) [Adelung]


Die Hinterstube, plur. die -n, die hintere Stube; im Gegensatze der Vorderstube.


Hinterstück (W3) [Adelung]


Das Hinterstück, des -es, plur. die -e, das hintere Stück eines Dinges; im Gegensatze des Vorderstückes.


Hinterstudel (W3) [Adelung]


Der Hinterstudel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schlössern, der Studel, oder das stehende Eisen in dem Hintertheile eines Schosses; im Gegensatze des Vorderstudels. Siehe Studel.


Hintertheil (W3) [Adelung]


Das Hintertheil, des -es, plur. die -e, der hintere Theil eines Dinges; im Gegensatze des Vordertheiles. Das Hintertheil eines Schiffes, der Theil von dem Besansmaste an bis an den Hintersteven; an den Oberdeutschen Flußschiffen die Hintergraunse.


Hinterthür (W3) [Adelung]


Die Hinterthür, plur. die -en, die hintere Thür; im Gegensatze der Vorderthür.


Hintertreffen (W3) [Adelung]


Das Hintertreffen, des -s, plur. ut nom. sing. das hintere Treffen, d. i. der hintere Haufe eines in Schlachtordnung gestellten Kriegsheeres, der Nachzug, ehedem auch die Hinterhuth, die Nachhuth, Franz. Arriere-Garde; im Gegensatze des Vordertreffens.


Hintertreiben (W3) [Adelung]


Hintertreiben, verb. irreg. act. ( S. Treiben,) eigentlich zurück treiben, doch nur noch in figürlichem Verstande, die Vollendung einer bereits angefangenen Veränderung hindern. Ein Geschäft hintertreiben. Er wäre befördert worden, wenn nicht seine Feinde es hintertrieben hätten. Daher die Hintertreibung.


Hintertrinken (W3) [Adelung]


Hintertrinken, besser hinter trinken, S. 2. Hinter.


Hinterverdeck (W3) [Adelung]


Das Hinterverdeck, des -es, plur. die -e, das hintere Verdeck eines Schiffes, d. i. ein gebrochenes Verdeck, welches von dem Hintertheile bis an den großen Mast gehet; Franz. Susain.


Hinterviertel (W3) [Adelung]


Das Hinterviertel, des -s, plur. ut nom. sing. das hintere Viertel eines Dinges; im Gegensatze des Vorderviertels. Das Hinterviertel eines geschlachteten Thieres u. s. f.


Hinterwage (W3) [Adelung]


Die Hinterwage, plur. die -n, an den Wagen, die hintere Wage, woran die beyden hintersten Pferde gespannet werden; im Gegensatze der Vorderwage.


Hinterwagen (W3) [Adelung]


Der Hinterwagen, des -s, plur. ut nom. sing. der hintere Theil des Wagens, der Langwagen; im Gegensatze des Vorderwagens.


Hinterwärts (W3) [Adelung]


Hinterwärts, ein Nebenwort, nach hinten zu. Hinterwärts sehen. Etwas hinterwärts drehen. Wie auch von hinten. Jemanden hinterwärts anfallen. Ingleichen hinter jemandes Rücken, in dessen Abwesenheit. Vor dir kann er füße reden - aber hinterwärts redet er anders, Sir. 27, 16. Zuweilen auch für verkehrt. Alles hinterwärts verstehen.


Hinterzange (W3) [Adelung]


Die Hinterzange, plur. die -n, bey den Tischlern, die zweyte hölzerne Schraube an einer Hobelbank; im Gegensatze der Vorderzange.


Hinthun (W3) [Adelung]


Hinthun, verb. irreg. act. ( S. Thun,) welches nur im gemeinen Leben, für hinsetzen, hinstellen, vorkommt; im Gegensatze des herthun.


Hintragen (W3) [Adelung]


Hintragen, verb. irreg. act. ( S. Tragen,) von der redenden Person im Tragen entfernen; im Gegensatze des hertragen.


Hintreiben (W3) [Adelung]


Hintreiben, verb. irreg act. ( S. Treiben,) an einen von der redenden Person entfernten Ort treiben; im Gegensatze des hertreiben. Daher die Hintreibung.


Hintreten (W3) [Adelung]


Hintreten, verb. irreg. neutr. ( S. Treten,) welches das Hülfswort seyn bekommt, an einen von der redenden Person entfernten Ort treten; im Gegensatze des hertreten.


Hintritt (W3) [Adelung]


Der Hintritt, des -es, plur. die -e, im figürlichen Verstande, das Absterben, der Tod, in der edlen Schreibart. Der Hintritt aus diesem Leben. Der tödliche Hintritt. Siehe Tödtlich.


Hintsch (W3) [Adelung]


* Der Hintsch, des -es, plur. inus. 1) Eine im gemeinen Leben übliche Benennung des schweren Athems, der Engbrüstigkeit, des Keichens, besonders bey dem Rindviehe, S. Alp. 2. Es scheinet eine Nachahmung des keichenden Lautes zu seyn. 2) Eine Pflanze, welche eine Art des Nachtschattens ist, in den feuchten Zäunen wächset und wider die Engbrüstigkeit mit Nutzen gebraucht wird; Solanum Dulcamara L. Hintschkraut, Bitterfüß, Je länger je lieber, Alpranien.


Hinüber (W3) [Adelung]


Hinüber, ein Nebenwort, die Richtung einer Bewegung über einen Ort zu bezeichnen, so fern sie sich zugleich von der redenden Person entfernet; im Gegensatze des herüber. Gehe nur hinüber, (über die Brücke,) ich werde nachkommen. Die Truppen sind schon hinüber, über den Bach, über den Fluß. Über die Gränze hinüber gehen. Es brausten die Wässer unaufhaltsam und wild zu den Pforten des Todes hinüber. Zach. So auch mit den Zeitwörtern bringen, fahren, führen, kommen, leuchten, schiffen, schreiten, springen u. s. f. S. Herüber, Darüber, Überhin und Über.


Hinum (W3) [Adelung]


* Hinum, ein Nebenwort, die Richtung einer Bewegung um eine Sache zu bezeichnen, so fern sie sich zugleich von der redenden Person entfernet; im Gegensatze des herum. Fahre da hinum. Im Hochdeutschen ist dieses Nebenwort nicht gebräuchlich, weil man sich statt desselben in allen Fällen des herum bedienet. S. auch Umhin.


Hinunter (W3) [Adelung]


Hinunter, ein Nebenwort, die Richtung einer Bewegung von oben nach unten zu zu bezeichnen, so fern sie sich zugleich von der redenden Person entfernet; im Gegensatze des herunter. Gehe zu ihm hinunter, wenn der Redende oben ist. Lauf hinunter, bringe es hinunter. Wasser hinunter gießen. Ich werde mit Leid hinunter fahren in die Grube, 1 Mos. 37, 34. Der Jüngling fiel hinunter vom dritten Göller, Apostelg. 20, 9. Du wirst sie hinunter stoßen in die tiefe Gruben, Pf. 55, 24. Zuweilen auch mit der vierten Endung des Hauptwortes. Er eilte den Berg hinunter. Führe ihn die Treppe hinunter. Zuweilen, so wie herunter, auch nur überhaupt die Richtung einer Bewegung von einem höhern Orte nach einem niedrigern, ohne Beziehung auf die redende Person; besonders mit den Zeitwörtern essen, schlucken, schlingen, trinken, bringen. Etwas hinunter schlucken. Ich kann es nicht hinunter bringen, d. i. nicht hinunter schlucken; wo es im gemeinen Leben häufig in hinter zusammen gezogen wird. S. 2. Hinter. Im Oberdeutschen ist dafür auch unterhin üblich. Er stürze plötzlich unterhin, Opitz. In die Keller unterhin will er mich zum Weine führen, ebend.


Hinunterwärts (W3) [Adelung]


Hinunterwärts, adv. nach unten zu, nach unten hin. Hinunterwärts gehen. Etwas hinunterwärts richten.


Hinwärts (W3) [Adelung]


Hinwärts, ein Nebenwort, die Richtung einer Bewegung nach einem Gegenstande zu bezeichnen; so fern sie sich zugleich von der redenden Person entfernet; im Gegensatze des herwärts. Er geht hinwärts, nach jenem Orte hin, von uns weg.


Hinweg (W3) [Adelung]


Der Hinweg, des -es, plur. die -e, der Weg, d. i. der Gang, die Reise nach einem Orte hin, im Gegensatze des Herweges. Jemanden den Hinweg und den Herweg bezahlen.


Hinweg (W3) [Adelung]


Hinweg, ein Nebenwort, welches für das einfache weg gebraucht wird, dessen Bedeutung das hin bloß verstärket; eigentlich, von hier, oder von hinnen weg. Und sollts essen, als die hinweg eilen, 2 Mos. 12, 11. Sie führeten hinweg, was die Assyrer da gelassen hatten, Judith 15, 7. Hinweg mit diesem! Luc. 23, 18. Ein über die Alltäglichkeit hinweg strebender Schwung der Seele, Zimmerm. Über das Gute hinweg gehen. Sich über etwas hinweg setzen. Hinweg den kalten Dichter, der ohne Feuer correct Nicht unsre Zähren fordert, nicht rühret, noch erschreckt! Dusch. Wo man doch anstatt der vierten Endung lieber das Vorwort mit gebraucht; hinweg mit dem kalten Dichter. Besonders gebraucht man es anstatt des einfachen weg gern am Ende eines Satzes, demselben mehr Ründe und Wohlklang zu geben. Ich glaube, darüber bist du schon lange hinweg. Alle Einwendungen fallen jetzt hinweg. Bey dem Stryker enwech. S. Weg und die damit zusammen gesetzten Zeitwörter, wo das weg, wenn es nöthig ist, überall in hinweg geändert werden kann.


Hinwehen (W3) [Adelung]


Hinwehen, verb. reg. act. im Wehen von der redenden Person entfernen; im Gegensatze herwehen.


Hinweisen (W3) [Adelung]


Hinweisen, verb. irreg. act. ( S. Weisen,) an einen von der redenden Person entfernten Ort weisen; im Gegensatze des herweisen. Man hat mich zu ihm hingewiesen.


Hinwerfen (W3) [Adelung]


Hinwerfen, verb. irreg. act. ( S. Werfen) im Wersen von der redenden Person entfernen; im Gegensatze des herwerfen. Ingleichen, dahin werfen, auf den Boden werfen, von sich werfen. Wirf es hin. Er warf das Glas hin, ließ es fallen.


Hinwieder (W3) [Adelung]


* Hinwieder, ein nur im Oberdeutschen übliches Nebenwort, für wieder hin-. Bringe es hinwieder, bringe es wieder hin. Ingleichen für wiederum, von neuen, wo das hin eine bloße müßige Verlängerung ist, mit welcher auch hinwiederum für wiederum gefunden wird.


Hinwollen (W3) [Adelung]


Hinwollen, besser getrennt hin wollen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur im gemeinen Leben üblich ist, an einen entfernten Ort wollen. Ich habe längst hin gewollt, hinreisen wollen. S. Hin.


Hinzählen (W3) [Adelung]


Hinzählen, verb. reg. act. der Länge nach aufzählen. Ich habe ihm das Geld hingezählet, aber er hat es nicht genommen.


Hinziehen (W3) [Adelung]


Hinziehen, verb. irreg. ( S. Ziehen,) Als ein Activum, im Ziehen von der redenden Person entfernen, ingleichen an einen bestimmten Ort ziehen. Er zog uns zu sich hin. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, an einen entfernten Ort ziehen. Wir werden bald hinziehen. So auch der Hinzug, in beyden Formen, und die Hinziehung, in der thätigen.


Hinzielen (W3) [Adelung]


Hinzielen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, nach einem entfernten Orte zielen; im Gegensatze des herzielen.


Hinzu (W3) [Adelung]


Hinzu, adv. die Richtung einer Bewegung zu oder nach einem Gegenstande zu bezeichnen. 1) Eigentlich, so fern sich die Bewegung zugleich von der redenden Person entfernet; im Gegensatze des herzu. Tritt zu ihm hinzu. Sem und Japhet gingen rücklings hinzu, zu dem Noah, 1 Mos. 9, 23. Ingleichen ohne Beziehung auf die redende Person; bloß die Richtung zu einem Gegenstande mit einer relativen Partikel zu bezeichnen; wie herzu. Das Volk aber drang hinzu, Luc. 11, 29. Moses machte sich hinzu ins Dunkle, 2 Mos. 20, 21. 2) Figürlich, von einer Sache, eine Vermehrung derselben zu bezeichnen; so wie dazu, welches doch noch mehr relativ ist. Noch etwas hinzu thun. Zu dem was gesagt worden, kann man noch hinzu setzen u. s. f. Er fügte noch hinzu. Die Araber waren keine großen Erfinder, sie setzten wenig zu den Wissenschaften der Griechen hinzu.


Hiobs-Post (W3) [Adelung]


Die Hiobs-Post, plur. die -en, eine im hohen Grade unangenehme Post oder Nachricht, dergleichen die waren, welche Hiob von dem ihm widerfahrnen Unglücksfällen bekam.


Hippe (W3) [Adelung]


1. Die Hippe, plur. die -n, oder die Hippel, plur. die -n, Diminut. das Hippelchen, in einigen Gegenden, z. B. in Thüringen und Franken, eine Art dünner harter Kuchen von Milch, Mehl und Eyern, nicht viel dicker als eine Oblate, welche in besonders dazu gemachten eisernen Formen gebacken werden; S. Hippeneisen. Wenn sie nach dem Backen zusammen gerollet werden, werden sie Hohlbippen genannt. Daher der Hippenbäcker, Hippenträger u. s. f. Frisch glaubt nicht unwahrscheinlich, daß Hippel, verkürzt Hippe, aus dem Franz. Oublie herstamme, welches aus Oblata gebildet worden.


Hippe (W3) [Adelung]


2. Die Hippe, plur. die -n, eine Benennung verschiedener krummer Werkzeuge so wohl zum Hauen, als zum Schneiden. 1) Eine Sichel oder kleine Sense zum Abhauen des Grases oder Getreides; in welcher Bedeutung es nur noch an einigen Orten üblich zu seyn scheinet. Schlage an mit deiner scharfen, Hippen (Hippe) und schneide die Trauben auf Erden, Offenb. 12, 18, 19. Bey den Dichtern wird die Sense, mit welcher man den Tod zu mahlen pflegt, noch zuweilen die Hippe genannt. Drohend schwung er seine Hippe, Less. 2) Bey den Gärtnern und Winzern ist die Hippe, oder wie es auch irrig gesprochen wird, die Heppe, ein krummes Messer zum Beschneiden der Bäume und Weinstöcke; die Gartenhippe, Winzerhippe, welche letztere auch das Rebmesser, Stockmesser, Weinmesser genannt wird. Die Blumenhippe ist ein solches kleines Messer zur Beschneidung der Blumen.

Anm. Es stammet von Hauen her, welches schon im Imperf. hieb hat. Im alt Franz. ist Hape eine Art, und im mittlern Lat. Hapiola eine kleine Art. Auch im Deutschen kommen Häb und Hap für Hippe vor.


Hippel (W3) [Adelung]


Die Hippel, plur. die -n, S. Hippe.


Hippeneisen (W3) [Adelung]


Das Hippeneisen, oder Hippeleisen, des -s, plur. ut nom. sing. eine eiserne Form in Gestalt einer Zange, worin die Hippen gebacken werden. S. 1. Hippe.


Hippokraß (W3) [Adelung]


Der Hippokraß, des -es, plur. car. in den Apotheken einiger Gegenden, ein mit allerley Gewürzen versetzter und angenehm gemachter Wein; im Nieders. Claret. Von dem Nahmen des ehemaligen Griechischen Arztes Hippokrates.


Hirn (W3) [Adelung]


Das Hirn, des -es, plur. von mehrern Massen dieser Art, die -e, und im Oberdeutschen, die -er, ein im Hochdeutschen ungewöhnlich gewordenes Wort, wofür Gehirn üblicher ist, S. dasselbe. Besser hat sich dieses Wort in den folgenden Zusammensetzungen zu erhalten gewußt, in deren meisten das einfache Hirn gewöhnlicher ist, als das verlängerte Gehirn. Auch kommt das Diminut. das Hirnlein, für Gehirnlein oder Gehirnchen, noch in der Zergliederungskunst vor, die kleinere hintere runde Masse des Gehirnes zu bezeichnen, Lat. Cerebellum; im Gegensatze der vordern größern, welche im engsten Verstande das Hirn oder Gehirn genannt wird.


Hirnbohrer (W3) [Adelung]


Der Hirnbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. bey einigen, die Deutsche Benennung des Trepanes, weil die Hirnschale damit durchbohret wird; der Schedelbohrer. S. Trepan.


Hirnbrecher (W3) [Adelung]


Der Hirnbrecher, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben einiger Gegenden, eine Benennung eines schlechten Weines, welcher den Kopf einnimmt und Kopfschmerzen verursacht, und auch Hirnreißer, Kopfreißer, Kopfbrecher genannt wird.


Hirnbruch (W3) [Adelung]


Der Hirnbruch, oder Gehirnbruch, des -es, plur. die -brüche, bey den Ärzten, eine Geschwulst in und an dem Kopfe, bey welcher das Gehirn mit heraus tritt, und welche zuweilen bey Kindern angetroffen wird; Hernia cerebri, der Hienhautbruch.


Hirnbrüten (W3) [Adelung]


Das Hirnbrüten, des -s, plur. inus. eine nur im gemeinen Leben übliche Benennung des Wahnsinnes, besonders des stillen mit gänzlichem Unbewußt seiner selbst verbundeten Wahnsinnes. Bey dem Notker Hinairbrutten, Hina irbrutteni, und oft noch jetzt das Hinbrüten, wodurch sich Frisch verleiten lassen, dieses Wort als eine Aufspielung auf die Bruthennen anzusehen. Die zweyte Hälfte ist das alte brutten, verwirren, beunruhigen, welches bey dem Notker mehrmals vorkommt; daher diese Krankheit auch an einigen Orten das Hirntoben genannt wird. Im Oberdeutschen hat man auch das Bey- und Nebenwort hirnbrütig, für rasend, toll. S. Hirnwuth.


Hirngespinst (W3) [Adelung]


Das Hirngespinst, des -es, plur. die -e, ein Werk der bloßen Einbildungskraft, welches entweder gar nicht, oder doch nicht auf die eingebildete Art vorhanden ist, im verächtlichen Verstande; eine Chimäre. Herder nennet diejenigen, welche Hirngespinste aushecken, mit einem neuen Worte Hirnweber.


Hirngrille (W3) [Adelung]


Die Hirngrille, plur. die -n. 1) Ein kleiner Vogel, welcher sich gern um Steinfelsen aufhält, und in Italien und der Schweiz am bekanntesten ist. Er hat einen angenehmen Gesang, aber eine überaus helle und schallende Stimme; woher er vermuthlich auch den Nahmen hat, nicht so fern sein Gesang in das Gehirn schallet, wie Frisch bey dem Worte Grille will, sondern von dem alten haren, hiren, rufen, schreyen, ( S. Horniß,) Er gleicht einem Canarien-Vogel, nur daß er noch kleiner ist, und wird an einigen Orten auch Fädemie, und Schwederle, vermuthlich von schwirren, genannt. Bey dem Worte Hirn leitet Frisch dessen Nahmen noch unwahrscheinlicher aus dem Ital. Citrinello her, wie er daselbst wegen seiner citrongelben Brust heißt, daher er auch im Deutschen Citrinchen genannt wird. 2) Bey dem Klein führet auch eine Art der Grauspechte oder Baumkletten, Falcinellus arboreus nostras, vermuthlich um eben dieser Ursache willen, den Nahmen der Hierngrille oder vielmehr Hirngrille.


Hirnhaut (W3) [Adelung]


Die Hirnhaut, plur. die -häute, Diminut. das Hirnhäutchen, Oberd. das Hirnhäutlein, diejenige Haut, womit das Gehirn umgeben ist, die Gehirnhaut, Griech. und Lat. Meninx. Die obere Hirnhaut, Lat. dura Mater; die untere, pia Mater.


Hirnhautbruch (W3) [Adelung]


Der Hirnhautbruch, S. Hirnbruch.




(W3) [Adelung]


[Adelung]



(W3) [Adelung]


[Adelung]

Hirnkrank, (W3) [Adelung]


adj. et adv. krank am Gehirne, besonders im figürlichen Verstande, Mangel am Verstande leidend, und in diesem Mangel gegründet.


Hirnkrankheit (W3) [Adelung]


Die Hirnkrankheit, plur. die -en, die Krankheit des Gehirnes. Ingleichen figürlich, eine Schwäche, oder ein Mangel des Verstandes.


Hirnkraut (W3) [Adelung]


Das Hirnkraut, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme des Augentrostes, Euphrasia officinalis L. weil man es ehedem sehr in Krankheiten des Hauptes rühmte. Siehe Augentrost.


Hirnleiste (W3) [Adelung]


Die Hirnleiste, S. Hornleiste.


Hirnpfanne (W3) [Adelung]


Die Hirnpfanne, plur. die -n, S. Hirnschale.


Hirnreißer (W3) [Adelung]


Der Hirnreißer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Hirnbrecher.


Hirnrotz (W3) [Adelung]


Der Hirnrotz, des -es, plur. inus. bey den Pferdeärzten, eine Art des Rotzes, welcher seinen Sitz im Gehirne haben und unheilbar seyn soll, aber eben so ungegründet ist, als der so genannte Steinrotz.


Hirnschädel (W3) [Adelung]


Der Hirnschädel, des -s, plur. ut nom. sing. die Hirnschale, Bey dem Bluntschli die Hauptschidele. S. Schädel.


Hirnschale (W3) [Adelung]


Die Hirnschale, plur. die -n, diejenige aus mehrern Beinen zusammen gesetzte halb runde Höhle, worin sich das Gehirn befindet; der Hirnschädel, die Hirnpfanne, Gehirnpfanne, Engl. Brainpan. Bey dem Stryker heißt sie nur schlechthin die Scal, ingleichen die Hirnrebe, von Rebe, Ress, etwas Hohles, ( S. Ross,) ehedem auch der Hasen, der Haupthasen, im Schwed. und Dän. Hjaernskal.


Hirnschnelle (W3) [Adelung]


* Die Hirnschnelle, plur. die -n, in einigen Oberdeutschen Gegenden, eine Benennung eines Nasenstübers.


Hirnschwiele (W3) [Adelung]


Die Hirnschwiele, plur. inus. in der Zergliederung, ein sehr weißes aber härteres Wesen in dem Gehirne, welches den innern, weißen und marklosen Theil des Gehirns von dem mehr grauen als gröbern absondert; Lat. Corpuscallosum.


Hirntoben (W3) [Adelung]


Das Hirntoben, des -s, plur. inus. S. Hirnwuth.


Hirnwund (W3) [Adelung]


Hirnwund, adj. et adv. welches im Oberdeutschen am üblichsten ist, Mangel am Verstande leidend, blödsinnig, albern; ingleichen wahnsinnig, toll, und darin gegründet.


Hirnwunde (W3) [Adelung]


Die Hirnwunde, oder Gehirnwunde, plur. die -n, eine Wunde, welche das Gehirn verletzet, im eigentlichsten Verstande.


Hirnwurst (W3) [Adelung]


Die Hirnwurst, oder Gehirnwurst, plur. die -würste, Würste, welche mit Schweinsgehirne gefüllet, und hernach gebraten werden. Ital. Cervelata, ob man gleich jetzt auch andere dicke und harte Italiänische Würste Cervelat-Würste zu nennen pflegt.


Hirnwuth (W3) [Adelung]


Die Hirnwuth, plur. inus. diejenige Verrückung des Verstandes, welche aus einer Entzündung des Gehirns oder der Gehirnhäute entstehet, mit einem heftigen hitzigen Fieber, aufgetretenen rothen Gesichte, wüthenden Augen u. s. f. verbunden ist; Phrenitis, die Tobsucht, das Kopffieber, die Kopfwuth, im Oberdeutschen auch das Hirntoben, das Hirnbrüten. Daher das im Oberdeutschen übliche Bey- und Nebenwort hirnwüthig, mit der Hirnwuth behaftet, darin gegründet, und in weiteren Bedeutung, toll, rasend, unsinnig.


Hirsch (W3) [Adelung]


Der Hirsch, des -es, plur. die -e, im Oberd. des -en; plur. die -en, ein zweyhufiges vierfüßiges wildes Thier, mit einem dichten ästigen Geweihe, welches sich in den Wäldern aufhält und zur hohen Jagd gerechnet wird. Im engern Verstande wird nur das männliche Geschlecht der größern Art dieser Thiere; der Rothhirsch, der edle Hirsch, welcher ein kegelförmiges zurück gebogenes Geweih mit spitzigen Enden hat, Cervus elaphus. L. und dessen Weibchen, die Hirschiuh, bey den Jägern aber das Thier, das Rothwildbret, das Wild, in einigen Oberdeutschen Gegenden auch die Hirschinn, mit diesem Nahmen beleget; dagegen man im weitern auch wohl den kleinern Rehbock, Capreolus L. dessen Weibchen das Reh ist, und dessen kegelförmiges Gehörn am Ende in zwey Spitzen getheilet ist, und den Damhirsch, Dama L. dessen Geweih nur am Ende schauselig ist, mit unter die Hirsche zu rechnen pflegt. Ein jagdbarer Hirsch, welcher wenigstens ach Enden an seinem Geweihe haben, oder fünf Jahre alt seyn muß, im Gegensatze des geringern unjagdbaren.

Anm. Der Nahme dieses Thieres lautet bey dem Willeram und Notker Hirz, bey dem Stryker Hirs. Die nördlichern Mundarten vertauschen den Zischlaut ihrer Gewohnheit nach mit dem t, wie das Nieders. Hart, das Angels. Heort, das Engl. Hart. das Dän. Hiort, das Schwed. Hjort, das Holländ. Hert, das mittlere Lat. Hairet. Die Abstammung dieses Wortes ist ungewiß, weil die Wahrscheinlichkeit auf mehrern Seiten gleich ist. Stiernhielm leitet es von currere, bey dem Ulphilas hurra, her, weil dieses Thier überaus schnell ist, und im Pezeus Glossen horsco für schnell vorkommt, S. Hurtig; Wachter und Frisch von den Hörnern, wie Cervus von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und dem alten Zeitworte hurten, hirten, stoßen, Nieders. hurten, Franz. heurter, von welchem auch im mittlern Lat. Hurtus einen Bock bedeutet, wohin auch das Lat. Hircus gehöret; Ihre von Herde, Angels. Heord, weil der Hirsch zu den gesellschaftlichen Thieren gehöret, welche sich gern in ganzen Herden beysammen halten.


Hirschbein (W3) [Adelung]


Das Hirschbein, des -es, plur. die -e, ein kreuzförmiger beinharter Knorpel, welcher aus der Zusammentretung der Pulsadern am Herzen des Hirsches entstehet, und von einigen ohne Grund als ein vortreffliches Arzneymittel gebraucht, und dem Bezoar gleich geschätzet wird; das Hirschkreuz.


Hirsch-Bezoar (W3) [Adelung]


Der Hirsch-Bezoar, des -s, plur. inus. S. Hirschkugel.


Hirschbock (W3) [Adelung]


Der Hirschbock, des -es, plur. die -böcke. 1) Ein Hirsch männlichen Geschlechtes, welcher von den Jägern nur schlechthin der Hirsch genannt wird; zum Unterschiede von der Hirschkuh. 2) Eine Art Afrikanischer Böcke, welche von hinten und von der Seite einem Hirsche gleicht, aber den Kopf eines Widders hat; Tragelaphus Klein. Er wird auch Muflon, das weibliche Geschlecht aber die Hirschziege, Engl. Battingen, genannt.


Hirschbrunst (W3) [Adelung]


Die Hirschbrunst, plur. inus. 1) Die Brunst oder Brunft des Hirsches, d. i. dessen Trieb zur Begattung, und die Zeit, zu welcher sich dieser Trieb bey demselben äußert; bey den Jägern die Huschbrunst. S. Brunst. 2) Eine Art Schwämme, Phallus impudicus L. welcher auch Hirschschwamm, Hirschling, im Oberdeutschen aber Grübling genannt wird. S. Gichtschwamm, welchen Nahmen dieser Schwamm an andern Orten führet. 3) Auch die Hirschtrüffeln sind an einigen Orten wegen ihrer reizenden Eigenschaft unter dem Nahmen der Hirschbrunst bekannt, S. Hirschtrüffel.


Hirschbürsche (W3) [Adelung]


Die Hirschbürsche, plur. die -n, das Bürschen, d. i. Schießen auf Hirsche, im Gegensatze der eigentlichen Hirschjagd; ingleichen die Zeit, wenn es erlaubt und gewöhnlich ist, die Hirsche zu bürschen, welches gemeiniglich die Brunstzeit ist.


Hirschdorn (W3) [Adelung]


Der Hirschdorn, des -es, plur. die -en, an einigen Orten, ein Nahme des Kreuz- oder Wegedornes, Rhamnus catharticus L. welcher auch Hirsedorn genannt wird. S. Kreuzdorn.


Hirschfährte (W3) [Adelung]


Die Hirschfährte, plur. die -n, die Fährte, d. i. Fußspur eines Hirsches.


Hirschfänger (W3) [Adelung]


Der Hirschfänger, des -s, plur. ut nom. sing. ein langes Messer in einer Scheide, mit einem Griffe, womit die Jäger einen angeschossenen Hirsch abfangen, d. i. ihn damit in die Brust nach der Herzkammer zu stoßen; welches Messer sie zugleich als ihr gewöhnliches Seitengewehr an der Seite tragen, und es auch den Weidner nennen. Nur gute und jagdbare Hirsche haben die Ehre, mit dem Hirschfänger abgefangen zu werden; geringere bekommen nur den Genickfang mit dem Genickfänger, S. dieses Wort. Nochmahls ist der Hirschfänger, Franz. Couteau de Chasse, auch ein gewöhnliches Seitengewehr anderer Personen geworden.


Hirschfarben (W3) [Adelung]


Hirschfarben, oder Hirschfarbig, adj. et adv. der gewöhnlichen röthlich braunen Farbe des Hirsches gleich oder ähnlich. Ein hirschfarbenes Pferd.


Hirschfeiste (W3) [Adelung]


Die Hirschfeiste, plur. die -n, bey den Jägern diejenige Zeit, zu welcher die Hirsche am seistesten sind, d. i. von der Ernte an bis gegen Jacobi; die Feistzeit.


Hirschfink (W3) [Adelung]


Der Hirschfink, des -en, plur. die -en, S. Grünfink.


Hirschgallerte (W3) [Adelung]


Die Hirschgallerte, plur. doch nur von mehrern Arten und Quantitäten, die -n, eine von Hirschhorne zubereitete Gullerte.


Hirschgarn (W3) [Adelung]


Das Hirschgarn, des -es, plur. die -e, ein zur Hirschjagd gehöriges Garn oder Netz, das Hirschnetz; zum Unterschiede von andern Garnen oder Netzen.


Hirschgelos (W3) [Adelung]


Das Hirschgelos, des -es, plur. inus. bey den Jägern, das Gelos oder der Koth des Hirsches; die Hirschlosung. S. Losen und Losung.


Hirschgerecht (W3) [Adelung]


Hirschgerecht, adj. et adv. welches nur im Jagdwesen üblich ist. Ein hirschgerechter Jäger, welcher die Art und Weise, wie ein Hirsch zu jagen ist, mit allen dahin gehörigen Umständen, hinlänglich verstehet; im Gegensatze der gemeinen Jäger, Feld-- jäger, Flug- oder Federschützen, Hühner- oder Wachtelfänger, Windhetzer u. s. f.


Hirschgeweih (W3) [Adelung]


Das Hirschgeweih, des -es, plur. die -e, das Geweih oder Gehörn eines Hirsches; im gemeinen Leben das Hirschhorn.


Hirschgünzel (W3) [Adelung]


Der Hirschgünzel, des -s, plur. inus. an einigen Orten, ein Nahme des Wasserdostes oder Hirschklees; Eupatorium cannabinum L. S. Wasserdost.


Hirschhals (W3) [Adelung]


Der Hirschhals, des -es, plur. die -hälse, eigentlich, der Hals eines Hirsches; ingleichen, ein dem Hirschhalse ähnlicher Hals. Pferde, welche den Kopf in die Höhe tragen, und immer über sich sehen, pflegt man Hirschhälse zu nennen, zum Unterschiede von den Schweinhälsen und Schwanenhälsen.


Hirschhaut (W3) [Adelung]


Die Hirschhaut, plur. die -häute, die abgezogene Haut eines Hirsches, auch wenn sie zugerichtet und gegärbt ist, wo sie eigentlich Hirschleder heißt.


Hirschheil (W3) [Adelung]


Das Hirschheil, des -es, plur. inus. eine Pflanze, S. Hirschwurz.


Hirschhohlunder (W3) [Adelung]


Der Hirschhohlunder, zusammen gezogen Hirschholder, des -s, plur. inus. 1) Ein Nahme des Berghohlunders, dessen Blätter eine angenehme Speise der Hirsche sind; Sambucus racemosa L. S. Bergholunder. 2) Des Bach- oder Wasserhohlunders, Viburnum opulus L. welcher auch Ballrosen, Schwelgenbaum u. s. f. genannt wird. S. Schneebälle.


Hirschhorn (W3) [Adelung]


Das Hirschhorn, des -es, plur. die -hörner. 1) Im gemeinen Leben, eine Benennung desjenigen Gehörnes, welches der Hirsch auf seinem Kopfe träget, und welches kunstmäßig das Gehörn, das Geweih, das Hirschgeweih genannt wird. 2) Ohne Plural, die horn- oder vielmehr beinartige Materie, woraus dieses Geweih bestehet. Geraspeltes Hirschhorn. Messerschalen von Hirschhorn. Gebranntes Hirschhorn. Das Hirschhornsalz, Sal volatile cornu cervi, und der Hirschhorngeist, Spiritus cornu cervi, sind in den Apotheken bekannt.


Hirschhornbaum (W3) [Adelung]


Der Hirschhornbaum, S. Hirschbaum.


Hirschhund (W3) [Adelung]


Der Hirschhund, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, die großten Engländischen und Französischen Jagdhunde, mit welchen die Hirsche auf den Parforce-Jagden zu Tode gehetzet werden.


Hirschjagd (W3) [Adelung]


Die Hirschjagd, plur. die -en, die Jagd auf Hirsche, eine Jagd, welche um Hirsche zu schießen, angestellet wird; bey den Jägern das Hirschjagen, des -s, plur. ut nom. sing. zum Unterschiede von einer Hasenjagd, Saujagd oder Saujagen u. s. f. Wenn mehrere Arten des Wildes zugleich gejagt werden, so führet eine solche Jagd nur alsdann den Nahmen eines Hirschjagens, wenn die Hirsche zuerst vergejaget werden; zum Unterschiede von einem Saujagen, wo das Schwarzwildbret zuerst auf den Lauf kommt.


Hirschkäfer (W3) [Adelung]


Der Hirschkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Feuerschröter.


Hirschkalb (W3) [Adelung]


Das Hirschkalb, des -es, plur. die -kälber, in weiterer Bedeutung, das männliche Geschlecht des Rothwildbretes, so lange es nur noch ein Jahr alt ist. In engerem Verstande, das männliche Junge des eigentlichen Hirsches, bey dem Willeram Hint chalb; zum Unterschiede von einem Wildkalbe, d. i. dem weiblichen Kalbe des Hirsches, so lange es noch nicht über ein Jahr alt ist.


Hirschkasten (W3) [Adelung]


Der Hirschkasten, des -s, plur. ut nom. sing. ein Kasten, einen Hirsch darin lebendig von einem Orte zum andern zu führen.


Hirschklaue (W3) [Adelung]


Die Hirschklaue, S. Hirschschale.


Hirschklee (W3) [Adelung]


Der Hirschklee, des -s, plur. inus. ein Nahme des Wasserdostes, Eupatorium cannabinum L. welcher auch Hirschgünzel und Alpenkraut genannt wird. S. Wasserdost. Die angeschossenen Hirsche sollen dieses Kraut fressen, und sich damit heilen.


Hirschkrankheit (W3) [Adelung]


Die Hirschkrankheit, plur. inus. eine Krankheit der Hirsche, Menschen und Pferde, welche in einem Krampfe bestehet, welcher den Vorderleib oder auch einen größern Theil des Körpers befällt, und von einem Theile des Leibes zum andern fortgehet, doch so, daß sich das Thier dabey seiner bewußt bleibt; die Klemme, Maulsperre, weil der Krampf vornehmlich die Kinnlade schließt, Franz. le Mal de cerf, weil das Thier dabey oft so unbeweglich dasteht, wie ein zu Tode gejagter Hirsch.


Hirschkreuz (W3) [Adelung]


Das Hirschkreuz, des -es, plur. die -e, S. Hirschbein.


Hirschkugel (W3) [Adelung]


Die Hirschkugel, plur. die -n, zusammen gebackene und mit verhärtetem Schleime überzogene Haare, in Gestalt einer Kugel, welche zuweilen in dem Magen der Hirsche gefunden werden, und aus den Haaren entstehen, welche sie verschlucken, wenn sie einander lecken; der Hirsch-Bezoar.


Hirschkuh (W3) [Adelung]


Die Hirschkuh, plur. die -kühe, das weibliche Geschlecht des Hirsches im engsten Verstande; bey den Jägern das Thier, das Wild. S. Hirsch.


Hirschlattich (W3) [Adelung]


Der Hirschlattich, des -es, plur. inus. S. Brandlattich.


Hirschlauf (W3) [Adelung]


Der Hirschlauf, des -es, plur. die -läufe, der Lauf, d. i. Fuß eines Hirsches; im gemeinen Leben der Hirschfuß. S. Lauf.


Hirschleder (W3) [Adelung]


Das Hirschleder, des -s, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. das aus einer Hirschhaut zubereitete Leder. Daher das Bey- und Nebenwort hirschledern, von Hirschleder. Hirschlederne Handschuhe.


Hirschling (W3) [Adelung]


Der Hirschling, des -es, plur. die -e, eine Art Erdschwämme, S. Hirschbrunst.


Hirschlosung (W3) [Adelung]


Die Hirschlosung, plur. inus. S. Hirschgelos.


Hirschmangold (W3) [Adelung]


Der "Hirschmangold", des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme des "Lungenkrautes", welches ehedem als ein heilsames Wundkraut berühmt war; "Pulmonaria officinalis L." "Hirschkohl", "Hirschmelde".


Hirschnetz (W3) [Adelung]


Das Hirschnetz, des -es, plur. die -e, S. Hirschgarn.


Hirschreh (W3) [Adelung]


Das Hirschreh, des -es, plur. die -e, eine Art kleiner Afrikanischer Böcke ohne Bärte und Hörner, oder doch nur mit kleinen einfachen Hörnerchen; Tragulus Guineensis Klein.


Hirschruf (W3) [Adelung]


Der Hirschruf, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, ein Werkzeug von Horn, Holz oder Schneckenhäusern, das Geschrey des Hirsches in der Brunstzeit nachzuahmen.


Hirschruthe (W3) [Adelung]


Die Hirschruthe, plur. die -n, die Ruthe, d. i. das männliche Glied des Hirsches; der Hirschziemer, bey den Jägern auch das kurze Wildbret.


Hirschschale (W3) [Adelung]


Die Hirschschale, plur. die -n bey den Jägern, die hornartigen Schalen oder Klauen an den Füßen des Hirsches, worauf er gehet; die Schalen, im gemeinen Leben Hirschklauen.


Hirschschwaden (W3) [Adelung]


Der Hirschschwaden, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, der kurze Schwanz des Hirsches, welcher bey ihnen auch der Bürzel, die Feder, das Federlein, die Galle, das Ende, der Sturz, der Wedel heißt. S. Schwaden 1.


Hirschschwamm (W3) [Adelung]


Der Hirschschwamm, des -es, plur. die -schwämme. 1) Ein Schwamm, welcher über der Erde wächset, S. Hirschbrunst. 2) Ein Nahme der Hirscherüsseln, S. dieses Wort. 3) Ein großer Erdschwamm, welcher unter den Eichen wächset, und bey dem Frisch und Alberus Lacinia, bey dem letztern auch Bürbisser heißt, welches Frisch durch Bauernpilz erkläret.


Hirschschwanz (W3) [Adelung]


Der Hirschschwanz, des -es, plur. die -schwänze, siehe Hirschschwaden. Auch der Atlich oder Feldhohlunder, Sambucus Ebulus L. ist in einigen Gegenden unter dem Nahmen des Hirschschwanzes bekannt.


Hirschthräne (W3) [Adelung]


Die Hirschthräne, plur. die -n, ein Nahme des Eiterstockes, welcher sich in den Augenhöhlen des Hirsches und Elendthieres erzeuget, mit der Zeit erhärtet, und von dem großen Haufen für ein vortreffliches Mittel wider die Epilepsie gehalten wird; die Hirschzähre.


Hirschtrüffel (W3) [Adelung]


Die Hirschtrüffel, plur. die -n, eine Art runder fester Schwämme ohne Wurzeln mit einem mehligen Kerne, welcher nur halb aus der Erde hervor kommt, sehr reizend ist, und wegen seines starken Geruches von den Hirschen, wilden Schweinen und Hasen aus der Erde gekratzet wird; Lycoperdon cervinum L. Hirschschwamm, Hirschbrunst.


Hirschwildbret (W3) [Adelung]


Das Hirschwildbret, des -es, plur. inus. 1) Ein Geschlechtswort, der Hirsch und die Hirschkuh. 2) In den Küchen, daß eßbare Fleisch von einem Hirsche, besonders das derb gewachsene Fleisch an den Keulen, dem Buge, Ziemer und Rücken, zum Unterschiede von dem Rochwildbrete.


Hirschwurz (W3) [Adelung]


Die Hirschwurz, plur. inus. eine Pflanze, welche auf den Bergen Deutschlandes, der Schweiz und Sibiriens wächset, und mit welcher sich der Hirsch, wenn er verwundet ist, heilen soll; Athamanta Cervaria L. Hirschheil. Auch eine Art der Silge, Selinum cervisolia L. welche in den Apotheken Gentiana nigra heißt, ist um dieser Ursache willen, so wie der weiße Enzian, Laserpitium latisolium L. unter dem Nahmen der Hirschwurz bekannt.


Hirschzähre (W3) [Adelung]


Die Hirschzähre, plur. die -n, S. Hirschthräne.


Hirschziege (W3) [Adelung]


Die Hirschziege, plur. die -n, S. Hirschbock.


Hirschziemen (W3) [Adelung]


Der Hirschziemen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Hirschruthe und Ziemer.


Hirschziemer (W3) [Adelung]


Der Hirschziemer, des -s, plur. ut nom. sing. das Hintertheil von dem Rücken des Hirsches, nach abgelöseten Keulen; der Hirschzimmer, Hirschzämmer, Hirschzeimer, Hirschzimmel. S. Ziemer.


Hirschzunge (W3) [Adelung]


Die Hirschzunge, plur. die -n. 1) Eigentlich, die Zunge eines Hirsches. 2) Eine Art des Milzkrautes, mit einfachen herzförmigen und dabey einer Zunge ähnlichen Blättern; Asplenium Scolopendrium L. wo der Deutsche Nahme vielleicht aus Herzzunge verderbt ist.


Hirse (W3) [Adelung]


Die Hirse, plur. inus. eine Hülsenfrucht, welche der kleine rundliche glänzende Same einer Art des Schwadengrades ist, Panicum miliaceum L. welches in Ostindien einheimisch ist, bey uns aber auf den Feldern gebauet, und gleichfalls Hirse genannt wird. Die zotige Hirse, welche zotige Rispen hat. Die kolbige Hirse oder Kolbenhirse, wovon die eine Art schwarze, die andere aber gelbe Körner bringet. S. auch Bluthirse, Meerhirse, Perlhirse, Stachelhirse und Waldhirse.

Anm. Diese Frucht und die Pflanze, welche sie trägt, heißt schon in den Monseeischen Glossen Hirsi, in gröbern Mundarten Hirsche, im Oberdeutschen und selbst bey den Landleuten Obersachsens im männlichen Geschlechte, der Hirs, der Hirse oder der Hirsen, im Nieders. Heerse, im Dän. Hirse, im Engl. Hirse, im Schwed. Hers. Einige leiten das Wort von Hirsch ab, weil der Hirsch nach dieser Frucht lüstern ist, Frisch aber von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, beyde nicht ohne Zwang. Vielleicht gehöret dieser Nahme zu dem Geschlechte des Wortes Korn oder Gerste; vielleicht ist er auch ausländisch, da die Pflanze selbst aus einer fremden Gegend zu uns gebracht worden. Die Oberdeutsche Form der Hirsen hat sich auch in einige der folgenden Zusammensetzungen eingeschlichen.


Hirsebrey (W3) [Adelung]


Der Hirsebrey, des -es, plur. inus. ein aus ausgeschlagenen und gereinigten Hirsenkörnern gekochter Brey; Hirsenbrey, in Niedersachsen Hirsegrütze.


Hirsefieber (W3) [Adelung]


Das Hirsefieber, oder Hirsenfieber, des -s, plur. inus. eine Art eines hitzigen, mit Kopfweh, Durst und trockenem Husten verbundenen Fiebers, wobey ein bald rothes, bald weißes Friesel in der Größe der Hirsekörner auf der Haut zum Vorscheine kommt; Febris miliaris, oft auch nur das Friesel schlecht hin.


Hirsefink (W3) [Adelung]


Der Hirsefink, des -en, plur. die -en, in einigen Gegenden. eine Benennung aller derjenigen kleinern Vögel, welche sich gern in den mit Hirse besäeten Feldern antreffen lassen, besonders der Ammern. S. auch Grünfink.


Hirsegras (W3) [Adelung]


Das Hirsegras, oder Hirsengras, des -es, plur. inus. eine Grasart, welche der Hirse gleicht, und in den Hainen Europens wild wächset; Milium L.


Hirseknauer (W3) [Adelung]


Der Hirseknauer, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben einiger Gegenden, Leute, welche die Hirsenkörner in Handstampfen um Lohn ausstampfen, und auch Hirsestampfer heißen.


Hirsekorn (W3) [Adelung]


Das Hirsekorn, des -es, plur. die -körner, ein Korn des Hirsesamens.


Hirsendrüse (W3) [Adelung]


Die Hirsendrüse, plur. die -n, in der Zergliederungskunst, kleine, den Hirsekörnern ähnliche Drüsen, welche an verschiedenen Theilen des Leibes in der Hant, besonders zwischen den Hänten des Harnganges liegen, die Feuchtigkeiten absondern, und den Schweiß befördern helfen; Glandulae miliares.


Hirsenflechte (W3) [Adelung]


Die Hirsenflechte, plur. die -n, oder das Hirsengeflecht. des -es, plur. die -e, S. Flechte.


Hirsenpfriemer (W3) [Adelung]


Der Hirsenpfriemer, des -s, plur. ut nom. sing. eine scherzhafte Benennung eines Grillenfängers, welcher viele mühsame Kunst an unnütze Kleinigkeiten wendet, gleichsam Hirsekörner mit einer Pfrieme aufspießet. Rachel gebrauchte diesen Ausdruck von den Zesianern.


Hirsevogel (W3) [Adelung]


Der Hirsevogel, des -s, plur. die -vögel, S. Grünfink.


Hirt (W3) [Adelung]


Der Hirt, des -en, plur. die -en, Fämin. die Hirtinn, plur. die -en. 1. Eigentlich und zugleich im weitesten Verstande, eine Person, deren Aufsicht und Bewahrung eine Sache anvertrauet ist. Diese Bedeutung ist zwar, im Ganzen genommen, im Deutschen veraltet; allein es finden sich doch so wohl in den ältern als heutigen Mundarten noch häufige Überbleibsel davon, wo es von Aufsehern oder Bewahrern aller Art gebraucht wird. Im Isländischen ist Fehirdi der Bewahrer eines Schatzes, ein Schatzmeister, und im Angels. Cylda-hyrde ein Aufseher über Kinder, ein Hofmeister, und Cwen-hyrde der Aufseher über das Frauenzimmer. In Schwaben wird ein Feldwächter oder Flurschütz noch jetzt ein Feldhirt, und im Dänischen Hyre genannt, und im Tatian heißen die Wächter bey dem Grabe Christi thie Hirta. In der Deutschen Bibel kommen Regenten ganzer Völker, so wie die Aufseher und Lehrer der Gemeine, nach dem Vorgange der Grundsprachen oft unter dem Nahmen der Hirten vor; wo dieses Wort nicht alle Mahl eine Figur der folgenden eingeschränkten Bedeutung zu seyn scheinet. Die Hirten führten die Leute von mir, Jer. 2, 8. Wer ist der Hirt, der mir widerstehen kann? Jer. 49, 19, der Regent, der Monarch. Der ich spreche zu Cores, der ist mein Hirt, und soll all meinen Willen vollenden, Es. 44, 28. Er hat etliche zu Aposteln gesetzt, etliche aber zu Propheten, etliche zu Evan- gelisten, etliche zu Hirten und Lehrern, Ephes. 4, 11. 2. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, eine Person, welche die Aufsicht über eine Herde Vieh hat. 1) So fern dieselbe zugleich der Eigenthumsherr derselben ist, wo es in denjenigen Zeiten und Ländern, wo das Vieh den einzigen Reichthum, und die Wartung desselben, die einzige Beschäftigung ausmacht, oft gebraucht wird, einen solchen herum wandernden Eigenthümer oder Hausvater zu bezeichnen, welcher von der Viehzucht lebt, und sich allein damit beschäftiget. In diesem Verstande sagt man von den Patriarchen, daß sie Hirten waren. die ältesten Einwohner Griechenlandes, ja fast aller Länder, und die heutigen Araber und Tartarn sind es zum Theil noch. 1 Mos. 46, 31. f. sagt Joseph zu Pharao: Meine Brüder sind Viehhirten, denn es sind Leute, die mit Vieh umgehen. - Denn was Viehhirten sind, das ist den Egyptern ein Greuel. S. Hirtenleben. 2) Am häufigsten eine Person, welche einer Herde Vieh eines andern um Lohn vorstehet, und dieselbe auf die Weide und wieder zurück führet; ein Viehhirt im engsten Verstande, in Obersachsen auch ein Huthmann, in Österreich ein Viehhalter oder nur ein Halter. Da es denn nach Beschaffenheit des Viehes im gemeinen Leben Kühhirten, Schafhirten, Schweinhirten, Kälberhirten, Lämmerhirten, Ziegenhirten, Gänsehirten u. s. f. gibt Ein eigener Hirt, welchen sich ein Hausvater selbst halt; zum Unterschiede von einem Gemeinhirten, welcher das Vieh Einer Art einer ganzen Gemeinde hüthet. Der Hirt treibet aus, wenn er das ihm anvertrauete Vieh auf die Weide treibt. Er treibet ein, wenn er es wieder nach Hause treibt. Figürlich ist in der Deutschen Bibel dieses Wort mehrmals eine Benennung so wohl des höchsten Wesens, als auch besonders der zweyten Person derselben, die besondere Leitung und Regierung der Umstände ihrer Verehrer, und den Schutz, welchen sie denselben angedeihen lässet, zu bezeichnen. So wie geistliche, mit der Seelsorge über die ihnen anvertrauete Herde oder Gemeinde bekleidete Personen von jedem Range, noch jetzt, besonders in der höhern Schreibart, Hirten genannt werden; wohin auch die Zusammensetzungen Hirtenamt, Hirtenpflicht, Hirtentreue, u. s. f. gehören.

Anm. In dieser letzten Bedeutung lautet es schon bey dem Ulphilas hairdeis, bey dem Kero, Ottfried und andern Hirti, Hirto, Hirt, im Nieders. Heerde, im Anges. Heard, Heord, Hiord, Hyrde, im Dän. Hyrde, im Schwd. Herde, im Isländ. Hyrde, im Lettischen Kerdzius. Es stammet unmittelbar von dem alten Zeitworte hirten, bewahren, ab, bey dem Stryker beherten, im angels. hyrdan, im Schwed. hjorda, und im Franz. mit einem stärkern Hauchbuchstaben garder. In der Schweizerischen Mundart ist hirten noch für weiden, hüthen, üblich. Vermittelst der Endsylbe -er, hatte man von diesem Zeitworte auch das Hauptwort Herter, welches noch im Schwabenspiegel vorkommt, einen Hirten zu bezeichnen, so wie Herder noch im Holländischen eben diese Bedeutung hat. Dieses alte hirten ist mit unserm heutigen warten sehr genau verwandt, weil der Übergang der Hauch- und Blaselaute in einander etwas sehr gewöhnliches ist, und so wie dieses das Frequentativum oder Intensivum von wahren, bewahren, ist, so ist auch hirten eine solche Form von dem noch ältern hiren, Angels. hiran, hyrian, hüthen, bewahren, führen, wovon im Dänischen noch Hyre einen Feldwächter bedeutet. S. auch Hort.


Hirten (W3) [Adelung]


1. Hirten, weiden. S. das vorige.


Hirten (W3) [Adelung]


2. Hirten, stoßen, S. Hurten.


Hirtenamt (W3) [Adelung]


Das Hirtenamt, des -es, plur. inus. das Amt eines Hirten. Besonders im figürlichen Verstande, das Amt eines geistlichen Hirten oder Seelsorgers.


Hirtenbrief (W3) [Adelung]


Der Hirtenbrief, des -es, plur. die -e, im figürlichen Verstande, ein Kreis- oder Circular-Schreiben eines Bischofes, an die unter ihm stehenden Geistlichen, in Sachen die Seelsorge betreffend.


Hirtenflöte (W3) [Adelung]


Die Hirtenflöte, plur. die -n, die Flöte eines Hirten, besonders eines Hirten des Alterthumes nach der verschönerten Vorstellung; mit einem niedrigen Ausdrucke die Hirtenpfeife.


Hirtengedicht (W3) [Adelung]


Das Hirtengedicht, des -es, plur. die -e, ein Gedicht, in welchem die Empfindungen des ehemaligen Hirtenlebens ausgedruckt werden; ein Schäfergedicht, mit einem Griechischen Nahmen, eine Ekloge, Idylle.


Hirtengericht (W3) [Adelung]


Das Hirtengericht, des -es, plur. inus. S. Hirtenstab 2).


Hirtengespräch (W3) [Adelung]


Das Hirtengespräch, des -es, plur. die -e, ein Hirtengedicht in Gestalt eines Gespräches; eine Ekloge.


Hirtenhaus (W3) [Adelung]


Das Hirtenhaus, des -es, plur. die -häuser, das Wohnhaus eines Viehhirten.


Hirtenhund (W3) [Adelung]


Der Hirtenhund, des -es, plur. die -e, der Hund eines Viehhirten, welcher demselben die Aufsicht über die Herde erleichtert, und zugleich zu ihrer Sicherheit dienet.


Hirtenhütte (W3) [Adelung]


Die Hirtenhütte, plur. die -n, die Wohnhütte eines Hirten.


Hirtenknabe (W3) [Adelung]


Der Hirtenknabe, des -n, plur. die -n, der Knabe eines Viehhirten, welcher demselben die Aufsicht über die Herde erleichtert; in den niedrigen Sprecharten ein Hirtenjunge.


Hirtenlager (W3) [Adelung]


Das Hirtenlager, des -s, plur. die -länger, das Lager mehrer von der Viehzucht lebender und herum wandernder Personen, diese mit ihren Herden gelagerten Personen selbst, und der Ort, wo sie sich lagern; bey den heutigen Tartarn, welche noch dieses Hirtenleben. führen, eine Horde.


Hirtenleben (W3) [Adelung]


Das Hirtenleben, des -s, plur. inus. die Lebensart solcher Personen, welche allein von der Viehzucht leben und sich mit derselben allein beschäftigen. Ein solches Hirtenleben führen noch zum Theile die heutigen Araber und Tartarn.


Hirtenlied (W3) [Adelung]


Das Hirtenlied, des -es, plur. die -er, Diminut. das Hirtenliedchen, ein Lied, worin die verschönerten Empfindungen dieses Hirtenlebens ausgedruckt werden.


Hirtenlohn (W3) [Adelung]


Der Hirtenlohn, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -löhne, der Lohn, welcher einem Viehhirten für die Hüthung des Viehes gegeben wird; der Hütherlohn.


Hirtenpfeife (W3) [Adelung]


Die Hirtenpfeife, plur. die -n, S. Hirtenflöte.


Hirtenschutt (W3) [Adelung]


Der Hirtenschutt, des -es, oder die Hirtenschütte, plur. inus. in einigen Gegenden, z. B. Obersachsens, dasjenige Getreide, welches dem Viehhirten anstatt des Hirtenlohnes gegeben wird. Bey dem Gute zu -pflegt man vier Schafe für eine Kuh im Hirtenschutte zu rechnen.


Hirtenstab (W3) [Adelung]


Der Hirtenstab, des -s, plur. die -stäbe. 1. Eigentlich, ein Stab, so wie ihn die Viehhirten zu mancherley Absicht bey sich führen. Besonders der lange an einem Ende gekrümmte und zuweilen mit einer kleinen Schaufel versehene Stab der Schafhirten oder Schäfer; der Schäferstab. 2. Figürlich. 1) Ein solcher an einem Ende gekrümmter Hirtenstab, welcher besonders den Schäfern dazu dienet, die Schafe an den hintern Füßen aufzuhalten und herbey zu hohlen, ist schon von den ältesten Zeiten der christlichen Kirche an, ein Sinnbild der Seelsorge und der damit verknüpften geistlichen Gerichtbarkeit der Bischöfe und Äbte gewesen, welche denselben zum Zeichen ihrer Würde führen, und vermittelst desselben zuweilen noch jetzt beliehen werden; der Bischofsstab, Krummstab, Lat. Pedum episcopale, im mittlern Lat. Baculus pastoralis, Cambuta. 2) Die Gewalt, einen Viehhirten einzusetzen, und in weiterm Verstande, die Gerichtbarkeit in Sachen, welche die Weide und Trift betreffen, zu erkennen und zu urtheilen, welche ein Theil der niedern Gerichtbarkeit ist, und auch das Hirtengericht genannt wird.


Hirtenstand (W3) [Adelung]


Der Hirtenstand, des -es, plur. inus. der Stand eines Viehhirten, besonders eines von der Viehzucht lebenden Menschen, nach dem verschönerten Begriffe, welchen sich die Dichter oft davon machen.


Hirtentasche (W3) [Adelung]


Die Hirtentasche, plur. die -n. 1) Eigentlich, eine Tasche, welche die Hirten, besonders die Schäfer um sich hängen, allerley kleine Bedürfnisse zum Behufe ihrer Herde darin bey sich zu führen; die Schäfertasche. David that fünf glatte Steine in die Hirtentasche, 1 Sam. 17, 40. 2) Figürlich, eine Schötchen tragende Pflanze, welche auf Rainen und in den Gartenländern wächset, und deren Same die Gestalt einer Hirtentasche hat; Thlaspi Bursa pastoris L. Täschelkraut, Blutkraut, weil es das Blutspeyen und Nasenbluten stillet, im Oberd. Hirtensäckel, Seckelkraut.


Hirten (W3) [Adelung]


Hirten, stoßen, S. Hurten.


Hissen (W3) [Adelung]


Hissen, verb. reg. act. welches nur in Niedersachsen, besonders bey den Schiffern üblich ist, vermittelst einer Blockrolle oder eines Klobens in die Höhe ziehen, Die Segel hissen, aufziehen. Daher der Hisseblock, eine Blockrolle, und die Hisse, eine Art Winden, Lasten damit auf den Schiffen in die Höhe zu winden, das Hißtau, ein Seil, womit etwas in die Höhe gezogen oder niedergelassen wird, Franz. Issas, Drisse. Anm. Im Dän. hisse, im Schwed. hissa, im mittlern Lat. haucire, im Engl. to hoise, im Franz. hausser und isser. Es gehöret zu dem Geschlechte des Wortes hoch, und bedeutet eigentlich überhaupt in die Höhe ziehen. S. auch Aufhissen.


Historie (W3) [Adelung]


Die Historie, (viersylbig,) plur. die -n, aus dem Lat. Historia. 1) Eine geschehene Sache, eine Geschichte. 2) Die Erzählung einer geschehenen Begebenheiten, wo auch das Diminut. das Histörchen, im verächtlichen Verstande für Märchen üblich ist. 3) Die Kenntniß der geschehenen Begebenheiten. In allen diesen Bedeutungen ist nunmehr, wenigstens in der anständigen Schreibart, dafür das Deutsche Geschichte gangbarer, daher man für Historien-Buch, Historien-Mahler, Historien-Schreiber u. s. f. auch lieber Geschichtbuch, Geschichtmahler, Geschichtschreiber sagt. Nur das Ver- und Nebenwort historisch, auf eine erzählende Art, der Geschichte ähnlich, in der Geschichte gegründet, hat noch keinen schicklichen Deutschen Ausdruck gefunden, indem das von einigen versuchte geschichtlich sich nicht in allen Fällen gebrauchen lässet. Die historische Erkenntniß, da man einer Sache und ihrer Gründe bloß kundig ist, oder sich derselben zu allen Zeiten wieder erinnern kann; im Gegensatze der wissenschaftlichen, scharfsinnigen oder vernünftigen Erkenntniß.


Hitzblase (W3) [Adelung]


Die Hitzblase, plur. die -n, Diminut. das Hitzbläschen, oder die Hitzblatter, plur. die -n, Diminut. das Hitzblätterchen, eine kleine, wässerige, durchsichtige und breite Blase oder Blatter, welche am Grunde eine kleine Entzündung hat, von erhitztem Geblüt entstehet, aber bald wieder vergehet; Phlyctaena, Hitzpocke, Wasserblase, Schälblase, wildes Feuer, im Oberd. Schweißfleck, Sprenklein, Wimmerlein, im Nieders. Bloien, im Hannöver. Sü - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Auch die Hasen bekommen, wenn sie rammeln, eine Menge großer aber unschädlicher Hitzblattern an dem Geräusche, welche von einigen irrig für venerisch gehalten werden.


Hitze (W3) [Adelung]


Die Hitze, plur. inus. von dem Bey- und Nebenworte heiß, einen sehr hohen Grad der Wärme zu bezeichnen. 1. Derjenige Zustand des Körpers, worin er heiß macht, d. i. einen hohen Grad an Wärme hervor bringet. Die Hitze des Feuers. Die Schmelzhitze, derjenige Grad des Feuers, in welcher die Metalle zum Schmelzen gebracht werden. Die Glühhitze, worin das Eisen glühend wird. Die Schmiede nennen die Glühhitze und den Zustand des Glühens bey dem Eisen nur die Wärme, denjenigen Grad des Glühens aber, welcher zunächst an das Schmelzen gränzet, und zum Zusammenschweißen nöthig ist, die Hitze. Die Hitze geschmolzener Metalle, des siedenden Wassers, des Blutes u. s. f. Besonders ein hoher Grad des von den Sonnenstrahlen erwärmten Dunstkreises. In Afrika ist oder herrschet eine unerträgliche Hitze. Die größte Hitze befindet sich unter der Linie. Die Hitze nimmt ab, lässet nach, schlägt ab, hat sich gelegt u. s. f. In figürlichem Verstande sagt man auch von Gewürzen, starken Getränken u. s. f. daß sie Hitze, oder viele Hitze haben, wenn sie einen ungewöhnlich hohen Grad der Wärme oder der Bewegung des Blutes verursachen. 2. Die Empfindung eines hohen Grades der Wärme. 1) Eigentlich. So sagt man, daß man Hitze habe, wenn man einen ungewöhnlich hohen Grad der Wärme in den innern und äußern Theilen des Körpers empfindet. Eine innerliche Hitze empfinden. Auch eine brennende schmerzhafte Empfindung an einzelnen Theilen des Körpers führet den Nahmen der Hitze. Die Fieberhitze. In der Hitze liegen, in der Fieberhitze. Auf die Hitze trinken, in der Hitze trinken, trinken, wenn man sich erhitzt hat. Es brach eine ungewöhnliche Hitze in seinem Gesichte aus, eine ungewöhnliche von der beschleunigten Bewegung des Blutes verursachte Röthe. 2) Figürlich. (a) Ein hoher Grad der lebhaften Begierden und Leidenschaften. Die Hitze der Jugend, die Jugendhitze. Eine Arbeit mit großer Hitze anfangen, mit heftiger Begierde. Die erste Hitze, die lebhafte Begierde, mit welcher man ein Geschäft gemeiniglich anzufangen pflegt. Er ist noch in der ersten Hitze. Seine Hitze (lebhafte Begierde) hat schon nachgelassen. In der Hitze des Gefechtes, als das Gefecht am lebhaftesten war. Es wird Hitze kosten, im gemeinen Leben, es wird Hitze haben, d. i. es wird schwer halten, wird eine lebhafte Anstrengung der Kräfte erfordern. Besonders die starke sinnliche Begierde zur Begattung bey Thieren, welche auch die Brunst, und bey den Jägern die Brunst heißt. Bey den Stuten pflegt man auch wohl das äußere Merkmahl dieser Begierde, oder den weißen kleberigen Saft, welcher ihnen in diesem Zustande aus den Geburtsgliedern fließet, die Hitze zu nennen. Noch häufiger, ein lebhafter Grad des Zornes. In der Hitze seyn. Ich habe es in der Hitze gesagt. Jemanden in die Hitze bringen. In die Hitze kommen. (b) Bey den Bäckern ist eine Hitze Brot, eine Hitze Semmeln, so viel Brot oder Semmeln, als auf Ein Mahl in einem geheitzten Ofen gebacken werden, welches auch ein Ofen voll Brot, ein Gebacke, genannt wird, und in welchem Verstande man auch wohl den Plural die Hitzen höret. (c) Bey dem Einrammen der Pfähle ist die Hitze die Arbeit mit der Ramme von einem Ruhepuncte bis zum andern. Zwanzig Schläge in Einer Hitze thun. Gemeiniglich rechnet man auf Eine Stunde zwölf Hitzen.

Anm. Bey dem Ottfried, Willeram und Notker Hizza und Hizzo, im Dän. Heede, im Schwed. Heta, im Angels. Heat, Heaste, im Engl. Heat. S. Heiß, von welchem es unmittelbar abstammet.


Hitzen (W3) [Adelung]


Hitzen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) * Hitze empfinden oder haben; eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutung. Die Seele, die von nichts anders hitzt als ihres Schöpfers Brunst, Opitz. Ich hitz und bin entzündt wie Etna, ebend. Ich hitz und brenne doch noch immer wie vorhin, ebend. 2) Hitze, d. i. die Empfindung eines hohen Grades der Wärme hervor bringen, in der zweyten eigentlichen Bedeutung des Wortes Hitze; doch auch hier nur in einigen Fällen. Man sagt nicht, die Sonne hitzt, das Feuer hitzt; wohl aber von starken Gewürzen, starken Getränken, gewissen Speisen und Arzneyen; daß sie hitzen, wenn sie Hitze in dem Körper verursachen. S. auch Erhitzen. Ingleichen von brennbaren Dingen in Ansehung der Wärme, welche sie uns gewähren, Holzkohlen hitzen besser, als Torf, Eichenholz hitzet besser als Erlenholz, alles Holz besser als Stroh u. s. f. In der ersten eigentlichen Bedeutung des Hauptwortes ist dieses Zeitwort, für heiß machen, nicht üblich, ob gleich durchhitzen in einigen Fällen gebraucht wird. In einigen andern ist heitzen üblich, S. dasselbe.

Anm. Es ist vermittelst der Endung -sen, aus dem Bey- und Nebenworte heiß, Nieders. het, gebildet, gleichsam hetsen, heiß machen. Es lautet im Dän. hidse. Ottfried gebraucht hizen für glänzen, blitzen.


Hitzig (W3) [Adelung]


Hitzig -er, -ste, adj. et adv. welches so wohl in thätigem, als leidentlichem Verstande gebraucht wird. 1. Im thätigen, Hitze verursachend; wo es aber nur noch in einigen Fällen üblich ist. 1) Eigentlich. Hitzige Krankheiten, welche mit einer anhaltenden brennenden Hitze verbunden sind, die Empfindung der Hitze verursachen. Das hitzige Fieber, febris ardens, ein solches Fieber. Ingleichen von Nahrungsmitteln, Arzeneyen u. s. f. welche in dem Innern des Körpers die Empfindung eines hohen Grades der Wärme verursachen. Hitzige Getränke, Speisen, Arzeneyen. Der Pfeffer ist ein sehr hitziges Gewürz. 2) Figürlich. Ein hitziger Boden, ein hitziges Land, ein hitziges Erdreich, welches wegen zu vieler Fettigkeit die Gewächse zu stark treibet. Ein hitziges Klima, nicht so wohl ein heißes, als vielmehr ein solches, welches wegen der Sonnenhitze in den Naturkräften des Gewächs- und Thierreiches heftig wirket. 2. Im leidentlichen Verstande, Hitze habend. 1) Eigentlich. Die Schmiede nennen das Eisen, wenn es in der Hitze ist, d. i. weiß glühet, hitzig, S. Hitze 1. In den übrigen Fällen ist dafür heiß üblich. 2) Figürlich. (a) Hitzige Eisensteine, in dem Hüttenbaue, welche leichtflüssig sind, aber das Gest - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ll angreifen, und dünnes oder grelles Eisen geben; im Gegensatze der kaltbläsigen. b) Einen hohen Grad der innern Wärme habend. Die Mäuse und Ratzen sind sehr hitzige Thiere, daher sie ohne Wasser nicht lange leben können. Von einem Menschen, welcher gern und viel trinkt, sagt man im gemeinen Leben, er habe eine hitzige Leber. Ingleichen, einen hohen Grad der Lebhaftigkeit habend, und darin gegründet; obgleich nicht ohne alle Einschränkung. Ein hitziges Geblüt. Es ging dabey sehr hitzig zu. Ein hitziges Gefecht. Besonders einen hohen Grad lebhafter Begierden und Leidenschaften habend und darin gegründet. Ein hitziges Pferd. Am häufigsten als ein Nebenwort. Die Jugend ist gemeiniglich sehr hitzig. Sehr hitzig über etwas seyn. Eine Sache hitzig anfangen. Nicht so hitzig! Ein Mensch, welcher für die ruhige Überlegung zu hitzig ist. Von Hündinnen sagt man, daß sie hitzig sind, wenn sie den Naturtrieb zur Begattung empfinden. Von andern Thieren sind andere Ausdrücke üblich. (c) Im engern Verstande, fähig, leicht in Hitze, d. i. merklichen Grad des Zornes zu gerathen, und darin gegründet; im Nieders. hastig. Ein hitziger Kopf. Hitzig vor der Stirn seyn. Hitzig antworten, in der Hitze, mit Hitze.

Anm. Im Dän. hidsig, im Schwed. hetsig, welches aber auch heiß bedeutet.


Hobel (W3) [Adelung]


Der Hobel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug zum Hauen, d. i. stoßend Schneiden, verschiedener Handwerker. 1) Der Holzarbeiter, wo es ein längliches am häufigsten viereckiges Holz mit einem in dessen Miete schief verkeilten Eisen ist, die Ungleichheiten des Holzes oder anderer ähnlicher Körper damit wegzunehmen. S. Bankhobel, Fausthobel, Grundhobel, Hohlhobel, Kehlhobel, Nuthhobel, Scharfhobel, Schlichthobel u. s. f. welche Nahmen dieses Werkzeug von den besondern Arten des Gebrauches erhält, wozu es bestimmt ist. 2) Bey den Sammtwebern ist es eine in dem Sammtstuhle eingenierhete Messerklinge, womit die Kettenfäden aufgeschlitzet werden, und wo er auch das Schlitzeisen, das Driet genannt wird. S. diese Wörter. 3) Der Hobel der Büchsenmacher ist eine starke stählerne Platte, die auf ihrer breitesten Seite Feilenhiebe hat, den Flintenlauf damit aus dem Gröbsten zu ebenen, da denn dieses Werkzeug eben so regieret wird, wie der Hobel der Tischler.

Anm. In der ersten Bedeutung im Nieders. Hövel, im Dän. Hovel, im Schwed. Höswel, im Böhm. Hoblik, im Isländ. Hefill, im Finnländ. Höylae. Frisch leitet dieses Wort von erhaben, erhoben her, weil es die erhabenen Theile wegnimmt; dagegen Ihre es zu dem Geschlechte der Wörter hübsch und höflich rechnet, und es durch ein Werkzeug erkläret, einem Körper ein schönes Ansehen zu geben. Allein mit mehrerer Wahrscheinlichkeit lässet es sich von hauen ableiten, so daß die letzte Sylbe die Ableitungssylbe -el ist, ein Werkzeug zu bezeichnen, so daß Hobel, oder im Nieders. Hovel, Hövel, aus Hauel entstanden. Das Angels. heawian und Engl. to hew, welches unser hauen ist, bedeutet hobeln, spalten u. s. f. und daß hauen selbst auch für schneiden gebraucht worden, ist schon bey diesem Worte angemerket worden. Im Oberd. lautet dieses Wort im Plural Höbel. In einem alten zu Ende des 15ten Jahrh. zu Augsburg gedruckten Vocabulario wird Dolabrum durch Schaue (Schabe) erkläret.


Hobelbank (W3) [Adelung]


Die Hobelbank, plur. die -bänke, ein starker Tisch der Tischler, das Holz darauf zu behobeln. S. Bank.


Hobeleisen (W3) [Adelung]


Das Hobeleisen, des -s, plur. ut nom. sing. das schneidende Eisen, welches in dem Hobel der Holzarbeiter verkeilet ist, und eigentlich das Schneiden verrichtet.


Hobeln (W3) [Adelung]


Hobeln, verb. reg. act. mit dem Hobel bearbeiten. Ein Bret glatt hobeln. S. Abhobeln, Behobeln. Jemanden hobeln, figürlich, ihm die rauhen Sitten zu benehmen suchen. S. Ungehobelt. Das Hauptwort die Hobelung ist nicht üblich.

Anm. Im Nieders. höveln, im Dän. hovle, im Schwed. höfla, im Isländ. hesla, im Böhm. hoblowati. In Luthers Bibel kommt noch einige Mahl die Niedersächsische Form höfein vor. Von einer Riege gehöfelten Cedern, 1 Kön. 6, 36. Gehöfeltes Holz, 2 Chron 34, 4. In Hofea 6, 5 wird es figürlich für strafen gebraucht; darum höfele ich sie durch die Propheten.


Hobelspan (W3) [Adelung]


Der Hobelspan, des -es, am häufigsten im Plural die -späne, Späne, welche im Hobeln von dem gehobelten Körper abgehen. Nieders. Hevelspäne, Krullspöne. Auch ein gewisses Gebackenes von Mandeln und Zucker, welches diesen Spänen von außen gleicht, wird Hobelspäne genannt.


Hoch (W3) [Adelung]


Hoch, höher, der höchste, adj. et adv. welches einen relativen Begriff ausdruckt, weiter von der Horizontalfläche, oder vielmehr von dem Mittelpuncte der Erde entfernet, in Vergleichung mit dem was niedrig oder tief, d. i. demselben näher ist. 1. Eigentlich. Der hohe Himmel. So hoch wie der Himmel. Die Tauben hingen dem Fuchse zu hoch. Das ist mir zu hoch, ich kann es nicht erreichen. Ein hoch gelegenes Land, ein hohes Land, dessen Oberfläche weiter von dem Mittelpuncte der Erde entfernet ist, als andere. Hoch wohnen. Ein hoher Berg. Hoch herab stürzen, von einem hohen Orte. Hoch fallen, aus der Höhe. Hoch springen. Hoch steigen, in die Höhe. Das Pferd trabet hoch, wenn es im Traben den Leib hoch aufhebet. Den Kopf hoch tragen. Etwas hoch halten, in die Höhe. Hoch sieht die Sonne vom Himmel herab, Zach. Die wiehernden Rosse Tragen ihn hoch auf Leichnamen her, ebend. Auf einem perlenhellen Wagen Wird der Monarch der Wasserwelt Hoch auf dem Saum der Fluth getragen, Ram. Hohes Wasser, wenn dessen Oberfläche höher ist als gewöhnlich, folglich sich auch dessen Masse vermehret hat. Mit hohem Wasser in den Hafen laufen, mit der Fluth. Das hohe Meer, die hohe See, altum mare, im Gegensatze des nahe an den Küsten befindlichen Theiles desselben, welcher dem Auge niedriger vorkommt, als in einer beträchtlichen Entfernung von denselben. In manchen Ausdrücken stehet es noch deutlicher für den Comparativ höher; und beziehet sich alsdann auf ein niedrigeres Ding eben derselben Art. Eine hohe Stirne haben, welche höher ist, als gewöhnlich. Eine hohe Achsel, eine hohe Schulter haben, wenn die eine Achsel, die eine Schulter höher ist als die andere. Im Bergbaue ist das hohe Gebirge, der höchste Theil eines Gebirges. Ingleichen von der senkrechten Länge, eine große senkrechte Länge habend, sich in der senkrechten Länge weiter von der Oberfläche der Erde entfernend als gewöhnlich ist, oder als andere Dinge eben dieser Art. Ein hoher Thurm, ein hohes Haus, ein hoher Baum. Hohe Absätze tragen. Die Mauern sind sehr hoch. Die Wand ist sechs Ellen, der Thurm ist hundert Fuß, der Berg ist tausend Schritte hoch. Der Stuhl ist für mich zu hoch. Der hohe Ofen, im Hüttenbaue, in Vergleichung mit dem so genannten krummen Ofen. Dahin auch die im gemeinen Leben üblichen Zusammensetzungen gehören, ellenhoch, haushoch, mannshoch, himmelhoch u. s. f. eine Elle hoch, so hoch wie ein Haus, wie ein Mann oder Mensch, wie der Himmel. In manchen R. A. hilft es eine figürliche Bedeutung bilden. Es ist noch hoch am Tage, d. i. es wird noch lange Tag bleiben, es ist noch lange nicht spät; ein von dem scheinbaren hohen Stande der Sonne am Himmel hergenommener Ausdruck. Es ist schon hoher Tag, die Sonne stehet schon hoch am Himmel. Hoch hinaus wollen, nach Dingen trachten, welche über seinem Stande sind; ingleichen einen hohen Preis für etwas fordern. Er will höher fliegen, als ihm die Federn gewachsen sind, er unternimmt Dinge, welche über seine Kräfte sind. Hoch aufhorchen, mit Bewunderung zuhorchen. Hoch am Brete bey jemanden stehen, bey ihm hoch angeschrieben seyn, in großem Ansehen. Sich hoch schwingen, zu einem großen Ansehen, vornehemen Stande gelangen. Der Hirsch gehet hoch, oder ist hoch verecket, bey den Jägern, wenn sein neues Geweih die völlige Höhe erreicht hat. Hoch schwanger seyn, nicht weit mehr von der Entbindung entfernet seyn; im gemeinen Leben grob schwanger seyn. Bey den Jägern gehet ein Thier hoch beschlagen, wenn es trächtig ist. 2. Figürlich, wo dieses Wort sehr häufig gebraucht wird, diejenige Eigenschaften der Dinge zu bezeichnen, da sie andere Dinge ihrer Art in etwas übertreffen, denjenigen Grad einer Beschaffenheit, welcher nicht vieler Zusätze, und im Superlativ, welcher gar keiner Zusätze mehr fähig ist; gemeiniglich im Gegensatze dessen, was niedrig oder tief ist. 1) Von den Farben. Hohe Farben, welche besser, stärker in das Gesicht fallen, als andere ihrer Art; im Gegensatze der blässern, so wie helle Farben eigentlich den dunkeln entgegen gesetzet sind. Hoch roth, hoch gelb, hoch blau, hoch grün. Zuweilen auch für helle Farben, im Gegensatze der dunkeln. So nennet man Zinnober, Bergblau u. s. f. hohe Farben. 2) Von den Tönen. Ein hoher Ton, derjenige, welcher eine dünnere, kürzere oder stärker gespannte Saite hervor bringt; im Gegensatze des tiefern. Ein Instrument klingt hoch, geht zu hoch, ist zu hoch gestimmt. Die Saiten zu hoch spannen, figürlich, zu viel fordern oder verlangen. Ein hoch gespanntes Lob, figürlich, ein übertriebenes. 3) Von der Breite, wo man doch nur von Menschen, besonders von Soldaten sagt, sie stehen drey Mann hoch, wenn sie in drey Reihen hinter einander stehen. Bey den Alten standen die Truppen oft zehen und mehr Mann hoch. Das Schwedische hög bedeutet in mehrern Fällen so viel als breit; z. B. der Weg soll sechs Ellen hoch, d. i. breit, seyn. 4) Von der Zeit, nur als ein Beywort. Es ist hohe Zeit, es ist nicht viele Zeit mehr übrig. Es war hohe Zeit, daß du kamest. Es ist hohe Zeit, daß du gehest. Es ist die höchste Zeit, es ist keine Zeit mehr übrig. Ein hohes Alter erreichen, im hohen Alter sterben, ein Alter, welches das gewöhnliche übersteiget. Ein noch höheres Alter erreichen. Das höchste Alter. Ingleichen von einer vergangenen Zeit. Das hohe Alterthum, die längst vergangenen alten Zeiten. Er konnte sich nicht höher (nicht weiter zurück) als bis auf seinen Großvater besinnen. Je höher wir mit den Geschlechtsregistern hinauf steigen, desto mehr nimmt die Ungewißheit zu. 5) von den Begreiflichkeit, die gewöhnlichen Begriffe übersteigend. Die höhern Wissenschaften. Die höhere Mathematik. Die höhere Rechenkunst. Hohe Schulen, Universitäten, auf welchen die höhern Wissenschaften gelehret werden; im Gegensatze der niedern Schulen. Was auch der Pöbel weiß kann mich nicht lüstern machen. Ein philosophisch Aug ergetzen hohe Sachen, Hagd. Das ist mir zu hoch, zu gelehrt, zu unverständlich. Weisheit ist dem Narren zu hoch, Sprichw. 27, 8. Hoch reden, im gemeinen Leben, gelehrt, unverständlich. Er redet nicht so hoch, wie der Magister, Gell. In einem etwas andern Verstande sagen die Niederdeutschen von dem Hoch- und Oberdeutschen, daß sie hoch reden, wenn sie mit der ihnen eigenen Fülle des Mundes reden. S. Hochdeutsch. 6) Von dem Preise; im Gegensatze des niedrig oder geringe. Einen hohen Preis auf etwas setzen. Das kommt mir sehr hoch (theuer) zu stehen. Einem etwas sehr hoch anschlagen, anrechnen. Die guten Weine werden alle Mahl höher im Preise gehalten, als die geringen. Der Preis, die Summe ist mir zu hoch. Der höchste Preis. Der Anschlag ist zu hoch gemacht, zu hoch eingerichtet. Es scheinet, daß sie mit ihren Kummer sehr hoch anrechnen, Weiße. Das haben sie zu hoch eingekauft, zu theuer. Er spielet gern hoch, um einen hohen Preis, um vieles Geld. 7) Der Würde nach, andere Dinge seiner Art an Vorzügen, an Feyerlichkeit übertreffend, wo in der edlern Schreibart oft erhaben dafür üblich ist; im Gegensatze des nieder. Das hohe Wildbret oder Hochwildbret, wozu man an den meisten Orten die Hirsche; wilden Schweine, Bären, Rehe, Trappen, Auerhühner, Birkhühner, Haselhühner, Schwäne, Fasanen, Luchse und Kraniche rechnet; im Gegensatze des niedern Wildbretes. Die hohe Jagd, die Jagd dieses Wildbretes, im Gegensatze der niedern. Hohe Metalle, Gold und Silber, welche noch häufiger edle Metalle genannt werden; im Gegensatze der niedern oder unedlen. Hohe Verbrechen, welche Leib- und Lebensstrafe nach sich ziehen. Die hohen Gerichte, das Befugniß über dergleichen Verbrechen zu erkennen, die Obergerichte; im Gegensatze der niedern Gerichte oder Untergerichte. In der Deutschen Bibel wird dieses Wort sehr häufig für erhaben gebraucht, besonders von Gott, dessen unendliche Vorzüge vor allen endlichen Dingen zu bezeichnen. Der Herr ist hoch, Ps. 99, 2. Des Herren Nahme ist hoch, Ps. 148, 13. Womit soll ich den Herrn versühnen? Mit Bücken vor dem hohen Gott, Micha 6, 6. Daher er auch häufig der Höchste, der Allerhöchste genannt wird. Sein Herz ist für die Rachgier zu hoch, zu erhaben. Ein hoher Geist, eine hohe Denkungsart, welche sich über die gemeine erhebet. Die allgemeine Empfindung des Guten und Bösen ist ein herrlicher Beweis des hohen Ursprunges unserer Seele, Gell. Die menschenfreundlichen Neigungen sind - ein hohes göttliches Gut, ebend. Die Gelassenheit ziehet ihre Starke aus dem Bewußtseyn höherer Güter, als die sind, die wir entbehren, Gell. Wenn unter hohen jubelvollen Zungen Ein süßer Ton auch mir gerieth. Raml. Von hoher Lust entglommen Ruft dir das ganze Volk den lauten Beyfall zu, Weiße. Sein hohes Loblied, Klopst. Das hohe Lied, oder Hohelied Salomonis. Die höhere Schreibart, welche sich in ihren Bildern, Vorstellungen und Ausdrücken über die gewöhnliche, und im engern Verstande auch über die edle erhebt, S. Schreibart. Hohe, erhabene, Worte. Ein hohes Fest, welches mit vorzüglicher Feyerlichkeit gefeyert wird. S. Hochzeit. Der hohe Donnerstag, in einigen Oberdeutschen Gegenden, der grüne Donnerstag, wo auch alle Tage in der Charwoche hohe Tage und diese Woche selbst die hohe Woche genannt werden. Die hohe Messe, das hohe Amt, in der Römischen Kirche, die große feyerliche Messe an den Sonn- und Festtagen, siehe Hochamt. Der hohe Altar oder Hochaltar, der vornehmste Altar, an welchem diese Messe gehalten wird. 8) Besonders der bürgerlichen Würde, der Achtung in der bürgerlichen Gesellschaft nach, vornehm von Stande, andere in der bürgerlichen Gesellschaft an Geburt, Stand und äußern Vorzügen weit übertreffend; im Gegensatze des nieder. Der hohe Adel, der Adel vom ersten Range, wozu Fürsten, Grafen und Herren gerechnet werden; im Gegensatze des niedern oder geringern Adels. Die hohen Kronbedienten. Ein hoher Stand, ein hoher Rang, eine hohe Würde. Die höchste Würde in einem Staate bekleiden. Die hohe Obrigkeit. Hohe Ehrenstellen. Die hohe und niedere Geistlichkeit. Der hohe Priester, bey den Juden, ( S. Hohepriester,) Ein hohes Stift, ( S. Hochstift,) Sich an einen hohern Richter wenden. Eine höhere Bedienung bekommen. Eine hohe Person, eine vornehme. Seine hohe Person, im Scherze und mit einiger Verachtung, seine Wenigkeit. Ich habe es von hoher Hand, d. i. von einer sehr vornehmen Person. Das bescheidene Verdienst öffnet sich den Zutritt bey den Hohen und Niedrigen zugleich, Gell. Das Glück der Hohen dieser Erde. Ein hohes Haus, vornehmes Geschlecht Eine hohe Gnade genießen, von einer hohen Person. Es ist eine elende Scham, wenn man sich einer höhern Hülfe schämet, Gell. Er hat es in der Welt sehr hoch gebracht, ist zu einem hohen Stande, großen Reichthume gelanget. Du wirst es nicht hoch bringen. Nach hohen Dingen trachten, nach einem vornehmen Stande. Je höher du bist, je mehr sollst du dich demüthigen. Die biblischen Ausdrücke, hoch herfahren auf Erden, von dem Jakob, 5 Mos. 32, 13, in großem Ansehen leben, hoch bleiben, Hiob 36, 7, in Ansehen bleiben, sind so wie andere ähnliche im Hochdeutschen nicht nachzuahmen. Hierher gehöret auch der besondere Gebrauch, welchen der Deutsche dem Ceremoniel so sehr ergebene Curial-Styl von den Wörtern hoch, höchst und allerhöchst macht, indem er dieselben in Schriften an sehr hohe Personen und von denselben, vielen derjenigen Hauptwörter vorsetzet, welche einige Beziehung auf sich haben; da denn nach der einmahl beliebten Rangordnung das allerhöchst von kaiserlichen und königlichen, das höchst von churfürstlichen und fürstlichen, das hoch aber von geringern, aber doch in Ansehung des Schriftstellers sehr vornehmen Personen gebraucht wird. Sr. Kaiserl. Majestät allerhöchste Willensmeinung. Sr. Churfürstl. Durchl. höchste Gesinnung. Gott wolle Ew. Hochfürstl. Durchl. bey höchsten Fürstlichen Wohlseyn erhalten. Ew. Majestät allerhöchsten, Ew. Durchl. höchsten; Ew. Excellenz hohen Nahmen diesem Buche vorzusetzen. Wo man denn diese Wörter auch manchen Bey- und Nebenwörtern nach eben demselben Verhältnisse des Standes vorzusetzen pfleget. Allerhöchstgedachte Se. Majestät, höchstgedachter Fürst, hochgedachter Minister. Höchstgeneigt, hochgeneigt, höchstberühmt, hochverdient u. s. f. Ja selbst die Pronomina sind von diesen Formalitäten nicht verschonet geblieben, indem für Dieselben, Denselben, Dero, welcher, welche u. s. f. Allerhöchstdieselben, Höchstdieselben, Hochdieselben, Allerhöchstdero, Allerhöchstwelche Höchstwelche, Hochwelche, wenigstens bey vielen üblich ist. je nachdem man glaubt, daß der Rang der Person solches erfordere. Da Ew. Excellenz so viele Proben Hochdero hohen Huld gegen mich blicken lassen. Wenn ein solches Schreiben an königliche, fürstliche und geringere hohe Personen zugleich gerichtet ist, oder solche in einem gemeinschaftlichen Schreiben zugleich redend eingeführet werden, so werden auch wohl alle drey Wörter mit einander verbunden. Ew. Excellenzen allerhöchste, höchste und hohe Principalen. Die anwesenden höchsten und hohen Herrschaften. Allerhöchst- Höchst- und Hochdieselben geruhen u. s. f. Man spotte über diese Pünktlichkeit so viel man will, so muß man sich dennoch derselben unterwerfen, wenn man an den Orten, wo sie einmahl eingeführet worden, gelesen seyn will. Nur das Hochseyn, Höchstseyn, Hochergehen, Höchstergehen, welches einige Pedanten nach eben dem Maße für Wohlseyn und Wohlergehen versucht haben, ist mit allem Rechte ausgezischet worden. Ein ähnlicher Gebrauch ist es, wenn die erste Staffel hoch manchen Bey- und Nebenwörtern des Standes vorgesetzet wird; hochfürstlich, hochgräfisch, hochfreyherrlich, hochadelig für fürstlich, gräflich und adelig schlechthin. Ew. Hochfürstliche Durchl. Das ganze Hochgräfliche Haus. Die ganze Hochadelige Familie. Mit andern Standeswörtern ist es nicht üblich; wohl aber mit den Titelwörtern edel. edelgeboren, geboren und würdig, wo man mit den vorgesetzten Wörtern wohl, hochwohl und hoch die verschiedenen Stufen des Ranges und der Würde auszudrucken sucht. S. Hochedel, Hochedelgeboren, Hochgeboren u. s. f. 9) In engerm und gehässigerm Verstande für stolz; in einigen Fällen, und nur als ein Nebenwort. Hohe Gedanken haben. Er schlug es mir mit einer hohen Miene ab. Mit einer hohen Unfreundlichkeit abgewiesen werden. Und wie öfters bläht die hohe Dame Nichts als ihr Nahme! Zachar. Einen hohen Geist haben. Hohe Augen, in der Deutschen Bibel, für stolze Personen, Ps. 18, 28, Sprichw. 6, 17, PS. 101, 5. Es. 2, 11, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. 10) Im weitesten Verstande, denjenigen Grad der innern Stärke, welcher weniger, und im Superlativ, welcher gar seiner Zusätze mehr fähig ist. In der ersten und zweyten Staffel aber nur in einigen Fällen. Wenn es hoch kommt, wenn es einen der letzten Grade erreicht. Etwas sehr hoch empfinden, es sehr übel nehmen. Wer bist du; der den Schimpf Sehr hoch empfindet? Weiße. Du hast hohe Ursache, dich zu bessern, sehr dringende, triftige Ursache. Etwas hoch und rhauer schwören. Mit einem hohen Schwure betheuern. Eine mit einem hohen Verstande begabte Person. Eine Fähigkeit, eine Fertigkeit in einem hohen Maße besitzen. Ein hoher, höherer Grad. Das ist der höchste Grad des Lasters. In sehr hohem Grade strafbar seyn. Höhere Stufen der Vollkommenheit besitzen. Eine Sache hoch schätzen, achten, halten, im Gegensatze des geringe. ( S. Hochachtung, Hochschätzung,) Den Reichtum höher schätzen als die Geburt. Jemanden in hohen Ehren halten. Etwas bey hoher (d. i. strenger, schwerer) Strafe verbiethen. Es bey der höchsten Strafe verbiethen. Eine Sache hoch treiben. Er hat es in dieser Kunst noch höher gebracht. Er hat es darin auf das höchste gebracht. Etwas hoch angeloben, feyerlich. Bey jemanden hoch angesehen seyn, im hohen Ansehen stehen. Da sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut. Matth. 2, 10. Jemanden hoch beschimpfen, hoch beleidigen, hoch bedauern, hoch bitten, eine Sache hoch betrauern, sich hoch beklagen, sich über etwas hoch verwundern, in welchen sämmtlichen R. A. doch im Hochdeutschen höchlich üblicher ist, S. dasselbe. Sich hoch vermessen. Hoch gedarrtes Malz, welches zu sehr gedarret ist. Noch häufiger im Superlativ, als welcher fast in allen Fällen gebraucht werden kann, denjenigen Grad zu bezeichnen, welcher keiner Zusätze weiter fähig ist. Die höchste Würde, die höchste Liebe, die höchste Tugend, die höchste Bosheit, die höchste Geschicklichkeit, die höchste Ehre, das höchste Ansehen u. s. f. Die höchste Angst, den höchsten Schmerzen empfinden. Eine Sache auf das höchste treiben. Die nähere Offenbarung des göttlichem Willens ist die höchste Wohlthat. Seine Begierden waren auf das höchste gestiegen. In höchster Eile. Auf meinen ehrlichen Nahmen, das ist mein höchster Schwur. Das Laster ist der höchste Schimpf des göttlichen Adels anderer Seele, Gell. Die höchste Weisheit Gottes. Gott gebühret die höchst Ehre und der höchste Gehorsam. Es ist mit ihm auf das höchste gekommen, auf den äußersten Grad der Verlegenheit, des Elendes. Das höchste Gut, das höchste Übel. Aufs höchste will ich zu ihm gehen, d. i. alles, was ich thun kann, ist, daß ich zu ihm gehen will, siehe Höchstens. Einer oder aufs höchste zwey werden genug seyn. Wohin auch diejenigen Fälle gehören, wo man das hoch und höchst Bey- und Nebenwörter zugesellet, die hohen und höchsten Stufen zu bezeichnen, da denn hoch mit dem Bey- und Nebenworte gemeiniglich zusammen gezogen wird; hochansehnlich, hochbetraut, hochbetrübt, hocherfahren, hocherfreut, hochberühmt, hochgeehrt, hochgelehrt, hochweise u. s. f. welche Wörter sich nicht ohne alle Einschränkung mit neuen vermehren lassen. In der dritten Staffel, wo höchst mit mehrern Bey- und Nebenwörtern verbunden werden kann, ist die Zusammenziehung nicht hergebracht. Höchst glücklich, höchst unglücklich, höchst arm, höchst anständig, höchst ansehnlich, höchst bereitwillig, höchst weise, höchst schlecht, höchst gleichgültig, höchst beglückt, höchst gültig u. s. f. Die Natur der Sache bringt es schon mit sich, daß diejenigen Wörter, welche eines dieser beyden Wörter vor sich haben nicht compariret werden können; hochwürdig, hochgeehrt, hochmüthig, hochstämmig u. a. m. ausgenommen. Anm. 1. Dieses Wort weicht so wohl in der Declination als Comparation von der gewöhnlichen Regel ab; indem es, so bald es am Ende wächset, sein ch in ein h verwandelt, die dritte Staffel ausgenommen, welche das ch durchaus behält. Indessen gibt es auch Mundarten, welche theils in der ersten und zweyten Staffel das ch beybehalten, höcher für höher, das hoche Haus für das hohe Haus; theils in der dritten Staffel nur ein h hören lassen, die höhesten Hügel, Geßn. für höchsten. Hoch wird in der Zusammensetzung mit Hauptwörtern so wenig declinirt, als andere Beywörter; nur Hohepriester, Hohelied, und im Bergbaue Hoheofen, machen hier eine Ausnahme. Siehe diese Wörter. Da dieses Wort, wenn es Zeitwörtern zugesellet wird, ein wahres Nebenwort ist, so thun diejenigen übel, welche es in den R. A. hoch achten, hoch schätzen, hoch halten u. s. f. mit dem Zeitworte zusammen ziehen, da sie doch so wenig hoch stehen, hoch sitzen, hoch steigen u. s. f. als geringe achten, geringe schätzen u. s. f. zusammen ziehen. Mit Hochachtung, Hochschätzung u. s. f. ist es ein andres, da sie einer andern Regel folgen.

Anm. 2. Dieses alte Wort lautet schon im Isidor, im Ottfried und andern hoh, und im Superlativ im Tatian hoister, in drey Sylben. Einige Oberdeutsche grobe Mundarten sprechen für hoch noch da, die Haleiten, für Hochleite. Bey dem Ulphilas lautet es hauhs, im Isländ. ha, im Schwed. ha und hög, im Angels. heah, im Engl. high, im Dän. hoj, im Nieders. hoog, im Wallis. uch. Der Hauchlaut am Ende ist entweder ein Erbtheil hauchender Mundarten, oder ein Ableitungslaut, welcher sich schon in dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, hoch seyn, in dem Lat. Gigas, Jugum und hundert andern befindet. Mit andern Endlauten gehören das Schwed. und Isländ. har und hour, das alte Deutsche hehr, das Schwed. haf, hoch, die Deutschen heben, Haupt, Haufe, so wie das Isländ. hatt, hoch, und andere mehr hierher. Ha, ho ist, wie schon Wachter eingesehen hat, der finnliche in der menschlichen Natur gegründete Ausdruck, etwas zu bezeichnen, das über uns ist; daher auch dieses Wort so alt ist, als das menschliche Geschlecht, und seinen wesentlichen Bestandtheilen nach, in allen Sprachen angetroffen wird. S. auch Haut, Höcker, Hügel u. s. f.


Hochachtbar (W3) [Adelung]


Hochachtbar, adj. et adv. in einem hohen Grade achtbar, amplissimus; ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, welches so wie großachtbar und vorachtbar, nur noch in den Titeln einiger Gegenden üblich ist.


Hochachtung (W3) [Adelung]


Die Hochachtung, plur. inus. von der R. A. hoch achten, ein hoher Grad der Achtung, d. i. das innere Urtheil von eines andern überwiegenden Vorzügen und Vollkommenheiten. Hochachtung gegen jemanden hegen, haben. Die Hochachtung bleibt doch alle Mahl das festeste Band zwischen zwei Seelen. Bey jedermann in großer Hochachtung stehen. Jemanden alle Hochachtung erweisen, dieses innere Urtheil.


Hochadelig (W3) [Adelung]


Hochadelig, adj. welches für das einfache adelig gebraucht wird, wenn man mit Ehrerbiethung und Achtung von adeligen Personen redet oder schreibt. Das hochadelige Haus, die hochadelige Familie.


Hochaltar (W3) [Adelung]


Der Hochaltar, des -es, plur. die -altäre, in der Römischen Kirche, der höchste, vornehmste und feyerlichste Altar in einer Kirche, vor welchem das Hochamt gehalten wird; der hohe Altar, im Oberd. auch der Frohnaltar.


Hochamt (W3) [Adelung]


Das Hochamt, des -es, plur. die -ämter, eben daselbst, das hohe Amt, die feyerliche Messe vor dem hohen Altare an Sonn- und Feyertagen; die hohe Messe, zuweilen auch die Hochmesse. S. Amt.


Hochansehnlich (W3) [Adelung]


Hochansehnlich, adj. et adv. in einem hohen Grade ansehnlich, besonders in Titeln. Die hochansehnliche Versammlung.


Hochbeinig (W3) [Adelung]


Hochbeinig, -er, -ste, adj. et adv. hohe Beine habend, besonders wenn solches von der Magerkeit des Körpers herrühret. Figürlich, im gemeinen Leben, hochbeinige Jahre, theure Jahre, in welchen die Erwerbung des Unterhaltes mühsam und kümmerlich ist.


Hochbegabt (W3) [Adelung]


Hochbegabt, adj. et adv. in einem hohen Grade mit etwas begabt; doch nur in dem Curial-Style. Ein mit Verstand hochbegabter Minister.


Hochbekümmert (W3) [Adelung]


Hochbekümmert, adj. et adv. in einem hohen Grade bekümmert.


Hochberühmt (W3) [Adelung]


Hochberühmt, adj. et adv. in einem hohen Grade berühmt; am häufigsten in dem Kanzelley- und Curial-Style. Ein hochberühmter Mann.


Hochbetagt (W3) [Adelung]


Hochbetagt, adj. et adv. sehr betagt, in der feyerlichen Schreibart. ein hochbetagter Greis.


Hochbetraut (W3) [Adelung]


Hochbetraut, adj. et adv. S. Betrauen


Hochbetrübt (W3) [Adelung]


Hochbetrübt, adj. et adv. in einem hohen Grade betrübt, sehr betrübt; am häufigsten in der feyerlichen Schreibart. Die hochbetrübte Witwe. Dich rufen junge Witwen an, Im hochbetrübten Schleier, Raml.


Hochbort (W3) [Adelung]


Der Hochbort, des -es, plur. die -e, in der Schifffahrt, ein Schiff mit einem hohen Borte, dergleichen alle diejenigen Schiffe sind, welche nur allein Segel führen; im Gegensatze der Niederborte, d. i. der Galeeren, Brigantinen und hundert anderer.


Hochbrüstig (W3) [Adelung]


Hochbrüstig, adj. et adv. eine hohe, d. i. erhabene, Brust habend; hochgebrüstet.


Hochdeutsch (W3) [Adelung]


Hochdeutsch, adj. et adv. in dem höher gelegenen Theile Deutschlandes einheimisch, darin gegründet; im Gegensatze des Niederdeutsch. Ein Hochdeutscher, im Gegensatze eines Niederdeutschen. Die Hochdeutsche Mundart, wo dieses Wort in einem doppelten Umfange der Bedeutung genommen wird. 1) Von derjenigen Mundart, welche in dem gesammten höher gelegenen Deutschlande die herrschende ist, selbst etwas Hohes an sich hat, und sich wiederum in eine Große Menge Privinzial-Dialecte theilet; bestimmter die Oberdeutsche Mundart, im Gegensatze der Niederdeutschen, welche in dem nördlichen niedriger gelegenen Theile an den Seeküsten von Holland an bis nach Preußen herrschet, und von dem Rixner in seinem Turnirbuche das kurze Deutsch; sonst aber auch die Plattdeutsche Mundart genannt wird. 2) In engerer schon von dem Bädeker gebrauchten Bedeutung; welche auch in diesem ganzen Wörterbuche vorkommt, ist die Hochdeutsche Mundart die Obersächsische oder vielmehr Meißnische Mundart der obern Stände, so wie sie in den besten Schriften angetroffen wird. In dieser Bedeutung stehet sie zwischen der Oberdeutschen, welche in den noch höher gelegenen südlichen Provinzen bis nach Italien geredet wird, und der vorhin gedachten Niederdeutschen in der Mitte, und wird ihnen entgegen gesetzet.


Hochdieselben (W3) [Adelung]


Hochdieselben, Hochdenenselben, Hochdero, S. Hoch 2 8)


Hochedel (W3) [Adelung]


Hochedel, adj. in einem hohen Grade edel, welches aber jetzt nur in den Titeln gebraucht wird, da es denn dem heutigen Gebrauche nach mehr ist, als die Titel hochwohledel und wohledel. Im 16ten und selbst noch in der ersten Hälfte des 17ten Jahrhundertes war hochedel ein Titel adeliger Personen; hernach bekamen ihn die geheimen Räthe, welche ihn von einigen Dicasteriis; z. B. von dem Schöppenstuhle zu Leipzig, noch jetzt erhalten. Bey den nachmahls immer höher gestiegenen Titeln ist er bürgerlichen Personen vom zweyten oder dritten Range zu Theil geworden, so daß man ihn heut zu Tage nur noch Kaufleuten, Künstlern, angesehenen Handwerkern, Candidaten, Studenten u. s. f. gibt, wo denn auch das Abstracum Ew. Hochedlen üblich ist. S. Hochwohledel und Wohledel.


Hochedelgeboren (W3) [Adelung]


Hochedelgeboren, adj. in einem hohen Grade edel geboren, welches gleichfalls nur als ein Titel bürgerlicher Personen vom ersten oder zweyten Range üblich ist, mehr sagt als Hochwohledelgeboren und Wohledelgeboren, und auch im Abstracto Ew. Hochedelgeb. gebraucht wird. Fürstlichen Räthen bürgerlichen Standes ist dieser Titel lange Zeit vorzüglich eigen gewesen, ungeachtet diese jetzt gemeiniglich das wohlgeboren bekommen, dagegen man weltliche, in öffentlichen Ämtern stehende oder charakterisirte Personen, welche unter den bloßen Räthen sind, Secretarien, angesehene Kaufleute u. s. f. in Titeln hochedelgeborne zu nennen pflegt. In der Mitte des vorigen Jahrhundertes fing man an, den Adeligen diesen Titel zu geben. S. Hochwohledelgeboren und Wohledelgeboren.


Hochehrwürdig (W3) [Adelung]


Hochehrwürdig, adj. welches nur in den Titeln geistlicher Personen vom zweyten Range gebraucht wird, wo es im Abstracto Ew. Hochehrwürden lautet. Man gibt ihn in der evangelischen Kirche den Inspectoren, gemeinen Pröpsten, und allen Stadtpredigern. S. Hochwohlehrwürdig, Hochwürdig und Wohlehrwürdig.


Hocherfahren (W3) [Adelung]


Hocherfahren, adj. et adv. in einem hohen Grade erfahren; hoch nur in der feyerlichen Schreibart.


Hocherfreut (W3) [Adelung]


Hocherfreut, adj. et adv. in einem hohen Grade erfreut, in der feyerlichen Schreibart.


Hocherleuchtet (W3) [Adelung]


Hocherleuchtet, adj. et adv. eben daselbst, in einem hohen Grade erleuchtet. Ein hocherleuchteter Mann.


Hochfeyerlich (W3) [Adelung]


Hochfeyerlich, adj. et adv. eben daselbst, in einem hohen Grade feyerlich.


Hochfürstlich (W3) [Adelung]


Hochfürstlich, adj. welches in der feyerlichen Schreibart für das einfache fürstlich üblich ist. Das hochfürstliche Haus. Ew. Hochfürstl. Durchl. dagegen geistliche Fürsten, welche nicht geborne Fürsten sind, hochfürstliche Gnaden genannt werden.


Hochgarn (W3) [Adelung]


Das Hochgarn, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, ein hohes Klebenetz, womit die Feldhühner gefangen werden.


Hochgebiethend (W3) [Adelung]


Hochgebiethend, adj. welches nur in der feyerlichen Schreibart als ein Titel vornehmer Kriegs- und Staatsbedienten, welche über gewisse Angelegenheiten den Oberbefehl haben, üblich ist, im Abstracto aber nicht gebraucht wird. Hochgebiethender Herr General.


Hochgeboren (W3) [Adelung]


Hochgeboren, adj. welches nur als ein Titel gräflicher Personen, oder solcher, welche ihnen am Range gleich sind, gebraucht wird. Hochgeborner Graf. Im Abstracto ist es für sich allein nicht üblich, wohl aber zuweilen mit Hauptwörtern. Ew. Hochgeborne Excellenz, Ew. Hochgeborne Gnaden. Königshoven nennt den König Sigismund nur noch den gebornen ehrwürdigen Fürsten und Herren. Nachmahls ward Hochgeboren ein Titel der Fürsten, welchen sie aber endlich auch mit dem höhern Durchlauchtig vertauschten. Der Herzog von Meklenburg Schwerin verboth seinen Unterthanen 1659, ihn nicht mehr Hoch- geboren, sondern Durchlauchtigst zu nennen. S. Hochwohlgeboren und Wohlgeboren.


Hochgebrüstet (W3) [Adelung]


Hochgebrüstet, adj. et adv. mit einer hohen Brust versehen, wie hochbrüstig. Ingleichen figürlich, sich in einem hohen Grade brüstend. Der hochgebrüstete Professor, Rost.


Hochgeehrt (W3) [Adelung]


Hochgeehrt, adj. et adv. in einem hohen Grade geehrt. Ein hochgeehrter Mann. Besonders in Titeln. Hochgeehrter Herr. Wo es auch oft im Superlativ hochgeehrtester Herr u. s. f. gebraucht wird, ungeachtet dieß eigentlich einen Widerspruch enthält, daher es billig höchstgeehrter heißen sollte. Andere gebrauchen dafür das hochzuehrend und hochzuverehrend, welche aber im Grunde weniger sagen, als das Mittelwort der vergangenen Zeit hochgeehrt. Einer der wirklich geehret wird, bedeutet in der That mehr, als der bloß geehret zu werden verdienet. Über dieß ist dieses aus dem thätigen Mittelworte der gegenwärtigen Zeit gebildete leidentliche Mittelwort der künftigen Zeit wider die ganze Analogie der Sprache; daher man sich dieser Barbarismen billig zu enthalten hat.


Hochgelehrt (W3) [Adelung]


Hochgelehrt, adj. sehr gelehrt, welches gleichfalls nur in Titeln Gelehrter von Profession gebraucht wird, wo es oft auch noch nach der alten Oberdeutschen Form hochgelahrt lautet. ( S. Gelehrt,) Geßler im Formular von 1506 will schon, daß man die Doctoren und Licentiaten Hochgelehrt, die Juristen oder Meister Wohlgelehrt, die Hochschüler (Studenten und Candidaten) aber Gelehrt tituliren soll; obgleich das letzte als ein Titel nicht mehr üblich ist.


Hochgelobt (W3) [Adelung]


Hochgelobt, adj. et adv. in einem hohen Grade gelobt; ein veraltetes Wort, welches in dem Kanzel-Style nur noch zuweilen von Gott gebraucht wird. Der hochgelobte Gott. Bey den Schwäbischen Dichtern kommt es häufig auch von andern Dingen vor. Hohgeloptiu minne, Jacob von Warte. Der hoh gelopte der kam dar, der Geliebte, der Burggr. von Liunz.


Hochgeneigt (W3) [Adelung]


Hochgeneigt, adj. et adv. im hohen Grade geneigt; wo es nur in der feyerlichen Schreibart für das einfache geneigt in Schriften an höhere Personen gebraucht wird. Hochgeneigter Herr. Ew. Excellenz geruhen hochgeneigt u. s. f. wo man auch wohl den Superlativ hochgeneigtest und hochgeneigtester findet; ungeachtet die mit hoch zusammen gesetzten Beywörter eigentlich keiner Comparation fähig sind.


Hochgericht (W3) [Adelung]


Das Hochgericht, des -es, plur. die -e, das hohe Gericht. 1) So fern Gericht bey den Vogelstellern das Geschneide bedeutet, ist das Hochgericht ein hohes Vogelgeschneide. 2) Der Ort, wo die hohe Gerichtbarkeit ausgeübet wird, der Rabenstein, besonders der Galgen, in der anständiger Sprechart, wo auch nur das einfache Gericht üblich ist. Ja die hohe Gerichtbarkeit selbst kommt zuweilen unter dem Nahmen des Hochgerichtes, und noch häufiger im Plural der Hochgerichte vor; da denn der Gerichtsherr, welcher diese Gerichtbarkeit besitzet, auch der Hochgerichtsherr heißt.


Hochgewild (W3) [Adelung]


Das Hochgewild, S. Hochwild.


Hochgewitter (W3) [Adelung]


Das Hochgewitter, des -s, plur. ut nom. sing. S. Gewitter.


Hochgraf (W3) [Adelung]


Der Hochgraf, des -en, plur. die -en, an einigen Orten, besonders Westfphalens, ein Nahme eines Oberrichters; dergleichen Hochgrafen es noch an mehrern Orten in der Grafschaft Mark gibt. Angels. Heahgerefa.


Hochgräflich (W3) [Adelung]


Hochgräflich, adj. welches in der feyerlichen Schreibart für das einfache gräflich üblich ist. Die hochgräflichen Güter. Ew. Hochgräfl. Gnaden.


Hochheilig (W3) [Adelung]


Hochheilig, adj. et adv. in einem hohen Grade heilig, in dem feyerlichen Kanzel-Style; sacrosanctus. Das hochheilige Sacrament. Dein hochheilig Antlitz, Gryph.


Hochherzig (W3) [Adelung]


Hochherzig, adj. et adv. 1) Ein hohes, d. i. erhabenes Herz habend, und darin gegründet; in welchem Verstande es doch wenig gebraucht wird, auch um der folgenden Zweydeutigkeit willen nicht ohne Anstoß gebraucht werden kann. 2) Im nachteiligen Verstande ist es besonders im Niedersächsischen, wo es hooghartig lautet, für übermüthig, hochmüthig, üblich, welche Bedeutung auch das Holländ. hooghertig hat. Ja schon bey dem Ulphilas ist Hauhhairtei Hochmuth.


Hochholz (W3) [Adelung]


Das Hochholz, des -es, plur. inus. im Forstwesen, die Äste eines Baumes, besonders so fern sie abfallen, oder bey dem Holzfällen besonders aufgearbeitet werden; das Oberholz, Überholz, der Oberwuchs, Afterschlag.


Hochland (W3) [Adelung]


Das Hochland, des -es, plur. die -länder, im gemeinen Leben einiger Gegenden, z. B. der Mark, ein hoch gelegenes Land, im Gegensatze des Wiesenlandes oder Wischlandes; wo denn auch der Bewohner eines solchen hohen Landes der Hochländer genannt wird.


Höchlich (W3) [Adelung]


Höchlich, ein Nebenwort, welches für hoch im figürlichen Verstande, d. i. sehr, im hohen Grade, gebraucht wird; aber nur mit den Zeitwötrern bitten, beklagen, bedauern, bedanken, beschweren, versündigen, beleidigen u. s. f. üblich ist. Sich höchlich über etwas beklagen, beschweren. Höchlich erfreut seyn, Phil. 4, 10. Sich höchlich bedanken. Höchlich zu etwas verpflichtet seyn. Im Oberdeutschen scheint es auch in Gestalt eines Beywortes üblich zu seyn. Eine höchliche Bitte.


Hochmeister (W3) [Adelung]


Der Hochmeister, des -s, plur. ut nom. sing. der hohe, d. i. oberste Meister, der Großmeister; ein Titel, welchen nur noch die Oberhäupter des Deutschen Ordens und des Malthesen Ordens führen. Der Hoch- und Deutschmeister, der Hochmeister des Deutschen Ordens.


Hochmesse (W3) [Adelung]


Die Hochmesse, plur. die -n, die hohe Messe in der Römischen Kirche. S. Hochamt.


Hochmögend (W3) [Adelung]


Hochmögend, adj. viel vermögend, einen hohen Grad der Macht habend; ein Wort, welches nur als ein Titel der General-Staaten der vereinigten Provinzen vorkommt. Hochmögende Herren. Lat. "Praepotentes". Wo auch das Abstractum Ihre Hochmögenden und Ihre Hochmögenheiten üblich ist. S. "Großmögend".


Hochmohr (W3) [Adelung]


Das Hochmohr, des -es, plur. die -e, ein hoch gelegenes Mohr, in einigen Niedersächsischen Gegenden; im Gegensatze des Grünlandes oder Wiesengrundes.


Hochmuth (W3) [Adelung]


Der Hochmuth, des -es, plur. car. der hohe, erhabene Muth. 1) * Die Freude, und die Fertigkeit, stets vergnügt zu seyn, im Gegensatze des Unmuthes; eine veraltete Bedeutung. Der cleinen vodel freude ist gros Si freuwent sih der liehten tage Di adler welte bringent hohgemuete, Graf Kraft von Toggenburg. Gen der lieben hat ich wol gedaht Das si mir hohgemuete geben O we nu krenket si den minen muot, Jac. v. Warte. Sit ih ane froeide und ane hoh gemuete var, Heinr. von Stretlingen. Das ich die swere gar verbere Vnd iemer hohes muotes were, Reinmar d. Alte. Und so in andern Stellen mehr, wo auch das Bey- und Nebenwort hochgemuot, für fröhlich, wohlgemuth, häufig vorkommt. 2) * Erhabene, edele Gesinnung, Hoheit des Geistes Großmuth; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, in welcher so wohl das Hauptwort, als auch das Bey- und Nebenwort hochge- muth bey den Schwäbischen Dichtern mehrmahls vorkommt. Das Dän Hoimood hat diese Bedeutung noch. Swenne ich bi der hochgemuoten bin, Rudolph von Rotenburg. In dieser Bedeutung scheint auch Gryphius den sonst ungebräuchlichen Superlativ höchstmüthig zu gebrauchen: Eichen werden, ob sie gleich öfters den heftigsten Stürmen unentworfen - selbst unter dem Rauschen der erzürnten Wellen höchstmüthig bestehen. 3) * Übermuth, Frevel, welche Bedeutung gleichfalls nicht mehr üblich ist. In einem handschriftlichen Stadtrechte des Königreiches Böhmen heißt es Kap. 52: Diß heißt und ist ein Hochmutt, Erstlich, wenn einer jemanden seine Walde, Wiesen, Beume, Weinstöcke abhauet. Zum andern, in Flußwassern, Bächen, Gräben, behaltene Fische oder Krebse fienge. Zum dritten über beschehenes Verboth auf frembden Gründen, auserhalb freyem Wege und Stege ritte oder gienge u. s. f. 4) Die Fertigkeit, sich bey der Beurtheilung seiner Verhältnisse ungegründete Vorzüge beyzulegen, und dieses zu äußern. Äußert sich diese Gesinnung durch die ungeordnete Begierde auch zu andrer Urtheil von diesen ungegründeten Vorzügen, so wird es eigentlich Stolz; obgleich beyde Ausdrücke häufig mit einander verwechselt werden. Jemanden etwas als einen Hochmuth, für einem Hochmuth auslegen. Hochmuth mit etwas treiben, darauf hochmüthig seyn, ist nur noch im gemeinen Leben üblich, so wie auch die biblische R. A. Hochmuth üben, Ps. 31, 24, ungewöhnlich ist. Vielen Hochmuth haben, besitzen. Sprichw. Hochmuth gehet, vor dem Falle. An einigen Orten wird auch die Guckgucksblume, Lychnis Flos cuculi L. Hochmuth genannt.

Anm. Schon in dieser vierten Bedeutung bey dem Notker Hohmuoti, im Nieders. Homood, Homisse, Im Dän. Hovmood, im Schwed. Högmod, im Angels. Heahmod, bey dem Ulphilas Hauhhairtei, Hochhertzigkeit. Im Oberdeutschen hat man auch das Zeitwort hochmüthigen, aus Hochmuth verhöhnen, Nieders. verhomodigen.


Hochmüthig (W3) [Adelung]


Hochmüthig, -er, -ste, adj. et adv. Hochmuth habend, besitzend, in dem Hochmuthe gegründet; nur noch in der letzten Bedeutung des Hauptwortes. Ein hochmüthiger Mensch. Ein hochmüthiges Betragen. Im Nieders. hooghartig, hochherzig, hoogsterdsk, eigentlich, die Sterze, d. i. den Schwanz, hoch tragend.


Hochnöthig (W3) [Adelung]


Hochnöthig, im Superlat. Höchstnöthig, adj. et adv. im hohen oder höchsten Grade nöthig.


Hochnothpeinlich (W3) [Adelung]


Hochnothpeinlich, adj. welches nur in der R. A. ein hochnothpeinliches Halsgericht üblich ist, ein zur höhern Gerichtbarkeit gehöriges peinliches Halsgericht zu bezeichnen, in welchem Ausdrucke freylich mehr als Ein Pleonasmus ist; daher ein solches Gericht auch nur, und zwar richtiger, ein nothpeinliches Gericht, oder das Halsgericht schlechthin genannt wird.


Hochpreislich (W3) [Adelung]


Hochpreislich, adj. et adv. im hohen Grade zu preisen. Eine hochpreisliche Tath, im Oberdeutschen. Im Hochdeutschen ist es nur als ein Titel gewisser hoher Collegien üblich, welche denselben ausdrücklich hergebracht haben. So bekam z. B. diesen Titel die churfürstlich-Mainzische Regierung zu Erfurt.


Hochrückig (W3) [Adelung]


Hochrückig, adj. et adv. einen hohen Rücken habend.


Hochschäftig (W3) [Adelung]


Hochschäftig, adj. et adv. Hochschäftige Tapeten bey welchen die Kette senkrecht aufgebäumet wird, Franz. Hautelisse; im Gegensatze der tiefschäftigen, Basselisse.


Hochschätzbar (W3) [Adelung]


Hochschätzbar, adj. et adv. in einem hohen Grade schätzbar, in der feyerlichen Schreibart.


Hochschätzung (W3) [Adelung]


Die Hochschätzung, plur. inus. von der R. A. hoch schätzen, das innere Urtheil von dem überwiegenden Werthe einer Person oder Sache.


Hochschenkelig (W3) [Adelung]


Hochschenkelig, adj. et adv. hohe Schenkel habend. Ein hochschenkeliges Pferd.


Hochschuß (W3) [Adelung]


Der Hochschuß, des -sses, plur. die -schüsse, bey den Jägern, ein Schuß welcher zu hoch gehet; wenn z. B. der Rücken eines Thieres geprellet wird.


Hochschwanger (W3) [Adelung]


Hochschwanger, adj. et adv. Eine hochschwangere Frau, welche nicht weit mehr von ihrer Entbindung entfernt ist. Hochschwanger seyn oder gehen. Im gemeinen Leben grobschwanger.


Höchsel (W3) [Adelung]


Das Höchsel, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur im gemeinen Leben übliches Wort, einen Untersatz zu bezeichnen, wodurch ein Ding höher gemacht wird; z. B. der Untersatz unter einem Bienenstocke, Franz. Hausse. Eben daselbst ist auch das Zeitwort höchseln, auf solche Art höher machen, im Gange.


Höchst (W3) [Adelung]


Höchst, S. Hoch.


Hochstämmig (W3) [Adelung]


Hochstämmig, -er, -ste, adj. et adv. einen hohen Stamm habend. Hochstämmige Bäume, deren Stamm über zwölf Fuß hoch ist, ehe die Krone angehet; im Gegensatze der Niederstämmigen oder Zwergbäume. Je gerader und hochstämmiger die Bäume sind, desto mehr Zierde geben sie einem Garten.


Höchstdieselben (W3) [Adelung]


Höchstdieselben, Höchstdenenselben, Höchstdero, siehe Hoch 2. 8).


Höchstens (W3) [Adelung]


Höchstens, adv. auf das höchste, wenn es doch kommt, im figürlichen Verstande, d. i. dem höchsten Grade nach. Wenn ich es nicht höchstens (zum längsten) in einer Stunde habe. Ich brauche ihrer zwey, höchstens drey, d. i. wenn es doch kommt. Ein Unglück, welches höchstens nur bis an den Tod dauert, ist der Klagen nicht werth.


Hochstift (W3) [Adelung]


Das Hochstift, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, die -er, ein hohes Stift, ein Stift an einer Dom- oder Kathedral-Kirche. Das Hochstift zu Meißen. S. Stift.


Hochteutsch (W3) [Adelung]


Hochteutsch, S. Hochdeutsch.


Hochtrabend (W3) [Adelung]


Hochtrabend, -er, -ste, adj. et adv. von der R. A. hoch traben, eigentlich, im Traben den Leib höher als gewöhnlich hebend, besonders von Pferden. Noch mehr im figürlichen Verstande, schwülstig in Gedanken und Ausdrücken. Ein hochtrabender Mensch. Eine hochtrabende Schreibart. Hochtrabende Worte. Der darf so hoch nicht traben, Der solchen Freunden dient, die ihm zu schaffen (zu befehlen) haben, Opitz.


Hochtraber (W3) [Adelung]


Der Hochtraber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Pferd, welches hoch, und daher schwer trabet.


Hochverdient (W3) [Adelung]


Hochverdient, adj. et adv. in einem hohen Grade verdient, in der feyerlichen Schreibart. Ein hochverdienter Mann.


Hochvernünftig (W3) [Adelung]


Hochvernünftig, adj. et adv. eben daselbst, in einem hohen Grade vernünftig.


Hochverrath (W3) [Adelung]


Der Hochverrath, des -es, plur. die -e, ein in den Rechten übliches Wort, den an der höchsten Landesobrigkeit, an dem Vaterlande, begangenen Verrath, und in weiterer Bedeutung ein jedes Verbrechen der beleidigten Majestät zu bezeichnen. Des Hochverraths schuldig seyn. S. Verrath.


Hochverräther (W3) [Adelung]


Der Hochverräther, des -s, plur. ut nom. sing. ein Verbrecher der beleidigten Majestät.


Hochwache (W3) [Adelung]


Die Hochwache, plur. die -n, in einigen gebirgigen Ländern, z. B. in der Schweiz, die Wache, welche auf Bergen ausgestel- let wird; ingleichen das daselbst zu einem gewissen Zeichen angezündete Wachfeuer. Daher der Hochwächter, der eine solche Wache verrichtet.


Hochwand (W3) [Adelung]


Die Hochwand, plur. die -wände, in Niedersachsen, der hinterste Theil in einem Bauernhause, wo sich sie Wohnstube, Schlafstelle u. s. f. befindet, Nieders. die Howand; weil die Wände daselbst höher sind. In der Hochwand liegen, im Kindbette.


Hochwarte (W3) [Adelung]


Die Hochwarte, plur. die -n, eine auf einem Berge gelegene Warte.


Hochweise (W3) [Adelung]


Hochweise, adj. et adv. in einem hohen Grade weise, in der feyerlichen Schreibart. Im Superl. höchst weise.


Hochwerth (W3) [Adelung]


Hochwerth, adj. et adv. eben daselbst, in einem hohen Grade werth, wo man wohl auch den Superl. hochwerthest gebraucht.


Hochwichtig (W3) [Adelung]


Hochwichtig, adj. et adv. eben daselbst, in einem hohen Grade wichtig; im Superl. höchst wichtig.


Hochwild (W3) [Adelung]


Das Hochwild, des -es, plur. inus. das hohe, zur hohen Jagd gehörige Wild; das Hochgewild, das Hochwildbret. S. Hoch 2. 7).


Hochwohledel (W3) [Adelung]


Hochwohledel, adj. welches nur als ein Titelwort üblich ist, da es denn weniger ist als hochedel, aber mehr als wohledel. Ingleichen im Abstracto Ew. Hochwohledlen. S. Hochedel und Wohledel.


Hochwohledelgeboren (W3) [Adelung]


Hochwohledelgeboren, adj. welches gleichfalls nur in Titeln gebraucht wird, wo es geringer ist, als hochedelgeboren, aber mehr als wohledelgeboren. So auch im Abstracto Ew. Hochwohledelgeboren.


Hochwohlehrwürdig (W3) [Adelung]


Hochwohlehrwürdig, adj. welches auch nur als ein Titel geistlicher Personen üblich ist, wo es weniger sagt, als hochehrwürdig, aber mehr als wohlehrwürdig. Ehedem bekam diesen Titel nur Stadtprediger; jetzt erhalten ihn schon die Landprediger. Im Abstracto, Ew. Hochwohlehrwürden.


Hochwohlgeboren (W3) [Adelung]


Hochwohlgeboren, adj. welches in Titeln einem jeden von freyherrlichem und adeligem Stande gegeben wird. Im Abstracto, Ew. Hochwohlgeboren. An einigen Orten macht man unter hochwohlgeboren und unter hoch- und wohlgeboren noch einen Unterschied; da man denn das letztere nur allein den Freyherren zu geben pflegt.


Hochwürdig (W3) [Adelung]


Hochwürdig, adj. in einem hohen Grade würdig, im Superl. hochwürdigst. In der Römischen Kirche wird die geweihete Hostie häufig das hochwürdige Gut, das hochwürdigste Gut, oder nur das Hochwürdige, das Hochwürdigste genannt. Noch häufiger wird dieses Wort, als ein Titel geistlicher Personen vom ersten und zweyten Range gebraucht; da denn der Superlativ Hochwürdigster den Erzbischöfen, Bischöfen und vornehmen Prälaten, Hochwürdiger aber den Domherren, Äbten, und bey den Protestanten, den Doctoren der Theologie, Consistorial-Räthen, Hofpredigern und ansehnlicher Pröpsten gegeben wird. In der Römischen Kirche bekommen alle Priester und Pfarrer im gemeinen Leben den Titel hochwürdig. Im Abstracto ist nur die erste Staffel Ew. Hochwürden üblich. Im 14ten Jahrh. war Hochwürdig noch ein gewöhnlicher Titel weltlicher Fürsten, selbst derer vom ersten Range.


Hochzange (W3) [Adelung]


Die Hochzange, plur. die -n, in dem Hüttenbaue und in den Stückgießereyen, eine große starke Schmiedezange, mit einem breiten Schnabel, große Massen damit anzugreifen und zu regieren.


Hochzeit (W3) [Adelung]


Die Hochzeit, plur. die -en. 1) Eine jede hohe, d. i. feyerliche Zeit, ein Fest, und in engerer Bedeutung, ein hohes Fest; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, welche in den Schriften der mittlern Zeiten desto häufiger vorkommt. Bey dem Ottfried thie hohun Giziti, die Festtage. Die dri Hohzeit sind in dem Schwabenspiegel die drey hohen Feste, und bey dem Stryker ist Hochzeit ein Feiyertag. In dem Buche Belial von 1472 heißt der heil. Ostertag ein hochzeitlicher Tag. In welcher Bedeutung es zugleich gemeiniglich im männlichen Geschlechte der Hochzeit gefunden wird. Im Angels. haben Heahtide, im Dän. Hojtid, im Nieders. Hoogtied, Hachtyd, im Schwed. Högtid, eben diese Bedeutung gehabt, und zum Theil haben sie dieselbe noch. 2) * In engerer Bedeutung, ein Galla-Tag bey Hofe, ja ein jeder festlicher Schmaus, ein jedes großes Gastmahl; ein im Hochdeutschen gleichfalls ungewöhnlicher Gebrauch. Wenn die Kaiser, Kunig oder gewaltige Fürsten Hochzeite oder großen Hof halten, Tschudi bey dem Frisch. Königshofen gebraucht Hochzeit mehrmahls für eine Gasterey. Im Schwed. Högtid, im Nieders. Hoogtied. 3) In der engsten und einzigen noch üblichen Bedeutung der feyerliche Tag der ehelichen Verbindung zwischen zwey Personen, und besonders das deßhalb angestellte Gastmahl. Hochzeit machen, halten, haben, sich an diesem Tage feyerlich verbinden. Einem Paare die Hochzeit machen, die Hochzeit geben, die Hochzeit ausrichten, die zu diesem Gastmahle nöthigen Kosten hergeben. Wollen sie mir auch die Hochzeit ausrichten? Gell. Auf der Hochzeit seyn, als Gast bey dem Gastmahle. Zur Hochzeit, auf die Hochzeit gehen. Zur Hochzeit gebethen werden. Zuweilen, doch gemeiniglich nur im Scherze, wird auch die Vollziehung der Ehe vermittelst des Beyschlafes die Hochzeit genannt.

Anm. In dieser letzten Bedeutung schon bey dem Stryker Hochzeit, im Nieders. Hoogtied. Ehedem war dafür auch Brutlufti, Brautlaaf, Brutloft, Dän. Brylup, Schwed. Brötlop, Angels. Brydlopta, Isländ. Breitlauf, von Braut, und loben, geloben üblich. In dem Nieders. Brurlacht, Brutlage, die Hochzeit, gehöret die letzte Sylbe zu lag, Gelag, ein Schmaus; dagegen Brutlöfte daselbst die Verlöbniß, der Verlöbnißschmaus ist. Im Schwed. ist Brutkaup, so wie im Osnabrück. Wäschkup, gleichfalls die Hochzeit. Bey der Hochzeit eines vornehmen Herren sind die Ausdrücke Vermählung und Beylager üblich.


Hochzeitbett (W3) [Adelung]


Das Hochzeitbett, des -es, plur. die -en, dasjenige Bett, worin die eheliche Verbindung vollzogen wird; das Brautbete. Gott Hymen, der du dir zum Thron Das Hochzeitbett erkoren, Raml.


Hochzeitbrief (W3) [Adelung]


Der Hochzeitbrief, des -es, plur. die -e, ein Schreiben, worin man jemanden zur Hochzeit einladet.


Hochzeiter (W3) [Adelung]


Der Hochzeiter, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur im gemeinen Leben üblicher Ausdruck, den Bräutigam am Tage der Hochzeit zu bezeichnen; in welchem Falle auch die Braut die Hochzeiterinn genannt wird.


Hochzeitfest (W3) [Adelung]


Das Hochzeitfest, des -es, plur. die -e, der Hochzeittag, als ein Fest betrachtet.


Hochzeitfeyer (W3) [Adelung]


Die Hochzeitfeyer, plur. inus. die Feyer, d. i. feyerliche Begebung der Hochzeit.


Hochzeitgast (W3) [Adelung]


Der Hochzeitgast, des -es, plur. die -gäste, eine Person, welche einer Hochzeit als Gast beywohnet.


Hochzeitgeschenk (W3) [Adelung]


Das Hochzeitgeschenk, des -es, plur. die -e, das Geschenk, welches man den Neuverehlichten am Tage der Hochzeit zu machen pfleget. S. Haussteuer


Hochzeithaus (W3) [Adelung]


Das Hochzeithaus, des -es, plur. die -häuser, dasjenige Haus, worin eine Hochzeit gehalten, gefeyert wird.


Hochzeitleute (W3) [Adelung]


Die Hochzeitleute, sing. inus. ein im gemeinen Leben für Hochzeitgäste üblicher Ausdruck, welcher noch mehrmahls in der Deutschen Bibel vorkommt.


Hochzeitlich (W3) [Adelung]


Hochzeitlich, adj. et adv. zu Hochzeit gehörig, in der Hochzeit gegründet. Ein hochzeitliches Kleid, Matth. 22, 11. Die hochzeitliche Freude. Dieser Kranz soll ein neuer hochzeitlicher Kranz für uns seyn, Weiße.


Hochzeitmahl (W3) [Adelung]


Das Hochzeitmahl, des -es, plur. die -e, oder -mähler, das hochzeitliche Mahl, das Gastmahl an dem Hochzeittage; der Hochzeitschmaus.


Hochzeitmutter (W3) [Adelung]


Die Hochzeitmutter, plur. die -mütter, S. Hochzeitvater.


Hochzeitrutscher (W3) [Adelung]


Der Hochzeitrutscher, des -s, plur. ut nom. sing. ein in der Grafschaft Mansfeld, besonders dem Amte Leinungen übliche Art des Rutscherzinses, welcher von den Unterthanen dem Grundherren am Tage der Hochzeit des erstern entrichtet werden muß. S. Rutscherzins und Sterberutscher.


Hochzeittag (W3) [Adelung]


Der Hochzeittag, des -s, plur. die -e, der Tag der Hochzeit, der Hochzeitliche Tag.


Hochzeitvater (W3) [Adelung]


Der Hochzeitvater, des -s, plur. die -väter, der Vater, welcher seinem Kinde oder einer andern Person die Hochzeit ausrichtet, am Tage der Hochzeit; so wie eine solche Person weiblichen Geschlechtes die Hochzeitmutter genannt wird.


Hochzuehrend (W3) [Adelung]


Hochzuehrend, Hochzuverehrend, S. Hochgeehrt.


Hocke (W3) [Adelung]


Die Hocke, plur. die -n, ein nur in einigen Gegenden übliches Wort, einen zur Zeit der Ernte im Felde aufgestellten Garbenhaufen zu bezeichnen, welcher in Oberdeutschen eine Mandel genannt wird, S. dieses Wort. Daher hocken, aufhocken, die Garben in solche lange Pyramiden stellen, der Hocker, derjenige, welcher dieses verrichtet.

Anm. Dieses Wort gehöret zu dem Geschlechte der Wörter hoch, Höcker und Hügel, und kommt in den gemeinen Mundarten noch in seiner allgemeinen Bedeutung vor, indem der Hock, dem Frisch zu Folge, an manchen Orten einen Hügel, an andern einen Berg, an noch andern den Rücken ingleichen den Zapfen im Halse ( S. Hauk) und endlich auch ein Bündel, einen Haufen bezeichnet. S. die folgenden Wörter.


Hocken (W3) [Adelung]


Hocken, verb. reg. welches auf doppelter Art gebraucht wird. 1. Als ein Activum. 1) Die Garben in Hocken setzen, S. das vorige. 2) Jemanden hocken, ihn auf den Rücken nehmen, wo doch das zusammen gesetzte aufhocken üblicher ist. In Baiern hügeln. Von Hock, so fern es den Rücken bedeutet. 2. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert. 1) Sich auf den Rücken eines andern setzen, auf dem Rücken eines andern sitzen; gleichfalls von Hock, so fern es noch an einigen Orten den Rücken bedeutet. Sie hocken auf einander wie die Kaninchen. Der Proiectmacher Phönix bringt in einer Stunde mehr Fündlein auf das Tapet, als Mordbrenner in dem Trojanischen Pferde auf einander hockten. 2) Sich auf die Fersen niederlassen, und dadurch gleichsam einen Haufen vorstellen, von Hock, ein Haufe; im gemeinen Leben auch hucken. (a) Eigentlich. Vor der Thür hocken. Die Henne hockt über den Eiern. ( S. Niederhocken,) Im Oberdeutschen auch hauchen, kauchen, kauern, hauern, huren, im Nieders. huken, hurken, im Schwed. huka, im Dän. huge. Ein niedriger Stuhl, Franz. Tabouret, heißt daher in Meklenburg ein Huker. (b) Figürlich, im gemeinen Leben, müßig an einem und eben demselben Orte die Zeit zubringen. Was hocken wir hier lange? Die Belagerer haben lange genug vor dieser Stadt gehockt. Willst du immer zu Hause hocken? Wofür in Obersachsen auch hecken üblich ist. S. 2. Hecken.


Hockenblatt (W3) [Adelung]


Das Hockenblatt, S. Haukenblatt.


Hockenschar (W3) [Adelung]


Die Hockenschar, S. Hakenschar.


Höcker (W3) [Adelung]


Der Höcker, des -s, plur. ut nom. sing. eine rundliche Erhöhung an gewissen Körpern. Die Höcker auf der Erdfläche, wofür doch Hügel üblicher ist. In der Anatomie wird der zweyte obere Fortsatz des Elbogens der Höcker genannt. Besonders eine ungewöhnliche Erhöhung des Rückens. Die Kamehle haben Höcker. Ingleichen eine fehlerhafte Erhöhung des menschlichen Rückens, ein Buckel. Einen Höcker haben.

Anm. In den gemeinen Mundarten auch Hocker, im Oberd. Höckner, Hoger, Hogger, Hoffer, Hofer. S. Hockt und Hügel.


Hockerblatt (W3) [Adelung]


Das Hockerblatt, S. Haukenblatt.


Höckericht (W3) [Adelung]


Höckericht, -er, -ste, adj. et adv. Höckern ähnlich, uneben. Ich will das Höckerichte zur Ebene machen, Es. 42, 16. Im Oberd. hochgerächtig.


Höckerig (W3) [Adelung]


Höckerig, -er, -ste, adj. et adv. Höcker, besonders fehlerhafte Höcker, fehlerhafte Erhöhungen habend. Ein höckeriger Weg. Besonders einen Buckel habend, buckelig, ausgewachsen. Keiner an dem ein Fehl ist - oder der höckerig ist, 3 Mos. 21, 20. Worüber sie sich auch bald blind und höckerig sitzen, Opitz. Ingleichen figürlich. Eine höckerige Schreibart, eine sehr ungleiche, welche der Natur des Gegenstandes bald gemäß ist, halb aber auch nicht.

Anm. Im Oberdeutschen hockerig, hogeret, höferig, höfferig.


Hochschar (W3) [Adelung]


Die Hochschar, S. Hakenschar.


Hocus (W3) [Adelung]


Hocus Pocus, S. Hokus Pokus


Hode (W3) [Adelung]


Die Hode, plur. die -n, die rundlichen aus vielen zusammen gewickelten Gefäßen bestehenden Samenbehältnisse bey dem männlichen Geschlechte der Menschen und Thiere; mit einem ungewöhnlichen Ausdrucke die Geilen, die Geburtsgeilen, in den niedrigen Sprecharten die Klöße, Lat. Testes, Testiculi. Einem Thiere die Hoden ausschneiden, es castrieren. Anm. Schon bey dem Raban Maurus im achten Jahrhunderte Hodon. Ihre leitet es von dem Schwed. Kudde, ein Sack, eine Tasche, her, welches zu unserem Kutte gehöret, S. dasselbe. Allein alsdann müßte der Hodensack, welcher im Schwed Kudde heißt, eigentlich den Nahmen der Hode führen, welches doch nicht ist. Vermuthlich hat die erhabene rundliche Gestalt dieser Theile auch zu dieser, so wie zu den meisten übrigen Benennungen Anlaß gegeben, und da wurde dieses Wort zu ha, hoch, Isländ. hatt, und Haupt, Nieders. Höd, gehören. Im Oberdeutschen ist dieses Wort männlichen Geschlechtes, de Hoden, des -s. Eben daselbst wurden sie ehedem auch Heckdrüsen genannt, S. dieses Wort, ingleichen Gleichlinge.


Hodenbruch (W3) [Adelung]


Der Hodenbruch, des -es, plur. die -brüche, bey den Ärzten, ein Bruch, da der Darm allein oder mit dem Netze, in den Hodensack tritt; Oscheocele, Hernia scrotalis.


Hodensack (W3) [Adelung]


Der Hodensack, des -es, plur. die -säcke, die äußere Haut, in Gestalt eines Sackes oder Beutels, in welchem sich die Hoden befinden; das Geschröte, Scrotum, in Oberdeutschen der Hodenbalg, in den niedrigen Sprecharten der Kloßsack, Nieders. Klootsack.


Hof (W3) [Adelung]


Der Hof, des -es, plur. die Höfe, Diminut. das Höfchen, Oberd. Höfelein, Höflein. 1. Eigentlich, ein umzäunter, mit einem Zaune, Gehäge, mit einer Mauer, oder auf ähnliche Art befriedigter oder umschlossener oben offener Platz. 1) Überhaupt, in welchem Verstande dieses Wort nur noch in einigen Fällen üblich ist. Im Nieders. ist Hof so viel als ein Garten, daher ein Apfelhof, Blumenhof, Baumhof, Grashof, Küchenhof, daselbst einen Obstgarten, Blumengarten, Baumgarten, Grasgarten, Küchengarten bedeuten. Ein Gottesacker oder Kirchhof kommt in den mittlern Zeiten häufig unter dem Nahmen eines Hofes vor, auch wenn er sich unmittelbar an und neben einer Kirche befin- det. In den Zusammensetzungen Bauhof, Zimmerhof, Pichhof, Schützenhof, u. s. f. kommt diese Bedeutung auch im Hochdeutschen noch vor, oben offene, aber mit Gebäuden oder Mauern zu einem gewissen Gebrauche eingeschlossene Plätze zu bezeichnen. 2) Besonders, ein solcher umschlossener freyer Platz an oder in einem Gebäude; bey dem Notker Hove, im Tatian Hoff und Of, im Lat. Cors, Cohors, im mittlern Lat. Curia, Curtis, im Franz. Cour, im Ital. Corte. Du sollst auch der Wohnung einen Hof machen, 2 Mos. 27, 9. Der große Hof an dem Pallaste Salomonis, und der Hof am Hause des Herren, 1 Kön. 7, 12. Der Vorhof, der Hof von einem Gebäude, im Gegensatze des Hinterhofes. Der Klosterhof, Schloßhof, Kirchhof, der Domhof, der Schützenhof u. s. f. einen solchen Platz an oder in einem Kloster, an oder in einem Schlosse, neben einer Kirche, an dem Dome, bey einem Schützenhause u. s. f. zu bezeichnen. In noch engerer Bedeutung, ein solcher eingeschlossener Platz an einem jeden Wohnhause. Ein Haus mit einem Hofe. Das Haus hat keinen Hof. Besonders auf dem Lande, zum Behufe der Landwirthschaft; der Viehhof, oder Misthof, im Osnabrück, die Wehr. Ein geräumiger, ein enger Hof. Auf den Hof, in den Hof gehen. Die Zimmer gehen in den Hof, 3) Figürlich. Der Hof um den Mond, um die Sonne, ein heller runder Kreis um den Mond, um die Sonne, und zuweilen auch um einen andern Stern, welcher durch die Brechung der Lichtstrahlen in unserer Atmosphäre entstehet, wenn sie mit vielen Dünsten angefüllet ist: Halo. Andere nennen ihn die Krone. Auch der Kreis um die Brustwarze des weiblichen Geschlechtes, welcher sich durch seine Farbe von dem übrigen Theile der Brust unterscheidet, wird der Hof, und von andern die Krone genannt. 2. In weiterer Bedeutung, ein Gebäude mit einem Hofe und den dazu gehörigen Grundstücken. 1) Überhaupt, wo es ehedem besonders von ansehnlichen Gebäuden gebraucht wurde. Im Schwed. und Isländ. bedeutete Hof ehedem ein Götzenhaus, einen Götzentempel. In den Zusammensetzungen Gasthof, Jägerhof, Jagdhof, Pfarrhof für Pfarrhaus, Herrenhof u. s. f. hat sich diese Bedeutung noch erhalten. In manchen Städten werden broße Wohnhäuser mit ansehnlichen Höfen noch jetzt Höfe genannt; dergleichen Auerbachs Hof, Kochs Hof, Homanns Hof u. s. f. in Leipzig sind. 2) Besonders. (a) Eine Wohnung auf dem Lande mit den dazu gehörigen Gebäuden und Grundstücken, an Äckern, Wiesen u. s. f. im mittlern Lat. Curia, Curtis, Hortis, Hovia, Hobunna, Hova. Jesus kam zu einem Hofe, der hieß Gethsemane, Matth. 26, 36. Wo dieses Wort dem heutigen Gebrauche nach bald ein jedes Landgut bedeutet, es sey ein Bauerhof, ein Freyhof, ein Mayerhof, ein Zinshof, oder ein Diensthof; bald in engerm Verstande einen Bauerhof oder ein Bauergut, da es denn wiederum unter verschiedenen Einschränkungen gebraucht wird. An einigen Orten wird ein jedes Bauergut, welches Ackerbau hat, ein Hof genannt. An andern Orten führen nur die Güter der Vollbauern, oder der Bauern im engsten Verstande, den Nahmen der Höfe, und in dieser Bedeutung sagt man, daß ein Dorf zehn, zwölf u. s. f. Höfe habe. Im Braunschweigischen begreift ein Hof noch Ein Mahl so viel Acker, als ein Hüfnergut. In der Grafschaft Mark hingegen besteht ein Hof oft aus zehen, zwanzig und mehr Haushaltungen. So gehören z. B. zu dem Kirchspiele Libberhausen in dieser Grafschaft außer dem Kirchdorfe 16 Höfe, welche 130 Haushaltungen enthalten. (b) In höherm Verstande, ein Herrenhof, d. i. die Wohnung des Grund- oder Gerichtsherren auf dem Lande, theils allein, theils mit Einschluß aller dazu gehörigen Güter und Gerechtigkeiten. Im ersten Verstande, wo es die Wohnung mit allen dazu gehörigen Gebäuden begreift, ist es auf dem Lande sehr häufig, wo ein solcher adeliger Hof oder Herrenhof nur der Hof schlechthin genannt wird. Zu Hofe dienen, dem Grundherren die schuldigen Frohndienste leisten, fröhnen. Zu Hofe dreschen, pflügen u. s. f. zur Frohne. Im zweyten Falle kommt es vorzüglich noch in Westphalen vor, da es denn noch ein Überbleibsel des zu den Zeiten der Fränkischen Könige üblichen Gebrauches ist, seine Ländereyen nebst den Gerechtigkeiten in gewisse Höfe zu vertheilen, welche, so fern sie den Königen gehöreten, Königshöfe, im mittlern Lateine aber Curiae oder Curtes regales, so fern sie aber andern Herren zuständig waren, Curtes dominicae, dominicales, dominicatae u. s. f. genannt wurden. In den folgenden Zeiten wurden diese Höfe Bürge, Schlösser, Ämter, Pflegen u. s. f. genannt. S. Hofhörig, Hofdienst, Hofdieb, Hofmark u. s. f. 3. Im engsten und höchsten Verstande, der Sitz eines großen Herren, des Landesherren, mit Einschluß seiner Familie und seiner Bedienten, wo es wiederum unter verschiedenen Einschränkungen vorkommt. 1) Der Pallast des Landesherren, oder eines andern großen Herren; im mittlern Lat. Curtis, im Schwed. ehedem Hird, jetzt nach dem Muster der Deutschen Hof. Deine Kinder müssen Kämmerer seyn im Hofe des Königes zu Babel, Es. 39, 7. In welcher Bedeutung doch jetzt das Wort Schloß üblicher ist. 2) Der Landesherr, oder ein großer Herr selbst, dessen Familie, und vornehmste Minister; im mittlern Lat. Curtis, Curia, Franz. Cour, Engl. Court. Der Hof ist jetzt nicht hier, er ist verreiset. Wo es mit verschiedenen Vorwörtern oft ohne Artikel gebraucht wird. Bey Hofe seyn, bey Hofe leben. Eine Bedienung bey Hofe oder am Hofe bekommen. Bey Hofe wohl stehen, wohl gelitten seyn, in großem Ansehen stehen. Nach Hofe gehen, fahren. An den Hof gehen, sich mit einer Bitte an den Landesherren und dessen Minister wenden. Ich komme eben von Hofe. Den Hof verlassen. Es ist ihm der Hof verbothen worden. Dem Hofe folgen. Befehl vom Hofe erhalten. Der Kaiserliche, der Französische, der Türkische, der Spanische Hof u. s. f. Die Europäischen Höfe, d. i. Mächte. Ein königlicher, churfürstlicher, herzoglicher, fürstlicher Hof. 3) Dessen Bediente, die zu seiner persönlichen Bedienung oder Bequemlichkeit bestimmten Personen; doch nur in einigen Fällen und ohne Plural. Einem Prinzen den Hof bestellen, seine Bedienten annehmen und einrichten. Besonders gehören dahin viele Zusammensetzungen, wo der Hofstaat, d. i. die zur persönlichen Bedienung des Herren bestimmten Personen, von dem Civil- und Kriegsstaate unterschieden wird. In noch engerm Verstande bezeichnen die mit Hof - gemachten Zusammensetzungen solche Personen oder Sachen, welche für die Hofleute bestimmet sind; im Gegensatze derer, welche zunächst für den Herren gehören, und alsdann mit den Wörtern Leib- Mund- oder Kammer- zusammen gesetzet werden. Der Hofarzt oder Hof-Medicus, im Gegensatze des Leibarztes oder Leib-Medici; der Hofkoch, im Gegensatze des Leib- oder Mundkoches; die Hofkapelle, im Gegensatze der Kammerkapelle; der Hofschneider, im Gegensatze des Leibschneiders u. s. f. 4) * Eine jede feyerliche Zusammenkunft, besonders vornehmer Personen. In diesem Verstande wurden die Reichs- und Landtage ehedem häufig Höfe genannt. Einen Hof gebiethen, einen Reichs- oder Landtag ausschreiben. Ja ein jeder festlicher Schmaus führete ehedem den Nahmen eines Hofes, bey dem Kaisersberg einer Höfelung; daher "hofieren" ehedem auch schmausen bedeutete. Der Turnierhof war ehedem eine feyerliche Versammlung der Turniergenossen, so wie Schützenhof eine Versammlung der Schützenbrüder. Das mittlere Lat. Curia und das Schwed. Hof wurden ehedem in eben diesem Verstande gebraucht, der aber nunmehr, wenigstens im Hochdeutschen veraltet sind, wo man nur noch zuweilen die Versammlung eines vornehmen Dicasterii und die dazu gehörigen Personen nach dem Muster des Franz. Cour und Engl. Court, einen Gerichtshof oder Hof schlechthin zu nennen pfleget. In dem in vielen Provinzen üblichen Worte Lehenhof, ein hohes Gericht in Lehensachen zu bezeichnen, hat sich diese Bedeutung gleichfalls noch erhalten.

Anm. Wachter leitet dieses alte Wort von dem Angels. hiwan, bilden, her. Ihre verwirft diese unwahrscheinliche Ableitung, weiß aber doch keine bessere anzugeben. Indessen ist die Abstammung nicht schwer zu finden, zumahl da schon Frisch auf die wahre Spur gekommen ist. Der Begriff des Einschließens ist in diesem Worte der herrschende, und da siehet man bald, daß es mit dem Worte Hag sehr genau überein kommt, wo nicht vielleicht gar durch den sehr gewöhnlichen Übergang der Hauch- und Blaselaute in einander, eines aus dem andern entstanden ist. So sagen die Niedersachsen für Hagestolz und Hafestolk, hechten für heften, Hacht für Verhaft u. s. f. Hag bedeutete ehedem einen Zaun, dann einen mit einem Zaune oder auf andere Art eingeschlossenen Platz, und endlich ein Gebäude, ein Wohnhaus, ein Landgut. S. Hag und Hägergut. In den letzten Bedeutungen fing es im Deutschen nach und nach an zu veralten, vermuthlich, so wie Hof nach einer andern Mundart an dessen Stelle trat. Daß Hof ehedem auch eine Befriedigung oder Einfriedigung selbst bedeutet haben müsse, erhellet unter andern auch aus dem Nieders. Gehöfte, welches nicht nur die zu einer Wohnung auf dem Lande gehörigen und mit einer Befriedigung eingeschlossenen Gebäude und Plätze, sondern auch diese Einfriedigung selbst bedeutet. Die Latein. Cors, Cohors, und mittlern Lat. Curtis und Curia haben eine ähnliche Abstammung und kommen mit unserm Garten aus Einer Quelle her, welches eigentlich gleichfalls einen eingeschlossenen Ort bedeutet. In Schwaben ist Gurt, nach dem spätern Latein. Curtis, ein Bauerhof. Aus allem erhellet, daß Hof, so wie Hag, mit Hafen, haften, haben u. s. f. aus Einer Quelle herstamme, zumahl da das letztere ehedem gleichfalls umschließen, einfriedigen, bedeutete. Die Niedersachsen haben das Wort Hof in allen obigen Bedeutungen gleichfalls, sie sprechen es aber in der ersten Endung geschärft aus, Hoff, dagegen es, wenn das Wort am Ende wächset, statt des ff ein v, und statt des o im Singular ein langes a, im Plural aber ein langes ä annimmt; des Haves, Plur. de Häve. S. 1. und 2. Hafen, Haben, Hufe u. s. f. Die Menge der mit diesem Worte in dessen dritten und höchsten Bedeutung gemachten Zusammensetzungen ist sehr groß, indem fast alle zur Bedienung des Landesherren und seiner Hofleute bestimmte Personen dasselbe mit in der Benennung ihrer Würde, ihres Amtes, oder ihres Dienstes führen. Es können daher hier nur die vornehmsten derselben angeführet werden, zumahl da die Benennung der übrigen, wenn sie kein leerer Titel ist, so wie ihr Rang und die nähere Beschaffenheit ihrer Dienste, fast an einem jeden Hofe verschieden ist.


Hofacker (W3) [Adelung]


Der Hofacker, des -s, plur. die -äcker. 1) Der zu einem Bauerhofe eigenthümlich gehörige Acker. 2) Der zu einem Herrenhofe gehörige Acker, im Gegensatze des vorigen. S. Hof 2. 2).


Hof-Advocat (W3) [Adelung]


Der Hof-Advocat, des -en, plur. die -en, ein Advocat, welcher mit diesem Titel auch das Recht erhalten hat, bey einem Hofgericht oder einem andern höhern Gerichte zu practiciren.


Hof-Agent (W3) [Adelung]


Der Hof-Agent, des -en, plur. die -en, ein Agent, welcher gewisse bestimmte Angelegenheiten seines Hofes, oder eines ansehnlichen Dicasterii besorget; wo es aber auch oft nur ein bloßer Titel ist. Die kaiserlich-königliche oberste Justiz-Stelle zu Wien hat, so wie das dasige Hof-Taxamt, seine Hof-Agenten, welche den bey beyden Collegiis angestellten Hof-Advocaten im Range nachstehen.


Hofamt (W3) [Adelung]


Das Hofamt, des es, plur. die -ämter. 1) Ein jedes Amt am Hofe eines großen Herren; zum Unterschiede von einem Civil-Amte, Kriegesamte u. s. f. 2) In engerer und vorzüglicher Bedeutung werden die Ämter des Kämmerers, Mareschalles, Truchsessen und Schenken, mit welchen gewisse Personen von Fürsten, Stiftern u. s. f. beliehen werden, Hofämter, und so fern sie erblich sind, Erbhofämter, und diejenigen, welche sie bekleiden, Hofbeamte, Erbhofbeamte genannt.


Hofarbeit (W3) [Adelung]


Die Hofarbeit, plur. die -en. 1) Diejenige Arbeit, welche für einen regierenden Herren und dessen Hof geschiehet. 2) Arbeit, welche für den Grundbesitzer und dessen Hof geschiehet, dergleichen die Hofdienste und Frohnen sind. So auch der Hofarbeiter.


Hofarzt (W3) [Adelung]


Der Hofarzt, des -es, plur. die -ärzte, S. Hof-Medicus.


Hofbäcker (W3) [Adelung]


Der Hofbäcker, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bäcker, welcher für den Hof eines regierenden Herren bäcket; zum Unterschiede von dem Mundbäcker, welcher für dessen Person bäckt. Oft auch nur ein Bäcker, welcher sein Handwerk unter dem Schutze des Hofes treibt, ohne zünftig zu sein. S. Hofbefreyt.


Hofbauamt (W3) [Adelung]


Das Hofbauamt, des -es, plur. die -ämter, an verschiedenen Höfen, ein Collegium, welches den Bau und die Erhaltung der herrschaftlichen Gebäude besorgt.


Hofbauer (W3) [Adelung]


Der Hofbauer, des -n, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Bauer, welcher als ein Leibeigener zu einem adeligen Hofe gehöret. S. Hof 2. 2) (b) und Meier.


Hofbeamte (W3) [Adelung]


Der Hofbeamte, des -n, plur. die -n, S. Hofamt und Beamte.


Hofbediente (W3) [Adelung]


Der Hofbediente, des -n, plur. die -n, der Bediente an dem Hofe eines regierenden Herren, besonders ein solcher Bedienter geringerer Art.


Hofbedienung (W3) [Adelung]


Die Hofbedienung, plur. die -en, eine jede Bedienung an dem Hofe eines regierenden Herren; zum Unterschiede von einer Civil-Bedienung, Militär-Bedienung u. s. f.


Hofbefreyt (W3) [Adelung]


Hofbefreyt, adj. et adv. unter dem Schutze des Hofes, d. i. eines regierenden Herren, von gewissen bürgerlichen Verbindlichkeiten befreyet. So werden diejenigen Handwerker, welche ihr Handwerk unter dem Schutze des Hofes treiben, ohne zünftig zu seyn, hofbefreyte Handwerker genannt. S. Hofhandwerker.


Hofböttcher (W3) [Adelung]


Der Hofböttcher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Böttcher, welcher bey der Kellerey eines regierenden Herren angestellet ist. Zuweilen auch nur ein hofbefreyter Böttcher, S. das vorige.


Hofbrot (W3) [Adelung]


Das Hofbrot, des -es, plur. inus. 1) Brot, welches zum Deputat an den Hof geliefert wird. 2) Hofbrot essen, in den Diensten eines Hofes oder regierenden Herren seyn. 3) Dasjenige Brot, welches den Hofarbeitern oder Fröhnern ausgesetzt ist.


Hofbuch (W3) [Adelung]


Das Hofbuch, des -es, plur. die -bücher. 1) In einigen Gegenden, besonders Westphalens, ein Buch worin die Hofhörigen und ihre Rechte verzeichnet sind; ( S. Hofhörig,) 2) An den Höfen, ein Buch, worein die Hofdiener bey ihrem Antritt und Abhang verzeichnet werden.


Hofbuchhalter (W3) [Adelung]


Der Hofbuchhalter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Buchhalter, welcher das Rechnungswesen eines Hofes besorget. So haben die kaiserlich-königliche Cameral-Haupt-Buchhalterey zu Wien, welche der Rechnungskammer untergeordnet ist, ingleichen die dasige Hof-Post-Buchhalterey, mehrere Buchhalter, welche diesen Titel führen.


Hofburg (W3) [Adelung]


Die Hofburg, plur. inus. ein wenig mehr gebräuchliches Wort, eine Burg zu bezeichnen, so fern sie der Sitz eines Hofes ist. So führet nur noch das kaiserliche Schloß zu Wien den Nahmen der Hofburg.


Hof-Capellan (W3) [Adelung]


Der Hof-Capellan, des -es, plur. die -äne, ein Capellan, welcher die Hof-Capelle besorget. S. das folgende.


Hof-Capelle (W3) [Adelung]


Die Hof-Capelle, plur. die -n, eine Capelle, welche einem Hofe, das ist einer herrschaftlichen Familie und ihren Hofstaate gewidmet ist. Zuweilen auch in engerer Bedeutung, zum Unterschiede von der Kammer-Capelle, welche für die herrschaftliche Familie allein bestimmt ist, mit Ausschließung des Hofstaates.


Hof-Caffe (W3) [Adelung]


Die Hof-Caffe, plur. die -n, diejenige Caffe, welche zu den unvermittelbaren Bedürfnissen des Hofes, zu den Gehalten des Hofstaates u. s. f. bestimmt, von der Landes-Caffe, Kammer Caffe u. s. f. noch unterschieden ist, und von einem Hof-Caffier verwaltet wird.


Hof-Conditor (W3) [Adelung]


Der Hof-Conditor, des -s, plur. ut nom. sing. ein Conditor in Diensten eines Hofes. Die Hof-Conditorey, der Ort, wo er arbeitet, ingleichen, die sämmtlichen unter ihm stehenden Personen, ihn mit eingeschlossen.


Hof-Dame (W3) [Adelung]


Die Hof-Dame, plur. die -n, eine adelige Dame, so fern sie an einem fürstlichen Hofe lebt, und zum Dienste oder zu der Gesellschaft der Fürstinn bestimmt ist. An den meisten Höfen gehen die Hofdamen in engerer Bedeutung den Kammerfräulein nach, den Kammerfrauen aber vor.


Hofdegen (W3) [Adelung]


Der Hofdegen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schwertfegern, ein Nahme der kleinen Degen, welche anstatt des Stichblattes mit Querbügeln versehen sind, und gemeiniglich Galanterie-Degen genannt werden.


Des (W3) [Adelung]


Des Hofdiener, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Diener an einem fürstichen Hofe. 2) In einigen Gegenden, z. B. in der Mark Brandenburg, ein Bauer, welcher zu Hofdiensten, d. i. Frohndiensten, verbunden ist.


Hofdienst (W3) [Adelung]


Der Hofdienst, des -es, plur. die -e. 1) Überhaupt, ein jeder Dienst, welchen man bey Hofe oder einem Hofe leistet. Ingleichen, ein Dienst, d. i. eine Bedienung, an dem Hofe eines regierenden Herren. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, Dienste, welche Unterthanen dem Hofe, d. i. dem Grundherren eines Dorfes leisten; Frohndienste. Figürlich ein Dienst, welchen man einem andern umsonst leistet, Siehe Hof 2. 2) (b.).


Hofding (W3) [Adelung]


Das Hofding, des -es, plur. die -e, S. Hofgericht.


Hofdrescher (W3) [Adelung]


Der Hofdrescher, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, Häusler, welche gehalten sind, dem Grundherren gegen einen gewissen Lohn zu dreschen, ( S. Erbdrescher,) Auch Unterthanen, welche dem Grundherren zur Frohne dreschen müssen. Den Hofdrusch verrichten, zu Hofe dreschen. S. Hof 2, 2) (b).


Hofeinkäufer (W3) [Adelung]


Der Hofeinkäufer, des -s, plur. die -käufer, an fürstlichen Höfen, ein Hofbedienter, welcher die für die herrschaftliche Küche nöthigen Bedürfnisse einkaufet.


Höfeln (W3) [Adelung]


Höfeln, Höfeley, S. 1. "Hofieren".


Hofen (W3) [Adelung]


* Hofen, verb. reg. act. 1) Hof halten, residieren; eine veraltete Bedeutung. Städte, wo der Kaiser hofen soll, im Schwabenspiegel. 2) In seinen Hof, d. i. seine Behausung, aufnehmen; in welchem Verstande es nur noch zuweilen im gemeinen Leben in der R. A. jemanden hausen und hofen, d. i. beherbergen, üblich ist. Schon im Schwabensv. hofen.


Höfener (W3) [Adelung]


Der Höfener, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur in einigen Gegenden übliches Wort, 1) einen Vollbauer oder Pferdner zu bezeichnen, welcher einen ganzen Bauerhof besitzet, und am häufigsten ein Hüfner genannt wird, S. dieses Wort. 2) In Westphalen werden Unterthanen oder Leibeigene, welche zu einem gewissen Herrenhofe gehören, Hofhörige, gleichfalls Höfener genannt.


Hoffarbe (W3) [Adelung]


Die Hoffarbe, plur. die -n, die Farbe, d. i. Livree, eines fürstlichen Hofes. Die Hoffarbe tragen, Hof-Libree tragen, ein Hofbedienter seyn; und in weiterer Bedeutung, eine Bedienung an einem Hofe bekleiden. S. Farbe.


Hoffart (W3) [Adelung]


Die Hoffart, plur. inus. die ungeordnete Fertigkeit, seine Urtheile von seinen eigenen Vorzügen im Äußern an den Tag zu legen; eine Folge des Hochmuthes. Der Hoffart ergeben seyn. Hoffart mit etwas treiben, im gemeinen Leben. In engerer Bedeutung ist es die Bemühung, das eigene Urtheil von seinen Vorzügen durch Kleider an den Tag zu legen. Sprichw. Hoffart muß Zwang leiden. Hoffart und Armuth halten übel Haus.

Anm. In den Schriften der ältern Zeiten Hohuart, Hochvart. Der überhebt in Hochfart sich, Theuerd. Kap. 115; ungeachtet es daselbst auch einige Mahl Hoffart lautet. Im Nieders. Hofaart, Hoverdije, Schwed Högfard. Einige leiten dieses Wort von Hof-Art her, Gottsched auf eine ihm eigene Weise von de hoffenden Art, wobey er wohl selbst nichts gedacht haben kann; Wachter und Frisch mit mehreren Rechte von hoch und fahren, besonders von der R. A. hoch herfahren, hoch daher fahren, welche ehedem sehr gebraucht wurde, ein Gepräge im Äußern zu bezeichnen, und noch in der Deutschen Bibel in gutem Verstande vorkommt, für, im äußern Ansehen, im äußern Wohlstande leben; womit sich auch des Ihre Meynung verbinden lässet, welcher die Sylbe fart nicht zunächst von fahren, sondern von dem Angels. Ferth und Isländ. Vaer, das Gemüth, ableitet, ( S. Fertig und Leichtfertig,) nach welcher Ableitung aber Hoffart mit Hochmuth einerley, und wider den Deutschen Sprachgebrauch seyn würde. Die fast allgemeine Schreibart der Alten, welche in der ersten Sylbe dieses und des folgenden Wortes durchgängig ein ch haben, setzen die Abstammung der ersten Sylbe von hoch außer Zweifel, in welches das ch erst in den spätern Zeiten um des Wohlklanges willen in ein f verwandelt worden.


Hoffartig (W3) [Adelung]


Hoffartig, -er, -ste, adj. et adv. Hoffart habend, in der Hoffart gegründet. Ein hoffärtiger Mensch. Ein hoffärtiges Betragen, Bey dem Notker hohlertig, im Oberdeutschen auch hochträchtig.


Hoffen (W3) [Adelung]


Hoffen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1. Warten, auf seinem Wege stille stehen, sich verweilen, sich nach etwas umzusehen; eine im hochdeutschen veraltete Bedeutung, welche sich noch bey den Jägern erhalten hat, wo ein Hirsch oder Thier hoffet, oder noch häufiger verhoffet, wenn es im währenden Gehen oder unter dem Fressen stille hält und sich umsiehet. Auf der Bürsche, wenn das Wild nicht hoffen oder verhoffen will, schreyet der Jäger o, ha, ho! so verhoffet es gleich. 2. Figürlich, den Erfolg einer künftigen oder imgewissen Sache mit Theilnehmung für wahrscheinlich halten. 1) Vermuthen, daß eine Sache geschehen werde. Ich hoffe nicht, daß es heute regnen wird. Ich hoffe nicht, daß er kommen wird. Ich will doch nicht hoffen, oder ich hoffe nicht, daß u. s. f. ein gelinder Ausdruck eines Befehles oder Verbotes. Ich will doch nicht hoffen, daß sie ein heimlicher Verächter des Gebethes seyn sollen? Gell. Ich hoffe nicht, daß sie mit dem Mädchen Umstände machen werden, Weiße. Ingleichen mit dem Worte zu. Ich hoffe, ihn heute noch zu sehen. Wir hoffen, die Oberhand zu behalten. Wie auch mit der vierten Endung. Das will ich nicht hoffen! ich vermuthe es nicht, und wünsche es auch nicht. 2) Im engsten Verstande, in künftiges mögliches Gut mit einer angenehmen Empfindung erwarten. Darf ich hoffen? In der Sprache der Verliebten. Wollen sie mich denn auch jetzt nicht hoffen lassen? Sprichw. Hoffen und Harren macht manchen zum Narren. Ingleichen mit der vierten Endung der Sache. Man muß das Beste hoffen. Das ist mehr zu wünschen, als zu hoffen. Nichts mehr zu hoffen haben. Sie hat 30 000 Thaler zu hoffen. Im Oberdeutschen ehedem auch mit der zweyten Endung der Sache. Der Gerechtigkeit, der man hoffen muß, Gal. 5, 5. Die Person, von welcher man ein Gutes erwartet, bekommt, wenn die Sache ausgedruckt wird, das Vorwort von. Ich hoffe das Beste von Ihm. Ich habe nichts mehr von ihm zu hoffen. Wenn die Sache aber nicht ausdrücklich gemeldet wird, das Vorwort auf. Auf Gott hoffen, seine Glückseligkeit von ihm erwarten. Im Tode aufhören sollen, auf Gott zu hoffen, scheint ein Befehl zu seyn, daß wir seiner in diesem Leben nicht achten sollen, Gell. Aber nicht zu Gott, oder in Gott, wie 2 Macc. 2, 17. Auch ist der Ausdruck der gehofften Sache, mit dem Vorworte auf in dieser eingeschränkten Bedeutung, im Hochdeutschen ungewöhnlich, ungeachtet derselbe in der Deutschen Bibel mehrmahls vorkommt, auch in der ersten weitesten Bedeutung Statt findet. Doch sagt man noch, auf gut Glück, auf gute Zeiten hoffen, wo aber immer auch noch die erste Bedeutung Statt findet. Anstatt des Hauptwortes die Hoffnung, ist Hoffnung üblich, S. dasselbe.

Anm. Im Nieders. hapen, im Angels. hopian, im Engl. to hope, im Holländ. hoopen, im Dän. haabe, im Schwed. happas, bey den Krainerischen Wenden vpam. Die meisten Sprachforscher sind bey der Ableitung dieses Wortes auf das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, sehen, gefallen, weil man, wenn man hoffet, einer Sache gleichsam entgegen siehet; Frisch leitet es von hoch ab, dessen ch auch in Hoffart in ein f übergegangen ist, weil man dem Gute, welches man hoffet, gleichsam von einer hohen Warte entgegen siehet; Ihre aber von dem Isländ. Happ, Glück, und Engl. to happen, geschehen, sich zutragen. Allein aus der ersten noch bey den Jägern üblichen Bedeutung, deren sehr alte Kunst uns noch viele veraltete Stammwörter aufbehalten hat, erhellet, daß das Stillestehen oder Innehalten der Stammbegriff in diesem Worte ist, daher es sich füglicher zu haben, haften, stille halten, stille stehen, rechnen lässet, so wie das Schwed. welnas, welches gleichfalls hoffen bedeutet, nicht, wie Ihre will, zu wollen, sondern zu weilen, verweilen, gehöret. ( S. auch Hapern,) Nimmt man aber in der bereits gedachten eigentlichen Bedeutung den Begriff des Umsehens, Umschauens, für den ersten und herrschenden an, so wird man es fast eben so bequem mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - aus einer gemeinschaftlichen ältern Quelle herleiten können, welche sehen bedeutet hat, so wie das Lat. Spes und Sperare zu spähen, sehen, zu gehören scheinen. Ottfried und seine Zeitgenossen kennen dieses Zeitwort nicht, sondern gebrauchen thingen dafür.


Hoffentlich (W3) [Adelung]


"Hoffentlich", adv. wie ich hoffe, wie man hoffet. Hoffentlich wird er noch heute kommen. Es wird hoffentlich heute nicht regnen. Von dem vorigen Zeitworte vermittelst des eingeschobenen "t" euphonici, wie "flehentlich" von "flehen", "nahmentlich" von "Nahmen" u. s. f. S. "-Lich".


Hof-Fiscal (W3) [Adelung]


Der Hof-Fiscal, des -es, plur. die -cäle, ein Fiscal, welcher die Angelegenheiten eines fürstlichen Hofes besorget. S. Fiscal.


Hoffischhaus (W3) [Adelung]


Das Hoffischhaus, des -es, plur. die -häuser, an einigen Höfen, ein Haus, in welchem die für den Hof nöthigen Fische aufbewahret werden, und welchem ein Hoffischmeister vorstehet, der einen Hoffischknecht unter sich hat.


Hoffnung (W3) [Adelung]


Die Hoffnung, plur. die -en, von dem Zeitworte hoffen, der Zustand des Gemüthes, da man hoffet, in allen Bedeutungen des Zeitwortes, besonders in der letzten, die mit einer angenehmen Empfindung verbundene Erwartung eines künftigen möglichen Guten; ohne Plural. Ich that es in der Hoffnung, Dank bey die zu verdienen. Ich habe noch Hoffnung. Wir haben noch gute Hoffnung von ihm. Hoffnung bekommen. Seine Hoffnung auf etwas bauen, setzen, gründen. O. wenn er es erfähret, daß ich von alle dem nichts mehr habe, worauf er seine letzte Hoffnung bauet! Weiße. Zwischen Furcht und Hoffnung schweben. Der Kranke lieget ohne alle Hoffnung, so daß man seine Genesung nicht mehr hoffen kann. Jemanden mit leerer Hoffnung abspeisen. Eine ungegründete, leere, eitle Hoffnung. Feste, gewisse Hoffnung haben. Der Hoffnung leben, die Hoffnung haben. Auf Hoffnung leben, sein Leben in Erwartung eines ungewissen Gutes zubringen. Guter Hoffnung seyn, schwanger seyn. Es ist keine Hoffnung mehr da, mehr vorhanden, mehr übrig. Alle Hoffnung ist verschwunden. Die Hoffnung verlieren, aufgeben, fahren lassen. Die Hoffnung ist fehl geschlagen, meine Hoffnung ist mir vereitelt worden; im gemeinen Leben, ist zu Wasser geworden, ist in den Brunnen gefallen. Jemanden Hoffnung machen. Ich mache mir keine Hoffnung, er macht sich starke Hoffnung. Es geschahe wider alle Hoffnung nicht. Sich mit einer falschen Hoffnung schmeicheln. Hoffnung von etwas schöpfen. Jemanden alle Hoffnung benehmen, abschneiden, ihn aller Hoffnung berauben. Sich in seine Hoffnung betrogen sehen. Von der Hoffnung mehrerer einzelner Dinge, auch im Plural. Mein Bruder wird alle die Hoffnungen erfüllen, die ich nicht erfüllen konnte. Die besten Hoffnungen verschwinden, Gell. O, wie viel Hoffnungen gebierst du süßer Friede! Gieseke.

Anm. Im Nieders. Hapenung, Häpie, im Dän. Haab, im Holländ. Hope, im Angels. Hopa, im Engl. Hope, bey den krainerischen Wenden Upanje. Hoffnung ist, si wie das Nieders. Hapenung, wider die gewöhnliche Art der Verbalium auf ung, mit Beybehaltung der Sylbe -en, von hoffen gebildet, welche Sylbe sonst weggeworfen wird; Hoffenung, zusammen gezogen Hoffnung, für Hoffnung. Die ältesten Oberdeutschen Schriftsteller gebrauchen dafür Vvane, Wahn, und Kedingi.


Hoffnungslos (W3) [Adelung]


Hoffnungslos, -er, -este, adj. et adv. der Hoffnung beraubt, ohne Hoffnung. Eine hoffnungslose Liebe. Ingleichen in mehr passivem Verstande, ein hoffnungsloser Zustand, in welchem man vernünftiger Weise keine Besserung hoffen kann.


Hoffnungsvoll (W3) [Adelung]


Hoffnungsvoll, -er, -este, adj. et adv. voll Hoffnung, viele, starke Hoffnung habend. Ein Hoffnungsvolles Herz. Ingleichen in leidentlicherm Verstande, ein hoffnungsvoller Jüngling, von welchem man viel Gutes hoffen kann.


Hoffolge (W3) [Adelung]


Die Hoffolge, plur. inus. die Verbindlichkeit, einem fürstlichen Hofe in gewissen Fällen folgen zu müssen. Ingleichen, die Verbindlichkeit der Unterthanen, dem Hofe des Grundherren zu folgen, d. i. ihm die nöthigen Dienste zu leisten.


Hof-Fourier (W3) [Adelung]


Der Hof-Fourier, des -s, plur. ut nom. sing. ein Fourier, welcher für die Gäste, welche bey einem fürstlichen Hofe ankommen, wie auch für die Quartiere der bey Hofe wohnenden Personen sorget. ingleichen ein Fourier, welcher die Quartiere eines Hofes auf Reisen besorget; wo er zuweilen in engerer Bedeutung noch von dem Kammer-Fourier verschieden ist, welcher sich bloß mit den Quartieren der Herrschaft selbst beschäftiget.


Hoffrau (W3) [Adelung]


Die Hoffrau, plur. die -en, S. Hofmann.


Hoffreyheit (W3) [Adelung]


Die Hoffreyheit, plur. die -en. 1) Freyheit, d. i. Gerechtsamen, Vorzüge, welche einem Hofe, er sey von welcher Art er wolle, ankleben. 2) Die Freyheit, welche die unter dem Schutze eines fürstlichen Hofes wohnenden Personen genießen. ( S. Hofbefreyt,) 3) Zuweilen auch ein zu einem fürstlichen Hofe oder Schlosse gehöriger, und mit gewissen Freyheiten begabter Bezirk; die Schloßfreyheit, Burgfreyheit.


Hoffutteramt (W3) [Adelung]


Das Hoffutteramt, des -es, plur. die -ämter, an einigen Höfen, ein Amt, welches für das Futter der herrschaftlichen Pferde zu sorgen hat, und mit einem Hoffuttermeister, Hoffutterschreiber u. s. f. besetzt ist.


Hofgericht (W3) [Adelung]


Das Hofgericht, des -es, plur. die -e. 1) Ein hohes Landesgericht, vor welchem die sonst keinem Untergerichte unterworfenen Stände, und andere befreyete Personen ihr Recht nehmen können und müssen, in welchem der Landesherr ehedem selbst präsidirte, jetzt aber solches einem Hofrichter überlässet. Das älteste und vornehmste Gericht dieser Art ist das kaiserliche Hofgericht, von welchem sich schon 1159 Spuren finden, welches sich an dem jedesmahligen Hoflager des Kaisers aufhielt, unmittelbar von ihm abhing, und worin in den ältern Zeiten, der Pfalzgraf präsidirte. ( S. Hofgraf,) Nach dem Muster dieses Hofgerichtes legten die Reichsstände zur nützlichen Vermehrung der Gerichtsstellen in ihren Landen lange hernach dergleichen Hofgerichte an, in welchen ein Hofrichter präsidiret, obgleich die Verfassung, der Rang, und die Art zu verfahren fast in jedem Lande anders ist. In einigen Provinzen ist das Hofgericht mit dem Landgerichte einerley, da denn die Beysitzer auch Landräthe heißen. In den Schlesischen Hofgerichten hat der Hofrichter vier oder fünf Erbscholzen oder Hofschöppen zu Beysitzern. In Sachsen sind das Hofgericht zu Wittenberg und das Ober-Hofgericht zu Leipzig bekannt, welches letztere aber keine Gerichtbarkeit über das erste hat, sondern diesen Nahmen nur führet, theils weil es mehrere Kreise unter sich begreift, theils aber auch, weil der Churfürst in Ansehung der Kammergüter selbst vor demselben Recht nimmt. Die Beysitzer werden Hofgerichts-Assesores, an andern Orten Hofgerichtsräthe, Hofräthe genannt. Ehedem führete ein solches Hofgericht auch den Nahmen eines Hofdinges. 2) In einigen Gegenden, besonders Niedersachsens, wird auch ein Feld- oder Ackergericht auf dem Lande, welches in Sachen zu Felde und Flur erkennet, das Hofgericht, Hofding, Hofgedinge genannt, wo es ohne Zweifel aus Hufengericht verderbt ist, welchen Nahmen es an andern Orten ausdrücklich führet.


Hofgesinde (W3) [Adelung]


Das Hofgesinde, des -s, plur. inus. ein ehedem sehr übliches Wort, alle diejenigen Personen zu bezeichnen, welche am Hofe leben, dem Hofe folgen, oder in Diensten eines fürstlichen Hofes stehen, Hofleute; welches jetzt nur noch im verächtlichen Verstande gebraucht wird. Herodes mit seinem Hofgesinde, Luc. 23, 11. S. Gesinde.


Hofgewehr (W3) [Adelung]


Das Hofgewehr, plur. inus. S. Hofwehre.


Hofglück (W3) [Adelung]


Das Hofglück, des -es, plur. car. dasjenige Glück, welches man bey einem fürstlichen Hofe macht, und daselbst erwartet; welches gemeiniglich unsicher und unbeständig ist.


Hofgraf (W3) [Adelung]


Der Hofgraf, des -en, plur. die -en, in den ältesten Zeiten des Deutschen Staatsrechtes, der Graf, d. i. Richter in dem kaiserlichen Hofgerichte, der Hofrichter, welcher auch Erbpfalzgraf genannt wurde. In den folgenden Zeiten, nach Einführung des Römischen Rechtes, besonders unter Carl 4 waren die Hof- und Pfalzgrafen, Comites Palatii Lateranensis, von weit geringerm Range, bis ihre Würde endlich gar zu einem bloßen Titel herabsank, welchen Gelehrte und andere bürgerliche Personen noch jetzt von dem kaiserlichen Hofe erlangen, und kraft desselben, wenn die Hoheitsrechte der Stände es nicht hindern, gewisse geringe Regalia der kaiserlichen Würde ausüben, z. B. gekrönte Poeten und Notarios zu machen, Wapen zu ertheilen, uneheliche Kinder zu legitimiren u. s. f.


Hofgut (W3) [Adelung]


Das Hofgut, des -es, plur. die -güter. 1) Ein Gut, oder Landgut, welches einem fürstlichen Hofe gehöret; welches aber am häufigsten ein Kammergut, Domänen-Gut u. s. f. genannt wird. 2) Ein zu einem herrschaftlichen Hofe auf dem Lande gehöriges Gut; im Gegensatze eines Bauergutes. 3) In Westphalen, ein Bauergut, dessen Besitzer einem herrschaftlichen Hofe mit Leibeigenschaft verwandt ist; ein hofhöriges Gut. ( S. Hofhörig,) 4) In andern Gegenden, z. B. im Ottingischen, ein vollständiges Bauergut, welches in Sachsen ein Pferdnergut heißt, wo es für Hufengut stehet, von welchem es nur dem Nahmen nach verschieden ist.


Hofhaltung (W3) [Adelung]


Die Hofhaltung, plur. die -en, von der R. A. Hof halten, der Hofstaat eines regierenden Herren, mit Einschluß seiner Hofbedienten und aller zu seinem Hofe gehörigen Personen. Eine prächtige Hofhaltung haben, führen. Seine Hofhaltung an einem Orte aufschlagen, seinen Hof, sein Hoflager, seine Residenz. Einem Prinzen die Hofhaltung einrichten.


Hofhandwerker (W3) [Adelung]


Der Hofhandwerker, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Handwerker welcher bey Hofe, oder für einen fürstlichen Hof arbeitet, dergleichen es von allen Handwerkern gibt, welche alsdann dieses Prädicat ausdrücklich bekommen; dahin der Hofschuster, Hofschneider, Hofschmid, Hofwagener, Hoftischler, Hofglaser u. s. f. gehören. 2) Ein Handwerker, welcher sein Handwerk unter dem Schutze eines Hofes treibet, ohne auf die gewöhnliche Art zünftig zu seyn, ein hofbefreyeter Handwerker, Freymeister; dergleichen es wiederum von allen Arten gibt, welche alsdann das Wort Hof gleichfalls ihrer Bedeutung vorsetzen.


Hofhäusler (W3) [Adelung]


Der Hofhäusler, des -s, plur. ut nom. sing. auf dem Lande, ein Häusler, welcher in einem zu einem adeligen Hofe oder Herrenhofe gehörigen Hause wohnet, und dafür gemeiniglich dem Hofe zu gewissen Diensten verpflichtet ist. S. Hof 2) (b).


Hofherr (W3) [Adelung]


Der Hofherr, des -en, plur. die -en, der Herr oder Besitzer eines adeligen Hofes. Besonders in Westphalen, der Besitzer eines Herrenhofes, der Grund- und Eigenthumsherr eines Hofhörigen.


Hofhieb (W3) [Adelung]


Der Hofhieb, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden auf dem Lande, den Hofhieb leisten, das Getreide zu Hofe, d. i. dem Grundherren zur Frohne schneiden.


Hofhörig (W3) [Adelung]


Hofhörig, adj. et adv. zu einem Herrenhofe gehörig, besonders in Niedersachsen und Westphalen, wo hofhörige Leute, in engerer Bedeutung, eine Art kurmediger Unterthanen, oder solche Leute sind, welche zwar für ihre Personen nicht für Leibeigen gehalten werden können, aber doch von ihrem Bauerhofe dem Herrenhofe, zu welchem sie gehören, zu gewissen Pflichten und Diensten verbunden sind; so daß die Leibeigenschaft auf dem Gute haftet. Nach ihrem Tode bekommt der Hofherr nur die Hälfte des vierfüßigen Viehes, dagegen er bey den Eigenhörigen die ganze Verlassenschaft an sich nimmt. Ein hofhöriges Gut, ein solches Bauerngut. Die Hofhörigkeit, oder auch nur die Hörigkeit, die Eigenschaft eines Hofhörigen. Sie werden auch nur schlechthin Hörige genannt, und stehen den Ungehörigen, und an manchen Orten auch Sonderleuten entgegen, welche letztere nur in Ansehung ihrer Personen leibeigen sind, dagegen ihr Gut frey ist. Übrigens heißen sie auch Hofmänner, Hofleute, und wenn sie einem geistlichen Stifte auf diese Art verwandt sind, Gotteshausleute. Frisch hat sich durch die grobe Aussprache hofbeurig verleiten lassen, dieses Wort von Heuer, Pacht, Zins, abzuleiten, als wenn es bloß zu einem Erbzinse verpflichtete Unterthanen wären.


Hofhund (W3) [Adelung]


Der Hofhund, des -es, plur. die -e. 1) Ein Hund, welcher einem fürstlichen Hofe gehöret, besonders ein Jagdhund dieser Art. 2) Ein zu einem adeligen Hofe oder Herrenhofe gehöriger Hund. 3) Ein Hund, welcher zur Bewachung eines Viehhofes bestimmt ist, im Gegensatze eines Haushundes; bey den Schwäbischen Dichtern und im Schwabenspiegel Hove wart.


Hofjäger (W3) [Adelung]


Der Hofjäger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Jäger, welcher in unmittelbaren Diensten eines fürstlichen Hofes ist, sich in dem Gefolge des Hofes befindet, und noch von einem Leibjäger, welcher zunächst um die Person des Herren ist, unterschieden wird.


Hofjägermeister (W3) [Adelung]


Der Hofjägermeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein vornehmer Jagdbedienter an einem Hofe, welcher unmittelbar dem Ober-Hofjägermeister untergeordnet, und den Hofjägern vorgesetzt ist.


Hofjude (W3) [Adelung]


Der Hofjude, des -n, plur. die -n, ein Jude, welcher einem Hofe in Handelsangelegenheiten fortwährende Dienste leistet; ingleichen ein Jude, welcher unter dem unmittelbaren Schutze eines Hofes stehet.


Hofjunker (W3) [Adelung]


Der Hofjunker, des -s, plur. ut nom. sing. ein Junker, d. i. junger Edelmann, welcher unter diesem Titel zur Antwortung eines regierenden Herren bestimmt ist, den Kammerherren nach- den Pagen aber vorgehet, und noch von einem Kammerjunker verschieden ist.


Hofkammer (W3) [Adelung]


Die Hofkammer, plur. die -n, an einigen Höfen, ein Kammer-Collegium, welches unmittelbar unter dem Landesherren stehet, und Hofkammerräthe zu beysitzen hat, wenn diese Würde nicht, wie oft geschieht, ein bloßer Titel ist. Die kaiserlich-königliche Hofkammer in Münz- und Bergsachen zu Wien, hat einen Hofkammer-Präsidenten, und verschiedene Hofräthe und Hof-Commissions Räthe zu beysitzen.


Hofkanzeley (W3) [Adelung]


Die Hofkanzeley, plur. die -en, an verschiedenen Höfen, eine unmittelbar unter dem Landesherren stehende Kanzelley in inländischen Angelegenheiten; zum Unterschiede von einer Staatskanzelley, Kriegskanzelley, Landschaftskanzelley u. s. f. So befinden sich zu Wien eine kaiserlich-königlich Böhmische und Österreichische Hofkanzelley, eine königlich Ungarische Hofkanzelley, eine Siebenbürgische Hofkanzelley, eine Hof- und Staatskanzelley der auswärtigen Italiänischen und Niederländischen Geschäfte, in welchen insgesammt der Hofkanzler präsidiret, und deren jede mit verschiedenen Hofräthen, Hof-Secretarien, Hof-Concipisten u. s. f. besetzt ist.


Hofkapellan (W3) [Adelung]


Der Hofkapellan, die Hofkapelle, S. Hof-Capellan, Hof-Capelle.


Hofkeller (W3) [Adelung]


Der Hofkeller, des -s, plur. ut nom. sing. ein Keller zum Behuf eines fürstlichen Hofes. Daher die Hofkellerey, die sämmtlichen dabey angestellten Bedienten, der Hofkellner oder Hofkellermeister, welcher dem Hofkeller zunächst vorgesetzet ist, und so ferner.


Hofkind (W3) [Adelung]


Das Hofkind, des -es, plur. die -er, in Westphalen, ein hofhöriges Kind, ein Kind einer hofhörigen Person, siehe Hofhörig.


Hofkirche (W3) [Adelung]


Die Hofkirche, plur. die -n, eine zum Behufe eines Hofes, d. i. eines Herren und seines Hofstaates bestimmte Kirche; eine Schloßkirche.


Hofknecht (W3) [Adelung]


Der Hofknecht, des -es, plur. die -e. 1) Ein Knecht, welcher auf seinem Herrenhofe dienet. 2) In Westphalen, ein hofhöriger Knecht, S. Hofhörig.


Hofkoch (W3) [Adelung]


Der Hofkoch, des -es, plur. die -köche, überhaupt ein Koch, welcher an oder bey einem Hofe in Diensten ist. In engerer Bedeutung, ein Koch an einem Hofe, welcher die Speisen für die Hofleute, oder für den Kammertisch zurichtet; im Gegensatze des Mundkoches.


Hofkriegerath (W3) [Adelung]


Der Hofkriegerath, des -es, plur. inus. an dem kaiserlichen Hofe zu Wien ein unmittelbar unter dem Hofe stehendes Raths-Collegium, von welchem alle Sachen, welche die Armee und das Kriegswesen betreffen, abhängen, und welches mit einem Hofkriegsraths-Präsidenten, 5 Kriegsräthen, 9 Hofräthen und verschiedenen Hofkriegs-Secretarien besetzt ist.


Hofküche (W3) [Adelung]


Die Hofküche, plur. die -n, eine zum Behufe eines fürstlichen Hofes bestimmte, an dem Hoflager befindliche Küche. Ingleichen die sämmtlichen zu derselben gehörigen Personen, welche letztern auch das Hofküchenamt genannt werden, und von dem Hofmarschallsamte abhängig sind. Der Hofküchenmeister ist nebst dem Hofküchenschreiber gemeiniglich der erste Vorgesetzte desselben.


Hofkunst (W3) [Adelung]


Die Hofkunst, plur. die -künste. 1) Die Kunst, sich bey einem fürstlichen Hofe in Gunst zu setzen, und zu erhalten; ohne Plural. Leiden und dafür danken ist die beste Hofkunst. 2) Kunstgriffe, welche gemeiniglich an fürstlichen Höfen im Schwanze gehen, ohne Singular; Hofränke.


Hoflager (W3) [Adelung]


Das Hoflager, des -s, plur. die -läger. 1) Das Lager d. i. Der Aufenthalt eines regierenden Herren und seiner Hofleute an einem Orte. Sein Hoflager, in einer Stadt halten. 2) Der Ort, wo sich ein solcher Herr mit seinen Hofbedienten aufhält, es sey für beständig, die Residenz, oder nur auf eine kurze Zeit.


Hoflackey (W3) [Adelung]


Der Hoflackey, des -en, plur. die -en, ein Lackey bey Hofe, besonders so fern er zur Bedienung der Hofleute bestimmet ist.


Hofleben (W3) [Adelung]


Das Hofleben, des -s, plur. inus. das Leben, der Aufenthalt an einem fürstlichen Hofe. Sich dem Hofleben widmen.


Hoflecker (W3) [Adelung]


Das Hoflecker, des -s, plur. ut nom. sing. im verächtlichen Verstande, eine Person, welche einem regierenden Herren und seinen Hofleuten auf eine niedrige Art schmeichelt. S. Lecker.


Hoflehen (W3) [Adelung]


Das Hoflehen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Lehen, für welches der Vasall seinem Lehensherren an dessen Hofe, bey dessen Hoflager, Dienste zu leisten verbunden ist, und von welchem er ehedem eigentlich ein Dienstmann oder Ministerialis hieß; zum Unterschiede von einem Kriegs- oder Ritterlehen.


Hofleute (W3) [Adelung]


Die Hofleute, sing. inus. 1) Alle Personen, welche an einem fürstlichen Hofe leben, in dessen Diensten bey Hofe sind. Siehe Hofmann. 2) In Westphallen, hofhörige Leute, S. Hofhörig und Hofmann.


Höfling (W3) [Adelung]


Der Höfling, des -es, plur. die -e, ein Hofmann, ein Hofbedienter; aber nur noch mit einiger Verachtung, da es ehedem auch in einem guten Verstande gebraucht wurde. Und der Höfling erwacht und die Dame, Zachar. S. -Ling.


Hofluft (W3) [Adelung]


Die Hofluft, plur. inus. die Luft am Hofe, doch nur figürlich, die Begegnung, welcher man am Hofe von dem Herren und dessen Hofleuten ausgesetzet ist. Die Hofluft gewohnen.


Hofmagd (W3) [Adelung]


Die Hofmagd, plur. die -mägde, eine Magd, welche auf einem Herrenhofe dienet. In Westphalen auch eine hofhörige Magd.


Hofmanier (W3) [Adelung]


Die Hofmanier, plur. die -en, die bey Hofe, an fürstlichen Höfen übliche Manier, d. i. Art und Weise im Betragen.


Hofmann (W3) [Adelung]


Der Hofmann, des -es, plur. die -männer. 1) In Westphalen, ein hofhöriger Mann, ( S. Hofhörig;) wo es im Plural, wenn nicht genau das männliche Geschlecht ausgedruckt werden soll, auch Hofleute hat. Fämin. die Hoffrau, das Hofweib. 2) In einigen Gegenden führet der Schaffner auf einem Land- gute, der Hofmeister, auch den Nahmen des Hofmannes. 3) Eine Person männlichen Geschlechtes, welche an einem fürstlichen Hofe lebt, ein Hofbedienter, besonders höherer Art, wo es im Plural auch zuweilen Hofleute hat. Ingleichen figürlich, ein Mann, der seine Hofsitten an sich hat, ein feiner Weltmann. Im weiblichen Geschlechte sagt man in dieser Bedeutung wohl Hof-Dame, aber nicht Hoffrau.


Hofmännisch (W3) [Adelung]


Hofmännisch, adj. et adv. welches nur noch zuweilen im gemeinen Leben vorkommt, nach Art der Hofleute, in der dritten Bedeutung des Wortes Hofmann. Auf hofmännische Art.


Hofmark (W3) [Adelung]


Die Hofmark, plur. die -en, in einigen Gegenden, z. B. in Baiern, die Mark, d. i. der Bezirk, welcher zu einem adeligen Hofe gehöret, besonders in Ansehung der dem adeligen Hofe darüber zustehenden niedern Gerichtsbarkeit, und diese niedere Gerichtsbarkeit selbst; im mittlern Lat. Hofmarchia. Daher der Hofmarksherr, der Besitzer eines mit der niedern Gerichtbarkeit versehenen Hofes; ein Erbsaß.


Hofmarschall (W3) [Adelung]


Der Hofmarschall, des -es, plur. die -schälle, dessen Gattinn die Hofmarschallinn, der Marschall an einem fürstlichen Hofe, welcher einer der vornehmsten Hofbedienten ist, von welchem die ganze innere Haushaltung des Hofes abhängt, wenn er nicht, wie an großen Höfen üblich ist, einen Ober-Hofmarschall über sich hat, welcher zugleich seine eigene Gerichtbarkeit über die Hofbedienten ausübet. Daher das Hofmarschallamt, dessen Amt, ingleichen das unter seinem Vorsitze angestellte Gericht über die Hofbedienten, und der Ort, wo sich dasselbe versammelt. An einigen Höfen hat der Hofmarschall vornehmlich die Bewirthung der eingeladenen Personen an der Marschallstafel zu besorgen, welches Amt an andern Höfen dem Scloßhauptmanne, und auf dem kaiserlichen Schlosse Schönbrunn dem Oberküchenmeister zustehet. Ehedem führete der Hofmarschall auch den Nahmen des Salmeisters, S. Marschall.


Hofmäßig (W3) [Adelung]


Hofmäßig, -er, -ste, adj. et adv. einem fürstlichen Hofe, den Hofsitten gemäß. Bey de Schwäbischen Dichtern gehovet.


Hof-Medicus (W3) [Adelung]


Der Hof-Medicus, des -Medici, plur. die -Medici, ein Medicus, oder Arzt, welcher für den Hof, und in engerer Bedeutung, für die Hofleute bestimmt ist; in welchem letztern Falle er dem Leib-Medico, welcher die Herrschaft selbst besorget, entgegen stehet; der Hofarzt, ehedem der Burgarzt.


Hofmeier (W3) [Adelung]


Der Hofmeier, des -s, plur. ut nom. sing. der Meyer, d. i. Vorgesetzte eines Landgutes, Siehe Hofmeister 1, und Meyer.


Hofmeister (W3) [Adelung]


Der Hofmeister, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Hofmeisterinn, der Meister, d. i. erste und vornehmste Vorgesetzte eines Hofes, wo es nach Maßgebung dieses Wortes in verschiedenen Bedeutungen üblich ist. 1) So ferne Hof ein Landgut, es sey ein Bauergut oder freyes und adeliges Gut, bedeutet, ist in einigen Gegenden, z. B. in Obersachsen, der Hofmeister, derjenige, welcher gegen seinen jährlichen Lohn die Wirtschaft eines solchen Gutes im Nahmen des Besitzers führet und berechnet, der Vorgesetzte des Gesindes. An andern Orten wird er Meyer, Hofmeyer, Feldvogt, Vogt, Schaffner, Schirrmeister, Statthalter u. s. f. genannt. Die Hofmeisterinn, dessen Frau, oder auch eine besondere Vorgesetzte der Mägde eines Gutes, da sie denn auch Meyerinn, Hofmeyerinn, Käsemutter, Viehmuhme u. s. f. heißt. Daher die Hofmeisterey, dessen Wohnung. Auch in größern Wirtschaften gibt es Hofmeister höherer Art. Von der Art ist der Hofmeister des Erzstiftes zu Wien, welcher nebst dem Grundbuchshändler vermuthlich die Landgüter des Stiftes zu verwalten hat. 2) Von Hof, ein Gerichtshof, besonders ein Hofgericht, führet der Hofrichter, an einigen Orten, z. B. in dem Hofgerichte in Preußen, den Nahmen eines Hofmeisters. 3) So fern Hof, die Haushaltung eines regierenden Herren, mit Einschluß der Hofleute und Hofbedienten bedeutet, ist der Hofmeister und an großen Höfen der Ober- oder Oberst-Hofmeister, einer der ersten Hofbedienten, welcher die Aufsicht über den ganzen, oft aber auch nur über den weiblichen Hofstaat hat. Potiphar war der Hofmeister des Königes Pharao, 1 Mos. 37, 36; Ahisar des Salomo, 1 Kön. 4, 6. Die Hofmeisterinn, oder Ober-Hofmeisterinn, dessen Gattin; zuweilen auch die oberste Vorgesetzte eines weiblichen Hofes, oder der weiblichen Hofbedienten. An kleinern Höfen führet der Hofmeister den Nahmen eines Hausmeisters; an größern aber hat man auch Großhofmeister, Landhofmeister, Erdhofmeister, Haushofmeister u. s. f. Ehedem wurden sie auch Hausmeyer, Hofmeyer und bey den Fränkischen Königen Majores Domus, Provisores Aulae, Magistri Palatii u. s. f. genannt. 4) Ein Vorgesetzter, welcher die Aufsicht über das sittliche Betragen anderer hat. Wer Gewalt übet im Gericht, der ist eben als ein Hofmeister, der eine Jungfrau schändet, die er bewahren soll, Sir. 20, 4. 5) Der Vorgesetzte der Kinder eines Hauses, welchem so wohl der Unterricht derselben, als auch die Bildung ihrer Sitten oblieget, führet im gemeinen Leben häufig den Nahmen eines Hofmeisters; in der anständigen Sprechart, ein Hauslehrer. Es kann seyn, daß Hofmeister in dieser Bedeutung von der vorigen entlehnet ist, so daß man von derselben nur den Begriff eines Vorgesetzten behalten hat. Allein es scheinet wahrscheinlicher, daß Hof in dieser Bedeutung zu dem im Deutschen veralteten noch im Schwedischen üblichen Hof, gute Art, Anstand, gute Sitten, gehöret, weil doch die vornehmste Beschäftigung eines solchen Hofmeisters in der Bildung der Sitten und des Betragens besiehet, oder doch bestehen sollte, derselbe auch in vielen Fällen noch von einem Informator oder Hauslehrer im engsten Verstande verschieden ist. Über dieß wird dieses Wort auch zuweilen im figürlichen Verstande von einem jeden Sittenrichter gebraucht, welche Bedeutung auch in den beyden folgenden Wörtern die herrschende ist. S. Behuf, 1. und 2. Höflich, und hübsch.


Hofmeisterlich (W3) [Adelung]


Hofmeisterlich, adj. et adv. einem Hofmeister in der letzten Bedeutung ähnlich, gleich, in dessen Amte gegründet. Alle meine Erinnerungen klingen ihm hofmeisterlich.


Hofmeistern (W3) [Adelung]


Hofmeistern, verb. reg. act. im figürlichen Verstande der letzten Bedeutung des Wortes Hofmeister, tadeln, besonders in dem Tone eines Vorgesetzten tadeln. Jemanden hofmeistern. Jemandes Betragen hofmeistern.


Hofmeyer (W3) [Adelung]


Der Hofmeyer, S. Hofmeier.


Hof-Musikant (W3) [Adelung]


Der Hof-Musikant, des -en, plur. die -en, ein an einem Hofe in Diensten stehender Musikant, wohin der Hoftrompeter, Hofpauker, die jetzigen Hofpfeifer und ehemahligen Bockpfeifer des Chursächsischen Hofes u. a. m. gehören.


Hofpauker (W3) [Adelung]


Der Hofpauker, S. Hof-Musikant.


Hofpfeifer (W3) [Adelung]


Der Hofpfeifer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Hof-Musikant.


Hofpostamt (W3) [Adelung]


Das Hofpostamt, des -es, plur. die -ämter, an einigen Höfen, z. B. zu Dresden, ein zunächst zum Behufe eines fürstlichen Hofes bestimmtes, und unmittelbar unter demselben stehendes Postamt. Daher der Hofpostmeister, der demselben vorgesetzet ist.


Hof-Prälat (W3) [Adelung]


Der Hof-Prälat, des -en, plur. die -en, Prälaten, so fern sie sich an dem Hofe eines Höhern aufhalten, oder an dessen Hofe in Diensten stehen. Die Römischen Hof-Prälaten, nach deren Muster die Erzbischöfe zuweilen ihre Haus-Prälaten haben.


Hofprediger (W3) [Adelung]


Der Hofprediger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Prediger zum Behufe eines vornehmen Hofes, und der dazu gehörigen Personen, welcher zuweilen noch einen Oberhofprediger über sich hat.


Hof-Profoß (W3) [Adelung]


Der Hof-Profoß, des -es, plur. die -e, ein Profoß an einem Hofe, zur Bestrafung der Hofbedienten, dem zuweilen noch ein Hofprofoßknecht zugeordnet ist.


Hofraithe (W3) [Adelung]


Die Hofraithe, S. Hofreite.


Hofrank (W3) [Adelung]


Der Hofrank, des -es, noch häufiger im Plural, die Hofranke, Ränke von der Art, wie sie an den Höfen üblich sind.


Hofrath (W3) [Adelung]


Der Hofrath, des -es, plur. die -räthe. 1) Eigentlich, der Rath eines fürstlichen Hofes, welches demselben in Hof- oder Lande-sachen Rath zu geben befugt ist, oder doch einem dem Hofe unmittelbar unterworfenen Gerichte oder Collegio beywohnet; besonders so fern selbiges eine mit einem gewissen bestimmten Range verbundene Würde ist, welche aber oft auch als ein bloßer Titel gegeben wird, ohne daß damit einige Verrichtung verbunden wäre. In engerer und vielleicht der ältesten Bedeutung sind die Hofräthe Beysitzer eines Hofgerichtes, welche für die Handhabung der Gerechtigkeit Sorge tragen, da sie denn an einigen Orten mit den Justizräthen einerley sind, an manchen Orten aber noch von ihnen unterschieden werden, und alsdann zunächst mit den Regierungsangelegenheiten zu thun haben, wie denn ihr Collegium alsdann auch die Regierung genannt wird. Die vornehmsten Hofräthe dieser Art sind in Deutschland die Beysitzer des kaiserlichen Reichs-Hofraths-Collegii zu Wien. 2) Ein Collegium solcher Personen, dergleichen besonders der eben genannte Reichs-Hofrath zu Wien ist. Eben daselbst befindet sich auch ein königlich Ungarischer Hofrath, ingleichen ein Siebenbürgischer Hofrath.


Hofraum (W3) [Adelung]


Der Hofraum, des -es, plur. die -räume, der zu dem Hofe an einem Gebäude bestimmten Raum, und dieser Hof selbst in Ansehung seines Raumes. Dieses Haus, dieses Gut hat vielen Hofraum. S. Hofreite.


Hofraute (W3) [Adelung]


Die Hofraute, plur. die -n, eine Benennung der Stabwurz, Abrotanum, aus welchem Worte dieselbe vermuthlich verderbt ist; Nieders. Hofrüde. S. Stabwurz.


Hofrecht (W3) [Adelung]


Das Hofrecht, des -es, plur. die -e. 1) Die Rechte der hofhörigen Unterthanen, in Westphalen und Niedersachsen, und deren Sammlung. 2) Das Recht eines adeligen Hofes über die zu demselben gehörigen Leibeigenen; ohne Plural. Er plaget mich auf Hofrecht, d. i. rechtschaffen. 3) Die Sammlung der Rechte, wornach die über Hoflehen entstandenen Streitigkeiten entschieden werden; im Gegensatze des Lehenrechtes, welches die eigentlichen Kriegs- und Ritterlehen betrifft. 4) Das an den Höfen in dem Betragen gegen andere übliche Recht, wo dieses Wort auch unter den Handwerken üblich ist. Jemanden etwas aus Hofrecht erlauben, d. i. ihm eine ungewöhnliche und sonst unerlaubte Sache auf einige Zeit verstatten.


Hofreite (W3) [Adelung]


Die Hofreite, plur. die -n, auf dem Lande in Obersachsen und Oberdeutschland, der Hofraum bey einem Landgute oder Bauerhofe; bey dem Königshoven Hovereite. S. Reite.


Hofrichter (W3) [Adelung]


Der Hofrichter, des -s, plur. ut nom. sing. der Richter oder Präsident eines Hofgerichtes. S. Hofgericht.


Hofrolle (W3) [Adelung]


Die Hofrolle, plur. -n, in Westphalen, das Verzeichniß der Hofhörigen und ihrer Rechte.


Hofschatzmeister (W3) [Adelung]


Der Hofschatzmeister, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Höfen, ein Schatzmeister, welcher das zum Behufe des Hofes und Hofstaates nöthige Geld in seiner Verwahrung und Berechnung hat.


Hofschöppe (W3) [Adelung]


Der Hofschöppe, des -n, plur. die -n, in Schlesien, der Schöppe oder Beysitzer eines Hofgerichtes, welcher daselbst auch der Erbschulze genannt wird.


Hofschranz (W3) [Adelung]


Der Hofschranz, des -en, plur. die -en, eine verächtliche Benennung eines auf niedrige Art seinem Herren schmeichelnden Hofmannes. Eine solche Person weiblichen Geschlechtes nennet Lessing eine Hofschranze. S. Schranz.


Hofsilberkammer (W3) [Adelung]


Die Hofsilberkammer, plur. die -n, eine Kammer, d. i. ein Collegium verschiedener Personen, welches das Silbergeschirr eines fürstlichen Hofes in seiner Verwahrung hat, und welches in Dresden aus dem Hofsilberkämmerer, einem Silberdiener, Silberschreiber, Silberwäscherinnen u. s. f. bestehet.


Hofsitte (W3) [Adelung]


Die Hofsitte, noch häufiger im Plural, die -n, die Sitte, d. i. Art und Weise zu handeln, welche an Höfen üblich ist.


Hofspeise (W3) [Adelung]


Die Hofspeise, plur. inus. an einigen Orten, z. B. in Obersachsen, diejenigen Eßwaaren, welche eine adelige Witwe nach dem dreyßigsten Tage nach ihres Ehegatten Tode von dem Hofe, oder dessen Gute mit sich nimmt, und welche auch der Mußtheil genannt werden.


Hofstaat (W3) [Adelung]


Der Hofstaat, des -es, plur. die -e. 1) Der Staat, d. i. die Pracht eines fürstlichen Hofes. 2) Die zur Bedienung eines Hofes gehörigen Personen, mit Einschluß der ganzen Hofhaltung. Einen prächtigen Hofstaat haben. Der ganze Hofstaat ist aufgebrochen. S. Staat.


Hofstadt (W3) [Adelung]


Die Hofstadt, plur. die -städte, eine Stadt, so fern sie der gewöhnliche Wohnort eines großen Herren und seines Hofes ist, die Residenz-Stadt.


Hofstatt (W3) [Adelung]


Die Hofstatt, plur. -stätte. 1) Die Statt, d. i. Stätte oder die Stelle, wo ein Bauer- oder Herrenhof stehet oder gestanden hat; welche aber am häufigsten die Hofstätte genannt wird. 2) Die Hofreite, der Hofraum eines Land- oder Bauergutes, der Hof; auch am häufigsten die Hofstätte. 3) Die Statt, d. i. der Ort, wo ein großer Herr seinen Hof hält, d. i. residiret; die Residenz. Zuweilen auch das Gebäude, der Pallast, in welchem er Hof hält.


Hofstätte (W3) [Adelung]


Die Hofstätte, plur. die -n, S. das vorige.


Hofstätter (W3) [Adelung]


Der Hofstätter, des -s, plur. ut nom. sing. im Österreichischen, eine Art Handfröhner, welche mit den Viertellöchern und Hauern, wenigstens in Ansehung der Frohnen, in Einer Classe stehen; vielleicht, weil sie nur eine Hofstätte, d. i. ein Wohnhaus mit einem Hofe, aber keinen Acker besitzen.


Hoftag (W3) [Adelung]


Der Hoftag, des -es, plur. die -e. 1) An einigen Orten, ein Frohntag, ein Tag, an welchem die Unterthanen zu Hofe dienen, d. i. frohnen müssen. Ein Pferdetag, wenn sie mit Pferden und Wagen, ein Handtag, wenn sie mit der bloßen Hand fröhnen, ein Fußtag, wenn sie sich zur Frohne müssen verschicken lassen. 2) In Westphalen, ein Gerichtstag über die Hofhörigen, welcher alle Jahre Ein Mahl gehalten wird, und ehedem die Hofsprache hieß. 3) Ehedem die feyerliche Versammlung der Vasallen an dem Hofe des Lehnsherren.


Hoftrauer (W3) [Adelung]


Die Hoftrauer, plur. inus. diejenige Trauer, welche ein vornehmer Herr mit seinem ganzen Hofe anleget; im Gegensatze dern Land- und Kammertrauer.


Hoftrompeter (W3) [Adelung]


Der Hoftrompeter, des -s, plur. ut nom. sing. S. Hof-Musikant.


Hofvogt (W3) [Adelung]


Der Hofvogt, des -es, plur. die -vögte, in Westphalen ein Vogt oder Vorgesetzter, welcher die Rechte des Leibeigenthumes aber die Hofhörigen im Nahmen des Erbherren verwaltet.


Hofwehr (W3) [Adelung]


Die Hofwehr, plur. die -en, oder die Hofwehrung, plur. die -en, ein Collectivum, alles zum Acker- und Landbaue nöthige Hof- und Feldgeräth eines Bauerhofes zu bezeichnen, oft mit Einschluß des Viehes, zum Samen nöthigen Getreides u. s. f. das Hofgewehr. Besonders in denjenigen Gegenden, wo die Leibeigenschaft noch üblich ist, und wo daher der Bauer diese Hofwehr von dem Erb- und Grundherren bekommt. An andern Orten und von andern Landgütern heißt es mit einem Lateinischen Worte das Inventarium. S. Wehr.


Hofweib (W3) [Adelung]


Das Hofweib, des -es, plur. die -er. S. Hofmann.


Hofwirthschaft (W3) [Adelung]


Die Hofwirthschaft, plur. inus. die Wirthschaft eines Hofes, d. i. die Verwaltung der zur Erhaltung des ganzen Hofstaates nöthigen Ausgaben und Einnahmen. In engerer Bedeutung, die Verwaltung der für die Küche und den Keller nöthigen Gelder. An dem kaiserlich-königlichen Hofe zu Wien befindet sich ein eigener Hofwirthschaftsrath, und zu Dresden eine dem Ober-Küchenmeister untergeordnete Hofwirthschafts-Expedition, welche die Hofwirthschafts-Cassa hat, und wozu der Hofwirthschafts-Secretär, der Hof-Cassier u. s. f. gehören.


Hofzwang (W3) [Adelung]


Der Hofzwang, des -es, plur. inus. an einigen Orten, das Recht, die dienstpflichtigen Unterthanen zu Leistung der schuldigen Hof- oder Frohndienste anzuhalten; der Bauernzwang.


Höhe (W3) [Adelung]


Die Höhe, plur. die -n, das Abstractum des Beywortes hoch. 1. Die Eigenschaft eines Körpers, nach welcher derselbe hoch ist; ohne Plural. 1) Eigentlich, nach welcher derselbe über der Oberfläche erhaben ist. Eine Höhe haben. 2) Auch in einigen figürlichen Bedeutungen. Die Höhe der Farben, der Töne. Besonders in der edlen Schreibart, der Umstand, da ein Ding andere an Vorzügen, an Würde übertrifft. 2. Die senkrechte Ausdehnung von dem Horizonte an über denselben, in Ansehung ihres Maßes, und in weiterer Bedeutung, die senkrechte Entfernung von der horizontalen Fläche; da denn von verschiedenen solchen Entfernungen mehrerer Dinge auch der Plural gebraucht wird. Eine Höhe von zwanzig Fuß. Die Höhe eines Baumes, eines Thurmes, eines Berges messen. Die Höhen mehrerer Berge mit einander vergleichen. In der Geometrie ist die Höhe einer Figur die senkrechte Linie von der der Grundlinie entgegenstehenden Seite auf die Grundlinie. Alle Parallelogrammen sind einander gleich, wenn sie gleiche Grundlinien und gleiche Höhen haben. Die Höhe des Äquators, eines Sternes, der Sonne, in der Astronomie, ihre scheinbare Entfernung von dem Horizonte. Die Höhe eines Sternes nehmen, d. i. messen. Die Höhe oder Polhöhe, die Entfernung des Poles an einem Orte über dem Horizonte, welche mit der Breite einerley ist. Die Höhe eines Schiffes, in der Schifffahrt, so wohl dessen Entfernung von dem Lande, als auch dessen Entfernung von dem Äquator. Auch in verschiedenen figürlichen Bedeutungen. Die Höhe eines Battallions, die Anzahl der hinter einander stehenden Reihen. Besonders der Abstand von andern Dingen in Ansehung des Vorzuges, der Würde, des äußern Ranges; in der edlen Schreibart und ohne Plural. Ein Bruder aber der niedrig ist, rühmt sich seiner Höhe, Jac. 1, 9. 3. Ein über dr horizontalen Fläche erhabenes Ding. 1) Der über der Horizontal-Fläche erhabene Raum; ohne Plural. Sich in die Höhe richten, aus der horizontalen Ausdehnung eine senkrechte annehmen. In die Höhe steigen, klettern. An einem Berge in die Höhe klimmen. Die Nase in die Höhe werfen, zum Zeichen der Verachtung. Besonders ein über der Oberfläche der Erde erhabener Raum. Der mich kennet, ist in der Höhe, Hiob 16, 19, im Himmel. Du bist in die Höhe gefahren, Ps. 68, 19. Der Herr schauet von seiner heiligen Höhe, Ps. 102, 20; und so in andern Stellen mehr. Ingleichen in verschiedenen figürlichen Bedeutungen. Die feinern Töne in der Höhe gehen leicht in eine Falset-Stimme über. Besonders ein über viele andere erhabener Grad des Vorzuges, der Würde, des äußern Ranges. Sagen sie mir, wie ihr Herz von dieser Höhe, nach der das meinige mit Schwindeln hinauf sieht, herab fallen konnte, Sonnenf. 2) Der über der horizontaler Fläche erhobene Theil eines Dinges. Ich fühle hier eine Höhe. Die Höhe des Meeres, das hohe Meer, das Meer in einer beträchtlichen Entfernung von den Küsten, weil es daselbst höher zu seyn scheinet. Besonders erhabene Theile der Erdfläche; Anhöhen. Das Volk opferte noch auf den Höhen, 1 Sam. 3, 2. In engerer Bedeutung wird es nur noch von Hügeln, d. i. geringern Erhebungen der Erdfläche gebraucht, zumahl wenn sie sich allmählich erheben; zum Unterschiede von den Bergen, oder höhern und steilern Erhebungen. Dort, wo die waldichte Höhe den blauen Rücken verbreitet, Zach. Von Höhen und Thal Tönt überall Die süße Stimme der Freude, Weiße.

Anm. Bey dem Ottfried, Tatian und Willeram Hohi und Hohe, bey dem Notker in der letzten Bedeutung Hohina, im Nieders. Högte, im Dän. Hoj, Hojde, im Engl. Height. S. Hoch.


Hoheit (W3) [Adelung]


Die Hoheit, plur. die -en, ein vermittelst der Ableitungssylbe heit von dem Beyworte hoch gebildetes Hauptwort, welches aber nur noch in einigen figürlichen Bedeutungen als ein Abstractum, und am häufigsten ohne Plural gebraucht wird. 1) Überhaupt, derjenige Zustand eines Dinges und besonders des Geistes, da derselbe sehr weit über andere erhaben ist, viele und große Vorzüge vor derselben besitzet. Es gehöret weit mehr Hoheit des Geistes dazu, die Liebe vernünftig zu fühlen, als die Freyheit zu behaupten; Sonnenf. Die Hoheit der Seele. Die Hoheit und Göttlichkeit, welche der Weisheit der Religion vor der Weisheit der Vernunft eigen ist, Gell. Gottes Hoheit, dessen wesentlicher Vorzug vor allen Dingen, welcher auch dessen Majestät genannt wird. 2) In engerer Bedeutung, äußerer sehr hoher Stand und Würde. Das glückliche Loos des Reichthumes, der Hoheit, der Ehre, ist unbeständig, Gell. Was kann das Laster nicht erzwingen, Wenn es die Hoheit unterstützt! ebend. wenn es von einem erhabenen Stande, von hohen Personen unterstützt wird. 3) In noch engerer Bedeutung, die höchste Gewalt eines Landes- und Oberherren; doch am häufigsten nur noch in einigen Fällen. Die Grafschaft Mansfeld Chursächsischer Hoheit, so viel davon dem Churhause Sachsen gehöret. Dieser Ort gehöret unter die Preußische Hoheit, oder hier ist Preußische Hoheit. S. Majestät und Landeshoheit. 4) In der engsten Bedeutung ist dieses Wort ein Titel, welchen im Abstracto ehedem, ehe der Titel Majestät üblich wurde, die Könige bekamen. Jetzt gibt man ihn nur Personen vom königlichen Geblüte beyderley Geschlechtes. Ew. Königliche Hoheit. Ihre Königliche Hoheit haben befohlen u. s. f. Wo man von mehrern solchen Personen auch im Plural sagt, Ihre Königliche Hoheiten. In der gemeinen Sprechart der Höfe wird es auch wohl im Concreto gebraucht, die Hoheiten sind ausgefahren, für Ihre Hoheiten. Im mittlern Lat. Altitudo, im Franz. Altesse, im Engl. Highness.


Hoheitsrecht (W3) [Adelung]


Das Hoheitsrecht, des -es, plur. die -e, Rechte, welche aus der höchsten landesherrschaftlichen Gewalt herfließen; Majestäts-Rechte, Regalien. Jemanden mit den Hoheitsrechten belehnen. Ein Hoheitsrecht ausüben.


Hohelied (W3) [Adelung]


Das Hohelied, des Hohenliedes, dem Hohenliede, plur. die Hohenlieder, der Titel des unter den canonischen Schriften des alten Testamentes befindlichen, dem Wortverstande nach verlieb- ten Gedichtes, welches gemeiniglich dem Salomo zugeschrieben wird. Das Hohelied Salomonis; Canticum Canticorum. In dem 1483 zu Augsburg gedruckten Buche der Natur wird es noch das Minne Büch, das Buch der Liebe, genannt. Hoch wird in dieser Zusammensetzung, so wie in Hohepriester wider die Natur der zusammen gesetzten Wörter mit decliniret.


Höhen (W3) [Adelung]


* Höhen, verb. reg. act. hoch machen; welches aber im Hochdeutschen veraltet ist, seit dem das zusammen gesetzte erhöhen dafür üblicher geworden. Bey dem Ottfried hahan, hohen, der es auch für kreuzigen und henken gebraucht. Diu minne tiuret werden man Vnd hoehet senden muot, Werner von Tuisen. Herder hat es wieder einzuführen versucht: wie sich der Himmel hebt und höhet!


Höhenmesser (W3) [Adelung]


Der Höhenmesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein mathematisches Werkzeug, die Höhe eines Körpers, dessen Entfernung von der Oberfläche der Erde zu messen. Besonders in der Schifffahrt, ein Werkzeug, die Höhe eines Sternes zu messen, worunter der Quadrant eines der Bekanntesten ist.


Höhen-Pilot (W3) [Adelung]


Der Höhen-Pilot, des -en, plur. die -en, an den Seeküsten, eine Art Piloten, welche die Schiffe auf das hohe Meer führen; zum Unterschiede von den Küsten-Piloten, und Lootsmännern.


Hoheofen (W3) [Adelung]


Der Hoheofen, des Hohenofens, dem Hohenofen, plur. die Hohenöfen, eine nur im Hüttenbaue für der hohe Ofen übliche Zusammensetzung, nach dem Muster der Wörter Hohelied, Hohepriester. Daher der Hoheofenarbeiter oder Hoheöfener, der an einem hohen Ofen arbeitet, und worunter der Hoheofenmeister der vornehmste ist.


Hohepriester (W3) [Adelung]


Der Hohepriester, des Hohenpriesters, dem Hohenpriester, plur. die Hohenpriester, der hohe, d. i. höchste und oberste Priester; wo dieses Wort doch nur von den obersten Priestern der ehemahligen Juden, nach dem Vorgange der Deutschen Bibel-Übersetzung gebraucht wird. Ein Hohenpriester, Ebr. 2, 17, und an andern Stellen mehr. Es ist eines von den wenigen Zusammensetzungen, in welchen das voran stehende Beywort mitdeclinirt wird. ( S. Hohelied und Langeweile,) Daher das Hohepriesteramt, des Hohenpriesteramtes u. s. f. 1 Macc. 11, 27; Kap. 14, 38; 2 Macc. 4, 7. Das Hohepriesterthum, des Hohenpriesterthumes u. s. f. die Würde eines Hohenpriesters, 2 Masc. 4, 24. Hohepriesterlich, adj. dem Hohenpriester gehörig, ähnlich, in dessen Amte gegründet. Das hohepriesterliche Amt Christi, ein Theil seines Mittleramtes, dessen Unterhandlung mit Gott, ihn mit den Menschen zu versöhnen. Des hohenpriesterlichen Amtes. Christi hohespriesterliches (nicht hohepriesterliches) Gebeth. In einer alten Bibel-Übersetzung von 1462 heißt der Hohepriester noch bald ein Bischof, bald der Fürst der Pfaffen, bald aber auch der höchste Pfaff.


Hohl (W3) [Adelung]


Hohl, -er, -ste, adj. et adv. 1) Eigentlich im Innern einen leeren Raum habend; im Gegensatze dessen, was ausgefüllet, oder dicht ist. Ein Stroh, die Zwiebelstängeln, ein Flintenlauf u. s. f. sind inwendig hohl. Ein hohler Baum, ein hohler Zahn, hohle Berge. Inwendig war die Säule hohl, Jerem. 52, 21. 2) In weiterer Bedeutung; eingebogen, in der Mitte der Fläche sich mehr unter der Horizontal-Linie neigend, als mit den Seitentheilen der Fläche; Lat. concavus. Hohle, tief liegende, Augen habend, ( S. Hohläugig). Ein hohl geschliffenes Glas, ( S. Hohlglas,) Eine geschliffene Klinge, hohle Klinge, ( S. Hohlklinge,) Der hohle Leib, die oberen Seitentheile des untern Schmerbauches, von eingebogenen Gestalt. Ein hohler, sehr ver- tiefter, ausgefahrener, von der Wasser ausgetiefter, Weg, im gemeinen Leben eine Hohlung, ein Schluchter, eine Schlucht, im Hollsteinischen ein Redder, ( S. Hohlweg,) Die hohle Hand, der innere Theil der zusammen gebogenen Hand, ( S. Gäspe,) 3) Figürlich. Eine hohle Stimme, eine dumpfe Stimme, so wie diejenige ist, welche aus einem hohlen Orte herschallet. Es klinget hohl, als wenn darunter ein hohler Ort geborgen wäre. Sie schweigt und gräbt getrost. Ha, ha, nun klingt es hohl, Gell. Ehedem wurde es auch für leer gebraucht. Aller Wunne was es hohl, Jeroschin bey dem Frisch. Und noch sagt man im gemeinen Leben, es ist mir so hohl im Magen, wenn man eine Leere in demselben empfindet, wenn man hungert. Ingleichen für verborgen, in welcher Bedeutung es bey der Winsbeckinn vorkommt, wo es aber zunächst zu hehl und hehlen zu gehören scheinet.

Anm. Bey dem Ottfried hol, im Nieders. holl, im Angels. hol, im Engl. hollow, im Dän. huul. im Schwed. iholig, im Isländ. holur. Es kommt mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, dem Lat. Coelum, Caula u. s. f. überein. Es gehöret im Ganzen genommen zu dem alten ha, hoch, welches ehedem auch tief bedeutete. Das Schwed. Hol bedeutet so wohl einen Hügel, als auch eine Höhle.


Hohlader (W3) [Adelung]


Die Hohlader, plur. die -n, in der Zergliederungskunst, ein Nahme der weitesten und höchsten Blutader, welche der rechten Herzkammer eingepflanzet ist, und sich nicht weit davon in die obere und untere theilet; Vena cava.


Hohläugig (W3) [Adelung]


Hohläugig, -er, -ste, adj. et adv. hohle, d. i. tief liegende, eingefallene Augen habend; Nieders. hollooged.


Hohlbäckig (W3) [Adelung]


Hohlbäckig, -er, -ste, adj. et adv. hohle, d. i. eingebogene, eingefallene Bocken habend. Im gemeinen Leben einiger Gegenden, z. B. Schlesiens, ist der Hohlbacke ein Verschwender.


Hohlbohrer (W3) [Adelung]


Der Hohlbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bohrer verschiedener Holzarbeiter, besonders der Drechsler, Körper inwendig hohl auszubohren.


Hohldeichsel (W3) [Adelung]


Die Hohldeichsel, plur. die -n, bey den Zimmerleuten, eine Deichsel, einen Körper damit auszuhöhlen, oder einen hohlen Körper in Innern damit zu bearbeiten; in Gegensatze einer Flachdeichsel. S. 1. Deichsel.


Hohldocke (W3) [Adelung]


Die Hohldocke, plur. die -n, bey den Drechslern, eine Docke, diejenigen Dinge, welche feiner als gewöhnlich bearbeitet werden sollen, darein zu spannen. Entweder, weil diejenigen Dinge, welche hohl ausgearbeitet werden sollen, in dieselbe gespannet werden müssen, oder auch, weil das Hauptstück derselben eine hohle, d. i. mit einem runden Loche versehene eiserne Platte ist.


Höhle (W3) [Adelung]


Die Höhle, plur. die -n, Diminut. das Höhlchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein leerer Raum in dem Innern eines Körpers, und in weiterer Bedeutung, eine sehr vertiefte, sehr eingebogene Stelle einer Fläche, im gemeinen Leben eine Hohlung; besonders so fern sie dazu dienet, etwas darin zu verbergen. Der Rumpf des menschlichen Leibes bestehet aus verschiedenen Höhlen. Die Brusthöhle. Die Höhlen an den Knochen, die halb runden Vertiefungen an den Gelenkbeinen. Die Höhlen der wilden Thiere, ausgehöhlte Stellen in der Erde, sich darin zu verbergen. Am häufigsten sind hohle Stellen oder leere Räume in dem Innern der Erde oder der Berge unter dem Nahmen der Höhlen bekannt. Sich in eine Höhle verkriechen. In dem Stande der Wildheit wohneten die Menschen in den Höhlen der Berge und Felsen. In dem Bergbaue ist die hohle ein halb rund ausgehauener Baum, ein Trog von einem gewissen Maße, das Erz darin fortzuschaffen. Gemeiniglich hält eine solche Höhle 16 Zentner, oder 34 Körbe, oder 8 Karren.

Anm. Bey dem Notker und Willeram im ungewissen Geschlechte thaz Hol, und im Plural Holer, bey dem Ulphilas Holund, im Nieders. Holl, welches aber auch ein jedes Loch bedeutet, im Angels. Hole, Hale, im Dän. Hule, im Schwed. Hol, welches so wohl eine Höhle, als einen Hügel bedeutet, im Engl. Hollow, wo Hole ein Loch ist, im Lettischen Ula. Es ist noch ungewiß, ob es zunächst von dem vorigen Worte hohl oder zunächst von hehlen, bedecken, verbergen, herstammet, zumahl da der Begriff der Verbergung in vielen Fällen sehr menschlich ist. Allein beyde Wörter sind im Grunde sehr nahe verwandt. Das Nieders. Kuhle, ein Grube, gehöret gleichfalls darin. S. auch Hölle.


Hohleisen (W3) [Adelung]


Das Hohleisen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Auf den Eisenhämmern, hohl ausgetriebenes Eisen; wo der Plural nur von mehreren Quantitäten üblich ist. 2) Bey verschiedenen Künstlern eiserne oder stählerne Werkzeuge, einen Körper, oder einen Theil desselben auszuhöhlen. Dergleichen ist das Hohleisen der Bildhauer, ein Meißel, welcher einem Hohlbohrer gleicht; das Hohleisen der Tischler, welches ein Meißel mit einer gekrümmten hohlen Spitze ist. Beyde werden auch Hohlmeißel genannt. S. dieses Wort.


Höhlen (W3) [Adelung]


1. Höhlen, verb. reg. act. hohl machen, im Innern hohl ausarbeiten. Ein Beet, das du von Holz höhltest, Geßn. Der gehöhlte (hohle) Samenkopf der Feuerblume, ebend. Im gemeinen Leben ist dafür aushöhlen üblicher. Daher die Hohlung, S. solches hernach besonders. Im Angels. holian, aholan, im Dän. hule. Im gemeinen Leben hat man von diesem Zeitworte auch die Frequentativa höhlern, hollern, holken und holkern, durch vieles Reiben und Schaben aushöhlen, Schwed. holka.


Höhlen (W3) [Adelung]


2. Höhlen, verbergen, verdecken, S. Hehlen.


Hohlen (W3) [Adelung]


Hohlen, verb. reg. act. welches überhaupt aus einem entfernten Orte an einen nähern bringen bedeutet. 1. Eigentlich, durch Ziehen aus einem entfernten Orte an einen nähern bringen, an sich ziehen, herbey ziehen. 1) Im eigentlichsten Verstande, in welchem dieses Wort noch besonders in der Schifffahrt sehr gebräuchlich ist, alle Arten des Ziehens damit zu bezeichnen. Hohl an! ein Commando-Wort des Schiffes, wenn die Schiffleute anfangen sollen zu ziehen; ingleichen im Bergbaue, des Anschlägers in der Grube, wenn die Haspelknechte anziehen sollen. Das Both in das Schiff hohlen, oder es aufhohlen, es in das Schiff ziehen. Etwas nach sich hohlen, es an sich ziehen, reißen. Im Nieders. halen, im Engl. to hale, im Schwed. hala, im Franz. haler. S. auch 2. Halse. 2) In der R. A. Athem hohlen, Lat. spiritum ducere, weil es der Empfindung nach, mit einer Art des Ziehens verbunden ist. So auch, einen tiefen Seufzer hohlen. ( S. auch Erhohlen,) 2. Figürlich, mit einer Entfernung von dem gegenwärtigen Orte machen, daß ein Ding aus einem entfernten Orte nach diesem nähern komme, wo es von einem sehr weiten Umfange ist, und die Art und Weise des Hohlens unbestimmt lässet. 1) Eigentlich. Einen Brief von der Post hohlen, hingegen und ihn von der Post nach Hause tragen. Brot hohlen, hingegen und es an den Ort tragen, wo man sich vorher befand. Wer will mir zu trinken hohlen? 2 Sam. 23, 15. Gehe hin und hohle mir das Buch. Etwas aus seinem Hause, von dem Berge u. s. f. hohlen, so daß alle Mahl die eigene Veränderung des Ortes damit verbunden ist. Einen Brief von der Post, ein Buch von dem Boden, Obst aus dem Garten hohlen lassen, jemanden hinschicken, der es hohle. Einen Menschen hohlen, entweder hingehen, ihn rufen und ihn begleiten, oder ihn mit Gewalt herführen. Einen Arzt hohlen, ihn hohlen lassen. So sollen die Ältesten in seiner Stadt hinschicken und ihn von dannen hohlen lassen, 5 Mos. 19, 12, mit Gewalt. Die Braut heim hohlen, sie in sein Haus führen. Jemanden auf einem Wagen, auf einem Schiffe hohlen lassen, ein Wagen, ein Schiff hinschicken, ihn herzubringen. Der Teufel hat ihn gehohlet, in der niedrigen Sprechart. Hohle dich der Teufel! eben daselbst. Der Tod hohlet uns alle. 2) Figürlich, doch nur im gemeinen Leben und gemeiniglich nur im Scherze, für wegnehmen, ohne eigene Veränderung des Ortes. Ich werde es schon hohlen, wo es doch zunächst eine Figur der eigentlichsten Bedeutung des Ziehens zu seyn scheinet. Eine Insel, eine Küste herbey hohlen, in der Schifffahrt, sich derselben nähern. Ich habe mir auf der Jagd einen Schnupfen gehohlt, einen Husten gehohlt, habe ihn daselbst bekommen. Sich Schläge hohlen, aus eigener Schuld an einem Orte Schläge bekommen. Das Hauptwort die Hohlung ist nur bey den zusammen gesetzten Zeitwörtern aushohlen, anhohlen, aufhohlen abhohlen, erhohlen, einhohlen, nachhohlen, weghohlen, wiederhohlen u. s. f. üblich, in welchen dieses Wort noch mehrere figürliche Bedeutungen hat.

Anm. Bey dem Ottfried, im Tatian und bey andern schon holan, im Nieders. halen, im Engl. to hale. Ottfried gebraucht es auch für führen überhaupt, nach dem Muster des Latein. ducere. Then furiston therera uuorolti notagan giholoti, er hat den Fürsten dieser Welt gefangen geführet; so wie er es an einem andern Orte zu sich rufen, berufen, überhaupt setzet. Die meisten Wortforscher fallen auf das Wort hohl, und erklären es, aus einem hohlen Orte heraus nehmen. Allein diese Figur ist zu hart, und lässet sich aus der Endung -en, die doch dazu Gelegenheit geben müßte, auf seine Weise erklären. Besser schickt sich der Begriff des Ziehens hierher, da denn unser Zeitwort mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Lat. chalare, und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, sehr genau überein kommt. Das letztere ist eigentlich ein Frequentativum oder Intensivum von dem veralteten - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ziehen, so wie man im gemeinen Leben von höhlen, hölken macht. Indessen, da das Schwed. hala eigentlich von einem höhern Orte, vermittelst eines Seiles herab lassen bedeutet, so würde sich auch das alte ha, hoch, hierher schicken, und alsdann wäre hohlen eigentlich, von einem höhern Orte nach einem nähern niedrigern bringen.


Hohlfeile (W3) [Adelung]


Die Hohlfeile, plur. die -n, bey den Goldschmieden, eine Feile, hohle oder vertiefte Sachen damit auszufeilen.


Hohlflöte (W3) [Adelung]


Die Hohlflöte, plur. die -n, eine Art Flöten in den Orgeln; nicht, weil sie hohl sind, welches von allen Flöten gilt, sondern weil sie hohl klingen. Man hat sie von acht Fuß Ton bis zu Einem. Die von drey Fuß Ton werden Hohlquinten, die von 1 2/2 Fuß Quintflöten, die von zwey Fuß Waldflöten, und die von Einem Fuße Sifflöten, genannt.


Hohlgeschwür (W3) [Adelung]


Das Hohlgeschwür, des -es, plur. die -e, bey einigen Ärzten, der Nahme einer Fistel, wegen ihrer langen und harten Höhlen. Andere nennen sie ein Rohrgeschwür. S. Fistel.


Hohlgießen (W3) [Adelung]


Das Hohlgießen, des -s, plur. inus. von der R. A. hohl gießen, bey den Metallarbeitern, eine Art des Gießens, da hohle Sachen einem Stücke gegossen werden, ohne sie in zwey Hälften zu theilen.


Hohlglas (W3) [Adelung]


Das Hohlglas, des -es, plur. die -gläser, in der Optik, ein hohl, d. i. vertieft geschliffenes Glas, ein concaves Glas; zum Unterschiede von einem erhabenen oder convexen.


Hohlhäring (W3) [Adelung]


Der Hohlhäring, des -es, plur. die -e, eine geringe Art eingesalzener Häringe, welche zu einer Zeit eingefangen werden, da die Häringe weder Rogen noch Milch in sich haben, und also von diesen Dingen leer sind; im Gegensatze des Vollhäringes oder vollen Häringes.


Hohlhippe (W3) [Adelung]


Die Hohlhippe, oder Hohlhippel, plur. die -n, Diminut. das Hohlhippchen, oder Hohlhippelchen, zusammen gerollte und folglich inwendig hohle Hippen. S. Hippe.


Höhlig (W3) [Adelung]


Höhlig, -er, -ste, adj. et adv. Höhlen habend, mit Höhlen versehen.


Hohlkehle (W3) [Adelung]


Die Hohlkehle, plur. die -n, Diminut. das Hohlkelchen, bey den Werkleuten, ein hohles, d. i. eingebogenes, nach einem halben Zirkel vertieftes Glied; eine Hohlleiste, Franz. Chanfrain, Demicreux, Ital. il Cavetto. In weiterer Bedeutung, eine jede kleinere vertiefte Rinne, besonders so fern sie eine Art eines Zierathes ist. Daher der Hohlkehlenhobel, bey den Tischlern, Hohlkehlen damit zu machen, der Hohlkehlenstahl, ein Stahl aber stählernes Werkzeug der Drechsler, Hohlkehlen damit zu drechseln. S. Kehle.


Hohlkirsche (W3) [Adelung]


Die Hohlkirsche, plur. die -n, an einigen Orten ein Nahme der Vogelkirschen, Prunus Padus L. welche an andern Ahlkirschen genannt werden, S. Elsebeere 2. und Vogelkirsche.


Hohlklinge (W3) [Adelung]


Die Hohlklinge, plur. die -n, eine Art Degenklingen, an welchen unter der Angel anstatt der Kante eine Hohlkehle ausgeschliffen ist. Die Schilfrigen sind auf drey Seiten hohl geschliffen.


Hohlkrähe (W3) [Adelung]


Die Hohlkrähe, plur. die -n, an einigen Orten ein Nahme des Schwarzspechtes, welcher der größte unter den Europäischen Spechten ist; entweder, weil er nur in hohlen Bäumen nistet, oder weil er mit seinem Schnabel Höhlen in die Bäume hacket. Er wird auch Holzkrähe genannt. S. Schwanzspecht.


Hohlkreisel (W3) [Adelung]


Der Hohlkreisel, des -s, plur. ut nom. sing. ein hohler Kreisel; ein Brummkreisel, S. dieses Wort.


Hohlkugel (W3) [Adelung]


Die Hohlkugel, plur. die -n, eine hohle Kugel. Dergleichen sind die länglich runden, hohlen, mit Pullover gefüllet und mit einem Zündloche versehenen Kanonenkugeln, welche die Dienste kleiner Bomben thun.


Hohlleiste (W3) [Adelung]


Die Hohlleiste, plur. die -n, S. Hohlkehle.


Hohlmeißel (W3) [Adelung]


Der Hohlmeißel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug verschiedener Handwerker und Künstler, andere Dinge damit auszuhöhlen, oder in die Tiefe zu arbeiten, welches bey einigen auch ein Hohleisen genannt wird. Der Hohlmeißel der Tischler und Zimmerleute ist halb rund und gebogen. Von ähnlicher Art ist der Hohlmeißel der Probierer im Hüttenbaue, das zum Probieren nöthige Silber aus dem Brandsilber damit auszuhauen, daher er auch der Aushubmeißel genannt wird. Der Hohlmeißel der Feilenhauer hat eine ausgehöhlte Schneide, die Striche auf den runden Feilen damit zu hauen.


Hohlmünze (W3) [Adelung]


Die Hohlmünze, plur. die -n, ein Nahme der ehemahligen Blechmünzen, weil sie auf der einen Seite gemeiniglich hohl sind.


Hohlquinte (W3) [Adelung]


Die Hohlquinte, plur. die -n, S. Hohlflöte.


Hohlring (W3) [Adelung]


Der Hohlring, des -es, plur. die -e, ein hohler metallener Ring oder inwendig durchbrochener Kranz, die Schüsseln mit Speisen auf dem Tische darauf zu setzen; der Schüsselring.


Hohlröhre (W3) [Adelung]


Die Hohlröhre, plur. die -n, ein eisernes Werkzeug der Drechsler in Gestalt eines Löffels, das Holz damit aus dem Groben abzubrechen.


Hohlschnäbler (W3) [Adelung]


Der Hohlschnäbler, des -s, plur. ut nom. sing. ein in den warmen Ländern befindlicher Vogel, welcher in einigen Stücken der Älster, in andern aber dem Spechte gleicht, aber doch zu keinem von beyden gehöret, mit einem großen hohlen Schnabel und einem Horne vor der Stirn; Nasutus Klein, bey andern Pica Brasiliana; Pfefferfras, weil er die Früchte des Pfefferbaumes vor andern liebet.


Hohlspiegel (W3) [Adelung]


Der Hohlspiegel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Spiegel, dessen Fläche hohl, d. i. eingebogen ist, und deren es so wohl sphärische als auch cylindrische gibt.


Hohltaube (W3) [Adelung]


Die Hohltaube, plur. die -n, eine Art wilder Tauben, welche den Ringeltauben gleichet, nur daß sie keinen Ring um den Hals hat. Sie nistet allezeit in hohlen Bäumen, und wird daher auch Lochtaube, Holztaube, und wegen ihrer blauen Farbe auch die Blautaube genannt.


Hohltreppe (W3) [Adelung]


Die Hohltreppe, plur. die -n, in der Baukunst, eine Art Wendeltreppen, deren Spindel ein dicker hohler Pfeiler ist, worin ein fahrender Stuhl auf und abgehen kann.


Hohlunderschwamm (W3) [Adelung]


Der Hohlunderschwamm, des -es, plur. die -schwämme, eine Art Schwämme, welche sich zuweilen an den Stamm der alten Hohlunderbäume ansetzen, Fliederschwämme, und weil sie die Gestalt eines Menschenohres haben, auch Judasohren und Mäuseohren genannt werden; Peziza auricula L.


Hohlung (W3) [Adelung]


Die Hohlung, plur. die -en, das Hauptwort von dem Zeitworte höhlen. 1) Die Handlung des Höhlens oder Aushöhlens; ohne Plural. 2) Eine Höhle, besonders eine kleine oder nicht sehr tiefe Höhle; am häufigsten im gemeinen Leben, wo dieses Wort auch Hohlung lautet, bey dem Notker Holing.


Hohlweg (W3) [Adelung]


Der Hohlweg, des -es, plur. die -e, ein hohler, d. i. tief ausgefahrener oder von dem Wasser ausgehöhlter Weg; im gemeinen Leben ein Schluchter, eine Schlucht.


Hohlwerk (W3) [Adelung]


Das Hohlwerk, des -es, plur. die -e, ein mit Hohlziegeln gedecktes Dach; im Gegensatze des Flachwerkes.


Hohlwurz (W3) [Adelung]


Die Hohlwurz, plur. inus. ein Nahme verschiedener Gewächse, deren Stängel oder Wurzel hohl sind. 1) Des Erdrauchs, Fumaria bulbosa cava L. ( S. Erdrauch,) 2) Der Osterluzey, Aristolochia L.


Hohlzahn (W3) [Adelung]


Der Hohlzahn, des -es, plur. die -zähne, die nächsten Zähne an den beyden innern Vorderzähnen eines Füllens, neben den Eckzähnen; vermuthlich, weil sie hohler sind als die übrigen.


Hohlziegel (W3) [Adelung]


Die Hohlziegel, des -s, plur. ut nom. sing. ein hohler Ziegel, welcher einem Stücke einer Dachrinne gleicht, ein Kehlziegel; im Gegensatze eines Flachziegels.


Hohlzirkel (W3) [Adelung]


Der Hohlzirkel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Zirkel, dessen Füße mit den Spitzen auswärts gebogen sind, hohle Räume damit zu messen.


Hohn (W3) [Adelung]


Der Hohn, des -es, plur. inus. ein in den gemeinen Sprecharten ungewöhnlich gewordenes Wort, welches nur noch in der edlern gebraucht wird. 1. * Schande; ein größten Theils veralteter Gebrauch. Denn ich muß leiden den Hohn meiner Jugend, Jer. 31, 19. In den alten Schriften kommt diese Bedeutung noch häufiger vor, wohin auch das bey dem Notker befindliche Huoh, Schande, und huohlich, schändlich, das Honida, Schande, honida, honlich, und honer, schändlich, bey dem Ottfried, das Franz. Honte und Ital. Onta, gehören. Selbst unser Deutsches Schande ist bloß durch den vorgesetzten Zischlaut aus dem Honida des Ottfried entstanden. 2. * Lästerung; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, in welcher die biblische R. A. einem Hohn sprechen, wenigstens einige Mahl vorkommt; z. B. 2 Kön. 19, 4, 16. 3. Laute Verachtung, eine mit Spott verbundene Verachtung in welchem Verstande es noch in der edlern und anständigern Schreibart gebraucht wird. 1) Eigentlich. Spott und Hohn erdulden müssen. Einem etwas zum Hohne thun. Wenn ich, der Urheber seines Unglückes, mit Hohn auf seine Ruinen herab sahe. Der edelmüthige Hohn, der auf der Nase saß, Sah jetzund hoch herab auf eines Läufers Spaß, Zachar. 2) Ein Gegenstand des Hohnes. Du machst uns zum Spott und Hohn denen, die um uns sind, Ps. 14, 14. Noch war der Römer Nam ein Hohn, Ohn Ahnen und Geschlechte, Romanzen.

Anm. In dieser dritten Bedeutung schon in dem alten Fragmente auf Carl den Großen bey dem Schilter Hone, bey dem Ottfried mit einem andern Suffixo Huah, Hue, im Dän. Haan, im Schwed. Han, im Böhm. Hanha, Krainerischen Wenden Hamba. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Beschimpfung, (Honida bey dem Ottfried,) - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich schimpfe, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, schimpflich, kommen, so wie das Latein. Honos, genau damit überein, welches letztere noch Gellii Bemerkung ehedem ein Mittelwort war, welches so wohl Ehre als Schande bedeutete. ( S. Schande,) Es scheinet von dem alten Wörtchen He! He! herzustammen, welches noch in den gemeinen Mundarten der Laut ist, womit man einen auszischenden Spott begleitet. Die eben daselbst noch üblichen verheyen, verhöhnen, ausheyen, aushöhnen, geheyen, höhnen, kommen, so wie das Hue des Ottfried, dieser Partikel noch näher. Ehedem bedeutete es auch Zorn, Unwillen, Tadel u. s. f. welches es mit mehrern Wörtern dieser Art gemein hat. Die Niedersachsen gebrauchen dafür Spey und Spiet, und für höhnisch, spietsch; S. Spott.


Hohnecken (W3) [Adelung]


Hohnecken, verb. reg. act. spottend verhöhnen, mit Spott durchziehen; in den gemeinen Mundarten foppen, vexiren, scheren, schrauben, geheyen u. s. f. Nieders. honeckeln, im Meklenb. hudalsken. Die letzte Hälfte ist vielleicht unser necken, da denn die erste Hälfte nicht so wohl unser Hohn, als vielmehr das alte gleichbedeutende Hoh, bey dem Ottfried Huh, Hue, seyn würde.


Hohneckerey (W3) [Adelung]


Die Hohneckerey, plur. die -en, wiederhohlte spottende Verhöhnung. Die Hohneckereyen der Kunstrichter.


Hohnen (W3) [Adelung]


Hohnen, verb. reg. act. mit Verachtung verspotten, mit der vierten Endung der Sache. Du hast den Herrn durch deine Bothen gehöhnt, 2 Kön. 19, 23. Lächelt muntre Schönen Unser Ernst zu höhnen, Haged. Auch in Gestalt eines Neutris. Sie urtheilen, daß ich zur Unzeit höhne, Less. Das Hauptwort die Höhnung ist nur in den Zusammensetzungen aushöhnen und verhöhnen üblich.

Anm. Bey dem Ottfried honen, gihonen, bey den Schwäbischen Dichtern, die es aber auch für tadeln gebrauchen, gehoenen.


Höhnerey (W3) [Adelung]


Die Höhnerey, plur. die -en, ein mehrmahls wiederhohltes Höhnen. Des Spötters Höhnerey, Opitz.


Hohngelächter (W3) [Adelung]


Das Hohngelächter, des -s, plur. inus. ein Gelächter, so fern es der Ausdruck des Hohnes ist. Das Naserümpfen ist Spott und Verachtung zugleich; der Hohngelächter ist beydes im höchsten Grade, Klopft. Doch läßt der Gleißner bald sein Hohngelächter schallen, Wenn sein Altar versinkt, und seine Götzen fallen, Haged. Ingleichen figürlich, der Gegenstand dieses Hohngelächters. Jemandes Hohngelächter seyn. S. Hohnlache.


Höhnisch (W3) [Adelung]


Höhnisch, -er, -te, adj. et adv. mit Hohn, mitverachtendem Spotte, und darin gegründet. Eine höhnische Frage, Antwort, Miene. Ein höhnischer Gelächter. Jemanden höhnisch fragen. Aber ein höhnisches Beyspiel, Weish. 5, 3, ein Gegenstand des Hohnes, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Ehedem hatte man das veraltete höhnlich, bey dem Ottfried honlih.


Hohnlache (W3) [Adelung]


Die Hohnlache, plur. inus. das mit Hohn verbundene Lachen, das Lachen aus Hohn.


Hohnlächeln (W3) [Adelung]


Hohnlächeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, mit Hohn oder verachtendem Spotte lächeln; wo das Hauptwort, so wie bey dem folgenden in der Conjugation mit dem Zeitworte verbunden bleibt. Er hohnlächelte darüber. Daher das Hohnlächeln.


Hohnlachen (W3) [Adelung]


Hohnlachen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, aus Hohn lachen, verachtenden Spott durch Lachen an den Tag legen. Ich habe in meinem feurigen Eifer geredet - mit Hohnlachen, Ezech. 36, 5. Er hohnlachte darüber, nicht lachte darüber Hohn, S. das vorige.


Hohnlacher (W3) [Adelung]


Der Hohnlacher, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Hohnlacherinn, eine Person, welche hohnlachet.


Hohnsprecher (W3) [Adelung]


Der Hohnsprecher, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Hohnsprecherinn, von der R. A. Hohn sprechen, eine Person, welche mit verachtendem Trotze spricht. So fern Hohn Schande bedeutete, wurde Hohnsprecher ehedem häufig für Gotteslästerer und Hohnsprache für Gotteslästerung gebraucht.


Hokus (W3) [Adelung]


Hokus Pokus, ein im gemeinen Leben übliches von den Gauklern und Taschenspieler entlehntes Wort, welches dasselbe als einen sehr kräftigen und wirksamen Ausdruck bey ihren Künsten aussprechen. Hokus Pokus machen, Gaukeleyen, Blendwerk. Mache mir nicht solche Hokus Pokus, mache mir kein Blendwerk vor. Dieser Ausdruck ist nicht nur in Deutschland, sondern auch in England und Schweden üblich. Der berühmte Tillotson hatte den sonderbaren Einfall, ihn von den Worten hoc est corpus abzuleiten, welche in der Römischen Kirche bey der Consecration der Hostie ausgesprochen werden, und nachmahls in dieser Gestalt von unwissenden Gauklern gemißbraucht worden; Junii Ableitung von dem Engl. Pocket, die Tasche, und dem Wallis. Hocced, ein Betrug, nicht zu gedenken. Allein es hat alles Ansehen, daß es ein sinnloser Schall ist, welchem das Fremde und Ungewöhnliche ein geheimnißvolles Ansehen geben sollen.


Holbe (W3) [Adelung]


Die Holbe, S. 1 Holm.


Hold (W3) [Adelung]


Hold, -er, -este, adj. et adv. 1) Geneigt, des andern Glück gern zu sehen, Liebe gegen denselben empfindend, ohne Unterschied des Standes; nur in Gestalt eines Nebenwortes. Der Herr wird den Demüthigen hold seyn, Sir. 3, 20. Mosen waren beyde Gott und Menschen hold, Kap. 45, 1. Den Lastern hold seyn. Jemanden hold werden. Der Gegensatz ist das größten Theils veraltete abhold. In Gestalt eines Beywortes kommt es in dieser Bedeutung nur selten vor, und wo es dieselbe zu haben scheinet, z. B. das holde Glück, da gehöret es zunächst zu der folgenden dritten. ( S. Huld, Holde und Unhold,) 2) in engerer Bedeutung, geneigt, das Beste seines Herrn gern zu sehen und zu befördern; wo es noch in der Kanzelleysprache in Verbindung mit dem Worte treu gebraucht wird, aber auch nur noch als ein Nebenwort üblich ist. Unterthanen sollen der Obrigkeit treu und hold seyn. Sie waren weder dem Könige noch der Landschaft treu und hold, 3 Macc. 3, 7. ( S. Holde und Huldigen,) 3) In der weitesten Bedeutung, in einem merklichen Grade angenehm, was man mit merklichem oder vielem Wohlgefallen empfindet, liebenswürdig; in der edlen Schreibart und am häufigsten als ein Beywort. Deine holde Geschäftigkeit mich zu erquicken. Mit holder Anmuth küssest du die Tränen meiner Freude von meinen Wangen, Geßn. Ein holder Mund, eine holde Wehmuth. Ein holder Knabe, er ist die lautre Natur, Engel. Saugt Ambraduft von holden Blüthen ein, Zachar. Es wandelt unter Bäumen Der holde Schlaf mit holdern Träumen, Uz.

Anm. In der ersten Bedeutung ist es, wenigstens den Schriften nach, am ältesten, indem es in derselben schon bey dem Ulphilas hulths lautet, bey dem Notker hold, im Schwed. hult oder huld, im Isländ. holdur. Im Schwed. ist hylla so wohl versöhnen, als huldigen, und hyldra schmeicheln. Daß es aber in der zweyten Bedeutung nicht minder als sey, erhellet aus den Aldiis, Haltiis und Illaldionibus des mittlern Lateines, S. das folgende Holde. Vnholdeluite sind bey dem Notker untreue Leute, und holdun scalca bey dem Ottfried treue Knechte. Wachter und Frisch leitet es von hellen, neigen, und Halde, die abhängige Seite eines Berges, her, da es denn nach eben der Figur gebildet seyn würde, nach welcher geneigt und Gnade von neigen und nahen abstammen. In der dritten Bedeutung kommt es am spätesten, aber doch schon bey den Schwäbischen Dichtern vor. Sollte es in derselben wohl gar ein eigenes, zu einem andern Stamme gehöriges Wert seyn?


Holde (W3) [Adelung]


Der Holde, des -n, plur. die -n, Fämin. die Holdinn, plur. die -en, das Hauptwort von dem vorigen Beyworte, welches im Hochdeutschen veraltet ist, und nur noch zuweilen in der dichterischen Schreibart vorkommt. 1) In der ersten Bedeutung des Wortes hold, ein Freund, eine Freundin; in welcher Bedeutung es in den Schriften der vorigen Jahrhunderte nicht selten ist. Das min Holde Lange bi mir muge sin, Heinr. von Frauenberg, mein Freund, mein Geliebter. O lerne meine Holdinn seyn! sagt Hagedorn zu Doris. ( S. Unholde,) 2) In dessen zweyten Bedeutung, ein Unterthan, eine Person, welch wegen ihrer Grundstücke einem andern zu gewissen Pflichten, besonders aber zur Treue und zum Gehorsame verpflichtet ist; eine noch im Österreichischen völlig gangbare Bedeutung, wo die Unterthanen geringern Standes in Absicht auf den Grund- und Gerichtsherren Holden genannt werden. Grundholden, welche wegen ihrer Grundstücke dem Grundherren verpflichtet sind. Zehentholden, zehentpflichtige Unterthanen. Schon bey den "Longobarden" waren Aldii und Haltii eine Art freygelassener, aber doch zur Frohne verpflichteter Leibeigenen. Mit dem harten t ist es noch in Ehehalten üblich, das Gesinde zu bezeichnen. S. dieses Wort; daher es noch dahin stehet, ob es nicht wenigstens in dieser Bedeutung, zunächst zu dem Zeitworte halten gehöret.


Holder (W3) [Adelung]


Der Holder, S. Hohlunder.


Holderrose (W3) [Adelung]


Die Holderrose, plur. die -n, S. Hohlunder 2. 5).


Holdselig (W3) [Adelung]


Holdselig, -er, ste, adj. et adv. von hold, und der Ableitungssylbe selig, S. dasselbe. 1) So fern hold geneigt bedeutet, andern seien Huld auf das Möglichste zu erzeigen, und darin gegründet; besonders so fern sind diese Gesinnung durch das äußere Betragen gegen andere an den Tag leget. Ein Wort ist oft angenehmer denn eine große Gabe, und ein holdseliger Mensch gibt sie alle beyde, Sir. 4, 17, 18. Daß man dich einen sittigen holdseligen Mann heißet, Kap. 32, 3. Ein holdselig Weib erhält die Ehre, Sprichw. 11, 6. Dein Mund wird holdselig seyn, Sprichw. 3, 22. Ingleichen, darin gegründet. Die holdseligen Worte, die aus seinem Munde gingen, Luc. 4, 22. Wenn er (dein Feind) seien Stimme holdselig macht, so glaube ihm nicht, Sprichw. 26, 25. In dieser Bedeutung kommt es noch zuweilen in der edlern Schreibart in eingeschränktem Verstande von dieser Gesinnung Höherer gegen Geringere vor. ( S. Huld,) 2) In mehr passivem Verstande, der Huld eines andern in hohem Grade genießend, in welchem es doch nur noch einige Mahl in der Deutschen Bibel vorkommt. Gegrüßet seyst du, Holdselige, Luc. 1, 23, d. i. von Gott begnadigte. 3) In der dritten Bedeutung des Wortes hold, Fähigkeit besitzend, sich die Huld anderer zu erwerben, und in weiterer Bedeutung, in einem hohen Grade angenehm, reitzend; in der edlern Schreibart. So seh ich dich wieder, holdseliges Eiland! Auf ihrer Zungen ist holdselige Lehre, Sprichw. 31, 26. Ingleichen ironisch. Ist die Sache richtig, so gehet ihr holdseliges Singen wieder fort, Gell.


Holdseligkeit (W3) [Adelung]


Die Holdseligkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da eine Person oder Sache holdselig ist, in allen vorigen Bedeutungen. In den bildenden Künsten ist die Holdseligkeit der höchste Grad des Reitzes in himmlischen Bildern.


Holfter (W3) [Adelung]


Die Holfter, plur. die -n, ein Wort, welches überhaupt ein Futteral, ein hohles Verhältniß andere Dinge darin zu verwahren, bedeutet zu haben scheinet, aber nur noch von einem solchen Behältnisse oder Futterale der Pistolen zu beyden Seiten des Sattels gebrauche wird; im Nieders. Holfter, im Dän. Hylfter, in Liefland Köcher. In den gemeinen Sprecharten auch Halfter und Hulfter. Frisch leitet es sehr unwahrscheinlich von halb her, weil es die Pistolen nur halb bedecket. So fern es sie hält, könnte man es mit Halfter zu halten rechnen. Allein es scheinet vielmehr entweder zu hohl, oder zu hehlen, decken, Hülle, Bedeckung u. s. f. zu gehören; zumahl da das Nieders. Holfter auch einen Reisesack, Ränzel, und figürlich den Rücken bedeutet.


Holk (W3) [Adelung]


Der Holk, des -en, plur. die -en, in einigen Niedersächsischen Gegenden und mitternächtigen Ländern, eine Art Lastschiffe mit flachem Boden, welche einem Heue und Huker in vielen Stücken gleichen. In einigen Gegenden auch die Hulke, im Angels. Hule, im Schwed. Holk, im Franz. Heux und Hulque, im Ital. Hulca, im mittlern Lat. Hulcum, Hulca und Ulcus. Schon bey den Griechen bedeutet - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein Lastschiff, welches man gemeiniglich von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ziehen, ableitet. Allein es scheinet vielmehr zu hohl zu gehören, vom welchem man noch jetzt in den gemeinen Sprecharten hölken für aushöhlen gebraucht. Das Schwed. Holk bedeutet nicht nur diese Art Schiffe, sondern auch ein jedes ausgehöhltes Holz, einen Trog, einen ausgehöhlten Klotz der Lichtzieher, einen Becher u. s. f. Um Bremen hat man eine Art kleiner Seeschiffe, welche an der Gestalt den Schmackschiffen gleichen, daselbst Jalken und Tjalken genannt werden, und mit unsern Holken einerley zu sein scheinen. S. auch 2. Gölle, welches eine ähnliche Art von Schiffen ist.


Holla (W3) [Adelung]


Holla, ein Zwischenwort, dessen man sich bedienet, an einem Orte, wo man niemand siehet, Menschen oder einen Menschen herbey zu rufen. Holla! d. i. ist niemand da? Zuweilen wird es auch als ein Ausruf eines geringen Grades, des Schreckens gebraucht, z. B. wenn man jemand aus Versehen gestoßen hat u. s. f. wo es für halt! zu stehen scheinet. Ingleichen ein gebietherischer Ausruf, Stillschweigen oder Einhalt zu befehlen.


Holländer (W3) [Adelung]


Der Holländer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Holländerinn, eine Person, welche aus Holland gebürtig ist. Er gehet durch, wie ein Holländer, sagt man im gemeinen Leben von einer Person, welche schnell flüchtig wird, besonders von Soldaten; vermuthlich wegen der schlechten Neigung und Geschicklichkeit dieser Nation zum Landkriege. Figürlich ist der Holländer zuweilen ein aus Holland gekommenes, oder nach Holländischer Art verfertigtes Ding. Dergleichen ist der Holländer der Papiermacher, welches ein Mühlwerk ist, den halben Zeug vollkommen klein zu machen, und welches in Holland erfunden worden. Auch derjenige heißt zuweilen ein Holländer, welcher nach Niederländischer Art die Nutzung der Rübe pachtet, wo denn euch, das Verbum Holländern; diese Nutzung verpacken, üblich ist. S. das folgende.


Holländerey (W3) [Adelung]


Die Holländerey, plur. die -en, ein nach Holländischer Art in Ansehung der Viehzucht eingerichtetes Landgut.


Hölle (W3) [Adelung]


Die Hölle, plur. doch nur in der ersten Bedeutung, die -n, ein hohler, verborgener, versteckter Ort. 1. Eigentlich, in welcher Bedeutung es noch hin und wieder im gemeinen Leben üblich ist. Besonders führet diesen Nahmen der gemeiniglich enge und dunkle Raum zwischen dem Ofen und der Wand, in den Händen gemeiner Leute, besonders auf dem Lande, wo es aber gemeiniglich Helle lautet. Lag ich müd schlafend in der Hell, Hans Sachs. Die Nebenseiten einer Malzbarre neben dem Hitzofen führen gleichfalls den Nahmen der Hölle oder Helle, so wie im Hüttenbaue, der zwischen dem hintern Schürloche des Treibeherdes unter dem Treibehute befindliche Raum. S. 2. Helle. Das Nieders. Holl bedeutet, so wie das Holländ. Hollte, in weiterem Verstande noch ein jedes Loch. 2) In engerer Bedeutung und ohne Plural, die untersten tiefsten Räume der Erde, im Gegensatze des Himmels. 1) * Eigentlich. Fordere dir ein Zeichen, es sey unten in der Hölle, oder droben in der Höhe, Es. 7, 11. Führe ich gen Himmel, siehe so bist du da, bettete ich mir in die Hölle u. s. f. Ps. 139, 8. Er ist höher denn der Himmel - tiefer denn die Hölle, Hiob 11, 8. Im Deutschen ist es in dieser Bedeutung veraltet. 2) Figürlich. (a) * Das Grab, und nach einer noch weitern Figur, der Zustand nach dem Tode, ohne Beziehung auf dessen glückliche oder unglückliche Beschaffenheit, das Reich der Schatten, das Reich des Todes; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, welche in der Deutschen Bibel noch sehr häufig vorkommt. Wer in der Hölle hinunter fähret, kommt nicht wieder herauf, Hiob 7, 9. Die Hölle ist mein Haus, Kap. 17, 13. Wer will dir in der Hölle danken, Ps. 6, 6. Nun muß ich zur Höllen Pforten, Es. 38, 10. d. i. in das Grab. Jonas schrie aus der Höllen, (aus der Hölle,) aus dem Bauche des Wallfisches, Jon. 2, 3; und so in andern Stellen mehr. Im Schwed. bedeutet Hael, und im Meklenburgischen der Hel noch jetzt den Tod, daher dreyfüßige Pferd, worauf der große Haufen den Tod zu Pestzeiten herum reiten siehet, daselbst Helheß heißet, von Heß, Hest, ein Pferd. Bey den alten Schweden war Hela die Göttin des Todes. (b) Der Aufenthalt der Verdammten nach diesem Leben, der Ort ihrer Qual, weil man diesen Ort schon in den ältesten Zeiten im Innersten der Erde nicht weit von ihrem Mittelpunkte annahm. Bey den ältesten Schriftstellern heißt er auch die untere Hölle, im Gegensatze der obern. Notker sagt Ps. 85, 8, die Seelen der Gerechten wären vor Christi Ankunft in der obern Hölle aufbehalten worden; dagegen die untere für die Verdammten bestimmt sey. ( S. auch Vorhölle,) (aa) Eigentlich. In die Hölle kommen, im gemeinen Leben, verdammt werden. In die Hölle, zur Hölle fahren. Überall werde ich Flüche hören, jeder Ort wird sich um mich her in eine Hölle verwandeln. Die Hölle an jemanden verdienen. Jemanden die Hölle heiß machen, ihm die Hölle als heiß vorstellen, d. i. sein Gewissen auf das lebhafteste rühren, ihm einen hohen Grad der Angst erwecken. (bb) Die in der Hölle befindlichen Teufel. Die menschliche Zunge zündet an alle unsern Wandel, wenn sie von der Hölle entzündet ist, Jac. 3, 6. Die ganze Hölle jauchzte, Klopst. (cc) Die daselbst für die Verdammung bestimmte Qual. Die Hölle auf der Erde haben.

Anm. Die in der Deutschen Bibel mehrmahls befindliche Form der Höllen, für der Hölle, in der zweyten und dritten Endung gehöret der Oberdeutschen Mundart zu, welche auch Erde, Ehre, Grube, Wiege, Seele u. a. m. auf ähnliche Art decliniret. In der letzten Bedeutung des Ortes der Verdammten lautet es schon bey dem Kero, Ottfried und andern Hella, Helli, Hello, im Nieders. Hölle, im Angels. Helle, im Engl. Hell, im Dän. Helvede, im Schwed. Haelwite, von Wite, Wette, die Strafe. Man hat es von dem alten Eld, Ild, Feuer ableiten wollen, ( S. Hell), weil der Begriff des Feuers sich schon von den ersten Zeiten der christlichen Religion an mit in dieses Wortein- gedränget hat. Allein es ist wohl unstreitig, daß es mit zu dem Geschlechte der Wörter Höhle und hohl gehöret; zumahl da es eine bloß buchstäbliche Übersetzung des Latein. Infernus ist. Ottfried nennet die Hölle an einigen Stellen auch then Vueuuon, die Wohnung, den Wohnort des Wehes, d. i. der Qual.


Höllenangst (W3) [Adelung]


Die Höllenangst, plur. inus. der höchste Grad der Angst. Höllenangst empfinden, ausstehen. So auch Höllenpein, Höllenqual, Höllenschmerz, Höllenmarter.


Höllenbrand (W3) [Adelung]


Der Höllenbrand, des -es, plur. die -brände, ein Verdammter in der Hölle, und noch häufiger, ein im höchsten Grade boshafter und ruchloser Mensch.


Höllenfahrt (W3) [Adelung]


Die Höllenfahrt, plur. inus. ein aus dem apostolischen Glaubensbekenntnisse entlehnter und von Christo gebrauchter Ausdruck, worunter bald dessen feyerliche Begehung in die Hölle nach seiner Auferweckung von dem Tode, bald auch der Zustand des Todes, bald aber auch der ganze Stand der Erniedrigung Christi verstanden wird.


Höllenfürst (W3) [Adelung]


Der Höllenfürst, des -en, plur. die -en, der Fürst der Hölle, d. i. der oberste Teufel; ingleichen die Vornehmsten unter den Teufeln.


Höllenheiß (W3) [Adelung]


Höllenheiß, adj. et adv. im höchsten Grade heiß.


Höllenhund (W3) [Adelung]


Der Höllenhund, des -es, plur. die -e, in der Fabellehre der Griechen und Römer, ein dreyköpfiger Hund, welcher den Eingang der Hölle bewahren soll; Cerberus. Figürlich, ein Schimpfwort der niedrigen Sprecharten.


Höllenkind (W3) [Adelung]


Das Höllenkind, des -es, plur. die -er, ein Kind der Hölle, d. i. ein im höchsten Grade boshafter Mensch. In der sanften Schreibart der Gottesgelehrten, ein jeder unbekehrter Mensch.


Höllenstein (W3) [Adelung]


Der Höllenstein, des -es, plur. die -e, bey den Wundärzten, ein aus feinem in Scheidewasser aufgelöster Silber verfertigter Ätzstein, schadhafte Stellen des Leibes damit zu ätzen; Lapis infernalis.


Höllenzopf (W3) [Adelung]


Der Höllenzopf, des -es, plur. die -zöpfe, ein Moos, das aus langen dünnen Fäserchen bestehet, welche die Gestalt eines Haarzopfes haben, und in den hohlen Wasserröhren am häufigsten angetroffen wird; woher es vermuthlich auch den Nahmen hat.


Höllisch (W3) [Adelung]


Höllisch, adj. et adv. in der Hölle befindlich, in derselben gegründet. Die höllischen Geister. Das höllische Feuer, in der Deutschen Bibel, die Qual der Verdammten. Ingleichen der Hölle ähnlich. Ein höllischer Schmerz.


Holm (W3) [Adelung]


1. Der Holm, des -es, plur. die -e, bey den Zimmerleuten, in dem Bergbaue u. s. f. der Nahme eines Querholzes, welches aber über zwey Pfähle geleget wird, sie zusammen zu halten. Dergleichen sind z. B. die Oberhölzer an den Feldkünsten, welche die Böcke zusammen halten. An dem Kreuze des Göpels wird dasjenige Holz, welches die Büchse trägt, in der das Kreuz an der Spindel gehet, ingleichen das durchlöcherte Holz an dem Pumpenstocke, worauf das Leder liegt, der Holm genannt. An den Brücken sind die Holme, bey einigen die Holben, die starken Zimmerstücke, mit denen die Pfähle oben mit einander verbunden werden, und welche auch Jochträger heißen.

Anm. In den gemeinen Sprecharten lautet dieses Wort bald Holm, bald Helm, bald auch die Holbe und die Hulbe. Es scheinet von halten herzustammen, weil es zwey Dinge am obern Theile mit einander verbindet. So fern es aber sich an dem obern Theile derselben befindet, und ihnen gleichsam zur Bedeckung dienet, kann es mit Helm auch zu hehlen, decken, gehören. S. 3. Helm.


Holm (W3) [Adelung]


2. Der Holm, des -es, plur. die -e, ein nur in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden bekanntes Wort. 1) Ein Hügel, im Engl. Dän. Schwed. gleichfalls Holm, im mittlern Lat. Holmus und Hulmus, im Lat. Collis. 2) Eine kleinere Insel, besonders eine Flußinsel, im Angels. Nieders. Dän. und Schwed. gleichfalls Holm. Ingleichen an verschiedenen eigenthümlichen Nahmen Bornholm, Stockholm u. s. f. 3) Ein Platz an der Küste, wo Schiffe gebauet werden; ein Schiffsholm, und noch häufiger ein Werft, ein Schiffswerft. Im Schwed. bedeutet Holm auch einen kreisförmigen eingeschlossenen Platz, worauf man einen Zweykampf anzustellen pflegte; vermuthlich so fern man dazu erhabene Plätze zu wählen gewohnt war. Ohne Zweifel von ha, hoch, wovon auch im Angels. Hyll, im Engl. Hill, und im Schwed. Hol, einen Hügel bedeutet.


Holm-Major (W3) [Adelung]


Der Holm-Major, des -s, plur. die -e, siehe Hafen-Capitän.


Holper (W3) [Adelung]


Der Holper, des -s, plur. die -n. 1) Ein kleiner Hügel, besonders ein Stück verhärteter oder gefrorener Erde in einem Wege. Der Weg ist voller Holpern. Über einen Holper fallen. 2) Ein Stoß im Wagen, wenn derselbe auf einen solchen Holper trifft. Einen Holper bekommen. Im Oberdeutschen nur Holp. Vermuthlich auch mit dem vorigen von hol, hoch.


Holperig (W3) [Adelung]


Holperig, -er, -ste, adj. et adv. Holpern habend. Ein holperiger Weg. Holpericht, Holpern ähnlich. Es gehet sich hier so holpericht, wie auf Holpern.


Holzamt (W3) [Adelung]


Das Holzamt, des -es, plur. die -ämter, ein Amt, d. i. ein Collegium mehrerer Personen, welche die Aufsicht über ein Holz oder einen Wald hat; ein Forstamt, Waldamt.


Holzapfel (W3) [Adelung]


Der Holzapfel, des -s, plur. die -äpfel, wilde Äpfel, welche auf den Holzapfelbäumen, oder wilden in den Hölzer oder Gehölzen befindlichen Apfelbäumen wachsen; zum Unterschiede von den zahmen oder Gartenäpfeln. Im Nieders. Holtjes, Holkäppel. S. Hutzel.


Holzarbeiter (W3) [Adelung]


Der Holzarbeiter, des -s, plur. ut nom. sing. ein jeder, welcher künstliche Arbeiten aus Holz verfertigt; dergleichen Zimmerleute, Tischler, Drechsler u. s. f. sind.


Holzasche (W3) [Adelung]


Die Holzasche, plur. inus. Asche von verbranntem Holze; zum Unterschiede von andern Arten der Asche.


Holzast (W3) [Adelung]


Der Holzast, des -es, plur. die -äste, bey den Gärtnern, ein Nahme der stärksten Äste oder Hauptäste eines Baumes, welche das meiste Holz haben; zum Unterschiede von den Fruchtästen, Wasserästen und schwarzen Ästen.


Holzaufsetzer (W3) [Adelung]


Der Holzaufsetzer, des -s, plur. ut nom. sing. von der R. A. Holz aufsetzen, in dem Forstwesen, eine vereidete Person, welche das in den Wälder geschlagene Brennholz in Schragen oder Klafter aufsetzet, und auch Holzeinschläger genannt wird.


Holzauster (W3) [Adelung]


Die Holzauster, plur. die -n, eine Art großer Ostindischer Austern, welche sich an Bäume und Wurzeln hängen, Baumaustern.


Holzauswäscher (W3) [Adelung]


Der Holzauswäscher, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Holzflößen. verpflichtete Personen, welche das Floßholz auswaschen, d. i. es aus dem Wasser an das Land bringen.


Holzaxt (W3) [Adelung]


Die Holzaxt, plur. die -äxte, eine Axt, so fern sie zu Fällen und Schlagen des Brennholzes bestimmt ist, im Oberd. eine Holzhacke; zum Unterschiede von einer Zimmeraxt, Streitaxt u. s. f.


Holzbar (W3) [Adelung]


Holzbar, adj. et adv. welches nur im Forstwesen üblich ist. Eine Blöße wieder holzbar machen, sie mit Holz anfliegen lassen, so daß sie zu ihrer Zeit geholzet.; d. i. abgetrieben werden kann.


Holzbau (W3) [Adelung]


Der Holzbau, des -es, plur. inus. 1) Der Bau oder das Bauen eines Gebäudes mit Holz im Gegensatze des Steinbaues. Noch häufiger, 2) der Bau oder Anbau des Holzes.


Holzbauer (W3) [Adelung]


Der Holzbauer, des -n, plur. die -n, ein Bauer, welcher in oder nahe an einem Holze oder Gehölze wohnet; ein Waldbauer. Besonders, so fern er seine Nahrund hauptsächlich aus demselben ziehet, Brennholz zur Stadt führet.


Holzbeamte (W3) [Adelung]


Der Holzbeamte, des -n, plur. die -n, ein Beamter in Holz- oder Forstsachen; ein Forstbeamter.


Holzbinder (W3) [Adelung]


Der Holzbinder, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Salzwerke zu Halle, ein Arbeiter, welcher das zum Sieden nöthige Holz, Rohr oder Stroh in Wellen bindet.


Holzbirn (W3) [Adelung]


Die Holzbirn, plur. die -en, die Frucht des wilden Birnbaumes, welcher in den Hölzern oder Wäldern wild wächset; Pirus Pyraster L. im Gegensatze der zahmen oder Gartenbirnen. S. Hutzel und Knödel.


Holzbock (W3) [Adelung]


Der Holzbock, des -es, plur. die -böcke. 1) Ein Bock, d. i. Gerüst, welcher aus zwey in der Mitte mit einen langen Holze verbundenen Kreuze bestehet, das Brennholz darauf zu legen, wenn es mit der Säge zerschnitten werden soll; der Sägebock. 2) Ein längliches Eisen mit zwey gedoppelten niedrigen Füßen, dessen beyde Enden wie Hörner in die Höhe gehen, das Holz auf dem Herde und in den Ofen herauf zu legen, damit es hohl liege; der Brandbock; Feuerbock. Siehe Bock. 3) Eine Art Käfer mit borstenähnlichen Fühlhörnern und einem höckerigen Brustschilde, der sich gern in dem Holze der Bäume aufhält, wo man ihn pochen oder hämmern höret; Cerambix L. der Zimmermann, ingleichen der Biesamkäfer, weil er wie Biesam riecht, im Oberd. Herdmännlein, Erdschmid. 4) Eine andere, der vorigen sehr ähnliche Art Käfer, welche aber einen glatten Brustschild hat, und sich gern auf den Blumen finden lässet, Leptura L. wird im Deutschen weicher Holzbock, ingleichen Holzkäfer genannt. Endlich, 5) wird auch ein Insect, welches sich auf den niedrigen Büschen und Gesträuchen in den Hölzern in großer Menge aufhält, und sich so wohl an Menschen, als auch an das Rindvieh hänget, mit dem Kopfe in die Haut eindringet; und sich voll Blut sauget, im gemeinen Leben einiger Gegenden Holzbock genannt; die Zecke.


Holzboden (W3) [Adelung]


Der Holzboden, des -s, plur. die -böden. 1) Ein Boden, Holz und besonders Brennholz, auf demselben zu verwahren. 2) Der Boden, d. i. das Erdreich einer Gegend, in Ansehung des Holzbaues; ohne Plural. Eine Gegend, welche einen vortrefflichen Holzboden hat.


Holzbrame (W3) [Adelung]


Die Holzbrame, plur. die -n, die Brame, d. i. das Gebüsch oder Unterholz von einem Gehölze oder Walde; das Vorholz. Im gemeinen Leben auch Holzbrahne und Holzbrohne. Siehe 2. Brame.


Holz-Cur (W3) [Adelung]


Die Holz-Cur, plur. die -en, die Cur, d. i. Heilart, da ein Kranker Holztränke zu sich nehmen muß. Eine Holz-Cur gebrauchen. S. Holztrank.


Holzdeich (W3) [Adelung]


Der Holzdeich, des -es, plur. die -e, in den Niedersächsischen Marschländer, ein Wasserdeich, welcher am Fuße mit Holz bekleidet ist.


Holzdeube (W3) [Adelung]


Die Holzdeube, plur. die -n, nur noch in den Gerichten, ein an Holz begangener Diebstahl, besonders in einem Gehölze oder Walde. S. Deube.


Holzdicke (W3) [Adelung]


Die Holzdicke, plur. inus. die Dicke eines gewissen bestimmten Stückes Holz. Die Nadel reicht kaum durch die Holzdicke des Bretes.


Holzdieb (W3) [Adelung]


Der Holzdieb, des -es, plur. die -e, Fämin. die Holzdiebinn, eine Person, welche Holz stiehlet oder gestohlen hat, besonders so fern solches in einem Gehölze oder Walde geschiehet.


Holzding (W3) [Adelung]


Das Holzding, des -es, plur. die -e, S. Holzgericht.


Holzdrechsler (W3) [Adelung]


Der Holzdrechsler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Drechsler in Holz; zum Unterschiede von einem Beindrechsler, Bernsteindrechsler u. s. f.


Holzeinschläger (W3) [Adelung]


Der Holzeinschläger, des -s, plur. ut nom. sing. Siehe Holzaufsetzer.


Holzerbe (W3) [Adelung]


Der Holzerbe, des -n, plur. die -n, in einigen Gegenden, besonders Niedersachsens, der eigenthümliche Besitzer eines Holzes oder Gehölzes, oder eines Theiles desselben. Daher die Holzerbschaft, plur. die -en, derjenige Theil eines Gehölzes, welchen man eigenthümlich besitzet. S. das Erbe.


Holzerde (W3) [Adelung]


Die Holzerde, plur. die -n, Erde, welche aus verfaultem Holze entstanden ist.


Hölzermesser (W3) [Adelung]


Das Hölzermesser, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schustern, ein am Ende gekrümmtes Messer, die hölzernen Absätze damit hohl zu schneiden.


Hölzern (W3) [Adelung]


Hölzern, adj. et adv. aus Holz, von Holz der Materie nach. Ein hölzernes Geschirr. Eine hölzerne Kugel. Ein hölzernes Gebäude, welches von Holz gebauet ist, im Gegensatze eines steinernen. Eine hölzerne Brücke. Ingleichen figürlich, wo es auch die Comparation leidet, steif, unbelebt. Stehen sie doch nicht so hölzern da. Wie auch geschmacklos. Es schmeckt so hölzern. Auch von dem Klange, keinen angenehmen Klang habend. Es klingt so hölzern.

Anm. Im Oberdeutschen nur hölzen, im Theuerdank hültzen, im Nieders, holten.


Hölzernagel (W3) [Adelung]


Der Hölzernagel, des -s, plur. die -nägel, eben daselbst, Nägel mit halben Köpfen zu den hölzernen Abfüßen der weiblichen Schuhe.


Holzfäule (W3) [Adelung]


Die Holzfäule, oder Holzfäulniß, plur. inus. die Fäule oder Fäulniß im Holze.


Holzfeile (W3) [Adelung]


Die Holzfeile, plur. die -n, eine Feile, Holz damit zu feilen, und welche am häufigsten eine Raspel genannt wird.


Holzfeuer (W3) [Adelung]


Das Holzfeuer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Feuer, welches durch Holz unterhalten wird; zum Unterschiede von einem Kohlfeuer, Strohfeuer u. s. f.


Holzflöße (W3) [Adelung]


Die Holzflöße, plur. die -n, eine Anstalt, wo Holz geflößet, oder durch Flößen weiter geschaffen wird; die Flöße.


Holzförster (W3) [Adelung]


Der Holzförster, des -s, plur. ut nom. sing. ein Förster, welcher bey einem Landgute bloß die Aufsicht über das Gehölz hat; zum Unterschiede von einem fürstlichen Förster, welchem zugleich die Wildbahn anvertrauet ist.


Holzfrevel (W3) [Adelung]


Der Holzfrevel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Frevel, welcher an den Bäumen oder an dem Holze in einem Gehölze begangen wird. Daher der Holzfrevler, der sich dessen schuldig macht.


Holzfrohne (W3) [Adelung]


Die Holzfrohne, plur. die -n, Frohndienste, welche zu Anführung oder zu Abführung des Holzes geleistet werden müssen.


Holzfuhre (W3) [Adelung]


Die Holzfuhre, plur. die -n, eine Fuhre, so fern sie zur Wegschaffung oder Herbeyschaffung einer Quantität Holzes geschiehet.


Holzfürst (W3) [Adelung]


* Der Holzfürst, des -en, plur. die -en, ein ungewöhnliches Wort, einen Aufseher über einen Wald von erstem Range zu bezeichnen, einen Ober-Forstmeister; welches noch Nehem. 2, 8. vorkommt, wo Assaph des Königes Arthasasta Holzfürst genannt wird.


Holzgedinge (W3) [Adelung]


Das Holzgedinge, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Gedinge oder Vertrag, über die Lieferung einer gewissen Quantität Holzes. 2) Ein Holzgericht, S. Holzgericht.


Holzgefälle (W3) [Adelung]


Die Holzgefälle, sing. inus. Gefälle, d. i. Einkünfte aus einem Holze oder Gehölze.


Holzgelänge (W3) [Adelung]


Das Holzgelänge, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, ein zum Anbaue des Holzes bestimmtes, oder mit Holz bewachsenes Gelände, d. i. eine in die Länge sich erstreckende Gegend.


Holzgeld (W3) [Adelung]


Das Holzgeld, des -es, plur. doch nur von mehreren Summen, die -er, das zum Ankaufe des Holzes bestimmte Geld. Ingleichen Geld, welches aus verkauftem Holze gelöset wird.


Holzgelle (W3) [Adelung]


Die Holzgelle, plur. die -n, S. 2. Gölle.


Holzgerecht (W3) [Adelung]


Holzgerecht, -er, -este, adj. et adv. mit der nöthigen Kenntniß des Forstwesens und der Holzwartung versehen. Ein holzgerechter Jäger, Förster. S. Gerecht.


Holzgerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Holzgerechtigkeit, plur. die -en, die Gerechtigkeit, oder das Recht über ein Gehölz, und in Forstsachen.


Holzgericht (W3) [Adelung]


Das Holzgericht, des -es, plur. die -e, ein Gericht über Holz- oder Forstsachen; ein Forstgericht, Waldgericht. In den Westphälischen Holzmarken gibt es dergleichen Holzgerichte, welche daselbst Markgerichte, ingleichen Holzungen ( S. Holzung,) Holzdinge, Holzgedinge genannt werden, und worin der Holzgraf, oder Grundherr der Mark, entweder selbst oder durch seine Beamten präsidiret, die Meier aber, welche alsdann Holzrichter heißen, Beysitzer sind. S. Holzmark.


Holzgölle (W3) [Adelung]


Die Holzgölle, S. 2. Gölle.


Holzgraf (W3) [Adelung]


Der Holzgraf, des -en, plur. die -en, der Graf, d. i. oberste Richter in einem Holzgerichte, besonders in Westphalen und Niedersachsen; da es denn in einigen Holzmarken Ober- und Untergrafen gibt. Ingleichen der Grundherr über eine Holzmark, so fern er zugleich diese Gerichtbarkeit hat. In andern Gegenden ein Forstgraf, Waldgraf.


Holzgrafschaft (W3) [Adelung]


Die Holzgrafschaft, plur. die -en, die Würde und das Befugniß, die Gerichtbarkeit, eines Holzgrafen; ohne Plural. Ingleichen der Bezirk, worüber sich dieselbe erstrecket.


Holzgräserey (W3) [Adelung]


Die Holzgräserey, plur. inus. in der Landwirthschaft, die Gräserey in einem Holze oder Walde, d. i. das Abschneiden, die Nutzung des in demselben wachsenden Grases, und das Recht, selbiges zu nutzen.


Holzhacke (W3) [Adelung]


Die Holzhacke, plur. die -n, S. Holzart.


Holzhacker (W3) [Adelung]


Der Holzhacker, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Mensch, welcher das zur Feuerung nöthige Brennholz hacket, oder klein hauet; ein Holzhauer, ( S. dieses Wort,) im gemeinen Leben auch ein Holzspäller, d. i. Holzspälter. 2) Figürlich, in einigen Gegenden, ein Nehme der Spechte, weil sie mit ihrem Schnabel in die Bäume hacken, um die unter der Rinde befindlichen Würmer heraus zu hohlen; besonders des gemeines Baumspechtes.


Holzhäher (W3) [Adelung]


Der Holzhäher, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Häher mit sehr schönen und bunten Federn, welcher sich in den Wäldern aufhält, und sich besonders durch seien unaufhörliche Schwatzhaftigkeit von andern seiner Art unterscheidet; Coracias Garrulus L. Holzschreyer, Hatzler, Heerholz, Herrenvogel, Waldhäher, Eichenhäher, in der Mark Holzscher, und an einigen Orten auch Markolfus.


Holzhaken (W3) [Adelung]


Der Holzhaken, des -s, plur. ut nom. sing. ein starkes Eisen mit zwey Haken, bey den Zimmerleuten, große Stücke Holzes damit zu befestigen, welches unter dem Nahmen einer Klammer oder eines Klammerhakens am bekanntesten ist.


Holzhandel (W3) [Adelung]


Der Holzhandel, des -s, plur. inus. der Handel mit Holz, es sey mit Bau- oder Tischlerholz, oder mit Brennholz. Daher der Holzhändler; Fämin. die Holzhändlerinn.


Holzhase (W3) [Adelung]


Der Holzhase, des -n, plur. die -n, Hasen, welche sich beständig in Hölzern oder Wäldern aufhalten, und nur selten zu Felde gehen, Waldhasen; zum Unterschiede von den Feld- und Berghasen.


Holzhau (W3) [Adelung]


Der Holzhau, des -es, plur. die -e, ein Ort in einem Walde, wo Holz geschlagen wird, S. Gehau, Hau und Holzschlag.


Holzhauer (W3) [Adelung]


Der Holzhauer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Arbeiter, welcher so wohl das zur Feuerung bestimmte Holz in den Wäldern fället, und zu Scheiten schläget, ein Holzschläger, Johnhauer; als auch der zum Behufe des Hauswesens kleiner hacket, ein Holzhacker, Holzspälter.


Holzhaufen (W3) [Adelung]


Der Holzhaufen, des -s, plur. ut nom. sing. ein aus Holz bestehendes Haufen, ein Haufen von Holz.


Holzheher (W3) [Adelung]


Der Holzheher, S. Holzhäher.


Holzherr (W3) [Adelung]


Der Holzherr, des -en, plur. die -en, bey dem Salzwerke zu Halle, ein Rathsherr, welcher über das Holzwesen gesetzet ist.


Holzheye (W3) [Adelung]


Die Holzheye, plur. die -n, S. Holzschlägel.


Holzhof (W3) [Adelung]


Der Holzhof, des -es, die -höfe. 1) Ein Hof, welcher zur Aufbewahrung des Holzes bestimmt ist, es sey nun ein Hof an einem Hause, oder auch ein freyer eingeschlossener Platz; ein Holzplatz. 2) In einigen Gegenden werden die Holzmärkte, welche bey großen Holzungen zum Verkaufe des geschlagenen Holzes, gemeiniglich des Jahres zwey Mahl gehalten werden, gleichfalls Holzhöfe genannt.


Holzhuhn (W3) [Adelung]


Das Holzhuhn, des -es, plur. die -hühner. 1) In einigen Gegenden, ein Nahme des Schwarzspechtes, Picus niger maximus nostras Klein. 2) Eine Art wilder Hühner mit zotigen, wolligen Füßen und rothen Augenbraunen, welche sich in Hölzern und Wäldern aufhalten, Lagopus Klein. das Waldhuhn, Schneehuhn; wohin im weitesten Verstande der Auerhahn, Birkhahn, das Hasenhuhn und Schneehuhn gehören. In engerer Bedeutung führet das rothe Haselhuhn, Lagopus altera Klein. an einigen Orten schlechthin den Nahmen des Holzhuhnes. Sollen die Geschlechter unterschieden werden, so heißt das männliche der Holzhahn, und das weibliche die Holzhenne.


Holzicht (W3) [Adelung]


Holzicht, -er, -ste, adj. et adv. dem Holze ähnlich. Holzichte Rüben, Rettige, wenn sie ein hartes, dem Holze ähnliches Fleisch haben. Nieders. holthaftig. Holzig würde Holz habend, mit Holz bewachsen, bedeuten.


Holzkäfer (W3) [Adelung]


Der Holzkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. ein jedes Käfer, welcher sich im Holze aufhält. Besonders der im gemeinen Leben so genannte Holzbock, Leptura L. den andere den Afterholzkäfer, den Cerambyx L. aber den wahren Holzkäfer nennen. S. Holzbock.


Holzkammer (W3) [Adelung]


Die Holzkammer, plur. die -n, eine zur Verwahrung des Holzes bestimmte Kammer.


Holzkauf (W3) [Adelung]


Der Holzkauf, des -es, plur. die -käufe, der Kauf es unverarbeiteten oder zur Feuerung nöthigen Holzes.


Holzknecht (W3) [Adelung]


Der Holzknecht, des -es, plur. die -e, ein geringer Forstbedienter, welcher dem Förster untergeben ist; ein Forstknecht, Waldknecht.


Holzkohle (W3) [Adelung]


Die Holzkohle, plur. die -n, Kohlen von Holz, zum Unterschiede von den Steinkohlen und Torfkohlen. Gegrabene Holzkohlen, welche von verschlämmtem und mit einer Erdsäure durchdrungenen Holze herkommen. S. Pechkohle und Tagekohle.


Holzkrähe (W3) [Adelung]


Die Holzkrähe, plur. die -n. 1) An einigen Orten, ein Nahme des Schwarzspechtes, welcher auch Hohlkrähe genannt wird. S. diese Wörter. 2) An andern die Mandelkrähe, S. dieses Wort.


Holzkur (W3) [Adelung]


Der Holzkur, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, ein Kur, welcher dem Landesherren für die unentgeldliche Abreichung des zu den Grubengebäuden nöthigen Holzes frey verbauet wird.


Holz-Lack (W3) [Adelung]


Der Holz-Lack, des -es, plur. inus. dasjenige Gummi-Lack, welches noch an den Ästen befindlich ist; zum Unterschiede von dem Platt-Lacke.


Holzlaus (W3) [Adelung]


Die Holzlaus, plur. die -läuse, S. Holzwurm.


Holzleite (W3) [Adelung]


Die Holzleite, plur. die -n, ein nur im Oberdeutschen übliches Wort, die mit Holz bewachsene abhängige Seite eines Berges oder einer Anhöhe.


Holzlerche (W3) [Adelung]


Die Holzlerche, plur. die -n, S. Heidelerche.


Holzlese (W3) [Adelung]


Die Holzlese, plur. inus. die Lese oder Aufsammlung des abgefallenen Holzes in den Wäldern.


Holzmade (W3) [Adelung]


Die Holzmade, plur. die -n, S. Holzwurm.


Holzmangel (W3) [Adelung]


Der Holzmangel, des -s, plur. inus. der Mangel an Holz, besonders an Brennholz.


Holzmark (W3) [Adelung]


Die Holzmark, plur. die -en, eine Mark, d. i. ein in seine Gränzen eingeschlossener Bezirk eines Holzes oder Waldes; besonders so fern das Eigenthum darüber einer Person oder einer Gemeinheit zustehet dergleichen Holzmarken von bald größerm bald geringern Umfange es in den waldigen Gegenden Deutschlandes mehrere gibt, welche oft verschiedene Dorfschaften und Flecken unter sich begreifen, und einen Waldbothen, d. i. Befehlshaber in Wald- und Forstsachen über sich haben; eine Holzerbschaft, Waldmarkung zu Kron-Weißenburg eine Mundart. Die Einwohner eines solchen Bezirkes werden Holzmärker oder nur Märker schlechthin, in Westphalen aber Erbexen genannt. S. Gereut.


Holzmarkt (W3) [Adelung]


Der Holzmarkt, des -es, plur. die -märkte, der Markt, d. i. öffentlicher Verkauf des Holzes, der Ort, wo, und die Zeit wenn solches geschiehet. S. auch Holzhof.


Holzmaß (W3) [Adelung]


Das "Holzmaß", des -es, plur. die -e, dasjenige Maß, wonach das Holz, besonders das zur Feuerung bestimmte Holz, gemessen wird. Das "Malter", der "Schragen", die "Klafter" u. s. f. sind solche Holzmaße.


Holzmast (W3) [Adelung]


Die Holzmast, plur. inus. diejenige Mast, welche das Vieh in den Hölzern und Wäldern findet, und wohin die Eicheln, Bucheicheln und Brutmast gehören. Ingleichen das Mästen des Viehes, besonders der Schweine in den Wäldern; zum Unterschiede von der Hausmast. S. auch Sprengmast.


Holzmehl (W3) [Adelung]


Das Holzmehl, des -es, plur. inus. das von den Holzwürmern zu einem feinen Mehle zernagte Holz; das Wurmmehl.


Holzmeise (W3) [Adelung]


Die Holzmeise, plur. die -n, eine Art Meisen, welche der Kohlmeise ähnlich ist, nur daß sie kleiner ist, keinen schwarzen Bauch hat, und sich in Hölzern oder Wäldern aufhält; Parus sylvaticus, Waldmeise, Tannenmeise, Hundsmeise.


Holzmeister (W3) [Adelung]


Der Holzmeister, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Holzböcke oder Holzkäfer, dessen Männchen an seinem langen Horne kenntlich ist; Cerambyx aedilis L. Der gemeine Aberglaube will, daß man einen Baum, an welchem er sich sehen lässet, nicht fällen dürfe, wenn man keiner unglücklichen Begebenheit im Walde ausgesetzt seyn wolle. Ehedem wurde auch ein Zimmermann Holzmeister genannt.


Holzmesser (W3) [Adelung]


Der Holzmesser, des -s, plur. ut nom. sing. eine verpflichtete Person, welche das Brennholz in das gehörige Klaftermaß setzet; ein vereidigter Holzsetzer, oder Holzleger, im Clevischen ein Holzrichter.


Holzmist (W3) [Adelung]


Der Holzmist, des -es, plur. inus. das in den Wäldern vor den Bäumen abgefallene Laub, so fern es dem Viehe untergestreuet und hernach zu Mist oder Dünger gebraucht wird; der Waldmist.


Holzmuschel (W3) [Adelung]


Die Holzmuschel, oder Holznischel, plur. die -n, S. Holzsperling.


Holzordnung (W3) [Adelung]


Die Holzordnung, plur. die -en, eine obrigkeitliche Verordnung, die Hölzer oder Holzungen und deren Gebrauch betreffend.


Holzplatte (W3) [Adelung]


Die Holzplatte, plur. die -n, eine hölzerne Platte, besonders so fern Figuren darein geschnitten sind, welche hernach abgedruckt werden sollen; ein Holzschnitt.


Holzplatz (W3) [Adelung]


Der Holzplatz, des -es, plur. die -plätze, ein Platz, das zu einem gewissen Behufe zusammen geführte Holz daselbst zu verwahren; die Holzstätte.


Holzraspel (W3) [Adelung]


Die Holzraspel, plur. die -n, eine Raspel, Holz damit zu beraspeln.


Holzraupe (W3) [Adelung]


Die Holzraupe, plur. die -n, eine Art Raupen, welche im faulen Holze leben; Cossi L.


Holzrechen (W3) [Adelung]


Der Holzrechen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Pfalwerk quer durch ein Flößwasser, in Gestalt eines Rechens, welches zwar das Wasser, aber nicht die Holzscheite durchläßt.


Holzrechnung (W3) [Adelung]


Die Holzrechnung, plur. die -en, eine Rechnung über eingekauftes oder verkauftes Holz.


Holzrechtler (W3) [Adelung]


Der Holzrechtler, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden Leute, welche gewisse Rechte oder Befugnisse in dem Gebrauche eines Gehölzes erhalten haben.


Holzregister (W3) [Adelung]


Das Holzregister, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Forstwesen, ein Register oder Verzeichniß über das in einem Gehaue geschlagene Holz und andere daraus erhobene Nutzungen.


Holzrichter (W3) [Adelung]


Der Holzrichter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der Beysitzer eines Holzgerichtes. ( S. Holzgericht,) 2) In andern Orten, z. B. im Clevischen, ein Holzmesser; von richten, in Ordnung setzen.


Holzrutsche (W3) [Adelung]


Die Holzrutsche, plur. die -n, ein geebneter und zu beyden Seiten eingefaßter Weg an steilen Bergen, Holz darauf hinunter rutschen zu lassen; die Husche, in Meißen auch die Ploße.


Holzsame (W3) [Adelung]


Der Holzsame, des -ns, plur. die -n, von mehreren Arten, der Same aller derjenigen Gewächse, welche ein eigentliches Holz haben.


Holzscharre (W3) [Adelung]


Die Holzscharre, plur. die -n, an einigen Orten, eine Benennung der Harzscharre, S. Harzmesser.


Holzscheit (W3) [Adelung]


Das Holzscheit, des -es, plur. die -e, ein Scheit Holz, ein starkes Stück gespaltenen Holzes.


Holzscher (W3) [Adelung]


Der Holzscher, des -s, plur. ut nom. sing. oder die Holzschere, ein in den gemeinen Mundarten einiger Gegenden aus Holzschreyer verderbtes Wort, S. Holzhäher.


Holzschieber (W3) [Adelung]


Der Holzschieber, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bäckern, ein Schieber, das Holz damit in den Ofen zu schieben; zum Unterschiede von einem Brotschieber, Semmelschieber, Kohlenschieber u. s. f.


Holzschiff (W3) [Adelung]


Das Holzschiff, des -es, plur. die -e, ein Schiff, worauf Holz und in engerer Bedeutung Brennholz fortgeschaffet wird. S. 2. Gölle.


Holzschlag (W3) [Adelung]


Der Holzschlag, des -es, plur. die -schläge. 1) Das Schlagen des Holzes, d. i. das Fällen der Bäume, und Zerhauen derselben in Scheite; ohne Plural. 3) Das Recht, Holz in einem Walde fällen zu dürfen; auch ohne Plural. 3) Ein gewisser Bezirk in einem Walde, in welchem Holz geschlagen werden soll; ein Holzhau, Han, Gehau, ein Schlag.


Holzschlägel (W3) [Adelung]


Der Holzschlägel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schlägel oder großer hölzerner Hammer, die eisernen Keile, womit man das Brennholz spaltet, hinein zu treiben; in einigen Gegenden eine Holzheyt.


Holzschläger (W3) [Adelung]


Der Holzschläger, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Siehe Holzbauer. 2) In en Marschländern, ein Arbeiter, welcher die hölzernen Pfähle vor den Seedeichen einschläget.


Holzschlagung (W3) [Adelung]


Die Holzschlagung, plur. die -en, eben daselbst, dieses eingeschlagene Pfahlwerk selbst.


Holzschneider (W3) [Adelung]


Der Holzschneider, des -s, plur. ut nom. sing. ein Künstler, welcher Figuren in Holz schneidet, besonders so fern diese Figuren auch andere Körper abgedruckt werden sollen; ein Formenschneider, S. Holzschnitt.


Holzschnepfe (W3) [Adelung]


Die Holzschnepfe, plur. die -n, die größte Art Schnepfen, welche sich in den Hölzern oder Wälder aufhält; Scolopax Rusticola L. Buschschnepfe, Bergschnepfe, Schnepfhuhn.


Holzschnitt (W3) [Adelung]


Der Holzschnitt, des -es, plur. die -e, eine in Holz geschnittene Figur, die Platte, worein selbige eingeschnitten ist, und der Abdruck derselben auf Papier oder einen ähnlichen Körper; zum Unterschiede von einem Kupferstiche. Ein Buch mit Holzschnitten gezieret.


Holzschoppen (W3) [Adelung]


Der Holzschoppen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schoppen zur Aufbewahrung des Holzes.


Holzschragen (W3) [Adelung]


Der Holzschragen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schragen; so fern derselbe ein Maß des Scheitholzes ist; S. Schragen.


Holzschraube (W3) [Adelung]


Die Holzschraube, plur. die -n, eine Art gefeilter eiserner Schrauben mit scharfen weiten Gewinden, welche sich in ein Kegel zuspitzen und in das Holz geschroben worden.


Holzschreiber (W3) [Adelung]


Der Holzschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. der Schreiber in einem Holzamte; der Forstschreiber. Ingleichen ein Schreiber in Holzsachen.


Holzschreyer (W3) [Adelung]


Der Holzschreyer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Holzhäher.


Holzschuh (W3) [Adelung]


Der Holzschuh, des -es, plur. die -e, Schuhe von Holz, hölzerne Schuhe.


Holzschuhbaum (W3) [Adelung]


Der Holzschuhbaum, des -es, plur. die -bäume, siehe Fischerbaum.


Holzspälter (W3) [Adelung]


Der Holzspälter, des -s, plur. ut nom. sing. S. Holzhacker.


Holzspan (W3) [Adelung]


Der Holzspan, des -es, plur. die -späne, Späne, welche bey Verarbeitung des Holzes abgehen, zum Unterschiede von Horuspänen, Eisenspänen u. s. f. In engerer Bedeutung, welche bey dem Spalten und Machen des Brenn- oder Bauholzes abgehen, und nur Späne schlechthin genannt werden; zum Unterschiede von den Hobelspänen und Sägespänen.


Holzsparkunst (W3) [Adelung]


Die Holzsparkunst, plur. inus. die Kunst, das zu allerley Bedürfnissen, besonders aber das zur Feuerung nöthige Holz zu sparen.


Holzsperling (W3) [Adelung]


Der Holzsperling, des -es, plur. die -e, eine Art kleiner Sperlinge, welcher in den Hölzern oder Wäldern in hohlen Bäumen nistet, einen braunen Kopf, aber nicht so viel Schwarzes an der Kehle hat, als der Haus- und Feldsperling; Passer silvestris L. Baumsperling, Waldsperling, im gemeinen Leben Holzmuschel, Holznischel, Mutschel, Mutschelsperling. S. Muschel und Mücke.


Holzstall (W3) [Adelung]


Der Holzstall, des -es, plur. die -ställe, ein Stall, oder verschlossener Raum auf der Erde, holz, besonders Brennholz darin zu verwahren.


Holzstätte (W3) [Adelung]


Die Holzstätte, plur. die -n, S. Holzplatz.


Holzstoß (W3) [Adelung]


Der Holzstoß, des -es, plur. die -stöße, ein Stoß, d. i. ordentlicher Haufe auf einander gesetzter Holzscheite. In engerer Bedeutung, so fern derselbe zur Verbrennung eines Übelthäters dienet; im gemeinen Leben der Scheiterhaufen. Wenn uns der Holzstoß schon verzehret, Opitz.


Holztag (W3) [Adelung]


Der Holztag, des -es, plur. die -e. 1) Derjenige Tag in der Woche, an welchem man Holz aus dem Walde zu hohlen berechtiget ist. 2) Derjenige Tag, an welchem ein Forstamt, denen welche sich dazu melden, das verlangte Bau- oder Brennholz verschreibet; der Holzschreibetag, das Waldgedinge.


Holztaube (W3) [Adelung]


Die Holztaube, plur. die -n, eine Art wilder Tauben von himmelblauer Farbe, mit einem schönen Halse und einem doppelten schwarzen Flecke auf den Flügeln, welche sich in den Hölzern oder Wäldern aufhält; Columba lignorum, Palumbus Klein. Waldtaube, Hohltaube und Lochtaube, weil sie in hohlen Bäumen nistet.


Holztaxe (W3) [Adelung]


Die Holztaxe, plur. die -n, die Taxe des Holzes, d. i. Verstimmung des Preises desselben.


Holztrage (W3) [Adelung]


Die Holztrage, plur. die -n, eine Trage, Brenn- oder Feuerholz darauf zu tragen.


Holztrank (W3) [Adelung]


Der Holztrank, plur. doch nur von mehreren Arten oder Quantitäten, die -tränke, in der Arzeneykunst, ein aus gekochten heilsamen Holzarten bereiteter Trank.


Holztrift (W3) [Adelung]


Die Holztrift, plur. die -en. 1) Die Trift, d. i. das Treiben des Viehes in ein Holz oder in einem Wald um der Weide willen, und die Befugniß, das Vieh darin zu treiben; ohne Plural. 2) In Preußen werden die Baustößen, welche Bau- und Brennholz auf den Flüssen herbey führen, Holztriften genannt.


Holzung (W3) [Adelung]


Die Holzung, plur. die -en, das Hauptworte von dem Zeitworte holzen. 1) Das Holzen, die Handlung des Holzens; ohne Plural. ( S. Holzen,) 2) Eine mit Holz bewachsene Gegend von unbestimmter Größe; ein Holz, eine Waldung. 3) In einigen Niedersächsischen Gegenden ist Holzung, Nieders. Holting, ein Holzgericht, wo es aber auch Holtding, Holzding, verderbet ist.


Holzverwalter (W3) [Adelung]


Der Holzverwalter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Verwalter des geschlagenen und zum Verkaufe bestimmten Holzes. Ingleichen ein Vorsteher eines landesherrlichen Holzhandels oder Holzhofes.


Holzwaare (W3) [Adelung]


Die Holzwaare, plur. die -n. 1) Holz oder aus Holz zubereitete Dinge, als eine Waare betrachtet. Mit Holzwaaren handeln. 2) In Westphalen werden die Nutzungen aus dem Holze einer Holzmark, die Holzwaare genannt; im Gegensatze der Erdwaare, wohin die übrigen Nutzungen gerechnet werden.


Holzwadel (W3) [Adelung]


Der Holzwadel, des -s, plur. die -n, in der Landwirthschaft, besonders Niedersachsens, derjenige Zeitraum, in welchem das Bau- und Nutzholz am vortheilhaftesten zu fällen seyn soll. S. Wandel.


Holzwagen (W3) [Adelung]


Der Holzwagen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wagen, Holz darauf anzufahren. Ingleichen ein mit Holz beladener Wagen.


Holzwanze (W3) [Adelung]


Die Holzwanze, plur. die -n, eine Art Wanzen, welche sich in den Hölzern und Wäldern aufhält; Cimex silvestris L.


Holzwärter (W3) [Adelung]


Der Holzwärter, des -s, plur. ut nom. sing. ein herrschaftlicher Bedienter, welcher bey Landgütern die Aufsicht über die Holzung hat, und auch ein Holzförster genannt wird.


Holzweichsel (W3) [Adelung]


Die Holzweichsel, plur. die -n, S. Holzkirsche.


Holzwentel (W3) [Adelung]


Der Holzwentel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Assel.


Holzwerk (W3) [Adelung]


Das Holzwerk, des -es, plur. inus. ein Collectivum, aus Holz verfertigte Dinge. Das Holzwerk an einem Gebäude, an einer Maschine u. s. f.


Holzwurm (W3) [Adelung]


Der Holzwurm, des -es, plur. die -würmer, ein ungeflügeltes Insect, welches sich im Holze aufhält, dasselbe zernaget, und sich durch ein starkes Klopfen oder Pochen zu erkennen gibt; Termes Pulsatorius L. Die Holzlaus, Totenuhr, weil der Aberglaube dessen Klopfen für den Vorbothen eines Todesfalles hält, das Erdschmidlein, der Wandschmied, wegen seines Hämmerns in den Wänden und Fußböden, die Bücherlaus oder Büchermilde, weil er auch die Bücher angreift. Vor seiner Verwandlung wird er die Holzmade genannt, unter welchem Nahmen man auch alle Insecten zu verstehen pflegt, welche im Holze ausgebrütet werden, und sich daselbst verwandeln.


Holzzehnte (W3) [Adelung]


Der Holzzehnte, des -n, plur. die -n, der Zehnte, welcher von dem Holze in einer Waldung gegeben wird.


Holzzeit (W3) [Adelung]


Die Holzzeit, plur. die -en, die Zeit, wenn geholzet, d. i. Holz gefället wird.


Holzzettel (W3) [Adelung]


Der Holzzettel, des -s, plur. ut nom. sing. im Forstwesen, ein Zettel, gegen welchen man von den Holz- oder Forstbedienten eine gewisse Quantität Holz erhält.


Homogen (W3) [Adelung]


Homogen, adj. et adv. S. Gleichartig.


Honig (W3) [Adelung]


Das Honig, des -es, plur. inus. der süße Saft, welchen die Bienen aus den Blüthen des Pflanzenreiches eintragen. Die Bienen sammeln Honig, tragen Honig ein. Gezeideltes Honig, das noch in dem Roß oder Scheiben befindliche Honig. S. Zeideln; im Gegensatze des geseimten Honigs, welches von den Scheiben bereits abgesondert worden, S. Honigseim und Seimen. S. auch Jungfernhonig, Lindenhonig, Steinhonig, Zuckerhonig u. s. f. Honig lauen, es von seinen Stöcken erhalten.

Anm. Schon bey dem Kero und im Isidor Honec, bey dem Notker Honanc, im Oberd, Hönig, in den gröbern Mundarten Hünk, im Nieders. Honnig, im Angels. Hunig, im Engl. Hony, im Dän. Honnig, im Schwed. Honig und Honag, im Isländ. Hunang, im Finnischen Hunaja. Wachter leitet es auf eine sehr seltsame Art von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Wein gießen, her; andere Sprachforscher schweigen von der Abstammung ganz. Die letzte Sylbe -ig, welche in andern Mundarten -ing lautet, ist die Ableitungssylbe. Es bleibt also nur Hon üblich, welches irgend wo süß bedeutet haben muß, der vorzüglichsten Eigenschaft des Honiges, und auch in dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Lat. Vinum, Wein, Statt finden kann, weil es gewiß ist, daß man den Saft der Trauben eher unter der Gestalt des süßen Mostes, als eines gegohrnen Weines, hat kennen lernen. In Franken wird das Pflaumenmuß Honig, und in der Mark Brandenburg das süße junge Bier, welches noch nicht gegohren hat, und an andern Orten Würze heißt, Höniken genannt. In einigen Gegenden ist Honig männlichen Geschlechtes, der Honig.


Honigapfel (W3) [Adelung]


Der Honigapfel, des -s, plur. die -äpfel, eine Art sehr süßer Äpfel; Süßapfel.


Honigbär (W3) [Adelung]


Der Honigbär, des -en, plur. die -en, eine Art kleiner Bären, welche dem Honige in den Wäldern nachstellen; der Zeidelbär. Eigentlich sind alle Bären nach dem Honige lüstern, daher dieses Wort seine schickliche Benennung einer besondern Art ist.


Honigbau (W3) [Adelung]


Der Honigbau, des -es, plur. inus. der Bau, d. i. die Einsammlung des Honigs und die dazu gehörige Wartung der Bienen. Von dem Honigbaue leben. Sich auf den Honigbau legen. S. Bauen.


Honigbauer (W3) [Adelung]


1. Der Honigbauer, des -s, plur. ut nom. sing. von dem Zeitworte bauen, derjenige, welcher vornehmlich von dem Honigbaue lebt, und welcher an dem meisten Orten ein Zeidler heißt. S. dieses Wort.


Honigbauer (W3) [Adelung]


2. Der Honigbauer, des -n, plur. die -n, ein Bauer oder Landmann, welcher sich vorzüglich mit dem Honigbaue beschäftiget.


Honigbehältniß (W3) [Adelung]


Das Honigbehältniß, des -sses, plur. die -sse, an den Blumen, Nectarium L. S. Honigkelch.


Honigbiene (W3) [Adelung]


Die Honigbiene, plur. die -n. 1) Diejenige Art Bienen, welche brauchbares Honig einsammelt; Apis mellifera L. zum Unterschiede von andern ähnlichen Insecten. 2) In engerer Bedeutung werden diejenigen Bienen in einem Stocke, deren eigentliches Geschäft die Einsammlung des Honigs ist, und welche Zwitter sind, Honigbienen, sonst aber auch Arbeitsbienen, Werkbienen, Stachelbienen, ingleichen nur Bienen schlechthin genannt; zum Unterschiede von den Wasserbienen, Drohnen oder Thränen.


Honigbirn (W3) [Adelung]


Die Honigbirn, plur. die -en, eine Art süßer Bienen.


Honigblase (W3) [Adelung]


Die Honigblase, plur. die -n, eine Blase in dem Leibe der Bienen über der Gallenblase, in welcher sie das Honig so wohl zur Nahrung, als auch zur Füllung ihrer Zellen bewahren, und welche eigentlich der Magen ist.


Honigblume (W3) [Adelung]


Die Honigblume, plur. die -n, eine jede Blume, von welchen die Bienen Honig zu sammeln pflegen. In engerer Bedeutung führet diesen nahmen eine Äthiopische Pflanze, in deren Saftbehältnissen eine beträchtliche Menge eines schwarzen süßen Saftes befindlich ist; Melianthus L. Auch die Melisse wird wegen ihres Nutzens in der Bienenzucht von einigen nur die Honigblume, ingleichen das Bienenkraut genannt.


Honigerbse (W3) [Adelung]


Die Honigerbse, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, ein Nahme einer Virginischen Hülsenfrucht mit vermengten ganz getrennten Geschlechtern, aus denen Hülsenschalen die Einwohner einen süßen Meth sieden; Gleditsia Triacanthos L.


Honigfarbe (W3) [Adelung]


Die Honigfarbe, plur. inus. die braune Farbe des Honiges, und eine ihr gleiche Farbe. Daher das Bey- und Nebenwort honigfarben oder honigfarbig, der Farbe des Honiges gleich.


Honigflecken (W3) [Adelung]


Der Honigflecken, des -s, plur. ut nom. sing. schwarzbräunliche Flecken auf der Haut, welche von einer groben wässerigen Feuchtigkeit entstehen, welche hernach wegdünstet, und den schwarzbraunen Flecken zurück lässet; Melos. Man pfleget auch die Flecken, welche man zuweilen an den Marderbälgen findet, Honigflecken zu nennen, weil sie von dem Honige entstehen sollen, welchen dieses Thier gern isset.


Honiggabel (W3) [Adelung]


Die Honiggabel, plur. die -n, eine Gabel, die abgelöseten Honigscheiben in den Bienenstöcken damit heraus zu heben.


Honiggelter (W3) [Adelung]


Der Honiggelter, des -s, plur. ut nom. sing. S. Honiggülte.


Honiggeschwulst (W3) [Adelung]


Die Honiggeschwulst, plur. inus. eine Geschwulst, welche von einer dicken, gelben, dem Honige an Farbe ähnlichen Materie entstehet; Meliceris.


Honiggras (W3) [Adelung]


Das Honiggras, des -es, plur. inus. eine morgenländische Grasart, welche einen süßen, dem Honige an Geschmack ähnlichen Samen träget; Holcus L.


Honiggülte (W3) [Adelung]


Die Honiggülte, plur. die -n, in einigen Gegenden, eine Gülte, d. i. ein Zins, eine jährliche Abgabe, welche in Honig entrichtet wird; da denn diejenigen, welche zu dieser Gülte verpflichtet sind, Honiggelter heißen.


Honigkelch (W3) [Adelung]


Der Honigkelch, des -es, plur. die -e, an den Blumen verschiedener Pflanzen, ein einem Kelche ähnliches Behältniß, worin sich ein süßer Saft absondert; Nectarium L. das Honigbehältniß, Saftbehältniß.


Honigklee (W3) [Adelung]


Der Honigklee, S. Süßklee.


Honigkuchen (W3) [Adelung]


Der Honigkuchen, S. Pfefferkuchen und Honigscheibe.


Honiglese (W3) [Adelung]


Die Honiglese, plur. inus. die Lese, oder Einsammlung des Honiges, so fern solches von den Bienen geschiehet, und die Zeit, wenn sie Honig einsammeln; zum Unterschiede von der Brotlese.


Honigpfeife (W3) [Adelung]


Die Honigpfeife, plur. die -n, S. Honigzelle.


Honigroß (W3) [Adelung]


Das Honigroß, des -es, plur. inus. S. Honigscheibe und Roß.


Honigsauger (W3) [Adelung]


Der Honigsauger, ein Vogel, S. Colibrit.


Honigscheibe (W3) [Adelung]


Die Honigscheibe, plur. die -n, eine mit Honig angefüllte Scheibe in einem Bienenstocke, zum Unterschiede von den Brotscheiben und Brutscheiben. Im gemeinen Leben werden diese Honigscheiben Honigsladen, Honigwaben oder Honigweben, das Honigroß, Honigkuchen, Honigtafeln, und im Nieders. Honnigmaarten und Honiggehren genannt. S. Roß und Wabe.


Honigschimmel (W3) [Adelung]


Der Honigschimmel, des -s, plur. ut nom. sing. eim Schimmel, d. i. weißes Pferd, dessen Weiß mit einer Honigfarbe gesättiget ist; zum Unterschiede von einem Schwarzschimmel, Rothschimmel, Silberschimmel, Sandschimmel, Hechtschimmel u. s. f.


Honigschmetterling (W3) [Adelung]


Der Honigschmetterling, des -es, plur. die -e, ein Tageschmetterling mit blauen Flügeln, welcher sich auf den Honigblumen aufhält; Argus minor L.


Honigseim (W3) [Adelung]


Der Honigseim, des -es, plur. inus. ungeläutertes Honig, so wie es in den Honigscheiben befindlich ist, oder von selbst aus denselben heraus träufelt; ein Ausdruck, welcher in der Deutschen Bibel häufig vorkommt, im Hochdeutschen aber ungewöhnlich ist, wo man ein solches Honig Jungfernhonig, Scheibenhonig, und im Nieders. Maartenhonnig nennet. Er tunkte mit der Spigen in den Honigseim, 1 Sam. 12, 27. Deine Lippen sind wie triefender Honigseim, Hohel. 4, 11. Sie sind süßer denn Honig und Honigseim, Ps. 19, 11, süßer als geläutertes und ungeläutertes Honig. Wenn es Luc. 24, 42 heißt: Und sie legten ihm vor ein Stück von gebratenem Fisch und Honigseims: so ist hier freylich eine mit solchem Jungfernhonige noch angefüllte Scheibe oder Wabe zu verstehen; allein daraus folgt noch nicht, daß Honigseim eine Honigscheibe bedeutet, wie es Frisch erkläret. S. Seim und Seimen.


Honigstein (W3) [Adelung]


Der Honigstein, des -es, plur. die -e, in den Bergwerken, ein grauer Stein, welcher, wenn er zu Pulver gestoßen wird, einen weißen süßen Saft geben soll; Melitites.


Honigsüß (W3) [Adelung]


Honigsüß, adj. et adv. süß wie Honig. Ingleichen figürlich, im hohen Grade süß, angenehm. So waren die Tage unserer Kindheit honigsüß, Geßn. Wo man auch im Superlat. honigsüßeste gebraucht.


Honigtafel (W3) [Adelung]


Die Honigtafel, plur. die -n, S. Honigscheibe.


Honigthau (W3) [Adelung]


Der Honigthau, des -es, plur. inus. ein kleberiger süßer aber dabey scharfer brennender Saft, welcher zu manchen Zeiten im Sommer auf den Pflanzen und Blumen angetroffen wird, und dieselben verdirbt. Ehedem glaubte man, daß dieser Saft wie ein Thau vom Himmel falle, daher er auch den Nahmen bekommen hat. Die neueren Naturkenner sind in Ansehung dieses Saftes noch nicht einig, indem einige glauben, daß er aus den Gewächsen selbst heraus schwitze, andere aber ihn von den Blattläusen herleiten. Das Wort Honigtow findet sich schon bey dem Jeroschin, einem Reimer des 13ten Jahrh. Im Schwed. Honingsdagg.


Honigwabe (W3) [Adelung]


Die Honigwabe, plur. die -n, S. Honigscheibe.


Honigzehnte (W3) [Adelung]


Der Honigzehnte, des -n, plur. die -n, der Zehnte, welcher dem Zehntherren von dem erbaueten Honige, gegeben wird.


Honigzelle (W3) [Adelung]


Die Honigzelle, plur. die -n, die in den Honigscheiben befindlichen und für das Honig bestimmten Zellen, im gemeinen Leben Honigpfeifen; zum Unterschiede von den Brutzellen oder Mutterpfeifen und Brotzäpflein.


Honigzins (W3) [Adelung]


Der Honigzins, des -es, plur. inus. der Zins, d. i. die jährliche Abgabe, welche in Honig entrichtet, oder von dem erbaueten Honige gegeben wird; an einigen Orten die Honiggülte.


Hop! (W3) [Adelung]


Hop! ein nur im gemeinen Leben übliches Aufmunterungswort. So pfleget man einem stolpernden Thiere oder Menschen zuzurufen, hop! hop! Ingleichen mit dem Wörtchen sa, hopsa! oder hop sa! Wie auch, ein Ausruf der ausgelassenen Freude des großen Haufens, wo es gemeiniglich noch die Wörterchen he und sa zu sich nimmt, hop he! hop hey! hop sa!


Hopf (W3) [Adelung]


Der "Hopf", des -es, plur. die -e, ein im Hochdeutschen nur in dem zusammen gesetzten "Wiederhopf" übliches Wort, wo es so viel als "Schopf" ist, und mit demselben zu "Haube" und "Haupt" gehöret, (S. "Wiedehopf") In dem Oberdeutschen "Gugelhopf" hat es eine ähnliche Bedeutung, S. "Kugelhippe" und das folgende. Neu angeworbene Soldaten pflegen von den ältern aus Verachtung "Hopfe" oder "Strutze" genannt zu werden, wo dieses Wort eben das ist, was auf den Universitäten ein "Pennal" oder "Fuchs", bey den Böttchergesellen ein "Ziegenschurz" und bey den Spitzbuben ein "Wittstock" ist.


Hop (W3) [Adelung]


Hop hey, S. Hop.


Hor (W3) [Adelung]


Hor, Koth; ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, S. Garstig und Hornung.


Hör (W3) [Adelung]


Die Hör, plur. die -en, ein nur in Westphalen übliches Wort, wo es bey hofhörigen Gütern so viel als die Lehenwaare bey andern Lehen ist. Ein neuer Besitzer eines hofhörigen Gutes muß um die Belehnung ansuchen, und die Hör bezahlen. Es stammet mit hofhörig von dem Zeitworte hören, gehören, ab. S. Hofhörig.


Hörbar (W3) [Adelung]


Hörbar, -er, -ste, adj. et adv. was gehöret, d. i. durch das Gehör empfunden werden kann.


Horbel (W3) [Adelung]


Die Horbel, plur. die -n, in einigen Gegenden, z. B. in Meißen, ein Nahme des schwarzen Wasserhuhnes, welches auch Rohrhuhn, Pfaff, Bläßhuhn genannt wird; Fulica recentiorum Klein. ( S. Bläßhuhn.) Vermuthlich von dem alten haren, schreyen, wegen seines kreischenden Geschreyes.


Horchen (W3) [Adelung]


Horchen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, mit Anstrengung aller Gehörnerven etwas durch das Gehör zu empfinden suchen. 1) Überhaupt. Ich habe lange gehorchet, aber nichts gehöret. Die Sache, welche man durch das Gehör zu empfinden sucht, bekommt das Vorwort auf. Ich horchte darauf, auf die Weisheit, Sir. 51, 21. In der höhern Schreibart druckt man sie auch wohl mit der vierten Endung aus, als wenn horchen ein Activum wäre. Er horchet dann ihr Lied, Geßn. Die Echo horchte die neue Musik, ebend. Die Nachtigall schwieg und horchte die zärtlichen Accente, Zachar. Eben daselbst nach Art der Oberdeutschen auch mit der zweyten Endung. Dine friunt horechent des, Willer. - Das Raubthier noch im Grimme Ließ das ergriffne Lamm und horchete der Stimme, Dusch. Ingleichen mit der dritten. Der Nachhall horchet den Liedern, Zachar. In weiterer Bedeutung wird es im gemeinen Leben Oberdeutschlandes häufig für hören, zuhören gebraucht. Horch! höre. Horchen sie einmahl, hören sie einmahl. 2) In engerer, aus Borwitz auf etwas horchen, was man nicht hören soll. An der Thür horchen. Es horcht jemand, nähmlich an der Thür. Noch mehr in der Zusammensetzung behorchen.

Anm. Bey dem Willeram horechen, Nieders. horken, im Dithmarsischen harken, im Angels. hyrcnian, heorcnian, im Engl. to hearken. S. auch Lauschen. Nicht, wie Frisch will, von hörig, als wenn es für hörigen stände; sondern es ist das Intensivum von hören. In der figürlichen Bedeutung, gehorsam seyn, ist im Hochdeutschen nur das zusammen gesetzte gehorchen üblich, S. dasselbe; im Nieders. aber wird auch horken in diesem Verstande gebraucht.


Horcher (W3) [Adelung]


Der Horcher, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Horcherinn, eine Person welche horcht; besonders in der zweiten engern Bedeutung, welche aus Vorwitz eine Heimlichkeit zu hören sucht.


Horchhaus (W3) [Adelung]


Das Horchhaus, des -es, plur. die -häuser, Diminut. das Horchhäuschen, im gemeinen Leben Horchhäusel, im Bergbaue, ein feines Behältniß, worin ein Bergjunge gegen die Zeit des An: un Ausfahrens stehet, und auf den Schlag der Uhr horcht, damit er den Häuern das nöthige Zeichen geben könne.


Horde (W3) [Adelung]


1. Die Horde, plur. die -n, ein Steckenzaun, ein Flechtwerk, S. Hürde.


Horde (W3) [Adelung]


2. Die Horde, plur. die -n, eine Herde Menschen, doch nur in engerer Bedeutung, ein aus mehrern herum wandernden Menschen bestehendes Hirtenlager, wo dieser Wort am häufigsten von den Tartarn gebraucht wird, welche noch ein solches Hirtenleben führen, und oft lebenslang in solchen Horden herum ziehen. In engerer Bedeutung bezeichnet es einen ganzen unter einem gemeinschaftlichen Oberhaupte stehenden Stamm einer solchen unstäten Tartarischen Nation. Im Deutschen verbindet man mit diesem Worte gemeiniglich einen verächtlichen Nebenbegriff, daher man einen Haufen ungesitteter, räuberischer Leute auch wohl figürlich eine Horde zu nennen pfleget. Im Engl. Horde, im mittlern Lat. Orda und Horda. Es ist in dieser Gestalt ein völlig Tartarisches Wort, welches aber zu unserm Herde gehöret, und den gemeinschaftlichen Ursprung auch der entlegensten Nordasiatischen und Europäischen Sprachen bestätiget. Schon Kero gebraucht Chorta für eine Herde.


Hören (W3) [Adelung]


Hören, verb. reg. act. welches in einer doppelten Hauptbedeutung gebraucht wird. I. Einen Schall zu empfinden suchen, vermittelst des Gehöres zu empfinden bemühet seyn; wo es oft absolute steht und die Gestalt eines Neutrius hat. 1. Eigentlich: Es donnert, hören sie einmahl, d. i. hören sie auf. An der Thüre stehen and hören, wo doch zuhören, oder horchen üblicher sind. Wenn die Sache ausgedruckt wird, so bekommt sie das Vorwort auf. Ich habe nicht darauf gehört. Keine Schmeicheleyen, ich höre nicht darauf, Weiße. 2. In weiterer Bedeutung, 1) Durch das Gehör, vermittelst der gehörten Worte ein Vorstellung, einen deutlichen Begriff zu erhalten suchen. Man höre nur, was das für eine boshafte Antwort ist. Je nu, hören sie nur, die Sache ist wahr, Weiße. Wo es in der vertraulichen Sprechart oft eine bloße Formel ist, die Aufmerksamkeit eines andern zu erregen. 2) Durch das Gehör zu erfahren suchen, in der vertraulichen Sprechart. Ich will hören, ob er zu Hause ist, ich will mich erkundigen. Wir wollen hören, was er sagen wird. Ich muß doch hören, wer es ist, Gelt. II. Einen Schall wircklich durch das Gehör empfinden. 1. Eigentlich, wo es gleichfalls oft absolute und in Gestalt eines Neutrius stehet. Er höret gar nicht mehr, kann nicht mehr hören. Hart hören, schwer hören, übel hören, gut hören, scharf hören. Er höret nicht wohl. Du hörst so scharf als sie, Haged. Wenn die Sache, welche man durch das Gehör empfindet, durch ein Nennwort ausgedruckt wird, so stehet dasselbe in der vierten Endung. Hören sie was? Ich höre nichts. Einen schwachen Laut, einen dumpfigen Schall, einen Knall hören. Sprichw. Man muß sehr viel hören, ehe ein Ohr abfällt. Ich habe es mit meinen Ohren gehöret, eine im gemeinen Leben übliche nachdrückliche Versicherung. Wird die Sache vermittelst eines Zeitwortes ausgedruckt, so bekommt dasselbe wohl auch zuweilen das Bindewort daß; ich höre, daß der Wind brauset, wir hören, daß geschossen wurde. Allein es stehet in dieser eigentlichen Bedeutung doch am häufigsten im Infinitiv, nach dem Muster der Zeitwörter dürfen, heißen, finden, sehen, wollen, müssen, sollen, helfen u. s. f. Ich höre ihn rufen, ich höre, daß er rufet. Ich höre niemanden reden. Ich hörte dich singen. Er hörte mich kommen. Moses hörte die Stimme mit ihm reden, 4 Mos. 7, 89. Wo denn auch dieser thätige Infinitiv stehen bleibet, wenn gleich der Verstand einen leidentlichen erfordert. Ich höre dich rufen, kann heißen, ich höre daß du rufst, und daß du gerufen wirst. Ich höre deinen Nahmen nennen, daß dein Nahme genannt wird. Er hört sich gerne loben. Kannst du dich einen Engel nennen hören, ohne zu erröthen? Dusch. Weil aber diese Art des Ausdruckes oft Zweydeutigkeiten macht, so vermeidet man sie lieber da, wo jene zu besorgen sind. In den zusammen gesetzten Zeiten des Zeitwortes hören, wird das Mittelwort gleichfalls in den Infinitiv verwandelt, der alsdann hinter den andern Infinitiv tritt. Ich habe ihn niemahls lachen hören, für lachen gehört. Wir haben es donnern hören. Wie? sie haben mich reden hören? Gell. Indessen gibt es auch hier Schriftsteller, welche statt hören, gehört gebrauchen, und einige Sprachlehrer halten so gar beydes für richtig. Keinen habe ich singen gehört, Gottsch. der doch in seiner Sprachkunst diese Form für unrichtig erkläret. In der einzigen R. A. etwas sagen hören, tritt hören vor den andern Infinitiv, wenn es die Gestalt eines Hauptwortes bekommt; ich habe es von hören sagen, oder von Hörensagen. Oft wird auch der zu hören gehörige Infinitiv verschwiegen. Hören sie mich? nämlich rufen, reden u. s. f. Man möchte uns hören, nähmlich reden. Ich habe dich gehört, schreyen. Auf eine besondere Art wird dieses Zeitwort, so wie sehen, mit lassen gebraucht, sein Daseyn andern durch das Gehör merklich machen. Was läßt sich da hören? Es läßt sich eine Stimme hören. Dort lässet sich die Taube girrend hören, Haged. Wo es oft allerley Nebenbegriffe bekommt. Sich auf der Violine hören lassen, auf der Violine spielen. Es hat sich ein Sänger hören lassen, hat seine Kunst im Singen gezeiget. Laß hören, laß dich oder deine Gedanken hören, sage her. Er läßt nichts von sich hören, d. i. man erfähret nichts von ihm. O Thor, läßt Zeus sich zornig hören, Gell. d. i. spricht Zeus. Das läßt sich hören, das klingt gut, ist bündig. Die Gründe, welche er anführet, lassen sich hören, scheinen bündig zu seyn. 2. In engerer Bedeutung, durch die gehörten Worte Vorstellungen bekommen. 1) Für anhören. Man muß den andern Theil auch hören. Höre Gott meinen innigen Dank. Wir werden nicht gehöret, man höret uns nicht an. Lose Reden hören müssen. Sie verdammen mich, ohne mich gehöret zu haben. 2) Durch das Gehör erfahren, für sagen hören. Ich habe diese Nachricht schon gehöret. Sein Lob hört er gerne. Was höre ich? Ich habe schon etwas von weitem gehöret. Der Gegenstand, von welchem man etwas höret, bekommt das Vorwort von. Haben sie schon etwas von der Sache gehöret? Ich habe noch nichts davon gehört. Das höre ich nicht gern von dir. Muß ich das von dir hören? Ich höre und sehe nichts von ihm. Ich mag nichts mehr von der Sache hören. Ein Jüngling, welcher viel von einer Stadt gehört, In der der Segen wohnen sollte, Gell. Eben dieses Vorwort bekommt auch die Person, welche das Werkzeug dieser Art der Erfahrung ist, welches freylich oft Zweydeutigkeiten macht. Ich habe es schon von vielen gehört. Von wem hast du das gehört? Wenn die Sache, welche man auf solche Art erfähret, vermittelst eines Zeitwortes ausgedruckt wird, so bekommt selbiges das Bindewort daß. Ich höre, daß er nicht kommen wird, man sagt mir, daß u. s. f. Welches Bindewort auch ausgelassen werden kann. Ich höre, er wird nicht kommen; oder, wie ich höre, wird er nicht kommen; oder, er wird, wie ich höre, nicht kommen. Ich höre, du wirst verreisen. Der Gebrauch des bloßen Infinitivs ist in dieser Bedeutung nicht üblich, die einzige R. A. sagen hören ausgenommen, wo aber hören die vorige eigentliche Bedeutung hat. 3. Figürlich. 1) Mit Einfluß auf den Willen hören, seine Handlungen nach eines andern Worten bestimmen. (a) Für erhören; eine in der Deutschen Bibel sehr häufige Bedeutung, welche auch noch in der biblischen Schreibart gebraucht wird. Gott höret das Gebeth, das Flehen der Gerechten. (b) Seine Handlungen nach dem Rathe, nach der Meinung eines andern bestimmen, für folgen. Ich rathe, ich ermahne ihn täglich, aber er will nicht hören. Wer nicht hören will, muß fühlen. In der Deutschen Bibel kommt diese Bedeutung gleichfalls sehr häufig vor. (c) Seine Handlungen nach den Befehlen eines andern bestimmen; noch zuweilen im gemeinen Leben, wofür in der anständigern Sprechart gehorchen üblicher ist, S. dasselbe. 2) * Eines Eigenthum seyn, ein Theil eines Ganzen seyn, in verschiedenen Betrachtungen; Nieders. hören. Im Hochdeutschen ist diese Bedeutung ganz veraltet, weil das verlängerte gehören dafür üblich ist, S. dasselbe. 3) * Erfordert: werden, als eine Materie, als ein Mittel nöthig seyn; Nieders. hören. Auch diese Bedeutung ist veraltet, S. Gehören, welches dafür eingeführet worden. 4) * Dem Rechte, der Billigkeit, dem Wohlstande gemäß seyn; ein gleichfalls veraltete Bedeutung, in welcher gehören an die Stelle dieses Zeitwortes getreten ist. Die Niedersachsen gebrauchen hier noch hörem.

Anm. Das Hauptwort die Hörung Kommt selten vor, vermuthlich weil das Zeitwort eigentlich ein Neutrum ist, welches erst in den spätern Zeiten als ein Activum gebraucht worden. Es lautet bey dem Kero horan, im Isidor chihoran, bey dem Ottfried und andern hören, im Nieders. gleichfalls hören, im Angels. hyran, im Engl. to hear, im Schwed. höra. Es ist mit Ohr, Lat. Auris, auf das genaueste verwandt. Ältere Mundarten haben statt des r ein s, eine sehr gewöhnliche Vertauschung, wie das hausjan bey dem Ulphilas, das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, osaen, hören, und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Ohr. Die ältesten Lateiner sagten für Auris gleichfalls Ausis, und in ihrem auscultare hat sich das alte s gleichfalls noch erhalten. Das Frequentativum oder vielmehr Intensivum von hören ist horchen. S. Ohr.


Hörensagen (W3) [Adelung]


Das Hörensagen, ein aus sagen hören zusammen gezogener und nur in einigen Fällen üblicher Ausdruck. Etwas von Hörensagen haben, es von andern gehöret, es nicht selbst erfahren haben. Im gemeinen Leben ziehet man es oft in Hörsagen zusammen. S. dasselbe.


Hörer (W3) [Adelung]


Der Hörer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Hörerinn, eine Person, welche höret, wo es doch nur noch zuweilen in engerer Bedeutung für Zuhörer gebraucht wird, in welcher es auch Iac. 1, 22 f. vorkommt. Seine Hörer zu bewegen, Haged. S. Zuhörer.


Hörig (W3) [Adelung]


Hörig, -er, -ste, adj. et adv. ein nur in den Zusammensetzung harthörig, gehörig, u. s. f. übliches Wort, wo es auch Hauptwörter auf keit aus sich bilden lösset. In Niedersachsen werden die Hofhörigen noch oft verkürzt die Hörigen genannt, da denn für Hofhörigkeit auch Hörigkeit üblich ist. S. Hofhörig.


Horizont (W3) [Adelung]


Der Horizont, des -es, plur. die -s, ein aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - entlehntes Wort, den Gesichtskreis zu bezeichen, siehe Gesichtskreis. Auch in dessen figürlichen Bedeutung. Der Horizont menschlicher Kenntnisse. Das ist über seinen Horizont, über seine Verstandeskräfte. Ingleichen eine ebene Fläche, auf welcher man sich befindet. Der Berg ist hundert Ellen über den Horizont erhaben.


Horizontal (W3) [Adelung]


Horizontal, adj. et adv. dem Horizonte gleich stehend, in der letzten Bedeutung des vorigen Wortes, der ebenen Fläche gleich, worauf man sich befindet; wasserrecht, im Bergbaue föhlig. Daher die Horizontal-Fläche, eine ebene Fläche, worin sich der scheinbare Horizont befindet; ingleichen, eine Fläche welche mit dem Horizonte parallel gehet. Die Horizontal-Linie, eine Linie, welche in allen ihren Puncten gleich weit von dem Mittelpuncte der Erde abstehet. In der Perspective ist eine gerade Linie, welche durch den Augenpunct mit der Grundlinie parallel gezogen wird. In der Mechanik, diejenige Linie, welche mit der Directions-Linie eines schweren Körpers einen rechten Winkel macht. Die Horizontal-Uhr, eine Sonnenuhr, welche auf einer horizontalen Fläche beschrieben wird. S. auch Wasserrecht und Sohle.


Horn (W3) [Adelung]


Das Horn, des -es, plur. die Hörner, Diminut. das Hörnchen, Oberd. Hörnlein, ein jeder sehr hervor ragender, hervor stehender Theil eines Dinges, besonders an dessen obersten Fläche. I. In der weitesten Bedeutung, wo es im Hochdeutschen veraltet ist, im gemeinen Leben aber noch in verschiedenen einzelnen Fällen gebraucht wird. 1. Ein weit hervor ragender Theil der Erdfläche, wo es in den alten Deutschen Mundarten häufig sowohl von einem Gebirge, einem einzelnen spitzigen Berge, als auch von einer Landspitze, welche sich in das Wasser erstrecket, gebraucht wurde, und in einigen Gegenden noch gebraucht wird. Im Oberdeutschen gibt es viele mit diesem Worte zusammen gesetzte Nahmen der Berge, wo Horn so viel als einen spitzigen Berg bedeutet, dergleichen das Viescher-Horn, das Engels-Horn, das graue Horn u. a. in der Schweiz sind. Von einer Landspitze sind die Beyspiele in Ober- und Niederdeutschland eben so häufig. Römisch Horn oder Romans-Horn liegt auf einem spitzigen Horn des Gestades, welches sich weit in den See hinein erzeucht, Stumpf bey dem Frisch. Unter der Insel Reichenau erzeucht sich ein schön luftig Gebirg mit einem langen und fruchtbaren Horn hinein in den See, ebend. Arger-Horn, Rippen-Horn, Aich-Horn, Ratten-Horn u. s. f. sind dergleichen Landspitzen an und in dem Bodensee. 2. Die Ecke eines Dinges; eine sehr alte Bedeutung, welche schon das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - das Angels. Hyrn, Hern, das alt Franz. Corne hat, so wie sie in dem Engl. Corner, Schwed. Hörn, Dän. Hiörne, und Nieders. Hören noch üblich ist. In thes Cruces hornon, an den Ecken oder Enden des Kreuzes, Ottfr. Ein hus dat up ener hornen ener Straten ligt, ein Eckhaus, in den Brem. Statuten. Im Angels. ist Hyrnstein ein Eckstein, und thry-hyerned dreyeckig. Die Hörner des Altars, sind in Luthers Bibel und andern ältern Übersetzungen, nach dem Muster des Hebr. und Lat. Textes, sehr oft die Ecken des Altars. Im Hochdeutschen ist es auch hier veraltet, außer daß es noch in einigen Fällen des gemeinen Lebens vorkommt. So werden die Ecken der Salzpfannen in den Salzkothen die Hörner genannt, ( S. Hornstein, Hornbret.) In einigen Niedersächsischen Gegenden heißen die äußersten Zipfel des Segels Hörner. In der Baukunst sind die verschnittenen Ecken der Platte eines Capitals und der darauf folgenden Glieder unter dem Nahmen der Hörner bekannt. Und daß in weiterer Bedeutung auch das Ende eines Dinges ehedem das Horn geheißen habe, erhellet aus dem zusammen gesetzten Hornleiste. S. auch Ort, welches genau mit diesem Worte verwandt ist. 3. Ein Zapfen; auch nur noch in einigen Fällen. So werden die zwey Zapfen, worin sich das Blatt der Säge befindet, bey den Tischlern Hörner genannt. 4. Ein hervor stehendes, horizontales oder doch fast horizontales, und gemeiniglich spitziges Ende eines Dinges; gleichfalls nur noch in einigen einzelnen Fällen. Die Hörner des Mondes, die scheinbaren spitzigen Enden desselben, wenn er über die Hälfte abgenommen hat; ehedem die Anden, d. i. die Enden. Der Mond bekommt Hörner. Im Bergbaue wird die Handhabe an dem Haspel, womit derselbe umgedrehet wird, das Horn oder Haspelhorn genannt, ( S. Hornstatt;) und bey den Kupferschmieden und andern Metallarbeitern heißen die horizontal hervor stehenden spitzigen Enden eines Amboßes Hörner, daher denn ein solcher mit spitzigen Enden versehener Amboß auch wohl selbst ein Horn genannt wird; siehe Hornamboß. II. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, lange, hervor ragende, am Ende spitzige Auswüchse an den Köpfen der Thiere. 1. Überhaupt, sie seyen von welcher Art sie wollen. Dergleichen Hörner finden sich an manchen Fischen, an vielen vierfüßigen Thieren, an manchen Käfern, an den Schnecken u. s. f. Auch die sogenannten Fühlhörner der Insecten gehören hierher, ungeachtet sie von den Hörner anderer Thiere so wohl ihrer Bauart, als Bestimmung nach gar sehr verschieden sind. S. Fühlhorn, Horneule, Hornfisch u. s. f. 2. Besonders dergleichen harte Auswüchse an den Köpfen, vornehmlich an der Stirn gewisser vierfüßger Thiere, welche ihnen zugleich anstatt der Waffen dienen. Schon im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Lat. Cornu, im Pers. Corn, bey dem Ulphilas Haurns, bey dem Ottfried Horn, im Nieders. Angels. Engl. Schwed. Dän. und Isländ. gleichfalls Horn. 1) Eigentlich. Solche Hörner haben vornehmlich das Rindvieh, das Bock- und Ziegengeschlecht, das Hirschgeschlecht u. s. f. Das Büffelhorn, Ochsenhorn, Kühhorn, ein Gemsenhorn, Bockshorn, Hirschhorn, welches am häufigsten das Gehörn oder Geweih genannt wird. Mit den Hörnern stoßen. Die Hörner abwerfen, neue Hörner bekommen. Daher auch die figürlichen doch nur im gemeinen Leben üblichen R. A. Jemanden die Hörner biethen, sich ihm zu widersetzen drohen, ihm die Spitze biethen. Sich die Hörner ablaufen, ( S. Ablaufen,) Etwas auf seine Hörner nehmen, es aus eigenen Kräften vollführen wollen, sich dasselbe zutrauen. Das kann ich nicht allein auf meine Hörner nehmen. Jemanden das Seil um die Hörner werfen, ihn mit List in seine Gewalt bringen, mit List von sich abhängig machen. Besonders in den R. A. Hörner tragen oder haben, eine ungetreue Ehegattinn haben, welche die eheliche Treue verletzet, ein Hörnerträger seyn. Eine Frau setzet ihrem Manne Hörner auf, wenn sie die eheliche Treue verletzet. Auch von demjenigen, welcher des andern Gattinn verführet, sagt man, daß er ihm Hörner aufsege oder mache. Ein Hirschgeweih ist im gemeinen Leben häufig ein sinnbildliches Zeichen auf solche Art beschimpften oder beleidigen Ehemannes, statt dessen man auch wohl zwey ausgebreitete Finger der Hand über dessen Kopf hält. Das mittlere Lat. Cornu hatte eben diese Bedeutung. Femina si qua suo quaesivit cornua sponso, Carmen de Curia Romana, bey dem du Fresne. Diese figürliche Art des Ausdruckes ist nicht so neu, wie Dacier glaubte. Im 4ten Bande der 1765 heraus gekommenen Pitture d'Ercolano befindet sich N. 33 die Abzeichnung eines Gemähldes auf trocknem Grunde, wo ein Sklave über den mit einer Sklavinn vorgestellten Herrn mit dem Zeige- und kleinen Finger dasjenige Zeichen macht, welches einen hintergangenen Ehemann bezeichnet. Auch im Artemidor kommt - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - in eben dieser Bedeutung für Hörner aufsetzen vor. Artemidor lebte unter Antonin dem Frommen; daher das Vorgeben derer wegfällt, welche diesen Gebrauch von dem Kaiser Andronicus herleiten, welche allen seinen Unterthanen, deren Weiber er beschlafen, Jagdrecht ertheilet haben soll, daher sie zu dessen Zeichen ein Hirschgeweih über ihre Hausthür befestigen müssen. Spanheim beweiset sogar, daß diese Verstellung schon bey den ältern Juden üblich gewesen. In den folgenden Zeiten kommt dieser Ausdruck noch häufiger vor. Bey den Provenzalen heißt ein auf solche Art beschimpfter Ehemann schon 12ten Jahrhunderte ein Cornard. Das mit dieser Vorstellungsart auf dasjenige Glied gezielet werde, welches Archilochus - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - nannte, ist wohl nicht glaublich. Das Tragen der Hörner scheinet vielmehr eine sehr alte beschimpfende Strafe gewesen zu seyn, welche nachmals zu allerley Postenspielen gemißbraucht worden. S. Cornut und des du Fresne Glossar. v. Abbas Cornardorum. In einem Reichsabschiede von 1427 wird verbothen, keine Frauen mit zur Armee zu bringen; in dem von 1431 wird solches auf die gemeinen Frauen eingeschränket, und zugleich verordnet, daß die Übertreter gehörnet werden sollen. S. auch Hahnrey und Hörnerträger. 2) Figürlich. (a) Ein mit einem Horne versehenes Thier, doch nur in den Zusammensetzungen Einhorn und Nasehorn. Die letzte Sylbe in dem Worte Eichhorn gehöret nicht hierher. (b) Ein hohles Horn eines Thieres, besonders ein Küh- oder Ochsehorn, so fern es anstatt eines Gefäßes oder Werkzeuges gebraucht wird; ein Gebrauch, welcher in den ehemahligen Zeiten der Einfalt und Genügsamkeit sehr häufig war. Fülle dein Horn mit Öhl und gehe hin, nähmlich den David zum Könige zu salben, 1 Sam. 16, 1. Ein Trinkgeschirr hieß ehedem ein Trinkhorn, weil man sich dazu in den ältesten Zeiten eines Hornes bedienete, um welcher Ursache willen ein Dintenfaß noch in Niedersachsen ein Blackhorn, Engl. Inkhorn, genannt wird. Das Horn des Überflusses ( S. Füllhorn.) In Dampfhorn, Finkenhorn, Pulverhorn u. s. f. findet eben diese Bedeutung Statt. Sehr häufig bediente man sich der hohlen Ochsenhörner ehedem auch anstatt eines blasenden Instrumentes, wie von den Hirten und Nachtwächtern an einigen Orten noch geschiehet. Das Horn blasen. In das Horn stoßen. Mit jemanden in Ein Horn blasen, figürlich, mit ihm einerley Meinung, einerley Absicht hägen, im verächtlichen Verstande. Diese Benennung ist in vielen Fällen geblieben, wenn gleich diese Instrumente bey dem Wachsthume des Lurus und der Künste aus bessern Materien gemacht worden, so fern sie nur einiger Maßen die alte Gestalt behalte haben. Ios. 6, 5 heißt die Posaune das Horn, und Ottfried nennt eine Trompete nur Horn. Die Zusammensetzungen Posthorn, Hiefhorn, Jägerhorn, Waldhorn, Flügelhorn, Krummhorn, Schallhorn u. s. f. sind noch jetzt bekannt, so wie ein solches Instrument im gemeinen Leben auch nur schlechthin das Horn genannt wird. In Pohlen bedienen sich die Jäger in vielen Gegenden noch eigentlicher Kühhörner. (c) Die harte zähe graue in das Braune fallende Materie dieser Hörner; ohne Plural. Hirschhorn, S. dieses Wort. Besonders diejenige Materie, woraus die Hörner der Ochsen und Kühe bestehen. So hart wie Horn. Kämme, Dosen aus Horn machen. In Horn arbeiten. Zu Horn werden. Wegen Ähnlichkeit der Materie wird der äußerste Theil an dem Hufe eines Pferdes, Esels und Maulesels, der Huf, ja zuweilen auch die ähnliche Materie der Klauen anderer Thiere Horn genannt. S. Hornfeile, Hornklüftig, Hornsalbe. (d) Wegen einiger Ähnlichkeit in der Figur, wird eine Art eines Gebackenen einigen Orten Hörner, Hörnchen und Hörnlein genannt, wohin auch die an einigen Orten bekannten Martins-Hörner gehören, S. dieses Wort und Hornaffe. So wie die erste Sylbe in den Zusammensetzungen Hornband, Hornerz, Hornstein u. s. f. sich bloß auf die Ähnlichkeit der Farbe, der Härte und Bauart beziehet. (e) * Der Kopf; eine morgenländische, im Deutschen unbekannte Figur, welche noch Hiob 16, 15 vorkommt: ich habe mein Horn in den Staub gelegt. (f) * Stärke, Gewalt, Macht, Ansehen und Herrlichkeit; eine gleichfalls im Deutschen unbekannte Figur, welche aber in Luthers Bibel häufig vorkommt, wo Gott auch ein Horn des Heils genannt wird.

Anm. So alt dieses Wort ist, so wahrscheinlich ist es doch, daß es zu ha, har, hoch, gehöret, und überhaupt ein erhabenes, hervor stehendes Ding bedeutet. S. Hehr, Gehirn, Arm, Dorn, Ohr, Ur u. s. f.


Hornaffe (W3) [Adelung]


Der Hornaffe, des -n, plur. die -n, an einigen Orten, z. B. in Thüringen, eine Art Buttergebackenen, in Gestalt zweyer an einander gefügter Hörner. An andern Orten sind die Hornäpfchen Fastenbrezel, welche die Gestalt einer 8 haben, und am häufigsten Brezel schlechthin genannt werden. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist dunkel. Vielleicht gehöret sie zu Hippe, welches gleichfalls eine Art Gebackenen ist und in dem Oberdeutschen Engelhopf schon den Blaselaut angenommen hat. ( S. Kugelhippe.) Im mittlern Lat. ist Cornuta und im alt Franz. Cornudeau und Cornuyau, eine Art eines dreyeckigen Gebackenen, Crustulum triquetrum, wie es Carpentier erkläret, und bey dem Frischlin bedeutet Hornaff einen dreyeckigen Zwickel, wo Horn noch die Bedeutung einer Ecke hat.


Hornamboß (W3) [Adelung]


Der Hornamboß, des -es, plur. die -e, bey verschiedenen Metallarbeitern, ein Amboß mit einem oder zwey horizontalen Hörner oder langen Enden an der Seite. S. Horn I. 4. Bey den Goldschmieden heißt es auch Sperrhalken, bey andern aber nur schlechthin das Horn.


Hornarbeiter (W3) [Adelung]


Der Hornarbeiter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Künstler oder Handwerker, welcher in Horn arbeitet, allerley Bedürfnisse und Geräthe aus Horn verfertiget. Dergleichen die Kammacher, Horndrechsler u. a. m. sind.


Hornband (W3) [Adelung]


Der Hornband, des -es, plur. die -bände, eine Art des Bücherbandes, welcher aus einem weißen angeseucht ten Pergamente bestehet, welches am Rücken stark angezogen wird, so daß die Gebünde durchscheinen, da es denn so hart wie Horn wird.


Hornblende (W3) [Adelung]


Die Hornblende, plur. inus. im Bergbaue, eine grobblätterige schwarze Blende, vermuthlich wegen des scheinbaren hornartigen Gewebes; im Gegensatze der klarblätterigen oder Pechblende.


Hornbley (W3) [Adelung]


Das Hornbley, des -es, plur. inus. in der Chymie, eine Vermischung des Bleyes mit der Säure des Kochfalzes; Saturnus corneus.


Hornbock (W3) [Adelung]


Der Hornbock, des -es, plur. die -böcke, im gemeinen Leben, ein Schafbock, Widder oder Stähr mit Hörnern.


Hornbret (W3) [Adelung]


Das Hornbret, des -es, plur. die -er, in den Salzwerken, ein Bret, welches an die Hörner oder Ecken der Pfanne vorge- setzet wird, damit die Luft nicht auf die Pfanne stoße. Siehe Horn I. 2.


Horndrechsler (W3) [Adelung]


Der Horndrechsler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Drechsler in Horn, der allerley Geräthschaften aus Horn drechselt.


Hörnern (W3) [Adelung]


Hörnern, adj. et adv. von Horn; im Oberdeutschen hörnen Nieders. horen. Ein hörnerner Kamm. Eine hörnerne Dose.


Hörnerträger (W3) [Adelung]


Der Hörnerträger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Ehemann, welcher Hörner träget, d. i. von seiner Gattinn in Ansehung der ehelichen Treue hintergangen wird. Schon Opitz gebraucht dieses Wort. Im Franz. Cornard. S. Horn II. 2. 1) und Hahnrey. Hagedorn nennt den Bock scherzhaft den sichersten und dümmsten Hörnerträger.


Hornerz (W3) [Adelung]


Das Hornerz, des -es, plur. doch nur von mehreren Arten und Quantitäten, die -e, im Bergbaue, ein halb durchsichtiges geschmeidiges reichhaltiges Silbererz, welches von weißlicher, gelblicher oder brauner Farbe ist, und einem verarbeiteten Horne gleicht; Minera argenti cornea. Es ist ein von der Säure des Küchensalzes aufgelösetes und vererztes Silber.


Horneule (W3) [Adelung]


Die Horneule, plur. die -n, eine Art großer Eulen mit großen Federbüschen an der Seite des Kopfes, welche das Ansehen zweyer Ohren oder Hörner haben; Strix Otus L. Sie wird auch Ohreule, Steineule, Berguhu, und im gemeinen Leben Niedersachsens Schubuth genannt; Engl. Horn Owl.


Hornfarbe (W3) [Adelung]


Die Hornfarbe, plur. inus. außer von mehrern Arten, die -n. 1) Diejenige körperliche Farbe, womit das Horn gefärbet wird. 2) Eine bräunlich graue Farbe, welche der Farbe des natürlichen oder verarbeiteten Hornes gleicht. Daher hornfarben, oder hornfarbig, dieser Farbe gleich oder ähnlich.


Hornfeile (W3) [Adelung]


Die Hornfeile, plur. die -n, eine Raspel, womit die Hufschmiede das Horn, d. i. den Huf der Pferde, befeilen.


Hornfessel (W3) [Adelung]


Das Hornfessel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, ein lederner Riemen, oder tuchene Binde, woran sie das Hiefhorn über der linken Schulter hängen haben. Bey einigen ist es weiblichen Geschlechtes, die Hornfessel, plur. die -n, S. Fessel.


Hornfisch (W3) [Adelung]


Der Hornfisch, des -es, plur. die -e, eine Art Hechte mit einem pfriemenförmigen spitzigen Rüssel, welcher das Ansehen eines Hornes hat; Esox Bellone L. Meernadel, Französ. l'Orphie Aiguilles, in der Normandie Quilles, Equille oder Equilette.


Hornflötz (W3) [Adelung]


Das Hornflötz, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, ein Flötz, d. i. eine Schicht, eines schwärzlichen Kalksteines, welcher an der Farbe dem Horne gleicht.


Hornfüßig (W3) [Adelung]


Hornfüßig, adj. et adv. Horn, d. i. einen Huf an den Füßen habend. Hornfüßige Thiere, wofür andere lieber gehufte sagen.


Hornglaserz (W3) [Adelung]


Das Hornglaserz, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, ein geschmeidiges hornfarbiges Glaserz, im Bergbaue; wo es oft von dem Hornerze nur dem Nahmen nach verschieden ist.


Horngroschen (W3) [Adelung]


Der Horngroschen, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben einiger Gegenden, ein Nahme der alten fürstlich Sächsischen Groschen, wegen ihres Gepräges, welches zwey oben zusammen gebogene Hörner sind.


Hornhaspel (W3) [Adelung]


Der Hornhaspel, das -s, plur. ut nom. sing. ein mit einem Horne, d. i. einer hervor stehenden Handhabe versehener Haspel, Berge und Erze damit aus der Grube zu haspeln; der Berghaspel. S. Horn I. 4.


Hornhaut (W3) [Adelung]


Die Hornhaut, plur. die -häute, eine harte, halb durchsichtig hornartige Haut. Besonders in der Zergliederungskunst, wo die Hornhaut des Auges, Tunica cornea, die äußere durchsichtige hornartige Haut des Auges ist. Bey den Pferden wird sie das Glas genannt.


Hornjagen (W3) [Adelung]


Das Hornjagen, des -s, plur. inus. bey den Jägern, eine Art der Jagd, oder des Jagens, wo die Hunde durch das Blasen auf dem Horne zum Suchen angefrischet werden.


Hornicht (W3) [Adelung]


Hornicht, adj. et adv. dem Horne ähnlich. Eine hornichte Haut. Die Weißgärber nennen ein Fell hornig, oder vielmehr hornicht, oder auch schwarticht, wenn es eine dem Horne ähnliche fehlerhafte Härte erlangt hat.


Horniß (W3) [Adelung]


Die Horniß, plur. die -ssen, die größte Art Wespen, deren großer, starker Kopf mit einem dünnen Faden an die Brust geheftet ist; Vespa Crabro L. Im Oberdeutschen Horneiß, Hurnauß, Hörlitze, Harnischer, im Nieders. Hornke, Neunmörder, weil ihrer neun ein Pferd sollen umbringen können, im Engl. Hornet, im Angels. Hyrnet, im Holländ. Horsel. Entweder wegen der starken, den Hörnern ähnlichen Fühlspitzen oder Freßzangen; oder auch, welches noch wahrscheinlicher ist, von dem alten haren, schreyen, tönen, ( S. Hirngrille,) wegen des summenden Getöses, womit sie ihre Ankunft verkündigen, und wovon auch die Hummeln, Brämsen u. a. ihren Nahmen haben.


Hornkluft (W3) [Adelung]


Die Hornkluft, plur. die -klüfte, eine fehlerhafte Kluft oder Spalte in dem Horne oder Hufe eines Pferdes oder Esels, oder auch in den Klauen des Rindviehes; Franz. Seyme, die Hornspalte. Daher hornklüftig oder hornspaltig, Hornklüfte habend.


Hornkraut (W3) [Adelung]


Das Hornkraut, des -es, plur. inus. eine Pflanze, deren Fruchtkapseln wie ein Ochsenhorn gekrümmt sind; Cerastium L. Es gibt verschiedene Arten desselben, welche größten Theils ihre besondern Nahmen haben.


Hornkuchen (W3) [Adelung]


Der Hornkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art eines geringer Gebackenen, in Gestalt eines Hornes. S. Hornaffe.


Hornkümmel (W3) [Adelung]


Der Hornkümmel, des -s, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme des gemeinen oder wilden Kümmels, welcher auf den Wiesen Europens wächset; Carum L. aus welchem Worte die erste Hälfte dieser Benennung verderbt zu seyn scheinet.


Hornleiste (W3) [Adelung]


Die Hornleiste, plur. die -n, bey den Holzarbeitern, eine Leiste, welche vermittelst einer gezogenen Nuth an das Ende einer Tafel oder hölzernen Fläche eingeschoben wird; damit sie sich nicht werfe. In den gemeinen Mundarten auch Hirnleiste. Von Horn, die Ecke, das Ende eines Dinges. S. Horn I. 2.


Des (W3) [Adelung]


Des Hornmesser, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Kammmachern, ein großes zweyschneidiges Messer, das gepreßte Horn damit zu behauen.


Hornmeye (W3) [Adelung]


Die Hornmeye, S. Hameye.


Horn-Pomeranze (W3) [Adelung]


Die Horn-Pomeranze, plur. die -n, eine Art sehr höckerliger Pomeranzen, deren Höcker oft Hörnern gleichen.


Hornpresse (W3) [Adelung]


Die Hornpresse, plur. die -n, bey Hornarbeitern, eine Presse, worin das Horn zwischen zwey eisernen Platten gepresset wird, damit es gerade und hart werde.


Hornraspel (W3) [Adelung]


Die Hornraspel, plur. die -n, eben daselbst, eine Raspel, das Horn damit zu beraspeln.


Hornrichter (W3) [Adelung]


Der Hornrichter, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Kammmachern, ein Arbeiter, welcher ihnen die Ochsenhörner gerade richtet.


Hornsalbe (W3) [Adelung]


Die Hornsalbe, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, eine Salbe, die Hornklüfte der Pferde damit zu heilen.


Hornsame (W3) [Adelung]


Der Hornsame, des -es, plur. inus. bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreichs, eine Pflanze, welche in der Tartarey wächset und deren platt gedruckter Same gleichsam zwey Hörner hat; Ceratocarpus L.


Hornsatz (W3) [Adelung]


Der Hornsatz, des -es, plur. die -säge, ein von Schnüren geschlungener Zierath an dem Hiefhorne der Jäger. So fern diese Schnur ehedem kein bloßer Zierath war, sondern eine gewisse bestimmte Länge hatte, wird sie auch die Faischschnur oder Schweißschnur genannt. S. Satz.


Hornschein (W3) [Adelung]


Der Hornschein, des -es, plur. die -e, in der Astrologie, der Schein oder Neumond in dem Hornunge oder Februario; eigentlich der Hornungsschein, S. Schein.


Hornschiefer (W3) [Adelung]


Der Hornschiefer, des -s, plur. von mehreren Arten, ut nom. sing. Hornstein in Gestalt des Schiefers.


Hornschlange (W3) [Adelung]


Die Hornschlange, plur. die -n, eine Art Schlangen im Morgenlande, welche einer Elle ist und über den Augen eine hornartige Hervortragung hat; Cerastes L. die gehörnte Schlange.


Hornschnecke (W3) [Adelung]


Die Hornschnecke, plur. die -n, eine einschalige Schnecke mit gewundener Schale, deren erstes Gewinde sehr dickbäuchig ist, daher sie einem gewundenen Horne gleicht; Buccinum L. Seetrompete.


Hornsilber (W3) [Adelung]


Das Hornsilber, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten und Quantitäten, ut nom. sing. ein dem Horne ähnliches Silber, welches man erhält, wenn man den Bodensatz eines in der Salzsäure aufgelöseten Silbers schmelzet.


Hornske (W3) [Adelung]


Die Hornske, plur. die -n, S. Horlitzke und Hartriegel.


Hornspalte (W3) [Adelung]


Die Hornspalte, plur. die -n, Hornspaltig, S. Hornkluft.


Hornstatt (W3) [Adelung]


Die Hornstatt, plur. die -stätte, oder die Hornstätte, plur. die -n, die Statt oder Raum zu beyden Seiten des Hornhaspels, neben den Hörnen des Haspels, wo die Haspelknechte stehen. S. Horn I. 4.


Hornstein (W3) [Adelung]


Der Hornstein, des -es, plur. die -e, 1. Ein Nahme, welcher so wohl in der Mineralogie, als im Bergbaue verschiedenen dem Horne an Farbe, Durchsichtigkeit und äußerm Gewebe ähnlichen Steinen und Steinarten gegeben wird. 1) In der Mineralogie ist der Hornstein, Lapis corneus, eine jede glasartige nur sehr wenig durchsichtige Steinart, deren Theile, wenn man sie zerschlägt, halb kugelförmig abspringen; dahin der Achat mit seinen Unterarten, dem Carneol, Korallenstein, Chaltedon und Onyx; und der gemeine Feuerstein gehören, welcher letztere im engsten Verstande Hornstein genannt wird. 2) Die Bergleuten pflegen fast ein jedes festes Gestein, welches mit dem Schlägel und Eisen schwer zu gewinnen ist, Hornstein zu nennen; in welchem Falle es nur im Singular allein üblich ist. 2. In den Salzwerken sind Hornsteine diejenigen Steine, auf welchen die Salzpfanne mit ihren Hörnern, d. i. Ecken ruhet. S. Horn I. 2.


Hornung (W3) [Adelung]


Der Hornung, des -es, plur. die -en, der zweyte Monath im Jahre, welcher mit einem Römischen Nahmen der Februar heißt. Schon bey dem Raban Maurus, der um die Mitte des achten Jahrhundertes lebte, lautet dieses Wort Hornung, und nach dem Eginhard rühret dieser Nahme von Carln dem Großen her. Die letzte Hälfte ist die Ableitungssylbe ung oder ing, die erste aber das alte Hor, Koth, Schmutz, welches bey dem Ottfried, Notker und andern häufig vorkommt, wo auch horgeien beschmutzen bedeutet. Im Angels. ist Horg Koth, und horig kothig, Engl. hoary. Die Niedersachsen haben dieses Wort noch, wo Haar, Hor, noch für Koth und Mist gebraucht wird. ( S. Garstig.) Carl sahe mit diesem Nahmen auf den Koth, welcher bey aufthauendem Froste in diesem Monathe zu entstehen pfleget. In und um Bremen heißt dieser Monath Hartmonath, wo die erste Hälfte eben dieses Wort ist, und für Hor, Hort, stehet, obgleich in einigen Oberdeutschen Gegenden auch der December diesen Nahmen führen muß, wie wenigstens aus dem Frisch erhellet. In dem Osnabrückischen heißt er Wannenmand, vielleicht aus eben dem Grunde, warum er im Pohln, Wachlerz, Windmonath, genannt wird. S. Februarius.


Hornungsblume (W3) [Adelung]


Die Hornungsblume, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahmen der Schneeglöckchen oder Märzblumen, weil sie schon im Februar und März zu blühen pflegen; Leucoium vernum L. In Niedersachsen und am Niederrheine Sporkelblume, von Sporkel, der Februar, S. Februarius.


Hornvieh (W3) [Adelung]


Das Hornvieh, des -es, plur. inus. das mit Hörnern versehene Vieh, d. i. das Rindvieh und die Ziegen, besonders aber das erstere. Nieders. Hornegud, Hornquek, Kroppen.


Hornwerk (W3) [Adelung]


Das Hornwerk, des -es, plur. die -e, im Festungsbane, ein Außenwerk, welches aus zwey halben Bollwerken und einer Cortine bestehet; weil es die erstern gleichsam als Hörner dem Feinde Darbiethet. Franz. Ouvrage a corne.


Hornwißmuth (W3) [Adelung]


Der Hornwißmuth, des -es, plur. inus. ein dem Horne ähnlicher halb durchsichtiger Wißmuth, welchen man erhält, wenn man den mit sauren Geistern aufgelöseten Wißmuth mit dem Salzgeiste niederschlägt.


Hornzange (W3) [Adelung]


Die Hornzange, plur. die -n, bey den Kammmachern, eine große Schmiedezange mit einem Spannringe, das runde und warme Horn aus einander zu drücken.


Hörrohr (W3) [Adelung]


Das Hörrohr, des -es, plur. die -röhre, ein Werkzeug, das Hören zu erleichtern, indem es durch das Zurückwerfen solche Schallstrahlen in das Ohr führet, welche sonst nicht hinein gelanget seyn würden, Tuba acustica; zum Unterschiede von einem Sprachrohre.


Hörsage (W3) [Adelung]


Die Hörsage, plur. die -n, im gemeinen Leben, eine Nachricht, eine Erzählung, welche man von einem andern hat erzählen hören; im Gegensatze dessen, was man selbst erfahren oder gesehen hat. Es ist bloße Hörsage. S. Hören.


Hörsagen (W3) [Adelung]


Das Hörsagen, des -s, plur. inus. das Sagen Hören, d. i. diejenige Erkenntniß, welche sich bloß auf die Erzählung eines andern gründet; im Gegensatze derjenigen, welche man aus eigener Erfahrung hat. Das beruhet auf Hörsagen. Etwas auf Hörsagen glauben. Vollständig das Hörensagen.


Hörsaal (W3) [Adelung]


Der Hörsaal, des -es, plur. die -sale, ein Saal, d. i. großes Zimmer, den Vortrag eines Lehrers darin anzuhören, dem Lehrer darin zuzuhören; Auditorium. Im Oberdeutschen eine Lezchen, vermuthlich von dem Latein. Lectio.


Hort (W3) [Adelung]


1. * Der Hort, des -es, plur. die -e, ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, einen Fels, und figürlich einen sichern, festen Ort, zu bezeichnen; in welchen Bedeutungen es in der Deutschen Bibel mehrmahls vorkommt, wo Gott sehr oft ein starker Hort, der Hort des Heils, der Hort Israel u. s. f. genannt wird, das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Fels, auszudrucken. Da der Übergang des Zischlautes in den Blaselaut sehr gewöhnlich ist, so gehöret dieses Hebräische Wort selbst zu dem Geschlechte des Deutschen, und mit demselben und mit Horst und hundert andern zu dem Stammworte ar, har, ur, hoch.


Hort (W3) [Adelung]


2. Der Hort, des -es, plur. die -e, ein Schatz, eine kostbare Sache, welche man sorgfältig verwahret; ein im Hochdeutschen gleichfalls veraltetes Wort, welches nur noch zuweilen von den Dichtern im Andenken erhalten wird. Bey dem Ulphilas Haurda, im Isidor und bey den folgende Schriftstellern Hort, im Angels. Hort, im Engl. Hoard, im mittlern Lat. Hordera. Davonich der froiden hort gewinne, Graf Conrad von Kirchberg. Vnd al der werlte hort Vns an ir trost ze nihte frumt, Reimmar der Alte. Einen geheimen Schatz nennet ein anderer der Schwäbischen Dichter einen Kamerhort. Es gehöret zunächst zu dem Zeitworte hirten, bewahren, und bezeichnet eigentlich eine Sache, welche man sorgfältig verwahret. S. Hirt.


Horte (W3) [Adelung]


Die Horte, die Hürde, S. Hürde.


Horten (W3) [Adelung]


Horten, stoßen, S. Hurten.


Hortulan (W3) [Adelung]


Der Hortulan, S. Ortulan.


Hosche (W3) [Adelung]


Die Hosche, plur. die -n, ein im gemeinen Leben einiger Gegenden, z. B. Obersachsens, übliches Wort, einen von Bretern zusammen geschlagenen Schlauch zu bezeichnen, vermittelst dessen das Malz und zuweilen auch das Getreide von den Böden hinunter gleitet. Von hoschen, huschen, welches den Laut nachahmet, welches ein geschwinde gleitender Körper verursacht. ( S. auch Holzrutsche.). Im Oberdeutschen wird das Bey- und Nebenwort hosch für still gebraucht. Die hoschen Wälder, die stillen Wälder; wo es zunächst zu dem Laute husch gehöret, womit man daselbst ein Stillschweigen gebiethet, wofür die Ober- und Niedersachsen hst gebrauchen. S. Husch.


Höschen (W3) [Adelung]


Das Höschen, des -es, plur. ut nom. sing. S. die folgenden.


Hose (W3) [Adelung]


1. Die Hose, plur. die -n, Diminut. das Höschen, ein altes Wort, ein hohles Gefäß, etwas Hohles zu bezeichnen, welches noch hin und wieder in einigen einzelnen Fällen vorkommt. 1) Die zarten Häute an den Wurzeln des Flachses, welche, wenn sie abgestreift werden, hohlen Röhren gleichen, heißen in der Landwirthschaft Höschen. Wenn der Flachs die Höschen fallen lässet, so ist er genug geröstet. 2) In den Orgeln ist die Hofe ein Fuß an der Menschenstimme, welche das Trompeten. Mundstück und die Krücke in sich verbirgt. 3) Eine Lufterscheinung, welche in einem Wirbelwinde bestehet, welcher sich in Gestalt einer Säule bis auf die Meeresfläche herunter lässet, das Meerwasser in einem hohlen wirbelnden Kreise in die Höhle ziehet, und es hernach wieder fallen lässet, ist den Schiffern unter dem Nahmen der Hose, Meerhose oder Wasserhose bekannt. Dän. Ose. 4) Ein hölzernes hohles Gefäß, in welchem Verstande es noch hin und wieder üblich ist. In dem Salzwerke zu Halle hat man kleine hölzerne Fässer, welche unter dem Nahmen der Hosen bekannt sind. Hat eine solche Hose einen Stiel, so daß sie zum Schöpfen gebraucht werden kann, so wird sie eine Schaufelhose genannt, dergleichen Gesäß an andern Orten eine Gelte heißt. Im Nieders. heißt es Öhse, Öhsefaß, ein Faß zum Ösen, d. i. Schöpfen. S. die Anmerkung. In Meißen ist die Hose, und so fern sie besonders zur Butter gebraucht wird, die Butterhose, ein längliches Fäßchen, in welches die Landleute die Butter drücken, und solche darin zu Markte tragen; welche Butter daher auch Hosenbutter genannt wird.

Anm. In der Bedeutung eines hohlen Dinges ist dieses Wort sehr alt, besonders so fern es zugleich den Nebenbegriff der Bedeckung mit annimmt. S. Aus, Haus, Schoß u. s. f. das Lat. Os, so fern es den Mund, ja eine jede Öffnung bedeutet, gehöret gleichfalls dahin, so wie Cassis, das Macedonische Causia, ein Helm, das Schwed. Hös, Island. Haus, der Hirnschädel, und andere mehr. So fern es ein Gefäß bedeutet, scheinet das Schwed. hösa, Dän. öse, Nieders. ösen, schöpfen, davon abzustammen; wohin auch das Lat. haurire gehöret, welches sein ursprüngliches s noch in hausi, haustum, behalten hat. S. auch das folgende.


Hose (W3) [Adelung]


2. Die Hose, plur. die -n, Diminut. das Höschen, ein gleichfalls sehr altes Wort, eine Bekleidung, eine Bedeckung des menschlichen Leibes zu bezeichnen. 1) * Überhaupt, ein jedes Kleid, in welcher längst veralteten Bedeutung das mittlere Lat. Housia, Houcia, Hussia, Franz. Housse, ein langes Kleid, vorkommt. Im Isländ. ist Kausung ein Rock, so wie - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - schon im Griechischen eine Art eines Kleides bedeutete; S. Casakin. 2. In engerer Bedeutung, eine hohle Bekleidung des untern Leibes und einzelner Theile desselben, wiederum unter mancherley Einschränkungen. 1) Eine Art den Unterkleidung, wo Beinkleider und Strümpfe nur ein einziges Stück ausmachen; dergleichen Kleidungsstücke man noch in manchen Fällen unter dem Nahmen der Streifhosen, im Plural, kennet. Im Ital. Vola. 2) Ein Strumpf, eine sehr alte, und so wohl im Ober- als Niederdeutschen noch nicht ganz veraltete Bedeutung; bey dem Golius Kniehose, daher ein Strumpfstricker noch an einigen Orten ein Hosenstricker genannt wird. Das Nieders. Hase, Fries. Husse, Engl. Hose, mittlere Lat. Hosa, Osa, Hossa, Houcia u. s. f. bedeuten gleichfalls einen Strumpf, anderer zu geschweigen. 3) Eine Rüstung der Beine, metallene Fußschienen, und in den folgenden Zeiten ein Stiefel, eine lederne Bekleidung der Beine. Der eherns Beinharnisch 1 Sam. 17, 6 heißt in einer alten handschriftlichen Übersetzung der Bibel bey dem Frisch eren Hosen, und im Gemma Gemmar werden die Stiefeln Lederhosen genannt; isen hose, bey dem Stryker. Im Ital. ist Usatto ein Bauernstiefel, kurzer Stiefel, im mittlern Lat. Osa, wovon auch unser Schuh und Schuster, Franz. Chaussetier, abstammen; S. diese Wörter. 4) Eine Fußsocke, welche Bedeutung noch das Dänische Hose hat. Die Schuster nennen dasjenige Stück Kalbleder, welches im Kleinen dem Oberleder gleicht, und den mittlern Theil der Sohle bedeckt, damit sich der Schuh desto leichter aus und anziehen lasse, auch im Hochdeutschen und im Diminut. das Höschen. ( S. auch Schuh.) 5) Am üblichsten ist dieses Wort im Hochdeutschen in der Bedeutung einer hohlen Bekleidung der Dickbeine und Hüften, wo es am häufigsten im Plural gebraucht wird, weil eine solche Bekleidung aus zwey hohlen Theilen für die beyden Schenkel bestehet; die Hosen, Schwed. Hosor, Franz. Chausses, Housseaux. (a) Eigentlich, wo dieses Wort nur im gemeinen Leben üblich ist, indem man in der anständigern Sprechart sich lieber des Ausdruckes Beinkleider bedienet. Enge, weite Hosen tragen. Die Hosen anlegen, anziehen. Dahin auch die figürlichen, aber nur in den niedrigen Sprecharten üblichen Redensarten gehören: das Herz ist ihm in die Hosen gefallen, von einem sehr zaghaften Menschen; die Frau hat die Hosen, träge die Hosen, wenn sie die Herrschaft über den Ehemann hat, ein Ausdruck, welcher in den Französischen Fabliaux bereits 1190 vorkommt; sich die Hosen nehmen lassen, die Herrschaft im Ehestande; der Stand der geflickten Hosen, der Ehestand. S. auch Schlafhosen, Unterhosen, Schweizerhosen, Reithosen, Pumphosen, Pluderhosen. (b) Figürlich. aa) Der untere Theil des Hinterfußes an einem Pferde, von den Hanken an bis an das Gelenk, wird die Hose genannt. bb) Auch das Federvieh hat Hosen, wenn es an den Schenkeln rauch bewachsen ist. cc) In der Bienenzucht sind die Höschen linsenförmige Anhänge an den Hinterbeinen der Arbeitsbienen, welche eigentlich aus Bienenbrot oder Wachsmehl bestehen, daher dieses Bienenbrot selbst auch wohl die Höschen genannt wird. Wir (Bienen) die wir in den warmen Tagen Die Höschen in die Zellen tragen, Gell. Anm. Frisch leitet unser Hose unbillig aus dem Franz. Chausses, und dieß von dem Latein. Caliga her. Hosen und Chausses zeugen vielmehr von der ältersten Übereinstimmung der Europäischen Sprachen. Die ältern Hosen bedeckten, wie schon oben gesagt worden, so wohl die Hüften und Dickbeine, als auch die Füße, dergleichen noch jetzt die Schiffer, und die Landleute in manchen Gegenden tragen. Als die feinere Welt dieses Kleidungsstück zu theilen anfing, nannte man den obern Theil im Deutschen mit dem alten Nahmen die Hosen, und im Franz. le haut de chausse, den obern Theil der Hose; den untern aber im Deutschen die Strümpfe und im Franz. les bas de chausse, und nachmahls nur schlechthin les bas. ( S. auch Schuster.) Daß übrigens in diesem Worte der Begriff der Bekleidung, der Bedeckung der herrschende ist, erhellet aus dem Dithmarsischen, wo eine Hose, mit der gewöhnlichen Verwechselung des s und d, die Heyd heißet, woraus sich zugleich die Verwandtschaft mit unserm Haut ergibt; S. dasselbe, ingleichen Hut. So fern die Hose aber zunächst ein hohles Kleidungsstück bezeichnet, kommt es mit dem in Niedersachsen üblichen Buchse, Büre überein, Dän. Burer, Schwed. Byxa, enge Beinkleider zu bezeichnen, welches gleichfalls eine allgemeine Benennung eines hohlen Gefäßes ist.


Höseln (W3) [Adelung]


Höseln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur in der Bienenzucht üblich ist. Die Bienen höseln, wenn sie Höschen, d. i. Brot oder Wachsmehl eintragen. Siehe 2. Hose 2. 5) (b).


Hosen (W3) [Adelung]


Hosen, verb. reg. act. mit Hosen, d. i. Beinkleidern, versehen, von welchem nur das Mittelwort gehoset, zuweilen vorkommt. Gehoste Tauben, Tauben mit Hosen, d. i. rauch bewachsenen. Schenkeln und Füßen.


Hosenband (W3) [Adelung]


Das Hosenband, des -es, plur. die -bänder. 1) Ein Band an den Hosen oder Beinkleidern, ein Band womit die Beinkleider zugebunden werden. 2) So fern Hose ehedem einen Strumpf bedeutete, kommt es in dem Nahmen des Engländischen Ordens vom Hosenbande noch für ein Strumpfband vor.


Hosenbund (W3) [Adelung]


Der Hosenbund, des -es, plur. die -bünde, der Bund, d. i. der breite starke Streifen, womit die Beinkleider oben eingefasset sind.


Hosenbutter (W3) [Adelung]


Die Hosenbutter, plur. car. S. 1 Hose 4.


Hosenflicker (W3) [Adelung]


Der Hosenflicker, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, eine scherzhafte Benennung eines angehenden, oder vierjährigen wilden Schweines, weil es wegen seiner Geschwindigkeit und Herzhaftigkeit am gefährlichsten ist.


Hosenklappe (W3) [Adelung]


Die Hosenklappe, plur. die -n, diejenige Klappe, mit welches ehedem die Beinkleider vorn geöffnet und zugemacht wurden; der Hosenlatz.


Hosenknopf (W3) [Adelung]


Der Hosenknopf, des -es, plur. die -knöpfe, ein jeder Knopf an den Beinkleidern. In engerer Bedeutung, ein größerer Knopf vorn an dem Hosenbunde, sie damit zuzuknöpfen.


Hosenkoch (W3) [Adelung]


Der Hosenkoch, des -es, plur. die -köche, eine schimpfliche Benennung, womit die Schneider die Pfuscher in ihrem Handwerke zu belegen pflegen.


Hosenlatz (W3) [Adelung]


Der Hosenlatz, des -es, plur. die -lätze, S. Hosenklappe.


Hosentasche (W3) [Adelung]


Die Hosentasche, plur. die -n, eine Tasche in den Beinkleidern; im Oberdeutschen ein Hosensack, in den niedrigen Sprecharten eine Hosenficke.


Hosenträger (W3) [Adelung]


Der Hosenträger, des -s, plur. ut nom. sing. ein breites Band, welches an dem Hosenbunde befestiget ist, und von da über die Schultern gehet, die Beinkleider bey gemeinen Leuten zu befestigen, damit sie nicht herunter fallen; in einigen Oberdeutschen Gegenden die Halfter, Hosenhalfter, der Hosenheber.


Hospital (W3) [Adelung]


Das Hospital, des -es, plur. die -täler, eine öffentliche Anstalt, in welcher alte, kranke oder verarmte Personen ihre Wartung und ihren notdürftigen Unterhalt empfangen; im gemeinen Leben mit Verbeißung der ersten Sylbe ein Spital. Ein Armen-Hospital, oder Armenhaus; ein Kinder-Hospital, welches unter dem Nahmen eines Waisenhauses am bekanntesten ist; ein Kranken-Hospital, welches auch ein Lazareth, Krankenhaus, Siechhaus genannt wird. Aus dem mittlern Lat. Hospitale, welches eigentlich ein jedes öffentliches Gasthaus bedeutet. Engl. und Span. gleichfalls Hospital, Ital. Hospedale, Spedale. S. Spital.


Hospitalier (W3) [Adelung]


Der Hospitalier, (lier in zwey Sylben), des -s, plur. ut nom. sing. ein hoher Beamter bey dem Malteser-Orden, welcher für die Verpflegung der Fremden und Kranken sorget.


Hospital-Meister (W3) [Adelung]


Der Hospital-Meister, des -s, plur. ut nom. sing. in den Klöstern, ein Beamter, welchem die Wartung der Kranken oblieget.


Hospital-Pfleger (W3) [Adelung]


Der Hospital-Pfleger, des -s, plur. ut nom. sing. bey Pfleger, d. i. Vorsteher, Verwalter eines Hospitales.


Hospital-Schiff (W3) [Adelung]


Das Hospital-Schiff, des -es, plur. die -e, ein Schiff bey einer Flotte, auf welches die Kranken und Verwundeten von der ganzen Flotte gebracht werden; das Krankenschiff.


Hospodar (W3) [Adelung]


Der Hospodar, des -en, plur. die -en, ein Titel, welchen heut zu Tage noch die von der Pforte abhängenden Fürsten der Moldau und Wallachey führen, und welcher aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - verderbt ist, so wie das Russische Gospodi, Gott, und Golsodar, ein Herr.


Hostia (W3) [Adelung]


Die Hostia, (dreysylbig,) plur. die -n, eine Benennung der kleinen, dünnen, runden, aus Mehl und Wasser gebackenen Kuchen, welche in dem Abendmahle gebraucht werden. Aus dem mittlern Latein. Hostia, ein Opfer, weil sie Zeichen des Versöhnopfers Christi sind. In den evangelischen Kirchen sind sie unter dem Nahmen der Oblaten am bekanntesten. S. dasselbe.


Hott! (W3) [Adelung]


Hott! ein nur bey den Bauern und Fuhrleuten übliches Zwischenwort, womit sie ihren Pferden zurufen, daß sie fortgehen sollen, da denn noch wohl ein jüh, d. i. geh, oder to, zu, angehänget wird, hott jüh! hott to! In engerer Bedeutung ist bey eben denselben hott! ein Befehlswort für die Pferde, wenn sie sich rechts wenden sollen, so wie man ihnen in Oberdeutschland und Obersachsen ha! har! in Niedersachsen hoh! und schwude! in Meißen und Thüringen wiste! zuruft, wenn sie links gehen sollen. Ha! hoh! har! bedeutet alsdann so viel als her! hieher! weil der Fuhrmann auf der linken Seite des Wagens gehet, oder auf dem Pferde linker Hand sitzet. Hotten ist noch ein in den niedrigen Sprecharten übliches Zeitwort für gehen, fortgehen. Es will mit der Sache nicht hotten, es will nicht mit ihr fort. Es scheinet, so wie Slavon. choditi, gehen, ein Frequentativum von gehen zu seyn. Für hott! sagen die Engländischen Fuhrleute ho! gee ho! und die Französischen hur haut! so wie die letztern für ha! har! oder wist! dia! rufen. S. Schwude und Wist.


Hotte (W3) [Adelung]


Die Hotte, plur. die -n, ein nur in einigen Gegenden übliches Wort, eine Butte, d. i. eine hohes hölzernes Gefäß zu bezeichnen, welches man auf dem Rücken trägt. Dergleichen sind die Hotten, womit man in den Weinlesen die Weintrauben zur Kelter träget. Im Franz. ist Hotte ein auf ähnliche Art geflochtener und zu gleichem Gebrauche bestimmter Korb. In härtern Mundarten lautet es Kotze. Es ist entweder durch Verwechselung der Hauch- und Blaselaute und Butte entstanden, oder auch durch eine eben so gewöhnliche Vertauschung des Zischlautes mit dem t aus Hose, ein hohles Gesäß. S. auch das folgende.


Hotze (W3) [Adelung]


Die Hotze, plur. die -n, in den niedrigen Sprecharten einiger Gegenden, z. B. in Thüringen, eine Wiege, wo denn auch hotzen für wiegen, und einhotzen für einwiegen üblich sind.


Hoye (W3) [Adelung]


Die Hoye, eine Ramme ein, Schlägel, S. Heye.


Hub (W3) [Adelung]


Der Hub, des -es, plur. inus. von dem Zeitwarte heben. 1) Die Handlung des Hebens, da man einen Körper empor hebet, und in weiterer Bedeutung, diejenige Handlung, da man ihn durch einen Stoß in Bewegung bringet, in niedrigern Sprecharten der Schupp. Der Hub des Wassers durch Kunstgezeuge, die Hebung desselben. Einer Sache den Hub geben, einen Schwung, das Gewicht. Bey den Handwerkern ist der Hub das Recht einer verwitweten Meisterinn, einen Gesellen, welcher ihr gefällt, aus einer jeden andern Werkstätte auszuheben, und zu ihrer Arbeit zu gebrauchen. 2) Was gehoben, oder vielmehr ausgehoben wird, in welchem Verstande das Beste unter mehrern Dinge Einer Art der Hub genannt wird. S. auch Aushub.


Hube (W3) [Adelung]


1. Die Hube, S. Hufe.


Hube (W3) [Adelung]


2. Die Hube, ein Faß, S. Hübeltrog.


Hübel (W3) [Adelung]


Der Hübel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Hübelchen, Oberd. Hüblein, ein kleiner Hügel. Die Maulwurfshübel auf den Wiesen. Hübel auf der Haut, kleine hügelartige Erhebungen. Gleichfalls von dem Zeitworte heben, und mit demselben und Hügel, Haufe, Haupt, zu dem alten ha, hoch. Die Endung -el zeigt hier ein Ding an, das Subject.


Hübeltrog (W3) [Adelung]


Der Hübeltrog, des -es, plur. die Hübetröge, im Hüttenbaue, ein großer Trog neben dem Zinnofen, mit einem Haupte oder einer Haube an einem Orte, dagegen er an dem andern offen ist, den Zinnstein und die Schlacken in demselben mit einander zu vermischen; der Setztrog, Setzhübel. Entweder von dieser Haube, womit er an dem einen Orte bedeckt ist, oder auch so fern Hube überhaupt ein hohles Gefäß bedeutet. Nach dem Frisch sind die Huben in dem Aldendorfischen Salzwerke in Hessen, Fässer, worein die Sohle gegossen wird.


Hübsch (W3) [Adelung]


Hübsch, -er, -este, adj. et adv. eine ganz gute, ganz artige Beschaffenheit, einen geringern Grad desjenigen zu bezeichnen, was man sonst schön zu nennen pflegt. 1) In Ansehung der äußern Sinne, was gut, angenehm in die Sinne fällt, was gefällt. Damöt ist jung und hübsch, gelernte Liebe. Ein hübsches Pferd, ein hübsches Kleid, ein hübscher Garten u. s. f. Es ist ganz hübsches Wetter. Es mag sich freylich hübscher in einer schönen Kutsche zu Markte fahren lassen, als auf einer Kallesche, Weiße. Es wird doch hübsch klingen? Less. 2) Von dem äußern Betragen, fein, artig. Ein hübscher Mensch, der ganz artige Sitten hat. Das ist nicht hübsch, nicht wohl gesittet, nicht artig. Im Dänischen ist hovisk sittsam, züchtig. 3) Von der innern Güte, einen beträchtlichen Grad derselben habend, der das Mittelmäßige noch übertrifft. Eine hübsche Gelegenheit. Ein hübsches Geld beysammen haben. Weil Peter ein hübsches Gütchen hat, Weiße. Wo es in Gestalt eines Nebenwortes, so wie fein, oft dazu dienet, einen Befehl, eine Ermahnung, zu mildern. Gehe hübsch nach Hause. Sey hübsch artig. Bleibst du mir künftig nicht hübsch bey der Heerde liegen, gel. Liebe. Anm. Bey den Schwäbischen Dichtern hövisch, hübesch und huibsch. Wand si mit guotes wibes schamen Wol bekleidet hat ir hoeveschen lip, Rudolph von Rotenburg. Got fuge iemer huibschen liben Ane suuere minneklichiu zit, Walther v. Klingen. Wo es auch für fröhlich vorkommt. So singe aber von huibschen dingen, Walther von der Vogelweide. Im Nieders. ist hevsk, hevig und behevig, subtil, behende, behuthsam, vorsichtig, im Dän. hybsk, hübsch. In dem 1514 gedruckten Deutschen Livius bedeutet hüpslich behende, listig: da er also hüpslich vor in floch. Ehedem hatte man davon auch das Hauptwort die Hüpsche, Hübschheit, Hobyschkeit. Frisch und andere leiten es von Hof, der Aufenthalt eines Fürsten und seiner Bedienten, her, von welchem Worte man ehedem auch hovisch, für höflich, der feinern Welt, der feinern Lebensart gemäß, sagte. ( S. 2. Höflich,) Allein, es scheinet mit mehrerm Rechte zu dem im Deutschen veralteten aber noch im Schwedischen üblichen Hof, die gehörige, schickliche Art und Weise, Anstand, zu gehören, von welchem haefwa im Schwed. und Isländ. sich schicken, sich ziemen, hofsam, wohl gesittet, höfsa, zieren, schmücken, höfwisk, sittsam, angenehm, und andere mehr herkommen. ( S. Behuf und 1. Höflich,) welches noch im Bergbaue für hübsch üblich ist. Übrigens wird es, wie schon erinnert worden, höchstens nur in der vertraulichen Sprechart gebraucht.


Huch (W3) [Adelung]


1. Der Huch, das Zäpfchen im Halse, S. Hauk.


Huch (W3) [Adelung]


2. Der Huch, des -es, plur. die -e, oder die Huche, plur. die -n, eine im Oberdeutschen übliche Benennung einer Art eßbarer Fische, welche nach dem Frisch zu den Forellen gehören.


Hucke (W3) [Adelung]


+ Die Hucke, plur. die -n, der Rücken, in den niedrigen Sprecharten einiger Gegenden. Jemanden die Hucke voll schlagen. S. Hocke.


Hucken (W3) [Adelung]


Hucken, S. Hocken.


Hucker (W3) [Adelung]


Der Hucker, eine Art Schiffe, S. Huker.


Huckerscheit (W3) [Adelung]


Das Huckerscheit, des -es, plur. die -e, bey den Köhlern, kurze Scheite, welche auf die Fußscheite gelegt werden, den Zug der Luft zu befördern. Vermuthlich auch von hocken, hucken, sich auf die Fersen niederlassen, von welchem Worte Huker im Nieders. einen kleinen niedrigen Stuhl bedeutet.


Huf (W3) [Adelung]


Der Huf, des -es, plur. die -e, der mit einem hornartigen Wesen umgebene untere Theil des Fußes, mancher vierfüßiger Thiere, dergleichen das Pferd, der Esel, Maulesel und das Zebra haben, welche Thiere man in der Naturgeschichte ein hufige zu nennen pflegt, weil ihr Huf aus einem einzigen Theile bestehet. Auf Saaten, die des Rosses Huf zertreten, Raml. In dem gemeinen Sprachgebrauche haben nur die jetzt gedachten einhufigen Thiere einen Huf; ist der hornartige Untertheil des Fußes in mehrere Theile gespalten, so heißt er eine Klaue. Allein in der Naturgeschichte der Neuern hat man zweyhufige, dreyhufige, vierhufige und fünfhufige Thiere.

Anm. Im Nieders. Hoof, im Angels. Hof, im Engl. Hoof, im Holländ. Hoef, im Dän. Hov, im Schwed. Hof, im Isl. Höf, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Frisch leitet es von heben her, weil derjenige Theil des Fußes, welchen er ausmacht, erhaben ist. Im Oberdeutschen und einigen andern Gegenden ist es ungewissen Geschlechtes, das Huf. Im Plural hat es im gemeinen Leben, wenigstens Obersachsens, oft Hüse, welche Form auch Luther beybehalten hat.


Hufbein (W3) [Adelung]


Das Hufbein, des -es, plur. die -e, an dem Pferdefuße, ein Bein, welches ganz von dem Hufe umschlossen ist, und oben mit dem Kronenbeine zusammenhängt.


Hufe (W3) [Adelung]


Die Hufe, plur. die -n, ein sehr altes Wort, welches ursprünglich ein eingehägtes Stück Ackerlandes, und in engerer Bedeutung so viel Acker bezeichnete, als jemanden zur unmittelbaren Bestellung übergeben, von ihm eingehäget und mit seinem Geschirre bearbeitet wurde. Da dieses Stück Feldes gemeiniglich so viel betrug, als ein Landmann das Jahr über mit Einem Gespanne bearbeiten konnte, welches zu gleich hinlänglich war, ihn und seine Familie zu ernähren: so ward dieses Wort in den folgenden Zeiten zugleich zu einem Feldmaße, welches aber nach Maßgebung der Gegenden und Zeiten von sehr verschiedenem Gehalte ist, überhaupt aber so viel Acker bedeutet, als ein Bauer mit Einem Pfluge bestellen kann, und als ihn zu erhalten nöthig ist; wozu man gemeiniglich dreyßig Acker rechnet. In dieser Bedeutung kommt das mittlere Lat. Hoba, Huba u. s. f. schon von den ältesten Zeiten vor. Vna hoba quod est xxx jugera terrae araturiae, in den Tradit. Fuldens. Nach dem Aventin gibt es in Baiern zweyerley Bauern; einige haben so viel Acker, als sie mit vier Pferden bestreiten können, und deren Acker heißt eine Hufe, Huba et Mansus; andere können solche mit zwey Pferden bestreiten, und deren Bezirk heißt nur ein Hof, Curtis. S. Hüfener. Heut zu Tage ist die Hufe, so fern sie ein Feldmaß ist, noch von eben so verschiedenem Gehalte als ehedem, indem sie in manchen Gegenden 12, in manchen 15 oder 18, in manchen 24, am häufigsten aber 30, und in einigen Gegenden auch 42 Acker Feldes begreift. In der Mark Brandenburg, in Obersachsen und dem größten Theile Niedersachsens hält eine Hufe dreyßig Acker; obgleich es da auch Hufen von andern Maßen gibt, welche aber alsdann auch eigene Nahmen bekommen, S. Hakenhufe, Landhufe, Ritterhufe, Hägerhufe, Stückhufe, Tripel-Hufe u. s. f. In Böhmen hält eine Hufe 60 Morgen, oder 12 600 Ellen; in der Lausitz ist sie 3096 gewöhnliche Schritte zu 1 1/3 Ellen lang und 135 solcher Schritte breit. In dem Herzogthum Schleswig hat eine Hufe 121 Heitscheffel oder 6 Mark Goldes, das letztere vermuthlich, weil sie ehedem so viel galt; eine Mark Goldes ist daselbst 144 Rthlr. Eben daselbst sind Bohl und Pflug gleichbedeutende Ausdrücke für Hufe. Im engsten Verstande wird Hufe nur von arthaftem oder tragbarem Lande, von Ackerfelde gebraucht. In weiterer Bedeutung aber ist es seit den ältesten Zeiten auch ein Flächenmaß für alle Grundstücke, sie bestehen in Wiesen, Wäldern, Weinbergen oder Wassern; obgleich in manchen Gegenden hier eigene Nahmen eingeführet sind. Quatuor Hobas in syluis, in pratis, in pascuis, in aquis, in aquarum decursibus u. s. f. in den Tradit. Fuldens. bey dem Frisch. In der Mark Brandenburg, wo der ganze Steuerfuß nach Hufen eingerichtet ist, sind auch die Gewässer der Fischer in Hufen vertheilet, welche alsdann Wasserhufen heißen. Ja auch diejenigen Einwohner auf dem Lande, welche keinen Acker haben, müssen ihre Steuern nach gewissen ihnen zugetheilten Hufen geben, welche Schattenhufen genannt werden. S. diese Wörter.

Anm. Im Oberdeutschen auch Hub, Hup, bey den Schwäbischen Dichtern Huob, im Schwed. Hap, und mit dem gewöhnlichen Begleiter der Lippenbuchstaben Hump. Auf der Insel Majorko im mittlern Lateine Jova und Jovata ein Feldmaß, welches Du Fresne Jugerum, tametsi majoris quantitatis, nennet, und welches sie, ihm zu Folge, von den Arabern beybehalten haben sollen. Wäre dieses, so würde es das hohe Alterthum unsers Wortes beweisen. Wachter leitet es sehr unwahrscheinlich von dem Angels. hiwan, bilden, Frisch nicht viel besser von hauen, von dem Abhauen der Bäume, oder von Hebung der Zinsen von einem solchen Stücke Feldes her. Andere haben schon die Übereinstimmung mit Hof erkannt, nur nicht aus dem rechten Gesichtspuncte. Hof und Hufe scheinen darin mit einander überein zu kommen, daß beyde eigentlich und ursprünglich einen eingeschlossenen, eingefriedigten Ort bedeuten; Hof aber nachmahls mehr von den zur Landwirthschaft gehörigen Gebäuden, Hufe aber vorzüglich von den Äckern gebraucht worden. ( S. Hof,) Hoba und Huba werden dabey auch im mittlern Lateine sehr häufig mit einander verwechselt. Indessen hat doch des Ihre Ableitung Wahrscheinlichkeit, der es von dem bey dem Ulphilas befindlichen Hoba, ein Pflug, abstammen lässet; da es denn eigentlich so viel Feld bedeuten würde, als ein Landmann des Jahres mit Einem Pfluge bestellen kann, so wie man die Wörter Pflug, Haien, Joch, auf ähnliche Art gebraucht, zumahl da auch die Lateiner Arata von Aratrum und Jugerum von Jugum für ein Feldmaß gebrauchten. Übrigens wird das f in diesem Worte gemeiniglich sehr gelinde, wie ein sanftes b oder w ausgesprochen, und daher auch von einigen Hube geschrieben.


Hufeisen (W3) [Adelung]


Das Hufeisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein in Gestalt eines halben Zirkels geschmiedetes Eisen, womit der Huf der Pferde und Maulesel beschlagen wird, damit derselbe dadurch vor Verletzung verwahret werde; auch nur das Eisen schlechthin. Dem Pferde ein Hufeisen auflegen, aufschlagen. Ihm die Hufeisen abreißen. Im gemeinen Leben sagt man von einem geschwächten unverheiratheten Frauenzimmer, es habe ein Hufeisen verloren; ein scherzhafter Ausdruck von einem unbekannten Ursprunge. Figürlich wird dieses Wort auch von verschiedenen Dingen gebraucht, welche einem Hufeisen in der Gestalt gleichen. Dergleichen ist eine Art Backwerkes in Schmalz. Im Festungsbaue ist das Hufeisen ein halb rundes oder ovales Außenwerk mit einer Brustwehre.


Hufeisenkraut (W3) [Adelung]


Das Hufeisenkraut, des -es, plur. inus. eine Pflanze, deren Samen einem Hufeisen gleicht; Hippocrepis L.


Hufeisenstab (W3) [Adelung]


Der Hufeisenstab, des -es, plur. die -stäbe, auf den Eisenhämmern und in dem Eisenhandel, ein schmal geschmiedetes Eisen, woraus die Grobschmiede die Hufeisen verfertigen.


Hüfener (W3) [Adelung]


Der Hüfener, zusammen gezogen Hüfner, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Hüfnerinn, in verschiedenen Gegenden Ober- und Niederdeutschlandes, ein Bauer, welcher eine Hufe Ackers oder ein Hufenguth besitzet, da es denn in Obersachsen so wohl Vollhüfner oder Ganzhüfener gibt, welche eine ganze, als Halbhüfener, welche eine halbe Hufe besitzen. In engerer Bedeutung führen nur die Ganz- oder Vollhüfner den Nahmen der Hüfener. An einigen Orten, besonders Niedersachsens, werden die Hüfener auch Höfener, Hofsleute, Hobsleute genannt, so fern zu einem vollständigen Hofe eine Hufe Acker gehöret; da sie denn auch Besitzer des Dinghofes sind, welcher unter dem Vorsitze des Hochhüfeners, d. i. des Lehenpropsten, gehalten wird. Im Nieders. ist Hovener zwar auch im Hochdeutschen Verstande ein Hüfener; allein um Bremen bedeutet es auch den Besitzer eines kleinen dienstpflichtigen Hofes, einen kleinen Meier, welcher zu einem größern Meierhofe gehöret; wo es aber zunächst von Hof abzustammen, und einen Hofhörigen zu bezeichnen scheinet. ( S. auch Höfener,) Im mittlern Lateine werden die Hüfener Hobarii, Hubarii, Hombarii u. s. f. genannt. Übrigens wird dieses Wort im gemeinen Leben gemeiniglich Hübner gesprochen und von vielen auch geschrieben.


Hufengeld (W3) [Adelung]


Das Hufengeld, des -es, plur. nur von mehrern Summen, die -er, S. Hufensteuer.


Hufengericht (W3) [Adelung]


Das Hufengericht, des -es, plur. die -e. 1) An einigen Orten, ein Untergericht welches des Jahres Ein oder zwey Mahl in Sachen, welche die Hufen, d. i. den Feld- und Ackerbau, die Gränzirrungen der Bauern u. s. f. betreffen, gehalten, und an andern Orten das Grundgericht, Feldgericht, Ackergericht, Hägemahl u. s. f. genannt wird. ( S. Feldgericht) 2) An andern Orten, z. B. in der Pfalz, in Elsaß u. s. f. ist es das Gericht des Grundherren über seine Hüfener oder Zinsleute in Erbzinssachen, wo auch der Plural die Hufengerichte, für die Gerichtbarkeit gebraucht wird; das Grundgericht.


Hufengroschen (W3) [Adelung]


Der Hufengroschen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Hufensteuer.


Hufengut (W3) [Adelung]


Das Hufengut, des -es, plur. die -güter, ein Bauergut, zu welchem eine ganze Hufe Ackers gehöret; in Niedersachsen ein Hobsgut, Hofgut, so fern es einen vollständigen Bauerhof ausmacht.


Hufenhafer (W3) [Adelung]


Der Hufenhafer, des -s, plur. inus. in einigen Gegenden, z. B. in Obersachsen, eine Abgabe in Hafer, welche die Bauern dem Grundherren entrichten müssen, und die nach der Zahl der Hufen bestimmt ist.


Hufenmeister (W3) [Adelung]


Der Hufenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Oberdeutschen Gegenden, ein herrschaftlicher Beamter, welcher die Hufensteuer von den Hüfenern einnimmt; im mittlern Lat. Hubarum magister, im Oberd. Huobmeister.


Hufenpfennig (W3) [Adelung]


Der Hufenpfennig, des -es, plur. die -e, S. Hufensteuer.


Hufenrecht (W3) [Adelung]


Das Hufenrecht, des -es, plur. inus. an einigen Orten Oberdeutschlandes, das Recht des Grundherren, nach dem Tode eines dienstpflichtigen Hüfeners, etwas von dessen Verlassenschaft zu fordern.


Hufenrichter (W3) [Adelung]


Der Hufenrichter, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z. B. in dem Städtchen Belgern, der Dorfrichter, Dorfschulz.


Hufenschlag (W3) [Adelung]


Der Hufenschlag, S. Hufschlag.


Hufenschoß (W3) [Adelung]


Der Hufenschoß, des -sses, plur. von mehrern Summen oder Arten, die -sse, ein Schoß oder Geschoß, welcher von den Äckern nach den Hufen gegeben wird. S. das folgende.


Hufensteuer (W3) [Adelung]


Die Hufensteuer, plur. von mehrern Summen oder Arten, die -n, eine Steuer, welche von den Äckern oder Feldern nach den Hufen gegeben wird; der Hufenschoß, an andern Orten der Hufenzins, das Hufengeld, der Hufengroschen, der Hufenpfennig.


Huferschütterung (W3) [Adelung]


Die Huferschütterung, plur. die -en, bey den Pferdeärzten, eine sehr uneigentliche Benennung desjenigen Fehlers bey den Pferden, wenn sich der Knochen des kleinen Fußes von dem Horne des Hufes ablöset, so daß der Huf daselbst hohl wird; Franz. l'ongle deseche.


Hufhammer (W3) [Adelung]


Der Hufhammer, des -s, plur. die -hämmer, bey den Hufschmieden, ein Hammer, womit den Pferden die Hufeisen aufgeschlagen werden.


Hufig (W3) [Adelung]


Hufig, adj. et adv. einen Huf habend, gehuft. Hufige Thiere, welche mit Hufen an den Füßen versehen sind. Am häufigsten in den Zusammensetzungen einhufig, zweyhufig, flachhufig, harthufig, vollhufig, zwanghufig u. s. f.


Hufnagel (W3) [Adelung]


Der Hufnagel, des -s, plur. die -nägel, eine Art breiter dünner Nägel, womit die Hufeisen auf den Hufen befestiget werden. Figürlich wird auch ein alter Ungarischer Wein, welcher durch die Länge der Zeit alle Süßigkeit verloren hat, in einigen Gegenden Hufnagel genannt; welche Benennung von einem vornehmen Pohlen ihren Ursprung haben soll, welcher von diesem Weine gerühmet, er mache einen so guten Magen, daß man Hufnägel verdauen könne.


Hüfner (W3) [Adelung]


Der Hüfner, S. Hüfener.


Hufschlag (W3) [Adelung]


1. Der Hufschlag, des -es, plur. inus. von Huf. 1) Das Beschlagen der Pferde; ohne Plural. Der Hufschlag beträgt des Jahres ein Ansehnliches. Einem Schmiede den Hufschlag verdingen. 2) Die Fährte, die Fußstapfen eines Pferdes. Dem Hufschlage nachgehen. 3) Der für die Pferde gebahnte Weg an den Flüssen, wenn sie Schiffe ziehen.


Hufschlag (W3) [Adelung]


2. Der Hufschlag, des -es, plur. die -schläge, von Hufe, für Hufenschlag, an einigen Orten, z. B. in der Mark Brandenburg, ein in Hufenstücke eingetheiltes Feld, im Gegensatze der Beyländer, welche außer den Hufschlägen liegen; ein Ackerschlag. Alles was auf dem Hufschlage stehet, folgt den Hufen. In weiterer Bedeutung auch Ackerfeld, im Gegensatze der Waldung. S. Schlag.


Hufschmid (W3) [Adelung]


Der Hufschmid, des -es, plur. die -schmiede, ein Schmid, welcher die Hufeisen für die Pferde verfertiget, und sie ihnen auflegt; ein Grobschmid, weil er auch andere grobe Eisenwaaren verfertiget; ein Fahnschmid, so fern er sich bey einem Kriegsheere aufhält; ein Cur-Schmid, so fern er zugleich kranke Pferde heilet.


Hüft (W3) [Adelung]


Der Hüft, ein Stoß auf dem Jägerhorne, S. Hief.


Hüftader (W3) [Adelung]


Die Hüftader, plur. die -n, in der Zergliederungskunst, der Nahme zweyer Äste der größern Schenkelader, welche die kleinere und die größere Hüftader genannt werden. Die erste wird in der Gegend der Hüfte in viele kleinere Zweige vertheilet, die letztere aber gehet die Waden hinunter bis zu dem äußersten Fuße. Ischius minor und major.


Hüftbein (W3) [Adelung]


Das Hüftbein, des -es, plur. die -e, eben daselbst, ein sehr großes Bein von irregulärer Gestalt zu beyden Seiten des heiligen Beines, welches eigentlich die Hüfte bildet; Os coxae, das ungenannte Bein, das Eisbein, ( S. dieses Wort,) das Hüftblatt, der Hüftknochen. In engerer Bedeutung führet derjenige Theil dieses Beines, in welchem sich die Hüftpfanne, oder Pfanne befindet, Coxendix, Ischium, den Nahmen des Hüftbeines, oder Gesäßbeines, zum Unterschiede von den beyden andern Theilen, dem Darmbeine und Schambeine. Andere Zergliederer nennen das Darmbein, Osileum, das Hüftbein, in engerer Bedeutung.


Hüftblatt (W3) [Adelung]


Das Hüftblatt, des -es, plur. die -blätter, S. das vorige.


Hüfte (W3) [Adelung]


Die Hüfte, plur. die -n. 1) Der äußere erhabene Theil an den menschlichen und thierischen Körpern, unter den Weichen; welcher von dem Hüftbeine gebildet wird; Cox, Coxendix, nicht Femur, als welches der Schenkel oder das dicke Bein ist; im gemeinen Leben auch das Kreuz. Sich die Hüfte verrenken, (im gemeinen Leben, verbrechen,) wenn der Kopf des Schenkelbeines aus der Pfanne gebrochen worden. ( S. Hüftenlahm,) Eine hohe Hüfte haben, wenn die eine Hüfte höher stehet als die andere. In weiterer Bedeutung pfleget man auch zuweilen die Lenden mit unter dem Nahmen der Hüfte zu begreifen. 2) An einem Schiffe, derjenige Theil der Verkleidung unter den Gallerien, welcher an den Spiegel stößet; entweder als eine Figur des vorigen, oder auch gleichfalls wegen der Erhöhung.

Anm. Im Oberdeutschen die Hüft, die Hüf, die Huff, die Hupf (und schlinget Huft um Huft, Hall.) bey den Raban Maurus schon im achten Jahrh. Hufphi, im Schwabensp. Huf, in Westphalen Hüppe, bey dem Ulphilas Hup, im Angels. Hyppe, Hipe, im Engl. Hip, im Dän. Hofte, im Schwed. Höft. Nicht, wie Frisch glaubt, von haften, weil daselbst der Oberleib mit dem Unterleibe verbunden wird, sondern weit wahrscheinlicher mit Hübel, hüpfen, heben u. a. m. von ha, hab, hoch, weil die Erhöhung dieses Theiles von außen zu sehr in die Sinne fällt, als das sie nicht zu dessen Benennung hätte Anlaß geben sollen.


Hüftenlahm (W3) [Adelung]


Hüftenlahm, -er, -ste, adj. et adv. lahm an den Hüften, welches eigentlich von einer Verrenkung in den Beinen der Hüfte herrühret; bey den Thieren kreuzlahm.


Hüfthorn (W3) [Adelung]


Das Hüfthorn, S. Hiefhorn.


Hüftknochen (W3) [Adelung]


Der Hüftknochen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Hüftbein.


Hüftmäuslein (W3) [Adelung]


Das Hüftmäuslein, des -s, plur. ut nom. sing. oder der Hüft-Muskel, des -s, plur. die -n, in der Zergliederungskunst, diejenigen Mäuslein oder Muskeln, von welchen die Bewegung der Hüfte abhänget.


Hüftpfanne (W3) [Adelung]


Die Hüftpfanne, plur. die -n, die weite und tiefe Höhle in dem Hüftbeine, welche das Haupt des Schenkelbeines aufnimmt, und auch nur die Pfanne schlechthin genannt wird.


Hüftstück (W3) [Adelung]


Das Hüftstück, des -es, plur. die -e, bey den Fleischern, eines von den zwey Stücken, worein das Hinterviertel eines ge- schlachteten Rindes getheilet wird; zum Unterschiede von dem Arschstücke.


Hüftweh (W3) [Adelung]


Das Hüftweh, des -es, plur. inus. ein empfindlicher Schmerz in der Gegend der Hüftpfanne und oft der ganzen Hüfte, welche von einer gichtigen Materie herrühret; Ischias, Malum ischiadicum.


Hufzange (W3) [Adelung]


Die Hufzange, plur. die -n, eine Zange der Hufschmiede, die Hufnägel damit aus den Pferdehufen zu ziehen.


Hufzwang (W3) [Adelung]


Der Hufzwang, des -es, plur. inus. ein Fehler an dem Hufe eines Pferdes, wenn derselbe hinten zu enge und schmal zusammen wächset, und inwendig wenig Kern hat. Daher hufzwängig, adj. et adv. diesen Fehler habend. Ein hufzwängiges Pferd.


Hügel (W3) [Adelung]


Der Hügel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Hügelchen, ein hoher der horizontalen Fläche erhabener Theil eines Dinges. Ein kleiner Hügel auf der Haut. Die Schale der Pomeranzen ist oft mit vielen Hügeln besetzt. Wofür im gemeinen Leben auch Hübel üblich ist. Ein fehlerhafter Hügel auf dem Rücken, der unter dem Nahmen eines Höckers am bekanntesten ist. Besonders, erhabene Stellen auf der Oberfläche der Erde. Kleine Hügel von gefrornen Eisschollen, welche im gemeinen Leben Holpern heißen. Hügel von Sand oder Erde, welche die Flüsse anschwemmen, im gemeinen Leben Häger, Horsten. Ein Maulwurfshügel, Grabhügel, u. s. f. Am häufigsten sind diejenigen beträchtlichen Erhöhungen der Erdfläche, unter dem Nahmen der Hügel bekannt, welche noch nicht den Nahmen der Berge verdienen, oder kleiner sind, als solche Erhöhungen, welche man Berge zu nennen pfleget; im Oberd. ein Anberg, Bühel, im Nieders. ein Brink, Holm. In einem ebenen Lande heißt manches ein Berg, was in einem gebirgigen nur ein Hügel ist. Anm. Im Schwed. Hygel. Das Stammwort ist hoch. Die Endsylbe -el bedeutet ein Ding, eine Sache, und kommt mit der Sylbe er in Häger und Höcker überein. Die nördlichern Mundarten ziehen dieses Wort mit Ausstoßung des Hauchlautes zusammen; dahin das Nieders. Hull, das Angels. Hill, das Engl. Hill, das Schwed. Hol und Hals und das Isländ. Hialle gehören, mit welchen auch das Lat. Collis nahe verwandt ist.


Hügelicht (W3) [Adelung]


Hügelicht, -er, -este, adj. et adv. Hügeln ähnlich.


Hügelig (W3) [Adelung]


Hügelig, -er, -ste, adj. et adv. Hügel habend, enthaltend. Ein hügeliges Land.


Hügelrohr (W3) [Adelung]


Das Hügelrohr, des -es, plur. inus. eine Art des Rohres, welches auf dürren Hügeln wächset; Arundo epigejos L.


Hugenott (W3) [Adelung]


Der Hugenott, des -en, plur. die -en, aus dem Französ. Huguenot, eine zur Zeit der Reformation in Frankreich üblich gewordene verächtliche Benennung der in diesem Reiche befindlichen Reformirten und Lutheraner. Die Abstammung ist noch unbekannt. Die wahrscheinlichste Ableitung würde von Eidgenossen seyn, weil die Reformation zunächst aus der Schweiz in Frankreich festen Fuß faßte, wenn nur nicht dieses Benennung gleich vom Anfange an etwas Schimpfliches bey sich geführet hätte, indem sie den Protestanten von den Katholischen aus Verachtung beygelegt wurde. Über dieß ist unerweislich, daß dieses Wort im Französischen Eiguenos gelautet habe. Prosper Sanctacrucius bey dem Martene Ampliss. Collect. Th. 5. S. 1460 sagt ausdrücklich: Appellabantur eo tempore in Gallia qui ab ecclesia desciverant, Hugonotti, cuius nominis originem cum diligenter perspexissemus, invenire non potuimus. Alii enim ad Hugonem quemdam, qui multis jam annis contra regem conspiraverat, reserebant; alii, quod porta Turonensis civitatis, ubi frequenter congregari consuevere, de Ugoni appellaretur. Utcum que sit, ini- quissimo animo ferebant, ac gravissimae injuriae loco reputabant, cum Hugonotti appellabantur.


Huhn (W3) [Adelung]


Das Huhn, des -es, plur. die Hühner, Diminut. das Hühnchen, Oberd. das Hühnlein, in der Oberpfalz Hinkel. 1. Überhaupt, ein Geschlechtswort einer Art Vögel, welche einen kurzen runden Schnabel haben, an welchem die obere Hälfte über die untere hervor ragt, und die Nasenlöcher halb mit einer Haut bedeckt sind; wohin das Wälsche Huhn, das Haushuhn, der Fasan, das Auerhuhn, das Birkhuhn, das Haselhuhn, das Repphuhn, und in der Naturgeschichte auch der Pfau und die Wachtel gerechnet werden. Im gemeinen Leben wird auch eine Art Taucher in weiterer Bedeutung, das Wasserhuhn, wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt, mit zu den Hühnern gerechnet. Wenn aber in den Benennungen Berghuhn, Sterbehuhn, Leichenhuhn, eine Art Eulen mit diesem Nahmen beleget wird, so ist derselbe, wie schon Frisch vermuthet, wahrscheinlich aus Huhu verderbt; ( S. Uhu,) Übrigens ist Huhn in dieser ganzen Bedeutung ein allgemeiner Ausdruck, welcher das Geschlecht unentschieden lässet. Soll dieses näher bestimmt werden, so wird das männliche der Hahn und das weibliche die Henne genannt. Zu den Auerhühnern gehöret der Auerhahn und die Auerhenne, zu den Birkhühnern der Birkhahn und die Birkhenne, zu den Haselhühnern der Haselhahn und die Haselhenne u. s. f. Zuweilen bezeichnet Huhn aber auch bey den Jägern das weibliche Geschlecht, im Gegensatze des Hahnes. Das Wälsche Huhn, Indianische Huhn, Türkische Huhn, oder Calecutische Huhn, S. Calecut. 2. In engerer Bedeutung. 1) Bey den Jägern werden die Repp- oder Feldhühner nur schlechthin Hühner genannt. S. Hühnerbeitze, Hühnerfänger, Hühnerhund u. s. f. 2) In der Hauswirthschaft sind die Haushühner, welche sich durch eine nackte glatte Backenhaut von den übrigen Arten unterscheiden, unter dem allgemeinen Nahmen der Hühner bekannt. Wo es denn wieder theils eine allgemeine Benennung ist, welche das Geschlecht unbestimmt lässet. Hühner halten. Den Hof voll Hühner haben. Junge Hühner. Theils aber auch nur von dem weiblichen Geschlechte für Henne gebraucht wird, besonders in denjenigen Fällen, welche nun allein von dem weiblichen Geschlechte gesagt werden können. Die Hühner fangen an zu legen. Hühner zum Brüten ansetzen. Sprichw. Klage Hühner legen auch in die Nesseln, kluge Leute fehlen auch. Ein gekochtes Huhn, weil man alte Hähne nicht leicht zu kochen pflegt. Hingegen, wenn man ein junges Huhn oder ein Hühnchen kocht, so kann solches so wohl ein junger Hahn, als eine junge Henne seyn. Wir haben noch ein Hühnchen mit einander zu pflücken, figürlich, wir haben noch ein eine unangenehme Sache mit einander abzuthun. Das verlorne Huhn, ein Gericht von Erbsen, Türkischen Bohnen, Wurzeln, Speck, Wurst und einer braunen Brühe.

Anm. Schon Ottfried nennet einen Hahn thaz Huan. Der Plural Huner und Hunre kommt so wohl im Schwabenspiegel als bey dem Stryker vor. Für Hühnlein im Plural sagt Notker Huonichliu. Im Nieders. lautet dieses Wort Hoon, im Dän. Höns, im Schwed. Höns, wo es gleichfalls beyde Geschlechter unter sich begreift. Es stammet mit Hahn und Henne aus Einer Quelle her. In einem alten zu Ende des 15ten Jahrhundertes in Augsburg gedruckten Vocabulario wird Gallus durch Haen, Gallina durch Henne, Pullus aber durch Hoen übersetzt. Es scheint, daß man ehedem mehr junge Vögel im Oberdeutschen Hühnlein genannt. In einer alten Deutschen Bibel aus dem 15ten Jahrhunderte heißen die jungen Raben Ps. 146 die Hühnlein der Raben. In Westphalen heißt ein junges Huhn Pulle, welches mit dem Lat. Pullus überein kommt. Ganz junge Hüh- ner, welche noch nicht die gehörigen Federn haben, werden Küchlein genannt.


Hühne (W3) [Adelung]


Der Hühne, der Riese, S. Heune.


Hühneraar (W3) [Adelung]


Der Hühneraar, des -en, plur. die -en, S. Hühnergeyer.


Hühnerabend (W3) [Adelung]


Der Hühnerabend, des -es, plur. die -e, auf dem Lande einiger Gegenden, z. B. in Niedersachsen, der Abend vor der Hochzeit; an welchem die Nachbarn ihre Hochzeitsgeschenke bringen, worunter sich gemeiniglich auch Hühner befinden; Der Gabeabend, Hühnerbringer-Abend, das Hühnerfangen. Im Hochdeutschen wird es auch der Polterabend genannt, ( S. dieses Wort,) im mittlern Lateine Frankreichs aber Cochetus, von Cochet, ein junges Huhn.


Hühnerauge (W3) [Adelung]


Das Hühnerauge, des -s, plur. die -n, eine figürliche Benennung der Schwielen an den Füßen, welche aus verhärteten Nerven entstehen; tiefe Wurzeln haben, und an der Grundfläche empfindliche Schmerzen verursachen; Clavus, Helos, der Leichdorn, im Oberd. das Agerstenauge, Älsterauge.


Hühneraugenbeere (W3) [Adelung]


Die Hühneraugenbeere, plur. die -n, S. Elsebeere 2.


Hühnerbeitze (W3) [Adelung]


Die Hühnerbeitze, plur. die -n, die Beitze auf Repp- und Feldhühner, die Jagd derselben vermittelst abgerichteter Falken.


Hühnerbiß (W3) [Adelung]


Der Hühnerbiß, des -sses, plur. inus. ein Nahme verschiedener Pflanzen, welche den jungen Hühnern eine angenehme Speise sind. 1) Des gestreckten Mastkrautes, Sagina procumbens L. welches auf feuchten und unfruchtbaren Triften wächset. 2) Des Vogelkrautes, Alsine media L. welches auf den Gartenländern wächset, und auch Hennenbiß, Hühnerdarm und Hühnerschweren, Mäusedarm, Mäusegedärm, Meyerich, Meyerkraut, genannt wird. 3) Des kleinen Leinkrautes, Linum Radiola L. 4) Einer Art des Sandkrautes, welche an Seeküsten einheimisch ist, Arenaria peploides L. und auch Strandhühnerbiß heißt. 5) Des Gauchheils, Anagallis arvensis L. welcher auch rother Hühnerdarm, in Nieders. Hehnerschwarm genannt wird, ( S. Gauchheil,) 6) Einer Art des Behen, welche an den Zäunen Europens wild wächset, Cucubalus bacciferus L. und zum Unterschiede auch großer Hühnerbiß genannt wird.


Hühnerdarm (W3) [Adelung]


Der Hühnerdarm, des -es, plur. inus. gleichfalls ein Nahme verschiedener Pflanzen, welche zarte saftreiche Stängel haben, und von den jungen Hühnern begierig gesucht werden. 1) Des Vogelkrautes, Alsine media L. S. das vorige. 2) Des Gauchheils, Anagallis arvensis L. S. das vorige.


Hühnerdieb (W3) [Adelung]


Der Hühnerdieb, des -es, plur. die -e. 1) Eigentlich, eine Person, welche Hühner stiehlet oder gestohlen hat; Fämin. die Hühnerdiebinn. 2) An einigen Orten auch ein Nahme des Wiesels, weil er den Hühnern nachstellet. Ingleichen 3) des Hühnergeyers, S. dieses Wort.


Hühnerfang (W3) [Adelung]


Der Hühnerfang, des -es, plur. inus. der Fang oder die Jagd der Feld- und Repphühner. Auf den Hühnerfang ausgehen. Den Hühnerfang verstehen.


Hühnerfangen (W3) [Adelung]


Das Hühnerfangen, des -s, plur. inus. S. Hühnerabend.


Hühnerfänger (W3) [Adelung]


Der Hühnerfänger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Jäger, welcher vornehmlich mit dem Fange der Feld- und Repphühner umzugehen weiß.


Hühnergarn (W3) [Adelung]


Das Hühnergarn, des -es, plur. die -e, ein Garn, die Feldhühner damit zu fangen; das Hühnernetz.


Hühnergeschrey (W3) [Adelung]


Das Hühnergeschrey, des -es, plur. die -e, siehe Hühnerruf.


Hühnergeyer (W3) [Adelung]


Der Hühnergeyer, des -s, plur. ut nom. sing. der kleinste unter den Geyern, dessen Kopf, Hals und Flügel unterwärts weiß sind, und welcher den jungen Hühnern sehr nachstellet; Falco aeruginosus L. der Hühneraar, Hühnerdieb, die Hühnerweihe, im Hannöv. Suwiehe.


Hühnerhamen (W3) [Adelung]


Der Hühnerhamen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Sack in dem Vogelgarne, die Repphühner darin zu fangen.


Hühnerhandel (W3) [Adelung]


Der Hühnerhandel, des -s, sing. inus. der Handel mit Hühnern. Daher der Hühnerhändler, Fämin. die Hühnerhändlerinn; im gemeinen Leben der Hühnermann, die Hühnerfrau, im Oberd. Hühnerer, oder Hühnervogt.


Hühnerhaus (W3) [Adelung]


Das Hühnerhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, d. i. Gebäude oder Behältniß, worin die zahmen Hühner sich des Nachts aufhalten; der Hühnerstall, wenn es ein Stall ist.


Hühnerhof (W3) [Adelung]


Der Hühnerhof, des -es, plur. die -höfe, ein vornehmlich für die zahmen Hühner bestimmter Hof.


Hühnerhund (W3) [Adelung]


Der Hühnerhund, des -es, plur. die -e, eine Art Jagdhunde von mittlerer Größe, welche zu dem Fange der Feldhühner und Wachteln abgerichtet sind, und daher auch Wachtelhunde, Vorstehhunde genannt werden. In dem Schwabenspiegel Kap. 335 Vogelhunt.


Hühnerklee (W3) [Adelung]


Der Hühnerklee, des -s, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme des gemeinen Quendels, Thymus Serpillum L. der in andern auch Hühnerkohl genannt wird.


Hühnerkorb (W3) [Adelung]


Der Hühnerkorb, des -es, plur. die -körbe, ein geflochtener Korb, junge Hühner darunter zu erziehen.


Hühnerlager (W3) [Adelung]


Das Hühnerlager, des -s, plur. die -läger, bey den Jägern, derjenige Ort, wo sich die Feldhühner gelagert, oder wo sie übernachtet haben.


Hühnerlaus (W3) [Adelung]


Die Hühnerlaus, plur. die -läuse, eine Art kleiner Läuse, welche sich auf den zahmen Hühnern aufhält; Pediculus Gallinae L.


Hühnerleder (W3) [Adelung]


Das Hühnerleder, des -s, eine Art eines sehr zarten Leders, woraus Fächer und Handschuhe für das Frauenzimmer verfertiget werden. Es kommt nicht von den Hühnern, sondern wird von den in Kalk eingeweichten Häuten der Ziegenböcke abgezogen.


Hühnerleiter (W3) [Adelung]


Die Hühnerleiter, plur. die -n, S. Hühnersteige 2.


Hühnermilch (W3) [Adelung]


Die Hühnermilch, plur. inus. ein Zwiebelgewächs, Ornithogalum L. welches unter den Nahmen der Vogelmilch am bekanntesten ist, S. dasselbe.


Hühnernest (W3) [Adelung]


Das Hühnernest, des -es, plur. die -er, ein Nest für die zahmen Hühner, besonders, so fern solches in Gestalt eines umgekehrten Bienenkorbes aus Stroh gewunden ist, da es denn in Niedersachsen eine Hive, Hönerhüve genannt wird.


Hühnernetz (W3) [Adelung]


Das Hühnernetz, des -es, plur. die -e, S. Hühnergarn.


Hühnerraute (W3) [Adelung]


Die Hühnerraute, plur. inus. eine Art des Ehrenpreises mit einzelnen Blumen, fingerförmig getheilten Blättern und Blumenstielen, welche kürzer als der Kelch sind; Veronica verna L.


Hühnerruf (W3) [Adelung]


Der Hühnerruf, des -es, plur. die -e, bey den Jägern ein aus einer Nußschale verfertigtes Werkzeug, den Ruf oder die Stimme der Feldhühner nachzumachen. Ingleichen diese Stimme selbst; ohne Plural. In beyden Fällen auch das Hühnergeschrey.


Hühnerschrot (W3) [Adelung]


Das Hühnerschrot, des -es, plur. inus. bey den Jägern eine Art Mittelschrotes, Feldhühner damit zu schießen, welches mit dem Hasenschrote überein kommt.


Hühnerschwarm (W3) [Adelung]


Der Hühnerschwarm, oder Hühnerschweren, S. Hühnerbiß.


Hühnersteige (W3) [Adelung]


Die Hühnersteige, plur. die -n. 1) Eine Steige, d. i. ein kleines aus dünnen Stäben verfertigtes Behältniß, die zahmen Hühner darin von einem Orte zum andern zu bringen, oder auch darin zu füttern. ( S. Steige,) 2) Eine Steige, d. i. Leiter, worauf die zahmen Hühner in ihr Hühnerhaus steigen; die Hühnerleiter.


Hühnervogt (W3) [Adelung]


Der Hühnervogt, des -es, plur. die -vögte. 1) An einigen Orten, ein Vogt oder Wärter der zahmen Hühner; ein Hühnerwärter. Im Oberdeutschen auch der Hühner aufziehet und damit handelt; ein Hühnerhändler. 2) In andern Ge- genden ist der Hühnervogt ein Beamter, welcher die Rechnung über die Zinshühner führet, welche die Leibeigenen dem Grundherren geben müssen.


Hühnerweh (W3) [Adelung]


Das Hühnerweh, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben, der Nahme eines epidemischen Hustens, besonders bey den Kindern, welcher im Anfange einem katharrhalischen Husten gleicht, hernach aber stärker wird, mit Engbrüstigkeit und einem dem, Geschreye der Hühner ähnlichen Keichen verbunden ist; Tussis ferina, Franz. Coqueluche, sonst auch der blaue Husten, weil das Gesicht unter dem Husten blau wird.


Hühnerweihe (W3) [Adelung]


Die Hühnerweihe, plur. die -n, S. Hühnergeyer.


Hühnerzehnte (W3) [Adelung]


Der Hühnerzehnte, des -n, plur. die -n, der Zehnte, welcher von den Hühnern oder in Hühnern gegeben wird.


Hühnerzins (W3) [Adelung]


Der Hühnerzins, des -es, plur. doch nur von mehrern Quantitäten, die -e, ein Zins, welcher in Hühnern gegeben wird, dergleichen Hühner alsdann Zinshühner heißen.


Huhu (W3) [Adelung]


Der Huhu, S. Uhu.


Huj! (W3) [Adelung]


Huj! ein Zwischenwort, welches 1) nicht nur der Ausdruck einer großen Geschwindigkeit, sondern auch eine Aufmunterung dazu ist. Huj, Moab, mache dich nun zur Ausbeute! 2 Kön. 3, 23. Huj, huj, fliehet aus dem Mitternacht Land! Zachar. 2, 6. Huj, Zion, entrinne! V. 7. Huj! schreyen die Jäger so wohl den Hunden zu, wenn sie frisch anfallen sollen, als auch den wilden Schweinen, damit sie anlaufen. Wo es denn auch als ein unabänderliches Hauptwort gebraucht wird, einen schnell vorüber gehenden kurzen Zeitraum, einen Augenblick zu bezeichnen. In einem Huj wird dir das Glück ganz geneigt, Opitz. 2) Zuweilen ist es auch ein Zwischenwort der aufmunternden Freude, wo es mit ey! verwandt ist. Wenn die Drommete fast klingt, spricht es (das Roß) Huj! und reucht den Streit von ferne, Hiob. 39, 25. 3) Ingleichen, Aufmerksamkeit zu erregen. Huj! er hat gewiß wieder etwas auf dem Rohre, Weiße.

Anm. Im Schwed. hui, im Ital. uh, im Franz. ehedem hu. In der ersten Bedeutung der Geschwindigkeit hat man im Oberdeutschen auch das Bey- und Nebenwort huj, für schnell, hurtig. Ein hujer Mensch; er ist in allen seinen Sachen, zu huj. Ingleichen das Zeitwort hujen in dem zusammen gesetzten überhujen, übereilen. Angels. higan, eilen, alt Engl. to hye.


Huk (W3) [Adelung]


Der Huk, das Zäpfchen im Halse, S. Hauk.


Huker (W3) [Adelung]


Der Huker, des -s, plur. ut nom. sing. in Nieder-Deutschland und Nieder-Sachsen, ein leichtes Fahrzeug mit einem runden Botte, plattem Boden, einem Bogspriete und einer Unterblinde, welches wie ein Heu bemastet ist, auf den Kanälen häufig gebraucht wird und von Erasmus von Rotterdam erfunden seyn soll. Im Französischen ist Huche gleichfalls eine Art kleiner Schiffe. Eben daselbst aber, besonders in der Picardie, bedeutet Huche einen länglichen hölzernen Kasten, welche Bedeutung auch das mittlere Lat. Hucha und Huchia hat. S. 1. Heu und Holk.


Hulbe (W3) [Adelung]


Die Hulbe, plur. die -n, S. 1 Holm.


Huld (W3) [Adelung]


Die Huld, plur. inus. von dem Bey- und Nebenworte hold, überhaupt, die Neigung zu einer Person, die Bereitwilligkeit und Fertigkeit ihr Bestes zu befördern; in welcher weitern Bedeutung es noch häufig in der dichterischen Schreibart gebraucht wird. Am üblichsten ist es, wenigstens in Prosa, in eingeschränkter Bedeutung, von dieser Neigung eines Höhern gegen einen Geringern. Gottes Huld. Sich der Huld und Gnade des Landesherren empfehlen. Jemandes Huld erwerben. Die biblische R. A. seine Huld zu jemanden neigen, 1 Mos. 39, 21, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.

Anm. Bey dem Tatian, Ottfried und Willeram, welche es auch in weiterer Bedeutung für Liebe gebrauchen, Huldi, Hulde und Hulte, im Dän. Huld, im Schwed. Huldhet. Bey dem Opitz lautet es Holde: Apollo nahm mich an in seine Gunst und Holde. Ehedem bedeutete es auch die Fertigkeit eines Unterthanes das Beste seines Obern zu befördern, die Treue, und die feyerliche Versicherung derselben, daher Huld thun mehrmahls für huldigen vorkommt, S. dieses Wort. In den Monseeischen Glossen stehet Huldi zwey Mahl für Gesundheit, Heil, daher es fast scheinet, daß es mit hold von diesem Worte abstammet.


Huldgöttinn (W3) [Adelung]


Die Huldgöttinn, plur. die -en, die Deutsche Benennung der drey Grazien der Griechen und Römer, wo das Hauptwort Huld zunächst von hold, angenehm, liebreich, holdselig, abstammet.


Huldigen (W3) [Adelung]


Huldigen, verb. reg. act. welches nur in der veralteten Bedeutung des Wortes Huld gebraucht wird, so fern es die Treue eines Unterthanes gegen seinen Oberherren, und deren feyerliche Versicherung bedeutete, sich durch den Eid der Treue zur Unterthänigkeit verpflichten, besonders in engerer Bedeutung, so fern es bey dem Antritte des Besitzes eines Landes- oder Grundherren geschiehet. Einem huldigen. Die Unterthanen haben noch nicht gehuldiget. Ihm ist noch nicht gehuldiget worden. Anm. Es stammt von dem veralteten huldig her, befugt die Huld, d. i. Treue eines andern zu verlangen; ein huldiger Herr, der rechtmäßige Oberherr, dem man Treue schuldig ist. In mehr thätigem Verstande waren huldige Leute auch Unterthanen, welche ihrem Oberherren Treue und Gehorsam schuldig sind. Für huldigen sagt Opitz nur hulden, welches mit dem Dän. hylde, und Schwed. hylta überein kommt, ehedem aber auch in weiterer Bedeutung für hold seyn, lieben, gebraucht wurde.


Huldigung (W3) [Adelung]


Die Huldigung, plur. die -en, von dem Zeitworte, die Leistung des Eides der Treue, so fern sie von Unterthanen geschiehet. Die Unterthanen zur Huldigung auffordern. Die Huldigung leisten. Daher der Huldigungseid, die Huldigungsmünze, welche bey dieser feyerlichen Gelegenheit ausgeworfen zu werden pfleget, der Huldigungsgroschen, wenn sie in Groschen bestehet u. s. f.


Huldigungslehen (W3) [Adelung]


Die Huldigungslehen, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, die Lehenwaare, welche die Unterthanen einem neuen Erbherren entrichten, wenn sie ihre Güter von ihm in Lehen nehmen, weil sie gleich nach der Erbhuldigung entrichtet wird; an andern Orten die Antrittslehen, das Lehengeld u. s. f. Siehe Lehenwaare.


Huldreich (W3) [Adelung]


Huldreich, -er, -ste, adj. et adv. reich an Huld, d. i. an Neigung gegen einen Geringern.


Hülfe (W3) [Adelung]


Die Hülfe, plur. die -n, von dem Zeitworte helfen. 1. Die Handlung, da eine Person oder Sache hilft, in allen Bedeutungen des Zeitwortes; am häufigsten ohne Plural. 1) Die Handlung, da eine Person oder Sache den Zustand eines andern vollkommener macht; ohne Plural. (a) Die Herstellung der Gesundheit. Bey einem Arzte Hülfe suchen. Die Arzeney hat mir die beste Hülfe gethan. (b) Die Befreyung von einer Verlegenheit, von einer Noth, von einer Gefahr. Keine Hülfe noch Rath mehr wissen. Jemanden Hülfe leisten, ihm zu Hülfe kommen. Um Hülfe bitten, um Hülfe rufen, schreyen. Bey jemanden Hülfe suchen. Auf Hülfe hoffen. Jemanden Hülfe widerfahren, angedeihen lassen. In der weitesten Bedeutung der Beförderung der Wohlfahrt, ohne Rücksicht auf die vorher gegangene Gefahr scheinet es eben nicht üblich zu seyn. 1) Der Zustand, da man seine Kräfte mit den Kräften eines andern zur Erreichung eines Endzweckes vereiniget, der Beystand, welchen man einem andern in Erreichung einer Absicht leistet. (a) Überhaupt und ohne Plural. Einem Gefallenen seine Hülfe versagen. Einem Arbeiter Hülfe leisten. Jemanden zu Hülfe kommen. Mit Gottes Hülfe. Um Hülfe rufen. Die Obrigkeit um Hülfe anrufen. Jemanden Truppen zu Hülfe schicken. Ich brauche bey dieser Arbeit keine Hülfe. Er thats mit Hülfe seines Dieners. Ingleichen figürlich. Mit Hülfe der Nacht entkommen. Eines Gedächtnisse zu Hülfe kommen. (b) Besonders, in einigen einzelnen Fällen. a) In der Reitkunst gibt man einem Pferde die Hülfe, wenn man dasselbe durch einen gelinden Schlag mit dem Schenkel oder mit der Ruthe, oder durch ein Zeichen mit dem Zügel, den Spornen u. s. f. an seine Pflicht erinnert; wo man auch den Plural braucht. Auf ähnliche Art thun die Jäger dem Leithunde die Hülfe. b) In den Rechten ist die Hülfe diejenige gerichtliche Handlung, wodurch der Überwiesene gezwungen wird, dem Urtheile Folge zu leisten; die Hülfsvollstreckung, der Hülfszwang, mit einem Lat. Kunstworte die Execution. Jemanden die Hülfe thun, ihn exequiren, die Execution in bürgerlichen Sachen an ihm vollziehen. Die Hülfe ergehen lassen, die Execution. Jemanden in die Hülfe verurtheilen. Die Hülfe erkennen, durch ein gerichtliches Urtheil beschließen und verordnen. Schon bey dem Winsbeck in dieser Bedeutung Helfe. 2. Eine helfende Person oder Sache; doch nur in einigen Fällen, wo es auch den Plural verträgt. Jemanden Hülfe schicken, Personen, welche ihm helfen. Die Geldhülfe, Geld, welches man jemanden gibt, sich damit zu helfen. In der Bedeutung einer helfenden Person, war ehedem auch das männliche der Hülfe, und das weibliche die Hülfinn üblich, wofür man jetzt Gehülfe und Gehülfinn sagt. Das Nieders. Hulpe hat diese Bedeutung noch. Anm. Bey den ältern Franken Chilpe, bey dem Kero, der es auch für Trost gebraucht, Helfa und Helfu, bey dem Ottfried Helpha, bey dem Notker Helfa, im Nieders. Hülpe, im Angels. und Engl. Help, im Dän. Hiälp. In den Zusammensetzungen mit Hauptwörtern nimmt es am Ende gemeiniglich ein s an, Hülfsgelder, Hülfsmittel, Hülfstruppen, ob es gleich auch Schriftsteller gibt, welche lieber Hülfgelder u. s. f. schreiben und sprechen.


Hülflich (W3) [Adelung]


Hülflich, adj. welches in der zweyten Bedeutung des Wortes Hülfe, so fern es eine Handlung bedeutet, nur in einigen Fällen üblich ist, für helfend, Hülfe gewährend. Jemanden hülfliche Hand leisten, ihm in einer Sache helfen, beystehen. Jemanden hülfliche Handreichung leisten. In andern Fällen ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich, besonders als ein Nebenwort. Laß sich dein Heil doch hülflich zu mir neigen, Opitz. Für hülfreich. S. auch Behülflich.


Hülflos (W3) [Adelung]


Hülflos, -er, -este, adj. et adv. der Hülfe beraubt. Ein hülfloser Zustand. Jemanden hülflos lassen. Ein ungewisses Herz ist ein hülfloses Schiff auf der Höhe des Meeres. Der Mensch kommt schwächer und hülfloser auf die Welt, als alle andern beseelte Geschöpfe, Gell S. Hülfe 1. 2). Bey dem Notker helfelos, im Nieders. reddelos, im Schwed. hjälplös Die Hülflosigkeit, plur. inus. der Zustand, da man der Hülfe beraubt ist.


Hülfrede (W3) [Adelung]


Die Hülfrede, oder Hülfsrede, plur. die -n, in den Rechten, eine Rede, wodurch man sich zu helfen, d. i. sich von einer Verlegenheit zu befreyen sucht; ein Behelf, eine Ausrede.


Hülfreich (W3) [Adelung]


Hülfreich, -er, -ste, adj. et adv. reich an Hülfe, und in weiterer Bedeutung, geneigt, andern zu helfen, und darin gegründet. Ein hülfreicher Mann. Im Unglück geübte Men- schen sind gemeiniglich die brauchbarsten und hülfreichsten, Gell. Das Elend andrer erfüllt den Menschenfreund mit der hülfreichen Empfindung des Mitleidens, ebend. Jemanden hülfreiche Hand leisten, d. i. hulfliche.


Hülfsauflage (W3) [Adelung]


Die Hülfsauflage, plur. die -n, in den Rechten einiger Gegenden, der Befehl eines Oberrichters an einen Unterrichter, die Hülfe, d. i. Execution, ergehen zu lassen.


Hülfsbedürftig (W3) [Adelung]


Hülfsbedürftig, -er, -ste, adj. et adv. der Hülfe bedürftig. Daher die Hülfsbedürftigkeit.


Hülfsbrief (W3) [Adelung]


Der Hülfsbrief, des -es, plur. die -e, eben daselbst, ein Schreiben eines Gerichtes an das andere, worin um die Vollstreckung der gerichtlichen Hülfe angesucht wird; der Helfbrief, Litterae exsecutoriales, Litterae mutui compassus.


Hülfsgeboth (W3) [Adelung]


Das Hülfsgeboth, des -es, plur. die -e, eben daselbst, das Geboth, d. i. der Befehl, die gerichtliche Hülfe zu vollziehen.


Hülfsgeld (W3) [Adelung]


Das Hülfsgeld, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -er. 1) Diejenige Gebühr, welche der Schuldner für die gerichtliche Hülfe dem Richter entrichten muß; die Executions-Gebühren. 2) Im Plural, Gelder, welche man jemanden zur Erreichung einer Absicht darreichet. So werden Gelder, welche Unterthanen ihrem Landesherren zu gewissen Bedürfnissen bewilligen, zuweilen Hülfsgelder, und mit einem Französischen Ausdrucke Subsidien genannt; die Hülfssteuer. Noch häufiger sind es Geldsummen, welche ein Staat seinen Bundesverwandten zur Führung eines Krieges, oder zur Unterhaltung einer gewissen Anzahl Truppen bewilliget und auszahlet; Subsidien.


Hülfskrieg (W3) [Adelung]


Der Hülfskrieg, des -es, plur. die -e, ein Krieg, welchen ein Staat zur Unterstützung eines andern führet; im Gegensatze eines eigenen Krieges.


Hülfsleistung (W3) [Adelung]


Die Hülfsleistung, plur. die -en, von der R. A. Hülfe leisten, die Leistung der Hülfe.


Hülfsmittel (W3) [Adelung]


Das Hülfsmittel, des -s, plur. ut nom. sing. ein jedes Ding, durch dessen rechtmäßigen Gebrauch die Erhaltung eines Endzweckes befördert oder auch nur erleichtert wird.


Hülfsnote (W3) [Adelung]


Die Hülfsnote, plur. die -n, in der Musik, diejenige Note, welche den Hülfston ausdruckt, S. dieses Wort; im Gegensatze der Hauptnote.


Hülfsquelle (W3) [Adelung]


Die Hülfsquelle, plur. die -n, ein figürlicher Ausdruck, eine Quelle der Hülfe, d. i. ein wirksames Hülfsmittel zu bezeichnen; Franz. Ressource.


Hülfsrecht (W3) [Adelung]


Das Hülfsrecht, des -es, plur. die -e, in den Rechten, die Befugniß, in den nöthigen Fällen die gerichtliche Hülfe oder Execution zu vollziehen.


Hülfssteuer (W3) [Adelung]


Die Hülfssteuer, plur. die -n, S. Hülfsgeld 2.


Hülfsstollen (W3) [Adelung]


Der Hülfsstollen, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, ein Stollen, welcher einem andern Stollen das Wasser zuführet, und demselben gleichsam zu Hülfe kommt; im Gegensatze des Hauptstollens.


Hülfston (W3) [Adelung]


Der Hülfston, des -es, plur. die -töne, in der Musik, der höhere Ton eines Trillers; im Gegensatze des Haupttones.


Hülfs-Truppen (W3) [Adelung]


Die Hülfs-Truppen, sing. inus. Truppen, welche man einem andern zu Hülfe schickt; Auxiliar-Truppen, Hülfsvölker.


Hülfsvölker (W3) [Adelung]


Die Hülfsvölker, sing. inus. S. das vorige.


Hülfswissenschaft (W3) [Adelung]


Die Hülfswissenschaft, plur. die -en, eine Wissenschaft, aus welcher eine andere Grundsätze entlehnet, oder Regeln herleitet und erweiset.


Hülfswort (W3) [Adelung]


Das Hülfswort, des -es, plur. die -wörter, in der Sprachkunst. 1) Ein Zeitwort, durch dessen Hülfe alle Zeitwörter ihre Tempora bilden; von welcher Art die Zeitwörter haben und seyn sind, welchen in uneigentlicherm Verstande auch wohl werden, wollen, können, sollen und mögen beygefüget werden; Ver- bum auxiliare, bey einigen ein Hülfszeitwort. 2) Ein Wort, welches den Sinn eines andern vollständiger machen hilft, oder auch nur zur Ründe der Periode, zum Reime u. s. f. dienet; ein Füllwort, und in verächtlichem Verstande, ein Flickwort.


Hülfszwang (W3) [Adelung]


Der Hülfszwang, des -es, plur. die -zwänge, die gerichtliche Hülfe, die Execution, S. Hülfe 1. 2).


Hulfter (W3) [Adelung]


Die Hulfter, S. Holfter.


Hülfwurz (W3) [Adelung]


Die Hülfwurz, plur. inus. ein Nahme verschiedener heilsamen Pflanzen; besonders des Allermannsharnisches, Allium victoriali L. und des Eibisches, Althaea officinalis L.


Hulke (W3) [Adelung]


Die Hulke, ein Schiff, S. der Holk.


Hülle (W3) [Adelung]


Die Hülle, plur. die -n, von dem folgenden Zeitworte, ein Ding, welches ein anderes verhüllet, es den Blicken anderer entziehet, eine Decke; in welcher Bedeutung es nur noch in der edlen und höhern Schreibart üblich ist. Ja sie fallen, die unseligen Hüllen, die meine Augen bisher gefangen hielten. Noch glaubte er sich unter den Hüllen der Verstellung sicher. Wie bald verschwand Sache und Bedeutung, nur Hülle blieb, Herd. So verliert die Raupe ihre berstende Hülle und nimmt die Gestalt eines gefälligen Sommervogels an, Gell. In engerer Bedeutung, die Kleidung, Bekleidung; gleichfalls nur noch in der höhern Schreibart, vornehmlich in verächtlichem Verstande. Im gemeinen Leben gebraucht man es nur noch in der R. A. die Hülle und die Fülle, welche eigentlich Kleider und hinreichende Nahrung, in weiterer Bedeutung aber mit der zweyten Endung des Hauptwortes auch überhaupt eine Menge, einen Überfluß bedeutet. Jammers die Hülle und die Fülle haben, d. i. Jammer im Überflusse. Im engsten Verstande ist Hülle im Niedersächsischen eine Weibermütze; daher denn auch der zweyte Magen des Rindviehes wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt von einigen die Hülle, von andern aber die Haube genannt wird.

Anm. Bey dem Notker ist Heli die Kleidung. Das Hüllen, Es. 25, 7, für die Decke, Verhüllung, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. S. das folgende.


Hüllen (W3) [Adelung]


Hüllen, verb. reg. act. ganz in einen biegsamen Körper wickeln, oder hinter demselben verbergen. Einen Sack um sich hüllen, Es. 37, 1. Sich in den Mantel hüllen. Sie hüllte ihr Gesicht in ein Tuch. Ehedem wurde es in noch weiterer Bedeutung für bedecken gebraucht. Etwas mit Erde hüllen, in Eckards Scriptor. bey dem Frisch. S. auch die Zusammensetzungen Einhüllen, Enthüllen und Verhüllt.

Anm. Bey dem Ulphilas huljan, im Schwed. hölja, im Dän. bylle. Es ist das Intensivum von hehlen. S. dasselbe.


Hülse (W3) [Adelung]


1. Die Hülse, plur. die -n, eine Staude, welche in dem mittägigen Europa einheimisch ist; Ilex aguifolium, Hülsenbaum, im gemeinen Leben Hulscheholz, Hülzeholz, Hulststrauch, Holländ. Hulst, sonst aber auch Stechpalme, Stechbaum, Walddistel, Stechlaub, Christdorn, Myrthendorn, Mäusedorn, Klesebusch, wegen der stacheligen spitzigen Blätter; im Nieders. Hulse, im Franz. Houx, im Engl. Holly, welche Nahmen so wie der Deutsche aus dem Lat. Ilex verderbt zu seyn scheinen.


Hülse (W3) [Adelung]


2. Die Hülse, plur. die -n, Diminut. das Hülschen, Oberd. Hülselein. 1. Überhaupt, eine jede Hülle eines Dinges, besonders eine Hülle, welche aus einer festern Materie bestehet, und ein anderes Ding einschließet oder verhüllet. So werden die pergamentartigen Samenbehältnisse der Pflanzen, die hautartigen Schalen der Früchte, häufig Hülsen genannt. Dahin gehören die Hülsen oder Bälglein, worin die Getreidekörner eingewickelt sind, die Hülsen der Weinbeeren, die äußere Schale derselben, besonders nachdem der Saft ausgepresset worden u. s. f. Weder Weinkern noch Hülsen essen, 4 Mos. 6, 4; den Kern oder die Schale, nach Michaelis Übersetzung. Auch die rauche Schale der Kastanien und Bucheicheln ist unter dem Nahmen der Hülse bekannt. 2. Besonders in verschiedenen einzelnen Fällen. 1) Diejenigen Samenbehältnisse mancher Pflanzen, welche aus zwey länglichen vermittelst zweyer Näthe an einander gesetzten Stücken bestehen, in welchen der Same befestiget ist, werden Hülsen oder Schoten, diejenigen Gewächse, welche solche tragen, Hülsengewächse, und der Same Hülsenfrucht genannt. In engerer Bedeutung führen, besonders in der Naturgeschichte, nur diejenigen Samenbehältnisse dieser Art den Nahmen der Hülsen, wo der Same nur allein an der Obernaht befestiget ist, Legumen; zum Unterschiede von den Schoten, in welchen der Same wechselweise von einer Naht zur andern sitzet, Siliqua. So haben der Hauhechel, die Feigbohne, die Türkische Bohne, die Erbsen, die Linsen, die Wicken, die Kichern, der Klee u. s. f. in engerer Bedeutung Hülsen, die Kresse aber, der Hederich, die Levkoje, der Kohl, der Senf, der Rettig, der Waid u. s. f. Schoten. 2) Verschiedene durch die Kunst gemachte hohle Behältnisse, ein anderes Ding darin zu verwahren oder aufzubehalten. So heißen die kleinen Röhrchen an dem Gewehrschafte, welche den Ladstock aufnehmen, die hörnerne Mündung des Schrotbeutels, die papiernen Röhren in der Artillerie zu den Schwärmern, Serpentosen und Racketen u. s. f. Hülsen. Dahin gehöret auch die Hülse des Hammers in den Hammerwerken, die hohle Öffnung, worin der Stiel des Hammers beweglich ist.

Anm. In den gemeinen Sprecharten Hülsche, im Nieders. Hulse, im Holländ. Hulsche, im Schwed. Hylsor, im Engl. Husk, ( S. Haus,) Es stammet mit Hülle und hüllen, von hehlen und hohl her, so daß die Endung -se das Werkzeug bedeutet. Im mittlern Lat. Culea, ( S. Schale,) Die Niedersachsen haben noch andere Ausdrücke eine Hülse zu bezeichnen. Dergleichen sind Paale, Engl. Peel, welches zu Fell, pellis, gehöret, und gleichfalls den Begriff der Bedeckung hat; Slu, Sluwe, Schlaube, von dem Holländ. sloouen, bedecken, ( S. Schlauch,) Bulstern, Booßen u. a. m.


Hülsen (W3) [Adelung]


Hülsen, verb. reg. act. 1) Sich hülsen, Hülsen bekommen, von Gewächsen. 2) Der Hülsen berauben. Die Erbsen hülsen, sie aus den Hülsen brechen. S. auch Aushülsen.


Hülsenfrucht (W3) [Adelung]


Die Hülsenfrucht, plur. die -früchte, eine Frucht, d. i. ein eßbarer Same, welcher in Hülsen erzeuget wird, und das Gewächs, welches dergleichen Samen träget. S. 2. Hülse und Schmalsat.


Hülsig (W3) [Adelung]


Hülsig, adj. et adv. Hülsen habend.


Hum! (W3) [Adelung]


Hum! ein Zwischenwörtchen, welches oft nur hm! lautet, und besonders in folgenden Absichten gebraucht wird. 1) Jemanden zu rufen, wo es mit dem Lat. hem überein kommt, und vornehmlich in einigen Oberdeutschen Gegenden gebraucht wird, wofür on andern pst! pst! üblicher ist. 2) Als ein Verbiethungswort, besonders in Niedersachsen, wofür in andern Gegenden ham üblicher ist. 3) Bey den Fuhrleuten, ein Zeichen für die Pferde, sich mit dem Hintern herein zu drehen, und sich in die Stränge zu stellen, wo es aus herum zusammen gezogen ist. 4) Ein Zeichen, seine Gleichgültigkeit gegen eine Sache an den Tag zu legen. Oft ist es auch ein Zeichen eines geringen Grades der Verwunderung, einer Bejahung u. s. f.


Humber (W3) [Adelung]


Der Humber, S. Hummer.


Hummel (W3) [Adelung]


Die Hummel, plur. die -n, Diminut. das Hummelchen. 1) Eine Art großer haariger, schwarzer und dicker Feldbienen, welche am Hinterleibe zuweilen gelbroth oder weißlich gestreift sind, ihre Nester in die Erde bauen, und sich durch ihr Hummen und Sumsen von andern ihrer Art unterscheiden; Apis ter- restris L. Dän. Humler, Humle-Bin, Engl. Humble-Bee, Angels. Humble, Schwed. Humla, Isländ. Humle. 2) Die Thränen, Drohnen oder Wasserbienen, welche größer als die Honigbienen sind, werden von einigen gleichfalls Hummeln genannt, vermuthlich so fern man ihnen das Gesumse in den Bienenstöcken zuschreibt. 3) Eine Art Sackpfeifen, welche nur zwey Stimmen, nähmlich F und C, und zwar beyde mit Einem Striche hat, ist im gemeinen Leben unter den Nahmen des Hummelchens bekannt. 4) Bey den Brauern führet die Malztenne den Nahmen der Hummel.

Anm. In allen diesen Fällen kommt es von hummen, sumsen, her, S. dasselbe.


Hummelfänger (W3) [Adelung]


Der Hummelfänger, des -s, plur. ut nom. sing. in der Bienenzucht, eine Maschine vor den Fluglöchern der Bienenstöcke, welche die kleinern Arbeitsbienen heraus lässet, die Hummeln oder Drohnen aber nicht, die man alsdann fänget und tödtet; der Drohnenfänger.


Hummelich (W3) [Adelung]


Hummelich, zusammengezogen hummlich, oder humlich, -er, -ste, adj. et adv. ein nur in einigen Gegenden, besonders Niedersachsens übliches Wort, die Eigenschaft eines Dinges zu bezeichnen, da es niedrig, kurz, aber zugleich dick ist, welches man sonst auch drummig, drummelich, stumpelich nennet. Hummelische Böcke, dergleichen Böcke. In und um Hamburg hummig. Entweder von dem Nieders. Hümpel, ein Haufe, oder auch von Humpe, ein abgeschnittenes Stück. ( S. Hümpeln,) Im Engl. ist humble niedrig, und im Lat. Humus die Erde.


Hummen (W3) [Adelung]


Hummen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, einen eintönigen dumpfigen Laut von sich geben, dergleichen die Hummeln und Bienen zu machen pflegen; mit Verwandelung des Hauchlautes in den Zischlaut summen. Es ist, so wie das Engl. to hum, eine Nachahmung des Lautes. ( S. Hummel und Humsen,) welches letztere das Intensivum davon ist.


Hummer (W3) [Adelung]


Der Hummer, des -s, plur. ut nom. sing. die größte Art unter den Seekrebsen, welche in der West- und Nordsee häufig gefangen werden, aber ein sehr hartes Fleisch haben; Cancer Gammarus L. Bey einigen Humber, im Dän. und Schwed. gleichfalls Hummer, im Lat. Cammarus, im mittlern Lat. Gambarus, im Franz. Homard, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, aus welchem alle übrige Benennungen herzustammen scheinen.


Hümpel (W3) [Adelung]


Der Hümpel, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens übliches Wort, einen Hügel, ingleichen einen Haufen zu bezeichnen. Mit dem Lat. amplus und Cumulus gleichfalls von dem jetzt gedachten Stammworte ha, hoch.


Humpeln (W3) [Adelung]


Humpeln, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, aber gleichfalls nur im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, üblich ist, hinken, gebrechlich gehen; das Diminut. von dem im Ober- und Niederdeutschen üblichen humpen, hinken. Humpele fort. In einigen Gegenden auch hümpeln. Ohne Zweifel mit dem folgenden aus einer und eben derselben Quelle.


Hümpeln (W3) [Adelung]


Hümpeln, verb. reg. act. mit Unwissenheit arbeiten, und die Sache dadurch verderben, besonders bey den Handwerkern; im Nieders. humpeln. Wer ein Handwerk nicht recht gelernet hat, hümpelt seine Arbeit nur so hin. Das zusammen gesetzte verhümpeln findet sich bey dem Hans Sachs. Es ist das Diminutivum von dem noch im Oberdeutschen üblichen humpen, und stammet mit dem noch hin und wieder üblichen Hump, ein kurzes abgeschnittenes Stück, von hammeln, schneiden, verschneiden her. Die gleich bedeutenden Stumpf, stümmeln, stümpern, haben eine ähnliche Abstammung. S. Hummelich, 2. Hammel und Hümpler.


Humpen (W3) [Adelung]


Humpen, S. Humpeln und Hümpeln.


Hümpler (W3) [Adelung]


Der Hümpler, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Hümplerinn, eine Person, welche eine Arbeit aus Unwissenheit verdirbt, welche sie verhümpelt. Besonders bey den Handwerkern, eine Person, welche ihr Handwerk nicht gehörig erlernet hat; ein Pfuscher, Stümper. Ein guter Meister macht ein Ding recht; aber wer einen Hümpler dinget, dem wirds verderbet, Sprichw. 26, 10. Im Niedersächsischen Humpler.


Humsen (W3) [Adelung]


Humsen, verb. reg. neutr. et act. welches das Intensivum oder Frequentativum von hummen ist, und so wie dieses einen eintönigen dumpfigen Ton verursachen, bedeutet. Besonders, eine Melodie ohne Worte brummend für sich singen. Daher das Gehumse, ein solches Singen. In einigen Gegenden gebraucht man es auch von dem Sumsen der Bienen. S. Hummen.


Hund (W3) [Adelung]


1. Der Hund, des -es, plur. die -e, in einigen einzelnen Fällen noch ein Nahme eines Werkzeuges etwas damit zu halten oder zu hemmen. 1) In dem Bergbaue ist der Hund oder Göpelhund ein längliches Stück Holz mit eisernen Zacken, welches an die Docke gehänget wird, und das Holz, welches man vermittelst des Göpels in den Schacht hinunter lässet, hemmet und aufhält, damit es nicht zu schnell hinunter schieße. ( S. Hundsring,) Daher, den Hund anhängen, im Bergbaue, figürlich, feyern, müßig gehen, oder gemächlich arbeiten. 2) In den Gerichten einiger Gegenden, ein Instrument der Tortur, vermittelst dessen der Inquisit mit allen seinen Theilen gleichsam in eine Kugel zusammen gewickelt wird. 3) Bey den Böttchern, ein Werkzeug, die Reife damit um die Fässer zu legen und solche damit zu halten. 4) Bey den Brauern, ein Stück Holz, welches den Zapfen in der Schirrgrube hält.

Anm. Es gehöret zu dem Angels. hentan, Schwed. haenta, haenda, nehmen, halten, fassen, von welchem auch Hand abstammet, und welches zu haben, halten, gehöret. Im Engl. und Schwed. ist Hank, ein Band, ein weidener Ring, im Isländ. Hank und Haunk, eine Kette. Schon bey dem Plautus ist Canis eine eiserne Kette, welche den Verbrechern um den Hals gelegt wurde. S. Hand.


Hund (W3) [Adelung]


2. Der Hund, des -es, plur. die -e, ein gleichfalls nur noch in einigen einzelnen Fällen übliches Wort, ein hohles Behältniß, ein Gefäß zu bezeichnen. 1) In Niedersachsen, besonders im Bremischen, ist ein Hund Landes, der sechste Theil eines Morgens, oder ein Stück Landes, welches 20 Ruthen lang und 4 Ruthen breit ist; in welcher Bedeutung es schon in Niedersächsischen Urkunden des 13ten Jahrhundertes vorkommt. Vermuthlich, so fern Hund ehedem ein Gefäß von bestimmter Größe, ein Maß bedeutete, da es denn so viel Land bedeuten würde, als man mit einem Hunde Getreides besäen kann; in welchem Verstande man auch eine Metze, ein Nößel, ein Viertel, ein Scheffel, eine Tonne Landes sagt. 2) Eben daselbst ist der Hund auch ein Torfmaß, welches 60 bis 70 große Körbe beträgt, und nach welchem der Gehalt der Torfschiffe bestimmet wird; wo es aber auch einen Haufen bedeuten, und mit Hümpel unmittelbar von ha, hoch, abstammen kann. 3) Im Bergbaue ist der Hund ein Kasten mit vier Rädern, worin die Bergleute Berge oder Schutt, und Erze in der Grube von einem Orte zum andern schaffen. S. Hundsläufer, Hundsschlepper, Hundskette und so ferner.

Anm. In dieser letzten Bedeutung auch bey den Böhmischen Bergleuten Hunt. Man könnte es mit dem vorigen gleichfalls von haben, halten, enthalten, ableiten, so wie Gefäß und Faß von fassen herstammet. Allein es scheinet vielmehr mit Humpe, Gumpe, Kumpf, Himten, Kahn, Kanne u. s. f. zu ha, hoch und tief, zu gehören, und eigentlich ein jedes hohles Gefäß oder Behältniß auszudrücken. Cannada, Cannata, Canneta u. s. f. bezeichnen im mittlern Lat. gleichfalls Arten von Gefäßen.


Hund (W3) [Adelung]


3. Der Hund, des -es, plur. die -e, Dimin. das Hündchen, Oberd. Hündlein, Fämin. die Hündinn, plur. die -en, der Nahme eines bekannten vierfüßigen fleischfressenden Hausthieres mit fünf Zehen und einem nach der linken Seite umgekrümmten Schwanze. 1. Eigentlich, wo es eine Menge besonderer Arten dieses Thieres gibt, welche durch allerley Zusammensetzungen näher bestimmt werden. ( S. Jagdhund, Schooßhund, Haushund, Hofhund, Leithund, Wasserhund, Spürhund, Dachshund, Hühnerhund, Windhund, Kettenhund, Schäferhund u. s. f.) Hunde halten. Etwas vor die Hunde werfen. Jemanden mit Hunden hetzen. Einen Hund abrichten. Jemanden wie einen Hund halten, ihm wie einem Hunde begegnen, auf das verächtlichste. Der Hund ist wegen seiner Treue und Geschicklichkeit zur Jagd von einer guten, wegen mancher bösen Eigenschaften aber auch von einer schlechten Seite bekannt, und zugleich sehr oft ein Gegenstand der äußersten Verachtung, besonders in den warmen Morgenländern, wo man die Hunde wegen ihres Geruches nie in den Zimmern und Häusern duldet. Diese Umstände, und die viele Gemeinschaft, welche die Menschen von den ältesten Zeiten an mit diesem Thiere gehabt haben, haben zu einer Menge so wohl figürlicher R. A. als auch Sprichwörter Anlaß gegeben, welche doch insgesammt in die Sprache des niedrigen Lebens gehören. Er muß es haben, als hätte ihn ein Hund gebissen, er muß es ungeahndet, ungeklagt hingehen lassen. Du wirst am Ende noch Hunde führen müssen, in die verächtlichste Armuth gerathen. Da liegt der Hund begraben, das ist der Grund der Sache, das ist es, worauf es ankommt; welche R. A. ohne Zweifel von einem einzelnen jetzt unbekannten Falle herrühret. Der bekannte Pasquillant Lemnius behauptet in seiner seltenen Monachopornomachia, Luther habe durch eine gewisse sträfliche Handlung dazu Anlaß gegeben. Viele Hunde sind des Hasen Tod. Es wird ihm bekommen, wie dem Hunde das Grasfressen, d. i. übel, weil die Hunde, wenn sie zur Verbesserung des verdorbenen Magens sich ein Erbrechen erregen wollen, Gras zu fressen pflegen. Der Knüttel liegt bey dem Hunde, die eingeschränkten Umstände erlauben es nicht. Damit kann man keinen Hund aus dem Ofen locken, vielleicht, hinter dem Ofen vorlocken, d. i. die Sache hat nicht den geringsten Nutzen. Todte Hunde beißen nicht. Er ist so bekannt, wie ein bunter Hund. Mit gezwungenen Hunden ist übel jagen. Komme ich über den Hund, so komme ich auch über den Schwanz, überwinde ich das größere Hinderniß, so werde ich auch mit dem kleinern fertig werden. Je fetterer Floh, je magerer Hund, reiche Beamten machen gemeiniglich arme Bauern. An Riemchen lernen die Hunde Leder kauen, man gewöhnt sich nur stufenweise an das Laster. Er gehet wie ein begossener Hund, mit muthloser Scham. Zwey Hunde an Einem Knochen vertragen sich selten; und andere mehr. 2. Figürlich. 1) Wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt, ist der fliegende Hund eine Art großer Fledermäuse, welche in Asien und Amerika angetroffen werden, und den Menschen in der Nacht das Blut aussaugen; Vespertilio Vampyrus L. der Hundskopf. Der Seehund ist ein anderes zu den Fischen gehöriges Thier, S. dasselbe. 2) Der große Hund, in der Astronomie, ein aus neunzehen Sternen bestehendes Gestirn unter dem Orion; ( S. Hundsstern,) Der kleine Hund, ein anderes Gestirn, welches nur aus acht Sternen bestehet; Procyon. 3) Ein niedriges, mit der tiefsten Verachtung verknüpftes Schimpfwort eines nichtswürdigen, lasterhaften, verächtlichen Menschen. Haußen sind die Hunde, Offenb. 22, 15. Die Wenden, Heiden und Türken pflegte man ehedem in der harten und niedrigen Schreibart nur Hunde zu nennen. So auch in den Zusammensetzungen Bluthund, Lumpenhund u. s. f.

Anm. 1. Schon in den Baierischen Gesetzen Hona und Hunt, bey dem Ottfried, Notker und im Tatian Hunt, Hund, im Engl. Hound, im Angels. Hunde, im Nieders. Dän. und Schwed. Hund, im Isländ. Hund und Hun, bey dem Ulphilas Hunds, im Wallisischen Cwn, im Lat. Canis und im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Das letztere stammet, wie Plato ausdrücklich versichert, von den Barbarn, d. i. Scythen, her, und darf man bey einem so alten Worte es wagen, seiner Quelle nachzuforschen, so scheinet die Geschwindigkeit dieses Thieres, und dessen Geschicklichkeit zur Jagd zu dessen Bedeutung Anlaß gegeben zu haben. Im Angels. ist huntian, und bey den ältern Oberdeutschen Schriftstellern hunten, jagen, verfolgen, im Engl. to hunt. Das Wallis. huntian bedeutet herum schweifen, das Wend. honin treiben, hanicz jagen, Honitwa die Jagd, und Haink, Hainz, einen Jäger, welcher letztere auch im Angels. Hunta genannt wird. Hund ist auf diese Art eben so viel als der Nahme Wind, Windspiel, welcher eine besondere flüchtige Art von Hunden bezeichnet; S. dasselbe, ingleichen Hunzen 2. Anm. 2. Hund ist eine allgemeine Benennung, welche alle Arten dieses Thieres, so wie dessen beyde Geschlechter ausdruckt. Sollen die letztern besonders bezeichnet werden, so heißt ein solches Thier männlichen Geschlechtes in engerer Bedeutung der Hund, sonst aber auch die Rätte; das weibliche aber die Hündinn und im gemeinen Leben die Petze, anderer in den Mundarten üblichen Rahmen zu geschweigen, welche bey dem Worte Petze angeführet werden; denen man noch das Schlesische Lutsche, im Oberd. Lusch, das gleichfalls Oberdeutsche Zaupe, das Liefländische Tausch, das Nieders. Thöle, beyfügen kann, welches letztere mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , femella, überein kommt. Junge Hunde werden so wohl bey den Jägern, als in Niedersachsen Wölfe, junge Wölfe, genannt, bey dem Ottfried Vuelfa, im Engl. Whelps, ( S. Wolf,) Übrigens hat man im gemeinen Leben noch mehr einfache Wörter, so wohl einen Hund überhaupt, als auch besondere Arten derselben zu bezeichnen. Ein großer starker Hund heißt ein Rüde, und in Niedersachsen mit Verachtung eine Thöle, ein Bauerhund in Niedersachsen ein Köter, ein grober großer Hund mit Verachtung ein Räkel, und wenn er ein herab hangendes Maul hat, im Hannöv. ein Lobbe, an andern Orten ein Muffel, ein Hund mit herab hangenden Ohren, ein Bracke, ein Mittelhund mit krausen filzigen Haaren, ein Pudel u. s. f. S. auch Dogge, Blendling, Windspiel, Stäuber, Mops und so ferner. Anm. 3. Man hat viele mit diesem Worte zusammen gesetzte Nahmen solcher Pflanzen, welche entweder einen unangenehmen Geruch haben, weil man so wohl in Niedersächsischen als Wendischen zu sagen pflegt, es stinkt wie ein Hund; oder doch schlechter, geringer und verächtlicher sind, als andere ihrer Art. In einigen ist auch eine oder die andere Ähnlichkeit mit irgend einem Theile eines Hundes der Grund der Benennung. Viele Zusammensetzungen werden im gemeinen Leben mit dem Plural Hunde - gemacht, die man in der anständigern Sprechart lieber mit Hunds - bildet; wie Hundefliege, Hundekopf, Hundekoth u. s. f. wovon man die meisten in Hunds - zu suchen hat.


Hundegeld (W3) [Adelung]


+ Das Hundegeld, des -es, plur. inus. in der niedrigen Sprechart, ein geringes Geld, in verächtlichem Verstande; ein Spottgeld. 5 Mos. 23, 18 bedeutet es auf eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Art den Lohn für Knabenschande, nach Michaelis Übersetzung.


Hundert (W3) [Adelung]


Hundert, eine Grundzahl, welche zehen Mahl zehen Einheiten ausdrucket, und als ein unabänderliches Beywort unverändert bleibet, es mag sein Hauptwort bey sich haben, oder nicht. Hundert Thaler. Hundert Mann. Vor hundert Jahren. Von den hundert Ellen ist nichts mehr übrig. Da sind sie alle hundert. Es waren ihrer noch nicht hundert. Hundert und eins, hundert und zwey u. s. f. Zweyhundert, dreyhundert, u. s. f. bey zehenhundert, (richtiger getheilt zwey hundert, u. s. f.) wofür man lieber tausend sagt, obgleich eilf hundert, zwölf hundert, dreyzehn hundert, achtzehn hundert u. s. f. um der Kürze willen oft für tausend und ein hundert, tausend und zwey hundert u. s. f. üblich sind. Oft stehet es auch als eine runde Zahl, für sehr oft, oder sehr viel. Ich habe es schon hundert Mahl gesagt. Er hat wohl hundert Fehler. Im gemeinen Leben gebraucht man hundert häufig für Ein hundert, welches Ein aber in Geldverschreibungen, Quittungen u. s. f. nicht weggelassen werden darf.

Anm. In dem alten Gedichte auf den heil. Anno hunterit, im Dän. hundred, im Schwed. hundrade, im Isländ. hundrud, im Engl. hundred. In ältern Sprachen fehlet die letzte Hälfte dieses Wortes, wie in dem chunna in dem Salischen Gesetze, dem hund in dem Tatian, dem Goth. hund, hunda, dem Angels. hund, dem Wallis. cant. und Albanischen kinnt, womit auch das Lat. centum überein kommt, welches einige von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ableiten, weil man nach jedem Hundert ehedem einen Punct zu machen pflegte. Im Pohln. heißt hundert sto, und im Wendischen stu. Die letzte Sylbe ert, welche durch Versetzung aus red, rath, entstanden ist, bedeutet, nach dem Wachter so viel als eine Zahl, nach Ihre aber richtiger einen Strich, weil man ehedem vermittelst der Linien zu zählen und zu rechnen pflegte, ( S. Reiten,) daher es auch im Schwedischen den Zehnern für unser Deutsches zig beygefüget wurde, attraed, achtzig, niraed, neunzig. In den ältesten Sprachen bedeutet hund nur zehen. Tachund tachund ist bey dem Ulphilas, und im Angels. hund teontig, zehen Mahl zehen, in der letztern Sprache hundseofontig, siebzig, welches mit der Griech. Endung - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und der Lat. gint, in - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, triginta u. s. f. überein kommt. In den ältesten Oberdeutschen Denkmählern findet man daher auch für hundert, zehenzig, in dem Isidor zehanzo, in dem alten Fragmente auf Carln den Großen zehenzig. Zuirenzehenzog ist bey dem Willeram, und zuiro zehanzug bey dem Ottfried zwey hundert, und zenstunt zenzech iaro zehn Mahl zehn hundert, d. i. tausend, Jahre. Übrigens lässet sich diese Grundzahl mit sehr vielen Beywörtern zusammen setzen, eine Menge von hundert Einheiten derselben zu bezeichnen; der hundertäu- gige Argus, hundertblätterig, hundertköpfig, das hundertzüngige Gerücht, hundertpfündig u. s. f. welche nicht besonders angeführet zu werden verdienen.


Hundert (W3) [Adelung]


Das Hundert, des -es, plur. die -e, die vorige Grundzahl als ein Hauptwort gebraucht, eine Vielheit, eine Menge von hundert Einheiten Einer Art zu bezeichnen. Dieses Hundert Breter taugt nichts, das erste Hundert war besser. Etwas bey Hunderten verkaufen. Ein gewöhnliches Hundert hält hundert Stück; ein großes Hundert aber 120; S. Groß II. 2. 2). Zehen große Hunderte machen ein großes Tausend. In Danzig und Holland wird das Salz nach Hunderten gerechnet, vielleicht nach hundert Stücken oder hundert Tonnen. Ein Hundert Salz macht in Danzig 11 1/2 bis 12 Last.


Hunderter (W3) [Adelung]


Der Hunderter, des -s, plur. ut nom. sing. in der Rechenkunst, eine Ziffer oder Zahlfigur, welche so viele hundert bedeutet, als ihre Figur anzeiget, eine Zahl, welche in der dritten Stelle von der rechten Hand zur linken stehet; im Gegensatze der Zehner, Einer u. s. f. S. -Er.


Hunderterley (W3) [Adelung]


Hunderterley, adj. indecl. et adv. von hundert verschiedenen Arten und Beschaffenheiten, wie einerley, zweyerley, dreyerley u. s. f. Hunderterley Geldsorten. Es fällt mir jetzt hunderterley ein, d. i. sehr vielerley.


Hundertfach (W3) [Adelung]


Hundertfach, adj. et adv. welches ein wiederhohlendes Zahlwort ist, hundert Mahl genommen. Du sollst hundertfach gestrafet werden. Das Getreide trägt hundertfach. S. Fach.


Hundertfältig (W3) [Adelung]


Hundertfältig, adj. et adv. gleichfalls ein wiederhohlendes Zahlwort, welches ein geometrisches Verhältniß bezeichnet, hundert Mahl so viel. Hundertfältige Frucht bringen, Matth. 13, 8. Und Isaac säete in dem Lande und kriegte desselben Jahrs hundertfältig, 1 Mos. 26, 12. Der nicht hundertfältig empfahe u. s. f. Marc. 10, 30. Im Tatian zehenzugfalto. S. Fältig.


Hunderthaupt (W3) [Adelung]


Das Hunderthaupt, des -es, plur. die -häupter, eine Pflanze, S. Mannstreu.


Hundertjährig (W3) [Adelung]


Hundertjährig, adj. et adv. hundert Jahre alt. Ein hundertjähriger Greis. Abraham war fast hundertjährig, da er u. s. f. Röm. 4, 19. Ingleichen, was auf hundert Jahre währet oder gilt. Der hundertjährige Kalender. Auch was alle hundert Jahre Ein Mahl kommt oder geschiehet. Ein hundertjähriges Fest.


Hundertkopf (W3) [Adelung]


Der Hundertkopf, des -es, plur. die -köpfe, eine Pflanze, S. Mannstreu.


Hundertmahl (W3) [Adelung]


Hundertmahl, (besser getheilt hundert Mahl,) adv. zu hundert verschiedenen Mahlen, und figürlich, sehr oft. Ich habe es schon hundert Mahl gesagt.


Hundertmahlig (W3) [Adelung]


Hundertmahlig, adj. was zu hundert Mahlen geschiehet.


Hundertste (W3) [Adelung]


Hundertste, adj. welches die Ordnungszahl von hundert ist. Gebet ihnen den hundersten (hundertsten, nähmlich Theil) am Gelde, Nehem. 5, 11. Das hundertste in das tausendste mengen, alles ohne Ordnung unter einander. Meine Frau redet das hundertste ins tausendste, Weiße. Doch lassen sie uns nicht das hunderte (hundertste) ins tausende (tausendste) schwatzen, Less. Wenn eine Ordnungszahl aus mehrern Zahlwörtern bestehet, so bekommt nur die letzte das Zeichen der Ordnung. Der hundert und zwey und vierzigste. Der tausend zweyhundert und vierte. Bey dem Kero zehanzugosto, bey dem Notker zehinzegoste.


Hundescheu (W3) [Adelung]


Hundescheu, adj. et adv. Scheu, d. i. Furcht vor den Hunden empfindend, und darin gegründet. Ein Eber fragt den Hirsch, was macht dich hundescheu, Hagd.


Hundeschlag (W3) [Adelung]


Der Hundeschlag, des -s, plur. inus. der Schlag, d. i. das Wegfangen und Tödten der herrenlosen Hunde zu gewissen Zei- ten des Jahres, welches gemeiniglich von den Knechten des Scharfrichters geschiehet, welche daher auch Hundeschläger genannt werden. Den Hundeschlag verrichten. Der Hundeschlag gehet an, ist zu Ende.


Hundeseiche (W3) [Adelung]


+ Die Hundeseiche, plur. inus. in den niedrigen Sprecharten die Seiche, d. i. der Harn eines Hundes. Figürlich, der Nahme einer Pflanze, S. Besenkraut.


Hundesteuer (W3) [Adelung]


Die Hundesteuer, plur. die -n, eine Steuer, welche an einigen Orten zur Unterhaltung der Jagdhunde des Landes- und Lehensherren gegeben wird.


Hundewache (W3) [Adelung]


Die Hundewache, plur. die -n, auf den Schiffen, die dritte Wache der Nacht, oder der dritte von denjenigen Theilen, worin die vier und zwanzig Stunden in Ansehung der Wache eingetheilet werden.


Hündisch (W3) [Adelung]


Hündisch, adj. et adv. nach Art der Hunde, im verächtlichen Verstande. Ein hündischer Neid.


Hundsaffe (W3) [Adelung]


Der Hundsaffe, des -n, plur. die -n, eine Art Affen, mit einem erhabenen Kopfe und einer Hundsschnautze; Cynocephalus Ceilonicus Klein.


Hundsarbeit (W3) [Adelung]


Die Hundsarbeit, plur. inus. bey den Jägern, die Arbeit mit dem Leithunde, d. i. die Abrichtung desselben.


Hundsauer (W3) [Adelung]


Hundsauer, adj. et adv. im gemeinen Leben, sehr sauer. Es wird ihm hundsauer. In den niedrigen Sprecharten hundesauer.


Hundsauge (W3) [Adelung]


Das Hundsauge, des -s, plur. die -n, eine Pflanze, S. Ruhrkraut.


Hundsbaum (W3) [Adelung]


Der Hundsbaum, des -es, plur. die -bäume. 1) Ein Nahme des Heckenkirschbaumes, oder Zaunkirschenbaumes; Lonicera Xylosteum L. S. Heckenkirsche. 2) Des Vogelkirschbaumes; Prunus Padus L. S. Elsebeere. 3) Des Faulbaumes; Rhamnus Frangula L. S. Elsebeere. 4) Des Kreuzdornes; Rhamnus catharticus L. der auch Hundsbaumholz genannt wird; S. Kreuzdorn.


Hundsbeere (W3) [Adelung]


Die Hundsbeere, plur. die -n, ein Nahme verschiedener Beeren, und der Stauden, welche sie tragen. 1) Der Beeren des Hartriegels, Cornus sanguinea L. Engl. Dogberry. S. Hartriegel. 2) Der Heckenkirschen, Lonicera Xylosteum L. S. Heckenkirsche. 3) Der Kreuzbeeren, Rhamnus catharticus L. S. Kreuzdorn. 4) Der Beeren der Ballrose, oder des Wasserhohlunders, Viburnum opulus L. 5) Der Rainweide, Ligustrum vulgare L. S. Hartriegel.


Hundsblume (W3) [Adelung]


Die "Hundsblume", plur. die -n, S. "Hundskamille".


Hundsblüthe (W3) [Adelung]


Die Hundsblüthe, plur. die -n, S. Ruhrkraut.


Hundsbrot (W3) [Adelung]


Das Hundsbrot, des -es, plur. inus. schlechtes aus Kleye für die Hunde gebackenes Brot.


Hundsbube (W3) [Adelung]


Der Hundsbube, des -n, plur. die -n, S. Hundsjunge.


Hundsdachs (W3) [Adelung]


Der Hundsdachs, des -es, plur. die -dächse, der gemeine oder gewöhnliche Dachs, wegen seiner Ähnlichkeit mit einem Hunde an der Schnautze und an den Zähnen; zum Unterschiede von dem Schweinsdachse.


Hundsdille (W3) [Adelung]


Die "Hundsdille", plur. inus. S. "Hundskamille".


Hundsdistel (W3) [Adelung]


Die "Hundsdistel", plur. die -n, S. "Hundskamille".


Hundsflechte (W3) [Adelung]


Die Hundsflechte, plur. inus. eine lederartige, kriechende, lappige, stumpfe und flache Flechte, oder Moos, welche in den Wäldern auf der Erde wächset, und für das wirksamste Mittel wider den Biß toller Hunde gehalten wird; Lichen caninus L. das Hundsmoos.


Hundsfliege (W3) [Adelung]


Die Hundsfliege, plur. die -n, eine Art kleiner Fliegen, welche wie die Mücken stechen, und mit ihren Stichen vornehmlich den Ohren der Hunde beschwerlich fallen; Musca canicularis L. Schon bey dem Notker Huntfliege.


Hundsfott (W3) [Adelung]


Der "Hundsfott", des -es, plur. die "Hundsfötter", ein sehr niedriges Schimpfwort eines nichtswürdigen, besonders eines feigen Menschen, welches für die höchste wörtliche Beschimpfung gehalten wird. Im Dän. lautet es gleichfalls "Hundsfot", und im Schwed. "Hunsfott". Die vielen zum Theil seltsamen Ableitungen, welche man von diesem niedrigen Worte versucht hat, kann man bey dem Wachter finden. Ihre glaubt, daß es aus "Hundhufwud", "Hundshaupt", zusammen gezogen worden, welches im Schwed. ein figürlicher Ausdruck für Schande ist, und von der ehemahligen Strafe des Hundetragens hergeleitet wird. Auf ähnliche Art bedeutet "Hundskopf" 2 Sam. 3, 8 einen verächtlichen, nichtswürdigen Menschen.

Allein es ist wohl gewiß, daß es eigentlich einen "Hundsvogt" oder "Hundswärter" bedeutet, welches nach der damahligen Denkungsart der Franken wohl das verächtlichste war, was man einem freyen tapfern Manne Schuld geben konnte. Es erhellet dieses aus dem Salischen Gesetze, wo es Tit. 33 heißt: Si quis alterum Cinnitum vocaret, Malb. Quintvo. Dieses "Cinnitus", worüber alle Ausleger so wenig befriedigendes gesagt haben, ist alt Gallisch, wie aus dem Wallisischen erhellet, wo "Cynydd" noch jetzt einen "Hundswärter", "Hundsjungen" bedeutet. Die beygefügte Glosse "Quintvo" ist daher unser "Hundsfott" nach der ältesten Fränkischen Mundart; woraus zugleich das hohe Alter dieses Schimpfwortes erhellet. Bey den ältern Franzosen war statt dessen "Chienfoutre" üblich, woraus in den neuern Zeiten "Jean foutre" gemacht worden. Die eben so niedrigen "hundsföttisch", und "Hundsfötterey", plur. die -en, sind nicht weniger ehrenrührig.


Hundsgerecht (W3) [Adelung]


Hundsgerecht, -er, -este, adj. et adv. bey den Jägern, die gehörige Kenntniß von den Hunden und dem Umgange mit ihnen habend.


Hundsgras (W3) [Adelung]


Das Hundsgras, des -es, plur. inus. eine Art des Grases, welches ein hartes Futtergras ist. Die Hunde suchen es, wenn sie läunisch sind, vorzüglich auf, und verschlucken die Blätter halb gekauet, um sich dadurch ein Erbrechen zu erregen, Dactylis L. Andern ist das Queckengras, Triticum repens L. um eben dieser Ursache willen, unter dem Nahmen des Hundsgrases bekannt.


Hundshafer (W3) [Adelung]


Der Hundshafer, des -s, plur. inus. an einigen Orten, eine Abgabe in Hafer, welche die Unterthanen zur Unterhaltung der herrschaftlichen Jagdhunde geben müssen.


Hundshödlein (W3) [Adelung]


Das Hundshödlein, des -s, plur. inus. an einigen Orten, ein Nahme einer Art des Knabenkrautes, Orchis L. welches zwey runde längliche Wurzeln in Gestalt zweyer Oliven hat, welche auch zu dessen Benennung Anlaß gegeben haben.


Hundshunger (W3) [Adelung]


Der Hundshunger, des -s, plur. inus. der höchste Grad des Heißhungers, besonders so fern derselbe eine Krankheit ist, und in einer widernatürlichen Begierde bestehet, alles hinein zu essen, welches der Kranke hernach durch ein Erbrechen wieder von sich gibt; Bulimia canina.


Hundsigel (W3) [Adelung]


Der Hundsigel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Igel, welche an der Schnautze einem Hunde gleicht; zum Unterschiede von dem Schweinsigel oder Sauigel.


Hundsjunge (W3) [Adelung]


Der Hundsjunge, des -n, plur. die -n. 1) Ein Junge oder Knabe, welcher zur Fütterung und Reinigung der Hunde gehalten wird, und bey den Jägern gemeiniglich ein Lehrling der Jägerey ist, ehe er noch ein Lehrbursch wird. 2) In den niedrigen Sprecharten auch ein Schimpfwort auf einen nichtswürdigen, verächtlichen Knaben; der Hundsbube.


Hundskamille (W3) [Adelung]


Die "Hundskamille", plur. inus. oder die Hundskamillen, sing. inus. eine Art der gemeinen Kamille, von einem unerträglichen widrigen Geruche; "Anthemis Cotula L." "Hundsdille", "Hundsblume", "Hundsdistel", "Krötendille", "Kuhdille".


Hundskette (W3) [Adelung]


Die Hundskette, plur. die -n, im Bergbaue, dasjenige Seil, womit der Hund oder Laufkarren in den Gruben gezogen wird. S. 2. Hund 3.


Hundskirsche (W3) [Adelung]


Die Hundskirsche, plur. die -n, ein Nahme der Beeren der weißen Zaunrübe, und dieser Pflanze selbst; Bryonia alba L. Teufelskirschen.


Hundsknecht (W3) [Adelung]


Der Hundsknecht, des -es, plur. die -e, ein Knecht, so fern er zur Wartung der Jagdhunde bestimmt ist. Besonders ein geringer Jagdbedienter, welcher bey einer Parforce-Jagd die Aufsicht über die Hunde führet.


Hundsknoblauch (W3) [Adelung]


Der Hundsknoblauch, des -es, plur. inus. eine Art gemeinen Knoblauches, welcher gern in den Weingärten wächset.


Hundskohl (W3) [Adelung]


Der Hundskohl, des -es, plur. inus. 1) Eine Pflanze, welche in Virginien und Canade wächset; Apocynum L. 2) Auch eine Art von Bingelkrautes, Mercurialis L. ist unter dem Nahmen des Hundskohles bekannt, wie sie denn auch von einigen für die Cynocrambe und Cynia des Dioskorides gehalten wird.


Hundskopf (W3) [Adelung]


Der Hundskopf, des -es, plur. die -köpfe. 1) Der Kopf eines Hundes, und ein demselben ähnlicher Kopf. Ein Affe mit einem Hundskopfe. 2) Ein Nahme des Leinkrautes, Antirrhinum Linaria L. wegen einiger Gestalt der Blumen; in den Monseeischen Glossen Hunthaubito, bey den ältern Kräuterkundigen Cynocephalus. Auch das Löwenmaul, Antirrhinum majus, und der Orant, Antirrhinum Orontium, werden von einigen aus eben dieser Ursache Hundskopf genannt. S. Dorant. 3) Eine Art Fledermäuse, S. 3. Hund 2. 1. 4) Eine Art Affen, mit einem Hundskopfe, Cynocephalus Ceilonicus Klein. Hundsaffe. 5) Eine Art Hayfische, welcher am Kopfe einem Hunde gleicht, und einer der größten und gefräßigsten Raubfische ist; Canis Carcharias L. Seewolf.


Hundskoth (W3) [Adelung]


Der Hundskoth, des -es, plur. inus. 1) Eigentlich, der Koth eines Hundes. 2) Eine Art des Rasches, welche im vorigen Jahrhunderte häufig verfertiget wurde.


Hundskuppel (W3) [Adelung]


Die Hundskuppel, plur. die -n, bey den Jägern, eine Kuppel, die Hunde daran zu führen.


Hundskürbiß (W3) [Adelung]


Der Hundskürbiß, des -sses, plur. die -sse, ein Nahme der Frucht des Balsamapfels, Momordica Elaterium L. welche an andern Orten Hundsgurke heißt; S. Eselsgurke.


Hundslattich (W3) [Adelung]


Der Hundslattich, des -es, plur. inus. ein Nahme des Löwenzahnes, S. dieses Wort.


Hundsläufer (W3) [Adelung]


Der Hundsläufer, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, diejenigen Arbeiter, welche Schutt und Erz vermittelst des Hundes, d. i. Laufkarrens, fortschaffen; Hundschlepper, Karrenläufer. S. 2. Hund 3.


Hundslaus (W3) [Adelung]


Die Hundslaus, plur. die -läuse, eine Art Läuse, welche sich auf den Hunden aufzuhalten pflegt; im gemeinen Leben Zäcke, Hundszäcke, Nieders. Tecke.


Hundsloch (W3) [Adelung]


Das Hundsloch, des -es, plur. die -löcher, ein Loch, so fern dasselbe ein Aufenthalt eines Hundes ist. In den niedrigen Sprecharten, und im verächtlichen Verstande, ein enges, finsteres Gefängniß, ja ein jedes elendes Zimmer. Nieders. Zibürken, von Zipp, wobey man die Hunde zu rufen pflegt, und Bürken, dem Diminut. von Bauer, ein Käsich.


Hundsmager (W3) [Adelung]


Hundsmager, adj. et adv. sehr mager, so mager wie ein Hund, in der niedrigen Sprechart.


Hundsmeise (W3) [Adelung]


Die Hundsmeise, plur. die -n, S. Holzmeise.


Hundsmelde (W3) [Adelung]


Die Hundsmelde, plur. inus. an einigen Orten, ein Nahme einer Art des Gänsefußes, Chenopodium Vulvaria L. welcher wegen seines stinkenden Geruches auch Mautzenkraut, stinkende Melde, Bockskraut genannt wird.


Hundsmilch (W3) [Adelung]


Die Hundsmilch, plur. inus. S. Eselsmilch.


Hundsmoos (W3) [Adelung]


Das Hundsmoos, des -es, plur. inus. S. Hundsflechte.


Hundsnägelchen (W3) [Adelung]


Das Hundsnägelchen, oder die Hundsnelke, plur. inus. an einigen Orten, ein Nahme des Seifenkrautes, S. dasselbe.


Hundspeitsche (W3) [Adelung]


Die Hundspeitsche, plur. die -n, eine Peitsche für die Hunde.


Hundsraute (W3) [Adelung]


Die Hundsraute, plur. inus. eine Art der Brannwurz mit einem widrigen Geruche, Scrophularia canina L. welche in der Schweiz und Italien einheimisch ist.


Hundsring (W3) [Adelung]


Der Hundsring, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, ein Ring an der Docke, woran der Hund befestiget wird, wenn man Holz in die Grube lassen will; S. 1. Hund.


Hundsrübe (W3) [Adelung]


Die Hundsrübe, plur. die -n, an einigen Orten ein Nahme der Zaunrübe oder vielmehr Zaunrebe, Bryonia L. S. Zaunrebe.


Hundsruthe (W3) [Adelung]


Die Hundsruthe, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Pflanze, welche in den wärmern Ländern auf den Wurzeln anderer Gewächse wächset, und der Ruthe, d. i. dem männlichen Gliede, eines Hundes gleicht; Cynomorium L.


Hundssattel (W3) [Adelung]


Der Hundssattel, des -s, plur. die -sättel, ein Nahme sehr haariger Raupen, welche in Niedersachsen Hundesporen, und schon bey dem Raban Maurus im achten Jahrhunderte Hundisattel heißen.


Hundsscham (W3) [Adelung]


Die Hundsscham, plur. inus. bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Ostindische Pflanze; Cynometra L.


Hundsschirm (W3) [Adelung]


Der Hundsschirm, des -es, plur. die -e, im Jagdwesen, ein Schirm bey einem Hauptjagen, in welchem die Leit- und Hetzhunde verborgen gehalten werden.


Hundsschlange (W3) [Adelung]


Die Hundsschlange, plur. die -n, eine Art großer Amerikanischer Schlangen, welche grün mit weißen Ringen ist, einen Hundskopf hat, und sich auf den Bäumen aufhält, von welchen sie auf ihren Raub herunter schießet; Boa canina L.


Hundsstall (W3) [Adelung]


Der Hundsstall, des -es, plur. die -ställe, ein Stall für Hunde, besonders für Jagdhunde.


Hundsstern (W3) [Adelung]


Der Hundsstern, des -es, plur. inus. der größte und helleste unter den Sternen des großen Hundes, und zugleich unter allen Fixsternen, der seines majestätischen Glanzes wegen wohl eines bessern Nahmens würdig wäre; Sirius. Er hat seinen Nahmen von dem jetzt genannten Sternbilde, vielleicht aber auch von dem Einflusse, welchen man ihm ehedem über die Hunde andichtete. S. Hundstag.


Hundssteuer (W3) [Adelung]


Die Hundssteuer, plur. die -n, in einigen Gegenden, eine Steuer, welche die Unterthanen zur Unterhaltung der herrschaftlichen Jagdhunde geben müssen; in Baiern 1373 Huntstorar.


Hundstag (W3) [Adelung]


Der Hundstag, des -es, plur. die -e, diejenigen Tage von dem 24sten Julii bis zum 23sten August, in welchen die Sommerhitze gemeiniglich den höchsten Grad erreichen, und die Hunde oft wüthend zu machen pflegt, welches man ehedem dem Hundssterne zuschrieb, als welcher um diese Zeit mit der Sonne zugleich aufzugehen pflegt.


Hundstod (W3) [Adelung]


Der Hundstod, des -es, plur. inus. ein Nahme der Wolfswurz oder des gelben Sturmhutes; Aconitum Lycoctonum L. welcher wegen seiner giftigen Eigenschaft bekannt ist. S. Wolfswurz.


Hundstrab (W3) [Adelung]


Der Hundstrab, des -es, plur. inus. der Trab eines Hundes, ingleichen ein kurzer hüpfender Trab eines Pferdes, der dem Trabe der Hunde gleicht.


Hundsviole (W3) [Adelung]


Die Hundsviole, plur. die -n, eine Art wilder Violen, welche in unbeschatteten Gegenden wächset und keinen Geruch hat; Viola canina L.


Hundsvogt (W3) [Adelung]


Der Hundsvogt, des -es, plur. die -vögte, an einigen Orten, ein Vogt oder geringer Aufseher über die Hunde, besonders sie während des Gottesdienstes aus den Kirchen abzuhalten; mit einem anständigen Ausdrucke der Kirchenknecht. Nieders. Hundesläger.


Hundswinde (W3) [Adelung]


Die Hundswinde, plur. inus. bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Art Ostindischer und Afrikanischer Winden; Periploca L.


Hundswürger (W3) [Adelung]


Der Hundswürger, des -s, plur. inus. 1) Eine in den wärmern Gegenden Europens befindliche Pflanze, welche den Hunden giftig ist; Cynanchum L. 2) In einigen Gegenden ist der Knauel, Scleranthus L. unter diesem Nahmen bekannt. 3) Eine Art des Sternmooses, Mnium cuspidatum L. welches bey andern gleichfalls Knauel genannt wird.


Hundswuth (W3) [Adelung]


Die Hundswuth, plur. inus. die Wuth, worein die Hunde zuweilen zu gerathen pflegen. Ingleichen, diejenige Art der Wuth, worein Menschen gerathen, wenn sie von wüthenden oder tollen Hunden gebissen werden.


Hundszäcke (W3) [Adelung]


Die Hundszäcke, plur. die -n, S. Hundslaus und Zäcke.


Hundszahn (W3) [Adelung]


Der Hundszahn, des -es, plur. die -zähne. 1) Eigentlich der Zahn eines Hundes, besonders die an beyden Seiten heraus stehenden krummen und scharfen Fangzähne desselben. 2) An den Menschen, auch ein Nahme der Augenzähne, besonders in dem untern Kinnbacken, welche sich zwischen den Schneidezähnen und Backenzähnen befinden, den spitzigen Hundszähnen gleichen und auch Winkelzähne und Spitzzähne heißen; Dentes canini, Nieders. Schedeltäne. 3) Die einspitzigen Eisen führen bey den Bildhauern den Nahmen der Hundszähne. 4) Eine in Italien und den wärmern Welttheilen befindliche Pflanze, an deren Kronblättern inwendig zwey Höcker angewachsen sind; Erythronium L.


Hundszähnig (W3) [Adelung]


Hundszähnig, adj. et adv. Hundszähne habend, welches nur in der Landwirthschaft üblich ist. Hundszähnige oder milchzähnige Lämmer, Lämmer, so lange sie nur noch ein Jahr alt sind, und noch Hunds- und Milchzähne haben.


Hundszunge (W3) [Adelung]


Die Hundszunge, plur. inus. 1) Eine Pflanze, welche auf den Rainen wild wächset, und deren Blätter einige Ähnlichkeit mit der Zunge eines Hundes haben; Cynoglossum L. 2) Die gemeine Prunelle, Prunella vulgaris L. ist in einigen Gegenden gleichfalls unter diesem Nahmen bekannt; so wie 3) eine Art des Mäuseöhrchens, Myosotis Lappula L.


Hundszwinger (W3) [Adelung]


Der Hundszwinger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Zwinger, d. i. an den Seiten verwahrter und oben offener Platz, Hunde, und besonders Jagdhunde darin zu halten.


Hunger (W3) [Adelung]


Der Hunger, des -s, plur. inus. das dunkele Gefühl des Mangels ernährender Säfte, die unangenehme Empfindung der Leere des Magens bey thierischen Körpern. 1. Eigentlich. Hunger haben, empfinden. Ohne Hunger essen. Der Wein macht Hunger, erweckt Hunger. Es kommt mich ein Hunger an. Vor Hunger Leder essen. Vor Hunger sterben, oder Hungers sterben; im Schwabensp. Hungerz sterben. Seinen Hunger stillen. Hunger leiden, den Hunger nicht stillen können oder wollen. Der Hunger nach Brot, nach Speise, nach Fleisch. Sprichw. Hunger ist der beste Koch, oder Hunger macht rohe Bohnen süß. 2. Figürlich. 1) Hoher Grad des Mangels an Lebensmitteln, besonders des Mangels an Brot; die Hungersnoth. Es ist großer Hunger im Lande. Der Hunger nimmt überhand. Sich kaum des Hungers erwehren können. 2) Hoher Grad des Verlangens, sehnliche Begierde nach etwas, mit dem Vorworte nach. Der geistliche Hunger, der Hunger nach dem Worte des Herren, Amos 8, 11, 12. Der Hunger eitlen Rauches, Hall. für: nach eitlem Rauche.

Anm. Bey dem Ulphilas Huhrus, (sprich Hungrus,) bey dem Ottfried Hungar, im Angels. Hungor, im Engl. Dän. Schwed. und Isländ. gleichfalls Hunger. S. Hungern.


Hungerblümchen (W3) [Adelung]


Das Hungerblümchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleines Schotengewächs, welches auf den höchsten und unfruchtbarsten Gebirgen Europens wächset; Draba L.


Hungerblume (W3) [Adelung]


Die Hungerblume, plur. die -n, an einigen Orten, ein Nahme der gelben Wucherblume, welche unter dem Getreide wächset; Chrysanthemum segetum L.


Hungerbrunnen (W3) [Adelung]


Der Hungerbrunnen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Hungerquelle.


Hunger-Cur (W3) [Adelung]


Die Hunger-Cur, plur. die -en, die Erduldung des Hungers, oder völlige Erhaltung aller Speisen, als eine Cur betrachtet. Die Hunger-Cur gebrauchen.


Hunger-Franzosen (W3) [Adelung]


Die Hunger-Franzosen, sing. inus. eine Art Franzosen bey dem Rindviehe, welche dasselbe mager machen und gänzlich abzehren, auch mit einem erstickenden Husten verbunden sind.


Hungerharke (W3) [Adelung]


Die Hungerharke, plur. die -n, S. Hungerrechen.


Hungerhocke (W3) [Adelung]


Die Hungerhocke, plur. die -n, in einigen Gegenden, besonders Niedersachsens, diejenigen Hocken oder Mandeln, welche ein Zehentpflichtiger vor gezogenen Zehenten zum Brotkorne, oder zur Stillung seines Hungers, von dem Felde zu nehmen berechtiget ist.


Hungerig (W3) [Adelung]


Hungerig, -er, -ste, adj. et adv. Hunger habend, empfindend. 1. Eigentlich. Hungerig seyn. Ein hungeriger Magen. 2. Figürlich. 1) Geistlichen Hunger habend, in der Deutschen Bibel und biblischen Schreibart. 2) In einem hohen Grade nach einem gegenwärtigen Gewinne begierig, und darin gegründet; im verächtlichen Verstande. Das lässet so hungerig. Hungerig thun. In der Fränkischen Mundart schon im 8ten Jahrh. hungareg, bey dem Ottfried hungarog, bey dem Notker hungerg, im Dän. hungrig.


Hungerkorn (W3) [Adelung]


Das Hungerkorn, des -es, plur. inus. an einigen Orten, ein Nahme des Mutterkornes; S. dasselbe.


Hungerkraut (W3) [Adelung]


Das Hungerkraut, des -es, plur. inus. der wilde Mangold, die gemeine Grindwurz; Rumex acutus L.


Hungerleider (W3) [Adelung]


Der Hungerleider, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Hungerleiderinn, eine arme Person, welche an dem nöthigsten Unterhalte Mangel leidet; im verächtlichen Verstande. Ingleichen eine Person, welche sich aus Geitz die nothwendigsten Bedürfnisse versaget; gleichfalls mit Verachtung. Nieders. in beyden Fällen Smachtlappe.


Hungerling (W3) [Adelung]


Der Hungerling, des -es, plur. die -e, im Weinbaue, eine Art rother Weintrauben, welche bald reif werden, und vielen, aber schlechten und geringen Wein geben.


Hungern (W3) [Adelung]


Hungern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, Hunger empfinden. 1. Eigentlich, wo es auf doppelte Art gebraucht wird. 1) Als ein unpersönliches Zeitwort, mit der vierten Endung der Person. Es hungert mich. Es hat uns sehr gehungert. Uns hungert noch nicht. Mich hungert nach Brot. Da sie hungerte, Nehem. 9, 15. Hungert deinen Feind, so speise ihn, Kap. 25, 21. 2) Als ein persönliches Zeitwort, mit der ersten Endung der Person, freylich nicht auf die beste Art. Ich hungere. Wir hungerten. Sie werden weder hungern noch dürsten, Es. 49, 10. 2. In weiterer Bedeutung, Hunger leiden, ausstehen, nicht essen. Wir haben den ganzen Tag gehungert, d. i. nichts gegessen. Selig seyd ihr, die ihr hie hungert, Luc. 6, 31, d. i. allerley Mangel ertraget. Sich reich hungern wollen. Wenn mir etwas fehlet, so hungere ich, Gell. Er soll hungern, nichts essen. 3. Figürlich. 1) Ein heftiges Verlangen nach etwas empfinden, besonders im theologischen Verstande; als ein unpersönliches Zeitwort. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, Matth. 5, 6. 2) Mangel an etwas leiden. mit dessen lebhaften Empfindung; gleichfalls nur in der biblischen Schreibart, und als ein persönliches Zeitwort. Die Reichen müssen hungern, Ps. 34, 11. Ihr aber sollt hungern, Es. 65, 13. Anm. Bey dem Notker hungeren, bey dem Ulphilas huggrian, (sprich hungrian,) im Angels. hungrian, im Engl. to hunger, im Schwed. hungra. Frisch und Haltaus lassen dieses Wort auf eine seltsame Art von Hund und Gier abstammen, so daß Hunger eigentlich eine hündische Begierde bedeuten müßte. Allein da es im Schwed. eigentlich verlangen überhaupt bedeutet hat, so leitet Ihre es weit wahrscheinlicher von dem Gothischen hunjan, verlangen, ab, von welchem es bloß das Intensivum ist, und welches hunjan entweder zu unserm hängen gehöret, von welchem noch Hang in einer ähnlichen Bedeutung gebraucht wird, oder auch zu dem alten Hug, das Gemüth, die Begierde, das Verlangen. S. Behagen.


Hungerquelle (W3) [Adelung]


Die Hungerquelle, plur. die -n, eine Art abwechselnder Quellen, welche nur in feuchten Jahren Wasser geben, wo die überflüssige Nässe gemeiniglich Theurung und Hungersnoth verursacht, daher der gemeine Mann das Fließen solcher Quellen als einen Vorbothen davon ansiehet; der Hungerbrunnen.


Hungerrechen (W3) [Adelung]


Der Hungerrechen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Landwirthschaft, ein großer Rechen, welcher gemeiniglich von Pferden gezogen wird, in der Ernte die zurück gebliebenen Halme damit zusammen zu rechen; in Niedersachsen die Hungerharke, in der Lausitz der Schlepper, in Osnabrück Sleepe, Gienharke, von Gien, ein Schwaden abgehauenen Getreides, am Harze, dem Frisch zu Folge, Susterbe, Sausterben, weil die Schweine darunter leiden, in Meißen der Nachrechen, Heschelrechen von haschen. Daher das Zeitwort hungerrechen, nachrechen, nachschleppen, und in Nieders. hungerharken, die zurück gebliebenen Halme auf solche Art zusammen rechen. Da diese Halme am manchen Orten den Armen zu Gute kommen und von ihnen aufgesammelt werden können, so scheinet die Benennung eines Hungerrechens von ihnen herzustammen, und den Eigennutz des Grundbesitzers auf eine verächtliche Art zu bezeichnen.


Hungersnoth (W3) [Adelung]


Die Hungersnoth, plur. inus. der Hunger, d. i. großer Mangel an Lebensmitteln, und besonders an Brot, als eine Noth betrachtet.


Hungertod (W3) [Adelung]


Der Hungertod, des -es, plur. inus. ein Tod der von Hunger, d. i. allem Mangel der Lebensmittel herrühret.


Hungertuch (W3) [Adelung]


Das Hungertuch, des -es, plur. die -tücher, eigentlich, dem Frisch zu Folge in einigen Gegenden, dasjenige schwarze Tuch, womit in der Fasten der Altar behänget wird, und dessen Nahme eine Anspielung auf die um diese Zeit in der Römischen Kirche übliche Enthaltung von dem Fleische ist. Im Hochdeutschen kennet man dieses Wort nur in der im gemeinen Leben üblichen figürlichen R. A. am Hungertuche nagen, d. i. Mangel an den nothwendigsten Bedürfnissen leiden, sich armselig behelfen. In der niedrigen Sprechart sagt man dafür, die Hungerpfoten saugen, eine vermuthlich von dem Bär entlehnte Figur, der im Winter seine Nahrung aus seinen Tatzen sauget.


Hunten (W3) [Adelung]


+ Hunten, adv. welches nur in den niedrigen Sprecharten für hier unten, üblich ist. Ich bin schon hunten. Von der Tiefe die hunten liegt, 5 Mos. 33, 13, in einigen Ausgaben, wo andere besser unten haben. S. Haußen.


Hüpfen (W3) [Adelung]


Hüpfen, verb. reg. neutr. welches, wenn es eine einfache Handlung bezeichnet, das Hülfswort seyn bekommt, und diejenige Bewegung ausdruckt, da ein Geschöpf sich schnell ein wenig in die Höhe hebet; da es denn einen geringern Grad der Erhebung ausdrucket als springen. Die meisten Vögel können nicht anders als hüpfend gehen. Vor Freuden in die Höhe hüpfen. Da sie den König David sahe hupfen (hüpfen) und spielen, 1 Chron. 16, 29. Er ist in die Höhe gehüpfet. Der Vogel ist in das Wasser gehüpfet. Wenn es aber eine zusammen gesetzte Bewegung, ein mehrmahliges Hüpfen bedeutet, so bekommt es das Hülfswort haben. Wir haben den ganzen Tag gehüpfet und gesprungen. Wie hüpfet mein Herz vor Freude, daß ich mich nunmehr mit allem vereinigt sehe, was ich liebe, Weiße. Die Kinder hüpften mit frohem Gewühle um ihn her, Geßn. Ihr Wellen, hüpfet sanft ums Schiff, ebend.

Anm. Im Oberd. hupfen, bey den Schwäbischen Dichtern hubben, im Nieders. hippen, huppen und huppern, im Angels. hoppan, im Engl. to hop, im Dän. hoppe, im Schwed. hoppa. Es ist das Frequentativum oder Intensivum von heben, und wurde ehedem auch thätiger Weise gebraucht, daher hepfan im Isidor einige Mahl für das thätige heben vorkommt. Im Schwed. ist yppa noch jetzt heben, S. auch üppig. Hopp! ist ein im gemeinen Leben übliches Aufmunterungswort zum Springen. Im Oberdeutschen heißt ein Frosch wegen seines hüpfenden Ganges Hopzer, an andern Orten ein Grashüpfer, und in Schonen ist Hoppa ein Pferd, welches mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - überein kommt.


Hüpfer (W3) [Adelung]


Der Hüpfer, des -s, plur. ut nom. sing. ein hüpfendes Ding, welches aber wenig gebraucht wird. An den zu dem Sprungfische üblichen Angeln, wird das obere kürzere Ende der Hüpfer genannt; zum Unterschiede von dem Schleifer.


Hürde (W3) [Adelung]


Die Hürde, plur. die -n, eine von Ruthen, Zweigen oder Draht geflochtene bewegliche Wand; gemeiniglich nur noch in einigen einzelnen Fällen. Dergleichen sind die von Weiden geflochtenen Hürden, sich in einer Belagerung dahinter zu decken; die Hürden der Tuchmacher, die Wolle darauf zu schlagen; die Darrhürden, worauf das Malz gedarret wird, und welche zuweilen auch von Draht sind; die Käsehürden, die Käse darauf zu trocknen u. a. m. In engerer Bedeutung werden die Schafhürden, oder solche geflochtene Wände, welche den Schafen des Nachts auf dem Felde zur Sicherheit dienen, und an einander gesetzet werden können, Hürden genannt. Die Hürden aufschlagen. Auf 300 Stück Schafe rechnet man 20 Hürden, jede sieben Ellen lang. Wo denn auch wohl der auf solche Art umschlossene Platz eine Hürde, oder im Plural die Hürden genannt wird. Anm. Im gemeinen Leben bald Horde und Horte, bald auch Hurte und Hürte, bey den Schwäbischen Dichtern Huirsie, im Nieders. Hordt, im Angels. im Diminut. Hyrdl, im Engl. Hurdle, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im mittlern Lateine Hurdicium. Einige Sprachlehrer leiten es von Herde und Horde ab, andere von dem alten hirten, bewahren, ( S. Hirt,) Allein da im Wend. eine solche Hürde mit Versetzung des r Hroda, ein Zaun Hrodz, und zäunen hrodzu, genannt wird, so siehet man bald, daß es auch mit dem Latein. Crates verwandt ist, und entweder zu Ruthe, oder auch zu Haar, so fern solches ehedem auch Baumäste bedeutete, abstammet. ( S. Krätze,) Im mittlern Lateine sind Hardes, und im Franz. Hards und Harcelles, aus weidenen Ruthen geflochtene Stricke, ( S. Gerte,) Wenn es in dem Schwabenspiegel heißt, welcher mit Zauberey umgehet, sollte man auf einer Hurte verbrennen, so scheinet es hier mehr zu Hort, ein Berg, Haufen, als zu diesem Hürde zu gehören, zumahl da es in dem alten Augsburgischen Stadtrechte ausdrücklich durch Scheiterhaufen erkläret wird. S. Hort.


Hürden (W3) [Adelung]


Hürden, verb. reg. act. Hürden aufschlagen, besonders zur Sicherheit der Schafe. Gehürdetes Land, welches durch ein solches Nachtlager der Schafe gedünget worden; gepferchtes Land, ( S. Pferchen,) Im mittlern Lateine ist hordare mit Hürden befestigen.


Hürdendraht (W3) [Adelung]


Der Hürdendraht, des -es, plur. inus. außer von mehrern Arten, die -e, der gröbste Eisendraht, von der Dicke eines Pfeifenstieles, so wie er zu den Darr- oder Malzhürden gebraucht wird.


Hürdengerte (W3) [Adelung]


Die Hürdengerte, plur. die -n, Gerten oder Ruthen, woraus die Hürden, besonders die Schafhürden geflochten werden.


Hürdenlager (W3) [Adelung]


Das Hürdenlager, des -s, plur. die -läger, ein mit Hürden umschlossener Platz, so fern er einer Herde Schafe zum Lager dienet, oder gedienet hat.


Hürdenpfahl (W3) [Adelung]


Der Hürdenpfahl, des -es, plur. die -pfähle, Pfähle, womit die Hürden senkrecht auf der Erde befestiget werden.


Hürdenschlag (W3) [Adelung]


Der Hürdenschlag, des -es, plur. inus. das Aufschlagen der Schafhürden auf dem Felde, und das Übernachten der Schafe in denselben. Ingleichen das Recht, auf seinen Feldern Hürden aufzuschlagen, und sie dadurch zugleich von den Schafen düngen zu lassen, wie auch die Verbindlichkeit, die Felder eines andern durch den Hürdenschlag zu düngen; der Pferchschlag, das Pferchrecht, das Hürdenrecht, das Feldlager, die Buchtschlagung.


Hürdler (W3) [Adelung]


Der Hürdler, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z. B. in Schlesien, eine Art Fuhrleute, welche ihren Wagen mit Hürden bekleidet haben.


Hürdung (W3) [Adelung]


Die Hürdung, plur. die -en, von dem Zeitworte hürden, in einigen Gegenden, aus Ruthen nach Art der Hürden geflochtene Dinge.


Hure (W3) [Adelung]


Die Hure, die -n. 1) Im engsten und vielleicht eigentlichen Verstande, eine jede weibliche Person, welche ihren Leib jeder Mannsperson gegen Lohn, oder um Gewinstes willen, Preis gibt; eine offenbare, oder öffentliche Hure. 2) In weiterer Bedeutung, eine geschwächte Person andern Geschlechtes, eine unverheirathete geschwängerte Weibesperson; in der harten Sprechart und im gemeinen Leben. Zur Hure werden. Eine Person zur Hure machen, sie schwängern. 3) In noch weiterer Bedeutung, eine jede weibliche Person, welche durch unerlaubten Beyschlaf die Keuschheit verletzet, gleichfalls nur in der harten Schreibart und mit beleidigender Verachtung; da es denn so wohl von verehlichten weiblichen Personen, wenn sie auf solche Art wider die eheliche Treue handeln, als auch, und zwar am häufigsten, von unverheiratheten gebraucht wird.

Anm. 1. Bey dem Ottfried, der es von einer Ehebrecherinn gebraucht, Huru, in den Monseeischen Glossen Huor, im Nieders. Hore, im Angels. Hor, im Engl. Whore, im Dän. Hore, im Schwed. und Isländ. Hora, im Finnischen Huora, in der Normandie Hore, im Span. Gorrona, im Alban. Kurbar, in den Slavonischen Mundarten Kurwa und Kürwa, bey den Tschuwassen, eine Tartarische Nation, Cher; alle in der ersten eingeschränktesten Bedeutung. Im mittlern Lat. war auch Curia eine Hure. Johann von Genua: Curia jus curat, meretrix est Curia dicta. Wo es aber aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Gebietherinn, Frau, entlehnet zu seyn scheinet, wofür die spätern Lateiner gleichfalls Curia gebrauchten. Bey einem so hohen Alter ist vielleicht eine vergebliche Mühe, nach dem Ursprunge dieses Wortes zu forschen. Indessen gibt es unter den Ableitungen, welche man davon versucht hat, doch vornehmlich drey, welche angeführet zu werden verdienen, obgleich keine derselben eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für sich hat. 1) Eckard und Ihre leiten es von dem alten Her, Koth, ab, besonders so fern man die Laster ehedem mehrmahls mit körperlichen Unreinigkeiten verglich. So war von dem Isländ. Saur, Schmutz, bey den ältern Schweden Saurlisi, Hurerey. Im Deutschen ist Unreinigkeit in engerer Bedeutung eben das. Das Latein. Stuprum bedeutete, dem Festus zu Folge, ehedem eine jede schändliche Sache, und selbst Scortum würde die Ableitung von dem Nieders. Scharn, Angels. Scearn, Scyrn, Dän. Skarn, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Koth, Mist, aushalten, welches bloß durch Vorsetzung des Zischlautes aus Gahre und Hor gebildet worden. Hierzu kommt noch, daß Huor, im ungewissen Geschlechte, in unser ältesten Denkmählern sehr oft für Unzucht und Ehebruch vorkommt, so daß Hure, und im männlichen Geschlechte Hurer, eigentlich Beywörter zu seyn scheinen, welche ursprünglich unrein bedeutet haben, wie das Schwed. Skör noch jetzt ein solches Beywort ist. 2) Nach dem Frisch und andern hat Hure einen anständigern Ursprung und bedeutet eigentlich ein Mädchen, da es denn mit dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, puella, genau überein kommen würde. Was diese Ableitung unterstützet, ist, daß man bey feinern Sitten diesen Personen auch in andern Fällen anständigere Nahmen gegeben, wie aus dem Franz. Maitresse, Fille de joye, dem Deutschen Mädchen, Gebietherinn, Liebste u. s. f. erhellet. Selbst die öffentlichen Huren nannte man im Deutschen ehedem nur Frauen, und wenn man sie näher bestimmen mußte, gemeine Frauen, ingleichen Hübscherinnen, von hübsch u. s. f. 3) Wachter endlich leitete es von dem noch im Nieders. üblichen heuern, dingen, miethen, her, welches in groben Mundarten noch jetzt huren lautet, und da wäre eine Hure eigentlich eine um Lohn zur Befriedigung der Wollust gedungene Weibsperson; eine Ableitung, welche mit der ersten engsten Bedeutung sehr gut überein kommt. Anm. 2. In der zweyten und dritten Endung des Singulars lautet dieses Wort statt der Hure noch mehrmahls der Huren. Mit einer Huren handeln, 1 Mos. 34, 31. Die Lippen der Huren sind süße, - - und ihre Kehle ist glätter denn Öhl, Sprichw. 5, 3. Welches ein Überbleibsel der Oberdeutschen Mundart ist, nach welcher auch Frau, Erde, Glaube, Grube u. a. m. noch zuweilen abgeändert werden. Da übrigens dieses Wort in allen seinen Bedeutungen nunmehr ein sehr harter und beleidigender Ausdruck ist, so gilt solches auch von den folgenden Ableitungen und Zusammensetzungen, welche daher auch in der edlern und anständigern Schreib- und Sprechart fremd sind. Eine heim- liche Hure, in der ersten Bedeutung, welche ihr Handwerk im Verborgenen treibet, heißt in Niedersachsen eine Gluphure, eine im höchsten Grade freche und gemeine Hure, eine Strahlhure, in den niedrigern Sprecharten anderer Gegenden aber eine Erzhure, Gassenhure, Hällerhure u. s. f.


Huren (W3) [Adelung]


Huren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, in den harten und niedrigen Sprecharten. 1) In der engsten Bedeutung, seinen Leib um Gewinstes willen andern Preis geben, von dem weiblichen Geschlechte. 2) Einer Person unehelich beywohnen, sich fleischlich mit ihr vermischen, wo es von beyden Geschlechtern gebraucht wird. Mit einer Person huren. 3) * In figürlichem Verstande, sich der Abgötterey ergeben, und in weiterer Bedeutung, sich durch Sünden verunreinigen; ein im Hochdeutschen ungewöhnlicher Gebrauch, in welcher es in der Deutschen Bibel häufig vorkommt.

Anm. Schon bey dem Kero und seinen Nachfolgern, die es gemeiniglich für ehebrechen gebrauchen, huoron, huare, huoren, im Nieders. horen. Im Oberdeutschen ist es auch noch hin und wieder als ein Activum für beschlafen, schwächen, üblich in welcher Gestalt im Schwabensp. Kap. 36 auch behüren vorkommt.


Hurenbalg (W3) [Adelung]


Der Hurenbalg, des -es, plur. die -bälge, in den niedrigen Sprecharten, eine Hure im verächtlichen Verstande, ein verhurter Balg; ein Hurensack.


Hurenblick (W3) [Adelung]


Der Hurenblick, des -es, plur. die -e, in der harten und niedrigen Sprechart, ein unzüchtiger Blick.


Hurenbrüche (W3) [Adelung]


Die Hurenbrüche, sing. inus. in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, Brüche, d. i. Geldstrafen, mit welchen eine uneheliche Schwängerung an beyden Theilen, besonders aber an der geschwächten Person geahndet wird.


Hurengeist (W3) [Adelung]


Der Hurengeist, des -es, plur. die -er, in der Deutschen Bibel, ein unreiner Geist, welcher die Menschen zur Hurerey, und in weiterer Bedeutung zu Lastern verleitet. Hos. 5, 4.


Hurenglück (W3) [Adelung]


Das Hurenglück, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben, ein unverdientes Glück, dergleichen unzüchtige weibliche Personen zuweilen zu haben pflegen. Hurenglück haben.


Hurenhaus (W3) [Adelung]


Das Hurenhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, in welchem Huren um des Gewinstes willen zu jedermanns Gebrauche gehalten werden; mit einem Französischen Ausdrucke, ein Bordell, ehedem mit einem anständigern Worte, ein Frauenhaus. Im Schwabensp. Hurhus.


Hurenhengst (W3) [Adelung]


+ Der Hurenhengst, es -es, plur. die -e, in der niedrigsten Sprechart, eine unzüchtige männliche Person ohne Scham und Zurückhaltung.


Hurenherberge (W3) [Adelung]


Die Hurenherberge, plur. die -n, ein Ort, wo öffentliche Huren geherberget werden.


Hurenjäger (W3) [Adelung]


Der Hurenjäger, des -s, plur. ut nom. sing. in der niedrigern Sprechart, eine Person männlichen Geschlechtes, welcher die Huren zur Befriedigung seiner Lüste aufsucht.


Hurenkind (W3) [Adelung]


Das Hurenkind, S. Hurkind.


Hurenliebe (W3) [Adelung]


Die Hurenliebe, plur. inus. in der harten und niedrigen Sprechart, eine unzüchtige Liebe.


Hurenlied (W3) [Adelung]


Das Hurenlied, des -es, plur. die -er, eben daselbst, ein unzüchtiges, schandbares Lied.


Hurenlohn (W3) [Adelung]


Der Hurenlohn, des -es, plur. inus. der Lohn, welchen eine Person für den Mißbrauch ihres Leibes zur Wollust von einer andern erhält. Ehedem das Frauengeld.


Hurennest (W3) [Adelung]


Das Hurennest, des -es, plur. die -er, ein Aufenthalt unzüchtiger Personen; im verächtlichen Verstande.


Hurenpack (W3) [Adelung]


Das Hurenpack, des -es, plur. inus. ein Collectivum, liederliches Gesindel beyderley Geschlechtes mit Verachtung zu bezeichnen.


Hurensack (W3) [Adelung]


Der Hurensack, des -es, plur. die -säcke, S. Hurenbalg.


Hurenschmuck (W3) [Adelung]


Der Hurenschmuck, des -es, plur. inus. in der harten Schreibart, eine unzüchtige, freche Art des Schmuckes oder Putzes. Sprichw. 7, 10.


Hurensohn (W3) [Adelung]


Der Hurensohn, des -es, plur. die -söhne, ein aus unehelichem Beyschlafe erzeugter Sohn. S. Hurkind.


Hurensteuer (W3) [Adelung]


Die Hurensteuer, plur. die -n, an einigen Orten, eine Steuer, mit welcher die öffentlichen Huren sich den Schutz der Obrigkeit erkaufen; der Hurenzins, Hurenzoll.


Hurenstirn (W3) [Adelung]


Die Hurenstirn, plur. die -en, im figürlichem Verstande, eine freche, unverschämte Stirn. Jer. 3, 3.


Hurenstrang (W3) [Adelung]


Der Hurenstrang, des -es, plur. inus. der Nahme einer Pflanze, S. Hexenstrang.


Hurenweib (W3) [Adelung]


Das Hurenweib, des -es, plur. die -er, in der Deutschen Bibel, eine unzüchtige Weibesperson. Hos. 1, 2.


Hurenwinkel (W3) [Adelung]


Der Hurenwinkel, des -s, plur. ut nom. sing. ein verborgener Ort, so fern er zur Hurerey gemißbraucht wird. 4 Mos. 25, 8.


Hurenwirth (W3) [Adelung]


Der Hurenwirth, des -es, plur. die -e, Fämin. die Hurenwirthinn, ein Hauswirth, welcher Huren für andere hält.


Hurenwurz (W3) [Adelung]


Die Hurenwurz, plur. inus. an einigen Orten, ein Nahme des Farnkrautes, Polypodium Filix mas L.


Hurer (W3) [Adelung]


Der Hurer, des -s, plur. ut nom. sing. in der harten Schreibart, eine Person männlichen Geschlechtes, welche durch unehelichen Beyschlaf die Keuschheit verletzet. Bey dem Ottfried und Willeram Huorar, Huarer, wo es doch in engerer Bedeutung einen Ehebrecher bedeutet, den Notker Uberhuorar nennet.


Hurerey (W3) [Adelung]


Die Hurerey, plur. die -en. 1) In der engsten Bedeutung, die Befriedigung der fleischlichen Lust einer andern Person um des Lohnes willen; ohne Plural, und von einzelnen Handlungen dieser Art auch mit dem Plural. Sich der Hurerey widmen. 2) In weiterer Bedeutung, die fleischliche Vermischung außer der Ehe; gleichfalls ohne Plural, außer wenn einzelne Handlungen dieser Art ausgedruckt werden sollen. In Hurerey leben. Der Hurerey ergeben seyn. Hurerey mit einer Person treiben. 3) Im figürlichen Verstande, doch nur in der Deutschen Bibel, die Abgötterey.

Anm. Im Tatian Huoro, der Ehebruch, bey dem Notker Huoruuiniscefte, im Nieders. Horije.


Hurisch (W3) [Adelung]


Hurisch, adj. et adv. der Hurerey gemäß, ähnlich, in derselben gegründet, unzüchtig; doch nur in der harten Sprechart. Ein hurisches Weib, Sir. 26, 12. Hurische Augen, Ezech. 6, 9.


Hurkind (W3) [Adelung]


Das Hurkind, des -es, plur. die -er, in der harten Sprechart. 1) Im engsten Verstande, ein von einer öffentlichen Hure erzeugtes Kind, oder ein außer der Ehe erzeugtes Kind, dessen Vater die Mutter nicht mit Gewißheit anzugeben vermag. 2) In weiterer Bedeutung, ein uneheliches, außer der Ehe erzeugtes Kind; in der Deutschen Bibel Hurenkind, mit anständigern Ausdrücken, ein Beykind, Kebskind, Fallkind, Jungfernkind, wenn die Mutter vorher nicht verheirathet gewesen, im Alt-Fries. Hornink, Hörning; ehedem ein Liebkind, oder Liebeskind, ein Stichling. S. auch Bastard, Bankart und Mantelkind.


Hurten (W3) [Adelung]


* Hurten, verb. reg. act. stoßen, welches im Hochdeutschen veraltet, aber noch hin und wieder in den gemeinen Sprecharten üblich ist, wo es auch hirten, horten und hirzen lautet, und wovon man auch das Hauptwort der Hurt oder Hort, ein Stoß, hat. S. des Frisch Wörterb. v. Hurt. Im Franz. heurter, hurter, im Nieders. horten. Schon im Salischen Gesetze kommen davon die Wörter ortare, hortare, stoßen, und antehortare, fortstoßen, vor. Im alten Franz. war Behourd ein Stoß mit der Lanze, daher im mittlern Lat. Behordium, Bohordium, eine Art eines Turniers mit der Lanze, Hurdicium aber ein Mauerbrecher war. Es scheinet von dem noch im gemeinen Leben üblichen Zwischenwort hurr! abzustammen, weil jeder Stoß mit einer Geschwindigkeit verbunden ist, und dieselbe voraus setzet.


Hurtig (W3) [Adelung]


Hurtig, -er, -ste, adj. et adv. eine beschleunigte, verstärkte Bewegung habend. 1. Eigentlich, in einer kurzen Zeit einen größern Raum als gewöhnlich zurück legend, im Gegensatze des langsam, und so wie geschwinde, doch fast nur allein von lebendigen Geschöpfen. Hurtig gehen. Einen hurtigen Gang haben. Lauf hurtig zu. Fein hurtig! Es gehet ihm alles hurtig von der Hand. Für eine hurtige Bewegung sagt man lieber eine geschwinde. 2. Figürlich. 1) In kurzer Zeit mehr verrichtend, als gewöhnlich ist. Hurtig arbeiten. Hurtig hinter einander fortessen. Ein hurtiger Kopf, der in kurzer Zeit eine Sache fasset und begreifet. Er hat eine hurtige Feder und eine beredte Zunge. 2) Sehr bald, in kurzer Zeit, ohne Aufschub. Komm hurtig wieder. Hurtig mit der Antwort seyn.

Anm. Im Schwed. und Dän. gleichfalls hurtig, im Böhm. hrdy. Es scheinet von dem vorhin gedachten Hurt, ein Stoß, so fern dasselbe in weiterer Bedeutung die Eile bedeutete, abzustammen. Die ältern Mundarten sagten nur hort, daher bey dem Kero unhort träge ist. Mit einem andern Ableitungslaute lautet es bey dem Notker horsco, bey dem Ottfried horsglich, (jetzt rasch, risch,) der auch hurschen für beschleunigen, antreiben gebraucht. Im Schwed. ist hurra mit Ungestüm herum treiben, und im Engl. to hurry übereilen. Alles als eine Nachahmung des mit gewissen Arten der geschwinden Bewegung verbundenen rauschenden Schalles, welchen zunächst das Zwischenwort hurr! ausdruckt; so daß dieses Wort mit zu dem Geschlechte der Zeitwörter werfen, wirren, wirbeln, errare, verrere, u. a. m. und, so fern es eigentlich von schnellen Bewegungen lebendiger Geschöpfe gebraucht wird, zu dem Latein. currere, laufen, gehöret.


Hurtigkeit (W3) [Adelung]


Die Hurtigkeit, plur. inus. die Eigenschaft eines Thieres, und in weiterer Bedeutung, eines Dinges, da es eine verstärkte Bewegung hat, in den vorigen Fällen.


Husar (W3) [Adelung]


Der Husar, des -en, plur. die -en, ein Ungarisches Wort, welches einen Reiter bedeutet, aber im Deutschen nur von den leicht bewaffneten Ungarischen Reitern, und den auf ihre Art bewaffneten und gekleideten Deutschen leichten Reitern gebraucht wird. König Casimir Iagello in Pohlen errichtete im 14ten Jahrhunderte wider die Kreuzherren gleichfalls Husaren, welche aber Kürassier waren, so wie die heutigen Pohlnischen Husaren noch sind. Nach dem Kaprinai ist Hungaria diplom. S. 228 bedeutet das Ungarische Huszar nicht eigentlich einen Reiter, sondern den zwanzigsten Mann, von husz, zwanzig. Er beweiset zugleich, daß diese Benennung unter dem Könige Mathias 1445 aufgekommen, da man die Einrichtung getroffen, daß 20 Jobagines oder Ackerleute einen Reiter stellen sollten, welcher daher Huszar, d. i. der zwanzigste, genannt worden. Viele schreiben dieses Wort Hussar, welches zwar dem Ungarischen näher kommt, sich aber von der einmahl angenommenen Hochdeutschen Aussprache entfernet.


Husch! (W3) [Adelung]


Husch! ein Zwischenwort. 1) Jemanden zu rufen, besonders im Oberdeutschen, wo es auch nur hsch, und hst lautet; wofür in Obersachsen bist! oder bst! üblich ist. ( S. Hosch,) Im Latein. heus! Im Franz. ist hucher rufen. 2) Stillschweigen zu gebiethen, in andern Gegenden hst! im Oberdeutschen hösch! ( S. Hosch,) 3) Ein Ausdruck einer mit einem gewissen zischenden Schalle verbundenen Geschwindigkeit. Husch! da war es weg. Husch! wie der Wind will ich ihr unter dem Arme wegfah- ren, Weiße, Hui! Hurr! und so ferner, drucken ähnliche aber mit andern Tönen verbundene Arten von Geschwindigkeit aus. S. auch Haschen und Hastig.


Husch (W3) [Adelung]


Der Husch, des -es, plur. die -e, oder die Husche, plur. die -n, ein im gemeinen Leben üblicher Ausdruck, verschiedene mit einem zischenden Laute verbundene schnelle Bewegungen auszudrucken. So heißt ein plötzlicher Regen, welcher schnell kommt und schnell wieder vergehet, in Niedersachsen ein Husch oder eine Husche. In andern Gegenden ist die Husche, im Oberd. ein Hutscher, eine Ohrfeige. Ja ein jeder unvermutheter plötzlicher unangenehmer Zufall heißt oft ein Husch. Bey den Bergleuten bekommt der Bergmann eine Husche, wenn ihm ein unvermuthetes Unglück widerfähret. S. Husch und das folgende.


Huschen (W3) [Adelung]


Huschen, verb. reg. welches gleichfalls nur im gemeinen Leben üblich ist; theils als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, sich in schneller unvermerkter Eile fortbegeben. Sie huschten alle über den Gang nach ihren Zimmern; wofür auch wischen üblich ist, S. dasselbe. Theils als ein Activum, wo jemanden huschen, ihm in der Geschwindigkeit Ohrfeigen, oder eine Tracht Schläge geben, bedeutet. Sich herum huschen, sich eilfertig herum schlagen.


Husten (W3) [Adelung]


Husten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, die Luft auf eine heftige, mit einem lauten Schalle verbundene Art aus der Lunge stoßen, besonders so fern es geschiehet, um die Luftröhre oder den Magenschlund von einem fremden Körper zu befreyen. Immer husten müssen. Der Kranke hat den ganzen Tag gehustet. Aufhören zu husten. Flöhe husten hören, figürlich, überklug seyn, viele eingebildete Klugheit besitzen.

Anm. Im Nieders. hosten, im Engl. to houst, im Angelsächs. hweostan, im Dän. hoste, im Schwed. hosta. Ihre leitet es von dem Nordischen Hoest, die Brust, her; allein es ist wohl so wie das Latein. Tussis, und andere Benennungen in andern Sprachen, eine Nachahmung des durch husten verursachten Schalles. S. das folgende.


Husten (W3) [Adelung]


Der Husten, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten, ut nom. sing. das Husten, die Ausstoßung der Luft aus der Lunge auf eine heftige und mit einem lauten Schalle verbundene Art; besonders so fern es eine Art Krankheit ist, um die Luftröhre und den Magenschlund von einem reitzenden Schleime zu befreyen. Den Husten haben. Eine Arzeney wider den Husten. Der trockene Husten, bey welchem man nichts auswirft; der Schafhusten, Nieders. der Kinkhusten. Ein feuchter Husten, welcher von einem Auswurfe begleitet wird. Ein krämpfiger Husten, bey welchem sich ein starkes Zusammenziehen aller zum Athemhohlen gehörigen Muskeln befindet. Der blaue Husten, S. Hühnerweh. S. auch Keichhusten, Magenhusten, Kitzelhusten u. s. f.

Anm. Bey dem Ottfried Huasten, im Nieders. Hoost, im Schwed. Hosta. Im Oberdeutschen wird es gemeiniglich im weiblichen Geschlechte gebraucht, die Huste, oder die Husten.


Hustenfieber (W3) [Adelung]


Das Hustenfieber, des -s, plur. inus. das mit dem Husten zuweilen verbundene Fieber, welches zu den katharrhalischen Fiebern oder gutartigen Flußfiebern gehöret.


Hustenkuchen (W3) [Adelung]


Der "Hustenkuchen", des -s, plur. ut nom. sing. in den Apotheken, ablösende Mittel wider den Husten, welche mit "Gummi Traganth" in die Gestalt kleiner runden Küchlein gebracht worden.


Hut (W3) [Adelung]


Der Hut, des -es, plur. die Hüte, Diminut. das Hütchen, Oberd. das Hütlein, überhaupt eine jede Bedeckung oder Decke, eine Bekleidung; in welcher Bedeutung es aber veraltet ist, indem es heut zu Tage nur von der äußersten Bekleidung des Obertheiles eines Dinges gebraucht wird. 1. Im weitesten Verstande, da es eine von festerer oder steiferer Materie verfertigte hohe Bedeckung des Obertheiles eines Dinges bedeutet; wo es nur noch in einigen einzelnen Fällen üblich ist. Der Fingerhut, die metallene tiefe Bekleidung der Fingerspitze. Der Lichthut, ein hohles Blech in Gestalt eines spitzigen Kegels, das Licht damit auszulöschen. Der Blasenhut, der Obertheil einer Destillir-Blase, welche auch nur der Hut schlechthin, ingleichen der Helm genannt wird. An den Schwämmen wird der Obertheil, welcher gemeiniglich eine zugespitzte, oder doch erhabene Gestalt hat, der Hut genannt, Lat. Pileus. 2. In engerer Bedeutung, eine aus einer festern oder steifern Materie gemachte Bedeckung des Hauptes; zum Unterschiede von einer Haube und Mütze. Dahin gehören nicht nur die Hüte des männlichen Geschlechtes, sondern auch die Sonnenhüte, Strohhüte und andere Arten des weiblichen. 3. In noch engerer wird die aus einer solchen festern Materie verfertigte Bedeckung des Hauptes des männlichen Geschlechtes ein Hut genannt, dessen besondere Arten durch allerley Zusammensetzungen von einander unterschieden werden. Dahin gehören der Cardinals-Hut, der Bischofshut, der Doctor-Hut, der Reisehut, der Sturmhut, der Federhut, der Churhut, der Jägerhut, der Regenhut, der Filzhut u. s. f. welcher letzterer in der engsten Bedeutung unter der Benennung des Hutes verstanden wird. 1) Eigentlich. Einen Hut tragen. Den Hut abnehmen, abthun, abziehen. Den Hut vor jemanden abnehmen, zum Zeichen des Grußes oder der Ehrerbiethung. Den Hut aufsetzen. Ohne Hut gehen. Der grüne Hut, eine alte Beschimpfung muthwilliger Bankerottier, welche in Frankreich schon im 16ten Jahrhunderte üblich war. An andern Orten ist dafür ein gelber Hut eingeführet. Unter dem Hütchen mit jemanden spielen, mit ihm einverstanden seyn, seine Absicht heimlich unterstützen. In ältern Polizey-Verordnungen wird den Hütchenspielern nebst den Riemenstechern und andern Betriegern das Land verbothen. Viel Köpfe unter Einen Hut bringen wollen, sie einig, Eines Sinnes machen wollen. Es fehlt ihm unter dem Hute, er ist unter dem Hute nicht richtig, sagt man von jemanden, der nicht den völligen Gebrauch seines Verstandes hat. Die Frau hat den Hut, wenn sie die Herrschaft hat, wofür man auch sagt, sie habe die Hosen. Der Hut ist von alten Zeiten her das Sinnbild so wohl der Freyheit, als auch der Herrschaft. 2) Figürlich, wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt. (a) Ein Hut Zucker, ein Stück gereinigten Zuckers, welches die Gestalt eines spitziges Kegels hat, ein Zuckerhut, wegen der Ähnlichkeit mit den ehemahligen hohen spitzigen Hüten der Männer; Franz. Pain de Sucre, Schwed. Suckertopp. ( S. Hutzucker). (b) Das Eisenhütchen, der Nahme einer Pflanze, S. dieses Wort.

Anm. Schon bey dem Kero Hut, in den Monseeischen Glossen Huoth, im Schwabensp. Hut, im Nieders. Hood, im Angels. Hod, im Engl. Hat, im Dän. Hat, im Schwed. Hatt, im Wallis. Hett. Es gehöret zu dem zahlreichen Geschlechte derjenigen Wörter, in welchen die Bedeckung der herrschende Begriff ist, folglich zu Haut, Haus, Hofe, Hütte, Kutte u. s. f. Bey den Wallisern ist cuddio, und im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bedecken, verdecken. Das Lat. Pileus stammet auf ähnliche Art von dem alten felan, bedecken, her, S. Fell.


Hutband (W3) [Adelung]


Das Hutband, des -es, plur. die -bänder, ein Band an dem Hute oder um den Hut.


Hüter (W3) [Adelung]


Der Hüter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Hutmacher, besonders in Niedersachsen. Dessen Gattinn die Hüterinn.


Hutfeder (W3) [Adelung]


Die Hutfeder, plur. die -n, eine Feder zur Zierde auf einem Hute.


Hutfilz (W3) [Adelung]


Der Hutfilz, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, Filz, so wie er zu den gewöhnlichen Hüten des männlichen Geschlechtes gebraucht wird.


Hutform (W3) [Adelung]


Die Hutform, plur. die -en, eine Form, den Filzhüten darauf ihre gehörige Gestalt zu geben; bey den Hutmachern, der Hutstock.


Huth (W3) [Adelung]


Die Huth, plur. die -en, von dem folgenden Zeitworte hüthen. 1. Die Handlung des Hüthens, in allen Bedeutungen dieses Zeitwortes, und ohne Plural. 1) In der allgemeinen Bedeutung, die Handlung, da man durch seine Gegenwart durch Beobachtung ein Übel von einem Dinge abzuwenden sucht; in welcher Bedeutung es im Hochdeutschen größten Theils veraltet ist. La mich niht us diner huot, Jacob von Warte, aus deiner Aufsicht, aus deinem Schutze. Eine Sache in seiner Huth haben, in seiner Aufsicht, Verwahrung. Doch den Befehl hielt ich mit Fleiß in Huth, Opitz, befolgte, beobachtete ihn. Da er das merkt, ging er mit Huth Weißlich wieder auf die eben, Theuerd. Kap. 56. mit Behuthsamkeit. Nur Hagedorn sagt noch: Daß er zu treuer Huth den falschen Freund empfohlen. S. Obhuth, welches noch zuweilen in dieser Bedeutung vorkommt. Im Osnabrückischen ist die Huth, Nieders. Hode, noch jetzt der obrigkeitliche Schutz. Jeder Unterthan muß sich daselbst in eine gewisse Hode oder Huth begeben, wenn nicht sein Vermögen nach seinem Tode, wenn er hodenlos oder huthlos stirbt, eingezogen werden soll. Dergleichen huthlose Unterthanen werden daselbst Biesterfreye genannt. Besonders gebrauchte man es ehedem für Bewachung, Wache, so fern es eine Handlung bezeichnet; welche Bedeutung in der Deutschen Bibel mehrmahls vorkommt. Darum sollen die Leviten der Huth warten an der Wohnung des Zeugnisses, 4 Mos. 1, 53. Wir behalten die Huth des Herren unsers Gottes, 2 Chron. 13, 11; die Wache am Tempel. Und sollt auf die Huth des Herren warten, 3 Mos. 8, 35, d. i. die Wache an der Stiftshütte besorgen. Wo es denn auch den Ort bezeichnete, wo man auf der Wache stehet; den Posten. Hie stehe ich auf meiner Huth, Hab. 2, 1. Ich stelle mich auf meine Huth alle Nacht, Es. 21, 8. Von welchem Gebrauche im Hochdeutschen noch einige figürliche Arten des Ausdruckes üblich sind. Auf seiner Huth seyn, sich vorsehen, daß man nicht einen Fehler begehe, oder nicht Schaden leide; eigentlich, auf seinem Posten seyn. Du hättest besser auf deiner Huth seyn sollen. Auf guter Huth seyn. Er mag wenigstens auf der Huth seyn, um mir gleich Nachricht zu geben, wenn sie kommt, Weiße. Stelle dich ein wenig auf die Huth, daß mich niemand störe, ebend. 2) In engerer Bedeutung, die Hüthung des Viehes. Die Huth verdingen. Dem Hirten den Lohn für die Huth bezahlen. Den Hirtentanz vollenden die Hirten auf der Huth, Hag. 2. * Eine hüthende Person; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher es ehedem häufig in engerer Bedeutung gebraucht wurde, eine oder mehrere die Wache habende Personen zu bezeichnen, einen Wachposten. Sie gingen durch die erste und andere Huth, Apostelg. 12, 10. Und stellete die Huth der Priester und Leviten, Nehem. 13, 30. Die Hinterhuth oder Nachhuth war ehedem der Nachtrab eines Kriegsheeres, die Arriere-Garde, so wie Vorhuth der Vortrab, die Avant-Garde. 3. Ein Bezirk, welcher jemandes Huth, d. i. Aufsicht, anvertrauet ist; eine nur noch in einigen Gegenden übliche Bedeutung. So ist im Osnabrückischen Hode oder Huth der Be- zirk, über welchen jemand die Huth oder die Schutzgerechtigkeit zu üben hat. Auch der Wald von St. Sebald bey Nürnberg ist in sechs Districte eingetheilet, welche Huthen genannt werden. Einer jeden Huth ist eine Forsthuth zugeeignet, Mansus forestalis oder Praedium, worin der Förster wohnet. 4. Die Sache, welche jemandes Huth, oder Aufsicht anvertrauet ist; wo es doch nur in engerer Bedeutung von einer Herde Vieh gebraucht wird, vornehmlich in Niedersachsen. Krankes Vieh unter die gemeine Huth treiben. Eine Huth Schafe, Ochsen, Pferde, Gänse u. s. f. 5. Der Ort, wohin das Vieh zur Weide getrieben wird; die Viehweide, Weide, der Weidgang. Das Rittergut hat vortreffliche Huthen. Ingleichen das Recht, sein Vieh auf eines andern Boden zu weiden. Huth und Trifft, im Oberd. Trieb und Trath, wo Trift in engerer Bedeutung das Recht, es auf den Brachäckern zu weiden, bezeichnet, Huth aber alle zur Weide bequemen Plätze in sich schließet. Nach dem Frisch ist Huth in Staphorsts Hamburg. Kirchen-Chron. auch mehrmahls ein Feldmaß, welches ungefähr eilf Morgen Landes begreift. Allein, da es mir in dieser Bedeutung sonst nicht vorgekommen ist, so stehet noch dahin, ob für Huut daselbst nicht Hund gelesen werden müsse, welches, wie schon bey diesem Worte angemerket worden, im Bremischen ein Feldmaß ist, daselbst aber nur den sechsten Theil eines Morgens beträget. Es müßte denn zu dem Hollsteinischen Heitschäffel gehören, welches ein Flächenmaß von 144 bis 240 Quadrat-Ruthen ist. S. 2. Hund und Heitschäffel.

Anm. Bey dem Notker ist Huote, im Schwabensp. Hute und Hute, und im Engl. Heed, die Wache. S. das folgende.


Hüthen (W3) [Adelung]


Hüthen, verb. reg. act. welches ursprünglich scheinet sehen bedeutet zu haben, aber hernach nur in engerer Bedeutung gebraucht wurde, in der Absicht sehen und beobachten, um ein Übel von einem Dinge abzuwenden. 1. Überhaupt, sehen, Acht haben, damit einem Dinge nichts Übels widerfahre, mit Inbegriff der Abwendung dieses Übels; mit der vierten Endung der Sache. Das Haus hüthen, Acht haben, daß keine Diebe einbrechen, kein Feuer auskomme u. s. f. Junge Mädchen sind schwer zu hüthen. Der Geitzige hüthet sein Geld den ganzen Tag, lässet es nicht aus den Augen, damit es ihm nicht gestohlen werde. Ich kann ihn nicht immer hüthen. Das Bett hüthen müssen, figürlich, nicht aus dem Bette können, krank seyn. Das Zimmer hüthen, nicht aus dem Zimmer gehen können. Ehedem gebrauchte man dieses Zeitwort häufiger und fast in allen Fällen, wo man jetzt die Ausdrücke bewahren, bewachen, die Wache haben, Acht auf etwas haben u. s. f. gebraucht; da es denn im Oberdeutschen häufig mit der zweyten Endung verbunden wurde, und noch verbunden wird. Eines Dinges hüthen. Des Hauses, des Zimmers, des Bettes hüthen. Sin huoten zwenzig tusent man, ihn bewachen 20 000 Mann, in dem alten Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter. Du sollt meines Volkes Israel hüthen, 2 Sam. 5, 2. Daß er der Lade des Herren hüthete, sie bewachte, 1 Sam. 7, 1. Wo es auch zuweilen als ein Neutrum gebraucht wurde. Die Priester, die an der Schwelle hütheten, die Wache hatten, 2 Kön. 12, 9. Di der Burg huhdin, welche daselbst in Garnison standen, in dem alten Gedichte auf dem h. Anno. ( S. Behüthen, Verhüthen,) 2. In engerer Bedeutung. 1) Als ein Reciprocum, sich hüthen, sich vorsehen, durch Vorsicht ein Übel zu vermeiden oder abzuwenden suchen, entweder mit dem Bindeworte daß, oder mit dem Vorworte vor. Man kann sich hier nicht genug hüthen. Hüthe dich vor Schaden. Vor Feinden kann man sich wohl hüthen, aber nicht allemahl vor falschen Freunden. Hüthet euch vor dem Verbannten, Jes. 6, 18. Hüthe dich, daß du nicht fällst. ( S. Behuthsam,) 2) Das Vieh hüthen, eine Herde Vieh hüthen, Acht geben, so wohl, daß ihr auf der Weide kein Schade widerfahre, als auch, daß sie selbst keinen Schaden verursache. Gänse, Schafe, Pferde, Schweine hüthen. Da er seines Vaters Esel hüthete, 1 Mos. 36, 24. Jetzt hüthe ich um schlechten Lohn hier diese Ziegen Geßn. Im Oberdeutschen gleichfalls mit der zweyten Endung. Sie hüthete der Schafe, 1 Mos. 29, 9. So will ich wiederum weiden und hüthen deiner Schafe, Kap. 30, 31. Hüthen nicht deine Brüder des Viehes in Sichem? 1 Mos. 37, 13. S. Abhüthen. Daher die Hüthung in der ersten allgemeinen und zweyten engern Bedeutung. ( S. auch Huthung) Bey dem Kero und Ulphilas huotan, im Nieders. höden und hüden, im Angels. hydan, im Dän. hyte. Frisch sahe schon die Übereinkunft mit dem Lat. cautus, cautela, cavere u. s. f. ein, fand es aber nicht dienlich, den Ursprung beyder Wörter weiter zu verfolgen. Dem ersten Anblicke nach scheinet es sehr wahrscheinlich, daß dieses Zeitwort gleichfalls von dem veralteten Zeitworte hedan, hudan, bedecken, verbergen, Engl. to hide, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, abstamme, ja wohl gar dieses Zeitwort selbst sey; ( S. der Hut und Haut,) Allein, wenn man bedenkt, daß der Begriff des Sehens in allen dessen Bedeutungen sehr merklich hervor sticht, so wird man es lieber zu weiden rechnen, so fern dieses mit hüthen gleichbedeutend ist, bey dem Ulphilas vitan, welches mit dem Lat. videre sehr deutlich überein kommt. Der Übergang des Hauchlautes in den Blaselaut darf niemanden befremden, da selbiger im Deutschen und andern Sprachen in tausend unläugbaren Fällen erweislich ist. Acht, achten, bewahren, warten, das Franz. garder, und andere bedeuten ursprünglich gleichfalls sehen.


Hüther (W3) [Adelung]


Der Hüther, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Hütherinn, von dem Zeitworte hüthen, eine Person, welche eine Sache hüthet, oder derselben hüthet. Soll ich meines Bruders Hüther seyn? 1 Mos. 4, 10. Der Hüther der Gefäße, 1 Sam. 17, 22. Der Kleider, 2 Kön. 22, 34. Der Weiber, Esth. 2, 8, 15. In welcher allgemeinern Bedeutung es nur noch zuweilen in der höhern und dichterischen Schreibart vorkommt. Die Barschaft, die zu sehr an kargen Fäusten klebt, Nur ihrem Hüther lacht, der stets nach mehrern strebt, Hag. Stumme Hüther todter Schätze Sind nur reich, ebend. Der Mensch hat an seinem Gesichte den wachsamsten Hüther wider die Gefahren des Lebens, Gell. Dagegen man es im gemeinen Leben nur noch zuweilen von einem Wächter geringerer Art gebraucht. Einen Hüther bestellen, der das Vieh hüthet. S. auch Feldhüther. Bey dem Willeram Huotar, bey dem Stryker Huetter, im Nieders. Hüder, Hüer.


Hütherlohn (W3) [Adelung]


Der Hütherlohn, des -es, plur. inus. der Lohn für die Huth, oder für das Hüthen des Viehes; der Hirtenlohn, das Huthgeld, Hüthgeld.


Hüthfaß (W3) [Adelung]


Das Hüthfaß, des -sses, plur. die -fässer, ein durchlöchertes Gefäß, Fische darin aufzubewahren; ein Fischhälter, im Dän. Hyttefad.


Huthgeld (W3) [Adelung]


Das Huthgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, Geld, welches man für die Huth, d. i. Wache, gibt, oder bekommt, von dem Hauptworte die Huth. Vor dem Zeitworte hüthen wird auch der Hirtenlohn, oder das Hüthergeld zuweilen Hüthgeld genannt.


Huthgerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Huthgerechtigkeit, plur. inus. die Gerechtigkeit, d. i. das Recht, sein Vieh auf einem gewissen Boden hüthen zu lassen; auch nur die Huth schlechthin.


Huthhaus (W3) [Adelung]


Das Huthhaus, des -es, plur. die -häuser, ein jedes Wachhaus; in welcher weitern Bedeutung es doch veraltet ist, außer daß im Bergbaue dasjenige Haus, worin sich das Werkzeug und die Geräthschaften der Bergleute unter der Huth oder Aufsicht des Huthmannes befinden, das Huthhaus oder das Zechenhaus genannt wird.


Huthlos (W3) [Adelung]


Huthlos, -er, -este, adj. et adv. der Huth, d. i. der Aufsicht beraubt. Eine huthlose Herde. S. auch die Huth 1. 1)


Huthmann (W3) [Adelung]


Der Huthmann, des -es, plur. die -männer, eine Person männlichen Geschlechtes, welcher die Huth, d. i. die Aufsicht, über eine Sache anvertrauet ist, doch nur noch in einigen einzelnen Fällen. So wird der Viehhirt oft ein Huthmann genannt. Im Bergbaue ist es ein Bergmann, welcher in dem Huthhause wohnet, und auf die Geräthschaften der Bergleute Acht gibt.


Huthstein (W3) [Adelung]


Der Huthstein, des -es, plur. die -e, ein Stein, so fern er die Gränze der Huthgerechtigkeit bezeichnet; der Triftstein, im Oberd. der Trathstein.


Huthung (W3) [Adelung]


Die Huthung, plur. die -en, ein bequemer Ort, das Vieh daselbst zu hüthen; die Huth, Weide, Huthweide.


Hutmacher (W3) [Adelung]


Der Hutmacher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerker, welcher Hüte aus Filz oder gefilzter Wolle verfertiget; Fämin. die Hutmacherinn. In Niedersachsen der Hüter.


Hutschleife (W3) [Adelung]


Die Hutschleife, plur. die -n, die Schleife an einem Hute, zu dessen Zierde.


Hut-Staffirer (W3) [Adelung]


Der Hut-Staffirer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Krämer, welcher die von dem Hutmacher verfertigten Hüte ausstaffiret, d. i. ihnen die gehörige Verzierungen und Gestalt gibt, und mit solchen Hüten handelt; an andern Orten ein Baretmacher, Baretkrämer, Mützenmacher, im Oberd. ein Hutstepper. S. Staffiren.


Hutstock (W3) [Adelung]


Der Hutstock, des -es, plur. die -stöcke, S. Hutform.


Hutzucker (W3) [Adelung]


Der Hutzucker, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. Zucker, welcher die Gestalt eines Hutes nach alter Art, d. i. eines spitzigen Kegels, hat; zum Unterschiede von der Moskovade, dem Farin-Zucker, dem Lumpenzucker, Zuckerkand u. s. f. Ein einzelnes Stück in der Gestalt heißt ein Hut Zucker oder ein Zuckerhut.


Hütte (W3) [Adelung]


Die Hütte, plur. die -n, Diminut. das Hüttchen, Oberd. Hüttlein. 1. In der weitesten und eigentlichen Bedeutung, ein jeder von der Witterung bedeckter Ort, sich darin aufzuhalten, oder gewisse Verrichtungen darunter vorzunehmen; es sey nun ein Gezelt, oder ein Gebäude, ein Haus u. s. f. Er, (der Herr,) ein Schirm wider die Hitze, eine Hütte wider den heißen Mittag, Sir. 34, 19. Ich will unter deinen (Gottes) Hütten ewiglich, Ps. 61, 5. Gott gründet seine Hütte auf Erden, Amos 9, 6. Und so in vielen andern Stellen mehr, wo es bald ein Gezelt bedeutet, bald aber auch eine Wohnung überhaupt; wohin auch die Hütte des Stiftes gehöret, welche nach dem heutigen Sprachgebrauche eigentlich ein Gezelt war, und daher auch in Michaelis Übersetzung das Gezelt der Unterredung, oder die Wohnung des Gesetzes heißt. In dieser weitesten Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet, wo es nur noch zuweilen in der edlen und dichterischen Schreibart in derselben vorkommt, doch so daß alle Mahl etwas von dem verächtlichen Nebenbegriffe der folgenden zweyten engern Bedeutung mit einschleicht, daher auch der Leib des Menschen, so fern er als der Wohnort, der Aufenthalt der Seele betrachtet wird, in der Deutschen Bibel mehrmahls unter dem Nahmen einer Hütte vorkommt. 2. In engerm Verstande. 1) Verschiedene zu Werkstätten oder Fabriken bestimmte, und oft sehr große und ansehnliche Gebäude sind noch unter dem Nahmen der Hütten bekannt; entweder, als ein Überbleibsel der vorigen allgemeinen Bedeutung, oder auch so fern sie ehedem in der folgenden Bedeutung nur Hütten waren, und es oft noch sind. Dergleichen sind die Glashütte, wo Glas bereitet wird, die Ziegelhütte, wo Ziegel gebrannt werden, die Kalkhütte, wo Kalk gebrannt wird, die Pechhütte, Salpeterhütte u. s. f. Besonders die zu dem Bergbaue über der Erde gehörigen Gebäude, in welchen das aus derselben geförderte Erz gepocht, gewachsen, geschmelzet oder verarbeitet wird. Daher in manchen Zusammensetzungen das Wort Hütte der Grube entgegen gesetzt wird; z. B. die Hüttenarbeiten, die zum Bergbaue gehörigen Arbeiten über der Erde, im Gegensatze der Grubenarbeiten. Nach Maßgebung der verschiedenen Verrichtungen bekommen diese Gebäude wieder besondere Nahmen; dergleichen sind, die Bleyhütte, Eisenhütte, Gießhütte, Gifthütte, Messinghütte, Seigerhütte, Schmelzhütte u. s. f. In der engsten Bedeutung verstehet man im Bergbaue unter Hütte schlechthin die Schmelzhütte. 2) Ein, gemeiniglich auf kurze Zeit vor der Witterung bedeckter und eingeschlossener Raum, allerley Verrichtungen darin vorzunehmen; dergleichen aus Stroh, Rohr, Baumzweigen, Bretern u. s. f. verfertiget werden, und ein Mittelding zwischen einem Gezelte und einem Gebäude in engerer Bedeutung sind. (a) Eigentlich. In Hütten wohnen, wie noch von vielen herum ziehenden Völkerschaften geschiehet, auch wohl von solchen, welche einen festen Wohnort haben. Eine Feldhütte, eine Hütte im Felde, zum Aufenthalte des Feldwächters. Die Lauberhütte der Juden, von grünen Zweigen, die Schäferhütte, des Schäfers bey den Hürden, die Hundshütte, für Hunde, die Vogelhütte, worin sich die Vogelsteller verbirgt u. s. f. Auf den Schiffen wird der oberste Theil über dem halben Verdecke eines großen Schiffes die Hütte genannt, mit einem Französ. Ausdrucke auch die Companie. Bey einigen heißt auch die Cajüte die Schiffhütte. (b) Figürlich, ein jedes schlechtes, niedriges Gebäude, oft auch ein jedes Gebäude mit Verachtung. Auch die niedrigste Hütte hat ihren Stolz, der bald zu einer ansteckenden Seuche für die Kinder wird, Gell. Der Vorzug weiser Sitten Macht alles herrlicher und adelt auch die Hütten, Haged. Anm. Bey dem Ottfried Hutto, bey dem Notker Hutta, im Nieders. Hutte, im Angels. und Franz. Hutte, im Engl. Hut, im Dän. Hytte, im Schwed. Hydda, im Pohln. Huta, im Böhm. Hutj, im Lettischen Guta, im Finnischen Cota, im Esthnischen Kodda, im Wallis. Cwtt. Es stammet von dem alten hutan, bedecken, ab, Engl. to hide, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und bedeutet überhaupt einen jeden vor der Witterung bedeckten Ort, welche Bedeutung auch Haus im weitern Verstande hat, siehe Haus, Haut, der Hut und das Koth. Das Lat. Tugurium, stammet auf ähnliche Art von tegere, bedecken, her. Mosheim und einige andere machen die zweyte und dritte Endung im Singular nach Luthers Beyspiel in der Deutschen Bibel der Hütten, welches aber ein Überbleibsel der Oberdeutschen Mundart ist, welche auch Erde, Glaube, Wiege, Hure u. a. weibliche auf e auf ähnliche Art decliniret.


Hüttenamt (W3) [Adelung]


Das Hüttenamt, des -es, plur. die -ämter, ein Collegium verschiedener Personen, welches die Aufsicht über das Schmelzwesen eines Bergwerks-Districtes hat, und welchem zuweilen noch ein Ober-Hüttenamt vorgesetzet ist. Das Ober-Hüttenamt zu Freyberg bestehet aus einem Ober-Hüttenverwalter, Ober-Hüttenvorsteher, Ober-Hüttenraiter, Ober-Schieds-Guardein, Glätt-Factor u. s. f.


Hüttenarbeiter (W3) [Adelung]


Der Hüttenarbeiter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Arbeiter im Bergbaue, welcher bey einer Schmelzhütte und den dazu gehörigen Anstalten verpflichtet ist; im Gegensatze des Grubenarbeiters.


Hüttenbediente (W3) [Adelung]


Der Hüttenbediente, des -n, plur. die -n, ein landesherrlicher Bedienter, welcher einer oder mehrern Schmelzhütten vorgesetzet ist; der Hüttenbeamte.


Hütten-Centner (W3) [Adelung]


Der Hütten-Centner, S. Hüttenzentner.


Hütten-Factor (W3) [Adelung]


Der Hütten-Factor, des -s, plur. die -e, ein landesherrlicher Factor bey einer Schmelzhütte, welcher über deren Bedürfnisse Rechnung führet, und das ausgeschmelzte Erz den Hüttenschreibern überliefert.


Hüttengekrätz (W3) [Adelung]


Das Hüttengekrätz, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, dasjenige Gekrätz, welches bey dem Schmelzen der Erze abspringet und hernach besonders zu gute gemacht wird.


Hüttengericht (W3) [Adelung]


Das Hüttengericht, des -es, plur. die -e, ein Gericht, welches die Gerichtbarkeit über Schmelzhütten und die dabey befindlichen Personen in Rechtssachen hat.


Hüttengezäh (W3) [Adelung]


Das Hüttengezäh, des -es, plur. inus. oder die Hüttengezähe, sing. inus. im Bergbaue, alle in einer Schmelzhütte zum Ausschmelzen der Erze nöthige Werkzeuge. S. Gezäh.


Hüttenherr (W3) [Adelung]


Der Hüttenherr, des -en, plur. die -en, der Eigenthumsherr einer Fabrik, welche den Nahmen einer Hütte führet; besonders einer Schmelzhütte.


Hüttenkatze (W3) [Adelung]


Die Hüttenkatze, plur. inus. der Lungensucht, welche den Arbeitern in einer Schmelzhütte besonders eigen ist, in einer Entzündung, Geschwür und Vereiterung der Lunge bestehet, und mit einem abzehrenden Fieber verbunden ist; Peripneumonia montana, Asthma montanum, die Bergsucht. S. Katze.


Hüttenkosten (W3) [Adelung]


Die Hüttenkosten, sing. inus. diejenigen Kosten, welche zu Ausschmelzung der Erze erfordert werden.


Hüttenleute (W3) [Adelung]


Die Hüttenleute, sing. inus. alle bey einer Fabrik, welche den Nahmen einer Hütte führet, besonders bey einer Schmelzhütte, befindliche Personen.


Hüttenmeister (W3) [Adelung]


Der Hüttenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein vereidigter Mann, welcher einer mit dem Nahmen einer Hütte belegten Fabrik vorstehet, und in engerer Bedeutung, der nächste Vorgesetzte einer Schmelzhütte; Böhm. Hutmistr.


Hüttennicht (W3) [Adelung]


Das Hüttennicht, indecl. plur. ein Nicht, oder weißer metallischer Ruß, welcher sich vorn an den Schmelzöfen ansetzet, S. Nicht.


Hüttenordnung (W3) [Adelung]


Die Hüttenordnung, plur. die -en, eine landesherrliche Verordnung in Sachen die Schmelzhütten eines Landes betreffend.


Hüttenraiter (W3) [Adelung]


Der Hüttenraiter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Hüttenbedienter, welcher über alle Schmelzhütten eines Districtes die Rechnungen führet, und oft noch einen Ober-Hüttenraiter über sich hat. S. Hüttenamt. Von dem Oberd. raiten, rechnen, S. dasselbe.


Hüttenrauch (W3) [Adelung]


Der Hüttenrauch, des -es, plur. car. ein im höchsten Grade giftiger Ruß, welcher sich im Rösten und Schmelzen der Erze in Gestalt eines Rauches absondert und in besondern Giftfängen aufgefangen wird; Giftmehl, weil er die Gestalt eines Mehles hat. Durch weitere Zubereitung wird daraus der Arsenik verfertiget.


Hüttenrege (W3) [Adelung]


Die Hüttenrege, plur. die -n, bey den Vogelstellern, ein lebendiger Vogel über einer Vogelhütte, welcher vermittelst eines Fadens auf und nieder gezogen werden kann, die wilden Vögel dadurch anzulocken.


Hüttenschreiber (W3) [Adelung]


Der Hüttenschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bedienter bey einer Schmelzhütte, welcher die Beschickungen bey einem großen Schmelzen macht, und alles was bey einer Hütte niedergeschrieben werden muß, niederschreibet. Bey einem Hüttenamte befindet sich gleichfalls ein Hüttenschreiber.


Hüttenspan (W3) [Adelung]


Der Hüttenspan, des -es, plur. die -späne, in den Zinnhütten, ein breites Holz, die Arten des Zinnsteines darauf mit Röthel zu verzeichnen.


Hüttensteiger (W3) [Adelung]


Der Hüttensteiger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Steiger bey einer Schmelzhütte, welcher derselben unter dem Hüttenmeister vorgesetzet ist, und auch der Vorläufer genannt wird.


Hüttenverwalter (W3) [Adelung]


Der Hüttenverwalter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Hüttenbeamter, welcher die Hüttengebäude in seiner Aufsicht hat, für die Abrichtung der Hüttenarbeiter sorget, Holz und Kohlen herbey schaffen lässet, und oft noch einen Ober-Hüttenverwalter über sich hat. S. Hüttenamt.


Hüttenvogt (W3) [Adelung]


Der Hüttenvogt, des -es, plur. die -vögte, bey einigen Schmelzhütten, ein Vogt oder Aufseher, welcher Acht hat, daß das Schmelzen auf die gehörige Art verrichtet werde.


Hüttenwächter (W3) [Adelung]


Der Hüttenwächter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wächter bey einer Fabrik, welche den Nahmen einer Hütte führet; besonders bey einer Schmelzhütte.


Hüttenwäscher (W3) [Adelung]


Der Hüttenwäscher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Hüttenarbeiter, welcher das Hüttengekrätz wäschet, und zum Schmelzen vorbereitet.


Hüttenzeichen (W3) [Adelung]


Das Hüttenzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Zeichen, womit eine jede Hütte in dem Bergbaue ihr Werkzeug bezeichnet.


Hüttenzinn (W3) [Adelung]


Das Hüttenzinn, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, reines Zinn ohne allen Zusatz und Zuschlag, so wie es aus den Zinnhütten kommt; Bergzinn, im Gegensatze des Probezinnes.


Huzel (W3) [Adelung]


Die Huzel, plur. die -n, in den gemeinen Sprecharten, getrocknete Birnen und Äpfel, besonders von schlechterer Art; in Baiern Kletzen, an andern Orten Knödel, in Österreich Äpfel- oder Birnspaltel. Entweder von dem noch in gemeinen Mundarten üblichen hutzen, huzeln, schneiden, verhuzeln, verschneiden, verhunzen, wohl sie gemeiniglich in vier Theile getheilet werden, oder auch von dem gleichfalls noch hin und wieder übli- chen huzeln, runzelig werden, huzelig, runzelig, weil dergleichen gedörretes Obst sehr runzelig ist. Im Holländ. ist Hotte geronnene Milch. S. Schütten.


Huy (W3) [Adelung]


Huy, S. Hui.


Hyacinth (W3) [Adelung]


Der Hyacinth, des -es, plur. die -e, aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Lat. Hyacinthus, ein hochgelber, ins Rothe spielender und zuweilen nur gelblicher Krystall, welcher im starken Feuer ohne Zusatz zu einer dunkelblauen sehr harten Masse schmilzt; Nitrum quarzosum fulvum L. Der Hyacinth der Alten ist der jetzige Amethyst, welchen noch allem Ansehen nach Willeram verstehet, wenn er Hohel. 5, 14, wo Luther Türkisse hat, die Jacintos des Textes durch Jechando übersetzt, und beyfüget, qui est aerii coloris. In dem alten Gedichte auf den heil. Anno heißt er der Jachant, im Heldenbuche Jachande, bey dem Etterlin Jaßcink, welche insgesammt aus Hyacinth verderbet sind. Im Persischen ist Jagout der Rubin.


Hyacinthe (W3) [Adelung]


Die Hyacinthe, plur. die -n, gleichfalls aus dem Griech. und Lat. Hyacinthus, ein Blumengewächs, welches schöne wohl riechende Blumen von allerley Farben trägt; Hyacinthus L. die Märzblume. Vermuthlich, so fern die gewöhnlichste Farbe ihrer glockenförmigen Blumen bey den Alten die himmelblaue war, welche auch ihr Hyacinth, und unser heutiger Amethyst hat.


Hyacinthen-Aloe (W3) [Adelung]


Die Hyacinthen-Aloe, plur. inus. S. Aloe 3.


Hyacinthen-Fluß (W3) [Adelung]


Der Hyacinthen-Fluß, des -sses, plur. die -flüsse, ein unechter, nachgemachter Hyacinth. Ingleichen ein gemeiner Krystall, welcher dem Hyacinth an Farbe, aber nicht an Härte und Glanze gleicht. S. Fluß.


Hydraulik (W3) [Adelung]


Die Hydraulik, plur. inus. aus dem Griech. und Lat. Hydraulica, eine mathematische Wissenschaft, welche von der Bewegung des Wassers und anderer flüssigen Körper handelt.


Hydrographie (W3) [Adelung]


Die Hydrographie, plur. die -n, aus dem Griech. und Lat. Hydrographia, eine Beschreibung des Wassers und der Arten desselben. In engerer Bedeutung, die Wissenschaft von der See, so fern sie schiffbar ist.


Hydrostatik (W3) [Adelung]


Die Hydrostatik, plur. inus. aus dem Griech. und Lat. Hydrostatica, eine mathematische Wissenschaft, welche sich mit dem Gleichgewichte der flüssigen Körper beschäftiget, die Wissenschaft von der Wirkung der flüssigen Körper in die Schwere anderer Körper.


Hydrotechnik (W3) [Adelung]


Die Hydrotechnik, plur. inus. aus dem Griech. und Lat. Hydrotechnica, die Wissenschaft, einen Bau in oder an dem Wasser zu führen; die Wasserbaukunst.


Hygrometer (W3) [Adelung]


Das Hygrometer, des -s, plur. ut nom. sing. aus dem Griech. und Lat. Hygrometron, ein Werkzeug, die Veränderungen in der Feuchtigkeit der Luft daran zu beobachten. Eine unvollkommnere Art davon ist das Hygroskop, Lat. und Griech. Hygroscopium.


Hymen (W3) [Adelung]


Hymen, Genit. Hymens, plur. inus. bey den ältern Griechen der Gott der Ehen, welcher für das Bachus und der Venus Sohn ausgegeben würde. Lyäens und Cytherens Sohn, Im schönsten Rausch geboren, Gott Hymen, der du dir zum Thron Das Hochzeitbett erkohren, Raml.


Hymne (W3) [Adelung]


Die Hymne, plur. die -n, aus dem Griech. und Lat. Hymnus, bey den Alten, ein jedes Lied zum Lobe der Götter. In den mittlern Zeiten nannte man die Kirchenlieder, selbst wenn nur Psalmen dazu gebraucht wurden, Hymnos, und in den neuern Zeiten hat man angefangen, ein jedes erhabenes Loblied in der höhern Schreibart eine Hymne zu nennen. Zu Kriegestugenden erhitzt Sind beyde hoher Hymnen werth, Raml.


Hyperbel (W3) [Adelung]


Die Hyperbel, plur. die -n, aus dem Griech. und Lat. Hyperbola, eine jede durch Worte vergrößerte Vorstellung eines Dinges. Daher hyperbolisch, adj. et adv. durch Worte vergrößert.


Hypochondrie (W3) [Adelung]


Die Hypochondrie, plur. inus. aus dem Griech. und Lat. Hypochondria, eine der beschwerlichsten Krankheiten, welche ihren Sitz vornehmlich in dem Unterleibe hat, von einer reitzenden auf die Nerven wirkenden Schärfe herrühret, Personen, welche viel sitzen, am meisten und heftigsten anfällt, und oft in Schwermuth und Melancholie ausartet; Malum hypochondriacum, Hypochondriasis, die Milzsucht, im Scherze die gelehrte Krankheit. Bey dem weiblichen Geschlechte heißt diese Krankheit die Hysterik. Oft ist ein bloßes Modewort manche Unarten des Herzens und der Erziehung dadurch zu bemänteln. Daher hypochondrisch, adj. et adv. mit der Hypochondrie behaftet und in derselben gegründet; der Hypochonder, des -s, plur. ut nom. sing. oder der Hypochondrist, des -en, plur. die -en, der mit der Hypochondrie behaftet ist.


Hypothek (W3) [Adelung]


Die Hypothek, plur. die -en, aus dem Griech. und Lat. Hypotheca. 1) In der weitesten Bedeutung, ein jedes Pfand oder Unterpfand, und in engerer, ein unbewegliches Pfand. 2) Die Sicherheit auf des andern Vermögen, als auf ein Unterpfand. Die Hypothek auf ein Haus haben. Die erste Hypothek auf ein Gut haben. Das Hypotheken-Buch, ein obrigkeitliches Buch, worein die auf solche Art verpfändeten Grundstücke eingetragen werden. Ein hypothekarischer Gläubiger, welcher ein Pfand, und in engerer Bedeutung ein unbewegliches Unterpfand zu seiner Sicherheit hat.


Hypothenuse (W3) [Adelung]


Die Hypothenuse, plur. die -n, aus dem Griech. und Lat. Hypothenusa, in der Geometrie, diejenige Seite eines rechtwinkeligen Triangels, welche dem rechten Winkel gegen über stehet.


Hypothese (W3) [Adelung]


Die Hypothese, plur. die -n, aus dem Griech. und Lat. Hypothesis, ein als wahr angenommener, als wahr vorausgesetzter Satz, dessen Wahrheit aber noch nicht bewiesen ist.


Hysterik (W3) [Adelung]


Die Hysterik, plur. inus. aus dem Griech. und Lat. Hysterica, eine Krankheit, welche bey dem weiblichen Geschlechte die Stelle der Hypochondrie vertritt, derselben auch dem Ursprunge und den meisten Zufällen nach ähnlich ist, und sich nur durch ein Zusammenziehen der Luftröhre und durch die Empfindung einer rollenden und drückenden Kugel im Leibe davon unterscheidet, welche Empfindung der große Haufe aus Unwissenheit dem Aufsteigen der Mutter zuschreibt, und diese Krankheit daher mit dem Nahmen der Mutterbeschwerung, oder im Plural der Mutterbeschwerungen, belegt; Malum hystericum. Daher hysterisch, mit der Hysterik behaftet, in derselben gegründet.


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