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XADE_f - Adelung - Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart
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Adelung: Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart




Erstellt: 2021-01

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Adelung, Johann Christoph
Hochdeutsches Wörterbuch
Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart,
mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten,
besonders aber der Oberdeutschen [Adelung]

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Zu den Daten

Hier finden Sie den vollständigen Text des "Grammatisch-kritischen Wörterbuchs der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen" von Johann Christoph Adelung. Er entspricht der Ausgabe von 1811, die vom Münchener Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek eingescannt und mit einem Texterkennungsprogramm in Textform überführt wurde. Text und Bilder hat die sogenannte Digitale Bibliothek auf Ihrem Web-Server verfügbar gemacht, jedoch nicht als fortlaufenden Text. Das ist die Lücke, die diese Datei füllen soll.

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Sebastian Koppehel


Erstellt: 2010-02

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Fabel (W3) [Adelung]


Die Fabel, plur. die -n, Diminut. Fabelchen. 1) Ein jedes allgemeines Gespräch und der Gegenstand desselben; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Israel wird ein Sprichwort und Fabel seyn unter allen Völkern, 1 Kön. 9. 7. Chron. 7. 20. Daß sie sollen zu Schanden werden, zum Sprichwort, zur Fabel u. s. f. Jer. 24, 9. 2) In engerer Bedeutung, eine jede erdichtete Erzählung, ein Mährchen. 3) In noch engerem Verstande, eine erdichtete Erzählung, mit welcher der Dichter eine sittliche Absicht verbindet, zum Unterschiede von einem Mährchen, welches keine moralische Absicht hat, sondern bloß zur Belustigung dienet. In diesem Verstande gehören die Lustspiele, die Trauerspiele, Heldengedichte, Romane u. s. f. zur Fabel. 4) In der engsten Bedeutung, begreift man unter diesem Nahmen die Erzählung einer allegorischen Handlung, welche Thieren und geringern Dingen beygelegt wird, um sie von der Erzählung im engsten Verstande zu unterscheiden, in welcher auch Menschen und höhere Wesen eingeführet werden können. Gellerts Fabeln und Erzählungen. Diese Fabeln im engsten Verstande werden auch Äsopische Fabel genannt.

Anm. Dieses Wort ist aus dem Latein. fabula entlehnet. Ehe solches geschah, nannte man dergleichen erdichtete Erzählungen auch wohl Spel, Spiele, und Bischaft. S. Beyspiel.


Fabeldichter (W3) [Adelung]


Der Fabeldichter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Dichter, welcher Fabeln, besonders in der vierten und engsten Bedeutung dieses Wortes, dichtet.


Fabelhaft (W3) [Adelung]


Fabelhaft, -er, -este, adj. et adv. einer Fabel ähnlich, erdichtet, in der zweyten Bedeutung dieses Wortes. Eine fabelhafte Erzählung. Die fabelhaften Zeiten des Alterthumes, aus welchen man statt wahrer Geschichte nur Erdichtungen hat.


Fabelhans (W3) [Adelung]


+ Der Fabelhans, des -es, plur. die -e, in der niedrigen Sprechart, eine verächtliche Benennung eines Menschen, der gern erdichtete Begebenheiten erzählet und erzählen höret, fabulator, im mittlern Latein. fabulo. S. Hans.


Fabellehre (W3) [Adelung]


Die Fabellehre, plur. die -n, die Lehre oder Wissenschaft der gottesdienstlichen Fabeln der ältern Völker; die Mythologie.


Fabeln (W3) [Adelung]


Fabeln, verb. reg. act. 1) Fabeln, Mährchen erzählen. Man hat viele Wunderwerke von ihm gefabelt. 2) Wahnsinnig reden, in Krankheiten ohne Verstand reden, fantasiren; wofür im Ober- und Nieders. faseln üblicher ist. S. Fabuliren.


Fabelschmid (W3) [Adelung]


Der Fabelschmid, des -s, plur. die -e, der Urheber einer Fabel oder erdichteten Erzählung, im verächtlichen Verstande.


Fabelwerk (W3) [Adelung]


Das Fabelwerk, des -es, plur. inus. ein im Hochdeutschen ungewöhnlich gewordenes Wort, für Fabel, Erdichtungen, im verächtlichen Verstande.


Fabrikant (W3) [Adelung]


Der Fabrikant, des -en, plur. die -en, ein jeder Arbeiter in einer Fabrik, in der zweyten und dritten Bedeutung dieses Wortes. Besonders, der erste und vornehmste unter denselben, welcher die Stelle des Meisters bey den Handwerkern vertritt.


Fabrikenbley (W3) [Adelung]


Das Fabrikenbley, des -es, plur. die -e, ein rundes Stückchen Bley am Ende der vornehmsten Stücke einer in einer Fabrik verfertigten Waare, welches den Ort und die Jahrzahl der Verfertigung enthält, und richtiger Manufacturenbley, sonst aber auch das Bleyzeichen genannt wird.


Fabuliren (W3) [Adelung]


Fabuliren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, in der niedrigen Sprechart, fabeln, Fabeln, Mährchen erzählen; aus dem Latein. fabulari.


Fach (W3) [Adelung]


Fach, adj. et adv. welches nur noch in den zusammen gesetzten Zahlwörtern einfach, zweyfach, dreyfach u. s. f. vielfach, hundertfach, tausendfach u. s. f. vorkommt, und andeutet, daß eine Sache so oft genommen oder wiederhohlet werden soll, als das voran stehende Zahnwort es erfordert. Der Zeug liegt dreyfach. Vierfachen Sold bekommen. In einigen damit zusammen gesetzten Wörtern leidet es auch figürliche Bedeutungen, S. Einfach, Vielfach u. s. f. Ehedem gebrauchte man einfach, zweyfach u. s. f. auch für Ein Mahl, Zwey Mahl u. s. f. Allein im Hochdeutschen ist dieser Gebrauch veraltet, so wie die mit -fältig. zusammen gesetzten Wörter dieser Art immer mehr in Abgang kommen. S. Fältig.

Anm. Wachter lässet dieses Wort entweder von dem Latein. vice, oder von dem Wallis. ffaig, vice, abstammen. Allein es ist wahrscheinlicher, daß es zu dem folgenden Hauptworte Fach gehöret, welches ehedem auch eine Falte, eine Reihe bedeutete. Er zarte ime von theme thiehe Ain vah there halsberge, er zog ihm von der Hüfte Reihe Ringe des Harnisches, heißt es im Fragmente eines alten Gedichtes auf Carln den Großen bey dem Schilter, V. 3092. Das Latein. -plex stammet, so wie das gleichdeutige Deutsche -fältig, gleichfalls von plica, Falte, her. Indessen kommen die mit -fach zusammen gesetzten Zahlwörter bey den ältern Schriftstellern nicht vor, die sich statt ihrer anderer Zusammensetzungen bedieneten. Im Nieders. bedeutet vaken oft.


Fach (W3) [Adelung]


Das Fach, des -es, plur. die Fächer, oft auch die Fache. 1. Eigentlich, ein jeder eingeschlossener oder von einem andern Raume abgesonderter Ort, besonders, andere Dinge darin zu bewahren und aufzuheben; in welcher Bedeutung dieses Wort doch nur noch in einigen Fällen üblich ist. 1) Bey den Fischern ist es ein eingezäunter oder umzäunter Ort in einem Wasser, Fische darin zu fangen; in welcher Bedeutung der Plural die Fache, selbst im Obersächsischen am gebräuchlichsten ist. S. Fachreuse und Verfachen. 2) Die leeren Plätze in einer hölzernen Wand, welche durch Verbindung der Säulenbänder und Riegel entstehen, und entweder ausgemauert oder ausgekleidet werden, die Felder; im Plural die Fache. Ein Haus in Dach und Fach erhalten, d. i. im baulichen Stande. Im Niedersächs. ist dieses Wort auch von den Zwischenräumen zwischen den Sparren üblich. Ein Haus von sechs Fachen, d. i. sechs Sparren. 3) Der Platz in der Scheuer zu beyden Seiten der Tenne, welcher im Oberd. eine Banse heißt, wird im Nieders. ein Fach genannt. 4) Bey den Hutmachern werden die Stücke, woraus ein Hut zusammen gesetzet wird, Fache genannt. S. 2. Fachen. 5) Die Abtheilung in einem Kasten, Schranke, Bücherbrete, Regale u. s. f. Dinge darin zu verwahren, Plur. die Fächer; welche Bedeutung im Hochdeutschen die gewöhnlichste ist. Die Fächer eines Kastens, eines Schrankes u. s. f. Es ist nicht aus dem rechten Fache, figürlich, es ist nicht von der rechten Art. 6) * Eine Lücke, ein Loch, im Nieders. Der Teufel fürchtete, sein Reich möchte ein Fach gewinnen, das er nicht leicht wieder könne zustopfen, Luth. Ein gut Fach ausführen, im Nieders. viel essen. 2. Figürlich, die Wissenschaft, die Kunst, worauf man sich vorzüglich gelegt hat. Das schlägt nicht mein Fach, gehört nicht für mich, ich bin dessen nicht kundig. Ein Mann der sich in seinem Fache fühlt, Less. der da fühlt, daß er seiner Sache gewachsen ist. Ingleichen das Geschäft, wozu jemand berufen oder verbunden ist. Das gehöret nicht in mein Fach. Wie auch die Classe, wohin eine Sache gehöret. Das gehöret in ein anderes Fach. In allen Fächern brauchbar seyn.

Anm. Im Angels. lautet dieses Wort Faec, im Nieders. Fak, im Dän. Fag. Ehedem bedeutete es auch eine Tasche, welche Bedeutung das Franz. Faque noch hat. S. auch Ficke. Das Schwed. Faggor, welches Ihre nicht zu erklären wußte, gehöret unstreitig auch hierher. Fach stammet von fachen ab, welches in einigen Oberdeutschen Gegenden auch fahen lautet, und bedeutet also eigentlich einen jeden abgetheilten oder umschlossenen Ort. In den vier ersten Bedeutungen ist auch im Hochdeutschen der Oberdeutsche Plural Fache am üblichsten. Das Diminut. lautet im Oberd. Fächlein. Im Plural haben die Hochdeutschen auch das Diminut. Fächerchen. S. - Chen.


Fachbaum (W3) [Adelung]


Der Fachbaum, des -es, plur. die -bäume. 1) Derjenige Baum an einer Wassermühle, oder an einem Wehre, welcher das Wasser vor dem Gerinne in der vorgeschriebenen Höhe erhält; vermuthlich, weil er gleichsam ein Fach, d. i. eine Abtheilung in dem Wasser macht. Er wird auch der Spundbaum, Mahlbaum, Grundbaum, in Österreich der Polsterbaum, in Schwaben der Haarbaum, und bey den Wehren der Wehrbaum genannt. 2) S. Fachbogen.


Fachbogen (W3) [Adelung]


Der Fachbogen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Tuch- und Hutmachern, ein Bogen mit einer starken Darmsaite, die kurze Wolle damit zu zerschlagen und zu schnellen; der Fachbaum. S. Bogen und 2 Fachen.


Fache (W3) [Adelung]


Die Fache, plur. inus. bey den Tuch- und Hutmachern, die Handlung des Fachens; ingleichen die gefachte Wolle selbst. S. 2 Fachen.


Fächel (W3) [Adelung]


Der Fächel, S. Fächer.


Fächeln (W3) [Adelung]


Fächeln, verb. reg. act. welches das Diminut. von fachen ist. 1) Durch Verursachung eines gelinden Windes abkühlen, mit der vierten Endung der Person, und in der dichterischen Schreibart. Sanft und lieblich ist der West, Thal und Aue lächelt, Wenn er an der Flora Fest Ihre Kinder fächelt, Weiße. - Lisette schweigt und lächelt, Wie eine Dame thut, die sich gelassen fächelt, Zach. 2) Auf solche Art verbreiten, auch nur in der dichterischen Schreibart. Der verliebte Himmel lächelt In die gleich erwärmte Luft, Welche gleichsam Küsse fächelt Auf der schwangern Erdenkluft, Flemming.

Anm. In der Sprache des Umganges ist statt dieses Zeitwortes fächern üblicher. In einiger Gegenden lautet dieses Diminut. auch wecheln. Das Feuer aufwecheln, Matthes. S. 3. Fachen und Wächeln.


Fachen (W3) [Adelung]


1. Fachen, verb. reg. act. von Fach, mit Fachen oder Fächern versehen, welches doch nur in den Zusammensetzungen ausfachen und verfachen üblich ist; S. diese Wörter.


Fachen (W3) [Adelung]


2. Fachen, verb. reg. act. bey den Tuch- und Hutmachern, die kurze Wolle mit einem großen Bogen zerschlagen, und zu einer Art von Schneegestöber zerschnellen; welche Arbeit auch das Bogen schlagen genannt wird. S. Bogen und Fachbogen. Frisch leitet dieses Wort aus dem Holländischen her, wo Vacht ein Büschel Wolle bedeutet; allein dieses stammet vielmehr von unserm Zeitworte ab (S. Fache,) welches allem Ansehen nach zu dem folgenden fachen, und mit demselben zu den Zeitwörtern wehen, bewegen, wackeln u. s. f. gehöret. S. auch Fackeln.


Fachen (W3) [Adelung]


3. Fachen, verb. reg. act. durch Bewegung Wind verursachen, besonders zur Erregung und Verstärkung des Feuers. Und als sie Asch und Kohlen aufgeregt, Facht, bläst und hustet sie den ganzen Stoß zu Flammen, Haged. Indessen ist dieses einfache Zeitwort sehr selten; etwas bekannter aber ist das zusammen gesetzte anfachen, bey welchem Worte bereits das Nöthigste von der Abstammung des Wortes fachen angebracht ist. Ich setze hier nur noch hinzu, daß im mittlern Lat. focare, anzünden, verbrennen, und focus, fogus, Feuer, im Pohln. aber wachluie, Wind machen bedeutet. S. Fackel und Fackeln.


Facher (W3) [Adelung]


Der Facher, des -s, plur. ut nom. sing. von 2 Fachen, bey den Hutmachern, derjenige Gesell, welcher das Fachen verrichtet.


Fächer (W3) [Adelung]


Der Fächer, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Fächerchen, Oberd. Fächerlein, ein Werkzeug, durch dessen Bewegung Wind erreget wird. Dergleichen ist der Feuerfächer, dessen man sich in den Küchen zu Erregung und Verstärkung des Feuers bedienet. Besonders führet den Nahmen eines Fächers oder Sonnenfächers ein Werkzeug der Frauenzimmer, so wohl die Strahlen der Sonne von dem Gesichte abzuhalten, als auch sich durch Erregung eines sanften Windes abzukühlen. Einige neuere Schriftsteller des Naturreiches nennen auch eine hornartige Thierpflanze, Gorgonia Flabellum L. wegen einiger Ähnlichkeit den Fächer.

Anm. Dieses Wort ist von dem 2ten oder 3ten der vorigen Zeitwörter gebildet und lautet in einem alten Vocab. des 15ten Jahrhundertes Vöchlair, in einigen Gegenden Fächel, bey dem Logau Fechel, in andern Focher, und in Nürnberg gar Fucker. In Schlesien ist dafür Schatten, im Österr. Waderle, im Nieders. aber Waier oder Wegger üblich.


Fächerfalter (W3) [Adelung]


Der Fächerfalter, des -s, plur. ut nom. sing. bey den neuern Schriftstellern des Naturreiches, eine Art Falter, dessen Flügel wie ein Fächer gefaltet sind; Pterophorus L.


Fächern (W3) [Adelung]


Fächern, verb. reg. act. durch Bewegung des Fächers Wind verursachen. Sich fächern, sich durch Bewegung des Windes abkühlen. In rauhern Mundarten fochern. S. Fächeln.


Fachgerte (W3) [Adelung]


Die Fachgerte, plur. die -n, gespaltene Stäbe, welche in den Fachen oder Fächern der Lehmwände um das Fachholz geflochten und mit Lehm überzogen werden.


Fachholz (W3) [Adelung]


Das Fachholz, des -es, plur. die -hölzer, hölzerne Stangen, mit welchen die Fache einer Lehmwand ausgefüllet werden, um dem Lehm die gehörige Haltung zu verschaffen. Sie werden auch Fachstangen und in Niedersachsen Fachstaken genannt.


Fachreuse (W3) [Adelung]


Die Fachreuse, plur. die -n eine Art von Reusen, welche in den Flüssen an vorgeschlagene Fache geleget und an Pfählen befestiget werden; zum Unterschiede der Senkreusen. S. Fach 1.


Fächser (W3) [Adelung]


Der Fächser, des -s, plur. ut nom. sing. überhaupt ein jeder zur Fortpflanzung bestimmter und in die Erde gepflanzter Zweig eines Gewächses. Besonders werden in dem Weinbaue die zur Fortpflanzung in die Erde gelegten Reben oder Knothölzer des Weinstockes, wenn sie zwey Jahre alt sind, Fächser, genannt, weil sie alsdann zu bekleiden und Wurzeln zu fassen anfangen. Im ersten Jahre heißen sie nur noch Gräslinge. Die Fächser sind die Viviradices bey dem Cicero, dagegen seine Sarmenta unsere Reben und Knothölzer, seine Propagines aber unsere Senker sind. In der Deutschen Bibel z. B. Es. 5, 7; Kap. 16, 8; Kap. 17, 10; Nahum 2, 3 lautet dieses Wort oft Fäser oder Feser, wo aber in einigen Stellen, dem Grundtexte zu Folge, Gesenke oder Senker verstanden werden müssen.

Anm. Das alte Fahs, Vahs, welches bey dem Ottfried, Willeram und Tatian Haar bedeutet, gehöret zunächst wohl nicht hierher, S. Fase. Fächser ist von dem noch im Oberdeutschen sehr bekannten Zeitworte fächsen, bauen, durch Bearbeitung des Erdbodens hervor bringen, ingleichen einernten; Hanf, Safran fächsen, d. i. bauen, die Hanffächsung, der Hanfbau, die Fächsung, das gebauete Getreide. Dieses Zeitwort aber scheinet zu fahen, ehedem fachen, zu gehören, welches auch als ein Neutrum für gehen, bekleiben u. s. f. üblich war, und mit demselben zu dem Lat. vegetus, vegetare. Noch jetzt sagt man, das die Gewächse Wurzeln fassen. Im Böhmischen heißt Fazar der Setzling eines jeden Gewächses.


Fachtisch (W3) [Adelung]


Der Fachtisch, des -es, plur. die -e, bey den Tuch- und Hutmachern, derjenige Tisch, auf welchem die Wolle gefachet wird.


Fachwerk (W3) [Adelung]


Das Fachwerk, des -es, plur. inus. diejenige Art zu bauen, da die Wände durch die Verbindung der Säulenbänder und Riegel Fache bekommen; ingleichen die dadurch entstandenen Fache einer Wand mit dem dazu gehörigen Holzwerke. S. Fach 2.


Facit (W3) [Adelung]


Das Facit, plur. ut nom. sing. aus dem Latein. Facit, in der Rechenkunst, eine jede durch Rechnung heraus gebrachte Antwort auf eine Rechnungsfrage oder Aufgabe. Besonders diejenige Summe, welche in der Addition und Regel de Tri gefunden wird.


Fackel (W3) [Adelung]


Die Fackel, plur. die -n, Diminut. Fackelchen, ein großes aus Holz, Wachs oder Pech verfertigtes Licht, welches, wenn es angezündet wird, einen starken Schein von sich gibt. Weil es dem Winde widerstehet, so wird es auch wohl ein Windlicht genannt. Holzfackeln, Pechfackeln, Wachsfackeln. In der Astronomie werden diejenigen Flecken in der Sonne, welche heller leuchten, gleichfalls Fackeln genannt, und in der edlern Schreibart sind die figürlichen Ausdrücke, die Fackel des Krieges, der Zwietracht, bekannt genug.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Ottfried Fakol, bey dem Tatian Faccola, in Boxhorns Glossen Facolo, im Angels. Faecele, im Schwed. Fackla, im Dänischen Fakkel, im Wallis. Fagl, im Ital. Fiaccola, im Wendischen Bakla. Alle diese Wörter kommen mit dem Latein. Fax und Facula genau überein, allein daraus folget noch nicht, daß sie von denselben abstammen. Die alten nordischen Völker hatten ein Wort Fach oder Fak, welches Feuer bedeutete, und vielleicht war fachen, welches jetzt Feuer machen heißt, ehedem auch für brennen üblich; S. Anfachen und Fachen. Von diesem Zeitworte, ist Fackel, vermittelst der Endsylbe -el, welche ein Werkzeug ausdruckt, sehr regelmäßig gebildet. Im Oberdeutschen ist dafür auch Tortsche, Torsche, Tortz, und im Nieders. Torbitze, Torwisse üblich, welche mit dem Ital. Torcia, Engl. Torch, Holländ. Toorts, Franz. Torche, Span. Antorcha, und Schwed. Torr und Tortisa, überein kommen, so, dem Ihre zu Folge, von dem Angels. torht, hell, klar, berühmt, abstammen. S. Theer.


Fackelbaum (W3) [Adelung]


Der Fackelbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Nahme, welcher in einigen Gegenden dem Afholder oder Wasserhohlunder, Viburnum Opulus L. gegeben wird, dessen rothe Beeren alsdann auch Fackelbeeren genannt werden.


Fackeldistel (W3) [Adelung]


Die Fackeldistel, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Art Amerikanischen Cactus, welche man abzuschneiden, zu trocknen, in Öhl einzutauchen und sich alsdann ihrer statt der Fackeln zu bedienen pflegt; Cactus Cereus L. welcher zehen Arten derselben beschreibet.


Fackeljagd (W3) [Adelung]


Die Fackeljagd, plur. die -en, eine im Herbste zur Nachtzeit angestellte Jagd, da die Hasen durch brennende Fackeln in die Garne getrieben werden.


Fackelkraut (W3) [Adelung]


Das Fackelkraut, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme der Königskerze, Verbascum Thapsus L. wegen einiger Ähnlichkeit des Blumenstängels.


Fackeln (W3) [Adelung]

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"Fackeln", verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur im gemeinen Leben üblich ist.

1) Sich ohne Noth hin und her bewegen, unnöthige Bewegungen vor einer Handlung machen; in welchem Verstande es im gemeinen Leben noch oft für zaudern gebraucht wird. Ich werde da nicht lange fackeln, Weiße. Es ist mit ihm nicht zu spaßen, er fackelt nicht lange, er braucht bald Ernst. Damit ist nicht zu fackeln, d. i. zu scherzen.

2) Besonders von der Flamme des Lichtes, sich hin und her bewegen. Das Licht fackelt gar zu sehr. Mit dem Lichte herum fackeln, unnöthig hin und wieder laufen.

Anm. Dieses Wort, welches die Oberdeutschen "fucheln" aussprechen, gehöret wohl nicht zu dem Hauptworte "Fackel", sondern allem Ansehen nach zu "wegen", "wackeln", Angels. "wagian", Schwed. "hweka". Im Nieders. bedeutet "fackelen" "herum laufen", "vagari". Im mittlern Lateine, ist "Faccinerius", "Fachilator", und "fachinerarius", ein "Gaukler", der allerley possenhafte Bewegungen macht, "foculare" aber "schmeicheln", welche Bedeutung "fackeln" im Nieders. noch hat.


Fackelschuh (W3) [Adelung]


Der Fackelschuh, des -es, plur. die -e, ein langes, oben mit Blech beschlagenes und mit einer Höhlung versehenes Holz, die kurzen Stücke von Fackeln, welche nicht mehr in der Hand getragen werden können, darein zu stecken.


Fackeltanz (W3) [Adelung]


Der Fackeltanz, des -es, plur. die -tänze, an Höfen, ein feyerlicher ernsthafter Hochzeitstanz, mit welchem die Neuvermählten in das Brautbett geführet werden; weil die Kammerherren und Pagen mit brennenden Wachsfackeln nebenher gehen.


Fackelträger (W3) [Adelung]


Der Fackelträger, des -s, plur. ut nom. sing. der bey feyerlichen Gelegenheiten die brennende Fackel trägt.


Factor (W3) [Adelung]


Der Factor, des -s, plur. die -e, aus dem mittlern Latein. Factor. 1) Der von einem Eigenthümer oder dessen Stellvertreter einer Handlung oder Werkstätte vorgesetzet ist, und sonst auch ein Buchhalter, in den Apotheken aber ein Provisor heißt. 2) In weiterer Bedeutung wird auch wohl ein jeder, der eines andern Aufträge, besonders in Handlungssachen, für Geld besorget, ein Commissionär, ein Factor genannt. Daher die Factorey, das Amt, die Verrichtung und Wohnung eines Factors, noch mehr aber, besonders in den Handelsplätzen außer Europa, eine Handlung, ein Handelshaus, welcher oder welchem ein Factor in der ersten Bedeutung vorstehet, im mittlern Lateine Factoria; die Factorey-Handlung, die Art der Handlung, da jemand eines andern Geschäfte fürs Geld besorget; die Factur, die Rechnung über die für einen andern eingekauften Waaren; das Factur-Buch, in welchem diese Rechnungen eingetragen werden, u. s. f.


Facultät (W3) [Adelung]


Die Facultät, plur. die -en, aus dem mittlern Latein. Facultas, auf den Universitäten, das Corpus der zu Einer Art von Wissenschaften gehörigen Professoren. Die theologische, juristische, medicinische und philosophische Facultät. Ingleichen die Versammlung dieser Professoren, und der Ort, wo sie sich versammeln. Daher der Facultist, des -en, plur. die -en, das Mitglied einer Facultät, besonders einer juristischen.


Fädeln (W3) [Adelung]


Fädeln, verb. reg. act. von dem folgenden Worte Faden, wovon aber nur die zusammen gesetzten ausfädeln und einfädeln üblich sind w. s. Im gemeinen Leben sagt man doch an einigen Orten die Nadel fädeln, für einfädeln, das Zeug fädelt sich, fädelt sich aus, lässet die Faden fahren.


Faden (W3) [Adelung]


Der Faden, des -s, plur. ut nom. sing. auch häufig Fäden, Diminut. das Fädchen, Oberd. das Fädlein. 1) Zusammen gedrehete Härchen des Flachses, der Wolle, Baumwolle, Seide u. s. f. zum Nähen oder Weben. Ein seidener, zwirnener, wollener Faden. Bindfaden, ein starker Faden aus Hanf zum Binden. Oft wird der Singular auch collective gebraucht. Einen groben, zarten Faden spinnen. Spanische Tücher haben den besten Faden; Englische und Holländische führen einen dickern. Zu Faden schlagen, den Faden schlagen, bey den Schneidern, zwey Stücke Zeug mit weitläufigen Stichen verloren zusammen nähen, damit man sie ordentlich zusammen nähen könne; anschlagen. In der Garnhandlung bedeutet dieses Wort oft einen Faden von bestimmter Länge, gemeiniglich von vier Ellen, so viel nehmlich der Umfang des Haspels beträgt. Alsdann machen zwanzig Faden ein Gebünde, zwanzig Gebünde eine Zaspel, drey Zaspeln ein Strähn, vier Strähn aber ein Stück Garn. Figürlich wird Faden im gemeinen Leben zuweilen für das daraus gewirkte Zeug genommen. Habe ich dir nicht alle Faden, die du am Leibe trägst, zugeworfen? Gell. Nach einer andern Figur pflegen die Jäger auch wohl den kleinen Strich in des Hirsches Fährte, welcher von dem Näßlein über den Ballen gehet, den Faden oder das Fädlein zu nennen. 2) Ein Längenmaß, welches vornehmlich in der Seefahrt und in dem Niedersächsischen Forstwesen für Klafter gebraucht wird, und gemeiniglich drey Ellen oder sechs Fuß hält. Eine Faden Holz, ein Haufen Scheite drey Ellen lang und hoch. Holz in Faden setzen, zu Faden schlagen. S. Klafter.

Anm. In den gemeinen Mundarten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes lautet dieses Wort Fadem, Faem, bey dem Ottfried Fadom, im Engl. Fadom, Fathom, im Angels. Faedm, im Schwäd. Famn, im Dän. Favn. In beyden Bedeutungen kommt es unstreitig von fahen, fassen, Schwed. famna, Angels. faedmian, her, weil ein Faden ursprünglich doch wohl zunächst zum Fahen oder Umfassen gebraucht worden. In der zweyten Bedeutung ist diese Abstammung noch deutlicher, indem dieses Maß, so wie Klafter, durch die ausgebreiteten Arme eines Menschen bestimmt wird. In der ersten Bedeutung lautet der Plural in Obersachsen gemeiniglich Fäden, in der zweyten aber jederzeit Faden. S. auch Fase, Fehm und Fehmen.


Fadenfliege (W3) [Adelung]


Die Fadenfliege, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Naturreiches, eine Art Fliegen, deren Fühlhörner den Fäden gleichen, mit einem kurzen walzenförmigen Saugerüssel, langen Flügeln und drey Nebenaugen. Scatopse Eberh.


Fadenhalter (W3) [Adelung]


Der Fadenhalter, des -s, plur. ut nom. sing. in den Seiden-Manufacturen, ein umgebogener Draht an dem Seidenhaspel, wodurch die Fäden der Cocons versammelt und zu dem Fadenleiter geführet werden.


Fadenholz (W3) [Adelung]


Das Fadenholz, des -es, plur. car. in Niedersachsen, Brennholz, welches nach Faden verkauft wird; Klafterholz.


Fädenig (W3) [Adelung]


Fädenig, adj. et adv. Faden habend, doch nur in den Zusammensetzungen grobfädenig, klarfädenig u. s. f. im gemeinen Leben auch wohl - fädenicht, - fädemig, fädemicht; wofür aber im Hochdeutschen - fädig üblicher ist. S. - Icht und - Ig. Für zweyfädig, dreyfädig, sagt man im gemeinen Leben oft zweydrähtig, dreydrähtig. Im Oberdeutschen hat man auch das Beywort fäden, für zwirnen, fädene Strümpfe.


Fadenkäfer (W3) [Adelung]


Der Fadenkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den neuern Schriftstellern des Thierreiches, ein Käfer mit fadenförmigen Fühlhörnern, mit Freßzangen und Fühlspitzen, Lauffüßen, einem platten und gesäumten Brustschilde, und einem ausgestreckten Kopfe.


Fadenkraut (W3) [Adelung]


Das Fadenkraut, des -es, plur. inus. eine Pflanze; Filago L. Mäusekraut.


Fadenleiter (W3) [Adelung]


Der Fadenleiter, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Seidenbaue, ein perpendiculäres Stück auf dem Laufstocke des Seidenhaspels, welches die zwey Fäden auf den Haspel leitet.


Fadennackend (W3) [Adelung]


+ Fadennackend, adj. et adv. in der niedrigen Sprechart, völlig nackend und unbekleidet, so daß man fast keinen Faden auf dem Leibe hat; auch wohl fasennackend, mutternackend, Nieders. stocknackend.


Fadennudel (W3) [Adelung]


Die Fadennudel, plur. die -n, eine Art Nudeln in Gestalt langer Fäden.


Fadenrecht (W3) [Adelung]


Fadenrecht, adj. et adv. dem Faden gemäß, dem Faden nach. Ein Tuch fadenrecht zerschneiden, so daß man einem und eben demselben Faden mit der Schere folge.


Fadenscheinig (W3) [Adelung]


Fadenscheinig, adj. et adv. was den Faden durchscheinen lässet, im gemeinen Leben. Das Tuch wird fadenscheinig, wenn es abgetragen ist. Fadenscheiniges Tuch, ein fehlerhaftes Tuch, welches auf der guten Seite nicht vollhärig ist. Niedersächsisch faemscherig.


Fadensilber (W3) [Adelung]


Das Fadensilber, des -s, plur. inus. zu Faden gesponnenes Silber, mit Silber überzogene Fäden. Noch mehr aber Silber, welches aus alten Tressen oder Spitzen ausgebrennet worden.


Fadenwurm (W3) [Adelung]


Der Fadenwurm, des -es, plur. inus. die -würmer, ein langer dünner fadenähnlicher Wurm, welcher sich im trüben Wasser häufig aufhält, und mit demselben, besonders in heißen Ländern, in Menschen und Thiere kommt, wo er sich in allen Theilen unter der Haut und in den Muskeln aufhält, auch wohl allerley fieberhafte Krankheiten verursacht; Gordius aquaticus L. Schwed. Tagelmatk. Bey den Ärzten wird er Dracunculus, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Deutschen Hautwurm, wegen seiner Ähnlichkeit mit einer Nerve auch wohl der Nervenwurm, und in den gemeinen Spracharten der Fiek, genannt.


Fädig (W3) [Adelung]


Fädig, adj. et adv. S. Fädenig.


Fagott (W3) [Adelung]


Das Fagott, des -es, plur. die -e, eine Benennung des Bassons, so fern er in zwey Stücken zusammen geleget werden kann. In den Orgeln ist ein Schnarrwerk mit einem geradeaus gleich weiten Körper, welches acht Fuß Ton hat, und wo die größte Pfeife von vier Fuß ist. Aus dem Franz. Fagot, welches, wie das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ehedem ein Büschel bedeutete, weil sich dieses Instrument gleichsam wie ein Büschel zusammen legen lässet. In Bretagne bedeutet Fagod noch jetzt ein Büschel. Daher der Fagottist, des -en, plur. die -en, der dieses Instrument zu blasen verstehet.


Fähe (W3) [Adelung]


Die Fähe, plur. die -n, bey den Jägern, das Weibchen der Hunde und aller vierfüßigen Raubthiere.

Anm. Ohne Zweifel gehöret dieses Wort zu dem Geschlechte des alten Zeitwortes föda, erzeugen, ernähren, Nieders. föden, Schwed. föa, wozu auch Futter, Vater, und vielleicht auch Vieh gehören. Bey dem Winsbeck bedeutet Vohe eine Katze; allein dieses Wort scheinet vielmehr zu Fehe zu gehören, w. s.


Fahegulden (W3) [Adelung]


Der Fahegulden, des -s, plur. ut nom. sing. S. Wildfang.


Fahen (W3) [Adelung]


* Fahen, verb. irreg. ich fahe, du fähest, er fähet; Imperf. ich fieh; Partic. gefahen; ein im Hochdeutschen völlig veraltetes Zeitwort, für welches jetzt fangen und fassen üblicher sind. Man findet es in doppelter Gattung. 1. Als ein Neutrum. 1) Für gehen, fortschreiten. Bithiu fahemes mit freuuidu Frammort ze then redinu, daher gehen wir nunmehr mit Freuden zu der Erzählung fort, Ottfr. Daraba fahendo, indem sie von dannen gingen, Notk. und so in vielen Stellen mehr; wohin auch das zusammen gesetzte missefahen, irre gehen, gehöret. 2) Figürlich, Nutzen, Frucht bringen, sich ausbreiten; in welchem Verstande es noch Joh. 8, 37 heißet: meine Rede fähet nicht unter euch. Siehe Fächser. 2. Als ein Activum da es in allen den Fällen gebraucht wurde, in welchen jetzt fangen und fassen üblich sind. Ich hat ein wunekliches leben E grosse liebe mich gevie, Heinr. von der Mure. Und in dieser thätigen Gestalt kommt es noch sehr häufig in Luthers Deutscher Bibel vor.

Anm. Dieses alte Verbum lautet schon bey dem Kero fahen, bey dem Ulphilas fahan, im Isländ. fa, im Angels. fon, im Dän. faan, und im Schwed fa. In einigen Oberdeutschen Gegenden, wo es noch üblich ist, lautet es mit dem harten Hauchlaute fachen; S. Fach. Fangen und fassen stammen unstreitig davon ab. S. diese Wörter. Vielleicht ist auch fahren das Frequentativum davon, gleichsam faheren.


Fahl (W3) [Adelung]


Fahl, -er, -ste, adj. et adv. bleich, blaß, schwärzlich grau. Ein fahles Pferd. Fahl aussehen. Ein fahles Kleid. Erdfahl, mausefahl, todtenfahl. Ingleichen in weiterer Bedeutung, verschossen, von allen Farben; welcher Gebrauch aber wohl nur im Nieders. üblich ist. Jemanden auf dem fahlen Pferde betreffen, auf einer Lüge, auf einem Irrthume; welches noch eine Anspielung auf den Belisar seyn soll, welcher equum balium, quem barbari Valam vocabant, in den Treffen zu reiten pflegte, daher die Feinde vornehmlich nach Pferden von dieser Farbe schossen. S. Procop. de bello Gothico, B. 1.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. vaal, im Angels. falu, fealo, fealw, im Engl. fallow, in den Monseeischen Glossen falauuaz, im Schwed. fal, im Isländ. faulur, im Franz. baillet, paillet, im mittlern Lat. fulvus. Das Latein. valius, balius, pallidus ist genau damit verwandt, vermuthlich auch die Deutschen Wörter faul, welken u. s. f. Im Deutschen ist fäl garstig, falme aber verschießen. Heide und anger und die tal Die hat der winter aber val Gemacht, Graf Kraft von Toggenburg. Die heide und al den gruenen walt Die sint nu beide worden val, Reinmar der Alte. S. auch Falb.


Fahlerz (W3) [Adelung]


Das Fahlerz, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, ein silberhaltiges Kupfererz, welches grau, fast wie weißgülden Erz aussiehet. Es führet diesen Nahmen nur, wenn es viel Silber hält. Hat es dessen wenig, so wird es Fahlkupfererz genannt.


Fahlstein (W3) [Adelung]


Der Fahlstein, des -es, plur. die -e, eine Art eines grauen Goßlarischen Schiefers, welcher zu Dachschiefern gebraucht wird; zum Unterschiede von dem blauen Schiefer oder blauen Steine.


Fähm (W3) [Adelung]


Die Fähm, Fähmen, S. Fehm und Fehmen.


Fähndrich (W3) [Adelung]


Der Fähndrich, S. Fähnrich.


Fahne (W3) [Adelung]


Die Fahne, plur. die -n, Diminut. das Fähnchen, Oberd. Fähnlein. 1. * Ein Tuch, Gewebe, eine Windel, eine Binde, in welchem Verstande Fano bey den ältern Alemannischen Schriftstellern oft vorkommt. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist es in demselben noch jetzt üblich, im Hochdeutschen aber völlig unbekannt. Doch nennt man ein schlechtes, leichtes Kleid zuweilen noch aus Verachtung ein Fähnchen. S. auch das mittlere Latein. Fano, welches von verschiedenen Arten der Meßgewänder üblich war. 2. Ein an einer Stange befestigtes fliegendes Stück Zeug, besonders dasjenige, welches manchen Zünften und Gesellschaften bey feyerlichen Gelegenheiten vorgetragen wird. In engerer Bedeutung, diejenige Fahne, welche eine Compagnie Soldaten zu Fuße auf dem Marsche vorgetragen wird, damit sie wissen, wohin sie gehören, und an welcher sie ihren Eid ablegen. Zur Fahne schwören. Die Fahne schwingen. Die Fahne wehen, stiegen lassen. Mit fliegender Fahne ausziehen. Sich von der Fahne verlaufen, von der Compagnie. Sich wieder bey der Fahne einfinden. Bey der Reiterey werden die Fahnen Standarten genannt; nur bey den Dragonern behalten sie gemeiniglich den Nahmen der Fahnen. Die Fahnen auf den Schiffen heißen Flaggen oder Wimpel. S. diese Wörter. Ehedem wurde auch eine Compagnie oder Escadron eine Fahne, oder ein Fähnlein genannt, welches noch in Pohlen üblich ist. 3. Figürlich. 1) Das bewegliche, an einer Stange befindliche Blech auf den Thürmen und Häusern, den Strich des Windes anzuzeigen; die Thurmfahne, Kirchfahne, Wetterfahne, Windfahne u. s. f. 2) An den Federn der weiche Theil zu beyden Seiten des Kieles. 3) Bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, das große Blatt an den Schmetterlingsblumen, über den Flügeln und dem Schiffe, welches in der Mitte eine Falte hat; Vexillum L. 4) Bey den Jägern, der Schwanz des Hasens und des Eichhörnchens, so wie er bey dem Wolfe und Fuchse die Standarte heißt. 5) Bey den Schenkwirthen auf dem Lande, die mit Kreide an der Tafel angeschriebene Zeche, weil selbige durch kürzere Querstriche au einem langen perpendiculären Striche bemerket wird. Eine Fahne Bier, eine Zeche. 6) Bey den Jägern, ein kleines Garn an einer schwachen Stange, die Lerchen damit zu fangen; das Fähnchen. Anm. Dieses Wort lautet im Engl. Fane und Vane, im Dän. Fane, im Ital. Pennone. Im Schwed. ist Fana, Tuch. Lat. pannus Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Gewebe. Ohne Zweifel ist Band das Stammwort von Fahne. Verdienete diese Ableitung nicht den Vorzug, so würde wehen, Wanne, ein gute Abstammung an die Hand geben. Im Angels. ist Fan und Fanne, und im Engl. Fann, ventilabrum. S. auch Panier. Im Oberdeutschen ist dieses Wort bald männlichen, bald ungewissen Geschlechtes, da es denn auch auf verschiedene Art abgeändert wird. Der Fahn, des -es, plur. die -Fähne; oder des -en, plur. die -en; der Fahnen, des -s, plur. ut nom. sing. Manigen vanen, sagt Stryker in der vierten Endung, und Haller: Der das erhaltne Fahn mit seinem Blute mahlte.


Fahnenfutter (W3) [Adelung]


Das Fahnenfutter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Futteral von Wachstuch, welches über die Fahne der Soldaten gezogen wird, wenn man sie nicht fliegen lässet.


Fahnengeld (W3) [Adelung]


Das Fahnengeld, des -es, von mehrern Geldsummen dieser Art, plur. die -er, im Chur-Braunschweigischen, dasjenige Geld, welches adelige Vasallen bey der Belehnung für die Hoffahne entrichten, auf welcher der Lebenseid abgeleget wird.


Fahnenhafer (W3) [Adelung]


Der Fahnenhafer, des -s, plur. car. in der Landwirthschaft, eine Art dreykörnigen Hafers, wegen der Ähnlichkeit seiner Ähren mit einer Fahne; zum Unterschiede von dem Spitzhafer, Bart- oder Rauchhafer, Winterhafer, Augusthafer u. s. f.


Fahnenjunker (W3) [Adelung]


Der Fahnenjunker, S. Fahnjunker.


Fahnenlehen (W3) [Adelung]


Das Fahnenlehen, ober Fahnlehen, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Deutschen Staatsrechte, ein Leben höherer Art, welches mit Überreichung einer Fahne verliehen wurde, zum Unterschiede von dem Zepterlehen; Feudum vexilli oder vexillare. Diejenigen weltlichen Vasallen, welche Reichsafterlehensleute unter sich hatten, Fürsten und Grafen, wurden ehedem mit der Fahne, geistliche und andere aber nur mit dem Zepter, beliehen. Ez ist dehain Vanlehen, davon ain man Fürst müge sin, er empfahe ez mit sin ainz hant von dem Kunige, Schwabensp., Kap. 115. Jetzt, da alle Reichslehen vermittelst des Schwertes verliehen werden, hat der Unterschied zwischen den Fahnen- und Zepterlehen aufgehöret.


Fahnenmarsch (W3) [Adelung]


Der Fahnenmarsch, des -es, plur. die -märsche, derjenige Marsch bey den Soldaten, welcher geschlagen wird, wenn die Fahnen an ihren gehörigen Ort gebracht werden.


Fahnenschmid (W3) [Adelung]


Der Fahnenschmid, S. Fahnschmid.


Fahnenschuh (W3) [Adelung]


Der Fahnenschuh, des -es, plur. die -e, eine Scheide für den untern Theil einer Fahne, worein sie im Tragen gesteckt wird.


Fahnenstock (W3) [Adelung]


Der Fahnenstock, es -es, plur. die -stöcke, ein ausgebohrter Stock, in welchen die Fahne vor der Hauptwache gesteckt wird.


Fahnenträger (W3) [Adelung]


Der Fahnenträger, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher eine Fahne trägt. S. Fähnrich.


Fahnenwache (W3) [Adelung]


Die Fahnenwache, plur. die -n, die Wache vor der ersten Linie ein Lagers, welche aus einem Fähnrich, zweyen Unterofficiers, dreyßig Mann und einem Tambour bestehet.


Fahnjunker (W3) [Adelung]


Der Fahnjunker, des -s, plur. ut nom. sing. ein adeliger Unterofficier bey dem Fußvolke, welcher im Marsche die Fahne träget. Bey der Reiterey heißt er Standartenjunker. Bey der Österreichischen Armee wird er der Führer genannt.


Fahnlehen (W3) [Adelung]


Das Fahnlehen, S. Fahnenlehen.


Fähnrich (W3) [Adelung]


Der Fähnrich, des -es, plur. die -e, der unterste unter den Ober-Officiers bey dem Fußvolke, welchem ehedem die Fahne einer Compagnie anvertrauet war. Heut zu Tage hat er mit derselben wenig mehr zu thun, sondern verrichtet Lieutenants-Dienste.

Anm. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort Fenner, Fänner, im 13ten Jahrhunderte Vanere und Banir. Aus dieser Endung, -er, ist im Hochdeutschen -rich geworden, wie Äntrich aus Änter, Gänserich, aus Ganser; daher es unnöthig ist, mit den Niedersachsen noch ein d einzuschieben und dieses Wort Fähndrich zu sprechen, wodurch die Aussprache zwar härter, aber nicht wohlklingender wird. Auch die Dänen sagen Fändrik.


Fahnschmid (W3) [Adelung]


Der Fahnschmid, des -s, plur. die -e, der Hufschmid bey einer Fahne, d. i. Escadron, Reiterey; Fahnenschmid.


Fahr (W3) [Adelung]


* Die Fahr, plur. die -n, ein veraltetes Wort für Gefahr, welches noch oft in der Deutschen Bibel vorkommt. Sich in Fahr geben, Sir. 3, 26. In Fahr leben, Kap. 13, 18. Ohne Fahr plündern, 1 Macc. 4, 18. In Fahr seyn, Kap. 4, 42. Seelenfahr, 2 Sam. 18, 13. Lebensfahr, 1 Chron. 12, 19. Siehe Gefahr.


Fährbeständner (W3) [Adelung]


Der Fährbeständner, des -s, plur. ut nom. sing. der eine Fähre in Bestand, d. i. in Pacht hat; ein Fährpachter.


Fahrbogen (W3) [Adelung]


Der Fahrbogen, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, der schriftliche Bericht des Geschwornen, was für Gebäude er die Woche befahren, und wie er sie gefunden hat.


Fahrbuch (W3) [Adelung]


Das Fahrbuch, des -es, plur. die -bücher, im Bergbaue, das Buch auf einer Zeche, in welches die Beamten und Schichtmeister aufzeichnen, welchen Tag sie gefahren sind.


Fahrbüchse (W3) [Adelung]


Die Fahrbüchse, plur. die -n, auf den Kreis-Probations-Tagen, eine Büchse, worein der Münz-Wardein das probirte Geld zu werfen pfleget.


Fährden (W3) [Adelung]


* Fährden, verb. reg. act. in Gefahr bringen. Im Hochdeutschen ist dieses Zeitwort völlig veraltet, außer daß das Mittelwort gefährdet, als ein Nebenwort noch zuweilen im gemeinen Leben gehöret wird. Ich bin dabey nicht gefährdet, habe keinen Verlust dabey zu besorgen. S. Gefährde. In einigen Gegenden lautet dieses Mittelwort gefähret, und alsdann müßte das Verbum fähren oder gefähren heißen. Im Niders. lautet es varen.


Fahre (W3) [Adelung]


Die Fahre, plur. die -n. 1) In der Landwirthschaft Ober- und Niedersachsens, eine Furche, besonders die größere Furche, welche die Ackerbeete absondert; in einigen Gegenden Fuhrt, Fahrt, im Nieders. Fore, Fare, von fahren, ziehen. 2) In einigen Gegenden, besonders Oberdeutschlandes, bedeutet es auch eine Fähre.


Fähre (W3) [Adelung]


Die Fähre, plur. die -n. 1) Ein großer breiter Kahn mit einem platten Boden, Menschen, Thiere und Sachen über einen Fluß zu fahren, eine Art einer beweglichen Brücke; zuweilen auch ein Fährschiff, im Oberd. eine Plätte, von der breiten platten Gestalt, eine Mutze, weil er vorn und hinten stumpf abgeschnitten ist. 2) Der beständige Ort an einem Flusse, wo man für Geld übergefahren wird.

Anm. Im Engl. Ferry, im Dän. Färge, im Schwed. Faerja, im mittlern Lateine Vara und Feria.


Fahren (W3) [Adelung]


1. * Fahren, verb. reg. act. welches im Hochdeutschen gänzlich veraltet ist, und ehedem so viel als fürchten bedeutete, von welchem es nach und nach verdränget worden. Das zusammen gesetzte befahren kommt noch zuweilen in der höhern Schreibart vor. S. Gefahr, Furcht, Befahren. Engl. fear, Schwed. fara, Lat. vereri. Auch das Latein. periculum gehöret seiner ersten Hälfte nach hierher. Man hatte von diesem Verbo auch ein Factitivum, welches noch in dem Schwed. faera, schrecken, und in dem Nieders. verfähren übrig ist.


Fahren (W3) [Adelung]


2. * Fahren, verb. irreg. neutr. ( S. das folgende,) mit dem Hülfsworte haben, ein gleichfalls veraltetes Zeitwort, welches ehedem für wahrnehmen üblich war. Pictorius sagt noch, der Zeit fahren und wahrnehmen, und seiner Ehre fahren, sie zu bewahren suchen. Es ist das Stammwort von erfahren und vielleicht auch von fahrlässig, und ungefähr. Im Schwed. und Isländ. lautet es fara. Das Latein. experiri ist sehr deutlich damit verwandt. Ohne Zweifel stammet es mit wahr, wahren u. s. f. aus einer Quelle her. Frisch leitet auch daher die Vare, das Varding, Vara, ein altes Gericht in verschiedenen Nieders. Gegenden, von welchem man außer ihm v. Vare auch das Bremisch-Nieders. Wörterb. v. Fare nachsehen kann.


Fahren (W3) [Adelung]


3. Fahren, verb. irreg. ich fahre, du fährest oder fährst, er fähret oder fährt u. s. f. Imperf. ich fuhr, Conj. ich führe; Mittelw. gefahren. Es ist in doppelter Gattung üblich. I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, sich bewegen, den Ort verändern. 1. In der eigentlichen und weitern Bedeutung. 1) Sich bewegen, oder beweget werden, ohne allen Nebenbegriff; doch nur noch in einigen Fällen. Mit der Hand auf dem Tische hin und her fahren. Daß der Kasten auf dem Gewässer fuhr, 1. Mos. 7, 18. In den Rechten ist noch die fahrende Habe für bewegliche Güter üblich, im Gegensatze der unbeweglichen, in welcher Bedeutung dieses Wort schon alt ist. Die Farunde habe unterscheidet schon Stryker und Schwabenspiegel von dem Erbe und Eigen. Min varnde gut und eigens vil, Walth. von der Vogelweide. S. Fahrniß. 2) Mit dem Nebenbegriffe der Wirkung, oder einer vorgesetzten Handlung, welcher Gebrauch in der Deutschen Bibel häufig, außer dem aber wenig vorkommt. Wo du mit deinem Messer über den Altar fährest, 2 Mos. 20, 25. Du sollst die Bäume nicht verderben, daß du mit den Äxten daran fahrest, 5 Mos. 20, 19. Kein Scheermesser soll über sein Haupt fahren, 4 Mos. 6, 5. 3) Mit dem Nebenbegriffe der Geschwindigkeit, eine schnelle und gemeiniglich unerwartete Bewegung anzudeuten, so wohl von lebendigen als leblosen Dingen. Ich möchte aus der Haut fahren, ein im gemeinen Leben üblicher Ausdruck der Ungeduld. Vor Schrecken zurück fahren, zusammen fahren, uuidorort faran bey dem Ottfried. Aus dem Bette fahren. Der böse Geist ist in ihn gefahren. Mit der Hand in die Schüssel fahren. Der Blitz fuhr aus den Wolken. Die Art ist vom Stiele gefahren. Der Spieß fuhr in die Wand. Es ist mir durch alle Glieder gefahren, sagt man im gemeinen Leben von einem großer Schrecken. Die ganze Gesellschaft fuhr (griff schnell) nach den Gläsern, Raben. Die schnellen Flügen der Zeit fahren mit dem Strahle des Lichts in die Wette, Dusch. Bey den Jägern fährt der Hase, wenn er sich auf den Hinterläuften schnell fortbewegt. Der Strick fuhr mir aus der Hand. Das Seil fahren lassen, aus der Hand. Auch figürlich mit dem Zeitworte lassen, sich einer Sache begeben, ihrem Besitze, ihrem Genusse entsagen. Laß fahren, was nicht bleiben will. Ich will den Gewinnst fahren lassen. Lassen sie das Geld fahren. Die Sorgen, den Kummer fahren lassen, sich desselben entschlagen. Rede ihr doch zu, daß sie ihren Eigensinn fahren lässet, Gell. ihn ableget. Wenn sie Julchen wollen fahren lassen, ebend. Laß diese Gedanken fahren. Die Gelegenheit fahren lassen, entwischen lassen. Nur die häufigen biblischen Ausdrücke, Gottes Gebothe, Gott, Gottes Rath, das Gesetz, die Zucht u. s. f. fahren lassen, sie verlassen, hintan setzen, sind im Hochdeutschen ungewöhnlich. 4) In engerer Bedeutung, sich wohin begeben, den Ort verändern, reisen, von Menschen, ohne allen Unterschied der Art und Weise. In dieser nur noch in einigen Fällen üblichen Bedeutung stehet es, (a) für gehen. Furifare, vorüber gehen, Kero. Then uueg si faran scolton, Ottfr. Ich faru dhir fora, ich gehe vor dir her, Isid. In der Schweiz fahren die Sennen oder Hirten noch zu Alp, wenn sie mit ihrer Herden auf die Alpen ziehen, und die Bergleute gebrauchen fahren in dieser Bedeutung beständig, sie mögen nun auf einer horizontalen Fläche gehen, oder in die Gruben und aus denselben steigen. Fahret nicht hoch her, tretet nicht stolz einher, Luc. 12, 29. (b) Für reiten. Tho komi er gevaren uf sineme marche, Fragm. de bello Caroli. Er siehet aber Reiter reiten, und fahren auf Rossen, Eseln und Kamelen, Es. 21, 7. Welche Bedeutung aber im Hochdeutschen völlig veraltet ist. (c) Für reisen. Mit vrlob wil ich hinnan varn Vnd scheiden von dem lande, Graf Wernh. v. Hohenberg. Zeug hinauf, und fahre glückselig, 1 Kön. 22, 12, 15. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen ungewöhnlich, obgleich faran bey dem Ulphilas, fara im Schwed. und to fare im Engl. gleichfalls reisen bedeuten. Nur die Handwerksbursche pflegen ihr Reisen und Wandern noch ein Fahren zu nennen. S. auch Wallfahrt. Mit einem verächtlichen Nebenbegriffe ist es in diesem Verstande im Oberdeutschen sehr gewöhnlich, für herum streifen. Ein fahrender Bettler, Ritter, Musikant u. s. f. der im Lande herum ziehet und keine gewisse Stätte hat. Ein Landfahrer, ein Landstreicher. Im Angels. Farandmanni pede pulver osi, Fremdlinge, Ausländer, und die Faramanni in dem alten Burgund bey dem Du Fresne sind vielleicht auch nichts anders, obgleich Ihre sie für eine Art von Lohnbauern hält, weil fara im Schwedischen auch den Acker bauen bedeutet. Die fahrende Wuth der Hunde, wobey sie in der Wuth so lange herum laufen, bis sie umfallen; im Gegensatze der fallenden. Hierher gehören auch (d) die biblischen Redensarten, wenn von Gott gesagt wird, er fahre auf dem Cherub, auf den Wolken u. s. f. (e) Ingleichen die gleichfalls biblischen Ausdrücke. Gen Himmel fahren. Zur Hölle fahren, welches nur von Christo gebraucht wird, dagegen man von lasterhaften Menschen in die Hölle fahren, und im härtesten Ausdruck, zum Teufel fahren, sagt. Aus dieser Welt fahren, gemeiniglich in einem bedenklichen Verstande wegen des künftigen Zustandes des Verstorbenen. In der Stelle, Herr, "nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren", stehet es absolute für "sterben", so wie fara im Schwedischen umkommen bedeutet, womit auch das Latein. perire überein stimmet. S. Verfahren. 5) In noch engerer Bedeutung, welche aber im Hochdeutschen die gewöhnlichste ist. (a) Den Ort auf einem Fahrzeuge und Fuhrwerke, d. i. auf einem Schiffe, Kahne, Wagen, Karren, Schlitten u. s. f. verändern. Auf einem Schiffe, Kahne, Wagen, Schlitten fahren. In den Wald, ins Feld, oder auf das Feld, in die Stadt, über Land, auf das Dorf, an den Hof fahren. Er kam mit vier Pferden in die Stadt gefahren. Wir sind heute spazieren gefahren, in welcher Redensart dieses Zeitwort, so wie gehen und reiten, den bloßen Infinitiv vor sich hat. Irre fahren, sich im Fahren verirren. Den nächsten Weg fahren, im Oberd. des nächsten Weges. Sich müde fahren, von langem Fahren müde werden. Die fahrende Post, im Gegensatze der reitenden. Über einen Fluß fahren, mit einem Schiffe, Kahne, u. s. f. An das Land, an das Ufer fahren. Von dem Lande, von dem Ufer, auf die hohe See fahren. Der Schiffe ist auf den Grund gefahren, ist mit dem Schiffe auf den Grund gerathen. Von dem Fahren auf und mit großen Schiffen ist indessen segeln und zuweilen auch schiffen üblicher. Auch gebraucht man dieses Zeitwort von Schlittschuhen und Schubkarren. Auf Schlittschuhen fahren. Mit dem Schubkarren in die Stadt, zur Stadt fahren, ob er gleich nur geschoben wird. In einigen Fällen ist es auch von Personen üblich, wenn sie mit Seilen in die Höhe gezogen werden. So fährt der Schieferdecker auf den Thurm. S. Fahrsessel 2. 2. Figürlich. 1) * Fortschreiten, von Reden; ein jetzt ungewöhnlicher Gebrauch. Darum wollen wir die Lehre - jetzt lassen, und zur Vollkommenheit fahren, Ehr. 6, 1. 2) * Ziehen; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, welche nur noch bey den Tuchscherern vorkommt, welche das Schrauben, d. i. wenn sie die große Schraube der Presse zuziehen, fahren nennen. S. auch Fahre. 3) Von einem schnellen Ausbruche der Rede. Ey! fuhr der Koch heraus, u. s. f. Lichtw. Einem über das Maul fahren, in der niedrigen Sprechart, ihm trotzig, gebieterisch antworten. 4) Jemanden durch den Sinn fahren, seinem Eigensinne freymüthig widersprechen. Aber die biblischen Ausdrücke: er (Gott) fähret über mich mit Ungestüm, Hiob 9, 17. Du hast Menschen lassen über unser Haupt fahren, Ps. 66, 12. sind ungewöhnlich. 5) Handeln, wirken; so wohl (a) * überhaupt, eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Lose mich fone unrechto farenten, Notk. erlöse mich von denen, welche Böses thun. Wolt ihr euch vor Krieg bewaren So müst ir nach meim rat faren, Theuerd. So verkündiget er ihnen, was sie gethan haben, und ihre Untugend, daß sie mit Gewalt gefahren haben, Hiob 36, 9; wo das Hülfswort haben bemerket zu werden verdienet. Wer ohne Furcht fähret, der gefällt Gott nicht, Sir. 1, 28. Gottes Geboth lehret klüglich fahren in allem Handel, Kap. 19, 18. Als auch (b) * in Ansehung der Art und Weise, wie man Personen und Sachen behandelt; ein gleichfalls veralteter Gebrauch. Mit einer Sache grob fahren, sie grob behandeln, im Oberdeutschen. Fahret säuberlich mit dem Knaben, 2 Sam. 18, 5. Warum willt du mit deinen Knechten also fahren! 2 Mos. 5, 15. Dieweil wir denn wissen, daß der Herr zu fürchten ist, fahren wir schön mit den Leuten, 2 Cor. 5, 11. wir begegnen ihnen glimpflich. S. Mitfahren, Fortfahren und Verfahren, welche diese Bedeutung des Handelns noch aufbehalten haben. Im Schwed. bedeutet fara gleichfalls agere, und das Latein. facere, woraus das Ital. fare und Franz. faire geworden sind, scheinen mit unserm Worte aus Einer Quelle hergeflossen zu seyn. 6) Wohl oder übel bey oder mit einer Sache fahren, seinen Zustand durch dieselbe verbessern oder verschlimmern, in der vertraulichen Sprache des Umganges. Ich bin sehr wohl, sehr gut bey diesem Kaufe gefahren. Bleib bey den Gedanken, du wirst wohl dabey fahren, Gell. Ein Mann wird recht gut mit ihnen fahren, wenn sie diesen Fehler ablegen wollen, ebend. 7) * Geschehen. So fare iz, so geschehe es, Notk. eine völlig veraltete Bedeutung, wovon das Zeitwort Widerfahren noch ein Überrest ist. Wer weiß, ob hierin nicht die Abstammung des Latein. fieri und des Deutschen werden liegt?

8) * Leben; ein eben so unbekannt gewordener Gebrauch, der indessen noch in dem Englischen "fare", und in den Deutschen Wörtern Verfahren, für "sterben", "Vorfahrer" und "Nachfahrer" übrig ist.

II. Als ein Activum, welches folglich das Hülfswort haben bekommt. Auf einem Fahrzeuge oder auf einem Fuhrwerke von einem Orte zum andern bringen, wofür im Oberdeutschen führen üblich ist. Reisende, Waaren über einen Fluß, über eine Meerenge fahren, auf einer Fähre, einem Kahne oder Schiffe. Allein an Leuten eurer Art, Die stolze Polyhistor waren, Hab ich mich schon bald lahm gefahren, sagt Charon zum Polyhistor beym Gellert. Fremde nach Dresden fahren, auf einem Wagen. Der Fuhrmann fährt gut. Holz zur Stadt, in die Stadt fahren. Zuweilen auch mit einigen Ellipsen. Holz fahren, anfahren, aus dem Walde hohlen, oder in die Stadt fahren. Steine fahren. Mist fahren, auf das Feld führen. Anm. Das Hauptwort die Fahrung ist nur in einigen Zusammensetzungen üblich; doch pflegen die Bergleute ihr Aus- und Einfahren, ingleichen den Fahrschacht, eine Fahrung zu nennen. Im Niedersächsischen lautet dieses Wort so wohl im Activo als Neutro faren, und in einigen Gegenden färje. Das Latein. varare, überfahren, und das mittlere Lat. ferire, fahren, kommen genau damit überein. Auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - scheinet hierher zu gehören, zumahl da in der Lakonischen Mundart - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - einen Fuß bedeutet. Fahren und fern, Engl. far, scheinen genau verwandt zu seyn, aber welches von beyden das Stammwort ist, bleibt bey einem so hohen Alterthume beyder Wörter unentschieden. Außer den schon angezeigten veralteten Bedeutungen kommt sih faren bey dem Ottfried auch für sich verändern vor, welches uns auf das Latein. varius führet. Ehedem bedeutete es auch pflügen, S. Fahre, Fahrt 1. und Furche.


Fahrenkraut (W3) [Adelung]


Fahrenkraut, S. Farnkraut.


Fahrer (W3) [Adelung]


Der Fahrer, des -s, plur. ut nom. sing. das Hauptwort des vorigen Zeitwortes, der da fähret, welches aber nur in den Zusammensetzungen Bergenfahrer, Grönlandsfahrer, Seefahrer, Vorfahrer, Nachfahrer u. s. f. üblich ist.


Fährgeld (W3) [Adelung]


Das Fährgeld, des -es, plur. inus. dasjenige Geld, welches man dem Fährmanne bezahlt, wenn er uns auf einer Fähre übersetzet. Ehedem bedeutete es auch dasjenige Geld, welches man dem Eigenthümer eines Schiffes entrichtet, auf welchem man als ein Reisender fähret. In diesem Verstande kommt es Jon. 1, 3 in einigen Ausgaben vor, wofür andere richtiger Fahrgeld haben.


Fahrgeld (W3) [Adelung]


Das Fahrgeld, des -es, plur. inus. 1) S. das vorige, in welchem Verstande es aber wenig gebräuchlich ist. 2) Im Bergbaue, dasjenige Geld, welches der Bergmeister und die Geschwornen für die Befahrung der Grube bekommen. 3) An einigen Orten auch der Zoll, welchen man für die Überfahrt über eine Brücke entrichtet; Brückengeld, Brückenzoll. 4) An andern Orten, eine Art der Steuer oder Abgabe von liegenden Gründen; in welcher Bedeutung ehedem auch das einfache Fahr üblich war. S. Frischens Wörterb. Th. 1, S. 238.


Fahrgenosse (W3) [Adelung]


Der Fahrgenosse, des -n, plur. die -n, in der Landwirthschaft, der Feldnachbar, Furchgenosse, dessen Acker von dem Acker eines andern nur durch eine Fahre oder Furche getrennet wird.


Fährgerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Fährgerechtigkeit, plur. inus. die Gerechtigkeit, oder das Recht, eine Fähre anzulegen und zu halten.


Fährig (W3) [Adelung]


Fährig, adj. et adv. von dem Zeitworte fahren. 1) In dem Forstwesen, ein fähriger Wald, fähriges Holz, junges Holz, welches schon so hoch aufgeschossen ist, daß die Kühe dessen Gipfel nicht mehr erreichen können. Vermuthlich so fern fahren ehedem eine jede Bewegung, und unter andern vielleicht auch wachsen bedeutete. 2) In einem andern Verstande kommt es in willfährig vor, S. dieses Wort.


Fahrkappe (W3) [Adelung]


Die Fahrkappe, plur. die -n, im Bergbaue, die Kappe, welche die Bergleute in der Grube auf dem Kopfe unter dem Schachthuthe, außer der Grube aber auf dem Grubenkittel aufgesteckt tragen.


Fahrkarpfen (W3) [Adelung]


Der Fahrkarpfen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Landwirthschaft, diejenigen Karpfen, welche die Fuhrleute, die bey Fischung eines Teiches die Karpfen wegfahren, statt des Fuhrlohnes bekommen. S. Fischerkarpfen.


Fährknecht (W3) [Adelung]


Der Fährknecht, des -es, plur. die -e, der Gehülfe eines Fährmannes, der bey ihm die Stelle eines Knechtes vertritt.


Fahrkummt (W3) [Adelung]


Das Fahrkummt, des -es, plur. die -e, in der Landwirthschaft, ein ledernes Kummt zum Fahren, zum Unterschiede von dem Ackerkummt.


Fahrlässig (W3) [Adelung]


Fahrlässig, -er, -ste, adj. et adv. auf seine Geschäfte nicht die gehörige Aufmerksamkeit wendend, und diesen Fehler an den Tag legend. Ein fahrlässiger Mensch. Ein fahrlässiges Betragen. Ehedem auch fahrlos, im Schwed. farlatin, vermuthlich so fern fahren ehedem auch wahrnehmen bedeutete; wenn fahr hier nicht aus dem alten far, fern, entstanden ist, welches dadurch wahrscheinlich wird, weil das noch davon unterschiedene nachlässig, und das gleichdeutige Oberdeutsche hinlässig auf ähnliche Art zusammen gesetzet sind. S. Fährt.


Fahrlässigkeit (W3) [Adelung]


Die Fahrlässigkeit, plur. inus. Mangel der Aufmerksamkeit in seinen Geschäften.


Fahrleder (W3) [Adelung]


Das Fahrleder, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bergleuten, das Leder, welches sie zum Behufe des Aus- und Einfahrens vor dem Hintern tragen; in den gemeinen Sprecharten das Arschleder.


Fahrlehen (W3) [Adelung]


Das Fahrlehen, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Lehenrechte, eine Art Lehen, auf welchem Fahrzinse haften. Siehe dieses Wort.


Fahrleise (W3) [Adelung]


Die Fahrleise, plur. die -n, die Leise oder Spur, welche die Räder eines Wagens in dem Erdboden zurück lassen; die Wagenleise, das Fahrgeleise, Geleise.


Fährleute (W3) [Adelung]


Die Fährleute, sing. inus. diejenigen Leute, welche zu Regierung einer Fähre bestellet sind. Der Fährmann und dessen Knechte.


Fährlich (W3) [Adelung]


* Fährlich, adj. et adv. welches aber im Hochdeutschen veraltet ist, seitdem gefährlich dafür üblicher geworden. Es kommt noch einige Mahl in der Deutschen Bibel vor. Unsere Anschläge sind fährlich, Weish. 9, 14. Ein fährliches Ding, Sir. 9, 25.


Fährlichkeit (W3) [Adelung]


* Die Fährlichkeit, plur. die -en, ein eben so veraltetes Wort, welches gleichfalls nur noch in der Deutschen Bibel vorkommt, für Gefahr. 1. Cor. 11, 26. Sir. 43, 26, und in andern Stellen mehr. Nieders. Vaarlikheit.


Fährmann (W3) [Adelung]


Der Fährmann, des -es, plur. die -männer, oder -leute, eine Art Schiffer, welche einer Fähre vorgesetzet ist, und die Überfahrt der Personen und Sachen auf derselben besorget; an einigen Orten ein Fährmeister, im Oberd. Ferge, Färge, Ferig, Verch, welches aber auch oft einen Schiffer und dessen Leute bedeutet. S. Ferge.


Fahrmaus (W3) [Adelung]


Die Fahrmaus, plur. die -mäuse, eine Benennung der Reitmaus, weil sie sich nahe unter der Oberfläche des Erdbodens hinwühlet. S. Reitmaus.


Fährmeister (W3) [Adelung]


Der Fährmeister, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fährmann.


Fährmutter (W3) [Adelung]


Die Fährmutter, plur. die -mütter, in einigen Gegenden, z. B. in der Lausitz, ein Mutterschwein, ein Schwein weiblichen Geschlechtes, eine Sau, so wohl von zahmen als wilden Schweinen. Schon im mittlern Lat. bedeutet Fera das Weibchen der wilden Schweine; ohne Zweifel von dem noch im Schwed. und Isländ. üblichen fara, coire, wovon vermuthlich auch das Longobard. Fara, ein Geschlecht, eine Geschlechtsfolge, abstammet.


Fahrnagel (W3) [Adelung]


Der Fahrnagel, des -s, plur. die -nägel, an einigen Orten, der starke Nagel, welcher die Wage an die Deichsel befestiget; der Wagennagel, Deichselnagel.


Fahrniß (W3) [Adelung]


Die Fahrniß, plur. die -sse, ein Oberdeutsches im Hochdeutschen wenig bekanntes Wort. 1) Als ein Collectivum, bewegliche Güter, fahrende Habe, anzudeuten. S. Fahren I. 1. 2. 2) In engerer Bedeutung bezeichnet dieses Wort nur allein den Hausrath, zum Unterschiede von dem baren Gelde und andern zum beweglichen Gute gehörigen Stücken. 3) In einigen Gegenden ist dieses Wort auch für Gewandfall üblich; S. dieses Wort.


Fährordnung (W3) [Adelung]


Die Fährordnung, plur. die -en, die landesherrschaftliche Verordnung, wie es bey einer Fähre gehalten werden soll.


Fährpachter (W3) [Adelung]


Der Fährpachter, des -s, plur. ut nom. sing. der eine Fähre in Pacht hat; im Oberd. ein Fährbeständner.


Fahrrecht (W3) [Adelung]


Das Fahrrecht, des -es, plur. die -e. 1) In einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, das Strandrecht, vielleicht weil der Schiffer alsdann auf den Grund fähret; im mittlern Lateine Varecum, im Franz. Varech, wo doch noch zu untersuchen ist, ob dieses Wort nicht vielmehr von Wrack, Brack, Schwed. Wagrek abstammet. S. 2 Brack. 2) An eben diesen Orten wird es auch zuweilen für das Bergegeld gebraucht, weil dasselbe anstatt dieses größten Theils abgeschafften Rechtes entrichtet wird.


Fahrschacht (W3) [Adelung]


Der Fahrschacht, des -es, plur. die -schächte, im Bergbaue, ein Schacht, welcher bloß zum Aus- und Einfahren der Bergleute bestimmt ist, zum Unterschiede von dem Kunstschachte, Förderschachte u. s. f.


Fährschiff (W3) [Adelung]


Das Fährschiff, des -es, plur. die -e, eine Fähre in Gestalt eines Schiffes, mit Mast und Segeln, eine große Fähre.


Fährseil (W3) [Adelung]


Das Fährseil, des -es, plur. die -e, ein starkes über einen Fluß gespanntes Seil, an welchem die Fähre fortgebracht wird.


Fahrsessel (W3) [Adelung]


Der "Fahrsessel", des -s, plur. ut nom. sing. oder der "Fahrstuhl", des -es, plur. die -stühle.

1) Ein Stuhl mit Rädern, auf welchem man sich gleichsam fahren kann.

2) Ein Stuhl, auf welchem man aus einer Etage in die andere durch die geöffnete Decke fahren kann, ohne die Treppe steigen zu dürfen.


Fahrsteiger (W3) [Adelung]


Der "Fahrsteiger", des -s, plur. ut nom. sing. in den Mansfeldischen Bergwerken, ein Steiger, welcher die Aufsicht über den Grubenbau führet, weil er vornehmlich die Zechen befahren muß; zum Unterschiede von dem Poch- oder Wäschsteiger u. s. f.


Fahrt (W3) [Adelung]


Die Fahrt, plur. die -en, von dem Verbo fahren. 1. Der Zustand, da man den Ort verändert. 1) In der weitern Bedeutung des Verbi, wo Fahrt noch zuweilen, besonders im Oberdeutschen, für einen Gang, eine Reise überhaupt gebraucht wird. So kommt dieses Wort noch im Bergbaue für einen Gang, ingleichen von dem Ein- und Ausfahren in die Grube vor. Der Gefährte unserer Fahrt, 2 Cor. 8, 19; wo doch andere Ausgaben dafür das Wort Reise haben. Darumb macht er sich auf die Fahrt, Theuerd. Schnelles Glück hält schnelle Fahrten, Opitz. In dieser im Hochdeutschen veralteten Bedeutung kommt es bey den alten Alemannischen Schriftstellern sehr oft vor. S. auch die Wörter Auffahrt, Abfahrt, Hinfahrt, Wallfahrt, Schifffahrt u. s. f. 2) In engerer Bedeutung, von der Reise des Schiffes und zu Schiffe. Bey der starken Fahrt des Schiffes. Den folgenden Tag machte das Schiff eine noch größere Fahrt, legte einen noch größern Weg zurück. 3) In dem Landbaue einiger Gegenden, wird das Pflügen des Ackers die Fahrt genannt. Im Schwed. bedeutet fara noch jetzt pflügen, und daß auch das Deutsche fahren ehedem diese Bedeutung gehabt, erhellet unter andern auch aus dem Worte Fahre, Furche. 2. Dasjenige, worauf man gehet oder reiset. 1) Der Weg, in welcher Bedeutung es bey den ältern und neuern Oberdeutschen Schriftstellern sehr häufig ist. Auch im Hochdeutschen sagt man zuweilen: eine neue Fahrt über den Acker machen, d. i. einen Fahrweg. S. Furt. 2) In dem Bergbaue werden die Leitern, auf welchen man auf und ab fähret, d. i. steiget, Fahrten oder Fährten genannt. 3) Die Gänge und Höhlen der Maulwürfe unter der Erde, werden, so wie an einigen Orten die Röhren des Fuchses, Fahrten genannt. 4) Eine Röhrenfahrt, eine Reihe zur Wasserleitung gelegter Röhren. 3. Dasjenige, was den genommenen Weg zu erkennen gibt, die Spur, besonders bey den Jägern, wofür doch das Wort Fährte üblicher ist. S. das Gefährt. Als nun Tewerdank am Pferd merkt das Fandt er wider die rechten faet Des Hirschen. Theuerd. Kap. 33. Einige Jäger nennen auch das Blut von allen Thieren Fahrt ober Fährt, vielleicht weil es den Weg, den ein Thier genommen, verräth, daher es auch Gemerk heißt. S. aber auch Farbe und Ferch 2. 4. So viel als man auf einem Fahrzeuge oder Fahrwerke auf Ein Mahl fahren kann. Eine Fahrt Heu, Holz, Wasser u. s. f. S. Fuder und Fuhre. Auch so viel als man auf Ein Mahl tragen kann, führet zuweilen diesen Nahmen. Eine Fahrt Wasser hohlen, eine Tracht. 5. Die Zeit, da man fähret, d. i. einen Dienst oder eine Wohnung verändert; welcher Gebraucht doch größter Theils Niedersächsisch ist. Im Eiderstättischen verstehet man unter einer Fahrt eine Zeit von sieben Jahren, so lange nehmlich ein Miethmann einen Hof ordentlich behält Vierzehen Jahre werden alsdann eine doppelte Fahrt genannt. 6) Im Oberdeutschen hat dieses Wort noch einen doppelten Gebrauch. 1) Er ist auf der Fahrt, bedeutet daselbst, er ist im Begriff. Darauf antwort im Neydelhart Mit klugen worten an der Fahrt, Theuerd. Kap. 75, b. i. auf der Stelle. Zu der Fahrt, Kap. 69. sogleich. Und von dieser Bedeutung stammet ohne Zweifel das Bey- und Nebenwort fertig ab. S. auch Fort. 2) Wurde es ehedem auch für Mahl, als ein Nebenwort gebraucht. Zu keiner Fart, niemahls, Theuerd. einfart, Ein Mahl; zu dieser Fahrt, dieß Mahl.


Fährt (W3) [Adelung]


Fährt, ein nur im Oberdeutschen bekanntes Nebenwort der Zeit, im vorigen Jahre. Fährt ist guter Wein gewachsen. Eben daselbst hat man auch das Beywort fährtig. Fährtiger Wein, fährtiges Korn, welches im vorigen Jahre gewachsen ist. Ohne Zweifel stammet es von Fern ab, S. dieses Wort, ingleichen Firn und Fort.


Fährtafel (W3) [Adelung]


Die Fährtafel, plur. die -n, eine nahe an einer Föhre befestigte Tafel, worauf das fest gesetzte Fährgeld verzeichnet ist.


Fährte (W3) [Adelung]


Die Fährte, plur. die -n. 1) Im Bergbaue, zuweilen eine Leiter, wofür doch Fahrt üblicher ist. 2) Der Weg; in welcher veralteten Bedeutung Ferti noch oft bey dem Ottfried und andern alten Schriftstellern vorkommt, wo es auch von der Fahrt oder Reise gebraucht wird. 3) Das Merkmahl des benommenen Weges, die Spur des großen Wildbretes auf der Erde, bey den Jägern. Der Hund nimmt die Fährte an, wenn er sie Gewahr wird, und auf derselben nachsucht. Zu Fährten kommen, eine Fährte entdecken. In engerer Bedeutung wird nur die Spur des mit Klauen versehenen Wildbretes die Fährte genannt. S. auch das Gefährt und der Gefährte.


Fährtenacker (W3) [Adelung]


Der Fährtenacker, des -s, plur. die -äcker, in einigen Gegenden, ein Acker, auf dessen einem Ende man mit dem Pfluge umwenden muß, daher dasselbe mit Kohl, Rüben oder anderm Gemüse bepflanzet wird. Von Fährte, vielleicht so fern es einen Weg bedeutet.


Fährtenlaut (W3) [Adelung]


Fährtenlaut, ober Fahrtlaut, adv. Bey den Jägern wird der Hund Fährtenlaut, wenn er zu hitzig ist, und schon bey der Fährte laut wird, oder anschläget, ehe er noch das Wild aus sei- nem Lager gebracht hat, welches auch vorlaut, und freylaut genannt wird.


Fährtgerecht (W3) [Adelung]


Fährtgerecht, adj. et adv. In dem Jagdwesen heißt ein Jäger fährtgerecht, wenn er die Fährten des Wildes gehörig zu beurtheilen weiß.


Fahrthaken (W3) [Adelung]


Der Fahrthaken, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, eiserne Haken, Die Fahrten oder Leitern damit an einander zu hängen.


Fahrthaspe (W3) [Adelung]


Die Fahrthaspe, plur. die -n, eben daselbst, halbe Klammern, die Fahrten damit zu befestigen.


Fahrtklammer (W3) [Adelung]


Die Fahrtklammer, plur. die -n, Klammern, welche in das Gevierte über einen Schacht geschlagen werden, damit sich die Bergleute bey dem Ein- und Ausfahren daran halten können.


Fahrtroß (W3) [Adelung]


Das Fahrtroß, des -sses, plur. die -sse, in den Bergwerken, ein kurzer krückenförmiger Stab, welchem man denen, die in einen Stollen einfahren, in die Hand gibt.


Fahrtschenkel (W3) [Adelung]


Der Fahrtschenkel, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, die Schenkel oder Seitenhölzer an den Fahrten, worin sich die Sprossen befinden; auch die Fahrtstangen.


Fahrwasser (W3) [Adelung]


Das Fahrwasser, des -s, plur. ut nom. sing. die Gegend in einem Flusse ober in der See, welche von Schiffen und Fahrzeugen gewöhnlich befahren wird, oder doch befahren werden kann, wo keine Klippen und Untiefen sind.


Fahrweg (W3) [Adelung]


Der Fahrweg, des -es, plur. die -e, ein Weg, auf welchem man mit Wagen fahren kann, zum Unterschiede von dem Fußsteige; im Schwabenspiegel Wagenuueg. Zuweilen auch das Recht, über des andern Acker. fahren zu dürfen.


Fahrwind (W3) [Adelung]


Der Fahrwind, des -es, plur. die -e, in der Schifffahrt, guter Wind, der zu der Fahrt des Schiffes bequem ist.


Fahrzeug (W3) [Adelung]


Das Fahrzeug, des -es, plur. die -e, ein jedes Schiff oder Schiffsgefäß, in welchem man auf dem Wasser fähret. In engerer Bedeutung führen diesen Nahmen nur diejenigen Schiffe, welche nicht zum Kriege gebraucht werden; und in der engsten und gewöhnlichsten, die kleinern Arten dieser letztern, zum Unterschiede von den eigentlicher Schiffen. Nieders. Fartüg, Dän. Fartoy. Im Schwed. hingegen ist Fartug und Farkost, alles, dessen man sich zur Reise bedienet, Pferde, Wagen u. s. f.


Fahrzins (W3) [Adelung]


Der Fahrzins, des -es, plur. die -e. 1) Ein Zins, der, wenn er nicht zu den bestimmten Zeit abgetragen wird, beständig steiget; S. Gefahrzins und Kutscherzins. 2) An einigen Orten auch der Brückenzoll; S. Fahrgeld.


Fährzoll (W3) [Adelung]


Der Fährzoll, des -es, plur. die -zölle, ein Zoll, der bey einer Fähre entrichtet wird.


Faisch (W3) [Adelung]


Faisch, Faischhund, Faischschnur, S. Schweiß, Schweißhund Schweißschnur.


Faim (W3) [Adelung]


Faim, Faimen, S. Fehm, Fehmen.


Faksen (W3) [Adelung]


Faksen, S. Faren.


Dar (W3) [Adelung]


Dar Faland, des -es, plur. die -e, eine noch in einigen Gegenden übliche Benennung des Teufels, bey den alten Schwaben Waland; vermuthlich von bal, wal, böse. Die Letten nennen den Teufel Weis, Welns.


Falb (W3) [Adelung]


Falb, adj. et adv. 1) Blaß, bleich; im gemeinen Leben fahl. Der Blumen hohen Glanz wird falber Grund erheben, Uz. Der Sonne erstes Licht Die ihren falben Kreis noch in der See verstecket, Schleg. 2) Von Farben, welche ihre gehörige Lebhaftigkeit verloren haben, verschossen. Ein falbes Roth, ein falbes Grün. In gemeinen Leben gleichfalls fahl. Besonders 3) bleichgelb, blaßgelb. Ein falbes Pferd. S. Falbe. Ehedem hatte man die sprichwörtliche R. A. den falben Hengst streichen, den falben Hengst reiten, wofür man auch nur sagte, den Falben streichen, d. i. schmeicheln, den Fuchsschwanz streicheln. Mit den worten und dergleichen Kunndt er wol den valben streichen, Theuerd. Kap. 85, 4) Schwärzlich dunkelgrau, doch nur in der Stelle, das falbe Haar; 3. Mos. 13, 31, 37; wo wenigstens das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, schwärzlich bedeutet.

Anm. Falb, Ital. falbo, Franz. fauve, Engl fallow, in einigen Gegenden Oberdeutschlandes falch, kommt mit flavus, im mittlern Lat. falvus, favellus, genau überein. S. Fahl, Faul, Gelb, Welk. Die Zeitwörter falben, bleich, welk werden, und fälben, welk machen; welche bey den Schwäbischen Dichtern sehr oft vorkommen, sind im Hochdeutschen veraltet. Es valwent liechte bluomen uf der heide, Otto von Brandenburg.


Falbe (W3) [Adelung]


Die Falbe, plur. die -n. 1) Ein falbes, d. i. bleichgelbes Pferd, welches auch wohl der Falbe, des -n, plur. die -n, genannt wird. S. Falb 3. 2) S. Fälber.


Falbel (W3) [Adelung]


Die Falbel, plur. die -n, aus dem Franz. Falbala, ein kraus gezogener Umlauf unten an den Röcken oder andern Kleidungsstücken des schönen Geschlechtes, an Vorhängen u. s. f. welcher auch eine Frisur genannt wird. S. Felbel.


Fälbel (W3) [Adelung]


Der Fälbel, S. Felbel.


Fälber (W3) [Adelung]


Die Fälber, plur. die -n, eine Oberdeutsche Benennung der gemeinen weißen Weide, Salix alba L. von der falben Farbe. In weiterer Bedeutung werden in Oberdeutschland alle hochstämmige Weidenarten wegen der bleichen Farbe ihrer Rinde und ihres Laubes Falben, Felben, Felbern, Falbinger, Felbinger genannt. S. Alber.


Falbicht (W3) [Adelung]


Falbicht, -er, -ste, adj. et adv. einer falben Farbe ähnlich, ein wenig falb. Ein falbichtes Pferd. Falbig, eine falbe Farbe habend.


Fälche (W3) [Adelung]


Fälche, ein Fisch, S. Balche.


Falgen (W3) [Adelung]


Falgen, verb. reg. act. in einigen Gegenden, einen Acker zum zweyten oder dritten Mahle pflügen, von dem Holländ velghen, Angels. walwian, umwenden, umdrehen; zumahl da dieses Pflügen im Obersächsischen wenden und rühren genannt wird. S. Felge, Felgen und Wälzen.


Falkaune (W3) [Adelung]


Die Falkaune, plur. die -n, eine Art groben Geschützes, welches 4 bis 6 Pfund Eisen schießt, und 27 bis 34 Caliber lang ist; eine Quartierschlange, Halbschlange. Aus dem mittlern Lat. Falcona. Ehedem hatte man noch eine weit größere Art Stücke, welche der Falke hieß und 57 Pfund schoß. S. Falkonett und Feldschlange.


Falke (W3) [Adelung]


Der Falke, des -n, plur. die -n. 1) Eine Art Raubvögel, welche vom Linne und Klein zu den Habichten gerechnet wird, und sich durch ihren kürzern Hals, kurzen, gleich von der Wurzel an gebogenen und mit einem sehr spitzigen Haken versehenen Schnabel, glatte Schienbeine, und längere Füße und Schenkel von den Adlern und Geyern hinlänglich unterscheidet, Falco. Klein beschreibet 26 Arten von Falken, welche, bis auf einige wenige, auch im gemeinen Leben unter diesem Nahmen bekannt sind, S. Bleyfalke, Mauerfalke, Lerchenfalke, Taubenfalke u. s. f. Einige derselben besonders der edle Falke, Falco gentilis oder nobilis Klein. der Ger- oder Geyerfalke, der Sakerfalke, der Barbarfalke, der Isländische weiße Falke, der Lerchenfalke, und andere mehr lassen sich zur Beiße abrichten. Er hat Augen wie ein Falke oder Falkenaugen, d. i. sehr helle, scharfe Augen. 2) Figürlich wurde ehedem auch eine Art des groben Geschützes ein Falke genannt, S. Falkaune, Falkonett. Anm. dieser Vogel heißt bey den Schwäbischen Dichtern Valke, Valk, im Schwed. und Dän. Falk, in Nieders. Falke, im Ital. Falcone, im Engl. Falcon, im Franz. Faulcon, im Wallisischen Gwalk, im Isländ. Valur und im Angelsächsischen Vealhhafoc, welches Wachter durch einen ausländischen Habicht erkläret, von Wal, Fremd, Ihre aber von Val, Aus, herleitet. Der Latein. Nahme Falco scheinet von dem krummen Schnabel und Klauen hergenommen zu seyn, da Falx um eben deßwillen auch eine Sichel bedeutet. S. Felge. Ehe die Deutschen diese Benennung annahmen, begriffen sie die meisten Falken mit unter dem Nahmen der Habichte.


Falkenbeitze (W3) [Adelung]


Die Falkenbeitze, plur. die -n, die Beitze mit Falken, oder die Jagd, da man andere Vögel mit Falken fänget.


Falkeneule (W3) [Adelung]


Die Falkeneule, plur. die -n, eine Art Eulen mit kurzen Flügeln, welche in Ansehung des Schnabels den Falken gleichet; Falko-Ulula Klein. Engl. Hawk Owl.


Falkengeschühe (W3) [Adelung]


Das Falkengeschühe, des -s, plur. ut nom. sing. saubere ausgefransete lederne Riemen, welche die zahmen Falken an den Füßen tragen. Ein einzelner Riem dieser Art heißt ein Falkenschuh.


Falkenhaube (W3) [Adelung]


Die Falkenhaube, plur. die -n, S. Falkenkappe.


Falkenhof (W3) [Adelung]


Der Falkenhof, des -es, plur. die -höfe, das Haus mit dem dazu gehörigen Hofe, wo die zur Beitze abgerichteten Falken aufbehalten werden.


Falkenier (W3) [Adelung]


Der Falkenier, des -s, plur. die -e, aus dem mittlern Latein. Falconarius, ein Jäger, welcher mit Falken und andern zur Beitze tüchtigen Raubvögeln gehörig umzugehen weiß. Daher die Falkenierkunst, die Kunst, die Falken zu zähmen und sich ihrer zur Beitze zu bedienen. S. das bessere Falkner.


Falkenkappe (W3) [Adelung]


Die Falkenkappe, plur. die -n, eine lederne Kappe, welche man dem Falken über das Gesicht ziehet, wenn er abgerichtet wird, damit er stille sitze; die Falkenhaube.


Falkenmeister (W3) [Adelung]


Der Falkenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. der Vorgesetzte einer Falknerey, der vornehmste unter den Falkenieren, der an manchen Höfen noch einen Oberfalkenmeister vor sich hat.


Falkenschelle (W3) [Adelung]


Die Falkenschelle, plur. die -n, Schellen, welche den zahmen Falken an den Füßen befestiget werden, damit man höre, wo sie sich befinden.


Falkenschuh (W3) [Adelung]


Der Falkenschuh, des -es, plur. die -e, S. Falkengeschühe


Falkenstange (W3) [Adelung]


Die Falkenstange, plur. die -n, eine Stange mit einem Querholze, auf welchem der zahm gemachte Falke sitzet.


Falkenstoß (W3) [Adelung]


Der Falkenstoß, des -es, plur. die -stöße, ein Garn an einer Säule im freyen Felde, die Falken damit zu fangen.


Falkenwärter (W3) [Adelung]


Der Falkenwärter, des -s, plur. ut nom. sing. dem die Wartung eines Falken anvertrautet ist.


Falkner (W3) [Adelung]


Der Falkner, eigentlich Falkener, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, ein Falkenier.


Falknerey (W3) [Adelung]


Die Falknerey, plur. die -en. 1) Die Falkenierkunst, besonders im Oberdeutschen, und ohne Plural. 2) Die zur Falkenjagd gehörigen Personen, und der Ort, wo sie mit den abgerichteten Falken wohnen.


Falkonett (W3) [Adelung]


Das Falkonett, des -es, plur. die -e, aus dem mittlern Latein. Falconeta, eine kleine Falkaune, welche 2 bis 3 Pfund Eisen schießet, und 36 bis 40 Caliber lang ist. S. Feldschlange.


Fallbaum (W3) [Adelung]


Der Fallbaum, des -es, plur. die -bäume. 1) Starke, unten mit spitzigen Eisen beschlagene Bäume oder Pfähle, welche durch einen Querbalken gehen, und in den Thoren der Festungen statt der Fallgatter angebracht werden, wo man sie, wenn es die Noth erfordert, niederfallen lässet, um das Thor gegen einen andringenden Feind zu sperren; Fallpfähle. 2) Bey den Vogelstellern, ein Baum neben einem Vogelherde, auf welchen die Vögel fallen, d. i. sich setzen, können.


Fallbrücke (W3) [Adelung]


Die Fallbrücke, plur. die -n, eine Brücke, welche so zugerichtet ist, daß sie niederfällt, wenn jemand darüber gehet; bey dem Logau eine Stürzebrücke. Zuweilen auch eine Zugbrücke, weil man sie niederfallen lassen kann.


Falle (W3) [Adelung]


Die Falle, plur. die -n. 1. Ein Werkzeug, welches in gewissen Umständen zu- oder niederfällt. Besonders, 1) in der Anatomie, eine Haut mit einer Höhle in verschiedenen Theilen des Leibes, das Zurückfließen verschiedener Säfte zu hindern; das Fallthürlein, valvula. 2) Ein mit einer Fallthür versehenes Behältniß, besonders für wilde Thiere, in den Thiergärten und Amphitheatern, damit man sie ohne Gefahr öffnen und verschließen könne. 3) Ein Werkzeug, Mäuse und andere Thiere lebendig zu fangen, weil alle Mahl ein Körper darin sich befindet, der unter gewissen Umständen niederfällt, und dem gefangenen Thiere den Ausgang versperret. S. auch Mäusefalle. Auch figürlich, in die Falle gehen, in eine Falle gerathen, einem eine Falle stellen oder bauen, von hinterlistigen Nachstellungen. 2. In den Schlössern ist die schießende Falle ein rechtwinkelig gebogenes Eisen, an dessen hinteres Ende sich die Feder des Schlosses anleget. Das Fallenohr, das Eisen, welches inwendig statt des Schlüsselbartes dienet, und den Riegel in Bewegung setzet.

Anm. Dieses Wort heißt schon bey dem Notker Falla, in den Monseeischen Glossen Val, und bey dem Ottfried Fala; wo es theils von einer Mäusefalle, theils von einer jeden listigen Nachstellung gebraucht wird; im Schwed. Fälla, und im Dän. Falde. Im Schwedischen ist Wel ein Kunstgriff, und vela betriegen. S. auch Fehlen und Falsch.


Fallen (W3) [Adelung]


Fallen, verb. irreg. Neutr. welches das Hülfsw. seyn erfordert. Ich falle, du fällst, er fällt; Imperf. ich fiel; Mittelw. gefallen. Es druckt überhaupt diejenige Bewegung aus, nach welcher ein Körper seine Schwere schnell nach dem Mittelpunkte der Erde zu getrieben wird. I. In eigentlicher und weiterer Bedeutung. 1. Überhaupt, durch seine Schwere schnell aus einem höhern Orte in einen niedrigern getrieben werden. Ein schwerer Körper fällt alle Mahl nach einer senkrechten Linie. Die Äpfel, die Blätter fallen im Herbste von den Bäumen. Schon lassen die Bäume die welken Blätter fallen. Die Tasse ist mir aus der Hand gefallen. Warum hast du das Buch fallen lassen? Wenn die Sterne von Himmel fallen werden. Es fiel ein Ziegel von dem Dache. Die Hoffnung ist mir in den Brunnen gefallen, figürlich in gemeinen Leben, ist mir vereitelt worden. Das Unvorsichtige fiel in das Wasser und ertrank. 2. Besonders, unpersönlich von Schnee, Hagel, Thau und starkem Regen, wenn sie aus dem mittlern Gegenden der Luft auf die Oberfläche der Erde gerathen. Es ist diesen Winter nur wenig Schnee gefallen. Es fiel ein außerordentlich tiefer Schnee. Es fällt ein erquickender Thau. Es fiel ein starker Regen, ein heftiger Hagel. 3. In engerer Bedeutung, von stehenden und sitzenden Körpern, wenn sie auf Antrieb ihrer Schwere plötzlich in den Stand des Liegens gerathen. Der Reiter ist vom Pferde gefallen. Das Kind fiel auf ebener Erde. Eli fiel von dem Stuhle und brach den Hals. Über einen Stein fallen, über andere hinfallen. Er fiel todt in meine Arme. Das Pferd stolperte, fiel aber nicht. Die Häuser fielen zusammen, fielen über den Haufen, stürzten ein. Doch gebraucht man von Gebäuden lieber einfallen, und von andern leblosen Körpern, wenn fallen absolute stehen sollte, am häufigsten umfallen. Vor Schrecken zu Boden fallen. Mit der Thür ins Haus fallen, im gemeinen Leben, etwas ohne die nöthige Vorsicht, unbehuthsam zu erkennen geben. Auf den Kopf, auf die Nase, auf die Stirn fallen, die Theile zu bezeichnen, welche im Fallen am meisten gelitten haben. Mit dem Kopfe an die Wand, an die Mauer fallen, wo im Oberdeutschen die Vorwörter gegen und wider üblich sind. In der Sprache des täglichen Umganges gebraucht man dieses Wort von lebendigen Geschöpfen auch als ein Reciprocum, folglich mit haben. Sich wund fallen, sich todt oder zu Tode fallen, sich Löcher in den Kopf fallen. Er hat sich den Arm aus der Kugel, aus dem Gelenke gefallen. In dem Ausdrucke die fallende Sucht, die Epilepsie zu bezeichnen, vertritt das Neutrum fallen die Stelle des Activi fällen, eine Krankheit zu bezeichnen, welche den Kranken plötzlich fallen machet, oder zu Boden wirft. Indessen ist doch der Gebrauch des Neutrius in dieser Benennung sehr allgemein. In Niedersächsischen heißt diese Krankheit de stortende Süke, an andern Orten Fallsucht, im Dän. Faldsot, im mittlern Latein. cadiva insania, cadiva guita, cadax passio. Die fallende Wuth der Hunde, wobey sie beständig niederfallen, als wenn sie die fallende Sucht hätten; zum Unterschiede der fahrenden Wuth. II. Figürlich, wo mit diesem Worte verbundenen Begriffe der verminderten Höhe, der Geschwindigkeit, des Unerwarteten, des Unwillkührlichen, eine Menge bildlicher Bedeutungen veranlasset haben, von welchen hier nur die vornehmsten angeführet werden können. 1. So fern der Begriff der verminderten Höhe der herrschende ist; im Gegensatze des Steigens oder Stehens. 1) An körperlicher Höhe abnehmen. (a) Näher nach der Oberfläche der Erde zu sinken. Das Quecksilber fällt in dem Barometer, der Spiritus in dem Thermometer, wenn beydes näher nach der Kugel sinkt. Das Wasser fällt in den Flüssen, Teichen, in dem Meere, u. s. f. wenn dessen senkrechte Höhe durch Abfluß oder Ausdünstung vermindert wird. Der Nebel fällt, wenn er näher nach der Oberfläche der Erde sinket. (b) Nach einer fortgesetzten Figur, sich von einem höhern Orte nach einem niedrigern bewegen. So gebraucht man dieses Wort von Flüssen, wenn sie in andere tiefer liegende Gewässer ausfließen. Der Main fällt in den Rhein, der Rhein in die Nordsee. In der Mathematik siehet man bey dem Fallen des Wassers mehr auf das Maß, um wie viel es sich von der angenommenen Horizontal-Linie entfernet; doch sagt man alsdann lieber, das Wasser hat drey Fuß Fall oder Gefalle, als es fällt um drey Fuß. S. Fall und Gefälle. Im Bergbauen und gemeinen Leben gebraucht man dieses Wort, (c) in noch weiterer Bedeutung, von der Richtung einer jeden Fläche unter einen angenommenen Horizont. Der Gang fällt seiger, im Bergbaue, erstreckt sich senkrecht in die Tiefe. Der Gang fällt donlege, gehet schräge in die Tiefe. Fallende Gänge oder Linien, welche unter den angenommenen Horizont niedersinken. Das Fallen der Gänge, oder ihr Fallendes, ihre Richtung unter die Horizontal-Linie. S. Steigen. Diese Bedeutung des Wortes fallen führet uns auf die Abstammung des Latein vallis. 2) Von der Stimme und dem Tone. Das Steigen und Fallen der Stimme, der Töne. Die Cadenz fällt aus dem Triller in den Schlußton. Einige Sprachlehrer nennen diejenige Sylbe welche keinen Ton hat, eine fallende Sylbe, im Gegensatze der steigenden, weil jene in der Aussprache gleichsam hinunter sinkt. Die Stimme, den Ton fallen lassen, wo doch sinken lassen üblicher ist. 3) Vermindert werden, am Preise, am Güte, an innerer Stärke abnehmen. Die Preise steigen und fallen. Das Korn ist gar sehr gefallen, d. i. im Preise, oder in Ansehung des Preises. Ich hoffe, daß diese Waare bald noch mehr fallen wird. Sein Ansehen fällt, ist gar sehr gefallen. Meine Liebe gegen dich ist sehr gefallen. Ich bitte sie recht sehr, lassen sie deßwegen nichts von ihrer Hochachtung gegen mich fallen, Gell. Den Muth, die Hoffnung fallen lassen. Sein Ruhm stärkt das gefallne Herz, Weiße, das muthlos gewordene. 4) Besonders mit dem Nebenbegriffe der Verschlimmerung, aus einem vollkommnern Zustande in einen unvollkommenern gerathen. (a) An Macht, Ansehen, bürgerlichem Wohlstande abnehmen. Von einem Minister, der sein Ansehen bey Hofe, von einem Günstlinge, der die Gnade seines Herren verloren hat, sagt man, daß sie gefallen sind. Babel ist gefallen, Jer. 51, 8. Ich hoffe auf den Herren, darum werde ich nicht fallen, Ps. 26, 1. Ein Handelshaus fällt, wenn es in Abnahme geräth, oder gar bankerott wird. Seinen Freund fallen lassen, ihn durch Versagung der Hülfe zu Grunde gehen lassen. Bey den Handwerkern heißt fallen, das gesuchte Meisterrecht aus eigner Schuld nicht erlangen und einen solchen fallen lassen, ihm das Meisterrecht versagen; wo dieser Ausdruck der Gegensatz des Bestehens ist. (b) Im sittlichen, besonders theologischer Verstande, Fehler, Sünden begehen. Adam fiel, als er durch seinen Ungehorsam das Ebenbild Gottes verscherzte. Ein Gerechter fällt sieben Mahl, Sprichw. 24, 16. Du strafst säuberlich die so gefallen sind, Weish. 12, 2 Auch von groben Verbrechen und herrschenden Sünden. Gottes Ernst an denen, die gefallen sind, Röm. 11, 22. Wie rief bist du gefallen! (c) Vernichtet werden, aufhören; doch nur in einigen Fällen in den höhern Schreibart. In ihm fiel unsere Hoffnung, unser Schutz, Dusch.

5) In engerer Bedeutung, umkommen, sterben.

(a) Für sterben überhaupt; ein mit Hochdeutschen veralteter Gebrauch. keiner von der Sperlingen fällt ohne des Vaters Willen, Math. 10, 29. Durch Pestilenz fallen, 1 Chron. 22, 14. (b) Von dem Wildbret und andern großen Thieren. Es ist ihm sein bestes Pferd gefallen. Es ist vieles Vieh an der Seuche gefallen. Gefallenes Wildbret, welches vor Krankheit oder Hunger gestorben ist. S. Fallwildbret. In dieser Bedeutung ist im gemeinen Leben auch umfallen üblich. (c) In einer Schlacht bleiben, in einem Treffen getödtet werden, in der biblischen und höhern Schreibart. Wie sin d die Helden gefallen? 2 Sam. 1, 19. Ein Fürst und Großer ist gefallen in Israel, 2 Sam. 3, 38. Dein Bruder fiel in dem Treffen neben mir. Durch das Schwert fallen, ist eine bloß biblische Art des Ausdrucks. Eine gleiche Bedeutung hat das Schwed. falla. 2. So fern der Begriff des Affectes und der dadurch verursachten Geschwindigkeit der herrschende ist; wo dieses Zeitwort von vielen freywilligen Handlungen gebraucht wird, welche schnell, und zuweilen mit Gewaltthätigkeit vollzogen werden. (a) Seinem Freunde und den Hals fallen, ihn lebhaft umarmen. Auf die Knie fallen. Falle deinem Herren, falle Gott zu Fuße. Mit Begierde auf etwas fallen, sich einer Sache mit einer Leidenschaft ergeben. Dem Pferde in den Zügel fallen, schnell nach dem Zügel greifen. Einem andern in die Rede, in das Wort fallen, ihn unterbrechen. (b) Mit dem Nebenbegriffe der Gewaltthätigkeit. Dem Feinde in das Land, in die Bagage, in die Arrieregarde fallen. Der Wolf fiel in die Herde. Dem Gegner in seine Blöße fallen, im Fechten. Einem in die Haare fallen, im gemeinen Leben. Einem andern in sein Amt fallen, etwas eigenmächtig thun, was doch jenes Amt ist. Einem andern in den Kauf fallen, eine Sache um welche er handelt, für sich zu kaufen suchen. (c) Von einer Person oder Sache fallen, eines Partey verlassen, einer Sache entsagen, von einer Sache abstehen, ist ein bloß biblischer, im Hochdeutschen ungewöhnlicher Gebrauch. Von David fiel jedermann, 2 Sam 20, 2. S. Abfallen. Sie fielen nicht von ihrem Vornehmen noch von ihrem halsstarrigen Wesen, Richt. 2, 19. Gedenke, wovon du gefallen bist, Offenb. 2, 5. (d) Im gemeinen Leben wird dieses Wort auch oft von Thieren für laufen, fliegen, springen gebraucht. Die Vögel fallen auf das Aas. Bey den Jägern fallen die Falken in ein fremdes Land, wenn sie sich verirren. Das Wildbret fällt über den Graben, wenn es darüber springet. Der Hirsch fällt über den Zeug, wenn er darüber setzt. Die Sau fällt in den Zeug, wenn du hinein läufst. Zu Baume fallen, wird bey den Jägern von den Birk- und Haselhühnern gesagt, wenn sie auf die Bäume fliegen. 3. In sehr vielen Fällen ist der Begriff des Unerwarteten der herrschende, und da wird dieses Zeitwort häufig, 1) von unwillkührlichen Handlungen oder Veränderungen lebendiger Körper gebraucht. (a) Von solchen Veränderungen, welche ihnen wider ihren Willen widerfahren, wobey sich doch etwas von der Idee der Geschwindigkeit mit einschleicht; gemeiniglich mit dem Vorworte in. In eine Krankheit fallen. In Anfechtung fallen, in der biblischen Sprechart. In ein Ohnmacht, in einen tiefen Schlaf fallen; dagegen die biblische, R. A. ein tiefer Schlaf, ein großer Schrecken u. s. f. fiel aus ihn, im Hochdeutschen ungewöhnlich sind. In einem Hinterhalt, in ein gelegtes Netz fallen. In eines Ungnade fallen. In Strafe fallen, sich der Strafe schuldig machen. S. Straffällig. Dem Gerichte in die Hände fallen, sich dessen Abendung schuldig machen. Dem Arzte, einem Wucherer in die Hände fallen, dessen Hülfe benöthiget seyn. Seinen Verfolgern in die Hände fallen, in ihre Gewalt gerathen. In die Hand Gottes fallen, von Gott gezüchtiget werden. Wenn er in gute Hände fällt,(gute Anleitung bekommt) so kann was aus ihm werden. O, fallen sie nicht wieder in ihre alte Schwermuth, Cron. Durch trocknen Witz und öftere Wiederhohlungen fällt man oft in das Abgeschmackte. Unter die Morder fallen. (b) Von Gedanken, welche ohne deutliches Bewußtseyn entstehen oder zu entstehen scheinen; mit dem Vorworte auf. Wie können sie doch auf die Gedanken fallen? Wie fallen sie auf mich? wie muthmaßen sie auf mich? Ich bin auf ihn gefallen, argwohne, muthmaße auf ihn. Wie sind sie auf dieses Wort gefallen? Ich kann nicht wieder darauf fallen, ich kann mich nicht darauf besinnen. Ich würde vielleicht selbst darauf gefallen sey, Gell. Er fiel dann und wann auf ganz artige Töne. S. auch Einfallen. 2) Von leblosen Dingen, welche von vorher gegangene Erwartung, wenigstens ohne unsere Mitwirkung, geschehen. Es ist mir von ungefähr ein Buch in die Hände gefallen, welches ich noch nicht gesehen habe. Ein Zufall ließ diese Schrift in meine Hände fallen. Als ich mich nach dir umsah, fiel mir dein Bruder in die Augen. Das Gut ist an seinem Bruder gefallen, durch Erbschaft. Das Loos fiel auf ihn. Wie das Loos fallen wird. Die Wahl ist auf ihn gefallen; Die Sache ist ganz anders gefallen; wo doch ausfallen üblicher ist. Das Nieders. fallen und das Schwed. falla bedeuten gleichfalls geschehen, sich zu tragen, accidere. S. auch Vorfallen. 4. In einigen Fällen verschwinden die bisher angezeigten Begriffe, wenigstens bleibt es dunkel, welcher vor andern der herrschende ist; und da bedeutet dieses Zeitwort, 1) Sichtbar werden. (a) Von Lichtstrahlen. Das Licht fällt von der linken Seite herein. Es fällt wenig Licht durch dieses Fenster. Wenn Schrägere Strahlen der Sonne auf diese Ebene fallen, Dusch. Auch von den Gegenständen, welche vermittelst des Lichtes empfunden werden, doch mit einigen Nebenwärtern, welche die Art und Weise der Empfindung bezeichnen. Das fällt gut in die Augen. Wer nicht sehr ins Auge fällt, Den beneidet nicht die Welt, Weiße. Auch wohl elliptisch, das fällt in die Augen, hat ein gutes Ansehen. Auf diesen Gebrauch gründet sich ohne Zweifel die Bedeutung der Wörter gefallen und mißfallen. (b) Auch von andern Dingen, für kommen, gerathen. Die Sache ist mir ganz aus dem Gedächtnisse gefallen; wo doch entfallen anständiger ist. Der Argwohn fällt auf ihn. Endlich wird alle Schuld auf dich fallen. Deine Liebe ist auf einen unwürdigen Gegenstand gefallen. Lassen sie das Verbrechen eines einzigen nicht auf unser ganzes Geschlecht fallen, Gell. Lassen sie nicht unser ganzes Geschlecht dafür büßen. Das Fest fällt auf einen Sonntag. Die Messe fällt in den Winter, in den Aprill. Die Einkünfte, die von diesem Gute fallen (einkommen), sind beträchtlich. S. Gefalle. 2) Seyn, doch nur in einigen bereits eingeführten Ausdrücken. Dieser Verlust fällt mir ungemein empfindlich. Du würdest mir damit nur hinderlich fallen. Nichts fiel ihr zu bekennen schwer, Rost. Wenn mir nur das Reden nicht so beschwerlich fiele, Gell. Einem mit etwas beschwerlich, lästig fallen. Einem zur Last fallen, beschwerlich seyn oder werden. Der Beweis wird mir sehr leicht fallen. Es fällt mir unmöglich, dir jetzt zu dienen. An Höfen fällt es schwer, das Alter zu erreichen, Haged. 3) Geboren, gezeuget werden; doch nur von größern Thieren, und alle Mahl mit einem oder dem andern Beysatze. Von schönen Pferden fallen schöne Füllen. Ein Hund, der von einem Pudel und einer Schweißhündinn gefallen ist. Wo der Hase fällt, da ist er, am liebsten. Das Schwed. falla hat diese Bedeutung gleichfalls.

Anm. Das Hauptwort die Fallung wird nicht gebraucht, weil Fall dessen Stelle schon vertritt. Dieses alte Zeitwort lautet im Nieders. gleichfalls fallen, im Schwed. falla, im Dän. falde, im Angels. feallan, im Engl. to fall, im mittleren Lat. falliare, und im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - oder - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . In einigen Oberdeutschen Gegenden verbindet man es mit dem Hülfsworte haben. Denn ich hab nun gefallen schon, Theuerd. S. auch Fehlen.


Fällen (W3) [Adelung]


Fällen, verb. reg. welches das Activum des vorigen ist, fallen machen, und in verschiedenen Bedeutungen gefunden wird. 1. In der eigentlichen und weitern Bedeutung. 1) Umhauen. Holz fällen, stehende Bäume umhauen. Einen Baum fällen. 2) * Einreißen, von Mauern und Gebäuden; ein nur im Oberdeutschen üblicher Gebrauch. Die Mauern fällen. Sie haben die Thürme zu Boden gefället, Bluntschli. 3) Zu Boden fallen machen. Den Anker fällen, ihn auswerfen, in der Schifffahrt. In der Chymie wird ein in einem flüssigen Körper aufgelöseter fester Körper gefället, wenn man ihn vermittelst eines dritten zu Boden fallen macht, welches auch niederschlagen genannt wird. 4) Werfen, doch nur im Oberdeutschen. Heimlich hett. Unfalo bestelt Ein pawren, der do herab felt. Etlich stein auf den edlen Held, Theuerd. Kap. 55. 5) Einen Schacht fällen, im Bergbaue ihn tiefer machen, welches auch sinken genannt wird. 6) Wasser fällen, auch nur im Bergbaue, sie gewältigen, sie wegschaffen. 7) Eine Perpendicular-Linie fällen, nach unten zu ziehen, in der Geometrie. 2. Figürlich. 1) Durch ein Geschoß tödten. Sie spannen ihren Bogen, daß sie fällen den Elenden und Armen, Pf. 37, 14. Mein Diener liegt schon durch gleichen Schuß gefällt, Gell. In dieser Bedeutung ist es nur noch in der höhern Schreibart und bey den Jägern üblich. Die letztern gebrauchen dieses Wort von Thieren, welche durch einen Schuß oder Fang erleget werden. 2) * Zu Grunde richten; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, welche aber noch im Oberdeutschen vorkommt. Er sucht mich zu fällen. Sein Anschlag wird ihn fällen, Hiob 18, 7. Ihre eigene Zunge wird sie fällen, daß ihr spotten wird, wer sie siehet, Pf. 64, 9. 3) * Aufhören machen, stillen; ein im Hochdeutschen ungewöhnlicher Gebrauch. Du kannst der Völker Toben fällen. Wie stürmig sie auch sind, Opitz. 4) Ein Urtheil fällen, aussprechen. Das Urtheil ist noch nicht gefället. Ich kann hierüber kein Urtheil fällen. Im Oberdeutschen ist auch verfällen für verurtheilen üblich. 5) Vererben, in den Rechten, besonders Oberdeutschlandes. Die von ihrem Vater auf sie gefälleten Güter. S. auch Verfällen. 6) In Niedersachsen bedeutet, die Zähne fällen, von Pferden, dem Rindviehe, auch wohl von Kindern, die Zähne wechseln, die Zähne ausfallen lassen und neue bekommen. So auch die Fällung. Anm. Dieses Activum lautet bey dem Notker so wohl fallan als fellan, bey dem Ottfried fallan, im Schwed. faella, im Engl. to fell, und im Holländ. velden und vellen.


Fallendung (W3) [Adelung]


Die Fallendung, plur. die -en, S. Fall. Anm.


Fallenohr (W3) [Adelung]


Das Fallenohr, des -es, plur. die -en, S. Falle 2.


Fallfertig (W3) [Adelung]


Fallfertig, adj. et adv. im Begriffe zu fallen; ein nur im Oberdeutschen übliches Wort, welches aber auch im Hochdeutschen eingeführet zu werden verdienet.


Fallgatter (W3) [Adelung]


Das Fallgatter, des -s, plur. ut nom. sing. ein starkes Gatter mitten in den Thoren, welches man herunter fallen lässet, wenn sich der Feind des Thores bemächtigen will; eine veraltete Art der Vertheidigung, welche auch ein Fallthor, ein Schutzgatter genannt wird.


Fallgeld (W3) [Adelung]


Das Fallgeld, des -es, plur. von mehrern Geldsummen die -er, an einigen Orten das Lehngeld, weil es entrichtet wird, wenn ein Leben zu Falle kommt, d. i. dem Lehensherren anheim fallen sollte.


Fallgranate (W3) [Adelung]


Die Fallgranate, plur. die -n, in der Feuerwerkerkunst, eine Granate, welche man an einer Linie fallen lässet, und welche gemeiniglich auf dem Walle bey Stürmen gebraucht wird; eine Legegranate.


Fallgut (W3) [Adelung]


Das Fallgut, des -es, plur. die -güter, ein Gut, welches bey jedem Todesfalle dem Herren wieder anheim fällt; Falllehen, Schupflehen, bona caduca, dergleichen Güter in Schwaben sehr häufig sind.


Fallhaus (W3) [Adelung]


Das Fallhaus, des -es, plur. die -häuser, im Oberdeutschen, das Haus eines Abdeckers, wo er die Häute und den Kern von dem gefallenen Viehe verwahret. S. Fallmeister.


Fallhuth (W3) [Adelung]


Der Fallhuth, des -es, plur. die -hüthe, ein ausgestopfter Bund, welcher kleinen Kindern um die Stirn befestiget wird, damit sie selbige im Fallen nicht verletzen; eine Fallmütze, im Oberd. Hauptring, Bausch, Niedersächs. Fallhoot, in Preußen eine Butzmütze.


Fällig (W3) [Adelung]


Fällig, adj. et adv. was im Begriffe ist zu fallen, doch nur ist figürlicher Bedeutung und im gemeinen Leben, von Geldsummen, Abgaben u. s. f. deren bestimmte Zahlungszeit vorhanden ist, zahlbar. Das Geld ist noch nicht fällig. Fällige Zinsen. Ein fälliger Wechsel. Wofür auch gefällig üblich ist. In den zusammen gesetzten baufällig, fußfällig, sachfällig, straffällig, gefällig, mißfällig u. s. f. hat dieses Wort mehrere Bedeutungen des Zeitwortes fallen aufbehalten.


Falliment (W3) [Adelung]


Das Falliment, des -es, plur. die -e, aus dem Ital. Fallimento, im gemeinen Leben, die Unvermögenheit eines Kaufmannes seine Schulden zu bezahlen, und dessen Ausbruch; der Bankerott. So auch Falliren; verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bankerott werden, Ital. fallire; der Fallit, des -en, plur. die -en, ein bankrotter Kaufmann, Ital. Fallito, im mittlern Lat. Fallitus.


Fällkessel (W3) [Adelung]


Der Fällkessel, des -s, plur. ut nom. sing. im Hüttenbaue, ein Kessel, in welchem die in einem flüssigen Körper aufgelöseten Erze oder Mineralien gefället, d. i. niedergeschlagen werden.


Fallklappe (W3) [Adelung]


Die Fallklappe, plur. die -n, eine Klappe, welche unter gewissen Umständen niederfällt; dergleichen die Klappen über den Wolfsgruben sind.


Falllehen (W3) [Adelung]


Das Falllehen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fallgut.


Fallmeister (W3) [Adelung]


Der Fallmeister, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Oberdeutschen Gegenden, eine anständige Benennung des Abdeckers, weil er nur mit gefallenen Thieren umgehet; die Fallhütte, dessen Wohnung.


Fallmütze (W3) [Adelung]


Die Fallmütze, plur. die -n, S. Fallhuth.


Fallnetz (W3) [Adelung]


Das Fallnetz, des -es, plur. die -e, im Jagdwesen, ein Netz, welches aufgestellet wird, und bey der geringsten Berührung niederfällt, und das Thier fängt; ein Schlagnetz.


Fallpfahl (W3) [Adelung]


Der Fallpfahl, des -es, plur. die -pfähle, S. Fallbaum.


Fallreif (W3) [Adelung]


Der Fallreif, des -es, plur. die -e, S. Falltan.


Falls (W3) [Adelung]


Falls, ein nur im gemeinen Leben übliches Nebenwort, für im Falle, wenn. Falls es nothwendig ist. Falls ich ihn nicht sehen sollte. In der ernsthaften Dichtkunst thut es gewiß die schlechteste Wirkung. Erwache schöne Schläferinn, Falls dieser Kuß nicht zu bestrafen, Haged.


Fallsack (W3) [Adelung]


Der Fallsack, des -es, plur. die -säcke, in der Fischerey, ein großer mit langen Wänden versehener Garnsack, mit welchem man einen großen Bach oder mäßigen Fluß überspannet, und auf welchen man mit Hamen und Watten zufischet.


Fällsilber (W3) [Adelung]


Das Fällsilber, des -s, plur. inus. außer von mehrern Quantitäten dieser Art, ut nom. Sing. im Hüttenbaue, Silber, welches man nach vorher gegangener Auflösung gefället, d. i. niedergeschlagen hat.


Fallstrick (W3) [Adelung]


Der Fallstrick, des -es, plur. die -e, ein aus Stricken bestehendes Werkzeug, wilde Thiere darein zu fangen, eine Schlinge, Netz; doch am häufigsten in figürlicher Bedeutung, eine jede hinterlistige Nachstellung. Seinem Feinde einen Fallstrick legen. Er ist in den gelegenen Fallstrick gerathen. S. auch Strick.


Fallsucht (W3) [Adelung]


Die Fallsucht, plur. car. S. Fallen I. 3.


Falltau (W3) [Adelung]


Das Falltau, des -es, plur. die -e, an den Schiffen, ein mit Knoten versehenes Tau an der Treppe, woran man sich im Auf- und Absteigen hält, damit man nicht falle; ein Fallreif.


Fallthor (W3) [Adelung]


Das Fallthor, des -es, plur. die -e, S. Fallgatter.


Fallthür (W3) [Adelung]


Die Fallthür, plur. die -en, eine hangende Thür, welche unter gewissen Umständen niederfällt; im gemeinen Leben, besonders wenn sie klein ist, eine Klappe. Die Fallthür über einem Keller. Diminut. das Fallthürlein, Fallthürchen. S. Falle 1.


Falltuch (W3) [Adelung]


Das Falltuch, des -es, plur. die -tücher, in dem Jagdwesen, ein jedes Tuch, welches man aufheben oder niederlassen kann, damit das Wildbret, wenn es nöthig ist, hindurch gehen könne; ein Hebetuch, Schnapptuch, Schnappe.


Fallwildbret (W3) [Adelung]


Das Fallwildbret, des -es, plur. inus. bey den Jägern, Wildbret, welches todt gefunden wird, lahm ist, oder sonst einen beträchtlichen Fehler hat, und auch nur schlechthin Fall genannt wird.


Fals (W3) [Adelung]


Fals, S. Falz.


Falsch (W3) [Adelung]


Falsch, -er, -este, adj. et adv. was nicht dasjenige ist, was es zu seyn scheinet, oder was es seyn sollte. 1. Was nicht dasjenige ist, was es zu seyn scheinet, folglich auch nicht die Güte des wahren hat. 1) Unecht, nachgemacht. Falsches Gold, falsches Silber, welches aus Composition bestehet und den äußern Schein des Goldes und Silbers hat. Falsche Treffen, welche aus solchem Metalle verfertiget worden. Falsche Edelsteine, falsche Diamanten, nachgemachte, im Gegensatze der echten. Falsche Korallen. Auch im sittlichen Verstande. Eine falsche Demuth, falsche Andacht, falsche Freude, falsche Frömmigkeit, welche nur verstellt sind. Ein falscher Freund, der sich von außen stellt, als wäre er unser Freund, es aber nicht ist. Daher bedeutet in der Deutschen Bibel ein Falscher oft einen Heuchler, welches aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. 2) Besonders, wenn diese unechte Beschaffenheit zum Schaden anderer gereicht, betrüglich. Ein falsches (nachgemachtes) Siegel. Ein falsches (untergeschobenes) Testament. Falsche Urkunden, Briefe u. s. f. Falsche Münze, falsches Geld. Ein falscher Münzer, im gemeinen Leben, der falsches Geld münzet. Ein falscher Spieler, der betrüglich spielet. Ein falscher Weg, der uns irre führet. Ingleichen im sittlichen Verstande, sich freundschaftlich stellend, ohne es zu seyn. Ein falscher Mensch. Er ist falsch, hat ein falsches Herz. S. Falschheit. 2. Was nicht dasjenige ist, was es seyn sollte. 1) Der Wahrheit zuwider, unwahr; am häufigsten im gemeinen Leben. Es ist falsch, daß er hier gewesen ist. Eine falsche Beschuldigung, Anklage, Ursache. Eine falsche Freude, Hoffnung, Furcht, die man sich ohne gegründete Ursache gemacht hat. Ein falscher Satz, der keine Wahrheit hat. Ein falscher Schluß. Ein falsches Zeugniß ablegen. Ein falscher Eid, worin man eine Unwahrheit beschwöret. S. Meineid. Falsch schwören. Ein falsches Vorgeben. Ein falscher Argwohn. Falsche Götter. Ein falscher Gottesdienst, der sich auf unwahre Lehren gründet. Falsche Propheten, Apostel u. s. f. 2) Den Regeln der Kunst zuwider. Ein Wort falsch aussprechen. Ein falsches Komma machen, wohin es nicht gehöret. Von welchem Leipzig nie ein falsches Wort gehört, Kost. Falsch singen. Ein falscher Ton. Ein falsch gedrucktes Wort. Ein falscher Schritt, im Tanzen; ein falscher Stoß, im Fechten. Ein falsches Licht, in einem Gemählde, wenn es nicht nach den Regeln der Kunst vertheilet ist. Ein Gemählde hänget in einem falschen Lichte, wenn das natürliche Licht nicht von der Seite kommt, von welcher das künstliche zu kommen scheinet. 3) Was nicht die gehörige innere Güte hat. Falsche Waage, falsches Maß, falsches Gewicht, falsche Farben, welche entweder nicht beständig sind, oder doch den Zeug zerfressen. Falsche Waare. 4) * Den göttlichen Gesetzen zuwider, unrecht; ein im Hochdeutschen unbekannter Gebrauch, der indessen doch oft in der Deutschen Bibel vorkommt, für böse, lasterhaft, wo auch das Falsche für Unrecht, und ein Falscher für einen Lasterhaften gebraucht wird. 5) Im Niedersächs. Kommt dieses Wort noch in einer besonderen Bedeutung vor, wo es, doch nur in der Adverbialform, so viel als böse, empfindlich, ist. Jemanden falsch machen. Über etwas falsch werden.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. falsk, im Schwed. falsk, im Isländ. falskur, im Engl. false, im Wallis. ffals, im Irländ. falsa, im Franz. faux. im Latein. falsus. Dieses letztere scheinet freylich die nächste Quelle dieses Wortes zu seyn; allein, wenn man weiter gehet, so wird man den wahren Stamm vermuthlich in dem Worte fehlen und dessen Geschlechte antreffen.


Falsch (W3) [Adelung]


Das oder der Falsch, des -es, plur. car. 1) Mangel, Fehler, im gemeinen Leben Obersachsens, wo dieses Wort zugleich männlichen Geschlechtes ist. Man hat keinen Falsch oder Verdacht an den Schafen gefunden. 2) Unwahrheit, Betrug. In des Geist kein Falsch ist, Pf. 32, 2. Sein Mund ist voll Fluchens, Falsches und Trugs, Pf. 10, 7. Ohne Falsch, wie die Tauben, Matth. 10, 16. In welchem kein Falsch ist. Joh. 1, 47. Ohne Falsch handeln. Du hast dich ihm getreu und ohne Falsch bewiesen, Schleg. Im Hochdeutschen ist dieses Wort größten Theils veraltet, und wenn man es ja noch gebraucht, so gebraucht man es doch nur ohne Artikel und mit dem Vorworte ohne. In dem Augsburgischen Stadtrechte aus dem 13ten Jahrhunderte kommt der Falsch schon für Betrug vor. Auch im Schwed. ist Fals falsitas.


Fälschen (W3) [Adelung]


Fälschen, verb. reg. act. falsch machen. 1) * Die Wahrheit, Richtigkeit, innere Güte einer Sache böslich vermindern; ein im Hochdeutschen veraltetes Zeitwort, wofür wir uns jetzt des zusammen gesetzten verfälschen bedienen. Die Wage fälschen, Amos 8, 5. Gottes Wort fälschen, 2 Cor. 4, 2. Im Oberdeutschen sagt man aber noch, Briefe, Urkunden, eine Waare, ein Testament, den Text fälschen. Es (das Herz) fälscht der Sinne Klarheit, Hall. 2) Einer Sache aus betrüglicher Absicht ein besseres Ansehen geben, als sie hat, im gemeinen Leben. Eine Waare fälschen. Die Fleischer fälschen das Fleisch, wenn sie es aufblasen. So auch die Fälschung.

Anm. Schon bey dem Notker lautet dieses Wort gefelscen. Im Schwedischen ist falsa betriegen. Im Schwabenspiegel bedeutet velschen einer Unwahrheit überführen.


Fälscher (W3) [Adelung]


Der Fälscher, des -s, plur. ut nom. sing. ein im Hochdeutschen eben so ungewöhnliches Wort, für Verfälscher. Doch kommt es noch zuweilen in den Zusammensetzungen Münzfälscher, Testamentsfälscher u. s. f. vor.


Falschgläubig (W3) [Adelung]


Falschgläubig, adj. et adv. in einigen Stücken von dem wahren, aber als wahr angenommenen Lehrbegriffe in der Religion abweichend; irrgläubig, heterodox.


Falschheit (W3) [Adelung]


Die Falschheit, plur. die -en, von dem Worte falsch, doch nur in dessen sittlichem Gebrauch, die Eigenschaft da man freundschaftlicher redet und sich stellet, als man es meinet; ohne Plural, und dergleichen Handlungen mit demselben, im Gegensatze der Aufrichtigkeit und Redlichkeit. Er ist voller Falschheit und Tücke. Er suchte mich vergebens durch seine Falschheit zu hintergehen. Im Schwed. Falskhet, im Böhm. Faless und Falsse, im Pohln. Falsz.


Fälschlich (W3) [Adelung]


Fälschlich, adj. et adv. auf eine falsche Art, doch nur in einigen Bedeutungen dieses Wortes. 1) Mit Unwahrheit. Er behauptete fälschlich, daß u. s. f. Ein fälschliches Vorgeben. Ich bin fälschlich angeklaget, beschuldiget worden. 2) Betrüglich, unter einem freundschaftlichen Scheine. Fälschlich mit seinem Freunde umgehen, handeln. Ihr sollt nicht lügen noch fälschlich handeln einer mit dem andern, 3, Mos. 19, 11. In dieser zweyten Bedeutung wird es im Hochdeutschen wenig mehr gebraucht; etwas häufiger kommt es in der ersten vor, wo es zugleich den harten Begriff des Wortes falsch ein wenig mildert.


Falschnagel (W3) [Adelung]


Der Falschnagel, des -s, plur. die -nägel, bey verschiedenen Metallarbeitern, ein verlornes Niet, ein falsches Niet.


Falsen (W3) [Adelung]


Falsen, S. Falzen.


Falsett (W3) [Adelung]


Das Falsett, des -es, plur. die -e, oder die Falsettstimme, plur. die -n, aus dem Ital. Falsetto, in der Musik. 1) Was über eines jeden Blase-Instrumentes ordentliche Höhe oder Tiefe heraus gebracht wird. Besonders, 2) bey erwachsenen Sängern, wenn sie anstatt ihrer ordentlichen Baß- oder Tenorstimme den Alt oder Discant erzwingen. S. Fistel.


-falt (W3) [Adelung]


-falt, S. -Fältig.


Falte (W3) [Adelung]


Die Falte, plur. die -n, Dimin. das Fältchen, Oberd. das Fältlein, zusammen gelegte Theile eines biegsamen Körpers, und die Spur dieser Zusammenlegung. Die Falten im Papiere, in einem Zeuge. Einen Brief, Manschetten in Falten legen. Die Falten ausplätten, ausbügeln. Die Falten in der Haut, Runzeln, wegen einiger Ähnlichkeit. In weiterer Bedeutung werden an den Kleidungsstücken auch die aufgeschwollenen Theile eines Gewandes, welche der weite Umfang des Zeuges macht, Falten genannt. Figürlich, die Falten des Herzens, verborgene, geheime Neigungen. Hätte ihnen doch ihr edelmüthiges Herz eher erlaubt, die Falten des seinigen zu durchschauen! Hohel. 7, 5. Kommen auch Haare in Falten gebunden vor, welcher Gebrauch aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist.

Anm. Falte, Angels. Fealde, Engl. Fold, Schwed. Fall, Pohln. und Böhm. Fald, im mittlern Lat. Faltus, im Span. Falta, im Ital. Falda, im Holl. Voude, soll, dem Wachter und Ihre zu Folge, von dem Lat. plica und -plex, und dem Griech. - - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - abstammen. Es stehet dahin, ob nicht der wahre Stamm in fallen oder zu fehlen zu suchen ist. Das Nieders. Ploje kommt dem Lat. plica näher. übrigens heißen die Falten in einem Kleide im Nieders. Flunken, unförmliche Falten aber im Papiere, Zeuge u. s. f. Krunkeln oder Fissen. Ehedem bedeutete dieses Wort auch ein Fach, ingleichen eine Hürde, vermuthlich weil man sie zusammen zu legen pfleget. S. das mittlere Latein. Falda und Faldare. In andern Umständen lautet dieses Wort Falz, w. s.


Fälteln (W3) [Adelung]


Fälteln, verb. reg. act. in kleine Falten legen. Manschetten, Halskrausen fälteln.


Falten (W3) [Adelung]


Falten, verb. reg. act. in Falten legen. Einen Brief falten, zusammen falten. Manschetten falten. Die Manschetten falten sich nicht gut. Die Stirn falten, Runzeln ziehen. In etwas weiterer Bedeutung faltet man die Hände, wenn man sie zum Gebethe zusammen leget. Sie werden mit gefaltenen Händen mir vom Himmel sein Glück erbitten helfen. Die fromme Hand, die sich zur Andacht faltet, Haged. Daher dieser Ausdruck in der höhern Schreibart oft zur Bezeichnung der gottesdienstlichen Anbethung dienet. Sage ihm, daß diese ohnmächtigen Hände sich für ihn zum letzten Mahle falten. Die tiefe Bewunderung faltete heilige Hände vor ihm, Sonnenf. Doch ich seh auch christliche Hände zum Himmel sich falten, Zach. So auch die Faltung, wofür aber das Falten üblicher ist. Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. folden, folen, im Dän. folte, im Schwed. falla, im Engl. to fold, im Angels. fealdan, im Holl. vouden, im Ital. infaldare, im mittlern. Lat. faldare, bey dem Kero schon faldan und bey dem Ottfr. faltan. Ehedem wurde es irregulär abgewandelt, ich sielt u. s. f. wovon noch das Mittelwort gefalten übrig ist, wofür man aber im Hochdeutschen eben so oft auch gefaltet sagt. Bey den Buchbindern lautet dieses Wort falzen, w. s. Im Oberdeutschen faltet man auch die Füße, wenn man sie im Sitzen über einander legt. Einem oder vor einem die Hände falten, war ehedem auch ein allgemeiner Ausdruck der Hochachtung, besonders unter Verliebten. Wil si ich tuon ir mannes recht Mine hende valde ich ir, Hr. Burkh. von Hohenfels. Swer min daran schone mit trouwen, Dem falde ich mine hende, Hr. Heinr. von Veldig. Min hende ich valde Mit truiwen al gernde uf ir fuesse, ebend.


Faltenmagen (W3) [Adelung]


Der Faltenmagen, des -s, plur. ut nom. sing. der dritte Magen des wiederkäuenden Thiere, der mit vielen Falten versehen ist, und auch der Blättermagen heißt; S. dieses Wort.


Faltenschwamm (W3) [Adelung]


Der Faltenschwamm, des -es, plur. die -schwämme, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, ein Schwamm mit einem irregulären aufgestülpten und zugespitzten Hute, welcher oben und unten eben, übrigens aber faltig ist; Heluella, L.


Faltentuch (W3) [Adelung]


Das Faltentuch, des -es, plur. die -tücher, ein zartes, baumwollenes Gewebe, welches aus kleinen an einander hängenden Fallen bestehet, und zum Putze gebraucht wird.


Falter (W3) [Adelung]


Der Falter, des -s, plur. ut nom. sing. eine allgemeine Benennung aller mit vier Flügeln versehenen Insecten, deren Flügel sich auf mancherley Art zusammen falten, und insgesammt mit einer gefärbten Staube bedeckt sind; Lepidoptera, L. besonders diejenigen dieses Geschlechtes, welche er Papiliones nennet. Im gemeinen Leben kommt diese Benennung nur selten vor, weil die Nahmen Schmetterling, Sommervogel u. s. f. gewöhnlicher sind. S. Zweyfalter, Fächerfalter, Tagefalter, Nachtfalter u. s. f.


Faltig (W3) [Adelung]


Faltig, adj. et adv. Falten habend, mit Falten versehen. Ein faltiges Gewand. Ein faltiges Tuch. Falticht würde bloß Falten ähnlich bedeuten. - Fältig, in einigen wenigen Fällen -faltig, das vorige Wort, welches mit allen bestimmten und einigen unbestimmten Zahlwörtern zusammen gesetzet wird. Es bildet alsdann, 1) Wiederhohlungszahlen, wie -fach, anzudeuten, daß eine Sache so oft zusammen gelegt, genommen oder wiederhohlt werden soll, als es das vorstehende Wort erfordert. Eine dreyfältige Schnur, Pred. 4, 12. Mit bestimmten Zahlwörtern ist es in dieser Bedeutung im Hochdeutschen wenig mehr üblich, weil -fach dafür gebraucht wird; üblicher ist es in vielfältig und mannigfaltig, wie auch in dem figürlichen einfältig, wie auch in dem, obgleich sehr ungeschickten, dreyfaltig, von dem göttlichen Wesen gebraucht. 2) Verhältnißzahlen, ein geometrisches Verhältniß zu bezeichnen, in welcher Bedeutung -fach nicht üblich ist. Zehnfältige, hundertfältige Früchte bringen, zehn Mahl, hundert Mahl so viel, als man ausgesäet hat.

Anm. dieses Wort ist in Gesellschaft der Zahlwörter schon alt, denn sibun falta, thrifaldu, thrizug falto und zehenzug falto kommen schon bey dem Kero, im Isidor und Tatian vor. Das ä ist der herrschende Vocal, nur im dreyfältig, wenn es von dem göttlichen Wesen gebraucht wird, und in mannigfaltig behält es das a. Im Oberdeutschen ist dafür noch -falt üblich, zweyfalt, dreyfalt, mannigfalt u. s. f. welches aber im Hochdeutschen veraltet ist.


Falz (W3) [Adelung]


1. Die Falz, plur. car. die Begattung der größern Vögel, S. Bälz.


Falz (W3) [Adelung]


2. Der Falz, des -es, plur. die -e, auch häufig Fälze, Dimin. das Fälzchen, Oberd. Fälzlein, ein Wort, welches mit Falte einerley Ursprung und Bedeutung hat, aber nur in einigen besondern Fällen gebraucht wird. 1) Eine regelmäßige Falte in dem Papiere bey den Buchbindern. Hinten an dem Bogen, wo der Falz ist. Eben dieselben gebrauchen es auch von den zusammen gelegten langen schmalen Stücken Papier, welche in einem Buche mit eingeheftet werden, Landkarten und Tabellen, welche nicht mit geheftet werden können, daran aufzukleistern. 2) Bey den Riemern und Gärbern ist der Falz der umgelegte Theil an dem Falzmesser und Falzeisen, von welchem umgebogenen Theile diese Werkzeug und die bey ihnen übliche Verrichtung des Falzens den Nahmen zu haben scheinen, obgleich Frisch solchen von Fell herleitet. Einen Falz schleifen oder legen. Die Kupferschmiede machen an den Theilen, die sie mit einander verbinden wollen, gleichfalls einen Falz. S. Falzamboß. 3) Eine Rinne, Hohlkehle, Fuge. Die Falze an den Säulen, welche bey manchen Säulen längs dem Schafte angebracht werden, wo auch das weibliche Geschlecht die Falze üblich ist, stria. Bey den Buchbindern, der Ort an einem Buche, wo die Deckel angesetzet werden. Ein Buch mit einem tiefen Falze. Der Falz, d. i. die Rinne, Hohlkehle, an einem Büchsenschafte, wo dieses Wort von einigen Mundarten gleichfalls die Falze lautet. Auch die Tischler haben Falze oder Falzen, d. i. Fugen, oder Rinnen, zwey Breter an einander zu fügen. 4) Die abgestoßene oder verdünnte Ecke, bey verschiedenen Holzarbeitern, um dieses Stück dadurch an ein anderes zu fügen. Auch die Buchbinder stoßen einen Falz an diejenigen Breter, welche zu Deckeln eines Buches bestimmt sind, damit sie gehörig in den Falz des Buches passen. S. Falte.


Falzamboß (W3) [Adelung]


Der Falzamboß, des -es, plur. die -e, bey den Kupferschmieden, ein Amboß, zwey Stücke Kupfer an einander zu falzen. S. 2 Falz 2.


Falzbank (W3) [Adelung]


Die Falzbank, plur. die -bänke, bey den Zimmerleuten und Tischlern, eine Bank, worauf die Breter befestiget werden, welchen man vermittelst des Falzhobels einen Falz geben will.


Falzbein (W3) [Adelung]


Das Falzbein, des -es, plur. die -e, ein breites, dünnes, glatt geschliffenes Werkzeug von Knochen, Papier damit zu falzen, und den Falz glatt zu streichen, besonders bey den Buchbindern.


Falzbock (W3) [Adelung]


Der Falzbock, des -es, plur. die -böcke, ein Bock, d. i. hölzernes Gestelle der Gärber, das lohgare Leder darauf zu falzen.


Falzbret (W3) [Adelung]


Das Falzbret, des -es, plur. die -er, bey den Buchbindern, ein Bret, die Bogen eines Buches darauf zu falzen.


Falzeisen (W3) [Adelung]


Das Falzeisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Lohgärbern, eine gerade breite Klinge, deren Schneide umgeleget worden, das untaugliche Fleisch von den Häuten zu schaben, S. Falzen; auch das Gärbereisen, das Falzmesser.


Falzen (W3) [Adelung]


1. Falzen, verb. reg. neutr. sich begatten, S. Balzen.


Falzen (W3) [Adelung]


2. Falzen, verb. reg. act. 1) Eigentlich, umlegen, in Falten oder Falze legen. So falzen die Buchbinder die Bogen eines Buches, wenn sie selbige auf regelmäßige Art zusammen legen und den Bruch oder Falz glatt streichen. Einen Brief falzen, zusammen legen. 2) Durch Umlegung der äußern Theile zusammen fügen, auf welche Art die Kupferschmiede ihre Arbeiten falzen. 3) Mit Falzen, d. i. Fugen, oder Hohlkehlen, Rinnen, versehen, bey verschiedenen Holzarbeitern, so wohl zwey Stöcke dadurch zusammen zu fügen, als auch zur Zierde. 4) Mit dem Falzeisen oder Falzmesser bestoßen, bey verschiedenen Lederarbeitern. Eine Haut falzen, die Haare oder das noch übrige Fleisch wegzuschaffen.

Anm. Das Hauptwort die Falzung kommt wenig vor. Im Schwed. lautet dieses Wort gleichfalls faltsa. S. Falten.


Falzhaken (W3) [Adelung]


Der Falzhaken, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Drechslern, ein Haken, dessen sie sich bedienen, Sachen von innen auszudrehen.


Falzhammer (W3) [Adelung]


Der Falzhammer, des -s, plur. die -hämmer, bey den Kupferschmieden, ein Hammer, kupferne Geschirre damit zu falzen. S. 2 Falzen.


Falzhobel (W3) [Adelung]


Der Falzhobel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Holzarbeitern, ein Hobel, Falze, d. i. Rinnen, Hohlkehlen damit zu verfertigen.


Falzicht (W3) [Adelung]


Falzicht, adj. et adv. einem Falze ähnlich; Falzig, Falze habend, in allen Bedeutungen des Hauptwortes.


Falzmesser (W3) [Adelung]


Das Falzmesser, des -s, plur. ut nom. sing. S. Falzeisen.


Familie (W3) [Adelung]


Die Familie, (viersylbig,) plur. die -n, aus dem Latein. familia, und Franz. Famille. 1. Personen, welche eine häusliche Gesellschaft ausmachen, Eheleute und ihre Kinder, als ein Collectivum. In diesem Hause wohnen sechs Familien. Im gemeinen Leben oft auch für die Kinder allein. Eine starke Familie haben, viele Kinder. Wie stark ist ihre Familie? in der gezierten Sprechart, wie viel Familie haben sie? Zuweilen begreift man unter diesem Ausdrucke auch das Gesinde. 2) In weiterer Bedeutung, ein ganzes Geschlecht mit allen Schwägern und Seitenverwandten. Eine berühmte, angesehene Familie. Diese Familie ist längst ausgestorben. 3) In noch weiterer Bedeutung, gewisse bürgerliche Gesellschaften, welche unter eine größere, wie die Gattung unter das Geschlecht gehören. So sind die Grobschmiede, Kleinschmiede, Messerschmiede und Zeugschmiede, Familien der Schmiede.

Anm. Ehe dieses Wort aus fremden Sprachen entlehnet wurde, gebrauchte man in der Oberdeutschen Mundart dafür Githigine, Hiuuiske, Haushab, Husche. Haeskap ist noch im Schwedischen üblich. S. Haus, Geschlecht.


Familien-Begräbniß (W3) [Adelung]


Das Familien-Begräbniß, des -sses, plur. die -sse. 1) Eine jede einer Familie oder einem Geschlechte gehörige Begräbnißstätte. 2) In engerer Bedeutung, eine solche nur den männlichen Nachkommen, wie ein Lehen, gehörige Begräbnißstätte; zum Unterschiede von einem Erbbegräbnisse, welches den Nachkommen beyderley Geschlechtes als ein Allodium gehöret.


Familien-Geräth (W3) [Adelung]


Das Familien-Geräth, des -es, plur. inus. Geräth, welches einer gesammten Familie gehöret, und bey derselben bleiben muß.


Familien-Gut (W3) [Adelung]


Das Familien-Gut, des -es, plur. die -Güter, ein Gut, welches bey einer Familie verbleiben muß, und von derselben nicht veräußert werden darf; ein Fidei-Commiß-Gut.


Familien-Stolz (W3) [Adelung]


Der Familien-Stolz, des -es, plur. car. 1) Der Stolz auf seine Familie, deren Alter, Verdienst u. s. f. 2) Der einer Familie eigene, ihr angeerbte Stolz.


Familien-Stück (W3) [Adelung]


Das Familien-Stück, des -es, plur. die -e. 1) Ein Stück, oder Hausrath, welcher zur Ehre und zum Ansehen einer Familie bey derselben aufbehalten wird. 2) Ein Gemählde, auf welchem eine ganze Familie, oder doch der vornehmste Theil derselben abgebildet ist.


Familien-Tafel (W3) [Adelung]


Die Familien-Tafel, plur. die -n, an den Häfen, eine Tafel, d. i. Mahlzeit, an welcher nur Personen aus der Familie Theil nehmen.


Fanatisch (W3) [Adelung]


Fanatisch, adj. et adv. aus dem mittlern Lat. fanaticus, S. Schwärmer.


Fang (W3) [Adelung]


Der Fang, des -es, plur. die Fänge, von dem Verbo fangen. 1) Die Handlung des Fangens, ohne Plural. Auf den Fang ausgehen. Einen guten, schlechten Fang thun, viel oder wenig fangen. S. Häringsfang, Fischfang, Vogelfang, Lachsfang u. s. f. 2) Der Ort, wo man etwas fänget, und das Werkzeug, womit etwas gefangen wird. So werden die mit Fallthüren versehenen Gruben, wilde Thiere darein zu fangen, die mit Hamen, Reusen, Netzen u. s. f. umgebenen Stellen eines Flusses, Fische darein zu fangen, u. s. f. Fänge genannt. S. Aalfang, Bärenfang, Lachsfang, Rauchfang u. s. f. 3) Auch die Zähne eines Raubthieres, ingleichen die Klauen der Luchse und Raubvögel, führen bey den Jägern den Nahmen der Fänge, so wie sie im Englischen fangs heißen. 4) In dem Worte Wildfang, bezeichnet es die gefangene Sache, S. dieses Wort. 5) Ein Stich mit dem Hirschfänger, dem Fangeisen und Genickfänger, bey den Jägern. Einem Hirsche, einer Sau den Fang geben, sie todt stechen. S. Abfangen und Genickfang. Auch der Biß eines Hundes fähret bey den Jägern den Nahmen eines Fanges.


Fangeball (W3) [Adelung]


Der Fangeball, des -es, plur. die -bälle, ein Ball, welcher mit der bloßen Hand geworfen wird, zum Unterschiede des Schlageballes. Fangeball spielen.


Fangegeld (W3) [Adelung]


Das Fangegeld, des -es, plur. inus. 1) Dasjenige Geld, welches ein Gefangener dem Stockmeister für das An- und Ausschließen bezahlen muß; das Schließgeld. 2) Dasjenige Geld, welches ein Jäger für gefangene Raubthiere erhält.


Fangeisen (W3) [Adelung]


Das Fangeisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, 1) ein starker Spieß mit einem Knebel, wilde Schweine und Wölfe damit abzufangen, d. i. todt zu stechen; die Schweinsfeder, der Sauspieß, die Feder. 2) Ein Eisen, gewisse Thiere, z. B. Biber, Ottern u. s. f. darein zu fangen.


Fangemesser (W3) [Adelung]


Der Fangemesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein kurzer Hirschfänger ohne Bügel, welchen die Förster statt des Hirschfängers tragen.


Fangen (W3) [Adelung]


Fangen, verb. irreg. act. ich fange, du fängst, er fängt; Imperf. ich fing; Mittelwort gefangen; vermittelst Ergreifung mit der Hand in seine Gewalt bringen, am häufigsten von solchen Körpern, welche in einer schnellen Bewegung sind. 1. Eigentlich, haschen. Einen Ball fangen, wenn er im Fluge ist. Flöhe fangen. Grillen fangen, S. Grille. Der Raubvogel fängt Hafen, Vögel u. s. f. wenn er sie mit seinen Fängen oder Klauen erhaschet, und die Hunde fangen ein Thier, wenn sie es mit den Zähnen ergreifen. In weiterer Bedeutung wird fangen bey den Jägern auch von dem Beißen der Hunde überhaupt gebraucht. Der Hund fängt in das Hängeseil, wenn er hinein beißet. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. 1) Einen Fliehen- den erhaschen und in seine Gewalt bekommen. Einen Verbrecher fangen. Und fingen zween Fürsten der Midianiter, Richt. 7, 25. Aber er jagte ihnen nach und fing die zween Könige der Midianiter, Kap. 8, 12. In der edlern Schreibart ist dieser Gebrauch außer den zusammen gesetzten Zeiten veraltet, wo man Fliehende lieber gefangen nimmt oder gefangen macht; S. das Mittelwort Gefangen an seinem Orte besonders. 2) Durch Lift, und vermittelst künstlicher Werkzeuge in seine Gewalt bekommen. Vögel, Fische, Mäuse u. s. f. fangen. Mit dem Garne, mit dem Netze, mit dem Kloben, mit der Angel, mit der Schlinge fangen. Es hat sich nichts gefangen. Ingleichen figürlich. Jemanden fangen, etwas durch Worte, durch Lift von ihm heraus zu locken. Du hast dich fangen lassen. Jemanden mit seinen eigenen Worten fangen. Auch durch Schönheit, durch Reitze einnehmen, sich ergeben machen. Ihre Schönheit fing. sein Herz, Judith 16, 11. 3) Einschließen, befestigen, der Freyheit berauben; doch nur in einigen Fällen. Die Leine fangen, bey den Jägern, die Leine eines Garnes an einem Baume befestigen. Ein Ort, wo sich der Wind fänget, wo er keinen freyen Durchgang hat, sondern eingeschlossen wird; S. Windfang. Den Rauch fangen, einschließen; S. Rauchfang. Der Bergmann wird von der einschließenden Wand gefangen, wenn sie auf ihn fällt, und ihn erschlägt. 4) Erstehen bey den Jägern. Eine Sau fangen, mit dem Fangeisen. Einen Hirsch fangen, mit dem Hirschfänger. S. Abfangen. In welcher Bedeutung dieses Wort mit pungere, figere, u. s. f. verwandt zu seyn scheinet. 5) Feuer fangen, durch einen von außen kommenden Funken entzündet werden. Das Schießpulver will nicht fangen. Schwamm, Zunder fängt leicht Feuer. Ingleichen figürlich. er fängt leicht Feuer, er wird bald zornig. Wie auch, Liebe empfinden. Seitdem fing mancher Schäfer Aus Chloris Augen Feuer, Haged.

Anm. Das Hauptwort die Fangung ist nur in den Zusammensetzungen üblich. Dieses Wort lautet im Niedersächsischen gleichfalls fangen, im Angels. fengan, bey dem Notker und Isidor fangan, im Dän. fange, im Engl. to fang, im Schwed. fanga. Es ist durch eine härtere Aussprache aus dem Oberdeutschen fahen entstanden. Das Zeitwort fassen ist genau damit verwandt. Das Stammwort von allen ist noch in dem Schwed. und Isländ. fa, nehmen, empfangen, übrig. Verschiedene veraltete Bedeutungen des einfachen Zeitwortes werden noch in den zusammen gesetzten unterfangen, verfangen, umfangen u. s. f. angetroffen. Im Ital. ist Vangiuola, eine Art eines Fischnetzes. S. auch Finger. In einigen Oberdeutschen Gegenden gehet dieses Zeitwort auch regulär, du fangest, er fanget, ich fangete u. s. f. Die Schreibart des Imperfectes fieng, gründet sich, so wie in hieng und gieng, bloß auf eine veraltete Oberdeutsche Aussprache, ist aber der geschärften Hochdeutschen Aussprache völlig zuwider.


Fänger (W3) [Adelung]


Der Fänger, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas fänget, ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort. Fange deinen Fänger Richt. 5. 12. In den Zusammensetzungen Ratzenfänger Mäusefänger, Grillenfänger, Anfänger, Empfänger u. s. f. ist es üblicher. In Hirschfänger und Genickfänger bedeutet es ein Werkzeug.


Fangreuse (W3) [Adelung]


Die Fangreuse, plur. die -n, S. Legereuse.


Fangestock (W3) [Adelung]


Der Fangestock, des -es, plur. die -stöcke, eine Stange mit einem Haken der Häscher und Gerichtsknechte, das Bein eines flüchtigen Missethäters damit zu fangen.


Fangestrick (W3) [Adelung]


Der Fangestrick, des -es, plur. die -e. 1) Eine Schlinge, ingleichen ein aus Stricken bestehendes Werkzeug, Thiere darein zu fangen; eine im gemeinen Leben ungewöhnliche Bedeutung. 2) Bey den Jägern ist es eine schwache Leine, einen Hund im Nothfalle daran zu führen.


Fangetag (W3) [Adelung]


Der Fangetag, des -es, plur. die -e, der Tag an welchem man etwas fänget; doch nur in dem im gemeinen Leben üblichen Sprichworte: Es ist alle Tage Jagdtag, aber nicht alle Tage Fangetag.


Fangevogel (W3) [Adelung]


Der Fangevogel, des -s, plur. die -vögel, eine in einigen Gegenden übliche Benennung des Habichtes, S. Habicht.


Fangezahn (W3) [Adelung]


Der Fangezahn, des -es, plur. die -zähne, die langen gespitzten Zähne der Hunde und Raubthiere, womit sie ihren Raub fangen.


Fänt (W3) [Adelung]


Der Fänt, des -es, plur. die -e, Dimin. das Fäntchen, ein altes, nur noch in einigen Gegenden im Diminutivo bekanntes Wort, einen jungen Menschen zwischen dem Knaben- und Jünglingsalter zu bezeichnen. Ich bin nicht gern bey solchen jungen Fäntchens (Fäntchen,) Hermes. Im Holländischen ist Vente ein Junges, im Ital. Fante ein junger Mensch, bey den Krainerischen Wenden Fant ein Knabe. Das Lat. Infans, das Französische Fantassin, ein Soldat zu Fuße, Infanterie, sind genau damit verwandt.


Fantasie (W3) [Adelung]


Die Fantasie, (dreysylbig,) plur. die -n, (viersylbig.) 1) Die Einbildungskraft, ohne Plural. 2) Die Wirkung derselben, das Bild, welches man sich in der Seele macht, so wohl in gutem als nachtheiligem Verstande. Fantasten haben, unregelmäßige Vorstellungen. In der Mahlerey ist die Fantaste ein Gemählde, welches nicht nach der Natur oder nach den strengen Regeln der Kunst gemahlt ist; in der Musik, ein Stück, welches nicht nach den strengen Regeln der Composition gesetzt ist, sondern gemeiniglich aus dem Stegreife componiret wird. Anm. Ungeachtet dieses Wort aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - herstammet, so haben wir es doch zunächst aus dem Franz. Fantaisie und Ital. Fantasia, daher man auch im Deutschen das F gar wohl behalten kann. Ehedem lautete dieses Wort Fantasey.


Fantasiren (W3) [Adelung]


Fantasiren, verb. reg. mit dem Hülfsworte haben, Fantasien haben, hervor bringen. 1) Unregelmäßige Fantasien haben, in Krankheiten aberwitzig reden, wofür im gemeinen Leben faseln üblich ist. 2) In den Künsten, nach seiner Einbildungskraft arbeiten, ohne sich an die Regeln der Natur und Kunst zu binden. So fantasiret zuweilen der Tonkünstler, der Mahler u. s. f.


Fantast (W3) [Adelung]


Der Fantast, des -en, plur. die -en, ein Mensch, welcher abgeschmackte Fantasien hat und nähret, der das Abenteuerliche liebt und glaubt. Daher Fantasterey, plur. die -en, dergleichen thörichte Fantasien; Fantastisch adj. et adv. thörichte Fantasien habend, verrathend. Lat. phantasticus, Franz. fantastique.


Fanze (W3) [Adelung]


Die Fanze, plur. -n, S. Firlefanz.


-farb (W3) [Adelung]


-farb, adj. et adv. S. -Farben.


Farbe (W3) [Adelung]


Die Farbe, plur. die -n, Diminut. Färbchen. 1. Die Eigenschaft der Körper, nach welcher sie die Lichtstrahlen so zurück werfen, daß dadurch eine gewisse Empfindung in unsern Augen verursacht wird, welche sich besser empfinden als beschreiben läßt. 1) Eigentlich. Das Gras hat eine grüne, das Gold eine gelbe, das Blut eine rothe, der Schnee eine weiße, die Dinte eine schwarze, der Himmel eine blaue Farbe. Die Farbe fahren lassen, wenn sich ein Körper oder dessen Oberfläche so verändert, daß er nicht mehr eben dieselben Lichtstrahlen zurück wirft, als vorher, welches man auch verschießen nennet. Die Farbe halten, behalten. Die Farbe gehet aus, ist ausgegangen. Er urtheilet, wie der Blinde von der Farbe, ohne alle Kenntniß. Die Farbe halten, ein im gemeinen Leben üblicher figür- licher Ausdruck, in der Probe wahr oder echt befunden werden. Die Lügen halten die Farbe nicht. Freunde, die uns Farbe halten, welche treu, beständig sind, Günth. Wie des Gelückes Mund nicht Wort und Farbe hält, Hofmannsw. 2) In engerer Bedeutung gehöret schwarz nicht mit unter die Farben, weil es eigentlich ein Mangel aller Farben ist. Einige Lehrer der Wapenkunst machen einen unnöthigen Unterschied unter Farben und Tincturen, und rechnen zu jenen nur roth, blau, grün und schwarz; zu diesen aber Gold und Silber, oder gelb und weiß. In noch engerm Verstande bezeichnet dieser Ausdruck die natürliche gesunde Gesichtsfarbe. Der Kranke hat alle Farbe verloren. Er bekommt wieder Farbe. Er veränderte die Farbe, ward aus Antrieb des bösen Gewissens blaß oder roth. Bey den Weißgärbern bezeichnet dieses Wort die gelbe Farbe, welche das gewalkte Leder, wenn es auf einen Haufen gesetzt wird, durch seine innere Hitze bekommt. In der Farbe liegen, um deßwillen über einander liegen. 3) Figürlich. Immer in Einer Farbe singen, in der Musik, mit einerley Stärke oder Schwäche des Tones. 2. Diejenigen Körper, welche der Oberfläche anderer Körper diese Eigenschaft mittheilen. 1) Eigentlich. Trockene, nasse Farben, mineralische Farben. Erdfarbe, Saftfarbe, Mahlerfarbe, Öhlfarbe, Wasserfarbe, Färberfarbe u. s. f. Farben reiben, auftragen, brechen, mit andern vermischen u. s. f. Der Zeug nimmt die Farbe nicht an. Halbe Farben, gebrochene Farben, S. Mittelfarbe. Einen Zeug durch die Farbe gehen lassen, bey der Färbern, ihn in die zubereitete Farbe tauchen. 2) In engerer Bedeutung bezeichnet dieses Wort oft einzelne Arten färbender Körper. So verstehen die Buch- und Kupferdrucker unter Farbe die schwarze Farbe, mit welcher die Bücher und Kupfer gedruckt werden. 3) Figürlich, die Art und Weise, wie man eine Sache vorstellt. Man hat dich mit sehr häßlichen Farben bey mir abgemahlt. Verfolgung, Mißgunst, Haß wird ihnen Farben leihn, Weiße. Besonders, das gute Ansehen, welches man einer schlechten Sache gibt. Seinem Vorhaben eine schöne Farbe geben. Er weiß seiner Sache eine gute Farbe zu geben. Einer Sache eine Farbe, ein Färbchen anstreichen, sie von der guten Seite vorstellen. 3. Gefärbte Körper, sie mögen nun durch die Kunst oder von Natur gefärbt seyn. 1) Bey den Jägern, Köchen und Salzsiedern verstehet man unter diesem Ausdrucke das Blut. Die Köche thun Farbe an verschiedene Speisen. In den Falzwerken gießet man Farbe, d. i. Rindsblut, an das kochende Falzwasser, damit es besser schäume und sich reinige. 2) In dem Kartenspiele bezeichnet dieser Ausdruck diejenigen Karten, welche einerley Art von Zeichen führen. Diese vier Farben sind Pik, Cör, Treffle und Caro. Eine Farbe anspielen, ausspielen. Eine Farbe verläugnen, bekennen. Mit einer Farbe einstechen, d. i. stechen. In einigen Spielen druckt dieses Wort auch die herrschende Farbe eines Spieles, den Trumpf aus. 3) Die Livree, eine größten Theils veraltete Bedeutung. Jemanden Farbe tragen. Hoffarbe, Staatsfarbe. 4. Der Ort, wo gefärbet wird. So wird die Werkstätte eines Färbers im gemeinen Leben oft die Farbe genannt.

Anm. Dieses Wort lautet in der heutigen Bedeutung bey dem Kero Farauuii, bey dem Ottfried Farauui, bey dem Notker Fareuua, im 12ten Jahrhunderte Varwe und Variwa, im Dän. Farve, im Böhm. Barwa, im Pohln. Farba, im Schwed. aber Faerg. Isidors Übersetzer gebraucht es für Gestalt; Scal- ches farauua heißt bey ihm Knechtsgestalt. Wachter leitet dieses Wort von wahren, sehen, her, Ihre aber rechnet es zu dem Geschlechte des Latein. varius, welches dadurch wahrscheinlicher wird, weil in manchen alten Mundarten für Farbe nur Var und Far üblich war.


Färbeflechte (W3) [Adelung]


Die Färbeflechte, plur. inus. eine Art Flechte oder Moos, welche weißlich grün ist, und blaßgelbe Schilder mit einem weißen Rande hat; Lichen tartareus L. Die Einwohner der nördlichen Gegenden Europens bereiten aus dieser Flechte eine schöne gelbe Farbe, welche sie Böttelett nennen.


Farbehaus (W3) [Adelung]


Das Farbehaus, des -es, plur. die -häuser, im gemeinen Leben, die Werkstätte eines Färbers, S. Färberey.


Färbeholz (W3) [Adelung]


Das Färbeholz, des -es, plur. von mehrern Arten, die -hölzer, im gemeinen Leben, ein jedes Holz, welches zur Färberey gebraucht wird. In engerer Bedeutung werden das Campeche-Holz, das Brasilien-Holz und das Fernambuck-Holz mit diesem Nahmen beleget, besonders aber das erste.


Färbekessel (W3) [Adelung]


Der Färbekessel, des -s, plur. ut nom. sing. ein großer Kessel der Färber, in welchem sie die Zeuge färben.


Färbekraut (W3) [Adelung]


Das Färbekraut, des -es, plur. inus. S. Färberröthe.


Färbekunst (W3) [Adelung]


Die Färbekunst, plur. die -künste. 1) Die Kunst, Wolle, Garn, Seide und die daraus verfertigten Sachen vermittelst des Eintauchens zu färben, ohne Plural; Die Färberkunst. 2) Einzelne Fertigkeiten der künstlichen Färberey.


Färbeläppchen (W3) [Adelung]


Das Färbeläppchen, des -s, plur. ut nom. sing. kleine mit Cochenille gefärbte Läppchen, deren sich unter andern auch das Frauenzimmer bedienet, sich damit einen rothen Anstrich zu geben; Schminkläppchen, Franz. Tournesol.


-farben (W3) [Adelung]


-farben, adj. et adv. welches nur in den zusammen gesetzten bleyfarben, aschfarben, rosenfarben, feuerfarben, fleischfarben u. s. f. üblich ist. Es ist vornehmlich der Oberdeutschen Mundart eigen, und wird um deßwillen auch in den höhern Schreibart dem farbig vorgezogen. S. dieses Wort.


Färben (W3) [Adelung]


Färben, verb. reg. welches in doppelter Gattung gebraucht wird. I. Als ein Activum, eine Farbe geben, d. i. einen Körper so verändern, daß er dem Auge andere Farben zuschickt als vorher; wo es doch nur von einigen besondern Arten dieser Verrichtung gebraucht wird, welche sich dadurch von dem Anstreichen, Mahlen u. s. f. unterscheiden. Färbende Körper, welche andern Körpern eine gewisse Farbe mittheilen. Der Indig färbt blau, Grünspan grün. Wachs färben, Glas färben, gefärbtes Glas, wo der färbende Körper mit der ganzen Masse des Glases u. s. f. verbunden wird. Einen flüssigen Körper grün, roth u. s. f. färben. Kupfer färbt das Scheidewasser blau. Gefärbtes Wasser. Ingleichen durch Auftragen der Farbe auf die Oberfläche eines Körpers, wenn es ohne Kunst geschiehet. Kreide färbt die Hände weiß, Kienruß schwarz. Den Schnitt der Bücher färben, bey den Buchbindern, welche auch das Leder zu färben pflegen. Besonders, wenn solches vermittelst einer Beitze geschiehet. Elfenbein, Holz,, Knochen, Stroh u. s. f. färben. Im Niedersächsischen ist dieses Wort auch für anstreichen üblich. Auch das Auftragen des Goldes auf das Leder, bey dem Flanderischen oder Französischen vergoldeten Leder wird färben genannt. Die Sonne färbt die Körper, wenn sie durch ihre Strahlen die Oberfläche derselben so verändert, daß sie nunmehr andere Lichtstrahlen zurück werfen, als vorher. Die Furcht zu beleidigen färbte seine Wangen, er ward roth. Am häufigsten gebraucht man dieses Wort von den Zeugen, und deren Bestandtheilen, wenn ihnen durch Eintauchen eine gewisse Farbe gegeben wird; S. Färber. Seide, Wolle, Garn, Baumwolle färben. Tuch, Leinwand u. s. f. färben. Das Reciprocum sich färben wird auch von manchen Körpern gebraucht, wenn sie nach den Gesetzen der Natur eine gewisse Farbe bekommen. So färben sich die Trauben, die Äpfel u. s. f. wenn sie reifen, Hirsche und Wildbret, wenn sie neues Haar bekommen. Figürlich bedeutet das Mittelwort gefärbt so viel als falsch. Gefärbte Freundschaft, wo doch der Gegensatz ungefärbt üblicher ist. Das Hauptwort die Färbung wird wenig gebraucht. II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, eine gewisse Farbe bekommen, wo doch dieses Wort nur bey den Jägern anstatt des Reciproci sich färben üblich ist. Das Wildbret färbet des Jahres zwey Mahl, der Hirsch drey Mahl, d. i. es haaret sich.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Ottfried gifarauuan. Bey dem Tatian und Notker ist furbin reinigen. Im mittlern Lat. ist Forbator, und im Franz. fourbisseur, ein Polirer.


Farbenarbeiter (W3) [Adelung]


Der Farbenarbeiter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Arbeiter in dem Blaufarbenwerke zu Schneeberg, deren Vorgesetzter Farbenmeister genannt wird.


Farbenblume (W3) [Adelung]


Die Farbenblume, plur. die -n, bey den Blumenfreunden, Nelken, welche höchstens nur zweyerley Farben haben.


Farbenbrechung (W3) [Adelung]


Die Farbenbrechung, plur. inus. bey den Mahlern, die Brechung, d. i. Vermischung der Farben. S. Brechen.


Farben-Clavier (W3) [Adelung]


Das Farben-Clavier, des -es, plur. die -e, eine Erfindung des P. Castel, welcher behauptete, daß die Harmonie der Farben mit der Harmonie der Töne einerley Verhältnisse habe.


Farbenfell (W3) [Adelung]


Das Farbenfell, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, gefärbte Felle.


Farbengebung (W3) [Adelung]


Die Farbengebung, plur. inus. in der Mahlerey, die Kunst, die natürliche Farbe der Gegenstände durch die Nachahmung vermittelst künstlich gemischter Farben darzustellen; das Colorit, Ital. Colorito, Franz. Coloris.


Farbenkasten (W3) [Adelung]


Der Farbenkasten, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Farbenkästchen, Oberd. Farbenkästlein, ein Kasten mit den nothwendigsten in Muscheln befindlichen Farben zum Illuminiren.


Farbenkobald (W3) [Adelung]


Der Farbenkobald, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, derjenige Kobald, der mit den Glasflüssen ein blaues Glas gibt, zum Unterschiede derjenigen Arten, welche keine blaue Farbe liefern, wie der Scherbenkobald, Mißpickel u. s. f.


Farbenmeister (W3) [Adelung]


Der Farbenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. S. Farbenarbeiter.


Farbenmesser (W3) [Adelung]


Das Farbenmesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein hölzernes Messer der Mahler, die geriebenen Farben von dem Steine abzunehmen, die Leinwand zu gründen u. s. f. welches auch der Spatel genannt wird.


Farbenmischung (W3) [Adelung]


Die Farbenmischung, plur. inus. bey den Mahlern, die Vermischung oder Vereinigung mehrerer Farben, zur Hervorbringung verschiedener Tinten.


Farbenpulver (W3) [Adelung]


Das Farbenpulver, des -s, plur. inus. in der Artillerie, Schießpulver, welches, wenn es angezündet wird, mit einer bunten Farbe leuchtet.


Farbenreiber (W3) [Adelung]


Der Farbenreiber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Arbeiter, welcher die Farben zum Mahlen, Anstreichen u. s. f. reibet.


Farbenstein (W3) [Adelung]


Der Farbenstein, des -es, plur. die -e, ein breiter ebener Stein, auf welchem die Farben der Mahler u. s. f. vermittelst des Läufers gerieben werden; der Reibestein. Bey den Buchdruckern führet diesen Nahmen das Stück harten Holzes, worauf die Druckfarbe lieget; vermuthlich weil man sich statt dessen ehedem eines Steines bedienete.


Farbenstift (W3) [Adelung]


Der Farbenstift, des -es, plur. die -e, bey den Mahlern, Stifte von Farben, welche zu einem Teige gemacht und getrocknet worden, trocken damit zu mahlen; Pastell-Stifte.


Farbenstrahl (W3) [Adelung]


Der Farbenstrahl, des -es, plur. die -en, in der Optik, ein gefärbter Lichtstrahl, welcher die Empfindung einer Farbe verursacht.


Farbentuch (W3) [Adelung]


Das Farbentuch, des -es, plur. die -tücher, im gemeinen Leben, ein jedes gefärbtes Tuch.


Farbeofen (W3) [Adelung]


Der Farbeofen, des -s, plur. die -öfen, bey den Färbern, derjenige Ofen, in welchem sich der Farbenkessel befindet.


Färbepfriemen (W3) [Adelung]


Der Färbepfriemen, des -s, plur. car. oder ohne Artikel, Färbepfriemen, S. Färberblume.


Färber (W3) [Adelung]


Der Färber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Färberinn, überhaupt ein jeder, der da färbet. Indessen gebraucht man dieses Wort nur von denjenigen, welche ein eigenes Geschäft daraus machen, allerley Körper durch Eintauchen und Beitzen zu färben. Rauchfärber, Zobelfärber, Federfärber, Strohfärber, Holzfärber u. s. f. In engerer Bedeutung führen diejenigen Handwerker oder Künstler den Nahmen der Färber, welche Seide, Wolle, Baumwolle und Garn, und die daraus verfertigten Sachen durch Eintauschen färben. S. auch Schwarzfärber, Schönfärber, Weidfärber, Kunstfärber. Im mittlern Lat. Colorista.


Färberbeere (W3) [Adelung]


Die Färberbeere, plur. die -n, die Beere des Kreuz- oder Wegedornes und diese Staude selbst. S. Kreuzdorn. Sie führet diesen Nahmen, weil aus ihren Beeren ein schönes Saftgrün verfertiget wird.


Färberblume (W3) [Adelung]


Die Färberblume, plur. inus. eine Benennung, 1) des Gensters oder der Geniste, weil sie zur Färberey gebraucht wird; Genista tinctoria L. S. Genster. Die kleinere Art derselben wird auch Färbepfriemen oder Färberpfriemen genannt. 2) Die Färberscharte; S. dieses Wort.


Farberde (W3) [Adelung]


Die Farberde, plur. von mehrern Arten, die -n, eine jede Erde, welche durch beygemischte Metalle gefärbt ist; Bergfarbe.


Färbereid (W3) [Adelung]


Der Färbereid, des -es, plur. die -e, derjenige Eid, in welchem sich die Färber verpflichten müssen, daß sie sich keiner unechten oder schädlichen Farben bedienen wollen.


Färberey (W3) [Adelung]


Die Färberey, plur. die -en. 1) Die Wissenschaft und Kunst eines Färbers, ohne Plural. 2) Dessen Geschäft und Arbeit, auch ohne Plural. 3) Dessen Werkstätte; die Farbe oder das Farbehaus.


Färberfarbe (W3) [Adelung]


Die Färberfarbe, plur. die -n, diejenigen Farben, deren sich die Färber bedienen, und welche von ihnen auch Farbezeuge genannt werden; zum Unterschiede von den Mahlerfarben.


Färbergenster (W3) [Adelung]


Der Färbergenster, S. Geniste.


Färberknecht (W3) [Adelung]


Der Färberknecht, des -es, plur. die -e, der Knecht oder Gesell eines Färbers.


Färberkraut (W3) [Adelung]


Das Färberkraut, des -es, plur. inus. eine Benennung einer Art von Ochsenzunge, deren Wurzel roth färbet, und welche um Montpellier wild wächset; Anchusa tinctoria L.


Färberkunst (W3) [Adelung]


Die Färberkunst, plur. inus. S. Färbekunst.


Färberröthe (W3) [Adelung]


Die Färberröthe, plur. inus. eine Art der Röthe mit einem dornigen Stamme, welche in Italien und Frankreich wild wächset, bey uns aber gebauet wird; Rubia tinctorum L. Siehe Röthe. Die Wurzel dieser Pflanze wird auch Färberröthe, ingleichen Grapp oder Krapp genannt, und gibt eine schöne rothe Farbe für die Färber. S. Grapp. Die gemahlne Wurzel, welche in Schlesien gebauet wird, führet den Nahmen der Breslauer Röthe. In einigen Gegenden wird diese Pflanze und ihre Wurzel auch Färbewurz, Färberwurzel und Klebwurz genannt. Einige nennen den rothen Waldmeister, Asperulam tinctoriam L. wilde Färberröthe und wilden Krapp, ungeachtet er zu einem ganz andern Pflanzengeschlechte gehöret.


Färberscharte (W3) [Adelung]


Die Färberscharte oder Färbescharte, plur. inus. eine Art Scharte, welche in dem mitternächtigen Europa wild wächset, und eine mittelmäßige gelbe Farbe gibt; Serratula tinctoria L. Färberblume, Silbe, Silbblume, Silbkraut, Heidenschmuck, Nieders. Schaar.


Färberwaldmeister (W3) [Adelung]


Der Färberwaldmeister, des -s, plur. inus. der rothe Waldmeister, dessen Wurzel eine eben so schöne rothe Farbe für die Wolle gibt, als die Färberröthe, daher sie auch von einigen wilde Färberröthe genannt wird; Asperula tinctoria L.


Färberweid (W3) [Adelung]


Der Färberweid, des -es, plur. inus. S. Weid.


Färberwurzel (W3) [Adelung]


Färberwurzel, S. Färberröthe.


Farbezeit (W3) [Adelung]


Die Farbezeit, plur. die -en, bey den Jägern, diejenige Zeit, da das Wildbret färbet, d. i. die Haare wechselt.


Farbezeug (W3) [Adelung]


Der Farbezeug, des -es, plur. die -e, bey den Färbern, alles was und womit gefärbet wird.


Farbig (W3) [Adelung]


Farbig, adj. et adv. eine gewisse Farbe habend. Farbige Erden, Tücher, Zeuge u. s. f. Oft auch in engerer Bedeutung zum Unterschiede dessen, was schwarz oder weiß ist. Am häufigsten ist dieses Wort in den Zusammensetzungen aschfarbig, fleischfarbig, rosenfarbig, vielfarbig u. s. f. üblich, wo es im gemeinen Leben Ober- und Niedersachsens -färbig, im Oberdeutschen aber -farben lautet. Ehedem sprach man es noch kürzer -var oder far, und -farb, aus. Farbicht, würde nur heißen, einer Farbe ähnlich; obgleich Zachariä finget: Die blühenden Wälder Schallten wieder von farbichten Sängern. In den Zusammensetzungen wird dieses Wort auch zuweilen compariret, -farbiger, -farbigste.


Farce (W3) [Adelung]


Die Farce, S. Farße.


Fardel (W3) [Adelung]


Das Fardel, des -s, plur. ut nom. sing. ein in Oberdeutschland, besonders in Ulm übliches Tuchmaß, welches 45 Barchet Tuch, jedes zu 24 Ellen gerechnet, hält. Vermuthlich aus dem Ital. Fardello, ein Bündel, ein Packet.


Farin (W3) [Adelung]


Der Farin, des -es, plur. inus. eine Art groben Zuckers in Gestalt eines Mehles, welcher entstehet, wenn man die Moskovade, oder den ersten bis zur Trockenheit eingesottenen Zuckersaft von neuen auflöset, und ihn mit Lauge und Rindsblut einsiedet; gelber Farin oder Farin-Zucker. Löset man diesen nochmahls auf, und siedet ihn auf die vorige Art ein, so erhält man weißen Farin oder Cassonade. Aus dem Ital. Farina, Mehl. S. Zucker.


Farnkraut (W3) [Adelung]


Das Farnkraut, des -es, plur. von mehrern Arten, die -kräuter, eine Art Pflanzen mit unkenntlichen Geschlechtern, welche dem Linne zu Folge, eine zahlreiche Menge von Unterarten unter sich begreift, Filix; zu welchem Geschlechte das Equisetum, Ophioglossum, Osmunda, Pteris, Asplenium, Polypodium. Adiantum, Isoetes u. s. f. gehören. S. Brachsenfarn, Pillenfarn, Flügelfarn u. s. f. In engerer Bedeutung führen besonders zwey Pflanzen dieses Geschlechtes mit doppelt gefiederten Blättern den jetzt gedachten Nahmen, davon die eine klein gekerbte stumpfe Federn und einen mit Spreu besetzten Stamm hat, und Farnkrautmännlein, Polypodium fronde pinnata mas L. genannt wird. Die andere hat lanzettförmige Federn, welche in spitzige Querstöcke getheilet sind; Farnkrautweiblein, Polypodium fronde pinnata femina L. In den gemeinen Mundarten lautet dieser Nahme auch nur Farn, Engl. Fern oder Fearn, Angels. Fearn, Holl. Vaeren kruyd. Er soll von fahren abstammen, weil dieses Kraut sich sehr weit und geschwinde ausbreitet. Der Aussprache nach schreibt man es billig Harnkraut, indem das a, welches in fahren gedehnt wird, hier wegen des folgenden n, geschärft wird, welches auch in fertig, Furt u. s. f. geschiehet, ungeachtet sie gleichfalls von fahren abstammen. Die Schreibart Farenkraut hat nichts zu ihrer Entschuldigung aufzuweisen. In Niedersachsen heißt diese Pflanze Snakenkrud, und in andern Gegenden Herenkraut, weil man deren Wurzel zu vielerley Aberglauben gebrauchte. S. Jesus-Christ-Wurzel und Johannis-Händchen; ingleichen Eichfarn, Flugelfarn, Steinfarn u. s. f.


Farnmoos (W3) [Adelung]


Das Farnmoos, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben, eine Art Moos, welches dem Farnkraute ähnlich ist.


Farnsamen (W3) [Adelung]


Der Farnsamen, des -s, plur. inus. in einiger Gegenden, eine Benennung des knolligen Erdrauches, Fumaria bulbosa L. welches wegen des hohlen Stammes auch Hohlwurz genannt wird.


Farre (W3) [Adelung]


Der Farre, des -n, plur. die -n, eine im Hochdeutschen veraltete Benennung eines jungen zweyjährigen Ochsen, eines Stieres, und in weiterer Bedeutung eines jeden Ochsen, welche in der Deutschen Bibel häufig, in der höhern Schreibart aber noch zuweilen vorkommt.

Anm. In der Soester Polizey-Ordnung von 1650 heißt es noch: "Die Fleischhauer sollen keine Farren vom Lübbellinge, auch "nicht zu Unzeiten, sondern alles nach Jahreszeit schlachten." Bey dem Notker heißt ein Ochs Phar und Pharre, im Angels. Fear, im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Bey den Wörtern Bär und Eber ist schon angemerket worden, daß mehrere, vornehmlich große Thiere, ehedem den Nahmen Bar, Farr u. s. f. geführet haben. Im Dän. ist Faar, im Schwed. Far., im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Schaf, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Vieh, im Wend. Boran und Böhm. Baran, so wohl ein Lamm und Widder, als auch ein Stier. S. auch Färse und Pferd.


Farrenkraut (W3) [Adelung]


Das Farrenkraut, Farrenmoos, der Farrensamen, S. Farnkraut u. s. f.


Färse (W3) [Adelung]


Die Färse, plur. die -n, in einigen Gegenden, eine junge Kuh, welche noch nicht gekalbet hat, und in andern Gegenden eine Schelbe, eine Kalbe, genannt wird. Holländisch Varse, Verse. S. Farre.


Färsenkalb (W3) [Adelung]


Das Färsenkalb, des -es, plur. die -kälber, in der Landwirthschaft, ein Kalb weiblichen Geschlechtes, welches an andern Orten Moschenkalb genannt wird.


Farße (W3) [Adelung]


Die Farße, plur. die -n, aus dem Franz. Farce, und mittlern Lat. Farsa. 1) In den Küchen, klein gehacktes mit Semmel, Gewürz u. s. f. vermengtes Fleisch, welches entweder besonders angerichtet, oder zu Füllung verschiedener Speisen gebraucht wird. 2) Eine Komödie, welche bloß Lachen erregen soll, ein Possenspiel; ingleichen ein jeder mit Possen und niedrigen Scherzen angefüllter Aufsatz. In den mittlern Zeiten war Farsa eine Art Gesänge, welche zwischen den Gebethen u. s. f. gesungen wurden. Daher heißt es in einem alten Kirchenbuche bey dem Du Fresne: Quando in diebus festis dicitur Kyrie Eleison cum farsa.


Färthe (W3) [Adelung]


Die Färthe, S. Fährte.


Farz (W3) [Adelung]


Farz, Farzen, S. Furz u. s. f.


Fasan (W3) [Adelung]


Der Fasan, des -es, plur. die -e, eine Art wilder Hühner mit nackten Füßen, einem langen Schwanze, und einer Art von Federbusche an den Ohren; Phasianus L. der Fasanvogel. Er gleicht an Größe einem Huhne, und an Ansehen einem Pfau. Will man die Geschlechter genauer bezeichnen, so heißt das männliche der Fasanhahn, und das weibliche die Fasanhenne oder das Fasanhuhn.

Anm. Im Oberdeutschen heißt dieser Vogel auch Fasant, Fastan, im Böhm. Bazant, im Pohln. Fazyan, im Engl. Pheasant, im Dän. Fasan, im Ital. Faggiano, im mittlern Lat. Fasanus und Faxanus. Er stammet aus Afrika und Asien her, und wurde von den Argonauten zuerst von dem Flusse Phasis in Colchis nach Europa gebracht, daher er auch den Nahmen hat. In Frankreich war er schon im 14ten Jahrhunderte sehr häufig.


Fasanenbeitze (W3) [Adelung]


Die Fasanenbeitze, plur. inus. die Beitze oder Jagd des Fasanes mit zahmen Falken.


Fasanenbeller (W3) [Adelung]


Der Fasanenbeller, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art kleiner Hunde, welche die Fasane zu Baume jagen und verbellen; der Fasanenhund.


Fasanengarten (W3) [Adelung]


Der Fasanengarten, des -s, plur. die -gärten, ein eingeschlossener Platz, wo Fasane gehalten werden, eine zahme Fasanerie.


Fasanengehäge (W3) [Adelung]


Das Fasanengehäge, des -s, plur. ut nom. sing. ein Platz in einer wilden Fasanerie, wo die Fasane gehäget werden:


Fasanenhaus (W3) [Adelung]


Das Fasanenhaus, des -e, plur. die -häuser, die Wohnung des Fasanenwärters; ingleichen ein Haus, in welchem die Fasane brüten u. s. f.


Fasanenhund (W3) [Adelung]


Der Fasanenhund, des -es, plur. die -e, S. Fasanenbeller.


Fasanenjäger (W3) [Adelung]


Der Fasanenjäger, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Höfen, ein Jäger, der allein für die Fasane gehalten wird.


Fasanenkraut (W3) [Adelung]


Das Fasanenkraut, des -es, plur. inus. S. Erve.


Fasanenmeister (W3) [Adelung]


Der Fasanenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein Jäger welcher die Aufsicht über eine Fasanerie hat; der Fasanenwärter.


Fasanenrauch (W3) [Adelung]


Der Fasanenrauch, des -es, plur. inus. ein den Fasanen angenehmer Rauch von Hanfbüscheln, Hanfspreu, Kampfer u. s. f. den man zuweilen in ihren Gehägen und Gärten macht.


Fasanenstand (W3) [Adelung]


Der Fasanenstand, des -es, plur. die -stände, der Ort in einer Fasanerie, wo der Jäger die Fasane mit der Fütterung ankörnet; die Kirrung.


Fasanenwärter (W3) [Adelung]


Der Fasanenwärter, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fasanenmeister.


Fasanenzwinger (W3) [Adelung]


Der Fasanenzwinger, des -s, plur. ut nom. sing. in einer Fasanerie als Zwinger, d. i. verschlagener oder eingeschlossener Platz, wo die Fasanenhennen mit ihren Jungen allein seyn können.


Fasanerie (W3) [Adelung]


Die Fasanerie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig) 1) Ein Ort oder Gegend, wo Fasane gehalten und genähret werden. 2) Die Wissenschaft mit der Wartung der Fasane umzugehen, ohne Plural.


Fasanhahn (W3) [Adelung]


Der Fasanhahn, die Fasanhenne, das Fasanhuhn, Siehe Fasan.


Fasanvogel (W3) [Adelung]


Der Fasanvogel, des -s, plur. die -vögel, S. Fasan.


Fasch (W3) [Adelung]


1. Der Fasch, des -es, plur. die -e, bey den Gärbern und Lederhändlern, ein Stück Sohlleder einer Elle lang und zwey Ellen tief; ohne Zweifel aus dem Ital. Fascia. S. Fäsche und Faschen.


Fasch (W3) [Adelung]


2. Der Fasch, des -es, plur. car. in den gemeinen Mundarten, besonders Oberdeutschlandes, ein gewisser weißer Ausschlag auf der Zunge saugender Kinder, oder auf der Brust der Mütter; im Nieders. Sprau, Sprüf, im Holl. Sprouwe, Spruuw, in der anständigern Sprechart der Schwamm.


Fasch (W3) [Adelung]


3. Das Fasch oder Faisch, Blut, S. Schweiß.


Fasche (W3) [Adelung]


Die Fasche oder Fäsche, plur. die -n, in den gemeinen Mundarten, auch Obersachsens, eine Art der Schnürbrüste ohne Achselbänder, welche von vorn her über den Vorsteckelatz geschnüret wird; ohne Zweifel aus dem Lat. Fascia oder Ital. Fascia. Im Oberdeutschen ist Fatsche oder Fätsche, bey dem Ulphilas Faska, eine Windel, und fatschen oder fätschen windeln.


Faschen (W3) [Adelung]


Faschen, bluten, S. Schweißen.


Faschine (W3) [Adelung]


Die Faschine, plur. die -n, ein Büschel von Reisig, ein Reisbündel, besonders so fern es zu allerley Vertheidigungswerken im Kriege gebraucht wird; aus dem Ital. Fascina, oder Franz. Fascine, im mittlern Lat. Fascina, Fessina, Fascennina. S. auch Welle und Wase.


Faschinen-Bank (W3) [Adelung]


Die Faschinen-Bank, plur. die -Bänke, im Kriegeswesen, ein Gestelle, die Faschinen darauf zu binden.


Faschinen-Haken (W3) [Adelung]


Der Faschinen-Haken, des -s, plur. ut nom. sing. im Kriegeswesen, ein Werkzeug mit drey eisernen Haken, das Faschinen-Werk und die Schanzkörbe einzureißen.


Faschinen-Messer (W3) [Adelung]


Das Faschinen-Messer, des -s, plur. ut nom. sing. ein großes Messer, dessen man sich bey Verfertigung der Faschinen bedienet.


Faschinen-Werk (W3) [Adelung]


Das Faschinen-Werk, des -es, plur. die -e, ein jedes Werk, welches aus Faschinen oder Reisbündeln bestehet. Das Faschinen-Werk der Transcheen, am Ufer der Flüsse u. s. f.


Fase (W3) [Adelung]


Die Fase, plur. die -n, S. der Fasen.


Fasel (W3) [Adelung]


Der Fasel, des -s, oder die Fasel, plur. inus. ein nur in den gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes bekanntes Wort. 1) Junge, die Brut von Fischen, Vögeln u. s. f. In welchen Monathen die Fische wegen des Laichs und Fasels zu fangen, Bluntschli. Vnde iro fasel, und ihr Same, ihre Nachkommen, Notk. 2) Die Fortpflanzung seines Geschlechtes, besonders von Thieren, im Gegensatze der Mastung. Zur Fasel gehen lassen, d. i. zur Zucht. Zur Fasel füttern, in Niedersachsen, kärglich füttern, im Gegensatze des Mästens. 3) Die Art. Ein Pferd, ein Schwein von guter Fasel. Einen guten Fasel von Vieh haben, eine gute Art. 4) Der Herdochs, Bullochs, doch vielleicht nur in der Pfalz.

Anm. Im Holländ. lautet dieses Wort Vasel, und im Schwedischen Faesl. Schon in den Monseeischen Glossen ist Vasal Chalp ein zur Zucht bestimmtes Kalb, im Gegensatze dessen, welches zum Schlachten gefüttert wird. Ohne Zweifel kommt dieses Wort von sahen her, so fern es ehedem auch sich vermehren bedeutete. S. Fächser. Bey dem Notker bedeutet feselig fruchtbar; iro scaf sint feselig. Im Nieders. ist Fisel, Pesel, Peserik, im Holländ. Pees, im Engl. Pizzle, im Franz. le Vit, das männliche Glied.


Fasele (W3) [Adelung]


Die Fasele, plur. die -n, oder die Faseole, plur. die -n, eine Art kleiner Bohnen, welche in Ägypten und Asien einheimisch sind, und bey uns in den Gärten gezeuget werden; Dolichos L. Die ägyptischen Faselen, Dolichos Lablab L. tragen eyrunde säbelförmige Hülsen, und eyförmige mit einer Narbe gezeichnete Bohnen. Kleine Wälsche Faselen. Große Garten-Faseolen, welche auch Türkische Bohnen, ingleichen Steig- und Schminkbohnen genannt werden, sind bey uns am bekanntesten. S. Schminkbohne.

Anm. Der Nahme ist aus dem Lat. Phaseolus oder Faseolus, Phaseola. Im Ital. heißt diese Bohne Fagiuolo. Im mittlern Lateine bedeutet Fasilia Hülsen, und im Franz. war. Faisil ehedem Krätz, Abgang von aller Art.


Faseler (W3) [Adelung]


Der Faseler, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, 1) ein faselhafter Mensch. 2) Ein Aberwitziger. Siehe 3 Faseln.


Faseley (W3) [Adelung]


Die Faseley, plur. die -en, in der vertraulichen Sprechart, eine faselhafte, d. i. flüchtige, leichtsinnige Art zu denken und zu handeln, ohne Plural; ingleichen solche Gedanken und Handlungen selbst. Der jede Faseley für Salz der Weisheit hält, Michäl. S. 3 Faseln.


Faselgeld (W3) [Adelung]


Das Faselgeld, des -es, plur. inus. in einigen Oberdeutschen Gegenden, das Geld, welches der Eigenthümer eines Zuchthengstes für die Befruchtung einer Stute bekommt; das Beschälgeld, die Faselgebühr. S. Fasel.


Faselhaft (W3) [Adelung]


Faselhaft, -er, -este, adj. et adv. in der vertraulichen Sprechart, flatterhaft, leichtsinnig. Ein fabelhaftes Wesen. Ein fabelhafter Mensch. Fabelhaftig, und die Fabelhaftigkeit sind in einigen Gegenden gleichfalls bekannt. S. 3 Faseln.


Faselhammel (W3) [Adelung]


Der Faselhammel, des -s, plur. die -hämmel, in einigen Gegenden, der Schafbock, Stähr. S. Fasel.


Faselhengst (W3) [Adelung]


Der Faselhengst, des -es, plur. die -e, in einigen Oberdeutschen Gegenden, ein zur Fortpflanzung seines Geschlechtes bestimmter Hengst, ein Beschäler.


Faselig (W3) [Adelung]


Faselig, -er, -ste, adj. et adv. wie faselhaft, flatterhaft, leichtsinnig. Er ist in seinem ganzen Betragen sehr faselig.


Faseln (W3) [Adelung]


1. Faseln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsw. haben. 1) Sein Geschlecht fortpflanzen, gebären, besonders von Schweinen, in den gemeinen Mundarten. Die Sau hat gefaselt, hat Junge geworfen. 2) Figürlich, sich vermehren. Daher das im gemeinen Leben übliche Sprichwort, unrecht Gut faselt nicht, gedeihet nicht. Die Biene faselt, der Bienenstock nimmt zu an Volk und Werk, gedeihet. S. Fasel.


Faseln (W3) [Adelung]


2. Faseln, verb. reg. act. von Fase, Fasen, ein Faden, die Fäden ausziehen. Sich faseln, die Fäden fahren lassen, wo es auch als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben üblich ist. Der Zeug faselt, oder faselt sich. S. Ausfasen und 1 Fasen.


Faseln (W3) [Adelung]


3. Faseln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsw. haben. 1) In der vertraulichen Sprechart, flatterhaft, tändelhaft, leichtsinnig denken und handeln, Munterkeit ohne Verstand äußern. Ein vergoldeter Narr, welcher die Treppe herauf gefaselt kommt, Knaben. Mit der Pritsche in der Hand von einem Einfalle zum andern faseln, Michäl. Und sie faseln bey einer fremden Person herum, Weiße. Ohne Zweifel von dem noch im Schwedischen üblichen fus, geschwinde, fysa, eilen, fösa, bewegen. 2) Wahnwitzig reden, besonders von Kranken in der Hitze des Fiebers, fantasiren. Der Kranke faselt. In weiterer Bedeutung auch von einer jeden Vorbringung aberwitziger Dinge; im Oberd. fasen, fusen, fausen, fanzen, im Nieders. basen, von welchem das Hochd. faseln das Iterativum zu seyn scheinet. Frisch leitet es sehr gezwungen von Fastnacht ab, wofür man im gemeinen Leben auch Fasenacht sage. Im Nieders. ist abasig und awiesig albern, verbast bestürzt, erstaunt. Da basen im Liefl. auch herum laufen, herum schwärmen bedeutet, so. scheinet es gleichfalls zu dem vorigen fus, geschwinde, zu gehören. Fiseln und fusseln bedeuten im Nieders. oft mit den Fingern berühren, gelinde kratzen. übrigens ist von dem Faseln in hitzigen Krankheiten im Niedersächs. auch mimern, primen, reven, abreden u. s. f. üblich.


Faselnackt (W3) [Adelung]


+ Faselnackt, adj. et adv. in den niedrigen Sprecharten, völlig nackt, so daß man auch durch keinen Fasen bedeckt ist; eigentlich fasennackend.


Faselochs (W3) [Adelung]


Der Faselochs, des -en, plur. die -en, im gemeinen Leben einiger Gegenden, der Bulle, Herdochs, Zuchtochs. S. Fasel.


Faselschwein (W3) [Adelung]


Das Faselschwein, des -es, plur. die -e, zur Zucht bestimmte Schweine, im Gegensatze der Mastschweine.


Faselvieh (W3) [Adelung]


Das Faselvieh, des -es, plur. car. das zur Zucht bestimmte Vieh, zum Unterschiede des Mastviehes. Da man dergleichen Vieh nur nothdürftig zu füttern pfleget, so bedeutet Faselvieh oft überhaupt mageres, ungemästetes Vieh, S. Fasel.


Fasen (W3) [Adelung]


Der Fasen, des -s, plur. ut nom. sing. Dimin. das Fäschen, Oberd. Fäslein, der dünne Abgang von einem Faden, und alles was dem ähnlich ist, Haare, zarte Wurzeln der Bäume und Pflanzen, u. s. f. Nicht einen trocknen Fasen an sich haben, im gemeinen Leben. Sein Kleid ist so zerrissen, daß die Fasen herab hangen. Die Fasen, die auf die Kleider gefallen sind, ablesen. Die Fasen an den Wurzeln.

Anm. Bey dem Willeram bedeutet Vahs, bey dem Ottfried ther fase, und thaz fahs, im Angels. Fax, ein Haar; auch collective, das Haar, ein harthes fases, Tatian. Bey dem Notker ist Faso, ein Saum, und bey dem Tatian Fesun, ein Splitter. Es gehöret zu Faden, und stammet mit demselben vermuthlich von fahen ab. Im Oberdeutschen lautet es auch die Fase.


Fasen (W3) [Adelung]


1. Fasen, verb. reg. act. die Fasen, d. i. Fäden ausziehen. Sich fasen, die Fäden fahren lassen. S. Ausfasen, 2 Faseln und Fasern.


Fasen (W3) [Adelung]


2. * Fasen, verb. reg. act. welches im Hochdeutschen veraltet, in Schwaben aber noch üblich ist, suchen. Niht fasonde was sin si, der nicht das Seinige suchet, Notker. Von diesem Zeitworte stammet vermuthlich auch das in Oberschwaben übliche fäsig, selten, ab.


Fasen (W3) [Adelung]


3. Fasen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsw. haben, aberwitzig reden, S. 3 Faseln.


Fasennackend (W3) [Adelung]


Fasennackend, adj. et adv. S. Fadennackend und Faselnackt.


Fasenwerk (W3) [Adelung]


Das Fasenwerk, des -es, plur. inus. im Bergbaue, die zweyte Sorte der gepochten Zwitter, welche auch Pochmehl genannt wird; zum Unterschiede von dem Gerinnsteine, welcher die erste und beste, und von dem Sumpfwerke oder Schlamme, welcher die dritte und schlechteste Sorte ist.


Faseole (W3) [Adelung]


Die Faseole, S. Fasele.


Fäser (W3) [Adelung]


Der Fäser, S. Fächser.


Faser (W3) [Adelung]


Die Faser, plur. die -n, in einigen Gegenden auch Fäser, Diminut. das Fäserchen, Oberd. Fäserlein, ein Fasen. Irrig aber werden bey den Thieren und Pflanzen die kleinsten organischen Theile derselben, welche die Gestalt eines Fadens haben, und aus welchen die festen Theile bestehen, fibrae, die Fibern, von einigen Fasern genannt. Siehe Fasen und Zaser.


Faserig (W3) [Adelung]


Faserig, -er, -ste, adj. et adv. Fasen oder Fasern habend, im gemeinen Leben. Ein faseriger Zeug, wo sich die Fäden leicht verschieden und absondern. Nieders. fäsig, füssig, Engl. feaze. S. Fasig.


Fasern (W3) [Adelung]


Fasern, verb. reg. act. die Fasern auszupfen. Sich fasern, die Faden fahren lassen, von den Zeugen, wofür auch fasen und faseln üblich sind. S. diese Wörter.


Fasig (W3) [Adelung]


Fasig, -er, -ste, adj. et adv. Fasen habend, im gemeinen Leben. Ein fasiger Zeug, der die Fäden gern fahren lässet, ein lockerer Zeug. S. Faserig. Das Fleisch ist fasig, hat grobe, merkliche Fasern.


Faß (W3) [Adelung]


Das "Faß", des -sses, plur. die Fässer, Diminut. das Fäßchen. Oberd. Fäßlein, Fässel.

1. Ein jedes Gefäß, ein jedes Werkzeug, etwas darin aufzubehalten. Ein Töpfer hat Macht, ein Faß zu Ehren und zu Unehren zu machen, Röm. 9, 21. Diese im Hochdeutschen veraltete Bedeutung findet nur noch in den Zusammensetzungen Gießfaß, Butterfaß, Rauchfaß, Tintenfaß, Falzfaß, Handfaß u. s. f. Statt. In dem Heldenbuche kommt es auch von einem Helme vor.

2. In engerer und gewöhnlicher Bedeutung, ein hölzernes in der Mitte bauchiges Gefäß, welches aus Dauben vermittelst der Reife zusammen gesetzet wird. Ein Weinfaß, Bierfaß, Öhlfaß, Pack- oder Schlagfaß u. s. f. Ein Faß binden, vermittelst der Reife zusammen setzen, S. Faßbinder. Der Wein, das Bier schmeckt nach dem Fasse. Dem Fasse den Boden ausstoßen, im gemeinen Leben, eine Sache völlig verderben. Es ist noch nicht in dem Fasse, darin es gähren soll, auch nur im gemeinen Leben, die Sache ist noch vielen Schwierigkeiten unterworfen. Er hat noch etwas bey mir im Fasse, er hat noch etwas begangen, welches ich bey Gelegenheit an ihm ahnden werde. S. Tonne, Ahm, Pipe, Orhoft, Leite, Anker, u. s. f. welches besondere Arten von Fässern sind.

3. Ein bestimmtes Maß so wohl flüssiger als trockner Dinge, da es auch im Plural unverändert bleibt. Vier Faß, sechs Faß, nicht Fässer.

1) Flüssiger Dinge, besonders des Bieres. In Berlin hält ein Faß Bier 2 Tonnen, 8 Ähmchen oder 192 Maß; in Danzig 2 Tonnen, 180 Stoff, oder 720 Quartier; in Bern 4 Saum, 16 Eimer oder Brenten, oder 400 Maß; in Sachsen 2 Viertel, 4 Tonnen, 6 Dreyling, oder 360 Meßkannen. Ein Faß Wein hält in Sachsen 5 Eimer oder 315 Kannen; in Danzig und Hamburg, wo ein Faß Wein eben so viel ist, als ein Fuder, 4 Oxhoft, 6 Ahm, 24 Anker, 120 Viertel, oder 660 Stoff.

2) Trockner Dinge, besonders des Getreides. In Lübeck ist ein Faß der vierte Theil eines Scheffels, und 16 Faß machen daselbst eine Tonne, 48 ein Drömt, 384 aber eine Last. In Cöln gehen 24 Faß auf ein "Malter", und 480 auf eine Last. In Aachen hält ein Faß 4 Kopf, 6 Faß aber machen ein "Malter". In Hamburg hat ein Faß 2 Himten, 8 Spint, 32 große oder 64 kleine Maß; 2 Faß aber machen daselbst einen Scheffel, 20 ein Wispel, und 60 eine Last.

Anm. Schon Kero gebraucht "Faz" und Ottfried "Fazz", für ein jedes Gefäß; welche Bedeutung auch das Wallisische "Ffettan" und das Lat. "Vas" hat. In der zweyten Bedeutung lautet dieses Wort im Niedersächsischen "Vat", im Schwed. "Fat", im Angels. "Fat", "Fata", "Faet", im Engl. "Fat", im Dän. "Fade", im Pohln. "Fasa".

Es kommt von "fassen" her, weil es dazu bestimmt ist, andere Körper in sich zu fassen. Im Oberdeutschen lautet der Plural Fasse, die neuen Fasse, Hiob 32, 19, oder nur Faß, bey dem Ottfried "Faz", der auch noch im Hochdeutschen beybehalten wird, wenn dieses Wort ein gewisses Maß bedeutet. Zu dem ungewöhnlichen Gebrauche 1 Thess. 4, 4, sein Faß zu behalten in Heiligkeit und Ehren, d. i. sein Eheweib, oder nach andern seinen Leib, hat das Griech. "???" Gelegenheit gegeben.


Faßbaum (W3) [Adelung]


Der Faßbaum, des -es, plur. die -bäume, im Forstwesen, ein Baum, woraus die Böttcher Fässer verfertigen können.


Faßbinder (W3) [Adelung]


Der Faßbinder, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerker, welcher hölzerne Gefäße aus Stäben zusammen setzet, und sie durch Reife befestiget; ein Böttcher, in Franken ein Bühner, im Nieders. Vatebinder. S. Böttcher.


Faßbrücke (W3) [Adelung]


Die Faßbrücke, plur. die -n, eine Brücke, welche statt einer Schiffbrücke dienet, und auf leeren schwimmenden Fässern ruhet.


Fäßchenstahl (W3) [Adelung]


Der Fäßchenstahl, des -es, plur. car. Stahl, welcher in kurze Stangen geschmiedet, und in Fäßchen versandt wird.


Faßdaube (W3) [Adelung]


Die Faßdaube, plur. die -n, die Daube zu einem Fasse, und in weiterer Bedeutung, zu einem jeden hölzernen Gefäße; Nieders. Stav, im Plur. Stäve.


Faße (W3) [Adelung]


Die Faße, plur. die -n, aus dem Franz. Face, und mit demselben aus dem Lat. Facies. 1) Der vordere Theil eines Gebäudes. Die Faße eines Hauses. In dem Festungsbaue ist die Faße oder Gesichtslinie, diejenige Linie, welche von dem Hauptwalle hervor tritt, und gemeiniglich von außen in das Gesicht fällt. 2) Bey den Holzarbeitern, eine scharfe Ecke oder Leiste. Daher das Faßebret, oder Faßenbret, ein dreyeckiges Stück zu geschobenen Gittern.


Fassen (W3) [Adelung]


Fassen, verb. reg. act. 1. In eigentlicher und weiterer Bedeutung. 1) Ergreifen und halten, so wohl mit der Hand. Den Degen bey dem Griffe fassen. Jemanden bey den Haaren, das Pferd bey dem Zaume fassen. Er faßte mich an das Kinn. Jemanden bey der Hand, oder an die Hand fassen. So viel als man mit drey Fingern fassen kann. Als auch mit andern Gliedmaßen. Etwas mit den Zähnen fassen. Der Hund fasset ein Thier, wenn er es mit den Zähnen anpacket. 2) In ein Gefäß füllen, besonders von flüssigen Dingen. Bier fassen, es von dem Gährbottich auf Fässer füllen. Wein fassen. In den Schlauch fassen, Matth. 9, 17. Das Korn fassen, es in Säcke schütten. Bienen fassen, sie in den Stock bringen. 3) Einschließen und befestigen. Einen Stein in Gold fassen. Gefaßte Steine, welche in Gold, Silber u. s. f. gefasset, d. i. befestiget sind. Einen Stollen fassen, d. i. auszimmern, im Bergbaue. S. Einfassen. 4) In seiner Weite enthalten können, wo das Zeitwort die Gestalt eines Neutrius hat; wenigstens ist das Passivum in dieser Bedeutung nicht üblich. Das Zimmer konnte die Gäste nicht alle fassen. Das Gefäß wird den Wein nicht fassen. 2. Figürlich. 1) Jemanden bey seinem Worte, bey seinem Versprechen fassen, auf die Erfüllung seines Wortes, seines Versprechens bringen. Denken sie denn daß sie m ich bey meiner Schwäche haben fassen wollen? daß sie ihre Absicht durch meine Schwäche haben erreichen wollen? Jemanden bey seinem Ehrgeitze, bey seiner Leidenschaft fassen. Den Reiter fasset am Ufer ein plötzlicher Schauder, Zachar. bemächtigt sich seiner, in der höhern Schreibart. Allmächtiges Mitleid faßt die bebende Versammlung, Dusch. 2) Etwas kurz zusammen fassen, es mit wenig Worten vortragen. Damit ich es kurz fasse. Auch als ein Reciprocum, sich kurz fassen, sich der Kürze in Worten befleißigen. 3) Aufmerksam durch die Sinne empfinden, im Hochdeutschen nur noch von den Augen. Etwas in die Augen fassen, es aufmerksam sehen und im Gesichte zu behalten suchen. Einen Hafen fassen, scharf auf ihn zielen. Er zielt und faßt den Pilger wohl, Gell. Von andern Sinnen ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich, ob es gleich noch 2 Mos. 15, 26 heißt zu Ohren fassen. 4) Etwas zu Herzen fassen, es zu Herzen nehmen, es seinem Gemüthe einprägen, es zu Erregung seiner Empfindungen dienen lassen. Gott wirds zu Herz fassen, Gell. 5) Mit dem Gedächtnisse fassen und behalten, seinem Gedächtnisse einprägen. Der Knabe hat es geschwinde gefaßt. 6) Noch mehr, mit dem Verstande begreifen, seinen Gründen nach einsehen. Sie haben mich nicht recht gefaßt, nicht recht verstanden. Nun faß ich was du sagst, Schleg. Das ist mir zu hoch, ich kann es nicht fassen, nicht begreifen. 7) In sich entstehen lassen. Einen Anschlag, einen Vorsatz fassen. Um dich zu beruhigen, habe ich diesen Entschluß gefasset. Muth fassen, ein Herz fassen. Einen Haß, Unwillen wider jemanden fassen. Ich habe eine große Neigung, viele Liebe gegen ihn gefaßt. 3) Sich fassen, sich seiner bewußt werden, von einer Zerstreuung, von einer Leidenschaft wieder zu sich selbst kommen, seine Gedanken sammeln. Fassen sie sich doch. Er kann sich noch nicht fassen, sich noch nicht begreifen. Er konnte sich vor Lachen kaum fassen. Sich in Geduld fassen. Eine erschütterte Seele hat der Einsamkeit vonnöthen, sich wieder zu fassen. 9) Zubereiten; in welchem Verstande aber nur das Mittelwort gefaßt in Gestalt eines Adverbii üblich ist. Sich auf etwas gefaßt halten, machen. Auf etwas gefaßt seyn. Sich zur Reife gefaßt machen. Wenn man sich auf die Schaubühne der Welt wagt, so muß man sich auch auf ihre Abwechselungen gefaßt halten. Ich bin auf alle Fälle gefaßt. Schon bey dem Ottfried bedeutet fazzon zubereiten, und sih fazzon, sich zubereiten. Daher die Fassung, S. hernach besonders. Anm. Dieses Zeitwort lautet im Nieders. faten, im Holländ. vatten, im Dän. fade und fatte, im Schwed. fatta. Es ist das Intensivum von dem Zeitworte fahen, Schwedischen fa, und hat seine meisten figürlichen Bedeutungen von dem Lat. capere entlehnet.


Faßfaul (W3) [Adelung]


Faßfaul, adj. et adv. einen unreinen Geschmack von dem Fasse oder hölzernen Gefäße habend; Nieders. vatvuul. Das Bier schmeckt faßfaul. Faßfaules Wasser.


Faßgroschen (W3) [Adelung]


Der Faßgroschen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Sächsischen Bergstädten, ein Groschen, welchen die Bürgerschaft von einem Fasse Bier zur Erhaltung der Stollen abgibt.


Faßhefen (W3) [Adelung]


Die Faßhefen, sing. inus. Hefen, welche von dem im Fasse liegenden Biere genommen werden, sich folglich bereits abgearbeitet haben, zum Unterschiede von den bessern Bottichhefen. Beyde sind wieder entweder Spundhefen, Oberhefen oder Bodenhefen, Unterhefen, Bärme.


Faßholz (W3) [Adelung]


Das Faßholz, des -es, plur. car. Holz, welches zu Faßdauben, Böden u. s. f. geschickt und bestimmt ist.


Faßlich (W3) [Adelung]


Faßlich, -er, -ste, adj. et adv. was sich leicht fassen, d. i. begreifen, verstehen lässet. Er weiß eine Sache sehr faßlich zu machen. Das ist sehr faßlich. Ein faßlicher Vortrag.


Faßlichkeit (W3) [Adelung]


Die Faßlichkeit, plur. car. die Eigenschaft einer Sache, nach welcher sie sich leicht fassen, d. i. nach ihren Gründen einsehen, lässet.


Fasson (W3) [Adelung]


Die Fasson, (spricht Fassong) plur. die -s, aus dem Franz. Facon. 1) Die Gestalt einer künstlich verfertigten Sache. Ein silbernes Gefäß nach einer alten Fasson. Der Degen ist nach der neuesten Fasson. 2) Das Macherlohn, bey den Schneidern, welches die eigentliche Bedeutung des Französischen Ausdruckes ist. 3) Gleichfalls bey den Schneidern, die Zuthat an Seide, Zwirn, steifer Leinwand, Knöpfen u. s. f. 4) + Complimente, unnütze Worte, im gemeinen Leben. Er macht mir zu viel Fasson. Er ist ohne alle Fasson.

Anm. Im Ital. Lautet dieses Wort Faccione, im Engl. Fashion, im Schwed. Fansun, im Holl. Fatsoen, im Nieders. Fassuun, wo es über dieß noch Artigkeit, gute Lebensart, und fassuunlik, wohl gesittet bedeutet.


Faßpech (W3) [Adelung]


Das Faßpech, des -es, plur. inus. ein besonders zubereitetes Pech, womit die Bierfässer gepichet werden.


Faßreif (W3) [Adelung]


Der Faßreif, des -es, plur. die -e, ein Reif, womit die Dauben der Fässer befestiget werden.


Fassung (W3) [Adelung]


Die Fassung, plur. inus. von dem Verbo fassen. 1) die Handlung des Fassens, doch nur in einigen Fällen. Die Fassung eines Steines, dessen Befestigung in Metall. Ich mußte zehen Thaler für die Fassung bezahlen. Die Fassung eines Stollens, dessen Auszimmerung. Die Fassung des Bieres, wenn dasselbe auf Fässer gefüllet wird. Die Fassung eines Vorsatzes, eines Anschlages, eines Entschlusses. 2) Figürlich, der Zustand der Seele, da sie sich ihrer deutlich bewußt ist, da sie ihre Gedanken und Worte in ihrer Gewalt hat, im Gegensatze der Zerstreuung oder einer starken Leidenschaft. Aus seiner Fassung kommen, jemanden aus seiner Fassung bringen oder setzen, Wollen sie mich denn aus aller Fassung bringen?


Faßwerk (W3) [Adelung]


Das Faßwerk, des -es, plur. inus. ein im gemeinen Leben übliches Collectivum, mehrere zu einer Absicht bestimmte Fässer zu bezeichnen.


Fast (W3) [Adelung]


Fast, adv. welches in zwey einander ziemlich entgegen gesetzten Bedeutungen gefunden wird. 1) * Für sehr, in welchem Verstande schon vaste bey dem Stryker vorkommt. Sie war fast schön, 1 Mos. 12, 14. Ihre Sünden sind fast schwer, Kap. 18, 20. Ein fast großes Heer, Kap. 50, 9. Ich will dich fast sehr mehren, überaus sehr, Kap. 17, 2. Ihrer Sünden wurden fast viel, sehr viel, Sir. 47, 29. Im Hochdeutschen ist diese Bedeutung völlig veraltet, ungeachtet selbige noch bey dem Opitz vorkommt. Ehedem war es auch ein Beywort, welches viel bedeutete; vaste Volks, viel Volkes. 2) Für beynahe. Wir waren fast bis an das Thor, als wir wieder zurück gerufen wurden. Es ist fast acht Uhr. Er ist fast funfzig Jahre alt. Er wäre fast gestorben. Das ist mir fast unbegreiflich. So sind sie fast alle. Ich hätte es fast errathen. Fast dürfte ich es nicht thun, oder ich dürfte es fast nicht thun. Fast kann ich es nicht glauben. Er verdienet es fast nicht, daß ich mich um ihn bekümmere, oder fast verdienet er nicht u. s. f. Ich habe es fast von allen gehöret; wo es unrichtig seyn würde, das Nebenwort hinter das Vorwort zu setzen, von fast allen, obgleich solches im gemeinen Leben nicht ungewöhnlich ist.

Anm. In der ersten veralteten Bemerkung scheinet dieses Wort zu fest zu gehören, so fern dasselbe zuweilen auch sehr bedeutet. Im Niedersächsischen ist vüste, oft, viel, manch, sogleich, beynahe. Das Isländ. fus bedeutet bereit, fertig, das Engl. und Franz. foison eine Menge, Überfluß, das Wallis. ffest, eilfertig, geschwinde, das Engl. vast und Lat. vastus aber sehr, groß, breit. Merkwürdig ist, daß fest ehedem für fertig üblich war; wenigstens gebraucht Tatian rehtfestin für rechtfertigen. Für fast in der zweyten Bedeutung kommt in den alten Oberdeutschen Mundarten auch vilbi, vielbey, vor.


Fastbäcker (W3) [Adelung]


Der Fastbäcker, des -s, plur. ut nom. sing. eine größten Theils nur in Niedersachsen übliche Benennung derjenigen Bäcker, welche Rockenbrot, oder derbes und festes Brot haben, zum Unterschiede von den Los- oder Weißbäckern. An andern Orten werden sie Schwarzbäcker, und wenn sie unzünftig sind und auf den Dörfern wohnen, Dorfbäcker genannt. Von fest, Nieders. fast.


Faste (W3) [Adelung]


Die Faste, plur. die -n, S. die Fasten.


Fastelabend (W3) [Adelung]


Fastelabend, S. Fastenabend.


Fasteltag (W3) [Adelung]


Der Fasteltag, S. Fasttag.


Fasten (W3) [Adelung]


Die Fasten, plur. ut nom. sing. 1) Die Enthaltung aller oder doch gewisser Speisen, und die Zeit da solches geschiehet. Auf eine starke Mahlzeit nützt eine strenge Fasten. Die Fasten halten, brechen. Lasset eine Fasten ausschreyen, 1 Kön. 21, 9, 12. Die Geschichte der Fasten und ihres Schreyens, Esth. 9, 31. Wollt ihr das eine Fasten nennen, und einen Tag dem Herrn angenehm? Es. 58, 5. Darum, daß auch die Fasten vorüber war, Apostelgesch. 27, 9. In welcher Bedeutung im Hochdeutschen auch das Fasten, von dem folgenden Verbo, üblich ist. 2) Besonders, die nächsten vierzig Tage vor dem Osterfeste, in welchem man sich in der Römischen Kirche aller Fleischspeisen enthält, um sich dadurch auf das Osterfest zuzubereiten. Die Fasten wird bald da seyn. Der erste, der zweyte Sonntag in der Fasten.

Anm. Schon bey dem Kero lautet dieses Hauptwort diu Fasten, diu Fastunge, bey dem Ottfried thiu Fasta, im Angels. Faest, im Engl. Fast, Fasting, im Holl. Vastene, im Schwed. Fasta, im Dän. Faste. Im Oberdeutschen heißt es noch jetzt die Faste, plur. die -n. Die Faste wird bald da seyn. Denn auf einen starken Rausch nützet eine strenge Faste, Logau. Aus den oben angeführten Beyspielen erhellet, daß sich diejenigen Sprachlehrer irren, welche unter Hochdeutsches Fasten für den Plural halten, ob es gleich auch oft im Plural gebraucht wird. Die Fasten sind nahe, für ist nahe. S. das folgende.


Fasten (W3) [Adelung]


Fasten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, sich aller Speise enthalten. Ich habe den ganzen Tag gefastet. Lange fasten ist kein Brot sparen. Ein Fasten anordnen. In engerer, und besonders der in der Römischen und Griechischen Kirche üblichen Bedeutung, bezeichnet dieses Wort nur die Enthaltung gewisser Speisen, besonders des Fleisches der Thiere und Vögel, und aller davon herkommende Dinge. Anm. Fasten, bey dem Ulphilas fastan, bey dem Ottfried fasten, bey dem Notker vasten, im Angels. faestan, im Holl. Vasten, im Engl. to fast, im Wend. postem, ich faste, im Dän. faste, im Schwed. und Isländ. fasta, im Finnländ. paaston, stammet dem Junius zu Folge, von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, nach dem Wachter aber von dem Gothischen fastan, halten, beobachten, ab; welche Ableitung Ihre dadurch bestätiget, daß fasten im Angels. aew fastan, d. i. das Gesetz halten, beobachten, genannt wird. Frisch leitet unser fasten von der R. A. ab, sich gefaßt machen, weil das Fasten ein gottesdienstliches Gefaßtmachen auf einen Festtag, besonders auf Ostern ist. In Hagecks Chronik, ist Veselspeise Fastenspeise. Das Hauptwort die Fastung ist ungewöhnlich; so wie das Wort der Faster, nur in dem Sprichw. heut ein Faster, morgen ein Fresser vorkommt.


Fastenabend (W3) [Adelung]


Der Fastenabend, des -s, plur. die -e, im gemeinen Leben Fastelabend, der Abend vor dem ersten Tage in der Fasten; ingleichen die nächsten Tage vor diesem, Fastnacht, Schwed. Fastelagen.


Fastenbräzel (W3) [Adelung]


Die Fastenbräzel, plur. die -n, eine Art Bräzeln, welche aus ungesäuertem Teige ohne Milch und Butter verfertiget, und an einigen Orten, selbst in protestantischen Ländern, nur in der Fasten gebacken werden.


Fastengebeth (W3) [Adelung]


Das Fastengebeth, des -es, plur. die -e, Gebethe, welche in der Fasten gebethet zu werden pflegen. In weiterer Bedeutung an einigen Orten, das in der Fasten übliche Catechismus-Examen.


Fastenprediger (W3) [Adelung]


Der Fastenprediger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Prediger, welcher in der Fasten die Leidensgeschichte Christi erkläret.


Fastenpredigt (W3) [Adelung]


Die Fastenpredigt, plur. die -en, eine Predigt in der Fasten über die Leidensgeschichte Christi.


Fastenschlier (W3) [Adelung]


Der Fastenschlier, des -s, plur. ut nom. sing. die größte Art der Brachvögel, Numenius Arquata L. welche auch Geißhuhn genannt wird. S. Brachvogel.


Fastenspeise (W3) [Adelung]


Die Fastenspeise, plur. die -n, Speise ohne Fleisch, und im schärfsten Verstande auch ohne Butter und Eyer, dergleichen man in der Römischen Kirche in der Fasten zu genießen pfleget.


Fastenzeit (W3) [Adelung]


Die Fastenzeit, plur. inus. die Zeit, da man fastet; in engerer Bedeutung, die nächsten vierzig Tage vor dem Osterfeste, die Fasten.


Fastnacht (W3) [Adelung]


Die Fastnacht, plur. inus.

1) Eigentlich, die Nacht vor Aschermittwoch, als an welchem Tage sich die Fasten anfänget, und in weiterer Bedeutung, auch der Tag vor dieser Nacht; der Fastenabend, im Oberd. Die junge Fastnacht. 2) In noch weiterm Verstande, die ganze Zeit von dem Feste der heil. Drey Könige bis Aschermittwochen, welche in der Römischen Kirche mit allerley Ausschweifungen und Lustbarkeiten zugebracht wird; das Carnaval, im gemeinen Leben Fasenacht, im Oberd. Fasching, in Baiern auch Fassangen. Die große Fastnacht, oder die alte Fastnacht, in der Römischen Kirche, der erste Sonntag in der Fasten, der Sonntag Invocavit. Die Herren-Fastnacht, der dritte Sonntag vor der Fasten, oder nach andern der Sonntag Esto mihi, welcher auch die Pfaffen-Fastnacht genannt wird. Wenn dieses Wort ohne Artikel gesetzt wird, so lautet es im gemeinen Leben oft Fastnachten: Fastnachten wird bald kommen, ich hoffe ihn auf Fastnachten zu sehen.


Fastnachtsheer (W3) [Adelung]


Das Fastnachtsheer, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, eine Benennung des wüthenden Heeres, entweder weil man es um die Fastnacht am häufigsten zu sehen glaubte, oder auch wegen einiger Ähnlichkeit mit den um diese Zeit üblichen brausenden Vergnügungen. S. Heer.


Fastnachtshuhn (W3) [Adelung]


Das Fastnachtshuhn, des -es, plur. die -hühner, Zinshühner, welche an einigen Orten die Bauern zur Erkenntniß der Oberherrschaft um die Zeit der Fastnacht entrichten müssen. Anderer Umstände wegen heißen sie auch Herbsthühner, Rauchhühner, Pfingsthühner, Sommerhühner, Hurtenhühner, Lauberhühner, Leibhühner und Haupthühner S. diese Wörter.


Fastnachtsnarr (W3) [Adelung]


Der Fastnachtsnarr, des -en, plur. die -en, derjenige, welcher sich zur Fastnachtszeit in einen Narren verkleidet, und in weiterer Bedeutung auch ein jeder ausgelassener Lustigmacher.


Fastnachtsspiel (W3) [Adelung]


Das Fastnachtsspiel, des -es, plur. die -e, eine ehemahlige Art von Lustspielen, welche am Fastnacht aufgeführet zu werden pflegten, dergleichen unter andern Hans Sachs sehr viele hinterlassen hat. In weiterer Bedeutung, ein jedes Spiel, eine jede Lustbarkeit, welche zu dieser Zeit angestellet wird.


Fasttag (W3) [Adelung]


Der Fasttag, des -es, plur. die -e, ein Tag, an welchem man fastet, oder nach den Gesetzen der Kirche zu fasten verbunden ist; in der Deutschen Bibel Jer. 36, 6 Fasteltag.


Fatal (W3) [Adelung]


Fatal, er -ste, adj. et adv. aus dem Franz. fatal, und mit diesem aus dem Lat. fatalis, im gemeinen Leben, 1) Unglück bringend. Das Spiel ist ihm jederzeit fatal gewesen. Der Freytag ist ein fataler Tag. Noch mehr 2) in der niedrigen Sprechart, zuwider, widerwärtig, am häufigsten von Personen. Er ist mir fatal, ich kann ihn nicht leiden. Ein fataler, unerträglicher, Mensch. Ein fatales Gesicht, eine fatale Tracht.


Fatalien (W3) [Adelung]


Die Fatalien, plur. inus. in den Rechten, die den Parteyen bestimmte Zeit, innerhalb welcher etwas bey Verlust seines Rechtes geschehen muß; dies fatalis, fatale.


Fatalität (W3) [Adelung]


Die Fatalität, plur. die -en, aus dem Franz. Fatalite, und Latein. Fatalitas. 1) die unvermeidliche Nothwendigkeit, ohne Plural. Nicht alle Gottesläugner behaupten die Fatalität. 2) Im gemeinen Leben, ein unglücklicher Zufall. Es ist mir eine Fatalität begegnet. Ein Mensch der viele Fatalitäten ausgestanden hat.


Fatsche (W3) [Adelung]


Die Fatsche, plur. die -n, eine Binde, Windel, im Oberdeutschen. S. Fasche.


Fatze (W3) [Adelung]


Die Fatze, plur. die -n, in der Seefahrt, Streife, welche an die Unter-Bonnetten mit Maschen befestiget werden, um mehr Wind zu fassen; verwandt mit Fasche, Fascia, oder auch mit Fetzen.


Fatzen (W3) [Adelung]


* Fatzen, verb. reg. act. welches nur noch in einigen Oberdeutschen Gegenden bekannt ist, scherzen, spotten, verirren, Possen treiben; daher die Fatzung, Verspottung; ein Fatznarr, Fatzmann, oder Fatzer, ein Possenreißer; fatzig, possierlich, possenhaft, närrisch u. s. f. Die Oberdeutschen haben dieses Wort, so wie manche andere, aus dem Ital. Fazio, ein Possenreißer, oder Latein. Facetiae, fatuus, Franz. fat, entlehnet. Im mittlern Lat. bedeutet fatuizare närrisch seyn. Ein anderes, von diesem vermuthlich ganz verschiedenes Wort, ist das gleichfalls Oberdeutsche fätzen, zanken, hadern. S. Faxen.


Faul (W3) [Adelung]


Faul, -er, -este, adj. et adv. * Häßlich, ungestaltet; eine im Deutschen veraltete Bedeutung, welche indessen noch in einigen verwandten Mundarten, z. B. in dem Dänischen fäl, und Schwedischen fult, scheußlich, aufbehalten wird. Auch das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bedeutet garstig, gering. S. auch Fahl. 2. * Unrein, schmutzig; eine im Hochdeutschen gleichfalls unbekannte Bedeutung, welche noch in Nieders. vuul üblich ist. Faule Wäsche, ein faules Faß. Das Angels. ful und Engl. foul bedeuten gleichfalls unrein, und das Angels. fulan ist besudeln, womit auch das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Lateinische polluere überein kommen. Bey dem Willeram ist wollon gleichfalls verunreinigen. 3. Von flüssigen Dingen und daraus bestehenden Körpern, wenn sie in die auflösende Gährung gerathen. Die Äpfel sind faul. Faules Obst, faules Wasser, ein faules Ey, faules Holz, ein fauler Zahn, ein fauler Schaden, fauler Käse, faules Fleisch, faule Fische. Das sind faule Fische, im gemeinen Leben, das sind erdichtete Entschuldigungen, unredliche Handlungen u. s. f. Faul werden. Faules Fleisch in einer Wunde, welches auch wildes Fleisch genannt wird. Faul im Leibe nennt man im gemeinen Leben diejenigen Thiere, bey welchen der Magen und die Gedärme entzündet sind. Oft nennen unwissende Schmiede auch Pferde, welche ein auszehrendes Fieber haben, faul im Leibe. Faules Fieber. S. Faulfieber. Ingleichen, was diese auflösende Gährung verräth. Ein fauler Geruch, ein fauler Geschmack. Das Wasser schmeckt schon faul, das Fleisch riecht faul. In uneigentlichem Verstande heißt bey den Schlössern faules Eisen dasjenige Eisen, welches durch überflüssiges Glühen auf dem Hammerwerke brüchig geworden ist. Im Bergbaue ist ein fauler Gang, ein schmieriges und schlüpfriges Gestein; ein faules Gebirge, ein mürbes, brüchiges Gestein. S. Fäule. 4. Figürlich. 1) * Untauglich, unnütz; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Faules Geschwätz, Ephes. 4, 29. Faule Fische, Matth. 13, 49, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - 2) Abgeneigt sich zu bewegen, und in engerer Bedeutung, abgeneigt pflichtmäßig zu arbeiten. Ein fauler Mensch. Der Faule liebt die Ruhe. Ein faules Pferd. Der Esel ist ein faules Thier. Sich auf die faule Seite legen, im gemeinen Leben, sich der Faulheit ergeben. Er, nicht faul, ging hin, und u. s. f. eine elliptische Art zu reden in der niedrigen Sprechart, d. i. er ging schnell, plötzlich, hin u. s. f. Die faule See, in der Seefahrt, Windstille. In den gemeinen Mundarten hat man von diesem Worte verschiedene artige Zusammensetzungen: schlaffaul, schläfrig, fickenfaul, beutelfaul, nicht gern bezahlend, ingleichen, karg, geitzig, maulfaul, den das Reden verdrießet, schlägefaul, der gegen die Schläge abgehärtet ist. S. diese Wörter. 3) Schläfrig, im gemeinen Leben.

Anm. Dieses Wort lautet in der dritten Bedeutung schon bey dem Ulphilas fuls, im Angels. foul, bey dem Ottfried ful, im Nieders. vuul, im Dän. fuul und Schwed. ful. Von den Eyern haben die Niedersachsen auch das Wort pulsk. Von der Abneigung zur Bewegung wird in eben dieser Mundart auch loi, lädsch, ludderig und laaßam gebraucht, womit das Fries. loay und Holl. loi, und das Dän. lad überein kommen. S. Laß. Opitz hat auch das im Hochdeutschen unbekannte Fäuling, ein fauler Mensch. Was du anjetzt vermagst, das sollst du nicht beginnen erst morgen, und verziehen als wie ein Fäuling zwar.


Faulbaum (W3) [Adelung]


Der Faulbaum, des -es, plur. die -bäume, eine Benennung verschiedener Bäume und Staudengewächse. 1) Des Rham- nus Frangula L. wegen des übeln Geruches, welchen die Äste des Baumes haben; S. Elsebeere 1. 2) Des Prunus Padus L. gleichfalls wegen des übeln Geruches, S. Elsebeere 2. 3) Das Viburnum Lantana L. S. Mehlbaum. 4) Des Hartriegels; S. dasselbe.


Faulbeere (W3) [Adelung]


Die Faulbeere, plur. die -n, die Beeren der obigen Arten von Faulbäumen, S. Elsebeere 1. 2. und Mehlbaum.


Faulbett (W3) [Adelung]


Das Faulbett, des -es, plur. die -e, ein kleines schmales Bett, am Tage darauf auszuruhen, und der Faulheit darauf zu pflegen; ein Ruhebett, Canapeh, im Nieders. Luggerbank, Vuulbank.


Faulbrut (W3) [Adelung]


Die Faulbrut, plur. die -en, die verdorbene abgestandene Brut der Bienen, und die ansteckende Krankheit, welche selbige verursacht. Daher faulbrütig und die Faulbrütigkeit.


Fäule (W3) [Adelung]


Die Fäule, plur. die -n, ein im Hochdeutschen wenig bekanntes Wort. 1) Die Fäulniß, ohne Plural, in welcher Bedeutung es im Oberdeutschen sehr üblich ist. Die Fäule frißt zwar Fleisch und Bein, Günth Es dampfen Gift und Fäule, ebend. 2) Eine faule Stelle im Holze u. s. f. auch nur am häufigsten im Oberdeutschen. Daß er (der Balke) sollt einig feulen han, Theuerd. 3) Im Bergbaue wird ein faules, d. i. mürbes Gestein, die Fäule genannt, in einer Latein. Urkunde von 1208 Falumberg. S. Faul 3. 4) In der Landwirthschaft einiger Gegenden wird so wohl eine Art des Brandes im Getreide, als auch eine Krankheit der Schafe, die Fäule genannt.


Faulen (W3) [Adelung]


Faulen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, faul werden; doch nur in der dritten Bedeutung des Wortes faul, von Säften, welche in eine innere auflösende Gährung gerathen. Die Äpfel faulen. Das Obst, den Mist faulen lassen. Erlen. Holz faulet nicht leicht. Opitz gebraucht dieses Wort auch in der zweyten figürlichen Bedeutung: Dem der nicht faulen will in seiner Mutter Schoß; welche aber im Hochdeutschen nicht gewöhnlich ist. Das Hauptwort die Fäulung wird von einigen für Fäulniß gebraucht.

Anm. Dieses Zeitwort lautet im Nieders. vuulen, im Holl. vuylen, im Angels. fulan, bey dem Notker fulen. Im Niedersächs. Ist dafür auch pötern, verpötern, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Latein. puteo, putreo; ingleichen rotten, raten, Engl. to rot, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und in Franken sparen üblich. S. auch Verwesen.


Fäulen (W3) [Adelung]


* Fäulen, verb. reg. welches das Activum des vorigen ist, aber nur im Oberdeutschen gehöret wird, in Fäulniß versetzen, faul machen. Die innerlichen Bäulen, Die nach und nach das Mark des sichern Landes fäulen, Hall.


Faulenzen (W3) [Adelung]


Faulenzen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches aber nur im gemeinen Leben üblich ist. 1) * Faul riechen oder schmecken, die Fäulniß der Säfte durch Geruch und Geschmack verrathen; doch nur im Oberdeutschen, wo dieses Wort auch fauleinen, fäulelen lautet. S. -Enzen. 2) Faul, d. i. pflichtmäßigen Bewegung und Arbeit träge seyn, und dieser Neigung nachhängen, im gemeinen Leben. Im Bette liegen und faulenzen. Im Nieders. ist dafür fülken üblich. Daher der Faulenzer, ein fauler, träger Mensch, im Niedersächs. Lullsack, Lüley, Vuulwambs,Lanterfant, Luggerer, Banklammert bey dem Opitz Fäuling, S. Faul

Anm. Die Faulenzerey, das Faulenzen, faulenzerisch, diese Trägheit ver- rathend, welche insgesammt nur in den niedrigen Sprecharten üblich sind.


Faulfieber (W3) [Adelung]


Das Faulfieber, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. ein Fieber, welches von einer besondern Schärfe verursacht wird, welche aus den in den ersten Wegen verfaulten Speisen und Getränken entstanden, und in das Blut übergegangen ist; Febris putrida, faules Fieber. Es hat diesen Nahmen von dem faulen Geschmacke im Munde, welchen die Kranken einige Zeit vor dem Anfange der Krankheit empfinden, von ihrem übel riechenden Athem, Ausdünstung und übrigen Auswürfen, welche die Fäulniß der Säfte deutlich genug verrathen. Es gibt mehrere Arten derselben, dergleichen das epidemische Faulfieber, das faule Nervenfieber, das Fleckfieber u. s. f. sind.


Faulfleckig (W3) [Adelung]


Faulfleckig, adj. et adv. die Fäulniß der Säfte durch Flecken verrathend. Faulfleckiges Holz.


Faulfuß (W3) [Adelung]


Der Faulfuß, des -es, plur. die -füße, bey den neuern Schriftstellern des Thierreiches, ein Amerikanisches Faulthier, dessen Vorderfüße länger als die Hinterfüße sind, und welches so faul ist, daß es auf funfzig Schritte einen ganzen Tag zubringt; Bradypus manibus tridactylis, cauda brevi L. Ignavus Klein.


Faulheit (W3) [Adelung]


Die Faulheit, plur. inus. von der zweyten figürlichen Bedeutung des Wortes faul, die herrschende Abneigung von der pflichtmäßigen Bewegung, und besonders von der Arbeit. Sein Brot mit Faulheit essen. Im gemeinen Leben wird er zuweilen auch von der Trägheit des Körpers, von dem Antriebe zum Schlafe gebraucht.

Anm. Statt dieses Hauptwortes ist im Oberd. auch Faulkeit und Fäuligkeit üblich. Des Lebens Fäuligkeit die lege von dir ab, Opitz, segnitiem fugito.


Fäulicht (W3) [Adelung]


Fäulicht, adj. adv. ein von einigen besonders Niedersächsischen Ärzten gebrauchtes, aber unrichtig gebildetes Wort. Fäulichte Krankheiten, welche aus der Fäulniß der Säfte entstehen, und selbige verrathen, dergleichen vornehmlich die Faulfieber sind. Die Ableitungssylbe icht bezeichnet bloß eine Ähnlichkeit, daher es fäulig heißen müßte. Allein das Substantiv die Fäule, welches hier zum Grunde liegen müßte, ist für Fäulniß im Hochdeutschen zu unbekannt.


Fäuling (W3) [Adelung]


Der Fäuling, des -es, plur. die -e, S. Faul Anm.


Faulmatte (W3) [Adelung]


Die Faulmatte, plur. die -n, im gemeinen Leben, besonders Niedersachsen, kleine geflochtene Decken vor den Stuben, die Schuhe daran abzustreichen; von faul, so fern es im Nieders. schmutzig, unrein, bedeutet.


Fäulniß (W3) [Adelung]


Die Fäulniß, plur. car. der Zustand eines Körpers, da dessen Säfte in die dritte oder auflösende Gährung gerathen. Die Ausdünstungen der Kranken gehen sehr leicht in Fäulniß über Wasser geräth sehr schnell in Fäulniß. Geruch und Geschmack verrathen schon die Fäulniß.

Anm. Bey dem Notker fuli, im Oberd. noch jetzt Fäule und Fäuligkeit das Holz pflegt zu fressen, Opitz. Im 15ten Jahrhunderte auch Walnuß. Übrigens ist Fäulniß im Oberdeutschen, so wie andere Wörter auf -niß, auch ungewissen Geschlechts, das Fäulniß, des -sses.


Faulthier (W3) [Adelung]


Das Faulthier, des -es, plur. die -e, ein dreyzehiges vierfüßiges Thier, welches so groß als eine Katze, sehr haarig, braun und grau von Farbe ist, und eine stumpfe Nase und kurzen Schwanz hat. Es lebt auf Bäumen, frißt Laub, scheuet aber die Bewegung so sehr, daß es in einem Tage nur einem Tage nur einen sehr kleinen Weg zurück leget. Bradypus L. Es wird nur in den wärmern Welttheilen, besonders in Amerika angetroffen. S. Faulfuß.


Faulweide (W3) [Adelung]


Die Faulweide, plur. die -n, Salix pentandra L. Siehe Baumwollenweide.


Faum (W3) [Adelung]


Der Faum, des -es, plur. car. eine Benennung des Schaumes, welche im Oberdeutschen bekannter ist, als im Hochdeutschen. Der Faum des Bieres. Den Faum abschöpfen. Der Faum stand vor dem Munde.

Anm. In Baiern und Österreich lautet dieses Wort Fam, mit einem langen a, in andern Mundarten Feim, im Angels. Faem, im Engl. Fome, im Böhm. Pena. Das Latein. Spuma ist durch Vorsetzung des Zischlautes daraus entstanden, so wie auch fumus damit verwandt zu seyn scheinet. S. auch Schaum.


Fäumen (W3) [Adelung]


Fäumen, verb. reg. welches im Oberdeutschen am üblichsten ist, wo es in einer doppelten Gattung gebraucht wird. 1) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, Schaum von sich geben. Das Bier fäumet. Aus dem Maule fäumen. Ein fäumender Eber. 2) Als ein Activum, den Schaum abschöpfen. Die Brühe fäumen. Got der aller sünden tünste Gar von dir geveimet hat, Bruder Eberhart v. Sax. S. Abfäumen und Schäumen.


Faumkelle (W3) [Adelung]


Die Faumkelle, plur. die -n, der Faumlöffel, des -s, plur. ut nom. sing. im Oberdeutschen, eine Kelle oder ein Löffel, den Schaum damit abzuschöpfen, eine Schaumkelle, ein Schaumlöffel.


Faust (W3) [Adelung]


Die Faust, plur. die Fäuste, Diminut. das Fäustchen, Oberd. das Fäustlein. 1) Eigentlich, die zusammen geballte Hand. Eine Faust machen. Eine geballte Faust, Nieders. Knutfuust. Jemanden mit der Faust in das Gesicht schlagen. Sich mit Fäusten schlagen. Die Höhe der Pferde pflegt man nach Fäusten zu messen. 2) Die Hand, in der nachdrücklichen, noch mehr aber in der niedrigen Sprechart. Die Arbeit gehet ihm gut von der Faust. mit dem Degen in der Faust, mit gewaffneter Hand, offenbarer Gewalt. Eine Stadt mit dem Degen in der Faust erobern, mit Sturm. Ein Pferd aus dem Schritte gleich von der Faust in den Galopp ansprengen lassen, ohne es vorher andere Bewegungen machen zu lassen. Aus freyer Faust, aus freyer Hand. Das reimet sich, wie eine Faust aufs Auge, reimet sich schlecht, gar nicht. In die Faust, oder in das Fäustchen lachen, sich heimlich und boßhaft über etwas freuen. Seinem Kopf wird er schütteln und in die Faust lachen, Sir. 12, 19. Wessen die Ausländer in die Faust hinein lachen, Opitz. 3) Bey den Klempenern, ein eiserner kurzer Stock mit einer glatten Bahn, etwas daraus auszuschlichten.

Anm. Faust, bey dem Tatian Fust, Nieders. Fuuft, Holl. Vuyst, Angels. Fyst, Engl. Fist, im Slavon. und Wend. Pest, scheinet entweder von fassen herzukommen, oder auch ursprünglich ein Werkzeug zum Schlagen bedeutet zu haben, so wie das Latein. Fustis. S. Fäustel, Faustrecht u. s. f. Ehedem lautete dieses Wort auch Funst, Pfunz, und noch jetzt ist Pfunzer in Nürnberg ein Knüttel, und pfunzern, ein gewisses Knabenspiel, wo ein Knittel durch einen Schlag fortgetrieben wird, welches vielleicht das in Obersachsen so genannte Winterspiel ist. Aus dieser Form Funst oder Pfunz erhellet, daß Faust mit dem Latein. pugnus, und dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, näher verwandt ist, als man bey dem ersten Anblicke denken sollte. Die Wörter fausten, oder fusten, in die Faust nehmen, ingleichen schlagen, und Fäustler, ein Fechter, sind im Hochdeutschen veraltet. S. auch Fechten.


Faustbirn (W3) [Adelung]


Die Faustbirn, plur. die -en, eine Art Birnen, welche die Größe einer Faust erreichen, und auch Pfundbirnen genannt werden. Nach einer niedrigen Figur werden durch Faustbirnen Schläge verstanden.


Faustbüchse (W3) [Adelung]


* Die Faustbüchse, plur. die -n, eine Oberdeutsche Benennung eines Pistols, welche aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist.


Faustdegen (W3) [Adelung]


Der Faustdegen, des -s, plur. ut nom. sing. eine gleichfalls Oberdeutsche Benennung eines Dolches, welcher auch ein Faustgewehr genannt wird.


Faustdick (W3) [Adelung]


Faustdick, adj. et adv. einer Faust an Dicke gleich, im gemeinen Leben.


Fausteisen (W3) [Adelung]


Das Fausteisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Klempenern, ein rundes, oben kolbiges Eisen, fast wie eine Faust, Sachen darauf zu Buckeln zu schlagen. Auch die Hutmacher haben ein Fausteisen, welches einer Faust ähnlich ist.


Fäustel (W3) [Adelung]


Der Fäustel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bergleuten, ein eiserner Hammer zum Schlagen; im Böhm. Feysl. Im Oberdeutschen bedeutet fausten noch jetzt schlagen; Fäustel bezeichnet also vermittelst der Endsylbe -el, ein Werkzeug zum Schlagen, einen Hammer. Im mittlern Lat. ist fustare prügeln.


Fausten (W3) [Adelung]


Fausten, verb. reg. act. welches nur noch bey den Hutmachern üblich ist, wo es mit der Faust oder Hand ausziehen und ausdehnen bedeutet. Den Rand niederfausten. Gegen die Breite fausten.


Fausthammer (W3) [Adelung]


Der Fausthammer, des -s, plur. die -hämmer. 1) Ein Hammer von mittelmäßiger Schwere, welchen man mit Einer Hand führen kann. So ist es bey den Kupferschmieden ein kurzer Hammer zum Ausschlagen auf dem Kaltschlagamboß. 2) Ein Streithammer, eine ehemahlige Art des Gewehres, welche in einem eisernen Hammer an einem langen Stiele bestand. Faust ist in dieser Bedeutung nicht pugnus, sondern von fausten, schlagen. Figürlich heißen daher in Straßburg eine Art der Gerichtsknechte Fausthämmer, weil sie ehedem mit einem solchen Gewehre bewaffnet waren.


Fausthandschuh (W3) [Adelung]


Der Fausthandschuh, des -es, plur. die -e, Handschuhe, welche die Hand und Finger gemeinschaftlich bedecken; zum Unterschiede von den Fingerhandschuhen, wo jeder Finger seine eigene Bedeckung hat.


Fausthobel (W3) [Adelung]


Der Fausthobel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Tischlern, eine Art kurzer dicker Hobel, dergleichen die Scharfhobel, Glätt- oder Schlichthobel, Zahnhobel, Harthobel u. s. f. sind.


Fäustling (W3) [Adelung]


Der Fäustling, des -es, plur. die -e. 1) Im Oberdeutschen, ein Stecken, fustis, S. Fäustel. 2) Eine Art kleiner Schießgewehre, ein Pistol, Terzerol, Puffer, auch nur im Oberdeutschen; ein Faustrohr. 3) Ein Stein, der so groß ist, daß man ihn in der Hand halten kann, im Bergbaue. 4) Ein Handschuh ohne Finger, der nur die Faust bedecket.


Faustpinsel (W3) [Adelung]


Der Faustpinsel, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleiner Pinsel der Mäurer zum Weißen, wo sie den großen nicht gebrauchen können.


Faustrecht (W3) [Adelung]


Das Faustrecht, des -es, plur. inus. das ehemahlige Vorrecht des Deutschen Adels, seine Ansprüche mit gewaffneter Hand selbst gültig zu machen, ohne nöthig zu haben gerichtliche Hülfe zu suchen; das Kolbenrecht, im Schwedischen Näfwerätt, von Nafwe, die Faust. Ihr Degen konnte dieß nicht schaffen, Sie hat kein Faustrecht oder Waffen Zu Landeserben je gemacht, Opitz Pf. 44.


Faustrohr (W3) [Adelung]


Das Faustrohr, des -es, plur. die -röhre, S. Fäustling 2. Außerdem bedeutet es auch eine Art kurzer Büchsen oder Flinten, dergleichen die Heyducken in Ungarn zu führen pflegen.


Faustschlag (W3) [Adelung]


Der Faustschlag, des -es, plur. die -schläge, der Schlag mit der Faust.


Fauststange (W3) [Adelung]


Die Fauststange, plur. die -n, ein nur in der Deutschen Bibel Ezech. 39, 9 befindliches Wort, wo es eine Art von Wurfpfeilen bezeichnet.


Fauth (W3) [Adelung]


Der Fauth, S. in Vogt.


Favorit (W3) [Adelung]


Der Favorit, des -en, plur. die -en, im gemeinen Leben, eine vor andern begünstigte oder geliebte Person von beyden Geschlechtern, ein Günstling, Liebling; aus dem Franz. Favori.


Favoritchen (W3) [Adelung]


Das Favoritchen, des -s, plur. ut nom. sing. Locke von falschen Haare, welche das Frauenzimmer ehedem an der Stirn und an den Schläfen trug; aus dem Franz. Favorite.


Faxen (W3) [Adelung]


+ Die Faxen, sing. inus. ein nur in den gemeinen Mundarten besonders Niedersachsens übliches Wort, kurzweilige Possen zu bezeichnen. Es schneit, daß dieses Wort zu fachen und fackeln gehöret, und mit denselben von wegen, bewegen, abstammet, weil man doch am häufigsten nur possierliche Bewegungen mit diesem Nahmen zu belegen pfleget. Im Franz. bedeutete enfaxcigner ehedem, und im mittlern. Lateine fascinare, bezaubern. Man müßte es denn zu dem Oberdeutschen Faxen rechnen wollen. S. dieses Wörter, ingleichen Fickfacken.


Februar (W3) [Adelung]


Der Februar, des -s, plur. inus. der zweyte Monath im Jahre, Lat. Februarius, welcher von Carl dem Großen den Nahmen des Hornungs bekam, welchen er auch noch führet. S. Hornung. In Niedersachsen wird er der Hartmaand genannt, welches aber nach andern der Januar, und nach noch andern der December ist. In andern Gegenden heißt er Spurk, Sporkel, im Holl. Sporkel, Sporkelmaend, welches mit dem Latein. spurcus überein kommt, und so wie die Nahmen Hornung und Hartmaend, auf den Roth zielet, welchen die Rückkehr des Frühlinges in diesem Monathe zu verursachen pfleget. Im Pohlnischen heißet er Wachlerz, Windmonath, von wachluie, ich mache Wind.


Fecher (W3) [Adelung]


Der Fecher, S. Fächer.


Fechsen (W3) [Adelung]


Fechsen, Fechser, S. Fächser.


Fechtboden (W3) [Adelung]


Der Fechtboden, des -s, plur. die -böden, der Boden oder Saal, auf welchem im Fechten Unterricht ertheilet wird; der Fechtplatz, die Fechtschule. Auf den Fechtboden gehen, fechten lernen.


Fechtdegen (W3) [Adelung]


Der Fechtdegen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kappier.


Fechten (W3) [Adelung]


"Fechten", verb. irreg. neutr. mit dem Hülfsworte haben; ich fechte, du ficht; Imperf. ich focht, Conj. "föchte"; Particip. gefochten.

1) Sich des Degens oder Schwertes, und in weiterer Bedeutung auch des Feuerwehres, so wohl zum Angriffe, als zur Vertheidigung bedienen, streiten; in welchem Verstande dieses Wort nur noch in der edlern Schreibart von Soldaten üblich ist. Die Soldaten wollten nicht fechten. Sie fochten wie die Löwen. Sie haben tapfer gefochten. Zu Pferde, zu Fuße fechten. Ich habe oft an deiner Seite gefochten. Als die Holländischen Flotten für Freyheit, Brot und Religion fochten. S. "Gefecht".

2) In engerer Bedeutung, den Degen zur Vertheidigung und zum Angriffe geschickt zu führen wissen; in welchem Verstande doch dieses Wort nur alsdann gebraucht wird, wenn dieses Fechten zur Übung geschiehet. Sie wollten mit einander fechten, mit den Kappieren. Fechten lernen. Mit einem Schatten fechten, figürlich, ohne Ursache streiten.

3) In weiterer Bedeutung, für streiten überhaupt, auch wenn solches mit Worten oder in Schriften geschiehet, in welcher im Hochdeutschen veralteten Bedeutung dieses Wort noch in den Zusammensetzungen "anfechten", "ausfechten" und "verfechten" üblich ist.

4) Betteln, eine im gemeinen Leben, besonders unter den Handwerksburschen übliche Bedeutung. Fechten gehen, betteln gehen. Dieser Gebrauch stammet von der ehemahligen Gewohnheit her, die Soldaten nach geendigtem Kriege abzudanken, da denn viele derselben unverschämte Beutler wurden, welche ihre ungestüme und oft gewaltthätige Betteley mit dem aufständigen Rahmen des Fechtens zu bemänteln suchten. S. auch Garden.

5) Hin und her bewegen, etwa so, wie man einen Degen im Fechten zu bewegen pfleget, doch nur in der Redensart, mit den Händen fechten, im gemeinen Leben. Das Hauptwort die "Fechtung" ist nur in den Zusammensetzungen üblich.

Anm. Dieses Zeitwort lautet in der ersten Bedeutung schon bey dem Kero "fehtan"; bey dem Ottfried "fehtanne", bey dem Willeram im Imperf. "vuchton", im Angels. "fechtan", im Engl. "to fight", im Dän. "fegte", im Schwed. "feckta", im Pohln. "fehtowac". Ihre leitet es von dem Griech. "???", und mit demselben von "???", die "Faust", her, weil die älteste Art des Fechtens vermittelst der Faust geschah; welches unter andern auch dadurch bestätiget wird, das "fäusteln" ehedem auch "fechten" und "Fäustler" einen "Fechter" bedeutete, so wie das Lat. "pugnare" von "pugnus" abstammen. Wem diese Ableitung nicht gefällt, wird dieses Wort eben so sicher von "Fehde" und dem alten "Wig", "Streit", "Krieg", "figan", "streiten", "fian", "hassen", (S. "Feind") oder auch von "wegen", herleiten können, von welchem es das Frequentativum seyn kann; S. "Fachen", "Fächeln", "Fackeln", "Fuchtel", "Bewegen" u. s. f.

Alsdann würde die angeführte fünfte Bedeutung noch ein Überrest des ersten eigentlichen Gebrauches dieses Wortes seyn. Im Präsenti sollte dieses Wort in der zweyten und dritten Person du fichtest, er fichtet, lauten; allein um des Wohlklanges willen ziehet man es in fichst, ficht zusammen, wie solches auch in dem Worte "däuchten" üblich ist. In einigen Oberdeutschen Mundarten gehet es regulär, du fechtest, er fechtet; Imperf. er fechtete; Particip. gefechtet.


Fechter (W3) [Adelung]


Der Fechter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der den Degen so wohl zur Vertheidigung als auch zum Angriffe geschickt zu führen weiß. Ein guter, ein schlechter Fechter. Im Dän. Fogter, im Pohln. Fechtarz. Ehedem bedeutete es einen jeden, der sich mit allerley Waffen geschickt vertheidigen konnte, welche allgemeinere Bedeutung noch in den Zusammensetzung Klopffechter, Federfechter u. s. f. üblich ist. 2) Ein unverschämter Bettler, besonders im Oberdeutschen.


Fechtersprung (W3) [Adelung]


Der Fechtersprung, des -es, plur. die -sprünge, ein geschickter Sprung der rückwärts geschiehet, mit welchem die Klopffechter ihrem Gegner ausweichen wissen.


Fechterstreich (W3) [Adelung]


Der Fechterstreich, des -es, plur. die -e, figürlich, ein Blendwerk, verstellter Angriff, eine Finte, wodurch geschickte Fechter ihren Gegner zu hintergehen wissen.


Fechthaus (W3) [Adelung]


Das Fechthaus, des -es, plur. die -häuser, ein zum Fechten bestimmtes Haus. In manchen Städten hatte man ehedem dergleichen öffentliche Häuser, in welchem die Klopf- und andere Fechter ihre Geschicklichkeit sehen ließen.


Fechtkunst (W3) [Adelung]


Die Fechtkunst, plur. inus. die Kunst, den Degen so wohl zum Angriffe, als zur Vertheidigung mit Vortheil zu führen.


Fechtmeister (W3) [Adelung]


Der Fechtmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein Künstler, welcher die Fechtkunst lehret. Dessen Gattinn, die Fechtmeisterinn.


Fechtplatz (W3) [Adelung]


Der Fechtplatz, des -es, plur. die -plätze, S. Fechtboden. Auch der Platz, auf welchem ein Gefecht vorgefallen ist, welcher doch füglicher der Kampfplatz genannt wird.


Fechtschule (W3) [Adelung]


Die Fechtschule, plur. die -n. 1) Der Fechtboden, S. dieses Wort. 2) Der Fechtmeister mit seinen Schülern. 3) Der Unterricht im Fechten, im gemeinen Leben und ohne Plural. Fechtschule halten. In die Fechtschule gehen.


Feder (W3) [Adelung]


1. Die Feder, plur. die -n, Diminut. das Federchen, Oberd. das Federlein. 1. Eigentlich, diejenigen leichten, elastischen Körper, womit die Vögel bekleidet sind. 1) In dem eigentlichen Verstande. Feder bekommen. Einem Vogel die Feder ausrupfen. So leicht, wie eine Feder, S. Feder- leicht. Federn schleißen, den weichern Theil der Feder von dem Kiele abziehen. Mit fremden Federn fliegen, sich mit fremden Feder schmücken, mit entlehnten Vorzügen prahlen. Er will fliegen, ehe ihm die Feder gewachsen sind, er unternimmt Dinge, deren er noch nicht fähig ist. Viel Federlesens machen, im gemeinen Leben, zaudern. 2) Besondere Arten von Federn. (a) Die Feder auf dem Hute, die Hutfeder, die aus Straußfedern verfertigte Zierde des Hutes, welche gemeiniglich ein adliges Ehrenzeichen ist. Eine Feder tragen. (b) Das Werkzeug zum Schreiben, welches aus den Schwungfedern der Vögel, besonders der Gänse, und deren Kielen zubereitet wird, und so lange sie noch nicht zubereitet ist, ein Kiel eine Spule, Nieders. eine Pose, genannt wird. Eine Feder schneiden, sie so schneiden, daß sie zum Schreiben geschickt wird. Die Feder schreibt gut, schlecht, grob u. s. f. Daher die figürlichen Arten des Ausdruckes, das ist aus seiner Feder, ist von ihm verfertiget und geschrieben; eine beißende, ein spitzige Feder haben, im gemeinen Leben, eine beißende Schreibart; ein Mann von der Feder, dessen vornehmste Beschäftigung das Schreiben ist, ein Gelehrter, oft aber auch ein Schreiber, im Gegensatze des Mannes vom Degen, eines Kriegsmannes; sich mit seiner Feder nähren, mit Schreiben; dieß läßt sich der Feder nicht anvertrauen, läßt sich nicht füglich schreiben; ein Werk unter der Feder haben, an einer Schrift arbeiten; einem etwas in die Feder sagen, dictiren; das Mitleiden hat seine Feder geführt, u. s. f. In weiterer Bedeutung führen diesen Nahmen auch wohl metallene Werkzeuge dieser Art, dergleichen Z. B. die Reißfedern sind. (c) Aus Federn zubereitete Betten, im Plural, und im gemeinen Leben. In den Federn liegen, im Bette. 2. Figürlich, wegen einiger Ähnlichkeit, oder wegen eines ehemahligen Gebrauches. 1) Ein Stück Stahl oder stählernes Blech, welches, wenn es gebogen wird, zurück schlägt. Dergleichen sind die Federn in einer Uhr, in einem Schlosse, u. s. f. Sie führen diesen Nahmen vermuthlich wegen der Elasticität, welche dergleichen künstliche Federn mit dem natürlichen gemein haben. S. Federhart und Federkraft. Hierher gehören auch die Federn oder gespaltenen eisernen Keile, welche man vor etwas streckt, indem sie wie eine Feder zurück springen, und fest halten; dergleichen an den Bolzen u. s. f. angebracht werden. Wegen einer Ähnlichkeit in der Gestalt führet diesen Nahmen auch ein halb rundes Stück Metall an dem Griffe der Husarensäbel, unter der Brust, die starke Scheide auf der Klinge fest zu halten. 2) In dem Hüttenbaue werden die Flammen, welche durch das Auge, oder die Öffnung des Ofens über den Herd spielen, gleichfalls Federn genannt; vermuthlich wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt. 3) Bey den Jägern heißen die Borsten der wilden Schweine und die Stacheln am Igel Federn. Hierher gehören auch die Floßen an den Fischen, welche theils wegen ihrer Gestalt, theils aber auch wegen der Ähnlichkeit der Bestimmung mit den Federn der Vögel, Floßfedern, d. i. Schwimmfedern, genannt werden. 4) Der Schwanz des Rothwildbretes und des Hasens, der bey dem ersten auch der Bürzel, die Galle, das Ende, der Fischschwaden, der Sturz, das Wedele genannt wird; ohne Zweifel so fern Feder ursprünglich ein bewegliches Ding bedeutet, welches die gleichdeutige Benennung Wedele bestätiget. Anm. Dieses Wort lautet bey dem Notker Federa, im Angelsächs. Fether, Fyther, im Nieders. Fedder, und in einigen weichern Mundarten mit der gewöhnlichen Ausstoßung des d Färe, im Isländ. Fiödur, im Schwed. Fjäder, im Engl. Feather, im Dän. Fiär, im Böhm. Pero, welche alle mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, gleichsam - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, genau überein kommen. Wenn man die letzte Sylbe als die Endung -er betrachtet, welche gemeiniglich ein Werkzeug andeutet, so bleibet zur Aufsuchung des Stammes nur die Sylbe Fe, oder Fed übrig, welche uns auf das Wort wehen oder wegen, movere, leitet. Feder würde also ein Werkzeug des Fliegens, oder in weiterer Bedeutung der Bewegung, bezeichnen. S. Wage, Bewegen, Wehen u. s. f. Bey dem Pictorius ist fätteren fliegen oder flattern.


Feder (W3) [Adelung]


2. Die Feder, plur. die -n, ein allem Ansetzen nach von dem vorigen verschiedenes Wort, welches sich nur noch in einigen Redensarten erhalten hat. 1) Der starke Spieß mit einem Knebel, auf welchem man die wilden Schweine anlaufen lässet, der Knebelspieß, oder das Fangeisen, ist den Jägern auch unter dem Nahmen der Schweinsfeder, oder nur schlechthin der Feder bekannt. S. Federfechter 1. 2) Verschiedene Arten von Keilen führen im gemeinen Leben sehr häufig den Nahmen der Federn. Dergleichen sind die eisernen Keile im Bergbaue, mit welchen die Wände zersetzet werden, besonders diejenigen, welche man neben einander setzet und in deren Mitte noch einen dritten Keil hinein treibet, welche auch Federstücke heißen, dagegen der dritte und mittlere Keil den Nahmen des Bolzens führet. Ähnliche Arten von Keilen sind die hölzernen unten zugespitzten Pflöcke in den Pochwerken, welche die Pochsäulen, Pochladen und Riegel zusammen halten, die ausgezimmerten Bäume in den Fluthern zwischen den Spundstücken, sie weiter zu machen, die dünnen Leistchen der Tischler, welche in eine Ruth geschlagen werden u. s. f. 3) Auf dem Lande werden die Breter, welche zu beyden Seiten eines Strohdaches von den Siedeln herunter gehen, die Dachschächte darein zu befestigen und den Wind aufzufangen, daß er das Strohdach nicht beschädige, Federn oder Windfedern genannt.

Anm. Die Figur würde sehr hart werden, wenn man zwischen diesen und den vorigen Federn eine Ähnlichkeit finden wollte. Es ist daher glaublicher, daß das Wort in diesen Fällen auf eine ähnliche Art, wie in dem vorigen, vermittelst der Endsylbe -er von dem alten Zeitworte fahen gebildet werden, wofür jetzt fangen und fassen üblicher ist, zumahl da dieses Zeitwort in ähnlichem Verstande gebraucht wird. Ein Thier mit der Schweinsfeder tödten, heißt bey den Jägern wirklich es fangen oder abfangen. Der Bergmann nennet das Hemmen und Überwältigen eines Körpers in vielen Fällen gleichfalls fangen, und von der Windfeder ist es ausgemacht, daß sie nicht nur den Wind auffänget, sondern auch die Dachseite fänget, d. i. befestiget.


Federalaun (W3) [Adelung]


Der Federalaun, des -es, plur. inus. 1) Gediegener Alaun, der in Gestalt der Federn oder Flocken auf den Alaunerzen angetroffen wird; Haaralaun, Federweiß. 2) Von einigen wird auch der Feder-Asbest, obgleich auf eine sehr unschickliche Art mit diesem Nahmen beleget. 3. S. auch Federgyps.


Federanschuß (W3) [Adelung]


Der Federanschuß, des -sses, plur. die -schüsse, im Bergbaue, ein Mineral, welches in Gestalt kleiner Feder auf dem Gesteine angeschossen ist.


Feder-Asbest (W3) [Adelung]


Der Feder-Asbest, des -es, plur. inus. S. Federweiß.


Federball (W3) [Adelung]


Der Federball, des -es, plur. die -bälle. 1) Ein auf einer Seite mit Federn besetzter Ball zum Spielen, damit er einen desto weitern und gleichartigern Flug habe. 2) Wege einiger Ähnlichkeiten der Blumen, eine Pflanze, welche im gemeinen Leben Säusam genannt wird; Myriophyllum L.


Federbesen (W3) [Adelung]


Der Federbesen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Federstäuber 2.


Federbett (W3) [Adelung]


Das Federbett, des -es, plur. die -en, Diminut. das Federbettchen, Oberd. Federbettlein, ein mit Federn ausgestopftes Bett, zum Unterschiede von den Strohbetten, Matratzen u. s. f.


Federblech (W3) [Adelung]


Das Federblech, des -es, plur. inus. außer von mehrern Arten oder Qualitäten, die -e, in den Blechhütten, eine Art Blech, welche schwächer als das Kreuzblech und stärker als das Senklerblech ist.


Federbüchse (W3) [Adelung]


Die Federbüchse, plur. die -n, eine längliche Büchse, die Schreibfedern darin zu verwahren; in einigen Gegenden ein Federrohr, am häufigsten aber ein Plural.


Federbusch (W3) [Adelung]


Der Federbusch, des -es, plur. die -büsche, ein Busch von Federn, mit welchem die Natur die Köpfe mancher Arten von Hühnern und andern Vögeln versehen hat. Auch die Kunst macht Federbüsche von bunten oder seltenen Federn, und pflanzt sie zur Zierde auf die Helme, Pferdegeschirr u. s. f. Wegen einer Ähnlichkeit führet auch die schöne Persianische Lilie den Nahmen des Persianischen Federbuches.


Federeisen (W3) [Adelung]


Das Federeisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug verschiedener Eisenarbeiter, die stählernen Federn darauf umzubiegen.


Federerz (W3) [Adelung]


Das Federerz, des -es, plur. von mehreren Arten oder Quantitäten, die -e, ein mit Arsenik, Schwefel und Spießglas vererztes Silber, welches aus lauter kleinen Federn oder zarten schwarzen Härchen bestehet, und locker ist. Es bricht zu Johann-Georgenstadt und Freyberg, und wird, wenn es eine bräunliche Farbe hat, Lebererz genannt.


Federfechter (W3) [Adelung]


Der Federfechter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Art der Klopffechter, welche sich dadurch von den Marxbrüdern zu unterscheiden pflegen. Vermuthlich von einer Art des Gewehres, welches ehedem den Nahmen der Feder geführet haben mag. S. 2 Feder 1. 2) Eine verächtliche Benennung eines zanksüchtigen Advocaten oder streitbaren Schriftstellers.


Federfüßig (W3) [Adelung]


Federfüßig, adj. et adv. Feder an den Füßen habend, wie verschiedene Arten des Geflügels.


Federgyps (W3) [Adelung]


Der Federgyps, des -es, plur. inus. Gypsstein, welcher auf dem Bruche faserig ist, und auch, obgleich sehr unschicklich, Federalaun genannt wird.


Federhaken (W3) [Adelung]


Der Federhaken, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der Haken in einem Gewehrschlosse, welcher die Schlagfeder schnell zurück preßt. 2) Ein Werkzeug von Stahl, die Federn in den Gewehrschlössern heraus zu nehmen und wieder einzusetzen. 3) Ein Werkzeug, die Feder in den Fuchs- und Tellereisen zu spannen.


Federhandel (W3) [Adelung]


Der Federhandel, des -s, plur. inus. der Handel mit Federn zum Betten u. s. f. Daher der Federhändler, Fämin. die Federhändlerin, der oder die mit Federn handelt. S. Federstäuber.


Federhart (W3) [Adelung]


Federhart, adj. et adv. einer stählernen Feder an Härte gleich; ein nicht überall aufgenommener Ausdruck für elastisch. Siehe Federkraft. Daher die Federhärte, derjenige Grad der Härte, bey welchem die Federkraft am stärksten ist, weil man ihn bey den Stahlfedern gebraucht.


Federharz (W3) [Adelung]


Das Federharz, des -es, plur. inus. ein außerordentlich elastisches und dehnbares Gummi, welches in Südamerika und Asien aus einem noch nicht genug bekannten Baume in Gestalt eines milchigen Saftes schwitzet, und woraus man allerley Gefäße verfertiget; Lederhatz, Resina elastica.


Federhaspel (W3) [Adelung]


Der Federhaspel, des -s, plur. ut nom. sing. der Haspel, oder die Winde bey den Jägern, auf welche die Federlappen aufgewunden werden.


Federhut (W3) [Adelung]


Der Federhut, des -es, plur. die -hütte, ein mit einer zierlichen Feder besetzter Hut.


Federig (W3) [Adelung]


Federig, adj. et adv. Federn habend, voll Federn. Sich federig machen, sich mit Federn bestäuben. Federicht würde Federn ähnlich bedeuten.


Federkiel (W3) [Adelung]


Der Federkiel, des -es, plur. die -e, der feste unten hohle Theil einer Feder, besonders an denjenigen Federn, welche zum Schreiben gebraucht werden; im Oberd. Killig, Federkengel, das letzte vermuthlich, nach dem Ital. Cannello, Nieders. Pose. S. auch Kiel und Spule.


Federkohl (W3) [Adelung]


Der Federkohl, des -es, plur. car. eine Art krausen Kohles; Krauskohl, Plumagen-Kohl, Brassica Selenisia Spelm.


Federkraft (W3) [Adelung]


Die Federkraft, plur. inus. die Kraft eines Körpers, nach welcher derselbe, wenn er gedrückt oder gestoßen wird, sich wieder in seinen vorigen Stand herzustellen sucht; eine Kraft, welche so wohl an den natürlichen als stählernen Federn in einem sehr merklichen Grade wahrgenommen wird; die Schnellkraft, Elasticität. S. Federhart.


Federkraut (W3) [Adelung]


Das Federkraut, des -es, plur. inus. ein in einigen Gegenden üblicher Nahme der gemeinen Goldruthe, oder des heidnischen Wundkrautes, Solidago Virgo aurea L. weil es subtil ausgekerbte haarichte Blätter hat.


Federkrieg (W3) [Adelung]


Der Federkrieg, des -es, plur. die -e, ein Krieg, welcher mit der Feder geführet wird, ein schriftlicher Streit.


Federküssen (W3) [Adelung]


Das Federküssen, des -s, plur. ut nom. sing. ein mit Federn ausgestopftes Küssen.


Federlappen (W3) [Adelung]


Die Federlappen, sing. inus. bey den Jägern, zusammen geknüpfte Büschel Federn, welche an Leinen gebunden und vor das Holz gezogen werden, das Wild bey einer Jagd damit zu schrecken und zurück zu halten; das Federspiel.


Federläufer (W3) [Adelung]


Der Federläufer, S. Federstäuber.


Federlecker (W3) [Adelung]


Der Federlecker, des -s, plur. ut nom. sing. in der niedrigen Sprechart, eine verächtliche Benennung eines schlechten Schriftstellers.


Federleicht (W3) [Adelung]


Federleicht, adj. et adv. so leicht, wie eine Feder, sehr leicht.


Federlesen (W3) [Adelung]


Das Federlesen, des -s, plur. car. S. 1 Feder 1. Daher ein Federleser, ein zur Ungebühr zauderhafter Mensch.


Federlos (W3) [Adelung]


Federlos, adj. et adv. der Federn beraubt; ingleichen ohne Federn.


Federmeißel (W3) [Adelung]


Die Federmeißel, plur. die -n, bey den Mundärzten, Meißel von geschabter Leinwand, welche in die Munden geleget werden; Charpien, Plumaceoli. Man bediente sich statt ihrer ehedem kleiner mit Federn ausgestopfter Küssen, daher sie noch den Nahmen behalten haben.


Federmesser (W3) [Adelung]


Das Federmesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleines Messer, Schreibfedern damit zu schneiden; in den Monseeischen Glossen Scripmessere, bey dem Tatian Scripsachs, in Baiern Schrifterällel und Flenntel.


Federmuff (W3) [Adelung]


Der Federmuff, des -es, plur. die -müffe, ein mit künstlich gefärbten Federn besetzter Muff.


Federmütze (W3) [Adelung]


Die Federmütze, plur. die -n, eine mit Federn ausgestopfte Schlafmütze zärtlicher Mannspersonen.


Federn (W3) [Adelung]


Federn, verb. reg. neutr. mit dem Hülfs. haben. 1) Die Federn fahren lassen. Die Betten federn allzu sehr. 2) Sich federn, neue Federn anstatt der alten bekommen; wofür doch mausen üblicher ist. In der thätigen Gattung ist fiedern eingeführet. 3) Seine gerade Gestalt wieder anzunehmen streben, von federharten, d. i. elastischen, Körpern.


Federnelke (W3) [Adelung]


Die Federnelke, plur. die -n, eine Art Nelken mit einzelnen Blumen, welche sehr kurze eyförmige Kelchschuppen und vielspaltige Kronen haben, die an der Mündung mit Haaren besetzt sind; Dianthus plumarius L. Sie wachsen auf schattigen Tristen Europens.


Federreiß (W3) [Adelung]


Das Federreiß, S. Reißfeder.


Federrohr (W3) [Adelung]


Das Federrohr, des -es, plur. die -röhre, S. Federbüchse.


Federsalz (W3) [Adelung]


Das Federsalz, des -es, plur. inus. eine seltene Art des Pohlnischen Steinsalzes, welches in zarten Krystallspitzen beste- het, die strahlenweise neben einander liegen, und zarten Federn gleichen.


Federschmücker (W3) [Adelung]


Der Federschmücker, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die -inn, plur. die -innen, ein freyer Handwerker, welcher Federn färbet, und Schmuck daraus verfertiget. An einigen Orten werden dieses Leute Federweiler genannt.


Federschraube (W3) [Adelung]


Die Federschraube, plur. die -n, bey den Büchsenmachern, ein Schraubestock, die Schlag und Deckelfeder an den Deutschen Gewehrschlössern zurück zu biegen.


Federschütz (W3) [Adelung]


Der Federschütz, des -en, plur. die -en. 1) Ein Jäger, welcher vornehmlich mit dem Federwilde und andern kleinen Weidewerke umzugehen weiß. 2) Ein Jäger, der sehr fertig im Fluge und Laufe schießt; ein Flugschütz.


Federspath (W3) [Adelung]


Der Federspath, des -es, plur. von mehreren Arten und Qualitäten, die -e, ein strahliger Gypsspath, der auch Federweiß und Strahlgyps genannt wird; Gypsum striatum Waller.


Federspiel (W3) [Adelung]


Das Federspiel, des -es, plur. die -e. 1) Zusammen geknüpfte Büschel Federn, das Wild damit abzuschrecken, S. Federlappen. 2) Zusammen gebundene Vogelsittiche bey der Falkenjagd, den geworfenen Falken damit zurück zu locken; das Vorloß. 3) Die Jagd mit Falken selbst, die Falkenbeitze, ohne Plural. 4) Federwildbret, besonders im Oberdeutschen, wo dieses Wort auch Federgespiel lautet. Wib und vederspil die werdent lihte zam, der von Kiurenberg. 5) Eine Art eines Spieles, welches aus lauter kleinen, sauber geschnitzten Haus- und Kriegsgeräthschaften mit langen Stielen bestehet, welche man auf einen Haufen wirft, da sie denn mit einem spitzig geschnittenen, am Ende ein wenig gekrümmten Federliste nach einander aufgehoben werden müssen, ohne ein anderes Stück zu berühren.


Federstaub (W3) [Adelung]


Der Federstaub, des -es, plur. inus. die kleinsten und besten Federn unten von dem Bauche; Flaumfedern, Staubfedern. Isländischer Federstaub, d. i. Eiderdunen.


Federstäuber (W3) [Adelung]


Der Federstäuber, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der mit Federn zu Betten handelt; Federhändler, Federläufer. Fäm. die -inn, plur. die -innen. 2) Ein Busch von Sraußfedern, Gläser, Porzellan u. s. f. damit von dem Staube zu reinigen; ein Federbesen.


Federstein (W3) [Adelung]


Der Federstein, des -es, plur. die -e, der geschliffene Knorpel, welcher die beyden Schalen der Perlauster mit einander verbindet, und ehedem für einen Edelstein ausgegeben wurde. Weil er mit schönen Farben spielt, so wird er auch Pfauenstein und Pfauenfeder genannt.


Federstück (W3) [Adelung]


Das Federstück, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, eiserne Keile, zwischen welche ein stärkerer Keil getrieben wird, die verfahrnen Wände damit zu zersetzen. S. 2 Feder.


Federstutz (W3) [Adelung]


Der Federstutz, des -es, plur. die -e, ein Federbusch, welcher zur Zierde auf dem Hute getragen wird. Ein Reiherstutz, wenn er von Reiherfedern ist.


Federstutzer (W3) [Adelung]


Der Federstutzer, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher Frauenzimmerputz von Federn verfertiget.


Federthaler (W3) [Adelung]


Der Federthaler, des -s, plur. ut nom. sing. in der Schweiz, ein Nahme der Französischen Laubthaler.


Federuhr (W3) [Adelung]


Die Federuhr, plur. die -en, eine jede Uhr, welche ihre Bewegung von einer elastischen Stahlfeder erhält, zum Unterschiede von den Perpendikeluhren.


Federvieh (W3) [Adelung]


Das Federvieh, des -es, plur. inus. ein Collectivum, das zahme in der Hauswirthschaft übliche Geflügel zu bezeichnen.


Federwage (W3) [Adelung]


Die Federwage, plur. die -n, eine Wage, welche aus einer hohlen Röhre bestehet, die inwendig eine gewundene Feder hat, durch welche ein vierecktes Stängelein gehet, worauf die Zahl der Gewichte verzeichnet ist; die Sackwage.


Federweiler (W3) [Adelung]


Der Federweiler, des -s, plur. ut nom. sing. S. Federschmücker.


Federweiß (W3) [Adelung]


Das Federweiß, subst. indeclin. ein Nahme, der mehreren weißen Mineralien gegeben wird, wenn ihre Oberfläche nach Art der Feder krystallisiret ist. 1) Dem Federalaune, S. dieses Wort. 2) Dem Federspathe, S. dieses Wort. 3) Einer Art Amianth, welcher wie eine Flaumfeder aus den Steinen wächset, und weder im Wasser noch im Feuer schmilzet; Feder-Asbest, Bergdun, Pliant. 4) In einigen Gegenden führet das Bleyweiß diesen Nahmen.


Federwildbret (W3) [Adelung]


Das Federwildbret, des -es, plur. inus. alles wilde Geflügel, es sey eßbar oder nicht; das Federwild.


Federwißmuth (W3) [Adelung]


Der Federwißmuth, des -es, plur. inus. eine Art Wißmuthes, welche in Gestalt der Federn gefunden wird.


Federzeichnung (W3) [Adelung]


Die Federzeichnung, plur. die -en, eine Zeichnung, welche mit Feder und Dinte verfertiget worden.


Federzins (W3) [Adelung]


Der Federzins, des -es, plur. die -e, der Zins an Federvieh, besonders an Hühnern.


Federzirkel (W3) [Adelung]


Der Federzirkel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Zirkel, welcher statt des gewöhnlichen Gewindes einen federharten Bogen hat, und vermittelst einer Schraube gestellet wird.


Fee (W3) [Adelung]


Die Fee, (zweysylbig,) plur. die -n, eine Art erdichteter Untergöttinnen, welche die Einbildungskraft wider alle Kenntniß der Naturkräfte ersonnen, und die dem Französischen Witze reichen Stoff zu einer Menge Erdichtungen Anlaß gegeben hat, welche Feenmärchen genannt werden; eine Zauberinn höherer Art.

Anm. Wir haben dieses Wort nebst der Sache selbst aus dem Franz. Fee, wo es zuerst bey den Provenzal-Dichtern vorkommt. Im Span. und Ital. lautet es Fata, Fada, im mittlern Lat. Fada, wo man auch männliche Fados antrifft. Die heutigen Franzosen haben das d bloß nach einer weichlichen Mundart ausgestoßen, daher lautet dieses Wort noch in Gascogne Fades. Leibnitz leitet es von Fatum, Eckhard aber von Vates ab. Arnobius kennt schon Fatuas: Qui Faunos, qui Fatuas, civitatumque genios ... reverentur. In den härten Deutschen Mundarten lautet dieses Wort Feie, Feye. Im Dithmarsischen ist Fey eine Mutterschwester; aber das gehöret ohne Zweifel nicht hierher.


Fege (W3) [Adelung]


Die Fege, plur. die -n. 1) Das Fegen oder Reinigen, im gemeinen Leben in einigen Fällen, und ohne Plural. Die Fege des Grabens vornehmen. 2) Ein Werkzeug zum Fegen, d. i. Reinigen. So wird in der Landwirthschaft das stehende Sieb von Draht zur Reinigung des Getreides, die Kornrolle, das Ährensieb, auch die Kornfege, ingleichen nur schlechthin die Fege, in niedrigen Mundarten die Feihe, genannt.


Fegefeuer (W3) [Adelung]


Das Fegefeuer, des -s, plur. car. in der Römischen Kirche, ein Ort nahe an der Hölle, wo die Seelen der Verstorbenen, ehe sie in den Aufenthalt der Seligen gelangen, von den noch anklebenden Sünden gefeget, d. i. gereiniget werden; Purgatorium.

Anm. Auf ähnliche Art wird das Fegefeuer im Schwedischen Skärfeld, Scheuerfeuer, genannt.


Fegehader (W3) [Adelung]


Der Fegehader, des -s, plur. die -n, im Oberdeutschen, ein Hader, d. i. Lappen, zum Fegen oder Reinigen; ein Scheuerlappen, Wischlappen, Fegelappen oder Fegewisch.


Fegehammer (W3) [Adelung]


Der Fegehammer, des -s, plur. die -hämmer, in den Salzwerken, ein Hammer, womit die Pflaumen gefeget, d. i. der Salzstein oder Schöpp abschlagen wird.


Fegekraut (W3) [Adelung]


Das Fegekraut, des -es, plur. inus. S. Kannenkraut.


Fegen (W3) [Adelung]


Fegen, verb. reg. act. reinigen, rein machen. 1) In der weitesten Bedeutung, ohne auf die Weise zu sehen. Das Schwert ist geschärft und gefegt, Ezech. 21, 9, 11. Und will dasselbe dritte Theil durchs Feuer führen und läutern, wie man Silber läutert, und fegen, wie man Gold feget, Zachar. 13, 9. Im Hochdeutschen ist dieses Bedeutung ziemlich selten geworden, wo man sie im gemeinen Leben nur noch in einigen Fällen antrifft. Die Feuermauer fegen, einen Graben, einen Brunnen fegen. Die Salzpfanne fegen, den angelegten Salzstein mit einem Hammer abklopfen, S. Fegehammer. Das Getreide fegen, es durch ein stehendes Sieb laufen lassen, S. Fege 2. Der Hirsch fegt sein Gehörn, bey den Jägern, wenn er die rauhe Haut von dem neuen Gehörne, welche daher auch das Gefege genannt wird, abschlägt; wo dieses Zeitwort auch in Gestalt eines Neutrius üblich ist, der Hirsch fegt, hat gefegt. Zinn, Kupfer, das Geschirr fegen, für scheuern, im Oberdeutschen. Ein Schwert fegen, S. Schwertfeger. Einem den Beutel fegen, im gemeinen Leben dessen Beutel leer machen. Ich wil ihn fegen, in der niedrigen Sprechart, einen derben Verweis geben; im welchem Verstande auch scheuern gebraucht wird. Ehedem nannte man solches, einem den Panzer fegen. 2) In engerer Bedeutung, doch auch nur im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, mit dem Besen, oder der Bürste reinigen. Die Stube fegen, kehren, auskehren. S. Abfegen und Ausfegen. 3) Die Bienen fegen, bedeutet in einigen Gegenden, das Gewirk in den Bienenstöcken beschneiden. So auch die Fegung.

Anm. Fegen, in einigen gemeinen Mundarten feihen, Isl. faegia, Schwed. feia, in Nord-England fei oder feigh, zielet entweder auf das Reiben, welches mit den meisten Arten des Fegens verbunden ist, so daß es zu dem Geschlechte des Zeitwörter fächeln, fackeln u. s. f. gehören würde, S. auch Bewegen und Wegen, oder es gehöret zu dem Angels. Fag, Farbe, Glanz, Schwed. fegur, schön, ( S. Fein,) wenn nicht vielmehr dieses von jenem abstammet. Ihre findet viele Ähnlichkeit zwischen dem Schwed. feia und dem Lat. pius, welches, dem Servius zu Folge, eigentlich rein bedeutete.


Fegeopfer (W3) [Adelung]


Das Fegeopfer, des -s, plur. ut nom. sing. ein biblischer Ausdruck, der nur 1 Cor. 4, 13 vorkommt: wir sind stets als ein Fluch der Welt, und ein Fegeopfer aller Leute. Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welches einige durch ein Söhnopfer erklären, wozu man in manchen Fällen denjenigen Verbrecher selbst zu nehmen pflegte, um deßwillen ein Land gezüchtiget wurde; andere aber, vielleicht mit mehreren Rechte, durch den unnützen Abgang von den Opfern, welcher weggeworfen wurde. In den Ausgaben von 1522, 1524 und 1527 heißt es: wir sind als ein Kehrig der Welt und eyns ydermanns Schabab worden.


Feger (W3) [Adelung]


Der Feger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die -inn, plur. die -innen, der oder die da feget, d. i. reiniget; am häufigsten in den Zusammensetzungen Schornsteinfeger, Schwertfeger, Brunnenfeger u. s. f.


Fegerecht (W3) [Adelung]


Das Fegerecht, des -es, plur. inus. das Recht zu fegen, d. i. zu reinigen; besonders das Recht, einen Graben zu fegen, der Schaufelschlag, das Räumungsrecht.


Federschober (W3) [Adelung]


Der Federschober, des -s, plur. ut nom. sing. in den Salzwerken, kleine Pfannen, welche in das Salz gesetzet werden, ehe es noch körnet, damit sich aller noch übriger Schlamm hinein ziehe, und das Salz gereiniget werde; daher sie auch Schlammpfännchen heißen. S. Schober.


Fegsel (W3) [Adelung]


Das Fegsel, des -s, plur. inus. im Oberdeutschen, was bey Reinigung einer Sache als unnütz weggeschaffet wird, das Kehricht; an einigen Orten das Feget, Ausfeget.


Feh (W3) [Adelung]


Der Feh, des -es, plur. die -e, S. Fehe.


Fehde (W3) [Adelung]


1. Die Fehde, plur. die -n, thätige Feindseligkeiten, besonders unter Privatpersonen, am häufigsten zu den Zeiten des Faustrechtes, und in weiterer Bedeutung, Haß, Streit. Alle Fehde hat nun ein Ende, in dem Liebe: Allein Gott in der Höh sey Ehr. Ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, welches nur noch zuweilen in der komischen Schreibart gebraucht wird. Die gange Fehde ward geschlichtet, Haged.

Anm. Dieses Wort lautet im Niedersächsischen, wo es gleichfalls veraltet ist, Veide, im Dän. Fejde, im Holl. Veede, Veide, Veete, im Angels. Faehth, im Engl. Feud, im Isländ. Faed, im Schwed. Fegd, in einigen Oberdeutschen Mundarten gleichfalls Fecht, im mittlern Lat. und unter andern schon in den Longobardischen Gesetzen Faida, Feida. Es ist das Abstractum von dem alten Zeitworte fi, fian, hassen, ohne daß man erst nöthig hätte, mit Ihre das Wort Haß, Nieders. und nord. Hat, oder mit Schiltern Eid daran zu setzen. S. Feind, Fechten. Fehden, Krieg führen, fehdlich, feindlich, Fehder, der angreifende Theil, sind gleichfalls veraltet. S. auch Befehden.


Fehde (W3) [Adelung]


2. * Die Fehde, plur. inus. ein im Hochdeutschen noch mehr veraltetes Wort, welches noch in einigen Gegenden Oberdeutschlandes gehöret wird, wo es Sicherheit, Versicherung, Caution bedeutet. Die Gesundheitsfehde, ein Gesundheitspaß, Versicherung, daß man aus einem gesunden Orte komme. Anm. Dieses Wort war ehedem auch in Niedersachsen bekannt, wo an einigen Orten Borgfede noch jetzt Bürgschaft bedeutet. Es stammet von dem Latein. Fides, Ital. Fede, oder mit demselben aus Einer gemeinschaftlichen ältern Quelle ab. Das noch übliche Urfehde gehöret wahrscheinlicher zu diesem als dem vorigen Worte.


Fehdebrief (W3) [Adelung]


Der Fehdebrief, des -es, plur. die -e, ein Ausforderungsschreiben, die schriftliche Ankündigung seiner thätigen Feindschaft; ein gleichfalls veraltetes Wort, welches nur noch theils in der Geschichte der mittlern Zeiten, theils im Scherze für eine Ausforderung, gebraucht wird. S. 1 Fehde.


Fehe (W3) [Adelung]


Die Fehe, plur. die -n, eine besonders bey den Kürschnern übliche Benennung des Sibirischen und Tatarischen Eichhornes, des ausländischen Marders, und deren Felles. Schwarzer Fehe, der schwärzliche graue Rücken des Hermelins, der Fehrücken. S. Grauwerk. Weiße Fehe, der weiße Bauch dieses Thieres, S. Fehwamme und Eichhorn. In einigen Gegenden ist dieses Wort männlichen Geschlechtes, der Feh, und mit dem harten Oberdeutschen Hauchlaute der Fech.

Anm. Fe, Vehen, Fen, Ital. Faio, im mittlern Lat. Varius, bedeutete ehedem bunt, vielfärbig, und figürlich auch unbeständig. Mit fehi umbeheltiu, circum amicta varietate, Notker. Fehemo muate, mit unbeständigem Gemüthe, Ottfr. Hernach, scheinet es, habe man verschiedenen, Besonders bunten kostbaren Pelzwerken, und den Thieren, von welchen sie kommen, diesen Nahmen beygelegt. In den mittlern Zeiten war das Hermelin unter diesem Nahmen bekannt, und im Oberdeutschen heißt es zuweilen noch jetzt so. Hermelin oder Vehe, mus ponticus, in Gohtii Onsmast. Winsbeck nennt eine Katze Vohe, entweder um des grauen Felles willen, oder auch von fahen, fangen: Es loufet selten wisu mus slafender vohen in en munt, Str. 40. Und Friedrich der Knecht verstehet unter Vehe vermutlich wilde Katzen: Nu sihe ich an ir mute Geb ich ir an ir hute Eine vehe chursen gute. Siehe auch Fuchs und Vieh. Im mittlern Lat. ist Fagina, mustela major.


Fehhändler (W3) [Adelung]


Der Fehhändler, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, z. B. in Straßburg, der mit kostbaren ausländischen Fellen handelt, ein Kürschner.


Fehhaube (W3) [Adelung]


Die Fehhaube, plur. die -n, eine runde hohe rauche Mütze von Fehe, oder auch geringerm Pelzwerke, in Form eines Muffes, welche die Weiber an einigen Orten im Winter tragen; eine Pohlnische Haube.


Fehl (W3) [Adelung]


Fehl, adverb. der Absicht, den Regeln zuwider, falsch, ingleichen vergebens; ein Wort, welches nur noch manchen Zeitwörtern zugesellet wird. Dergleichen sind z. B. Bitten. Fehl bitten, vergebens, unerhört bitten; wo es doch nur zuweilen im Infinitivo gebraucht wird. Lassen sie mich nicht fehl bitten; besser, lassen sie mich keine Fehlbitte thun. S. Fehlbitte. Bohren. Fehl bohren, falsch bohren, das rechte Ziel im Bohren verfehlen. Drucken. Fehl drucken, besser falsch drucken. Führen. Fehl führen, einen falschen Weg führen. Der Verstand führt uns oft fehl, wenn wir seines Lichtes am meisten bedürfen; Sonnenf. Gehen. Fehl gehen. 1) Falsch gehen, des rechten Weges, oder des rechten Zieles verfehlen. Ich bin fehl gegangen. Wir sind einander fehl gegangen, haben einander verfehlet. Bey dem Ottfried missegaan. 2) Für fehl schlagen. im Oberdeutschen. die Sache geht ihm fehl, schlägt ihm fehl. Greifen. Fehl greifen, falsch greifen, im Greifen die verlangte Sache verfehlen. S. Fehlgriff. Hauen. Fehl hauen, falsch hauen, vorbey hauen. Jagen. Fehl jagen, vergebens jagen, kein Wildbret bekommen; wo doch das Hauptwort, das Fehljagen, üblicher ist. Laufen. Fehl laufen, vergebens laufen, das Ziel im Laufen verfehlen. Reden. Fehl reden, falsch reden, sich versprechen, im Oberdeutschen. Reiten. Fehl reiten, im Reiten des rechten Weges verfehlen. Der Bediente ist fehl geritten. Schießen, Fehl schießen, vorbey schießen; die Sache, wornach man zielet, verfehlen. S. Fehlschuß. Schlagen. Fehl schlagen. a) Von schlagen, percutere, vorbey schlagen, mit dem Hülfsworte haben. S. Fehlschlag. 2) Von schlagen, zum Vorschein kommen, zum Vorschein bringen, mit dem Hülfsworte seyn, nicht gerathen. Das schlägt mir fehl, erfolgt nicht so, als ich es hoffte. Schmeichle dir nicht mit einer Hoffnung, die dir leicht fehl schlagen kann. Weiße. Schließen. Fehl schließen, unrichtig, falsch schließen. Siehe Fehlschluß. Schneiden. Fehl schneiden, falsch schneiden, vorbey schneiden. S. Fehlschnitt. Schreiben. Fehl schreiben, falsch schreiben; besser sich verschreiben. Sehen. Fehl sehen, falsch sehen, sich versehen, im gemeinen Leben, besonders Oberdeutschlandes. Stoßen. Fehl stoßen, vorbey stoßen. Treten. Fehl treten, vorbey treten, einen falschen Tritt thun. S. Fehltritt. Werfen. Fehl werfen, vorbey werfen, falsch werfen. Ziehen. Fehl ziehen, einen falschen Zug thun. Siehe Fehlzug. Zielen. fehl zielen, falsch zielen, vorbey zielen.

Anm. Es ist unnöthig, dieses Nebenwort mit den Zeitwörtern, denen es beygesellet wird, als ein Wort zu schreiben, wie viele thun, fehlgehen, fehlbitten, u. s. f. eben so unnöthig, als wenn man falsch, recht, gerade, gut und andere Nebenwörter mit den Zeitwörtern zusammen ziehen wollte, bey welchem sie stehen, und deren Bedeutung sie näher bestimmen. Dieses Vorrecht haben theils nur die Vorwörter, theils die untrennbaren Nebenwörter, ge, miß, und voll; zu welchen aber fehl nicht gehöret, weil es so wie andere Partikeln in den gewöhnlichen Fällen hinter das Zeitwort tritt. Ich ging fehl. Ganz anders verhält es sich mit den Hauptwörtern, die außer der Zusammensetzung kein Nebenwort bey sich haben können. Daher schreibt man ganz richtig, Fehlbitte, Fehltritt, Fehlzug. Im Dänischen lautet dieses Nebenwort feil, im Niedersächsischen aber ist dafür mis üblich. S. das Folgende.


Fehl (W3) [Adelung]


Der Fehl, des -es; plur. die -e, ein Fehler, in dessen sämmtlichen Bedeutungen. Ein Lamm, da kein Fehl an ist, 2 Mos. 12, 5. Wenn an jemand deines Samens ein Fehl ist, 3 Mos. 21, 17. Ihr Bauch bringet Fehl, Hiob. 15, 35. Mit Unglück ist er schwanger, er wird aber einen fehl gebären, Pf. 7, 15. Was haben doch eure Väter Fehls an mir gehabt, daß sie von mir wichen. Jer. 2, 5. So ihr den Menschen ihre Fehle vergebet, Matth, 6, 14. 15. Im Hochdeutschen ist dieses Wort veraltet, außer daß es um des Sylbenmaßes willen noch zuweilen von den Dichtern gebraucht wird. Der Ehrgeitz ist ein Fehl, den leicht ein Held verzeiht, Schleg.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort Feil, im Engl. Fail und Fault, im Schwed. Fel, im Wallis. Ffaeal, im Span. Falta, im Franz. Faute, im Epirotischen Fai, im mittlern Lat. Fallia, Fallacia, Fallum. Im Hochdeutschen ist Fehler dafür üblich. S. Fehlen.


Fehlbar (W3) [Adelung]


Fehlbar, -er, -ste, adj. et adv. fähig zu fehlen, d. i. zu irren. Alle Menschen sind fehlbar; wo doch der Gegensatz unfehlbar üblicher ist. Daher die Fehlbarkeit, plur. inus. das Vermögen zu fehlen oder zu irren, und dessen Gegensatz, die Unfehlbarkeit,. Im Oberdeutschen ist ein Fehlbarer, ein Übertreter der Gesetze, ein Strafbarer.


Fehlbitte (W3) [Adelung]


Die Fehlbitte, plur. die -n, eine vergebliche Bitte, welche fehl schläget, nicht bewilliget wird. Lassen sie mich keine Fehlbitte thun.


Fehlbitten (W3) [Adelung]


Fehlbitten, Fehlbohren, Fehldrucken, S. Fehl adv.


Fehlen (W3) [Adelung]


1. Fehlen, S. Befehlen.


Fehlen (W3) [Adelung]


2. Fehlen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und in zwey Hauptbedeutungen üblich ist. I. Aus Mangel der Erkenntniß oder aus Übereilung nicht so handeln, wie man wollte, oder wie man sollte. 1. Das vorgesetzte Ziel aus einem Versehen nicht erreichen; im Gegensatze der Treffens. So fehlet der Jäger, wenn er dasjenige nicht trifft, wornach er zielet. Sie konnten mit der Schleuder ein Haar treffen, daß sie nicht fehlten Richt. 20, 16. Er schlug nach mir, aber zum Glück fehlete er. Soll die Art und Weise näher bestimmt werden, so gebraucht man dazu das Nebenwort fehl mit den Zeitwörtern, gehen, bauen, schlagen, schießen u. s. f. nachdem die Sache es erfordert. Wird das Ziel, welches man wider seine Absicht nicht getroffen hat, zugleich mit ausgedruckt, so stehet es, wenn es ein Hauptwort ist, am häufigsten in der zweyten Endung. Wir haben des rechten Weges gefehlet, Weish. 5, 6. Sie fehlen ihres Weges selten Gell. Das Recht, so ihn strafen soll, wird sein nicht fehlen, Weish. 1, 8. Selten in der vierten. Doch fehle nicht den Weg, Gottsch. Warum mußte seine Regel mich fehlen? Am sichersten und häufigsten gebraucht man im Hochdeutschen in diesem Falle das zusammen gesetzte verfehlen. 2. Figürlich, einen Fehler begehen, aus Mangel der Erkenntniß oder aus Übereilung nicht nach der Regel handeln. 1) Nicht nach der Regel der Kunst und der Wissenschaft. In der Aussprache, in der Wortführung fehlen. Der Mahler fehlt durch falsche Striche u. s. f. 2) Nicht nach der Regel der Wahrheit, irren, die Wahrheit verfehlen. Er hat nur um fünf Jahre gefehlet. Denn die Priester können nicht irren im Gesetz, und die Weisen können nicht fehlen mit Rathen, Jer, 18, 18. Sein Mund fehlet nicht im Gericht, Sprichw. 16, 10. Im Muthmaßen fehlet man leicht. 3) Nicht nach der Regel der Klugheit, und der Sitten. Ich habe gefehlt, ich bekenne es. Du hast dieß Mahl in der Höflichkeit gefehlet. Große Leute fehlen auch. Ich will lieber durch den Überfluß der Freundschaft fehlen als durch den Mangel, Gell. 3. Fehl schlagen, wider die Erwartung erfolgen, mißlingen. Ich glaubte, es könnte mir nicht fehlen. Dein Anschlag wird dir gewiß fehlen. 4. Nicht antreffen, nur im Infinitive mit zu. Er ist in der Kirche nie zu fehlen, er ist beständig in der Kirche anzutreffen. Das im all sein anschleg Wollten fehlen in alle weg, Theuerd. Kap. 63. Den Bösen fehlet ihr Begehren Wenn sie sich noch so sehr befleißen, Opitz Ps. 112. Gott lässets fehlen den Vesten, Hiob 12, 19. Umsonst, der Anschlag fehlt, Rost. Und da die That gefehlt, hieß sie den Willen gut, ebend. II. Abwesend seyn, von Dingen, die der Regel, der Bestimmung, der Erwartung, oder auch nur dem Begriffe des Subjectes nach anwesend seyn sollten oder könnten. 1. Eigentlich. Wie viel Gäste fehlen noch? Es fehlt niemand mehr von den Gästen. Es fehlen noch sechzehn Groschen an zehen Thalern. Diese zehen Thaler fehlen mir noch an der Summe. Dem Garten fehlet noch vieles. Das fehlte noch zu meinem Unglücke, mein Unglück vollkommen zu machen. Dieser Verdacht fehlte noch, meinen Kummer vollkommen zu machen, Less. Ingleichen unpersönlich. Es fehlt ihm Glück und Geld; wo man aber richtiger das Vorwort an braucht. Es wird dir nie an guten Freunden fehlen. An Entschuldigungen hat es ihm noch nie gefehlet. Es fehlet nur an mir, ich, meine Bemühung fehlet noch. An mir soll es nicht fehlen, ich werde von meiner Seite nichts unterlassen. Ich weiß wohl, woran es fehlet. Es soll gewiß an meinem Gehorsam nicht fehlen, Gell. Es fehlte ihr noch an ein Paar Blumen zum Kranze, Weiße. 2. Figürlich. 1) Entfernet seyn; unpersönlich und in verschiedenen adverbischen Arten des Ausdruckes, nach dem Muster des Latein. parum, tantum abest. Wenn er meint, er habs vollendet, so fehlet es noch weit, Sir. 18, 6; wo aber die Stellung dieser R. A. in den Nachsatz ungewöhnlich ist. Es fehlet nicht viel, du überredest mich, daß ich ein Christ werde, Apostelgesch. 26, 28. Es fehlte nicht viel, so wäre er gefallen; oder, es hat wenig gefehlt, daß er gefallen wäre. Es fehlet nicht weit, sie werden mich steinigen, 2 Mos. 17, 4; richtiger, daß sie mich steinigen, oder so steinigen sie mich. So auch mit der im gemeinen Leben üblichen elliptischen Art des Ausdruckes weit gefehlt. Weit gefehlt, daß er mich loben sollte, schmähet er mich vielmehr; anstatt mich zu loben u. s. f. Doch weit gefehlt, daß auch nur einer zagte, So u. s. f. Gell. 2) Eine Unvollkommenheit empfinden, so wohl am Leibe als am Gemüthe. Sie sehen so krank aus, was fehlet ihnen? Er ist selten gesund, immer fehlet ihm etwas, nehmlich an seiner Gesundheit. Was fehlet dir am Auge? Was hast du für einen Schaden am Auge? Was fehlet ihnen? fragt man auch einen Niedergeschlagenen, Traurigen und Zornigen. Ich kann es errathen, was ihm fehlt, oder wo es ihm fehlt. Anm. 1. Das Hauptwort die Fehlung ist nicht gebräuchlich. Die biblische Wortfügung mit der zweyten Endung, du zertrittest alle die deiner Rechte fehlen, Ps. 119, 118, der wahren Liebe haben etliche gefehlet, 1 Tim. 1, 6, und fehlen des Glaubens, Kap. 6, 21, der Wahrheit, 2. Tim. 2, 18, für ermangeln, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich, eben so wie der Gebrauch Weish. 2, 9, unser keiner lasse ihm fehlen mir Prangen, lasse es am Prangen fehlen.

Anm. 2. Dieses Zeitwort lautet im Nieders. feilen, im Holl. feylen, im Dän. feile, im Engl. to fail, im Franz. faillir, im Schwed. fela, im Ital. fallare, im mittlern Lat. fallire, fallere, fellere, falescere. Das Lat. falli, und die Deutschen Wörter fallen und falsch, sind genau damit verwandt. Indessen ist es doch sonderbar, daß dieses Wort so wie fehl, Fehl, Fehler u. s. f. bey den ältesten Oberdeutschen Schriftstellern, so viel ich wenigstens weiß, niemahls vorkommt. Da die zweyte Hauptbedeutung der Abwesenheit, sich nicht füglich als eine Figur der ersten ansehen lassen will: so sind einige, besonders nordische Wortforscher, darauf gefallen, fehlen in dieser Bedeutung als ein von dem vorigen ganz verschiedenes Zeitwort anzusehen, welches von dem alten feh, wenig, Franz. peu, Engl. few bey dem Ulphillas fawai, bey dem Kero fohe, im Angels. fea, abstamme. Siehe Feige adject.

Anm. Doch die Sache ist noch zu dunkel, als daß man sie für etwas weiter als Muthmaßung sollte ausgeben können. Rechnet man dieses Wort zu dem Geschlechte des alten fehlen, bedecken, ( S. Fell,) so werden sich vielleicht beyde Bedeutungen auf eine ungezwungene Weise davon herleiten lassen.


Fehler (W3) [Adelung]


Der Fehler, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Fehlerchen, Oberd. Fehlerlein, ein Hauptwort, welches vermittelst der Endsylbe -er von dem vorigen Zeitworte gebildet worden. 1. Eine Sache, welche fehlet oder fehl schläget; in welchem Verstande es von Loosen, bey dem Kegelschieben, Scheibenschießen u. s. f. gebraucht wird, im Gegensatze des Treffers. Ich weiß noch nicht, ob mein Loos unter den Treffern oder unter den Fehlern seyn wird. Auf jemandes Fehler halten, im Kegelschieben. 2. Eine Abweichung von der Vollkommenheit. 1) Von der physischen Vollkommenheit. Das Thier hat einen Fehler an sich. Einen Fehler am Auge haben. Er hat einen Fehler am Rücken, ist bucklig. Die Uhr hat viele Fehler. 2) Von der sittlichen Vollkommenheit, eine unvorsetzliche Abweichung von der Regel der Kunst, der Klugheit, des Gesetzes u. s. f. Einen Fehler begehen. Seinen begangenen Fehler gestehen. So ein kleines Fehlerchen entschuldigt die Mode. Er schreibt, spricht ohne Fehler. Ein Fehler wider die Sprachkunst, wider die Mode, wider die guten Sitten. Ein Sprachfehler, Schreibfehler, Druckfehler, Lebensfehler u. s. f. Es ist ein Fehler vorgegangen, begangen worden. Fehler in einer Rechnung. Einen Fehler verbessern Das ist nicht mein Fehler, ist nicht meine Schuld. Ingleichen fehlerhafte, unvollkommene Neigungen, Beschaffenheiten des Gemüthes. Er hat viele Fehler an sich, ist voller Fehler. In der gemilderten Schreibart pfleget man oft Laster, vorsetzliche und herrschende Abweichungen von der sittlichen Vollkommenheit, aus Höflichkeit Fehler zu nennen; wenn man z. B. von einem Trunkenbolde sagt, er habe den Fehler an sich, daß er gern trinke. S. Fehl das Hauptwort, welches im Hochdeutschen durch dieses Wort verdränget worden.


Fehlerfrey (W3) [Adelung]


Fehlerfrey, er -este, adj. et adv. ohne Fehler, frey von Fehlern. Ein fehlerfreyes Gedicht. Kein Mensch ist fehlerfrey.


Fehlerhaft (W3) [Adelung]


Fehlerhaft, -er, -este, adj. et adv. der Gegensatz des vorigen, Fehler habend. Ein fehlerhaftes Gebäude. Der Aufsatz ist sehr fehlerhaft. Ein fehlerhaftes Betragen. Daher die Fehlerhaftigkeit.


Fehlgeburt (W3) [Adelung]


Die Fehlgeburt, plur. die -en, eine unzeitige, zu frühe Geburt, abortus.


Fehlgehen (W3) [Adelung]


Fehlgehen, Fehlgreifen, S. Fehl adv.


Fehlgriff (W3) [Adelung]


Der Fehlgriff, des -es, plur. die -e, ein verfehlter, ein falscher Griff. Einen Fehlgriff thun, Nieders. Misgrep.


Fehlhauen (W3) [Adelung]


Fehlhauen, Fehljagen, S. Fehl adv.


Fehljahr (W3) [Adelung]


Das Fehljahr, des -es, plur. die -e, in der Landwirthschaft, ein Jahr, in welchem die Hoffnung, die man sich gemacht, fehl schläget, ein Mißjahr. Unter zehen Jahren der Bienenzucht pflegen fünf Fehljahre zu seyn. Der Weinbau hat gemeiniglich neun Fehljahre gegen ein gutes Jahr.


Fehllaufen (W3) [Adelung]


Fehllaufen, Fehlreden, Fehlreiten, Fehlschießen, siehe Fehl adv.


Fehlschlag (W3) [Adelung]


Der Fehlschlag, des -es, plur. die -schläge, ein falscher, ein verfehlter Schlag, Nieders. Misslag, welches auch figürlich einen jeden Fehler bedeutet.


Fehlschlagen (W3) [Adelung]


Fehlschlagen, Fehlschließen, S. Fehl adv.


Fehlschluß (W3) [Adelung]


Der Fehlschluß, des -sses, plur. die -schlüsse, ein falscher Schluß, der nicht nach den Regeln der Vernunftlehre gemacht ist; ein Trugschluß.


Fehlschneiden (W3) [Adelung]


Fehlschneiden, S. Fehl adv.


Fehlschnitt (W3) [Adelung]


Der Fehlschnitt, des -es, plur. die -e, ein verfehlter, ingleichen ein falscher, unrichtiger Schnitt.


Fehlschreiben (W3) [Adelung]


Fehlschreiben, S. Fehl adv.


Fehlschuß (W3) [Adelung]


Der Fehlschuß, des -sses, plur. die -schüsse, ein Schuß, der vorbey gehet, der den Gegenstand nicht trifft, den er treffen sollte.


Fehlsehen (W3) [Adelung]


Fehlsehen, S. Fehl adv.


Fehlstoß (W3) [Adelung]


Der Fehlstoß, des -es, plur. die -stöße, ein verfehlter Stoß, der den Gegenstand nicht trifft, auf welchen er gerichtet war.


Fehlstoßen (W3) [Adelung]


Fehlstoßen, Fehltreten, S. Fehl adv.


Fehltritt (W3) [Adelung]


Der Fehltritt, des -es, plur. die -e, ein falsch gethaner Tritt. Einen Fehltritt thun. Auch figürlich, ein Fehler, ein Versehen. Nieders. Mistritt.


Fehlwerfen (W3) [Adelung]


Fehlwerfen, Fehlziehen, Fehlzielen, S. Fehl adv.


Fehlzug (W3) [Adelung]


Der Fehlzug, des -es, plur. die -züge, ein falscher, wider die Absicht gethaner Zug. Einen Fehlzug thun.


Fehm (W3) [Adelung]


1. Die Fehm, plur. die -en, eine alte Sächsische Benennung des Blutbannes, des Halsgerichtes, oder der peinlichen Gerichtbarkeit, deren Ausübung und des Gerichtes, welches sie ausübet. Besonders einer Art ehemaliger peinlicher Gerichte in Westphalen, welche inquisitorisch verfuhren, und sich durch ihre Strenge und nachmahligen Mißbräuche durch ganz Deutschland furchtbar und verhaßt machten, bis endlich im 15ten Jahrhunderte eingeschränkt, und im sechzehnten völlig abgeschaffet wurden. Weil die überall vertheilten Schöppen dieser Gerichte größten Theils unbekannt waren, ihre ganze Art zu verfahren auch sehr geheim gehalten wurde, so führeten sie auch den Nahmen der heimlichen Gerichte, sonst aber auch der Freystühle, der Freygerichte, der Fehmdinge, Freygedinge, der Westphälischen Gerichte u. s. f. Der ehemahligen gemeinen Meinung zu Folge soll Carl der Große diese Gerichte als eine Art der Inquisition wider die neu bekehrten und zum Abfalle geneigten Sachsen errichtet haben; welches aber von vielen mit Gründen bestritten worden. Übrigens lautet dieses Wort auch Vehm, Feim, Fein; eine Sache, welche vor dieses Gericht gehöret, wurde eine Fehmsache, Fehmwroge, Fehmrüge, der Richter Fehmer oder Feimer, Freygraf, die Beysitzer Fehmschöppen, Freyschöppen, und die daselbst üblichen Rechte und Gewohnheiten das Fehmrecht genannt.

Anm. Man hat eine Menge wunderlicher Ableitungen dieses Wortes, worunter immer eine an Unwahrscheinlichkeit und Ungereimtheit von der andern übertroffen wird. Frisch lässet den Nahmen dieses Gerichtes von der Zahl fünf abstammen, weil diese Gerichte mit so vielen Richtern besetzet gewesen; zumahl da fünf, im Salischen Gesetze fimmiha, im Schwed. fem und Isländ. fimm lautet, es auch noch jetzt an mehrern Orten Gerichte und Collegia gibt, die von der Zahl ihrer Glieder Fünfergerichte genannt werden. In der Schwedischen Provinz Ostgothland war ehedem gleichfalls ein Gericht, welches Femt hieß, weil die Ladungen vor dasselbe, wie Ihre will, von fünf zu fünf Tagen gingen. Allein da sich in der Geschichte der Fehmgerichte nirgends eine Zahl fünf finden will, diese Zahl auch im Niedersächsischen beständig five heißt, so fällt auch diese Ableitung weg. Wer eine bessere finden will, muß erwägen, 1) daß dieser Ausdruck ein altes Sächsisches Wort ist, folglich nur in dieser Mundart aufgesucht werden kann. 2) Daß er nicht ein eigenthümlicher Nahme der heimlichen Westphälischen Gerichte, sondern eine allgemeine Benennung der peinlichen Gerichtsbarkeit und deren Ausübung ist, wie unter andern auch aus dem Worte Fehmstätte erhellet. 3) Daß verfehmen in Sachsen ehedem verbannen bedeutete, und alsdann ein Synonymum von verfähren war, so wie die Fahre oder Vara gleichfalls als eine besondere Art der Fehmgerichte bekannt ist, ( S. 2 Fahren.) Alsdann wird man die Ableitung dieses Wortes von fahen, welches im Niedersächsischen in mehrern Zweigen ein m annimmt, ( S. Faden und das folgende,) vielleicht schicklicher finden, als Wachters Herleitung von dem Schwed. im Deutschen aber unbekannten fimur, schnell, flüchtig. Fehm könnte also in Nieders. auf eben die Art von fahen gebildet seyn, wie das Oberdeutsche Bann von binden.


Fehm (W3) [Adelung]


2. Die Fehm, plur. inus. ein gleichfalls nur im Ober- und Niedersachsen übliches Wort, die Frucht der Eich- und Buchbäume zu bezeichnen, so fern sie zur Mästung der Schweine dienet, die Mast, und das Recht, die Nutzung von dieser Mast zu ziehen. Die Schweine in die Fehm treiben, S. Einfehmen. Sie aus der Fehm nehmen. S. Ausfehmen.

Anm. Auch dieses Wort scheint von dem Zeitworte fahen herzukommen, welches ehedem auch umfassen, einfangen, einstellen, bedeutete, so wie das Schwed. famna, weil die Wälder zum Behuf dieser Nutzung eingeschlossen oder befriediget zu werden pflegen, oder auch weil man die Schweine alsdann in die Wälder einzuschließen pflegt. Fehm würde alsdann zunächst einen umschlossenen Wald, einen Bannforst bedeuten. Frisch hat den wunderlichen Einfall, dieses Wort sey eine Anspielung auf das vorige Fehmgericht, weil man den Schweinen nach der Mast den Prozeß zu machen und sie zur Fehmstätte zu führen pflege.


Fehm (W3) [Adelung]


3. Der Fehm, des -es, plur. die -e, oder der Fehmen, des -s, plur. ut nom. sing. in Ober- und Niedersachsen, ein Haufen, doch nur einige Arten desselben. 1) Ein Haufen gefälltes Holz, welcher eine Klafter hoch und breit ist; im Hochdeutschen ein Faden, Nieders. Faem, Viem. S. Faden. 2) Noch häufiger, ein großer Haufen, der von Korngarben, Stroh oder Heu errichtet wird, besonders wenn in der Scheuer nicht Raum genug vorhanden ist, selbiges aufzubewahren; in Hamb. ein Dymen, in Pomm. eine Miethe, an andern Orten, eine Triste, ein Schober. Ein Getreidefehmen, Heufehmen, Strohfehmen. In den gemeinen Mundarten lautet dieses Wort Feim, Feimen; an einigen Orten ist es auch weiblichen Geschlechtes, die Fehme oder Feime. In Bremen ist Fiem eine Zahl von hundert Korngarben.

Anm. Auch dieses Wort gehöret vermuthlich zu dem alten Zeitworte fahen, nicht bloß, weil ein solcher Fehmen gerade so hoch und breit ist, als man mit ausgespannten Armen reichen kann, wie ein Faden Holz, sondern so fern es ehedem überhaupt an einen gewissen Ort einschließen, aufhäufen, bedeutete. Man müßte es denn zu einem alten nordischen Stammworte rechnen, welches hoch bedeutete, und wovon noch hin und wieder Spuren angetroffen werden; wohin auch das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Geschwulst, Faum, spuma, Baum, und andere mehr gehören. S. Baum.


Fehmding (W3) [Adelung]


Das Fehmding, S. 1 Fehm.


Fehmen (W3) [Adelung]


* Fehmen, verb. reg. act. 1) Von Fehm, die peinliche Gerichtbarkeit, ein längst veraltetes Wort, von welchem man ehedem das zusammen gesetzte verfehmen, verbannen, ingleichen nach Urtheil und Recht hinrichten, hatte. Die verfehmten Todten, die Körper der Hingerichteten, in Menkens Script. Th. 2. S. 1702. S. 1 Fehm und Fehmstätte. 2) Von Fehm, die Mast, in die Mast treiben, wo doch einfehmen üblicher ist. S. auch Ausfehmen.


Fehmgeld (W3) [Adelung]


Das Fehmgeld, des -es, plur. von mehrern Summen dieser Art, die -er, dasjenige Geld, welches für die Mast der Eich- und Buchwälder dem Herren des Waldes entrichtet wird. Siehe 2 Fehm.


Fehmgericht (W3) [Adelung]


Das Fehmgericht, des -es, plur. die -e, S. 1. Fehm.


Fehmmahl (W3) [Adelung]


Das Fehmmahl, des -es, plur. die -e, das Mahl oder Zeichen, welches man den Schweinen, ehe sie eingefehmet oder in die Mast getrieben werden, einzubrennen pfleget. S. 2 Fehm.


Fehmrecht (W3) [Adelung]


Das Fehmrecht, des -es, plur. die -e, S. 1 Fehm.


Fehmregister (W3) [Adelung]


Das Fehmregister, des -s, plur. ut nom. sing. das Register über die eingefehmten Schweine, S. 2 Fehm.


Fehmschöppe (W3) [Adelung]


Der Fehmschöppe, des -n, plur. die -n, S. 1 Fehm.


Fehmschwein (W3) [Adelung]


Das Fehmschwein, des -es, plur. die -e, eingefehmte, d. i. zur Mast in die Eich- und Buchwälder eingetriebene Schweine, S. 2 Fehm.


Fehmstatt (W3) [Adelung]


Die Fehmstatt, plur. die -stätte, oder die Freystätte, plur. die -n, ein nur noch in der Gerichtssprache Ober- und Niedersachsens übliches Wort, den Ort, wo Gericht gehalten wird, noch mehr aber den Ort, wo peinliche Urtheile vollzogen werden, den Richtplatz, zu bezeichnen; in den gemeinen Mundarten auch die Feimstatt. S. 1 Fehm.


Fehn (W3) [Adelung]


Das Fehn, des -s, plur. die -e, Torfland, S. Finne.


Fehrücken (W3) [Adelung]


Der Fehrücken, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fehe.


Fehwamme (W3) [Adelung]


Die Fehwamme, plur. die -n, die Wammen oder Bäuche von Russischen oder Sibirischen Grauwerke, und dieses Grauwerk selbst, so fern es aus lauter Bäuchen zusammen gesetzet ist, da es denn auch wohl als ein Collectivum im Singular gebraucht wird. Ein Kleid mit Fehwamme füttern. S. Fehe.


Feie (W3) [Adelung]


Die Feie, plur. die -n, S. Fee.


Feifel (W3) [Adelung]


Die Feifel, plur. die -n. 1) Die Speicheldrüsen an den Pferden, besonders die vornehmsten derselben, welche hinter den Kinnladen nahe an den Ohren liegen. 2) Der Eiter, welcher in diesen Drüsen befindlich seyn, und die folgende Krankheit verursachen soll, welcher aber nichts anders als der gewöhnliche Drüsensaft ist. 3) Eine Krankheit der Pferde, deren Quelle die jetzt gedachten Speicheldrüsen seyn sollen, die daher unwissende Pferdeärzte mit einer Zange zu zerquetschen pflegen, und dadurch diese Krankheit zu heilen glauben, die im Grunde nichts anders als eine Kolik ist. Einem Pferde die Feifel reißen, diese Speicheldrüsen ausschneiden, oder zerquetschen. Mit mehrerm Rechte wird eine Geschwulst der Halsdrüsen bey den Pferden die Halsfeifel genannt.

Anm. Diese Krankheit heißt im Nieders. Vivel, im Dän. Fibel, im Engl. Fives, im Französ. Avives, im mittlern Lat. Vivae, Vivolae. In einigen Gegenden Deutschlandes wird sie auch die Nifel genannt. Vermuthlich stammet dieses Wort wegen der Gestalt der Speicheldrüsen, mit dem Lat. Faba aus einer Quelle her.


Feifelader (W3) [Adelung]


Die Feifelader, plur. die -n, eine Ader unter der Zunge der Pferde, welche die Pferdeärzte ihnen zu öffnen pflegen, wenn sie die Feifel haben.


Feig (W3) [Adelung]


Feig, S. Feige adject.


Feigblatter (W3) [Adelung]


Die Feigblatter, plur. die -n, eine im Oberdeutschen übliche, im Hochdeutschen aber wenig bekannte Benennung großer Blattern oder Schwären am menschlichen Körper, besonders an dessen geheimen Theilen. S. Feigwarze. Im 15ten Jahrhunderte kommt im Oberd. die goldene Ader unter dem Nahmen der Feigblatter vor. Figürlich wird im Oberdeutschen auch der Ranunculus Ficaria L. wegen seiner Wirkung in dergleichen Zufällen Feigblatter genannt. S. Scharbock.


Feigbohne (W3) [Adelung]


Die Feigbohne, plur. die -n, eine gleichfalls mehr Oberdeutsche Benennung einer Art großer Bohnen, Lupinus L. besonders derjenigen, welche weiße Blumen tragen, und auf dem Felde als ein Futter für das Vieh gebauet werden, daher sie auch Feldbohnen und Saubohnen heißen; Lupinus albus L. die Feigbohnen mit gelber und blauer Blüthe hingegen sind eßbar, werden in den Gärten gebauet, und in Obersachsen Puffbohnen, ingleichen große Bohnen genannt. Beyde Arten sind aus Italien zu uns gekommen. Frisch glaubt, das Feig hier so viel als feige, unbrauchbar, bedeute, weil diese Bohnen, besonders die weißen, für Menschen nicht eßbar sind. Andere leiten die Benennung von der Gleichheit mit den Feigen her. Allein da man das Wasser, worin dergleichen Bohnen gekocht worden, schon lange als ein bewährtes Mittel wider die Feig- und andere Warzen gehalten hat, so stehet es dahin, ob nicht dieses zu ihrer Benennung Anlaß gegeben hat; obgleich auch ihre Größe und runde Gestalt dabey in Betrachtung kommen kann, S. 1 Feige und Wicke. Im Nieders. heißen sie Fiekbonen, Viekbonen, Wickbonen, an andern Orten Veitsbohnen.


Feige (W3) [Adelung]


Feige, -r, -ste, adj. et adv.

1. Eigentlich mürbe, weich, von welchem Worte es nur in der Aussprache und Schreibart verschieden ist. In dieser größten Theils veralteten Bedeutung ist es nur noch in dem Bergbaue üblich, wo das Gestein feige wird, wenn es mürbe, locker wird, so daß es sich ablösen will. Eben daselbst werden die Schächte und Stollen feige, wenn das Holzwerk faul wird. S. Weich.

2. Figürlich, dem Gemüthe nach weich.

1) * Weichlich, verzärtelt. Ni si man nihein so feigi, Ther zuuei gifang eigi, niemand sey so weichlich, daß er zwey Röcke habe, Ottfried B. 1, Kap. 24. Eine veraltete Bedeutung.

2) * Betrübt, traurig, niedergeschlagen; in welcher gleichfalls veralteten Bedeutung dieses Wort in dem alten Gedichte auf Carln den Großen Vaig lautet.

3) * Dem Tode nahe, in den letzten Zügen liegend, doch nur im Nieders. und den verwandten Mundarten; Nieders. "fege", bey dem Ulphilas "feigur", im Angels. "faeg", im Isländ. "feigur", im Schwed. "feg", wo auch "Fegd" der Zustand eines Sterbenden ist.

4) Die Gefahr mehr als nöthig und klüglich ist scheuend, verzagt, muthlos, welche Bedeutung im Hochdeutschen allein noch üblich ist. Feige Soldaten. Ein feiges Herz. Eine feige Memme, in der niedrigen Sprechart, ein feiger Mensch. Er bewies sich sehr feige.

Anm. Im Nieders. "feeg", im Dän. "fej", im Holländ. "veeg". Ehedem bedeutete es auch einen überwundenen Feind, S. Frisch v. Faig, und im Niedersächsischen ist es auch so viel als wenig, wo es aber ein eigenes Wort zu seyn scheinet, welches zu dem Goth. "fawaj", dem Angels. "fea", "feawa", dem Schwed. "fae", dem Engl. "few", dem Franz. "peu", dem Lat. "paucus" und alten Oberd. "foi", "fohe", gehöret. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort nur "feig"; allein die gelinde Hochdeutsche Aussprache des "g" macht hier das "e" euphonicum nothwendig, S. E.


Feige (W3) [Adelung]


1. Die Feige, plur. die -n, die fleischige Frucht des Feigenbaumes, und dieser Baum selbst; Ficus L. Dieser in der Naturgeschichte so merkwürdige Baum ist aus Asien nach Griechenland und Italien, und von da unter dem Julian nach Frankreich, und endlich nach und nach in das übrige Europa gekommen. Wegen einiger Ähnlichkeit der Frucht oder Blätter führen noch verschiedene andere Gewächse diesen Nahmen. Die Indianische Feige, Cactus Ficus Indica L. ist in dem wärmern Amerika zu Hause, und hat längliche eyförmige Gelenke, welche den Feigen gleichen. Die Afrikanische Feige, Mesembryanthemum L. hat ähnliche Blätter. Das Eiskraut ist eine der bekanntesten Arten derselben. Einem die Feigen weisen, d. i. einem mit geballter Faust drohen, ist ein im Oberdeutschen üblicher, vermuthlich aus dem Ital. mostrar oder far le fiche ad uno, entlehnter Ausdruck, welcher von der Ähnlichkeit der Faust mit der Frucht des Feigenbaumes hergenommen seyn soll. Im Span. lautet dieser Ausdruck hacer la higua, im franz. faire la figue, und im mittlern Lat. bey dem Carpentier ficham facere, und Ficus facere, wo es aber auch ein Verhöhnen durch Aufhebung des mittelsten Fingers bedeutet, und als eine Injurie verbothen wird.

Anm. Der Nahme dieser Frucht und ihres Baumes ist mit der Sache selbst aus entferntern Gegenden zu uns gekommen. Im Lat. lautet er Ficus, im Ital. Fico, im Franz. Figue, im Span. Higua, im Engl. Fig, im Nieders. Fige, im Dän. Fige, im Schwed. Fikon, im Sclavon. und Wend. Figa und Fik und schon bey dem Ottfried Figo. Ist es erlaubt, bey einem so alten und fremden Worte eine Muthmaßung zu wagen, so hat entweder die weiche, saftige Beschaffenheit der Frucht, ( S. Feige, adject.) oder auch ihre Größe und runde Gestalt dieser Benennung Gelegenheit gegeben, so daß dieser Nahme zu Bak, Bauch, Buckel, Wicke und andern dieses Geschlechtes gehöret.


Feige (W3) [Adelung]


2. * Die Feige, plur. die -n, ein Schlag; ein völlig veraltetes Wort, welches nur noch in dem zusammen gesetzten Ohrfeige üblich ist, S. dieses Wort.


Feigenapfel (W3) [Adelung]


Der Feigenapfel, des -s, plur. die -äpfel, eine Art kleiner frühzeitiger Äpfel, welche den Feigen gleichen, und auf einem Strauche wachsen.


Feigenbaum (W3) [Adelung]


Der Feigenbaum, des -es, plur. die -bäume, S. 1 Feige. Bey dem Ottfried heißt dieser Baum Figboum, bey dem Notker Fichpoum, bey dem Willeram Vigboum.


Feigenblatt (W3) [Adelung]


Das Feigenblatt, des -es, plur. die -blätter, eigentlich das Blatt des Feigenbaumes. Bey den Jägern wird das Geburtsglied der Rehe und Hündinnen das Feigenblatt genannt; entweder als eine Anspielung auf die Feigenblätter, deren sich Adam bedienete, oder von einem andern veralteten noch in den niedrigen Sprecharten üblichen Worte, wovon auch das Ital. Fica, die weibliche Scham, übrig ist. S. Ficke und Feuchtglied.


Feigheit (W3) [Adelung]


Die Feigheit, plur. inus. der Zustand des Gemüthes, da man die Gefahr mehr als nöthig und klüglich ist, scheuet, die Zagheit; S. Feige adject.


Feigherzig (W3) [Adelung]


Feigherzig, -er, -ste, adj. et adv. ein feiges Herz habend, feige. Unser Gewissen ist ein feigherziges Ding. Daher


Feigherzigkeit (W3) [Adelung]


Die Feigherzigkeit, plur. inus. die Feigheit.


Feigwarze (W3) [Adelung]


Die Feigwarze, plur. die -n, eine größten Theils Oberdeutsche Benennung aller größern fehlerhaften Erhöhungen auf der Haut, sie mögen weich oder hart seyn. In engerer und auch im Hochdeutschen üblichen Bedeutung werden besonders die größern Erhöhungen am Hintern, und die venerischen Beulen dieser Art an den Geburtstheilen, Condylomata, mit diesem Nahmen beleget, welche, so lange sie den Blattern in der Gestalt gleichen, auch Feigblattern heißen.

Anm. Im mittlern Lat. heißt eine solche Feigwarze Ficus, Ficatio, und Fictus; entweder wegen einiger Ähnlichkeit mit der Frucht des Feigenbaumes, welche bey einigen Arten der Feigwarzen wirklich Statt findet, oder auch, so fern Feige ehedem eine jede Erhöhung bedeutet haben mag, S. 1 Feige

Anm. und Fiek. Im Böhmischen heißen die Feigwarzen gleichfalls Fik, im Ital. Fico.


Feigwarzenkraut (W3) [Adelung]


Das Feigwarzenkraut, des -es, plur. inus. 1) Großes Feigwarzenkraut, oder Feigwarzenwurz, Scrophularia L. S. Braunwurz. 2) Chelidonium L. S. Schöllkraut. 3) Ranunculus Ficaria L. S. Scharbock. Alle diese Pflanzen haben ihren Nahmen ihrer Wirkung wider die Feigwarzen zu verdanken.


Feigwurz (W3) [Adelung]


Die Feigwurz, plur. inus. eine in einigen Gegenden übliche Benennung der Tormentill, gleichfalls wegen ihres Nutzens wider die Feigwarzen, S. Tormentill.


Feil (W3) [Adelung]


Feil, adj. et adv. zum Verkaufe bestimmt, was zu verkaufen ist. Korn, Obst, Vieh u. s. f. feil haben, es zu verkaufen haben. Etwas feil biethen, es zum Verkaufe ausbiethen, andern anbiethen; im Oberd. es ausfeilen. Sein Haus, seinen Garten feil biethen. Daher die Feilbiethung, plur. inus. Das Haus ist mir nicht feil, wird von mir nicht verkauft. Das Landgut ist ihm nicht um vieles Geld, oder für vieles Geld feil. Für fünf Thaler ist mir das Buch feil, wenn ich so viel dafür bekomme, so verkaufe ich es. Ihm ist alles feil. In der Sprache des täglichen Umganges ist dieses Wort nur in der adverbischen Gestalt üblich. Allein in der edlern Schreibart gebraucht man es auch als ein Beywort. Eine feile Seele, ein niedriges Gemüth, welches sich durch die Hoffnung des Gewinstes zu allem bewegen lässet; wo auch der Comparat. feiler und der Superl. feileste oder feilste Statt finden. Im Oberdeutschen hingegen bedeutet es überhaupt zum Handel und Wandel gehörig. Daß feiler Kaufhandel und Wandel wieder hergestellet werde, Bluntschli, d. i. freyer. S. auch Wohlfeil.

Anm. Dieses Wort lautet in dem alten Fragmente auf Carln den Großen veile, im Schwäb. vail, im Nieders. vele, im Dän. fal, im Schwed. fal, und im Isländ. falur. Wachter vermuthet, daß es entweder mit dem Latein. venalis, oder auch mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ich verkaufe, verwandt sey. Siehe 1 Feilen.


Feilbäcker (W3) [Adelung]


Der Feilbäcker, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, ein Bäcker, welcher Brot feil hat, welcher auf den Verkauf bäcket.


Feilbogen (W3) [Adelung]


Der Feilbogen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schlössern, eine in einen eisernen Bogen gespannte Feile oder vielmehr Säge, Messing und Eisen damit zu zerschneiden.


Feile (W3) [Adelung]


Die Feile, plur. die -n, Diminut. das Feilchen, ein auf der Oberfläche mit Einschnitten versehenes Werkzeug von Stahl, andere harte Körper durch Reiben damit zu bearbeiten. Mit der Feile bearbeiten. Der Demant nimmt die Feile nicht an, läßt sich nicht feilen. Messerscharfe Feilen, dreyeckige Feilen, bey den Schlössern. S. auch Raspel.

Anm. Dieses Wort lautet in den Monseeischen Glossen Fila, in den Florentinischen Glossen Figila, in einigen gemeinen Mundarten noch jetzt Figil, im Nieders. Holländ. und Dän. Fiile, im Angels. Feol, im Engl. File, im Schwed. Fil, im Isländ. Thiel, im Wallis. Llief. Im Wendischen ist Pila, und im Böhm. Pilo, eine Säge. S. 2 Feilen.


Feilen (W3) [Adelung]


1. Feilen, verb. reg. act. welches nur in den gemeinen Mundarten üblich ist, von dem Worte feil. 1) Feil haben, feil biethen; im Nieders. velen, im Oberd. ausfeilen. 2) Nach dem Preise einer Sache fragen. Eine Waare feilen. 3) Dingen, handeln; Nieders. velen, Dän. falle. S. auch Feilschen. In den Monseeischen Glossen wird giveiloter durch appretiatus est erkläret.


Feilen (W3) [Adelung]


2. Feilen, verb. reg. act. mit der Feile bearbeiten. Eisen, Messing feilen. Ein Metall glatt feilen. Steine lassen sich nicht feilen.

Anm. Das Hauptwort die Feilung ist nur in einigen Zusammensetzungen üblich. In der heutigen eingeschränkten Bedeutung lautet dieses Wort im Nieders. fillen, im Dän. file, im Angels. feolan, im Engl. to file, im Wallis. peillio, im Böhm. pilowati. Ehedem bedeutet es aber eine jede Art des Reibens, und da ist es mit Fegen, (zumahl da in einigen gemeinen Mundarten für feilen auch figeln üblich ist,) mit Fiedeln, Ficken, Fillen, dem Lat. polire, und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, hell machen, genau verwandt, wenn nicht dieses letzte, so wie - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, weiß, mehr zu fahl und zu falb gehöret. Die alten Lateiner sagten für molere nur folere, weil solches gleichfalls eine Art des Reibens ist, und daraus entstand das mittlere Lat. Folagium, Foulagium u. s. f. eine Walkmühle; S. Fuller.


Feilenhalter (W3) [Adelung]


Der Feilenhalter, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Feilenhauern, ein hölzernes cylindrisches Heft, die Feile während des Hauens zu halten.


Feilenhauer (W3) [Adelung]


Der Feilenhauer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schmid, welcher Feilen hauet, d. i. verfertiget.


Feilicht (W3) [Adelung]


Das Feilicht, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, dasjenige, was vermittelst der Feile abgenommen wird; der Feilstaub, die Feilspäne, in einigen gemeinen Mundarten auch das Feilsel.


Feilkloben (W3) [Adelung]


Der Feilkloben, des -s, plur. ut nom. sing. ein beweglicher Schraubestock, eine Zange mit einer Schraube verschiedener Metallarbeiter, kleine Stücke Eisen darein zu spannen, wenn sie befeilet werden sollen.


Feilkolben (W3) [Adelung]


Der Feilkolben, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Goldarbeitern, ein hölzernes Werkzeug in Gestalt einer Birn, mit einer Flügelschraube, Ringe, welche man befeilen will, hinein zu spannen; ein dem vorigen ähnliches Werkzeug.


Feilnagel (W3) [Adelung]


Der Feilnagel, des -s, plur. die -nägel, bey den Zinngießern, ein eichenes Bret auf der Bank, an welches man die Arbeit, welche befeilet, beraspelt oder beschabet werden soll, anlehnet.


Feilschaft (W3) [Adelung]


Die Feilschaft, plur. die -en, ein nur in den gemeinen Mundarten übliches Wort, feile, d. i. zum Verkauf bestimmte, Waaren zu bezeichnen; im Nieders. ehedem Velinge. S. Feil.


Feilschen (W3) [Adelung]


+ Feilschen, verb. reg. act. welches gleichfalls nur in den gemeinen Mundarten üblich ist. 1) Feil biethen, feil haben. Zwar die Gelehrtheit feilscht hier nicht papierne Schätze, Hall. 2) Nach dem Preise einer Sache fragen. Man kauft nicht alles, was man feilschet. 3) Dingen, handeln, biethen. Um etwas feilschen. Er feilschte so lange, bis er es bekam. In der anständigen Hochdeutschen Schreibart ist dieses Wort eben so fremd, als das Hauptwort ein Feilscher, der auf etwas biethet, um etwas handelt. Im Schwed. ist falka, im Isländ. fala, gleichfalls biethen, dingen, S. 1 Feilen und -Schen.


Feilsel (W3) [Adelung]


Der Feilsel, des -s, plur. inus. im gemeinen Leben, Feilstaub, Feilspäne.


Feilspäne (W3) [Adelung]


Die Feilspäne, sing. inus. zarte Späne, welche die Feile von einem harten Körper abgenommen hat. S. das folgende, ingleichen Feilicht.


Feilstaub (W3) [Adelung]


Der Feilstaub, des -es, plur. car. wie das vorige; im Hannöv. Duft.


Feim (W3) [Adelung]


1. Der Feim, Schaum, S. Faum.


Feim (W3) [Adelung]


2. Die Feim, die peinliche Gerichtsbarkeit, S. 1 Fehm.


Feim (W3) [Adelung]


3. Die Feim, die Mast der Buch- und Eichwälder, S. 2 Fehm.


Feim (W3) [Adelung]


4. Der Feim, oder Feimen, die Feime, S. 3 Fehm.


Feimen (W3) [Adelung]


Feimen, das Zeitwort, S. Fäumen und Fehmen.


Feimstätte (W3) [Adelung]


Die Feimstätte, S. Fehmstatt.


Fein (W3) [Adelung]


Fein, -er, -este, adj. et adv. welches unter zwey Hauptbedeutungen bekannt ist, von welchen jedoch die zweyte eine bloße Figur der ersten zu seyn scheinet. 1. Ein gutes äußeres Ansehen habend, in der gemeinen und vertraulichen Sprechart. 1) Eigentlich. Dir zu geben große und feine Städte, 5 Mos. 6, 10. Ein feines, (ganz artiges) Haus. Ein feiner Garten. Eine feine Gestalt. Besonders von der Gestalt des Gesichtes. Saul war ein feiner Mann, 1 Sam. 9, 2. Eure feineste Jünglinge, Kap. 8, 16. Moses war ein feines Kind, 2 Mos. 2, 2; welches Ebr. 11, 23 durch ein schönes Kind erkläret wird. Eine feine Dirne, Esth. 2, 7. Es ist ein feiner Knabe. Ja lockig Haar steht fein, Gell. Fein sagt in diesem Verstande weniger als schön, ungefähr so viel wie ganz artig. 2) Figürlich. (a) Reinlich, wohl gekleidet, geputzt; eine nur im Niedersächsischen übliche Bedeutung, wo sich fein machen so viel ist, als sich putzen. Im Hochdeutschen sagt man in der vertraulichen Sprechart, er trägt sich ganz fein, er geht fein gekleidet, d. i. ganz artig, dem Wohlstande gemäß. (b) Der Absicht, den Bedürfnissen gemäß, einen geringern Grad des Vorzuges auszudrucken, als viel, schön u. s. f. anzeigen würden; in der vertraulichen Sprechart. Sie kriegt nach ihres Vaters Tode einen Thaler Geld, Gell. Er hat ein feines Vermögen. Er hat ein feines Auskommen. Du schreibest einen feinen, (ganz artigen) Brief. Er hat feine Gaben. Ich war ein Kind guter Art, und habe bekommen eine feine Seele, Weish. 8, 19. Linden und Buchen, denn die haben feine Schatten, Hos. 4, 13. Ein verhungert Hühnchen fand Einen feinen Diamant, Haged. O welch ein schöner Kopf! wie fein die Miene ist! Willam. Wie mancher siegt durch eine feine Miene, Der blöder ist als Holz und Stein! Gell. Oft auch höhnisch. Eine feine Frage! Ey das wäre fein! Wie fein zerbrichst du den Tempel? Marc. 15, 29. Wie fein hast du uns bracht in ein Land u. s. f. 4 Mos. 16, 14. S. auch den folgenden Artikel. (c) Dem Wohlstande, den guten Sitten gemäß. Er ist ein recht feiner, artiger, Mensch. Es ist ein ganz feiner Mensch, Gell. Das ist nicht fein. Die feine Lebensart, die den angenommenen Gesetzen des Wohlstandes gemäß ist. Es waren viel feine Leute da, von gutem Stande und von guter Lebensart. Die feinere Welt. Ingleichen den göttlichen und menschlichen Gesetzen gemäß, wo es besonders in der adverbischen Gestalt üblich ist. Euer Ruhm ist nicht fein, 1 Cor. 5, 6. Er wandelte, das nicht fein war, 2 Chron. 21, 20. Ey, das ist weder vom Junker noch von Lieschen fein, Weiße. Ihr Männer, dieses klingt nicht fein, Gell. Der Streich mit dem Lotteriezettel ist doch keine feine Sache, ebend. In dieser ganzen ersten Bedeutung braucht man fein als ein gemildertes Lob, entweder von Dingen, die an und für sich selbst weiter nichts als ihrer Absicht gemäß sind, oder auch von vorzüglichen Sachen, wenn man ihnen aus gewissen Absichten kein höheres Lob beylegen will. 2. Zart, dünne, subtil, mit dem Nebenbegriffe des guten Ansehens oder des daran gewandten Fleißes, im Gegensatze des Groben. 1) Eigentlich. Feiner Zwirn, feines Garn, feines Tuch, feine Leinwand. Der Zeug ist sehr fein. Feines Mehl, fein geriebene Farben. Etwas zu einem feinen Pulver stoßen. Ein feiner Hut, feine Strümpfe. Ein feiner Sandstein, der aus feinen Theilen bestehet, ein feines Korn hat. Eine Sache erst aus dem Groben, und dann ins Feine arbeiten. 2) Figürlich. (a) Von fremden Zusatze gereiniget, geläutert. Feiner Zucker. Der Zucker ist nicht sehr fein. Feines Gold, feines Silber. Eine Sache wieder in das Feine bringen, figürlich sie wieder in Ordnung bringen, wofür man auch sagt, sie in das Reine bringen. (b) Aus kostbaren Materien, dergleichen feines Gold u. s. f. sind, verfertiget. Der feine Leuchter, 2 Mos. 31, 8. Der Leuchter von feinem Golde, Michael. Der feine Tisch vor dem Herren, 3 Mos. 14, 6. Im gemeinen Leben verstehet man unter feinen Waaren oft solche, die aus Gold, Silber, Seide, und andern kostbaren und theuern Materien verfertiget sind. (c) Mit Kunst und besonderm Fleiße verfertiget. Er machte das Bild mit aller Kunst auf das feinste, Weish. 14, 19. Feine Stahlarbeit. Feine Waaren, im gemeinen Leben, auch künstliche Waaren. Feine Arbeit machen, im Gegensatze der groben. In noch weiterer Bedeutung, von der besten Art, in welchem Verstande die Krämer und Kaufleute ihr sehr fein, extra-fein und super-fein, von Waaren aller Art zu gebrauchen pflegen. (d) Was nur einen Theil des Gegenstandes vorstellet, und den andern mit Wohlgefallen errathen lässet. Ein feiner Gedanke. Ich sagte es ihm auf eine feine Art, mit einer feinen Manier. Das war eine sehr feine Antwort. Ein feines Lob, ein feiner Tadel. Eine feine Politik. Feine Vergnügungen. Was die Einbildungskraft auf eine feine Art reitzet und kitzelt. (e) Fähig, auch die verborgensten Eigenschaften einer Sache zu entdecken. Ein feiner Kopf, der tief in eine Sache eindringt. Ein feiner Geschmack, der auch die kleinsten Schönheiten und Fehler empfindet. Er ist von dieser Art von Schönheit eben nicht der feinste Kenner. Ein feines Gefühl für die Ehre. (f) Geschickt, bey seinen Handlungen seine wahre Absicht zu verbergen. Es ist sehr fein. Er ist ein feiner Fuchs. Wie fein! wie lustig! In Niedersachsen nennet man einen Pietisten, so fern man ihn für einen Heuchler hält, einen Feinen.

Anm. Dieses Wort lautet in den meisten der obigen Bedeutungen im Nieders. und Dän. fiin, im Schwed. fin, im Engl. fine, im Franz. fin, im Ital. fino, im mittlern Lat. finus. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - kommt in der ersten Bedeutung genau damit überein, daher auch die Bedeutung des guten Ansehens die erste zu seyn scheinet. Im Schwed. ist wän gleichfalls schön, im Angels. bedeutet vine geliebt, und im Wallis. gwen weiß und schön. Die Lat. vinulus und venustus, kommen genau damit überein. In den ältesten Oberdeutschen Denkmählern hat sich dieses Wort bisher noch nicht wollen finden lassen. Da die ältern und neuern Sprachen die Hauch- und Blaselaute gar oft mit einander zu verwechseln pflegen, so scheinen schön und Schein durch Vorsetzung des Zischlautes aus fein entstanden zu seyn; S. diese Wörter, ingleichen Fenster und Funke. Herr Rect. Scheller handelt in seinen Gedanken von den Eigenschaften der Deutschen Schreibart, S. 42-64 auf eilf Blättern von dem was fein Deutsch ist, wirft aber daselbst mehrere Bedeutungen dieses Wortes unter einander, von welchen doch einige von der Sprache und Schreibart nicht einmahl üblich sind.


Fein (W3) [Adelung]


Fein, adverb. welches das vorige Wort ist, aber in der vertraulichen Sprechart und im gemeinen Leben noch auf eine besondere Art gebraucht wird, für gehörig, wie es der Wohlstand, die Absicht erfordert. Daß es fein anläge auf dem Leibrocke, 2 Mos. 39, 19. Oft dienet es bloß den Nachdruck des folgenden Wortes zu verstärken, oder auch die Rede zu verlängern und ihr eine gewisse Ründe zu geben, besonders wenn es vor Bey- und Nebenwörtern stehet. Damit der Kalk fein fest halte. Seyd fein artig, fein ruhig. Fein verträglich mit einander leben. Kinder, sitzt fein stille, lernet fein fleißig. Komm fein bald wieder. Geben sie mir fein viel. Mach fein geschwinde. Mach es fein kurz. Nur fein höhnisch! Ein kleiner Feind, dieß lerne fein, Will durch Geduld ermüdet seyn, Gell.

Anm. Dieses fein kommt mit dem Lat. bene, und Franz. bien, so wohl in dem Klange als dem Gebrauche überein. Die Niedersachsen kennen es in dieser Gestalt wenig, sondern gebrauchen dafür ihr hübsch.


Feind (W3) [Adelung]


Feind, adverb. Haß empfindend, mit den Zeitwörtern seyn und werden, und der dritten Endung des Gegenstandes. Josephs Brüder wurden ihm feind, 1 Mos. 37, 4. Sennaherib war feind den Kindern Israel, Tob. 1, 18. Jedermann ist ihm feind. Sie sind einander feind, hassen einander. Ich bin keinem Dinge so feind als den Lügen.

Anm. Dieses Wort ist eigentlich ein Beywort, welches aber nur als ein Nebenwort gebraucht wird. Es ist der Sprache des täglichen Umganges am üblichsten, wo man auch den Comparativ gebraucht. Da wurden sie ihm noch feinder, 1 Mos. 37, 5. Einem spinnefeind, todtfeind seyn, drucken im gemeinen Leben einen hohen Grad des Hasses aus. Siehe das folgende.


Feind (W3) [Adelung]


Der Feind, des -es, plur. die -e, Fämin. die Feindinn. plur. die -en. 1) Eigentlich, Personen, welche im Kriege öffentliche Gewaltthätigkeiten gegen einander ausüben. Die Feinde werden geschlagen, zerstreuet, rücken an u. s. f. wo dieses Wort oft auch im Singular als ein Collectivum gebraucht wird, einen Haufen feindlicher Soldaten zu bezeichnen. Der Feind rückt an, wird geschlagen, fliehet u. s. f. Die Absichten des Feindes vereiteln. Den Feind in einen Hinterhalt locken. 2) In weiterer Bedeutung, eine Person, welche eine andere Person oder Sache hasset, ihr zu schaden sucht. Ein heimlicher Feind, ein offenbarer Feind. Sie sind Feinde, sie hassen einander. Ein abgesagter, geschworner Feind, im gemeinen Leben, der den höchsten Grad des Hasses empfindet; S. auch Todtfeind. Er ist mein Feind. Sich jemanden zum Feinde machen, ihn zum Feinde bekommen. Er macht sich durch sein schlechtes Betragen die ganze Welt zum Feinde. Sich für jemandes Feind erklären. Ein Feind vom Arbeiten, vom Trinken, vom Spielen u. s. f. Figürlich auch, wer eines andern Absichten, Willen u. s. f. vorsetzlich entgegen handelt, ihnen schadet. Ein Feind Gottes und der Tugend, Mangel und Armuth sind schreckliche Feinde der menschlichen Glückseligkeit. Stürmische Leidenschaften sind Feindinnen der Gesundheit und des Lebens, Sonnenf. 3) In der engsten Bedeutung, der Teufel, gemeiniglich mit dem Beysatze böse. Der böse Feind. Anm. Feind, bey dem Ulphilas Fijand, bey dem Kero und Ottfried Fiant, bey dem Willeram Vient, im Angels. Feond, Fynd, im Nieders. Fijnd, im Dän. Fiende, im Schwed. Fiende, im Engl. Fiend, im Isländ. Fiande, ist eigentlich das Mittelwort des veralteten Zeitwortes fian, hassen, bey den Schwäbischen Dichtern vehen, welches nur eine Figur des Angels. vigian, fechten, Vigent, Oberd. ehedem Weigant, ein Krieger, Fechter, und Wig, Vig, Krieg, Gefecht, ist, S. Fechten; so daß dieses Wort zunächst den Begriff offenbarer Gewaltthätigkeiten mit in sich fasset.


Feinden (W3) [Adelung]


* Feinden, verb. reg. act. welches noch in einigen Oberdeutschen Gegenden für hassen üblich ist, im Hochdeutschen aber außer den Zusammensetzungen Anfeinden und Verfeinden nicht mehr gehöret wird. S. das vorige.


Feindlich (W3) [Adelung]


Feindlich, -er, -ste, adj. et adv. 1. Einem Feinde ähnlich, Haß empfindend, und diesen Haß durch die That beweisend. 1) Eigentlich. Er ist sehr feindlich gegen mich gesinnet. Feindlich handeln. Sich feindlich, (als ein Feind,) gegen jemanden betragen. Einen andern feindlich angreifen, behandeln. Klage nicht immer, o Freund, von einem feindlichen Schicksal. Welches wir feindlicher noch in schwarzen Stunden uns bilden, Zach. S. Feindselig. 2) Figürlich sind bey den Mahlern feindliche Farben, welche sich nicht neben und unter einander vertragen, Farben, welche einander einen unangenehmen Anblick verursachen, oder wenn sie gebrochen werden, einen harten Ton hervor bringen. 2. Dem Feinde gehörig. Das feindliche Land, das feindliche Heer, das feindliche Lager.

Anm. Fientlih kommt schon bey dem Notker vor. Opitz gebraucht auch das im Hochdeutschen unbekannte Feindlichkeit für Feindseligkeit.


Feindschaft (W3) [Adelung]


Die Feindschaft, plur. inus. Haß, und die Neigung denselben thätig zu erweisen, die Neigung einem andern aus Übelwollen zu schaden. Feindschaft wider jemanden hegen, haben. In Feindschaft mit jemanden leben, gerathen. Sich jemandes Feindschaft auf den Hals laden, zuziehen. Eine alte Feindschaft gegen jemanden tragen. Feindschaft auf jemanden werfen. Alle Feindschaft ablegen. Er ging voller Feindschaft weg. Feindschaft unter Freunden stiften, anspinnen.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Kero Fiantskeffi, bey dem Ottfried Fiantskaf, bey dem Notker Fientscaft, bey dem Stryker Vientscaft, im Nieders. Fijendschap, im Dän. Fiendskab, im Schwed. Fiendskap.


Feindschaftlich (W3) [Adelung]


Feindschaftlich, -er, -ste, adj. et adv. der Feindschaft gemäß, Feindschaft verrathend. Ein feindschaftliches Gemüth, Betragen. Wofür aber doch feindlich oder feindselig üblicher sind.


Feindselig (W3) [Adelung]


Feindselig, -er, -ste, adj. et adv. 1) Zur Feindschaft geneigt, und diese Neigung verrathend. Ein feindseliges Herz haben. Sich feindselig gegen jemanden stellen. Er sah mich sehr feindselig an. Ein feindseliges Gemüth haben. Sich feindselig gegen jemanden bezeigen. 2) * Dem Feinde gehörig, im Hochdeutschen ungewöhnlich, ob es gleich in dieser Bedeutung einige Mahl in der Deutschen Bibel vorkommt. 3) * In leidender Bedeutung, was gehasset wird, verhaßt; doch nur im Oberdeutschen. Sich feindselig machen, verhaßt, Sir. 20, 8. Das sind feindselige Sachen.


Feindseligkeit (W3) [Adelung]


Die Feindseligkeit, plur. die -en. 1) Feindselige Gesinnung, Geneigtheit zur Feindschaft, ohne Plural. Feindseligkeit gegen jemanden hegen, Feindschaft. Feindseligkeit anspinnen. 2) Feindselige Handlungen. Er hat mir manche Feindseligkeit bewiesen. Den Anfang mit den Feindseligkeiten machen, im Kriege.


Feine (W3) [Adelung]


Die Feine, plur. car. das Abstractum des Beywortes fein, die feine Beschaffenheit einer Sache, wofür aber das folgende üblicher und anständiger ist.


Feinheit (W3) [Adelung]


Die Feinheit, plur. die -en. 1. Die feine Beschaffenheit einer Sache, ohne Plural. 1) In der ersten Hauptbedeutung des Beywortes, wo es doch nur zuweilen in der dritten figürlichen Bedeutung gebraucht wird. Die Feinheit der Lebensart. Noch mehr 2) in der zweyten Hauptbedeutung, und deren sämmtlichen Unterarten. (a) Die Feinheit des Tuches, der Leinwand, des Garnes, des Pulvers u. s. f. (b) Die Feinheit des Zuckers, des Goldes, des Silbers u. s. f. (c) Die Feinheit einer Waare, wenn sie mit besonderm Fleiße verfertiget ist. Die Feinheit des Pinsels, des Ausdruckes, bey den Mahlern, wenn der Charakter eines Gegenstandes nach allen, auch den kleinsten Zügen bezeichnet wird. (d) Die Feinheit eines Gedankens, einer Antwort, eines Lobes u. s. f. wenn nur ein Theil des Gegenstandes vorgestellet wird, und man den andern mit Wohlgefallen errathen läßt. (e) Die Feinheit des Geschmackes, dessen Vermögen auch die kleinsten Schönheiten und Fehler zu empfinden. (f) Die Geschicklichkeit, bey seinen Handlungen seine wahren Absichten zu verbergen. 2. Feine Dinge selbst, doch nur in einigen figürlichen Fällen der zweyten Hauptbedeutung, feine Gedanken, feine Züge, feine Wendungen. Ein Gedicht, ein Gemählde, welches viele Feinheiten enthält.

Anm. Im gemeinen Leben ist statt dieses Hauptwortes auch zuweilen Feinigkeit üblich, welches aber im Hochdeutschen unedel und ungewöhnlich ist.


Feinkörnig (W3) [Adelung]


Feinkörnig, -er, -ste, adj. et adv. ein feines Korn habend. Feinkörniges Schießpulver, im Gegensatze des grobkörnigen.


Feinkupfer (W3) [Adelung]


Das Feinkupfer, des -s, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten ut nom. sing. im Hüttenbaue, sehr reines Kupfer, welches auch Rosenkupfer genannt wird, weil man demselben in der Schmelzhütte die Gestalt runder unebner Platten gibt, welche den Rosen gleichen.


Feinsäulig (W3) [Adelung]


Feinsäulig, adj. et adv. ein nur in der Baukunst übliches Wort, wo es von derjenigen Säulenweite gebraucht wird, welche am angenehmsten in die Augen fällt, d. i. wenn die Säulen 6 1/2 Model von einander entfernet sind; nahesäulig, schönsäulig - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Gegensatze des fernsäulig.


Feinspitzer (W3) [Adelung]


Der Feinspitzer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Nadlern, ein Arbeiter, welcher die aus dem Gröbsten zugespitzten Nadeln auf einer feinern Scheibe von Stahl poliret; der Besserspitzer.


Feist (W3) [Adelung]


Feist, -er, -este, adj. et adv. welches vornehmlich im Oberdeutschen für fett üblich ist, aber auch in der edlern Schreibart der Hochdeutschen gebraucht wird. Feiste Widder und Böcke, 5 Mos. 32, 14. Ihre Jungen werden feist Hiob 39, 7. Feiste Rinder, Tob. 8, 21. Der feiste Donnerstag, in der Römischen Kirche, der Donnerstag vor der Aschermittwoche, wo man noch Kuchen und Butter essen darf; Franz. Jeudi gras. In engerer Bedeutung nennen die Jäger das Fett des Rothwildbretes, welches auf dem Zimmer lieget, das Feist, oder das Weiß. Feiste Seelen, figürlich, aus Selbstgenügsamkeit kalte und unempfindliche Seelen. Ein feister (üppiger, wort- und blumenreicher) Vortrag.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Ottfried feizzit, und bey dem Notker feizt. Bey dem Kero ist feistas dick, und im Engl. und Französ. Foison Fruchtbarkeit. Es scheinet, daß es von dem alten, noch im Nieders. üblichen föden, nähren, ernähren, herkomme, S. Futtern und Vater. Das Lat. obesus, fett, - und obesare, mästen, sind genau damit verwandt, zumahl da das o in diesem Wort nicht wesentlich ist, sondern man auch mehrmahls bessus dafür findet. Im Oberd. lautet es sehr häufig nur feiß oder veiß; S. Weiß. In eben dieser Mundart wird es in allen den Fällen gebraucht, in welchen im Hochdeutschen fett üblich ist.


Feistader (W3) [Adelung]


Die Feistader, S. Fettader


Feiste (W3) [Adelung]


* Die Feiste, plur. inus. außer von mehrern feisten Dingen, die -n, die fette Beschaffenheit eines Dinges, und ein solcher fetter Körper selbst; gleichfalls nur im Oberdeutschen. Die Seele soll mir werden satt, Gleich als von Mark und süßen Feisten, Opitz Ps. 63, 3. Bey dem Notker Feizti.


Feisten (W3) [Adelung]


* Feisten, verb. reg. welches so wohl in der thätigen als mittlern Gattung im Oberdeutschen üblich ist, für feist machen und feist werden. Die Zeit des Feistens in den Wäldern, die Zeit, da die Schweine zur Mast in die Wälder getrieben werden.


Feisterling (W3) [Adelung]


Der Feisterling, des -es, plur. die -e, im Oberdeutschen, 1) eine Art Äpfel, welche groß und auf der einen Seite roth sind; um Zelle Feinsterling. Frisch muthmaßet, daß es hier für Fäusterling stehe, weil diese Äpfel die Größe einer Faust haben. 2) Eine Art großer Pilze, in der Größe eines Beckens, und in der Gestalt eines Kälbergekröses, welche oben gelb, unten aber weiß sind.


Feistjagen (W3) [Adelung]


Das Feistjagen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, ein Jagen, oder eine Jagd, welche zur Feistzeit der Hirsche angestellet wird.


Feistigkeit (W3) [Adelung]


* Die Feistigkeit, plur. inus. die feiste, d. i. fette Beschaffenheit eines Dinges, doch nur im Oberdeutschen; die Feiste.


Feistzeit (W3) [Adelung]


Die Feistzeit, plur. inus. bey den Jägern, die Zeit, wenn die Hirsche feist oder fett sind, welches im August und September zu seyn pfleget.


Felbel (W3) [Adelung]


Der Felbel, des -s, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. ein unvollkommener Sammt, dessen Aufzug Seide, der Einschlag aber Garn ist. Wir haben dieses Wort mit der Sache selbst aus Italien oder Frankreich bekommen. Im Ital. heißt der Plüsch Felpa, welches Wort wegen der zotigen, einem Felle ähnlichen Beschaffenheit dieses Zeuges so wohl, als des Plüsches und Sammtes, welcher letztere im Franz. Velours, im Ital. Velluto, im Span. Veluido, und im Engl. Velvet heißt, von dem Lat. vellus abstammet. S. Fell und Falbel.


Felber (W3) [Adelung]


Die Felber, S. Fälber.


Felch (W3) [Adelung]


Der Felch, oder die Felche, ein Fisch, S. Balche.


Feld (W3) [Adelung]


Das Feld, des -es, plur. die -er, Diminut. das Feldchen, Oberd. Feldlein. 1. Eigentlich, ein ebener Theil der Oberfläche des Erdbodens, im Gegensatze des Gebirges. 1) Im eigentlichsten Verstande, in welchem es in der Deutschen Bibel nicht selten ist. Beyde auf den Bergen und auf den Feldern, Jer. 17, 3. In das Feld, das Königthal heißet, 1 Mos. 14, 17. So auch, das Feld Moab, 4 Mos. 21, 20. Das Feld Edom, 1 Macc. 4, 15. Das Feld Ephraim und Samaria, Obadja 19. Die elysäischen Felder, der Aufenthalt der Tugendhaften nach diesem Leben, in der Mythologie der Griechen und Römer. Daß diese im Hochdeutschen jetzt größten Theils veraltete Bedeutung vermuthlich die erste und eigentliche ist, wird unten aus der Anmerkung erhellen. 2) Figürlich, werden noch in der Baukunst, bey den Holzarbeitern und in verschiedenen Lebensarten ebene mit Leisten oder auf andere Art eingefaßte Vertiefungen einer Sache Felder genannt. Dergleichen sind die Zwischenräume zwischen den Balken an den Decken der Gebäude, S. Felderdecke; die leeren Plätze einer hölzernen Wand, welche durch die Verbindung der Säulenbänder und Riegel entstehen, und auch Fächer oder Fache heißen; bey den Faßbindern, der Raum eines Fasses zwischen den Reifen; in der Wapenkunst, die Oberfläche des Schildes oder eines Theiles desselben, zum Unterschiede von den darin befindlichen Bildern, Figuren u. s. f. ein goldner Löwe im blauen Felde, welche in andern Fällen der Grund genannt wird u. s. f. Vermuthlich geschiehet es auch in dieser Absicht, daß die Seefahrer große Eisflächen in den nördlichen Gewässern Eisfelder zu nennen pflegen. 2. In figürlichem Verstande, in welchem dieses Wort unter verschiedenen, theils Erweiterungen, theils Einschränkungen üblich ist. 1) In weiterer Bedeutung, der außerhalb der Stadt, des Dorfes befindliche Theil der Oberfläche der Erdkugel, er mag nun eben oder bergig seyn, der Zwischenraum zwischen den Städten und Dörfern. In diesem Verstande werden oft alle zu einem bewohnten Orte gehörigen unbeweglichen Güter, sie mögen nun aus Getreideland, oder aus Wiesen, Wäldern, Weinbergen u. s. f. bestehen, die Flur, das Feld genannt. Das Stadtfeld. Das Lindenauer Feld. Auf freyem Felde. Das Wild und die wilden Thiere auf dem Felde, 2 Mos. 23, 11. Jer. 27, 6. Ein Rehe auf dem Felde, 2 Sam. 2, 18. Mit den Außenwerken weit ins Feld rücken. Soll in diesem Verstande ein ebener Theil der Erdfläche bezeichnet werden, so pfleget man die Beywörter flach und eben beyzufügen, wofür in der Deutschen Bibel auch Blachfeld üblich ist. Dahin gehören auch die im gemeinen Leben üblichen adverbischen und theils figürlichen Redensarten, über Feld gehen, fahren, verreisen, über Feld seyn, verreiset seyn, über Feld herkommen, 2 Sam. 11, 10, von einem fremden Orte; welche Ausdrücke doch nur von kurzen Reisen, welche sich nicht weiter, als von einem nahen Orte zum andern erstrecken, gebraucht werden. Die Sache steht noch im weiten Felde, ist noch sehr ungewiß. Seine Liebe steht noch in weitem Felde. Hier haben sie ein weites Feld vor sich, einen reichhaltigen Gegenstand, von welchem sich viel sagen lässet. Unsere Pflichten sind ein weites Feld für unsere Tugend, Gell. 2) In engerer Bedeutung, unter verschiedenen Beziehungen. (a) In Beziehung auf ein Kriegsheer, so fern es sich, wenn es thätig ist, außer den Städten in Lägern u. s. f. aufhält; ohne Plural. Zu Felde gehen. Im Frühlinge pflegen die Truppen in das Feld zu rücken, in das Feld ziehen, S. Feldzug. Der Feind getrauet sich nicht, das Feld zu halten, wenn er sich in befestigte Örter wirft. Eine Armee in das Feld stellen. Zu Felde liegen, sich zu Felde rüsten, zu Felde blasen, zum Marsche, sind im Hochdeutschen veraltet. In noch engerer Bedeutung bezeichnet es den Platz, welchen zwey Heere in der Schlacht einnehmen. Der Feind wurde aus dem Felde geschlagen. Das Feld räumen, verlieren. Das Feld behalten, behaupten, den Sieg davon tragen; im mittlern Lateine campum obtinere. (b) In Beziehung auf den Bergbau, der Theil eines Gebirges, welcher gebauet wird, oder gebauet werden kann, auch ohne Plural. Das Feld aufschließen, sich mit Kübel und Seil ins Feld legen, das Feld verfahren, es mit Strecken und Stöllen öffnen, den Bergbau in demselben anfangen. Unerschroten Feld, wo noch keine Arbeit geschehen ist. In engerer Bedeutung, der einer Zeche zum Baue eigenthümlich angewiesene Theil eines Gebirges. Sein Feld erstreckt sich so weit. Einem andern in das Feld kommen. (c) In Beziehung auf den Ackerbau, der zum Getreidebau bestimmte oder bequeme Theil der Erdfläche, im Gegensatze der Wiesen, Wälder u. s. f. ( S. Acker,) wo dieses Wort oft collective ohne Plural, oft aber, wenn mehrere einzelne Flächen dieser Art ausgedruckt werden sollen, mit dem Plural üblich ist. Das Feld bauen, es zur Hervorbringung des Getreides geschickt machen; ingleichen sich dieser Beschäftigung vorzüglich widmen, S. Bauen und Feldbau. In das Feld fahren, zu Felde fahren. Mist auf das Feld führen. Die Frucht steht noch auf dem Felde. Der Ackermann zieht zu Felde, mit dem Pfluge. Auch das Wild ziehet oder gehet zu Felde, wenn es sich aus den Wäldern auf das Getreidefeld begibt. Gebauete Felder. Die Felder liegen brache. Im gemeinen Leben bezeichnet dieses Wort auch den Ackerbau, oder Feldbau selbst. Äcker, welche man um der Nässe willen, nicht zu Felde nutzen kann, macht man zu Wiesen; S. Feldwiese. In engerm Verstande versteht man unter Feld auch das, was an andern Orten eine Art genannt wird. Funfzig Acker ins Feld haben, d. i. in jeder Art, welches, wenn drey Arten üblich sind, 150 Äcker ausmacht. Figürlich bedeutet Feld die Sache, deren man vor andern kundig ist, mit welcher man sich vor andern gern beschäftiget. Aber lassen sie mich nur erst in mein Feld kommen, Gell. Ehedem war es auch, so wie Acker, ein gewisses Feldmaß; eines veldes lanc, in dem alten Gedichte auf den h. Ano; S. Feldweges. 3) * In der weitesten Bedeutung, welche aber im Hochdeutschen veraltet ist, ein ganzes Land, eine Provinz. Und sandte es in alle Feld des Erbes Israel, Richt. 20, 6; in alle Länder Israelitischen Erbtheils, Michael.

Anm. Die meisten der bisher angeführten Bedeutungen kommen auch in den folgenden Zusammensetzungen vor. Dieses Wort lautet schon im Longobard. Feld, bey dem Ottfried und Notker Feld und Felde, bey dem Willeram Velt, im Nieders. Dän. und Schwed. Felt, im Angels. Feld, Faeld, Fild, im Engl. Field, im Esthländ. Pöld. Frisch leitet es von fällen ab, weil die Fruchtfelder durch Ausrottung der Wälder und Fällung der Bäume entstehen; Wachter von dem alten fela, Krieg führen, und dem Lat. Bellum; Ihre aber von platt, eben gleich, Isländ. fletia, eben machen, weil Feld im Angels. auch Flet lautet. Dem sey, wie ihm wolle, so scheinet der Begriff der Ebene wirklich der erste und herrschende in diesem Worte zu seyn. Im Schwed. ist Fala noch jetzt eine Ebene. Weiter wird sich die Abstammung eines so alten und so wenig veränderten Wortes mit Gewißheit wohl nicht treiben lassen, ob man gleich verschiedene wahrscheinliche Muthmaßungen anführen könnte. Das Nord. Fjäld, Field, ein jähes Gebirge, Felsenrücken, scheinet hiervon ganz verschieden zu seyn, S. Felsen. Im Phrygischen bedeutete - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, dem Hesychius zu Folge, ein Land, und Frisch beweiset, daß in den mittlern Zeiten villa und Feld oft für einander gesetzt worden, von welcher Verwechselung noch in Bielefeld, Birkenfeld, Eichsfeld und andern Nahmen von Städten und Dörfern Spuren vorhanden sind.


Feldaltar (W3) [Adelung]


Der Feldaltar, des -es, plur. die -äre, in den Römischen Kirche, ein tragbarer Altar, welchen man über Feld tragen kann, oder im Felde bey den Kriegsheeren gebraucht.


Feldameise (W3) [Adelung]


Die Feldameise, plur. die -n, eine Art rother oder schwarzer Ameisen, welche kleiner sind, als die Waldameisen, und im Getreide und auf den Wiesen bauen; Formica rubra L.


Feldampfer (W3) [Adelung]


Der Feldampfer, des -s, plur. inus. eine Art kleinen Sauerampfers, welcher mit dem größern einerley Kraft hat.


Feldandorn (W3) [Adelung]


Der Feldandorn, des -es, plur. inus. eine Art Andorn oder Roßpoley, welche auf den Europäischen Brachäckern wächset; Stachys arvensis L. Gliedkraut.


Feld-Anemone (W3) [Adelung]


Die Feld-Anemone, plur. die -n, Adonis-Blume.


Feldanger (W3) [Adelung]


Der Feldanger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Anger zwischen zwey Feldern, ein Rain.


Feld-Apotheke (W3) [Adelung]


Die Feld-Apotheke, plur. die -n, eine Apotheke, oder der nöthige Vorrath von Arzeneyen, zum Behuf eines Kriegsheeres im Felde. Daher der Feld-Apotheker, des -s, plur. ut nom. sing. welcher derselben vorgesetzet ist.


Feldarbeit (W3) [Adelung]


Die Feldarbeit, plur. die -en, die zum Feldbaue gehörige Arbeit, so ferne sie auf dem Felde selbst geschiehet, z. B. das Pflügen, Egen, Säen, Ernten, Düngen u. s. f.


Feldart (W3) [Adelung]


Die Feldart, plur. die -en, die Art, d. i. die Eintheilung der Getreidefelder in drey Classen. Die Feldarten halten, verwechseln. S. Art.


Feld-Artillerie (W3) [Adelung]


Die Feld-Artillerie, plur. inus. die bey den Kriegsheeren im Felde nöthige Artillerie, zum Unterschiede von der in den Festungen befindlichen. Zu Wien befindet sich ein kaiserlich-königliches Feld- und Haus-Artillerie-Zeugamt, welches von dem Artillerie-Ober-Zeugamte noch verschieden ist.


Feldarzt (W3) [Adelung]


Der Feldarzt, des -es, plur. die -ärzte, ein Arzt für die Truppen im Felde; ein Feld-Medicus.


Feldbach (W3) [Adelung]


Der Feldbach, des -es, plur. die -bäche, ein Bach, welcher sein Wasser nur von dem im Felde zusammen fließenden Regenwasser erhält, folglich nicht zu allen Zeiten fließet; der Regenbach, Gießbach, Gußbach.


Feldbacken (W3) [Adelung]


Das Feldbacken, des -s, plur. inus. bey den Bäckern, das Backen und Versenden des Brotes über Feld, auf die Dörfer. Das Feldbacken ist nicht überall erlaubt.


Feldbäcker (W3) [Adelung]


Der Feldbäcker, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bäcker für die Truppen im Felde, oder im Lager; im Oberd. der Feldbäck, des -en, plur. die -en. Daher der Feldbäckenmeister, und Ober-Feldbäckenmeister, der den Feldbäckern einer ganzen Armee vorgesetzet ist; die Feldbäckerey, der Ort, wo die Feldbäcker arbeiten, mit dem dazu nöthigen Geräthe, ingleichen das Backen des Brotes für die Truppen und die sämmtlichen dazu gehörigen Personen; der Feldbackofen u. s. f.


Feld-Batterie (W3) [Adelung]


Die Feld-Batterie, plur. die -n, eine Batterie im Felde, zum Unterschiede von einer Batterie in der Festung.


Feldbau (W3) [Adelung]


Der Feldbau, des -es, plur. car. 1) Der Bau, d. i. die Zubereitung des Feldes oder Ackers zur Hervorbringung des Getreides; der Ackerbau. Sich von dem Feldbaue nähren. Sich auf den Feldbau legen. 2) Die zum Feldbaue nöthigen Äcker oder Felder. Das Gut hat vielen Feldbau.


Feldbauer (W3) [Adelung]


Der Feldbauer, des -s, plur. die -n, an einigen Orten, ein Bauer auf ebenem Felde, zum Unterschiede von den Berg- oder Gebirgebauern.


Feldbaum (W3) [Adelung]


Der Feldbaum, des -es, plur. die -bäume, ein einzelner Baum auf dem Felde, Ezech. 17, 24. Kap. 31, 15. Besonders bey den Vogelstellern, welche ihre Leimruthen auf solchen Bäumen befestigen, da sie denn auch Plattbäume heißen.


Feldbett (W3) [Adelung]


Das Feldbett, des -es, plur. die -en, Diminut. das Feldbettchen, Oberd. Feldbettlein, ein leichtes Bett, welches sich zusammen legen lässet, dergleichen sich die Officier und andere Personen im Felde bedienen; entweder von dieser Art des Gebrauches, oder auch von falten, zusammen legen; S. Feldstuhl. Im Schwed. Fällsang.


[Adelung]

Feldbiene (W3) [Adelung]


Die Feldbiene, plur. die -n, eine Art großer, schwarzer, raucher Bienen, welche ohne Pflege auf dem Felde und in Wäldern in hohlen Bäumen wohnen; Apis agrorum L. Waldbiene, zum Unterschiede von den Gartenbienen.


Feldbirn (W3) [Adelung]


Die Feldbirn, plur. die -en, Birnen, welche ohne Pflege auf dem Felde und in den Wäldern wild wachsen; Holzbirnen, die Frucht des wilden oder Holzbirnbaumes, Pyrus Pyrastes L.


Feldblume (W3) [Adelung]


Die Feldblume, plur. die -n, eine jede Blume, welche auf dem Felde, und also wild wächset, zum Unterschiede von den Gartenblumen. In engerer Bedeutung führet auch wohl der Gänserich diesen Nahmen; S. dieses Wort.


Feldbohne (W3) [Adelung]


Die Feldbohne, plur. die -n, alle Arten von Bohnen, welche auf dem Felde gebauet werden. S. Feigbohne, Saubohne. Die kleinen Feldbohnen werden in Niedersachsen Handbohnen genannt, weil die Kinder sie, wenn sie gekocht sind, aus der Hand zu essen pflegen.


Feldbreite (W3) [Adelung]


Die Feldbreite, plur. die -n, eine Breite tragbaren Feldes, in der Landwirthschaft; in Niedersachsen ein Kamp. S. Breite 2.


Feldbrücke (W3) [Adelung]


Die Feldbrücke, plur. die -n, eine Brücke über einen Graben oder Bach auf dem Felde.


Feldbrustwehre (W3) [Adelung]


Die Feldbrustwehre, plur. die -n, die Abdachung an der Brustwehre des bedeckten Weges nach dem Felde zu; das Glacis.


Feldbusch (W3) [Adelung]


Der Feldbusch, des -es, plur. die -büsche, in der Landwirthschaft, ein Busch, d. i. kleines Gehölz von Unterholze, welches von anderm Gehölze abgesondert auf freyem Felde stehet; im Oberd. ein Feldkopf.


Feld-Casse (W3) [Adelung]


Die Feld-Casse, plur. die -n, die Casse oder der Vorrath des für die Truppen im Felde nöthigen Geldes, nebst den dazu gehörigen Personen.


Feld-Chirurgus (W3) [Adelung]


Der Feld-Chirurgus, des -gi, plur. die -gi, ein Chirurgus für die Truppen im Felde, S. Feldscherer.


Feld-Cichorie (W3) [Adelung]


Die Feld-Cichorie, S. Hindläufte.


Feld-Consistorium (W3) [Adelung]


Das Feld-Consistorium, des -storii, plur. die -staria, ein Consistorium, oder geistliches Gericht, unter welchem nicht nur die Feldprediger stehen, sondern vor welchem auch in einigen Ländern die Soldaten in geistlichen Dingen und Ehesachen Recht nehmen müssen.


Feld-Cypresse (W3) [Adelung]


Die Feld-Cypresse, plur. die -n, S. Erdkiefer. An einigen Orten ist auch der gemeine Wachholder unter diesem Nahmen bekannt.


Felddegen (W3) [Adelung]


Der Felddegen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Soldatendegen, zum Unterschiede von einem Galanterie-Degen, Studentendegen u. s. f.


Felddieb (W3) [Adelung]


Der Felddieb, des -es, plur. die -e. 1) Ein Dieb, welcher Feldfrüchte stiehlet, Fämin. die Felddiebinn, plur. die -en. Daher die Felddieberey, plur. die -en, die Dieberey welche im Felde, d. i. an den Feldfrüchten begangen wird. 2) Eine Art Sperlinge, S. Baumsperling.


Felddienstbarkeit (W3) [Adelung]


Die Felddienstbarkeit, plur. die -en, die Dienstbarkeit, welche auf den Feldern eines Gutes haftet, oder dasjenige, was die Grundstücke eines Gutes einem andern zu leisten, oder von demselben zu leiden verbunden sind; z. B. das Recht der Trift, der Wasserleitung, des Fahrweges u. s. f. über eines andern Felder.


Felddistel (W3) [Adelung]


Die Felddistel, plur. die -n, S. Haferdistel.


Feldebereis (W3) [Adelung]


Feldebereis, S. Stabwurzel.


Feldenzian (W3) [Adelung]


Der Feldenzian, des -s, plur. inus. eine Art Enzians mit vier Mahl eingeschnittenen Kronen, welche auf den Feldern und trocknen Wiesen wächset; Gentiana campestris L.


Felderbse (W3) [Adelung]


Die Felderbse, plur. die -n, Erbsen, welche auf dem Felde gebauet werden, zum Unterschiede von den Gartenerbsen; Feldschoten.


Felderdecke (W3) [Adelung]


Die Felderdecke, plur. die -n, eine in Felder, oder geometrische Figuren eingetheilte Decke eines Zimmers, welche mit erhabenen Rahmen oder Leisten eingefasset sind, zum Unterschiede von der Spiegeldecke und Plattdecke.


Feldesel (W3) [Adelung]


Der Feldesel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Waldesel.


Feldflasche (W3) [Adelung]


Die Feldflasche, plur. die -n, blecherne Flaschen zum Wasser, welche die Soldaten im Felde, oder auf dem Marsche bey sich führen.


Feldflucht (W3) [Adelung]


* Die Feldflucht, plur. car. ein im Hochdeutschen veraltetes, im Oberdeutschen aber noch hin und wieder übliches Wort, die Desertion der Soldaten, besonders im Felde, zu bezeichnen; wofür ehedem auch die Heerflucht üblich war. Daher das eben so ungewöhnlich gewordene, der Feldflüchtige, plur. die -n, der Ausreißer, Deserteur. Feldflüchtig werden, ausreißen, desertieren. In Niedersachsen pfleget man in einem andern Verstande, Tauben, welche ihre Nahrung auf dem Felde selbst suchen, Feldflüchter zu nennen, von fliegen.


Feldfluth (W3) [Adelung]


Die Feldfluth, plur. die -en, eine Fluth, welche von dem Wasser kommt, welches sich nach einem heftigen Regen, nach einem plötzlichen Thauwetter auf dem Felde sammelt. Kleine Bäche werden von den Feldfluthen oft sehr angeschwellet.


Feldfrevel (W3) [Adelung]


Der Feldfrevel, des -s, plur. ut nom. sing. Frevel, welcher auf dem Felde, und an den auf demselben befindlichen Gewächsen begangen wird.


Feldfrucht (W3) [Adelung]


Die Feldfrucht, plur. die -früchte, Früchte, welche auf dem Felde gebauet werden, besonders das Getreide, zum Unterschiede von dem Gartenfrüchten.


Feld-Galopp (W3) [Adelung]


Der Feld-Galopp, des -es, plur. inus. der natürliche Galopp eines Pferdes, zum Unterschiede von dem erlernten oder Bahn-Galoppe.


Feldgeflügel (W3) [Adelung]


Das Feldgeflügel, des -s, plur. inus. Geflügel, welches sich auf den Feldern aufzuhalten pfleget, z. B. Trappen, Fasane, Repphühner, Wachteln, Brachvögel, Stahre u. s. f. zum Unterschiede von dem Wald- Wasser- und Raubgeflügel.


Feldgehäge (W3) [Adelung]


Das Feldgehäge, des -s, plur. ut nom. sing. das Gehäge des kleinen Wildbretes, welches sich gemeiniglich auf den Fruchtfeldern aufhält; zum Unterschiede von dem Waldgehäge.


Feldgeist (W3) [Adelung]


Der Feldgeist, des -es, plur. die -er, erdichtete Geister oder Halbgötter, welche sich auf den Feldern aufhalten sollen, und zu den Satyris der Griechen und Römer gehören. Die Feldgeister werden hüpfen. Es. 13, 21.


Feldgeräth (W3) [Adelung]


Das Feldgeräth, des -es, plur. die -e. 1) Das zum Feldbaue nöthige Geräth; das Feldgeschirr. 2) Das für die Artillerie und Truppen im Felde nöthige Geräth. In beyden Bedeutungen wird es auch als ein Collectivum ohne Plural gebraucht.


Feldgerecht (W3) [Adelung]


Feldgerecht, -er, -este, adj. et adv. welches nur im Jagdwesen üblich ist. Ein feldgerechter Jäger, der des kleinen Weidwerkes, welches sich gemeiniglich auf den Feldern aufhält, gehörig kundig ist; zum Unterschiede von dem hirsch- und holzgerechten Jäger.


Feldgerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Feldgerechtigkeit, plur. inus. der Gerichtszwang im Felde.


Feldgericht (W3) [Adelung]


Das Feldgericht, des -es, plur. die -e. 1) Eine Art niederer Gerichte, welche sich über die Grenzen, Felddiebereyen und andere Feldsachen erstrecket, und ehedem im freyen Felde gehalten wurde, wie an einigen Orten noch üblich ist. Diese Feldgerichte haben fast in jeder Gegend einen andern Nahmen. In Thüringen heißen sie Hägemähler, in Meißen Rügegerichte, Jahrgerichte, weil sie alle Jahr nur Ein Mahl gehalten werden, in Franken Ackergerichte, Landgerichte, an andern Orten Hubengerichte, Hofgerichte, Grundgerichte, Dinggerichte, Stabgerichte, und im ehemaligen Stifte Corvey der Großstab. 2) An einigen Orten wird auch das Kriegsgericht, besonders so fern es im Felde gehalten wird, und Verbrechen der Soldaten im Felde betrifft, das Feldgericht genannt.


Feldgeschrey (W3) [Adelung]


Das Feldgeschrey, des -es, plur. die -e. 1) Das wilde Geschrey, mit welchem sich ehedem die Soldaten im Felde zum Gefechte aufzumuntern, und den Feind zu schrecken suchten, deßgleichen noch bey den Türkischen Kriegsheeren üblich ist; ohne Plural. Da machte das Volk ein Feldgeschrey, Jos. 6, 5, 10, 16, 20. In Hrn. Michaelis Übersetzung, ein Schlachtgeschrey, Kriegsgeschrey. Der Herr wird mit einem Feldgeschrey hernieder kommen, 1 Thess. 4, 16. Bey den Gothen Haerop, sonst auch Herscal. 2) In dem heutigen Kriegswesen wird das Losungswort, woran sich die Parteyen im Felde, besonders zur Nachtzeit erkennen, und welches von der Parole noch verschieden ist, das Feldgeschrey genannt. S. Parole. Bey dem Stryker Herzaichen.


Feldgestänge (W3) [Adelung]


Das Feldgestänge, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Bergbaue, das Gestänge, oder die Stangen an einem Kunstzeuge, welche über Feld schieben müssen.


Feldglocke (W3) [Adelung]


Die Feldglocke, plur. die -n, in der Sprache der Spitzbuben, der Galgen. Ein Klöppel in der großen Feldglocke werden, gehenket werden.


Feldgraben (W3) [Adelung]


Der Feldgraben, des -s, plur. die -gräben, ein Graben in dem Felde, das Wasser von den Äckern zu leiten.


Feldgras (W3) [Adelung]


Das Feldgras, des -es, plur. inus. das Gras auf dem Felde. Sie sollen werden zu Feldgras und zu grünem Kraut, Es. 37, 27.


Feldgräserey (W3) [Adelung]


Die Feldgräserey, plur. inus. das Abschneiden des Grases auf den Feldern, zum Unterschiede von der Holzgräserey, der Gräserey auf den Rainen u. s. f.


Feldgrille (W3) [Adelung]


Die Feldgrille, plur. die -n, eine Art Grillen, welche sich auf dem Felde aufhalten; zum Unterschiede von den Hausgrillen.


Feldgut (W3) [Adelung]


Das Feldgut, des -es, plur. die -güter. 1) * Ein Landgut; welche Bedeutung im Oberdeutschen üblicher ist, als im Hochdeutschen. 2) Außer der Hofstätte eines Gutes gelegene Grundstücke an Äckern, Wiesen, Weinbergen u. s. f. werden zuweilen auch im Plural Feldgüter genannt.


Feldhase (W3) [Adelung]


Der Feldhase, des -n, plur. die -n, ein Hase, welcher sich beständig im Felde aufhält, zum Unterschiede von den Holzhasen.


Feldhauptmann (W3) [Adelung]


* Der Feldhauptmann, des -es, plur. die -leute, ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, den Befehlshaber eines ansehnlichen Corps Truppen zu bezeichnen, welches noch sehr häufig in der Deutschen Bibel angetroffen wird. Bey den Österreichischen Kriegsheeren wurden die Generale von der Infanterie ehedem Feldhauptleute genannt. S. Feldoberster.


Feldhenne (W3) [Adelung]


Die Feldhenne, plur. die -n, S. Feldhuhn.


Feldherd (W3) [Adelung]


Der Feldherd, des -es, plur. die -e, bey den Vogelstellern, ein Vogelherd im Felde, zum Unterschiede von einem Waldherde.


Feldherr (W3) [Adelung]


Der Feldherr, des -en, plur. die -en, der erste und oberste Befehlshaber eines Kriegsheeres, der commandirende General, der General en Chef. In dem gemeinen Sprachgebrauche, wo man den Französischen Ausdrücken mehr Geschmack abgewonnen hat, kommt dieses Wort wenig vor, wohl aber in der edlen und anständigen Schreibart. Doch hatte Pohlen noch seinen Kron-Groß-Feldherren, und Litthauen seinen Groß Feldherren, von welchen jener einen Kron-Unter-Feldherren, dieser aber einen Unter-Feldherren unter sich hatte. Pohln. Hetmann. Die Gattinn eines Feldherren wird im Deutschen die Feldherrin genannt. Ehedem war für Feldherr im Deutschen auch Heergraf üblich.


Feldheu (W3) [Adelung]


Das Feldheu, des -es, plur. car. Heu, welches auf dem Felde gewonnen wird, zum Unterschiede von dem Wiesenheue.


Feldhirte (W3) [Adelung]


Der Feldhirte, des -n, plur. die -n, S. Feldhüther.


Feldholder (W3) [Adelung]


Der Feldholder oder Feldholunder, des -s, plur. inus. eine in einigen Gegenden übliche Benennung des Attichs; S. dieses Wort.


Feldholz (W3) [Adelung]


Das Feldholz, des -es, plur. die -hölzer, Diminut. das Feldhölzchen, Oberd. Feldhölzlein, ein kleines Gehölz, welches rings herum mit Feldern umgeben ist, und im Oberdeutschen auch ein Feldschacht genannt wird.


Feld-Hospital (W3) [Adelung]


Das Feld-Hospital, des -es, plur. die -täler, ein Hospital für kranke oder verwundete Soldaten im Felde.


Feldhuhn (W3) [Adelung]


Das Feldhuhn, des -es, plur. die -hühner, eine Art wilder Hühner von aschgrauer Farbe, welche sich auf den Feldern aufhält, und im Hochdeutschen unter dem Nahmen des Repphuhnes am bekanntesten ist; S. dieses Wort. Es wird auch Ackerhuhn genannt. Will man die Geschlechter genauer unterscheiden, so pflegt man das männliche auch wohl den Feldhahn, und das weibliche die Feldhenne zu nennen.


Feldhüther (W3) [Adelung]


Der Feldhüther, des -s, plur. ut nom. sing. ein Hüther, oder Wächter, der die Früchte im Felde vor den Dieben bewahren und bewachen muß; in Thüringen ein Flurschütz, in Baiern Flurer oder Escher, im Churkreise, der Keiler oder Keuler, an andern Orten der Feldvogt, Feldwächter, Pfändemann, Pfänder, Feldschütz, in Schwaben der Feldhirt. S. Flurschütz.


Feldhütte (W3) [Adelung]


Die Feldhütte, plur. die -n, eine im freyen Felde aufgeschlagene Hütte, z. B. der Feldhüther, der Soldaten, wenn sie sich im Winter statt der Zelter Hütten bauen u. s. f.


Feldjäger (W3) [Adelung]


Der Feldjäger, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Jäger, welcher nur mit dem kleinen Weidewerke zu thun hat, ein Hühnerfänger, Reisejäger; zum Unterschiede von dem hirschgerechten Jäger. S. Feldgehäge und Feldgerecht. 2) Bey einigen Armeen, z. B. der Preußischen, gibt es in einem andern Verstande Feldjäger, welche zwar gelernte Jäger sind, aber mehr zum Überbringen der Befehle u. s. f. als zur Jagd gebraucht werden. Daher das Feldjäger-Corps.


Feldjaspiß (W3) [Adelung]


Der Feldjaspiß, des -sses, plur. von mehrern Arten, die -sse, Jaspiß, der als Geschiebe auf und nahe unter der Oberfläche der Erde gefunden wird.


Feldig (W3) [Adelung]


Feldig, adj. et adv. Felder habend, welches aber nur in den Zusammensetzungen, dreyfeldig, vierfeldig, vielfeldig u. s. f. üblich ist, wo Feld, die Vertiefungen in der Baukunst, die Abtheilung eines Wapenschildes u. s. f. bedeutet.


Feldkanzelley (W3) [Adelung]


Die Feldkanzelley, plur. die -en, die Kanzelley, zum Behuf der Truppen im Felde und des ganzen Kriegswesens; die Feld-Kriegskanzelley.


Feldkatze (W3) [Adelung]


Die Feldkatze, plur. inus. Diminut. das Feldkätzchen, Oberd. Feldkätzlein, eine Bedeutung des Mäuseöhrchens, Myosotis L. S. dieses Wort.


Feldkeller (W3) [Adelung]


Der Feldkeller, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein im Felde gegrabener Keller. 2) Ein Behältniß, allerley Getränk in Flaschen auf der Reise und im Felde bey sich zu führen, ein Flaschenfutter.


Feldkerze (W3) [Adelung]


Die Feldkerze, plur. inus. S. Wollkraut.


Feldkessel (W3) [Adelung]


Der Feldkessel, des -s, plur. ut nom. sing. ein leichter Kessel, welchen die Soldaten im Felde mit sich führen.


Feldkirche (W3) [Adelung]


Die Feldkirche, plur. die -n, eine im freyen Felde befindliche Kirche.


Feldklette (W3) [Adelung]


Die Feldklette, plur. die -n, S. Klettenkerbel.


Feldklippe (W3) [Adelung]


Die Feldklippe, plur. die -n, eine Klippe, d. i. drey oder viereckige Münze, welche zuweilen aus Noth zur Bezahlung der Truppen im Felde geschlagen wird; die Feldmünze. S. Klippe.


Feldkloster (W3) [Adelung]


Das Feldkloster, des -s, plur. die -klöster, ein im freyen Felde befindliches Kloster, zum Unterschiede von den Klöstern in Städten.


Feldknick (W3) [Adelung]


Der Feldknick, des -es, plur. die -e, in Niedersachsen, ein Stück Feldes, welches mit Knickholz oder Buschwerk umgeben ist.


Feldknoblauch (W3) [Adelung]


Der Feldknoblauch, des -es, plur. inus. S. Ackerknoblauch.


Feldkoch (W3) [Adelung]


Der Feldkoch, des -es, plur. die -köche, ein Garkoch für die Soldaten im Felde, welcher unter dem Nahmen eines Marketenders am bekanntesten ist.


Feldkohl (W3) [Adelung]


Der Feldkohl, des -es, plur. inus. 1) Eine Art wilden Kohles, mit einer dünnen Wurzel und dünnem Stamme, welche auf den Europäischen Äckern angetroffen wird; Brassica campestris L. 2) Der Ackerrettig; Raphanus Raphanistrum L. S. Ackerrettig.


Feldkopf (W3) [Adelung]


Der Feldkopf, des -es, plur. die -köpfe, S. Feldbusch.


Feldkrankheit (W3) [Adelung]


Die Feldkrankheit, plur. die -en, Krankheiten, welchen die Soldaten im Felde vor andern unterworfen sind.


Feldkraut (W3) [Adelung]


Das Feldkraut, des -es, plur. die -kräuter. 1) Eine allgemeine Bezeichnung aller derjenigen Kräuter, welche auf den Feldern wachsen; zum Unterschiede von den Garten- Wald- und Wiesenkräutern. 2) In engerer Bedeutung führet das Erdrauch an einigen Orten diesen Nahmen; S. dieses Wort.


Feldkresse (W3) [Adelung]


Die Feldkresse, plur. inus. eine Art Kresse mit gefiederten Blättern, welche auf wässerigen Wiesen und Triften wächset; Cardamine pratensis L. Wiesenkresse, Bachmünze.


Feldkröte (W3) [Adelung]


Die Feldkröte, plur. die -n, diejenige Art Kröten, welche ihre Eyer auf dem trockenen Lande legen, Erdkröten, Gartenkröten; zum Unterschiede von den Wasserkröten.


Feldküche (W3) [Adelung]


Die Feldküche, plur. die -n. 1) Die Küche eines Feldkoches oder Marketenders. 2) Figürlich auch an einigen Orten der Schindanger; S. Feldmeister.


Feldkümmel (W3) [Adelung]


Der Feldkümmel, des -s, plur. inus. 1) Eine Art Kümmels, welche auf den Wiesen wild wächset, und daher auch Wiesenkümmel genannt wird; Carum L. 2) An vielen Orten führet auch der Quendel, Thymus Serpillum L. den Nahmen des Feldkümmels, ob er gleich mit dem Kümmel wenig Ähnlichkeit hat. S. Quendel und Kümmel.


Feldlager (W3) [Adelung]


Das Feldlager, des -s, plur. die -läger, das Lager im Felde, und der Platz, wo sich dasselbe befindet. Das Feldlager der Schafe, in der Landwirthschaft. Das Feldlager eines Kriegsheeres, wofür aber das einfache Lager üblicher ist.


Feldlattich (W3) [Adelung]


Der Feldlattich, des -es, plur. inus. 1) Ein wilder Lattich mit vertical stehenden Blättern, deren erhabener Rücken mit Dörnern bewehret ist; Lactuca Scariola L. 2) Ein anderes Sommergewächs der Europäischen Felder, welches gleichfalls als Salat gebraucht werden kann; Valeriana Locusta L. Läm- mersalat, Lämmerlattich, Sonnenwirbel, Feldrapünzchen, Feldsalat, Ackersalat, wilder Lattich, Schafmäuler, im Nieders. Foldkrepp.


Feldläufer (W3) [Adelung]


Der Feldläufer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art schwarzgelber Brachvögel, welche sich zwar in den Sümpfen aufhält, oder auch ungepflügte Felder besucht; der Ackervogel.


Feld-Lavette (W3) [Adelung]


Die Feld-Lavette, plur. die -n, Lavetten, welche zu den Kanonen im Felde gebraucht werden, zum Unterschiede von denjenigen, welche auf Schiffen und in Festungen üblich sind.


Feldlehne (W3) [Adelung]


Die Feldlehne, plur. die -n, S. Ackerlehne.


Feldlerche (W3) [Adelung]


Die Feldlerche, plur. die -n, Lerchen, welche sich auf den Getreidefeldern aufhalten, zum Unterschiede von den Heidelerchen. Sie sind grau und braunsprenklig, so groß wie eine Weindrossel, bekommen im Alter einen sehr langen Sporn, und werden auch Sanglerchen, Kornlerchen, Himmelslerchen genannt.


Feldlilie (W3) [Adelung]


Die Feldlilie, plur. die -n, (viersylbig,) eine Art wilder Lilien, mit umgebogenen Blumen, deren Kronen zurück gerollet sind, daher sie auch der Türkische Bund genannt wird; Lilium Martagon L.


Feldlinse (W3) [Adelung]


Die Feldlinse, plur. die -n, die kleinen gemeinen Linsen, welche im Felde gebauet werden; zum Unterschiede der großen, Wälschen, oder Gartenlinsen.


Feldmann (W3) [Adelung]


Der Feldmann, des -es, plur. die Feldleute, ein nur in einigen Oberdeutschen Gegenden für Ackermann übliches Wort.


Feldmannstreu (W3) [Adelung]


Die Feldmannstreu, plur. car. eine Art der Mannstreu, Eryngium campestre L. Sie wächset an den ungebaueten Örtern Europens.


Feldmarder (W3) [Adelung]


Der Feldmarder, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Marder, welche sich in den Feldern aufhält, und daselbst dem Feldgeflügel nachstellet; zum Unterschiede von dem Dach- oder Hausmarder. Jene, welche auch Wildmarder und Baummarder genannt werden, sind größer als diese, dunkler von Farbe, und haben eine gelbe Brust. S. auch Baummarder.


Feldmark (W3) [Adelung]


Die Feldmark, plur. die -en. 1) Die Mark, d. i. Grenze eines Feldes; die Feldmarkung, Markscheidung, Feldscheidung. 2) Ein ganzes zu einem Orte oder Gute gehöriges, mit seinen Marken oder Grenzen verwahrtes Feld; die Flur. Jedes Dorf hat seine Feldmark, kann deren aber auch wohl mehrere haben. Im mittlern Lat. Campi marchia.


Feld-Marschall (W3) [Adelung]


Der Feld-Marschall, des -es, plur. die -schälle, aus dem Franz. Marechal de Camp, einer der ersten Befehlshaber bey einem Kriegsheere, welchem vornehmlich die Anordnung und Sicherheit des Lagers, ingleichen die Aufsicht über den Marsch der Truppen anvertrauet ist, der aber in verschiedenen Ländern doch einen verschiedenen Rang hat. Bey der kaiserlichen Armee ist der General en Chef, oder Feldherr das Haupt; auf ihn folget der Feldmarschall, und auf diesen der Feldmarschall-Lieutenant. Bey andern Armeen steht der Feldmarschall unter dem General-Lieutenant, und bey noch andern ist er das Haupt des ganzen Kriegesheeres. In Deutschland heißen alle Feldmarschälle General-Feldmarschälle; in Frankreich aber ist ein Marechal General des Camps et des Armees du Roi weit mehr als ein Marechal de France oder Marechal de Camp welcher letztere mit unsern Deutschen General-Feldwachmeistern überein kommt. Dessen Gattinn, die Feldmarschallinn, plur. die -en.


Feldmaß (W3) [Adelung]


Das Feldmaß, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, diejenige Art des Maßes, nach welchem die Größe der liegenden Gründe, besonders der Felder bestimmt wird, das Ackermaß; zum Unterschiede von dem Wald- und Wiesenmaße.


Feldmasholder (W3) [Adelung]


Der Feldmasholder, des -s, plur. inus. S. Masholder.


Feldmaus (W3) [Adelung]


Die Feldmaus, plur. die -mäuse, eine Art Mäuse, welche sich in den Feldern aufhalten und sich daselbst Höhlen unter der Erde graben, die Ackermaus; zum Unterschiede von den Hausmäusen.


Feld-Medicus (W3) [Adelung]


Der Feld-Medicus, des -ci, plur. die -ci, S. Feldarzt.


Feldmeister (W3) [Adelung]


Der Feldmeister, des -s, plur. ut nom. sing. eine anständige, besonders bey den Handwerkern übliche Benennung des Abdeckers, weil das offene Feld seine Werkstätte ist; der Freymann, Kaviller, Meister, und in der niedrigen Sprechart der Schinder. Der Feldmeister hat Mieth- oder Halbmeister unter sich. Siehe diese Wörter.


Feldmeisterey (W3) [Adelung]


Die Feldmeisterey, plur. die -en, die Wohnung des Feldmeisters und seiner Knechte, die Kavillerey, Meisterey; ingleichen dessen Lebensart und Beschäftigung, und das Recht, selbige auszuüben.


Feldmessen (W3) [Adelung]


Das Feldmessen, des -s, plur. car. die Ausmessung und Abzeichnung der Felder, und in weiterer Bedeutung auch der Wiesen, Wälder, und ganzen Ländereyen, und die Kunst, welche solches lehret.


Feldmesser (W3) [Adelung]


Der Feldmesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein Künstler, welcher Felder und ganze Ländereyen ausmisset und in Grund leget; im Oberd. ein Untergänger, Siebner, Feldscheider, Feldschieder, im Brandenb. ein Landmesser.


Feldmeßkunst (W3) [Adelung]


Die Feldmeßkunst, plur. inus. die Kunst oder Wissenschaft, welche solches lehret, und welche ein Theil der Geometrie oder Erdmeßkunst ist.


Feldmünze (W3) [Adelung]


Die Feldmünze, plur. inus. 1) Ein Nahme, den an einigen Orten die Mentha arvensis L. führet, welche auch Kornmünze, und Teichmünze, im Nieders. aber Poggemünte, d. i. Froschmünze genannt wird. S. Ackermünze. 2) S. Feldklippe.


Feldmusik (W3) [Adelung]


Die Feldmusik, plur. inus. die bey den Soldaten übliche Musik.


Feldnachbar (W3) [Adelung]


Der Feldnachbar, des -s, plur. die -n, derjenige, dessen Feld an des andern Feld grenzet, ein Nachbar in Ansehung der Felder; zum Unterschiede von dem Dorfnachbar. Fämin. die Feldnachbarinn.


Feldnägelein (W3) [Adelung]


Das Feldnägelein, des -s, plur. ut nom. sing. oder die Feldnelke, plur. die -n, wilde Nägelein oder Nelken, welche auf den Feldern wachsen, zum Unterschiede von den Gartennelken. Besonders der Dianthus Armeria L.


Feldoberste (W3) [Adelung]


Der Feldoberste, des -n, plur. die -n, eine ehemahlige Benennung des Generals von der Cavallerie bey den kaiserlichen Armee, wofür aber jetzt der Französische Ausdruck üblich ist. Ehedem gebrauchte man dieses Wort auch in weiterer Bedeutung für Feldherr, oder für einen vornehmen Befehlshaber, der unter dem Feldherren ein besonderes Corps commandiret.


Feldobst (W3) [Adelung]


Das Feldobst, des -es, plur. inus. Obst, welches auf den Feldern, Rainen u. s. f. gebauet wird. Wildobst; zum Unterschiede von dem Gartenobste.


Feldochs (W3) [Adelung]


Der Feldochs, des -en, plur. die -en, ein Ochs, welcher zur Feldarbeit gebraucht wird; zum Unterschiede von einem Mast- oder Schlachtochsen.


Feldordnung (W3) [Adelung]


Die Feldordnung, plur. die -en, eine obrigkeitliche oder von der Gemeine selbst verabredete Ordnung in Sachen, welche den Feldbau und die Grenzen der Felder betreffen.


Feldort (W3) [Adelung]


Der Feldort, des -es, plur. die -örter, im Bergbaue, ein Ort, welcher weiter in das Feld getrieben wird. Einen Feldort treiben, daran arbeiten. S. Ort.


Feldpappel (W3) [Adelung]


Die Feldpappel, plur. die -n, die wilde Pappel, zum Unterschiede von der Gartenpappel; Malva sylvestris und rotundifolia L. S. auch Gänsepappel.


Feld-Perspective (W3) [Adelung]


Die Feld-Perspective, plur. inus. eine Art der Perspective, welche die Gegenstände auf einer ebenen Fläche fast so vorstellet, wie sie wirklich sind, und nicht so wie sie aus einer gewissen Entfernung zu seyn scheinen; die Cavallier-Perspective, Militär-Perspective. Sie wird vornehmlich in Festungsrissen gebraucht.


Feldpfau (W3) [Adelung]


Der Feldpfau, siehe Kibitz.


Feldpoley (W3) [Adelung]


Der Feldpoley, des -es, plur. inus. S. Quendel.


Feldpostamt (W3) [Adelung]


Das Feldpostamt, des -es, plur. die -ämter, ein Postamt zum Behufe einer Armee im Felde.


Feldposten (W3) [Adelung]


Der Feldposten, des -s, plur. ut nom. sing. ein Posten, welcher von einem Kriegsheere oder einem Theile desselben zu seiner Sicherheit in das Feld ausgesetzet wird; ein Vorposten.


Feldpostmeister (W3) [Adelung]


Der Feldpostmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein Postmeister bey den Truppen im Felde; dessen Gattinn die Feldpostmeisterinn.


Feldprediger (W3) [Adelung]


Der Feldprediger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Prediger bey einem Regimente Soldaten; in der niedrigern Mundart der Feldpriester, bey den Katholiken der Feld-Pater. Dessen Gattinn die Feldpredigerinn.


Feldpropst (W3) [Adelung]


Der Feldpropst, des -es, plur. die -pröpste, ein Propst, welcher die Aufsicht über die Feldprediger hat, der Oberfeldprediger. Dessen Gattinn die Feldpröpstinn.


Feld-Quartiermeister (W3) [Adelung]


Der Feld-Quartiermeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein Quartiermeister für die Truppen im Felde. In Litthauen war der Feld-Quartiermeister, und in Pohlen der Kron-Feld-Quartiermeister ein Beamter für den König und das Reich.


Feldrapunzel (W3) [Adelung]


Die Feldrapunzel, plur. inus. 1) Die wilde Rapunzel, Phyteuma L. in der Schweiz Rebkressig; zum Unterschiede von der Rübenrapunzel. 2) S. Feldlattich.


Feldrauch (W3) [Adelung]


Der Feldrauch, des -es, oder die Feldraute, plur. inus. S. Erdrauch.


Feldrecht (W3) [Adelung]


Das Feldrecht, des -es, plur. die -rechte. 1) Das Recht, welches Ackerfelder genießen, zum Unterschiede von dem Garten- Wiesen- und Waldrechte; ohne Plural. Feldwiesen haben kein Wiesenrecht, sondern nur Feldrecht, sie können also nicht anders als andere Getreidefelder gehäget oder geschlossen werden. 2) Gesetze, welche in Sachen, so den Feldbau betreffen, von der Obrigkeit erlassen, oder durch den Gebrauch eingeführet worden, und deren Sammlung.


Feld-Regiment (W3) [Adelung]


Das Feld-Regiment, des -es, plur. die -er, ein Regiment, welches aus Feldsoldaten bestehet, zum Unterschiede von den Garnison-Regimentern.


Feldrichter (W3) [Adelung]


Der Feldrichter, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, besonders auf dem Lande, ein Richter, welcher auf die Gehäge acht hat, die Gemeindegelder einnimmt u. s. f. Im Oberdeutschen ist Feldrichter so viel als Dorfrichter, zum Unterschiede von dem Stadtrichter. Ehedem wurden die Auditeurs bey den Regimentern Feldrichter und Feldschuldheiße genannt.


Feldrose (W3) [Adelung]


Die Feldrose, plur. die -n. 1) Eine allgemeine Benennung aller wild wachsenden Rosen, zum Unterschiede von den Gartenrosen, dergleichen die Weinrosen, Heckrosen u. s. f. sind. Besonders die Rosa spinosissima L. welche auch Erdrose, Dünenrose und Haferrose genannt wird. 2) Die wilde Anemone, Anemone sylvestris L. S. Anemone.


Feldroth (W3) [Adelung]


Feldroth, adj. et adv. welches von einer schlechten Art Weintrauben gebraucht wird, die den Wein nur sauer macht. Der Feldrothe, nehmlich Wein.


Feldrübe (W3) [Adelung]


Die Feldrübe, plur. die -n, eine Art Rüben, welche auch Stoppelrüben, ingleichen lange Rüben genannt werden, zum Unterschiede von den Wasserrüben und Steckrüben.


Feldrüge (W3) [Adelung]


Die Feldrüge, plur. die -n, eine Rüge oder Klage über ein Verbrechen, welches den Feldbau angehet.


Feldruthe (W3) [Adelung]


Die Feldruthe, plur. die -n, eine Ruthe, nach welcher Felder und Wiesen gemessen werden, und welche an einigen Orten noch von der Waldruthe verschieden ist.


Feldsalat (W3) [Adelung]


Der Feldsalat, des -es, plur. inus. S. Feldlattich.


Feldschacht (W3) [Adelung]


Der Feldschacht, des -es, plur. die -schächte, S. Feldholz und Schacht.


Feldschaden (W3) [Adelung]


Der Feldschaden, des -s, plur. die -schäden, der Schaden an den Feldfrüchten.


Feldschanze (W3) [Adelung]


Die Feldschanze, plur. die -n, eine jede Schanze, welche auf dem Felde aufgeworfen wird.


Feldscheider (W3) [Adelung]


Der Feldscheider, S. Feldmesser.


Feldscheidung (W3) [Adelung]


Die Feldscheidung, plur. die -en, die Scheidung oder Grenze, so wohl eines Feldes, als einer ganzen Flur.


Feldscherer (W3) [Adelung]


Der Feldscherer, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben der Feldscher, ein Barbier oder Wundarzt, so fern er bey den Truppen Dienste leistet. Daher der Compagnie-Feldscherer, der bey einer Compagnie dienet, der Regiments-Feldscherer, ein Wundarzt, welcher die Compagnie-Feldscherer des ganzen Regimentes unter seiner Aufsicht hat. In Niedersachsen werden alle Barbier oder Wundärzte mit diesem Nahmen beleget; welches ein Überrest des ehemahligen Kriegeswesens ist, wo man nach geendigtem Kriege die Truppen abdankte, da sich denn die Feldscherer in die Städte setzten und Bürger wurden. Schwed. Feltskaer. Dessen Gattinn die Feldschererinn, im gemeinen Leben Feldscherinn.


Feldscheuche (W3) [Adelung]


Die Feldscheuche, plur. die -n, eine Scheuche im Felde, die Vögel von den Feldfrüchten abzuhalten. S. Scheuche.


Feldschieder (W3) [Adelung]


Der Feldschieder, S. Feldmesser.


Feldschlacht (W3) [Adelung]


Die Feldschlacht, plur. die -en, ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort, wofür das einfache Schlacht üblicher ist.


Feldschlange (W3) [Adelung]


Die Feldschlange, plur. die -n. 1) Eine Art Schlangen, welche sich auf Feldern und an trocknen Orten aufhalten, Erdschlangen; zum Unterschiede von den Wasserschlangen. 2) Eine Schlange, d. i. langes Geschütz, welches im Felde gebraucht wird; im mittlern Lat. Colubrina. Eine ganze Feldschlange oder Nothschlange schießet 18 Pfund Eisen, ist 30 Caliber lang und wiegt 50 Zentner. Eine halbe Feldschlange, welche auch nur schlechthin die Feldschlange genannt wird, schießt 9 Pfund, ist 32 Caliber lang und 30 Zentner schwer. Die Viertel-Feldschlangen sind unter dem Nahmen der Falkaunen und die halben Viertel- oder Quartier-Feldschlangen unter dem Nahmen der Falkonette am bekanntesten.


Feldschmiede (W3) [Adelung]


Die Feldschmiede, plur. die -n, eine Schmiede mit ihrem Zubehör auf einem Rüstwagen, zum Behufe der Truppen im Felde.


Feldschnecke (W3) [Adelung]


Die Feldschnecke, plur. die -n, eine Art rother, nackter Erdschnecken, welche sich auf den Feldern und Wegen aufhalten, Ackerschnecken, Landschnecken, Wegeschnecken; zum Unterschiede von den grauen Wiesen- oder Grasschnecken, und schwarzen Heide- Holz- oder Waldschnecken.


Feldschnepfe (W3) [Adelung]


Die Feldschnepfe, plur. die -n, eine Art kleiner Schnepfen, welche sich auf den Feldern aufhält, und auch Grasschnepfe und Heerschnepfe genannt wird. Weil sie sehr hoch flieget, und dabey mit ihrer Stimme die Ziegen nachahmet, so führet sie auch den Nahmen der Himmelsziege oder Himmelsgeiß, und weil sie ein schmackhafter Vogel ist, den Nahmen der Herren- oder Fürstenschnepfe. Bey den Jägern ist sie unter dem Franz. und Ital. Nahmen Beccasse und Beccassine bekannt.


Feldschön (W3) [Adelung]


Feldschön, -er, -ste, adj. et adv. welches in Niedersachsen am bekanntesten ist, in der Ferne schön. Ein Frauenzimmer heißt feldschön, wenn sie in der Ferne besser aussiehet, als in der Nähe; wofür man in Meißen sagt, sie fernet.


Feldschöppe (W3) [Adelung]


Der Feldschöppe, des -n, plur. die -n, der Schöppe oder Besitzer eines Feldgerichtes; im Oberdeutschen auch wohl zuweilen so viel als ein Dorfschöppe.


Feldschoten (W3) [Adelung]


Die Feldschoten, sing. inus. gemeine Schoten oder Schotenerbsen, welche auf dem Felde gebauet werden; zum Unterschiede von den Gartenschoten.


Feldschreiber (W3) [Adelung]


Der Feldschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Oberdeutschen Gegenden die Benennung eines Regiments-Secretärs.


Feldschuldheiß (W3) [Adelung]


Der Feldschuldheiß, des -en, plur. die -en, eben daselbst, die Benennung eines Auditeurs, S. Feldrichter.


Feldschuppen (W3) [Adelung]


Der Feldschuppen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schuppen, d. i. ein Gebäude ohne Wände mit einem Dache, im Felde, das Getreide darunter zu legen; eine Wetterhütte, im Hollsteinischen ein Berg.


Feldschütz (W3) [Adelung]


Der Feldschütz, des -en, plur. die -en, ein Schütz, d. i. Wächter der Feldfrüchte, S. Feldhüther und Flurschütz. Ehedem pflegte man auch die Büchsenmeister, Constadler und Kanonier Feldschützen zu nennen.


Feldschwamm (W3) [Adelung]


Der Feldschwamm, des -es, plur. die -schwämme, eine Benennung des Champignons, zum Unterschiede von den Waldschwämmen. S. Champignon.


Feldsiech (W3) [Adelung]


Feldsiech, adj. et adv. S. Aussatz.


Feldsoldat (W3) [Adelung]


Der Feldsoldat, des -en, plur. die -en, ein Soldat, der im Felde dienet, zum Unterschiede von Stadtsoldaten, und solchen, welche nur in Besatzungen gebraucht werden.


Feldsperling (W3) [Adelung]


Der Feldsperling, des -es, plur. die -e, ein koffeebrauner Sperling, welcher sich im Felde aufhält; zum Unterschiede von den Haus- und Rohrsperlingen.


Feldspinat (W3) [Adelung]


Der "Feldspinat", des -es, plur. inus. eine Art des Gänsefußes mit dreyeckigen pfeilförmigen Blättern, wie der Spinat, welche auch "stolzer Heinrich", ingleichen "guter Heinrich" genannt wird; "Chenopodium Bonus Henricus L."


Feldspinne (W3) [Adelung]


Die Feldspinne, plur. die -n, eine Art Spinnen mit sehr langen Füßen, deren Augen im Dreyecke stehen, und welche ihr Gespinst auf freyem Felde machen; zum Unterschiede von den Haus-Garten- und Kellerspinnen.


Feldstein (W3) [Adelung]


Der Feldstein, des -es, plur. die -e. 1) Steine, welche in und auf den Feldern gefunden werden, zum Unterschiede von den Bruchsteinen, gebrannten Steinen u. s. f. 2) Ein Grenzstein, welcher die Grenzen der Felder bezeichnet.


Feldstück (W3) [Adelung]


Das Feldstück, des -es, plur. die -e. 1) Kleine, leichte Stücke, d. i. Kanonen, welche der Armee leicht im Felde folgen können; zum Unterschiede von den Batterie-Stücken. 2) Ein Gemählde, welches ein Feld, d. i. eine ländliche Gegend vorstellet; ein Landschaftsstück.


Feldstuhl (W3) [Adelung]


Der Feldstuhl, des -es, plur. die -stühle, ein Stuhl, welcher sich zusammen legen lässet, und daher leicht im Felde und auf Reisen zu gebrauchen ist; im Schwed. Faellstol. Es scheinet, daß die erste Hälfte dieses Wortes nicht so wohl Feld, campus, sey, als vielmehr von Falte, falten, herkomme; indem ein solcher Stuhl in dem mittlern Lateine häufig Faldao, Faldistorium, Faldestolium, Faudestola u. s. f. genannt wird, wovon die Franzosen noch ihr Fauteil für einen Armsessel haben.


Feldsucht (W3) [Adelung]


Die Feldsucht, plur. inus. S. Aussatz.


Feldtaube (W3) [Adelung]


Die Feldtaube, plur. die -n, Tauben, welche in das Feld fliegen, ihre Nahrung zu suchen, Flugtauben, in Nieders. Feldflügter; zum Unterschiede von den Haus- und Stubentauben.


Feldteich (W3) [Adelung]


Der Feldteich, des -es, plur. die -e, ein Teich, auf dem Felde; zum Unterschiede von den Wald- und Gartenteichen.


Feldteufel (W3) [Adelung]


Der Feldteufel, des -s, plur. ut nom. sing. erdichtete Teufel, welche sich auf den Feldern aufhalten sollen, und mit den Faunen der Alten überein kommen. Ein Feldteufel wird dem andern begegnen, Es. 34, 14.


Feldthier (W3) [Adelung]


Das Feldthier, des -es, plur. die -e, ein nur in der Deutschen Bibel übliches Wort, wilde Thiere zu bezeichnen; zum Unterschiede von den zahmen oder Hausthieren.


Feldtrompete (W3) [Adelung]


Die Feldtrompete, plur. die -n, eine Trompete, welche bey den Kriegsheeren, besonders bey der Reiterey gebraucht wird; ehedem das Heerhorn. Daher der Feldtrompeter, des -s, plur. ut nom. sing. der sie bläset, zum Unterschiede von den Hoftrompetern, Stadttrompetern u. s. f.


Felduhr (W3) [Adelung]


Die Felduhr, plur. die -en, eine ehemahlige Art großer Taschenuhren, deren sich die Generals im Felde bedieneten.


Feldulme (W3) [Adelung]


Die Feldulme, plur. die -n, der gemeine Ulmbaum, zum Unterschiede von dem Amerikanischen; S. Ulmbaum.


Feldung (W3) [Adelung]


Die Feldung, plur. die -en, das Feld, besonders so fern dadurch eine ebene vertiefte eingefaßte Fläche angedeutet wird. Die Feldung an einer Decke, an einer Thür.


Feldvogel (W3) [Adelung]


Der Feldvogel, des -s, plur. die -vögel, Vögel, welche sich gewöhnlich auf den Feldern aufhalten, zum Unterschiede von den Waldvögeln, Strandvögeln, Wasservögeln u. s. f.


Feldvogt (W3) [Adelung]


Der Feldvogt, des -es, plur. die -vögte. 1) An einigen Orten, ein Aufseher oder Wächter über die Feldfrüchte; S. Feldhüther und Flurschütz. 2) An andern Orten sind die Feld- oder Stoppelvögte, Aufseher, welche über die Fröhner im Felde bestellet werden; daher denn der Hofmeister eines Gutes an vielen Orten gleichfalls Feldvogt genannt wird; S. Hofmeister.


Feldwache (W3) [Adelung]


Die Feldwache, plur. die -n, oder die Feldwacht, plur. die -en. 1) Überhaupt eine jede Wache, welche im Felde veranstaltet wird, und die Person, welche solche verrichtet. 2) In engerer Bedeutung ist die Feldwache ein Corps Truppen, welches außerhalb der Linien des Lagers im Felde die Wache versiehet, und hin und wieder Feldposten ausstellet; zum Unterschiede von der Lagerwache.


Feldwächter (W3) [Adelung]


Der Feldwächter, die -s, plur. ut nom. sing. S. Feldhüther und Flurschütz.


Feldwachtmeister (W3) [Adelung]


Der Feldwachtmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein Stabs-Officier, welcher zunächst die Aufsicht über die Feldwachen hat, aber unter dem Nahmen eines Majors am bekanntesten ist. In Pohlen und Litthauen war der Feldwachtmeister ein vornehmer Beamter für den König und das Reich. Dessen Gattinn die Feldwachtmeisterinn. S. General-Feldwachtmeister.


Feldwake (W3) [Adelung]


Die Feldwake, plur. die -n, Waken, welche auf den Feldern angetroffen werden, große Feldsteine, besonders wenn sie aus mehrern Steinarten zusammen gesetzt sind; S. Wake.


Feldwanze (W3) [Adelung]


Die Feldwanze, plur. die -n, eine Art sehr großer Wanzen mit vier Flügeln, welche den Haus- und Bettwanzen am Gestanke gleich kommt, empfindlich beißet, und sich in den Wäldern, Feldern und Gärten aufhält; die Gartenwanze, Baumwanze, S. dieses letztere. In Österreich Gacheln.


Feldwasser (W3) [Adelung]


Das Feldwasser, des -s, plur. von mehrern Quantitäten, ut nom. sing. Wasser, welches sich auf den Feldern sammelt, und ein Bach, der aus solchem Wasser entstehet. S. Feldbach.


Feldweg (W3) [Adelung]


Der Feldweg, des -es, plur. die -e, ein Weg, der nicht für Reisende bestimmt ist, sondern nur zum Behufe des Ackerbaues über die Felder gehet; zum Unterschiede von dem Landwege, Holzwege u. s. f.


Feldweges (W3) [Adelung]


* Das Feldweges, subst. indeclin. ein im Hochdeutschen wenig mehr gebräuchliches Wort, das Längenmaß der Alten, welches Stadium genannt wurde, und 125 geometrische Schritte hielt, damit auszudrucken, welches noch sehr oft in der Deutschen Bibel vorkommt. Feld hat hier die alte schon oben bemerkte Bedeutung eines Maßes, daher man dieses Wort richtiger ein Feld Weges schreiben sollte, so wie man im gemeinen Leben eine Meile Weges sagt. Sechzig Feldweges, Luc. 24, 13; besser sechzig Feld Weges.


Feldwehre (W3) [Adelung]


Die Feldwehre, plur. die -n, Landwehre.


Feldweide (W3) [Adelung]


Die Feldweide, plur. inus. die kriechende Erdweide; Salix incubacea L.


Feldwicke (W3) [Adelung]


Die Feldwicke, plur. die -n, die gemeinen Wicken, welche auf dem Felde gebauet werden, zum Unterschiede von den Gartenwicken.


Feldwiese (W3) [Adelung]


Die Feldwiese, plur. die -n, in der Landwirthschaft, ein Feld, welches um der Nässe willen zu Wiesen gemacht wird, und daher kein Wiesenrecht, sondern nur Feldrecht hat, daher es auch nicht anders als ein Feld gehäget oder geschlossen werden kann; die Ackerwiese.


Feldwinde (W3) [Adelung]


Die Feldwinde, plur. die -n, die auf den Feldern wild wachsende Winde, Convolvulus arvensis L. zum Unterschiede von der Gartenwinde.


Feldwurm (W3) [Adelung]


Der Feldwurm, des -es, plur. die -würmer, eine in einigen Gegenden übliche Benennung der Regenwürmer.


Feldzaun (W3) [Adelung]


Der Feldzaun, des -es, plur. die -zäune, ein Zaun, welcher die Felder von einander scheidet.


Feldzehente (W3) [Adelung]


Der Feldzehente, des -n, plur. die -n, der Zehente, welcher von den Feldfrüchten gegeben wird, zum Unterschiede von dem Gartenzehenten, Holzzehenten, Viehzehenten u. s. f.


Feldzeugmeister (W3) [Adelung]


Der Feldzeugmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein vornehmer Kriegsbedienter, welcher die Aufsicht über das schwere Geschütz bey einem Feldzuge hat; ein General von der Artillerie. Dessen Gattinn die Feldzeugmeisterinn. Ehedem begriff man nicht nur das Geschütz, sondern auch alle Kriegesgeräthschaften unter dem Nahmen des Feldzeuges.


Feldzug (W3) [Adelung]


Der Feldzug, des -es, plur. die -züge, der Zug der Truppen in das Feld, und ihre Unternehmungen in demselben, im Gegensatze des Aufenthaltes in den Städten. Sich zu dem Feldzuge rüsten. Den Feldzug antreten. Einem Feldzuge beywohnen. Den Feldzug beschließen. Ehedem Heerzug, Heerfahrt, in den Florentinischen Glossen Herivart, in den Würzburgischen Glossen Fuorfart.


Feldzwiebel (W3) [Adelung]


Die Feldzwiebel, plur. die -n, S. Ackerzwiebel.


Felge (W3) [Adelung]


Die Felge, plur. die -n, von dem folgenden Verbo felgen. 1) Was umgewendet wird, oder umgewendet werden soll; in welchem Verstande dieses Wort nur noch in der Landwirthschaft Ober- und Niedersachsens von demjenigen Acker üblich ist, welcher gefelget worden, oder gefelget werden soll. In die Felge wird nicht sogleich Korn, sondern Gerste und Hafer gesäet. Damit die Felge ausliegen und die Stoppeln faulen können. 2) Was sich umdrehet, oder eine krumm gebogene Gestalt hat. Besonders werden die krumm gearbeiteten Stücke Holz, woraus der Zirkel eines Rades bestehet, Felgen genannt. Bey den Fleischern führen diesen Nahmen auch die hölzernen oder beinernen Ringe, über welche sie die Öffnung eines leeren Darmes spannen, wenn sie Würste machen.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. Falge, Felge, im Dän. Falge, im Engl. Felly, im Ital. Volga, und Gavello. In den Florentinischen Glossen ist Felgh die Biegung, und im Angels. bedeutet Fealga, eine Ege. S. das folgende.


Felgen (W3) [Adelung]


Felgen, verb. reg. act. 1) Umwenden, wo es nur noch in der Landwirthschaft gebraucht wird. Den Acker felgen, ihn nach der Ernte zur Sommersaat seichte umreißen, welche Arbeit auch stürzen und stoppeln genannt wird. S. Felge 1. 2) Ein Rad felgen, es mit Felgen versehen, bey den Wagnern. S. Felge 2. So auch die Felgung.

Anm. Felgen gebraucht schon Ottfried in figürlichem Verstande für verändern. Es gehöret zu dem Geschlechte der Wörter Welle, wälzen, volvere u. s. f. Im Angels. bedeutet walwian, im Schwed. faella, im Ital. volgere, und im Engl. to wallow, umdrehen. Im Angels. ist Hweol, im Engl. Wheel, im Holl. Wiel, im Isländ. Huel, im Schwed. Hiul, im Friesischen Fial und Weel, ein Rad. S. Welle, Wälzen, Falk.


Felgenhauer (W3) [Adelung]


Der Felgenhauer, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, eine Benennung des Wageners, Rademachers oder Stellmachers, weil die Verfertigung der Felgen eines Rades eine seiner vornehmsten Arbeiten ist.


Fell (W3) [Adelung]


Das Fell, des -es, plur. die -e, Diminut. das Fellchen. 1. * Überhaupt alles, was einer Sache zur Decke dienet, womit sie bedecket ist; in welchem, nunmehr veralteten, Verstande ehedem verschiedene, besonders kostbare Arten von Kleidern, z. B. purpurne Kleider, Phelle genannt wurden. In diesem Sinne gebraucht noch Stryker dieses Wort: Von almerischen (Armenischen) seiden Truech man reiche phelle dar, Die waren schone goltvar, Kap. 13. Abschn. 9. Im Dithmarsischen ist Peel noch jetzt ein kostbarer Hauptzierath der Weiber. Auch bey den Schwäbischen Dichtern ist Pfellot und im Schwed. Pell eine Art kostbaren seidenen Zeuges. 2. Im engern und noch jetzt üblichen Verstande bezeichnet dieses Wort die natürliche Decke der Thiere, die Haut, und zwar 1) in der weitesten Bedeutung, in welcher es nur in der niedrigen Sprechart gebraucht wird. Einem das Fell gerben. Ihm das Fell über die Ohren ziehen. Es steckt zwischen Fell und Fleisch. 2) Am häufigsten mit einigen Einschränkungen. (a) Häute von Thieren, welche noch mit ihren Haaren, und Häute von Vögeln, welche noch mit Federn versehen sind, werden Felle genannt. So sagt man ein Seehundfell, ein Schwanenfell, ein Kalbfell, Lammfell, Tiegerfell, Wolfsfell, Hasenfell u. s. f. Hingegen nennen die Kürschner und Jäger bloß die kleinen Thierdecken, welche nicht abgestreifet werden, Felle, zum Unterschiede von den Bälgen und Häuten. (b) In vielen Fällen werden aber auch gegärbte und ihrer Haare beraubte Thierdecken mit dem Nahmen der Felle beleget. Im gemeinen Leben nennet man die Decken der kleinern Thiere Felle, der größern aber Häute. Ein Kalbfell, Lammfell, Schaffell, Ziegenfell, Bockfell, Hundsfell u. s. f. aber eine Pferdehaut, Ochsenhaut, Kuhhaut. Die Jäger nennen alle Thierdecken, welche abgestreifet werden, Bälge, die übrigen aber Häute, ausgenommen die Haut der Rehe, welche kunstmäßig ein Rehfell heißet. S. Balg und Haut. In Schurzfell stehet es für Leder. Wie ferne Fell und Leder unterschieden sind, ist unter den Kürschnern, Schustern und Gärbern mehrmahls gestritten worden; woraus wenigstens der noch sehr unbestimmte Sprachgebrauch in Ansehung dieser Wörter erhellet. 3. Figürlich. 1) Verschiedene Arten von Häuten, wenn sie gleich nicht zur thierischen Decke dienen. Dergleichen sind das Zwerchfell. S. dieses Wort. Das Fell im Auge, ein unnatürliches Häutchen, welches über dem gemeinschaftlichen Häutchen entstehet, die durchsichtige Haut oder den Stern des Auges bedeckt, und das Sehen verhindert; im gemeinen Leben der Hank. Wenn es weiß aussiehet und einem Nagel gleichet, so wird es ein Nagel genannt. 2) In den niedrigen Sprecharten eine liederliche, verächtliche Person weiblichen Geschlechtes. Ein altes Fell, ein liederliches Fell.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Ottfried Fell, im Nieders. und Schwed. gleichfalls Fell, im Angels. Felle, im Engl. Fell und Pelt, im Lat. Pellis und Vellus, bey dem Ulphilas Fill. So alt dieses Wort auch ist, so scheinet es doch sehr wahrscheinlich von einem alten Zeitworte felen abzustammen, welches so wohl active bedecken, als auch in der Mittelgattung bedeckt, verborgen seyn bedeutete, und wovon noch viele Sprachen Überbleibsel aufzuweisen haben. Dahin gehören das Schwed. fela, das Nordengl. feal, das Goth. filhan, das Lat. velare, und das Hebr. bala, bedecken, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, verborgen seyn, nebst dem davon abgeleiteten - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, die Baumrinde, velum, pallium, palla u. s. f. S. auch Fehlen, Fillen, Kafiller, Pelz, Fließ, Wolle u. s. f.


Fellgar (W3) [Adelung]


Fellgar, adj. et adv. bey den Kürschnern, so gar, als ein Kürschnerfell den Regeln nach seyn muß.


Fellnapper (W3) [Adelung]


Der Fellnapper, des -s, plur. ut nom. sing. eine verächtliche Benennung derjenigen Weißgärber, welche nicht in ihren Werkstätten bleiben, sondern mit Fellen hausiren gehen, und auch Schotten genannt werden.

Anm. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist unstreitig das Holländ. nypen und Nieders. nobben, rupfen, zupfen, schaben: S. Kneipen, Schnabel. Im Nieders. ist Nobbe, im Engl. Nap, im Angels. Hnoppa, Knötchen von Wolle oder Haaren. S. Knopf und Fettnoppen.


Fellriß (W3) [Adelung]


Das Fellriß, des -sses, plur. inus. eine Benennung verschiedener Pflanzen, welche wegen ihrer guten Wirkung wider die Felle der Augen in Ansehen stehen. 1) Der Rosenpappel, Alcea rosea L. 2) Der Sigmarswurz oder Augenpappel, Malva Alcea L. 3) Der Wurzel des Löwenzahnes oder Mönch- kopfes, Leontodon Taraxacum L. welche auch Augenwurzel genannt wird. 4) Des Hypecoon Casp. Bauh. Clus. und Raii, welches unter dem Nahmen Römischen Fellrisses bekannt ist.


Fellschmitzer (W3) [Adelung]


Der Fellschmitzer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Färber, welcher sich vornehmlich mit dem Färben der Felle und des Leders beschäftiget; ein Lederschmitzer. S. Schmitzen.


Fellschürling (W3) [Adelung]


Der Fellschürling, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, ein Fell von einem Schafe, welches bald nach der Schur geschlachtet worden oder gestorben ist, da die Wolle noch nicht die gehörige Länge hat.


Fellwerk (W3) [Adelung]


Das Fellwerk, des -es, plur. inus. ein wenig gebräuchliches Wort für Rauchwerk, welches noch 3 Mos. 13, 52. vorkommt.


Felouque (W3) [Adelung]


Die Felouque, (sprich Felukke) plur. die -n, nach dem Franz. Felouque, oder die Felucke, nach dem Ital. Felucca, eine Art schmaler und leichter Barken mit Segeln und Rudern, welche zehn bis dreyzehn Personen führet, sich nicht vom Ufer entfernet, und im Mittelländischen und Adriatischen Meere üblich ist.


Fels (W3) [Adelung]


Der Fels, des -es, plur. die -en, S. das folgende.


Felsen (W3) [Adelung]


Der Felsen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine große Steinmasse, sie mag nun unter der Oberfläche der Erde befindlich seyn, oder in Gestalt eines Berges über dieselbe hervor ragen. Im Graben kommt man oft gar bald auf den Felsen. Durch starke Überschwemmungen wird oft der Felsen entblößet. Sein Haus auf einen Felsen bauen. Wenn diese unter der Erde befindliche Steinmasse gemeinet ist, so wird der Plural nur selten gebraucht; wohl aber, wenn einzelne über der Erdfläche hervor ragende Steinmassen dieser Art bezeichnet werden sollen. Ein steiler, jäher, schroffer Felsen. Die Schweiz ist mit hohen Felsen umgeben. S. Klippe, Schere. 2) In engerer Bedeutung begreifet man nur diejenigen großen Steinmassen unter dem Nahmen der Felsen, welche der Bergmann Ganggebirge zu nennen pfleget, und welche wakig, hornsteinig, quarzig, spathartig, sandartig, kalkartig, jaspißartig, porphyrartig u. s. f. sind. In diesem Verstande nennet der Bergmann alle taube Gänge, von welchen das Erz bereits geschieden ist, Felsen.

Anm. 1. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort auch der Fels, des -es, plur. die -en, welche Form in der Deutschen Bibel häufig vorkommt, auch noch in der höhern Schreibart der Hochdeutschen gebraucht wird. Den Fels schlagen, 2 Mos. 17, 6. Mit dem Fels reden, 4 Mos. 20, 8. Auf dem Fels erwürgen, Richt. 7, 21. Doch kommt auch die gewöhnliche Form mehrmahls vor; z. B. 2 Chron. 25, 12, die Spitze eines Felsens. In den Zusammensetzungen sind beyde Formen üblich.

Anm. 2. Im mittlern Lat. bedeutet Falesia, und im Franz. Falaise und Fall, einen hohen Felsen am Ufer des Meeres; im Schwed. und Isländ. ist Fjäll ein Felsen, und im Griech. bedeutete - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein Gebirge, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - hoch. Man hat auch in den verwandten Sprachen mehrere Spuren, daß Fal und Bal ehedem hoch bedeutet habe. Allein es stehet immer noch zu untersuchen, ob mit dem Worte Fels nicht vielmehr auf die Masse, als auf die Höhe gesehen worden. Kero gebraucht für Fels Steine; bey dem Ottfried hingegen bedeutet Felisa einen Stein, Grabstein, und die Mäurer im Hannöverischen nennen alle Feldsteine von mittelmäßiger Größe Felsen. S. Fliese.


Felsenader (W3) [Adelung]


Die Felsenader, plur. die -n, bey den ältern Oberdeutschen Ärzten eine Benennung der Adern unter den Armen.


Felsenbein (W3) [Adelung]


Das Felsenbein, des -es, plur. die -e, in der Anatomie, das Schlafbein, oder Steinbein, vermuthlich wegen seiner Härte, S. Schlafbein.


Felsenbock (W3) [Adelung]


Der Felsenbock, des -es, plur. die -böcke, Fämin. die Felsenziege, plur. die -n, eine allgemeine Benennung derjeni- gen Thiere des Bockgeschlechtes, welche sich auf den Felsen aufhalten, dergleichen der Steinbock, die Gemse, u. a. m. sind.


Felsenfisch (W3) [Adelung]


Der Felsenfisch, des -es, plur. die -e, ein dunkelbrauner Seefisch, welcher an den Küsten von Peru und Chili gefangen wird, und eine Art des Stockfisches ist; Franz. Tatonneur, Span. Baacalao.


Felsenfohre (W3) [Adelung]


Die Felsenfohre, plur. die -n, S. Alpenkiefer und Fichte.


Felsenhart (W3) [Adelung]


Felsenhart, adj. et adv. so hart, wie ein Felsen, sehr hart. Daher die Felsenhärte, plur. car. ein hoher Grad der Härte.


Felsenkluft (W3) [Adelung]


Die Felsenkluft, oder die Felskluft, plur. die -klüfte, eine Kluft in einem Felsen. Ich will dich in der Felsenkluft lassen stehen, 2 Mos. 33, 22. Auf daß er möge in die Steinritzen und Felsenklüfte kriechen, Es. 2, 21. S. Felsenritze.


Felsenritze (W3) [Adelung]


Die Felsenritze, oder Felsritze">, plur. die -n, eine Ritze, oder kleine Kluft in einem Felsen.


Felsenrose (W3) [Adelung]


Die Felsenrose, plur. die -n, eine Benennung der Cisten-Rose, besonders der rauchen, Cistus villosus L. weil sie gern an felsigen Orten des südlichen Europa wächset.


Felsenschwalbe (W3) [Adelung]


Die Felsenschwalbe, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Thierreiches, eine Art kleiner bunter Schwalben an den Küsten von Coromandel, welche ihre Nester, die für eine schmackhafte Speise gehalten werden, aus einer zähen Materie verfertiget, und sie an die Felsen und Klippen befestiget; Hirundo Sinensis nido eduli Klein.


Felsenstein (W3) [Adelung]


Der Felsenstein, S. Felsstein.


Felsenstrauch (W3) [Adelung]


Der Felsenstrauch, des -es, plur. die -sträuche, ein Strauch, welcher auf den unfruchtbarsten Felsen so wohl in Portugall als dem nördlichsten Europa wächset; Empetrum L. Beerheide, Affenbeere. Die eine Art bringt weiße, (Empetrum album,) die andere aber schwarze Beeren (Empetrum nigrum,) daher sie auch Krähenbeere, Schwed. und Dän. Kragebär, genannt wird. S. Affenbeere.


Felsentaube (W3) [Adelung]


Die Felsentaube, plur. die -n, eine Art Tauben, welche die Felsen bewohnet; Columba rupicola Klein.


Felsenwand (W3) [Adelung]


Die Felsenwand, plur. die -wände, die jähe Seite eines Felsens, und ein solcher jäher Felsen selbst. Hier steh ich an dem Saum einer Felsenwand und seh ins niedere Thal, Geßn.


Felsenwerk (W3) [Adelung]


Das Felsenwerk, des -es, plur. inus. in dem Hüttenbaue, gepochte oder zerstoßene Steine, wovon das Erz bereits geschieden ist; Pochmehl.


Felsenziege (W3) [Adelung]


Die Felsenziege, plur. die -n, S. Felsenbock.


Felsicht (W3) [Adelung]


Felsicht, -er, -ste, adj. et adv. dem Felsen ähnlich, nach Art eines Felsens. Ein felsichtes Gebirge. S. -Icht.


Felsig (W3) [Adelung]


Felsig, -er, -ste, adj. et adv. Felsen habend. Ein felsiges Land. S. -Ig.


Felsklippe (W3) [Adelung]


Die Felsklippe, plur. die -n, die Klippe, d. i. steile Spitze eines Felsens. Die ihr schlachtet die Rinder an den Bächen unter den Felsklippen, Es. 57, 5. S. Klippe.


Felsloch (W3) [Adelung]


Das Felsloch, des -es, plur. die -löcher, ein Loch in einem Felsen. Meine Taube in den Felslöchern, Hohel. 2, 14.


Felsstein (W3) [Adelung]


Der Felsstein, des -es, plur. die -e. 1) Die Steinart, aus welcher die Felsen bestehen, welche entweder einfach oder zusammen gesetzt ist; ohne Plural. Die Ganggebirge bestehen aus Felsstein. 2) Einzelne von Felsen abgerissene Steine, welche in großer Menge auf und unter der Oberfläche der Erde angetroffen werden, zum Unterschiede der Märgelsteine, Lehmensteine, Feuersteine u. s. f. Bestehen die Felssteine aus mehrern Steinarten, so werden sie, besonders wenn sie von einer beträchtlichen Größe sind, Waken genannt.


Femel (W3) [Adelung]


Der Femel, Femmel, S. Fimmel.


Fench (W3) [Adelung]


Der Fench, des -es, plur. inus. eine Art wilder Hirse, welche der Hirse sehr ähnlich ist, aber eine schlechte Speise für das Vieh gibt; Panicum Germanicum L. Fuchsschwanz. In den gemeinen Mundarten lautet dieses aus dem Lat. Nahmen Panicum gebildete Wort bald Pfench, Fonich, Fenk, bald Pennig, Pfennig, Pfänch, Panikorn, Fenchelhirse u. s. f.


Fenchel (W3) [Adelung]


Der Fenchel, des -s, plur. inus. eine Pflanze, welche auf den kreidigen Klippen in Languedok und Madera einheimisch ist, bey uns aber in den Gärten gebauet wird; Anethum Foeniculum, L. Daher Fenchelsame, welcher auch nur schlechthin Fenchel genannt wird, Fenchelöhl, Fenchelwasser, Fenchelwein u. s. f. Im mittlern Lat. Fanculum, im Span. Funcho, Hinojo, im Ital. Finnochio, im Franz. Fennouil, im Angels. Fynel, im Schwed. Fengkal, im Engl. Fennel, im Böhm. Fenykl, in den Monseeischen Glossen Finachal, im Nieders. Fenkool, welche Nahmen, so wie der Deutsche, insgesammt aus dem Latein entstanden sind.


Fenchelgurke (W3) [Adelung]


Die Fenchelgurke, plur. die -n, kleine mit Fenchel in Essig eingelegte Gurken, welche auch Essiggurken und Pfeffergurken genannt werden.


Fenchelhirse (W3) [Adelung]


Die Fenchelhirse, plur. inus. S. Fench.


Fenn (W3) [Adelung]


* Das Fenn, des -es, plur. die -e, oder die Fenne, plur. die -n, ein nur im Nieders. bekanntes Wort, ein sumpfiges Stück Landes auszudrucken. Schlammige Wiesen heißen in der Mark Brandenburg ein Fenn. Im Hollsteinischen ist ein jedes mit Gräben umgebenes und dadurch urbar gemachtes Stück Landes eine Fenne. Schon bey dem Ulphilas bedeutet Fani Koth, und im Schwed. ist Fen, und im Isländ. und Angels. Fenn, ein Sumpf. Daß Finnland davon den Nahmen habe, erhellet auch aus dem Nahmen, welchen die Finnen selbst ihrem Lande geben, welche es Soma nennen, von So, Sumpf, und Ma, Land. S. Finne.


Fennbeere (W3) [Adelung]


Die Fennbeere, plur. die -n, eine Art Heidelbeeren, welche nur in sumpfigen Gegenden wächset, daher sie im Hochdeutschen auch Moosbeere, Sumpfbeere genannt wird, S. diese Wörter. Vaccinium oxycoccos L.


Fenne (W3) [Adelung]


Die Fenne, S. Fenn.


Fenster (W3) [Adelung]


Das Fenster, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Fensterchen, Oberd. Fensterlein. 1) Diejenige Öffnung in einer Mauer oder Wand, durch welche das Licht in ein Zimmer fällt. An das Fenster treten. Zum Fenster hinaus sehen. Den ganzen Tag am Fenster liegen. Sich in das Fenster legen. Aus hohen Fenstern sehen, figürlich stolz thun. Zehen Thaler zum Fenster hinaus werfen, figürlich, unnütz ausgeben. 2) Diejenige Materie, womit diese Öffnung ausgefüllet wird, und welche das Licht durchlässet, nebst ihrem Rahmen. Das Fenster öffnen, aufmachen. Ein Drahtfenster, Papierfenster. Besonders wenn diese Materie Glas ist. Die Fenster einschlagen. Jemanden die Fenster einwerfen. Die Fenster sind gefroren, schwitzen. 3) Figürlich führen auch zwey Öffnungen in der Trommelhöhle des Ohres diesen Nahmen, davon die eine das runde, die andere aber das eyförmige Fenster genannt wird. Ein leerer Platz, welchen man im Schreiben lässet, heißt im gemeinen Leben gleichfalls das Fenster. Die Fenster eines Taubenschlages, für Fluglöcher, Es. 60, 8. Die Fenster des Himmels, 1 Mos. 7, 11, und die Fenster, d. i. die Augen, Pred. 12, 3, sind im Hochdeutschen ungewöhnlich.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Willeram Venstro, unter den Schwäbischen Kaisern Venster und im Dimi. Vensterlin, im Nieders. Finster, im Schwed. Fönster, im Wallis. Ffenestr, im Epirot. Fniestra. Es ist unstreitig aus dem Lat. Fenestra entlehnet, zumahl da die übrigen nördlichen und abendländischen Europäer ihre ganze heutige Bauart aus Italien be- kommen haben. Indessen kann es seyn, daß dieses Wort, wenigstens der ersten Hälfte nach, von dem Goth. und Isländ. Fon, Feuer, Licht, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Glanz, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich scheine, und Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, zeigen, sehen, abstammet. S. Funke, Fein. Im Oberd. hat man statt dieses Wortes auch Beye, Peye, welches mit dem Franz. Baye, Bee und beer überein kommt. Die Engländer nennen ein Fenster Window, und die Schweden Windöga, entweder auch von dem oben bemerkten Stamme, oder von Wind, der oberste Theil des Hauses.


Fensterbeschlag (W3) [Adelung]


Der Fensterbeschlag, oder das Fensterbeschläge, des -es, plur. inus. das Eisenwerk, womit ein Fenster und dessen Theile beschlagen werden. Wenn dergleichen Eisenwerk für mehrere Fenster bestimmt ist, so verstattet es auch bey den Plural, die -schläge.


Fensterbley (W3) [Adelung]


Das Fensterbley, des -s, plur. inus. die bleyernen Rinnen, worin die Glasscheiben eines Fensters befestiget werden.


Fenstereisen (W3) [Adelung]


Das Fenstereisen, des -s, plur. ut nom. sing. dünne eiserne Stangen, an welche die kleinen Fensterscheiben bey großen Fenstern befestiget werden; Windeisen.


Fensterflügel (W3) [Adelung]


Der Fensterflügel, des -s, plur. ut nom. sing. der in seinem Rahmen und um seine Haspen bewegliche Theil eines Fensters. S. Flügel.


Fensterfutter (W3) [Adelung]


Das Fensterfutter, des -s, plur. ut nom. sing. der viereckige Kasten von Bretern, welcher die inwendigen Seiten eines Fensters bekleidet; die Fensterzarge.


Fenstergeld (W3) [Adelung]


Das Fenstergeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, an einigen Orten, eine Abgabe von den Häusern in den Städten, welche nach der Anzahl der Fenster gegeben wird; die Fenstersteuer. Im mittlern Lat. ist Fenestragium eine Abgabe für das Recht, Waaren in den Fenstern feil zu haben.


Fenstergewände (W3) [Adelung]


Das Fenstergewände, des -s, plur. ut nom. sing. die vier steinernen oder hölzernen Säulen, in welche das Fensterfutter eingepasset wird. Einzeln heißen sie Fensterstöcke.


Fenstergitter (W3) [Adelung]


Das Fenstergitter, des -s, plur. ut nom. sing. ein eisernes Gitter vor einem Fenster.


Fensterglas (W3) [Adelung]


Das Fensterglas, des -es, plur. inus. Glastafeln, woraus die Scheiben eines Fensters geschnitten werden.


Fensterhaspe (W3) [Adelung]


Die Fensterhaspe, plur. die -n, die Haspen, um welche die Flügel eines Fensters beweglich sind.


Fensterkreuz (W3) [Adelung]


Das Fensterkreuz, des -es, plur. die -e, das hölzerne Kreuz in der Mitte eines Fensters, an welches die Rahmen und Flügel zusammen schlagen.


Fensterküssen (W3) [Adelung]


Das Fensterküssen, des -s, plur. ut nom. sing. ein nach der Breite des Fensters eingerichtetes Küssen, die Arme darauf bequem ruhen zu lassen; der Fensterpolster.


Fensterladen (W3) [Adelung]


Der Fensterladen, des -s, plur. die -läden, ein hölzerner Laden, womit die Fenster verschlossen werden.


Fenstern (W3) [Adelung]


Fenstern, verb. reg. welches im Hochdeutschen wenig gebraucht wird. 1. Ein Neutrum, wo man im Oberdeutschen im Scherze saget, fenstern gehen, wenn man eine geliebte Person im Fenster zu erblicken sucht; Ital. andar a finestrare. 2. Ein Activum, 1) Mit Fenstern versehen, wovon im Oberd. befenstern üblich ist. 2) In den niedrigen Sprecharten der Obersachsen bedeutet jemanden fenstern oder ausfenstern, ihm einen derben Beweis geben. Vielleicht von der Gewohnheit bey den ehemahligen Turnieren, da die Turnierritter vorher ihre Waven an die Fenster hängen mußten, damit sie von jedermann gesehen und beurtheilet werden konnten, welches Fenestram facere, und die Handlung selbst Fenest agium hieß. S. des Du Fresne Glossar.


Fensterpolster (W3) [Adelung]


Der Fensterpolster, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fensterküssen.


Fensterquaste (W3) [Adelung]


Die Fensterquaste, plur. die -n, ein Quasten an den Schnüren der Vorhänge vor den Fenstern.


Fensterrahm (W3) [Adelung]


Der Fensterrahm, des -es, plur. die -rähme, oder der Fensterrahmen, des -s, plur. ut nom. sing. die hölzerne Einfassung der Glasscheiben eines Fensters.


Fensterrecht (W3) [Adelung]


Das Fensterrecht, des -es, plur. die -e, die Vorrechte, welche den Fenstern in den Rechten zugestanden sind; daß man einem andern nicht das Licht verbauen darf u. s. f.


Fensterreiber (W3) [Adelung]


Der Fensterreiber, des -s, plur. ut nom. sing. der Reiber, oder um seinen Mittelpunct bewegliche Riegel, die Fensterflügel zu verschließen, S. Wirbel.


Fenstersäule (W3) [Adelung]


Die Fenstersäule, plur. die -n, die Säule in der Mitte eines, besonders großen Fensters.


Fensterscheibe (W3) [Adelung]


Die Fensterscheibe, plur. die -n, die gläsernen Scheiben eines Fensters.


Fensterschwalbe (W3) [Adelung]


Die Fensterschwalbe, plur. die -n, eine Benennung der Hausschwalbe, Hirundo domestica Klein, weil sie ihr Nest gern über den Fenstern zu bauen pfleget.


Fensterschweiß (W3) [Adelung]


Der Fensterschweiß, des -es, plur. car. die dem Schweiße ähnliche Feuchtigkeit, welche sich im Winter bey äußerer Kälte und innerer Wärme an die Fensterscheiben legt.


Fensterstock (W3) [Adelung]


Der Fensterstock, des -es, plur. die -stöcke, S. Fenstergewände.


Fenstersturz (W3) [Adelung]


Der Fenstersturz, des -es, plur. die -stürze, in der Baukunst, der Theil der Mauer, oder Wand über dem Fenster, welcher das Fenster oben schließet. Ein gerader, ein gewölbter Fenstersturz. S. Sturz.


Fensterzarge (W3) [Adelung]


Die Fensterzarge, plur. die -n, S. Fensterfutter und Zarge.


Fensterzwickel (W3) [Adelung]


Der Fensterzwickel, des -s, plur. ut nom. sing. das dreyeckige Stück Glas zwischen den runden Fensterscheiben.


Ferch (W3) [Adelung]


1. Der Ferch, des -es, plur. die -e, ein nur im Bergbaue übliches Wort, wo es einen aus flüchtigem Schwefel und Salze bestehenden Dunst bezeichnet, welcher zuweilen in den Bergwerken angetroffen wird. Da dieser Dunst sehr beweglich ist, und beständig hin und her fähret, so scheinet es, daß er seinen Nahmen von dem Worte fahren bekommen habe, welches in mehrern Fällen einen Hauchlaut am Ende annimmt; S. Ferge und Furche.


Ferch (W3) [Adelung]


2. * Das Ferch, des -es, plur. inus. das Blut, Leben, der Leib, der Tod; ein altes Oberdeutsches Wort, welches bey dem Ottfried und andern alten Schriftstellern häufig vorkommt, aber mit seinen Ableitungen, Ferchwunde, tödtliche Wunde, Ferchfeind, todtfeind, ferchlos, entseelt u. s. f. im Hochdeutschen völlig veraltet ist. Bey dem Tatian und Ottfried lautet dieses Wort Fereh, Ferah, im Angels. Feorh, Ferhth, im Schwed. und Isländ. Fior. In der Äolischen Mundart der Griechen war - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - für - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Leben, üblich. Ein mehreres haben Schilter und Frisch von diesem Worte gesammelt. Der letztere glaubt, daß es eigentlich die Eingeweide bedeute; allein da Farbe, welches ehedem nur Far lautete, noch jetzt zuweilen für Blut gebraucht wird, so scheinet Ferch, entweder durch ein anderes Suffixum, oder auch durch eine bloß hauchende Aussprache gleichfalls daraus entstanden zu seyn, und ursprünglich Blut bedeutet zu haben. Im Schwed. bedeutet Faerg Farbe, und bey den alten Galliern war Virga, dem Servius zu Folge, ein Nahme der Purpurfarbe. S. auch Fahrt 3.


Ferch (W3) [Adelung]


3. Der Ferch, des -es, plur. inus. der Koth der Tiere, die Hürden der Schafe auf dem Felde, S. Pferch.


Ferchen (W3) [Adelung]


* Ferchen, verb. reg. act. welches nur im Oberdeutschen üblich ist, für fertigen, fertig machen, hinschaffen. Lebensmittel an einen Ort ferchen, d. i. schaffen. Ein Fercher, ein Güterbestäter. Die Ferchstube, die Expeditions-Stube. Auch dieses Wort scheinet zu fahren oder führen, oder wie Frisch will, zunächst zu fertig zu gehören, weil man statt dieses Wortes auch zuweilen fertig findet; S. Willfährig. Bey dem Ottfried ist fergen zumuthen, verlangen, bitten; welche Bedeutung das Nieders. vargen und Holländ. vergen noch jetzt hat. Aber dieses scheinet ein von unserm ferchen ganz verschiedenes Wort zu seyn.


Ferding (W3) [Adelung]


Der Ferding, des -es, plur. die -e, eine im Niedersächsischen übliche Münze, welche der vierte Theil einer Mark, oft aber nur der vierte Theil einer andern Münze ist, und auch Ferth, Verth, im mittlern Lat. Ferto, lautet; von vier, Nieders. veer. Zu Riga halten fünf Ferdinge 2 Groschen, eine Mark Ferdinge aber zwey Ferdinge, und 30 Mark oder 60 Ferdinge machen daselbst einen Reichsthaler. In Bremen ist Veerding, der vierte Theil einer Mark, oder 8 Grote Bremer Geldes, und im Engl. Farthing der vierte Theil eines Penny, ungefähr zwey Pfennige unsers Geldes. S. Vierthel.


Ferge (W3) [Adelung]


* Der Ferge, des -s, plur. die -n, ein Fährmann, oder Schiffer; ein altes Oberdeutsches im Hochdeutschen unbekanntes Wort, welches Luther aus einer ältern Oberdeutschen Übersetzung beybehalten hat. Deine Fergen werden umkommen, Ezech. 27, 27. Von fahren, wovon Färich, Ferch, Feriger, ein Schiffer, Fährmann, und Fergegeld für Fährgeld, noch jetzt im Oberdeutschen üblich sind. S. Fährmann.


Ferien (W3) [Adelung]


Die Ferien, (dreysylbig,) sing. inus. aus dem Lat. Feriae, die Zeit, da man von gewissen öffentlichen Arbeiten ruhet, besonders in den Gerichten und Schulen. Ferien haben. Die Ernteferien. Nach den Osterferien. Die Ferien sind angegangen. Man gebraucht dieses Wort, im gemeinen Leben oft, wenn gleich die Ruhe nur einige Stunden beträgt.


Ferkel (W3) [Adelung]


Das Ferkel, oder Ferklein">, des -s, plur. ut nom. sing. ein junges Schwein, bis er ein Vierteljahr alt ist.

Anm. Ferkel, im Nieders. Farken, im Angels. Faerh, im Engl. Farrow, Lat. Porcellus, ist das Diminut. von dem noch im Nieders. üblichen Varch, ein Schwein, welches im Salischen Gesetze Varch, Vara, lautet, und mit dem Lat. Porcus genau überein kommt. S. 1 Borg. Im mittlern Lat. ist Ferreolus ein junger Eber. S. auch Bär, Eber und Fährmutter. Im gemeinen Leben macht man von diesem Diminutivo zuweilen ein neues Diminut. das Ferkelchen.


Ferkeln (W3) [Adelung]


Ferkeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Ferkel werfen. Die Sau hat geferkelt. Im Nieders. farken, bey dem Pictorius färlen.


Fern (W3) [Adelung]


Fern, -er, -este, adj. et adv. entfernt, von Dingen, zwischen welchen ein beträchtlicher Zwischenraum befindlich ist: 1. Eigentlich, dem Raume nach, entfernt, entlegen. Aus fernen Landen kommen, 5 Mos. 29, 22. Eine ferne Reise, nach einem entfernten Orte. Die ferne Klippe brüllt, Kleist. Die Bienen flogen fröhlich aus von ihrer fernen Wohnstatt, Geßn. Sie (die Älster) wollte von des Sperlings Glücke Nicht bloß ein ferner Zeuge seyn, Gell. Noch mehr als ein Umstandswort. Weil der Weg so fern ist, 5 Mos. 19, 6. Er zog fern über Land, Luc. 15, 13. Herr, warum trittst du so fern? Ps. 10, 2. Er saß zu fern, als daß er es hätte hören können. Ingleichen mit dem Vorworte von. Fern von der Stadt. Du bist fern vom rechten Wege. Fern davon ist gut vor dem Schusse. Dann mußt du fern von mir der Herde Furcht erwecken, Haged. Zuweilen auch mit der dritten Endung der Person. Die Sache ist mir fern, ich kann sie nicht erkennen. Ingleichen von fern, von oder aus einem entlegenen Orte, von weiten. Ich sehe es von fern. Von fern stehen, treten, sitzen. Man höret ihn schon von fern. Gott sah sie fern, für von fern, Klopst. ist eben so unrichtig, als, hoch steht dein Wipfel empor, es steht ihn fernher der Hirt, Geßn. und, der Fromme der fernher zu deinem Tempel geht, ebend. ungewöhnlich ist. Dieses Umstandswort von fern ausgenommen, wird fern in dieser eigentlichen Bedeutung mehr im Oberdeutschen, als im Hochdeutschen gebraucht, wo es nur noch in der edlen und höhern Schreibart vorkommt. In der gewöhnlichen Schreib- und Sprechart ist dafür weit üblicher. Im Oberdeutschen kommt in dieser Bedeutung auch zuweilen der Comparativ, doch nur als ein Adverbium, für weiter, vor. Allein, daß ihr nicht ferner ziehet, 2 Mos. 8, 28. Darnach wich Abraham ferner, und zog u. s. f. 1 Mos. 12, 9. Niemand soll in der Stadt ferner bauen, als sein Grund und Boden gehet, Nürnb. Reform. Siehe Ferner hernach besonders. 2. Figürlich. 1) Der Zeit nach, besonders im Oberdeutschen und der edlern Schreibart der Hochdeutschen. Sondern hast noch von fernem Zukünftigen geredet, 2 Sam. 7, 19. Am häufigsten in der Gestalt eines Adverbii. Die Stunde ist nicht mehr fern, in der diese Hütte zerfallen wird. Wie fern ist noch die angenehme Zeit, da ich dich sehen werde! Bange unglückliche Stunde, o sey noch fern, erscheine nie! 2) Der Neigung, dem Gemüthe, seiner Beschaffenheit nach, in der edlern Schreibart der Hochdeutschen und in Gestalt eines Adverbii. Sey fern von falschen Sachen, 2 Mos. 23, 7. Dieser Gedanke ist sehr fern von mir. Besonders in den R. A. Es sey fern, und das sey fern. Es sey fern, daß ich dich dessen beschuldigen sollte, ich bin gar nicht Willens, dich dessen zu beschuldigen. Du glaubst, ich suche dein Unglück, aber das sey fern von mir. In der höhern Schreibart auch in der Gestalt einer Interjection. Fern von uns jene schreckliche Moral, welche die Begierde zu gefallen in die Reihe der Laster setzt! Hierher gehöret 3) auch der Gebrauch, da dieses Adverbium mit den Partikeln da, wo so und wie in Gestalt eines Bindewortes üblich ist. Dafern, und wofern, für wenn, eine Bedingung anzuzeigen, S. beyde Wörter an ihrem Orte. So fern oder in so fern, gebraucht man als ein bestimmendes Bindewort, wenn man von einer oder der andern Eigenschaft einer Sache etwas behauptet. Ich ertrage ihn, so fern er ein ehrlicher Mann ist, d. i. bloß in der Rücksicht, weil u. s. f. Die Erfahrung ist oft der stärkste und deutlichste Beweis der Wahrheit, und in so fern auch ein Zuwachs der Vernunft, Gell. Ich betrachte den menschlichen Körper hier nur in so fern, als er eine zu gewissen Verrichtungen bestimmte Maschine ist. Die Laster haben nur in so fern Gewalt über den Menschen, als er sich unter den Adel seines Wesens erniedriget. Oft stehet dieses Bindewort zwey Mahl, und alsdann bedeutet das letztere in solcher Rücksicht. So fern du ein Mensch bist, in so fern darfst du dich der Thränen nicht schämen. Oft stehet so fern nur für das bloße wenn. So fern es dir gefällt, wollen wird gehen. So fern du mich nicht verräthst, werde ich mein Wort halten. Man kann die natürliche Neigung zu gefallen, nicht genug ausbilden, in so fern man ihr eine gute Richtung gibt. Aber für bis hierher, so fern hat Jeremia geredt, Jer. 51, 64, ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich. Eben so verhält es sich mit wie fern, und in wie fern, nur daß dieses in einer fragenden und ungewissen Rede seinen Platz findet. Ich fragte ihn, wie fern, oder in wie fern, ich mich darauf verlassen könnte. Ich sehe nicht ein, in wie fern ich dabey meine Sicherheit haben könnte. Es fraget sich, ob man diese Partikeln mit dem Nebenworte fern zusammen ziehen, und sie als Ein Wort schreiben müsse. Da und wo haben diese Zusammenziehung nicht nur mit fern, sondern mit vielen andern bereits hergebracht. Daher schreibt man eben so richtig dafern und wofern, als dahin, davon, da- bey, daneben, wobey, wohin, woraus u. s. f. Allein so und wie werden mit den Partikeln, denen sie sich beygesellen, niemahls zusammen gezogen. Da man nun nicht schreibt sooft, wiesehr, sogroß, wiegut, sondern getheilt, so oft u. s. f. so kann man auch nicht sofern, insofern, wiefern und inwiefern schreiben.

Anm. Fern, lautet bey dem Kero fer, fern, bey dem Ottfried ferro, ferron, und bey spätern Oberdeutschen Schriftstellern ferr, fer, fers und ferren. In allen Landen weyt und ferren, H. Sachs. So fers euch gefält, so u. s. f. Theuerd. Kap. 30. Es ist ein Hirsch von hin nit ferr, Kap. 33. So fer das ich ein Jeger hab, Kap. 49, wenn ich nur einen Jäger habe. Aus ferren Landen weit, Kap. 77. Ferren braucht noch Opitz. Von fern lautet bey dem Tatian ferrano, und bey dem Notker ferrenan, und das sey fern, bey dem Ottfried daz fer li. Ehedem bedeutete es auch viel. Der Mon ist verr kleiner als die Sunn, Buch der Natur, Augsb. 1483; so wie man noch das Nebenwort weit gebraucht. Im Nieders. lautet dieses Bey- und Nebenwort feer, ferr, fern, feeren, feern, im Schwed. fjär, fjärre, fjärran, bey dem Ulphilas fairra, im Angels. feor, im Engl. far, womit das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, fern, und das Lat. porro, ferner, überein kommt. S. auch Fernig und Firn. Ohne Zweifel gehöret dieses Wort zu der Präposition vor und mit derselben zu dem Geschlechte des Zeitwortes fahren. Fern gehöret nicht zu denjenigen Wörtern, welche am Ende das e des Wohllautes bedürften, daher ferne und von ferne fehlerhaft sind. Allenfalls ließe sich diese verlängerte Form am Ende eines Satzes entschuldigen, die harte Einsylbigkeit zu vermeiden. Man höret ihn schon von ferne.


Fernambuck-Holz (W3) [Adelung]


Das Fernambuck-Holz, des -es, plur. inus. ein rothes oder gelblich braunes und hartes Holz, welches aus Süd-Amerika zu uns gebracht und zur Färberey gebraucht wird. Es hat den Nahmen von der Stadt Fernambucco in Brasilien, wo es nach Europa eingeschiffet wird, und ist das beste und theuerste unter den Rothhölzern, S. Brasilienholz und Campeche-Holz; allein der Baum, welchem es zugehöret, ist noch unbekannt.


Ferne (W3) [Adelung]


Die Ferne, plur. die -n, das Hauptwort von dem Bey- und Nebenworte fern, ein ferner Raum, die Entfernung, und entfernte Gegenstände selbst. 1) Eigentlich, von dem Raume, in der höhern und anständigern Schreibart, wofür im gemeinen Leben die Weite üblich ist; ohne Plural. In die Ferne sehen. Darf sich die Dichtkunst auch wohl aus dunkler Ferne der nahen? Klopst. Noch mehr von entfernten Örtern und Gegenständen, mit dem Plural. In der Nähe und in der Ferne. In der Ferne seyn, in die Ferne reisen, Da er so mit geflügeltem Blick jede Ferne durcheilt, Klopst. In der Mahlerey werden die entferntesten Gegenstände die Fernen genannt. 2) Figürlich, von der Zeit, eine entfernte Zeit. Das ist noch in weiter Ferne. In der Ferne wird er es nicht aushalten. Die Länge hat die Ferne, im gemeinen Leben, was lange währet, ist noch fern und ungewiß.


Fernen (W3) [Adelung]


Fernen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur im gemeinen Leben Obersachsens und Oberdeutschlandes üblich ist, in der Ferne schön scheinen. Von einem Frauenzimmer, welches in der Ferne gut aussiehet, saget man, sie fernet, sie fernet gut. In Niedersachsen gebraucht man dafür das Bey- und Nebenwort feldschön. In Entfernen hat dieses Wort eine andere und thätige Bedeutung, S. dasselbe.


Ferner (W3) [Adelung]


Der Ferner, des -s, plur. ut nom. sing. S. Firn.


Ferner (W3) [Adelung]


Ferner, ein Wort, welches der Comparativ von fern ist, und so wohl in Gestalt eines Bey- und Nebenwortes, als auch eines Bindewortes gebraucht wird. 1) Eines Bey- und Nebenwor- tes, die Fortsetzung oder Fortdauer eines Zustandes und einer Handlung anzudeuten, für weiter. Die ferneren Berathschlagungen. Allen fernern Fragen auszuweichen suchen. Ich empfehle mich ihrer fernern Freundschaft. Ingleichen als ein Nebenwort. Leben sie ferner glücklich, in Zukunft, so wie bisher. Er war, hieß es in diesem Briefe ferner, sein vertrauter Freund. Komm mir ferner nicht in mein Haus. Ich werde dich nicht ferner sehen, nicht mehr. Daran ist nicht ferner zu gedenken. Was willst du ferner von mir? Ich kann ohne ihn nicht ferner leben. Schiebe es nicht ferner auf. Nach der Ermordung der Vornehmsten wurde ferner keines Menschen geschonet. Dahin gehöret auch das so bekannte, und so ferner, abgekürzt u. s. f. 2) Eines fortsetzenden Bindewortes, wo es entweder zu Anfange einer Rede stehet, oder auch nach einigen Worten folget. Ferner ist zu wissen, daß u. s. f. Ferner, sage ich u. s. f. Es folgt ferner daraus. Ich habe ferner beschlossen, daß u. s. f.

Anm. Statt dieses Neben- und Bindewortes ist im Nieders. vorder, vurder, vortmeer, und im Oberd. auch füro üblich. Einige Oberdeutsche hängen demselben oft ein unnöthiges s an, ferners.


Fernerhin (W3) [Adelung]


Fernerhin, ein Nebenwort der Zeit, für ferner, künftig. Komm mir fernerhin nicht vor die Augen. Ich mag ihn fernerhin nicht mehr sehen.


Fernerweit (W3) [Adelung]


Fernerweit, adj. et adv. welches im Oberdeutschen am üblichsten ist, eine fortdauernde Sache anzuzeigen. Sein fernerweiter Ungehorsam. Ich werde ihn fernerweit nicht mehr sehen. Im Hochdeutschen ist dafür zuweilen fernerweitig üblich, besonders in der Gestalt eines Beywortes. Dein fernerweitiges übles Bezeigen.


Fernglas (W3) [Adelung]


Das Fernglas, des -es, plur. die -gläser, ein optisches Glas, deutlich damit in die Ferne zu sehen. 1) Ein hohl geschliffenes Glas, zum Behuf blöder Augen; ein Augenglas. 2) Ein aus mehrern Gläsern zusammen gesetztes Werkzeug, entfernte Gegenstände deutlicher dadurch zu sehen, als mit bloßen Augen möglich ist, welches aber richtiger ein Fernrohr, Sehrohr, Perspectiv genannt wird.


Fernher (W3) [Adelung]


Fernher, S. Fern 1.


Fernig (W3) [Adelung]


* Fernig, adj. et adv. welches nur im Oberdeutschen üblich, im Hochdeutschen aber unbekannt ist, vom vorigen Jahre. Ferniger Wein, ferniges Obst, welches im vorigen Jahre gebauet werden. Rede von Fernigem, Hohel. 7, 9. Ich habe dir beyde heurige und fernige (Früchte) behalten, V. 13. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort auch ferdig, füerdig und firn. Es scheinet, daß es nicht zunächst von fern, wohl aber mit demselben von vor abstammet, indem es wirklich so viel als vorig oder vorjährig heißet. S. Firn.


Ferniß (W3) [Adelung]


Der Ferniß, S. Firniß.


Fernrohr (W3) [Adelung]


Das Fernrohr, des -es, plur. die -röhre, S. Fernglas.


Fernsäulig (W3) [Adelung]


Fernsäulig, adj. et adv. welches nur in der Baukunst üblich ist, und von Gebäuden gebraucht wird, in welchen die Säulen 10 Model von einander entfernet werden, rarsäulig; im Gegensatze des feinsäulig und nahesäulig.


Ferresbeere (W3) [Adelung]


Die Ferresbeere, plur. die -n, S. Berberis.


Ferse (W3) [Adelung]


1. Die Ferse, eine junge Kuh, S. Färse.


Ferse (W3) [Adelung]


2. Die Ferse, plur. die -n, der hintere hervor stehende Theil des untern Fußes. Einem auf den Fersen nachfolgen, sehr nahe. Er verläßt sich auf seine Fersen, auf sein schnelles Laufen. In der Deutschen Bibel wird es Ps. 56, 7 figürlich für die Tritte, Spuren, Fußstapfen gebraucht, welche Bedeutung aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist.

Anm. Ferse, bey dem Ulphilas Fuirzna, bey dem Tatian Fersna, bey dem Notker Fersenu, ist vornehmlich der Oberdeutschen Mundart eigen, obgleich auch Fiersn bey den Angelsachsen bekannt war. In einigen Oberdeutschen Gegenden lautet es in der einfachen Zahl noch jetzt die Fersen, und in andern ist es ungewissen Geschlechtes das Ferse. Es scheinet von fahren herzukommen, so fern solches ehedem auch gehen bedeutete, ( S. Fährte,) indem auch die Lateiner von calcare ihr calx hatten. Frisch merket an, daß das Lat. perna und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - mit unserm Ferse verwandt ist. Bey den Niedersachsen heißt dieser Theil des Fußes die Hacke, von der Ähnlichkeit mit einem Haken, so wie im Schwed. Haka das Kinn ist; im Holländ. Hiele, im Dän. Häl, im Angels. Hele, im Engl. Heel, im Irländ. Sael und Sailin, im Schwed. Hael, welche mit dem Latein. callus überein kommen.


Fersenbein (W3) [Adelung]


Das Fersenbein, des -es, plur. die -e, in der Anatomie, das größte Bein des Oberfußes, welches die Ferse ausmacht, und die ganze Last des Körpers im Stehen empfindet; Os calcaneum.


Fertig (W3) [Adelung]


Fertig, -er, -ste, adj. et adv. von fahren und Fahrt. I. So fern fahren reisen, den Ort verändern, und Fahrt nicht nur eine Reise, sondern auch ein jedes Geschäft bedeutet. 1. Eigentlich, von allen äußern Hindernissen einer Handlung frey, mit allen Bedürfnissen zu derselben versehen; wo es zunächst von der Bereitschaft zu der Veränderung des Ortes gebraucht wird. Sind sie fertig? fragt man jemanden, der sich bereit macht, eine Reise anzutreten, spaziren zu gehen u. s. f. Ich bin lange fertig gewesen. Sich fertig machen, halten. Marschfertig, segelfertig, reisefertig. In weiterer Bedeutung auch von der Bereitschaft zu andern Geschäften. Macht euch fertig! das gewöhnliche Commando-Wort bey den Soldaten, wenn sie sich zum Anschlage und Feuer geben geschickt machen sollen. Fertig wird in dieser ganzen Bedeutung nur als ein Nebenwort gebraucht. Der Comparativ und Superlativ sind in derselben gleichfalls ungewöhnlich. 2. Figürlich. 1) Fähig aus anhaltender Übung eine Sache leicht und geschwinde zu verrichten. Fertig reden, lesen, schreiben, singen, ohne Anstoß. Er ist sehr fertig mit der Zunge, mit dem Maule, im gemeinen Leben. Ein fertiger Redner, Schreiber. Eine fertige Zunge haben. Eine fertige Hand schreiben. Gott macht euch fertig in allen guten Werken zu thun seinen Willen, Ebr. 13, 21. 2) Dem Gemüthe nach, willig, bereit etwas zu thun. Wir müssen stets so fertig zum Vergeben seyn, als es andere sind, uns zu beleidigen, Gell. S. Dienstfertig, Friedfertig. 3) Vollendet, zu dem bestimmten Gebrauche geschickt gemacht. Eine fertige Arbeit. Ein bereits fertiges Gedicht. Am häufigsten als ein Nebenwort, bloß im Positivo. Die Arbeit ist fertig. Die Schuhe sind noch nicht fertig. Das Haus, die Mauer, das Essen ist fertig. Eine Sache, eine Arbeit fertig machen, die letzte Hand daran legen. Die Schriftgießer machen die gegossenen Schriften fertig, wenn sie selbige in dem Winkelhaken glatt schaben. Sehr häufig auch in Beziehung auf die Person, da denn die Sache das Vorwort mit bekommt. Bist du mit dem Kranze fertig? hast du ihn fertig gemacht? Mit dieser Arbeit werde ich bald fertig werden, ich werde sie bald fertig machen. mit ihm will ich schon fertig werden, ich will schon die Oberhand über ihn gewinnen. Er ist mit seinem ganzen Vermögen fertig, er hat es durchgebracht. Oft auch mit Auslassung der Sache. Die Mäurer, die Zimmerleute sind fertig, nehmlich mit ihrer Arbeit. Ich würde nie fertig werden, wenn ich alles erzählen wollte. II. So fern fahren handeln, thun, bedeutet, etwas wirklich thuend, und selbiges an den Tag legend; in welchem Verstande es nur in den Zusammensetzungen bußfertig, eilfertig, leichtfertig, hoffertig vorkommt, obgleich sich diese beyden letzten auch von fahren, gehen, herleiten lassen. Auch willfährig gehöret hierher, denn im Oberdeutschen ist für fertig oft ferig, fährig üblich.

Anm. Fertig, im Oberd. ferig, im Nieders. fardig, bey dem Notker varig, im Dän. färdig, im Schwed. faerdig, scheinet wie schon oben gesaget worden, zunächst von fahren abzustammen, so daß das t hier des Wohlklanges wegen eingeschaltet worden. Freylich sollte es um dieser Abstammung willen eigentlich fährtig oder doch färtig geschrieben werden; allein es gibt tausend andere Fälle, wo das ä und e mit einander abwechseln. S. Willfährig. Einen Ort, wo man durchgehen kann, nennet Notker in der eigentlichsten Bedeutung turhfertig. Im Dänischen ist Färd ein Werk, Geschäft, so wie Ottfried in diesem Verstande schon Fart gebraucht. Sin friunt thes fartes, der Theilnehmer an seinem Geschäfte, sein Gesell.


Fertigen (W3) [Adelung]


Fertigen, verb. reg. act. welches im Hochdeutschen fast veraltet ist, und noch im Oberdeutschen vorkommt, fertig machen. 1) Für verfertigen. Ein Bild fertigen, Es. 40, 20. Der Schmid muß denken, wie er das Werk fertige, Sir. 38, 30, 31. 2) * Für abfertigen. Einen Bothen fertigen. Ein Schiff, einen Fuhrmann fertigen. Im Oberdeutschen sind Fertiger oder Gutfertiger, solche Personen, welche die Waaren anderer durch Schiffer oder Fuhrleute fortschaffen, Güterbestäter, Spediteurs. 3) * Für ausfertigen, daher noch an einigen Orten die kleine Lehenwaare, welche den Beamten für die Ausfertigung des Lehnbriefes, oder Lehnscheines gegeben wird, die Fertigungsgebühr heißt. 4) * Sich fertigen, sich eilig begeben, verfügen. Sie fertigen sich durch den Jordan, vor dem Könige her, 2 Sam. 19, 17. 5) * Die Gewähr leisten; daher die Fertigung, die Gewährleistung, und Fertigungsbrief, die schriftliche Versicherung derselben. An andern Orten ist der Fertigungsbrief so viel als ein Bezirkbrief, eine Urkunde oder Vertrag wegen der Mark- und Gränzsteine.


Fertigkeit (W3) [Adelung]


Die Fertigkeit, plur. die -en. 1) In der ersten figürlichen Bedeutung des Wortes fertig, das Vermögen, gewisse Handlungen mit Leichtigkeit zu verrichten. Er besitzt eine große Fertigkeit im Reden, Schreiben, Fechten, Tanzen u. s. f. Er spielt mit außerordentlicher Fertigkeit. Die Tugend ist eine Fertigkeit, seine Handlungen nach dem Gesetze der Natur einzurichten. Wir müssen uns die Fertigkeit erwerben, das Laster oft in seiner natürlichen Häßlichkeit zu denken, Gell. 2) In den Zusammensetzungen Eilfertigkeit, Bußfertigkeit, Leichtfertigkeit u. s. f. behält es die zweyte Hauptbedeutung des Beywortes.


Feser (W3) [Adelung]


Der Feser, S. Fächser.


Fessel (W3) [Adelung]


Der Fessel, des -s, plur. ut nom. sing. oder noch häufiger die Fessel, plur. die -n, von dem Zeitworte fassen. 1. Über- haupt, ein jedes Werkzeug, womit man etwas fasset, d. i. bindet, doch nur noch in einigen Fällen. 1) Bey den Jägern, der Riemen, woran sie das Hiefhorn tragen, der oder die Fessel, die oder das Hornfessel. Ehedem bedeutete es an den Wehrgehängen auch denjenigen Theil, worin das Schwert hing; in welchem Verstande es im Heldenbuche vorkommt, und im Schwed. ist Faetil noch jetzt ein Gürtel, von fittja, binden. 2) Ein Riemen von Hirschleder, welcher den Falken um die Füße geleget wird, und auch der Wurffessel heißt. 3) Die Ketten eines Gefangenen und Sclaven, in der edlern und höhern Schreibart, und nur im Plural. Einem Fessel anlegen. Einen in Fessel schlagen, oder legen. In Fesseln gehen, liegen. Eines Fessel tragen, sein Gefangener seyn. Was willst du, war ichs nicht, die deine Fessel brach? Weiße. die dich in Freyheit setzte. Figürlich. Die Fessel der Liebe tragen. Niedriges Laster, wie oft habe ich deine Fesseln verflucht! Lucie, mein männliches Herz zerbricht deine stolzen Fesseln. Im Oberdeutschen ist es in dieser Bedeutung auch in der einfachen Zahl üblich. Ein Fessel drücket mich, Hofmannsw. Ein Fessel lieb ich mehr, als vormahls Helm und Schwert, ebend. Wo es zugleich das ungewisse Geschlecht hat. 2. Der Theil des Fußes, an welchem die Fessel angeleget werden. In diesem Verstande ist die Fessel an dem Pferdefuße der Raum von der Köthe bis zur Krone, wo man die Pferde auf der Weide zu fesseln pfleget.

Anm. Fessel, Engl. Fetter, ist vermittelst der Endsylbe -el, welche hier ein Werkzeug andeutet, von dem Zeitworte fassen gebildet, welches auch für binden gebraucht wurde. Ehedem lautete es auch Fesser, wovon Frisch Beyspiele anführet; denn die Sylben el und er wechseln oft mit einander ab. Wenn dieses Wort im Singular stehet, so wird es im Hochdeutschen seltener im männlichen, als weiblichen Geschlechte gebraucht. Im Oberdeutschen ist es auch im ungewissen üblich. Im Plural aber kommt es eben so oft im männlichen die Fessel als im weiblichen die Fesseln vor Im Nieders. ist dafür Helden und Halden üblich, von halten.


Fesselader (W3) [Adelung]


Die Fesselader, plur. die -n, bey den Pferden, die Adern, welche nach der Länge der Fessel hinab gehen.


Fesseln (W3) [Adelung]


Fesseln, verb. reg. act. mit Fesseln binden, Fessel anlegen, in der edlen und höhern Schreibart. 1) Eigentlich. Einen Verbrecher, einen Gefangenen fesseln. Wer wird wohl den Sclaven tadeln, der es versucht, die Ketten zu zerbrechen, die ihn an seine Ruder fesseln? Ein Pferd fesseln, demselben auf der Weide Stricke an die Füße legen, damit es nicht entlaufe. 2) Figürlich, eines Gemüth einnehmen, ihn an sich ziehen. Sanftmuth und Bescheidenheit fesseln oft die wildesten Gemüther. Sein Herz und seine Sinne waren durch diesen Gedanken ganz gefesselt. Ingleichen, genau mit jemanden verbinden. Nichts kann so zärtlich seyn, als die Freundschaft, die mich an dich fesselt. Wie auch, Zwang anthun, frey zu wirken hindern. Wenn der Lehrer durch den Eigensinn der Ältern gefesselt wird.


Fesselwund (W3) [Adelung]


Fesselwund, adj. et adv. von den Pferden, an der Fessel verwundet. Das Pferd ist fesselwund.


Fest (W3) [Adelung]


Fest, -er, -este, adj. et adv. so zusammen hangend, daß es nicht ohne Mühe getrennt werden kann. 1. Mit andern Körpern. 1) Eigentlich, in welcher Bedeutung es in der Gestalt eines Adverbii am gebräuchlichsten ist; im Gegensatze dessen, was locker ist. Der Nagel steckt fest. Der Kalk hält fest, sitzt fest. Einen Fliehenden ergreifen und fest halten. Ich will ihn schon fest halten, auch figürlich, ihn zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit, meiner Absichten zwingen. Halt das Glas fest. Die Thüre fest zumachen. Den Schrank fest zuschließen. Sich fest an die Mauer, an einen Baum anhalten. Den Sand fest an die Mauer anstoßen. Die Soldaten schließen sich fest an einander. Der Boden im Fasse sitzt nicht fest. Binde die flatternden Weinreben fest an den Ulmbaum. Besonders in Ansehung der Grundfläche. Ein Tisch, ein Stuhl steht fest, wenn er nicht wackelt. Ein Baum, eine Säule, ein Schrank stehet fest, wenn keine Gefahr des Umfallens zu besorgen ist. Fest auftreten. 2) Figürlich, wo es auch in der Gestalt eines Adjectives nicht selten ist. (a) Vor unwillkührlichen Bewegungen sicher. Eine feste Hand, in den schönen Künsten, eine gewisse, gesetzte Hand, welche nicht in Gefahr ist, unwillkührliche Züge zu machen. Im gemeinen Leben ist die feste Hand, ein beständig gleicher Preis einer Waare. Die feste Hand bey einer Waare erhalten, abschaffen, einführen. Der Boden ist so uneben, man hat hier keinen festen (gewissen) Tritt. (b) Der Freyheit beraubt, als ein Adverbium. Einen Dieb fest machen, fest nehmen, ihn in Verhaft nehmen; ehedem verfesten. Sich fest essen, trinken, im gemeinen Leben, für die Zeche, die man nicht bezahlen kann, ein Gefangener des Wirthes bleiben müssen. (c) Beständig, der Zeitdauer nach, doch nur in einigen Fällen. Eine feste Wohnung an einem Orte haben. Sich an einem Orte fest setzen, sich auf immer daselbst niederlassen. Ein Kriegsheer setzt sich in einem Lande fest, wenn es sich solcher Örter in demselben bemächtiget, aus welchen es nicht ohne Mühe vertrieben werden kann. (d) Standhaft, unveränderlich, beständig, dem Willen, der Entschließung nach. Fest auf etwas bestehen. Ich habe es fest bey mir beschlossen. Ein fester Entschluß. Die Reise ist noch nicht fest gesetzt, fest gestellet. Ich habe es ihm fest versprochen. Fest über etwas halten, standhaft auf dessen Beobachtung dringen. Nur die biblischen Ausdrücke, fest halten an der Frömmigkeit, an Gott, an dem Glauben, ob der Demuth u. s. f. sind im Hochdeutschen eben so ungewöhnlich, als die R. A. fest im Sinne seyn, Ruth 1, 18. (e) Unveränderlich, seinem gegenwärtigen Zustande nach. Es soll fest und unverbrüchlich gehalten werden. Eine feste Regel des Lebens. Aber die biblischen Arten des Gebrauches, der König wird durch die Güte des Herren fest bleiben, Ps. 21, 8; mein Bund soll ihm fest bleiben, Ps. 89, 29; daß die Verheißung fest bleibe allem Samen, Röm. 4, 16; die Geduld aber soll fest bleiben bis ans Ende, Jac. 1, 4, sind veraltet. Hierher scheinet auch der größten Theils veraltete Titel ehrenfest oder ehrenvest zu gehören, eine Person zu bezeichnen, welche eines ungekränkten dauerhaften guten Nahmens genießet. S. Vest. (f) Gewiß, der Überzeugung nach. Etwas steif und fest behaupten, im gemeinen Leben. Ich bin fest der Meinung, lebe der festen Meinung. Fest von einer Sache überzeugt seyn. Eine feste Überzeugung. Ein festes Vertrauen, eine feste Hoffnung auf etwas setzen. Fest seyn im Glauben, Col. 2, 7, Überzeugung haben. S. Glaubenfest. (g) Der Erkenntniß, der Fertigkeit nach, in einigen Fällen. Sich in einer Kunst, in einer Wissenschaft fest setzen, sich in derselben die nöthige Kenntniß oder Fertigkeit erwerben. Sich fest setzen im Guten. S. auch Kapitelfest. Daher war fest ehedem auch für weise, verständig üblich. Abigail die fessete, in einer handschriftlichen Übersetzung der Bibel bey dem Frisch. Vor nicht gar langer Zeit war Vest noch der gewöhnliche Titel der Rechtsgelehrten, und aus einigen Kanzelleyen bekommen sie denselben noch jetzt. 2. Unter sich, von den Theilen eines Ganzen, wenn sie so verbunden sind, daß sie nicht ohne Mühe getrennt werden können. 1) Eigentlich. Einen Knoten fest zuziehen. Ein fester Knoten. Ein fester Ball, ein festes Packet. Die Schuhe fest zuschnallen. Den Sack fest zubinden. Ein festes Gefäß, welches nicht rinnet. Ein festes Gebäude, eine feste Mauer, bey welchen keine Gefahr des Einfallens zu besorgen ist. S. auch Feuerfest. Etwas fest zusammen drücken, pressen, binden. Ein fester Teig, bey den Bäckern, im Gegensatze eines lockerern, S. Fastbäcker. Festes, derbes, Brot. Ein festes Tuch, festes Gewebe. Die Erde fest zusammen stoßen. Festes, hartes, Erdreich. Ein fester Grund, im Gegensatze eines weichen. Festes Gestein, festes Holz, hartes. Feste Körper, im Gegensatze der flüssigen. Das feste Land, der trockne Theil des Erdbodens, im Gegensatze des Meeres, bey dem Notker zesamine habig lant, nach dem Latein. continens. In engerm Verstande wird das feste Land den Inseln entgegen gesetzet, und alsdann bedeutet es einen großen Strich festen Landes, so fern derselbe an andere feste Länder stößet. 2) Figürlich. (a) Was nicht ohne Mühe eingenommen werden kann, von Örtern. Eine feste Stadt, ein festes Schloß. Die Stadt ist sehr fest. Ein festes Lager, ein fester Paß. Ein von Natur fester Ort. S. Festung. (b) Dauerhaft. Einen festen, dauerhaften, Körper haben. Ihre Freundschaft ist sehr fest. Eine feste Freundschaft. Sie sind auf das festeste mit einander verbunden. (c) Von dem Schlafe. Fest schlafen, so daß man nicht leicht erwecket werden kann. Ein fester Schlaf, im Gegensatze des leisen. (d) Unverletzlich, in der im gemeinen Leben üblichen Redensart, sich fest machen, sich durch abergläubige Mittel vor Verwundungen in Sicherheit setzen. (e) * Tapfer, stark; in welcher nun veralteten Bedeutung fest und vest ehedem ein gewöhnlicher Ehrentitel der Ritter war. Hiob 12, 19 bedeutet es auch so viel als mächtig; er lässets fehlen den Vesten. Sich fest halten, 1 Mos. 43, 31, sich stark machen, sich der Wehmuth enthalten, ist gleichfalls veraltet. (f) * Ehedem bedeutete es auch sehr. So sagt man noch im gemeinen Leben, das Wasser zu fest zurück stellen oder schwellen, d. i. zu sehr, zu hoch. S. Fast, welches in diesem Verstande gleichfalls üblich war.

Anm. In den meisten der jetzt gedachten Bedeutungen lautet dieses Wort, welches ehedem auch vest geschrieben wurde, schon bey dem Kero fest, bey dem Ottfried fest und falt, im Isländ. fastur, im Schwed. Dän. Engl. und Nieders. fast. Selbst im Persischen ist besten verschließen, befestigen. Es scheinet zu dem Zeitworte fassen zu gehören, und eigentlich etwas zu bedeuten, welches wohl gefasset worden. Das Latein. manifestus, nach welchem die Deutschen ihr handgreiflich gebildet haben, gehöret, allem Ansehen nach, auch hierher. Ehedem war für dieses Wort auch hebig, und für Festigkeit Hebigkeit üblich. Siehe Vest und Fast.


Fest (W3) [Adelung]


Das Fest, des -es, plur. die -e, eine Zeit von einem oder mehrern Tagen, da man von der gewöhnlichen Arbeit ruhet, und welche man mit gottesdienstlichen Übungen, oder mit Lustbarkeiten zubringet. 1) Mit gottesdienstlichen Übungen, in welchem Verstande diejenigen Tage außer den gewöhnlichen Sonntagen Feste genannt werden, welche dem Andenken besonderer göttlicher Wohlthaten gewidmet sind. Die drey hohen Feste, Weihnachten, Ostern, Pfingsten. Ein jährliches Fest, welches alle Jahre gefeyert wird. Unbewegliche Feste, welche beständig auf einen und eben denselben Tag des Jahres fallen, zum Unterschiede von den beweglichen. Ein Fest feyern, begehen. S. Festtag. 2) Mit Lustbarkeiten. Ein Geburtsfest, Nah- mensfest, Siegesfest, Hochzeitfest, Freudenfest u. s. f. Ein großes Fest anstellen. Weil unter dergleichen Lustbarkeiten Essen und Trinken gemeiniglich die vornehmste ist, so wird auch wohl ein jeder Schmaus ein Fest genannt, welche Bedeutung auch das mittlere Lat. Festum und das Franz. Festin haben. Ein Fest mit jemanden haben, oder sein Fest mit ihm haben, sich mit ihm eine Lust machen, ihn aufziehen, mit ihm scherzen.

Anm. Fest, Engl. Feast, ist aus dem Latein. Festum, Festus dies entlehnet. Vorher war statt dessen Dult üblich; S. dieses Wort, ingleichen Hochzeit.


Festabend (W3) [Adelung]


Der Festabend, des -es, plur. die -e, der Abend vor einem Feste.


Festebauer (W3) [Adelung]


* Der Festebauer, des -s, oder -n, plur. die -n, ein nur im Schleßwigischen üblicher Ausdruck, Lehenbauern zu bezeichnen, zum Unterschiede so wohl von den Bonden, d. i. freyen Bauern, als auch von den Leibeigenen; weil sie ihre Güter festen, d. i. zu Lehen nehmen; im Dänischen Festebonde. Siehe Festen 4.


Festegeld (W3) [Adelung]


* Das Festegeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, eine Abgabe der Festebauern in Schleswig, welche vermuthlich so viel als ein Lehengeld ist.


Festen (W3) [Adelung]


* Festen, Festigen, verb. reg. act. welches aber im Hochdeutschen völlig veraltet ist, fest machen, obgleich in verschiedenen Bedeutungen des Wortes fest. 1) Für befestigen. Da er die Wolken droben vestete, da er vestigte die Brunnen der Tiefen, Sprichw. 8, 28. 2) In Verhaft nehmen; in welchem Verstande auch verfesten üblich war, welches aber, so wie festen auch verbannen bedeutete. 3) Durch Brief und Siegel fest, d. i. gewiß machen, S. Handfeste. 4) Zu Lehen nehmen, welche Bedeutung noch im Schleßwigischen üblich ist.

Anm. In der ersten Bedeutung lautet es bey dem Kero festinon. Wir haben von diesem veralteten Zeitworte noch das Hauptwort Festung, eine feste Stadt zu bezeichnen; S. dasselbe an seinem Orte.


Festigen (W3) [Adelung]


Festigen, S. Festen.


Festigkeit (W3) [Adelung]


Die Festigkeit, plur. inus. die Eigenschaft einer Sache, nach welcher sie fest ist, in allen den Fällen, in welchen dieses Wort als ein Adjectiv gebraucht wird. Die Festigkeit der Hand, des Erdbodens, eines Körpers, einer Entschließung, einer Stadt u. s. f.


Festiglich (W3) [Adelung]


* Festiglich, adv. welches im Oberdeutschen auch statt des Nebenwortes fest üblich ist, aber im Hochdeutschen nicht mehr gebraucht wird. Festiglich erwählen, Ps. 80, 18. Festiglich halten, Ps. 119, 38. Das glaub ich festiglich, Opitz.


Festkleid (W3) [Adelung]


Das Festkleid, oder Festtagskleid"> Das Festkleid, oder Festtagskleid, des -es, plur. die -er, ein Kleid, welches man nur an Festtagen anzulegen pfleget. S. Feyerkleid.


Festlich (W3) [Adelung]


Festlich, -er, -ste, adj. et adv. einem Feste gemäß, ähnlich. Festlich gekleidet seyn. Festliche Kleider. Ingleichen figürlich, herrlich, schön, feyerlich, in der edlen Schreibart. So festlich schön du bist. Ein festlicher Tag. Eine festliche Freude. Ein festlicher Aufzug.


Festlichkeit (W3) [Adelung]


Die Festlichkeit, plur. inus. festlicher Schmuck, festliche Schönheit, in der höhern Schreibart. Die Festlichkeit der königlichen Pracht, Schleg.


Feston (W3) [Adelung]


Der Feston, (sprich Festong) des -s, plur. die -s, oder Festonen, S. Fruchtschnur.


Festopfer (W3) [Adelung]


Das Festopfer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Opfer, welches an Festtagen gebracht wird. 4 Mos. 15, 3.


Festprediger (W3) [Adelung]


Der Festprediger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Prediger, der nur an gewissen Festtagen prediget, besonders in der Römischen Kirche.


Festpredigt (W3) [Adelung]


Die Festpredigt, plur. die -en, eine Predigt an einem Festtage.


Festrechnung (W3) [Adelung]


Die Festrechnung, plur. die -en, die Berechnung der beweglichen Feste, besonders des Osterfestes.


Festtag (W3) [Adelung]


Der Festtag, des -es, plur. die -e, den Tag, an welchem ein Fest gefeyert wird; bey dem Notker Dultetag, bey dem Tatian Itmalentag. S. Feyertag.


Festung (W3) [Adelung]


Die Festung, plur. die -en, von dem vorigen veralteten Verbo festen, ein nach den Regeln der Kriegskunst befestigter Ort doch nur von einer auf solche Art befestigten Stadt. Eine Festung anlegen, erobern, einschließen u. s. f. Zuweilen auch eine Cittadelle, oder ein Castell neben oder in einer Stadt.

Anm. Von festenen für festen, kommt bey dem Notker Festinung, und im Schwabensp. Vestnung in eben derselben Bedeutung vor. Das Dän. und Schwed. Faestning stimmen gleichfalls damit überein.


Festungsbau (W3) [Adelung]


Der Festungsbau, des -es, plur. inus. der Bau einer Festung; ingleichen die an den Festungswerken nöthige Arbeit. Einen Verbrecher zum Festungsbau verurtheilen, ihn zum Bau verurtheilen, auf den Bau bringen. Daher die Festungsbaukunst, oder die Kriegsbaukunst, die Kunst, einen Ort regelmäßig zu befestigen.


Festungswerk (W3) [Adelung]


Das Festungswerk, des -es, plur. die -e, Werke von Erde oder Stein, welche eine Festung ausmachen, und zu derselben gehören.


Fetsche (W3) [Adelung]


Die Fetsche, S. Fätsche.


Fett (W3) [Adelung]


Das Fett, des -es, plur. inus. diejenige weißliche, schmierige und unempfindliche Materie in den thierischen Körpern, welche von dem überflüssigen Nahrungssafte abgesondert wird, und in zarten Pergamenthäutchen befindlich ist. Das Fett abschöpfen, von der Brühe. Jemanden mit seinem eigenen Fette betröpfen, im gemeinen Leben, ihn mit seinem eigenen Vermögen bezahlen. Gänsefett, Schweinefett, Hasenfett, Nierenfett u. s. f. In diesem Verstande ist Fett ein allgemeiner Ausdruck, welcher alle Arten der thierischen Öhle unter sich begreift, besonders wenn sie durch die Wärme noch nicht aufgelöset worden; S. Schmeer, Talg, Speck, Schmalz, Thran u. s. f. In engerm Verstande unterscheiden einige das Fett von dem Talge, und verstehen unter jenem dasjenige Fett, welches nach der Auflösung durch die Wärme weich und schmierig bleibt, unter Talg aber dasjenige, welches nach der Auflösung eine gewisse Festigkeit bekommt. S. auch Feist und das folgende.

Anm. Im Engl. lautet dieses Wort Fat, im Dän. Fit. Der ungewöhnliche Plural kommt 1 Mos. 4, 4 vor: Abel opferte von den Erstlingen seiner Heerde und von ihren Fetten.


Fett (W3) [Adelung]


Fett, -er, -este, adj. et adv. 1. Eigentlich. 1) Wohl genähret, gut gefüttert, gemästet. Er ist dick und fett. Was fett und stark ist will ich behüthen, Ezech. 34, 16. Fette und magere Schafe, v. 20. 2) In engerer Bedeutung, Fett habend, es sey nun von Natur oder durch die Kunst. Fettes Fleisch. Die Brühe ist sehr fett. Ein fetter Bauch. Ein fetter Ochs, ein fettes Schwein, fette Gänse. Gänse, Schweine fett machen, d. i. mästen. Die Speisen fett machen, Fett, Butter oder auch vegetabilisches Öhl daran thun. In weiterm Verstande gebraucht man dieses Wort auch von den dem thierischen Fette ähnlichen Theilen der Butter und der Öhle. Die Maybutter ist fetter, als die Herbstbutter. Das Provencer-Öhl ist fetter als das Italiänische. 3) Mit Fett besudelt. Sich fett machen. 2. Figürlich. 1) Dem Gefühle nach dem Fette ähnlich, schmierig anzufühlen. In diesem Verstande nennet man das Kupfer fett. 2) Saftig, von Gewächsen. Die fette Henne, eine Pflanze, Sedum L. wegen ihrer dicken, saftigen Blätter; Donnerkraut, Knabenkraut, Geschwulstkraut, Wundkraut. 3) Reichlichen Dünger habend. Ein fetter Boden, ein fetter Acker. Ingleichen, was diese Fruchtbarkeit an den Tag leget, von Gewächsen. Eine fette Weide. An beyden Ufern stehet das fette Gras mit Blumen vermischet, Geßner. 4) Reichlich, einträglich, im gemeinen Leben. Eine fette Pfründe. Ein fettes Amt. Ein fettes Heirathsgut. Eine fette Küche, wo der Überfluß herrscht. 5) Reich, vornehm, begütert, nur in der niedrigen Sprechart. Er ist ein fetter Gast. Die Fetten halten zusammen, Ps. 17, 10. Die Fetten auf Erden werden anbethen, Ps. 22, 30. Ich will unter die Fetten die Darre senden, Es. 10, 16. 6) Bey den Mahlern und Kupferstechern bedeutet fett so viel als dick oder breit. Ein fetter Pinsel, reichlich und überflüssig aufgetragene Farbe. Ein fetter Zug, eine fette Schraffirung, welche mehr Breite hat, als ein schlechter Einschnitt. Auf eine fette Manier arbeiten, viel solcher Züge oder Schnitte machen. Ein fett gehaltener Zug oder Schnitt, ein breiter und dicker. 7) * Beschmutzt, auch wenn solches nicht bloß mit Fett geschehen ist; doch nur im Oberdeutschen. Fette Wäsche, fette Kleider. Ein fettes Tischtuch.

Anm. Fett, in den breiten Mundarten fatt, im Dän. feed, im Schwed. fet, im Angels. faet, im Engl. fat, im Isländ. foitr, kommt von föden, nähren, her, und bedeutet eigentlich genähret. S. Futter und Vater. In der echten Oberdeutschen Mundart lautet dieses Wort feist, S. dasselbe.


Fettader (W3) [Adelung]


Die Fettader, plur. die -n, in der Anatomie, eine Blutader in der äußern Nierenhaut, und dem an derselben angewachsenen Fette, Vena adiposa.


Fettammer (W3) [Adelung]


Die Fettammer, plur. die -n, eine Art Ammern, welche in der "Lombardey", in Deutschland u. s. f. angetroffen werden, und wegen ihrer Fettigkeit sehr wohlschmeckend sind; Ortolan, Em- beriza, Miliaria pinguescens Klein. Beym Frisch führet auch die Zirlammer diesen Nahmen. Die Carolinische Fettammer, Emberiza Carolinensis Klein, hat höhere Füße und heißt auch Reißammer. Die Amboinische Fettammer, Emberiza Amboinensis Klein, ist größer als eine Lerche, schön von Federn und angenehm von Gesange.


Fettauge (W3) [Adelung]


Das Fettauge, des -s, plur. die -n, ein mit unnatürlichem Fette beschwertes Auge, besonders bey den Pferden.


Fettdarm (W3) [Adelung]


Der Fettdarm, des -es, plur. die -därme, S. Afterdarm.


Fette (W3) [Adelung]


1. * Die Fette, plur. inus. ein nur im Oberdeutschen übliches Wort, die Fettigkeit, und figürl. die Fruchtbarkeit. Das Joch verfaulet vor der Fette, Es. 10, 27. Die Fette des Leibes.


Fette (W3) [Adelung]


2. Die Fette, plur. die -n, in der Baukunst ein horizontal liegendes Stück Zimmerholz, besonders dasjenige, welches die Stuhlsäulen eines Daches oben miteinander verbindet, und auch die Dachfette, Dachstuhlfette, Stuhlfette genannt wird. Entweder von dem Schwed. fittja, Isländ. fitia, verbinden, welches zu dem Nieders. faten und Oberd. fassen gehöret; oder auch von dem Nieders. Faste, Franz. Feste, der Giebel des Daches, die Firste oder Förste, Lat. Fastigium; zumahl da im mittlern Lateine Fetagium mehrmahls für Festagium stehet, den Giebelschoß zu bezeichnen, und in den Deutschen Mundarten der Übergang des s in t und des t in s sehr gewöhnlich ist.


Fetten (W3) [Adelung]


Fetten, verb. reg. act. fett machen, im gemeinen Leben, besonders Oberdeutschlandes. Den Fraß der Hunde fetten, bey den Jägern.


Fettfeder (W3) [Adelung]


Die Fettfeder, plur. die -n, bey dem Geflügel, die Federn oben auf dem Hintern; besonders bey den Gänsen, welchen man sie auszurupfen pfleget, wenn man sie fett machen oder mästen will; die Schmalzfedern.


Fettfinne (W3) [Adelung]


Die Fettfinne, plur. die -n. 1) Bey den Fischen, eine Art von Finnen, d. i. Floßfedern, welche einige Arten derselben auf dem Rücken haben, und welche aus einer Haut ohne Gräten bestehen; Pinna adiposa, die Afterfloßfeder. 2) Finnen in dem Fette der vierfüßigen Thiere, besonders der Schweine.


Fettflecken (W3) [Adelung]


Der Fettflecken, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schmutzflecken von Fett, in den Kleidern, Papier u. s. f.


Fettgang (W3) [Adelung]


Der Fettgang, des -es, plur. die -gänge, in der Anatomie, Seitengefäße der Adern, in welchen das Fett aus dem Blute abgesondert wird.


Fettgans (W3) [Adelung]


Die Fettgans, plur. die -gänse, eine Art sehr fetter Gänse in Amerika, welche einen großen Schlund, einen langen vorn gekrümmten Schnabel, und kurze, lederne, mit borstigen Federn besetzte Flügel hat; Plautus Pinguis Klein, Pinguin, die Magellanische Gans, weil sie um die Magellanische Meerenge sehr häufig ist.


Fettgar (W3) [Adelung]


Fettgar, adj. et adv. mit Fette gar gemacht, bey den Lederarbeitern. Fettgares Leder, welches nach dem Äschern, Beitzen und Walken mit Öhl geschmieret und gewalket wird; Sämisches Leder.


Fettgestrecke (W3) [Adelung]


Das Fettgestrecke, plur. inus. bey den Goldschlägern, diejenige Arbeit, da die fertige Hautform zwischen weichem Papiere gestreckt, d. i. geschlagen wird, damit sich das überflüssige Fett hinein ziehe.


Fetthaut (W3) [Adelung]


Die Fetthaut, plur. die -häute, die vierte Haut der thierischen Körper, welche einer Pergamenthaut gleicht, und unter welcher das Fett lieget; die Schmerhaut, auch die Fleischhaut, weil sie an manchen Orten Fleischfasern an sich nimmt.


Fetticht (W3) [Adelung]


Fetticht, -er, -ste, adj. et adv. dem Fette ähnlich. Der Speckstein, der Thon fühlt sich fetticht an. Das Kupfer hat etwas Fettichtes an sich.


Fettig (W3) [Adelung]


Fettig, -er, -ste, adj. et adv. mit Fett besudelt. Sich fettig machen. Fettige Hände haben. Bey dem Notker feltach, fett.


Fettigkeit (W3) [Adelung]


Die Fettigkeit, plur. die -en. 1) Die fette Beschaffenheit einer Sache, in allen Bedeutungen des Beywortes und ohne Plural. Die Fettigkeit des Leibes, des Bodens. 2) Eine fette Materie, ein Fett. Die Fettigkeit des Öhlbaumes, Richt. 9, 9, d. i. das Öhl.


Fettkohle (W3) [Adelung]


Die Fettkohle, S. Glanzkohle.


Fettkram (W3) [Adelung]


Der Fettkram, des -es, plur. inus. der Kram, d. i. Handel mit fetten Waaren, z. B. Öhl, Butter, Speck u. s. f. Daher der Fettkrämer, des -s, plur. ut nom. sing. die Fettkrämerinn, plur. die -en, der oder die mit solchen Waaren handelt; im Nieders. Smerhäker, Fettspeiser. S. Höker.


Fettkraut (W3) [Adelung]


Das Fettkraut, des -es, plur. inus. eine Pflanze, deren Blätter mit einem fettichten Wesen überzogen sind, welches die Milch gerinnen macht; Butterkraut, Schmerwurz, Pinguicula L.


Fettmacher (W3) [Adelung]


Der Fettmacher, des -s, plur. ut nom. sing. eine ehemahlige schimpfliche Benennung, welche die alten einmännischen Tuchmacher den neuen Tuchmachern aus den Niederlanden gaben, weil sie die Wolle mit Fett bereiten lehreten.


Fettmagen (W3) [Adelung]


Der Fettmagen, des -s, plur. ut nom. sing. der vierte Magen der wiederkäuenden Thiere, in welchem die Verdauung vollendet wird; im gemeinen Leben der Roden.


Fettmännchen (W3) [Adelung]


Das Fettmännchen, des -s, plur. ut nom. sing. eine am Nieder-Rheine, besonders in Cöln, übliche Scheidemünze, welche 2/3 Albus oder acht Häller gilt; ohne Zweifel von einem ehedem darauf geprägten wohl genährten Erzbischofe oder Heiligen.


Fettmarkt (W3) [Adelung]


Der Fettmarkt, des -es, plur. die -märkte, an einigen Orten, ein besonderer Markt für fette Waaren, dergleichen Butter, Speck, Öhl u. s. f. sind.


Fettnoppen (W3) [Adelung]


Das Fettnoppen, des -s, plur. car. bey den Tuchmachern, besonders Niedersachsens, das Besehen des gewebten Tuches über der Beschauwalze gegen das Tageslicht, weil das Tuch sein Fett von dem Stuhle mitbringet. S. Noppen. Daher der Fettnopper, des -s, plur. ut nom. sing. der diese Besichtigung verrichtet.


Fettsäure (W3) [Adelung]


Die Fettsäure, plur. von mehrern Arten, die -n, in der Chymie, eine Säure, welche man durch die Destillation aus fetten Körpern, z. B. Öhl, Butter u. s. f. erhält.


Fettschmelzen (W3) [Adelung]


Das Fettschmelzen, des -s, plur. car. bey den Pferdeärzten eine sehr unschickliche Benennung einer Art der Ruhr bey den Pferden, bey welcher ein weißer Schleim mit abgehet, welchen die Unwissenheit für geschmolzenes Fett hält; Franz. la Grasfondure.


Fettschwanz (W3) [Adelung]


Der Fettschwanz, des -es, plur. die -schwänze, der fette Schwanz einiger Arabischen Schafe, der zuweilen 15 bis 20 Pfund wieget.


Fettspeiser (W3) [Adelung]


Der Fettspeiser, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fettkram.


Fettthon (W3) [Adelung]


Der Fettthon, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, eine Art sehr weichen Thones, welche im Munde zergehet, und das Fett an sich ziehet. Siehe Fullererde, Walkerthon.


Fettwaare (W3) [Adelung]


Die Fettwaare, plur. die -n, verschiedene Arten des Fettes, so fern sie als eine Waare betrachtet werden. Mit Fettwaaren handeln, d. i. mit Öhl, Thran, Butter, Speck, Talg u. s. f. S. Fettkram.


Fettweide (W3) [Adelung]


Die Fettweide, plur. die -n, im gemeinen Leben, eine Weide, auf welcher das Vieh fett gemästet wird.


Fettwurm (W3) [Adelung]


Der Fettwurm, S. Speckwurm.


Fetzen (W3) [Adelung]


Der Fetzen, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Fetzchen, Oberd. das Fetzlein, in den gemeinen Mundarten, besonders Oberdeutschlandes, ein abgeschnittenes oder abgerissenes Stück eines Ganzen. Ein großer Fetzen Brot. Ein Fetzen Schinken. In Fetzen schneiden, hauen, in Stücke. Die Fetzen hingen von dem Kleide herunter.

Anm. Bey den Schwäb. Dichtern Vezze. Im Ital. ist Pezza und Fetta, im Franz. Piece, im Engl. Fet und Fitter, und im mittlern Lateine Faccia, Fioza, Fettucia u. s. f. ein Stück. S. das folgende.


Fetzen (W3) [Adelung]


Fetzen, verb. reg. act. ungeschickt schneiden, in den gemeinen Mundarten Oberdeutschlandes. In das Brot, in den Zeug hinein fetzen. Mit dem Degen fetzen, wetzen, in das Pflas=ter hauen. Mit glühenden Zangen fetzen, kneipen. Im Hochdeutschen ist davon Zerfetzen üblich, w. s. Im Nieders. fitzen, welches aber auch mit der Ruthe hauen bedeutet, Französisch fesser. S. Sitzen.


Fetzer (W3) [Adelung]


Der Fetzer, des -s, plur. ut nom. sing. in den gemeinen Mundarten. 1) Ein Werkzeug zum Hauen oder Schneiden, doch größten Theils nur im Scherze. Ein Fetzer, ein großer Degen. 2) Die Strafe mit der Ruthe auf dem Hintern. Einen derben Fetzer bekommen. 3) Der Hintere selbst. Einem den Fetzer voll hauen. S. Fitzen.


Feucht (W3) [Adelung]


Feucht, er, -este, adj. et adv. ein wenig naß. Das Papier, die Wäsche ist noch ganz feucht. Feuchte Dünste, ein feuchter Nebel. Der Boden ist sehr feucht, ein feuchter Acker. Ein feuchter Keller. Die Sumpfvögel halten sich nur an feuchten Orten auf. Ihr Auge, noch von Thränen feucht. Er ist feuchter Natur, phlegmatisch. Feucht im ersten, im zweyten Grade u. s. f. bey den ältern Chymicis, von Körpern, welche auf verschiedene Art aus wässerigen und schleimigen Theilen zusammen gesetzt seyn sollten. Oft auch für naß. Daß zwischen jeder Welle mir ein feuchtes Grab sich öffnete, Kleist.

Anm. Feucht, Nieders. fucht, fuchtig, Holl. vocht, Angels. fuht, Isländ. vaukur, Dän. fugtig, gehöret, dem Frisch zu Folge, zu dem Latein. fucus, fucatus, zumahl da offucare nach dem Festus, aquam in fauces dare ad sorbendum, bedeutet. In den Monseeischen Glossen ist Futhi der Geruch.


Feuchtarsch (W3) [Adelung]


+ Der Feuchtarsch, des -es, plur. die -ärsche, im gemeinen Leben, eine Benennung des Seeraben, Pelecanus Carbo L. der auch Schlucker und Schlingrabe genannt, und in den Schottländischen Gewässern angetroffen wird.


Feuchte (W3) [Adelung]


Die Feuchte, plur. inus. ein besonders im Oberdeutschen bekanntes Wort für Feuchtigkeit.


Feuchten (W3) [Adelung]


Feuchten, verb. reg. welches in doppelter Gattung vorkommt. 1. Als ein Activum, feucht machen. Das Papier, die Wäsche feuchten. Ein Nebel ging auf von der Erde und feuchtete alles Land, 1 Mos. 2, 6. Ich feuchte ihn (den Weinberg) bald, Es. 27, 3. Du feuchtest sein Gepflügtes, Ps. 65, 11. Im Hochdeutschen ist befeuchten statt dieses einfachen Zeitwortes üblicher. So auch die Feuchtung. Bey dem Willeram fuihten, im Schwed. fukta, im Nieders. fuchten. 2. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Feuchtigkeit von sich geben. Die Wunde feuchtet. 2) Bey den Jägern bedeutet feuchten oder nässen, als ein anständiger Ausdruck, sein Wasser, seinen Urin lassen, besonders von wilden Thieren.


Feuchtglied (W3) [Adelung]


Das Feuchtglied, des -es, plur. die -er, bey den Jägern, das männliche Glied der Hirsche. S. das vorige.


Feuchtigkeit (W3) [Adelung]


Die Feuchtigkeit, plur. die -en. 1) Die feuchte Beschaffenheit eines Körpers, ohne Plural. Die Feuchtigkeit eines Kellers, des nassen Holzes u. s. f. Noch mehr, 2) ein feuchter, d. i. flüssiger Körper, welcher feucht macht. Der Acker hat viele Feuchtigkeit. Zähe grobe Feuchtigkeit in dem menschlichen Körper. Die wässerige, krystallene Feuchtigkeit im Auge, humor aqueus crystallinus. Man gebraucht dieses Wort oft als einen allgemeinen Ausdruck eines jeden flüssigen Körpers, beson- ders alsdann, wenn er noch nicht unter der Gestalt eines Wassers sichtbar ist.


Feuer (W3) [Adelung]


Das Feuer, des -s, plur. ut nom. sing. Dimin. das Feuerchen, Oberd. Feuerlein. 1. Eigentlich. 1) Ein äußerst feiner, durch die ganze Natur vertheilter flüssiger Körper, dessen Wesen noch sehr unbekannt ist, der sich aber uns unter gewissen Umständen durch Licht und Wärme zu erkennen gibt. Dieses nur den Naturlehrern bekannte Feuer, wird zum Unterschiede des folgenden auch das elementarische, das ursprüngliche Feuer, genannt. 2) Im gemeinen Leben kennet man dieses Feuer nur in brennenden Körpern, d. i. in so fern sich dasselbe in und um gewisse dazu geschickte Körper sammelt, in und um dieselben in eine gewisse noch unbekannte Bewegung versetzt wird, und sich alsdann so wohl durch Licht und Wärme, als auch durch seine verzehrende Kraft kenntlich macht. Das Feuer brennt. Es brennt wie Feuer. Feuer schlagen, anschlagen, durch den Schlag des Stahles an den Feuerstein die in dem letztern befindlichen Feuertheilchen heraus locken und in Bewegung versetzen. Feuer geben, bey Schießgewehren, das Pulver anzünden, welches ehedem durch Lunten geschah, welche gleichfalls Feuer genannt wurden. Eine Bombe mit Einem Feuer, mit zwey Feuern werfen. S. Dunst. Feuer machen, anmachen, durch Reichung der nöthigen Nahrungsmittel die Feuertheilchen in eine heftige Bewegung versetzen. Feuer anlegen, brennbare und angezündete Materien an ein Gebäude legen, dasselbe in Brand zu setzen. Das Feuer gehet aus, wenn demselben die Nahrungsmittel oder auch die Luft fehlet. Das ganze Haus steht im Feuer, brennet. Die Stadt ist im Feuer aufgegangen, abgebrannt. S. Feuersbrunst. Das Feuer löschen, auslöschen. Es kommt Feuer aus, wenn ein Gebäude unvermuthet in Brand geräth. Das Feuer greift weiter um sich. Einen Topf zum Feuer, an das Feuer setzen, von dem Feuer nehmen. Der Schwamm fängt leicht Feuer. Im Feuer arbeiten, wie die Scheidekünstler, Schmiede u. s. f. Den Inquisiten mit Feuer angreifen, der dritte Grad der Tortur. Einen Verbrecher zum Feuer verurtheilen, verbrannt zu werden. Feuer setzen, im Bergbaue, durch angezündetes Feuer die Erze mürbe brennen. Öhl ins Feuer gießen, figürlich einen Streit, eine Leidenschaft noch heftiger machen. Ich wollte wohl für ihn durchs Feuer laufen, figürlich, ich wollte wohl alles für ihn thun. Ein flammendes Feuer, welches in eine Flamme ausbricht, und im gemeinen Leben sehr oft unter Feuer allein verstanden wird, S. Flammenfeuer. Ein glimmendes, glühendes Feuer, welches nur glimmet, oder glühet. Das unterirdische Feuer, welches sich unter der Erde befindet. Der Berg speyt Feuer, wirft brennende Mineralien aus. Das Feuer Gottes, in der Deutschen Bibel, der Blitz. Das höllische Feuer, die Hölle, ein allzu sinnlicher Ausdruck des Zustandes der Verdammten. Griechisches Feuer, eine Art Öhl, welches mit Wasser nicht gelöschet werden kann. Der Plural die Feuer wird nur alsdann gebraucht, wenn mehrere, oder an mehrern Orten befindliche brennende Dinge angedeutet werden sollen. Auf einem Herde drey Feuer halten oder brennen. Man siehet schon die Wachtfeuer. Es sind zwey Feuer in der Stadt ausgekommen, an zwey verschiedenen Orten. 3) In engerm Verstande werden verschiedene Arten brennender Körper schlechthin Feuer genannt. (a) Im Kriege, die Abfeuerung des groben und kleinen Geschützes, und die dadurch fortgetriebenen Kugeln. Die Cavallerie hielt das erste Feuer der feindlichen Infanterie standhaft aus. Die Truppen standen zwey Stunden im Feuer. Ein heftiges Feuer machen. Dem Kanonenfeuer ausgesetzet seyn. Die Infanterie muß ihr Feuer wohl zu schonen wissen, sie muß nie ohne Noth und vergeblich feuern. S. Feuern. (b) Auf den Schiffen werden die Laternen, womit die Schiffe einander zur Nachtzeit gewisse Zeichen geben, gleichfalls Feuer genannt. Aus der Stellung und Anzahl der Feuer erkennet man den Rang der Schiffe. Ein Admiralsschiff hat das Recht mit vier Feuern Zeichen zu geben. (c) In der Feuerwerkskunst, ein aus Pulver, Salpeter u. s. f. bereitetes künstliches Feuer, ein Feuerwerk. Das Ernstfeuer, Lustfeuer u. s. f. Ingleichen die dazu gehörige Mischung von Pulver, Kohlen, Salpeter u. s. f. (d) Einem Pferde das Englische Feuer geben, bey den Viehärzten, Striche auf den kranken Theil des Leibes brennen. 2. Figürlich, wo die Farbe, die leuchtende, wärmende und verzehrende Eigenschaft, verschiedene uneigentliche Bedeutungen veranlasset haben. 1) Die Farbe. (a) Er ward lauter Feuer im Gesichte, das Feuer stieg ihm in das Gesicht, er ward roth. (b) Das Feuer, das heilige Feuer, eine Art der Entzündung der Haut, welche eine schöne Röthe hat, und auch die Rose, das Rothlaufen, oder der Rothlauf genannt wird. S. Antoniusfeuer und Rose. 2) Das Licht und der Glanz, in welchem Verstande das Feuer der Edelsteine, den starken Glanz bezeichnet, welchen sie von sich werfen. Der Himmel wird lauter Feuer, wenn er bey einem Nordlichte u. s. f. einen dem Feuer ähnlichen Glanz bekommt. 3) Die Hitze. (a) Verschiedene Krankheiten, besonders der Thiere, sind unter dem Nahmen des Feuers oder des heiligen Feuers bekannt. Bey den Schweinen ist das wilde Feuer, welches auch die Bräune und das St. Antonsfeuer heißt, eine Entzündung, die der Bräune der Menschen nahe kommt, sich mit dem heißen und kalten Brande endiget, und in 24 Stunden den Tod bringet. Der große Haufe in der Römischen Kirche glaubt, daß der heil. Antonius diese Krankheit heile. Bey den Schafen ist das heilige Feuer oder der Rothlauf, ein hitziges Fieber, wobey Fleisch und Haut von einem Brande verzehret werden. Das Feuer oder die Feuerkrankheit des Rindviehes rühret gleichfalls von einer Entzündung und Stockung des Geblütes her. Bey den Pferden ist das Feuer, oder die Darre, eine Auszehrung, wobey sie nach und nach abnehmen und dürre werden; bey welcher Krankheit aber wohl die verzehrende Kraft des Feuers der Grund der Benennung ist. (b) Die beißende Schärfe mancher Gewächse und Gewürze. Der Pfeffer hat Feuer, wenn er ein empfindliches Brennen auf der Zunge verursacht. Ingleichen der Geist der hitzigen Getränke. Ein Wein hat viel Feuer, wenn er viele geistige Theile hat, und daher Wärme in Körper verursacht. Das Feuer des Branntweines redet aus ihm. (c) Ein hoher Grad der Munterkeit, der Lebhaftigkeit, heftige Leidenschaften u. s. f. Der Mann hat bey seinem hohen Alter noch vieles Feuer. Ein Pferd, ein Jagdhund hat zu vieles Feuer, wenn sie zu heftige Begierden haben. Er redete mit vielem Feuer. Er fängt bald Feuer, wird bald zornig. Fast in allen Sprachen führet der Zorn den Nahmen des Feuers. In einer andern Bedeutung ist Feuer fangen, Liebe empfinden. Seitdem fing mancher Schäfer Aus Chloris Augen Feuer, Haged. Das Feuer der Einbildungskraft, ein hoher Grad der Lebhaftigkeit. Das Feuer der Leidenschaft wüthet in seinem Busen. Das Feuer der Liebe, der Andacht u. s. f. S. Feurig. 4) Die verzehrende und zerstörende Eigenschaft dieses Elementes. Das Feuer des Krieges, in der höhern Schreibart. In der Deutschen Bibel wird Gott mehrmahls ein verzehrendes Feuer genannt.

Anm. Feuer bey dem Kero Fuire, bey dem Ottfried Fiur, bey Isidors Übersetzer Fyor, bey dem Tatian Fuir, in Ober- schwaben noch jetzt Fuir, in Schlesien Foir, im Nieders. Füer, im Holländ. Vier, Vuer, Vuyr, im Angels. Fir, Fyr, im Engl. Fire, im Dän. und Schwed. Fyr, ist ein sehr altes Wort, welches zu dem Griech., zu dem Lat. feruere, feruor, comburere, dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, brennen, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Feuer, und zu dem Deutschen Brennen gehöret, welches im Oberd. auch bernen lautet; S. dieses Wort. Sokrates behauptet bey dem Plato ausdrücklich, daß - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - kein ursprünglich Griechisches, sondern ein Phrygisches, d. i. Scythisches, Wort sey. Bey den Tschuwassen, einer Tatarischen Nation, heißt der Morgen, Lat. aurora, noch jetzt Ir.


Feuerader (W3) [Adelung]


Die Feuerader, plur. die -n, eine Ader unter dem Schwanze des Rindviehes, welche man demselben öffnet, wenn es das Feuer hat.


Feueramt (W3) [Adelung]


Das Feueramt, des -es, plur. die -ämter, das Amt eines Feuerherren, und dasjenige Collegium, welches die Aufsicht über die Feueranstalten hat, S. Feuerherr und Feuereisenamt.


Feueranstalt (W3) [Adelung]


Die Feueranstalt, plur. die -en, Anstalten, Feuersgefahr zu verhüthen, und eine ausgebrochene Feuersbrunst zu löschen.


Feuerarbeit (W3) [Adelung]


Die Feuerarbeit, plur. die -en, eine jede Arbeit, welche mit Hülfe des Feuers verrichtet wird.


Feuerbahn (W3) [Adelung]


Die Feuerbahn, plur. die -en, eine Bahn oder breiter Weg in einem Walde, einen möglichen Brand zu hemmen und zu dämpfen.


Feuerbake (W3) [Adelung]


Die Feuerbake, plur. die -n, in den Gegenden an der See, eine Bake, d. i. ein Thurm oder anderer erhöheter Ort, wo ein Feuer zum Besten der Seefahrer unterhalten wird. S. Bake und Feuerthurm.


Feuerballen (W3) [Adelung]


Der Feuerballen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Feuerkugel.


Feuerbaum (W3) [Adelung]


Der Feuerbaum, des -es, plur. die -bäume. 1) Im gemeinen Leben, ein Baum, welcher nur zu Brennholz tauglich ist. 2) An einigen Orten, eine Benennung des gemeinen Wachholders, vermuthlich, weil er leicht Feuer fängt, wenn er trocken ist; S. Wachholder.


Feuerbecken (W3) [Adelung]


Das Feuerbecken, des -s, plur. ut nom. sing. ein Becken, Kohlenfeuer darin aufzubehalten; eine Kohlenpfanne, Kohlenbecken, Feuerpfanne.


Feuerberg (W3) [Adelung]


Der Feuerberg, des -es, plur. die -e, ein Feuer speyender Berg; mit einen fremden Worte ein Vulcan.


Feuerbeständig (W3) [Adelung]


Feuerbeständig, -er, -ste, adj. et adv. in der Chymie, der Wirkung des Feuers widerstehend, im Gegensatze flüchtiger Körper, welche sich im Feuer in Dämpfe auflösen; freylich alle Mahl in Vergleichung mit andern Substanzen, die es weniger sind. Das Gold ist das feuerbeständigste Metall, das Quecksilber das flüchtigste. Daher die Feuerbeständigkeit, plur. inus. die Eigenschaft, nach welcher ein Körper feuerbeständig ist. S. auch Feuerfest.


Feuerblase (W3) [Adelung]


Die Feuerblase, plur. die -n, eine Blase, welche entstehet, wenn man sich am Feuer verbrannt hat; eine Brandblase.


Feuerblatter (W3) [Adelung]


Die Feuerblatter, plur. die -n, Blattern an den obern Theilen des menschlichen Körpers, welche von verschiedener Farbe sind, inwendig einen Schleim enthalten, um sich her aber eine heftige Entzündung haben, und sehr schmerzen. Sie brechen gemeiniglich zur Nachtzeit aus, daher sie auch Epinyctides heißen, gleichsam Nachtblattern.


Feuerbock (W3) [Adelung]


Der Feuerbock, des -es, plur. die -böcke, ein eiserner Bock auf den Herden und in den Ofen, das Holz darauf zu legen, damit es locker liege; ein Brandbock, eine Brandruthe.


Feuerbohne (W3) [Adelung]


Die Feuerbohne, plur. die -n, eine Art Gartenbohnen mit feuerrother Blüthe und großer bunter Frucht.


Feuerbrand (W3) [Adelung]


Der Feuerbrand, des -es, plur. die -brände. 1) Ein noch brennender Brand, im Gegensatze des Löschbrandes, an welchem das Feuer ausgelöschet ist; S. 1 Brand 2. 2) In einigen Gegenden, besonders Oberdeutschlandes, eine Feuersbrunst. Der Feuerbrand im Walde.


Feuerbutzen (W3) [Adelung]


Der Feuerbutzen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Feuerwerkskunst, kleine aus Salpeter, Pulver, Kampfer u. s. f. verfertigte Kugeln, in der Größe der Erbsen, mit welchen die Lustkugeln und Raketen versetzet werden. S. Butzen.


Feuer-Casse (W3) [Adelung]


Die Feuer-Casse, plur. die -n, eine Casse, aus welcher die durch Feuersbrünste verursachten Schäden wieder ersetzet werden. S. Brand-Casse.


Feuerdienst (W3) [Adelung]


Der Feuerdienst, des -es, plur. car. die gottesdienstliche Verehrung des Feuers. Der Feuerdienst der alten Perser.


Feuerdrache (W3) [Adelung]


Der Feuerdrache, des -n, plur. die -n, im gemeinen Leben, eine Benennung des fliegenden Drachen, d. i. gewisser Dünste, welche sich in der Luft entzünden, und einen langen Schweif hinter sich herziehen. S. 3 Drache 2.


Feuerdreyeck (W3) [Adelung]


Das Feuerdreyeck, des -es, plur. inus. bey einigen Schriftstellern der Astronomie, dasjenige Dreyeck, welches der Widder, der Löwe und der Schütze am Himmel mit einander machen.


Feuerecke (W3) [Adelung]


Die Feuerecke, plur. die -n, in einigen, besonders Niedersächs. Gegenden, diejenige Schärfe, welche die neuen schneidenden Werkzeuge, z. B. eine Axt, ein Messer u. s. f. haben, und welche erst abgeschliffen werden muß; vermuthlich weil sie solche gleichsam aus dem Feuer mitbringen.


Feuereifer (W3) [Adelung]


Der Feuereifer, des -s, plur. car. in Luthers Deutscher Bibel, ein brennender, verzehrender Eifer, d. i. Zorn. Das schreckliche Warten des Feuereifers, der die Widerwärtigen verzehren wird, Ebr. 10, 27.


Feuereimer (W3) [Adelung]


Der Feuereimer, des -s, plur. ut nom. sing. lederne Eimer, das Feuer in Feuersbrünsten damit zu löschen; Nieders. Noodammer, Notheimer.


Feuereisen (W3) [Adelung]


Das Feuereisen, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, ein Feuerstahl.


Feuereisenamt (W3) [Adelung]


Das Feuereisenamt, des -es, plur. die -ämter, ein ehemahliges Erbamt des Kaisers und des Reiches, welches auch das Fueramt, genannt wurde, S. Feuerherr.


Feueresse (W3) [Adelung]


Die Feueresse, plur. die -n. 1) An einigen Orten, eine Feuermauer, ein Schorstein. 2) Die Esse oder der Herd, wo die Schmiede und andere Metallarbeiter ihr Metall glühen und schmelzen. S. Esse. Da dieses einfache Wort schon einen für das Feuer bestimmten Platz bedeutet, so scheinet Feuer in dieser Zusammensetzung unnöthig zu seyn.


Feuerfach (W3) [Adelung]


Das Feuerfach, des -es, plur. die -fächer, auf dem Lande, besonders in Niedersachsen, das Fach, oder die Abtheilung eines Bauerhauses, in welchem sich der Feuerherd befindet.


Feuerfächer (W3) [Adelung]


Der Feuerfächer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug, das Feuer damit anzufachen, zum Unterschiede von dem Sonnenfächer. S. Fächer.


Feuerfarbe (W3) [Adelung]


Die Feuerfarbe, plur. inus. eine aus dem Gelben und Hellrothen zusammen gesetzte Farbe, welche die Farbe der Feuerflammen nachahmet.


Feuerfarben (W3) [Adelung]


Feuerfarben, oder Feuerfarbig>, adj. et adv. die Feuerfarbe habend, den Feuerflammen an Farbe gleich.


Feuerfaß (W3) [Adelung]


Das Feuerfaß, des -sses, plur. die -fässer, ein Faß, das in Feuersbrünsten nöthige Wasser in demselben herbey zu führen; die Feuertonne, Feuerkufe, das Sturmfaß.


Feuerfest (W3) [Adelung]


Feuerfest, -er, -este, adj. et adv. vermögend, der Kraft des Feuers zu widerstehen, ohne eine merkliche Veränderung zu bekommen. Ein feuerfestes Gewölbe. Das Haus ist feuerfest. Feuerfeste Schmelztiegel. In weiterer Bedeutung zuweilen auch für feuerbeständig, von solchen Körpern, welche von der Gewalt des Feuers nicht in die Höhe getrieben werden. Daher die Feuerfestigkeit, plur. inus. die Eigenschaft, nach welcher eine Sache feuerfest ist.


Feuerflamme (W3) [Adelung]


Die Feuerflamme, plur. die -n. 1) Die Flamme des Feuers, S. Flamme. 2) Eine im gemeinen Leben Ober- und Niedersachsens übliche Benennung der Adonisblume, Adonis L. welche auch Feuerröschen oder Feuerröslein genannt wird, weil die gewöhnlichste Art derselben eine brennende Feuerfarbe hat. Siehe Adonisblume.


Feuerflasche (W3) [Adelung]


Die Feuerflasche, plur. die -n, im Kriegswesen, eine dünne gläserne mit Pulver gefüllte Bouteille, welche angezündet und unter die Feinde, besonders auf feindliche Schiffe geworfen wird.


Feuerfolge (W3) [Adelung]


Die Feuerfolge, plur. inus. die Verbindlichkeit der Einwohner eines Ortes, nach gehörtem Sturmschlage zur Löschung einer Feuersbrunst herbey zu eilen.


Feuerfuchs (W3) [Adelung]


Der Feuerfuchs, des -es, plur. die -füchse, ein Fuchs, d. i. röthliches Pferd, dessen Haare in die Feuerfarbe fallen.


Feuerfunke (W3) [Adelung]


Der Feuerfunke, des -ns, plur. die -n, Funken, d. i. einzelne, glühende Theilchen, welche ein brennender Körper von sich wirft; dergleichen die Funken sind, welche der Stahl aus dem Feuersteine heraus locket.


Feuergatter (W3) [Adelung]


Das Feuergatter, des -s, plur. ut nom. sing. ein niedriges nach einem rechten Winkel zusammen gesetztes Gatter, welches man bey töpfernen Ofen in den Winkel setzet, damit die Kacheln mit dem Holze nicht zerstoßen werden.


Feuergeld (W3) [Adelung]


Das Feuergeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, S. Herdgeld.


Feuergeräth (W3) [Adelung]


Das Feuergeräth, des -es, plur. die -e, oder als ein Collectivum, plur. inus. alles Geräth, welches zu Löschung einer Feuersbrunst nöthig ist.


Feuergeschrey (W3) [Adelung]


Das Feuergeschrey, des -es, plur. inus. das Geschrey, womit der große Haufe eine entstandene Feuersbrunst verkündiget.


Feuergewehr (W3) [Adelung]


Das Feuergewehr, des -es, plur. die -e, ein Gewehr, mit welchem man vermittelst des Feuers angreifet, oder sich vertheidiget, dergleichen Flinten, Pistolen, Büchsen u. s. f. sind. Oder als ein Collectivum, ohne Plural, mehrere Gewehre dieser Art zusammen genommen.


Feuergieke (W3) [Adelung]


Die Feuergieke, plur. die -n, das Gehäuse um einen Feuertopf, mit welchem das andere Geschlecht im Winter die Füße zu wärmen pfleget; im Nieders. Füerkike, im Oberdeutschen und auch in Obersachsen ein Feuerstübchen, eine Feuersorge. Siehe Gieke.


Feuerglocke (W3) [Adelung]


Die Feuerglocke, plur. die -n, diejenige Glocke, womit eine entstandene Feuersbrunst verkündiget wird; die Sturmglocke, Brandglocke.


Feuergott (W3) [Adelung]


Der Feuergott, des -es, plur. inus. der Gott des Feuers, wofür bey den Griechen und Römern Vulcan gehalten wurde.


Feuerhaken (W3) [Adelung]


Der Feuerhaken, des -s, plur. ut nom. sing. ein starker Haken mit einer Spitze und langen Stange, brennende Gebäude damit einzureißen oder über den Haufen zu stoßen; der Sturmhaken.


Feuerherd (W3) [Adelung]


Der Feuerherd, des -es, plur. die -e, ein ebener von Steinen verfertigter Platz, Feuer darauf zu machen und zu unterhalten, welcher auch nur schlechthin ein Herd genannt wird. Besonders ein solcher Herd in einer Küche.


Feuerhemd (W3) [Adelung]


Das Feuerhemd, des -es, plur. die -en, S. Brandhemd.


Feuerherr (W3) [Adelung]


Der Feuerherr, des -en, plur. die -en. 1) An einigen Orten, obrigkeitliche Personen, welche bey der Löschung einer Feuersbrunst die Aufsicht führen; Brandherren. 2) Im Deutschen Reiche war der Erbfeuerherr ehedem ein Erbbeamter des Kaisers und des Reiches, welcher an dem jedesmahligen kaiserlichen Hoflager die Aufsicht über das Feuer und das Licht hatte. Die Herren von Plesse haben dieses Amt zuletzt verwaltet. Ihr Amt wurde das Erbfeueramt oder Erbfeuereisenamt genannt.


Feuerhimmel (W3) [Adelung]


Der Feuerhimmel, des -s, plur. inus. in der Kosmologie einiger älterer Schriftsteller, ein mit dem elementarischen Feuer angefüllter Himmel, welcher sich über dem Lufthimmel befinden sollte; Coelum empyraeum.


Feuerholz (W3) [Adelung]


Das Feuerholz, des -es, plur. car. Holz, welches zu weiter nichts als zum Verbrennen und zum Verkohlen tauget, oder welches zum Verbrennen in den Küchen bestimmt ist, Brennholz, zum Unterschiede von dem Bau- und Nutzholze.


Feuerhund (W3) [Adelung]


Der Feuerhund, des -es, plur. die -e, ein abgerichteter Hund, welcher kein Feuer scheuet, Schwärmer in das Maul nimmt, u. s. f.


Feuerhüther (W3) [Adelung]


Der Feuerhüther, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, ein Hüther oder Wächter, welcher auf das zur Erweichung der Erze in den Gruben gemachte Feuer Acht hat. S. Feuerwächter.


Feuerig (W3) [Adelung]


Feuerig, S. Feurig.


Feuerkäfer (W3) [Adelung]


Der Feuerkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Feuerschröter.


Feuerkatze (W3) [Adelung]


Die Feuerkatze, plur. die -n, ein ehedem gebräuchliches Kammerstück, große steinerne Kugeln daraus zu schießen, welches auch ein Schrotstück oder Steinstück genannt wurde.


Feuerkeule (W3) [Adelung]


Die Feuerkeule, plur. die -n, in der Lustfeuerwerkerey, eine hölzerne Keule, deren hohler Kopf mit Brandsatze angefüllet, von außen aber mit Raketen besetzet wird.


Feuerkiste (W3) [Adelung]


Die Feuerkiste, plur. die -n, eine Kiste, welche mit Kugeln, Eisen u. s. f. angefüllet, und auf den Schiffen anstatt einer Mine gebraucht wird, wenn der Feind an Bord kommen will; eine Springkiste.


Feuerkluft (W3) [Adelung]


Die Feuerkluft, plur. die -klüfte, an einigen Orten, eine Feuerzange, besonders so fern sie anstatt des Gewindes ein federhartes Eisen hat.


Feuerknauel (W3) [Adelung]


Der Feuerknauel, des -s, plur. die -knäuel, in der Kriegskunst, Knäuel von Werk, Pech, Harz, Schwefel u. s. f. dunkele Gegenden bey Belagerungen damit zu erleuchten. Siehe Feuerkugel.


Feuerknecht (W3) [Adelung]


Der Feuerknecht, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, besondere Knechte, welche bey Feuersbrünsten die zum Löschen nöthigen Arbeiten verrichten müssen.


Feuerkrankheit (W3) [Adelung]


Die Feuerkrankheit, plur. inus. S. Feuer 2. 3)


Feuerkröte (W3) [Adelung]


Die Feuerkröte, plur. die -n. 1) Eine Wasserkröte, welche einen dunkelbraunen oder rußfarbenen Rücken, bleichgelben Bauch, und feuerrothe Flecken hat. Ihr Geschrey gleicht dem Laute eines geblasenen Hornes. 2) Nach andern auch eine große giftige Kröte, welche sich nur im Innern der Erde aufhält und beym Graben zuweilen gefunden wird.


Feuerkrug (W3) [Adelung]


Der Feuerkrug, des -es, plur. die -krüge, S. Feuertopf.


Feuerkufe (W3) [Adelung]


Die Feuerkufe, plur. die -n, S. Feuerfaß.


Feuerkugel (W3) [Adelung]


Die Feuerkugel, plur. die -n. 1) In der Artillerie, eine jede Kugel, welche angezündet werden und brennen kann, und auch Feuerballen, und, wenn sie kleiner ist, Feuerknauel genannt wird. Dahin gehören die Dampfkugeln, Leuchtkugeln, stinkende Kugeln u. s. f. Sollen sie zünden, so heißen sie gemeiniglich Brandkugeln. 2) Öhlige und harzige Dünste, welche sich in der höchsten Luft in einen schleimigen Klumpen sammeln, sich durch ihre innere Bewegung entzünden, und alsdann in Gestalt einer leuchtenden Kugel niederfallen. Die kleinen Feuerkugeln dieser Art sind unter dem Nahmen der Sternschnuppen bekannt. S. dieses Wort.


Feuerkunst (W3) [Adelung]


Die Feuerkunst, plur. inus. die Kunst, das Feuer geschickt zu regieren, besonders in der Chymie; die Pyrotechnie.


Feuerlanze (W3) [Adelung]


Die Feuerlanze, plur. die -n. 1) Eine Lanze oder Spieß in Ernstfeuern, an welcher sich ein mit Schlägen und bleyernen Kugeln gefüllter Sack befindet; der Feuerspieß, Sturmspieß, weil man sich desselben ehedem im Sturmlaufen bedienete. Kleinere Feuerlanzen heißen Feuerpfeile. 2) Bey den Lustfeuern, aus gepapptem Papiere nach Art der Raketenhülsen verfertigte Lanzen, das Gerüst eines Feuerwerkes damit zu beleuchten.


Feuerlärm (W3) [Adelung]


Der Feuerlärm, des -es, plur. inus. der Lärm, wodurch eine ausgebrochene Feuersbrunst verkündiget wird. Es entstehet ein Feuerlärm. Feuerlärm schlagen, bey den Soldaten, eine Feuersbrunst durch den Trommelschlag verkündigen.


Feuerläufer (W3) [Adelung]


Der Feuerläufer, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten auf dem Lande, bestimmte Personen, welche eine entstandene Feuersbrunst in den nächsten Dörfern melden, und die Einwohner zum Löschen herbey holen.


Feuerleiter (W3) [Adelung]


Die Feuerleiter, plur. die -n, lange Leitern, deren man sich in Feuersbrünsten und Feuersgefahren bedienet.


Feuerlilie (W3) [Adelung]


Die Feuerlilie, plur. die -n, eine Art Lilien, deren Blätter ohne Ordnung stehen, und eine brennende Feuerfarbe haben; Lilium bulbiferum L.


Feuermahl (W3) [Adelung]


Das Feuermahl, des -es, plur. die -mähler, oder die Feuermahle. 1) Ein durch das Feuer, oder durch Brennen verursachtes Mahl oder Zeichen; ein Brandmahl. 2) Ein braunrother Fleck, welchen Kinder an verschiedenen Theilen des Leibes zuweilen mit auf die Welt bringen, und welcher entstehet, wenn ihre Mütter während der Schwangerschaft vor dem Feuer erschrecken; ein Feuerzeichen.


Feuermännchen (W3) [Adelung]


Das Feuermännchen, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten ein Nahme eines Irrwisches.


Feuermaschine (W3) [Adelung]


Die Feuermaschine, plur. die -n, eine Maschine, welche ihre Bewegung durch die Kraft des vermittelst des Feuers in Dünste aufgelöseten Wassers erhält; die Dampfmaschine.


Feuermaterie (W3) [Adelung]


Die Feuermaterie, plur. inus. das Feuer, als eine Materie betrachtet; ingleichen die Materie, d. i. das Wesen, die Bestandtheile des Feuers.


Feuermauer (W3) [Adelung]


Die Feuermauer, plur. die -n, derjenige gewöhnlich aus Mauerwerk bestehende Theil eines Gebäudes, welcher den Rauch ausführet, besonders derjenige Theil desselben, welcher über dem Dache hervor raget; in den gemeinen Mundarten der Kamin, der Schorstein, der Schlot, der Rauchfang, im Fries. Holl, Reekholl, d. i. Rauchloch, von Holl, ein Loch. An einigen Orten wird auch wohl die Brandmauer eine Feuermauer genannt, S. dieses Wort.


Feuermauerkehrer (W3) [Adelung]


Der Feuermauerkehrer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerker, der das Kehren oder Reinigen der Feuermauern verstehet und besorgt; in den gemeinen Mundarten ein Essenkehrer, Schorsteinfeger, Kaminfeger, Schlotfeger, in Baiern Kidlkehrer, Kimmichfeger oder Kemmetfeger. S. Kaminfeger.


Feuermörser (W3) [Adelung]


Der Feuermörser, des -s, plur. ut nom. sing. ein grobes Geschütz in Gestalt eines Mörsers, Bomben, Granaten und andere Feuerkugeln daraus zu werfen, welches auch nur schlechthin ein Mörser genannt wird.


Feuern (W3) [Adelung]


Feuern, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist. I. Als ein Activum, Feuer machen, Feuer geben, doch nur in einigen Fällen. 1) Einem Schießgewehre Feuer geben, es los brennen. Die Soldaten feuern in jeder Minute zehen Mahl. Mit dem Handgewehre auf den Feind feuern. S. auch Abfeuern. 2) Feuer machen, Feuer unterhalten, in der Sprache des täglichen Umganges. In dieser Küche feuert man selten, In diesem Ofen wird täglich gefeuert. Im gemeinen Leben ist auch einfeuern, für stark einheitzen, heftig heitzen, üblich. 3) Brennen, d. i. sich als eines Nahrungsmittels des Feuers bedienen. Hier feuert man hartes Holz. In Holland wird Torf, oder mit Torf gefeuert. 4) Den Wein feuern, in einigen Gegenden, ihn durch Anzündung eines in zerlassenen Schwefel getauchten Läppchen feurig machen, ihn schwefeln. Daher die Feuerung. S. hernach besonders. II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Feuer von sich geben. Der Stahl, der Feuerstein feuert vortrefflich. 2) Wie Feuer glühen. Ime viureten thie ougen, in dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter. 3) Wie Feuer brennen. Das Gesicht feuert mir. Die geschlagene Stelle feuerte mir außerordentlich. Ingleichen im edlern Verstande. Wie feuerte dieß Herz, wie schlug es einst für dich! Weiße.


Feuernapf (W3) [Adelung]


Der Feuernapf, des -es, plur. die -näpfe, eine Art eines Lustfeuers, wo viele ungewürgte Bränder neben einander geleget werden, eine Art einer Fontäne vorzustellen; Franz. Nape de feu.


Feuerofen (W3) [Adelung]


Der Feuerofen, des -s, plur. die -öfen, ein mit starkem Feuer geheitzter Ofen; ein Wort, welches außer Ps. 21, 10, und Matth. 13, 42, wenig gebraucht wird, in welcher letztern Stelle es die Hölle bezeichnet.


Feuerordnung (W3) [Adelung]


Die Feuerordnung, plur. die -en, eine obrigkeitliche Verordnung, wie Feuersbrünste zu verhüthen, oder geschwinde zu löschen sind; ingleichen die deßhalb getroffenen Anstalten.


Feuerpfanne (W3) [Adelung]


Die Feuerpfanne, plur. die -n. 1) Eine Pfanne, Feuer und besonders Kohlen, darein zu thun; eine Kohlenpfanne, Gluthpfanne. 2) In der Artillerie, ein Gefäß, worin man Pechkränze thut, dunkle Plätze zu erleuchten.


Feuerpfeil (W3) [Adelung]


Der Feuerpfeil, des -es, plur. die -e, mit Ernstfeuer versehene Pfeile; welche aus Stücken und Handgewehren geschossen werden, Häuser und Schiffe in Brand zu stecken. Siehe auch Brandpfeil.


Feuerpfeiler (W3) [Adelung]


Der Feuerpfeiler, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur Offenb. 10, 1. befindliches Wort, feurige Säulen zu bezeichnen.


Feuerprobe (W3) [Adelung]


Die Feuerprobe, plur. die -n, eine jede Probe, wo die Güte einer Sache vermittelst des Feuers untersucht wird. Ehedem war in den Gerichten die Feuerprobe, oder das Feuerurtheil, ein abergläubiges Mittel die Wahrheit heraus zu bringen, wo der Beklagte ein glühendes Eisen berühren, oder es auch eine gewisse Weite tragen mußte; Judicium candentis ferri.


Feuer-Pyramide (W3) [Adelung]


Die Feuer-Pyramide, plur. die -n, eine Art des Lustfeuers, wo die Bränder über einander auf ein pyramidenförmiges Gerüst geleget werden.


Feuerrad (W3) [Adelung]


Das Feuerrad, des -es, plur. die -räder. 1) Ein ehemahliges stählernes Rad an den Büchsen- und Pistolenschlössern den Hahn zu spannen und Feuer zu geben, welches aber nicht mehr üblich ist. 2) In den Feuerwerken, ein Rad, welches von den an dem Umkreise befindlichen Raketen herum getrieben wird und Feuer speyet.


Feuerregen (W3) [Adelung]


Der Feuerregen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) In den Ernstfeuerwerken, eine Menge kleiner hölzerner mit geschmelztem Zeuge gefüllter Kugeln, welche aus Mörsern geworfen werden, Häuser und andere Gebäude damit anzuzünden, und welche im Niederfallen einen feurigen Regen vorstellen. 2) In den Lustfeuerwerken, eine Ausladung der großen Lustkugeln, oder einer Anzahl Raketen, welche ein Funkenfeuer von sich geben. Nach Beschaffenheit der Farben hat man den weißen Feuerregen, oder den Silberregen, den Goldregen u. s. f. 3) Auch in der Natur will man zuweilen Feuerregen gesehen haben, wenn die Regentropfen durch gewisse Umstände einen dem Feuer nicht unähnlichen Glanz haben.


Feuerrohr (W3) [Adelung]


Das Feuerrohr, des -es, plur. die -e. 1) Ein jedes Schießgewehr, aus welchem vermittelst des Pulvers und Feuers geschossen wird; welche Bedeutung aber wenig mehr vorkommt. 2) In engerer Bedeutung, eine Büchse mit einem Feuerschlosse, welche nach ihrer Bestimmung ein Scheibenrohr, ein Bürschrohr u. s. f. ist.


Feuerröhre (W3) [Adelung]


Die Feuerröhre, plur. die -n, in den Lustfeuern, eine Röhre oder hölzerner Cylinder, der mit Feuerzeug und Raketen versetzt ist.


Feuerroth (W3) [Adelung]


Feuerroth, adj. et adv. roth wie brennendes Feuer. Feuerroth im Gesichte werden. Feuerrothe Haare.


Feuersack (W3) [Adelung]


Der Feuersack, des -es, plur. die -säcke, wie ein Sack zusammen gelegte grobe Leinwand an einer langen Leine, welche man an einigen Orten durch eine brennende Feuermauer zieht, sie damit zu löschen.


Feuersäule (W3) [Adelung]


Die Feuersäule, plur. die -n. 1) In der Jüdischen Geschichte, ein Feuer, welches die Gestalt einer hohen Säule gehabt haben soll, und die Israeliten auf ihrem Zuge durch die Wüste zur Nachtzeit leitete. Herr Hofr. Michaelis übersetzt dieses Wort richtiger durch einen beständigen Glanz. Siehe Wolkensäule. 2) Einige wollten auch die Pyramiden Feuersäulen nennen, wegen einiger Ähnlichkeit mit einer Feuerflamme; wofür aber andere mit mehrerm Erfolge das Wort Spitzsäule eingeführet haben.


Feuersbrunst (W3) [Adelung]


Die Feuersbrunst, plur. die -brünste, ein großes Feuer, so fern dasselbe Gebäude, Wälder u. s. f. verzehret. Es bricht eine Feuersbrunst aus. Es ist eine heftige Feuersbrunst entstanden. Das Wort Feuer dienet in dieser Zusammensetzung zum Unterschiede von den figürlichen Bedeutungen des Wortes Brunst; welches noch im Oberdeutschen sehr häufig für das zusammen gesetzte Feuersbrunst üblich ist.


Feuerschaden (W3) [Adelung]


Der Feuerschaden, des -s, plur. die -schäden, der durch das Feuer, besonders durch eine Feuersbrunst, verursachte Schaden; der Brandschaden.


Feuerschau (W3) [Adelung]


Die Feuerschau, plur. inus. die öffentliche Besichtigung der Gebäude, so fern eine Feuersbrunst bey denselben zu besorgen ist.


Feuerschaufel (W3) [Adelung]


Die Feuerschaufel, plur. die -n, eine Schaufel, glühende Kohlen aus dem Feuer zu hohlen; eine Kohlenschaufel.


Feuerschein (W3) [Adelung]


Der Feuerschein, des -es, plur. inus. 1) Der Schein oder Glanz des Feuers. 2) Bey den Wachsziehern bedeutet es die bräunliche Farbe, welche das Wachs alle Mahl nach dem Schmelzen annimmt.


Feuerscheu (W3) [Adelung]


Feuerscheu, -er, -este, adj. et adv. das Feuer scheuend, und in engerer Bedeutung, den Knall der Schießgewehre scheuend. Ein feuerscheues Pferd, welches den Schuß nicht vertragen kann. Auch ein Schütze heißt feuerscheu, wenn er bey dem Losbrennen eines Gewehres die Augen zudrückt, oder mit dem Kopfe zurück fähret.


Feuerschiff (W3) [Adelung]


Das Feuerschiff, des -es, plur. die -e, bey einigen ein Brander, S. dieses Wort.


Feuerschirm (W3) [Adelung]


Der Feuerschirm, des -es, plur. die -e, ein Schirm auf Feuerherden, in Kaminen, und vor den Öfen, die Hitze des Feuers abzuhalten.


Feuerschlange (W3) [Adelung]


Die Feuerschlange, plur. die -n, eine Art giftiger Schlangen von schwarzröthlicher Farbe; die Brandschlange.


Feuerschlippe (W3) [Adelung]


Die Feuerschlippe, plur. die -n, S. Brandgasse.


Feuerschloß (W3) [Adelung]


Das Feuerschloß, des -sses, plur. die -schlösser, überhaupt ein jedes Schloß an einem Feuergewehre, welches aber jetzt am häufigsten ein Flintenschloß genannt wird. In engerm Verstande, eine ehemahlige Art der Schlösser an den Feuerröhren, welche mit einem stählernen Rade gespannet wurden, ein Deutsches Schloß; zum Unterschiede von den Flintenschlössern und Luntenschlössern.


Feuerschröter (W3) [Adelung]


Der Feuerschröter, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art großer Käfer mit einem unbewehrten Kopfe und Brustschilde und zangenförmigen Kinnbacken, dessen Larve in faulendem Eichenholze wohnt. Er wird auch schlechthin Schröter, im gemeinen Leben auch Feuerwurm, Hausbrenner, Berner, Hirschkäfer, Weinschröter, Baumschröter, Hornkäfer, und bey den Schriftstellern des Naturreiches Feuerkäfer genannt; Cervus, L. Franz. Cerf volant, wegen seiner langen zangenförmigen Kinnbacken, welche den Hirschgeweihen gleichen. Siehe Schröter.


Feuerschwamm (W3) [Adelung]


Der Feuerschwamm, des -es, plur. die -schwämme, ein gepolsterter ebener Löcherschwamm, mit sehr zarten Löchern, der auf Birken- und andern Bäumen in Gestalt eines Pferdehufes wächset, und zum Anzünden des Feuers zubereitet wird; Boletus igniarius L. Von diesem zubereiteten Feuerschwamme, der auch nur schlechthin Schwamm genannt wird, ist der Plural ungewöhnlich.


Feuerschwert (W3) [Adelung]


Das Feuerschwert, des -es, plur. die -er, in den Luftfeuerwerken, ein hölzernes hohles Schwert, welches mit Schwärmern, Feuerbutzen, Sternfeuern u. s. f. gefüllet ist.


Feuersegen (W3) [Adelung]


Der Feuersegen, des -s, plur. ut nom. sing. eine abergläubige Formel, mit welcher man eine entstandene Feuersbrunst zu beschwören und zu löschen sucht.


Feuersgefahr (W3) [Adelung]


Die Feuersgefahr, plur. die -en, die Gefahr, d. i. nahe Möglichkeit, einer Feuersbrunst.


Feuersnoth (W3) [Adelung]


Die Feuersnoth, plur. inus. eine ausgebrochene Feuersbrunst, als eine Noth, oder dringendes Übel betrachtet. Wir waren in großer Feuersnoth. Mit den Vorwörtern in und aus ist auch wohl der Plural üblich. Gute Anstalten in Feuersnöthen. S. Noth.


Feuersonne (W3) [Adelung]


Die Feuersonne, plur. die -n, in den Lustfeuerwerken, die Vorstellung einer Sonne, vermittelst der Bränder, Schwärmer u. s. f.


Feuersorge (W3) [Adelung]


Die Feuersorge, plur. die -n, S. Feuergieke und Sorge.


Feuerspanner (W3) [Adelung]


Der Feuerspanner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug, das Rad an den ehemahligen Feuerschlössern zu spannen.


Feuerspeyend (W3) [Adelung]


Feuerspeyend, adject. Feuer aus dem Munde speyend. Ein feuerspeyender Drache. In weiterer Bedeutung, Feuer auswerfend, besonders von Bergen. Ein feuerspeyender Berg. Lavespiantaz, in Boxhorns Glossen.


Feuerspieß (W3) [Adelung]


Der Feuerspieß, des -es, plur. die -e, S. Feuerlanze.


Feuerspritze (W3) [Adelung]


Die Feuerspritze, plur. die -n, eine Spritze, das Feuer in einer entstandenen Feuersbrunst auszulöschen.


Feuerstahl (W3) [Adelung]


Der Feuerstahl, des -es, plur. die -stähle, ein stählernes Werkzeug, Feuer aus den Feuersteinen damit zu locken.


Feuerstätte (W3) [Adelung]


Die Feuerstätte, plur. die -n. 1) Der Platz, wo ein Feuer gebrannt hat; z. B. die Feuerstätte von einem Wachtfeuer. 2) Der Ort, wo gewöhnlich Feuer unterhalten wird. Die Feuerstätten der Marketender im Felde. In weiterer Bedeutung, ein jeder Feuerherd, und dann zuweilen auch figürlich ein Wohnhaus, weil der Feuerherd eines der nothwendigsten Theile desselben ist. Das Dorf bestehet aus hundert Feuerstätten, Wohnhäusern. Eine Anlage nach den Feuerstätten, nach den Wohnhäusern; S. Herdgeld.


Feuerstein (W3) [Adelung]


Der Feuerstein, des -es, plur. die -e, ein Stein, aus welchem man vermittelst des Stahles Feuer schlagen kann, wozu alle glasartige Steine geschickt sind. Im gemeinen Leben bedienet man sich dazu des gemeinen Hornsteines, daher derselbe in engerer Bedeutung unter dem Nahmen des Feuersteines bekannt ist. Angels. Fyrstan, Dän. Fyrsteen. S. Flinte.


Feuerstrafe (W3) [Adelung]


Die Feuerstrafe, plur. die -n, die Verbrennung eines Missethäters, als eine Strafe betrachtet.


Feuerstrahl (W3) [Adelung]


Der Feuerstrahl, des -es, plur. die -en, ein feuriger Strahl, Feuer in Gestalt eines Strahles. S. Blitz, Anm.


Feuerstübchen (W3) [Adelung]


Das Feuerstübchen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Feuergieke.


Feuertaufe (W3) [Adelung]


Die Feuertaufe, plur. inus. in der biblischen Theologie, ein sehr uneigentlicher Ausdruck der Ertheilung der übernatürlichen geistlichen Gaben an die Apostel und ersten Christen; ein Ausdruck, der sich auf Matth. 3, 11 gründet: Ich taufe euch mit Wasser zur Buße, der aber nach mir kommt, - der wird euch mit dem heil. Geist und Feuer taufen.


Feuertheil (W3) [Adelung]


Der Feuertheil, des -es, plur. die -e, noch mehr im Diminut. das Feuertheilchen; des -s, plur. ut nom. sing. die Bestandtheile des Feuers; ingleichen aus Feuer bestehende Theilchen.


Feuerthurm (W3) [Adelung]


Der Feuerthurm, des -es, plur. die -thürme, ein Thurm, auf welchem zum Besten der Seefahrer des Nachts Feuer unterhalten wird; eine Feuerwarte, ein Leuchtthurm, im Nieders. eine Feuerbake, in Hamb. eine Blüse, von Blas, Feuer, rothe Gluth.


Feuertonne (W3) [Adelung]


Die Feuertonne, plur. die -n, S. Feuerfaß.


Feuertopf (W3) [Adelung]


Der Feuertopf, des -es, plur. die -töpfe. 1) Ein Topf, oder einem Topfe ähnliches Gefäß, Kohlen darin aufzubehalten. Besonders ein solcher Topf, dessen sich geringe Weibesleute anstatt der Feuergieken bedienen; Nieders. Murre, Hurkelpott. 2) In der Feuerwerkerkunst, ein Topf mit einer gefüllten Granate, welcher mit Pulver bestreuet wird, und welchen man an diejenigen Örter wirft, die man in Brand stecken will; ein Feuerkrug, Sturmtopf. 3) Bey Lustfeuern, ein Topf, der mit Schwefel, Salpeter und Glas gefüllet, angezündet und geworfen wird.


Feuerung (W3) [Adelung]


Die Feuerung, plur. inus. das Hauptwort von dem Zeitworte feuern, welches doch nur in einigen Fällen üblich ist. 1) Das Feuer, welches man zu einem gewissen Behufe unterhält. Die Weite der Feuermauer muß sich nach der Stärke der Feuerung richten. 2) Das Nahrungsmittel des Herdfeuers. Torf gibt eine schlechte Feuerung. Holz ist die beste Feuerung. Sparsam mit der Feuerung umgehen.


Feuerwächter (W3) [Adelung]


Der Feuerwächter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wächter, welcher zur Nachtzeit die Gassen oder ein Gebäude bewacht, Feuersbrünste zu verhüthen.


Feuerwarte (W3) [Adelung]


Die Feuerwarte, plur. die -n, S. Feuerthurm.


Feuerwerk (W3) [Adelung]


Das Feuerwerk, des -es, plur. die -e. 1) Ein jedes zusammen gesetztes künstliches Feuer von Salpeter, Schwefel und Kohlen, welches wieder in ein Ernstfeuerwerk und Lustfeuerwerk eingetheilet wird. In engerer und der gewöhnlichsten Bedeutung, das letztere, oder die Vorstellung einer oder mehrerer Figuren, welche aus allerhand künstlichen Lustfeuern zusammen gesetzt sind und zur Nachtzeit angezündet werden. Ein Feuerwerk abbrennen. 2) Das zu dem Herd- und Küchenfeuer nöthige Brennholz, Torf, Steinkohlen u. s. f. eine im Hochdeutschen nicht überall gewöhnliche Bedeutung. Der den Leuten Feuerwerk gibt, davon man nimmt, daß man sich dabey wärme, Es. 44, 15. Und werden sieben Jahr lang Feuerwerk damit halten, daß sie nicht dürfen Holz auf dem Feld hohlen, sondern von den Waffen werden sie Feuer halten, Ezech. 39, 9, 10. Daher die Feuerwerksglocke, in einigen Städten, z. B. zu Halle in Sachsen, eine Glocke, vor deren Läutung niemand Holz auf dem Markte kaufen darf.


Feuerwerker (W3) [Adelung]


Der Feuerwerker, des -s, plur. ut nom. sing. der die Feuerwerkskunst verstehet und bey dem groben Geschütze gebraucht wird; der Artillerist.


Feuerwerkerkunst (W3) [Adelung]


Die Feuerwerkerkunst, S. Feuerwerkskunst.


Feuerwerksglocke (W3) [Adelung]


Die Feuerwerksglocke, plur. inus. S. Feuerwerk 2.


Feuerwerkskunst (W3) [Adelung]


Die Feuerwerkskunst, oder Feuerwerkerkunst, plur. inus. die Wissenschaft, allerley Feuerwerke, besonders Feuerwerke zum Ernste zu verfertigen; die Feuerwerkerey, die Geschützkunst, so fern die Behandlung des groben Geschützes der vornehmste Theil derselben ist, die Büchsenmeistereykunst, die Zeugmeistereykunst, die Artillerie.


Feuerwolf (W3) [Adelung]


Der Feuerwolf, des -es, plur. die -wölfe, im gemeinen Leben, ein zuweilen aus dem Backofen hervor brechendes und heraus laufendes Feuer, welches oft einen starken Knall verursacht, viel mit der Erscheinung des Blitzes gemein hat, und auch nur der Wolf schlechthin genannt wird. Der große Haufe glaubt, ein solcher Wolf entstehe, wenn sich unter dem Holze ein Stück befindet, welches von dem Blitze getroffen worden.


Feuerwurm (W3) [Adelung]


Der Feuerwurm, des -es, plur. die -würmer, S. Feuerschröter.


Feuerzange (W3) [Adelung]


Die Feuerzange, plur. die -n, eine eiserne Zange, Kohlen und andere Sachen aus dem Feuer zu hohlen; im Oberd. eine Feuerkluft, Kluft, Angels. Fyrtang.


Feuerzeichen (W3) [Adelung]


Das Feuerzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Siehe Feuermahl. 2) Eine feurige Lufterscheinung, d. i. Ausdünstungen, welche in der Luft erzeugt werden, und sich daselbst entzünden, und unter dem Nahmen der Feuerkugeln, Drachen, Sternschnuppen u. s. f. bekannt sind. Auch die Nordscheine gehören dahin. 3) Ein Zeichen, welches vermittelst eines Feuers gegeben wird; z. B. ein angezündeter Holzhaufen.


Feuerzeit (W3) [Adelung]


Die Feuerzeit, plur. die -en, im Hüttenbaue, die zum Feuern oder Brennen bestimmte Zeit. Eine Schmelzarbeit, die ihre gewisse Feuerzeiten hat.


Feuerzeug (W3) [Adelung]


Das Feuerzeug, des -es, plur. die -e, das zum Feuerschlagen nöthige Geräth, z. B. Stahl, Stein, Zunder oder Schwamm, nebst dem Behältnisse desselben.


Feurig (W3) [Adelung]


Feurig, -er, -ste, adj. et adv. 1. Eigentlich. 1) Feuer habend, voll Feuer, doch nur in einigen wenigen Fällen. Feurige Kohlen, glühende. Ein feuriger Ofen, ein brennender, 3. Macc. 6, 5. Der Himmel war ganz feurig. Ein feuriges Luftzeichen. Noch mehr, 2) dem Feuer ähnlich, besonders dem Glanze nach, für das ungewöhnliche feuricht. Ein feuriger Glanz. Feurige Augen haben, helle, durchdringende. Eine feurige Schlange, wegen der röthlichen Gestalt. Siehe Feuerschlange. Feurige Rosse und Wagen, 2 Kön. 2, 11. Der feurige Drache, S. Feuerdrache. Er sahe ganz feurig aus, roth. 2. Figürlich. 1) Ein feuriger Wein, welcher viel Feuer hat. 2) In einem hohen Grade lebhaft, mit der lebhaftesten Empfindung, Leidenschaft, verbunden. Schon wollte ich ihnen den feurigsten Dank abstatten. Ein feuriger Eifer. Eine feurige Liebe. Ein feuriger Liebhaber. Ein feuriger Mann, der viele Lebhaftigkeit besitzet. Ein feuriger Blick, der eine lebhafte Empfindung verräth. Ein feuriger Kuß. Feurige Entzückungen der Seele. Die feurigste Zärtlichkeit spricht aus ihm. Ein feuriger Scherz, der im hohen Grade lebhaft ist. Ein feuriges Gedicht, das voll lebhafter Bilder und Empfindungen ist. Eine feurige Einbildungskraft, die viele Begriffe mit einem hohen Grade der Stärke und der Geschwindigkeit erwecket.

Anm. Bey dem Notker fiurin, Dän. fyrig, Engl. fiery Ein feurer Glanz, Theuerd.


Feye (W3) [Adelung]


Die Feye, S. Fee.


Feyer (W3) [Adelung]


Die Feyer, plur. inus. 1) Die Ruhe von den gewöhnlichen Arbeiten, auch im figürlichen Verstande. Im siebenten Jahre soll das Land seine große Feyer dem Herren feyren, darin du dein Feld nicht besäen sollt, 2 Mos. 25, 3. Die Feyer des Landes sollt ihr darum halten, u. s. f. v. 6. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen selten. Im Oberdeutschen aber sagt man noch die Feyer der Gerichte, die Ferien, Vacanzen. 2) Die Handlung des Feyerns, die Begehung eines merkwürdigen Tages durch Ruche von der Arbeit, und durch gottesdienstliche Übungen. Über die Feyer der Sonn- und Festtage halten. Ingleichen durch Lustbarkeiten. Die Feyer des Friedensfestes, eines Geburtstages. In der höhern Schreibart auch festlicher Schmuck. Gethürmte Städte schmücken ihr lustig Haupt und kleiden sich in Feyer, Denis. 3) * Ein Fest, ein Feyertag, einen im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Und sie hielten mit Freuden acht Tage Feyer wie ein Fest der Lauberhütten, 2 Macc. 10, 6.

Anm. Im Nieders. Fire, bey dem Ottfried Fira, so wohl von der Ruhe von öffentlichen Geschäften, als auch von einem Feyertage. Dieses Wort kommt mit dem Lat. Feriae sehr genau überein, und alle Sprachforscher leiten es auch vom demselben ab. Allein, da dasselbe, noch mehr aber das Zeitwort feyern, in allen Deutschen Mundarten von so langen Zeiten und selbst unter dem gemeinsten Volke üblich gewesen, so ist es nicht glaublich, daß solches, wenigstens in der Bedeutung der Ruhe, zunächst aus dem Latein. entlehnet worden. Es stammet vielmehr mit demselben aus einer gemeinschaftlichen ältern Quelle her. Fiara bedeutet bey dem Ottfried sehr oft einen stillen, einsamen, ruhigen Ort, und fiar, als ein Beywort, ruhig, still, einsam; fiar naht, die stille Nacht. Wenn man die Sylbe er als eine Ableitungssylbe betrachtet, welches sie denn ohne Zweifel ist, so bleibt zur Aufsuchung des Stammes fey, fie, übrig, welches vielleicht eben dasselbe ist, welches in dem alten Nordischen fegur, schön, glänzend, feia, Nordengl. fey, fegen, rein, glänzend machen, zum Grunde lieget, oder auch zum Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ruhen, gehöret. In dem ersten Falle siehet man zugleich, warum das - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - aus diesem Worte nicht so willkürlich zu verstoßen ist, weil es aus dem harten Hauchlaute entstanden, welchen die meisten übrigen Mundarten in diesem Worte haben. S. Feyern.


Feyerabend (W3) [Adelung]


Der Feyerabend, des -s, plur. die -e. 1) Das Ende oder der Beschluß der täglichen Arbeit, eigentlich so fern derselbe am Abend zu einer bestimmten Stunde gemacht wird. Feyerabend machen. In weiterer Bedeutung, auch ein jeder Beschluß der gewöhnlichen täglichen Arbeit, man mache ihn zu welcher Zeit, des Tages man wolle. Die Zimmerleute haben schon um drey Uhr Feyerabend gemacht. Den Arbeitsleuten Feyerabend geben. Feyerabend bekommen. Figürlich, doch nur im gemeinen Leben, die Bedeutung eines Geschäftes. Viel Hände machen bald Feyerabend, bringen eine Arbeit bald zu Ende. Gott macht mit dem Menschen bald Feyerabend, fordert ihn geschwinde von dieser Welt ab. 2) Bey den Zimmerleuten, ein Stück Holz, welchen sie zum Feyerabend von des Bauherren Holze mitzunehmen sich für berechtigt halten. Den Feuerabend mitnehmen. 3) Ehedem bedeutete dieses Wort auch den heiligen Abend, den Abend vor einem Feyertage.


Feyerabendsarbeit (W3) [Adelung]


Die Feyerabendsarbeit, plur. die -en, eine jede Arbeit, welche von den Handwerkern, Tagelöhnern u. s. f. zur Zeit des Feyerabendes gemacht wird. Insonderheit bey den Schneidern, die Arbeit, welche die Gesellen vierzehen Tage vor jedem hohen Feste auch in den Feyerabenden verrichten müssen, und da sie in dieser Zeit auch einen Gesellen mehr halten dürfen, so wird derselbe gleichfalls der Feuerabendsgesell genannt.


Feyerbursch (W3) [Adelung]


Der Feyerbursch, des -en, plur. die -e, bey den Bäckern, Bursche, d. i. Gesellen, welche ohne Arbeit auf der Herberge liegen. S. Feyergesell.


Feyereiche (W3) [Adelung]


Die Feyereiche, plur. die -n, besonders in Niedersachsen, eine Art Eichen, welche ein längliches, schmales und kleines Blatt, und ein weißere und fetteres Holz haben, deren Eicheln, welche Feyereicheln genannt werden, später reif werden als die gewöhnlichen; von dem Niedersächs. firen, feyern, schonen, sparen, vermuthlich, weil sie bis zum Ende der Mastzeit gleichsam aufgesparet werden.


Feyergeld (W3) [Adelung]


Das Feyergeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er. 1) Dasjenige Geld, welches ehedem die Jungmeister eines Handwerkes von demselben bekamen, weil sie in Handwerksangelegenheiten oft ihre Arbeit versäumen und feyern mußten., 2) Bey andern Handwerkern, das Geld, welches ein Meister für diejenigen Gesellen erleget, welche er über die gesetzte Zahl annimmt; weil diese Annahme mehrerer Gesellen gemeiniglich vor den großen Feyertagen geschiehet.


Feyergesell (W3) [Adelung]


Der Feyergesell, des -en, plur. die -en, bey den Handwerkern, ein Gesell, welcher bey keinem Meister in Arbeit siehet, sondern auf der Herberge feyert.


Feyerglocke (W3) [Adelung]


Die Feyerglocke, plur. inus. an einigen Orten auf dem Lande, diejenige Glocke, mit welcher das Zeichen des gewöhnlichen Feyerabendes gegeben wird, und dieses Zeichen selbst.


Feyerjahr (W3) [Adelung]


Das Feyerjahr, des -es, plur. die -e, bey den ehemahligen Juden, jedes siebente Jahr, in welchem das Land feyern oder ruhen mußte, und nicht gebauet werden durfte; das Ruhejahr, 3 Mos. 25.


Feyerkleid (W3) [Adelung]


Das Feyerkleid, des -es, plur. die -er, ein in dem gemeinen Sprachgebrauche veraltetes Wort, ein feyerliches, d. i. festtägliches Kleid zu bezeichnen, welches noch oft in der Deutschen Bibel vorkommt. Die Dichtkunst erhält es noch zuweilen im Andenken. Es führet dort der Frühling und die Freude Der Floren Zug in buntem Feyerkleide, Haged.


Feyerlich (W3) [Adelung]


Feyerlich, -er, -ste, adj. et adv. der Feyer eines merkwürdigen Tages gemäß, ähnlich, und selbige an den Tag legend. Einen Tag sehr feyerlich begehen. Figürlich, 1) in Ansehung der Ruhe, der Stille. Eine feyerliche Stille. Feyerlich zittert im stummen Gehölz ein heiliges Schrecken, Zach. 2) In Ansehung des Schmuckes, des Putzes, feyerlich geschmückt. Im feyerlichen Putze. Schön, schön ist die ganze Gegend in des Herbstes feyerlichstem Schmucke, Geßn. 3) In Ansehung der Umstände, mit außerwesentlichen Umständen begleitet, welche geschickt sind, eine wichtige Sache im Andenken zu erhalten. Eine feyerliche Handlung. Der Friede wurde sehr feyerlich bekannt gemacht. Ein feyerlicher Vergleich. ich habe es mir feyerlich ausbedungen, mit den nachdrücklichsten Worten. Ein feyerliches Versprechen. Er that die feyerlichsten Wünsche für ihre Glückseligkeit. Zuweilen auch im nachtheiligen Verstande. Er gab sich alle Mühe in der feyerlichen Kälte einer Standesperson davon zu sprechen, Less. Die feyerliche Schöne, die so mit ihrer Tugend rauscht, Wiel. Eine feyerliche Schreibart, die mit unnöthigem Gepränge überladen ist.

4) In Ansehung der Wichtigkeit, wichtig. Wofern es möglich wäre, daß in dieser feyerlichen Minute Unwahrheit die Lippen eines Sterbenden entheiligen sollte.


Feyerlichkeit (W3) [Adelung]


Die Feyerlichkeit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft einer Sache, nach welcher sie feyerlich ist, in allen obigen Bedeutun- gen, und ohne Plural. 2) Feyerliche Umstände, in der dritten Bedeutung des Beywortes. Die Krönung geschahe mit vielen Feyerlichkeiten.


Feyern (W3) [Adelung]


Feyern, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist. I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1. Eigentlich, von seinen gewöhnlichen Berufsgeschäften ruhen, die Arbeit auf eine Zeit lang aussetzen. Nach gethaner Arbeit ist gut feyern, d. i. ruhen. Von der Arbeit feyern. Also feyerte das Volk des siebenten Tages, am siebenten Tage, 2 Mos. 16, 30. Sechs Tage sollt du deine Arbeit thun, aber des siebenten Tages (am siebenten) sollt du feyern, Kap. 23, 12. Der Acker, das Feld feyert, wenn es ruhet, d. i. nicht gebauet wird, brach lieget. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. 1) Ohne Arbeit seyn, müßig gehen, im gemeinen Leben. Er kann gar nicht feyern, er muß beständig beschäftigt seyn. Die Zimmerleute haben schon drey Tage gefeyert. Die Bäcker feyern, wenn sie backen. Prassen und schlemmen Huren, spielen, feyren und temmen, Hans Sachs, der auch das Wort Feyrer für einen Müßiggänger gebraucht. 2) Zaudern, im gemeinen Leben. Da ist nicht zu feyern. Feyerndes Geld, welches ohne Zinsen zu tragen müßig da liegt. Der Zorn feyert nicht. Der Teufel feyert nicht. 3) Schweigen, in der biblischen und höhern Schreibart. Die Freude der Pauken feyert, Es. 24, 8. Besonders, aus Ehrfurcht, mit Anbethung schweigen; in welchem Verstande dieses Wort häufig von den neuern Dichtern gebraucht wird. Sie sehen und feyern, Klopft. II. Als ein Activum, mit Ruhe von den gewöhnlichen Geschäften und mit gottesdienstlichen Übungen oder auch mit Lustbarkeiten begehen. 1. Eigentlich, vornehmlich von der gottesdienstlichen Feyer. Einen Festtag feyern. Dieses Fest wird nicht überall gefeyert. Weihnachten wird drey Tage gefeyert. Zuweilen auch von der Feyer mit Lustbarkeiten. Jemandes Geburtsfest, Nahmensfest feyern. 2. Figürlich. 1) Feyerliche Freude, feyerliche Ehrerbiethung an den Tag legen, mit der vierten Endung des Hauptwortes. Über alle dem großen Raub feyern, sich freudig beweisen, 1 Sam. 30, 16. Alles was Stimmen hat feyert mit Stimmen die Ankunft der Sonne, Zach. Denke was das für ein Himmel von Glückseligkeit seyn müßte, wenn wir unsere Liebe vor den Augen der Welt feyern könnten! Weiße. 2) Jemanden feyerlich begegnen, ihn verehren; eine den gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes bekannte Bedeutung. Er will gefeyert sein. Jemanden feyern, mit der vierten Endung, im Nieders. Ingleichen in der höhern Schreibart. Ich feyre dankbar meinen Held, Raml. Im Oberdeutschen aber mit der dritten. Seinen Grillen feyern, ihnen schmeicheln, nachhängen. Vor solchen Ungeheuern Kniet die verführte Welt und lernet Teufeln feyern, Hall. Völker, Städte, wem feyert ihr? Denis.

Anm. Das Hauptwort die Feyerung wird wenig gebraucht. Härtere Mundarten sprechen und schreiben mit Versetzung des r feyren. Nur in der ersten Person des Präsentis ist für ich feyere, ich feyre, besonders in der Dichtkunst, üblicher. Als ein Neutrum, für ruhen, lautet dieses Wort im Nieders. firen, in den Monseeischen Glossen virron, bey dem Notker firron. In der thätigen Bedeutung kommt es mit dem mittlern Lat. feriare, und veralteten Franz. ferer, foirer, foirier überein. Zur Erläuterung der zweyten figürlichen Bedeutung des Activi dienet, daß firen im Nieders. auch ein Tau, einen Strick nach- lassen bedeutet. Den Drachen feyern, den papiernen Drachen durch Nachgebung des Bindfadens höher steigen lassen; ein Beweis, daß dieses Zeitwort, wenigstens nicht in allen Bedeutungen, unmittelbar aus dem Latein. entlehnet worden. S. Feyer.


Feyerstunde (W3) [Adelung]


Die Feyerstunde, plur. die -n, die Stunde, in welcher man von der Arbeit feyert, dieselbe aussetzet. Feyerstunde haben. Etwas in der Feyerstunde verrichten.


Feyertag (W3) [Adelung]


Der Feyertag, des -es, plur. die -e. 1) Ein Tag, an welchem man von den gewöhnlichen Berufsgeschäften feyert, Ferien. Die Feyertage in den Gerichten. Faule haben immer Feyertage. Noch mehr, 2) in engerer Bedeutung, ein zu gottesdienstlichen Übungen ausgesetzter Tag, so wohl mit Inbegriff des Sonntages, als auch in noch engerm Verstande, zum Unterschiede von den Sonntagen, ein Festtag. Sonn- und Feyertage. Bey dem Notker Firrotak, Firtag, im Schwabensp. Viertag.


Feyertäglich (W3) [Adelung]


Feyertäglich, adj. et adv. dem Feyertage gemäß, was an Feyertagen geschiehet u. s. f. Ein feyertägliches Kleid.


Fiacker (W3) [Adelung]


Der Fiacker, des -s, plur. ut nom. sing. eine in einigen großen Städten, z. B. zu Berlin, übliche Benennung derjenigen Miethkutschen; welche auf den Straßen und öffentlichen Plätzen halten; zum Unterschiede von andern Lehn- und Miethkutschen. Aus dem Franz. Fiacre, welche Benennung daher entstanden seyn soll, weil das Haus des ersten Miethkutschers dieser Art zu Paris den heil. Fiacre, der ein Schottländischer König gewesen seyn, und im siebenten Jahrhundert gelebt haben soll, zum Zeichen hatte.


Fibel (W3) [Adelung]


Die "Fibel", plur. die -n, im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, dasjenige Buch, aus welchem die Kinder die ersten Anfangsgründe des Lesens erlernen; das "Abcbuch", im Oberd. das "Nahmenbuch". Aus dem mittlern Latein. "Biblus" oder "Bibla", welches ein jedes Buch bedeutete, oder auch von "Biblia", die "Bibel", weil man, wie Frisch muthmaßet, ehedem die Bibel dazu gebrauchte. In einem alten Deutsch-Lat. Vocabulario von 1477 heißt es: "Abecedarium", ein "Phybel"; "Alphabetum", ein "Bybel".


Fiber (W3) [Adelung]


Die Fiber, plur. die -n, in den thierischen Körpern, die zarten organischen Fäden, welche aus Zellgewebe entstehen und sich darin auflösen lassen; zum Unterschiede von den unorganischen Fasern. Aus dem Lat. Fibra.


Fichte (W3) [Adelung]


Die Fichte, plur. die -n, oder der Fichtenbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum, welcher zu dem Nadelholze gehöret; Pinus Abies picea L. Sie hat einzelne, runde, nadelförmige Tangeln oder Nadeln, und wird wegen ihrer röthlichen Rinde auch Rothtanne, Rothfichte, und wegen des Harzes und Peches, welches man von ihr bekommt, auch Harztanne und Pechtanne genannt. Jemanden um die Fichte, oder hinter die Fichte führen, figürlich im gemeinen Leben, ihn hintergehen, ihn hinter das Licht führen, listig berücken. Die Hoffnung führt ihn dort im Elend um die Fichte, Günth. In den Beyträgen zur krit. Hist. der Deutschen Sprache Th. 7, S. 80. f. wird diese figürliche R. A. auf eine seltsame Art aus der Liebesgeschichte des Atys mit der Cybele erkläret, nach welcher der erstere von dem Jupiter aus Eifersucht seiner Mannheit beraubet worden, welches denn hinter einer Fichte geschehen seyn soll. Anm. 1. Weil die Nahmen Fichte, Tanne, Kiefer, Kienbaum, Fohre u. s. f. nicht nur im gemeinen Leben, sondern auch in Schriften sehr häufig mit einander verwechselt werden, so wird es nicht undienlich seyn, selbige hier so genau, als es hierher gehöret, zu bestimmen, damit ich mich bey den übrigen ähnlichen Benennungen darauf beziehen könne. Ich werde dabey den 5ten Theil des Hausvaters zum Grunde legen, dessen vornehmer und verdienter Verfasser den gemeinen Sprachgebrauch so glücklich mit dem Linneeischen Lehrgebäude verbunden hat. Linnee beleget das ganze Geschlecht dieser Bäume mit dem Nahmen Pinus, und dessen Deutsche Übersetzer geben denselben durch Fichte, und in diesem, aber nur in wenigen Büchern vorkommenden Verstande ist das Wort ein allgemeiner Geschlechtsnahme. Die Arten dieses Geschlechtes lassen sich am füglichsten nach der Stellung ihrer Nadeln oder Tangeln eintheilen, und da gibt es drey Arten. I. Diejenigen, wo zwey oder mehr Nadeln am Fuße aus einer gemeinschaftlichen Scheide wachsen, und welche nach dem Linnee die eigentliche Pinus ist. Diese haben, 1. Zwey Nadeln. Dahin gehören, 1) der Kienbaum, welcher auch Kiefer, Fohre, Kienfohre, Forche, Schleißholz, Spanholz, in der Schweiz Thäle, Dälle, Perge, Ziegenholz, Füre, im Würtembergischen oder Mändelbaum genannt wird, Pinussylvestris L. In Dietrichs Pflanzenreiche heißt er irrig die gemeine Fichte. Aus dem Harze dieses Baumes wird sowohl Pech als Theer verfertiget. 2) Die Schottisch Fohre, Pinus rubra Mill. und 3) die Tatarische Fohre, Pinus tartarica Mill. sind bey uns unbekannt. 4) Der Krummholzbaum, Zunderbaum, kleine Alpenkiefer, Lackholz, Löwenforche, Dosenbaum, Grünholz, Rothfohre oder Felsenfohre, Pinus mugho L. Pinus montana Mill. wächst auf den Alpen und in Tirol und liefert das bekannte Krummholzöhl. 5) Die zahme Fichte, welche nur in Italien und in der Schweiz wächset, in welchem letztern Lande sie auch Pignolenbaum, Piniole und Arben genannt wird, Pinus pinea, L. hat eßbare Kerne in ihren dicken glänzenden Zapfen, welche bey uns unter dem Nahmen der Pinien bekannt sind, und soll nach einigen die rechte wahre Fichte seyn. Sie wird von andern irrig der Zirbelbaum genannt. 6) Die große Meerfohre, Pinus maritima Mill. wächst besonders in Frankreich. 2. Drey Nadeln, dahin gehören verschiedene Unterarten, welche nur in Nord-Amerika angetroffen werden. 3. Fünf Nadeln, worunter der Zirbelbaum, der vornehmste ist welcher in der Schweiz gleichfalls Arben genannt wird, auf den Alpen und andern hohen Gebirgen wächset, und eßbare Kerne hat, Pinus Cembra I. Die Sibirische Ceder ist eine Art desselben. II. Diejenigen, wo die Nadeln einzeln wachsen, Abies L. welche auch mit einem allgemeinen Nahmen Tannen genannt werden. Diese haben, 1. Platt gedruckte Nadeln, wie die Weißtanne oder Weißfichte, welche auch Edeltanne, und im gemeinen Leben schlechthin Tanne genannt wird, und sich durch ihre weißlichte glatte Rinde von der folgenden Art unterscheidet, Pinus Abies alba Mill. Bey dem Linnee heißt sie irrig Pinus Picea. 2. Runde, nadelförmige, spitzige Tangeln, unter welcher Art die wahre, eigentliche Fichte, oder Rothtanne die vornehmste ist, von welcher gegenwärtiger Artikel eigentlich handelt. Einige andere Arten sind nur in den übrigen Welttheilen einheimisch. III. Diejenigen, wo viele nicht zu zählende runde Nadeln, wie ein Quast aus einem Puncte und einer Scheide wachsen; Larix L. Dahin gehören 1) der Lärchenbaum, Pinus Larix L. und 2) die Zeder vom Libanon. Pinus Larix Cedrus L. Anm. 2. der Nahme der Fichte kommt mit dem Latein. Picea dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, dem Wallisischen Pyg. und unserm Pech genau überein, und stammet von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - oder - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Pix, Pech, her, welches dieser Baum in großer Menge liefert; ein neuer Beweis, daß nur der Rothtanne der Nahme der Fichte eigentlich gebühret. Im Dän. und Schwed. heißen die Fichten und Tannen Gran, und in Liefland Grehnenbaum, entweder von Granne, eine Tangel, Nadel, oder auch von grün, weil die Tangeln dieses Baumes beständig grün bleiben. Der Nahme Pineboume kommt in dem alten Gedichte auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter V. 1467 vor, wo eine Tanne oder Fichte dadurch angedeutet wird. Im Holländ. heißt die Tanne gleichfalls Pineboum, im Angels. Pinntreowe, und im Engl. Pine, Pinetree.


Fichten (W3) [Adelung]


Fichten, adj. et adv. von der Fichte hergenommen. Fichtenes Holz, Fichtenholz. Fichtene Breter. Fichtenes Harz oder Fichtenharz.


Fichtenapfel (W3) [Adelung]


Der Fichtenapfel, des -s, plur. die -äpfel, das Samenbehältniß des Fichtenbaumes; der Fichtenzapfen.


Fichtenbaum (W3) [Adelung]


Der Fichtenbaum, S. Fichte.


Fichtenhacker (W3) [Adelung]


Der Fichtenhacker, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kirschfink.


Fichtenholz (W3) [Adelung]


Das Fichtenholz, des -s, plur. car. S. Fichten


Fichtenmarder (W3) [Adelung]


Der Fichtenmarder, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Marder, welcher seine Wohnung in Fichten und Tannenwäldern hat; Tannenmarder, Baummarder, Buchmarder, Edelmarder, alles zum Unterschiede von dem Steinmarder.


Fichtenmotte (W3) [Adelung]


Die Fichtenmotte, plur. die -n, eine Art, Motten oder Nachtfalter, welcher sich auf den Fichtenbäumen aufhält; Phalaena pini L.


Fichtennuß (W3) [Adelung]


Die Fichtennuß, plur. die -nüsse. 1) Bey einigen die Nuß oder der Zapfen des Zirbelbaumes, welcher aber richtiger Zirbelnuß genannt wird; S. dieses Wort. 2) Zuweilen auch eine Benennung des Fichtenapfels.


Fichtenöhl (W3) [Adelung]


Das Fichtenöhl, des -s, plur. von mehrern Arten die -e, ein aus dem flüssigen Fichtenharze mit Wasser destillirtes Öhl.


Fichtenraupe (W3) [Adelung]


Die Fichtenraupe, plur. die -n, eine Art Raupen, welche auf den Fichtenbäume angetroffen wird, Fichtenwurm, und vielleicht die Larve der Fichtenmotte ist.


Fichtenwald (W3) [Adelung]


Der Fichtenwald, des -s, plur. die -wälder, ein aus Fichtenbäumen bestehender Wald.


Fichtenwurm (W3) [Adelung]


Der Fichtenwurm, des -es, plur. die -würmer. 1) S. Fichtenraupe. 2) Der haarige schwarze Fichtenwurm, eine Art Käfer, welcher die Geißel der Fichtenwälder ist; Dermestes Piniperda L. Tannenwurm, Holzwurm, Rindenkäfer, Nieders. Borkenkäfer.


Fichtenzapfen (W3) [Adelung]


Der Fichtenzapfen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fichtenapfel.


Ficke (W3) [Adelung]


Die Ficke, plur. die -n, Diminut. das Fickchen, eine nur in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens übliche Benennung einer Tasche. Etwas in die Ficke stecken. Im mittlern Lat. Ficacium, im Schwed. Ficka, im Dän. Fikke, im Isländ. und Goth. Poka, im Engl. Pocket, im Franz. Poche; ohne Zweifel von Fach und mit demselben von dem Zeitworte fahen. Das Schwed. fa, fahen, hat im Imperf. fick. In Niedersachsen heißt besonders die Hosentasche eine Ficke, eine Rocktasche aber in den gröbern Mundarten eine Futsche. An den Hufeisen für Wagenpferde wird der vorn in die Höhe stehende Theil, dessen Spitze über den Huf geschlagen wird, die Ficke genannt.


Ficken (W3) [Adelung]


* Ficken, verb. reg. act. welches nur in den niedrigen Sprecharten üblich ist. 1) Hin und her reiben, im Oberdeutschen. 2) Mit Ruthen züchtigen, im Niedersächsischen und Oberdeutschen. Ein Kind ficken. In einigen Gegenden ist auch das Diminut. fickeln in eben dieser Bedeutung üblich. Engl. fig. feaze, Holl. ficken. Das Lat. figere, stechen, stecken, im mittlern Lat. ficare, Ital. ficcare, scheinet genau damit verwandt zu seyn. S. Fegen.


Fickenfaul (W3) [Adelung]


Fickenfaul, adj. et adv. in den gemeinen Sprecharten, besonders Sachsens, karg, geitzig, gleichsam faul in die Ficke zu greifen; beutelfaul.


Fickfacken (W3) [Adelung]


Fickfacken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsw. haben, im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, eigentlich, leichtsinnig und ohne Absicht hin und her laufen, vagari, und dann figürlich, lose, leichtfertige Händel anfangen. Daher Fickfacker, ein Mensch, der solche Händel anspinnet, Holländ. Fikfaker, Im Schwed. ist Fickfack Blendwerk. Dieses Wort gehöret ohne Zweifel zu den Zeitwörtern fachen und fackeln, hin und her bewegen, S. dieselben. In Ansehung der Form ist es ein Frequentativum, welche Art der Zeitwörter bey den Niedersachsen und den mit ihnen verwandten Völkern häufig durch eine Verdoppelung des Wortes gebildet wird, z. B. nirrnarren, wibbelwabbel, Schnickschnack u. s. f. S. das Hochdeutsche Mischmasch. Im Nieders. bedeutet Fickfack auch eine Ruthe. S. Ficken.


Fickmühle (W3) [Adelung]


Die Fickmühle, plur. die -n, S. Zwickmühle.


Fidel (W3) [Adelung]


Die Fidel, S. Fiedel.


Fidibus (W3) [Adelung]


Der Fidibus, und so unverändert durch alle Casus, ein zusammen gerolltes oder zusammen gelegtes längliches Stück Papier, eine Pfeife Tabak damit anzünden. Man hat verschiedene Ableitungen dieses Wort versucht, welche aber, weil sie bloß scherzhaft sind, hier keine Stelle verdienen. Wahrscheinlich ist es der Ablat. Plur. von Fides eine Saite; aber durch welchen, vermuthlich besondern Zufall es die gegenwärtige Bedeutung erhalten, wird wohl schwer aufzufinden seyn.


Fieber (W3) [Adelung]


Das Fieber, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. 1) Eine Krankheit bey Menschen und Thieren, welche überhaupt in einem geschwindern Umlaufe des Blutes durch das Herz und die Blutgefäße bestehet, durch eine krampfhafte Zusammenziehung in den kleinern Gefäßen verursacht wird, und nach Verschiedenheit der Umstände von sehr verschiedener Beschaffenheit ist. Das einfache Fieber, wenn es den Kranken allein befällt. Das verwickelte Fieber, welches noch mit andern Krankheiten verbunden ist. Ein auszehrendes Fieber, welches mit einer Auszehrung verbunden ist. Das phthisische Fieber, welches mit der Vereiterung eines Theiles der Eingeweide verbunden ist. Ein nachlassendes Fieber oder Wechselfieber, bey welchem der Anfall alle Mahl zu gewissen Zeiten kommt, und hernach wieder nachlässet. Ein anhaltendes Fieber, welches ohne gefundene Zwischenräume fortdauert. Das hitzige Fieber oder Entzündungsfieber, welches aus einer Zähigkeit des Geblütes und aus dessen Neigung zu Entzündung entstehet. Das faule Fieber, S. Faulfieber. Ein bösartiges Fieber, welches sich durch besonders schwere Zufälle und größere Todesgefahr von andern unterscheidet u. s. f. 2) In engern Verstande pflegt man im gemeinen Leben das kalte Fieber, oder das vornehmste unter den Wechselfiebern, nur im schlechthin das Fieber zu nennen, welches sich insgemein mit einem Froste anfänget, worauf eine widernatürliche Hitze und endlich ein Schweiß folget. Das tägliche oder alltägliche Fieber, Febris quotidiana, wo sich diese Zufälle alle Tage einstellen. Das dreytägige Fieber, Febris tertiana, wenn sie über den andern Tag kommen. Das viertägige Fieber, wenn sie über den dritten Tag kommen, und dem Patienten zwey gute Tage lassen. Das eiskalte Fieber, wo der Patient allein vom Froste, ohne Hitze leidet. u. s. f.

Anm. Dieses Wort ist durch die Ärzte aus dem Latein. Febris gebildet worden, welches Frisch von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und mit demselben von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Feuer, ableitet, so daß die mit dieser Krankheit verbundene Hitze den Grund der Benennung enthält. Indessen gebraucht schon Willeram das Wort Fieber, und Tatian Fiobar, Fieber, womit auch das Engl. Feaver und Fever, das Dän. Feber, das Franz. Fievre, das Ital. Febbre, und das Pohln, Febra überein kommen. In den gemeinen Mundarten heißt das kalte Fieber, nur das Kalte, das Kaltweh, Schwed. Kolda, Frossa, der Frörer, und in Schwaben und am Rheinstrome der Ritt, oder Ritten, in den Monseeischen Glossen Ritun, bey dem Raban Maurus Ritto, im Isländ. Rida, weil der Patient dabey von dem Froste gleichsam gerüttelt wird. S. Friesel.


Fieberfarbe (W3) [Adelung]


Die Fieberfarbe, plur. inus. eine bleiche Farbe, dergleichen die Patienten, welche mit dem kalten Fieber behaftet sind, gemeiniglich zu haben pflegen.


Fieberfrost (W3) [Adelung]


Der Fieberfrost, S. Fieberschauer.


Fieberhaft (W3) [Adelung]


Fieberhaft, -er, -este, adj. et adv. dem Fieber ähnlich. eine fieberhafte Krankheit. Ein fieberhafter Schauer. Eine fieberhafte Hitze.


Fieberhitze (W3) [Adelung]


Die Fieberhitze, plur. car. die widernatürliche Hitze, welche ein mit dem Fieber behaftete Patient empfindet.


Fieberisch (W3) [Adelung]


Fieberisch, zusammengezogen fiebrisch, adj. et adv. was von dem Fieber berühret, das Fieber verräth, oder auch dem Fieber ähnlich ist. Fiebrische Hitze. Fiebrische Totenblässe deckt die Wangen, Zach.


Fieberklee (W3) [Adelung]


Der Fieberklee, des -s, plur. inus. eine Art der Monathsblume mit dreyfachen Blättern, welche in den sumpfigen Gegenden Europens wächset, und einen sehr bittern Geschmack hat, daher sie auch Bitterklee genannt wird; Menyanthes trifoliata. L. Sie ist nicht nur in Wechselfieber, sondern auch im Scharbock sehr wirksam, daher sie auch Scharbocksklee, und von dem Orte ihres Wachsthumes auch Sumpfklee und Wasserklee heißt, S. auch Bocksbohne. Der Nahme Fieberklee wird oft irrig Biberklee geschrieben und gesprochen.


Fieberkuchen (W3) [Adelung]


Der Fieberkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. eine gewisse Härte unter den kurzen Rippen, welche sich zuweilen in und nach einen Wechselfieber zeiget, und mit verschiedenen Zufällen verbunden ist.


Fiebermaterie (W3) [Adelung]


Die Fiebermaterie, plur. die -n, bey den Ärzten, das unreine und widernatürliche Wesen in dem Geblüte, welches die ersten krampfhaften Bewegungen, oder den Anfang des Fiebers verursacht.


Fieberöhl (W3) [Adelung]


Das Fieberöhl, des -es, plur. inus. bey einigen ein Nahme des Dippelschen Olei animalis.


Fieberrinde (W3) [Adelung]


Die Fieberrinde, plur. inus. S. China.


Fiebersalz (W3) [Adelung]


Das Fiebersalz, des -es, plur. inus. ein Mittelsalz, welches aus der Salzsäure und dem Gewächslaugensalze bestehet, und gut wider das Fieber seyn soll; Sal Febrifugus Sylvii, Sylvii Digestiv-Salz, Sal diureticus, Spiritus salis marini coagulatus.


Fieberschauer (W3) [Adelung]


Der Fieberschauer, des -s, plur. ut nom. sing. der Schauer, d. i. die Empfindung der Kälte, welche mit den Wechselfiebern verbunden ist; der Fieberfrost. Ich kenne schon dergleichen Anfälle von Tugend, sie gehen vorüber wie ein Fieberschauer, Weiße.


Fiebersturz (W3) [Adelung]


Der Fiebersturz, des -es, plur. die -stürze, der Sturz, d. i. heftige Anfall des Fiebers, so wohl mit Frost als Hitze; mit einem Griechischen Worte, der Paroxysmus.


Fiebertag (W3) [Adelung]


Der Fiebertag, des -es, plur. die -e, in den Wechselfiebern, derjenige Tag, an welchem das Fieber seine Gegenwart durch Frost und Hitze verräth.


Fieberwurzel (W3) [Adelung]


Die Fieberwurzel, plur. inus. 1) Eine Pflanze, welche keinen Stamm, aber Blätter mit glatten Rändern und einer keilförmigen Kolbe hat; Arum maculatum, L. Die Wurzel dieser in dem mittägigen Europa wachsenden Pflanze ist scharf und ein gutes Mittel in Magenkrankheiten und Wechselfiebern. Sie wird daher auch Zehrwurzel, Deutscher Ingwer, wegen der Gestalt ihrer Blätter Kalbsfuß, und nach dem Latein. Nahmen Aron genannt. Im gemeinen Leben wird dieser Nahme gleichfalls in Biberwurz verderbt. 2) Auch eine Benennung der Osterluzey, Aristolochia trilobata L. S. dieses Wort, und 3) des Enzians, Gentiana L. S. dasselbe, gleichfalls wegen ihres Nutzens in verschiedener Arten des Fiebers.


Fiedel (W3) [Adelung]


1. Die Fiedel, plur. die -n, ein kleiner Fisch, in der Größe einer Sardelle, im Erzgebirge, welcher für eine sehr schmackhafte Speise gehalten wird, aber selten ist. Er ist eine kleine Art von Muränen. Trutta edentula argentea tota squamis tenuibus, inferiore mandibula resima Klein.


Fiedel (W3) [Adelung]


2. Die Fiedel, plur. die -n, 1) Eine nur in der niedrigen Sprechart übliche Benennung einer Geige oder Violine, besonders einer Geige von der geringsten Art. Ihr streicht die schreyende Fiedel Serenaten in einsamer Nacht, Zach. 2) Ein Werkzeug von Holz in Gestalt einer Fiedel, welches leichtfertigen Personen am Pranger um den Hals und um die Hände geleget wird; eine Geige. Jemanden in die Fiedel spannen. 3) Der erste Grad der Folter, welcher in einer Schnur bestehet, die um das Ende des Ellbogens und hin und her gezogen wird; die Schnur, die Geige, von 1 fiedeln.

Anm. Dieses Saiten-Instrument lautet im Engl. gleichfalls Fiddle, im Angels. Fithele, im Holländ. Vedel, Vele, im Nieders. Feddel, im Dän. Feddel, Fedder, im Schwed. Fidel, Fidla, im Isländ. Fidla. im mittlern Lat. Fiala, Figella, Fidella, Vidula, Vitula. Fidula kommt von einem Saiten-Instrumente oder einer Pandora schon bey dem Ottfried vor. Was Hobscheit (Schönes) an Vidlen wer, Hornegk. Es ist so ausgemacht noch nicht, daß es zunächst von dem Lat. Fides, Saiten, ein Saiten-Instrument, herkomme. Es kann auch zu dem folgenden Zeitworte fiedeln, hin und her bewegen, und mit demselben zu feilen gehören. Ihre leitet es von dem Goth. und Isländ. fidra, fitla, leicht berühren, her. Im Nieders. ist für Fiedel auch Funfel, für fiedeln, funfeln, fumfeien, üblich.


Fiedelbogen (W3) [Adelung]


Der Fiedelbogen, des -s, plur. ut nom. sing. ein hölzerner Bogen, welcher die Pferdehaare gespannt hält, mit denen die Geigen und andere Saiten-Instrumente dieser Art gestrichen werden; ein Wort, welches, ungeachtet des verächtlichen Nebenbegriffes des Wortes Fiedel, auch im anständigen Verstande gebraucht wird. Nieders. Striekstock.


Fiedelbohrer (W3) [Adelung]


Der Fiedelbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art eines Drillbohrers, welcher vermittelst einer umgeschlungenen Schnur von zwey Personen hin und her gedrehet wird; der Geigenbohrer.


Fiedeln (W3) [Adelung]


1. Fiedeln, verb. reg. act. mit einem dünnen Werkzeuge hin und her reiben, in den niedrigen Sprecharten. S. Abfiedeln. Frisch hält dieses Wort für eine Figur des folgenden; allein es scheinet davon ganz verschieden zu seyn, und vielmehr zu feilen und fillen zu gehören. S. diese Wörter.


Fiedeln (W3) [Adelung]


2. Fiedeln, verb. reg. act. auf der Fiedel spielen, in der niedrigen Sprechart. Das Hauptwort ein Fiedler, ist noch in der Zusammensetzung Bierfiedler am üblichsten.


Fiedermesser (W3) [Adelung]


Das Fiedermesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug der Glaser, das Glas, wenn es zu groß ist, damit abzukneipen, welches noch häufiger ein Fügeeisen genannt wird. S. das folgende.


Fiedern (W3) [Adelung]


1. Fiedern, verb. reg. act. ein nur bey dem Glasern in der Zusammensetzung abfiedern, d. i. mit dem Fiedermesser abkneipen, übliches Wort, welches vermuthlich zu dem bey dem Worte Fiedel gedachten Isländ. fidra, leicht berühren, gehöret.


Fiedern (W3) [Adelung]


2. Fiedern, verb. reg. act. mit Federn, d. i. eisernen Keilen versehen, im Bergbaue, und am häufigsten in der Zusammensetzung ausfiedern, S. dieses Wort, ingleichen 2 Feder.


Fiedern (W3) [Adelung]


3. Fiedern, verb. reg. act. mit Federn versehen. Einen Pfeil, einen Bolzen fiedern. Ein schön gefiedertes Huhn. Die Docken oder Tangenten in den Flügeln u. s. f. Fiedern, sie mit den harten Theilen eines Kieles versehen, damit sie mit denselben an die Saiten schlagen. Im gemeinen Leben, besonders Oberdeutschlandes, fiedert man auch die Betten, wenn man sie mit Federn füllet. So auch die Fiederung. S. Feder und Gefieder.


Fiek (W3) [Adelung]


Der Fiek, des -es, plur. die -e, in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens. 1) Eine lange dünne Made, in Gestalt eines Zwirnfadens, welche in den Schellfischen, Kabeljauen und andern Seefischen angetroffen wird, und vermuthlich der Gordius aquaticus L. ist, S. Fadenwurm. Auch der Wurm, welcher aus dem Eye des Bißewurmes entstehet, heißt im gemeinen Leben der Fiek, und die Bäule welche er verursacht, die Fiekbäule. Bey dem Papias ist Facus ein kleiner Wurm. 2) Eine Art des Geschwüres. So wird der Wurm am Finger in Niedersachsen sehr häufig der Fiek genannt. Bey dem Rindviehe ist es eine Krankheit des Hufes, wenn derselbe durchfaulet, welches bey den Pferden das Horndurchfaulen genannt wird. Im Franz. ist Fic eine Warze an den Füßen der Pferde.

Anm. Es scheinet, daß dieses Wort in der zweyten Bedeutung zu Feige und Feigwarze gehöret, so fern das erstere eine Erhöhung, ein Geschwür, bedeutet. Indessen kann es auch eine Figur von der ersten Bedeutung seyn, weil ein solches Geschwür einen stechenden und nagenden Schmerz verursachet, daher es auch im Hochdeutschen der Wurm genannt wird. S. dieses Wort. Im mittlern Lateine ist Ficta ein solcher Schmerz. Vielleicht gehöret Fiek in beyden Bedeutungen zu ficken, stechen, zumahl da der Fadenwurm nicht nur einen empfindlichen Schmerz verursacht, sondern sich auch durch verschiedene Theile des Leibes durchnaget.


Fiekbohne (W3) [Adelung]


Die Fiekbohne, plur. die -n, S. Feigbohne.


Fierant (W3) [Adelung]


Der Fierant, (dreysylbig,) des -en, plur. die -en, derjenige, welcher eine Messe oder ein Jahrmarkt des Handels wegen besucht, ein Marktgast, Meßgast aus dem Italiänischen Fierante, und dieß von Fiera, eine Messe, ein Jahrmarkt, daher die Ausdrücke Meß-Fierant und Markt-Fierant der ersten Hälfte und überflüssig sind.


Fierding (W3) [Adelung]


Fierding, S. Vierding.


Fierke (W3) [Adelung]


Fierke, S. Vierding.


Figur (W3) [Adelung]


Die Figur, plur. die -en, Diminut. das Figürchen, Oberd. Figürlein, aus dem Lat. Figura. 1) Die Gestalt eine Dinges. Die Außenlinien eines Körpers, welche ihn von allen Seiten begränzen, stellen uns seine Figur dar. Eine sehr einnehmende Figur. Noch mehr aber, 2. die Vorstellung einer Sache. 1) Eines wirklichen Körpers, dessen Bild. So heißt in den bildenden Künsten eine jede Vorstellung einer Sache durch Linien, eine Figur. Ja alle gezeichnete, gemahlte, geschnitzte, gedruckte und auf andere Art verfertigte Abbildungen, oder dem Auge empfindbare Nachahmung der Dinge, werden überhaupt Figuren genannt. In engerm Verstande heißt das Bild eines menschlichen Körpers so wohl bey den Mahlern als auch i der Wappenkunst eine Figur. In diesem Verstande ist ein Gemählde voll Figuren, wenn es voll Personen ist. Auch eine Form, ein Modell, worüber und wornach etwas geformet oder gemacht wird, heißt zuweilen eine Figur; daher werden die Formenschneider auch oft Figurenschneider genannt. 2) Einer nicht vorhandenen Sache als einer vorhandenen, ein willkürliches Bild. In diesem Verstande werden in den schönen Künsten verschiedene willkührliche Verzierungen und Veränderungen Figuren genannt. Dergleichen sind die Figuren in der Tanzkunst, in der Tonkunst. Dahin gehören auch die grammatischen Figuren, welche nichts anders als Abweichungen von der Regel sind, und oft mehr den Nahmen der Fehler als der Schönheiten verdienen. 3) Die sinnliche Vorstellung eines unkörperlichen Dinges, die Vorstellung einer unsichtbaren Sache unter dem Bilde einer sichtbaren, oder doch sinnlichen. Dahin gehören die Figuren in der Redekunst, oder die biblischen Arten, nicht nur die Leidenschaften und Gemüthsbewegungen, sondern auch die Begriffe überhaupt auszudrucken; und in weiterm Verstande alle Hülfsmittel der Lebhaftigkeit des Ausdruckes in einzelnen Fällen. Verschiedene Arten dieser Figuren, wo körperliche Dinge unter einem andern Bilde, als unter welchem wir sie uns gewöhnlich denken, vorgestellet werden, gehören zu dem ersten Falle. Z. B. Der Mensch, das größte Raubthier, welches alle Elemente zu verschlingen sucht, d. i. ihre Bewohner. Alle Wörter, mit welchen wir unkörperliche Dinge bezeichnen, sind Figuren, weil sie uns dieses Ding unter dem Bilde eines körperlichen zeigen. So sind alle Benennungen des Geistes und der Seele fast in allen Sprachen von dem Athem und Winde entlehnet. S. figürlich. Im schärfsten Verstande sind alle Benennungen selbst körperlicher Dinge Figuren, weil sie uns das Ganze doch nur unter dem Bilde eines einzigen Umstandes zeigen. 3. Ein Ding, so fern es eine Gestalt hat, oder so fern man nur die Gestalt an demselben betrachtet. Dahin gehören 1) die mathematischen Figuren, worunter man in weiterm Verstande eine jeden Raum verstehet, der durch eine Größe eingeschlossen ist, in engerm Verstande aber nur einen Raum, der durch Linien eingeschlossen ist; eine Flächenfigur, zum Unterschiede von der körperlichen. Eine geradlinige Figur, die in geraden Linien eingeschlossen ist. Eine krummlinige Figur, wenn ihre Gränzen aus krummen Linien bestehen. 2) Auch in der vertraulichen Sprechart nennet man eine Person oder ein Ding, wenn man nur auf die Gestalt derselben siehet, oft eine Figur. Was war das für eine närrische Figur, welche zuletzt auf den Ball kam? er ist eine der schönsten Figuren, die man sich nur vorstellen kann. Da würde ich eine seltsame Figur machen, eine seltsame Person vorstellen. Kallist spielet eine vortreffliche Figur auf der Bühne des artigen Lebens.


Figural-Gesang (W3) [Adelung]


Der Figural-Gesang, des -es, plur. die -sänge, in der Musik. 1) Eine Art des Singens, da ein Stück nach Noten von gleichen Werthe, nach mancherley Tactmaßen und in verschiedener Bewegung, mit mehrern Stimmen harmonisch unterstützt, gesungen wird, ohne Plural; zum Unterschiede von dem Choral-Gesange. Im mittlern Latein. Cantus figuratus. 2) Ein solcher Gesang selbst. Der Figural bedeutete ehedem, dem Frisch zu Folge, die Absingung eines Liedes mit verschiedenen Stimmen und eine Figur ist ein Sänger, der den Figural mit andern abfinget.


Figuren-Karte (W3) [Adelung]


Die Figuren-Karte, plur. die -n, bey den Kartenmachern, eine Karte, welche eine menschliche Figur vorstellet, zum Unterschiede von den Gesteinkarten oder Zahlen.


Figuren-Schneider (W3) [Adelung]


Der Figuren-Schneider, des -s, plur. ut nom. sing. Siehe Figur 2.


Figurir-Bank (W3) [Adelung]


Die Figurir-Bank, plur. die -Bänke, eine Drechselbank für Kunstdreher, allerley Figuren auf derselbe zu verfertigen.


Figürlich (W3) [Adelung]


Figürlich, -er, -ste, adj. et adv. einer Figur gleich, in der Gestalt einer Figur, in der 2 ten Bedeutung des Hauptwortes. 1) In Gestalt eines Bildes, der Abbildung eines Dinges, doch nur im Oberdeutschen. Die figürliche Beschreibung des Elephanten, dessen Abbildung. 2) Die figürliche Bedeutung eines Wortes, wenn ein Wort, welches etwas Körperliches oder Sinnliches bedeutet, zur Bezeichnung einer unkörperlichen Sache gebraucht wird; die uneigentliche, verblümte Bedeutung, im Gegensatze der eigentlichen. Siehe Figur 2. 3) In der Arithmetik hat man figürliche Zahlen, d. i. solche, welche ihre Benennung von gewissen geometrischen Figuren erhalten. Dergleichen sind die Summen der arithmetischen Progressionen, die Polygonal-Zahlen, Pentagonal-Zahlen u. s. f. Daher die Figürlichkeit, plur. inus. besonders in der zweyten Bedeutung.


Filet (W3) [Adelung]


Das Filet, (sprich Filee,) plur. inus. aus dem Franz. Filet, ein Netz, ein aus seinem Zwirn in Gestalt eines Netzes gestricktes Gewebe, welches mit Blumen benähet, und zu verschiedenen Kleidungsstücken gebraucht wird. Daher das Filet-Mähen, die Filet-Schürze, Filet-Manschetten u. s. f.


Filett (W3) [Adelung]


Das Filett, des -es, plur. die -e, bey den Buchbindern, dasjenige Werkzeug, womit sie allerley Figuren auf die Bände der Bücher auftragen, und diese Figuren selbst Dahin gehören die Borten-Filette, Franz-Filette, Spitz-Filette, Schlangen-Filette u. s. f. Aus dem Franz. Filet, welches nicht nur einen Faden, sondern auch eine Leiste in der Baukunst bedeutet.


Filial (W3) [Adelung]


Das Filial, des -es, plur. die -e, eine Kirche, welche einer andern einverleibet ist, und von den an derselben befindlichen Geistlichen besorget wird, eine Tochterkirche, im Oberdeutschland eine Beykirche, Nebenkirche, Nachpfarre; im Gegensatze der Mutterkirche. Aus dem mittlern Lat. Filialis, nehmlich Ecclesia. Im Oberdeutschen werden auch Einnahmen und andere Anstalten, welche andern untergeordnet sind, Filiale genannt. Daher hat man in Österreich Filial-Einnehmer, solche Einnehmer in den Städten und Dörfern, welche von dem Haupteinnahmen zu Wien oder in andern größern Städten abhängen.


Filipendelwurz (W3) [Adelung]


Die Filipendelwurz, plur. inus. S. Steinbrech.


Fillen (W3) [Adelung]


* Fillen, verb. reg. act. welches im Hochdeutschen veraltet ist und nur noch von dem Worte Kafiller in Andenken erhalten wird. 1) Die Haut abziehen, schinden. Zware e ich ir lege lasterlichen bi E lies ich mich scher und villen, Reinmar der Alte. Im Nieders. heißt villen noch schinden, Villekule der Schindanger, und Viller der Abdecker. 2) Ungeschickt schneiden; eine noch im Nieders. übliche Bedeutung, wofür man im Hochdeutschen auch wohl fiedeln sagt. 3) Schlagen, besonders mit Ruthen oder Peitsche bauen, geißeln; auch nur noch im Niedersächsischen.

Anm. Gemeiniglich leitet man dieses Wort von Fell, im Goth. Fill, her, und die Bedeutung des Schindens verträgt diese Ableitung sehr gut. Indessen stehet es noch dahin, ob schneiden oder schlagen nicht die erste Bedeutung dieses Wortes ist, die hernach durch eine Figur auf das Abziehen der Haut angewandt worden. Abschlagen und abpuffen wird noch in eben diesem Verstande gebraucht, und in Baiern heißt der Abdecker Schlägel. Kero gebraucht schon Fillo für Schläge, und in Lipsii Glossen ist Fillunga ein Geißel. Bey den alten Schweden bedeutet Fil einen Schlag, und Orfil ist bey den heutigen eine Ohrfeige. So fern dieses Wort schinden bedeutet, kommt das Wallis. pelio, das Franz. peler, und durch eine nicht ungewöhnliche Versetzung des l, das Isländ. flaa, das Angels. flean, das Engl. to flay, und das Schwed. fla, mit fillen überein. S. Feilen, Filz, Kafiller.


Filtriren (W3) [Adelung]


Filtriren, verb. reg. act. aus dem Latein. Filtrum, einen flüssigen Körper durch einen Filz, oder einen ähnlichen porösen Körper laufen lassen, um ihn dadurch von gröbern Dingen zu scheiden, durchseihen.


Filtrir-Stein (W3) [Adelung]


Der Filtrir-Stein, des -es, plur. die -e, ein löcheriger Sandstein, dessen man sich zum Filtriren bedienet.


Filz (W3) [Adelung]


1. Der Filz, des -es, plur. die -e, in den gemeinen Mundarten, 1) ein derber Verweis. Einen Filz bekommen. Jemanden einen derben Filz geben. In welchem Verstande dieses Wort in einigen Gegenden auch Filzer lautet. 2) Zank, Streit; eine noch in einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. in Baiern, übliche Bedeutung.

Anm. Wachter, Frisch und Ihre leiten dieses Wort von fillen, schlagen, her; allein da die Figur ein wenig hart und ungewöhnlich seyn würde, so siehet man es wohl besser als ein eigenes ganz verschiedenes Wort an. Im Schwed. ist Filt gleichfalls Zank, Streit, und im Angels. und Engl. ist durch Versetzung des l flitan und to flite zanken. Schon bey dem Kero ist Flyz nicht nur Zank, sondern auch Eifer, und flizzan, zanken, und Notker braucht Widerfliez, Widersacher, von dem Teufel. Im Ital. ist Filza und im mittlern Lat. Filca, Filcia, eine schriftliche Verordnung, ein schriftlicher Befehl, weil sie, wie man glaubt mit einem Faden, filo, verbunden waren; daher in den Mantuanischen Statuten auch ein Bündel Acten, ein Heft, Filcia genannt wird.


Filz (W3) [Adelung]


2. Der Filz, des -es, plur. die -e, ein verworren in einander geschlungenes Gewebe von Wollen oder Haaren, und was dem ähnlich ist. 1. Eigentlich. So ist im gemeinen Leben, ein Filz in den haaren, ein Haufen in einander verwickelter und verwirrter Haare. Am häufigsten ist dieses Wort bey den Hutmachern üblich, wo der Filz ein Werk von kardätschter und mit dem Fachbogen zerschlagener Wolle oder Haaren ist, welche durch verschiedene Arbeiten in einander getrieben und geschlungen werden, S. 2 filzen. Daher Filzdecken, Filzhüte, Filzschuhe, Filzsohlen, Filzkleider, Filzmäntel u. s. f. Decken, Hüte, Schuhe, Sohlen u. s. f. von Filz. Das Wort leidet in dieser Bedeutung nur in so fern ein Plural, als mehrere Arten oder Quantitäten angedeutet werden sollen. Bey den Papiermachern ist der Filz ein Stück dickes wollenen Tuches, welcher über jeden Bogen des neu verfertigten Papiers ausgebreitet wird. 2 Figürlich 1) Aus Filz bereitete Dinge. So wird in den niedrigen Sprecharten ein Filzhut verächtlich zuweilen ein Filz genannt. 2) * Ein grober Mensch; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Ein grober Filz, bey dem Pictorius. 3) Ein Geitziger, im verächtlichen Verstande. Ein karger Filz, von dem die ganze Stadt übel redet, Sir. 31, 29. Der Schalksfreund, Filz und Menschenhasser, Haged. Ohne Zweifel in Anspielung auf die zähe Beschaffenheit des Filzes, weil man einen Geitzigen auch zähe zu nennen pfleget. Indessen hatten doch schon die Lateiner etwas Ähnliches. Denn bey dem Festus ist Filico ein nichtswürdiger Mensch, welches er aber von filix, Farnkraut, ableitet. Fillo ist im mittlern Lat. ein Schelm, verbero, wovon die Franzosen ihr Filou haben, gleichsam ein ausgepeitschter Bösewicht.

Anm. Filz, Nieders. Filt, Schwed. Filt, Angels. Felt, Engl. Felt, Dän. Filt, im mittlern Lat. Filzata, Feltrum, Pheltrus, im Ital. Felza und Feltro, im Franz. Feutre und Flautre, im Pohln. Pilsni und im Böhm. Plst, gehöret entweder zu dem Lat. Filum, und dem mittlern Lat. Filacium und Filaticum, ein grober Faden, oder welches noch wahrscheinlicher ist, zu Fell, wegen der Ähnlichkeit mit demselben. Das Lat. Pilus, Pileus, und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, gehören gleichfalls dahin. So fern die Filze der Hutmacher durch Schlagen verfertiget werden, könnte man es auch von fillen, schlagen, ableiten. Siehe Walken und Filzen. Schon bey dem Kero ist Filza eine Decke, matta, Willeram gebraucht Vilzhus für ein Gezelt. Fulzsin handschuh kommen im Schwabenspiegel vor, wofür ander Handschriften uuollen haben.


Filzbällchen (W3) [Adelung]


Das Filzbällchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein aus Lappen gewundenes Bällchen, womit die Kupferdrucker die Platte reinigen, das Öhlbällchen; vermuthlich weil man sich dazu ehedem eines Filzes bedienet hat.


Filzblech (W3) [Adelung]


Das Filzblech, des -es, plur. die -e, S. Filzeisen.


Filzdecke (W3) [Adelung]


Die Filzdecke, plur. die -n, S. 2 Filz.


Filzeisen (W3) [Adelung]


Das Filzeisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Hutmachern, ein eisernes oder kupfernes Blech, auf welchem sie die Wolle über einen Kohlfeuer in einander treiben; das Filzblech.


Filzen (W3) [Adelung]


1. Filzen, verb. reg. act. einen Verweis geben, wofür doch ausfilzen üblicher ist, S. dasselbe 1 Filz.


Filzen (W3) [Adelung]


2. Filzen, verb. reg. act. in Gestalt eines Filzes in einander treiben, von Wolle und Haaren. Die Haare filzen sich, wenn sie sich in einander verwirren. Die Wolle, die Haare filzen, sie in einander walken. In engerm Verstande nennen die Hutmacher die erste zu dem Filzen nöthige Arbeit, da sie die Wolle oder Haare auf dem Filzeisen über einem Kohlfeuer in einander laufen lassen, filzen.

Anm. Wenn dieses Zeitwort nicht unmittelbar von Filz abstammet, so kann man es als ein Frequent. von fillen, schlagen, reiben, ansehen, welches die Endung -zen anzudeuten scheinet, weil doch das Schlagen einer der vornehmsten Arbeiten des Filzens ist. Filzen und Walken wären alsdann nur in Ansehung der Ableitungssylben verschieden; S. -Ken und -Zen. Das Filzen der Wolle und Haare ist ein wahres Walken. Nimmt man diese Abstammung an, so müßte man das Hauptwort Filz von dem Zeitworte filzen ableiten.


Filzer (W3) [Adelung]


Der Filzer, des -s, plur. ut nom. sing. S. 1. Filz.


Filzfleck (W3) [Adelung]


Der Filzfleck, des -es, plur. die -e, bey den Hutmachern, ein Stück Filz ein und einer halben Elle breit, aus welchem hernach die Hüte bereitet werden.


Filzgeige (W3) [Adelung]


Die Filzgeige, plur. die -n, ein mit Filz oder Tuch überzogenes Holz der Kammacher, auf welchem sie die Kämme poliren, das Filzholz.


Filzgras (W3) [Adelung]


Das Filzgras, des -es, plur. inus. in der Landwirthschaft, dasjenige Gras, welches nach ausgetrockneten Überschwemmungen auf den Wiesen wächset, oben grün, unten aber fahl ist, und einem Filze an Haaren gleicht.


Filzholz (W3) [Adelung]


Das Filzholz, des -es, plur. die -hölzer, S. Filzgeige.


Filzhut (W3) [Adelung]


Der Filzhut, des -es, plur. die -hüte, S. 2 Filz.


Filzig (W3) [Adelung]


Filzig, -er, -ste, adj. et adv. von dem Hauptworte Filz. 1) Eigentlich, in Gestalt eines Filzes in einander geschlungen. Filzige Haare. Filzige Wolle. 2) Figürlich,. im hohen Grade karg und geizig, im verächtlichen Verstande. Ein filziger Mensch. Er ist äußerst filzig. Filzig leben.


Filzigkeit (W3) [Adelung]


Die Filzigkeit, plur. car. niedrige Kargheit, im verächtlichen Verstande.


Filzkleid (W3) [Adelung]


Das Filzkleid, des -es, plur. die -er, S. 2 Filz.


Filzkraut (W3) [Adelung]


Das Filzkraut, des -es, plur. inus. eine in einigen Gegenden übliche Benennung des Flachskrautes, oder der Flachsseide, weil es wie ein verwirrtes Garn durch einander geflochten ist. S. Flachskraut.


Filzlaus (W3) [Adelung]


Die Filzlaus, plur. die -läuse, eine Art Läuse, welche sich in altem Filze, alten Tuchkleidern, besonders aber in der Haut unreinlicher Menschen, und am häufigsten um die heimlichen Theile des Leibes aufhält und sich daselbst einfrißt; Plattlaus, Klebelaus, Reitlaus, Nieders. Sür, Süre, nach dem Lat. Siro und alt Franz. Chiron, Franz. Morpion.


Filzmacher (W3) [Adelung]


Der Filzmacher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerker der Filze macht, eine mehrentheils den Hutmachern eigene Beschäftigung, die aber doch an manchen Orten auch ihre eigenen Handwerker hat.


Filzmantel (W3) [Adelung]


Der Filzmantel, des -s, plur. die -mäntel, S. 2 Filz.


Filzschuh (W3) [Adelung]


Der Filzschuh, des -es, plur. die -e, die Filzsocke, plur. die -n, der Filzstiefel, des -s, plur. die -n, siehe eben daselbst.


Filztafel (W3) [Adelung]


Die Filztafel, plur. die -n, bey den Hutmachern, eine Tafel, oder ein Tisch, auf welchem die Wolle gefilzet wird.


Final-Stock (W3) [Adelung]


Der Final-Stock, des -es, plur. die -Stöcke, aus dem Lat. Finalis, bey den Buchdruckern, im Holz geschnittene Zierathen, welche zum Schlusse eines Buches oder seiner Abtheilungen gesetzt werden; die Final-Leiste, wenn sie die Gestalt einer Leiste hat, der Schlußstock, die Schlußleiste.


Finanz (W3) [Adelung]


Die Finanz, plur. die -en. 1) * Ränke, List, neue aber schädliche Erfindung, eine veraltete Bedeutung. Sonder brauchen manche Finanz, Hans Sachs. Besonders 2) * zur Vermehrung seines Vermögens, betrieglicher Wucher; eine im Hochdeutschen gleichfalls veraltete Bedeutung. Wucher, Finanz und Schinderey, Hans Sachs. Wie nimbs ober Handt die Finanz Wie spitzig ist der Alefantz, ebend. Der nicht Finanz und Wucher übt, Opitz. Weiß nichts von Wechselbänken Von Wucher und Finanz ebend. 3) * Ränke zur Vermehr und des landesherrlichen Vermögens, List in Ernennung neuer Auflagen; eine gleichfalls veraltete Bedeutung welche im Oberdeutschen ehedem gleichfalls üblich war. 4) Heutiges Tages bedeutet dieses Wort nur noch im Plural, und im guten Verstande, die Finanzen, die Einkünfte eines Staates und deren Verwaltung. Die Finanzen sind in eine große Unordnung gerathen. Den Finanzen vorgesetzt werden. Die Finanzen verwalten. figürlich auch wohl den Vermögenszustand einer Privatperson. Seine Finanzen sind in Ordnung bringen. Der Singular ist nur in den Zusammensetzungen Finanz-Collegium, Finanz-Rath u. s. f. üblich, statt deren es auch zuweilen im Plural Finanzen-Collegium u. s. f. heißt.

Anm. Wir haben dieses Wort mit der Sache selbst ohne Zweifel aus dem mittlern Lat. Finantia und Franz. Finance, wo es nicht nur den öffentlichen Schatz, sondern auch verschiedene Arten der Abgaben, und dann Geld überhaupt bedeutet; obgleich Du Fresne beyde von dem Deutschen Finanz, Wucher, ableitet. Es kann seyn, daß fein, verschlagen, listig, das Stammwort von beyden, so wie von dem Franz. Finesse, ist, welches in den ersten Bedeutung mit Finanz überein kommt. Allein man hatte im mittlern Lateine auch das Zeitwort "finare", von "Finis", welches sich wegen einer Geldsumme endlich vergleichen, und eine Auflage eintreiben, bedeutete. Von Finanz waren ehedem auch die Wörter Finanzen, bevortheilen, und Finanzer, ein Wucherer, listiger Betrieger, üblich. Bürger sind Füchse zum schmeicheln und schmiegen, Vortheln, berücken, finanzen und lügen. Legau. Die Land und Leut beschweren Als Räuber, Landzwinger, Finanzer, Aufsetzmacher, und Alefanzer, Hans Sachs. In dem 1525 zu Basel gedruckten neuen Testamente Lutheri sind Finanzer, "die vil newe Fundlin auffbringen, als vuder Kauffleuten, Juristen und Hofschrantzen gesehen wurt."


Finanz-Collegium (W3) [Adelung]


Das Finanz-Collegium, oder Finanzen-Collegium, des -Collegii, plur. die -Collegia, ein landesfürstliches Collegium, dem sie Aufsicht über die Finanzen oder Einkünfte des Staats anvertrauet ist, und welches gemeiniglich die Kammer heißt, manchen Länder oder derselben noch vorgesetzet ist.


Finanz-Rath (W3) [Adelung]


Der Finanz-Rath, oder Finanzen-Rath, des -es, plur. die -Räthe, ein landesfürstlicher Rath, der in einem Finanz-Collegio Sitz und Stimme hat.


Finanz-Wesen (W3) [Adelung]


Das Finanz-Wesen, des -s, plur. car. alles was zu den Finanzen eines Landes und des Landesherren gehöret.


Finanz-Wissenschaft (W3) [Adelung]


Die Finanz-Wissenschaft, plur. inus. die Wissenschaft, wie die Einnahme und Ausgabe eines Staates klüglich zu verwalten ist.


Findebuch (W3) [Adelung]


* Das Findebuch, des -es, plur. die -bücher, eine nur im Oberdeutschen übliche Benennung, ein Inventarium zu bezeichnen, ein Buch, worin man alle zu einer gewissen Sache nöthige stücke verzeichnet findet, und welches auch ein Fundbuch, ein Fundzettel genannt wird.


Findegeld (W3) [Adelung]


Das Findegeld, S. Findelgeld.


Findel (W3) [Adelung]


Die Findel, plur. die -n, S. Findelhaus.


Findelgeld (W3) [Adelung]


Das Findelgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, dasjenige Geld, welches demjenigen, der eine verlorne Sache gefunden hat von dem Eigenthümer aus Erkenntlichkeit gegeben wird; das Findegeld, Findelohn.


Findelhaus (W3) [Adelung]


Das Findelhaus, des -es, plur. die -häuser, ein öffentliches Haus, in welchem Findelkinder aufgenommen und erzogen werden; im Oberd. die Findel.


Findelkind (W3) [Adelung]


Das Findelkind, des -es, plur. die -er, ein gefundenes Kind, welches von seinen Ältern weggesetzt worden; ein Findling.


Findelpfleger (W3) [Adelung]


Der Findelpfleger, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten der Aufseher über ein Findelhaus.


Findelvater (W3) [Adelung]


Der Findelvater, des -s, plur. die -väter, der unter der Aufsicht des Findelpflegers die Pflege und Erziehung der Findelkinder besorgt. So auch die Findelmutter.


Finden (W3) [Adelung]


Finden, verb. irreg. act. Imperf. ich fand; Conj. ich fände; Mittelw. gefunden; Imperat. finde. I. In eigentlicher und weiterer Bedeutung, auf seinem Wege gewahr werden, antreffen, und dann in vielen Fällen für gewahr werden, antreffen, überhaupt, doch vornehmlich in zwey verschiedenen Fällen. 1) Auf eine unerwartete Art auf seinem Wege gewahr werden, die gefundene Sache mag lebendig seyn, oder nicht. Man fand deinen Bruder von ungefähr unter den Todten. Welch ein feindliches Schicksal läßt mich Lucien finden! Ein unbekanntes Land finden. Wir haben es so (in diesem Zustand,) gefunden, wir wollen es auch so lassen. Ein Löwe fand den Propheten auf dem Wege, 1 Kön. 13, 24. Ich fand ihn in einem sehr hülflosen Zustande. Wie glücklich werden uns daselbst die stillen Abendstunden finden! Wird der Zustand, in welchem man eine Person oder Sache antrifft, vermittelst eines Zeitwortes ausdruckt, so stehet dasselbe oft im Participio, oder auch im Infinitivo. Ich fand ihn schlafend oder schlafen, sitzend oder sitzen, schreibend oder schreiben. Auch das Reciprocum sich finden, bedeutet hier oft gefunden werden. In der größten Verlegenheit fand sich unvermuthet eine Hülfe. Der verlorne Stein hat sich von ungefähr wieder gefunden. In engerer Bedeutung, von herrenlosen Dingen, auf welche man durch das Finden zugleich eine Art des Eigenthums erhält. Einen Schatz finden. Diesen Beutel habe ich gefunden, siehe ob es der deinige ist. Für das Geld ist es gefunden, oder ist es so gut als gefunden, sagt man von Dingen, welche man um einen sehr wohlfeilen Preis erhalten hat. Das war für ihn ein gefundenes Fressen, in der niedrigen Sprechart. 2) Von Dingen, welche man sucht, eine gesuchte Sache gewahr werden. Das verlorne Geld ist noch nicht wieder gefunden worden. Ich habe ihn lange gesucht, aber nirgends gefunden. Wer sucht, der findet. Ich suche überall, aber es will sich nirgends finden. Ich weiß kaum Worte zu finden, ihnen meine Erkenntlichkeit zu bezeigen. O du immer gerader Weg der Tugend, wenn werde ich die wieder finden! II. Figürlich. 1) Gewahr werden, entdecken überhaupt, so daß die vorigen Nebenbegriffe entweder ganz oder doch größten Theils verschwinden. Noch habe ich keinen treuen Freund gefunden. Man findet überall böse und gute Menschen. Die Demuth findet an jedem noch einen Vorzug, den sie nicht besitzet, Gell. Der Menschenfreund schätzt die Verdienste, wo er sie findet. Sonnenf. Ich finde in diesem Buche viele bedenkliche Stellen. Ich fand die Thür geöffnet. Ich finde ihr Herz zu sehr für ihn eingenommen. Ich kann die Schönheit an Kallisten nicht finden, die du erhebest. Als ich kam, fand ich, daß das Licht noch nicht erloschen war. Ich finde, daß es niemand gewahr wird. Dergleichen Seltenheiten sind in alten Cabinetten zu finden. Ich erwachte und fand mich allein. So auch das Reciprocum sich finden, entdeckt, wahrgenommen werden. Als man nach- sahe, fand sich, daß eines fehlete. Die Wahrheit wird sich finden. Auch überhaupt, sich einer Sache als gegenwärtig bewußt seyn, für empfinden, doch nur in einigen Fällen. Ich finde heuten keinen Beruf, einer solchen Gesellschaft beyzuwohnen. Nur in der Einsamkeit finde ich noch einigen Trost. Er aß und fand die Frucht vortrefflich von Geschmack, Gell. Der Weise findet in dem Bewußtseyn seiner Tugend die stärkste Quelle des Trostes, ebend. Die Seele findet ihre letzten Kräfte nur immer dann, wenn die Noth am dringendsten ist. Dahin gehören auch die Redensarten, Vergnügen, Mißvergnügen u. s. f. an oder in etwas finden. Ich fange an, Vergnügen im Wohlthun, oder am Wohlthun zu finden. Sie finden ihre größte Freude am Zanken. Sich durch etwas beleidigt, geschmeichelt, geehrt finden. Geschmack an etwas finden. 3) Nach angestellter Untersuchung oder gehabter Erfahrung erkennen. Wir werden stets finden, daß Gott es besser mit dem Menschen meinet, als es der Mensch mit sich meinen kann, Gell. Ich habe ihn unschuldig gefunden. Ich finde, daß er ein ehrlicher Mann ist. Hast du das Herz, mit dem du dich verbunden, Dem deinen gleich, der Liebe werth gefunden? Gell. Eine Person nicht Jungfrau finden, 5 Mos. 22, 14, 17; besser nicht als Jungfrau. Ungewöhnlich aber ist die Wortfügung Luc. 23, 2, diesen finden wir, daß er u. s. f. für, wir finden daß dieser u. s. f. Auch das Reciprocum sich finden kommt noch zuweilen statt des Passivi gefunden werden vor, obgleich das zusammen gesetzte befinden in dieser Bedeutung üblicher ist. Die Antwort findet sich unrecht, Hiob 21, 4, 6. Am häufigsten mit dem Zeitworte lassen. Er läßt sich im Kriege sehr feige finden. Ich werde mich dankbar finden lassen. Hierher gehöret auch die nunmehr veraltete, noch in einigen Niedersächsischen Gerichten übliche Bedeutung, ein Urtheil finden, d. i. fällen, von welcher die Beysitzer eines Gerichtes ehedem Finder und Findungsleute genannt wurden. 4) Dafür halten, nach dem Franz. trouver, in welchem Verstande auch befinden gebraucht wird. Man findet seine Blödigkeit angenehm, Raben. Jedermann fand ihn lächerlich, ebend. Dadurch finde ich mich beleidigt, Gell. Mich wegen erdichteter Beschuldigungen zu rechtfertigen, finde ich sehr überflüssig. Dann kann auch kein Engel unsere Verbindung sträflich finden, Dusch. Zur Trägheit gewöhnt, findet der Zärtling des Glücks die Tugend zu mühsam. Ich finde es gut, heute nicht zu reisen; im gemeinen Leben, ich finde es für gut. 5) Bekommen, nur in einigen Fällen. Gnade, Barmherzigkeit bey einem finden Hülfe, Trost finden. Ruhe finden. O du Einzige, in der alle meine besten Wünsche ihr Ende finden! Dusch. Wollen sie mein Bitten Statt finden lassen? Die Demuth kann nicht ohne Gefühl der Liebe des Schöpfers Statt finden, Gell. S. Statt. Gut, sprach er, steht nur immer kühn, Ihr findet hier heut euer Grab, Gell. Ich werde hoffentlich leicht Glauben bey ihm finden. Nur die biblischen Arten des Gebrauchs: das Herz finden, Herz, Muth bekommen, 2 Sam. 7, 27; Gottes Erkenntniß finden, Sprichw. 2, 5; die Gunst finden, Kap. 3, 4; das Leben finden, Kap. 8, 35, sind im Hochdeutschen ungewöhnlich. 6) Neue Vorstellungen oder Sachen hervor bringen; wofür doch in den meisten Fällen erfinden üblicher ist. Eine Versöhnung finden, Hiob 33, 24. Schwarz fand das Schießpulver. Er weiß geschwinde eine Lügen zu finden. Aus zweyen Zahlen die dritte finden, in der Rechenkunst. 7) In der Absicht zu strafen, sich zu rächen, finden. Ich will ihn schon zu finden wissen. Gott wird ihn schon dafür finden. 8) Sich in etwas finden, die Sache nach ihren Gründen einsehen. Er weiß sich in alles leicht zu finden. Ich kann mich gar nicht mehr in ihr Bezeigen finden, Gell. Ich kann mich in diese Rechnung nicht finden. Ingleichen, diese Einsicht thätig anwenden. Er kann sich in alle Leute finden. Wenn du dich in dein Glück zu finden weißt. Sich in die Zeit finden, schicken. 2) An einem Orte gegenwärtig, in einem gewissen Zustande seyn, auch als ein Reciprocum, und für das zusammen gesetzte befinden. Sich in einem Stande finden, (besser befinden) wo man andern dienen kann. Es findet (befindet) sich hier ein Käufer. Es finden sich viele schlechte darunter. Ich finde mich in einer großen Unruhe. Wir fanden uns auf einmahl zwischen Kornspeichern, Hermes. Der Eigensinn im Umgange, der gemeiniglich den Stolz begleitet, findet sich an dem Demüthigen nicht, Gell. 10) Kommen, gleichfalls als ein Reciprocum. Sie finden sich heimlich zusammen. S. auch Einfinden. Daher die Findung. S. solches an seinem Orte.

Anm. Finden, Nieder. gleichfalls finden, finnen, Dän. finde, lautet schon bey dem Kero findan, bey dem Ottfried fintan, im Angels. findan, im Engl. to find, im Schwed. finna, im alt Franz. finer, bey den alten Lateinern fendere, wie noch aus der Zusammensetzung offendere erhellet. Auch venire, besonders in der Zusammensetzung invenire, gehöret hierher, als welches bloß durch die noch bey den Niedersachsen übliche Ausstoßung des d aus fendere entstanden zu seyn scheinet. Bey dem Ulphilas ist finthan, wissen, und bey dem Ottfried finden auch suchen, bey Isidors Übersetzer aber beweisen; anderer veralteten und noch in den Zusammensetzungen und Ableitungen aufbehaltenen Bedeutungen zu geschweigen. S. Abfinden, Spitzfündig, Fund u. s. f.


Finder (W3) [Adelung]


Der Finder, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Finderinn, plur. die -en, der, oder die etwas findet, besonders in den eigentlichen Bedeutungen des Zeitwortes. Es ist eine Uhr verloren worden, der Finder soll ein ansehnliches Geschenk bekommen. Bey den Jägern ist der Finder, oder Saufinder, eine Art Jagdhunde, welches die wilden Schweine aufsucht; vermuthlich noch von der veralteten Bedeutung des Zeitwortes, da es suchen bedeutete. In einigen Niedersächsischen Gerichtsstätten, werden die Beysitzer eines Gerichtes noch jetzt Finder genannt, weil sie das Urtheil finden. S. Finden II. 3.


Findig (W3) [Adelung]


Findig, adj. et adv. welches nur im Bergbau üblich ist. Findig machen, finden. Ein Bergwerk findig machen, es entdecken. S. auch Spitzfündig.


Findlich (W3) [Adelung]


* Findlich, adj. et adv. welches im Hochdeutschen unbekannt ist, was sich finden lässt, gefunden wird. Ob nur einer findlich wäre, Logau.


Findling (W3) [Adelung]


Der Findling, des -es, plur. die -e, ein von seinen Ältern weggesetztes und von andern gefundenes Kind; ein Findelkind.


Findung (W3) [Adelung]


Die Findung, plur. die -en, von den Zeitworte finden, die Handlung des Findens, doch nur noch zuweilen in der eigentlichen Bedeutung, und ohne Plural. Das Findungsrecht, das Recht, welches der Finder auf die gefundene Sache hat. In einigen Niedersächsischen Gerichten bedeutet Findung noch das gefundene Urtheil, und in engerer Bedeutung, einen Abschied, Bescheid.


Finger (W3) [Adelung]


Der Finger, des -s, plur. ut nom. sing. Dimin. das Fingerchen, Oberd. Fingerlein. 1) Überhaupt, die äußersten in mehrere Theile getheilten Enden an den Händen und Füßen der Menschen und Thiere, so fern sie zum Fassen geschickt sind. In dieser weitesten Bedeutung werden nur noch die Klauen oder Fänge an den abgerichteten Falken bey den Jägern Finger genannt. 2. In der engern und üblichsten Bedeutung, das in fünf bewegliche Theile getheilte Ende der Hand. 1) Eigentlich. Mit Fingern auf jemanden weisen, zum Zeichen der Verachtung und Verspottung, so wie es bey den Griechen und Römern ein Merkmahl der Ehre und des Verdienstes war. Eines Fingers breit, dick, lang. Vier Finger hoch, d. i. so hoch, als die Breite von vier Fingern beträgt. Mit den Fingern essen, ohne Hülfe des Messers und der Gabel. der Kleine Finger, der letzte und kürzeste Finger an der Hand. S. Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger, Goldfinger, Ohrfinger. Im gemeinen Leben hat man von diesen uns so nothwendigen Gliedmaßen eine Menge figürlicher Redensarten. Einem etwas auf den Fingern vorrechnen, sehr genau und umständlich. er weiß es auf oder an den Fingern herzuzählen, sehr genau. Er ist schon so zahm, daß man ihn um einen Finger wickeln könnte, schon kann man ihn um einen Finger wickeln, er ist äußerst nachgebend. einem auf die Finger klopfen, ihn wegen eines Versehens mäßig bestrafen. Man muß ihm fleißig auf die Finger sehen, genau Acht auf ihn heben, damit er nichts veruntreue. Lange Finger machen, oder die Finger kleben lassen, bey Gelegenheit gern etwas entwenden, von diebischer Gemüthsart seyn. Das habe ich nicht aus den Fingern gezogen; ich habe es nicht erdichtet. Mein kleiner Finger hat es mit gesagt, ich weiß es auf eine geheime Art, eine besonders gegen Kinder übliche Art des Ausdrucks. Durch die Finger sehen, Nachsicht brauchen. Einem durch die Finger sehen, nachsichtig gegen ihn seyn. Den Finger auf den Mund legen, schweigen. Wir wollen hier den Finger auf den Mund legen, und die Wege Gottes in Demuth verehren. Sich die Finger verbrennen, unvermutheten Schaden von einer Handlung haben, anlaufen. Wenn man ihm einen Finger gibt, so will er gleich die ganze Hand, er ist nicht mit wenigem zufrieden. Die Finger nach etwas lecken, in der niedrigen Sprechart, sich über den Genuß einer Sache außerordentlich ergetzen. 2) Figürlich. (a) Macht, Gewalt, doch nur in der biblischen Schreibart, und von Gott. Das ist Gottes Finger, 2. Mos. 8, 19. Ich treibe die Teufel durch Gottes Finger aus, Luc. 11, 20; und Ps. 8, 4 heißen die Himmel ein Fingerwerk Gottes. (b) * Ein Ring, der an den Finger gesteckt wird, ein Fingerring; in welchem Verstande ehedem das Diminutivum Fingerlein, vermuthlich für Fingerling üblich war. In den Merseburgischen Statuten werden unter andern auch Ringe, Fingerlein, Heftlein u. s. w. mit zur Gerade gerechnet. (c) Die Bekleidung der Finger an den Handschuhen. Ein Handschuh mit Fingern. S. Fingerhandschuh.

Anm. Finger, bey dem Ulphilas Figgr, welches nach Art der Griechen Fingr, gelesen werden muß, bey Isidors Übersetzer Fingro, bey dem Ottfried Fingar, lautet im Niedersächs. Dän. Engl. und Angels. gleichfalls Finger, im Isländ. aber Fingr. Viele haben geglaubt, daß es von der Zahl fünf abstamme, weil dieser Finger gemeiniglich fünf an jeder Hand sind; eine sehr unwahrscheinliche Ableitung, welche der Art, wie die ältesten Völker ihre Wörter bildeten, zuwider ist. Die Endsylbe -er, zeiget ein Werkzeug an; es bleibet also nur die Sylbe fing zu bestimmen übrig, und diese gehöret ohne Zweifel zu dem Verbo fangen, fassen, ergreifen, welches dadurch bestätiget wird, daß die Klauen der Raubthiere aus eben derselben Ursache bey den Jägern noch jetzt Fänge heißen. Das Latein. Digitus, ist ver- muthlich auf eben diese Art von dem alten Verbo tigga, nehmen, gebildet.


Fingerhandschuh (W3) [Adelung]


Der Fingerhandschuh, des -es, plur. die -e, Handschuhe mit Fingern, d. i. wo jeder Finger seine besondere Bekleidung hat; zum Unterschiede von den Fausthandschuhen und Klapphandschuhen.


Fingerhut (W3) [Adelung]


Der Fingerhut, des -es, plur. die -hüte. 1) ein metallener Hut, den Finger im Nähen mit der Nadel nicht zu verletzen; im Schwed. Fingerborg, im mittlern Lat. Digitabulum. 2) S. das folgende.


Fingerhutblume (W3) [Adelung]


Die Fingerhutblume, plur. die -n, eine Pflanze, welche in dem mittägigen Europa wild wächset, und deren Blumen einem Fingerhute gleichen; Digitalis L. Fingerhutkraut, Waldglöcklein. Im gemeinen Leben wird sie oft nur schlechthin Fingerhuth genannt.


Fingerhutmacher (W3) [Adelung]


Der Fingerhutmacher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerksmann der Fingerhüte verfertiget; im gemeinen Leben, ein Fingerhüter.


Fingerig (W3) [Adelung]


Fingerig, adj. et adv. Finger habend, doch nur in den Zusammensetzungen, vierfingerig, nur vier Finger habend, sechsfingerig, sechs Finger habend.


Fingerkuppe (W3) [Adelung]


Die Fingerkuppe, plur. die -n, die Kuppe, d. i. Spitze, oder der äußere Theil der Finger.


Fingerling (W3) [Adelung]


Der Fingerling, des -es, plur. die -e. 1) * Ehedem ein Fingerring; im Schwab. Spieg. Vingerlin. S. Finger 2. 2) im gemeinen Leben, ein Überzug eines Fingers von Leder u. s. f. 3) an den Schiffen werden die eisernen Bänder, vermittelst welcher die Steuerruder in den Haken hängen, vermuthlich wegen einiger Ähnlichkeit, Fingerlinge genannt; Franz. Canassieres. 4) Im Oberd. eine Art Schwämme, wegen ihrer Ähnlichkeit mit einem Finger.


Fingern (W3) [Adelung]


Fingern, verb. reg. act. oft mit den Fingern berühren, mit den Fingern spielen, die Finger oft bewegen. Er kann wohl geigen, aber nicht fingern, im gemeinen Leben, von einem, der eine Sache nur obenhin versteht. Frisch nimm sich die Flöte her, du mußt mir etwas fingern, Rost. Er fingert um den Puls, Haged. Ein fingernder Doctor besalbt mir den Leib, ebend.


Fingerreif (W3) [Adelung]


Der Fingerreif, des -es, plur. die -e, ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, einen Fingerring zu bezeichnen, welches noch einige Mahl in der deutschen Bibel vorkommt, Esth. 8, 2; Luc. 15, 22.


Fingerring (W3) [Adelung]


Der Fingerring, des -es, plur. die -e, ein Ring, welchen man zur Zierde an dem Finger trägt, zum Unterschiede von Ringen anderer Art; in Boxhorns Glossen Fingiri hringa.


Fingersbreit (W3) [Adelung]


Fingersbreit, Fingersdick, Fingershoch, Fingerslang, u. s. f. welche Wörter ohne Noth zusammen gezogen werden, für Fingers, d. i. eines Fingers dick u. s. f. S. Finger. 2


Fingerwurm (W3) [Adelung]


Der Fingerwurm, des -es, plur. inus. S. Wurm.


Fingerzahl (W3) [Adelung]


Die Fingerzahl, plur. die -en, in der Rechenkunst, die einfachen Zahlen von 1 bis 9, weil man sie im gemeinem Leben an den Fingern herzuzählen pflegt.


Fingerzeig (W3) [Adelung]


Der Fingerzeig, des -es, plur. die -e, das Zeigen mit dem Finger, und figürlich eine dunkele, oder nur in wenig Worten ausgedruckte Bezeichnung einer Sache. Den Fingerzeig auf etwas geben.


Finkeljochen (W3) [Adelung]


+ Der Finkeljochen, des -s, plur. car. eine in den niedrigen Sprecharten, besonders Niedersachsens, übliche Benennung des gemeinen Kornbranntweines. Man könnte glauben, daß dieses Wort aus dem Nieder. und Dänischen Fennkool, Fennikel, Fenchel, und Jauche, ein dicker trüber flüssiger Körper, zusammen gesetzet sey, so daß dieses Wort eigentlich einen schlechten Fenchelbranntwein, bedeuten würde. Im Schwed. ist Finckel verdorbener, schlechter Wein, Lauer, ingleichen schlechter Kornbranntwein, im neuern Griech. aber - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Weinhefenbranntwein, welches Ihre von Faecula herleitet. Allein das unsrige ist ohne Zweifel aus der Rothwälschen Diebessprache entlehnt, welche viel von der Jüdisch-Deutschen Mundart hat, wo Jochem Wein bedeutet, welches aus dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - verderbt worden, und gefinkelter Jochem Branntwein, von finkeln, kochen, wovon Finkeley daselbst die Küche bedeutet.


Finkeln (W3) [Adelung]


* Finkeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches im Hochd. veraltet ist. Finken fangen; von welchem Zeitworte Kaiser Heinrich I, der sonst auch der Vogler heißt, wegen seiner großen Neigung zum Vogelfange, von geschmacklosen Geschichtschreibern noch zuweilen Finkeler oder Finkler genannt wird.


Finkenauge (W3) [Adelung]


Das Finkenauge, des -s, plur. die -n, eine ehemahlige kleine Scheidemünze in Meklenburg und Pommern, welche auch nur Finken genannt wurde. Frisch glaubt v. Winke, daß sie wegen ihrer Kleinheit so genannt wurden; allein sie hat ihren Nahmen ohne Zweifel von ihrem Gepräge, welches schon auf Brakteaten vorkommt, und in zwey einander ansehenden kleinen Vögeln auf zwey Ochsenköpfen bestehet. Es war daher eigentlich eine Meklenburgische Münze, welche in den Urkunden dieser Gegenden häufig vorkommt.


Finkenbauer (W3) [Adelung]


Das Finkenbauer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein niedriges Vogelbauer für Finken; in einigen Mundarten der Finkenbauer. 2) In einigen Niedersächsischen Gegenden ein Gefängniß für liederliche Leute; daher der Finkenherr, ein Polizey-Beamter, welches das liederliches Gesindel aufgreifen läßt: das Finkengeld, die Strafe gefangener Huren.


Finkenfalk (W3) [Adelung]


Der Finkenfalk, der -en, plur. die -en, ein dunkelbrauner, am ganzen untern Körper strohgelber Falk, mit schmutzig weißen Querstrichen, welches besonders den Finken nachstellet; Falco Fringillarius Klein.


Finkenfang (W3) [Adelung]


Der Finkenfang, des -es, plur. inus. der Fang der Finken. Auf den Finkenfang gehen.


Finkengarn (W3) [Adelung]


Das Finkengarn, des -es, plur. die -e, ein Garn, oder Netz, womit Finken gefangen werden; ein Finkennetz.


Finkenherd (W3) [Adelung]


Der Finkenherd, des -es, plur. die -e, ein Vogelherd, der mit Gesäme bestreuet wird, Finken und andere kleine Vögel auf demselben zu fangen.


Finkenhorn (W3) [Adelung]


Das Finkenhorn, des -es, plur. die -hörner, ein Wassergeschirr an den Finkenbauern, und in weiterer Bedeutung an allen Vogelbauern; das Finkennäpfchen.


Finkennetz (W3) [Adelung]


Das Finkennetz, des -es, plur. die -e. 1) ein Netz, Finken damit einzufangen; ein Finkengarn. 2) Auf den Schiffen, ein Netz an den Seiten des halben Verdecks, in welches die Hängematten nebst dem Bettzeuge gebracht werden, wenn sich ein Schiff mit einem andern schlagen will, da sie denn zugleich statt einer Brustwehre dienen; vermuthlich wegen einiger Ähnlichkeit mit einem Finkennetze. In einem alten Vocabulario von 1842 wird ein Umhang, canopium, durch Vinkennetz erkläret.


Finkenritter (W3) [Adelung]


Der Finkenritter, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, eine verächtliche Benennung eines eingebildeten Ritters; vermuthlich in Anspielung auf eine der ehemahligen Rittergeschichten.


Finkensame (W3) [Adelung]


Der Finkensame, des -ns, plur. inus. der Same des Leindotters oder Flachsdotters, und auch wohl die ganze Pflanze selbst, weil der Same eine angenehme Speise der Finken ist.


Finkenschlag (W3) [Adelung]


Der Finkenschlag, des -es, plur. von mehrern Arten, die -schläge, der Schlag oder Gesang der Finken.


Finkler (W3) [Adelung]


Der Finkler, des -s, plur. ut nom. sing. S. Finkeln.


Finkmeise (W3) [Adelung]


Die Finkmeise, plur. die -n, eine Benennung der großen Meise mit schwarzen Füßen, Parus major L. weil sie wie ein Fink schreyet. S. Brandmeise.


Finne (W3) [Adelung]


1. Die Finne, plur. die -n, ein nur in einigen Gegenden Ober- und Niederdeutschlandes bekanntes Wort, eine sumpfige morastige Gegend zu bezeichnen; wo es bald die Venne, die Fühne, Füne, bald aber auch das Fehn lautet. Besonders ist im Niedersächs. ein Fehn eine Gegend, wo sich Torf befindet, und wo derselbe gegraben wird, Torfland. Daher ein Fehn anlegen, ein Stück Torflandes so zurichten, daß man mit Bequemlichkeit daselbst Torf graben könne; der Fehnker, ein Torfgräber; das Fehnkerschiff, ein Schiff, welches dazu gebraucht wird u. s. f. In eben dieser Mundart ist Vie ein sumpfiger aber dabey fruchtbarer Ort, und Vieland der Nahme einer solchen Gegend an der Weser. Im Friesländ. und Oldenburg. bedeutet Fenen eine Weide, Ettfenne Weideland, und fennen eine Weide mit Vieh betreiben. Im Osnabrückischen ist Fönne der Schimmel, und fönnig schimmelig. Anm. Dieses Wort ist sehr alt, und Fast allen Europäischen Sprachen gemein. Im Angels. und Engl. lautet es Fenn und Venn, im Holländ. Venn, Vene, im Schwed. und Isländ. Fen, allein der Bedeutung eines Sumpfes. Im Griech. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Goth. Fan, im Ital. Fango, und Franz. Fange, Schlamm, Koth, im alt Französ. Fiens, im heutigen Fiente, Dünger. Mist: ja, daß Fan Fen, ehedem Wasser überhaupt bedeutet habe, erhellet unter andern auch aus dem Latein. Fons. In Deutschland gibt es verschiedene Bäche, welche den Nahmen Fühne führen. Der Südwind, welcher gemeiniglich Thau, und den Oberdeutschen auch Regen bringt, weil er über das mittelländische Meer kommt, wird noch jetzt in der Schweiz und andern Oberdeutschen Gegenden die Föhn oder Pfähn genannt. S. auch Fenn.


Finne (W3) [Adelung]


2. Die Finne, plur. die -n, ein gleichfalls altes Wort, welches eigentlich der Gipfel, die Spitze eines Dinges und ein erhabenes, spitziges Ding selbst bedeutet, aber nur noch in einigen besondern Fällen üblich ist. 1) Der Gipfel einer Berges und ein Gebirge selbst, doch nur noch in einigen Gegenden, besonders in den jetzt eigenthümlichen Nahmen mancher Berge und Gebirge, dergleichen Z. B. die Finne, das Gebirge in der Grafschaft Beichlingen in Thüringen, ist. Schon im Hebr. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Pinnah, der Gipfel eines Berges. In alt Latein. war Penna, Pinna, alles was hoch und zugespitzt war, daher auch das Penninische oder Apenninische Gebirge seinen Nahmen hat. 2) Die dünnste Seite eines Hammers, dem Kopfe gegen über; im Nieders. die Pinne, Französ. la Panne. S. Finnhammer und Absinnen. 3) Ein kleiner spitziger Nagel, im gemeinen leben, besonders Niedersachsens, eine Zwecke; Nieders. Pinne, woraus die Hoch- und Oberdeutschen zuweilen Pfinne machen. Schuhfinnen, eiserne Nägel in den Sohlen der Bauerschuhe. Hölzerne Finnen, hölzerne Zwecken der Schuster; im mittlern Lat. Phynnae. 4) Bey den Drechslern, der spitzige eiserne Zapfen in der Decke der Drehbank.


Finne (W3) [Adelung]


3. Die Finne, plur. die -n, Diminut. das Finnchen, Oberd. Finnlein. 1) Kleine rothe spitzige Blättern im Gesichte, welche zuweilen eitern und alsdann vertrocknen, bisweilen aber ohne Eiterung vergehen; Vari, Gesichtsblattern, Nieders. Dän. und Schwed. gleichfalls Finne, in Languedoc Panos, von dem Latein. Panus, ein Geschwür. 2) Weiße runde Körner in dem Fleische, besonders der Schweine, welche eine Krankheit sind, und aus verstopften und nach und nach verhärteten Wassergefäßen entstehen; Nieders. Finne, im Franz. ehedem Fy, daher fieux, finnig. Anm. Wachter leitet dieses Wort von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Geschwulst, oder von dem Lat. Panus, ein Geschwür, Boxhorn und Ihre aber von dem alten Fan, Ban, Angels. wenn, ein Gebrechen des Leibes, her. S. Wahn. Indessen kann man auch theils die Erhabenheit und spitzige Gestalt dieser Blattern, theils auch die in denselben gemeiniglich befindliche eiterige Feuchtigkeit als den Grund der Benennung ansehen, und da würde es zu einem der beyden vorigen Wörter gerechnet werden müssen.


Finne (W3) [Adelung]


4. Die Finne, plur. die -n, die fleischigen Floßfedern großer Fische, welche aus einer haut mit weichen oder knochigen Gräthen bestehen, und in weiterer Bedeutung, besonders im Niedersächsischen, auch wohl eine jede Floßfeder; Lat. Pinna, Nieders. und Dän. Finne, Angels. Fin, Finna, Schwed. Fena, Isländ. Faun, Fun, Engl. Fin, Ital. Pinna; entweder von der spitzigen stacheligen Beschaffenheit dieser Floßfedern, S. 2 Finne, oder wie Popowitsch muthmaßet, von dem Wend. viem, Lat. vieo, ich biege, oder auch von eben dem Stamme, von welchem Feder, Lat. Penna, herkommt.


Finnen (W3) [Adelung]


Finnen, verb. reg. act. mit der Finne des Hammers bearbeiten, S. Abfinnen.


Finnfisch (W3) [Adelung]


Der Finnfisch, des -es, plur. die -e, eine Art Wahlfische, mit einer Fettfinne am Ende des Rückens; Balaena Physalus L. Englisch. Finback-Whale, bey dem Geßner Physeter. Er gleicht an Länge dem Grönländischen Wallfische, ist aber viel schmäler, dünner und geschwinder. Man fänget ihn um Norwegen, wo sein Fleisch auch gegessen wird. Die Finne ist drey bis vier Fuß hoch. S. 4. Finne.


Finnhammer (W3) [Adelung]


Der Finnhammer, des, plur. die -hämmer, ein jeder Hammer mit einer Finne, d. i. an welchem der, der Bahn gegen über stehende Theil spitziger oder schärfer zuläuft, besonders bey den Goldarbeitern; im Nieders. Pinhammer. S. 2. Finne.


Finnig (W3) [Adelung]


Finnig, -er, -ste, adj. et adv. von 3. Finne, Finnen im Gesichte oder im Fleische habend. Finnig im Gesichte aussehen. Finniges Fleisch, ein finniges Schwein. Im Augsb. Stadtbuche von 1276 phinnik.

Anm. Das Nieders. und Holländ. finnig bedeutet außer dem noch heftig, eine finnige, d. i. strenge, Kälte, ingleichen bösartig, giftig, so wie das Angels. funig auch faul, stinkend bedeutet. Allein in dieser letzen Bedeutung gehöret es ohne Zweifel zu 1 Finne, so wie in der ersten vielleicht zu 2 Finne.


Finster (W3) [Adelung]


Finster, -er, -ste, adj. et adv. des Lichtes beraubt, entweder alles oder doch des meisten Lichtes beraubt, in Vergleichung mit hellern Körpern oder Örtern, dunkel. 1. Eigentlich. Ein finsterer Ort, ein finsteres Zimmer, ein finsterer Keller. Das Zimmer ist sehr finster. In der finsteren Nacht. Im Finstern sitzen, ohne Licht. Im Finstern ist gut mausen, im gemeinen Leben. Im Finstern tappen. Es wird schon finster, wenn die Nacht einbricht. Ein Zimmer finster machen. Ingleichen von solchen Körpern, welche den Lichtstrahlen den freyen Durchgang versagen. Finstere Fenster, von trüben, unreinem Glase, welche nicht genügend Lichtstrahlen durchlassen. Eine finstere Wolke. Es ist heute sehr finsteres Wetter. Ein finster Tag, an welchen das Wetter finster ist. 2. Figürlich. 1) Das finstere Zeug bey den Jägern, das dicke Jagdzeug, dergleichen Tücher und Planen sind, zum Unterschiede von dem lichten, d. i. Lappen, Garnen, Netzen, weil jene nicht so viel Licht durchlassen als diese. Finstere Hölzer, bey den Jägern, Nadelhölzer, zum Unterschiede von den lichten, d. i. Laubhölzern. 2) Den Ofen finster führen, im Hüttenbaue, ihm kein starkes Flammenfeuer geben, ihn dunkel halten. 3) Verdrießlich, mürrisch. Immer ernsthafte Bücher lesen, macht das Gemüth endlich finster. Einem eine finstere Miene machen. Sie sehen ja heute so finster aus. 4) Traurig, niedergeschlagen, im Gegensatze des heiter. Finstere Gedanken. Mit diesem Trauerkleide war auch mein Gemüth ganz finster geworden. Ein finsterer Tag, so schwarz wie dein Geschick, Mein Vaterland, Weiße. Das Finstere wird ein lichter Morgen werden, Hiob 11, 17. 5) unbekannt; doch nur in der Deutschen Bibel. Gott weiß was im Finstern lieget, Dan. 2, 22. 6) Lasterhaft, im Stande herrschender Unwissenheit und Sünde lebend; auch nur in der biblischen Schreibart. Sie gehen immer hin im Finstern, Pf. 82, 5. Finstere Wege gehen, Sprichw. 2, 13. Im Finstern wandeln, Es. 9, 2.

Anm. Finster, bey dem Ottfried finster, bey dem Tatian finliar, bey dem Willeram thimster, kommt gewiß nicht von wan, vin, ohne, und ster, ein Stern, her, wie sich jemand träumen lassen; sondern gehöret ohne Zweifel zu dem Nieders. und Dän. bister, welches bloß durch den Mangel des sehr zufälligen n davon unterschieden ist; welches auch dadurch wahrscheinlich wird, weil finster vornehmlich der Oberdeutschen Mundart eigen ist, und in der Niederdeutschen, und den mit ihr verwandten Sprachen nicht angetroffen wird. Aus den oben angeführten Beyspielen erhellet, daß finster und dunkel, im eigentlichen Verstande, gar wohl für einander gebraucht werden können. Ist ja ein Unterschied vorhanden, so bestehet er in der Würde; denn finster ist ursprünglich Oberdeutsch und um deßwillen edler als dunkel, obgleich auch dieß nicht zu niedrigen Sprecharten gerechnet werden kann. Düster aber ist bloß den niedrigen, besonders Niedersächsischen Mundarten eigen; S. dieses Wort. Einen hohen Grad des Finstern druckt man im gem. Leben durch stockfinster aus, wofür Luther Hiob 10, 22 stock dicke Finster gebraucht.


Finstere (W3) [Adelung]


* Die Finstere, plur. inus. ein Oberdeutsches, im Hochdeutschen unbekanntes Wort, für Finsterniß; bey dem Kero schon Finstri.


Finsterlings (W3) [Adelung]


* Finsterlings, adverb. welches nur in den niedrigen Mundarten, besonders Oberdeutschlandes, üblich ist, im Finstern. Finsterlings sitzen, im Finstern. Finsterlings sehen, wie die Katzen.


Finsterniß (W3) [Adelung]


Die Finsterniß, plur. die -sse, die Abwesenheit oder der Mangel des Lichtes. 1. Eigentlich, wo dieses Wort nur von einem hohen Grade dieses Mangels gebraucht wird, obgleich finster auch von geringern Graden üblich ist. in der Finsterniß der Nacht. Es war eine solche Finsterniß, daß man nicht die Hand vor den Augen sehen konnte. Werke der Finsterniß, in der bibli- schen Schreibart, die im Finstern begangen werden. 2. Figürlich. 1) In der Astronomie, der Zustand, da uns das Licht eines Himmelskörper auf eine Zeit lang entzogen wird, da derselbe verfinstert, d. i. unserer Empfindung nach verdunkelt wird. Eine Sonnenfinsterniß, eine Mondfinsterniß. 2) Abwesenheit der Verständlichkeit, der Deutlichkeit. wie oft läßt man uns Lehrsätze ins Gedächtniß prägen, die für uns mit Finsterniß umgeben sind! Gell. Umringt mit heiligen Finsternissen, ebend. Ingleichen der Zustand undeutlicher Begriffe. Das Licht der Seele verhüllet sich im Finsternisse, wenn wir es mißbrauchen, ebend. 3) Ungewißheit. Ich sehe in die Zukunft, aber da ist nichts wie Finsterniß. 4) Ein unberühmter Zustand. Eines Geitzigen Nahme bleibet im Finsterniß, Pred. 6, 4. 5) Ein geheimer, verborgener Ort, in der biblischen Schreibart. Was ich euch sage im Finsterniß, das redet im Licht, Matth. 10, 27. 6) Widerwärtigkeit, Trübsal, Anfechtung, Unglück; in welcher Bedeutung es in der Deutschen Bibel sehr häufig ist, außer der biblischen Schreibart aber nicht gebraucht wird. 7) Der Zustand herrschender Unwissenheit und Sünden; auch nur in der Deutschen Bibel, und zwar sehr häufig. 8) Die Beraubung des zeitlichen Lebens, gleichfalls nur in der biblischen Schreibart. 9) Der Zustand der Verdammten nach diesem Leben; auch nur in der Deutschen Bibel.

Anm. In allen diesen Bedeutungen, die erste figürliche ausgenommen, ist der Plural nur in der höhern und dichterischen Schreibart üblich. Finstarniss kommt schon bey dem Ottfried und Finstarness bey dem Tatian vor. Notker gebraucht dafür Finstrina, Willeram aber Vinstre, und noch die heutige Oberdeutschen die Finstere. Im Nieders. ist dafür Düsterniß und Bisterniß üblich. Im Oberdeutschen ist dieses Wort, so wie mehrere auf -niß, ungewissen Geschlechtes, das Finsterniß, in welchem es auch mehrmahl in Luther Bibel vorkommt, ungeachtet es eben daselbst in dem weiblichen noch häufiger ist.


Finte (W3) [Adelung]


Die Finte, plur. die -n. 1) Eigentlich, in der Fechtkunst, eine List, da man nach einem Theile des Leibes seines Gegners zielet, und inzwischen den Stoß an einem andern anbringet. Eine Finte machen. 2) Figürlich, im gemeinen Leben, betriegliche Vorstellungen, bösliche Erdichtungen, in der Absicht einem andern zu schaden. Das sind Finten.

Anm. Finte, im Nieders. Fünte, kommt doch wohl zunächst von dem Franz. Feinte her, welches aus feindre, sich verstellen, gebildet ist. Pictorius gebraucht dafür Kampfstück. S. Fund.


Fips (W3) [Adelung]


Der Fips, des -es, plur. die -e, in den gemeinen Sprecharten, ein Schlag mit dem Mittelfinger, wenn derselbe fest an den Daumen gedrücket, und hernach nach außen zu los geschnellet wird; besonders ein solcher Schlag an die Nase, ein Nasenstüber. Vermuthlich von dem dadurch verursachte Schalle. Daher das Zeitwort fipsen, Fipse geben. Einen fipsen.


Firlefanzerey (W3) [Adelung]


Die Firlefanzerey, plur. die -en, alberne Possen, unwitzige schnelle Einfälle, alberne Ausflüchte, in dem gemeinen Sprecharten; fast wie Alefanzerey. Auch das einfachere Firlefanz, plur. inus. kommt zuweilen in der eben gedachten Bedeutung vor. Ihr (der Fürsten) Studium ist Firlefanz, Göcking, d. i. Kinderey, Possen. Luther nennt einen Firlefanzer, der mit Worten umher träumt. Die letzte Hälfte ist unstreitig das veraltete fanzen, albern reden, irre reden, fantasiren, welches noch jetzt in einigen gemeinen Mundarten fanzeln lautet, wovon man daselbst auch fanzelig, albern, ungereimt hat. S. Alefanzerey. Nur für die erste Hälfte weiß ich keine befriedigende Ableitung; denn Frischens Einfall, daß das ganze Wort aus dem Franz. Faire lavance zusammen gezogen worden, verdienet keine Erwähnung.


Firmeln (W3) [Adelung]


Firmeln, in einigen Gegenden Firmen, verb. reg. act. eine gottesdienstliche Handlung in der Römischen und Griechischen Kirche zu bezeichnen, da ein Kind zu einer gewissen Zeit mit Chrysam gesalbet und mit einem neuen Nahmen beleget wird. In der Römischen Kirche geschiehet solches im sechsten Jahre von dem Bischofe oder Weihbischofe, in der Griechischen aber von einem jeden Priester bald nach der Taufe. In der evangelischen Kirche ist statt dessen die Einsegnung oder Confirmation üblich. Ein Kind firmeln. Das Wort ist aus dem Latein. Confirmare gebildet, weil dieses Handlung eine Erneuerung und Bestätigung der Taufe ist. Nieders. fermen, Schwed. Firma.


Firmelung (W3) [Adelung]


Die Firmelung, in einigen Gegenden die Firmung, plur. inus. die Handlung des Firmelns, welche in der Römischen und Griechischen Kirche unter die Sacramente gerechnet wird.


Firn (W3) [Adelung]


* Firn, adj. et adv. welches nur im Oberdeutschen üblich, im Hochdeutschen aber unbekannt ist, vorjährig, von dem vorigen Jahre. Firne Früchte, welche im vorigen Jahre gebauet worden. Firner Wein. Im firnen (vorigen) Jahre. Von dem Firnen essen, von den Früchten des vorigen Jahres, 3 Mos. 26, 10. Wenn das neue kommt, das firne wegthun, ebbend. Zwey firner Wein, Wein der zwey Jahre alt ist, drey firner, der drey Jahre alt ist u. s. f. In weiterer Bedeutung auch für alt überhaupt. Firner Wein, und zusammen gezogen Firnewein, alter Wein.

Anm. In den Oberdeutschen Mundarten lautet dieses Wort bald firn, bald fernig, bald ferd, ferdig, ferden, und ferntig. Ich alte ie von tage ze tage Vnd bin doch huire nihtes wiser danne vert, Reinmar der Alte. Schon Notker gebraucht firn für alt, firnen für alt werden, und irfirnen für veralten, und noch vor ihm im neunten Jahrhunderte heißt es bey dem Ruodepert ter fernerigo ostertag, das vorjährige Osterfest, ja schon bey dem Ulphilas ist fairngi alter Wein. Die Niedersachsen haben von diesem Worte doch etwas, denn bey ihnen ist eine fär-melkende Kuh, eine altmelkende, die noch im zweyten Jahre, nach dem sie gekalbet, Milch gibt. Im Schwed. ist forn alt, fyrnas alt werden, fiort im vorigen Jahre. Ob das Nieders. firr, firrig, stinkend, verdorben, auch hierher gehöre, will ich nicht entscheiden. Gemeiniglich leitet man dieses Wort von fern her; allein es scheinet mit mehrerm Rechte zunächst von vor, vorig gebildet zu seyn. S. Fernig.


Firner (W3) [Adelung]


* Der Firner, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Oberdeutschen Gegenden, besonders in der Schweiz, große Eisberge, welche von dem Schnee- und Regenwasser durch die Länge der Zeit zu einer erstaunlichen Höhe anwachsen, so daß sie oft alle andere Berge an Höhe übertreffen, und nicht selten in die benachbarten Thäler stürzen. Sie sind unter dem Nahmen der Gletscher am bekanntesten; S. dieses Wort.

Anm. Frisch und andere leiten dieses Wort, welches auch Firn und Firren lautet, von dem vorigen firn her, weil diese Berge aus altem Schnee und Eise entstehen. Allein es ist glaublicher, daß es zu dem alten bar, bor, hoch, gehöret, von welchem so wohl das Wort Berg, als auch der Nahme der Pyrenäen ab- stammet, so daß Firner eigentlich einen Berg bedeutet. S. Berg, Empor. Im Oberd. gibt es mehrere Berge, welche Berner und durch eine nicht ungewöhnliche Versetzung des Brenner genannt werden. S. auch Firste 1.


Firnewein (W3) [Adelung]


Der Firnewein, des -es, plur. inus. S. Firn.


Firniß (W3) [Adelung]


Der Firniß, des -sses, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -sse. 1. Eigentlich, eine dicke, flüssige, öhlige oder harzige Materie, theils Farben damit aufzutragen, theils aber auch gewissen Körpern damit einen Glanz zu geben. Der Mahlerfirniß, oder Öhlfirniß, womit die Mahler ihre Farben auftragen, wird aus Leinöhl oder Nußöhl gesotten und oft nur schlechthin Öhl genannt. Lackfirniß, Terpentinfirniß, u. s. w. S. diese Wörter. 2. In engerer Bedeutung. 1) Trockner Firniß, das Gummi, welches aus dem Wachholderholz schwitzet. 2) In dem Bernsteinhandel wird eine Art Bernstein, welche aus größern Stücken als der Sandstein und Schlug bestehet, Firniß genannt. Beyde Harze führen diesen Nahmen vermuthlich wegen des Gebrauches, den man davon macht.

Anm. Firniß, im Oberd. Firneiß, Dän. Fernis, Franz. Vernis, im mittlern Lat. Fernisium, Böhm. Fermez, ist aus dem Latein. Vernix, daher es auch im Deutschen von einigen Verniß geschrieben wird.


Firnißbaum (W3) [Adelung]


Der Firnißbaum, des -es, plur. die -bäume, eine Art des Färberbaumes, der in dem mitternächtigen Amerika und in Japan wächset, und dessen Harz von den Japanern und Chinesen zu ihren lackirten Arbeiten gebraucht wird; Rhus Vernix L. Site Kaempf. Weil er gewissen Personen sehr giftig ist, so nennen ihn andere den Giftbaum, oder die Giftäsche.


Firnißblase (W3) [Adelung]


Die Firnißblase, plur. die -n, eine Blase, d. i. ein rundes kupfernes Gefäß der Mahler u. s. f. Firniß darin zu sieben; die Öhlblase.


Firnissen (W3) [Adelung]


Firnissen, verb. reg. act. mit Firniß überziehen, im gemeinen Leben. Gefirnißtes Holz.


Firstbalken (W3) [Adelung]


Der Firstbalken, des -s, plur. ut nom. sing. der oberste Balken in einem Dache, in dessen Firste.


Firste (W3) [Adelung]


Die Firste, plur. die -n, der oberste Gipfel einer Sache; ein nur noch in einigen Fällen übliches Wort. 1) Der Gipfel eines Berges, im Oberdeutschen. Der Gletscher auf dem Berge Austelberg ist auf seiner First bey vier Meilen breit, Scheuchz. Das hohe Gebirge, welches Elsaß von Lothringen scheidet, der Vogesus der Alten, wird von den Anwohnern die First genannt. Die Bergfirste, Alpfirste, Hochfirste u. s. f. sind gleichfalls Nahmen Schweizerischer Gebirge. 2) Im Bergbaue, der obere Theil aller Örter und Stollen. Die Firste verzimmern. Die Anbrüche in den Firsten abbauen. S. Firstenerz und Firstenstämpel. 3) Die Spitze eines Daches, die Schärfe des Daches der Länge nach, und figürlich im Oberdeutschen auch ein Haus. Eine Feuersbrunst, worin funfzehen Firsten in die Asche geleget worden, Bluntschli.

Anm. In dieser letzten Bedeutung lautet es auch in einigen Gegenden, besonders Niedersachsens, die Förste, der Forst, im mittlern Lat. Festrum, im Nieders. Verstinge, Vorstinge, im Angels. Fyrst, im Holländ. Vorst. Es kommt von Bor, Vor, hoch, ab, und bezeichnet das Höchste oder Erste einer Sache. Das Engl. first, das Schwed. först, Angels. fyrst, alte Oberd. furist, bedeuten der erste; S. Firner, Fürst und Vor.


Firstenerz (W3) [Adelung]


Das Firstenerz, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, Erz, welches nicht unter sich in die Tiefe gehet, sondern sich in den Firsten oder schwebenden Mitteln befindet. S. Firste 2.


Firstennagel (W3) [Adelung]


Der Firstennagel, des -s, plur. die -nägel, Nägel, womit die Firstenziegel oder Hohlziegel an der Firste befestiget werden; Firstnägel, Forstnägel.


Firstenstämpel (W3) [Adelung]


Der Firstenstämpel, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, Stämpel, womit die gebrochenen Firsten verzimmert werden.


Firstenstein (W3) [Adelung]


Der Firstenstein, des -es, plur. die -e, besondere Schiefersteine, womit die Firsten der Häuser gedecket werden.


Firstenweise (W3) [Adelung]


Firstenweise, adv. im Bergbaue. Firstenweise bauen, d. i. über sich. Das Erz bricht firstenweise, in der Höhe, in der Firste.


Firstenziegel (W3) [Adelung]


Der Firstenziegel, des -s, plur. ut nom. sing. runde Ziegel, die Firsten der Häuser damit zu decken; Hohlziegel, Firstziegel, Forstziegel.


Fiscal (W3) [Adelung]


Der Fiscal, des -es, plur. die Fiscäle, aus dem mittlern Lat. Fiscalis, eine öffentliche Person, welche über die Gerechtsamen des Fisci, d. i. der landesfürstlichen Einkünfte, und an einigen Orten auch über die Aufrechthaltung der Gesetze wacht, und die Verletzung bey der in Nahmen des Landesfürsten zur Klage bringt. Daher Kammer-Fiscal, welcher auch nur Fiscal schlechthin heißt, welcher das Beste der Kammer in Acht nimmt, Hof-Fiscal, Jagd-Fiscal, General-Fiscal, der allen Fiscälen eines Landes vorgesetzet ist, Reichs-Fiscal u. s. f. S. diese Wörter. Fiscalische Sachen, Rechtshändel, welche der Fiscal in Ansehung seines Amtes zu führen schuldig ist. In manchen Ländern haben die Fiscäle andere Nahmen: in Sachsen heißen sie Procuratores, in Schleswig Anwälte u. s. f. Auf einigen Universitäten wird auch derjenige Student, welcher das Geld für die Collegia für einen Lehrer einsammelt und eintreibet, der Famulus, ein Fiscal genannt.


Fisch (W3) [Adelung]


1. Der Fisch, des -es, plur. die -e, der in das Holz versteckte Theil eines Thürbandes, S. die Fische.


Fisch (W3) [Adelung]


2. Der Fisch, des -es, plur. die -e, Diminut. Das Fischchen, Oberd. Fischlein. 1) Eigentlich, eine allgemeine Benennung aller derjenigen Wasserthiere, welche rothes Blut haben, durch Kiemen, nicht aber durch Lungen, Athem hohlen, und mit Floßfedern versehen sind. Fische fangen, Fische essen. Ein Gericht Fische. Getrocknete, eingesalzene, marinirte Fische u. s. f. Das sind faule Fische, figürl. im gemeinen Leben, das sind Erdichtungen, unredliche Handlungen. In der Astronomie führet das zwölfte Zeichen des Thierkreises den Nahmen der Fische, weil man es sich unter dem Bilde zweyer Fische schon von Alters her vorzustellen pfleget. 2) In weiterer Bedeutung begreift man oft alle im Wasser lebende Thiere, folglich auch die Frösche, Krebse, Schalthiere u. s. f. mit unter dem Nahmen der Fische, und in der Römischen Kirche gehören, in noch weiterm Verstande, auch verschiedene Landthiere dahin; die sich von Fischen nähren, z. B. die Wasserhühner, daher solche auch in der Fasten gegessen werden können; im Gegensatze des Fleisches in engerm Verstande.

Anm. Fisch, bey dem Ottfried Fisg, im Nieders. Dän. Schwed. und. Goth. Fisk, im Engl. Fish, im Isländ. Fiskur, bey den Krimmischen Tatarn Fischt, im Wallis. Pysg, im Lat. Piscis, im Franz. Poisson, gehöret vielleicht zu dem Wallisischen isch, Wasser. Die Kaffern auf der Insel Madagascar nennen einen Fisch Fia, und die Patagonen Hoi.


Fischaar (W3) [Adelung]


Der Fischaar, des -en, plur. die -en, oder der Fischadler, des -s, plur. ut nom. sing. eine Benennung verschiedener Aaren oder Adler, welche auf Fische stoßen, und sich von denselben nähren. 1) Eines Adlers mit hellgelben Füßen; Aquila ossifraga Klein. S. Beinbrecher. 2) Eines kastanienbraunen Geyers, mit kupfergrünen Flugfedern und Ruderfedern; Vultur Baeticus Klein. Braungeyer, Fischgeyer. Der Fischaar, 3 Mos. 11, 13, und 5 Mos. 14, 12, der den Israeliten zu essen verbothen war, heißt bey Michaelis der Meeradler.


Fischaarmeve (W3) [Adelung]


Die Fischaarmeve, plur. die -n, S. Seeschwalbe.


Fischadler (W3) [Adelung]


Der Fischadler, S. Fischaar.


Fisch-Ambra (W3) [Adelung]


Der Fisch-Ambra, plur. car. der schwarze Ambra, welcher in den Wägen gewisser Wallfischarten gefunden wird.


Fischangel (W3) [Adelung]


Die Fischangel, plur. die -n, eine Angel zum Fischen, zum Unterschiede von den Fußangeln, Thürangeln u. s. f.


Fischband (W3) [Adelung]


Das Fischband, des -es, plur. die -bänder, bey den Schlössern, eine Art Thürbänder, deren Lappen oder Fischen in das Holz hinein geschlagen werden. Gekrippte Fischbänder, deren Lappen winkelrecht gebogen sind, bey gewissen Stellungen der Schrankthüren. Die erste Hälfte dieses Wortes ist das Franz. Fiche, von ficher, in das Holz hinein treiben, indem diese Bänder eine Französische Erfindung sind, S. Fische.


Fischbär (W3) [Adelung]


Der Fischbär, des -en, plur. die -en, im gemeinen Leben, ein Bär, der sich von Fischen nähret, welches aber keine besondere Art dieses Thieres ist.


Fischbärn (W3) [Adelung]


Der Fischbärn, des -es, plur. die -e, ein Bärn, d. i. Kleines aber tiefes Netz an einer Gabel mit einem Bügel, theils in kleinen Wasser damit zu fischen, theils aber auch die Fische aus den Fischhältern damit heraus zu hohlen; ein Fischhamen, in den gemeinen Mundarten auch eine Fischbeere. S. Barn.


Fischbeerbaum (W3) [Adelung]


Der Fischbeerbaum, S. Mehlbeerbaum.


Fischbein (W3) [Adelung]


Das Fischbein, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e. 1) Eigentlich, die Beine oder Knochen der Meerspinne oder Seekatze, Sepia L. welche von den Goldschmieden gepülvert gebraucht, und zum Unterschiede von dem folgenden auch weißes Fischbein genannt werden. 2) Schwarzes Fischbein, welches im gemeinen Leben nur Fischbein schlechthin heißet, und diesen Nahmen sehr uneigentlich führet, weil es aus den Kiefern des Wallfisches gespalten wird. Daher der Fischbeinreißer oder Fischbeinfieder, in den Seestädten, der das rohe Fischbein, oder die Barten des Wallfisches ( S. Barte,) in heißem Wasser erweichet, und zu Stäben reißet oder spaltet; der Fischbeinrock, des andern Geschlechtes, ein durch Fischbein erweiterter und ausgesteifter Rock, ein Reifrock, steifer Rock, ehedem Glockenrock, Bogenrock, im Osnabrück, Fuke.


Fischblase (W3) [Adelung]


Die Fischblase, plur. die -n, eine in den meisten Fischen befindliche Blase, die mit Luft angefüllet ist, durch deren Hülfe sie sich im Wasser senken und erheben können; bey den Schriftstellern des Naturreiches die Schwimmblase.


Fischbret (W3) [Adelung]


Das Fischbret, des -es, plur. die -er, in den Küchen, ein rundes Bret, die Fische, darauf zu schuppen und zu reißen.


Fischbrut (W3) [Adelung]


Die Fischbrut, plur. inus. die Brut, d. i. die Jungen der Fische, als ein Collectivum.


Fischbuch (W3) [Adelung]


Das Fischbuch, des -es, plur. die -bücher, im gemeinen Leben, ein Buch, worin. die Fische nach ihren Arten und Gattungen beschrieben werden. Ingleichen ein Verzeichniß der zu einem Gute oder zu einer Gegend gehörigen Fischwasser; ein Rechnungsbuch über den Ertrag des Fischfanges.


Fischdieb (W3) [Adelung]


Der Fischdieb, des -es, plur. die -e, Fämin. die Fischdiebinn, plur. die -en, der oder die Fische stiehlet.


Fische (W3) [Adelung]


Die Fische, plur. die -n, bey den Schlössern, derjenige Theil eines Fischbandes, welcher in das Holz verborgen wird, der Lappen, in einigen Gegenden auch wohl der Fisch; aus dem Franz. Fiche, S. Fischband. Auf den Schiffen sind die Fischen diejenigen Hölzer, mit welchen der Mast auf dem Verdecke an den Seiten fest gemacht wird, Franz. Etambraies. Auch die Löcher, durch welche der Mast gehet, führen diesen Nahmen, vermuthlich aus eben derselben Quelle.


Fischel (W3) [Adelung]


Der oder das Fischel, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, ein Nahme solcher Pfennige, auf welchen ein oder mehrere Fische gepräget sind, dergleichen man Würtembergische, Barbysche, Wild- und Rheingräfliche, Stolbergische u. s. f. hat.


Fischeln (W3) [Adelung]


Fischeln, S. Fischenzen.


Fischen (W3) [Adelung]


Fischen, verb. reg. act. Fische fangen oder zu fangen suchen. 1) Eigentlich. Fischen gehen, fischen fahren, im gemeinen Leben, ausgeben, ausfahren zu fischen. Häringe, Karpfen fischen. Wir haben die ganze Nacht gefischt und nichts gefangen. Einen Teich fischen, figürlich, die Fische in demselben heraus fangen. Im trüben Wasser fischen, figürlich, aus den verworrenen Umständen anderer Nutzen zu suchen. In weiterer Bedeutung fischet man auch Perlen, Bernstein u. s. f. wenn man sie mit Netzen, wie die Fische, aus dem Wasser hohlet. Den Anker fischen, in der Seefahrt, ihn, wenn er verloren gegangen, wieder aufsuchen. 2) Figürlich, im gemeinen Leben, durch List in seine Gewalt bekommen. Er glaubt hier was zu fischen. Ach nein des Kaisers Netze Fischt nach Cleopatren und sucht Egyptens Schätze, Lohenst. Aus welchem Buche haben sie ihre Anmerkungen gefischt.

Anm. Nieders. fisken, bey dem Ottfried fisgon, im Angels. fiscian, im Engl. to fish.


Fischenzen (W3) [Adelung]


* Fischenzen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsw. haben, nach Fischen riechen oder schmecken; welches, aber nur im Oberd. am gangbarsten ist, wo dieses Wort auch fischeln und fischeinen lautet.


Fischer (W3) [Adelung]


Der Fischer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Fischerinn, plur. die -en, 1) Ein landwirthschaftlicher Handwerksmann, der die Kunst Fische zu fangen verstehet und sich davon ernähret; bey dem Ottfried Fisgar, bey dem Tatian Fiscar, im Angels. Fiscere, im Dän. Fisker, im Engl. Fisher. 2) Eine Art Meven mit einem rothen Schnabel, der am Ende schwarz ist, mit rothen Füßen, schwarzen Wirbel, grauem Rücken und Flügeln und weißem Bauche und Schwanze, Larus minor cinereus Klein, Rohrschwalm, wird im gemeinen Leben auch der Fischer, das Fischerlein oder die Fischmeve genannt.


Fischeramt (W3) [Adelung]


Das Fischeramt, des -es, plur. die -ämter, S. Fischerinnung.


Fischerbaum (W3) [Adelung]


Der Fischerbaum, des -es, plur. die -bäume, ein in Virginien befindlicher Baum, welcher am Wasser wächst, und dessen Holz dem Pantoffelholze gleicht, daher er auch Holzschuhbaum, von den Einwohnern aber Tupelo genannt wird; Nyffa L.


Fischererbe (W3) [Adelung]


Das Fischererbe, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z. B. in der Mark Brandenburg, ein Erbe oder Gut, welches ein Fischer eigenthümlich besitzet. S. das Erbe.


Fischerey (W3) [Adelung]


Die Fischerey, plur. die -en, 1) Der Fischfang, die Beschäftigung und Lebensart eines Fischers, ohne Plural. Sich der Fischerey ergeben. Die Fischerey verstehen. Auf der Fischerey seyn. Eine Fischerey anstellen. Von der Fischerey leben. Die Perlenfischerey, Bersteinfischerey u. s. f. 2) Das Recht, Fische in einem gewissen Wasser fangen zu dürfen, auch ohne Plural. Das Gut hat die Fischerey in dem See. 3) Allerley Wasser, welche Fische enthalten. Ein Gut, welches schöne Fischereyen hat. Fischereyen kaufen, d. i. Fischwasser. In der ersten Bedeutung gebraucht Ottfried statt dieses Wortes Fisgizz.


Fischerfalk (W3) [Adelung]


Der Fischerfalk, des -en, plur. die -en, eine Art Indianischer Falken, welche den kleinen Europäischen gleichen, und Fische fangen. Vielleicht ist er der Weißkopf, oder weißköpfige Blaufuß. Falco Piscator Cyanopus Klein. Franz. Faucon pecheur, der sich gleichfalls vom Fischfange nähret.


Fischergarn (W3) [Adelung]


Das Fischergarn, des -es, plur. die -e, ein Garn oder Netz zum Fischen; das Fischernetz, das Fischgarn.


Fischerinnung (W3) [Adelung]


Die Fischerinnung, plur. die -en, Innung der Fischer; die Fischerzunft, in Niedersachsen das Fischeramt.


Fischerkahn (W3) [Adelung]


Der Fischerkahn, des -es, plur. die -kähne, ein Kahn zum Fischen, ein Kahn, dessen sich die Fischer zum Fischfang bedienen.


Fischerkarpfen (W3) [Adelung]


Der Fischerkarpfen, des -s, plur. ut nom. sing. Karpfen, welche die Fischer und deren Gehülfen bey der Ausfischung eines Teiches für ihre Arbeit bekommen; zum Unterschiede von den Fahrkarpfen.


Fischernetz (W3) [Adelung]


Das Fischernetz, des -es, plur. die -e, Netze, deren sich die Fischer bedienen, zum Unterschiede von andern Arten von Netzen; Fischnetze; Fischergarne.


Fischerring (W3) [Adelung]


Der Fischerring, des -es, plur. die -e, nach dem Latein. annulus piscatoris, dasjenige Siegel der Römischen Päpste, womit die apostolischen Breven mit rothem Wachse besiegelt werden; zum Unterschiede von den bleyernen Bullen an den Privilegiis und Kanzelleybriefen, und von dem Signette, womit die Consistorial-Bullen besiegelt werden. Es hat den Nahmen daher, weil es den heil. Petrus in Gestalt eines Fischers vorstellet.


Fischerschiff (W3) [Adelung]


Das Fischerschiff, des -es, plur. die -e, das Schiff eines Fischers, ein zum Fischfange bequemes und bestimmtes Schiff.


Fischerstechen (W3) [Adelung]


Das Fischerstechen, des -s, plur. ut nom. sing. ein festliches Spiel der Fischer an einigen Orten, da sie einander mit Stangen von den Kähnen stechen, d. i. in das Wasser stoßen. Ein Fischerstechen halten.


Fischfang (W3) [Adelung]


Der Fischfang, des -es, plur. die -fänge. 1) Das Fangen der Fische, ohne Plural. Sich auf den Fischfang legen. Zum Fischfange nöthiges Geräth. 2) Zuweilen auch ein besonders zugerichteter Ort, Fische daselbst zu fangen.


Fischfaß (W3) [Adelung]


Das Fischfaß, des -sses, plur. die -fässer, ein Faß mit einem weiten Spunde, Fische darin zu verführen.


Fischfloße (W3) [Adelung]


Die Fischfloße, plur. die -n, in einigen Gegenden, eine Benennung der Floßfedern, welche an andern auch wohl Fischfedern genannt werden.


Fischgabel (W3) [Adelung]


Die Fischgabel, plur. die -n, eine große Gabel der Fischer mit drey Zacken, manche Arten von Fischen damit anzuspießen und zu fangen; S. Aalgabel.


Fischgarn (W3) [Adelung]


Das Fischgarn, S. Fischergarn.


Fischgeyer (W3) [Adelung]


Der Fischgeyer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fischaar.


Fischgräthe (W3) [Adelung]


Die Fischgräthe, plur. die -n, die Gräthe eines Fisches, welche auch nur schlechthin Gräthe genannt wird. S. dieses Wort.


Fischgrube (W3) [Adelung]


Die Fischgrube, plur. die -n, Gruben in den Fischteichen, in welche sich die Fische bey deren Ablassung versammeln, und hernach daselbst gefangen werden. Sie werden auch Stiche und Auszüge genannt. Fischloch.


Fischguren (W3) [Adelung]


Der Fischguren, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Schmerlinge mit acht Bartfäden und einem Stachel am Auge; Cobitis fossilis L. Er wird besonders um Regensburg häufig gefangen, und ist vermuthlich eben der Fisch, der in Obersachsen Beisker heißt, welcher Nahme in den gemeinen Mundarten in Pisguren, Fischguren, Pisgurre, Misgure, Fischgum u. s. f. verderbt worden. S. Beißker.


Fischhäher (W3) [Adelung]


Der Fischhäher, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fischreiher.


Fischhaken (W3) [Adelung]


Der Fischhaken, des -s, plur. ut nom. sing. ein eiserner Haken an einer langen Stange, die Reusen, Garnsäcke u. s. f. damit zu heben. Amos 4, 2 werden die Fischangeln mit dem sonst ungewöhnlichen Nahmen Fischhäklein belegt.


Fischhälter (W3) [Adelung]


Der Fischhälter, des -s, plur. ut nom. sing. ein jeder verwahrter Ort, die zum Verspeisen oder Verkaufe bestimmten Fische lebendig in demselben aufzubehalten. So werden in der Landwirthschaft keine Teiche, hölzerne durchlöcherte Kasten in den Teichen und Bächen, unten durchlöcherte Kähne u. s. f. Fischhälter genannt; Oberd. Fischhalter oder Fischbehalter, Nieders. Holder, Fiskaar, Holländ. Haalbul.


Fischhamen (W3) [Adelung]


Der Fischhamen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Hamen, d. i. tiefes Netz an einem Bügel, mit einer Gabel, Fische damit aus den Fischhältern zu hohlen; im gemeinen Leben ein Fischbärn, S. dieses Wort, in Nieder-Sachsen ein Kesser.


Fischhandel (W3) [Adelung]


Der Fischhandel, des -s, plur. inus. der Handel mit Fischen; im gemeinen Leben der Fischkram.


Fischhändler (W3) [Adelung]


Der Fischhändler, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Fischhändlerinn, plur. die -en, der oder die mit Fischen handelt; in den gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes ein Fischkrämer, Fischmenger, Fischler.


Fischhaus (W3) [Adelung]


Das Fischhaus, des -es, plur. die -häuser. 1) Ein Gebäude, Fische darin lebendig zu erhalten, oder auch das zum Fischfange nöthige Geräth in demselben zu verwahren. 2) Zu Cöln ein Haus, wo von gewissen dazu bestellten obrigkeitlichen Personen alle zur Fischerey gehörige Sachen entschieden werden.


Fischhaut (W3) [Adelung]


Die Fischhaut, plur. inus. die Haut eines jeden Fisches. In engerm Verstande ist die getrocknete scharfe Haut des Engelfisches, Squalus Squatina L. unter diesem Nahmen bekannt, welche von dem Tischlern und andern Holzarbeitern zum Poliren gebraucht wird. S. Engelfisch.


Fischherr (W3) [Adelung]


Der Fischherr, des -es, plur. die -en, an einigen Orten, besondere Rathsherren, welche die Aufsicht über die Fischern haben, und die dahin gehörigen Streitigkeiten entscheiden.


Fischholz (W3) [Adelung]


Das Fischholz, des -es, plur. car. in den Küchen, klein gespaltenes trockenes Holz, welches eine helle Flamme gibt, Fische dabey zu kochen.


Fischicht (W3) [Adelung]


Fischicht, adj. et adv. Fischen ähnlich, im gemeinen Leben. Ein fischichter Geruch, ein Fischgeruch.


Fischkäfer (W3) [Adelung]


Der Fischkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Wasserkäfer.


Fischkasten (W3) [Adelung]


Der Fischkasten, des -s, plur. ut nom. sing. ein Fischhälter in Gestalt eines Kastens, ein durchlöcherter Kasten in den Teichen, Bächen u. s. f. Fische darin lebendig, aufzubewahren; Nieders. Hüdevat, Hüvat, Hüe.


Fischkessel (W3) [Adelung]


Der Fischkessel, des -s, plur. ut nom. sing. in den Küchen, ein messingener leichter Kessel, Fische darin zu sieden.


Fischkiefer (W3) [Adelung]


Der Fischkiefer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fischohr.


Fischkieme (W3) [Adelung]


Die Fischkieme, plur. die -n, S. ebendas.


Fischkoch (W3) [Adelung]


Der Fischkoch, des -es, plur. die -köche, an einigen Höfen, ein besonderer Koch, der nur Fische kocht und zubereitet.


Fischköder (W3) [Adelung]


Der Fischköder, des -s, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, ut nom. sing. der Köder, vermittelst dessen man die Fische anlockt und fänget.


Fischkörner (W3) [Adelung]


Die Fischkörner, sing. inus. die Frucht eines Ostindischen Baumes, welche den Lorbeeren gleichet, und eine so berauschende und betäubende Kraft hat, daß, wenn man sie unter den Fischköder menget, die Fische so betäubt davon werden, daß man sie mit Händen fangen kann; Menispermum Cocculus L. Tollkörner


Fischkram (W3) [Adelung]


Der Fischkram, des -es, plur. inus. S. Fischhandel.


Fischkrämer (W3) [Adelung]


Der Fischkrämer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Fischkrämerinn, S. Fischhändler.


Fischkraut (W3) [Adelung]


Das Fischkraut, S. Braunwurz.


Fischkümmel (W3) [Adelung]


Der Fischkümmel, des -s, plur. inus. im gemeinen Leben, eine Benennung des zahmen oder Gartenkümmels, dessen man sich in den Küchen, besonders an den Fischen bedienet; zum Unterschiede von dem wilden, oder Feldkümmel.


Fischlake (W3) [Adelung]


Die Fischlake, plur. inus. im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, die Lake, d. i. salzige Brühe, von eingesalzenen Fischen; zum Unterschiede von der Fleischlake.


Fischleich (W3) [Adelung]


Der Fischleich, des -es, plur. inus. der Leich, d. i. Samen der Fische. S. Leich.


Fischleim (W3) [Adelung]


Der Fischleim, des -es, plur. inus. der aus den Blasen gewisser Fische gesottene Leim, S. Hausenblase.


Fischloch (W3) [Adelung]


Das Fischloch, des -es, plur. die -löcher, der tiefste Ort in einem Teiche, bey dem Zapfen oder Ständer, in welchem sich die Fische bey dem Ablassen versammeln; das Kesselloch. S. Fischgrube.


Fischlöffel (W3) [Adelung]


Der Fischlöffel, des -s, plur. ut nom. sing. ein breiten Löffel oder Spatel, die Fische bey der Mahlzeit damit vorzulegen.


Fischmarkt (W3) [Adelung]


Der Fischmarkt, des -es, plur. die -märkte, ein Marktplatz, auf welchem vornehmlich Fische verkauft werden.


Fischmaul (W3) [Adelung]


Das Fischmaul, des -es, plur. die -mäuler, eine Art Seeschnecken, deren Öffnung einem Fischmaule gleicht; Nerita L. Schwimmschnecke, weil sie schwimmt.


Fischmeister (W3) [Adelung]


Der Fischmeister, des -s, plur. ut nom. sing. der die Aufsicht über eine Fischerey von beträchtlichem Umfange hat; dessen Gattinn, die Fischmeisterinn.


Fischmeve (W3) [Adelung]


Die Fischmeve, plur. die -n, S. Fischer.


Fischnetz (W3) [Adelung]


Das Fischnetz, S. Fischernetz.


Fischohr (W3) [Adelung]


Das Fischohr, des -es, plur. die -en, ein knochiger Bogen mit kammförmigen Strahlen, an dem Kopfe der mit Gräthen versehenen Fische, welcher ihnen anstatt der Lunge zum Athemhohlen, nicht aber zum Hören dienet, daher er auch unrichtig ein Ohr genannt wird; Branchia, im gemeinen Leben Kieme, Fischkieme, Kiefer, Fischkiefer; Nieders. Keve, ( S. Kiefer und Kieme,) bey dem Peucer der Kampf, in andern Gegenden der Geckel. An jeder Seite des Kopfes befinden sich deren gemeiniglich vier.


Fischordnung (W3) [Adelung]


Die Fischordnung, plur. die -en, eine obrigkeitliche Verordnung in Ansehung des Fischens und der Fischereyen.


Fischotter (W3) [Adelung]


Die Fischotter, plur. die -n, ein vierfüßiges Wasserthier mit fünf Zehen, welche mit einer Haut verbunden sind, wie an den Wasservögeln, welches sich von Fischen nähret; Lutra digitis aqualibus L. Sie ist auf dem Rücken kastanienbraun, am Bauche aber grau, baut sich lange und weitläufige Gänge unter der Erde nahe am Wasser, und wird oft nur schlechthin die Otter genannt. Bey dem Plinius heißt sie Physeter, welchen Nahmen Frisch aus dem Niedersächsischen erkläret, und behauptet, daß er aus Fischeter, Fischesser, entstanden sey.


Fischpinsel (W3) [Adelung]


Der Fischpinsel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Mahlern, ein Pinsel von den Haaren der Fischotter.


Fischporte (W3) [Adelung]


Die Fischporte, plur. die -n, in der Fischerey, eine Art der Fischweide, welche aus einer breternen Porte, oder Thüre, bestehet, unter welche sich die Fische bey einer großen Hitze häufig versammeln. Die letzte Hälfte ist das Franz. Porte, eine Thür, weil diese Art des Fischfanges eine Franz. Erfindung ist.


Fischraffel (W3) [Adelung]


Die Fischraffel, plur. die -n, ein gleichfalls aus dem Franz. Raffle gebildetes Wort, eine Art eines Fischergarnes zu bezeichnen, welches einem Sack- oder Koffergarne gleichet, und alles mit sich nimmt oder raffet, worauf es fällt.


Fischrecht (W3) [Adelung]


Das Fischrecht, des -es, plur. inus. das Recht des Fischfanges.


Fischreich (W3) [Adelung]


Fischreich, -er, -ste, adj. et adv. reich an Fischen. Ein fischreicher Bach, Fluß u. s. f.


Fischreiher (W3) [Adelung]


Der Fischreiher, des -s, plur. ut nom. sing. der gemeine graue Reiher, Ardea cinerea Klein, welcher auch Fischhäher, ingleichen. Reiher schlechthin genannt wird, und sich von Fischen nähret. S. Reiher.


Fischreuse (W3) [Adelung]


Die Fischreuse, plur. die -n, Reusen, d. i. von Weiden geflochtene Körbe, Fische darin zu fangen.


Fischrichter (W3) [Adelung]


Der Fischrichter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Richter in Sachen, welche den Fischfang betreffen. Dergleichen Fischrichter gibt es für die Fischer an der schwarzen Elster in Sachsen, welche über das gehörige Maß der Fische und des Fischzeuges genaue Aufsicht haben müssen.


Fischrogen (W3) [Adelung]


Der Fischrogen, des -s, plur. inus. S. Rogen.


Fischsatz (W3) [Adelung]


Der Fischsatz, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -sätze, der Satz, d. i. junge Brut der Fische, junge Fische, welche zwey Jahre alt sind; S. Satz.


Fischsäule (W3) [Adelung]


Die Fischsäule, plur. die -n, eine Säule, welche die Gränzen eines Fischwassers und des demselben anklebenden Fischrechtes bezeichnet.


Fischschiefer (W3) [Adelung]


Der Fischschiefer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schiefer, mit Abdrücken von Fischen.


Fischschuppe (W3) [Adelung]


Die Fischschuppe, plur. die -n, die Schuppen der Fische, S. Schuppe.


Fischspeise (W3) [Adelung]


Die Fischspeise, plur. die -n, eine Speise von Fischen, zum Unterschiede von den Fleischspeisen, Mehlspeisen u. s. f.


Fischstechen (W3) [Adelung]


Das Fischstechen, des -s, plur. inus. eine Art des Fischfanges, da die Fische mit spitzen Eisen gestochen werden.


Fischtag (W3) [Adelung]


Der Fischtag, des -es, plur. die -e. 1) Ein Tag, an welchem zu fischen erlaubt ist. 2) Ein Tag, an welchem man Fische speiset, oder zu speisen verbunden ist, besonders in der Römischen Kirche, zum Unterschiede von den Fleischtagen.


Fischteich (W3) [Adelung]


Der Fischteich, des -es, plur. die -e, ein Teich, in welchem Fische gehalten werden, zum Unterschiede von einem Mühlenteiche u. s. f. Im Oberd. der Fischweiher.


Fischthran (W3) [Adelung]


Der Fischthran, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, Thran, d. i. flüssiges Fett von großen Seefischen, S. Thran.


Fischtopf (W3) [Adelung]


Der Fischtopf, des -es, plur. die -töpfe, ein durchlöcherter Topf, welchen man in das Wasser setzt, kleine Fische eine Zeit lang in demselben lebendig zu erhalten.


Fischtrampe (W3) [Adelung]


Die Fischtrampe, die -n, bey den Fischern, eine lange Stange, vorn mit Stücken von Filz oder Leder versehen, die Fische damit aus ihren Löchern in die Netze zu treiben; die Störstange. S. Trampe.


Fischtrog (W3) [Adelung]


Der Fischtrog, des -es, plur. die -tröge, in der Hauswirthschaft, ein Trog, Fische in demselben lebendig zu erhalten.


Fischwaare (W3) [Adelung]


Die Fischwaare, plur. die -n, Fische und deren Theile, als eine Waare betrachtet. Mit Fischwaaren handeln.


Fischwage (W3) [Adelung]


Die Fischwage, plur. die -n, eine Wage, Fische darauf zu wägen.


Fischwasser (W3) [Adelung]


Das Fischwasser, des -s, plur. ut nom. sing. ein fischreiches Wasser, ein Bach, Fluß, See, u. s. f. welcher Fische enthält.


Fischwathe (W3) [Adelung]


Die Fischwathe, plur. die -n, ein großes Fischnetz, welches aus zwey gestrickten Wänden bestehet, und in der Mitte einen Sack hat, in welchem sich die eingefangenen Fische versammeln; die Wathe, das Ziehgarn, Zugnetz, weil es von Menschen oder Pferden gezogen wird, in Österreich Segen. S. Wathe.


Fischweib (W3) [Adelung]


Das Fischweib, des -es, plur. die -er, ein Weib, welches Fische feil hat.


Fischweiher (W3) [Adelung]


Der Fischweiher, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fischteich.


Fischwerk (W3) [Adelung]


Das Fischwerk, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben, allerley Fische, so fern sie ein Gegenstand der menschlichen Nahrung oder des Handels sind. In engerer Bedeutung werden auch wohl die Schalthiere und Krebse, so fern man sie von den Fischen unterscheiden will, Fischwerk genannt.


Fischwirthschaft (W3) [Adelung]


Die Fischwirthschaft, plur. inus. die Wissenschaft, die Fischteiche und Fischwasser mit Vortheil zu unterhalten und zu nut- zen, und diese Benutzung selbst. Die Fischwirthschaft verstehen. Eine schlechte Fischwirthschaft führen.


Fischzehnte (W3) [Adelung]


Der Fischzehnte, des -n, plur. die -n, der Zehnte, welcher von den Fischen entrichtet wird.


Fischzeug (W3) [Adelung]


Das Fischzeug, des -es, plur. inus. ein Collectivum, alles zum Fischen nöthige Geräth zu bezeichnen.


Fischzug (W3) [Adelung]


Der Fischzug, des -es, plur. die -züge, der Zug mit einem Fischgarne, besonders mit der Wathe. Einen reichen Fischzug thun.


Fispern (W3) [Adelung]


Fispern, verb. reg. act. welches in der vertraulichen Sprechart für flistern üblich ist. Sie steckten die Köpfe zusammen und fisperten. Stentor fisperte mir einen witzigen Einfall in das Ohr. Das Zeitwort fispern, von welchem fispern das Frequentativum ist, ist noch im Oberdeutschen bekannt, wo es auch wispen, wispern, wispeln lautet. Nach dem Feuer quam ein Wispeln eines sanften Wetters, heißt es 1 Kön. 19 in einer alten handschriftlichen Übersetzung der Deutschen Bibel bey dem Frisch. Übrigens ist dieses Wort, so wie flistern, eine Nachahmung des fispernden Schalles. S. Flistern.


Fistel (W3) [Adelung]


Die Fistel, plur. die -n, ein aus dem Latein. Fistula, eine Röhre. gebildetes Wort, welches im Deutschen besonders in einer doppelten Bedeutung üblich ist. 1) Durch die Fistel singen, in der Musik, eine Stimme erzwingen, die man nicht von Natur hat; wenn Z. B. eine erwachsene Mannsperson, deren natürliche Stimme der Baß ist, den Alt oder Discant zu singen unternimmt, welches man auch fistuliren, und eine solche erzwungene Stimme auch das Falsett, oder Falsett-Stimme zu nennen pflegt, S. dieses Wort. Entweder vom Fistula, die Luftröhre, oder auch so fern dieses Wort eine Pfeife bedeutet, wegen der Ähnlichkeit einer solchen erzwungenen Stimme mit dem Klange einer Pfeife. 2) Bey den Ärzten, ein verhärtetes tiefes Geschwür, welches einen engen Eingang hat, und aus langen und harten Höhlen oder Röhren (fistulis,) bestehet; ein Röhrgeschwür, Hohlgeschwür; fistulirter Schade, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Eine einfache Fistel, wenn sie nur Eine Höhle hat. Eine zusammen gesetzte Fistel, wenn sie deren mehrere hat. S. Gesäßfistel, Thränenfistel. Bey dem Pictorius bedeutet Fistel oder Fissel das kleine Geschwür am Auge, welches unter dem Nahmen des Gerstenkornes bekannt ist.


Fistel (W3) [Adelung]


Fistel, Gelbholz, S. Fustel.


Fistel-Cassia (W3) [Adelung]


Die Fistel-Cassia, oder ohne Artikel Fistel-Cassien, plur. inus. eine Art der Cassia, mit einer röhrigen Frucht, welche auch Röhr-Cassien genannt wird; Cassia Fistula L. S. Cassia.


Fistelkraut (W3) [Adelung]


Das Fistelkraut, des -es, plur. inus. ein Nahme Läusekrautes, besonders dessen, welches in den Wäldern wächset, Pedicularis sylvatica L. dessen ausgepreßter Saft in Fisteln und fistelartigen Geschwüren sehr dienlich ist.


Fistelmesser (W3) [Adelung]


Das Fistelmesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein Messer der Mundärzte, die Fisteln damit aufzuschneiden; Syringotomus, welches auch wohl der Fistelschneider genannt wird.


Fistuliren (W3) [Adelung]


Fistuliren, verb. reg. act. S. Fistel 1. 2.


Fittich (W3) [Adelung]


Der Fittich, des -es, plur. die -e, 1. Eigentlich, der Flügel an einem Vogel, im Oberdeutschen und in der höhern Schreibart der Hochdeutschen. Der mus zween Vettich oder Flugel han, Schwabensp. Alles was fliegen konnte, und alles was Fittig hatte, 1 Mos. 7, 14. Der Schwan spanne des Fittigs Segel auf, Kleist. Der Nordwind, der Mit starken Fittigen die schwarzen Lüfte theilte. Schleg. Ungeachtet die Hochdeutschen dieses Wort nur in der höhern Schreibart gebrauchen, so ist es doch den Niedersachsen nicht unbekannt, wo Fiddik und Fittje einem Flederwisch bedeuten. 2. Figürlich. 1) Die Fittiche Gottes, in der Deutschen Bibel, des- sen Schutz. Unter Gottes Fittigen trauen, Ps. 61, 5. Gott wird dich mit seinen Fittigen decken, Ps. 91, 4. 2) Der Arm, im verächtlichen Verstande und in der gemeinen Mundarten, wo man in eben diesem Falle auch wohl das Wort Flügel gebraucht. Jemanden bey dem Fittich nehmen, und zur Thüre hinaus werfen. In welchem Sinne in Niedersachsen auch das Slafittig, oder Schlafittje üblich ist, gleichsam die Schlagfedern, der Schlagfügel. 3) Diejenigen Theile eines Kleides, welche nicht fest anliegen, sondern sich frey bewegen, die Falten, der Saum an der ehemaligen Art weiter Kleider, der Schweif, die Zipfel eines Kleides, Bettes u. s. f. doch nur in der Deutschen Bibel und im Oberdeutschen. Rede mit den Kindern Israel, - das sie ihnen Läpplein machen an den Fittigen ihrer Kleider - und gele Schnürlein auf den Läpplein an die Fittige thun, 4. Mos. 15, 38. Du sollt dir Läpplein machen an den vier Fittigen deines Mantels, 5 Mos. 22, 12. Quäste sollst du an den vier Ecken des Oberkleides machen, Michaelis und so in andern Stellen mehr.

Anm. Dieses Wort lautet in der Bedeutung eines Flügels bey dem Übersetzer Isidors Fethdhahha, bey dem Notker Fettacho, bey dem Peucer Vettag. In Boxhorns Glossen bedeutet Fedacha, Vögel, Geflügel. Wachter glaubt, daß dieses Wort aus Feder und rich, Frisch aber aus Feder und Dach zusammen gesetzet sey; sehr gewagte und weit gesuchte Ableitungen. Die erste Sylbe ist unstreitig mit der ersten Sylbe in Feder einerley, nur die Ableitungssylbe ich, oder ig, wie es einige in diesem Worte schreiben, ist so deutlich noch nicht; S. - Ich. Indessen erhellet doch aus der Schreibart der Alten, und der Aussprache, besonders im Plural, daß man dieses Wort richtiger Fittich als Fittig schreibet; zumahl da der stärkere Hauch der Oberdeutschen Mundart, welcher dieses Wort vorzüglich zugehöret, so eigen ist. In einigen gemeinen Mundarten lautet es Flittich.


Fitze (W3) [Adelung]


Die Fitze, plur. die -n, in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens. 1) Das Band, womit ein Stück Garn auf dem Haspel in kleinere Bünde gebunden wird, und welches aus das Fitzband, der Fitzfaden, Nieders. die Fisse, genannt wird. Im Dänischen ist Fed und Fid ein Strang, und Fedbaand, ein Fitzband. 2) Diese zusammen gebundenen Fäden selbst, in welchem Verstande es zugleich ein Maß des gesponnenen Garnes ist, welches an andern Orten auch ein Gebinde heißt. Eine solche Fitze hält 40 Fäden um den Haspel, deren jeder 4 Ellen, an manchen Orten aber nur 3 1/2 Elle lang ist; 20 Fitzen machen eine Strähne oder ein Stück. S. Gebinde. 3) Eine Falte, Runzel, Nieders. Fisse. Fitzen in der Stirn machen.

Anm. In allen diesen Bedeutungen scheinet es zu fassen, Nieders. faten, oder auch zu Faden. Fase, zu gehören.


Fitzen (W3) [Adelung]


1. Fitzen, verb. reg. act. von dem vorigen Hauptworte, nur in den gemeinen Mundarten. 1) In Fitze binden. Garn fitzen; Nieders fissen. 2) Runzeln, verworrene Falten machen. Die Stirne fitzen. Etwas zusammen fitzen, unordentlich, flüchtig zusammen nähen. S. Verfitzen. 3) Fadenweise ausziehen, oder auch, was verworren ist, einzeln wieder in Ordnung bringen. Wenn nur Wahrheit zum Grunde läge, die es der Mühe lohnte, aus seiner verworrenen Schreibart heraus zu fitzen! Less.


Fitzen (W3) [Adelung]


2. Fitzen, verb. reg. act. welches zu dem Zeitworte fiedeln, reiben, zu gehören scheinet, und in den Zusammensetzungen abfitzen und einfitzen üblich ist; S. diese Wörter. Jenes bedeutet bey den Maurern eine Mauer mit dem Sprengpinsel glatt machen; dieses bey den Nadlern einfeilen. S. auch Fetzen.


Fitzfeile (W3) [Adelung]


Die Fitzfeile, plur. die -n, bey den Nadlern, eine Feile, mit welcher das Öhr in den Nähnadeln eingefitzet, d. i. eingesäget wird.


Fitzzange (W3) [Adelung]


Die Fitzzange, plur. die -n, auch bey den Nadlern, eine Zange, die Nähnadeln damit zu halten, wenn das Öhr eingefitzet werden soll.


Fix (W3) [Adelung]


1. Fix, -er, -este, adj. et adv. aus dem Latein, fixus fest, unveränderlich; besonders in der Chymie für feuerbeständig. Ein fixer Körper, der im Feuer nicht in die Höhe gehet, im Gegensatze eines flüchtigen. Das Quecksilber fix machen, es feuerbeständig machen, welches auch fixiren genannt wird. Fixe Luft, welche einen Bestandtheil anderer Körper ausmacht.


2. (W3) [Adelung]


+ 2. Fix, -er, -este, adj. et adv. welches nur in den gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes üblich ist. 1) Fertig, bereit, als ein Nebenwort, und im Gesellschaft des Wortes fertig. Ich bin schon fix und fertig. 2) Munter, hurtig, eilig. Ein fixer Kerl. Er ist fix mit dem Maule, fertig im Reden. Bey der Liebe Gegenstand Geht es mir fix von der Hand, Weiße.

Anm. Fix, Nieders. Dän. und Schwed. gleichfalls fix, kommt von dem noch im Schwed. und Isländ. üblichen fika, fyka, eilen, fyken, gierig, und fikt, Fleiß, Eifer, her, welches mit dem Latein. fugere und Griech - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - sehr sichtbar verwandt ist. Im Dän. bedeutet auch fage, eilig.


Fixstern (W3) [Adelung]


Der Fixstern, des -es, plur. die -e, in der Astronomie, Sterne, welche ihren Stand am Himmel, dem Ansehen nach, nicht verändern, zum Unterschiede von den Planeten. S. 1 Fix.


Flabbe (W3) [Adelung]


+ Die Flabbe, plur. die -n, in den niedrigen Sprecharten, ein herab hängendes Maul, und in weiterer Bedeutung, in verächtlichem Verstande, ein jedes Maul. Die Flabbe hängen lassen. Jemanden auf die Flabbe schlagen. Anm. Flabbe, Dän. Flab, Schwed. Flabb, stammet mit lapp, schlaff, Lippe, Lappen u. s. f. aus Einer Quelle her, und ist bloß durch den vorgesetzten Blaselaut daraus entstanden. Im Dän. ist fläbe maulen, und Flip ein Zipfel. Das Engl. Flap bedeutet ein weiches herab hängendes Ding, das Nieders. labben lecken; labbern, alt Franz. Flaboier, albernes Zeug daher schwatzen, und Flebken ein dreyeckiges Stirnband der Weiber und Kinder.


Flach (W3) [Adelung]


Flach, -er, -este, adj. et adv. eben, platt, eine Breite, aber keine Höhe oder Tiefe habend, so wohl im strengsten Verstande, als auch in Vergleichung mit andern Dingen. 1. Eigentlich, eben, eine Breite, aber keine Höhe und Tiefe Habend; doch nur in einigen Fällen. 1) Von Dingen, welchen diese Eigenschaft nicht wesentlich ist. Die flache Hand, der innere ebene Theil der ausgestreckten Hand. Das flache Land, im Gegensatz des Gebirges. Das flache Feld. Ein flacher Dachziegel, zum Unterschiede von den Hohlziegeln. Flache Arbeit, im Gegensatze der musirten. Flacher Draht, zum Unterschiede von dem runden. 2) Von der Breite eines Dinges. Die flache Klinge, ihre breite Seite, im Gegensatze der Schärfe. 3) Breit überhaupt, eine beträchtliche Breite habend; doch nur in einigen Fällen. Ein flacher Zug, im Bergbaue, der sich durch ein ganzes Gebirge in die Breite erstrecket. Das flache Licht, in der Mahlerkunst, ein breites Licht. Eine flache Partie, welche breit beleuchtet oder beschattet ist. Flaches Eisen, S. Flacheisen. 2. Figürlich, in Vergleichung mit andern Dingen, ebener als andere Dinge gleicher Art. 1) Nicht so tief, nicht so sehr ausgehöhlt, als andere ähnliche Dinge, seicht. Eine flache Schüssel, welche nicht tief ist. Der Löffel ist zu flach. Ein flacher Winkel, im Oberdeutschen, ein stumpfer Winkel. Das Wasser ist sehr flach, nicht tief. Flach pflügen, nicht tief. 2) Nicht so erhaben, wie gewöhnlich, oder wie andere ähnliche Dinge. Eine flache (eingedrückte) Nase. Ein flaches (breites, nicht spitziges) Kinn. Flache (halb erhabene) Arbeit. Besonders von Anhöhen, welche sich unvermerkt, oder nach und nach erheben, welche mit dem Horizonte einen sehr stumpfen Winkel machen, im Gegensatze dessen, was jäh oder steil ist. Ein flaches Gebirge. Ein flaches Dach. Das Vollwerk ist sehr flach. Ein flacher Gang, flacher Stollen, im Bergbaue. In engerm Verstande ist im Bergbaue ein flacher Gang, der vom 60sten bis 20sten Grad fällt, zum Unterschiede von den feigern, donlegen, und schwebenden Gängen. 3) Ein flaches Urtheil, ein seichtes Urtheil, welches nicht gründlich ist. Flach urtheilen. Ein flacher Kopf, ein seichter.

Anm. Flach, bey dem Tatian flahh, mit flahhern henti, Dän. flak, flad, Schwed. flak, stammet mit Platt, Blech, Plaga, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Placenta und vielen andern aus Einer Quelle her, so daß der Begriff der Breite in diesem Worte der herrschende ist. Daß das F, B, oder P nicht wesentlich zum Stamme gehöret, erhellet aus dem Nieders. leeg, niedrig, S. Donlege. In dem veralteten Blachfeld ist das f in ein b übergegangen. Im Nieders. ist flot untief, flach. S. Fladen. Im mittlern Lateine ist Flaco, Flachia, im Altfranz. Flache, in der Picardie Flaque, eine niedrige, sumpfige Gegend, welches du Fresne sehr gekünstelt von flaccere herleitet. S. Flage.


Flachbohrer (W3) [Adelung]


Der Flachbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Windenmachern, ein stählerner mit Schraubengewinden ausgeschnittener Stämpel, den Zug der Schraubenmutter vorzubohren.


Flachdeichsel (W3) [Adelung]


Die Flachdeichsel, plur. die -n, bey den Zimmerleuten, eine flache, d. i. gerade, ebene Deichsel, zum Unterschiede von der Hohldeichsel. S. 1 Deichsel.


Flachdraht (W3) [Adelung]


Der Flachdraht, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, bey den Goldarbeitern, ein flacher, d. i. breit geplätteter Draht, zum Unterschiede von dem runden.


Fläche (W3) [Adelung]


Die Fläche, plur. die -n, das Abstractum des Beywortes flach. 1. Die Eigenschaft, nach welcher ein Körper flach ist, ohne Plural. 1) In der ersten und dritten eigentlichen Bedeutung. Die Fläche des Erdbodens, der Hand. 2) In den figürlichen Bedeutungen. Die Fläche einer Schüssel, eines Winkels, der Nase, eines Gebirges, eines Ganges u. s. f. Inder Markscheidekunst wird die Abdachung die Fläche genannt. 2. Der flache Theil an einem Körper, und ein flacher Körper selbst, in den eigentlichen Bedeutungen des Beywortes. 1) Die ebene Breite eines Körpers, ohne Rücksicht auf die Höhe oder Dicke. Die Fläche der Hand. Die Flächen eines Körpers, dessen flache ebene Seiten. Eine Fläche, d. i. ein flacher, ebener Theil des Erdbodens. Die Fläche Ono, Nehem. 6, 2. 2) Die flache, d. i. breite Seite eines Körpers. Die Fläche eines Degens, eines Lineales, im Gegensatze der Schärfe, oder der dünnen Seite. 3) In weiterer Bedeutung ist den Künsten die Fläche, die Ausdehnung eines Körpers, oder einer seiner Seiten in die Länge und Breite ohne Rücksicht auf die Dicke. Eine ebene, runde, krumme, erhabene, hohle Fläche. Die Oberfläche. Seitenfläche u. s. f. Fläche ist für die Mahlerey Fläche, sie mag oben oder unten, oder auf der Seite seyn, Less. In der Mathematik ist im schärfern Verstande die Fläche eine Größe nach der Länge und Breite ohne alle Dicke. 4) In der Markscheidekunst verstehet man unter der Fläche die flache Hypothenuse eines rechtwinkeligen Triangels, und da man diese in der Trigonometrie für den Sinus totus anzunehmen pfleget, so führet auch diese den Nahmen einer Fläche. 5) Die Fläche der Maurer ist eine Haue, welche auf der einen Seite spitzig, auf der andern aber breit ist.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort Flag, Flage. S. Flach, Fleck, Flecken und Plache.


Flacheisen (W3) [Adelung]


Das Flacheisen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Bey den Goldschmieden, ein Amboß zu den flachseitigen Gefäßen. 2) Auf den Eisenhämmern, flach, d. i. breit, in das Gevierte geschmiedetes Eisen, zum Unterschiede von dem Stangeneisen u. s. f. ohne Plural.


Flächeln (W3) [Adelung]


Flächeln, verb. reg. act. bey den Klempenern und Zinngießern, flache krause Züge und Schattenstriche mit bebender Hand in das Zinn und Blech eingraben, zum Unterschiede von den geraden Strichen, welche gestochen werden. Es geschiehet solches mit besondern Flächelmeißeln.


Flächen (W3) [Adelung]


Flächen, verb. reg. act. flach, d. i. eben machen; ein nur im Oberdeutschen übliches Wort.


Flächenfigur (W3) [Adelung]


Die Flächenfigur, plur. die -en, S. Figur 3.


Flächenmaß (W3) [Adelung]


Das Flächenmaß, des -es, plur. die -e, ein jedes Maß, die Flächen damit auszumessen. In engerer Bedeutung ist in der Geometrie ein Flächenmaß, eine Fläche, d. i. eine Ausdehnung in die Länge und Breite, andere Flächen damit auszumessen. Ein solches Flächenmaß ist die Quadrat- oder Flächenmeile, die Quadrat- oder Flächenruthe, der Quadrat- oder Flächenzoll u. s. f. zum Unterschiede von dem Längenmaße und Cubik-Maße.


Flächenzahl (W3) [Adelung]


Die Flächenzahl, plur. die -en, in der Rechenkunst, eine Zahl, welche aus der Multiplication zweyer andern entstehet; Numerus planus. So geben 5 und 5 die Flächenzahl 25. Eine doppelte Flächenzahl, Numerus plano-planus, ist, wenn eine Flächenzahl, noch mit einer andern Zahl multipliciret wird. 25 mit 3 multiplicirt gibt die doppelte Flächenzahl 75.


Flachfisch (W3) [Adelung]


Der Flachfisch, des -es, plur. inus. in Oberdeutschland, eine Art des gewässerten Stockfisches, zum Unterschiede von dem Bergfische und Rothscher.


Flachflöte (W3) [Adelung]


Die Flachflöte, plur. die -n, eine Art Orgelpfeifen, mit breiten Labiis, und einem engen Aufschnitte, welche unten ein wenig zugespitzt sind. Die große Flachflöte hat 8 Fuß Ton, die mittlere 4 Fuß, und die kleine 2 Fuß.


Flachgarn (W3) [Adelung]


Das Flachgarn, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, ein Garn für die Hühner, Lerchen, Hasen und Kaninchen, welches flach auf die Erde gesteckt wird; ein Steckgarn.


Flachmahler (W3) [Adelung]


Der Flachmahler, des -s, plur. ut nom. sing. eine bessere Art Tüncher, welche die Wände flach, d. i. ohne künstliches Licht und Schatten, bemahlen.


Flachmeißel (W3) [Adelung]


Der Flachmeißel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Holzarbeitern, ein Meißel mit einer flachen, d. i. ebenen Schneide, zum Unterschiede von den Hohlmeißeln u. s. f.


Flachruthe (W3) [Adelung]


Die Flachruthe, plur. die -n, bey den Sammtwebern, ein flacher Draht, oder eine lange Nadel, welche den unaufgeschnittenen Sammt bilden hilft.


Flachsader (W3) [Adelung]


Die Flachsader, plur. die -n, S. Flächse.


Flachsarbeit (W3) [Adelung]


Die Flachsarbeit, plur. die -en, eine jede Arbeit, welche die Flachspflanze erfordert, wenn ihr Bast zu Flachs zubereitet werden soll.


Flachsbart (W3) [Adelung]


Der Flachsbart, des -es, plur. die -bärte, im gemeinen Leben, ein weicher, wolliger, lichtgelber, dem Flachse ähnlicher Bart; besonders der erste Bart eines Jünglinges. Siehe Flachshaar.


Flachsbau (W3) [Adelung]


Der Flachsbau, des -es, plur. car. der Anbau des Flachses.


Flachsbaum (W3) [Adelung]


Der Flachsbaum, des -es, plur. die -bäume, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, ein Ostindischer Baum; Antidesma L. Die Rinde dieses Baumes dienet den Indianern statt des Hanfes oder Flachses zu Stricken.


Flachsbläuel (W3) [Adelung]


Der Flachsbläuel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bläuel, womit der geröstete Flachs vor dem Brechen gebläuet, d. i. geklopfet wird.


Flachsbose (W3) [Adelung]


Die Flachsbose, plur. die -n, S. Bündel.


Flachsbreche (W3) [Adelung]


Die Flachsbreche, plur. die -n, 1) Das Brechen oder Zerbrechen des gerösteten und wieder getrockneten Flachses, ohne Plural. 2) Das hölzerne Werkzeug, womit solches geschiehet; Nieders. Brake. S. Breche.


Flachsdarre (W3) [Adelung]


Die Flachsdarre, plur. die -n, ein Gebäude, den gerösteten Flachs zu darren, d. i. zu darren. S. Darre.


Flachsdotter (W3) [Adelung]


Der Flachsdotter, des -s, plur. inus. eine Art des Dotters; Myagrum sativum L. Leindotter. Er wächst ohne Pflege unter dem Flachse, und ist lange für ein Unkraut gehalten worden, bis man ihn wegen seines Nutzens zum Öhlschlagen besser zu schätzen gelernet hat.


Flächse (W3) [Adelung]


Die Flächse, plur. -n, die weißen, zähen, aus Zasern bestehenden Adern der Muskeln, welche theils zu ihrer Bewegung, theils aber auch zu ihrer Befestigung dienen; die Sehnen, Spannadern, Flachsadern, Tendines. Am Ende, wo sich diese Flächsen vereinigen, bekommen sie den Nahmen des Haarwachses. S. dieses Wort.

Anm. Dieses Wort erhält im Hochdeutschen noch die erste älteste Bedeutung des Wortes Flachs, nach welcher es eine allgemeine Benennung aller zarten Fäden und Fasern war. S. Flachs.


Flachseitig (W3) [Adelung]


Flachseitig, adj. et adv. eine flache, d. i. ebene, platte, nicht erhabene Seite habend.


Flächsen (W3) [Adelung]


Flächsen, adj. et adv. aus Flachs verfertiget. Eine flächsene Schnur. Flächsene Leinwand, zum Unterschiede von der hänfenen, flächsenes Garn. Flächsenes Werg. Nieders. flessen, in Baiern rupfen.


Flachsfeld (W3) [Adelung]


Das Flachsfeld, des -es, plur. die -er, ein mit Flachs besäetes, oder zum Flachse bestimmtes Feld.


Flachsfink (W3) [Adelung]


Der Flachsfink, des -en, plur. die -en, eine Benennung des Bluthänslinges in einigen Gegenden, S. dieses Wort. Im Dän. Horfink, von Hor, Flachs.


Flachsgras (W3) [Adelung]


Das Flachsgras, des -es, plur. inus. eine Grasart, deren Bälglein wie Dachziegel über einander liegen, und deren einzelner Same mit einer langen Wolle versehen ist; daher es auch Wollgras, ingleichen Wiesenwolle und Wiesenflachs genannt wird. Großes Flachsgras, Eriophorum polystachion L. hat runde Halme, flache Blätter, und gestielte Blüthenähren. Kleines Flachsgras, Eriophorum vaginatum L. dessen Blätter mit ihrem untern Theile eine Scheide bilden.


Flachshaar (W3) [Adelung]


Das Flachshaar, des -es, plur. inus. oder die Flachshaare, sing. inus. lichtgelbes, weiches, dem Flachse ähnliches Haar. Daher der Flachskopf, des -es, plur. die -köpfe, im gemeinen Leben ein Kopf, oder eine Person, welche solches Haar hat.


Flachshändler (W3) [Adelung]


Der Flachshändler, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Flachshändlerin, plur. die -en, der oder die mit Flachs handelt. Der Flachshandel, des -s, plur. inus. der Handel mit Flachs.


Flächsig (W3) [Adelung]


Flächsig, -er, -ste, adj. et adv. Flächsen habend, sehnig. Flächsicht, Flächsen ähnlich.


Flachskopf (W3) [Adelung]


Der Flachskopf, S. Flachshaar.


Flachskraut (W3) [Adelung]


Das Flachskraut, des -es, plur. inus. 1) Eine Pflanze: Cuscuta L. Sie wächst jederzeit auf anderen Pflanzen, besonders auf und unter dem Flachse, die sie mit ihren vielen zarten und langen Fäden umwickelt; daher sie auch Filtzkraut, Seidenkraut, wilder Flachs, Flachsseide, Frauenhaar u. s. f. genannt wird. Im Nieders. heißt sie Siden, Sien. 2) Eine Art des Dorants; Antirrhinum Linaria L. Leinkraut, Nabelkraut, Frauenflachs, Waldflachs, wilder Flachs, Marienflachs, Krötenflachs, Hanfkraut, Stallkraut, Catharinenblume, Seide, Seidenkraut, Vogelseide, im Oberd. Feigwarzenkraut, und Feigblatternkraut, weil eine daraus verfertigte Salbe die Schmerzen der goldenen Ader lindert. 3) In einigen Gegenden auch ein Nahme des Quendels, Thymus Serpillum L. S. Quendel.


Falchsmühle (W3) [Adelung]


Die Falchsmühle, plur. die -n, ein im Hannöverischen erfundenes Pochwerk, den gerösteten Flachs mürbe zu stampfen.


Flachsraufe (W3) [Adelung]


Die Flachsraufe, plur. die -n, das Raufen des Flachses, ohne Plural. Ingleichen ein Werkzeug, welches einem großen hölzernen fest. stehenden Kamme ähnlich ist, den Flachs zu raufen, d. i. die Sammenknospen von den Stängeln abzusondern; im gemeinen Leben auch eine Flachsriffel.


Flachsreiste (W3) [Adelung]


Die Flachsreiste, plur. die -n, eine Reiste, d. i. eine Hand voll gehechelten Flachses. S. Reiste.


Flachsriffel (W3) [Adelung]


Die Flachsriffel, plur. die -n, S. Flachsraufe.


Flachsröste (W3) [Adelung]


Die Flachsröste, plur. die -n, 1) Das Rösten des Flachses, ohne Plural. 2) Die Zeit, da der Flachs geröstet wird, auch ohne Plural. 3) Der Ort in einem Flusse oder See, wo solches geschiehet; die Röste, Nieders. die Röthe, in der Lausitz die Riese, vom Wend. Riezy, ein Fluß, Bach. S. Rösten.


Flachssamen (W3) [Adelung]


Der Flachssamen, des -s, plur. inus. der Samen des Flachses, im Oberdeutschen und einigen Hochdeutschen Gegenden, der doch, besonders in Ober- und Niedersachsen, am häufigsten Lein oder Leinsamen genannt wird; S. dieses Wort.


Flachsseide (W3) [Adelung]


Die Flachsseide, plur. inus. S. Flachskraut 1.


Flachstange (W3) [Adelung]


Die Flachstange, plur. die -n, bey den Gürtlern, ein kleiner Amboß auf welchem die Figuren der Knöpfe eingeschnitten sind, das zu Knöpfen bestimmte Blech darauf zu schlagen.


Flachwerk (W3) [Adelung]


Das Flachwerk, des -es, plur. inus. in der Baukunst, die gewöhnlichste Art der Ziegeldächer mit flachen, mit einer Nase versehenen Ziegeln, welche auch Flachziegel, ingleichen Biber- schwänze heißen; zum Unterschiede von dem Hohlwerke, welches aus Hohlziegeln bestehet.


Flachziegel (W3) [Adelung]


Der Flachziegel, des -s, plur. ut nom. sing. S. das vorige.


Flack (W3) [Adelung]


Das Flack, des -es, plur. die -e, in Schiffbaue, der unterste Boden eines Schiffes von außen zu, worauf die Bauchstücke geleget werden, über welchen denn der inwendige Boden seine Stelle bekommt; vermuthlich vom Nieders. flak, flach.


Flacken (W3) [Adelung]


Flacken, verb. reg. welches nur noch in einigen Gegenden in doppelter Gattung üblich ist. 1) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, sich hin und her bewegen, herum laufen, besonders von der Bewegung der Feuerflammen, lodern; im Oberd. Eine flackende und brennende Liebe, bey dem Kaisersberg. Verflacken, mit einer lodernden Flamme verbrennen. Flackensträuche, in der Pommerschen Holzordnung von 1717, vermuthlich Strauchholz zum Verbrennen. In gröbern Mundarten auch flocken. 2) Als ein Activum, locker machen, zu Flocken schlagen. In diesem Verstande pflegen die Tuchweber die Wolle zu flacken, oder zu flocken, d. i. sie, wenn sie gewaschen worden, mit zwey Stöben auf einer Horde zu klopfen; wenn es dieser Bedeutung nach nicht vielmehr zu flagen, flegen, schlagen, gehöret; S. Flegel und Bläuen.

Anm. Im Schwed. ist flacka, und im Isländ. flaka, herum laufen, welches Wort durch den vorgesetzten Blaselaut aus lacka, läcken, laufen, springen, gebildet worden. S. Flackern, Flocke, Fliegen und Locker.


Flackern (W3) [Adelung]


Flackern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, im gemeinen Leben, sich schnell hin und her bewegen; besonders in zwey Fällen. 1) Ohne Noth leichtsinnig hin und her laufen, besonders im Niedersächsischen. Wo flackerst du wieder herum? 2) Von der Flamme, mit einer großen, hin und her fahrenden Flamme brennen. Das Licht, der Kien flackert zu sehr. Daher ausflackern, in eine schnelle große Flamme ausbrechen. Verflackern, durch eine solche Flamme verzehret werden.

Anm. Dieses Zeitwort ist das Frequentativum von flacken, und lautet im Nieders. flukkern. Im Angels. ist fliccerian, im Engl. to flicker, im Schwed. fleckra, hin und her bewegen, flattern. Das Latein. flagrare ist genau damit verwandt, so wie das Epirotische Flacha, eine Flamme. S. Flagge, Flocke, Flattern, Lodern und Locker.


Fladdern (W3) [Adelung]


Fladdern, mit allen Verwandten, S. Flattern.


Fladenkrieg (W3) [Adelung]


Der Fladenkrieg, des -es, plur. inus. in der Geschichte des 16ten Jahrhunderts, eine scherzhafte Benennung des Krieges, zu welchem sich 1542 Churfürst Johann Friedrich von Sachsen und Herzog Moritz, wegen des Stiftes Wurzen, gegen einander rüsteten, weil die Truppen, als sie am Sonnabende von Ostern durch Vermittelung des Landgrafen von Hessen wieder aus einander gingen, überall mit Osterfladen beschenket wurden.


Flader (W3) [Adelung]


Die Flader, plur. die -n, eine flammichte, hin und wieder laufende Ader in dem Holze, Gesteine u. s. f. im Oberdeutschen und den gemeinen Mundarten, wo es auch wohl Flaser lautet. S. das folgende und Flattern. In einigen Gegenden wird das Flugloch der Bienen der Flader oder das Fladerloch genannt; vermuthlich auch von flattern. Daher das Fladergitter, ein Gitter von den Fluglöchern, welche die Bienen zwar heraus, aber nichts Fremdes hinein läßt.


Fladerholz (W3) [Adelung]


Das Fladerholz, des -es, plur. inus. eine Oberdeutsche Benennung des maserigen Holzes, und besonders des Holzes des Masholderbaumes, welcher in dieser Mundart auch wohl der Flader oder der Fladder genannt wir. Sie haben alle dein Tafelwerk aus Fladernholz von Sanix gemacht, Ezech. 27, 5. Weil dieses Holz viele flammichte Adern hat, welche demselben ein gewässertes Ansehen geben, so scheinet es, daß es um deßwillen diese figürliche Benennung von dem Zeitworte flattern erhalten habe, welches in den gemeinen Mundarten mehrmahls fladdern, fladern lautet; S. aber auch Flieder, die Niedersächs. Benennung des Hohlunders. In einigen Oberdeutschen Mundarten lautet dieses Wort Flaser und Flaserholz.


Fladerig (W3) [Adelung]


Fladerig, adj. et adv. Fladern, d. i. Masern, geflammte oder krause Adern habend, in den gemeinen Mundarten. Fladeriges Holz, Maserholz, besonders daß so gestaltete Holz des Masholders. Im Bergbaue ist fladeriges, oder fladerichtes. Gestein, ein klüftiges Gestein, welches leicht zu gewinnen ist. S. Flader und Flaserig.


Flage (W3) [Adelung]


* Die Flage, plur. die -n, ein nur in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens, übliches Wort. 1) Eine niedrige, sumpfige Gegend; im mittlern Lat. Flachia, Flactra, Flaco, in der Picardie Flaque, im Altfranz. Flache. S. Springflage. 2) Eine dicke Regen- oder Donnerwolke, welche bald vorüber flieget. 3) Im Bergbaue, ein festes Gestein, welches sich zwischen dem andern Gesteine gesetzet hat, und auch Flagge genannt wird.

Anm. In der ersten Bedeutung gehöret dieses Wort zu flach, S. dasselbe, in der zweyten zu dem Zeitworte fliegen, und in der dritten vermuthlich zu Fleck. Im Nieders. ist Flage über dieß noch eine jede Fläche.


Flagge (W3) [Adelung]


Die Flagge, plur. die -n, 1) Die große Fahne oben an dem Maste oder auf dem Hintertheile eines Schiffes, welche so wohl die Würde dessen, der das Schiff führet, als auch die Nation, zu welcher es gehöret, zu erkennen gibt. Die Flagge wehen lassen, fliehen lassen, aufstecken. Die Flagge streichen, sie niederlassen. Die Admirals-Flagge u. s. f. 2) In engerer Bedeutung werden auf den Kriegsschiffen diejenigen Fahnen, welche die hohen Befehlshaber zum Zeichen ihrer Würde führen, Flaggen genannt; zum Unterschiede von der Flagge auf dem Hintertheile des Schiffes, womit allerley Zeichen gegeben werden. Der Admiral führet seine Flagge auf dem großen Maste, der Vice-Admiral auf dem Fockmaste und der Schout by Nacht auf dem Besenmaste.

Anm. Dieses Wort, welches im Holländ. Vlagghe, im Dän. Flagd, im Schwed. Flagga, im Isländ. Flagg, im Engl. Flag, und Ital. Fiocco lautet, ist aus der Nieders. Mundart entlehnet, und stammet von dem Zeitworte fliegen her, von der fliegenden oder flackernden Bewegung dieser Schiffsfahnen. S. auch Wimpel.


Flaggen-Officier (W3) [Adelung]


Der Flaggen-Officier, des -s, plur. ut nom. sing. in der Seefahrt, ein hoher Befehlshaber zur See, der eine Flagge zu führen berechtigt ist; dergleichen der Admiral, Vice- oder Contre-Admiral, und der Schout by Nacht sind. S. Flagge 2.


Flaggenschiff (W3) [Adelung]


Das Flaggenschiff, des -es, plur. die -e, ein Schiff, welches von einem Flaggen-Officier geführet wird.


Flaggenstange (W3) [Adelung]


Die Flaggenstange, plur. die -n, diejenige Stange, an welcher die Flagge befestiget ist, welche gemeiniglich auf einem geschnitzten Eselskopfe stehet, und auch der Flaggenstock genannt wird.


Flähme (W3) [Adelung]


* Die Flähme, plur. die -n, in den gemeinen Mundarten, besonders Oberdeutschlandes, der dünnere Theil des Leibes an Menschen und Thieren, zwischen den Rippen und den Schenkeln, die Dünnung, Wamme, Flanke; vermuthlich wegen der beständigen Bewegung, in welcher dieser Theil des Leibes durch das Athemhohlen versetzet wird; S. Flamme

Anm. und Flanke.


Flake (W3) [Adelung]


* Die Flake, plur. die -n, ein nur in einigen Ober- und Niedersächsischen Gegenden bekanntes Wort, eine Art Fischernetze auf größern Seen zu bezeichnen, welche daselbst auch Flöke, Pflöke, Pflocke gesprochen werden. Flök- oder Garntücher, in der Sächs. Fischordnung. Daher flaken, flöken, oder pflöken, mit Flaken fischen; Flaker, ein Fischer, der mit Flaken fischet; Flakerey, Pflökerey, das Fischen mit Flaken; der Flakkahn, der dazu nöthige Kahn u. s. f. Frisch vermuthet, daß dieses Wort zu dem Latein. plaga gehöre, S. Plache. Man kann es aber auch zu stechten rechnen, von welchem Worte Flake oder Fläke im Niedersächs. ein jedes Flechtwerk bedeutet, so daß es überhaupt ein gestricktes Garn bezeichneten würde.


Flamant (W3) [Adelung]


Der Flamant, oder Flambart, des -es, plur. die -e, S. Schartenschnäbler.


Flame (W3) [Adelung]


Die Flame, plur. die -n, bey den Pferdeärzten, ein kleines Instrument von Stahl mit zwey oder drey Lanzetten, den Pferden damit die Ader zu schlagen. Es ist vermuthlich aus Phlebotomum verstümmelt; S. Fliete. Im mittlern Lat. ist indessen doch Flammea eine Lanze.


Fläming (W3) [Adelung]


Der Fläming, des -es, plur. inus. der Fläminger, plur. ut nom. sing. S. das folgende.


Flämisch (W3) [Adelung]


Flämisch, adj. et adv. Flandrisch, aus der Provinz Flandern in den Niederlanden gebürtig, in Flandern, und in weiterer Bedeutung, in den unfreyen Niederlanden üblich u. s. f. doch nur in den gemeinen Mundarten, besonders Ober- und Niedersachsens; Nieders. flämsk. Flämische Pforten, Thorwege vor Gärten, Höfen u. s. f. welche oben offen und auf beyden Seiten nur mit Pfeilern versehen sind. Ein Pfennig Flämisch ist in Niedersachsen 3 Pfennige; ein Schilling Flämisch ist daselbst 3 Groschen oder 6 Schillinge Lübisch, und ein Pfund Flämisch beträgt 20 Schillinge Flämisch, oder 34 Thaler. Das Flämische Recht, ein besondres Recht, welches den ehedem aus Flandern und den Niederlanden nach Deutschland gezogenen Colonisten gelassen wurde, und in einigen Gegenden noch üblich ist. Eine Art dieses Rechtes findet in den drey Schwarzburgischen Fluren zu Heringen, Gorsbach und Berge noch jetzt Statt, wo von den erblichen Gütern verehlichter Personen, welche in ihrem Leben den daselbst üblichen Kirchgang nicht gehalten haben, der dritte Theil der Grundherrschaft anheim fällt. S. Kirchgang. Flämische Güter, Güter, auf welchen dieses Recht haftet. Der Fläminger, derjenige, welcher Flämische Güter besitzet; der Fläming, ein Strich Landes, der von Flämingern oder ehemahligen Niederländern bewohnet wird.

Anm. Dieses Wort ist aus dem Niederländischen, wo Vlaeming, Französ. Flamand, einen Flandrer bedeutet. Das berühmte Geschlecht der Flemminge hat gleichfalls daher seinen Nahmen so wohl als den Ursprung. Das in einigen niedrigen Mundarten, z. B. in Schlesien übliche Wort flämisch; für trotzig; mürrisch; flämisch aussehen; ein flämisches Gesicht, gehöret wohl mit mehrerm Rechte zu flennen als hierher.


Flammant (W3) [Adelung]


Der Flammant, des -es, plur. die -e, S. Schartenschnäbler.


Flamme (W3) [Adelung]


Die Flamme, plur. die -n, Diminut. Das Flämmchen, Oberd. das Flämmlein, die entzündete Sammlung von Dämpfen an und über einem brennenden Körper, das mit Dünsten vermischte Feuer, wenn es sich als ein flüssiger Körper aufwärts bewegt. 1. Eigentlich. Flammen werfen. Das Feuer bricht in helle Flammen aus. In vollen Flammen stehen, daraus brennen. Etwas den Flammen aufopfern, es verbrennen. In weiterer Bedeutung wird es so wohl im Singular als im Plural, besonders in der edlen Schreibart, für ein brennendes Feuer gebraucht. Die Flamme ergreift das Haus. 2. Figürlich. 1) Ein hoher Grad der Dürre und Hitze; doch nur in der Deutschen Bibel. Die Flamme hat alle Bäume angezündet, Joel 1, 19. 2) Eine heftige Leidenschaft, besonders der Liebe, welche in allen Sprachen durch das Bild des Feuers oder einer Flamme ausgedrucket wird. Wird seine erste Flamme nicht wieder aufwachen, wenn sie dieselbe noch durch Erkenntlichkeit reitzen? Weiße. Ein edles Herz kann nur von edlen Flammen brennen, Cron. Fliehe alles, was deiner Flamme Nahrung gibt. 3) Die Flamme des Krieges, dessen verzehrende und verwüstende Eigenschaft. 4) Bey den Jägern, die rothe Haut über und an den Augen der Auerhähne, Birkhähne u. s. f. 5) Ein Flämmchen Erz, im Bergbaue, eine geringe Spur von Erz in einem Gange. Anm. Flamme, Lat. Flamma, Engl. Flame, Böhm. Plamen, Ital. Vampa, im Oberd. ehedem Blas, Blasma, im Angels. Blaeth, im Niedersächs. noch jetzt Blaß, scheinet dieser Art des Feuers um der zitternden Bewegung willen ertheilet zu seyn, in welcher die Flammen unsern Augen fast beständig erscheinen, und alsdann ist es von fliehen, fliegen, flackern, Flagge, fließen, flattern u. s. f. und dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bloß durch den Endlaut unterschieden. Im mittlern Lat. bedeuten Flamen, Flammula, vermuthlich um eben dieser flatternden Bewegung willen, eine Fahne, Flagge, und im Angels. ist Fleam, die Flucht und ein Flüchtling. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist im männlichen Geschlechte üblich, der Flamm.


Flammeisen (W3) [Adelung]


Das Flammeisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Tischlern, ein Eisen, welches mit subtilen Gliedern und Gefimsen ausgefeilet ist, und in den Flammenstock geschraubet wird, Leisten damit zu flammen oder auszukerben.


Flammen (W3) [Adelung]


Flammen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, Flammen werfen, mit Flammen brennen, in Gestalt einer Flamme leuchten. Kiefern Holz flammt, gibt eine starke Flamme. Das Licht flammt zu sehr. Ein flammendes Feuer. O du dem glühend Eisen, donnernd Feuer Aus offnem Ätna-Schlunde flammt, Raml. Bis an den Himmel flammt der goldene Trident, ebend. 2. Als ein Activum. 1) Mit einem Flammenfeuer brennen. Eine Stückforme durch angezündetes Reißholz flammen. S. Ausflammen. Gerupfte Gänse flammen, sengen, im Oberd. wo dieses Activum auch flämmen lautet. Die Häute flammen, bey den Alaungärbern, den darauf getragenen Talg über einem Kohlfeuer einziehen lassen. 2) Die Gestalt einer Flamme ertheilen. Zeuge, seidene Strümpfe flammen, wässern. Geflammter Zeug. Eine geflammte Säule, welche mit krausen den Flammen ähnlichen Reifen versehen ist. Eine Leiste flammen, oder flammiren, bey den Tischlern, sie mit flammenähnlichen Kerben versehen, S. Flammeisen und Flammenstock. 3) Schnell verbreiten, in der höhern Schreibart. Es flamme Anbethung der große Sabbath des Bundes, Klopst. So blühet wenigstens des Himmels reine Jugend, Ihr Antlitz leuchtet Lieb, und ihre Brust stammt Tugend, Weiße.


Flammenblume (W3) [Adelung]


Die Flammenblume, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Virginische Pflanze; Phlox L.


Flammenfeuer (W3) [Adelung]


Das Flammenfeuer, des -s, plur. von einem solchen an mehrern Orten befindlichen Feuer, ut nom. sing. ein flammendes, d. i. Flammen gebendes Feuer; zum Unterschiede von dem Glühfeuer.


Flammennaht (W3) [Adelung]


Die Flammennaht, plur. die -nähte, bey den Nähterinnen, eine Naht oder Art zu nähen, da der Faden so gezogen wird, daß er im Nähen eine Flamme bildet; der Flammenstich.


Flammenruthe (W3) [Adelung]


Die Flammenruthe, oder Flammruthe, plur. die -n, bey den Tischlern, eine lange mit Kerben versehene Leiste, andere geflammte Leisten darnach zu bilden.


Flammensäule (W3) [Adelung]


Die Flammensäule, plur. die -n, eine verunglückte Übersetzung des Griech. Pyramide, wegen einiger Ähnlichkeit mit einer Flamme, wofür andere mit mehrerm Glücke das Wort Spitzsäule eingeführet haben.


Flammenschütz (W3) [Adelung]


Der Flammenschütz, des -en, plur. die -en, eine poetische Benennung des Cupido, welche bey dem Logau vorkommt.


Flammenstich (W3) [Adelung]


Der Flammenstich, des -es, plur. die -e, S. Flammennaht.


Falmmenstock (W3) [Adelung]


Der Falmmenstock, oder Flammstock, des -es, plur. die -stöcke. 1) Ein hoher Stock der Tischler, in welchen das Flammeisen geschraubet wird, wenn Leisten geflammet werden sollen. 2) Bey den Schlössern, ein Werkzeug, worüber allerley Gitterwerk warm gebogen wird.


Flammenstrom (W3) [Adelung]


Der Flammenstrom, des -es, plur. die -ströme, ein feuriger Strom, in der dichterischen Schreibart. Ha! welche Flammenströme schoß die Hyder Nach seinem Leben! Raml.


Flammgezeug (W3) [Adelung]


Das Flammgezeug, des -es, plur. inus. bey den Tischlern, das sämmtliche Werkzeug, vermittelst dessen, das Holzwerk geflammet wird.


Flammicht (W3) [Adelung]


Flammicht, -er, -ste, adj. et adv. den Flammen der Gestalt nach ähnlich. Flammichte Zeuge, gewässerte Zeuge, Zeuge, welche einen den Flammen ähnlichen Glanz haben.


Flammiren (W3) [Adelung]


Flammiren, verb. reg. act. welches im gemeinen Leben für das thätige flammen üblich ist, S. dasselbe.


Flammirofen (W3) [Adelung]


Der Flammirofen, des -s, plur. die -öfen, derjenige Ort in einem Reverberir-Ofen, wohin die Flamme des Holzfeuers geleitet wird.


Flammruthe (W3) [Adelung]


Die Flammruthe, der Flammstock, S. Flammenruthe und Flammenstock.


Flanell (W3) [Adelung]


Der Flanell, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, ein leichtes wolliges Gewebe, welches nach Art eines Tuches angeleget wird, aber nicht einmahl halbe Walke bekommt, ein unvollkommnes Tuch. Daher der Flanelldrucker, der dem Flanelle mit Hülfe kupferner Platten allerley farbige Figuren gibt; die Flanelldruckerey, der Ort, wo solches geschiehet; der Flanellmacher, ein Tuchmacher, der sich auf das Weben des Flanelles leget. Im Rychtestich unde Weghe- wyser in allerley Ropenschop, Rostock 1527, heißt der Flanell Fluwel.

Anm. Dieses Wort, welches im Engl. Flannel, und im Dän. Flanel lautet, ist aus dem Franz. Flannelle entlehnet. Im mittlern Lat. kommt Flamineum und Flaneha von einem ähnlichen wollen Gewebe vor.


Flanke (W3) [Adelung]


Die Flanke, plur. die -n, die Seite eines Thieres oder Dinges, besonders in folgenden Fällen. 1) Die Seiten des Bauches an vierfüßigen Thieren, die Dünnung, und bey den Jägern die Flähme. Daher das Flankenschlagen, eine gewaltsame Bewegung in den Seiten der Thiere; welche gemeiniglich ein Vorbothe des nahen Todes derselben ist. 2) In dem Kriegeswesen, die Seitenfläche eines Haufens Soldaten. Die Flanken bedecken. Dem Feinde in die Flanke fallen. Die rechte Flanke stützte, sich an einem Berge. 3) Im Festungsbaue ist die Flanke eines Vollwerkes die Linie, welche die Faße des Vollwerkes mit der Courtine verbindet; die Streichlinie. 4) In der Wapenkunst, die Seite eines Andreas-Kreuzes. 5) In Nieders. wo dieses Wort auch Flunke lautet, ein Flügel, Fittig, daher die Ankerarme in dieser Mundart auch Flanken oder Flunken heißen.

Anm. Ungeachtet wir dieses Wort, wenigstens in den doch mittelsten Bedeutungen, aus dem Franz. Flanque entlehnet haben, so ist es doch ein ursprünglich Deutsches Wort, welches durch den voran gesetzten Blaselaut aus dem schon bey dem Raban Maurus befindlichen Lancha, die Seite, gebildet worden. Im Nieders. bedeutet Lanke noch jetzt die Seite, besonders die Seite des Bauches.


Flanken (W3) [Adelung]


+ Der Flanken, des -s, plur. ut nom. sing. in den niedrigen Sprecharten, ein großes Stück abgeschnittenen Brotes, Fleisches u. s. f. Im Schwed. ist Flinga ein Stück, Flank ein großes abgeschnittenes Stück, welches auch das Isländ. Flycke bedeutet. Flenga bedeutet im Schwed. schlagen, und flänge im Dän. schneiden, Flänge aber einen Schnitt oder Hieb. Siehe Flarden.


Flankiren (W3) [Adelung]


Flankiren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, im gemeinen Leben, herum streifen, bald nach einen, bald nach der andern Seite zu streifen oder eilen; aus dem Franz. flanquer. Im Dänischen ist Flakke hin und her schwärmen. Siehe Flackern.


Flannen (W3) [Adelung]


Flannen, S. Flennen.


Flarden (W3) [Adelung]


* Der Flarden, des -s, plur. ut nom. sing. ein Niedersächsisches, bey den Schiffern übliches Wort, ein großes breites Stück zu bezeichnen. Ein Flarden Eis, ein großes Stück Eis in der See. Ein Flarden Speck, Brot u. s. f. Nieders. Flarren, Flarre und Flirre, welches auch einen breiten ungeschickten Schnitt oder Hieb, eine breite Narbe u. s. f. bedeutet.


Flasche (W3) [Adelung]


Die Flasche, plur. die -n, Diminut. das Fläschchen, Oberd. Fläschlein, ein Gefäß mit einer engen Mündung, welche Gestalt und Größe auch haben, oder aus welcher Materie es auch bestehen mag, obgleich dasselbe in manchen Fällen andere Nahmen bekommt. 1. Eigentlich. Eine Flasche mit Wein, mit Wasser, mit Bier. Eine Öhlflasche, Bierflasche, Weinflasche, Dintenflasche, Pulverflasche u. s. f. An den Flaschenbüchsen ist die Flasche ein hohler abgekürzter Kegel, welcher die Stelle der Kugel in den gewöhnlichen Windbüchsen vertritt. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. 1) An dem Flaschenzuge das Gehäuse, worin die Scheiben befindlich sind. 2) Bey verschiedenen Metallarbeitern, der Rahmen, der den Formsand fest hält; S. Formflasche. 3) An den Schafen sind die Fläschel oder Fläschchen diejenigen Kröpfe, welche sie von vielem oder ungesundem Futter bekommen.

Anm. Dieses Wort lautet in den Monseeischen Glossen Vlascun, im Dän. Flaske, im Schwed. Flaska, im Engl. Flask, im Pohln. Flasza, im Böhm. Flasse, im Ungar. Palaszk, im Ital. Fiasco, im Span. Flascon, im mittlern Lat. Flasca, Flaco, Flaxa, Flacta, im Angels. Flaxe, im Wallis. Flacced, im Franz. Flasque und Flacon, bey dem Hesychius - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .


Flaschenbier (W3) [Adelung]


Das Flaschenbier, des -es, plur. inus. auf Flaschen, d. i. Bouteillen gezogenes Bier; Bouteillen-Bier.


Flaschenbirn (W3) [Adelung]


Die Flaschenbirn, plur. die -en, eine Art Birnen, welche die Gestalt einer kegelförmigen Flasche haben; die Manna-Birne.


Flaschenbüchse (W3) [Adelung]


Die Flaschenbüchse, plur. die -n, eine Art Windbüchsen, wo die Luft nicht in eine Kugel, sondern in eine kegelförmige Flasche gepumpet wird.


Flaschenbürste (W3) [Adelung]


Die Flaschenbürste, plur. die -n, bey den Bürstenbindern, diejenigen Bürsten, wo die Borsten, seitwärts aus einander gehen, und in einen Draht eingedrehet sind.


Flascheneisen (W3) [Adelung]


Das Flascheneisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Steinschleifern, ein Eisen, auf welches der Quadrant mit dem Steine befestiget wird.


Flaschenfutter (W3) [Adelung]


Das Flaschenfutter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Futter, d. i. Behältniß, Getränk in Flaschen darin auf der Reise mit sich zu führen; ein Flaschenkeller, Dänisch und Schwedisch Flaskefoder.


Flaschenkeller (W3) [Adelung]


Der Flaschenkeller, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Abtheilung in einem Keller, in welchem das auf Flaschen gezogene Getränk verwahret wird; des Bouteillen-Keller, zum Unterschiede von dem Faßkeller. 2) S. das vorige.


Flaschenkorb (W3) [Adelung]


Der Flaschenkorb, des -es, plur. die -körbe, ein Korb mit Fächern, Flaschen darin zu tragen.


Flaschenkürbiß (W3) [Adelung]


Der Flaschenkürbiß, des -sses, plur. die -sse, eine Art Amerikanischer Kürbisse mit großen langen holzigen Früchten, welche wegen ihrer Bitterkeit nicht gegessen, sondern ausgehöhlet und statt der Flaschen und anderer Gefäße gebraucht werden; Cucurbita lagenaria, Jonas-Kürbiß, Franz. Calebasse. In weiterer Bedeutung werden oft alle kegelförmige und mit einem langen Halse versehene Kürbisse Flaschenkürbisse genannt.


Flaschenrahm (W3) [Adelung]


Der Flaschenrahm, des -es, plur. die -e, oder der Flaschenrahmen, des -s, plur. ut nom. sing. der Rahmen an einer Formflasche, S. Formflasche.


Flaschenschraube (W3) [Adelung]


Die Flaschenschraube, plur. die -n, die Schraube an einer Flasche, besonders die Mündung derselben zu verstopfen.


Flaschenzug (W3) [Adelung]


Der Flaschenzug, des -es, plur. die -züge, ein Hebezeug, welches aus zwey Flaschen mit verschiedenen Scheiben oder Rollen bestehet; ein Kloben, in einigen Oberdeutschen Gegenden ein Krug, Zugwinde, in Niedersachsen ein Hisseblock.


Flaschinett (W3) [Adelung]


Das Flaschinett, des -es, plur. die -e, die kleinste Art Flöten in der Musik, welche zwey Octaven höher geht, als ein Cornett, und eine Quarte höher als die Discantflöte. Ingleichen, ein Register in den Orgeln, welches den Klang dieser Flöte hat. Aus dem Franz. Flageolet, nach welchem es auch zuweilen Flaschelett lautet.


Flaschner (W3) [Adelung]


Der Flaschner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerker, welcher blecherne Flaschen verfertiget. An einigen Orten sind sie mit den Klempenern und Beckenschlägern einerley; an andern aber, z. B. zu Wien, Danzig und Regensburg, sind sie von ihnen noch verschieden, und verfertigen alsdann bloß weiße oder schwarze Flaschen von Blech, besonders Feldflaschen für die Soldaten.


Flaser (W3) [Adelung]


Die Flaser, plur. die -n, eine Ader im Holze oder Stein. S. Flader. Auch die bunten Figuren an den Deckeln der A B C - Bücher, werden bey den Buchbindern Flasern genannt.


Flaser (W3) [Adelung]


Der Flaser, des -s, plur. die -n, die Masholder, S. Fladerholz.


Flaserig (W3) [Adelung]


Flaserig, adj. et adv. welches in einigen Gegenden für fladerig üblich ist, S. dieses Wort. In einem entgegen gesetzten Verstande bedeutet flaserig oder flasericht im Bergbaue fest, hart, und wird alsdann von dem Gesteine gebraucht, wenn es schwer zu gewinnen ist; vielleicht weil es alsdann mit Adern von einer härtern Masse durchzogen ist.


Flatsche (W3) [Adelung]


+ Die Flatsche, plur. die -n, in den niedrigen Mundarten, ein breiter, dünner Körper von beträchtlicher Größe, ein großer Fladen. Besonders in der Landwirthschaft, runde eine halbe Elle hohe Haufen Heu auf einer gemäheten Wiese, welche bey dem Heumachen aus den Wetterhaufen gemacht, und hernach, wenn das Heu trocken ist, in Schöber zusammen getragen werden; Schoberflecke, Schöberflatschen, Heuscheiben. S. Fladen.


Flätschen (W3) [Adelung]


Flätschen, S. Fletschen.


Flatteraspe (W3) [Adelung]


Die Flatteraspe, plur. die -n, S. Aspe.


Flatterer (W3) [Adelung]


Der Flatterer, des -s, plur. ut nom. sing. ein unbeständiger, flatterhafter Mensch. Getreu soll ich o Chloe seyn? Ich Flatterer getreu? Gleim.


Flattergeist (W3) [Adelung]


Der Flattergeist, des -es, plur. die -er, wie das vorige, in der vertraulichen Sprechart. Ich hasse die Fladdergeister (Flattergeister) und liebe dein Gesetz, Ps. 119, 113. Das Netz, sprach dieser, nicht zu sehn? Dir Flattergeist ist recht geschehn, Gell.


Flatterhaft (W3) [Adelung]


Flatterhaft, -er, -este, adj. et adv. 1) Leichtsinnig, unachtsam, mit seinem Gedanken bald hier, bald da ausschweifend. Ein flatterhafter Mensch. Die flatterhaftesten Jahre sind vorüber, Weiße; die Jahre, da man gemeiniglich flatterhaft zu seyn pfleget. 2) Unbeständig in seinen Entschließungen. S. Flattern.


Flatterhaftigkeit (W3) [Adelung]


Die Flatterhaftigkeit, plur. inus. die flatterhafte Beschaffenheit des Gemüthes.


Flatterhärig (W3) [Adelung]


Flatterhärig, adj. et adv. im gemeinen Leben fladderhärig, von der Wolle der Schafe, wenn sie locker anzufühlen ist; eine gute Eigenschaft derselben.


Flatterig (W3) [Adelung]


Flatterig, -er, -ste, adj. et adv. wie flatterhaft, doch nur im gemeinen Leben. Er ist überaus flatterig. Flatterige Gedanken, welche, ohne sich auf etwas zu häften, hin und her schweifen.


Flatterkohl (W3) [Adelung]


Der Flatterkohl, des -es, plur. inus. weißer oder blauer Kohl, dessen Blätter sich nicht in Häupter versammeln, sondern gleichsam herum flattern; zum Unterschiede von dem Kopfkohle.


Flattermine (W3) [Adelung]


Die Flattermine, plur. die -n, in dem Kriegswesen, eine kleine Mine, welche nur fünf bis zehen Fuß Erde über sich hat, und geschwinde aufflattert.


Flattern (W3) [Adelung]


Flattern, verb. reg. neutr. sich in der Luft hin und her bewegen, von biegsamen Körpern. 1) Eigentlich; mit haben. So flattern die jungen Vögel, wenn sie mit den Flügeln schlagen und zu fliegen versuchen. Der Vogel hat noch lange geflattert. Eine Gans, ein Vogel flattert, wenn sie die Flügel vergebens zum Fliegen bewegen; Die Fahnen flattern an den Fahnenstöcken, wenn sie von der Luft beweget werde; das Feuer flattert, wenn es mit einer schnellen Flamme brennet. Schon flattern die Flaggen und Wimpel Um den wankenden Mast, Zach. Es ahmet das Geräusch nach, welches junge Vögel, die Fahnen u. s. f. durch ihre Bewegung in der Luft verursachen. In weiterer Bedeutung wird es aber, besonders in der dichterischen und edlern Schreibart, auch von solchen Körpern gebraucht, deren Bewegung in der Luft mit keinen solchen Schalle verbunden ist. Flimmernder Schneestaub flattert umher, Geßn. Zwischen den Stämmen der Bäume flatterten fruchtbare Gesträuche, ebbend. Ich band die flatternden Haselstauden fest. ebend. Eine Menge bunter Schmetterlinge flattert um mich her. So flattert muntrer Scherz frohes Lächeln stets um deine kleinen Lippen, Geßn. Aber in der Stelle Jer. 51, 27: bringet Rosse herauf wie fladdernde Käfer, stehet es am unrechten Orte, weil der Flug der Käfer nichts mit dem Flattern gemein hat. S. Zerflattern. 2) Figürlich, sich leichtsinnig hin und her bewegen; mit seyn. Die Augen überall herum flattern lassen, oder mit den Augen herum flattern. Ein prächtiger Stutzer Flattert herein ins Gemach, Zach. Ingleichen von den Gedanken, Wünschen, Neigungen u. s. f. wenn sie leichtsinnig und mit Unbestand bald diesen, bald jenen Gegenstand berühren, ohne sich auf einen zu häften. Mit seinen Gedanken herum flattern. Sein Herz flattert von einer Schönen zur andern. S. Flatterhaft.

Anm. Flattern, bey dem Notker, flogeren, Nieders. fladdern welche Mundart auch Luther in diesem Worte beybehalten hat, ingleichen fluttern, Dän. fladre, flatre, Schwed. fladdra, Engl. to flutter, Angels. fliccerian, Holländ. fliggeren, flederen, fledderen, druckt eigentlich den mit dem Flattern verbundenen Schall aus, S. Flackern, Flader, Fledermaus, Lodern u. s. f. Im Schwed. ist Flader Eitelkeit, Thorheit, Lichtsinn, und schon im Griech. war - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Possen treiben. Eine in ihren Entschließungen flatterhafte Person des andern Geschlechtes heißt im Oberdeutschen ein Flanderl, und mit einer in den niedrigen Sprecharten üblichen Zweydeutigkeit sagt man von einem unbeständigen und veränderlichen Menschen auch in Ober- und Niedersachsen, er sey aus Flandern. Em Engl. ist to flit den Ort schnell verändern, und von diesem scheinet flattern das Frequentativum zu seyn. S. Fleiß und Flitzbogen.


Flau (W3) [Adelung]


* Flau, adj. et adv. welches nur in der Niedersächsischen Mundart üblich ist, wo es kraftlos, ohnmächtig, ingleichen lau, laulich, schal, u. s. f. bedeutet. Der Wein wird flau, schal, kraftlos. Die Waaren werden flau, wenn sie nicht mehr gesucht werden. Die Liebe wird flau, schwach, kalt. Einem Menschen wird flau, wenn er ohnmächtig wird. Die Mahler haben dieses Wort aus der Niederländischen Schule beybehalten, wenn sie durch dasselbe die sanfte und durch den Nebel etwas bläuliche Ferne, den dünnen Nebel bey einem schönen Herbstabend bezeichnen; woraus auch die Französischen Mahler flou gemacht haben, aber, wie Herr von Hagedorn will, mehr den Schmelz der Farbe und den markigen Pinsel dadurch bezeichnen.

Anm. Dieses Wort ist durch den vorgesetzten Blaselaut aus dem noch im Hochd. üblichen lau gebildet, S. dasselbe. Die Angelsachsen setzten statt f ein h voran, hleow, hliw.


Flauen (W3) [Adelung]


* Flauen, verb. reg. act. welches nur in den gemeinen Mundarten üblich ist, wo es im Wasser durch hin und her bewegen abspülen, und in weiterer Bedeutung auch wohl waschen bedeutet. Die Wäsche flauen, sie im kalten Wasser abspülen, um die Lauge und Seife heraus zu bringen; im Oberd. und Obersächs. fleihen, und fleuen. S. Abflauen. Die gepochten Erze flauen, im Bergbaue, sie waschen, durch fließendes Wasser das Taube davon scheiden.

Anm. Schon im dem Tatian ist fleuuin, waschen. Im Nieders. bedeutet flöen die Wiesen wässern, und flojen, fließen Engl. to flow, im Holländ. vloyon, flößen; woraus erhellet, daß dieses Wort mit fliehen, fluere, fließen, und hundert andern dieses Geschlechtes genau verwandt ist. Im Wend. ist plawik gleichfalls waschen, und im Pohln. plawie ich schwimme.


Flaufaß (W3) [Adelung]


Das Flaufaß, des -sses, plur. die -fässer, im Bergbaue, die Fässer, worin die gewaschenen Erze abgespület werden. S. Abflaufaß.


Flaum (W3) [Adelung]


Der Flaum, des -es, plur. inus. ein Collectivum, Flaumfedern zu bezeichnen, welches im Handel und Wandel üblich ist. Isländischer Flaum, Isländische Flaumfedern. S. Flaumfeder.


Flaume (W3) [Adelung]


Die Flaume, S. Pflaume.


Flaumen (W3) [Adelung]


* Die Flaumen, sing. inus. ein nur im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, übliches Wort, das rohe, nach nicht ausgelassene Nierenfett der Schweine, ingleichen das rohe Schmalzfett an Gänsen, Hühnern und Fischen zu bezeichnen.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort Flomen, wo es aber auch Fischschuppen bedeutet. In eben dieser Mundart ist floom trübe, flömen trübe machen, ingleichen die Fische abschuppen und afflomen, das Fett abschöpfen. In mittlern Lat. ist Fluma, und in der Picardie noch jetzt Flume, eine dicke trübe Feuchtigkeit, phlegma.


Flaumfeder (W3) [Adelung]


Die Flaumfeder, plur. die -n, die leichtesten und weichsten Federn unten am Bauche des zahmen so wohl als wilden Geflügels, die Staubfedern, Nieders. Dunen; auch wohl als ein Collectivum, der Flaum. Das Latein. Pluma ist genau damit verwandt, nach dessen Muster härtere Mundarten dieses Wort auch wohl Pflaum schreiben und sprechen. Im Nieders. und Holl. ist Flaumenstreicher ein Schmeichler.


Flausch (W3) [Adelung]


+ Der Flausch, des -es, plur. die -e, in den niedrigen Mundarten, ein Büschel zusammen hängender Wolle, Haare u. s. f. ein Flausch Wolle, Haare. Nieders. Flüs, Flusch. S. Flatsche, Flies und Beflüschen.


Flause (W3) [Adelung]


+ Die Flause, plur. die -n, in den gemeinen Sprecharten, falsche Vorspiegelungen, leere Ausflüchte, Chicanen u. d. Mache mir keine Flausen, keine leeren Vorspiegelungen. Dann wollten wir ziehen und schmausen, Dann machte kein Amtmann uns Flausen, Chicanen. Daher die Flausenmacher.


Flautrog (W3) [Adelung]


Der Flautrog, des -es, plur. die -tröge, im Bergbaue, ein Trog, in welchem das gepochte Erz das darüber fließende Wasser gewaschen, d. i. von den Unreinigkeiten geschieden wird.


Flechse (W3) [Adelung]


Die Flechse, S. Flächse.


Flechte (W3) [Adelung]


Die Flechte, plur. die -n, Diminut. das Flechtchen, Oberd. Flechtlein, von dem folgenden Zeitworte flechten. I. Von dem Neutro flechten, verschiedene Dinge zu bezeichnen, welche sich schnell ausbreiten. 1) Ein mit Entzündung verbundenes Geschwür auf der Haut, welches immer weiter um sich greift, und mit kleinen Bläschen verbunden ist, welche die Haut anfressen und ungleich machen; Herpes, Lichen, Impetigo, ein Geflecht, Schwinde, weil es sich in der Geschwindigkeit ausbreitet, Schwindflechte, das Zittermahl, die Vergehe. Die einfache Flechte oder Hirsenflechte, das Hirsengeflechte, wenn die Blattern das Ansehen und die Größe der Hirsenkörner haben, und beym Aufspringen ein mehliges Wesen zurück lassen. Die lebendige oder um sich fressende Flechte, welche tief in die Haut einfrißt, und oft krebsartig wird. Von der ersten Art ist auch der trockene Grind bey dem Rindviehe, welcher gleichfalls das Geflecht, ingleichen der Zitter genannt wird. 2) Eine Art Milben, welche die Krätze verursachen, und auch Schwinden genannt werden, Siro Scabiei L. auch wegen der ausbreitenden und ansteckenden Eigenschaft der durch dieses Insect verursachten Krankheit. 3) Eine Art des Aftermooses, (Algae L.) bey welchem die weiblichen Blüthen in Gestalt eines Welches auf die Blätter gestreut sind; Lichen L. S. Färbeflechte, Lichtflechte, Steinflechte, Pechflechte, Lungenflechte, Hundsflechte u. s. f. Entweder wegen einiger Ähnlichkeit mit der Äußerlichen Gestalt der Krankheit dieses Nahmens, oder auch weil dieses Moos sich gleichfalls schnell ausbreitet. II. Von dem Activo, allerley geflochtene, oder zusammen geflochtene Dinge. Die Flechte (zusammen geflochtene Haare) auflösen. In der Landwirthschaft ist die Flechte oder Wagenflechte ein aus Ruthen geflochtener viereckiger Korb, welcher auf einen Bauer- oder Rüstwagen gesetzt wird, und an manchen Orten auch eine Benne, Krätze oder Zeine heißt; S. diese Wörter. Eine Käseflechte, eine Hürde, die Käse darauf zu trocknen. In dieses Bedeutung kommen auch im Mittlern Lateine Flecta, Flexa und Plecta vor.


Flechten (W3) [Adelung]


Flechten, verb. irreg. ich flechte, du flichst, er flicht, wir flechten u. s. f. Imperf. ich flocht; Conjunct. ich flöchte; Mittelw. geflochten; welches in doppelter Gattung üblich ist. I. * Als ein Neutrum, den Ort schnell verändern, sich ausbreiten; in welcher im Hochdeutschen veralteten Bedeutung es noch im Niedersächsischen üblich ist, wo flechten gehen auch davon gehen, entfliehen bedeutet. Fortflechten ist noch in einigen Oberdeutschen Gegenden um sich greifen, anstecken, von Krankheiten. S. Flechte 1. II. Als ein Activum, zwey oder mehr biegsame Dinge in einander schlingen. 1) Eigentlich. Die Haare flechten. Ein seidenes Band in die Haare flechten. Weidene Ruthen zusammen flechten. Die Reben um die Bäume flechten. Einen Missethäter aus das Rad flechten. Ingleichen auf solche Art hervor bringen. Kränze flechten. Einen Korb, einen Zaun flechten. Decken aus Bast flechten. Geflochtene Körbe. Einen Zopf flechten. 2) Figürlich. Sich im fremde Händel flechten, mischen, mengen. Kein Kriegsmann flichtet (flicht) sich in Händel der Nahrung, Tim. 2, 4. So sie entflohen sind dem Unflath der Welt - werden aber wiederum in dieselbigen geflochten, 2 Petr. 2, 20.

Anm. Dieses Zeitwort lautet in der thätigen Bedeutung im Nieders. flechten, bey dem Ottfried flehtan, im Dän. flette, im Schwed. fleta, im Wallis. plega, im Lat. plectere und plicare, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . In noch weitem Verstande ist fleckta, im Schwedischen hin und her bewegen; woraus zugleich erhellet, daß dieses Wort zu fliehen, flattern, flackern, flehen, fliegen, kurz zu dem großen Geschlechte derjenigen Wörter gehöret, welche eine Bewegung bezeichnen, deren besondere Art durch die jedesmahligen Endsylben bezeichnet wird. Das Franz. plier, biegen, gehöret gleichfalls hierher. Die zweyte und dritte Person des Präsentis freylich du flichtest, er flichtet heißen; allein der Wohlklang stößt das te gern aus, du flichst, er flicht, welches auch den Zeitwörtern däuchten, fechten u. s. f. widerfähret.


Flechtschiene (W3) [Adelung]


Die Flechtschiene, plur. die -n, breite, dünne Schienen, woraus die Siebe geflochten werden.


Flechtweide (W3) [Adelung]


Die Flechtweide, plur. die -n, ein Nahme, welchen an einigen Orten auch die Bandweide, Salix viminalis L. führet, weil sie zu allerley Flechtwerk sehr dienlich ist, S. Bandweide.


Flechtwerk (W3) [Adelung]


Das Flechtwerk, des -es, plur. inus. geflochtene Arbeit, allerley aus Ruthen u. s. f. geflochtene Dinge; im Nieders. Flake, Engl. Fleak, Schwed. Flak.


Fleck (W3) [Adelung]


Der Fleck, des -es, plur. die -e, Diminut. das Fleckchen, Oberd. das Flecklein; ein Wort, welches in einer doppelten Bedeutung üblich ist. 1. Ein unbestimmter, gemeiniglich kleiner Theil der Erdfläche, der Platz, die Stelle, in der gemeinen und vertraulichen Sprechart der Hochdeutschen. 1) Ein kleiner Theil der Erdfläche. Ein Fleck Landes. Ein Fleck Acker. Ein Fleck Wiesen. Er hat einen ansehnlichen Fleck Waldes geschenkt bekommen. Es ist noch ein guter Fleck hin. Ein Grasefleck. Kein Ort war ihr mehr angenehm, Kein Fleck zur Weide mehr bequem, Rost. Sprich, wenn der Junker selbst sein Feld bestellen könnte, Ob er uns wohl ein Fleckchen Acker gönnte, Willam. 2) Die Stelle, ein bestimmter Theil des Raumes. Hier auf diesem Flecke lag es. Habe ich den rechten Fleck getroffen? Gehe mir nicht vom Flecke. Gib nur den Schöps heraus, eh geh ich nicht vom Flecke, Rost. Sie schweigt und gräbt getrost. Ha, ha, nun klingt es hohl, Nun wird der rechte Fleck bald kommen, Gell. nehmlich, wo der Schatz lag. Mit allen den schönen Einfällen kommen wir nicht vom Flecke. 2. Ein Stück eines Ganzen; auch nur in der vertraulichen und gemeinen Sprechart. 1) ein abgerissenes oder abgeschnittenes Stück Zeug, Leder u. s. f. ein Lappen; in den gemeinen Mundarten auch ein Flicken. Einen Fleck aufsetzen, auf den zerrissenen Theil eines Kleides oder eines Schuhes. Den Fleck neben das Loch setzen. Flecke auf die Schuhe setzen, S. Beflecken und Flecken. In welcher Bedeutung in der niedrigen Mundart der Meißner der Plural auch Flecker lautet. Die Stücke Rindsleder, woraus die Schuster die Absätze zusammen setzen, heißen bey ihnen gleichfalls Flecke, ingleichen Köder. Kaum hatte noch des Schneiders Hand Dem Affen ein erflickt Gewand Von bunten Flecken umgehangen, Gell. 2) Ein abgeschnittenes Stück Zeuges zu einem gewissen Gebrauche, ingleichen verschiedene solchen Stücken ähnliche Theile der Kleidung, besonders im Oberdeutschen. Ein Haubenfleck, ein Stück Zeuges zu einer Haube. Ein Brustfleck, S. dieses Wort. In und um Nürnberg führet die Schürze den Nahmen des Fleckes und an andern Oberdeutschen Orten des Vorfleckes. Ein Spitzenfleck, eine Spitzenschürze. Ein Hausfleck, eine Hausschürze u. s. f. 3) Stücke von den Gedärmen und Eingeweiden der Thiere, in den Küchen und bey den Fleischern. Ein Pastete von Flecken. S. Flecksteder.

Anm. In der ersten Hauptbedeutung gehöret dieses Wort unstreitig zu Fläche und flach, Nieders. Flak. In eben dieser Mundart ist Flagge, Flak und Blek, ein Stück Landes, Plack, Placke aber ein flaches Stück Landes. In der zweyten Bedeutung lautet es im Nieders. Flicke, Flak, Black und Placke, im Angels. Flicce, Floh, im Engl. Flitsch, Flaw, im Wallis. Fflaw, im Böhm. Fleck, im Schwed. Flack und Flik, alle in der Bedeutung eines Lappens, eines Stückes. Im Nieders. sind Plaggen, platte, ausgestochene Rasen. Die zweyte Bedeutung läßt sich füglich mit der ersten verbinden; allein da fläcka im Schwed. und fleika im Isländ. spalten, theilen, bedeutet, so stehet es dahin, ob Fleck und das folgende Flecken, in der Bedeutung eines Stückes, nicht ein von Fleck, die Fläche, Stelle, verschiedenes Wort ist, wenn sich nicht erweisen lässet, daß fläcka, theilen, von Fleck, ein Stück, abstammet. S. Flicken.


Fleckeln (W3) [Adelung]


Fleckeln, verb. reg. act. welches nur in den gemeinen Sprecharten üblich ist. 1) Die Schuhe fleckeln, Flecke auf die Absätze setzen. S. Fleck 2. und Beflecken. 2) Bey den Jägern, zur Übung nach einem Brete schießen.


Flecken (W3) [Adelung]


Der Flecken, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Fleckchen, Oberd. das Flecklein, das vorige Wort Fleck, welches aber im Hochdeutschen in der verlängerten Form am üblichsten ist. 1. Ein bewohnter Theil der Erdfläche. 1) Ein Hof, Meierey oder Dorf mit der dazu gehörigen Flur; in welchem Verstande im Nieders. ehedem auch Bleck üblich war. Es scheinet, daß auch Luther diese Bedeutung im Sinne hatte; wenigstens hat er einige Wahl, z. B. Jos. 13, 30, das Wort Flecken, wo Michaelis Dörfer setzet. Doch in dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet, nicht aber im Oberdeutschen, wo Flecken noch ein großes Dorf bedeutet. Im Hochdeutschen hingegen bezeichnet es, 2) nur, noch ein Mittelding zwischen einem Dorfe und eines Stadt, ein Dorf mit städtischen Gewerben, welches aber keine, oder doch nur einige Stadtgerechtigkeiten hat, und im gemeinen Leben oft auch ein Städtchen heißt. Hat ein Flecken das Marktrecht, so wird er ein Marktflecken, oft aber nur ein Markt schlechthin genannt; Franz. Bourg, Nieders. Blek, Dän. Flecke. Doch sind Flecken und Marktflecken in diesem Verstande mehr in Niederdeutschland, Markt aber mehr in Oberdeutschland üblich. In andern Gegenden, z. B. in Westphalen, wird ein solcher Flecken auch ein Weichbild, ingleichen eine Freyheit genannt, S. diese Wörter. 2. Eine kleine irreguläre Fläche oder Stelle von einer andern Farbe; im Oberd. ein Fleck. 1) Überhaupt. Ein weißes Pferd mit blauen Flecken. Die Fleck den in der Sonne, die dunkeln Stellen in derselben, welche von der Ungleichheit ihrer Oberfläche herrühren. Blaue Flecken auf der Haut. Die Flecken oder Kinderflecken, im Oberdeutschen die Masern, S. Masern. Oft wird auch das Fleckfieber nur die Flecken genannt. 2) Besonders, fehlerhafte irreguläre Flächen von einer andern oder doch veränderten Farbe. Ein Dintenflecken, Fettflecken, Öhlflecken u. s. f. Das Kleid ist voller Flecken. Einen Flecken in ein Kleid machen, in seinem Kleide bekommen. Einen Flecken ausmachen. Der Flecken geht nicht aus. Daher, 3) figürlich, ein Fehler. Du bist allerdings schön meine Freundin, und ist kein Flecken an dir, Hohel. 4, 7. Eine gemeine, die herrlich sey, die nicht habe einen Flecken oder Runzel, Ephes. 5, 27. Ingleichen, Verletzung des guten Nahmens, Unehre, Schand. Eines Nahmen, Charakter, Flecken anhängen. Ein guter Nahme ohne Flecken. S. Schandflecken. Wie auch Beschwerung, Verletzung des Gewisses. Daß du haltest das Geboth ohne Flecken untadelich, 1 Timoth. 6, 14. Was hilft euch aller Staat und Pracht, Wenn Flecken im Gewissen bleiben? Günth. S. Beflecken. In dieser ganzen zweyten Bedeutung lautet es nach dem Muster der Oberdeutschen auch bey einigen Hochdeutschen der Fleck und im Plural die Flecke. In den folgenden Zusammensetzungen ist die Oberdeutsche Form Fleck gleichfalls eingeführet. Bey dem Notker lautet dieses Wort Flacchen und Flecchen, und in dem alten Gedichte auf den heil. Ano Vlekke, im Nieders. Plack, Placke, im Schwed. und Isländ. Fleck, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Wachter leitet es von Blick her; allein das Wort Fläche hat wenigstens ebbend so vieles Recht an die Abstammung dieses Wortes.


Flecken (W3) [Adelung]


Flecken, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist. 1. Als ein Activum. 1) Mit Flecken, d. i. kleinen Stellen von einer andern Farbe versehen; in welchem Verstande aber nur das Mittelwort gefleckt üblich ist; Nieders. placked. Eine weißes Pferd schwarz gefleckt. Ein röthliches Gemisch zieht von dem Berge sich ins Thal, von immer grünen Tannen und Fichten gefleckt. Geßn. Die bunt gefleckte Haut der Schlange. Von fehlerhaften Flecken ist dieses Wort nicht, wohl aber fleckig und befleckt üblich. 2) In den Münzen, dem kleinen Gelde das gehörige Verhältniß der Größe geben. 3) Bey den Nadlern wird der Draht geflecket, wenn er flach geschlagen wird. 4) Die Schuhe, Absätze flecken, neue Flecke von Leder auf die Absätze befestigen. Im Oberd. fleckt man auch Kleider, Strümpfe u. s. f. welche im Hochdeutschen geflickt werden; S. Flicken. 2. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) An den Flecken, d. i. Masern, danieder liegen; doch nur im Oberdeutschen. 2) Fehlerhafte Flecken verursachen. Schwarze Kirschen flecken. Das Öhl, das Fett flecket. Wasser fleckt zwar nicht, aber es benimmt doch den Glanz. Nieders. auch placken. 3) Leicht fehlerhafte Flecken bekommen, annehmen. Weiße Kleider flecken leicht. Nieders. auch placken. 4) Vom Flecke kommen, in der niedrigen Sprechart. Es will nicht flecken, man kommt wenig von der Stelle, bringt nichts vor sich, kommt in der Sache nicht weiter; in Baiern, es schlaunet nicht. S. Schleunig.


Fleckenkraut (W3) [Adelung]


Das Fleckenkraut, des -es, plur. inus. eine Benennung. 1) des Schildkrautes, Scutellaria Galericulata L. welches sehr bitter ist, und am Geruche dem Knoblauch gleichet. Die Blume ist violbraun, und hat kleine dunkle Flecken. Man hielt sie ehedem auch für heilsam in Fleckfiebern. 2) Des Sauerklees, weil dessen Salz die Flecken aus den Kleidern nimmt. S. Buchampfer.


Flecket (W3) [Adelung]


Flecket, S. Fleckig.


Fleckfieber (W3) [Adelung]


Das Fleckfieber, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. ein jedes faules, oder hitziges Fieber, bey welchem rothe oder blaue Flecken zum Vorscheine kommen. In engerem Verstande führet nur diejenige Art diesen Nahmen, bey welcher diese Flecken mit zur Krisi gehören, und welche am häufigsten Peteschen genannt werden, Febris-petechialis; S. dieses Wort.


Fleckig (W3) [Adelung]


Fleckig, -er, -ste, adj. et adv. Flecken habend, in der zweyten Bedeutung dieses Wortes. 1) Überhaupt, kleine Flächen von einer andern Farbe habend. Fleckige Schafe. Buntfleckig, rothfleckig. Fleckig im Gesichte seyn. 2) Fehlerhafte Flecken habend. Das Kleid, die Wäsche ist fleckig. Ein fleckiges (beflecktes) Kleid. Fleckiges Zinn, figürlich im Bergbaue, hartes und ungeschmeidiges Zinn.

Anm. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort flecket, welche Form auch Luther beybehalten hat. Fleckete Schafe 1 Mos. 30, 31. Fleckete Ziegen, ebbend. und in andern Stellen mehr.


Fleckkehlchen (W3) [Adelung]


Das Fleckkehlchen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Brustwenzel mit silberfarbener roth gefleckter Brust; Sylvia thorace argentata Klein.


Fleckkugel (W3) [Adelung]


Die Fleckkugel, plur. die -n, Seife in Gestalt einer Kugel, Flecken damit aus den Kleidern zu bringen.


Fleckleder (W3) [Adelung]


Das Fleckleder, es -s, plur. inus. starkes Roß- und Ochsenleder, welches zu Sohlen und Flecken an den Absätzen gebraucht wird.


Flecksieber (W3) [Adelung]


Der Flecksieber, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. zu Wien, eine Art Fleischer, die sich, allein mit Sieden der Kaldaunen beschäftigen; S. Fleck 2.


Fledermaus (W3) [Adelung]


Die Fledermaus, plur. die -mäuse. 1) Ein haariges fünfzähiges vierfüßiges Thier in Gestalt und Größe einer Maus, welches mit häutigen Werkzeugen zum Fliegen versehen ist; und nur des Nachts umher flieget; Vespertilio L. Speckmaus; weil sie eine Liebhaberinn des Speckes und aller fetter Sachen ist; Dän. Flaggermuus, Engl. Flittermouse, Schwed. Flädermus, Läderlapp, Isländ. Ledermus, ohne Blaselaut. Sie hat den Nahmen von flattern, weil sie in ihrem Fluge ein flatterndes Geräusch macht. Der Nahme Fledarmus kommt schon in den Monseeischen Glossen vor. Ir schoenen lip han ich davor erkennet Er tuot mir als der vledramus das lieht Diu fliugel daran unz sie sich gar verbrennet, Graf Rudolph von Newenburg. Die Ostindische Fledermaus, S. Nachtschwalbe. 2) Eine ehemahlige Schlesische Münze, welche drey Pfennige gilt, und auch ein Gröschel genannt wird, wegen des übel ausgedruckten Adlers, den der große Haufe für eine Fledermaus gehalten. 3) Bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Art der Passionsblume, wegen der Gestalt ihrer Blume; Passiflora Vespertilio L.


Flederratze (W3) [Adelung]


Die Flederratze, plur. die -n, eine Art großer Fledermäuse in der Größe und Gestalt eine Ratze, in Amerika und Ternate.


Flederwisch (W3) [Adelung]


Der Flederwisch, des -es, plur. die -e, das erste Glied eines Gänseflügels mit den daran befindlichen Federn, allerley Hausgeräth vom Staube damit zu reinigen. Im gemeinen Leben sagt man von einer spröden Jungfrau, sie habe Flederwische feil; zu welchem Ausdrucke ein stolzes Frauenzimmer Gelegenheit gegeben haben soll, die jedem ihrer Freyer mit einem Flederwische nachzukehren pflegte, aber endlich so arm ward, daß sie diese ihre Flederwische auf dem Markte verkaufen mußte. Von Fleder, welches ehedem auch für Feder üblich war. Siehe Flattern und Abfledern.


Flegel (W3) [Adelung]


Der Flegel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Flegelchen, Oberd. Flegelein, ein Werkzeug zum Schlagen. 1) Eigentlich, in der Landwirthschaft, ein an einer Stange bewegliches starkes Stück Holz, zum Dreschen, ein Flegel oder Dreschflegel, und in weiterer Bedeutung dieses ganze Werkzeug selbst; im Oberd. ein Kornhammer. 2) Figürlich, ein niedriges Scheltwort auf einen groben bäuerischen Menschen.

Anm. Schon in den Monseeischen Glossen lautet dieses Wort Flegila, im Nieders. Flegel und Flogger, im Dän. Flägel, im Engl. Flail, im mittlern Lat. Flagellum, im Französ. ehedem Fleel, jetzt Fleau. Es stammet vermittelst der Endsylbe el, welche ein Werkzeug bezeichnet, von dem alten noch bey dem Ottfried befindlichen fluagan, schlagen, her, Lat. fligere, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Schwed. flenga, dahin auch das Lat. Plaga, gehöret. Im Schwed. heißt der Flegel um eben deßwillen auch Slaga und Pleiel, das letztere von dem Zeitworte bläuen, schlagen. Winsbeck nennt einen Dreschflegel gleichfalls Slegel. Man siehet leicht, daß mit dem veralteten Zeitworte flegen, schlagen, zugleich auf die fliegende Bewegung des schlagenden Werkzeuges gesehen wird; daher bedeutet Flegel im Nieders. auch einen Flügel.


Flegeler (W3) [Adelung]


Der Flegeler, des -s, plur. ut nom. sing. in der Geschichte des 15ten Jahrhundertes, ein Haufen Bauern, Tagelöhner und anderer mit Dreschflegeln und häuslichen Werkzeugen bewaffneter niedriger Leute, mit welchen Graf Günther von Schwarzburg 1412 den Landgrafen von Thüringen zu bekriegen suchte, welche auch die Fleglerrotte, Fleglergesellschaft, und dieser Krieg der Fleglerkrieg genannt wurden; im Lateine der damahligen Zeiten Flegeli und Bengelenses.


Flegeley (W3) [Adelung]


+ Die Flegeley, plur. die -en, in der niedrigsten Sprechart, ein im hohen Grade bäuerisches, grobes, ungesittetes Betragen.


Flegelhaft (W3) [Adelung]


+ Flegelhaft, -er, -este, adj. et adv. ein eben so niedriges Wort, für sehr bäuerisch, grob und ungesittet. Siehe Flegel 2.


Flegelhenke (W3) [Adelung]


Die Flegelhenke, plur. die -n, in der Landwirthschaft, ein Schmaus, welcher den Dreschern gegeben wird, wenn sie gänzlich ausgedroschen haben, und nunmehr ihre Flegel an den Nagel henken.


Flegelkappe (W3) [Adelung]


Die Flegelkappe, plur. die -n. 1) Eine lederne Kappe, vermittelst deren der Flegel an der Stange, oder Handruthe befestiget wird. 2) Wegen einiger Ähnlichkeit auch die Hächse oder das hinterste Bein an den Schöpps- und andern Keulen, welches auch das Mägdebein heißt, weil es gemeiniglich den Mägden gegeben wird.


Flehen (W3) [Adelung]


1. * Flehen, verb. reg. act. et neutr. welches nur noch im Oberdeutschen üblich ist, für fliehen. S. Fliehen.


Flehen (W3) [Adelung]


2. Flehen, verb. reg. neutr. mit haben, welches eigentlich hin und her bewegen, besonders aber sich schmiegen, winden und drehen, bedeutet, und mit zu dem weitläuftigen Geschlechte der Zeitwörter flauen, fliehen, fliegen, flechten u. s. f. gehöret, ( S. diese Wörter,) aber in dieser seiner ersten Bedeutung längst veraltet ist. Es kommt noch in einer doppelten figürlichen Bedeutung vor. 1) * Für schmeicheln, besonders im nachtheiligen Verstande, durch verstellte Freundlichkeit sich eines Gunst zu erwerben suchen; in welchem Verstande es doch nur noch im Niedersächsischen üblich ist, wo flojen, flikflojen, floistraken, und in gröbern Mundarten floiiken, schmeicheln, fuchsschwänzen, Holl. vleien. Schwed. fleckra, floi aber schmeichelhaft, und Flojer einen Schmeichler bedeuten. Daß die Bedeutung auch im Oberdeutschen nicht unbekannt gewesen, erhellet schon aus dem Kero und den Monseeischen Glossen, wo flehan schmeicheln, und Fleh unga Schmeicheley ist. Flehen druckt genau aus, was man sonst auch sich schmiegen und biegen nennet, und kommt darin mit dem Hochdeutschen schmeicheln überein, S. dieses Wort. Es stammt also nicht, wie in dem Bremisch-Niedersächs. Wörterbuche gemuthmaßet worden, zunächst von flojen, fließen, ab. 2) Sich bittend vor jemanden schmiegen, gleichsam sich bittend vor ihm im Staube winden, ängstlich und demüthig bitten. Um Gnade, um Barmherzigkeit, um sein Leben, um Hülfe, um Rettung flehen. Um das Recht flehen, Hiob 9, 15. In der höhern Schreibart auch als ein Activum, mit der vierten Endung Sache. Sie winden sich in Staub, und flehn umsonst ihr Leben, Weiße. Wird die Person, zu welcher das Flehen gerichtet ist, ausgedruckt, so bekommt sie in der Deutschen Bibel mehrmahls die Vorwörter zu und vor. Mose aber flehete vor dem Herrn seinen Gott, Mos. 32, 11. Und beten und flehen zu dir in diesem Haus, Kön. 8, 33. Im Hochdeutschen gebraucht man dafür oft die vierte Endung, einen flehen, d. i. anflehen. Ich wil die vil guoten vlehen Umb ein ding das ich doch han, Burkhard von Hohenfels. Und bath und flehete ihn, 2 Chron. 33, 13. Und flehete ihn, daß er wegthät u. s. f. Esth. 8, 3. Da muß ich vor den kalten Götzen den Himmel um Gesundheit flehn, Günth. Die Thränen, womit ich den Himmel flehe, Dusch. Flehe mit mir den Himmel, daß er die Prüfung endige, ebend. Richtiger die dritte Endung; einem flehen, für zu einem. Dem Herrn will ich flehen, Ps. 30, 9. Ich flehe dem Herrn mit meiner Stimme, Ps. 142, 2. So du dem Allmächtigen flehest, Hiob 8, 5; und so in andern Stellen mehr. Flehet ihm, Günth. Die zu lösen so ihm flehn, Opitz. Dir fleht der sorgenvolle Greis O Stifter der Geschlechter, Raml. Anstatt des ungebräuchlichen Flehung wird der Infinitiv häufig als ein Hauptwort gebraucht. Herr, höre mein Flehen. Kann dich kein Flehn bewegen? Anm. In dieser zweyten Bedeutung lautet es schon bey dem Notker flehen, bey dem Stryker aber vlegen. Die oben angegebene Abstammung von flehen, schmiegen, biegen, wird auch durch das Latein. supplicare bestätiget, dessen letzte Hälfte gleichfalls das Zeitwort plicare, biegen, falten, ist, Franz. plier. S. auch Flechten. Daher es nicht von dem Lat. flere abstammen kann, wie Frisch behauptet, als welches vielmehr zu unserm flennen gehöret. Wohl aber ist das Lat. Intensivum Flagitare mit unserm flehen verwandt. Wachters Ableitung von dem mittlern Lat. litus, ein Knecht, ist wohl die seltsamste, die man nur erdenken kann. Ehedem war auch das Hauptwort Fleh üblich. Ich bitt euch mit großer Fle, Rosenplut um das Jahr 1450.


Flehentlich (W3) [Adelung]


Flehentlich, -er, -ste, adj. et adv. mit Flehen, in Gestalt des Flehens. Er bath flehentlich. Ein flehentliches Bitten. Sie bathen uns auf das flehentlichste. Das t in diesem Worte ist das t euphonicum, welches sich auch in nahmentlich, verschiedentlich, hoffentlich, und hundert andern befindet. Siehe T.


Fleihen (W3) [Adelung]


1. Fleihen, spülen, waschen; S. Flauen.


Fleis (W3) [Adelung]


Der Fleis, S. Fleiß.


Fleisch (W3) [Adelung]


Das Fleisch, des -es, plur. inus. 1. Eigentlich. 1) Alle weiche Theile der thierischen Körper, welche nicht Knochen, Haut oder Knorpel sind. Das Fleisch von vierfüßigen Thieren. Das Fleisch von Fischen. Das Zahnfleisch. In dieser weitern Bedeutung werden die weichern Eingeweide, die Leber, Lunge, Milz, das Herz und die Nieren mit unter das Fleisch gerechnet. Der Nagel ist in das Fleisch gewachsen. Der Finger ist roh Fleisch. Wildes Fleisch in einer Wunde. + Vom Fleische fallen, wieder zu Fleische kommen, sind niedrige Ausdrücke, für mager werden, und fleischig werden. 2) In engerm Verstande, der musculöse Theil der thierischen Körper, welcher eigentlich aus dem Bauche der Muskeln bestehet, zum Unterschiede von dem Fette und andern weichen Theilen. Mit Fleisch durchwachsen. Die Karpfen haben ein weiches, die Hechte ein hartes Fleisch. 3) In einem andern engern Verstande bezeichnet Fleisch die weichern eßbaren festen Theile der Vögel und vierfüßigen Thiere, zum Unterschiede von diesem weichern Theilen der Fische und Wasserthiere. In der Fasten ist es nicht erlaubt, Fleisch zu essen. Hühnerfleisch, Gänsefleisch, Kalbfleisch, Lammfleisch u. s. w. Besonders das Fleisch der eßbaren zahmen vierfüßigen Thiere. Frisches Fleisch. Geräuchertes, eingesalzenes Fleisch. Fleisch kochen. Gesottenes, gebratenes Fleisch. Rohes Fleisch. Im weiteren Verstande werden oft alle aus dem geschlachteten zahmen Viehe zubereiteten Waaren der Fleischer, z. B. Würste, Kopf, Geschlinge u. s. f. Fleisch genannt. 2. Figürlich. 1) Die weiche dem Fleische der Thiere ähnliche Substanz mancher Pflanzen und ihrer Früchte. Das Fleisch der Kürbisse, Pfirschen, "Aprikosen", Melonen, Pflaumen, Kir- schen, Artischocken, Schwämme u. s. f. 2) Die Farbe des durch die Haut durchscheinenden Fleisches. So sagen die Mahler z. B. der Schenkel ist von schönem Fleische, wenn dessen Colorit der natürlichen Farbe dieses Theiles gleicht. 3) Der menschliche Leib, nur noch zuweilen. Ein hären Kleid auf dem bloßen Fleische tragen. In der Deutschen Bibel kommt diese Bedeutung mehrmahls. In seiner Hand ist der Geist alles Fleisches eines jeglichen, Hiob 12, 10. Sie werden seyn Ein Fleisch, 1 Mos. 2, 24. Mein Fleisch wird sicher liegen, Ps. 16, 9. Nach dem Fleische nicht da seyn, Col. 2, 5. 4) Der sinnliche Theil des Menschen, sinnliche Begierden, in der biblischen Schreibart. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach, Matth. 26, 41. Besonders so fern diese sinnlichen Begierden verderbt sind, und sich die Herrschaft über die Vernunft anmaßen, die verderbte menschliche Natur. Die Menschen wollen sich meinen Geist nicht mehr strafen lassen, denn sie sind Fleisch, 1 Mos. 6, 3. Nach dem Fleische wandeln, Röm. 8, 1, 4; und so in vielen andern Stellen mehr, wo auch Fleisch und Blut in eben diesem Verstande häufig vorkommt. 5) Das menschliche Geschlecht, und einzelne Menschen; auch nur in der Deutschen Bibel. Alles Fleisch hatte seine Wege verderbe, 1 Mos. 6, 12. Alles Fleisch lobt Gottes Nahmen, Ps. 145, 21. Das Wort ward Fleisch, Joh. 1, 14. 6) Der Leib Christi im Abendmahle. Das Fleisch des Menschensohnes essen, Joh. 6, 53. Das Brot ist mein Fleisch, V. 51. 7) Alle lebendige Geschöpfe; gleichfalls nur in der Deutschen Bibel. Der allem Fleische Speise gibt, Ps. 136, 25. Alles Fleisch ist Heu. Es. 40, 6. Ich will eine Sündfluth kommen lassen - zu verderben alles Fleisch, darin ein lebendiger Odem ist, 1 Mos. 6, 17.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Kero Fleisk, bey Isidors Übersetzer Fleisch, bey dem Notker und Ottfried Fleisc, im Nieders. Fleesk, im Angels. Flaesc, im Schwed. und Dän. Flesk, wo es aber Speck bedeutet, im Engl. Flesh. Ihre leitet es von Fleck, ein abgeschnittenes Stück, her, aber Wachter mit mehrerm Rechte von dem schon bey dem Ulphilas vorhandenen Leik, Fleisch; S. Leiche.


Fleischader (W3) [Adelung]


Die Fleischader, plur. die -n, in der Anatomie, ein Ast der Schlüsselbeinader, welche zu den Muskeln des Halses und Hauptes gehet, und von andern die Mäusleinader oder Muskelader genannt wird; Vena muscula.


Fleischbank (W3) [Adelung]


Die Fleischbank, plur. die -bänke, die Bank, d. i. der Ort einer Stadt, wo die Fleischer das Fleisch öffentlich feil haben; in den gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes, der Fleischscharren, die Fleischranne, die Fleischhalle, der Fleischmarkt, die Metzch, der Kuttelhof u. s. f. Zuweilen auch das Recht, das geschlachtete Fleisch öffentlich zum Verkaufe auszulegen.


Fleischbaum (W3) [Adelung]


Der Fleischbaum, des -es, plur. die -bäume, in der Hauswirthschaft, in den Feuermauern befestige Bäume, das Fleisch zum Räuchern daran aufzuhängen.


Fleischbeil (W3) [Adelung]


Das Fleischbeil, des -es, plur. die -e, ein Beil der Fleischer und Köche, Fleisch damit zu hauen.


Fleischblättchen (W3) [Adelung]


Das Fleischblättchen, des -s, plur. ut nom. sing. kleine neben einander liegende Blättchen an der innern Fläche des Strahles an einem Pferdehufe.


Fleischbohne (W3) [Adelung]


Die Fleischbohne, plur. die -n, eine Art bunter Türkischer Bohnen mit fast kugelförmigem Samen und sehr fleischigen Schoten.


Fleischbruch (W3) [Adelung]


Der Fleischbruch, des -es, plur. die -brüche, bey den Ärzten, eine Art des falschen Bruches, der in einer harten fleischichten Geschwulst bestehet, welche an oder neben den Hoden hänget, und nach und nach größer wird; Sarcocele.


Fleischbrühe (W3) [Adelung]


Die Fleischbrühe, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -n, die Brühe von gekochtem Fleische; im gemeinen Leben Fleischsuppe.


Fleischeisen (W3) [Adelung]


Das Fleischeisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Fellbereitern, besonders bey den Gärbern und Kürschnern, ein scharfes fest stehendes Eisen, einer Elle lang und 1 1/2 Hand breit, über welches die Felle gezogen werden, wenn man sie fleischen, d. i. das daran befindliche Fleisch davon absondern will.


Fleischen (W3) [Adelung]


Fleischen, verb. reg. act. 1) Des Fleisches berauben, bey den Gärbern und Kürschnern, wo die Felle gefleischet werden, wenn man die daran hängenden fleischigen Theile vermittelst des Fleischeisens abstößet; bey den Gärbern auch ausen. S. Abfleischen. 2) Mit Fleisch bekleiden, doch nur in dem zusammen gesetzten einfleischen, w. f.


Fleischen (W3) [Adelung]


Fleischen, adj. et adv. S. Fleischern.


Fleischer (W3) [Adelung]


Der Fleischer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Fleischerinn, ein Handwerker, welcher das zur menschlichen Nahrung nöthige zahme Vieh schlachtet und verkauft; in Oberdeutschland der Metzcher, Fleischhacker, in Nieders. ein Schlächter, Fleischhauer, Knochenhauer, in Cöln Fleischmengen, vom veralteten mangen, handeln; im mittlern Lat. Carnifex. Ein Fleischer, welcher nur das Vieh anderer Hauswirthe schlachtet, wird in Niedersachsen ein Hausschlächter, Schächter und Küter genannt. Diejenigen Fleischer, welche sich allein mit Kaldaunensieden beschäftigen, heißen in Wein Flecksieder, und die, welche Würste machen, Würstler. Gaßler sind in Breslau solche Fleischer, welche nur kleines Vieh schlachten.


Fleischergang (W3) [Adelung]


Der Fleischergang, des -es, plur. die -gänge, im gemeinen Leben, ein vergeblicher Gang, dergleichen die Fleischer, wenn sie Vieh zu kaufen suchen, mehrmahls zu thun genöthiget sind; im Oberd. ein Metzchergang.


Fleischergewicht (W3) [Adelung]


Das Fleischergewicht, des -es, plur. inus. dasjenige Gewicht, nach welchem die Fleischer das Fleisch auswiegen und verkaufen müssen, und welches in Leipzig um den 11 ten Theil schwerer ist als das Kramergewicht; das Fleischgewicht, schwere Gewicht. Zu Wittenberg machen 9 Fleischerpfunde 11 Kramerpfunde.


Fleischerhund (W3) [Adelung]


Der Fleischerhund, des -es, plur. die -e, ein abgerichteter großer Hund, welcher den Fleischern das Vieh treiben hilft.


Fleischerknecht (W3) [Adelung]


Der Fleischerknecht, des -es, plur. die -e, der Knecht, d. i. Gesell, eines Fleischers.


Fleischern (W3) [Adelung]


Fleischern, adj. et adv. welches nur im gemeinen Leben, besonders Oberdeutschlandes, üblich ist, von Fleisch. Ein fleischernes Herz, Ezech. 11, 19. Kap. 36, 26. Fleischerne Tafeln des Herzens, 2 Cor. 3, 3. In einigen Gegenden auch fleischen.


Fleischeslust (W3) [Adelung]


Die Fleischeslust, plur. die -lüste, in der biblischen Schreibart, sinnliche Begierde, besonders sinnliches Verlangen nach dem Beyschlafe, 1 Joh. 2, 16.


Fleischfarbe (W3) [Adelung]


Die Fleischfarbe, plur. inus. die röthliche Farbe des durch die Haut durchscheinenden Fleisches eines gesunden Menschen, und diejenige Farbe, welche solche nachahmet.


Fleischfarben (W3) [Adelung]


Fleischfarben, adj. et adv. diese Farbe habend. Ein fleischfarbenes Kleid. Auch fleischfarbig. Im Nieders. nakrood, d. i. nackendroth, woraus die Franzosen ihr Nacarat gebildet haben.


Fleischfaser (W3) [Adelung]


Die Fleischfaser, plur. die -n, diejenigen Fasern oder zarten Röhrchen, aus welchen das Fleisch zusammen gesetzt ist.


Fleischfaß (W3) [Adelung]


Das Fleischfaß, des -sses, plur. die -fässer, in der Haushaltung, ein Faß, in welchem das Fleisch eingesalzen und aufbewahret wird.


Fleischfell (W3) [Adelung]


Das Fleischfell, des -es, plur. inus. S. Fleischhaut.


Fleischfliege (W3) [Adelung]


Die Fleischfliege, S. Aasfliege.


Fleischfressig (W3) [Adelung]


Fleischfressig, adj. et adv. was Fleisch frisset, sich vom Fleische nähret. Fleischfressige Thiere.


Fleischgabel (W3) [Adelung]


Die Fleischgabel, plur. die -n, in den Haushaltungen. 1) Eine eiserne Gabel, das gekochte Fleisch aus dem Topfe oder Kessel zu hohlen. 2) Eine hölzerne Gabel, das an Stecken gebundene Fleisch in die Höhe zu hängen oder herunter zu hohlen.


Fleischgelte (W3) [Adelung]


Die Fleischgelte, plur. die -n, in der Haushaltung, eine Gelte, das zum Kochen bestimmte Fleisch darin zu waschen.


Fleischgeschwulst (W3) [Adelung]


Die Fleischgeschwulst, plur. die -schwülste. 1) Eine Benennung des Fleischbruches, S. dieses Wort. 2) In weiterm Verstande, eine jede weiche Geschwulst, welche nicht schmerzhaft ist; Sarcoma.


Fleischgewächs (W3) [Adelung]


Das Fleischgewächs, des -es, plur. die -e, ein fleischichtes widernatürliches Gewächs ohne Schmerzen, welches sich zuweilen in der Nase, am Herzen u. s. f. äußert; Polypus.


Fleischgewicht (W3) [Adelung]


Das Fleischgewicht, des -es, plur. inus. S. Fleischergewicht.


Fleischhacker (W3) [Adelung]


Der Fleischhacker, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Fleischhackerinn, S. Fleischer.


Fleischhaken (W3) [Adelung]


Der Fleischhaken, des -s, plur. ut nom. sing. in der Haushaltung, ein dreyeckiges Eisen mit krummen Zacken an einem Stricke, Fleisch und Wildbret daran aufzuhängen.


Fleischhalle (W3) [Adelung]


Die Fleischhalle, plur. die -n, S. Fleischbank.


Fleischhaltung (W3) [Adelung]


Die Fleischhaltung, plur. inus. bey den Mahlern, die Art und Weiße das nackende Fleisch zu mahlen; Franz. la Carnation.


Fleischhaut (W3) [Adelung]


Die Fleischhaut, plur. die -häute, in der Anatomie, eine Benennung der Fetthaut, weil sie an manchen Orten Fleischfasern an sich nimmt; das Fleischfell. S. Fetthaut.


Fleischicht (W3) [Adelung]


Fleischicht, -er, -ste, adj. et adv. dem Fleische ähnlich. Ein fleischichtes Gewächs in der Nase.


Fleischig (W3) [Adelung]


Fleischig, -er, -ste, adj. et adv. Fleisch habend, aus Fleisch bestehend. Das Kalb ist sehr fleischig, wenn es vieles Fleisch hat. Das Kind ist überaus fleischig. Die Pfirschen, "Aprikosen" u. s. f. sind sehr fleischig. Die fleischigen Zeichen, in der Astrologie, die Jungfrau, die Wage und der Wassermann, weil sie den Thieren das Fleisch bereiten sollen.


Fleischigkeit (W3) [Adelung]


Die Fleischigkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da ein Ding fleischig ist.


Fleischkammer (W3) [Adelung]


Die Fleischkammer, plur. die -n, in der Haushaltung, eine Kammer, das Fleisch darin aufzubewahren.


Fleischkoch (W3) [Adelung]


Der Fleischkoch, des -es, plur. die -köche, an Höfen, ein Koch, der sich allein mit Zubereitung der Fleischspeisen beschäftiget; zum Unterschiede von dem Fischkoche.


Fleischkrone (W3) [Adelung]


Die Fleischkrone, plur. die -n, der obere erhabene fleischige Theil des Pferdehufes, welcher sich bis an die Ferse erstreckt.


Fleischlake (W3) [Adelung]


Die Fleischlake, plur. inus. in der Haushaltung, die Lake, d. i. salzige Brühe, von eingesalzenem Fleische.


Fleischlappen (W3) [Adelung]


Der Fleischlappen, des -s, plur. ut nom. sing. bey einigen Schriftstellern der Zergliederungskunst, eine Benennung der Muskels der thierischen Körper; S. Muskel.


Fleischlauch (W3) [Adelung]


Der Fleischlauch, des -es, plur. car. ein Nahme des süßen Hohllauches; Allium Schönoprasum L. Johannis-Lauch, Jacobs-Lauch.


Fleischleim (W3) [Adelung]


Der Fleischleim, des -es, plur. inus. das gelbliche oder bräunliche bittere Gummi eines noch nicht genug bekannten morgenländischen Gewächses, welches wegen seiner heilenden Kraft zu Pflas=tern gebraucht wird. Sarcocolla.


Fleischlich (W3) [Adelung]


Fleischlich, -er, -ste, adj. et adv. welches nur in den figürlichen Bedeutungen des Wortes Fleisch üblich ist. 1) Dem Leibe nach, leiblich, körperlich. Hast du denn auch fleischliche Augen, oder stehest du, wie ein Mensch stehet? Hiob 10, 4. Im Hochdeutschen nur noch in der R. A. eine Person fleischlich erkennen, sich fleischlich mit ihr vermischen, den Beyschlaf mit ihr vollziehen. Die fleischliche Vermischung, der Beyschlaf. Ehedem sagte man auch fleischliche Brüder, für leibliche; im mittlern Lat. carnales fratres. 2) Sinnlich, der verderbten Sinnlichkeit gemäß, aus derselben herrührend, und selbige verrathend, in der Deutschen Bibel und der biblischen Schreibart. Fleischlich gesinnet seyn, Röm. 8, 5, 6, 7. Fleischliche Lüste, 1 Petr. 2, 11. Mit Fleischlichen (fleischlichen Menschen) reden, 1 Cor. 3, 1. Und so in andern Stellen mehr. Fleischliche Gedanken, Anfechtungen u. s. f. Anm. Bey dem Notker fleisclih, im Angels. flaesclic, im mittlern Lat. carnalis.


Fleischmade (W3) [Adelung]


Die Fleischmade, plur. die -n, Maden, welche sich in dem Fleische erzeugen, und die Larven verschiedener Arten von Fliegen sind, welche ihre Eyer dahin legen.


Fleischmann (W3) [Adelung]


* Der Fleischmann, des -es, plur. die -leute, in einigen Oberdeutschen Gegenden, eine Art Häscher, welche die Diebe auf obrigkeitlichen Befehl aufsuchen.


Fleischmarkt (W3) [Adelung]


Der Fleischmarkt, des -es, plur. die -märkte, ein öffentlich Platz, auf welchem Fleisch von geschlachteten zahmen Thieren verkauft wird, und welcher gemeiniglich die Fleischbank heißt.


Fleischpfennig (W3) [Adelung]


Der Fleischpfennig, des -es, plur. inus. in einigen Ländern, z. B. im südlichen Sachsen, eine Accise, welche von dem geschlachteten Fleische entrichtet wird, und von demjenigen, was ein Hauswirth zu seinem häuslichen Bedürfnisse schlachtet, anfänglich 1 Pfennig von dem Pfunde betrug, 1686 aber auf 2 Pfennige gesetzt wurde; die Fleischsteuer.


Fleischscharren (W3) [Adelung]


Der Fleischscharren, des -s, plur. ut nom. sing. Siehe Fleischbank.


Fleischschätzer (W3) [Adelung]


Der Fleischschätzer, des -s, plur. ut nom. sing. eine obrigkeitliche Person, welche das von den Fleischern auf den Markt gebrachte geschlachtete Fleisch zu besichtigen und zu schätzen verbunden ist; an einigen Orten der Schatzherr, der Fleischschauer, Fleischsetzer. Daher die Fleischschätzung, plur. die -en, die Schätzung des Fleisches; auch die Fleischtaxe.


Fleischseite (W3) [Adelung]


Die Fleischseite, plur. die -n, diejenige Seite eines Felles oder Leders, welche auf dem Fleische gewesen ist; in den niedrigen Mundarten die Aasseite.


Fleischsetzer (W3) [Adelung]


Der Fleischsetzer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fleischschätzer.


Fleischsohle (W3) [Adelung]


Die Fleischsohle, plur. die -n, der untere fleischige Theil des Pferdehufes, welcher das Hufbein überziehet und sich mit der Hornsohle verbindet.


Fleischspeise (W3) [Adelung]


Die Fleischspeise, plur. die -n, eine jede aus dem Fleische der vierfüßigen Thiere und Vögel zubereitete Speise; zum Unterschiede von den Fischspeisen, Mehlspeisen u. s. f.


Fleischsteuer (W3) [Adelung]


Die Fleischsteuer, plur. die -n, die Steuer, d. i. Abgabe, von dem zum häuslichen Bedürfnisse geschlachteten Fleische zahmer Thiere, S. Fleischpfennig.


Fleischsuppe (W3) [Adelung]


Die Fleischsuppe, plur. von mehrern Arten, die -n, S. Fleischbrühe.


Fleischtag (W3) [Adelung]


Der Fleischtag, des -es, plur. die -e, ein Tag, an welchem man Fleisch speiset, oder zu speisen berechtiget ist.


Fleischtaxe (W3) [Adelung]


Die Fleischtaxe, plur. die -n, die Taxe, oder obrigkeitliche Schätzung des von den Fleischern zum Verkaufe ausgelegten Fleisches, und der Anschlag, worin solche bekannt gemacht wird.


Fleischtopf (W3) [Adelung]


Der Fleischtopf, des -es, plur. die -töpfe, in den Haushaltungen, ein Topf, in welchem man Fleisch zu kochen pflegt.


Fleischwaare (W3) [Adelung]


Die Fleischwaare, plur. die -n, Fleisch oder Theile von geschlachteten Thieren und daraus zubereitete Dinge, als eine Waare betrachtet.


Fleischwage (W3) [Adelung]


Die Fleischwage, plur. die -n, eine Wage, Fleisch darauf zu wägen.


Fleischwerk (W3) [Adelung]


Das Fleischwerk, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben, Fleisch und aus Fleisch zubereitete Speisen, zum Unterschiede von dem Fischwerke.


Fleischwunde (W3) [Adelung]


Die Fleischwunde, plur. die -n, eine Wunde, wodurch nur das Fleisch, nicht aber Knochen, Blutadern, und Sehnen verletzet worden.


Fleischzehnte (W3) [Adelung]


Der Fleischzehnte, des -n, plur. die -n, der Zehnte, welcher vom lebendigen zahmen Viehe gegeben wird, wohin man auch die Bienen, die Wolle, Milch und Butter zu rechnen pfleget; im mittlern Lat. Carnaticum. S. Blutzehnte.


Fleiß (W3) [Adelung]


Der Fleiß, des -es, plur. car. 1. * Eigentlich, Eilfertigkeit, das Eilen. So du mit deinem Widersacher vor den Fürsten gehest, so thue Fleiß auf dem Weg, daß du seiner los werdest, Luc. 12, 58. Thue Fleiß, daß du vor dem Winter kommest, 2 Timoth. 4, 21. In diesem Sinne ist es im Hochdeutschen veraltet, wo man es nur noch 2. in einigen figürlichen Bedeutungen gebraucht. 1) Die Fertigkeit, alles was man zu thun hat. aus eigenem Antriebe und ohne Zeitverlust zu verrichten, thätiger Beweis der Lust zu arbeiten. Ein anhaltender Fleiß. Man muß seinen Fleiß um seiner Gesundheit willen zurück halten. Sein Fleiß hat gar sehr nachgelassen. Ich schenke es dir zur Belohnung deines Fleißes. Jemanden zum Fleiße antreiben. Sprichw. Der Jugend Fleiß ist des Alters Ehre. 2) Sorgfalt, Aufmerksamkeit, Richtung der Empfindungs- und Verstandeskräfte auf das, was man thut. Vielen Fleiß auf etwas wenden. Das Gemählde, die Bildsäule, das Stück ist mit großem Fleiße gearbeitet. Mit allem Fleiße, im Oberd. alles Fleißes, bestes Fleißes. Ich will es an meinem Fleiße nicht ermangeln lassen. Die biblischen Ausdrücke Fleiß thun, anlegen, ankehren u. s. f. sind im Hochdeutschen ungewöhnlich. 3) Der Vorsatz, Vorbedacht, ohne Artikel und nur mit dem Vorworte mit. Ich habe es nicht mit Fleiß gethan, aus Versehen, aus Übereilung. Mit Fleiß wird er es Wohl nicht gethan haben. Entweder sie verstellen sich mit Fleiß, oder sie kennen sich selbst nicht. Anm. Dieses Wort lautet in den heutigen Bedeutungen bey dem Ottfried und Willeram Fliz, im Nieders. Fliet, im Holl. Vlyt, im Dän. Flüd, im Schwed. Flit. Daß es eigentlich das Eilen bedeutet habe, erhellet noch aus den verwandten Sprachen; denn im Engl. ist to flit, und im Schwed. flyta noch jetzt eilen, und im Isländ. bedeutet fliotr schnell. S. Flitzbogen. Ottfried gebraucht für Fleiß auch Agaleiz, welches seiner letzten Sylbe nach gleichfalls hierher gehöret. Nach einer andern Figur bedeutet Flyz schon bey dem Kero Zank, Streit, und Notker nennet den Teufel Widerfliez, Widersacher. Aus allem erhellet, daß auch dieses Wort zu dem zahlreichen Geschlechte derer gehöret, welche ursprünglich eine Bewegung bezeichnen. Siehe Fließen.


Fleißen (W3) [Adelung]


* Fleißen, verb. irreg. reciproc. Imperf. ich fliß, Mittelw. geflissen, Fleiß, Sorgfalt anwenden, in der zweyten figürlichen Bedeutung des Hauptwortes, mit der zweyten Endung der Sache, oder dem Vorworte auf. Vnte wil des flizan, Willeram. Sih sol ein man flisen maniger guete, Reinmar der Alte. Der sich pflag vor auf den Zoll zu fleißen, Opitz. Das was du zugesagt, sollt du zu thun dich fleißen, ebend. Im Hochdeutschen ist dieses Zeitwort völlig veraltet, seitdem befleißen statt dessen üblicher geworden. Das Mittelw. Geflissen siehe an seinem Orte besonders. S. auch Fleißigen.


Fleißig (W3) [Adelung]


Fleißig, -er, -ste, adj. et adv. Fleißig anwendend, Fleißig verrathend, in den figürlichen Bedeutungen des Hauptwortes. 1) Die Lust zu arbeiten thätig beweisend. Ein fleißiger Arbeiter, Schüler u. s. f. Er ist außerordentlich fleißig. 2) Mit Sorgfalt, mit Aufmerksamkeit. Etwas fleißig suchen. Fleißig zuhören, aufmerken. Ein fleißiges Stück, welches der Künstler mit vielem Fleiße und großer Sorgfalt gearbeitet hat. Ich habe sehr fleißig hierüber nachgedacht. 3) * Angelegentlich, emsig; am häufigsten im Oberdeutschen. Fleißig danken, 2 Macc. 3, 33. Ich laß ihn fleißig grüßen. Eine fleißige Bitte für jemanden einlegen. Worüber sie zwar nicht von Herzen (denn es schien dummes Zeug zu seyn) aber doch recht fleißig lachten, Hermes. 4) Oft, als ein Nebenwort. Er besucht mich sehr fleißig. Sich fleißig an einem Orte einfinden. Sie müssen fleißig spazieren gehen.

Anm. Bey dem Stryker velizchleich, bey dem Ottfried flizig, bey dem Willeram fliezeg, flizlich, im Nieders. flitig, im Dän. flittig. Das ohne Noth verlängerte Oberdeutsche Nebenwort fleißiglich, Jer. 25, 4, ist im Hochdeutschen veraltet.


Fleißigen (W3) [Adelung]


* Fleißigen, verb. reg. recipr. Fleiß anwenden, mit Sorgfalt zu erhalten suchen, welches im Hochdeutschen eben so sehr veraltet ist, als fleißen, und nur noch in der Deutschen Bibel mit der zweyten Endung der Sache vorkommt. Sich der Lügen fleißigen, Ps. 62, 5. Des Saufens, Es. 5, 11. Der Arbeit, Sir. 38, 35. Der Ehrbarkeit, Röm. 12, 17; und so in andern Stellen mehr. S. Befleißigen, welches statt dessen üblicher ist.


Fleißiglich (W3) [Adelung]


Fleißiglich, adv. S. Fleißig Anm.


Flennen (W3) [Adelung]


+ Flennen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur in den gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes üblich ist, und eigentlich das Maul verziehen bedeutet, aber in zwey einander ganz entgegen gesetzten Fällen gebraucht wird. 1) Für weinen, den Mund im Weinen verziehen; im Oberd. flannen, bey dem Notker flannen, Nieders. flennen, und im Frequent. flensen, Dän. fliin. 2) Für lächeln, mit Verziehung des Mundes lachen; Schwed. flina, Dän. fliin.


Flensen (W3) [Adelung]


1. Flensen, verb. reg. neutr. welches das Frequent. von flennen ist, S. dasselbe.


Flensen (W3) [Adelung]


2. Flensen, verb. reg. act. welches nur im Nieders. besonders bey dem Wallfischfange, üblich ist, wo es den grob abgeschnittenen Wallfischspeck in kleinere Stücke schneiden bedeutet. Daher das Flensloch, das Loch in dem Schiffe, in welches man die großen Stücke, welche geflenset werden sollen, wirst; das Flenswerk, diese großen Stücke selbst. Im Nieders. sind Flinsen kleine Schnitzlein vom Zeuge oder Tuche der Schneider, und im Schwedischen bedeutet fla, schinden, von welchem flensen das Frequentativum seyn kann.


Flethe (W3) [Adelung]


1. * Die Flethe, plur. die -n, im Nieders. ein Canal, besonders der schiffbare Canal, der durch die Stadt Hamburg gehet; vom Nieders. fleten, fließen.


Flethe (W3) [Adelung]


2. Die Flethe, plur. die -n, bey den Tuchmachern und Wollarbeitern. 1) So viel Wolle, als auf Ein Mahl auf dem Reiß- oder Krämpelkamme gerissen wird. 2) Die völlig fertig gekrämpelten Stücke. 3) Auch wohl die auf den "Kardätschen" bereiteten Löckchen. In allen diesen Bedeutungen lautet es in den rauhern Mundarten auch Fleuthe, und bey andern Flöte. Im Isländ. ist Flaeta in Locken legen.


Fletschen (W3) [Adelung]


+ Fletschen, verb. reg. act. in einigen niedrigen Mundarten. 1) Breit schlagen. Metalle, welche sich unter dem Hammer fletschen und strecken lassen. 2) In breiter Gestalt zeigen; doch nur in den R. A. das Maul fletschen, es breit aus einander ziehen, die Zähne fletschen, sie aus niedrigem Zorne, aus Verachtung entblößen, wofür man auch die Zähne blecken sagt. Zahnfletschend werfen sie ihn in die Kluft hinein, Zachar. S. Flötz.


Fletz (W3) [Adelung]


Das Fletz, S. Flötz.


Fleuen (W3) [Adelung]


Fleuen, abspülen, S. Flauen.


Fleuthe (W3) [Adelung]


1. Die Fleuthe, bey den Wollarbeitern, S. 2 Flethe.


Fleuthe (W3) [Adelung]


2. Die Fleuthe, eine Art Schiffe, S. Flüte.


Fliboth (W3) [Adelung]


Das Fliboth, des -es, plur. die -e, aus dem Holländ. Vlyboot, ein weitbäuchiges Fahrzeug mit einem einzigen Maste, dessen man sich in England zum Häringsfange bedienet; eine kleine Flüte. Vielleicht von fliehen und Both, weil es eine Art schneller Fahrzeug ist. S. Flüte. In West-Indien nennen die Engländer ein Kaperschiff Fliboth, wovon denn die ehemahligen Flibustiers oder Freybeuter den Nahmen hatten.


Flickarbeit (W3) [Adelung]


Die Flickarbeit, plur. die -en, die Arbeit des Flickens, ingleichen geflickte Arbeit, im gemeinen Leben.


Flicken (W3) [Adelung]


Flicken, verb. reg. act. 1) Durch Aufsetzung eines Fleckes oder Flickens ausbessern, wieder ganz machen. Die Kleider, die Wäsche, die Strümpfe flicken. Geflickte Schuhe. Eine Pfanne, einen Kessel flicken. Im Stande der geflickten Hosen leben, im Ehestande. In weiterer Bedeutung, für ausbessern, ergänzen überhaupt. Die Netze flicken, Matth. 4, 21. Das Dach flicken, eine Wand flicken. Der Arzt flickt lange an dem menschlichen Körper, Sir. 10, 11. Minister flicken am Staat, Die Richter flicken am Rath, Der Pfarrer an dem Gewissen, in der komischen Schreibart, Weiße. 2) Im entgegen gesetzten Verstande, in Flecke oder Stücke reißen, schlagen, brechen; in welchem Verstande es vornehmlich im Niedersächsischen üblich ist. Im Hochdeutschen sagt man auch im Scherze, die Hunde haben einem Thiere das Fell geflickt, wenn sie dessen Haut an mehrern Stellen verwundet haben. S. Pflücken, Flickgans und Flickhäring.

Anm. Das Hauptwort die Flickung ist nicht üblich. Im Nieders. lautet dieses Wort in der ersten Bedeutung flicken, im Dän. flikke, im Schwed. flicka, im Böhm. flekowati. In der zweyten Bedeutung gehöret das Schwed. flacka, und Isländ. fleika, theilen, zerreißen, gleichfalls hierher. Daß es von Fleck herkomme, erhellet unter andern auch aus dem Oberdeutschen, wo es auch flecken lautet. In eben dieser Mundart ist statt dieses Zeitwortes auch bletzen, und im Nieders. auch lappen üblich. S. Fleck.


Flicken (W3) [Adelung]


Der Flicken, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige Fleck, welcher auf eine beschädigte oder zerrissene Stelle geheftet wird. Einen Flicken aufnähen, aufsetzen. Im Nieders. Fücke, Angels. Flicce.


Flicker (W3) [Adelung]


Der Flicker, des -s, plur. ut nom. sing. der zerrissene oder beschädigte Dinge flicket; am häufigsten in den Zusammensetzungen Schuhflicker, Pfannenflicker, Kesselflicker.


Flickerey (W3) [Adelung]


Die Flickerey, plur. die -en, die Handlung des Flickens, in gleichen geflickte Dinge oder Körper.


Flickerlohn (W3) [Adelung]


Der Flickerlohn, des -es, plur. inus. der Lohn, den man einem andern für die Arbeit des Flickens bezahlet.


Flickgans (W3) [Adelung]


Die Flickgans, plur. die -gänse, im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, eine halbe geräucherte Gans, in Thüringen eine Gänsebacke; entweder vom Schwed. Flick, eine Speckseite, Nieders. ein Flicken Speck, daher man dergleichen geräucherte Gänse auch wohl Spickganse zu nennen pflegt; oder auch von flicken, zertheilen, zerschneiden, S. Fleck; oder endlich auch von dem Nieders. flak, flach, weil dergleichen Gänsehälften flach gedrückt zu seyn pflegen.


Flickhäring (W3) [Adelung]


Der Flickhäring, des -es, plur. die -e, auch am häufigsten in Niedersachsen, ein geräucherter fetter Häring, der am Rücken aufgeschnitten ist; im Hochdeutschen ein Speckbückling, in Hamb. Fläkheeringe. S. das vorige.


Flickwand (W3) [Adelung]


Die Flickwand, plur. die -wände, im Hüttenbaue, ein breiter Stein, womit der schadhafte Schmelzofen ausgebessert wird. S. Wand.


Flickwerk (W3) [Adelung]


Das Flickwerk, des -es, plur. inus. dasjenige Werk oder die Arbeit, da man schadhafte Dinge flicket, Flickerey.


Flickwort (W3) [Adelung]


Das Flickwort, des -es, plur. die -wörter, ein Wort, welches keinen wesentlichen Nutzen hat, sondern nur gesetzt wird, einen leeren Raum, und in Versen das Sylbenmaß voll zu machen; in der edlern Schreibart ein Füllwort.


Flieder (W3) [Adelung]


* Der Flieder, des -s, plur. inus. die Niedersächsische Benennung des Hohlunders, S. dieses Wort. Daher der Fliederbaum, die Fliederblüthe, Fliedermuß oder Fliedersaft, Fliederschwamm u. s. f. welche alle in Hohlunder zu suchen sind. Im Schwed. heißt dieser Baum Fläder, im Holländ. Vlier, im Engl. Elder. Frisch muthmaßet sehr umwahrscheinlich, daß er seinen Nahmen von den viele Fliegen und Käfern habe, die sich auf dessen Blüthen einfinden. Ihre leitet denselben von flores ab; eine Ableitung, welche auch weiter nichts als Muthmaßung ist, welche indessen doch dadurch einiges Gewicht erhält, daß der blaue Spanische Hohlunder in manchen Gegenden blaue, unser gewöhnlicher mit den schwarzen Beeren aber weiße Blüthe genannt wird. Indessen kann auch die hohle Beschaffenheit der Äste und Zweige dieses Baumes zu der Benennung Anlaß gegeben haben; indem Fleth, Flieth eine Röhre, Canal bedeutet zu haben scheinet. S. 1 Flethe, Flöte 3. 4.


Fliege (W3) [Adelung]


Die Fliege, plur. die -n, ein Ding, welches flieget. 1) Am häufigsten, ein sehr bekanntes Insect mit zwey Flügeln, Musca L. welches sehr viele Unterarten unter sich begreift, welche im gemeinen Leben nicht hinlänglich genug unterschieden werden. Gemeiniglich verstehet man unter dem Nahmen der Fliegen die gewöhnlichen Haus- oder Stubenfliegen, Muscae domesticae L. welche haarige mit Federn versehne Fühlhörner haben. Es hindert ihn eine Fliege an der Wand, sagt man von einem hypochondrischen Menschen, der sich durch jede Kleinigkeit aufbringen läßt. Die Spanische Fliege ist eigentlich keine Fliege, sondern ein goldgrüner Käfer mit Borsten ähnlichen Fühlhörnern, welcher einen unangenehmen scharfen Geruch hat, und sich auf den Hohlunderbäumen, Rheinweiden und Äschen aufhält; Meloe vesicatorius L. Cantharis in den Apotheken, bey einigen Schriftstellern auch Pflas=terkäfer, weil er wegen seines scharfen Salzes zu Blasen ziehenden Pflas=tern gebraucht wird. 2) Figürlich, die dreyeckige Platte am Ende der Ankerarme; die Ankerfliege, S. Ankerschaufel und Flunke. Auch das kleine Knöpfchen vorn auf den Schießgewehren zum Zielen wird wegen einiger Ähnlichkeit die Fliege, die Mücke, und von andern das Korn genannt.

Anm. Fliege, Nieders. Flege, bey dem Notker Fliege, im Dän. Flue, im Schwed. und Isländ. Fluga, im Angels. Fleoge, im Engl. Fly, hat den Nahmen vom Fliegen; freylich eine sehr schwankende Benennung, welche einer Menge anderer Insecten und Thiere mit eben dem Rechte zukommt. Im Oberdeutschland heißen die Fliegen Mucken, Böhm. Maucha, das Insect aber, welches wir Mücken nennen, Schnaken.


Fliegen (W3) [Adelung]


Fliegen, verb. irreg. neutr. welches das Hülfswort seyn, zu sich nimmt; ich fliege, du fliegst (Oberd. fleugst), er fliegt, (Oberd. fleugt); Imperf. ich flog; Conj. ich flöge; Mittelw. geflogen; Imperat. fliege (Oberd. fleug), sich schnell durch die Luft bewegen. 1. Eigentlich. 1) Sich mit eigener Kraft durch die Luft bewegen, von allen mit Flügeln versehenen Thieren. Der Vogel flog schnell in die Höhe. Es kam ein Habicht, ein Heer Heuschrecken geflogen. Er will fliegen, ehe ihm die Flügel gewachsen sind, er unternimmt Dinge, die noch über seine Kräfte sind. Zu hoch fliegen wollen, sich über seinen Stand erheben. Der fliegende Fisch, ein Seefisch, der lange Bauchfinnen hinter den Brustfinnen hat, durch deren Hülfe er sich eine Zeit lang über dem Wasser in der Luft erhalten kann; Exocoetus L. 2) Sich vermittelst fremder Kraft schnell durch die Luft bewegen, so wohl von solchen Körpern, welche sich eine Zeit lang in der Luft erhalten, ein fliegendes Blatt, ein fliegendes Feuer, welches aus entzündeten Dünsten in der Luft entsteht, S. Drache; als auch von Körpern, welche geworfen oder auf andere Art schnell durch die Luft getrieben werden. So fliegen die Kugeln, die Pfeile durch die Luft. Die Gläser flogen ihm an den Kopf, wurden ihm an den Kopf geworfen. Der Stein flog in das Fenster. Der Pulverthurm flog in die Luft, wurde durch das entzündete Pulver in die Luft gesprenget. Das Schiff ist vor ihren Augen in die Luft geflogen. 2. Figürlich. 1) Sich in der Luft bewegen, von gewissen, weichen Körpern; flattern. Die Fahnen fliegen lassen. Die Besatzung ist mit fliegenden Fahnen ausgezogen. Die Haare fliegen lassen, sie, weil sie nicht zusammen gebunden sind, in der Luft flattern lassen. Fliegende Ärmel an einem Kleide. 2) Von Dingen, welche schnell von einem Orte zum andern gebracht werden können, in einigen Fällen. Eine fliegende Brücke, eine auf zwey Schiffen bewegliche Brücke. Ein fliegen des Corps, ein fliegendes Lager, in der Kriegskunst, ein mit keinem schweren Gepäcke und Geschütze belastetes Corps, welches sich leicht von einem Orte zum andern begeben kann; Franz. Corps volant. 3) Schnell den Ort verändern im hohen Grade eilen. Kaum hatte er es gehöret, so flog er schon die Treppe hinan. Ehe wir es uns versahen, flog sie hinaus. Ich fliege an den Schreibtisch. Voll Entzückung flog er in meine Arme. Bald wird er im Triumph zu seinen Kindern fliegen, Raml. 4) Schnell vorüber gehen. Eine fliegende Hitze, eine Hitze in dem menschlichen Körper, welche schnell entsteht, aber auch schnell vergehet. Eine fliegende Andacht. Ein fliegendes Gerücht.

Anm. Fliegen, bey dem Ottfried fliagan, im Imperf. floug, im Nieders. flegen, im Angels. flogan, im Engl. to fly, im Dän. fleyen, im Schwed. fluga, ahmet die schnell Bewegung fliegender Körper durch den Laut nach. Im Schwed. ist fly schnell. Es ist mit fliehen, fließen, flauen und hundert andern ähnlichen, so wie mit dem Latein. volare, flare u. s. f. genau verwandt. Die Bildung der zweyten und dritten Person des Präsentis du fleugst, er fleugt, und des Imperatives fleug, ist eigentlich den rauhern Oberdeutschen Mundarten eigen, in welchen auch die erste Person ich fleuge, und der Infinit. fleugen lautet, wie unter andern auch aus dem fleugan in dem Isidor erhellet; indessen wird sie um der Kürze und des vollen Mundes willen in der höhern Schreibart vorgezogen. S. Fliehen.


Fliegenänte (W3) [Adelung]


Die Fliegenänte, plur. die -n, ein Nahme der Mooränte, weil sie über dem Wasser fliegt, und die Fliegen wegfängt; Anas muscaria Klein.


Fliegenbaum (W3) [Adelung]


Der Fliegenbaum, des -es, plur. die -bäume, in einigen Gegenden, eine Benennung des Ulmbaumes, weil auf dessen Blättern eine Menge Auswüchse entstehen, welche Blattläuse, nach welchen die Fliegen lüstern sind, enthalten. In engerm Verstande wird in einigen Gegenden nur der gemeine breitblätterige Ulmbaum, Ulmus campestris Mill. Fliegenbaum genannt.


Fliegenfürst (W3) [Adelung]


Der Fliegenfürst, des -en, plur. inus. eine scherzhafte und zugleich verächtliche Benennung des Teufels. Hier blieb der Fliegenfürst und sein Gefährte stehn, Haged.


Fliegengarn (W3) [Adelung]


Das Fliegengarn, des -es, plur. die -e, S. Fliegennetz.


Fliegengift (W3) [Adelung]


Das Fliegengift, des -es, plur. inus. ein durch den Zusatz eines brennbaren Wesens sublimirter Arsenik, welcher eine schwarze Farbe hat, und wenn er in Wasser gethan wird, die Fliegen tödtet, wenn sie davon trinken; das Fliegenpulver, auch wohl der Fliegenstein, Oberd. Muckengift.


Fliegenglas (W3) [Adelung]


Das Fliegenglas, des -es, plur. die -gläser, eine Art gläserner, oben einwärts gedrückter Cylinder, mit einer kleinen Öffnung in der Mitte, welche man halb mit Wasser und Honig füllet, die Fliegen darein zu fangen.


Fliegenkäfer (W3) [Adelung]


Der Fliegenkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Käfer, Necydulis L. der Afterholzbock.


Fliegenklappe (W3) [Adelung]


Die Fliegenklappe, plur. die -n. 1) Ein Werkzeug von zwey Bretern, wovon das untere mit Honig bestrichen wird, die Fliegen damit zu tödten. 2) Ein rundliches Stück Leder oder Filz an einem Stocke, die Fliegen damit todt zu schlagen; die Fliegenklatsche.


Fliegenkraut (W3) [Adelung]


Das Fliegenkraut, des -es, plur. inus. S. Stechapfel.


Fliegennetz (W3) [Adelung]


Das Fliegennetz, des -es, plur. die -e, ein gestricktes Netz in Gestalt einer langen Pferdedecke, womit man die Pferde bedeckt, die Fliegen von ihnen abzuhalten; das Fliegengarn.


Fliegenpilz (W3) [Adelung]


Der Fliegenpilz, S. Fliegenschwamm.


Fliegenpulver (W3) [Adelung]


Das Fliegenpulver, des -s, plur. inus. S. Fliegengift.


Fliegenschimmel (W3) [Adelung]


Der Fliegenschimmel, des -s, plur. ut nom. sing. ein mit kleinen schwarzen Flecken, welche den Fliegen gleichen, versehener Schimmel, oder weißes Pferd.


Fliegenschnäpper (W3) [Adelung]


Der Fliegenschnäpper, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, ein jeder kleiner Vogel, welcher die Fliegen in der Luft aufschnappet, und sich davon nähret: der Fliegenspießer, Fliegenstecher, Fliegenvogel. Bey dem Klein ist das Geschlecht der Fliegenstecher, Ficedularum, ein zahlreiches Geschlecht, welches die Nachtigallen und Grasmücken, die Zaunkönige und Brustwenzel mit ihren Unterarten unter sich begreift. In engerm Verstande führet diesen Nahmen eine Art brauner Brustwenzel mit weißen Flügelflecken, Motacilla Ficedula L. S. Braunkehlchen.


Fliegenschrank (W3) [Adelung]


Der Fliegenschrank, des -es, plur. die -schränke, in der Hauswirthschaft, ein mit Wänden von Leinwand versehener und gemeiniglich in der Luft hängender Schrank, Eßwaaren hinein zu setzen, und die Fliegen, nicht aber die frische Luft, davon abzuhalten.


Fliegenschwamm (W3) [Adelung]


Der Fliegenschwamm, des -es, plur. die -schwämme, ein Blätterschwamm mit einem einzigen Stamme, welcher aus einem Aftereye hervor kommt, sich nach oben zu erweitert, unten aber eyförmig ist, mit halben einzelnen Blättern; Agaricus muscarius L. Er wächset auf den Wiesen und in den Wäldern, und hat einen zinnoberrothen Hut. Die Landleute begießen ihn mit Milch, da er denn die Fliegen so gleich tödtet, so bald sie davon trinken. Im Oberd. heißt er auch Fliegenpilz.


Fliegenspießer (W3) [Adelung]


Der Fliegenspießer, oder Fliegenstecher, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fliegenschnäpper.


Fliegenstein (W3) [Adelung]


Der Fliegenstein, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, eine Benennung so wohl des Spiegelkobalts als auch aller Kobalterden, weil sie die Fliegen tödten, wenn man solche in Wasser leget, und sie davon trinken lässet. Auch der sublimirte Arsenik führet zuweilen diesen Nahmen; S. Fliegengift.


Fliegenvogel (W3) [Adelung]


Der Fliegenvogel, des -s, plur. die -vögel, S. Fliegenschnäpper.


Fliegenwedel (W3) [Adelung]


Der Fliegenwedel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wedel von Papierspänen, Hobelspänen, Federn u. s. f. die Fliegen von Menschen und andern Dingen abzuwehren.


Fliehen (W3) [Adelung]


Fliehen, verb. irreg. ich fliehe, du fliehest oder fliehst, (Oberd. fleuchst), er fliehet oder flieht, (Oberd. fleucht); Imperf. ich flohe, Conj. ich flöhe; Mittelw. geflohen, Imperat. fliehe, (Oberd. fleuch;) welches in doppelter Gattung üblich ist. I. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte seyn, sich schnell und unhörbar von einem Orte entfernen. 1. Eigentlich, da es gemeiniglich den Nebenbegriff der Furcht bey sich hat, sich von Furcht getrieben schnell von einem Orte entfernen, in der edlen Schreibart. So fliehet das Wild bey den Jägern, wenn es die Gefahr entdecket. Die Soldaten flohen aus der Schlacht. Was überblieb, flohe in das Gebirge; 1 Mos. 14, 10. In eine Stadt, aus dem Lager fliehen. Den fliehenden Feind verfolgen. Von der Gefahr fliehen. Voller Furcht floh er in meine Arme. Alle seine Bedienten sind von ihm geflohen. Fliehe vor der Sünde, wie vor einer Schlange. 2. Zuweilen verliert sich der Begriff der Furcht, und läßt bloß de Begriff der Eilfertigkeit zurück. Der Mensch fleucht wie ein Schatten und bleibet nicht, Hiob. 14, 2. Das Meer sahe und flohe, Ps. 114, 3. Trauren wirs von ihnen fliehen, Es. 51, 11. Ehre und Gerechtigkeit sind längst aus seinem Herzen geflohen. In der Stelle beym Gellert: Er bittet mit den treusten Zähren, Die schamhaft von den Wangen fliehn, scheinet es um des Reimes willen zu stehen; wenigstens ist die Figur ein wenig ungewöhnlich. 3. Figürlich. 1) Durch Empfindung, durch Leidenschaft getrieben den Ort schnell verändern. Zu einem fliehen, seine Zuflucht zu ihm nehmen, Schutz, Rath, Hülfe bey ihm suchen. Zum Gebethe fliehen. Fall an sein Herz, o Königinn, mit Zähren. Der Freude, fleucht an seine Brust, Raml. II. Als ein Activum, sich ernstlich von etwas zu entfernen suchen, mit der vierten Endung der Person oder Sache, von welcher man sich zu entfernen sucht, so wohl eigentlich als figürlich. Er fliehet meine Gegenwart, wo er nur weiß und kann. Die Gefahr fliehen. Ich fliehe dir Gelegenheit ihn zu sehen. Das Licht, böse Gesellschaft, die Unkosten, die Mühe, die Arbeit fliehen. Fliehen sie alles, was ihrer Flamme Nahrung gibt. Die Leidenschaft fliehen, das ist die einzige mögliche Art, sie zu besiegen.

Anm. Dieses Zeitwort lautet bey dem Ulphilas thliuhan, bey dem Kero fliohen, fliohan, bey dem Ottfried fliahen, im Imperat. fliuh, im Dän. flye, im Engl. to fly, im Schwed. fly, im Angels. flean. Im Schwed. ist fly schnell, und im Nieders. welche Mundart dieses Zeitwort nicht hat, ist flojen fließen, fluere. S. Fliegen, welches bloß eine härtere Aussprache dieses Zeitwortes ist. Die zweyte und dritte Person du fleuchst, er fleucht, und der Imperat. fleuch, welche noch in der höhern Schreibart beliebt sind, sind Überreste einer rauhern Alemannischen Mundart, welche für floh auch im Imperf. fluch sagt. Ob der Held fluch, Theuerd. S. auch Flucht und Flüchtig, welche von diesem Zeitworte herstammen. Die Oberdeutsche Mundart hat noch ein anderes mit diesem genau verwandtes Zeitwort, welches flehen lautet, das Factitivum von fliehen ist, und wie unser flüchten gebraucht wird. Seine besten Sachen an einen sichern Ort flehen. Es gehet an ein Flehen. Man flehet aller Orten. Geflehete Leute. Geflehete Güter oder Flehgüter. In einigen Gegenden lautet dieses Wort nach einer andern Form flehenen, oder flehnen.


Fliese (W3) [Adelung]


Die Fliese, plur. die -n, Diminut. das Flieschen, viereckige dünne steinerne Platten, so wohl von gehauenen, als gebackenen Steinen, womit man die Wände und Fußböden zu bekleiden pfleget, und welche in einigen Gegenden auch Flinsen heißen. Schwedische Fliesen, welche unter die schlechten Marmorarten gehören. Holländische Fliesen, kleine aus Thon gebrannte und glasurte Platten, die Wände an den Kaminen, Öfen u. s. f. damit zu pflas=tern, welche eine Holländische Erfindung sind. Anm. Im Holländ. lautet dieses Wort Vlys und Vlyssteen, im Dän. Fliis und Flisesteen. Im Schwed. ist Flis, und im Nieders. Fliese, ein Stück eines größern Steines, vom Isländ. flisast, spalten, und im Oberdeutschen kommt auch Vlins von einem Feuersteine oder Kieselsteine vor, S. Flinte. Im Span. ist Losas und im Ital. Lisa, ein viereckiger Stein, von welchem Worte einige das Franz. Losange, ein geschobenes Quadrat, herleiten. Übrigens nennet man unsere Fliesen in Niedersachsen auch Floren, von Flur, ein Pflas=ter, und Flurfliesen. S. auch Klinker.


Fließ (W3) [Adelung]


1. Das Fließ, des -es, plur. die -e, Diminut. das Fließchen, Oberd. das Fließlein, ein im Hochdeutschen größten Theils veraltetes Wort. 1) Ein Büschel Wolle oder Haare, im Niedersächsischen; in gröbern Mundarten ein Flausch, ein Flatschen, S. diese Wörter. Das Nieders. Fliis bedeutet im Plural auch Fransen, ingleichen kleine Haare, welche sich anhänge. 2) Ein wolliges Fell, ein Fell, auf welchem noch das Haar oder die Wolle befindlich sind. In diesem Verstande ist es im Hochdeutschen nur noch in der Benennung des Ordens vom goldenen Fließe bekannt. Nieders. Fliis, Angels. Fleos, Flys, Engl. Fleece, Holländ. Vlies, Latein. Vellus, daher es auch von einigen Vließ; geschrieben wird. Daher das Nieders. fliisen, die Wolle abrupfen. In andern Niedersächsischen Gegenden bedeutet Fliis einen Grasanger, den mit Gras bewachsenen Boden.


Fließ (W3) [Adelung]


2. Das Fließ, des -es, plur. die -e, Diminut. das Fließchen, Oberd. Fließlein, in den gemeinen Mundarten, ein kleines fließendes Wasser, ein Bach, eine fließende Quelle.


Fließblattern (W3) [Adelung]


Die Fließblattern, sing. inus. bey den Ärzten, Blattern, welche in zu großer Menge hervor kommen, so daß sie in der Eiterung einander berühren und in einander fließen; Niedersächsisch Fließpocken.


Fließen (W3) [Adelung]


Fließen, verb. irreg. neutr. ich fließe, du fließest, (Oberd. fleußest,) er fließer oder fließt, (Oberd. fleußt;) Imperf. ich floß, Conj. ich flösse; Mittelw. geflossen; Imperat. fließe, (Oberd. fleuß;) welches die Bewegung der flüssigen Körper ausdruckt. I. Mit dem Hülfsworte seyn, die Bewegung der flüssigen Körper, d. i. solcher Körper auszudrucken, welche auch in ihrer Bewegung einen schwachen Zusammenhang behalten, oder welche sehr leicht über und neben einander beweget werden. 1. Eigentlich, 1) von den flüssigen Körpern im schärfsten Verstande. Das Wasser fließt Berg ab. Der Bach fließt in den Teich. Es floß eine Menge Blut aus der Wunde. Der Schweiß floß ihm von dem Gesichte. Das Gummi, das Harz fließt aus den Bäumen. Die Tinte will nicht fließen, nehmlich aus der Feder. Die Thränen floßen ihm aus den Augen. Im engern Verstande begreift man unter fließendem Wasser das in Bächen und Flüssen befindliche Wasser, zum Unterschiede von dem Brunnenwasser und Seewasser, S. Fließwasser. 2) Auch von festen Körpern, wenn sie durch die Wärme aufgelöset und flüssig gemacht werden. Das Wachs, das Bley, das Kupfer u. s. f. fließt schon. Fließendes Pech, fließendes Gold, d. i. flüssiges, geschmolzenes. 2. Figürlich, von der sanften gleichförmigen Bewegung anderer Körper und Dinge. 1) Von Gewändern, Tönen u. s. f. in der höhern Schreibart. Ein schimmerndes Gewand floß gleich dem Morgenrothe Weit wallend um sie her, Dusch. Dessen grauer verworrener Bart den Gürtel herab floß, Zachar. Harmonische Töne flossen jetzt von ihren Lippen, Geßn. So flossen meine Tage still und ruhig dahin. Wie fließet so traurig Euch das Leben dahin! Zachar. 2) Die Worte fließen ihm sehr gut, er redet mit einer besondern Leichtigkeit. Eine fließende Rede, wenn sie eine leichte Abwechselung langer und kurzer geschickt mit einander verbundener Perioden hat. Fließend schreiben. Ein fließendes Gedicht, wo die Gedanken leicht und natürlich ausgedruckt sind, ohne der Sprache Gewalt anzuthun; im Gegensatze des Gezwungenen. Aber ein fließender Dichter, der fließend dichtet, ist eine zu harte Figur, weil doch der Dichter selbst nicht fließen kann. 3) In den bildenden Künsten nennet man dasjenige, was sanft, gelinde ausgedrucket ist, fließend, im Gegensatze des Höckerigen. Die Umrisse der weiblichen und jugendlichen Körper müssen fließender seyn, als an männlichen und erwachsenen Personen. Ein fließender Schnitt, bey den Kupferstechern, welcher die natürliche Richtung des Gegenstandes genau ausdruckt. Fließend stechen. 4) Aus etwas herrühren, herkommen. Das ist nicht aus deiner Feder geflossen. Diese Freude fließt aus dem Herzen. Was für sanftes Entzücken fließt aus dir, herbstliche Gegend! Geßn. 5) Unmittelbar aus einem Satze heraus gebracht werden, folgen. Was ich gesagt habe, das fließt aus der Natur der Sache. Weil der Mond die umstehenden Sachen sichtbar macht, so fließet daraus, daß er ein Licht ist. II. Mit dem Hülfsworte haben, die im innern befindliche Feuchtigkeit ausfließen lassen. Die Röhre höret auf zu fließen. Die Quelle hat schon den ganzen Tag geflossen. Daß die Wolken fließen, und triefen sehr auf die Menschen, Hiob. 36, 28. Ein fließendes Geschwür. Fließende, d. i. rinnende, triefende, Augen haben. Die Wunde fließt. Ihr Auge floß von Zähren, Weiße. Das Papier fließt, wenn es durchschlägt oder wegen Mangel des Leimes die Tinte zu sehr fließen lässet. Ein Licht fließet, wenn der Talg oder das Wachs daran herunter rinnet.

Anm. Fließen, bey dem Ottfried fliazan, bey dem Willeram fliezzen, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, verwandelt in den nördlichen Mundarten seinen Zischlaut in ein t, Niedersächs. fleten, Dän. flyde, Schwed. flyta, Isländ. fliota, Holl. vlieten. Andere Mundarten stoßen den mittlern Consonanten ganz hinaus, wie das Angels. flowan, fleowan, das Engl. to flow, das Nieders. flojen und Lat. fluere, da denn unser Deutsches fliehen übrig bleibt. S. dasselbe und Fliegen. Das Activum oder vielmehr Factitivum von diesem Neutro ist flößen. Das Imperf. ich floß und Mittelw. geflossen sind von dem noch im Oberd. üblichen Neutro floßen, fließen, entlehnet; die Formen aber, du fleußest, er fleußt, fleuß, kommen um der bey Fliegen angezeigten Ursachen willen noch zuweilen in der höhern Schreibart vor. Siehe auch Fluß, welches statt des ungewöhnlichen Hauptwortes die Fließung üblich ist.


Fließgarn (W3) [Adelung]


Das Fließgarn, des -es, plur. die -e, eine Art sehr großer Fischergarne. Das Nachtfischen mit Schaben, oder Schiefern, Fliesgarn, und Treibegarn oder Klebenetzen u. s. f. heißt es in einer Sächs. Fischerordnung. S. Floßgarn.


Fließgold (W3) [Adelung]


Das Fließgold, des -es, plur. inus. im Bergbaue, Gold, welches in Gestalt kleiner Körner in fließenden Wassern gesunden wird; Waschgold, in gröbern Mundarten Flitschgold.


Fließloch (W3) [Adelung]


Das Fließloch, des -es, plur. die -löcher, im Hüttenbaue, ein Loch in dem Schmelzofen, durch welches das Zinn und die Schlacken in den Herd fließen.


Fließpapier (W3) [Adelung]


Das Fließpapier, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, eine Oberdeutsche Benennung des Löschpapiers, weil es die Tinte fließen lässet.


Fließpocken (W3) [Adelung]


Die Fließpocken, plur. inus. S. Fließblattern.


Fließstein (W3) [Adelung]


Der Fließstein, des -es, plur. die -e, eine Oberdeutsche Benennung der Flußsteine.


Fließwasser (W3) [Adelung]


Das Fließwasser, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Im gemeinen Leben, fließendes Wasser, Wasser aus Bächen und Flüssen, zum Unterschiede von dem Brunnenwasser. 2) In der Anatomie, ein klarer nahrhafter Saft, der aus allen Theilen des Leibes dem Herzen zugeführet wird; Aderwasser, Blutwasser, Lympha. Daher der Fließwassergang, des -es, plur. die -gänge, zarte Röhren, worin dasselbe befindlich ist; Vasa lymphatica.


Fliete (W3) [Adelung]


Die Fliete, plur. die -n, ein Werkzeug der Wundärzte, die Adern damit zu öffnen; eine Lanzette, ein Laßeisen, in einigen Mundarten Flete, Fliedme, Fleym, Flame, in Hamburg Fleetjen. Es soll aus Phlebotanum verderbt seyn. Allein im mittlern Lateine ist Fletho, Flethonus, Fletonus die Spitze der Pfeile und Wurfspieße, und im Schwedischen bedeutet Plit einen Degen. Siehe Flitschpfeil.


Flimmen (W3) [Adelung]


Flimmen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, einen zitternden Glanz von sich geben. Wenn in dem finstersten Wald ein flimmender Sonnenblick wandelt, Zachar. S. Flimmern, welches noch üblicher ist.


Flimmer (W3) [Adelung]


Die Flimmer, plur. die -n, im Bergbaue, eine flimmernde, d. i. glänzende Bergart, welche aber taub und ohne Gehalt ist; ohne Plural. S. Glimmer. Auch die glänzenden Goldkörnchen, welche zuweilen in den Bächen und Flüssen befindlich sind, werden im Bergbaue Flimmern und Goldflimmern genannt. S. das folgende, ingleichen Flinder, Flinker.


Flimmern (W3) [Adelung]


Flimmern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, einen zitternden Glanz von sich geben. Nicht dieser flimmernden Steine wegen, Weiße. Flimmernder Schneestaub flattert umher, Geßn. Weiter hinaus flimmerte dem Auge endlos die Aussicht ins Meer, ebend. Die Frühe Morgensonne flimmerte schon hinter den Bergen auf, ebend. Es ist das Iterativum von flimmen. S. Flamme, Flinkern, Glimmern, Schimmern, Funkeln.


Flinder (W3) [Adelung]


Der Flinder, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Flinderchen, Oberd. Flinderlein, ein dünnes, flimmerndes, d. i. glänzendes Stückchen Metall. 1) Von dünnem Messing mit gewissen Stämpeln ausgehauene Figuren, welche häufig zu Nürnberg gemacht, und von dem großen Haufen zu allerley Zierathen gebraucht werden; Flintern, Flittern. S. Flitter. Daher der Flinderschläger, oder Flinderleinschläger, in Nürnberg, der solche Flindern macht; Flitterschläger. 2) Eine dünne und breite Niedersächsische Scheidemünze, welche in Westphalen, Bremen, Friesland u. s. f. auch Flinderken, Flinrich u. s. f. lautet. In Bremen und Ostfriesland hält ein Flinder 4 Groot, oder 20 Schwaren, oder 16 Pfennige, so daß 18 Flinder einen Thaler machen. 3) Bey den Jägern werden die Lappen und Schrecktücher gleichfalls Flinder genannt, wo dieses Wort wohl zunächst von flattern abstammet. S. Flitter, welches in der ersten Bedeutung im Hochdeutschen üblicher ist.


Flink (W3) [Adelung]


Flink, -er, -este, adj. et adv. welches nur in den gemeinen und vertraulichen Sprecharten üblich ist. 1) Munter, hurtig. Ein flinkes Mädchen, ein flinker Kerl. Er ist so flink und rasch als ich, Weiße. Im ganzen Dorf ist kein Gesicht Der flinken Hanne gleich, ebend. Im Schwed. und Dän. ist flink gleichfalls rasch, munter. 2) * Glänzend, ingleichen sein, hübsch, was gut in die Augen fällt, doch nur im Nieders. allein; in welcher Bedeutung es zunächst zu Blinken gehöret.


Flinke (W3) [Adelung]


Die Flinke, plur. die -n, eine Art Weißfische in Sachsen, mit einem schmalen Bauche, einem spitzigen Rücken, und einem sehr grätigen Fleische. Sie leichen im May und werden eine Spanne lang. Von blank, weiß.


Flinken (W3) [Adelung]


Flinken, und dessen Frequent. Flinkern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, einen schimmernden, zitternden Glanz von sich geben. Die Waffen flinken oder flinkern in der Sonne. Die Braut flinkerte von vielem Golde. S. auch Blinken und Flimmern.


Flinkenerz (W3) [Adelung]


Das Flinkenerz, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, im Bergbaue, Erz, welches in flinkenden, d. i. glänzenden Stücken auf dem Gesteine lieget; dergleichen glänzende Stücken auch wohl Flinker, Flitter und Flinter genannt werden; Flittererz.


Flinkerchen (W3) [Adelung]


Das Flinkerchen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Gold- und Silber-Fabriken, kleine runde glänzende Plättchen mit einem Loche, welche zur Stickerey gebraucht werden.


Flinkern (W3) [Adelung]


Flinkern, S. Flinken.


Flins (W3) [Adelung]


Der Flins, des -es, plur. die -e, eine noch im Oberdeutschen übliche Benennung verschiedener Steinarten. An einigen Orten führet der Feuerstein oder der gemeine Hornstein diesen Nahmen. In Ober-Steiermark ist der Flinz oder Pflinz, eine Art Eisenstein, welche auch Stahlerz genannt wird. Siehe Fliese und Flinte.


Flinse (W3) [Adelung]


Die Flinse, plur. die -n, S. Fliese.


Flinte (W3) [Adelung]


Die Flinte, plur. die -n. 1) Überhaupt ein jedes Feuergewehr mit einem Flintenschlosse, doch nur im gemeinen Leben. 2) Im engern und dem gewöhnlichsten Verstande, eine ungezogene Büchse, aus welcher man mit Schrot und kleinen Kugeln schießet. Eine Vogelflinte, Jagdflinte u. s. f.

Anm. Dieses Gewehr heißt in allen Deutschen Mundarten Flinte, im Dän. Flint, und im Pohln. Flinta. Weil der Feuerstein, im Deutschen ehedem Flins, Angels. Flins, hieß, und im Schwed. noch jetzt Flinta, im Engl. Flint, ja selbst in einigen Gegenden Deutschlandes noch jetzt Flint genannt wird, so glaubt man, daß dieses Gewehr von diesem Steine den Nahmen habe, zum Unterschiede von denjenigen Gewehren, welche mit Lunten abgefeuert wurden. S. Flins. Im Angels. bedeutet Flaen und im Isländ. Flein, einen Pfeil. Im Franz. ist Flin der Donnerstein. S. auch Fliete.


Flintenkugel (W3) [Adelung]


Die Flintenkugel, plur. die -n, eine kleinere Kugel, welche aus Flinten geschlossen wird, zum Unterschiede von den Büchsenkugeln.


Flintenschloß (W3) [Adelung]


Das Flintenschloß, des -sses, plur. die -schlösser, ein Schloß an den Schießgewehren, mit einem Feuersteine, woran der Schneller durch die geringste Berührung das Schloß abschnappen lässet; zum Unterschiede von den alten Feuerschlössern und Luntenschlössern. Sie sind eine Französische Erfindung.


Flintenschuh (W3) [Adelung]


Der Flintenschuh, des -es, plur. die -e, ein längliches ledernes Futteral, an der rechten Seite des Pferdezeuges der Reiter, die Flinte darein zu stellen.


Flintenschütz (W3) [Adelung]


Der Flintenschütz, des -en, plur. die -n, ein noch in einigen Oberdeutschen Gegenden übliches Wort, einen Fuselier zu bezeichnen, S. dieses Wort.


Flintenstein (W3) [Adelung]


Der Flintenstein, des -es, plur. die -e. 1) In engerm Verstande, ein zubereiteter Feuerstein, so wie er auf die Flin- tenschlösser geschraubet wird. Die meisten dieser Steine kommen aus der Picardie und Champagne her, wo sie mit besonderer Geschicklichkeit gespalten, und auswärts geschickt werden. 2) Im weitern Verstande wird auch ein jeder Feuerstein, oder der gemeine Hornstein von einigen Flintenstein genannt. S. Flinte.


Flinter (W3) [Adelung]


Der Flinter, des -s, plur. ut nom. sing. S. Flinder und Flinkenerz.


Flinterstaat (W3) [Adelung]


Der Flinterstaat, S. Flitterstaat.


Flintglas (W3) [Adelung]


Das Flintglas, des -es, plur. von mehrern Arten, die -gläser, nach dem Engl. Flintglas, ein sehr reines und hartes Glas zu bezeichnen, Krystallglas; von Flint, ein Feuerstein.


Flispern (W3) [Adelung]


Flispern, S. das folgende.


Flistern (W3) [Adelung]


Flistern, verb. reg. act. et neutr. und zwar letzteres mit dem Hülfsworte haben, welches den leise rauschenden Schall ausdruckt, den das sanft bewegte Laub der Bäume, das Rieseln einer Quelle, das heimliche Sprechen in das Ohr eines andern, und andere ähnliche Bewegungen hervor bringen. Er flisterte mir unvermerkt einige Worte in das Ohr. Sie steckten die Köpfe zusammen und flisterten. Ohnmächtig flistert durch die Äste Ein Wind von schwülen Düften schwer, Mus. Alman. Wie lieblich flistert dort im Hain Der schlanken Äspen furchtsam Laub! Kleist.

Anm. Im Nieders. flüstern. Die Deutschen Mundarten haben viele Wörter, diesen oder doch einen sehr ähnlichen Schall auszudrucken. Dahin gehören das Hochdeutsche wispern, Engl. to whisper, Schwed. hwiska, Dän. hviska, flispern, wispeln, lispeln, das Oberdeutsche fließmen, flittern, fispen, nustern, das Schwäb. disseln, das Niedersächsische pustern, mustern, Latein. mussitare, fußeln, das Holländ. luysteren, aus welchem unser Hochdeutsches flistern entstanden zu seyn scheinet u. s. f. In einem alten Oberdeutschen Vocabulario wird flinstern durch liebkosen erklärt. In einer alten Deutschen Bibel des 15 ten Jahrhunderts bedeutet Richt. 5 das Wispeln oder Vispern des Viehes, dessen Blöken.


Flitsche (W3) [Adelung]


+ Die Flitsche, plur. die -n, ein niedriges nur in den gemeinen Mundarten übliches Wort, kleine dünne glänzende Stückchen, oder Flitter, auszudrucken. So werden in dem Bergbaue kleine auf den Oberflächen der Steinarten sichtbare Erztheilchen Flitschen, und Erz, welches auf solche Art bricht, Flitschenerz oder Flittererz genannt. Flitschgold, oder Goldflitschen, Gold, welches in Gestalt kleiner oder Flitter aus den Bächen und Flüssen gewaschen wird; Waschgold. Wenn dieses Wort, welches auch im männlichen Geschlechte, der Flitsch, des -es, plur. die -e, üblich ist, nicht durch eine grobe Aussprache aus Flitter verderbt worden, so gehöret es ohne Zweifel zu dem Oberd. Bletz, Fletz, Schwed. Plös, Platt, Böhm. Fliczka, ein Stück, ein Lappen.


Flitschrose (W3) [Adelung]


Die Flitschrose, plur. die -n, im gemeinen Leben, eine Benennung des Feldmohnes, S. dieses Wort. Flitsch ist hier eine Nachahmung des Schalles, den die Blätter dieses Mohnes geben, wenn sie auf der Hand zerschlagen werden. S. Flitzpfeil.


Flitter (W3) [Adelung]


Der Flitter, des -s, plur. ut nom. sing. oder die Flitter, plur. die -n, Diminut. das Flitterchen, die Hochdeutsche Benennung derjenigen dünnen glänzenden Stückchen Messing, welche im Oberdeutschen unter dem Nahmen der Flinder am bekanntesten sind; S. dieses Wort. Die Flittern, die Gebräme, die Schnürlein, Es. 3, 20.

Anm. Dieses Wort, welches im Dän. und Schwed. gleichfalls Flitter lautet, druckt eigentlich die zitternde Bewegung, und figürlich auch den zitternden, funkelnden Glanz dieser dünnen Messingblättchen aus. S. Flattern, Flimmern, Flinken.


Flittererz (W3) [Adelung]


Das Flittererz, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, S. Flinkenerz und Flitsche.


Flittergold (W3) [Adelung]


Das Flittergold, des -es, plur. car. zu dünnen glänzenden Blättern, wie Papier, geschlagenes Messing, aus welchem die Flitter geschlagen werden; Rauschgold, weil es bey der geringsten Bewegung rauschet, im Nieders. Knetergold, Knistergold. Figürlich auch wohl, schimmernde Gedanken, welche bey genauer Untersuchung falsch befunden werden, schimmernde unechte Zierathen.


Flitterhaube (W3) [Adelung]


Die Flitterhaube, plur. die -n, eine noch in einigen Gegenden übliche Weiberhaube, welche mit Flittern besetzt ist.


Flittermonath (W3) [Adelung]


Der Flittermonath, des -es, plur. die -e, S. Flitterwoche.


Flitterpappel (W3) [Adelung]


Die Flitterpappel, plur. die -n, S. Zitteraspe.


Flittersand (W3) [Adelung]


Der Flittersand, des -es, plur. car. schimmernder, mit zarten Glimmertheilchen vermischter Sand.


Flitterschläger (W3) [Adelung]


Der Flitterschläger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerker, welcher Flittern aus geschlagenem Messinge macht; in Nürnberg. Flinderschläger, ( S. Flinder,) in Österreich Geflinterer, an andern Orten Longoldschläger, S. dieses Wort.


Flitterstaat (W3) [Adelung]


Der Flitterstaat, des -es, plur. car. ein aus Flittern bestehender Staat oder Putz; ingleichen figürlich, ein jeder Staat der stark ins Auge fällt, aber keinen Werth hat; Nieders. Flinterstaat, Flitjenstaat.


Flitterwoche (W3) [Adelung]


Die Flitterwoche, Plur. die -n, im Scherze, die ersten Wochen im Ehestande, wo sich die gegenseitige Zärtlichkeit noch in. ihrer ganzen Stärke zeiget; in welchem Verstande man auch wohl der Flittermonath sagt, wenn anders diese Zärtlichkeit die Dauer eines Monaths erreicht. Es ist noch die Flitterwoche. Entweder, weil die jungen Weiber in der ersten Woche nach der Hochzeit noch die hochzeitliche Flitterhaube trugen, ober auch von einer noch in Nürnberg üblichen Gewohnheit, da man bey einer Hochzeit vor das Brauthaus Flittern zu streuen pflegt. Im Nieders. heißt diese Woche die Stutenwoche, d. i. Sämmelwoche, in andern Gegenden die Zärtelwoche, die Tändelwoche, der Honigmonath.


Flittich (W3) [Adelung]


+ Der Flittich, des -es, plur. die -e, ein nur in den gemeinen Sprecharten übliches Wort. 1) Der Flügel des Federviehes. S. Fittich. 2) Der Arm. Jemanden bey dem Flittiche ergreifen. 3) Bey den Fleischern, ein Stück Fleisch am Rinde, welches gleich nach dem Brustkerne folgt. 4) Der Zipfel an einem Kleidungsstücke.

Anm. In der Schweiz Flettach. Es ist mit Fittich und fliegen genau verwandt.


Flitzbogen (W3) [Adelung]


Der Flitzbogen, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, ein kleiner Bogen oder Armbrust, Pfeile damit abzuschießen. Im Nieders. Flitze, Dän. Flitsbue. Im Nieders. ist Flitze, im Angels. Fla, im mittlern Lat. Flecha, im Französ. Fleche, ein Pfeil, ohne Zweifel als eine Nachahmung des Schalles, den ein abgeschossener Pfeil in der Luft verursacht; daher ein Pfeil im gemeinen Leben auch wohl ein Flitzpfeil, und in gröbern Mundarten ein Flitschpfeil, in Nürnberg ein Pfitschepfeil genannt wird.


Flocke (W3) [Adelung]


1. Die Flocke, plur. die -n, eine Art Fischernetze, S. Flake.


Flocke (W3) [Adelung]


2. Die Flocke, plur. die -n, Diminut. das Flöckchen, Oberd. Flöcklein, ein jedes Büschel leichter und lockrer Materie, welches bey dem geringsten Hauche in die Höhe flieget. Von der Art sind die Schneeflocken, welche aus weich gefrornen Dünsten bestehen. Bey den Tuchmachern sind Flocken die wollenen Haare, welche bey dem Rauhen der Tücher in den Karten hängen bleiben. Ein großer Flocken heißt in den niedrigen Mundarten ein Flausch. Im Bergbaue sind die Flocken figürlich Stücke eines festern Gesteines, welche unter lockern Gesteinarten gleichsam angeflo- gen sind, und dem Bergmanne im Arbeiten wie Glas in die Augen fliegen, der sie nach dem Muster der Niedersachsen auch wohl Floggen und Flugen nennet.

Anm. Dieses Wort lautet in den Monseeischen Glossen Flocho, im Nieders. Flog, Flokke, Flugtjen, im Dän. Flog, im Engl. Flake, im Lat. Floccus, im Ital. Fiocco, im Epirotischen Flochete, wo Flacha auch eine Flamme bedeutet, S. Flackern. Es stammet von fliegen ab, weil eine Flocke sehr leicht in die Höhe flieget. In den Deutschen Mundarten lautet es zuweilen auch der Flock, des -en, plur. die -en, noch häufiger aber der Flacken, und daher kommt es auch, daß in den Zusammensetzungen bald Flock - bald aber auch Flocken - üblich ist. S. Locke, aus welchem dieses Wort durch Vorsetzung des Blaselautes gebildet ist.


Flocken (W3) [Adelung]


Flocken, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist. 1. Als ein Activum, zu Flocken oder Locken schlagen; im mittlern Lat. floccare. S. Flacken. 2. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) In Flocken niederfallen, von dem Schnee, und zuweilen für schneyen selbst. Es flockt, d. i. es schneyet. 2) Brennen, S. Flacken.


Flockasche (W3) [Adelung]


Die Flockasche, plur. inus. diejenige lockere Asche, welche in Gestalt weißer Flocken an verbrannten Körpern hängt, und sehr leicht in die Höhe fliegt; im Nieders. Flogasche, sonst auch Loderasche.


Flockblume (W3) [Adelung]


Die Flockblume, plur. die -n, S. Flockenblume.


Flockenbett (W3) [Adelung]


Das Flockenbett, des -es, plur. die -en, ein mit wollenen Flocken gestopftes Bett, zum Unterschiede von einem Federbette.


Flockendrescher (W3) [Adelung]


Der Flockendrescher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schimpfnahme, welcher zuweilen den gemeinen Tuchmachern gegeben wird, weil sie ehedem Flockentuch verfertigten.


Flockenkraut (W3) [Adelung]


Das Flockenkraut, des -es, plur. inus. S. Flockenblume.


Flocken-Salpeter (W3) [Adelung]


Der Flocken-Salpeter, des -s, plur. inus. derjenige Salpeter, welcher sich in Gestalt der Flocken an den Hügeln und Bergen bildet, und auch Blumen-Salpeter genannt wird.


Flockentuch (W3) [Adelung]


Das Flockentuch, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -tücher, ein schlechtes grobes Tuch, welches ehedem aus den in den Karten zurück bleibenden Flocken verfertiget wurde, aber nachmahls durch die Boy verdränget worden.


Flocker (W3) [Adelung]


Der Flocker, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Flockerinn, bey den Tuchwebern, eine Person, welche die gewaschene Wolle mit zwey Stäben auf einer Horde zu Flocken klopft; S. Flacken.


Flockfeder (W3) [Adelung]


Die Flockfeder, plur. die -n, S. Flaumfeder.


Flockfeuer (W3) [Adelung]


Das Flockfeuer, des -s, plur. inus. im gemeinen Leben, ein aufflackerndes, bald verloderndes Feuer; Nieders. Flogfeuer. S. Flackern.


Flockgestübe (W3) [Adelung]


Das Flockgestübe, des -s, plur. inus. im Hüttenbaue, dasjenige Gestübe, welches durch die Bälge und Flammen in die Höhe getrieben wird; Fluggestübe.


Flockicht (W3) [Adelung]


Flockicht, -er, -ste, adj. et adv. den Flocken ähnlich. Flockichte Haare.


Flockig (W3) [Adelung]


Flockig, -er, -ste, adj. et adv. Flocken habend, mit Flocken versehen. Flockige Wolle.


Flockseide (W3) [Adelung]


Die Flockseide, plur. inus. S. Florettseide.


Flogfeuer (W3) [Adelung]


Das Flogfeuer, S. Flockfeuer.


Flogge (W3) [Adelung]


Die Flogge, plur. die -n, S. 2 Flocke.


Flogsand (W3) [Adelung]


Der Flogsand, des -es, plur. inus. S. Flugsand.


Floh (W3) [Adelung]


Der Floh, des -es, plur. die Flöhe, ein ungeflügeltes Insect von schwarzer Farbe, mit sechs Springfüßen und einem umgebogenen Rüssel, eine bekannte Plage des schönen Geschlechtes und verschiedener Thierarten; Pulex L. Flöhe haben. Flöhe fangen. Die Flöhe beißen, stechen. Er hört die Flöhe husten, sagt man im gemeinen Leben von einem Menschen, der sich sehr weise zu seyn dünkt. Einem einen Floh in das Ohr setzen, figürlich, ihm eine ihn beunruhigende Sache etwas heimlich offenbaren. Anm. Floh, in den Monseeischen Glossen Floh, im Oberd. Floch, im Nieders. Flo, im Angels. Fleo, im Engl. Flea, im Holländ. Vloo, Vloye, im Dän. Loppe, ist von fliehen, wegen der Geschwindigkeit, mit welcher dieses Thier vermittelst seiner Springfüße seinen Feinden entkommen kann. In den Zusammensetzungen ist bald der Singular Floh - bald der Plural Flöh - üblich.


Flöhalant (W3) [Adelung]


Der Flöhalant, des -es, plur. inus. S. Flöhkraut.


Flohbeutel (W3) [Adelung]


+ Der Flohbeutel, des -s, plur. ut nom. sing. ein niedriger Schimpfnahme eines mit vielen Flöhen begabten Menschen oder Thieres; von dem Oberd. sich beuteln, sich schütteln, S. Beuteln.


Flohbiß (W3) [Adelung]


Der Flohbiß, oder Flohstich, des -es, plur. die -e, der Biß oder Stich eines Flohes, und der davon zurück gebliebene rothe Fleck.


Flohen (W3) [Adelung]


Flohen, Flöhen, verb. reg. act. Flöhe zu fangen suchen. Sich flohen. Jemanden flohen, ihm die Flöhe absuchen. Nieders. flöen.


Flöhfalle (W3) [Adelung]


Die Flöhfalle, plur. die -n, ein oben offenes Röhrchen voller Löcher, in welches man einen mit Honig oder andern süßen kleberigen Sachen bestrichenen Stämpel schrauben kann, an welchem die Flöhe kleben bleiben, wenn sie der Süßigkeit aus Lüsternheit nachgehen.


Flohheuschrecke (W3) [Adelung]


Die Flohheuschrecke, plur. die -n, eine Art kleiner Heuschrecken, welche wie Flöhe springen und unter allen Heuschrecken allein einen scharfen spitzigen Stachel haben, womit sie den Saft aus den Pflanzen ziehen, und sich unter einem weißen Schaume verwandeln. S. Frühlingsschaum.


Flohig (W3) [Adelung]


Flohig, adj. et adv. im gemeinen Leben, Flöhe habend.


Flöhkraut (W3) [Adelung]


Das Flöhkraut, des -es, plur. inus. 1) Ein Nahme der Bleywurz, Plumbago L. vermuthlich wegen einiger Ähnlichkeit des Samens. 2) Eine Art des Alantes; Inula Pulicaria L. Flöhalant. Er wächset an den Wegen und Gassen in dem gemäßigten Europa, und vertreibt durch seinen Geruch die Flöhe. 3) Eine Art des Wegetrittes; Polygonum Persicaria L. Dürrkraut, Dürrwurz. Es vertreibt gleichfalls die Flöhe. 4) Eine andere Art des Wegetrittes, Polygonum Hydropiper L. wird wegen des scharfen und bittern Geschmackes ihrer Blätter auch Flöhpfeffer, Wasserpfeffer genannt. 5) Eine Benennung des Flöhsamens, S. dieses Wort; ingleichen 6) der Flöhpflanze, S. dieses Wort; wie auch 7) der Poley, S. dieses Wort, weil alle diese Pflanzen die Flöhe vertreiben sollen.


Flöhpfeffer (W3) [Adelung]


Der Flöhpfeffer, des -s, plur. inus. S. Flöhkraut 4.


Flöhpflanze (W3) [Adelung]


Die Flöhpflanze, plur. die -n, eine Pflanze; Conyza L. besonders dessen Conyza squarrosa, welche auch Dürrwurz und Flöhkraut heißt, und die Flöhe vertreiben soll.


Flöhsame (W3) [Adelung]


Der Flöhsame, des -ns, plur. inus. eine Art des Wegerichs; Plantago Psyllium L. Flöhkraut. Der Same gleicht den Flöhen, die er auch vertreiben soll.


Flor (W3) [Adelung]


1. Der Flor, des -es, plur. die Flöre, S. Flur.


Flor (W3) [Adelung]


2. Der Flor, des -es, plur. inus. bey den Färbern die gelbrothen Blumen des wilden Saffrans oder Safflors; aus dem Lat. Flos, floris, eine Blume. S. Safflor.


Flor (W3) [Adelung]


3. Der Flor, des -es, plur. inus. 1) der Zustand, da eine Blume oder mehrere Blume Einer Art blühen. Die Blume stehet in dem schönsten Flore. Der Tulpenflor, Nelkenflor, Hyacinthenflor u. s. f. 2) Die Zeit, wenn Blumen einer Art blühen; am häufigsten im Zusammensetzungen Nelkenflor, Tulpenflor u. s. f. 3) Eine Sammlung mehrerer blühender Blumen Einer Art; gleichfalls am häufigsten in den jetzt gedachten Zusammensetzungen. So einen schönen Nelkenflor habe ich noch nie gesehen. 4) Figürlich, Wohlstand, glücklicher Zustand, im gemeinen Leben. Seine Nahrung stehet im Flore. Den Flor des Landes befördern. Anm. Dän. und Schwed. gleichfalls Flor, von dem Lat. florere, blühen.


Flor (W3) [Adelung]


4. Der Flor, des -es, plur. die Flöre, ein von zarten Seide, Nesselgarn oder Wolle sehr leicht und dünne gewebter Zeug von allerley Farben; ohne Plural, außer von mehrern Arten oder Quantitäten. Einem den Flor von den Augen ziehen, figürlich ihm seine Vorurtheile benehmen, ihm eine deutliche Erkenntniß von etwas verschaffen, ihn aus dem Stande der Unwissenheit reißen. Besonders der schwarze Flor, der zum Zeichen einer tiefen Trauer getragen wird. Im Flor bekennt der Trauermann Dir (Hymen) sein gewaltig Feuer, Raml. Einzelne Stücke dieses Trauerflores leiden gleichfalls den Plural. Bey den Sammetwebern wird das Haar des Sammetes der Flor, ingleichen der Pohl genannt. S. das letztere. Anm. Im Schwed. und Böhm. gleichfalls Flor, im Dän. Floor. Ihre muthmaßet, daß es ab intextis floribus den Nahmen habe. S. auch Florettseide.


Flora (W3) [Adelung]


Flora, Gen. Flora's, oder Florens, Dat. Floren, plur. car. bey den Dichtern, die Göttinn der Blumen, die Blumengöttinn, aus dem Lat. Flora.


Floramor (W3) [Adelung]


Der Floramor, des -s, plur. inus. eine aus dem Lat. Flos amoris verderbte Benennung des Amarantes oder Tausendschöns, S. Amarant.


Florband (W3) [Adelung]


Das Florband, des -es, plur. die -bänder, dünnes dem Flore ähnliches und mit Streifen durchzogenes Band von zarter Seide. S. 4 Flor.


Florbinde (W3) [Adelung]


Die Florbinde, plur. die -n, eine Binde von schwarzem Flore, welche man zum Zeichen der Trauer entweder um den Arm oder um den Hut träget; die Trauerbinde. S. 4 Flor.


Floren (W3) [Adelung]


Floren, adj. et adv. aus 4 Flor bestehend. Florene Binden, Florbinden.


Floren (W3) [Adelung]


Der Floren, des -es, plur. die -e, eine noch zuweilen übliche Benennung eines Guldens. Franz. Florin, Engl. Florin, Ital. Fiorino, im mittlern Lateine Florenus; vermuthlich wegen der darauf geprägten Lilienblume, oder auch, weil sie zuerst in Florenz gepräget worden. Der Florenen geschiehet bereits 1068 Erwähnung, und also nicht erst im 13ten Jahrhunderte, wie du Fresne nach dem Joh. Villaneus versichert.


Florett (W3) [Adelung]


Das Florett, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, ein Rappier, nach dem Franz. Fleuret.


Florettband (W3) [Adelung]


Das Florettband, des -es, plur. die -bänder, ein aus Florettseide gewebtes Band.


Florettseide (W3) [Adelung]


Die Florettseide, plur. inus. das äußerste Gespinnst des spinnenden Seidenwurmes, welches die schlechteste Seide gibt, auch nur gesponnen, nicht aber gehaspelt werden kann, aus dem Franz. Fleuret, weil sie gleichsam die Blume an der Frucht ist; Flockseide, weil sie in Flocken befindlich ist, Nieders. Flogside, Dän. Flocksilke.


Florhaube (W3) [Adelung]


Die Florhaube, plur. die -n, ein Kopfzeug des andern Geschlechtes aus Flor.


Floriren (W3) [Adelung]


+ Floriren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, aus dem Lat. florere, welches im gemeinen Leben für blühen, so wohl im eigentlichen als figürlichen Verstande üblich ist.


Florkappe (W3) [Adelung]


Die Florkappe, plur. die -n, eine Kappe des andern Geschlechtes von Flor.


Florleinwand (W3) [Adelung]


Die Florleinwand, plur. inus. ein lockeres baumwollenes Gewebe mit glatten und klaren Fäden, welches auch Schwäbische Leinwand genannt wird, weil es besonders in Schwaben verfertiget wird.


Florsaffran (W3) [Adelung]


Der Florsaffran, des -es, plur. inus. S. Safflor.


Florseide (W3) [Adelung]


Die Florseide, plur. car. in den Seiden-Manufacturen eine Act der Organsin-Seide, welche aus 3 bis 4 Faden gezwirnt und zum Gros de Tour, Damast und andern schweren Zeugen gebraucht wird.


Florweber (W3) [Adelung]


Der Florweber, des -es, plur. ut nom. sing. ein Weber, welcher vornehmlich Flor verfertiget. Fämin. die Florweberinn.


Floß (W3) [Adelung]


Das Floß, des -es, plur. die Flöße, in den gemeinen Mundarten die Flößer, von dem Zeitworte fließen, Oberd. floßen. 1) * Ein fließendes Wasser, ein Fluß; doch nur im Oberdeutschen. Der du schönes Kraut trägst um die reinen Flößer Und Blumen voller Zier, Opitz. 2) Eine Flöße; besonders im Oberdeutschen, wo es auch zuweilen Flog lautet. 3) Ein schwimmendes Fischernetz, S. Floßgarn. 4) Im Bergbaue einiger Gegenden so viel als Flötz. S. dieses. In einigen Gegenden ist es zugleich männlichen Geschlechtes, der Floß.


Flöß (W3) [Adelung]


Das Flöß, S. Flötz.


Flößamt (W3) [Adelung]


Das Flößamt, des -es, plur. die -ämter, an einigen Orten, ein besonderes Amt oder Collegium, welches das Beste der Holzflößen besorget.


Floßanweiser (W3) [Adelung]


Der Floßanweiser, des -s, plur. ut nom. sing. im Chur-Sächsischen ein Floßbedienter, welcher das zu den Flößen bestimmte Holz anweiset.


Flößbach (W3) [Adelung]


Der Flößbach, des -es, plur. die -bäche, ein Bach, auf welchem Holz geflößet wird.


Floßband (W3) [Adelung]


Das Floßband, des -es, plur. die -bänder, der in die Quere gelegte Baum, welcher eine Zimmerstöße zusammen hält.


Floßbeamte (W3) [Adelung]


Der Floßbeamte, des -n, plur. die -n, ein Beamter, welcher die Aufsicht über eine Holzflöße führet; wohin der Floß-Commissarius, Floß-Director, Floß-Inspector u. a. m. gehören.


Floßbediente (W3) [Adelung]


Der Floßbediente, des -n, plur. die -n, ein obrigkeitlicher Bedienter bey einer Holzflöße; im Oberd. ein Floßbestellter.


Floßbett (W3) [Adelung]


Das Floßbett, des -es, plur. die -e, im Wasserbaue, eine bewegliche Rüstung, welche auf dem Wasser vorwärts geschoben werden kann, eine Ramme darauf zu stellen, u. s. f. Eigentlich ein fließendes oder schwimmendes Bett.


Floßbrücke (W3) [Adelung]


Die Floßbrücke, plur. die -n, eine aus Floßen oder Flößen bestehende Brücke.


Flößbutter (W3) [Adelung]


Die Flößbutter, plur. car. Butter, welche zur Aufbehaltung zerlassen worden; Schmelzbutter, im Oberd. Schmalz.


Floß-Casse (W3) [Adelung]


Die Floß-Casse, plur. die -n, eine Casse, in welche der Ertrag der Holzflößen gesammelt wird.


Floßdienst (W3) [Adelung]


Der Floßdienst, des -es, plur. die -e. 1) Ein Dienst, d. i. eine Bedienung, bey einer obrigkeitlichen Flöße. 2) Die Frohndienste, welche Unterthanen oder Anwohnende bey den Holzflößen zu leisten verbunden sind.


Floße (W3) [Adelung]


Die Floße, plur. die -n, von fließen und flößen. 1) Die Floßfedern an den Fischen, S. Floßfeder. In den Monseeischen Glossen Floz. 2) Bey den Fischern, Stücke von Pantoffelholz, Kork oder Rinde, welche an die obersten Säume der Zuggarne geheftet werden, sie auf dem Wasser schwimmend zu erhalten.


Flöße (W3) [Adelung]


Die Flöße, plur. die -n, von dem Zeitworte flößen. 1) Die Veranstaltung, da Holz auf fließenden Wassern von einem Orte zum andern geflößet wird, nebst dem Rechte und allen dazu gehörigen Umständen; die Holzflöße. Dergleichen sind die Elbflöße, Muldenflöße, Elsterflöße u. s. f. in Sachsen. Einer Flöße vorgesetzet seyn. Die bey der Flöße angestellten Personen. 2) Die Beschäftigung, da man das Holz auf fließenden Wasser fortflößet. Die Flöße nimmt ihren Anfang im Frühlinge. 3) Der geflößte Körper selbst. Besonders die mit einander verbundenen Stämme oder Bäume, welche auf einem fließenden Wasser fortgeflößet werden. Die Scheitflöße, wenn Scheitholz auf diese Art fortgeschaffet wird. Die Zimmerflöße, wenn Bau- oder Zimmerholz auf diese Art geflößet wird; im Lauenburgischen ein Boden, in Preußen eine Trifft. Auch ein aus zusammen geschlagenen Bäumen bestehendes Fahrzeug, leichte Waaren auf Strömen zu verführen, führet den Nahmen einer Flöße; ein Blockschiff. Ingleichen kleine schwimmende Brücken, auf welchem man an einem Flusse Wolle wäscht, Wasser schöpft u. s. f. Nieders. Flöte. 4) Im Bergbaue, ein langer in die Erde gegrabener hölzerner Kasten, darein man Wasser führet, das Seifengebirge darin zu waschen und von dem Zinnsteine abzusondern. 5) In den Schmelzhütten, ein steinernes Behältniß, wie ein Gerinne, das geschmelzte Zinn fließend zu machen, und das Dornichte davon zu scheiden.

Anm. Flöße, Oberd. auch Flötz, Nieders. Flöte, Vlote, Engl. Flote, Holländ. Vlot und Vlote, Schwed. Flotte, kommt von flößen. Im Oberdeutschen und selbst in einigen Hochdeutschen Gegenden lautet es häufig auch das Floß, und an andern Orten der Floß. Diese Verschiedenheit hat ihren Einfluß auch auf die Zusammensetzungen, wo bald Floß - bald Flöß - bald bey des zugleich üblich ist.


Floßeisen (W3) [Adelung]


Das Floßeisen, S. Flußeisen.


Flößen (W3) [Adelung]


Flößen, verb. reg. welches das Activum oder vielmehr Factitivum des Neutrius fließen ist, fließen machen. 1) Einfließen machen. Einem Kinde die Milch in den Mund flößen. S. Einflößen. 2) Auf dem Wasser schwimmen machen, besonders von dem Holze, welches so wohl in Flüßen oder verbundenen Stämmen, als auch in einzelnen Scheiten auf einem fließenden. Wasser schwimmend fortgeschaffet wird. Zimmerholz, Scheitholz flößen. Aus Sachsen wird viel Holz nach Hamburg geflößet. 3) Abschwimmen machen, im Nieders. Die Milch flößen, die Sahne von derselben abnehmen; Nieders. flöten. 4) Im Oberdeutschen auch, durch hin und her bewegen im Wasser ausspülen. Die Wäsche flößen, sie flauen, spülen. 5) Mit + dem Floßgarne fischen, S. Floßgarn. So auch die Flößung.

Anm. Flößen, Nieders. flöten, Dän. flotte, Schwed. flotta, Engl. to fleet und to flote, ist im Oberdeutschen auch als ein Neutrum für schwimmen üblich. In einigen Gegenden gebraucht man es für schmelzen. Die Sonn zerflößet das Eis, Buch der Natur Augsb. 1483.


Floßenreif (W3) [Adelung]


Der Floßenreif, des -es, plur. die -e, an den Fischernetzen, der Saum, an welchem sich die Floßen befinden, welche ihn. auf dem Wasser schwimmend erhalten. S. die Floße.


Flößer (W3) [Adelung]


Der Flößer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Floßbedienter, welcher den Floßverwalter über, die Floßknechte aber unter sich hat. An einigen Orten werden auch diese letztern Flößer genannt.


Floßfeder (W3) [Adelung]


Die Floßfeder, plur. die -n, die durch verschiedene Gräten unterstützten Häute an den Fischen, welche das Werkzeug ihrer Bewegung im Wasser sind; Pinnae, die Floßen, Finnen, im Oberd. Fließen, in der Schweiz Flimmen. Auch ein Werkzeug der Mundärzte, den Urin in Steinschmerzen hervor zu bringen, wird die Floßfeder genannt; Pinna Chirurgorum.


Floßgalle (W3) [Adelung]


Die Floßgalle, S. Flußgalle.


Floßgarn (W3) [Adelung]


Das Floßgarn, des -es, plur. die -e, eine Art Fischernetz, welches auf dem Wasser schwimmend erhalten wird, und worein sich die Fische selbst fangen; das Floßnetz, Fließgarn.


Floßgehau (W3) [Adelung]


Das Floßgehau, des -es, plur. die -e, derjenige Ort in einem Walde, wo das Flößholz geschlagen und aufgesetzet wird; der Floßhieb. S. Gehau.


Floßgerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Floßgerechtigkeit, plur. inus. die Gerechtigkeit, d. i. das Recht, das Holz von einem Orte zum andern zu flößen; das Floßrecht.


Floßgraben (W3) [Adelung]


Der Floßgraben, des -s, plur. ut nom. sing. ein Graben, oder Canal, auf welchem das Holz verflößet wird.


Flößhaken (W3) [Adelung]


Der Flößhaken, des -s, plur. ut nom. sing. ein Haken an einer langen Stange, die Flößen damit von dem Lande abzustoßen.


Floßhandel (W3) [Adelung]


Der Floßhandel, des -s, plur. inus. der Handel mit geflößetem Bau- und Zimmerholze.


Floßherr (W3) [Adelung]


Der Floßherr, des -en, plur. die -en, der Eigenthümer einer Flöße, es werde nun das Recht, oder auch eine Zimmerflöße darunter verstanden.


Floßhieb (W3) [Adelung]


Der Floßhieb, des -es, plur. die -e, S. Floßgehau.


Floßholz (W3) [Adelung]


Das Floßholz, des -es, plur. inus. alles Holz, welches von einem Orte zum andern geflößet wird, es sey Scheitholz oder Zimmerholz, besonders das erstere; Nieders. Flotholt.


Floßhüther (W3) [Adelung]


Der Floßhüther, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wächter, der auf das auf dem Flößwasser schwimmende Scheitholz Acht hat.


Floßjunge (W3) [Adelung]


Der Floßjunge, des -n, plur. die -n, ein bey einer Holzflöße beschäftigter Junge, welcher unter den Floßknechten stehet.


Floßknecht (W3) [Adelung]


Der Floßknecht, des -es, plur. die -e, Tagelöhner, welche die bey den Holzflößen nöthigen niedrigen Arbeiten verrichten, und dem Flößer untergeben sind.


Floßloch (W3) [Adelung]


Das Floßloch, des -es, plur. die -löcher, so fern floßen oder flößen, im Oberd. noch fließen bedeutet, das Loch in einem hohen Ofen, aus welchem das geschmolzene Erz heraus fließet.


Floßmann (W3) [Adelung]


Der Floßmann, des -es, plur. die -leute, derjenige, welcher auf einer Zimmerflöße die Stelle eines Steuermannes oder Schiffers vertritt.


Floßmeister (W3) [Adelung]


Der Floßmeister, oder Flößmeister, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Derjenige, welcher einer Holzflöße zunächst vorgesetzet ist, und den Flößer und die Floßknechte unter sich hat. 2) In dem Salzwerk zu Halle ist der Flößmeister derjenige, der den Koth und andere Unreinigkeiten aus den Salzkothen schaffen lässet. 3) An einigen Orten, der Vorgesetzte einer Zinnflöße, d. i. Schmelzhütte für das Zinn.


Floßofen (W3) [Adelung]


Der Floßofen, S. Flußofen.


Floßordnung (W3) [Adelung]


Die Floßordnung, plur. die -en, eine obrigkeitliche Verordnung, welche das Floßwesen betrifft.


Flößplatz (W3) [Adelung]


Der Flößplatz, oder Floßplatz, des -es, plur. die -plätze, derjenige Platz, wo das Flößholz aufgesetzet und zum Verkaufe aufbehalten wird.


Floßrechen (W3) [Adelung]


Der Floßrechen, des -s, plur. ut nom. sing. ein mit Zimmerhölzern besetztes Wehr, das auf fließenden Wassern schwimmende Scheitholz auf- oder von manchen Örtern abzuhalten.


Floßrechnung (W3) [Adelung]


Die Floßrechnung, plur. die -en, die Rechnung über die bey einer Holzflöße vorfallenden Ausgaben und Einnahmen.


Floßrecht (W3) [Adelung]


Das Floßrecht, des -es, plur. die -e. 1) Das Recht, Holz auf gewissen Wassern zu verflößen, die Floßgerechtigkeit; ohne Plural. 2) Die Vorrechte, welche eine Flöße und das verflößte Holz genießen.


Floß-Regal (W3) [Adelung]


Das Floß-Regal, des -es, plur. inus. die Floßgerechtigkeit, als ein Regal oder Vorrecht des Landesherren betrachtet.


Floßschaden (W3) [Adelung]


Der Floßschaden, des -s, plur. die -schäden, der Schaden, welchen das Floßholz an den Ufern, Wassergebäuden und Fischereyen verursacht.


Floßscheit (W3) [Adelung]


Das Floßscheit, des -es, plur. die -e, Holzscheite, welche von einem Orte zum andern geflößet werden.


Floßschreiber (W3) [Adelung]


Der Floßschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Floßbedienter, welcher dem Floßmeister, oder Floßverwalter untergeordnet ist, die Floßrechnungen führet, und die Aufsicht auf die Holzschläger und Holzflößer hat.


Floßteich (W3) [Adelung]


Der Floßteich, des -s, plur. die -e, ein Teich, auf welchen das Holz von den Schlägen oder Floßgehauen in das Floßwasser geflößet wird. Auch ein Teich oder aufgehaltenes Wasser, das Floßwasser zu verstärken.


Floßverwalter (W3) [Adelung]


Der Floßverwalter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Floßbedienter, der bey kleinern Flößen die Stelle eines Floßmeisters vertritt, an andern Orten aber demselben beygesellet ist, und als dann die Einnahmen und Ausgaben der Flöße besorget.


Floßwand (W3) [Adelung]


Die Floßwand, plur. die -wände, die mit Holz bewachsenen Seiten der Berge an den Floßteichen. S. Wand.


Floßwasser (W3) [Adelung]


Das Floßwasser, oder Flößwasser, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bach, Fluß oder Canal, auf welchem Holz verflößet wird.


Floßwehr (W3) [Adelung]


Das Floßwehr, des -es, plur. die -e, ein Wehr, durch welcher das Wasser in ein Flößwasser geführet wird.


Floßwesen (W3) [Adelung]


Das Floßwesen, des -s, plur. inus. alles was zu einer Holzflöße gehöret und dieselbe angehet.


Floßwiede (W3) [Adelung]


Die Floßwiede, plur. die -n, eine Wiede, oder ein gewundener junger Fichtenstamm, womit die Zimmerstöße verbunden wird.


Floßzeit (W3) [Adelung]


Die Floßzeit, plur. die -en, diejenige Zeit, da das Holz auf den Flüssen verflößet wird.


Flöte (W3) [Adelung]


1. Die Flöte, plur. die -n, ein Büschel Wolle, welchen die "Kardätsche" abnimmt, S. 2 Flethe.


Flöte (W3) [Adelung]


2. Die Flöte, plur. die -n, eine Art Schiffe, S. Flüte.


Flöte (W3) [Adelung]


3. Die Flöte, plur. die -n, in Niedersachsen, ein Trinkglas mit einem langen zugespitzten Kelche; wohl nicht wegen einiger Ähnlichkeit mit der folgenden Flöte, sondern so fern dieses Wort ehedem einen jeden langen runden hohlen Körper bedeutet haben mag. Im Nieders. ist Flethe ein Canal, von flethen, fließen. S. Flieder.


Flöte (W3) [Adelung]


4. Die Flöte, plur. die -n, Diminut. das Flötchen, ein musikalisches Werkzeug, welches aus einer hohlen, gemeiniglich mit Löchern versehenen Röhre, bestehet, auf welcher man durch Einblasung des Windes die Töne heraus bringet; eine Sackpfeife. Die Flöte blasen. Auf der Flöte spielen. S. Querflöte, welche im engern Verstande auch nur die Flöte genannt wird. Anm. Nieders. Fleute, Engl. Flute, Franz. Fleute, Flute, Span. und Ital. Flauta, Fiuto, ohne Zweifel von dem Latein. flare, blasen, Angels. blawan, Engl. to blow; es müßte denn die röhrförmige Gestalt dieser Werkzeuge den Grund der Benennung enthalten, zumahl da dieses Wort nach dem Frisch schon in der ersten Hälfte des 13ten Jahrhundertes vorkommt, wo es Fleite lautet.


Flöten (W3) [Adelung]


1. Flöten, verb. reg. neutr. mit haben, auf der Flöte spielen, im gemeinen Leben. Aufmerksam horchte Daphnis und vergaß zu flöten, Geßn. Nieders. fleuten. In Niedersachsen wird auch das Pfeifen mit dem bloßen Munde flöten genannt.


Flöten (W3) [Adelung]


2. * Flöten, verb. reg. neutr. welches nur im Nieders. mit dem Zeitworte geben üblich ist. Er geht flöten, er entfliehet, entwischet. Die Sache ist flöten gegangen, ist verloren gegangen, ich bin darum gebracht werden. Dieses Zeitwort, wofür man in einigen Gegenden auch flechten gehen sagt, ist ein Überbleibsel des noch im Schwed. üblichen Zeitwortes flyta, eilen, flytia, reisen, wandern, wovon auch unser Hochdeutsches Fleiß. Nieders. Flit, abstammet.


Flötenfutter (W3) [Adelung]


Das Flötenfutter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Futteral für Quer- und andere Flöten.


Flötenmacher (W3) [Adelung]


Der Flötenmacher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Instrumenten-Macher, welcher besonders Flöten verfertiget.


Flötenuhr (W3) [Adelung]


Die Flötenuhr, plur. die -n, eine Spieluhr, in welcher die Pfeifen den Ton der Flöten haben.


Flötenwerk (W3) [Adelung]


Das Flötenwerk, des -es, plur. die -e, in den Orgeln, ein Register, dessen Pfeifen wie Flöten klingen.


Flott (W3) [Adelung]


Flott, adj. et adv. welches vornehmlich in Niedersachsen üblich ist, auf dem Wasser schwimmend. 1) Eigentlich. Das Schiff wird flott, wenn es bey der Ebbe auf dem Grunde fest saß, oder auf eine Untiefe gerathen war, und nun wieder zum Schwimmen gebracht wird. Ein Schiff flott machen. 2) In engerm Verstande bedeutet das Hauptwort Flott im Nieders. und Schwed. so wohl die Sahne, als auch das Schmer und Fett, weil es oben auf schwimmet. Daher, 3) die im gemeinen Leben üblichen Redensarten, flott leben, im Überflusse leben. Bey ihrer Hochzeit da gings flott, Weiße. Ich will heute einmahl flott leben, ebend.

Anm. Dieses Wort, welches im Engl. afloat, und im Franz. flot, lautet, ist von fließen, so fern es in den nördlichen Mundarten fleten, floten, und im mittlern Lat. flotare, lautet. S. Fluth.


Flotte (W3) [Adelung]


Die Flotte, plur. die -n. 1) Eine Anzahl mehrerer unter Einem Befehlshaber, oder doch in Gesellschaft segelnder Schiffe. Eine Kauffahrteyflotte, eine Flotte von Kauffahrteyschiffen. Eine Kriegsflotte, eine Flotte von Kriegsschiffen. In engerm Verstande wird unter einer Flotte schlechthin nur die letztere verstanden. Eine Flotte ausrüsten. Die Flotte läuft aus, läuft in einen Hafen. Mit der Flotte bey einem Orte liegen. 2) Bey den Färbern, die Brühe oder Farbe in der Indigo-Küpe; aus dem Nieders. Flott, ein oben auf schwimmender Körper.

Anm. In der ersten Bedeutung ist es aus dem Franz. Flotte und Ital. Flotta, obgleich dieser Ausdruck zunächst aus einer der nördlichen Sprachen herstammet. Im Dänischen heißt eine Flotte Floade, im Schwed. Flotta, im Engl. Fleet, im Holl. Vlote, im Pohln. Flota, im Angels. Flota; alles von nördlichen fleten, schwimmen, fleißen. Eine kleine Flotte heißt im Französischen eine Flotille, und wenn sie aus Kriegsschiffen bestehet, eine Escadre, ein Geschwader.


Flötz (W3) [Adelung]


Das Flötz, des -es, plur. die -e, eine ebene horizontale Fläche, und was die Gestalt horizontaler Lagen oder Flächen hat, doch nur noch in einigen Fällen. 1) * Die ebene Fläche des Erdbodens in einigen Oberdeutschen Gegenden. Die Haberschrecken (Heuschrecken) waren in solcher Menge, daß sie die Fletze der Erde bedeckten, Hagen. Chron. beym Petz. 2) Ein mit Steinen gepflas=terter Platz in einem Gebäude, im Oberdeutschen. Das Gefletz in der Kirchen, da der gemeine Mann steht, Bluntschli. In Baiern bedeutet Flötz das Vorhaus, die Flur; ingleichen einen bedeckten Gang, eine Gallerie. 3) Am üblichsten ist dieses Wort im Bergbaue, wo es eine jede horizontale oder fast horizontale Lage der Erd- und Steinmassen von beträchtlicher Breite bezeichnet, zum Unterschiede von den gangartigen Erd- oder Steinlagen; eine Schicht. Das Schieferflötz, die horizontale Lage Schieferstein. Das Kalkflötz, Kohlenflötz, Lehmflötz u. s. f.

Anm. Im Nieders. ist flot flach, untief, Fleet ein Bett, ingleichen ein reinliches Zimmer oben in einem Bauernhause mit einem Bette, im Osnabr. die Flötte. Im Isländ. ist Flet, Flaet, das Vorhaus, im Schwed. Flet, und Angels. Flet, Flette, das Haus selbst. Es gehöret dieses Wort zu platt, breit, latus, flach; denn noch im Schwed. ist flat eben, Isländ. flatr, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Flatals bedeutet im Schwedischen, was in ebenen Schichten lieget. In der alten Beicht bey dem Lambecio bedeutet, noh flezzi noh betdi, weder Streu noch Bett. S. Fluhe und Fliese. Übrigens lautet dieses Wort bey den Bergleuten zuweilen Flöß und Floß, und in manchen Gegenden spricht man es geschärft Flötz.


Flötzberg (W3) [Adelung]


Der Flötzberg, des -es, plur. die -e, ein Berg, welcher aus Flötzen, d. i. horizontale Erd- und Steinschichten bestehet, zum Unterschiede von den Gangbergen. Mehrere Flötzberge, machen ein Flötzgebirge.


Flötzerz (W3) [Adelung]


Das Flötzerz, des -es, plur. die -e, Erz, welches in Flötzgebirgen bricht, zum Unterschiede von dem Gangerze.


Flötzlage (W3) [Adelung]


Die Flötzlage, plur. die -n, S. Flötzschicht.


Flötzmaul (W3) [Adelung]


Das Flötzmaul, des -es, plur. inus. in dem Sächsischen Obergebirge, die Benennung einer Art von Zwittern.


Flötzschicht (W3) [Adelung]


Die Flötzschicht, plur. die -en, eine horizontale oder doch fast horizontale Schicht einer Erd- oder Steinmasse; die Flötzlage.


Flötztreppe (W3) [Adelung]


Die Flötztreppe, plur. die -n, eine Treppe mit Flötzen, d. i. Absätzen.


Flötzweise (W3) [Adelung]


Flötzweise, adverb. im Bergbaue, nach Art der Flötze, in Flötzen. Ein Mineral bricht flötzweise, wenn es in horizontalen Schichten gefunden wird.


Fluch (W3) [Adelung]


Der Fluch, des -es, plur. die Flüche, von dem folgenden Zeitworte, die Androhung und Anwünschung eines großen Übels, doch in verschiedenen Fällen. 1) Die Androhung des auf die Übertretung eines Gesetzes Übels, und dieses Übel selbst, in der Deutschen Bibel und der biblischen Schreibart. Siehe ich lege euch heute vor den Segen und den Fluch - den Fluch, so ihr nicht gehorchen werdet den Gebothen des Herrn, 5 Mos. 11, 26, f. Die mit des Gesetzes Werken umgehen, die sind unter dem Fluch, Gal. 3, 10. Im Hause des Gottlosen ist der Fluch des Herrn, Sprichw. 3, 33. Und so in andern Stellen mehr. 2) Die heftige Anwünschung eines großen Übels. Des Vaters Segen bauet den Kindern Häuser, aber der Mutter Fluch reißet sie nieder, Sir. 3, 11. Er enterbte mich, er gab mir seinen Fluch. Überall werde ich Flüche rauschen hören. Anstatt mir Flüche nachzudonnern, nannte er mich seinen Freund. Einen schrecklichen Fluch thun. 3) Ein Schwur bey einer göttlichen Strafe, besonders ein leichtsinniger willkührlicher Schwur dieser Art, in welchem Verstande dieses Wort im gemeinen Leben sehr häufig ist. 4) Derjenige Gegenstand, welchen die auf die Übertretung eines Gesetzes gesetzten Strafen treffen; doch nur in der Deutschen Bibel. Der Herr setze dich zum Fluch und zum Schwur unter deinem Volk, 4 Mos. 5, 21, 27. Wir sind ein Fluch der Welt, 1 Cor. 4, 13. S. Fegopfer. Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Ottfried Fluah, bey dem Notker und Willeram Fluoch, bey dem Stryker Fluec, im Nieders. Flook. S. Fluchen.


Flucheid (W3) [Adelung]


Der Flucheid, des -es, plur. die -e, ein Eid, in welchem man im Falle der Nichthaltung Gott zum Rächer anruft; zum Unterschiede von einer bloßen Betheurung.


Fluchen (W3) [Adelung]


Fluchen, verb. reg. neutr. mit haben. 1) Mit Heftigkeit Böses anwünschen, mit der dritten Endung der Person. Verflucht sey, wer dir flucht, 1 Mos. 27, 29. Fluche nicht dem Könige, Pred. 10, 20. Auch fluche nicht der alten Muhme, Less. Dem Haufen, der dir spöttlich flucht, Can. Ingleichen, obgleich seltener, mit dem Vorworte auf. Auf jemanden fluchen. Ein Brandmahl wird er euch, worauf in spätern Tagen Ein beßrer Enkel flucht, Raml. Fluchen und schwören, mit Aufforderung der göttlichen Strafe oder eines großen Übels etwas betheuern. Er Flucht, daß sich die Erde aufthun möchte. Im gemeinen Leben auch wohl active, mit der vierten Endung der Sache. Einem den Teufel, eine böse Krankheit u. s. f. an den Hals fluchen. 2) Für lästern, in der Deutschen Bibel. Welcher seinem Gott flucht, der soll seine Sünde tragen, 3 Mos. 24, 15. 3) Im gemeinen Leben belegt man auch die leichtsinnige Nennung des Teufels und den Gebrauch ähnlicher, oft sehr sinnloser, Wörter mit dem Nahmen des Fluchens. Ist meine Stube gut genug, daß sie den Teufel darin fluchen? Gell. Der Teufel! seht, das war ein rechtes Rad, Fing endlich einer an zu fluchen, ebend. Anm. Fluchen, bey dem Kero fluahhon, bey dem Ottfried fluachon, um das Jahr 790 in der Fränkischen Mundart fluachenne, im Nieders. flöken und flökken, ist ohne Zweifel die figürliche Bedeutung eines Wortes, welches eigentlich eine andere mehr sinnliche Handlung bezeichnet hat. Aber welches dieses Wort ist, läßt sich nur sehr schwankend muthmaßen. In den verwandten Sprachen wird dieses Wort, so viel ich weiß, nicht angetroffen. Das Hauptwort die Fluchung ist nur in den Zusammensetzungen Anfluchung und Verfluchung üblich.


Flucher (W3) [Adelung]


Der Flucher, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Flucherinn, dem oder der das Fluchen oder der Gebrauch ähnlicher harter Ausdrücke zur Gewohnheit geworden. In der Deutschen Bibel wird es auch von einem Gotteslästerer gebraucht. Führe den Flucher hinaus vor das Lager, 3 Mos. 24, 14, 23.


Flucht (W3) [Adelung]


1. Die Flucht, plur. inus. 1) In der Baukunst und den mechanischen Künsten, der zur Bewegung eines Stückes gehörige Raum; der Spielraum. So hat eine Thür zu viel Flucht, wenn man am Rande durchsehen kann. 2) Eine gerade Linie, eine gerade Fläche, im gemeinen Leben. Sechs Fenster in einer Flucht, in einer Reihe, in einer geraden Linie. Die Fenster müssen in einer Flucht fortgehen. In einer Flucht fortbauen.

Anm. In dieser zweyten Bedeutung lautet das Wort im Nieders. Flugt, in beyden aber im Schwed. Flykt. Es scheinet zu Fläche oder Fleck zu gehören, wofür die Niedersachsen auch Flage gebrauchen. Unsere Äcker liegen in einer Flage, in einer Flucht oder Fläche.


Flucht (W3) [Adelung]


2. Die Flucht, plur. inus. von dem Zeitworte fliehen. 1) Die Handlung, da man aus Furcht vor einem bevor stehenden Übel den Ort sehr schnell verändert. Die Flucht nehmen, ergreifen. Sich auf die Flucht machen, begeben. Sich mit der Flucht retten. Auf die Flucht bedacht seyn. Auf die Flucht denken. Sich nach der Flucht umsehen, darauf bedacht seyn. Den Feind in die Flucht schlagen, treiben, bringen. In die Flucht geben, d. i. treiben, und die Flucht geben, d. i. nehmen, sind biblische Ausdrücke, welche im Hochdeutsche veraltet sind. In der höhern Schreibart auch ohne Nebenbegriff der Furcht, von einer jeden schnellen Entfernung. Der Zeiten Flucht, der schnelle Vorübergang der Zeit, Opitz. Im gemeinen Leben auch für Eil. Geschwindigkeit. Ich habe ihn nur auf der Flucht gesehen. 2) Der Ort, wohin man fliehet. So haben die Jäger Flucht und Schweiß, wenn sie den Schweiß haben, und zugleich den Ort wissen, wohin ein Thier geflohen ist. 3) Zeit und Raum, einem Übel zu entgehen, in einigen Gegenden. Damit der Schuldner ein wenig Flucht bekomme, Zeit.

Anm. Nieders. und Dän. Flugt, Angels. Flyht, Engl. Flight, Schwed. Flykt, bey dem Ottfried Fluhti, bey dem Notker Fluht. S. Fliehen.


Fluchtbau (W3) [Adelung]


Der Fluchtbau, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, eine Höhle, welche der Fuchs nur auf kurze Zeit, oder im Nothfalle bewohnt; der Nothbau.


Flüchten (W3) [Adelung]


Flüchten, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist. I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, einen Ort zur Vermeidung einer Gefahr schnell und eilfertig verlassen. Es war niemand mehr im Dorfe, denn alle Einwohner waren geflüchtet. II. Als ein Activum, auf der Flucht wohin bringen. Die Landleute flüchteten ihre besten Sachen in die Stadt. Auch als ein Reciprocum, sich flüchten. Auch der Hase flüchtet sich nun zum buschichten Vorholz, Zachar. Im Oberd. ist dafür flehen, flehenen, flöhnen üblich. S. Fliehen.

Anm. Als ein Neutrum lautet dieses Wort schon bey dem Tatian fluhtan, im Nieders. flugten, im Dän. flygte, im Schwed. flykta. Ottfried. gebraucht fluhtin, als ein Factitivum, in die Flucht treiben. Es scheinet nicht unmittelbar aus Flucht gebildet, sondern das Intensivum von fliehen zu seyn, wie schlachten von schlagen u. s. f.


Flüchtig (W3) [Adelung]


Flüchtig, -er, -ste, adj. et adv. welches in der weitesten Bedeutung des Zeitwortes fliehen und in einigen Bedeutungen des Wortes fliegen gebraucht wird. 1) Auf der Flucht begriffen. Flüchtige Soldaten. Die Soldaten wurden flüchtig. Der Schuldner ist flüchtig geworden. Den flüchtigen Feind verfolgen. Unstet und flüchtig sollt du seyn auf Erden, 1 Mos. 4, 12, 14. Sich auf flüchtigen Fuß setzen, entfliehen. 2) Was schnell entfliehet, schnell vergehet. Unser Leben ist flüchtig. Eine flüchtige (vergängliche) Schönheit. So schön wie eine Landschaft, auf der schnell der Thau in flüchtigen Nebel verduftet, Sonnenf. Die Empfindungen des schönen Geschlechts sind zarte und flüchtige Empfindungen, Gell. Das war nur so ein flüchtiger Einfall, ein flüchtiger Gedanke. Flüchtige Farben, welche vergehen. Ingleichen, was leicht verflieget, sich leicht in zarte Dünste auflöset. Der Salzgeist, Uringeist, das Quecksilber sind sehr flüchtig. Flüchtige Theile, welche die Hitze in Gestalt von Dämpfen oder Dünsten aus einem Körper scheidet, im Gegensatze der feuerbeständigen. 3) Schnell, mit Leichtigkeit schnell. Ein flüchtiges Pferd. Ein flüchtiges Geblüt, welches leicht in Wallung gebracht werden kann. Ein flüchtiger Pinsel, der die Farben mit Leichtigkeit aufträgt. Eine flüchtige Zeichnung, welche mit leichter Kühnheit in der Eile verfertiget ist. 4) Im nachtheiligen Verstande, was in der Eile, nur so obenhin geschiehet. Eine flüchtige Vorstellung von etwas haben. Ich habe ihn nur so flüchtig gesehen. Wir müssen den flüchtigen Anblick der Schöpfung in einen bedachtsamen verwandeln, Gell. 5) In der Luft fliegend, in einigen Fallen. Ein flüchtiges (fliegendes) Gewand, bey den Mahlern. Bey den Kupferstechern heißt dasjenige flüchtig, was in der Luft zu schweben scheinet, und mit Fleiß ausgearbeitet ist, wie die Blätter an den Capitälen. 6) Mürbe, brüchig, im Bergbaue. Ein flüchtiges Gestein, welches mürbe und brüchig ist. Ein flüchtiges Gezimmer, welches auf keinem festen Grunde ruhet, baufällig ist.

Anm. Bey dem Ottfried in der ersten Bedeutung fluhtig, im Dänischen flygtig, im Schwedischen flyktig, Nieders. flugtsk. Fliuhteklich kommt bey den Schwäbischen Dichtern für schnell vor. Im Oberd. hat man von diesem Beyworte auch das Zeitwort sich flüchtigen für flüchten, fliehen.


Flüchtigkeit (W3) [Adelung]


Die Flüchtigkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da eine Sache flüchtig ist; doch nur in einigen Bedeutungen dieses Beywortes. 1) Die Vergänglichkeit. Die Flüchtigkeit unsers Lebens, der Farben. Auch in der Chymie, die Eigenschaft der Körper, sich in leichte Dämpfe zu verwandeln. Die Flüchtigkeit eines Salzes. Besonders, wenn es im Feuer geschiehet, im Gegensatze der Feuerbeständigkeit. 2) Die mit Leichtigkeit verbundene Geschwindigkeit. Die Flüchtigkeit eines Thieres, eines Tänzers. Die Flüchtigkeit des Pinsels, des Grabstichels. Ein mit Flüchtigkeit gearbeitetes Gemählde. 3) Auch im nachtheiligen Verstande, die Eigenschaft, eine Sache eilfertig und ohne Anwendung der gehörigen Aufmerksamkeit zu verrichten. Die Flüchtigkeit des Geistes. Er beweiset in seinen Arbeiten zu viel Flüchtigkeit.


Flüchtling (W3) [Adelung]


Der Flüchtling, des -es, plur. die -e. 1) Ein entflohener Mensch, so wohl im guten Verstande, Exul. Viele Französische Reformirte leben jetzt als Flüchtlinge in Deutschland. Als auch im nachtheiligen. Die Flüchtlinge (Deserteurs) von der Armee aufhalten. 2) Ein flatterhafter, leichtsinniger Mensch. Der junge Flüchtling, der den halben Frühling seines Lebens von einer Schöne zur andern flattert.


Fluchtröhre (W3) [Adelung]


Die Fluchtröhre, plur. die -n, bey den Jägern, kleine Röhren oder Höhlen, in welchen sich die Füchse, wenn sie verfolget werden, auf kurze Zeit verbergen.


Fluchwasser (W3) [Adelung]


Das Fluchwasser, des -s, plur. inus. S. Bitter.


Flück (W3) [Adelung]


Flück, adj. et adv. welches nur im gemeinen Leben üblich ist, und von jungen fliegenden Thieren gebraucht wird, wenn sie Federn und Flügel bekommen, so daß sie nunmehr fliegen können. Die Tauben sind noch nicht flück. Flücke Vögel. Flück werden.

Anm. Dieses Wort, welches im Nieders. Flück und flugge, im Holländ. vlugge, im Engl. fledged, lautet, stammet von dem veralteten flukken, fliegen, her. Sie habent mih hineflukke gemachot, sie haben mich wegfliegen gemacht, Willer. Bey dem Hans Sachs kommt flück für flüchtig, schnell, vor. Einige Hochdeutsche schreiben es auch nach dem Muster der Niedersachsen flügge.


Fluder (W3) [Adelung]


Das Fluder, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Berg- und Mühlenbaue, ein breites mit zwey Spundstücken versehenes Gerinne, wodurch das Wasser laufen kann. S. Gefluder. Von dem veralteten fluen, fliehen, fließen, Lat. fluere, woraus vermittelst der Endsylbe er und des euphonischen d Fluder gebildet worden. Jeroschin gebraucht Vludir von dem Ufer eines Flusses. S. Fluth.


Flug (W3) [Adelung]


Der Flug, des -es, plur. die Flüge, von dem Zeitworte fliegen. 1. Der Zustand, da ein Thier oder Körper flieget, ohne Plur. 1) Eigentlich, in den bey den eigentlichen Bedeutungen des Zeitwortes fliegen. Der Flug eines Vogels in der Luft. Einen Vogel im Fluge schießen. Der Flug der Pfeiles, Weish. 5, 12. Einen Ball im Fluge fangen. In der höhern Schreibart auch wohl mit dem Plural. Der neue Fluge flog, Alring. von dem Geiste. 2) Figürlich. Die Augenblicke überhohlen Gedanken in ihrem Fluge, Dusch. Ich weiß es, deine Tugend Hebt sich voll edlem Flug weit über deine Jugend, Weiße. 2. Was da flieget. Ein Flug Bienen, ein Bienenschwarm. Noch kein junger Flug hat sich zu weit von meinen Augen entfernet, Geßn. Bey den Jägern, so viel Vögel, als mit einander in Einem Haufen fliegen. Ein Flug wilder Änten, Repphühner u. s. f. 3. Das Werkzeug zum Fliegen, der Flügel; doch nur in der Wapenkunst, wo ein Paar Adlersflügel ein Flug genannt werden. Ein ausgebreiteter Flug, ein geschlossener Flug. Ein halber Flug, ein Flügel. 4. Der Ort, aus welchem ein Körper fliehet. In diesem Verstande wird der vordere Theil eines Feuermörsers von der Mündung an bis zur Kammer der Flug, Franz. Volee, genannt.

Anm. Im Nieders. und Dän. Flugt, im Schwed. Flygt, im Engl. Flight, in dem alten Gedichte auf den heil. Anno Vlug.


Flugbett (W3) [Adelung]


Das Flugbett, des -es, plur. die -e, ein verborgener Boden der Müller unter der Decke, in welchem sich das herum fliegende klare Mehl sammelt.


Flugbrand (W3) [Adelung]


Der Flugbrand, des -es, plur. inus. eine Art des Brandes im Weitzen, Hafer und der Gerste, welche sich in einer so lockern Schale befindet, daß sie unter dem Dreschen zerreißt, da denn der Brand in der Scheuer herum fliegt; Staubbrand.


Fluge (W3) [Adelung]


Die Fluge, plur. die -n, S. 2 Flocke.


Flügel (W3) [Adelung]


Der Flügel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Flügelchen, Oberd. Flügellein. 1. Was da flieget, d. i. sich in der Luft beweget; doch nur in einigen Fällen. So werden die kleinen Fahnen auf den Mastbäumen, welche beständig wehen, und den Wind zeigen, Flügel genannt, zum Unterschiede von den Wimpeln und Flaggen. Im Nieders. heißt eine jede Windfahne auf einem Gebäude ein Flügel. Dahin gehören auch die Flügel einer Windmühle, diejenigen Theile, welche von dem Winde herum gedrehet werden, und die ganze Maschine in Bewegung setzen; die Flügel einer Spule, welche im Umdrehen der Spule in einem Kreise fliegen, u. s. f. 2. Ein Werkzeug zu fliegen, an den fliegenden Geschöpfen, Vögeln und Insecten. 1) Eigentlich, wo es besonders von den mit Schwungfedern versehenen Gliedmaßen der Vögel gebraucht wird, vermittelst deren sie sich in der Luft fortrudern. Der Vogel breitet die Flügel aus, schwinget die Flügel, lässet die Flügel hängen u. s. f. Ein Äntenflügel, Ganseflügel u. s. f. Auch das von Federn entblößte Glied führet in den Küchen und bey Tische noch den Nahmen des Flügels. Von den Flügeln der Vögel hat man so wohl im gemeinen Leben als in der edlen und höhern Schreibart verschiedene figürliche Redensarten entlehnet. Zu jenen gehöret: die Flügel hängen lassen, traurig seyn; einem die Flügel beschneiden, sein Vermögen, seine Freyheit vermindern; Flügel bekommen, Kräfte, Vermögen bekommen; sich die Flügel verbrennen, aus Vorwitz in Schaden gerathen u. s. f. Zu diesen: Jetzt, da ich auf Flügeln der Liebe hierher eile, mein Glück vollkommen zu machen, Weiße. Flügel der Morgenröthe, Ps. 139, 10. Die goldnen Flügel schwingt der Ruf stolz über dir, Weiße. Und wenn die Freyheit denn Vor. Banden los den goldnen Flügel schlägt, ebend. Dahin gehören auch die biblischen R. A. in welchen Gott Flügel beygeleget werden, seinen Schutz anzudeuten. 2) Figürlich. (a) So fern sich die Flügel zu beyden Seiten an dem Körper des Thieres befinden. So werden die beyden äußersten Enden einer in Schlachtordnung Armee, eines Corps Soldaten, eines Regimentes, Battalliones u. s. f. und die auf diesen Enden befindlichen Soldaten Flügel genannt. Der rechte, der linke Flügel. Auf dem rechten Flügel stehen. Den Flügel schwenken. Der linke Flügel wurde geschlagen. Die Flügel ausbreiten, Es. 8, 8. Im Jagdwesen, die rechte oder linke Seite eines Jagens, und die daselbst befindlichen Leute. In einem andern Verstande sind im Jagdwesen die Flügel die von einem Ende des Waldes bis zum andern gehauenen Wege, welche auch Stellwege, Richtwege, Alleen, Durchhiebe genannt werden. An Gebäuden ist der Flügel ein an dem Ende eines Hauptgebäudes angesetztes Gebäude. Im Festungsbaue sind es die langen Seiten eines Horn- und Kronwerkes, welche von dem Hauptwalle oder den Außenwerken bestrichen werden. Im Wasserbaue sind die Flügel Werke, welche von dem Ufer aus in den Strom geführet werden, entweder das Ufer zu sichern, oder auch das Strombett zu ändern, und welche auch Buhnen, Bühnen, Abweiser, Packwerke, Krippen u. s. f. genannt werden. In der Anatomie werden die Seitentheile der Nase, und die obern Theile der Ohrläppchen Flügel genannt. Die beweglichen Hälften einer Thür oder eines Fensters heißen gleichfalls Flügel, eine Thür, ein Thor mit zwey Flügeln; so wie an den Kinderkleidern und an den Röcken der Trompeter gewisse von dem Rücken herunter hängende Theile, S. Flügelkleid. Ruth. 3, 9 wird der Zipfel des Kleides ein Flügel genannt, S. Fittich. Bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches heißen die an den Seiten des Schiffes der Blumen stehenden Blumenblätter, Flügel, Alae; und im gemeinen Leben werden die Arme der Menschen zuweilen im Spotte Flügel genannt, S. Fittich. Jemanden bey dem Flügel nehmen und zur Thür hinaus führen. (b) Ein musikalisches Saiten-Instrument, welches wie ein Clavier gespielet wird, und von außen die Gestalt eines Flügels hat.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. Flegel, im Schwed. Flygel, im Dän. Floj, im Epirotischen Flele. Im Niedersächsischen ist dafür auch Flucht, Flüchte, Flunk, und in Baiern Flenkel üblich.


Flügeldecke (W3) [Adelung]


Die Flügeldecke, plur. die -n, an einigen Insecten, besondere härtere Flügel, welche den zarten Flügeln, womit sie fliegen, zur Bedeckung dienen; Elytra L. Bey den Käfern und Grillen sind sie schalicht, bey andern aber nur oben hart und knorpelartig.


Flügeldeich (W3) [Adelung]


Der Flügeldeich, des -es, plur. die -e, in den Marschländern, ein Deich, der von einem neuen Hauptdeiche nach einem andern zurück gezogen wird; ein Schenkeldeich, Armschlag.


Flügelfarn (W3) [Adelung]


Der Flügelfarn, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, eine Art des Farnkrautes, dessen Fructificationen linienweise an dem Rande auf der untern Seite des Blattes sitzen; Pteris L.


Flügelfrucht (W3) [Adelung]


Die Flügelfrucht, plur. inus. bey einigen neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, ein in beyden Indien einheimischer Baum, Pterocarpus L. Jacquin hält ihn für den wahren Drachenbaum; S. dieses Wort.


Flügelfutter (W3) [Adelung]


Das Flügelfutter, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schustern, dasjenige Leder, womit die Schnallenriemen gefüttert werden.


Flügelhorn (W3) [Adelung]


Der Flügelhorn, des -es, plur. die -hörner. 1) In dem Jagdwesen, ein schlechtes einfaches messingenes Horn, womit die Flügelmeister den übrigen Jägern die nöthigen Zeichen geben. Es ist das gewöhnliche Jagdhorn. 2) Eine gewundene einschalige Conchylie, deren Windungen sichtbar sind, mit etwas hervor ragender Spitze, breitem Leibe und ausgebreiteten Lippen, welche die Gestalt zweyer Flügel haben; Alata L.


Flügelkleid (W3) [Adelung]


Das Flügelkleid, des -es, plur. die -er, ein Kleid kleiner Kinder weiblichen Geschlechtes, wo von dem Rücken zwey breite Streifen wie Flügel herab hängen. Der Fürwitz und der Geist der Liebe Fährt oftmahls schon ins Flügelkleid, Haged. Raum aus dem Flügelkleid spielt sie schon stolz die Dame, Zachar.


Flügelmann (W3) [Adelung]


Der Flügelmann, des -es, plur. die -männer, bey den Soldaten, der erste und größte Soldat zu Fuß, welcher auf dem Flügel eines Truppes im Gliede stehet.


Flügelmeister (W3) [Adelung]


Der Flügelmeister, des -s, plur. ut nom. sing. bey einer Jagd, derjenige Jäger, welcher die Aufsicht über einen von den beyden Flügeln führet, und den übrigen Jägern mit dem Flügelhorne die nöthigen Zeichen gibt.


Flügeln (W3) [Adelung]


Flügeln, verb. reg. act. 1. Mit Flügeln versehen. 1) Eigentlich, wo aber nur das Mittelwort geflügelt üblich ist. Geflügelte Löwen, Schlangen u. s. f. welche Flügel haben. 2) Figürlich, in der poetischen Schreibart für beflügeln. Dein Umgang flügelt Fleiß und Sinnen, Günth. Das flügelt, ist es schön, der stillen Wünsche Lauf, ebend. S. Beflügeln. 2. Einen Vogel flügeln, bey den Jägern, ihn nur in der Flügel schießen.


Flügelort (W3) [Adelung]


Der Flügelort, des -es, plur. die -örter, im Bergbaue, ein Ort, welcher aus einem Stollen seitwärts getrieben wird.


Flügelpferd (W3) [Adelung]


Das Flügelpferd, des -es, plur. inus. bey den Dichtern, eine Benennung des Dichterpferdes oder Pegasus, weil ihm Flügel zugeschrieben werden. Dach nannte es schon das Flügelroß.


Flügelsamen (W3) [Adelung]


Der Flügelsamen, des -s, plur. inus. bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Ostindische Pflanze mit zwölf verwachsenen Staubfäden in einem Haufen; Pentapetes L. Der Samen ist mit einer Haut verbrämt, welche das Ansehen der Flügel hat.


Flügelschraube (W3) [Adelung]


Die Flügelschraube, plur. die -n, bey den Metallarbeitern, eine Schraube, deren Kopf an den beyde Seiten zwey Flügel oder Blätter hat, damit man sie bequem mit der Hand umdrehen könne.


Flügelsgericht (W3) [Adelung]


Das Flügelsgericht, des -es, plur. die -e, zu Cöln, die Benennung verschiedener kleinen Gerichte, welche ihre Gerichtbarkeit in gewissen Districten theils in der Stadt, theils außer derselben ausüben. Diese Gerichte heißen, der Eichelstein, Weiherstraß, Gerconis, Severini, und das Hachtgericht.


Flügelwelle (W3) [Adelung]


Die Flügelwelle, plur. die -n, diejenige Welle, an welcher die Flügel einer Windmühle befestiget sind.


Flügelwerk (W3) [Adelung]


Das Flügelwerk, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben eine allgemeine Benennung aller eßbaren Vögel, so wohl des Federwildbrets, als auch des Federviehes; das Geflügel.


Flugfeuer (W3) [Adelung]


Das Flugfeuer, des -s, plur. inus. Feuerflammen, welche bey einer Feuersbrunst sich von dem Hauptfeuer gleichsam absondern, und an entferntere Orte fliegen.


Flügge (W3) [Adelung]


Flügge, adj. et adv. S. Flück.


Fluggeld (W3) [Adelung]


Das Fluggeld, des -es, plur. von mehrern Summen dieser Art, die -er, an einigen Orten, z. B. in Bremen, dasjenige Geld, welches für die Bienen, wenn sie in die Heide gesetzet werden, und für den freyen Ausflug, welchen sie daselbst haben, entrichtet wird.


Fluggestübe (W3) [Adelung]


Das Fluggestübe, des -s, plur. inus. S. Flockgestübe.


Flughafer (W3) [Adelung]


Der Flughafer, des -s, plur. inus. eine Benennung des Windhafers, welcher sich sehr stark vermehret, indem dessen Samen bey einem Winde sehr weit herum flieget; Avena fatua L. S. Windhafer.


Flugloch (W3) [Adelung]


Das Flugloch, des -es, plur. die -löcher, an den Bienenstöcken, Taubenschlägen u. s. f. dasjenige Loch, durch welches diese Thiere aus- und einfliegen; bey dem Pictorius das Lösch, in einigen Gegenden der Flader, das Fladerloch, in Niedersachsen das Ziehloch.


Flugmehl (W3) [Adelung]


Das Flugmehl, des -es, plur. inus. in den Mühlen, dasjenige flüchtige Mehl, welches bey dem Mahlen verstäubet; das Staubmehl.


Flugs (W3) [Adelung]


* Flugs, adverb. welches nur im Nieders. üblich ist, für hurtig; geschwinde, sogleich; Nieders. fluks. Nimm deinen Brief und schreibe flugs funfzig, Luc. 16, 6. Und zog flugs gen Antiochia, 2 Macc. 5, 21. Anm. Im Dän. flug, im Schwed. flux, von dem veralteten fly, hurtig. Das Lat. velox kommt damit überein. S. Fliehen und Fliegen. Im Hochdeutschen ist dieses Nebenwort unbekannt.


Flugsand (W3) [Adelung]


Der Flugsand, des -es, plur. inus. ein zarter mit Moorerde vermischter Sand, der von dem Winde herum getrieben wird, und in manchen Gegenden, besonders an der See, ganze Felder unbrauchbar macht; im gemeinen Leben auch Flogsand. Die von dem Flugsande verderbten Plätze heißen hinter Lüneburg Sandbrüche und um Zelle Sandschellen.


Flugschiene (W3) [Adelung]


Die Flugschiene, plur. die -n, ein Stückchen Holz über dem Flugloche der Bienenstöcke, den Regen davon abzuhalten.


Flugschütze (W3) [Adelung]


Der Flugschütze, des -n, plur. die -n, ein Jäger, der die Fertigkeit besitzt, einen Vogel im Fluge zu schießen.


Flugtaube (W3) [Adelung]


Die Flugtaube, plur. die -n, S. Feldtaube.


Flugthaler (W3) [Adelung]


Der Flugthaler, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, eine Abgabe von einem Thaler, welche derjenige, welcher Bienen hält, der Grundherrschaft für das Recht entrichtet, seine Bienen in die Heide bringen zu dürfen.


Flugurtheil (W3) [Adelung]


Das Flugurtheil, des -es, plur. die -e, in einigen niedern Gerichten im Bremischen, ein Urtheil oder Rechtsspruch, welcher in einem gewissen Falle, ohne Benennung der dabey interessirten Person begehret, und in der Geschwindigkeit gesprochen wird; ohne Zweifel von dem alten fly, schnell, hurtig. S. Flugs.


Flühbirne (W3) [Adelung]


Die Flühbirne, plur. die -n, eine Art der Mispeln, welche auf den Fluhen oder Felsen in der Schweiz und Österreich zu einer kleinen Staube wächset, und schwarze Beeren mit vielen, oft zehn Kernen trägt; Mespilus Amelanchier L. Quandelbeere. S. das folgende.


Fluhe (W3) [Adelung]


* Die Fluhe, plur. die -n, ein nur im Oberdeutschen, besonders der Schweiz übliches Wort. 1) Eine Steinmasse, welche sich in einer beträchtlichen Breite erstrecket, ein Flötz, oft aber auch eine Steinmasse von beträchtlicher Höhe. Von dem Quarz werden in der Schweiz große und lange ununterbrochene Fluhen angetroffen, Altmann. Eine Sandfluhe, ein Sandflötz, ingleichen ein Fels aus Sandstein. Die Nagelflühe, eine wilde Steinart, welche mit vielen Kieselsteinen durchsetzt ist. 2) Eine Felsenwand, ein Fels; wo es bald Fluh, Fluhe, Flii, Fluc u. s. f. lautet. In einer fluo hat er ein hol Mit guoter spis gefuillet wol, Fabeln aus den Zeiten der Minnes. Fab. 55. Er stieß ihn über ein hochi Fluo hinab, Tschudi. Dabey auf einer hohen Flii liegt das Schloß, Wurstisen. Die Aurikeln werden daher in der Schweiz Fluhblumen genannt.

Anm. Dieses Wort gehöret vermuthlich zu Flach und Flötz, oder auch zu Fels. Flo ist noch im Schwedischen ein Flötz, eine Schicht.


Flünder (W3) [Adelung]


Der Flünder, oder Flunder, des -s, plur. ut nom. sing. eine Niedersächsische und nordische Benennung einer Art Schollen mit scharfen Seitenlinien und kleinen Stacheln an den Wurzeln der Finnen; Pleuronectes Flesus L. Thorbutte, Dän. Flyndre, Engl. Flounder.


Flunke (W3) [Adelung]


Die Flunke, plur. die -n, ein Niederdeutsches Wort, welches eigentlich einen Flügel bedeutet, und besonders von den Schaufeln oder Fliegen des Ankers gebraucht wird.


Flunkern (W3) [Adelung]


* Flunkern, verb. reg. neutr. welches nur in einigen gemeinen Mundarten für flinkern oder flinken üblich ist. S. das letztere.


Flur (W3) [Adelung]


Die Flur, plur. die -en, eine ebene Fläche; doch nur in verschiedenen besondern Fällen. 1) In der weitesten Bedeutung, ebenes, flaches Feld, es sey Weide oder Getreidefeld, in der edlen oder höhern Schreibart. Gelb stehen die Äpfel- und die Birnbäume auf bunten Hügeln und auf der grünen Flur, Geßn. Die Bienen flogen fröhlich aus ihrer fernen Wohn statt, und zerstreuten sich auf den Fluren, ebend. Die kleinsten Blümchen der Wiese und der Flur pflanztest du darein, ebend. Indem er sprach, Schwang sich ein Nordwind auf, der wild die Flur durchheulte, Schleg. Wenn er, ein Gott Osir, durch unsre Fluren Im seligsten Triumphe fährt, Raml. 2) Im engern Verstande, alle innerhalb der Gränzen eines Dorfes oder einer Stadt gelegenen Grundstücke, sie bestehen aus Wiesen, Feldern, Weinbergen, oder Wäldern; die Feldmark, das Gemärk, im Oberdeutschen der Bann, in Schwaben die Esche oder Ösche. Die Stadtflur, die Dorfflur, die Roßbacher Flur. Die Flur beziehen, begehen, d. i. die Gränzen der Flur feyerlich besichtigen. 3) In noch engern Verstande, mehrere neben einander liegende Äcker. An einigen Orten werden auch die drey Abtheilungen des Feldes, welche in andern Gegenden Arten heißen, Fluren genannt. Daher die Sommerflur, die Winterflur, die Brachflur. 4) Der gepflas=terte Fußboden, besonders das gepflas=terte Vorhaus; die Flur, die Hausflur, in Thüringen und Franken die Ähre, der Ern, in Niedersachsen die Diele. An andern Orten wird auch die Dreschtenne die Dreschflur, oder die Scheunflur genannt. Anm. In dieser letzten Bedeutung ist es vornehmlich in Niedersachsen üblich, wo es Floor lautet, und auch wohl von Niedersächsischen Hochdeutschen der Flohr, des -es, plur. die Flöhre geschrieben und gesprochen wird. Im Schwed. ist Flo, Flor, im Isländ. Flaar, im Angels. Fleer, im Holländ. Vloer, im Engl. Floor, gleichfalls ein gepflas=terter Fußboden. Das Wallis. Llawr bedeutet einen Fußboden, das Dän. Loe die Tenne; in Niedersachsen aber sind Floren auch viereckige Pflas=tersteine, womit der Fußboden beleget wird, Fliesen. Aus allem erhellet, daß Fladen, flach, Fluhe, Fliese, latus, platt u. s. f. theils nur durch den Endlaut, theils aber auch nur durch den vorgesetzten Blaselaut verschieden sind. Übrigens ist Flur in den Mundarten in allen drey Geschlechtern üblich, obgleich im Hochdeutschen das weibliche am gangbarsten ist.


Flurbegang (W3) [Adelung]


Der Flurbegang, des -es, plur. die -gänge, S. Flurgang.


Flurbeziehung (W3) [Adelung]


Die Flurbeziehung, plur. die -en, S. ebendas.


Flurbuch (W3) [Adelung]


Das Flurbuch, des -es, plur. die -bücher, ein Buch, worin die Flur eines Ortes nach ihren Gränzen beschrieben ist; das Markungsbuch, Lagerbuch, das Flurregister. S. Flur 2.


Fluren (W3) [Adelung]


Fluren, oder Flüren, verb. reg. act. an einigen Orten, die Flur eines Ortes mit Gränzen versehen, die Gränzen einer Flur beziehen. S. Flur 2.


Flurer (W3) [Adelung]


Der Flurer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) An einigen Orten, eine Benennung des Feldhüthers; S. Flurschütze. 2) An andern Orten, besonders in Baiern, eine Benennung des Abdeckers oder Feldmeisters, weil er sein Handwerk auf der Flur, d. i. auf freyem Felde, ausübet.


Flurgang (W3) [Adelung]


Der Flurgang, des -es, plur. die -gänge, die feyerliche Begehung oder Besichtigung der Flur eines Ortes; die Flurbegehung, der Gränzzug, im Oberd. der Flurbegang. S. Flur 2.


Flurgraben (W3) [Adelung]


Der Flurgraben, des -s, plur. die -gräben, ein Graben, so fern er die Gränze einer Flur macht. S. Flur 2.


Flurrecht (W3) [Adelung]


Das Flurrecht, des -es, plur. die -e. 1) Das Recht, oder die Gerichtbarkeit über die zu einer Flur gehörigen Grundstücke; ohne Plural. 2) Die Gerechtsamen oder Vorrechte, welche die Flur eines Ortes genießet. S. Flur 2.


Flurregister (W3) [Adelung]


Das Flurregister, des -s, plur. ut nom. sing. S. Flurbuch.


Flurscheidung (W3) [Adelung]


Die Flurscheidung, plur. die -en, oder die Flurscheide, plur. die -n, die Scheidung, d. i. die Gränze der Flur eines Ortes; die Flurgränze. S. Flur 2.


Flurschütze (W3) [Adelung]


Der Flurschütze, des -n, plur. die -n, ein verpflichteter Wächter, welcher die in einer Flur befindlichen Feldfrüchte, Weinberge u. s. f. vor den Dieben bewahren muß, und auch der Flurer, Ackervogt u. s. f. genannt wird. S. Feldhüther.


Flurstein (W3) [Adelung]


Der Flurstein, des -es, plur. die -e. 1) Der Gränzstein einer Flur; der Markstein, Markungsstein. S. Flur 2. 2) Viereckige Steine, den Fußboden damit zu pflas=tern, besonders in Niedersachsen, wo sich auch Floren heißen. S. Fliese und Flur 4.


Flurzaun (W3) [Adelung]


Der Flurzaun, des -es, plur. die -zäune. 1) Ein Zaun, so fern er die Gränze einer Flur bezeichnet. 2) In einigen Oberdeutschen Gegenden, auch die innerhalb solcher Gränzen gelegene Flur selbst. S. Flur 2.


Fluß (W3) [Adelung]


Der Fluß, des -sses, plur. die Flüsse, von dem Zeitworte fließen. 1. Der Zustand, da ein Körper fließet; ohne Plural. 1) Von eigentlich flüssigen Körpern. Den Fluß eines Baches, eines Körpers befördern. Indessen ist es hier in den Zusammensetzungen Abfluß, Ausfluß, Einfluß u. s. f. am üblichsten. 2) Ein besonders widernatürlicher Zu- oder Abfluß der Säfte in den thierischen Körpern; Fluxio, Profluvium. Der Blutfluß, Samenfluß, Bauchfluß, Steckfluß, Speichelfluß u. s. f. Siehe diese Wörter. Der weiße Fluß, eine widernatürliche Absonderung einer wässerigen Feuchtigkeit durch die heimlichen Theile des andern Geschlechtes; der Mutterfluß, im gemeinen Leben das Weiße, Fluor albus, Gonorrhoea mulierum. Der weibliche Fluß, die monathliche Reinigung; Nieders. Flete, Franz. Fleurs, im mittlern Lat. Flores, von fluere, und nicht von Flos, eine Blume. Fluß schlechthin wird so wohl im gemeinen Leben, als bey den Ärzten von einer jeden Stockung der zugeflossenen salzigen Feuchtigkeiten gebraucht; wo mehrere Arten, ingleichen mehrere Zufälle zu verschiedenen Zeiten auch im Plural Flüsse genannt werden. Der warme Fluß der Alten, der scharfe Fluß der Reuern, im gemeinen Leben nur schlechthin der Fluß, eine schmerzhafte Empfindung in einem der Muskeln von einer in dem zelligen Gewebe stockenden Feuchtigkeit; Rheuma, Rheumatismus. Einen Fluß am Arme haben, bekommen. Mit Flüssen behaftet seyn. Der Fluß auf der Brust, die Stockung der zugeflossenen Feuchtigkeiten auf der Brust, der kalte Fluß der Alten, der schleimige der Neuern, Catarrhus; der, wenn die Feuchtigkeiten sich zertheilen und sichtbarlich abfließen, auch der Schnupfen, Coryza, genannt wird. Die Pferdeärzte nennen alle geringe Zufälle am Auge eines Pferdes, wenn sie von innerlichen Ursachen entstanden sind, Flüsse, weil die Augen gemeiniglich dabey zu fließen pflegen. 3) Von festen Körpern, wenn sie durch die Hitze flüssig werden, d. i. schmelzen. Ein Metall in den Fluß bringen. Das Gold ist im Flusse. Der Spath geht mit strengflüssigen Materien leicht in den Fluß, schmilzt leicht mit ihnen. Den Fluß eines Minerals befördern. 4) Der Fluß der Rede, ohne Plural, diejenige Eigenschaft derselben, da sie fließend ist, d. i. wenn alle ihre Theile eine gleichförmige sanfte Bewegung haben, ohne das Ohr und den Verstand des Lesers irgend wo anstoßen zu lassen; zum Unterschiede von der holperigen oder höckerigen Schreibart. 2. Derjenige Körper, welcher fließet. 1) Ein jedes fließendes Wasser; in welcher allgemeinen Bedeutung es nur in einigen Zusammensetzungen üblich ist, z. B. Flußkrebs; Flußmuschel, Flußsand, Flußstein, Flußwasser, u. s. f. In engerm und dem gewöhnlichsten Verstande ist Fluß ein fließendes Wasser, welches einen breiten Kanal hat, und langsam fließet; zum Unterschiede von einem Bache, einem kleinen fließenden Wasser, und von einem Strome, einem breiten und sehr schnell fließenden Wasser. Diminut. das Flüßchen, Oberd. das Flüßlein. Ein starker, schiffbarer, fischreicher Fluß. Der Fluß fließt durch die Stadt. Der Fluß fällt in das Meer. Einen Fluß abgraben, ableiten. Über einen Fluß setzen. Dänisch Flod, Schwed. Flod, Holländ. Vliet, in dem alten Gedichte auf den heil. Anno Vluz, im Lat. Flumen, und Fluvius. 2) Geschmol- zenes oder flüssiges Metall, im Hüttenbaue, besonders flüssig gemachtes Eisen. Den Fluß (das geschmolzene Eisen) durch den Stich in den Vorherd lassen. Den Fluß zerschlagen, d. i. das geschmelzte und erkaltete Eisen. 3) Figürlich, im Deutschen Kartenspiele, besonders im Piquet, alle auf einander folgende Blätter in Einer Farbe. Ein Fluß in Herzen, in Schellen u. s. f. 3. Im Hüttenbaue und der Chymie, ein Körper, welcher entweder selbst leicht fließet, d. i. schmilzet, oder doch strengflüssige Mineralien in den Fluß bringet. In diesem Verstande werden alle Körper, welche die Schmelzung der Erde befördern, als Kalk, Glasspath, Quarz, Sand, Hornstein, Schlacken, Kies, Bleyglas, Salpeter, Weinstein, Holzasche u. s. f. Flüsse genannt. Der rohe Fluß, eine Mischung, wo ein Theil Salpeter mit zwey oder drey Theilen Weinstein vermischet, aber nicht verpuffet worden. Wird die Mischung verpufft, so heißt sie schwarzer Fluß. Der weiße Fluß, ist eine Vermischung aus gleichen Theilen Salpeter und Weinstein, welche nicht verpufft worden. Werden sie verpufft, so entstehet daraus der schnelle Fluß. Im engern Verstande wird der Flußspath auch schlechthin Fluß genannt, weil er mit strengflüssigen Materien in einen dünnen Fluß geht. Ja alle gefärbte, so wohl undurchsichtige, als auch durchsichtige und glasartige Spatharten erhalten den Nahmen der Flüsse. Im letztern Falle bekommen sie den Nahmen des Edelsteines, dem sie an Farbe ähnlich sind, z. B. Rubinfluß, Amethistfluß u. s. f. 4. In einigen Fällen werden auch Körper, welche durch die Flüssigmachung, d. i. Schmelzung, entstanden sind, Flüsse genannt. Dahin gehören die falschen durch die Kunst nachgemachten Edelsteine, welche so, wie die gefärbten glasartigen Spatharten den Nahmen von den ihnen ähnlichen echten Edelsteinen annehmen. Der Rubinfluß, eine Composition, welche dem Rubin gleicht, Smaragdfluß, Hyacinthenfluß u. s. f.


Flußadler (W3) [Adelung]


Der Flußadler, S. Meeradler.


Flußbad (W3) [Adelung]


Das Flußbad, des -es, plur. die -bäder. 1) Eine Anstalt bey einem Flusse, zum Baden. 2) Das Baden in einem Flusse zur Wiederherstellung der Gesundheit. Einem Kranken das Flußbad verordnen.


Flußbarbe (W3) [Adelung]


Die Flußbarbe, plur. die -n, S. Barbe.


Flußbörs (W3) [Adelung]


Der Flußbörs, des -es, plur. die -e, die gewöhnlichste Art Börse, welche sich in Flüssen aufhält, Perca fluviatilis L. zum Unterschiede von dem Seebörse.


Flußeisen (W3) [Adelung]


Das Flußeisen, des -s, plur. inus. im Hüttenbaue, die in einem Flußosen geschmolzene Eisenmasse; Floßeisen.


Flußerde (W3) [Adelung]


Die Flußerde, plur. inus. außer von mehrern Arten, die -n, eine Erde, welche sich schmelzen lässet, und wegen des schönen Glases, das sie gibt, theils zum Verglätten, theils zum Schmelzwerk gebraucht wird; Glasurerde.


Fluß-Essenz (W3) [Adelung]


Die Fluß-Essenz, plur. von mehrern Arten, die -en, eine Arzeney wider die Flüsse, in Gestalt einer Essenz.


Flußfall (W3) [Adelung]


Der Flußfall, des -es, plur. die -fälle, der Wasserfall in einem Flusse.


Flußfieber (W3) [Adelung]


Das Flußfieber, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. ein nachlassendes Fieber, welches sich mit Flüssen auf der Brust vereinigt; Febris catarrhalis.


Flußfisch (W3) [Adelung]


Der Flußfisch, des -es, plur. die -e, Fische, welche sich nur allein in Flüssen oder fließenden Wassern aufhalten; zum Unterschiede von den Seefischen.


Flußgalle (W3) [Adelung]


Die Flußgalle, plur. inus. eine wässerige Geschwulst über dem Knie der Hinterfüße der Pferde, welche aus einer Verdickung der zugeflossenen Säfte bestehet; zum Unterschiede von der Steingalle. S. Galle.


Flußgott (W3) [Adelung]


Der Flußgott, des -es, plur. die -götter, in der heidnischen Götterlehre, der Schutzgott eines Flusses, oder vielmehr ein Fluß als eine Person betrachtet.


Flußgranate (W3) [Adelung]


Die Flußgranate, plur. die -n, Granaten, welche aus dem Sande der Flüsse gewaschen worden; bey den Bergleuten Schirlkörner.


Flüssig (W3) [Adelung]


Flüssig, -er, -ste, adj. et adv. von der ersten Hauptbedeutung des Wortes Fluß. 1) Flüssige Körper, deren Bestandtheile so schwach zusammen hängen, daß sie sich sehr leicht neben und über einander bewegen. So wohl von solchen Körpern, welche gewöhnlich in diesem Stande gefunden werden, da es denn ein allgemeiner Ausdruck ist, der eine große Menge von Unterarten unter sich begreift. Luft, Feuer, Wasser, Wein, Milch, Bier u. s. f. sind alles flüssige Körper. Als auch von festen Körpern, wenn sie durch die Hitze in einen den eigentlich flüssigen Körpern ähnlichen Zustand versetzt, d. i. geschmelzt werden. Flüssiges Wachs, Bley, Zinn u. s. f. welches im Flusse, d. i. geschmolzen ist. Figürlich heißen die Buchstaben l, m, n, r in der Sprachkunst flüssige Mitlauter, liquidae, weil sie so wohl vor, als nach den meisten übrigen Mitlautern leicht auszusprechen sind. 2) Mit Flüssen, so fern dadurch eine Krankheit bezeichnet wird, behaftet, zu Flüssen geneigt; Nieders. fleetsk. Sehr flüssig seyn. So auch blutflüssig, bauchflüssig u. s. f. Ingleichen solche Flüsse verursachend. Es ist sehr flüssiges Wetter, d. i. feuchtes. Die Erbsen sind flüssig.


Flüssigkeit (W3) [Adelung]


Die Flüssigkeit, plur. die -en. 1. Der Zustand, da ein Körper flüssig ist, ohne Plural. 1) Die Flüssigkeit der Luft, des Feuers, des Wassers. 2) Zuweilen auch wohl die Eigenschaft des menschlichen Körpers, da er zu Flüssen geneigt ist. 2. Flüssige Körper selbst; in welchem Verstande dieses Wort von einigen versucht worden, das Latein. Fluidum auszudrucken.


Flußkarpfen (W3) [Adelung]


Der Flußkarpfen, des -s, plur. ut nom. sing. Karpfen, welche sich in Flüssen aufhalten; zum Unterschiede von den See- und Teichkarpfen.


Flußkiesel (W3) [Adelung]


Der Flußkiesel, des -s, plur. ut nom. sing. die abgerundeten Kiesel, wie sie gewöhnlich in Flüssen und Bächen gefunden werden; Bachkiesel.


Flußkrebs (W3) [Adelung]


Der Flußkrebs, des -es, plur. die -e, Krebse, welche ihre Wohnung in Flüssen haben; zum Unterschiede von den Seekrebsen.


Flußmoos (W3) [Adelung]


Das Flußmoos, des -es, plur. von mehrern Arten die -e, eine Art Mooses, welches in den Europäischen Flüssen wächset; Muscus Fontinalis L.


Flußmuschel (W3) [Adelung]


Die Flußmuschel, plur. die -n, Muscheln, welche sich in den Flüssen aufhalten, zum Unterschiede von den Seemuscheln.


Flußochs (W3) [Adelung]


Der Flußochs, des -en, plur. die -en, S. Nilpferd.


Flußofen (W3) [Adelung]


Der Flußofen, des -s, plur. die -öfen, im Hüttenbaue, eine Art Öfen, worin der Eisenstein geschmelzet wird; Floßofen. Er gehet das ganze Jahr, und ist von dem hohen Ofen und Maßofen verschieden.


Flußotter (W3) [Adelung]


Die Flußotter, plur. die -n, eine Art Ottern, welche sich in unsern Flüssen und Fischteichen aufhält, und einen Schwanz hat, der halb so groß ist, als ihr Körper; Lutris L. zum Unterschiede von der Seeotter.


Flußpferd (W3) [Adelung]


Das Flußpferd, des -es, plur. die -e, S. Nilpferd.


Flußpulver (W3) [Adelung]


Das Flußpulver, des -s, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. 1) Ein Räucherpulver wider die Flüsse des menschlichen Körpers; im gemeinen Leben Flußrauch. 2) Ein Pulver aus Salz, Weinstein, Glasgalle, Salpeter und einem alkalischen Salze, welches den Goldkiesproben als ein Fluß zur Beförderung der Schmelzung zugesetzet wird.


Flußrauch (W3) [Adelung]


Der Flußrauch, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, S. das vorige.


Flußrecht (W3) [Adelung]


Das Flußrecht, des -es, plur. inus. das Recht des Eigenthums über einen Fluß und dessen Nutzung.


Flußsand (W3) [Adelung]


Der Flußsand, des -es, plur. inus. Sand, welcher am Ufer oder im Grunde der Bäche und Flüsse gefunden wird; zum Unterschiede von dem Erdsande und Seesande.


Flußschiff (W3) [Adelung]


Das Flußschiff, des -es, plur. die -e, ein Schiff, welches nur auf Flüssen gebraucht wird; zum Unterschiede von den Seeschiffen.


Flußspath (W3) [Adelung]


Der Flußspath, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, 1) Ein undurchsichtiger, weicher, blätteriger, schwerer Spath, welcher im Feuer allein nicht fließt, aber mit strengflüssigen Mineralien in einen dünnen Fluß geht; Bergfluß, Fluß. 2) Ein glasartiger Spath, welcher mit den sauern Geistern nicht brauset, und leicht in den Fluß gebracht werden kann; Flußstein.


Flußstein (W3) [Adelung]


Der Flußstein, des -es, plur. die -e. 1) Steine, welche in Flüssen gefunden werden; im Oberd. Fließsteine. 2) Eine jede Steinart, welche bey Schmelzung der Metalle und Mineralien ihre Flüssigkeit befördert, dergleichen Spath, Kalkstein, Eisenstein u. s. f. ist. In engerm Verstande führet ein glasartiger Spath diesen Nahmen; S. Flußspath 2.


Flußtobak (W3) [Adelung]


Der Flußtobak, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein Schnupf- oder Rauchtobak aus heilsamen Kräutern wider die Flüsse.


Flußteufel (W3) [Adelung]


Der Flußteufel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Flußteufelchen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art der Wasserhühner, welche größer ist, als das gemeine schwarze Wasserhuhn, auch eine glänzendere Schwärze hat; Fulica aterrima L. Der Meerteufel, Wasserteufel, Franz. Diable de Mer, Macroule.


Flußwasser (W3) [Adelung]


Das Flußwasser, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. 1) Alles Wasser, welches in seinen Canälen auf und über der Erde fließet, zum Unterschiede von dem Brunnenwasser, Luftwasser und Seewasser; im gemeinen Leben Fließwasser. 2) In engerm Verstande Wasser aus eigentlichen Flüssen.


Flüstern (W3) [Adelung]


Flüstern, S. Flistern.


Flüte (W3) [Adelung]


Die Flüte, plur. die -n, eine Art dreymastiger Handelsschiffe mit einem schmalen Spiegel, und bauchigen Seiten; Nieders. Fleute, Franz. Flute, im mittlern Lat. Fleta; vermuthlich von dem Nieders. fleten, fließen, schwimmen, weil diese Art Schiffe schnell segelt. Eine Art kleiner Flüten heißt ein Fliboth, Engl. Flyboat, Franz. Flibot.


Fluth (W3) [Adelung]


Die Fluth, plur. die -en. 1) Der Zustand, da das Wasser im Anwachsen in einer heftigen Bewegung ist; ohne Plural. Ebbe und Fluth, das periodische Ab- und Zunehmen des Wassers in dem Weltmeere. 2) Das angeschwollene und in eine heftige Bewegung versetzte Wasser selbst. Die Fluth kommt, von dem Meerwasser, wenn es nach der Ebbe wieder anwächset. Die Fluth hat allen Dünger von den Feldern weggeschwemmet. Wie eine Fluth daher fahren, Dan. 11, 10. Wo es auch für Überschwemmung gebraucht wird. Ein Ende nehmen wie durch eine Fluth, Dan. 9, 26. Die Noachische Fluth; S. Sündfluth, Wasserfluth. In der höhern Schreibart bedeutet Fluth oft das Meer, oder ein große aufgeschwollene Sammlung von Wasser. Und vielen Spöttern ward die Fluth zum Grab, Kleist. Die Sonne tauchte sich bereits ins Meer, und Fluth und Himmel schien in Feur zu glühen, ebend. In welchem Verstande auch der Plural die Fluthen, von den in Bewegung gesetzten Theilen eines großen Wassers, von den Wellen, gebraucht wird. Die Fluthen umgaben mich, Jon. 2, 4. O Fluthen meines Stroms, erzählt in allen Meeren Des Drachen Untergang, Raml. 3) In dem Salzwerke zu Halle ist die Fluth so wohl der Zustand, wenn der Salzbrunnen ganz angefüllet ist, als auch das erste Tagewerk, welches bey dieser Fülle des Brunnens gesotten wird. 4) Im Bergbaue, das von den Pochwerken abgefallene Wasser, der Teich oder die Sammlung, wo dasselbe abfällt.

Anm. Bey dem Notker ist Fluohte die Sündfluth, und in dem Gedichte auf den heil. Anno bedeutet Vlut das Meer. Im Nieders. ist Flood eine Überschwemmung, und im Schwed. Flod, im Dän. Flod, im Angels. Flod, im Isländ. Flood, im Engl. Flood, im Holländ. Vliet, ein Fluß; alles von fließen, Niedersächs. fleten, wohin auch das Latein. Fluctus und Ital. Flutto gehöret.


Fluthanker (W3) [Adelung]


Der Fluthanker, des -s, plur. ut nom. sing. auf den Schiffen, ein Anker, welcher sich der Fluth widersetzet; zum Unterschiede von dem Ebbeanker. Nieders. und Holländ. Teyanker, Tyanker, von Tye, Tide, Ebbe und Fluth. S. Fluthzeit.


Fluthberg (W3) [Adelung]


Der Fluthberg, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, Berge oder Haufen von geringhaltigen Zwittern, welche in der Fluth, d. i. in dem Abfalle des Wassers von dem Herde, gefunden werden.


Fluthbett (W3) [Adelung]


Das Fluthbett, des -es, plur. die -e, im Mühlen- und Wasserbaue, ein jedes Bett eines schnell fließenden Wassers. 1) Ein Gerinne von starken Bohlen, durch welches das Wasser an bestimmte Örter geleitet wird. Besonders diejenigen Gerinne, durch welche es auf die Mühlräder geleitet wird. 2) Die Einfassung des Wassers an den Mühlen quer durch den Strom; im mittlern Lat. Bedum. 3) Im Deichwesen, eine bekleidete Höhe, über welche das Wasser ohne Schaden wegfließen kann. 4) Im Bergbaue, ein Fluder zur Seite in dem Kunstgraben, das Wasser auf die Zeuge, oder auch in Fluthen, d. i. in den Abfall, abzuführen.


Fluthdeich (W3) [Adelung]


Der Fluthdeich, des -es, plur. die -e, in den Marschländern, ein Deich innerhalb des Hauptdeiches, zur Abhaltung der Fluth, bey einem besorglichen Deichbruche.


Fluthen (W3) [Adelung]


Fluthen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches in den Gegenden an der See als ein Impersonale üblich ist. Es fluthet, die Fluth kommt. Nieders. flojen.


Fluthhafen (W3) [Adelung]


Der Fluthhafen, des -s, plur. die -häfen, ein Hafen, in welchen die Schiffe nur zur Zeit der Fluth einlaufen können.


Fluthknecht (W3) [Adelung]


Der Fluthknecht, des -es, plur. die -e, in dem Salzwerke zu Halle, Knechte, welche den ordentlichen Trägern zur Zeit der Fluth die Sohle tragen helfen.


Fluthner (W3) [Adelung]


Der Fluthner, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, ein Arbeiter, der dasjenige Erz, was bey den Pochwerken in den Fluthen oder Abfällen mit weggehet, sammelt.


Fluthtag (W3) [Adelung]


Der Fluthtag, des -es, plur. die -e, in dem Salzwerke zu Halle, der Tag, an welchem der Brunnen in der Fluth, d. i. mit Sohle angefüllet ist.


Fluthwerk (W3) [Adelung]


Das Fluthwerk, des -es, plur. die -e. 1) Eine Anstalt, wo man die in den Fluthen, d. i. im fließenden Wasser befindlichen Erzkörner sammelt und zu gute macht; ein Seifenwerk. 2) Erz, welches man in der Fluth, d. i. in dem Abfalle des Pochwassers findet; ohne Plural.


Fluthzeit (W3) [Adelung]


Die Fluthzeit, plur. die -en, die Zeit, da die Fluth in dem Weltmeere eintritt, Nieders. Tide, (Zeit,) Engl. Tide, Holländ. Tye, Getye, welches die Zeit der Ebbe und Fluth überhaupt, insbesondere aber auch die Zeit der Fluth allein bedeutet.


Fluyte (W3) [Adelung]


Die Fluyte, S. Flüte.


Focke (W3) [Adelung]


1. Die Focke, plur. die -n, ein Holländisches und Niedersächsisches Wort, das untere Segel am Fockmaste, oder dem vordersten Mastbaume, auf großen Schiffen zu bezeichnen; das Fock- segel, Franz. la Misaine. Auch das dreyeckige Vordersegel auf Schmacken und andern kleinen Schiffen, wird in den Seegegenden eine Focke genannt. Nieders. Fokke, Dän. Fokke; vielleicht von dem Holländ. focke, fügen.


Focke (W3) [Adelung]


2. Die Focke, plur. die -n, eine Art Reiher in der Größe eines Birkhahnes, mit weißer Kehle, Hals und Brust, gelbem Bauche, blauer und aschgrauer Oberseite der Flügel, grauem Schwanze, und grünschwarzem Rücken und Genicke. Auf dem Kopfe hat er drey lange weiße Federn, welche sich in Gestalt eines Kleeblattes von einander thun lassen, und Fockfedern heißen; Ardea varia Klein. Er wird auch Focker, Nachtrabe, Nachtram, Nachreiher und Schildreiher genannt, und findet sich in Schlesien und Ungarn. Du bist ein loser Focke, im gemeinen Leben einiger Gegenden, von einem leichtfertigen Menschen, an welchem gleichsam und drey Federn brauchbar sind.


Focker (W3) [Adelung]


Der Focker, des -s, plur. ut nom. sing. S. das vorige.


Fockfeder (W3) [Adelung]


Die Fockfeder, plur. die -n, S. eben daselbst.


Fockmars (W3) [Adelung]


Der Fockmars, des -es, plur. die -e, in der Seefahrt, der Mastkorb an dem Fockmaste; der Vormars. S. Mars.


Fockmast (W3) [Adelung]


Der Fockmast, des -es, plur. die -e, der vordere Mastbaum auf großen dreymastigen Schiffen. S. 1. Focke


Fockrahe (W3) [Adelung]


Die Fockrahe, plur. die -n, die Segelstange an dem Focksegel. S. Rahe und 1. Focke.


Focksegel (W3) [Adelung]


Das Focksegel, des -s, plur. ut nom. sing. S. 1. Focke.


Fockstange (W3) [Adelung]


Die Fockstange, plur. die -n, der über dem Fockmaste befindliche Baum; die Vorstange, Niedersächsisch und Holländisch die Fockstenge.


Fockwand (W3) [Adelung]


Die Fockwand, plur. die -wände, die sämmtlichen Haupttaue, vermittelst deren der Fockmast befestiget ist.


Foder (W3) [Adelung]


Das Foder, des -s, plur. inus. auf den Blechhämmern, eine mittlere Art des Bleches, welches schwächer als Kreuzblech und stärker als Senklerblech ist. Es ist vielleicht das Niedersächsische Foder, Futter, weil man diese Art Bleches etwa zum Füttern gebraucht hat.


Fodern (W3) [Adelung]


Fodern, S. Fordern.


Födern (W3) [Adelung]


Födern, S. Fördern.


Fohlen (W3) [Adelung]


Das Fohlen, S. Füllen.


Föhn (W3) [Adelung]


Die Föhn, plur. inus. der Südwind, S. 1 Finne.


Fohre (W3) [Adelung]


1. Die Fohre, plur. die -n, ein Fisch, S. Forelle.


Fohre (W3) [Adelung]


2. Die Fohre, oder Föhre, plur. die -n, eine vornehmlich Oberdeutsche Benennung der Kiefer oder des Kienbaumes, an welchem zwey Nadeln aus einer gemeinschaftlichen Scheide wachsen; Pinus sylvestris L. Im weitern Verstande werden bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches alle Baume dieses Geschlechtes, wo zwey, drey und fünf Nadeln aus einer gemeinschaftlichen Scheide wachsen, die eigentliche Pinus des Linnee, Fohren genannt, so daß auch der Krummholzbaum, der Pignolenbaum, der Zirbelbaum, nebst verschiedenen ausländischen Arten dahin gehören. Ich will in der Wüsten geben Cedern, Föhren, Myrten und Kiefern, Es. 41, 19; ob gleich Föhren und Kiefern, genau zu reden, nur ein und eben derselbe Baum sind. In den gemeinen Mundarten lautet dieser Nahme Fuhre, Fohrle, Förling, Forche, Feure, Ferge, Perge, Füre u. s. f. Daher das Beywort föhren, aus dem Holze dieses Baumes verfertiget. Föhrenes Holz, Föhrenholz. Röthliche Widderfell, Dachsfell, Förnholz, 2 Mos. 25, 5. Kap. 35, 7, 24. Machet eine Lade von Forn-Holz, Kap. 25, 10. 5 Mos. 10, 3. und in andern Stellen mehr, in welchen Michaelis aber dafür allemahl Acacienholz setzet. S. Fichte, wo der Unterschied dieses Baumes von ähnlichen Arten umständlicher bemerket worden; ingleichen Kiefer.

Anm. Dieser Baum heißt in den Monseeischen Glossen Foraha, im Angels. Furh, im Engl. Fir. im Dän. Fyrr, im Holländ. Vueren, im Schwed. Fure, Furo, im Wallis. Fyrr, im Norweg. Fure; vielleicht von Feuer, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, weil sein Holz wegen des vielen und fetten Kienes bald Feuer fängt.


Folge (W3) [Adelung]


1. Die Folge, plur. die -n, in einigen Gegenden, z. B. in der Lausitz, ein hölzernes Gefäß, Bier darin in den Keller zu tragen; vermuthlich eben dasselbe, welches an andern Orten eine Gelte heißt. S. Balge, mit welchem dieses Wort verwandt zu seyn scheinet. In der Schweiz ist die Folken ein hölzernes oben weites, unten aber enges Gefäß, wodurch die frisch gemolkene Milch geseihet wird; die Milchsinne.


Folge (W3) [Adelung]


2. Die Folge, plur. die -n, in einigen Gegenden Meißens, ungleiche Graseflecke oder Streifchen Wieseland, welche ein jeder Nachbar von einem Gemeindestücke zu seinem Antheile eingeräumet bekommt, und welche in andern Meißnischen Gegenden Brüche, Sprücke, Sprückchen und Breitchen heißen.


Folge (W3) [Adelung]


3. Die Folge, plur. die -n, von dem folgenden Zeitworte folgen. 1. Der Zustand, da eine Person oder Sache auf die andere folgt, ohne Plural. 1) Der Zustand, da eine Sache immer auf die andere folget, eine Reihe. Die Folge der Töne. Die schnelle Unterbrechung der Folge unserer Vorstellungen. In einer Folge, in einer Reihe. 2) Die Fortdauer, Fortsetzung. Es ist gut angefangen, aber es hat die Folge nicht. 3) Der Zustand, da eine Sache aus der andern folget, d. i. den Grund ihrer Wahrheit in der andern hat. Das ist keine Folge, das folget nicht. Er gibt freylich viel aus, aber es ist deßwegen noch nicht die Folge, daß er ein Verschwender ist. 4) Der Zustand, da man eine Sache zur Regel, zur Richtschnur seines Verhaltens macht. Ich wil dir sin mit volge bi, die Winsbeckinn. Die gehorsame Folge gegen die Gesetze. Im Hochdeutschen gebraucht man es nur mit dem Zeitworte leisten. Einem, eines Befehle Folge leisten, demselben gehorchen. 5) Hierher gehöret auch die adverbische R. A. zu Folge, welche die dritte Endung erfordert, wenn das Hauptwort vor derselben stehet, und die zweyte, wenn es hinter derselben stehet. Zu Folge deines Befehles, oder deinem Befehle zu Folge, d. i. so wie du es befohlen hattest. Meinem Versprechen zu Folge, übersende ich dieses Geld, wie ich es versprochen habe, oder weil ich es versprochen habe. Zu Folge Danziger Briefe, oder Danziger Briefen zu Folge, wie Danziger Briefe melden. Im Oberdeutschen ist statt dieses Neben- oder Bindewortes in Gefolge üblich. Einige Hochdeutschen schreiben es irrig als ein Wort, zufolge. 2. Die Verbindlichkeit auf ein gegebenes Zeichen einem Höhern zu folgen, auch ohne Plural; besonders in den Zusammensetzungen Amtsfolge, Feuerfolge, Jagdfolge, Landfolge, Heeresfolge, Geleitsfolge, Gerichtsfolge, Lehensfolge u. s. f. Ingleichen das Recht, diese Verbindlichkeit von andern fordern zu können. Die Folge in des andern Revier haben, zur Folge berechtiget seyn, bey den Jägern, das Recht haben, ein angeschossenes Wild in des andern Revier zu verfolgen. 3. Dasjenige, was folgt. 1) Mehrere Dinge Einer Art, welche in ununterbrochener Reihe auf einander folgen; für das Franz. Suite. Eine artige Folge von sechs Kupferstichen. Die Folge der Kaiser in Münzen. 2) Die folgende, d. i. künftige, Zeit; ohne Plural. Die Folge wird es geben. lehren, zeigen. Was Gott über mich verhängt, - wird in der Folge Glück für mich werden, Gell. Sie werden ihn erst in der Folge kennen lernen. 3) Begebenheiten, welche der Zeit nach, auf andere folgen, besonders so fern sie Wirkungen derselben sind. Die Sache kann sehr wichtige Folgen haben. Wie viele Dinge würden wir unterlassen, wenn wir die Folgen vorher wüßten! Der Geschmack ist eine nothwendige Folge der Erkenntniß und Einsicht. Zuweilen bedeutet es eine wichtige oder schädliche Folge. Das wird keine Folge nach sich ziehen. Die Sache ist für mich von Folgen. 4) Was aus einem Satze folgt, den Grund seiner Wahrheit in demselben hat. Eine Folge aus etwas ziehen. 5) Die Gabeln an den Feuerhaken, sie damit zu heben, weil sie denselben folgen. In den Mühlen, ein Keil mit einem Stiele, welchen man unter den Stein steckt, wenn er mit der Brechstange gehoben worden; weil er dem Steine folget.


Folgebrief (W3) [Adelung]


Der Folgebrief, des -es, plur. die -e, bey dem Hofgerichte zu Rothweil, ein Brief, wodurch dieses Gericht den Kläger berechtiget, sich dem Gewährbriefe zu Folge in die Güter des Geächteten zu setzen.


Folgen (W3) [Adelung]


Folgen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn, und in der letzten Bedeutung haben erfordert, nach einer andern Person oder Sache gehen, kommen, oder geschehen. 1. Eigentlich. 1) Dem Raume nach, hinter jemanden hergehen, mit der dritten Endung der Person. Der Leiche folgen. Dem Hofe folgen. Einem von weiten folgen. Einem auf dem Fuße folgen. Es folgten ihm nur zwey Bedienten. Einem Wege folgen, demselben nachgehen. Ich sah ihn, den Augen folgte mein Herz, Weiße. 2) Dem Range, der Würde nach, mit dem Vorworte auf. Er folgt auf mich. Auf den Priester folgt der Küster, auf diesen der Schulmeister. 3) Der Zeit nach, nach einer andern Sache geschehen, auch mit dem Vorworte auf. Auf Regen folget Sonnenschein. Es folgt ein Donnerschlag auf den andern. Ein Unglück folgt auf das andere. Auf solche Verbrechen folgen harte Strafen. Zuweilen auch mit der dritten Endung der Person. Einem im Amte folgen. Ingleichen im Participio. Folgenden Tages. Er sagte mir folgende Worte, er that mir folgenden Antrag. Seine Worte lauten folgender Gestalt, folgender Maßen; wofür man im Oberdeutschen wie folgt gebraucht, welches auch eine Hochdeutsche nachahmen. 2. Figürlich. 1) Für absolgen, nur mit dem Zeitworte lassen. Einem etwas folgen lassen. S. Abfolgen. 2) Aus einem Satze heraus gebracht werden, mit dem Vorworte aus. Weil der Verstand das Vermögen ist, dessen richtiger Gebrauch uns dem Bilde der Gottheit am nächsten bringt, so folgt daraus, daß wir verbunden sind, die Gaben des Verstandes zu verbessern. Eines folget aus dem andern. Hieraus folgt, daß du sehr unweise gehandelt hast. Das folgt nicht, d. i. läßt sich nach den Regeln der Vernunft nicht daraus herleiten. 3) Die Wirkung einer Ursache seyn, auch mit dem Vorworte aus, doch nur in einigen Fillen. Aus einem solchen Leben muß nothwendig die bitterste Schande folgen. 4) Zur Regel, zur Richtschnur seines Verhaltens machen, mit der dritten Endung, und dem Hülfsworte haben. Eines Rath, eines Lehren folgen. Seinen Lüsten folgen. Es ist eine Pflicht der Vernunft, der Wahrscheinlichkeit zu folgen, da sie mehr Grund für sich hat, als die Unwahrscheinlichkeit, Gell. Ich habe deinem Rathe gefolget. Warum hast du mir nicht gefolgt_ Der Stimme der Natur folgen. Ingleichen für gehorchen. Einem folgen. Wo es auch zuweilen absolute steht. Das Kind will nicht folgen.

Anm. 1. Da dieses Zeitwort ein Neutrum ist, so läßt es sich nicht als ein Passivum gebrauchen, obgleich einige neuere Schriftsteller es in dieser Gattung haben einführen wollen. Von einem Bedienten gefolget, kam er, Hermes. So wird eine Unordnung von tausend andern gefolgt, ebend. Daß dieses Neu- trum in der letzten Bedeutung das Hülfswort haben bekommt, rühret ohne Zweifel von der größten Thätigkeit her, welche in dieser Bedeutung zum Grunde liegt; daher auch nachfolgen jederzeit haben bekommt.

Anm. 2. Dieses Zeitwort lautet in den eigentlichen Bedeutungen bey dem Kero folgen, im übersetzten Isidor folghen, bey dem Ottfried folgan, im Angels. folgian, fylgian, im Engl. to follow, im Schwed. följa, im Isländ. fylgia, im Niedersächs. gleichfalls folgen. Die Abstammung ist noch unbekannt. Wachter leitet von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, die Spur, her. Vielleicht verdiente wallen, wandern, gehen, noch eher in Betrachtung gezogen zu werden. S. Volk.


Folgends (W3) [Adelung]


* Folgends, adverb. welches nur in den gemeinen Sprecharten, besonders Oberdeutschlandes üblich ist. 1) Für hernach, von der Zeit. Ich lernte ihn in Berlin kennen, aber folgends habe ich ihn nicht weiter gesehen. 2) In der Folge, künftig. Ich werde folgends nicht mehr so nachgehend seyn. 3) Für ferner. Folgends ersehe ich aus eurem Briefe u. s. f. 4) Für folglich, als ein Bindewort. Er hat gestohlen, folgends ist er ein Dieb.


Folger (W3) [Adelung]


Der Folger, des -s, plur. ut nom. sing. der da folget, am häufigsten in den Zusammensetzungen, Nachfolger, Verfolger. Der Folger seiner Lehre, sagt noch Opitz.


Folgeregister (W3) [Adelung]


Das Folgeregister, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, das Register über die zur Folge verpflichteten Untersassen. S. 3 Folge 2.


Folgerey (W3) [Adelung]


Die Folgerey, plur. die -en. 1) Das Folgern aus falschen oder unrecht verstandenen Sätzen, ohne Plural, und 2) dergleichen Folgerungen selbst. In beyden Fällen, im verächtlichen Verstande.


Folgeschnur (W3) [Adelung]


Die Folgeschnur, plur. die -schnüre, bey den Jägern, eine Schnur über dem Hiefhorne an dem Fessel, welche ehedem von einer gewissen bestimmten Länge war, und die Weite zeigte, wie weit ein Jäger über der Gränze die Folge hatte. Jetzt wird sie bloß zur Zierde getragen, und auch die Faischschnur genannt. S. 3 Folge 2.


Folgezeit (W3) [Adelung]


Die Folgezeit, plur. die -en, die künftige Zeit, die Zukunft; ein von den Neuern eingeführtes Wort. Er hinterließ der Folgezeit Zwar Muster, aber nicht Gesetze, Haged. Durch alle Folgezeiten, Raml.


Folglich (W3) [Adelung]


Folglich, welches in doppelter Gestalt üblich ist. 1) * Als ein Bey: und Nebenwort, was in der Folge, d. i. hernach, künftig, geschiehet; doch nur im Oberdeutschen. Die folgliche Handhabung der Gesetze. Ingleichen als ein Nebenwort, für ferner, künftig, gleichfalls nur im Oberdeutschen. Der Erzherzog reiset von Wien nach Olmütz, von da nach Königgrätz, und folglich nach Prag. Die Grafschaft kam an die Grafen von Habsburg und folglich (hieraus) an das Haus Österreich, Bluntschli. 2) Als ein Bindewort, in welcher Gestalt es den Hochdeutschen am geläufigsten ist, eine Folge aus einem vorher gegangenen Satze zu bezeichnen. Die Liebe ist eine natürliche Schwachheit, die einiger Maßen nothwendig, folglich zu entschuldigen ist. Dinge die der Einbildungskraft angenehm sind, und die folglich schon eine natürliche Schönheit an sich haben. Du bist ein Mensch, folglich bist du auch sterblich. Statt dieses Bindewortes sind im Oberdeutschen auch allfolglich, verfolglich, einfolglich, einfolgsam, folgsam und folgbar üblich. In den Monseeischen Glossen lautet es volglicho.


Folgsam (W3) [Adelung]


Folgsam, -er, -ste, adj. et adv. geneigt, bereit zu folgen, in der alten figürlichen Bedeutung des Zeitwortes. Ein folgsames Kind, ein folgsamer junger Mensch. Er ist sehr folgsam. Im Oberdeutschen wird dieses Wort, wie schon angemerket worden, auch für folglich gebraucht.


Folgsamkeit (W3) [Adelung]


Die Folgsamkeit, plur. car. die Neigung, Bereitwilligkeit zu folgen, in eben derselben Bedeutung. Ein verdienter Beyfall muß die Folgsamkeit des Kindes ermuntern, Gell.


Foliant (W3) [Adelung]


Der Foliant, des -en, plur. die -en, ein Buch im Folio. S. dieses Wort.


Folie (W3) [Adelung]


Die Folie, (dreysylbig,) plur. die -n, aus dem Latein. Folium, ein Blatt, ein dünnes Blättchen Metall, dergleichen das dünne Blättchen Zinn ist, welches ein Glas zu einem Spiegel macht, S. Spiegel-Folie. Bey den Goldschmieden ist die Folie ein gefärbtes Blättchen Metall, welches unter die Edelsteine gelegt wird, damit sie desto besser spielen.


Folio (W3) [Adelung]


Folio, ein gleichfalls aus dem Lat. Folium, aber nur in der Redensart in Folio übliches Wort, d. i. in der Größe eines ganzen Bogens Papier, von Büchern und Schriften. Ein Buch in Folio.


Folkbeere (W3) [Adelung]


Die Folkbeere, plur. die -n, in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, eine Benennung der wilden Johannisbeere, S. dieses Wort.


Folken (W3) [Adelung]


Die Folken, plur. ut nom. sing. S. 1 Folge.


Folter (W3) [Adelung]


Die Folter, plur. die -n. 1) Eigentlich, das Wekzeug in den Gerichten, wodurch eine gewaltsame Ausdehnung der Glieder eines Inquisiten bewirket wird, um ihn dadurch zu dem Bekenntnisse der Wahrheit zu bringen, welche Art der Marter in Ober- und Niedersachsen auch der Zug, in Leipzig aber die volle Marter heißt, sie mag nun die Gestalt einer Leiter, oder einer Bank, oder auch eines Stuhles haben. Einen Inquisiten auf die Folter spannen. Auf der Folter seyn, liegen. Auf die Folter kommen. Ingleichen die Anwendung dieses Werkzeuges, und die dadurch verursachte Marter. Die Folter ausstehen. 2) In weiterm Verstande wird dieses Wort für die Tortur oder gerichtliche Peinigung überhaupt, ingleichen für den Ort gebraucht, wo solche geschiehet. 3) Figürlich, ein hoher Grad der Schmerzen, der Angst. Er kann auf neue Foltern ihn zu peinigen. Wenn das Sterbebett eine Folter des Gewissens und unser Tod heidnische Verzweiflung wird. Gell.

Anm. Unsere heutige Folter ist ohne Zweifel an die Stelle des Equulei der Alten gekommen, welcher auf vier Füßen stand, und weil er auf diese Art einige Ähnlichkeit mit einem Pferde oder Füllen hatte, auch Puledrum, Ital. Pulledro, Span. Pulliedro, Franz. Poultre genannt wurde; woraus denn auch, wie Eckard sehr wahrscheinlich muthmaßet, unser Deutsches Folter entstanden ist. So viel ist wenig gewiß, daß diese Art der gerichtlichen Unmenschlichkeit, zur Ehre der Deutschen, eine ausländische Erfindung ist.


Folterbank (W3) [Adelung]


Die Folterbank, plur. die -bänke, in den Gerichten, eine Folter, in Gestalt einer Bank, einen Inquisiten durch gewaltsame Ausdehnung der Glieder zum Bekenntnisse der Wahrheit zu bringen, zum Unterschiede von der Leiter und dem Stuhle; Nieders. Reckebank, Pienbank.


Folterer (W3) [Adelung]


Der Folterer, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, derjenige Bediente des Scharfrichters, der das Foltern verrichtet.


Folterkammer (W3) [Adelung]


Die Folterkammer, plur. die -n, das Zimmer, in welchem die Missethäter gefoltert werden; die Folterstube.


Foltern (W3) [Adelung]


Foltern, verb. reg. act. 1) Eigentlich, auf die Folter spannen. Einen Inquisiten foltern. 2) Figürlich, einen hohen Grad der Schmerzen, der Angst und unangenehmen Empfindungen verursachen. Von solchem Kampfe wird mein Herz gefoltert. Unsere Begierden foltern uns beständig, wenn wir ihnen die Herrschaft lassen. Daher die Folterung, plur. inus.


Folterseil (W3) [Adelung]


Das Folterseil, des -es, plur. die -e, dasjenige Seil, womit die Glieder eines Inquisiten auf der Folter ausgedehnet werden. Jemanden an das Folterseil schlagen, in einigen Gegenden, ihn foltern.


Folterstube (W3) [Adelung]


Die Folterstube, plur. die -n, S. Folterkammer.


Fönich (W3) [Adelung]


Fönich, S. Fench.


Fontäne (W3) [Adelung]


Die Fontäne, plur. die -n, aus dem Franz. Fontaine, und dieß aus dem mittlern Lat. Fontana, ein Brunnen, wo das Wasser durch seinen eigenen Druck zum Springen gebracht wird; ein Springbrunnen.


Fontanell (W3) [Adelung]


Das Fontanell, des -es, plur. die -e, aus dem mittlern Lat. Fontanella, ein kleiner Brunnen. 1) In der Arzeneykunst, ein künstliches Geschwür, die bösen Feuchtigkeiten aus dem menschlichen Körper abzuziehen. Jemanden ein Fontanell setzen, ein solches Geschwür verursachen. Daher das Fontanellen-Pflas=ter, wodurch ein Fontanell verursacht wird; der Fontanellen-Stein, ein Ätzstein, zu eben derselben Absicht u. s. f. 2) An neu gebornen Kindern, die Stelle des Kopfes bey der Zusammenkunft der Pfeil- und Kranznacht, wo sich eine Öffnung der Hirnschale befindet, welche mit einer zarten Haut bedeckt ist, wodurch man das darunter liegende Gehirn schlagen siehet; der Schlagbrunnen, das Blättchen.


Foppen (W3) [Adelung]


Foppen, verb. reg. act. im gemeinen Leben, jemandes Schwachheit zu seinem Vergnügen benutzen, ihn aufziehen, zum Besten haben. Ich glaube, du willst mich foppen.

Anm. Nieders. foppen, fokken, Engl. to fob. Wachter leitet es von dem Ital. beffare, spotten, her. Allein Fop und Fob bedeutet im Angels. und Engl. einen albernen Menschen, einen Narren. Im Englischen ist außerdem Fob, und in Preußen Fuppe, eine Tatsache; im Ital. sind Fioppe Plunderhosen, und fioppare prahlen.


Forchel (W3) [Adelung]


Die Forchel, S. Forkel.


Förchling (W3) [Adelung]


Der Förchling, des -es, plur. die -e, der Niederösterreichische Nahme eines eßbaren Schwammes, der in Meißen und Schlesien Reitzker, in Baiern Herbstling, in Österreich ob der Ens aber Brätling oder Brietling genannt wird; Agaricus deliciosus L. Er heißt Förchling, weil er am liebsten in den Föhrenwäldern wächset, die Fohre aber im Oberdeutschen auch Forche genannt wird. S. Reitzker.


Forder (W3) [Adelung]


Forder, adj. et adv. S. Vorder.


Förder (W3) [Adelung]


* Förder, ein Oberdeutsches Nebenwort des Ortes und der Zeit, für ferner, weiter, welches noch mehrmahls in der Deutschen Bibel vorkommt. 1) Dem Orte nach. Und das Volk zog nicht förder, bis Mirjam aufgenommen ward, 4 Mos. 12, 15. Und er stellte sich, als wollt er förder gehen, Luc. 24, 28. 2) Der Zeit nach. Und diente bey ihm förder die andern sieben Jahr, 1 Mos. 29, 30. Seyd förder nicht halsstarrig, 5 Mos. 10, 16. Er that förder ab die Höhen, 2 Chron. 17, 6, und so in andern Stellen mehr.

Anm. Schon Ottfried gebraucht furder für ferner, hernach. Im Angelsächs. lautet dieses Nebenwort forthor, im Nieders. vorder, vurder, vudder, im Engl. further, im Oberd. furter und fürter, wie es denn auch noch in einigen Ausgaben der Deutschen Bibel so gedruckt worden. Es ist der Comparativ von fort, welches in einigen gemeinen Mundarten noch jetzt fuvr und furd lautet. S. Fördern und Fort.


Fördergebirge (W3) [Adelung]


Das Fördergebirge, S. Vordergebirge.


Fordergebühr (W3) [Adelung]


Die Fordergebühr, plur. die -en, dasjenige Geld, welches der Gerichtsdiener für die Forderung oder Citation einer Person vor Gericht erhält. S. Fordern.


Förderlich (W3) [Adelung]


Förderlich, -er, -ste, adj. et adv. welches nur noch im Oberdeutschen von dem Zeitworte fördern üblich ist. 1) Geneigt, eines andern Nutzen zu befördern. Einem förderlich seyn. Ihr wollet euch gegen ihn willfährig, forderlichst und gewührig erzeigen, Oberd. Kanzell. Das fürderliche Recht, im Clevischen, welches auf die gewöhnliche Art gefördert wird, zum Unterschiede von dem unverzüglichen Rechte, wo die Sachen summarisch abgethan werden. S. Beförderlich. 2) Auf das förderlichste, auf das geschwindeste. Wir wollen mit fleys ewr ger (Begehren) Volziehen auf das fürerlich ist, Theuerd. Kap. 45. Auf das förderlichste jemanden senden, 2 Macc. 11, 36. Siehe Fördern.


Fordern (W3) [Adelung]


Fordern, verb. reg. act. 1) Eigentlich, auf eine gebiethende Art verlangen, daß sich jemand an einem Orte einfinde, gegen Personen, über welche man ein Recht hat, oder zu haben glaubt. So läßt ein Herr seine Unterthanen zusammen fordern; der Richter läßt die Parteyen vor Gericht, der Kläger seinen Gegentheil fordern; der Beleidigte fordert den Beleidiger zum Duell, oder fordert ihn heraus u. s. f. Darumb hat ich euch vordren lan, Theuerd. Da forderte Pharao die Weisen und Zauberer, 2 Mos. 7, 11. Ich habe ihn fordern lassen, d. i. vor Gericht. Jemanden vor die Klinge fordern, ihm zum Duell auffordern. Er hat mich gefordert, d. i. er hat mich heraus gefordert, zum Duell aufgefordert. So absolute ist dieses Wort nur noch im gemeinen Leben üblich. In der anständigern Schreibart bestimmet man den Ort, wohin man jemanden fordert, näher; seinen Gegner vor Gericht fordern, vor die Klinge fordern, die Bürger auf das Rathhaus fördern u. s. f. Sollte es auch nur durch ein Nebenwort seyn; einen heraus fordern, zum Duell, die Unterthanen zusammen fordern u. s. f. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung, die Leistung einer Pflicht, oder einer Sache, die man als eine Pflicht betrachtet, verlangen. 1) Durch Worte. Seinen verdienten Lohn fordern. Sein Geld fordern. Ein Licht fordern. Recht fordern. Wie viel fordern sie dafür? Er forderte zehen Thaler. Du forderst zu viel. ER hat nichts an mir zu fordern. Sie fordern sehr zutraulich, daß ich wieder gut machen soll, was sie verderbt haben. Fordert er mein Leben zurück, langsam oder schnell, warum sollte ich zagen? Gell. Rechenschaft von einem fordern. Ich werde sein Blut von deiner Hand fordern, ich werde deßhalb Rechenschaft von dir fordern. Ich fordere es von dir. 2) Durch sein Betragen, mit dem Gemüthe, in Gedanken fordern. Sie fordert, daß Personen von Stande ihren Reichthum höher als die Geburt schätzen sollen. Die Tugend des Demüthigen gefällt uns, weil sie keine Unterwürfigkeit von uns fordert, die sie doch fordern konnte, Gell. Der Stolze fordert von der Welt den Tribut der Ehre und Bewunderung, ebend. 3) Seiner Beschaffenheit nach nothwendig machen, für erfordern. Darnach es die Noth fordert, 1 Macc. 8, 25, 27. Die Zeit fordert es. Der Menschenfreund, den die Wohlfahrt der Menschen fordert. Umsonst hatten wir diesen Tag hergeseufzt; aber er forderte andere Thränen, als wir gehofft hatte, Dusch. Deine Pflicht fordert es von dir. Daher die Forderung, S. hernach besonders. Anm. Dieses Zeitwort lautet bey dem Notker forderen, und bey dem Willeram vorderen, der es auch für suchen gebraucht. Die weichern nördlichen Mundarten stoßen das erste r, wie in andern Fällen hinaus; Dän. fodre, Schwed. fodra, im mittlern Lat. foderare, welches auch wohl einige Hochdeutsche Schriftsteller nachgeahmet haben, deren Sprachwerkzeuge durch die weichere Niedersächsische Aussprache verwöhnet worden. Wachter, Gottsched, Aichinger, Stosch und andere erklären fordern sogar für richtiger, und Ihre pflichtet ihnen schweigend bey, indem er dieses Zeitwort von dem Lat. petere und poscere abstammen lässet. Allein da ganz Oberdeutschland dieses Wort zu allen Zeiten fordern geschrieben hat, so ist es glaublicher, daß es von vor und dessen Comparat. vorder, im Oberd. forder, abstammet, weil es doch eigentlich jemanden vor sich bescheiden heißet; und alsdann ist es mit dem folgenden sehr genau verwandt, dessen Abstammung von vor und vörder noch niemand geläugnet hat, ungeachtet es in den trägen und schlüpfrigen Mundarten gleichfalls fördern lautet. Überdieß haben wir dieses Wort von den Oberdeutschen bekommen; denn den Niedersachsen ist es unbekannt. Fordern, für fordern, ist eine harte Versetzung des r, welche sich nur in der ersten Person des Präsentis ich fordre, für fordere, entschuldiget lässet.


Fördern (W3) [Adelung]


Fördern, verb. reg. act. förder oder vörder, d. i. vorwärts, weiter, bringen. 1. Eigentlich, dem Orte nach. So fördern die Bergleute die Erze oder Steine in den Gruben, wenn sie solche von ihrem Orte fortschaffen. S. Ausfördern, ingleichen Förderschacht. Fördert euch, gehet fort. Die wellen mich beide Fiurdern hin ze grabe, Heinr. von Morunge. 2. Figürlich. 1) Der Zeit nach, beschleunigen. Von dem Herren wird solches Mannes Gang gefördert, Ps. 37, 23. Dem Waisen fördern sie seine Sache nicht, Jer. 5, 28. Mir ward die Pause selbst zu lang, Drum förderte ich meinen Gang, Michael. Fördert euch, 2 Macc. 11, 37, säumet nicht. Die Mäurer fördern sich, arbeiten emsig. Eine Arbeit fördern, bey den Handwerkern, sie ohne Aufschub verfertiget; und nach einer noch weitern Figur, seine Runden fördern, bey eben denselben, sie mit der Arbeit nicht aufhalten. Es fördert ihm die Arbeit, im gemeinen Leben, sie geht ihm gut von Staaten. 2) Dem Nutzen, der Vollkommenheit nach, für befördern. Eine Sache fördern, ihren Fortgang, ihr Bestes besorgen. Sie schmücken sich unter einander selbst, daß sie ihre böse Sache fordern, Ps. 36, 3. Ein gottlos Wesen fördert, den Menschen nicht, Sprichw. 12, 3. Einen Gesellen fördern, bey den Handwerkern, ihm Arbeit geben oder verschaffen. Das gemeine Beste fördern, im Oberd. für befördern. Ein Bergwerk fördern, es in guten Stand setzen. Daher die Förderung, S. Hernach besonders. Anm. Auch dieses Zeitwort lautet bey dem Notker forderon, bey dem Ottfried gifordoron, in dem 1514 gedruckten Deutschen Livius furdern, im Angels. fyrthrian, im Schwed. forda, im Dän. fordre, und mit Auslassung des r, in einer Verordnung Kaiser Friedrichs von 1236, füdern, bey den Böhmischen Bergleuten fudrowati, und in den gemeinen Deutschen Mundarten fördern. Es stammet von förder, dem Oberdeutschen Comparative von fort, her, und muß um deßwillen fördern und nicht fordern lauten. S. Förder.


Förderniß (W3) [Adelung]


* Die Förderniß, plur. die -sse, ein nur im gemeinen Leben, besonders Oberdeutschlandes, übliches Wort. 1) Die Handlung des Förderns, in allen Bedeutungen dieses Zeitwortes, und ohne Plural; die Förderung. So ist im Bergbaue die Förderniß die Fortschaffung der Erze und Steinarten. 2) Dasjenige, was eine Sache fördert oder befördert, in den figürlichen Bedeutungen des Zeitwortes. Es ist mehr eine Hinderniß als Förderniß, im Narrenschiff.


Fördersam (W3) [Adelung]


* Fördersam, -er, -ste, adj. et adv. ein gleichfalls nur im Oberdeutschen übliches Wort, geneigt, eines andern Nutzen zu befördern, förderlich; ingleichen, ohne Aufenthalt, schnell. Dem heiligen Röm. Reiche fördersame Fürsehung zu thun. Laß ihn fördersamst (auf das schleunigste) zu mir kommen. In einigen Gegenden auch fordersam.


Förderschacht (W3) [Adelung]


Der Förderschacht, des -es, plur. die -schächte, im Bergbaue, eine Schacht, aus welchem Erze und Berge gefördert, d. i. aus der Grube geschaffet werden, zum Unterschiede von einem Fahr- und Kunstschachte.


Förderstrecke (W3) [Adelung]


Die Förderstrecke, plur. die -n, in dem Bergbaue, eine Strecke oder ein Ort, die Erze und Berge bis an den Füllort oder Förderschacht zu bringen.


Forderung (W3) [Adelung]


Die Forderung, plur. die -en, von dem Zeitworte fordern. 1) Die Handlung des Forderns, ohne Plural. 2) Dasjenige, was man fordert. Eine Forderung an jemanden haben, machen. Ich habe ihm alle seine Forderungen zugestanden. Eine Schuldforderung, Rechtsforderung u. s. f. Im Schwabenspiegel Vorderung.


Förderung (W3) [Adelung]


Die Förderung, plur. die -en, von dem Zeitworte fordern. 1) Die Handlung des Förderns, in allen Bedeutung des Zeitwortes, ohne Plural. Einen Lehrjungen einem andern Meister zur Förderung geben, d. i. in die Lehre, bey den Handwerkern. 2) Die übernommene und zu fördern versprochene Arbeit, bey einigen Handwerkern. Ich habe vier Förderungen, vier versprochene Arbeiten. 3) Der Ort, wo diese Arbeit geschiehet, besonders bey den Zimmerleuten und Mäurern. Auf der Förderung arbeiten.


Förderungsbrief (W3) [Adelung]


Der Förderungsbrief, des -es, plur. die -e, in den Rechten einiger Gegenden, ein Empfehlungsschreiben, worin ein Gericht eines Klägers Sache einem andern Gerichte zur Förderung empfiehlet.


Forderungssatz (W3) [Adelung]


Der Forderungssatz, des -es, plur. die -sätze, ein Grundsatz, welcher etwas Praktisches enthält, Postulatum; zum Unterschiede von dem Axioma, oder Grundsatze in engerer Bedeutung.


Forelle (W3) [Adelung]


Die Forelle, plur. die -n, ein eßbarer Flußfisch, welcher nach dem Linnee ein Lachs mit rothen Kinnbacken ist; Salmo Foria L. S. Lachsforelle, Goldforelle u. s. f. Daher der Forellenbach, ein Bach, in welchem sich Forellen aufhalten, der Forellenfang, der Forellenteich u. s. f.

Anm. Weil einige Arten dieses Fisches scheckig und roth gesteckt sind, so ist er daher im mittlern Lateine Varius, Variolus, Foria genannt worden, woraus denn so wohl der Deutsche Nahme, als auch das Angelsächsische Forn und Schwed. Forell gebildet worden; zumahl da dieser Fisch bey uns nicht einheimisch ist, sondern aus wärmern Gegenden herstammet. Im Oberd. heißt er Fohre, Fohrine, Forche, Furche, Fürche, Füre u. s. f. welches dem Lat. Foria näher kommt.


Forellenradieschen (W3) [Adelung]


Das Forellenradieschen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art langer Radieschen mit rothen Flecken, wie die Forellen; lange Radieschen.


Forellensalat (W3) [Adelung]


Der Forellensalat, des -es, plur. inus. eine Art Gartensalates mit roth gesteckten Blättern.


Forke (W3) [Adelung]


* Die Forke, plur. die -n, in den Niedersächsischen Gegenden, eine Gabel, besonders eine Gabel größerer Art, in der Landwirthschaft. bey den Jägern sind Forkeln, Furkeln, Forcheln oder Furcheln, Stellstangen mit Gabeln, die Leinen von 0125 den Tüchern oder Garnen darauf zu legen, und den Zeug damit in die Höhe zu richten. Daher das Zeitwort forkeln, furkeln, forcheln, auf die Gabel anspießen, welches auch bey den Jägern üblich ist, und von dem Hirsche gebraucht wird, wenn er Menschen oder Hunde forkelt, d. i. auf seine Hörner spießet.

Anm. Dieses alte aber in der edlern Schreibart der Hochdeutschen fremde Wort, lautet im Schwed. Fork, im Engl. Fork, im Wallis. Ffwrch, Forch, im Lat. Furca, im Ital. Forca.


Form (W3) [Adelung]


Die Form, Image plur. die -en, aus dem Latein. Forma. 1. Die äußerliche Gestalt eines Körpers. 1) Eigentlich, die äußerliche Gestalt eines durch die Kunst hervor gebracht Körpers. Es hat weder Gestalt noch Form. Einen Hut in die Form bringen, ihm die gehörige Gestalt geben. Diese Vase ist von alter Form. 2) In weiterer Bedeutung, die Gestalt einer jeden andern Sache, die Art und Weise. Giftig Thier mancherley fürm, Haus Sachs. Die Form, die Orgon seiner Verleumdung gibt, ist gemeiniglich ein Lobspruch, Gell. Nicht nach der gewöhnlichen Form verfahren. Die Form eines Syllogismi, die Art und Weise, wie die Sätze, woraus ein Schluß bestehet, mit einander verbunden werden; zum Unterschiede von der Materie. 2. Dasjenige, worin ein künstlicher Körper seine Gestalt erhält. In diesem Verstande sind die Formen bey vielen Künstlern und Handwerkern hohle Model, runde und halb runde Figuren darin zu gießen. Eine Sache in eine andere Form gießen, auch figürlich, ihr eine andere Gestalt geben. S. Patrone. Bey den Papiermachern ist die Form ein mit messingenem Drahte bespannter Nahmen, worin der Zeug geschöpfet wird. Bey den Goldschlägern ist das Packet Pergamentblätter oder Häute, worin das Gold zu Blättern geschlagen wird. S. Quetschform, Hauptform. In einem mehr uneigentlichen Verstande nennen die Lichtgießer auch den Talgtrog die Form. Bey den Buchdruckern führet diesen Nahmen der Nahmen, worin die gesetzte Schrift fest geschraubet wird, besonders wenn er mit solcher Schrift wirklich angefüllet ist. 3. Die geformte oder gebildete Schrift, doch nur in einigen Fällen. So heißt im Hüttenbaue, bey den Schmelzöfen, diejenige eiserne oder kupferne Röhre, worin der Blasebalg lieget, damit er kein Feuer fange, die Form, welchen Nahmen auch wohl der Stein im Gestelle des hohen Ofens bekommt, worauf die Form ruhet, das Formstück. Bey den Trieböfen führen die Form den Nahmen der Kanne. Im mittlern Lateine wurde Forma von mehrern geformten Sachen gebraucht; z. B. von einer Münze, von der Oblate im Abendmahle, von einem Gewölbe, ja oft von einem jeden Graben oder Canale, von welcher letztern Bedeutung die Form der Schmelzöfen abzustammen scheinet.

Anm. Im Theuerd. Kap. 78, kommt der Fürm für List vor. Unförm ist in Baiern Unart in Sitten und Geberden, und im Schwed. bedeuten uförme und missifirma beleidigen; entweder von Form, so fern es in engerm Verstande auch die wahre gehörige Gestalt einer Sache bedeuten kann, oder auch von fromm, durch eine nicht ungewöhnliche Versetzung des r. Siehe Formerz.


Formalien (W3) [Adelung]


Die Formalien, (viersylbig,) plur. inus. aus dem mittlern Lat. Formale, im gemeinen Leben, die äußern außerwesentlichen Umstände, womit ein Handlung begleitet wird. Er wurde mit allen Formalien empfangen. das Testament ist nicht mit den gehörigen Formalien eröffnet worden. Nach einem andern Latein. Ausdrucke Formalitäten, und mit einem guten Deutschen Worte Förmlichkeiten.


Format (W3) [Adelung]


Das Format, des -es, plur. die -e, aus dem mittlern Lat. Formatum, die Größe und Breite eines Buches. Die gewöhn- lichsten Formate sind Folio, Quart, Octav und Duodez. Daher das Format-Schlagen, bey den Buchbindern, wenn das Buch, nachdem es in sein gehöriges Format gefalzet worden, zum letzten Mahle geschlagen wird.


Formbank (W3) [Adelung]


Die Formbank, plur. die -bänke, in den Gießhäusern, eine Art von Drehbank, die Formen zu den Kanonen darauf zu bilden.


Formbolzen (W3) [Adelung]


Der Formbolzen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Metallgießern, ein cylindrisches Eisen, welches in die Mitte der Form gesteckt wird, in welcher Röhren gegossen werden sollen, um die innere Höhlung zu bilden; die Grundbolzen.


Formbret (W3) [Adelung]


Das Formbret, des -es, plur. die -er, eben daselbst, ein Bret mit einem eisernen Bleche an der einen Seite, worein die Gestalt der Friesen und die Stärke des Metalles eingefeilet ist, den Formen zu den Kanonen auf der Formbank ihre gehörige Gestalt zu geben; das Modellbret.


Formeisen (W3) [Adelung]


Das Formeisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Kolben, womit die Höhle der Kugelformen rund gedrehet wird.


Formel (W3) [Adelung]


Die Formel, plur. die -n, Diminut. das Förmelchen, aus dem Lat. Formula, die vorgeschriebenen oder durch den Gebrauch eingeführten Worte in besondern Fällen. Die Schluß-Formel eines Briefes, die Gebeths-Formel u. s. f.


Formen (W3) [Adelung]


Formen, verb. reg. act. die gehörige Gestalt geben, am häufigsten von Körpern, welchen man durch Drücken die gehörige Form gibt. Den Teig zu Brot formen. Ein Bild aus Gyps formen. Geschirre aus Thon formen. Daher die Zusammensetzungen abformen, umformen. S. Form.


Formenschneider (W3) [Adelung]


Der Formenschneider, des -s, plur. ut nom. sing. ein Former oder Formenmacher, welcher Formen in Holz oder Stahl schneidet; der Figurenschneider.


Former (W3) [Adelung]


Der Former, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Künstler oder Handwerker, welcher Formen von Stein, Thon, Gyps, Wachs oder Holz macht; der Formenmacher. 2) In den Pfeifen-Manufacturen, derjenige, welcher die Pfeifen formet, und auch der Raster genannt wird.


Formerde (W3) [Adelung]


Die Formerde, plur. von mehrern Arten, die -n, eine Erde, aus welcher eine Form bereitet werden soll oder kann.


Formerz (W3) [Adelung]


Das Formerz, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, im Bergbaue, ein reichhaltiges Erz, welches über den halben Theil Silber hält. S. Form Anm.


Formflasche (W3) [Adelung]


Die Formflasche, plur. die -n, bey den Metallarbeitern, die beyden zusammen gefügten mit Formsande gefüllten Rahmen, worein das Metall gegossen wird.


Formhaken (W3) [Adelung]


Der Formhaken, des -s, plur. ut nom. sing. im Hüttenbaue, ein Haken, die Form an den Blasebälgen von den Schlacken zu reinigen.


Formhammer (W3) [Adelung]


Der Formhammer, des -s, plur. die -hämmer, bey den Goldschlägern, ein Hammer von 16 bis 18 Pfund, womit das Gold zu Blättern geschlagen wird.


Förmig (W3) [Adelung]


Förmig, adj. et adv. eine Form oder Gestalt habend; welches aber nur in den Zusammensetzungen einförmig, gleichförmig, gabelförmig, kegelförmig, unförmig und tausend andern üblich ist.


Formiren (W3) [Adelung]


Formiren, verb. reg. act. aus dem Lat. Formare, bilden, formen, im gemeinen Leben. Die Buchbinder formiren die Bücher, wenn sie selbige nach der Größe des Formates abrichten. Die Soldaten formiren sich, wenn sie sich in Reihe und Glieder stellen.


Formkopf (W3) [Adelung]


Der Formkopf, des -es, plur. -köpfe, bey den Perrückenmachern, ein geschnitzter Kopf von Holz, die Perrücke auf denselben aufzunähen, und ihr die gehörige Form zu ertheilen; der Mondirungs-Kopf.


Formkugel (W3) [Adelung]


Die Formkugel, plur. die -n, bey den Metallarbeitern, eine eiserne Kugel, den Formsand damit in der Formflasche fest zu rollen.


Formlade (W3) [Adelung]


Die Formlade, plur. die -n, bey eben denselben, ein Tisch in Gestalt eines langen vierseitigen Kastens, worauf der Formsand so lange geknetet wird, bis er die gehörige Festigkeit erhält.


Förmlichkeit (W3) [Adelung]


Die Förmlichkeit, plur. die -en, 1) Die Eigenschaft einer Sache, nach welcher sie förmlich ist, in beyden Bedeutungen, und ohne Plural. 2) Förmliche Umstände, S. Formalien.


Formmeister (W3) [Adelung]


Der Formmeister, des -s, plur. ut nom. sing. bey den hohen Öfen, ein Meister, der die Formen zu den gegossenen Arbeiten macht.


Formpresse (W3) [Adelung]


Die Formpresse, plur. die -n, bey den Goldschlägern, eine eiserne Presse, die Hautform trocken zu pressen, wenn sich die Feuchtigkeit der Luft hinein gezogen hat.


Formrahmen (W3) [Adelung]


Der Formrahmen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Buchdruckern, ein viereckter eisernen Rahmen, in welchem die gesetzten Columnen fest geschraubet werden.


Formsand (W3) [Adelung]


Der Formsand, des -es, plur. inus. bey den Metallarbeitern, ein zarter weißlicher Sand, welchen sie mit Kienruß vermengen, und ihre Formen daraus bilden.


Formscheibe (W3) [Adelung]


Die Formscheibe, plur. die -n. 1) Bey den Töpfern, die obere Scheibe der Drehscheibe, worauf die Geschirre geformet werden. 2) Bey den Glasern führen die kleinsten Fensterscheiben den Nahmen der Formscheiben.


Formschneider (W3) [Adelung]


Der Formschneider, S. Formschneider.


Formspath (W3) [Adelung]


Der Formspath, des -es, plur. inus. ein gebrannter, und mit Salmiak, Weinstein und Vitriol vermengter Spath, woraus die Metallarbeiter in Ermangelung des Formsandes ihre Formen machen.


Formsteg (W3) [Adelung]


Der Formsteg, des -es, plur. die -e, bey den Buchdruckern, hölzerne Stege oder viereckige Stäbe, welche zwischen die Columnen einer Form geleget werden.


Formstein (W3) [Adelung]


Der Formstein, des -es, plur. die -e, derjenige Stein in einem hohen Ofen, worin die Form zu liegen kommt, und welcher auch das Formstück, ingleichen die Form genannt wird.


Formstoßer (W3) [Adelung]


Der Formstoßer, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Hüttenbaue, ein Eisen, womit die verstopfte Form des Blasebalges ausgestoßen wird.


Formstück (W3) [Adelung]


Das Formstück, des -es, plur. die -e, S. Formstein.


Formular (W3) [Adelung]


Das Formular, des -es, plur. die -e, aus dem Lat. Formulare, die vorgeschriebene Weise einer Handlung, Rede oder Schrift.


Formwand (W3) [Adelung]


Die Formwand, plur. die -wände, im Hüttenbaue, derjenige Stein, welcher bey dem völligen Zumachen des Zinnofens in dem hintern Theile auf dem Sohlsteine gesetzet wird. Siehe Wand.


Forn (W3) [Adelung]


Forn, S. Vorn.


Forschbegierde (W3) [Adelung]


Die Forschbegierde, plur. car. das eifrige Bestreben nach etwas zu forschen, besonders nach Ursachen und Wahrheit zu forschen. So auch forschbegierig. Die Forschsucht hingegen bezeichnet eine ungeordnete heftige Begierde nach etwas zu forschen. So auch forschsüchtig.


Forscheln (W3) [Adelung]


Forscheln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches das Diminut. oder Frequentat. des folgenden ist, und nur in einigen Gegenden gebraucht wird, oft nach etwas forschen. Nach etwas forscheln. Im Oberd. förscheln, färscheln, im Österreich. fratscheln, im Wend. praschat. In Boxhorns Glossen bedeutet Forskili Forscheley, die Neugierde. S. auch Vorschlagen, welches im Landbaue oft in forscheln zusammen gezogen wird.


Forschen (W3) [Adelung]


Forschen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, fleißig, genau nach etwas fragen. 1) Eigentlich, da die Sache vermittelst des Vorwortes nach ausgedruckt wird; nach etwas forschen. Forschet fleißig nach dem Rindlein, Matth. 2) 8. Nach jemands Heimlichkeiten forschen. Auch wohl mit der vierten Endung, doch nur im Oberdeutschen. Da forschte er von ihnen die Stunde, Joh. 4, 52. Ingleichen absolute. So sollt du fleißig suchen, forschen und fragen, 5 Mos. 13, 14. Wird die Person ausgedruckt, so bekommt sie im Hochdeutschen am häufigsten das Vorwort bey. Bey einem nach etwas forschen. Im Oberd. aber auch das Vorwort von Forschet nicht von den Zeichendeutern, 3 Mos. 19, 31. Von einem forschen, was geschehen soll. Im gemeinen Leben hat dieses Zeitwort in den meisten Fällen den Nebenbegriff des versteckten Fragens bey sich, da man durch allerley Umschweife nach einer Sache fraget. 2) In weiterer Bedeutung, genau untersuchen. Und die Richter sollen wohl forschen, 5 Mos. 19, 18. Mein Geist muß forschen, Ps. 77, 7. Alles in der körperlichen Welt zeiget dem forschenden Verstande Weisheit und Ordnung, Gell. Da denn, besonders im Oberdeutschen, die Sache, welche man untersucht, auch wohl in der vierten Endung stehet. Sie setzten sich, zu forschen diese Sache, Esr. 10, 16. Wer schwere Dinge forschet, dem wirds zu schwer, Sprichw. 25, 27. 3) * Durch Forschen heraus bringen, erforschen; gleichfalls nur im Oberdeutschen. Der große Dinge thut, die nicht zu forschen sind, Hiob, 5, 9. Kap. 9, 10.

Anm. Forschen, bey dem Notker forscon, in den Monseeischen Glossen forscun, im Nieders. varsken, im Dän. forske, im Schwed. forska, ist, wie aus der Endsylbe schon erhellet, allem Ansehen nach ein Frequentativum oder Intensivum; aber ob es fragen durch Versetzung der r gebildet ist, oder aus dem Nieders. fargen, Holländ. vergen, dringen begehren, oder von fahren, in der Bedeutung, in welcher es in erfahren üblich ist, oder endlich von dem alten vorthen, vortheren, fordern, welches bey dem Willeram suchen bedeutet, wird sich wohl nicht so leicht entscheiden lassen. Im Nieders. bedeutete vreesken ehedem erfahren. S. auch Forscheln.


Forscher (W3) [Adelung]


Der Forscher, des -s, plur. ut nom. sing. der nach etwas forschet. Die stündlichen Forscher, wie ich mich befinde, Haged. Am häufigsten in den Zusammensetzungen Sprachforscher, Wortforscher, Naturforscher.


Forschsucht (W3) [Adelung]


Die Forschsucht, Forschsüchtig, S. in Forschbegierde.


Forst (W3) [Adelung]


1. Der Forst, des -es, plur. die -e, oder Förste, die oberste Schärfe eines Daches, S. Firste.


Forst (W3) [Adelung]


2. Der Forst, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, eine Art eines Gewebes von Seide, Wolle oder Leinen, welches den Nahmen vielleicht von einem Orte hat, wo es erfunden oder häufig verfertiget worden.


Forst (W3) [Adelung]


3. Der Forst, des -es, plur. die Förste, an einigen Orten auch die Forste. 1) Ein Wald, dessen Gebrauch nicht einem jeden frey stehet, sondern, in welchem das Wild oder Holz zum Behuf eines Höhern gehänget wird; wodurch sich ein Forst, dem gemeinsten Sprachgebrauche nach, von einem Walde, einer Heide, einem Holze und andern ähnlichen Benennungen unterscheidet, obgleich im gemeinen Leben diese Wörter mehrmahls als gleichbedeutend angesehen werden, zumahl da es jetzt wenig Wälder in Deutschland mehr gibt, deren Gebrauch nicht auf eine oder die andere Art eingeschränket wäre. Kaiser Conrad II. schenkt in einer Urkunde von 1031 in Schultes Henneberg. Gesch. Th. 1, S. 78, einen Theil des Waldes bey Mellerstadt au Wirzburg, cum consensu ceterorumque comprovincialium in eadem filva communionem habentium, abhinc sub Forestis nostris comprehensimus ac districtionis nostrae bannum super eam ad ecclesiam in Wirzeburg - habendum decrevimus; wo Forestum deutlich der Silva entgegen gesetzet wird. 2) Auch ein besonderer mit seinem Gränzen versehener Theil eines solchen Waldes, welcher einem Forstbedienten zur Aufsicht anvertrauet worden; welcher Theil in Feldern und Feldhölzern ein Revier genannt wird.

Anm. Dieses Wort lautet im mittlern Lateine von Carls des Großen Zeiten an Foresta, Foreste, Forestis u. s. f. im Ital. Foresta, im Engl. Forest, im Franz. Foret, wo es auch einen jeden Wald überhaupt bedeutet. In einigen Oberdeutsche Gegenden, z. B. im Würtembergischen, ist es weiblichen Geschlechtes, die Forst. Die meisten Sprachforscher glauben, daß dieses Wort ursprünglich neu Lateinisch sey, und aus foras gebildet worden, wovon auch forestare ehedem verbannen bedeutete. Was diese Ableitung bestätiget, ist, theils daß Forst fast beständig einen gebanneten Wald bedeutet, d. i. einen solchen, dessen Gebrauch nicht einem jeden frey stehet, theils aber auch, daß Foresta, im mittlern Lateine mehrmahls einen Fischhälter, ein gehägtes Fischwasser, einen Fischforst bedeutet, wovon man in des du Fresne Glossario mehrere Beyspiele findet. Indessen verdienete doch diese Ableitung wohl noch eine genauere Untersuchung, zumahl da auch im Wendischen Bor einen Wald bedeutet. Gemeiniglich rechnet man auch das Angels. Hurst, Hyrst, und das Nieders. Horst, Host, Hörst hierher. Allein der Bedeutung nach sind beyde von Forst sehr verschieden; indem sie theils einen Feldbusch, theils aber auch einen ehemahligen Wald, von welchem nur noch die Stöcke und Stammenden vorhanden sind, bezeichnen; S. Horst.


Forstamt (W3) [Adelung]


Das Forstamt, des -es, plur. die -ämter. 1) Ein Amt, d. i. Collegium oder Gericht, welches in Forstsachen die erste Instanz hat. 2) Die Versammlung dieses Gerichtes, an einigen Orten die Försterey. Ein Forstamt halten. 3) Ein Amt, d. i. eine Bedienung, bey dem Forstwesen. Ein Forstamt bekleiden.


Forstbann (W3) [Adelung]


Der Forstbann, des -es, plur. inus. in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, 1) der Bann, d. i. das Recht des Forstherren, in seinem Forste Gesetze und Verordnungen zu machen; das Forstrecht. 2) Das Recht des Forstherren, vermöge dessen seine Unterthanen ihr Holz und ihre Mastung aus seinen Forsten nehmen müssen.


Forstbediente (W3) [Adelung]


Der Forstbediente, des -n, plur. die -n, ein jeder, welcher bey einem Forste eine Bedienung verwaltet; besonders ein Jäger, welcher einen Forst unter seiner Aufsicht hat.


Forstbuch (W3) [Adelung]


Das Forstbuch, des -es, plur. die -bücher, ein Buch, welches die Forstgesetze und Forstordnungen enthält; ingleichen ein Buch, welches über den Ertrag und andere bey dem Forstwesen vorfallende Sachen gehalten wird.


Forstdiener (W3) [Adelung]


Der Forstdiener, des -s, plur. ut nom. sing. um Nürnberg, derjenige, welcher einem Erdförster um Geld dienet. S. Erbförster.


Forstdienst (W3) [Adelung]


Der Forstdienst, des -es, plur. die -e. 1) Ein Dienst oder geringe Bedienung bey dem Forstwesen. 2) Dienste, welche Unterthanen zur Frohne in einem Forste verrichten müssen.


Forstding (W3) [Adelung]


Das Forstding, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, ein Ding oder Gericht in Forstsachen.


Förste (W3) [Adelung]


Die Förste, S. Firste.


Forsten (W3) [Adelung]


Forsten, verb. reg. act. von welchem nur das Mittelwort geforstet in einigen Gegenden üblich ist. Ein geforsteter Mann, welcher Theil an einem Forste hat.


Förster (W3) [Adelung]


Der Förster, des -s, plur. ut nom. sing. dessen Gattin, die Försterinn, plur. die -en. 1) Ein Jäger, welcher einen Forst in seiner Aufsicht hat; im mittlern Lat. Forestarius, Franz. Forestier, in der Schweiz ein Bannwart. 2) Der an einem Forte oder Walde Theil hat, der Besitzer einer Forstbube, im Nürnbergischen; in der Wetterau ein Märker. S. Erbförster.


Försterey (W3) [Adelung]


Die Försterey, plur. die -en. 1) Der einem Förster zur Aufsicht anvertraute Theil eine Forstes. 2) Die Versammlung eines Forstamtes. Eines Försterey halten. 3) Die Wohnung eines Försters und der ihm untergeordneten Personen.


Forsteylich (W3) [Adelung]


Forsteylich, adj. et adv. welches im gemeinen Leben für forstlich üblich, zu einem Forste gehörig, das Forstwesen betreffend. Die forsteyliche Obrigkeit.


Forstfrohne (W3) [Adelung]


Die Forstfrohne, plur. die -n, Frohndienste, welche Unterthanen in einem Forste zu verrichten gehalten sind.


Forstgarbe (W3) [Adelung]


Die Forstgarbe, plur. die -n, an einigen Orten, die zehente Garbe, welche dem Forstherren von denjenigen Grundstücken gegeben wird, welche ausgestocket, d. i. aus Wäldern zu Acker gemacht werden; die Stockgarbe.


Forstgebühr (W3) [Adelung]


Die Forstgebühr, plur. die -en. 1) Einkünste, welche der Förster aus einem Forste ziehet; z. B. Anweisegeld, Stammgeld, Schlagegeld u. s. f. 2) Zinsen oder Abgaben von den Forsthufen.


Forstgefälle (W3) [Adelung]


Die Forstgefälle, sing. inus. diejenigen Einkünfte, welche der Forstherr aus einem Forste ziehet.


Forstgeräume (W3) [Adelung]


Das Forstgeräume, des -s, plur. ut nom. sing. ein ausgeräumter, d. i. von Holz befreyeter und zu Wiesen gemachter Platz, welchen ein Forstbedienter als ein Stück seiner Besoldung genießt.


Forstgerecht (W3) [Adelung]


Forstgerecht, -er, -este, adj. et adv. des Forstwesens und des ihm untergebenen Forstes kundig; holzgerecht. Ein forstgerechter Jäger.


Forstgerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Forstgerechtigkeit, plur. inus. die Grundherrschaft, das Eigenthumsrecht über einen Forst.


Forstgericht (W3) [Adelung]


Das Forstgericht, des -es, plur. die -e, ein Gericht in Forstsachen; an einigen Orten das Waldgericht.


Forstgesetz (W3) [Adelung]


Das Forstgesetz, des -es, plur. die -e, ein Gesetz in Forstsachen.


Forstgraf (W3) [Adelung]


Der Forstgraf, des -en, plur. die -en, S. Holzgraf und Waldgraf.


Forstgränze (W3) [Adelung]


Die Forstgränze, plur. die, -n, die Gränze eines Forstes, so wohl im Ganzen genommen, als auch eines besondern Theiles desselben, der unter eines Försters Aufsicht stehet.


Forsthafer (W3) [Adelung]


Der Forsthafer, des -s, plur. inus. an einigen Orten, derjenige Hafer, welchen die Unterthanen zum Unterhalte der Jagdhunde des Forstherren zu geben schuldig sind.


Forsthammer (W3) [Adelung]


Der Forsthammer, des -s, plur. die -hämmer, derjenige Hammer, womit ein Förster die verkauften, oder zum Verkaufe bestimmten Bäume zeichnet; das Waldeisen, das Mahleisen, die Mahlart, der Waldhammer.


Forsthaus (W3) [Adelung]


Das Forsthaus, des -es, plur. die -häuser, das Haus, oder die Wohnung eines Försters oder eines andern Forstbedienten.


Forsthenne (W3) [Adelung]


Die Forsthenne, plur. die -n, eine Henne, welche an einigen Orten, z. B. im Württembergischen, dem Forstmeister von den Unterthanen jährlich gegeben werden muß.


Forstherr (W3) [Adelung]


Der Forstherr, des -en, plur. die -en, der Grund- oder Eigenthumsherr eines Forstes; die Forstherrschaft.


Forsthufe (W3) [Adelung]


Die Forsthufe, plur. die -n. 1) Im Nürnbergischen, der District eines Forstes, welchen ein Erbförster zu besorgen hat, und die dazu gehörige Hufe an Ackern oder Wiesen; welche jetzt die Forsthuth genannt wird. 2) Eine Hufe, welche von einem Forste abgegeben, zu Acker oder Wiese gemacht, und gegen einen gewissen Zins den Unterthanen überlassen wird; das Waldgeräume. S. Forstgarbe.


Forsthüfner (W3) [Adelung]


Der Forsthüfner, des -s, plur. ut nom. sing. im Nürnbergischen, ehedem gewisse Erbförster, welche einen gewissen District des kaiserlichen Forstes zu besorgen hatte, und dabey zugleich eine Hufe Feld besaßen.


Forsthuth (W3) [Adelung]


Die Forsthuth, plur. die -en. 1) Die Huth oder Aufsicht über einen Forst; ohne Plural. 2) In dem Walde S. Sebaldi zu Nürnberg auch einer der sechs Districte, worin dieser Wald getheilet ist; ingleichen die dem Förster für die Aufsicht ausgesetzten Grundstücke.


Forst-Inspector (W3) [Adelung]


Der Forst-Inspector, des -s, oder -is, plur. die -es, ein Inspector oder Aufseher eines Forstes, welcher unter der Rentkammer und unter dem Oberforstmeister stehet; der Forstverwalter, Waldmeister.


Forstknecht (W3) [Adelung]


Der Forstknecht, des -es, plur. die -e, ein Forstbedienter, welcher unter dem Förster stehet, und von demselben zur Beobachtung weitläufiger Forstreviere gebraucht wird; ein Forstläufer, Heideläufer.


Forstläufer (W3) [Adelung]


Der Forstläufer, des -s, plur. ut nom. sing. S. das vorige.


Forstlehen (W3) [Adelung]


Das Forstlehen, des -s, plur. ut nom. sing. ein zu Lehen gegebener Theil des Forstes; Feudum forestale.


Forstlich (W3) [Adelung]


Forstlich, adj. et adv. zum Forste gehörig. Die forstliche Herrlichkeit, die Forstgerechtigkeit. Die forstliche Obrigkeit, der Grundherr eines Forstes. S. Forsteylich.


Forstmann (W3) [Adelung]


Der Forstmann, des -es, plur. die -männer, einer der des Forstwesens kundig ist. Ein erfahrener Forstmann.


Forstmäßig (W3) [Adelung]


Forstmäßig, adj. et adv. einem Forste gemäß. Das Holz forstmäßig ausschlagen, wie es die kluge Verwaltung eines Forstes erfordert.


Forstmeister (W3) [Adelung]


Der Forstmeister, des -s, plur. ut nom. sing. der Aufseher über einen großen in viele Reviere getheilten Forst, welcher die Oberförster, Förster und geringern Forstbedienten unter sich hat, und an einigen Orten ein Waldvogt, und, wenn er zugleich über das Jagdwesen gesetzt ist, der Jägermeister oder Wildmeister heißt.


Forstmiethe (W3) [Adelung]


Die Forstmiethe, plur. die -n, S. Forstzins.


Forstnagel (W3) [Adelung]


Der Forstnagel, S. Firstennagel.


Forstnutzung (W3) [Adelung]


Die Forstnutzung, plur. die -en, die Nutzung, d. i. der Gebrauch eines Forstes und dessen Ertrag.


Forstordnung (W3) [Adelung]


Die Forstordnung, plur. die -en, eine landesherrliche Verordnung in Forstsachen.


Forstrath (W3) [Adelung]


Der Forstrath, des -es, plur. die -räthe, in einigen Ländern, ein fürstlicher Rath in Forst- und Jagdsachen.


Forstrechnung (W3) [Adelung]


Die Forstrechnung, plur. die -en, eine Rechnung über den Ertrag eines Forstes.


Forstrecht (W3) [Adelung]


Das Forstrecht, des -es, plur. die -e, 1) Das oberste Eigenthumsrecht über einen Fürst, mit dem Wildbanne, und der Jagd. 2) In engerer Bedeutung, das Eigenthumsrecht über das Gehölz in einem Forste, mit Ausschließung der Jagd. 3) Das Recht der Unterthanen, in den herrschaftlichen Forsten Holz, Gras und Streu zu hohlen, und das Vieh darin zu hüthen. 4) Der Inbegriff der Forstgesetze und Forstordnungen und deren Sammlung. 5) An einigen Orten auch dasjenige Geld, welches ein Forstbedienter für die Anweisung des nöthigen Bau- und Brennholzes bekommt; das Anweisegeld.


Forstregal (W3) [Adelung]


Das Forstregal, des -es, plur. inus. die Forstgerechtigkeit, als ein Regale betrachtet, oder das oberste Eigenthumsrecht eines Landesherren über einen Forst.


Forstrevier (W3) [Adelung]


Das Forstrevier, des -es, plur. die -e, ein Revier oder Bezirk eines Forstes, welcher der Aufsicht eines Försters anvertrauet ist, und welcher auch in engerer Bedeutung ein Forst genannt wird.


Forstsache (W3) [Adelung]


Die Forstsache, plur. die -n, eine Sache, welche einen Forst, oder das Forstwesen betrifft.


Forstsäule (W3) [Adelung]


Die Forstsäule, plur. die -n, die Gränzsäule eines Forstes.


Forstschreiber (W3) [Adelung]


Der Forstschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schreiber bey einem Forstamte, oder in Forstsachen.


Forst-Secretär (W3) [Adelung]


Der Forst-Secretär, des -s, plur. die -e, ein Secretär in einem Forstamte, oder in Forstsachen.


Forststein (W3) [Adelung]


Der Forststein, des -es, plur. die -e, ein Gränzstein, welcher die Gränzen der forstlichen Obrigkeit und der Jagdgerechtigkeit anzeiget.


Forststock (W3) [Adelung]


Der Forststock, des -es, plur. die -stöcke, der Stock eines abgehauenen Baumes in einem Forste.


Forstung (W3) [Adelung]


Die Forstung, plur. die -en, im gemeinen Leben, so viel als ein Forst oder Wald.


Forstverwalter (W3) [Adelung]


Der Forstverwalter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Forstbedienter, der, wo kein Oberforstmeister ist, dessen Stelle vertritt. In großen Forsten ist er dem Oberforstmeister untergeordnet. S. Forst-Inspector.


Forstwesen (W3) [Adelung]


Das Forstwesen, des -s, plur. inus. alles was zu einem Forste, dessen Ertrag, Verwaltung u. s. f. gehöret.


Forstwirthschaft (W3) [Adelung]


Die Forstwirthschaft, plur. die -en. 1) Die Art und Weise, wie man einen Forst benutzet. 2) Die klügliche oder wirthschaftliche Benutzung eines Forstes, und die Wissenschaft derselben, die Forstwissenschaft; ohne Plural.


Forstzeichen (W3) [Adelung]


Das Forstzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. das an die schlagbaren Bäume in einem Forste gemachte Zeichen, wodurch sie dem Käufer angewiesen werden.


Forstzins (W3) [Adelung]


Der Forstzins, des -es, plur. die -e, der Zins oder die jährliche Abgabe für das Recht, das benöthigte Holz aus einem Forste zu hohlen; an einigen Orten die Forstmiethe, die Waldmiethe, der Waldzins.


Fort (W3) [Adelung]


Fort, adverb. so wohl des Ortes, als auch der Zeit. 1. Des Ortes. 1) Eigentlich. (a) Vorwärts. Immer weiter fort. Es will mit der Sache nicht fort, sie geht nicht nach Wunsche. Es will mit ihm nicht fort, sagt man von einem Menschen, dessen Nahrungsstand sich nicht bessern will. Dahin gehören auch die Zusammensetzungen fortbauen, fortbaumen, Fortgang u. s. f. (b) Von einem Orte weg, daselbst nicht mehr gegenwärtig. Dein Freund ist nicht mehr hier, er ist schon fort. Morgen müssen wir wieder fort. Warum wollen sie denn so bald wieder fort? Wo konnten wegen des übeln Wetters nicht fort. Wo alle Mahl ein Zeitwort, z. B. reifen, gehen u. s. f. darunter verstanden wird. Zuweilen ist es auch in Gestalt einer Interjection üblich. Fort mit dir, du Unverschämter! Fort, du theurer Bachusknecht! Fort, du hast genug gezecht! 2) Figürlich. (a) das Beharren in einem Zustande zu bezeichnen. Er trinket, schläfet noch immer fort. Am häufigsten in den Zusammensetzungen fortarbeiten, fortfahren, fortgehen, fortsetzen u. s. f. Dahin gehöret auch das Oberdeutsche fort und fort, immer, beständig, welches in einigen Gegenden auch für und für lautet. Fort und fort arbeiten. Wie ist die Frömmigkeit. Dem Menschen fort und fort sein bester Schirm und Schatten! Opitz. Such ich dich fort für fort, so fleuchst du stets von hier, ebend. (b) Hurtig, im gemeinen Leben, besonders in dem Zeitworte fortmachen. So fort, sogleich, auf der Stelle; im Oberd. auf der Fahrt. So fort war dieser auf den Beinen, Lichtw. (c) Zuweilen auch für ferner, doch nur in der R. A. und so fort, für und so ferner, oder und so weiter. 2. Der Zeit, eine Künftige Zeit zu bezeichnen; in welchem Sinne es aber nur im Oberdeutschen üblich ist, aus welcher Mundart es auch Luther in der Deutschen Bibel beybehalten hat. Der Acker soll fort sein Vermögen nicht geben, 1 Mos. 4, 12; Daß ihr fort nicht wieder durch diesen Weg kommen sollt, 5 Mos. 17, 18. Ich werde fort nicht mit euch seyn, Joh. 7, 12, und so in andern Stellen mehr. S. auch Fortan, Forthin und Hinfort.

Anm. 1. Dieses Nebenwort lautet im Nieders. voort, im Dän. fort, und in den Zusammensetzungen bort, im Isländ. in den Zusammensetzungen braut. Im Schwed. ist fort hurtig, und bort, ferne. Es Stammet ohne Zweitel zunächst von vor her, welches unter andern auch aus der Oberdeutschen Mundart erhellet, wo für fort nur für üblich ist, z. B. in hinfür, fürbaß, fürdauern, füröhin, u. s. f. Schon Kero gebraucht furlazzen für fortlassen, und Willeram fure seyn für fort seyn, vermuthlich nach dem Muster der Lateiner, bey denen pro in den Zusammensetzungen oft so viel als fort ist, procedere, procreare, procrastinare, procurrere, producere, proferre, proficisci, profugere, progredi u. s. f. Diese unmittelbare Abstammung von dem Vorworte vor, im Oberd. für, ist vermuthlich auch die Ursache, warum man dieses Nebenwort, wenn es den Zeitwörtern zugesellet wird, schon von Alters her mit denselben zusammen gezogen hat, welches sonst bey Nebenwörtern nicht gewöhnlich ist. Der im Hochdeutschen veraltete Comparativ von diesem Worte lautet förder, Engl. further, S. Förder. Anm. 2. Es kann fast mit allen Verbis, welche Handlung und Zustand bedeuten, zusammen gesetzt werden, von welchen in der Folge nur einige der vornehmsten angeführet werden können. Es hat daselbst drey Hauptbedeutungen. 1) Vorwärts. 2) Von einem Orte weg, wo die mit fort zusammen gesetzten Wörter auch mit weg verbunden werden können. Und 3) ein Beharren in einer Handlung oder in einem Zustande zu bezeichnen.


Fortan (W3) [Adelung]


* Fortan, adverb. welches aus fort und an zusammen gesetzt, und nur im Oberdeutschen und Niedersächsischen üblich, in der edlen Schreibart der Hochdeutschen aber unbekannt ist. 1) Von der Zeit an. Das Gewässer verlief sich fortan, 1. Mos. 8, 5. 2) Künftig, in den folgenden Zeiten. Von dem Tage, und fortan, 1 Sam. 18, 9. Gott bewahre fortan dein Haus, 2 Maccab. 14, 36. Die so nach gutem Wandel stehen Und halten eine rechte Bahn, Denselben lässet er fortan Kein Gut noch Wohlfahrt nicht entgehen, Opitz. 3) Ferner. Und so fortan, und so ferner. Im Nieders. lautet dieses Wort vordan.


Fortarbeiten (W3) [Adelung]


Fortarbeiten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, fortfahren zu arbeiten.


Fortbau (W3) [Adelung]


Der Fortbau, des -es, plur. inus. in dem Bergbaue, die Fortsetzung des Bergbaues.


Fortbauen (W3) [Adelung]


Fortbauen, verb. reg. neutr. mit haben. 1) Einem Bau dem Orte fortsetzen. Auf dem rechten Flügel fortbauen. In der Tiefe fortbauen, im Bergbaue. 2) Fortfahren zu bauen.


Fortbaumen (W3) [Adelung]


Fortbaumen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bey den Jägern, von einem Baume zu dem andern springen, von den Mardern, Katzen und Eichhörnern; fortholzen. Siehe Baumen.


Fortblasen (W3) [Adelung]


Fortblasen, verb. irreg. ( S. Blasen,) 1) Neutrum, mit haben, fortfahren auf einem Blase-Instrumente zu spielen. 2) Activum durch Blasen mit dem Munde entfernen, wegblasen.


Fortbringen (W3) [Adelung]


Fortbringen, verb. irreg. act. ( S. Bringen,) 1) Von einem Orte wegbringen. Ein Schiff fortbringen, mit Rudern. Er ist so faul, man kann ihn durch nichts fortbringen. Die Soldaten haben von der Beute nichts fortgebracht. 2) Vorwärts bringen, in einigen figürlichen R. A. Gewächse, Pflanzen fortbringen, ihren Wachsthum u. s. f. gehörige Wartung befördern. Sich fortbringen, sich die nöthigen Bedürfnisse verschaffen. Kunst bringt überall fort. Einen fortbringen, ihn befördern, im gemeinen Leben. So auch die Fortbringung.


Fortdauer (W3) [Adelung]


Die Fortdauer, plur. inus. das Beharren in der Dauer, die Fortsetzung der Dauer oder des Daseyns. Die Unbegreiflichkeit der Fortdauer unserer Seele nach der Trennung von ihrem Körper darf uns am wenigsten beunruhigen, Gell.


Fortdauern (W3) [Adelung]


Fortdauern, verb. reg. neut. mit haben, fortfahren zu dauern, oder zu seyn. Lerne das verachten, was vergeht, und das hochschätzen, was fortdauert. Die fortdauernden Unruhen des Krieges. Im Oberdeutschen fürdauern.


Forteilen (W3) [Adelung]


Forteilen, verb. reg. neutr. mit seyn, von einem Ort weg eilen. Wir bathen ihn zu bleiben, allein er eilete fort.


Fortfahren (W3) [Adelung]


Fortfahren, verb. irreg. ( S. Fahren,) welches in doppelter Gattung üblich ist. I. Als ein Neutrum. 1) Mit seyn, vorwärts fahren, von einem Orte weg fahren. Mit dem Wagen, mit dem Schiffe fortfahren. Die Post fuhr und ließ uns zurück. 2) Mit haben, in einer Handlung beharren, eine Handlung fortsetzen. Fortfahren zu arbeiten, zu reden, zu spielen, zu singen u. s. f. In einer Sache fortfahren. Ihr fahret immer fort mit Morden, Ezech. 33, 26. Ingleichen, fortfahren zu reden. Wüßtest du, fuhr er fort, wie viel mir daran lieget u. s. f. Viele gebrauchen dieses Zeitwort, aber nicht auf die beste Art, von dem beharren in einem Zustande, wozu sie durch das Franz. continuer verleitet werden; z. B. der Komet fähret noch fort, in den Frühstunden sichtbar zu seyn. Welches auch um deßwillen nicht zu billigen ist, weil fahren eigentlich eine Handlung ausdruckt; S. Fahren S. 17, 5. II. Als ein Activum, vermittelst eines Fuhrwerkes von einem Orte wegbringen. Das Holz, die Erde, die Steine fortfahren.


Fortfliegen (W3) [Adelung]


Fortfliegen, verb. irreg. neutr. ( S. Fließen,) mit dem Hülfswort seyn, erfordert, von einem Orte weg fliegen. Die Vögel sind fortgeflogen. Dän. Bortflyve.


Fortfließen (W3) [Adelung]


Fortfließen, verb. irreg. neutr. ( S. Fließen,) mit dem Hülfsworte seyn. 1) Wegfließen. Das Wasser ist fortgeflossen. 2) Fortfahren zu fließen. Der Brunnen fließet noch fort.


Fortführen (W3) [Adelung]


Fortführen, verb. reg. act. 1) Von einem Orte wegführen. Er ward so ohnmächtig, daß man ihn fortführen mußte. Steine mit dem Wagen fortführen. 2) Fortfahren zu führen. Den Krieg fortführen. Einen Prozeß fortführen. Den Staat fortführen. Daher die Fortführung.


Fortgang (W3) [Adelung]


Der Fortgang, des -es, plur. inus. die Handlung des Fortgehens; doch nur in einigen figürlichen Bedeutungen. 1) Die Fortdauer. Ein ununterbrochener Fortgang des Glückes. Der Fortgang einer Krankheit. Die Sache hat keinen Fortgang. 2) Gelangung zur Wirklichkeit. Die Reise, die Hochzeit hat ihren Fortgang. Die Sache hat keinen Fortgang. 3) Zunahme, Wachsthum, glücklicher Erfolg. Der Fortgang, den eine Nation in ihren Kenntnissen macht. Je früher wir diese Arbeit anfangen, desto mehr Fortgang gewinnet sie, Gell. S. Fortschritt.


Fortgehen (W3) [Adelung]


Fortgehen, verb. irreg. neutr. ( S. Gehen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1. Weggehen; sich gehend von einem Orte entfernen. Er ist längst fortgegangen. Nun geht es fort, d. i. nun reisen wir ab. 2. Fortfahren zu gehen. 1) In eigentlicher und weiterer Bedeutung. Die Uhr geht noch fort. Noch mehr 2) in figürlichen Verstande. (a) Fortgesetzt werden. Ist die Sache richtig, so gehet ihr holdseliges Singen wieder fort, Gell. (b) Fortbauen. Die Begierden gehen ohne Aufhören fort, und können keinen Widerstand leiden, wenn sie Ein Mahl gewöhnt sind, in allem befriedigt zu werden, Dusch. Da er seinen Zorn ließ fortgehen, Ps. 78, 50. (c) Zur Wirklichkeit gebracht werden. Die Reise geht noch fort. Die Hochzeit ist nicht fortgegangen, wo doch vor sich gehen oder Fortgang haben üblicher sind. (d) Gelingen, einen guten Erfolg haben. Als Ahitophel sahe, daß sein Rath nicht fortgegangen war, 2 Sam. 17, 23. Erzörne dich nicht über den, dem sein Muthwill glücklich fortgehet, Ps. 37, 7. Wo doch Fortgang haben im Hochdeutschen gleichfalls üblicher ist.


Fortglimmen (W3) [Adelung]


Fortglimmen, verb. irreg. neutr. ( S. Glimmen,) welches das Hülfswort haben erfordert, fortfahren zu glimmen. Das Feuer glimmet unter der Asche fort.


Fortgraben (W3) [Adelung]


Fortgraben, verb. irreg. neutr. ( S. Graben,) welches das Hülfswort haben bekommt. 1) Weiter graben, dem Orte nach. Man muß hier fortgraben. 2) Fortfahren zu graben.


Forthäkeln (W3) [Adelung]


Forthäkeln, verb. reg. act. Den Faden forthäkeln, bey den Spinnerinnen, ihn auf das folgende Häkchen in dem Flügel der Spule legen, welches auch forthängen genannt wird.


Forthelfen (W3) [Adelung]


Forthelfen, verb. irreg. act. ( S. Helfen,) 1) Von einem Orte weghelfen. Einem oder einen Ausreißer forthelfen. Der Stockmeister hat den oder dem Gefangenen fortgeholfen. 2) Vorwärts helfen, weiter helfen, so wohl eigentlich, einem Lahmen forthelfen; als auch figürlich, seinen Freund forthelfen, seinen Vermögenszustand unterstützen. Einem Reisenden forthelfen, ihm die zur Fortsetzung seiner Reise nöthigen Bedürfnisse verschaffen. So auch die Forthelfung. S. Helfen.


Forthetzen (W3) [Adelung]


Forthetzen, verb. reg. act. von einem Orte hinweg hetzen. Hätt ich den Schöps gesehn, ich hätte mich ergetzt, Und ihn mit größter Luft noch weiter fortgehetzt, Rost.


Forthin (W3) [Adelung]


Forthin, adverb. temp. welches für künftig im Oberdeutschen und in der edlen Schreibart der Hochdeutschen üblich ist. Sie müssen forthin alles genau überlegen. Und soll forthin kein Dorn - bleiben, Ezech. 28, 24. Daß die sie forthin nicht mehr fressen sollen, Kap. 34, 10. Im Oberd. auch förderhin, fürohin. S. auch Hinfort.


Forthinken (W3) [Adelung]


Forthinken, verb. reg. neutr. 1) Von einem Orte weghinken, mit dem Hülfsworte seyn. 2) Fortfahren zu hinken, mit dem Hülfsworte haben.


Fortjagen (W3) [Adelung]


Fortjagen, verb. reg. act. von einem Orte wegjagen.


Fortkommen (W3) [Adelung]


Fortkommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1. Von einem Orte wegkommen, entkommen. Der Ausreißer, der Gefangene ist glücklich fortgekommen. 2. Vorwärts kommen. 1) Eigentlich. Der Weg ist so böse, daß man nicht fortkommen kann. 2) Figürlich. (a) Fortfahren zu wachsen, von Gewächsen. Die Theepflanze kommt bey uns nicht fort. Die Pflanzen sind gut fortgekommen. (b) Seinen Unterhalt mit etwas erwerben. Ein Künstler kommt überall fort. Für Görgen ist mir gar nicht bange, Der kommt gewiß durch seine Dummheit fort, Gell.


Fortkönnen (W3) [Adelung]


Fortkönnen, verb. irreg. neutr. ( S. Können,) welches das Hülfswort haben erfordert, und nur im gemeinen Leben üblich ist, für fortkommen können. Er kann nicht fort, d. i. er kann nicht fortreisen.


Fortkriechen (W3) [Adelung]


Fortkriechen, verb. irreg. neutr. ( S. Kriechen,) mit seyn, von einem Orte wegkriechen.


Fortlassen (W3) [Adelung]


Fortlassen, verb. irreg. act. ( S. Lassen,) welches ein anderes verschwiegenes Zeitwort voraus setzet. Man wollte ihn nicht fortlassen, d. i. fortgehen, fortreisen lassen.


Fortlaufen (W3) [Adelung]


Fortlaufen, verb. irreg. neutr. ( S. Laufen,) mit seyn. 1) Davon laufen, entlaufen. 2) Fortfahren zu laufen.


Fortleben (W3) [Adelung]


Fortleben, verb. reg. neutr. mit haben, fortfahren zu leben. Sie werden gleichwohl fortleben nach ihrem Geitz, Ezech. 33, 31.


Fortlesen (W3) [Adelung]


Fortlesen, verb. irreg. neutr. ( S. Lesen,) mit haben, fortfahren zu lesen. Daher die Fortlesung.


Fortmachen (W3) [Adelung]


Fortmachen, verb. reg. 1. Act. Sich fortmachen, im gemeinen Leben, entfliehen. 2. Neutr. mit haben, eilen; doch nur in der niedrigen Sprechart, besonders Niedersachsens. Mache fort, eile.


Fortpflanzen (W3) [Adelung]


Fortpflanzen, verb. reg. act. 1) Weiter pflanzen, dem Orte nach. Ein Gewächs fortpflanzen, es von einem Orte wegpflanzen. 2) Der Art oder Gattung nach vermehren, fortdauern machen, eigentlich von Pflanzen, in figürlichen Verstande auch von Thiere, ja von fast allen Dingen. Gewächse fortpflanzen, neue von eben derselben Art erzeugen. Sein Geschlecht fortpflanzen. Eine Krankheit fortpflanzen. Er hat die Tugend seiner Ahnen auf seine Nachkommen fortgepflanzet, Sonnenf. So auch die Fortpflanzung.


Fortreisen (W3) [Adelung]


Fortreisen, verb. reg. neutr. mit seyn. 1) Von einem Orte wegreisen. 2) Eine Reise fortsetzen, fortfahren zu reisen, im gemeinen Leben.


Fortreißen (W3) [Adelung]


Fortreißen, verb. irreg. act. ( S. Reißen,) 1) Von einem Orte wegreißen. Ich wollte nicht mitgehen, aber er riß mich fort. Der Strom riß das ganze Gebäude mit sich fort. 2) Vorwärts reißen, in figürlichem Verstande. Die Schönheit eines Gegenstandes reißt uns zu dessen Betrachtung fort. Sich von der Gewalt der Beyspiele zu falschen Aussprüchen fortreißen lassen, Gell. So auch die Fortreißung.


Fortreiten (W3) [Adelung]


Fortreiten, verb. irreg. neutr. ( S. Reiten,) welches das Hülfswort seyn erfordert, wegreiten. Sie sind schon wieder fortgeritten.


Fortrollen (W3) [Adelung]


Fortrollen, verb. reg. act. vorwärts rollen, weiter rollen, wegrollen. Große Seelen halten sich an den Himmel fest, und lassen die Erde unter sich fortrollen, Dusch.


Fortrucken (W3) [Adelung]


Fortrucken, verb. reg. neutr. mit seyn, weggerückt werden, vorwärts rucken. Bey Leibe sprich kein Wort, Sonst rückt (ruckt) der Schatz auf ewig fort, Gell S. Rucken.


Fortrücken (W3) [Adelung]


Fortrücken, verb. reg. act. wegrücken, vorwärts rücken. Einen Stuhl, einen Tisch fortrücken. Daher die Fortrückung. S. Rücken.


Fortrudern (W3) [Adelung]


Fortrudern, verb. reg. neutr. mit seyn, wegrudern, sich vermittelst des Ruder von einem Orte entfernen.


Fortsatz (W3) [Adelung]


Der Fortsatz, des -es, plur. die -sätze, was fortgesetzet wird, doch nur in der Anatomie, wo ein hervorragender Theil an einem Knochen, Apophysis, ein Fortsatz genannt wird. Sieh. Ansatz 2.


Fortschaffen (W3) [Adelung]


Fortschaffen, verb. reg. act. wegschaffen, von einem Orte entfernen. Steine, Holz fortschaffen. Einen Reisenden fortschaffen, ihm die Bedürfnisse zur Reise verschaffen. Warum schaffen sie ohne Maßgebung die Magd nicht fort? Gell. d. i. warum danken sie sie nicht ab? So auch die Fortschaffung.


Fortschicken (W3) [Adelung]


Fortschicken, verb. reg. act. von einem Orte wegschicken. Waaren, Briefe fortschicken. Jemanden mit einer langen Nase fortschicken, figürlich im gemeinen Leben. Daher die Fortschickung.


Fortschieben (W3) [Adelung]


Fortschieben, verb. irreg. act. ( S. Schieben,) weiter schieben, von einem Orte wegschieben. Einen Schrank fortschieben.


Fortschiffen (W3) [Adelung]


Fortschiffen, verb. reg. neutr. mit seyn, von einem Orte wegschiffen. Daher die Fortschiffung.


Fortschleichen (W3) [Adelung]


Fortschleichen, verb. irreg. recipr. ( S. Schleichen,). Sich fortschleichen, sich von einem Orte schleichend entfernen. Daher die Fortschleichung.


Fortschlendern (W3) [Adelung]


Fortschlendern, verb. reg. neutr. mit seyn, mit träger Nachlässigkeit weg, oder weiter gehen.


Fortschleppen (W3) [Adelung]


Fortschleppen, verb. reg. act. vorwärts schleppen, weiter schleppen, von einem Orte wegschleppen. Daher die Fortschleppung.


Fortschreiten (W3) [Adelung]


Fortschreiten, verb. irreg. neutr. ( S. Schreiten,) welches das Hülfswort seyn erfordert, weiter schreiten, vorwärts schreiten, bedachtsam fortgehen. Vornehmlich in figürlichen Verstande. Frisch, Lucie, schreite kühn von einem Laster zum andern fort. Von einer Materie zu einer andern fortschreiten, im Reden oder Schreiben. Daher die Fortschreitung.


Fortschritt (W3) [Adelung]


Der Fortschritt, des -es, plur. die -e, welches in der edlern Schreibart in allen Bedeutungen des Wortes Fortgang üblich ist. 1) Die Fortdauer, doch selten und ohne Plural. 2) Gelangung zur Wirklichkeit, auch nur selten, gleichfalls ohne Plural. Am häufigsten, allmähliche Zunahme in einer Fertigkeit, in einem Zustande. Wenn die Schüler ferner solche Fortschritte machen, in ihrer Erkenntniß zunehmen.


Fortsegeln (W3) [Adelung]


Fortsegeln, verb. reg. neutr. mit seyn, sich vermittelst der Segel von einem Orte entfernen.


Fortsenden (W3) [Adelung]


Fortsenden, verb. irreg. act. ( S. Senden,) von einem Orte wegsenden. Briefe, Waaren fortsenden. Daher die Fortsendung.


Fortsetzen (W3) [Adelung]


Fortsetzen, verb. reg. act. weiter setzen, vorwärts setzen. 1) Eigentlich. Eine Pflanze fortsetzen, sie weiter pflanzen. Einen Stein im Bretspiele fortsetzen. Einen Schüler in der Schule fortsetzen, ihn in eine höhere Classe setzen. 2) Figürlich, in einer Handlung fortfahren. Eine Arbeit fortsetzen. Seinen Weg, eine Reise fortsetzen. Einen Krieg, eine Erzählung, das Spiel fortsetzen. So auch die Fortsetzung.


Fortsingen (W3) [Adelung]


Fortsingen, verb. irreg. neutr. ( S. Singen,) mit haben, fortfahren zu singen. Wenn die eine Stimme fortsinget, und die andern schweigen.


Fortspielen (W3) [Adelung]


Fortspielen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, fortfahren zu spielen.


Fortstecken (W3) [Adelung]


Fortstecken, verb. reg. act. weiter stecken. Einen Pflock, einen Nagel fortstecken, ihn in das nächste Loch vorwärts stecken. Daher die Fortsteckung, und der Fortstecknagel, in der Landwirthschaft, ein Nagel am Pfluge, durch dessen Fort- oder Zu- rücksteckung der Pflug leicht oder tief gestellet werden kann, und welcher auch der Stößel heißt.


Fortstellen (W3) [Adelung]


Fortstellen, verb. reg. act. weiter stellen. Im Oberdeutschen auch figürlich für fortsetzen, in einer Handlung fortfahren. Daher die Fortstellung.


Fortstoßen (W3) [Adelung]


Fortstoßen, verb. irreg. act. ( S. Stoßen,) 1) Wegstoßen, durch Stoßen von einem Orte entfernen. 2) Vorwärts stoßen, weiter stoßen. 3) Fortfahren zu stoßen. So auch die Fortstoßung.


Forttragen (W3) [Adelung]


Forttragen, verb. irreg. act. ( S. Tragen,) wegtragen, weiter tragen. Im Bergbaue wird ein Feld fortgetragen, wenn man an einem andern Orte auf Erz suchen Will, als an welchem man angewiesen ist. Daher die Forttragung.


Forttreiben (W3) [Adelung]


Forttreiben, verb. irreg. act. ( S. Treiben,) 1) Wegtreiben, treibend von einem Orte entfernen. 2) Weiter treiben. Einen Ort forttreiben, im Bergbaue. In einigen Fällen auch für fortsetzen, in verächtlichem Verstande. Das Spiel, den Trunk, das ausschweifende Leben forttreiben. Daher die Forttreibung.


Forttrieb (W3) [Adelung]


Der Forttrieb, des -es, plur. inus. die Handlung des Forttreibens, doch nur in der zweyten Bedeutung und im Bergbaue. Der Forttrieb eines Stollortes bis zu einer ansehnlichen Teufe.


Forttrollen (W3) [Adelung]


Forttrollen, verb. reg. recipr. Sich forttrollen, sich trollend wegbegeben, im gemeinen Leben und der komischen Sprechart.


Fortwachsen (W3) [Adelung]


Fortwachsen, verb. irreg. neutr. ( S. Wachsen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, fortfahren zu wachsen. Die Pflanzen sind nicht fortgewachsen.


Fortwähren (W3) [Adelung]


Fortwähren, verb. reg. neutr. mit haben, fortfahren zu währen, d. i. zu dauern. Ein fortwährendes Glück.


Fortwallen (W3) [Adelung]


Fortwallen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn bekommt, fortfahren zu walle, d. i. zu wandeln, in der poetischen Schreibart. Dadurch verirrt er sich, pflegt furchtsam fortzuwallen, Und lebet, ja noch mehr, stirbt andern zu Gefallen, Can.


Fortwälzen (W3) [Adelung]


Fortwälzen, verb. reg. act. wegwälzen, weiter wälzen. Wer den Stein nicht heben kann, der muß ihn fortwälzen. Daher die Fortwälzung.


Fortwandeln (W3) [Adelung]


Fortwandeln, verb. reg. neutr. mit seyn, weiter wandeln, wegwandeln, in der höhern Schreibart. Lasset uns alle Strahlen dieses Lichtes sorgfältig sammeln, und bey dessen Klarheit fortwandeln, Sonnenf.


Fortwandern (W3) [Adelung]


Fortwandern, verb. reg. neutr. mit seyn, wegwandern, weiter wandern. Daher die Fortwanderung.


Fortwehen (W3) [Adelung]


Fortwehen, verb. reg. act. wehend von einem Orte entfernen. Der Wind hat allen Sand fortgewehet.


Fortweisen (W3) [Adelung]


Fortweisen, verb. irreg. act. ( S. Weisen,) wegweisen, weiter weisen. Einen Bettler fortweisen, abweisen.


Fortwollen (W3) [Adelung]


Fortwollen, verb. reg. neutr. mit haben. Ich habe lange fortgewollt, d. i. fortgehen, fortreisen wollen.


Fortwurzeln (W3) [Adelung]


Fortwurzeln, verb. reg. neutr. 1) Mit dem Hülfsworte seyn, weiter wurzeln, sich mit den Wurzeln weiter ausbreiten. Die Quecken wurzeln sehr weit fort. 2) Mit haben, fortfahren zu wurzeln, d. i. Wurzeln zu treiben. Die versetzten Bäume wurzeln nicht fort.


Fortziehen (W3) [Adelung]


Fortziehen, verb. irreg. ( S. Ziehen,) welches in doppelter Gattung üblich ist. 1. Als ein Neutrum. 2) Mit dem Hülfsworte seyn, wegziehen, sich mit seinem Gepäcke oder mit seinem Gefolge von einem Orte entfernen. Die Soldaten sind fortgezogen. Die Vögel sind schon fortgezogen. Das Wildbret, die Hunde ziehen fort, bey den Jägern, wenn sie weiter gehen. 2) Mit haben, fortfahren zu ziehen. 2. Als ein Activum, wegziehen, weiter ziehen, ziehend von einem Orte entfernen. Einen Wagen fortziehen.


Förzel (W3) [Adelung]


Der Förzel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Bürzel.


Foß (W3) [Adelung]


* Foß, adj. et adv. welches nur in den gemeinen Mundarten üblich ist, so zähe, daß es sich fasert. Sohlleder, Holz ist foß, wenn es im Gebrauche sich in Fasen auflöset; von welchem Worte es vermuthlich auch abstammet.


Fossil (W3) [Adelung]


Das Fossil, des -s, plur. die Fossilien, aus dem Lat. Fossile, in der Naturgeschichte, Körper, welche in und auf der Erde angetroffen werden, wo sie wachsen, aber nicht organisiret sind; Mineralien.


Fourier (W3) [Adelung]


Der Fourier, S. Furier.


Fourniren (W3) [Adelung]


Fourniren, S. Furniren.


Fracht (W3) [Adelung]


Die Fracht, plur. die -en. 1) Die Ladung eines Wagens oder Schiffes, welche man einem Fuhrmanne oder Schiffer zu verführen anvertrauet, so viel dessen Wagen oder Schiff an Waaren fassen und fortschaffen kann. Mit voller Fracht fahren, oder volle Fracht haben, wenn ein Wagen oder Schiff völlig beladen ist; zum Unterschiede von der halben Fracht, wenn etwas daran fehlet. 2) Waaren, welche ein Fuhrmann oder Schiffer für Geld von einem Orte zum andern verführet. Fracht suchen, bekommen, haben. Fracht oder Frachten führen, für Geld Waaren verführen. Wenn dann vielleicht der Wellen schwarzen Rachen Den Frachten droht und Mast und Kiel ereilt, Haged. 3) Der Lohn, der für diese Fortbringung der Waaren dem Fuhrmanne oder Schiffer bezahlet wird; das Frachtgeld. Die Fracht ist theuer. Die ganze Fracht, die halbe Fracht bezahlen. Einem Fuhrmanne die Fracht zurück halten.

Anm. In allen diesen Bedeutungen, besonders aber in der dritten lautet dieses Wort im Schwed. Frakt, im Dän. Fragt, im Holländ. Vracht, im Engl. Fraight, im Franz. Fret, und im Span. Flete. Im mittlern Lat. ist Fretta, Frectagium, und Frettatio, das Frachtgeld und die Miethung eines Lastschiffes, frettare aber ein Lastschiff miethen. Franz. freter. Die Abstammung dieses Wortes ist so gewiß noch nicht. Casaubonus leitet es von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Wachter von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, her, welche beyde eine Last bedeuten; Schilter und Ihre aber von dem alten Oberd. Freht, Verdienst, welches schon bey dem Kero vorkommt, wo es Kevurahti heißt. Bey dem Notker ist frehton verdienen, und bey dem Ottfried Frehtin Arbeit, Verdienst. Wäre dieses Wort, welches zu Werk, wirken gehöret, das Stammwort, so würde die dritte Bedeutung für die erste und eigentliche angesehen werden müssen. Indessen scheint Frischens Meinung doch noch wahrscheinlicher, der es von fahren ableitet, welches in mehrern Ableitungen und Mundarten ein ch am Ende hat, wie aus Furche, dem Oberd. Färge, Feriche, Verch, ein Schiffer, ferchen, führen, weiter schaffen, Fercher, ein Spediteur, ( S. Ferchen) u. a. m. erhellet. An die Versetzung des r darf sich niemand stoßen, weil sie in allen Sprachen nichts seltenes ist; S. R. Indessen verdienet doch bemerkt zu werden, daß fragte im Dän. miethen, dingen, und im mittlern Lat. Fractum und Fractus Kosten, Aufwand, Franz. Frais, bedeutet. Im Osnabrückischen ist Picker ein Fuhrmann, der Fracht führet, pickern Fracht führen, und Pickerwagen ein Frachtwagen.


Frachtbar (W3) [Adelung]


Frachtbar, -er, -ste, adj. et adv. was als Fracht verführet werden kann.


Frachtbrief (W3) [Adelung]


Der Frachtbrief, des -es, plur. die -e. 1) Ein Zettel, welcher dem Fuhrmanne oder Schiffer mitgegeben wird, und worauf der Nahme des Versenders der Fracht, dessen, an den sie gerichtet ist, des Fuhrmannes oder Schiffers, der sie verführet, das Gewicht, das bedungene Frachtgeld u. s. f. verzeichnet ist; der Frachtzettel. 2) Ein zusammen gelegtes unversiegeltes Papier, mit welchem man ein auf die Post gegebenes Packet begleite, und worauf bloß der Nahme und Wohnort des Empfängers verzeichnet ist.


Frachten (W3) [Adelung]


Frachten, verb. reg. act. als Fracht fortschaffen. Viele Waaren nach Hamburg frachten, entweder um Lohn für andere dahin führen, oder auch dahin als Fracht schicken. S. Fracht.


Frachter (W3) [Adelung]


Der Frachter, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher Waaren durch einen Fuhrmann oder Schiffer versendet, und noch häufiger der Befrachter genannt wird. S. dieses Wort.


Frachtfuhrmann (W3) [Adelung]


Der Frachtfuhrmann, des -es, plur. die Frachtfuhrleute, ein Fuhrmann, welcher Waaren um Lohn verführet.


Frachtgeld (W3) [Adelung]


Das Frachtgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, Geld, welches man einem Fuhrmanne oder Schiffer für die Verführung der Waaren bezahlte, und welches auch nur schlechthin die Fracht genannt wird.


Frachtgut (W3) [Adelung]


Das Frachtgut, des -es, plur. die -güter, Güter, d. i. Waaren, als eine Fracht betrachtet.


Frachthandel (W3) [Adelung]


Der Frachthandel, des -s, plur. inus. diejenige Art der Handlung, besonders zur See, da man die Waaren anderer für Bezahlung von einem Orte zum andern schafft. Die Holländer treiben den stärksten Frachthandel.


Frachtschiff (W3) [Adelung]


Das Frachtschiff, des -es, plur. die -e, ein Schiff, welches die Waaren anderer um Lohn verführet, ein gemiethetes Lastschiff.


Frachtwagen (W3) [Adelung]


Der Frachtwagen, des -s, plur. ut nom. sing. ein großer starker Wagen, Waaren von einem Orte zum andern auf demselben zu verführen.


Frachtzettel (W3) [Adelung]


Der Frachtzettel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Frachtbrief.


Frack (W3) [Adelung]


Der Frack, des -es, plur. die -e, ein Englischer Überrock von grobem Tuche. So wie diese Art Überröcke zunächst aus England zu uns gekommen sind, so ist auch der Nahme aus dieser Sprache entlehnet, obgleich derselbe in andern Ländern auch nicht unbekannt ist. Im Franz. ist Froc eine Mönchskutte, und im mittlern Lateine Frocus, Froccus, Floccus, Flocus, ein weites Kleid von grobem Tuche, vielleicht, weil es rauch und flockig war. Ohne Zweifel gehöret auch das Gallische Braccae hierher, welches eine Art weiter Kleidung bedeutete, die bey den Galliern, Medern, Sarmaten u. s. f. üblich war, wie aus dem Persius, Mela, Hyginus, Lucan, Ovidius und andern erhellet. S. Flocke, Rock und Schabracke.


Fragamt (W3) [Adelung]


Das Fragamt, des -es, plur. die -ämter, die Oberdeutsche Benennung eines Addreß- oder Intelligenz-Comptoirs, wo man nach verschiedenen vorkommenden Sachen fragen kann.


Frage (W3) [Adelung]


Die Frage, plur. die -n, von dem folgenden Zeitworte fragen. 1) Der Zustand, da man fraget; doch nur in einigen besondern Fällen. So heißt im l'Hombre Spiel eine Frage, oder Anfrage; derjenige Zustand der Karten, da man ein einfaches Spiel wagen kann. Eine Frage in Caro haben. Es war nur eine Frage, ein einfaches Spiel, zum Unterschiede von dem Sole, Mediateur u. s. f. In den Rechten ist die peinliche Frage so viel als die Tortur. Auf die peinliche Frage erkennen, einen Gefangenen dazu verurtheilen. Auf die peinliche Frage kommen, auf die Tortur kommen. 2) Die Rede, worin oder womit man fraget. Eine Frage thun, vorbringen. Auf eine Frage antworten. So viele Fragen kann ich nicht auf Ein Mahl beantworten. Wenn sie so viel dabey empfänden als ich, so würden sie diese Frage nicht an mich thun, Gell. Ob ich ihm viele Freude machen werde, das ist eine andere Frage, Weiße. Es entsteht die Frage, ob die Sache auch wirklich geschehen ist. Es ist noch die Frage (man kann noch die Frage thun, es ist noch ungewiß,) ob er jemahls verheirathet gewesen ist. Davon ist die Frage nicht, davon ist die Rede nicht, oder die Frage betrifft nicht diese Sache. Eine Frage aufwerfen, sie andern zur Beantwortung vorlegen.

Anm. Bey dem Ottfried Fraga. Kero gebraucht Antfrahidu für Anfrage. S. das folgende.


Fragen (W3) [Adelung]


Fragen, verb. reg. act. nähere Bestimmung einer unbestimmten oder unbekannten Sache verlangen. 1) Eigentlich, mit der vierten Endung der Person. Er fragte mich, ob ich ihn nicht gesehen hätte. Ich frage dich auf dein Gewissen, auf deinen Eid. Einen Verbrecher peinlich fragen, ihn mit Anwendung der Tortur befragen. Die Sache, deren Bestimmung man verlanget, bekommt, wenn sie nicht vermittelst der Partikeln ob, wenn, wie, wer, was, u. s. f. ausgedruckt wird, am häufigsten das Vorwort nach. Ich frage ihn nach der Ursache seines Zornes. Hat niemand nach mir gefragt? Nach dem Preise einer Waare, nach dem rechten Wege fragen. Neugieriger Myrtill, wer wird nach allem frage? Gell. Zuweilen auch das Vorwort um. Frage Priester um das Gesetz, Hagg. 2, 12. Frage deine Jünglinge darum, die werdens dir sagen, 1 Sam. 25, 8. Am häufigsten in der R. A. Jemanden um Rath fragen, d. i. ihn fragen, was in dieser Sache sein Rath ist, Frage deine Ältern darum, frage sie, was ihr Wille in dieser Sache ist. Zuweilen findet auch die vierte Endung der Sache ohne Vorwort Statt. Das Weib Jeroboam kommt, daß sie von dir eine Sache frage, 1 Kön. 14, 5. Ich will euch auch ein Wort fragen, Matth. 21, 24. Ich will dich nur eins fragen. Ich möchte sie nur etwas fragen. Er fragt mich vielerley Sachen. Wer viel fragt, bekommt viele Antworten. Im l'Hombre Spiele bedeutet fragen absolute, fragen, ob die Mitspiele ein einfaches Spiel erlauben wollen. Auch das Reciprocum sich fragen steht zuweilen unpersönlich, eine ungewisse Sache auszudrücken. Es fragt sich noch, ob die Sache auch wahr ist, man kann fragen, ob u. s. f. Nun fragt sichs, ob er wirklich da gewesen ist. 2) Figürlich, sich um etwas bekümmern, Sorge dafür tragen, es achten, hochschätzen, mit dem Vorworte nach. Ob jemand klug sey und nach Gott frage, Ps. 14, 3. Die nach dem Herrn fragen, werden, ihn preisen, Ps. 22, 27. Wer nach Gottes Wort fraget, der wirds reichlich überkommen, Sir. 32, 19. Im Hochdeutschen nur noch verneinungsweise, und im gemeinen Leben. Er fragt nach niemanden, hat für niemand Achtung, bekümmert sich um keinen Menschen. Er fragt nichts nach dem Gelde, er achtet es nicht. Oder doch im verneinenden Verstande. Was sollte Gott nach ihnen fragen, was sollte der Höchste ihr achten, Ps. 73, 11. Was fragt er nach allen Ermahnungen? Er fragt viel darnach, d. i. nichts. Er fragt den Henker darnach, wenn er gleich verspottet wird. Was frag' ich nach der Himmelssphäre Und nach dem ganzen Sternenlauf? Gell.

Anm. Fragen, Nieders. gleichfalls fragen, bey dem Ulphilas fraihnan, bey dem Kero frahen, im Isidor fraghen, im Schwed. fraega, im Lat. ohne Blaselaut rogare, scheinet ehedem eine allgemeinere Bedeutung gehabt zu haben. Im Boxhorns Glossen ist fragen zaudern, Infragunga das Zaudern. Im Schwed. bedeutet fraegna, und im Isländ. frae, durch Fragen erfahren. In eben diesen Sprachen ist Fraegd und Fraegn das Gerücht, und fraegur, Angels. gefraege, Wallis. ffraeth, berühmt. In Nürnberg hat man von diesem Zeitworte das Frequent. frägeln, oft fragen, und in Österreich fratscheln, nachforschen, Wend. praschat. Daher ist in Nürnberg Pfragler und im Österreich. Fragner, Fratschler, ein Obsthändler, Höke. Daß einige Niedersachsen, wenn sie Hochdeutsch reden wollen, dieses Zeitwort im Imperf. irregulär abwandeln, ich frug, für ich fragte, ist schon von andern gerüget worden. Häufiger, aber darum nicht richtiger, ist die Abwandelung des Präsentis du frägst, er frägt, für du fragst, er fragt.


Fragepunct (W3) [Adelung]


Der Fragepunct, des -es, plur. die -e, in den Rechten, derjenige Punct, über welchen jemand befraget wird; auch das Fragestück.


Frager (W3) [Adelung]


Der Frager, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher fragt; ein wenig gebräuchliches Wort, welches doch Ezech. 14, 10 vorkommt.


Fragestück (W3) [Adelung]


Das Fragestück, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben und in den Rechten, eine Frage, S. Fragepunct.


Frageweise (W3) [Adelung]


Die Frageweise, plur. die -n, die Weise oder Lehrart, in Fragen und Antworten. Die Hübnerische Frageweise.


Frageweise (W3) [Adelung]


Frageweise, adverb. in Gestalt einer Frage.


Fragselig (W3) [Adelung]


Fragselig, -er, -ste, adj. et adv. Fertigkeit besitzend, nach vielem zu fragen, besonders wenn es ohne gehörige Vorsicht und Überlegung geschiehet. Ein fragseliger Mensch. So auch die Fragseligkeit. S. - selig.


Fraiß (W3) [Adelung]


* Die Fraiß, oder die Fraisch, plur. inus. ein nur im Oberdeutschen bekanntes Wort. 1) Schrecken, Furcht, Schmerzen, Gefahr. Sina freisun, seine Schmerzen, Ottfr. An andern Orten gebraucht er Freisu für Gefahr. Im Holländ. und Nieders. ist Vreese, und im Fries. Feyse, gleichfalls Furcht, und vresen fürchten; wohin auch das Franz. affreux und Engl. afraid, fürchterlich, furchtsam, gehören. 2) Die fallende Sucht, die Epilepsie, welche in andern Gegenden auch das Fraiß, das Fraischel lautet. 3) Die Gerichtbarkeit über Leben und Tod, der Blutbann, die Obergerichte, welche auch die Fraißzent und das Fraischrecht heißt; ingleichen das Gebieth, in welchem man solche besitzet. Daher das Fraißamt, oder Fraischamt, das Gericht, welches den Blutbann ausübet; das Fraißbuch oder Fraischbuch, das Protokoll über Halssachen; der Fraißfall oder Fraischfall, ein Fall, welcher unter die obere Gerichtbarkeit gehöret, ein Zentfall, Malefizfall, ein Criminal. Verbrechen; der Fraißherr oder Fraischherr, der die Criminal-Gerichte hat; das Fraißgericht, das Criminal-Gericht; das Fraißpfand oder Fraischpfand, ein Pfand, welches das Fraißgericht als ein Zeichen des begangenen Verbrechens entweder von dem Getödteten oder von dem Eigenthume des flüchtigen Thäters nimmt; die Fraißzent, an einigen Orten, diejenige Zent, welche die criminelle Gerichtbarkeit ausübet; zum Unterschiede von der obern und Mittelzent; S. Zent.

Anm. Dieses im Hochdeutschen veraltete Wort stammet ohne Zweifel von frieren ab, welches in einigen Mundarten friesen lautet, und bedeutete anfänglich Frost, Schauer, und nach einer gewöhnlichen Figur, Furcht, Schrecken, Gefahr u. s. f. Siehe Frieren, Frisch und Frost. Im Schwed. ist fraesa uns im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - mit den Zähnen knirschen, im Isländ. aber Freis Eiter, und freisa aufsieden.


Fraißam (W3) [Adelung]


* Fraißam, adj. et adv. welches auch nur im Oberdeutschen üblich ist, schrecklich, furchtbar. Ein fraißamer Löw, Theuerd. Siehe das vorige.


Fraißam (W3) [Adelung]


* Die Fraißam, plur. inus. auch nur im Oberdeutschen. 1) Schrecken, Angst, Furcht, in welcher Bedeutung Vreissam schon in dem alten Gedichte auf den h. Anno vorkommt. 2) Der Ansprung oder Milchschorf, Crusta lactea. S. Fraiß 2.


Fraißamkraut (W3) [Adelung]


* Das Fraißamkraut, des -es, plur. inus. eine Oberdeutsche Benennung verschiedener Pflanzen, welche wider die Epilepsie von guter Wirkung seyn sollen. 1) Der Schuppenwurz, Lathraea Squamaria L. welche auch Anblatt und Schneppenwurz genannt wird; S. Schuppenwurz. 2) Der Dreyfaltigkeitsblume, Viola tricolor L. S. dieses Wort.


Fraißamrose (W3) [Adelung]


Die "Fraißamrose", plur. die -n, eine Oberdeutsche Benennung der "Päonie".


Fraißlich (W3) [Adelung]


* Fraißlich, oder Fraischlich, adj. et adv. im Oberd. zur Fraiß, d. i. obern Gerichtbarkeit gehörig. Die fraißliche Obrigkeit, fraißliche Verbrechen u. s. f. S. Fraiß.


Franciscaner (W3) [Adelung]


Der Franciscaner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Mönch von dem Orden des heil Franciscus von Assisi, welcher in der ersten Hälfte des 13ten Jahrhundertes gestiftet wurde, und sich, zum Theil sehr frühe, in mehrere Nebenorden theilete, von welchen aber einige wieder aufgehöret haben. Jetzt gehören dahin, die Minoriten, oder die Franciscaner im engsten Verstande, die Observanten, die Reformaten, die Discalceaten, die Recollecten, die dispensirten mindern Brüder, die Capuciner, die Nonnen der h. Clara oder die Urbanistinnen, die Damianiterinnen, die Minorisserinnen, die Clarisserinnen, die Büßer und Büßerinnen u. s. f. Daher der Franciscaner-Orden, der Franciscaner-Mönch, die Franciscaner-Nonne, das Franciscaner-Kloster u. s. f.


Frank (W3) [Adelung]


* Frank, adj. et adv. frey, welches aber im Hochdeutschen veraltet ist, und nur noch im gemeinen Leben in der Redensart frank und frey, d. i. völlig frey, gebraucht wird. Ich bin nun frank und frey, Opitz. Dann erstlich ist der Mensch geschaffen frank und frey, ebend.

Anm. Dieses alte Wort, welches im Engl. und Dän. gleichfalls frank, im Ital. franco, im Franz. franc lautet, ist durch eine nieselnde Mundart, welche den Hauchlauten so gern ein n beyzugesellen pfleget, auch frech entstanden, welches wiederum mit frey sehr genau verwandt ist. Daß dieses Wort nachmahls die eigenthümliche Benennung eines sehr mächtigen Volkes in Deutschland geworden, ist zu bekannt, als daß hier mehr davon gesagt werden dürfte. Eben so unnöthig ist es, die etymologischen Träume anzuführen und zu widerlegen, welche die Sprachforscher und Geschichtschreiber über diesen Nahmen verbreitet haben.


Franke (W3) [Adelung]


Der Franke, des -n, plur. die -n. 1) Eine von der Nation der ehemahligen Franken; ingleichen der aus Franken, demjenigen Lande in Deutschland, welches einer der ersten Sitze der Franken war, gebürtig ist. Weil sich die ehemahlige Franken, so fern sie sich Frankreich unterwürfig gemacht, in den nachmahli- gen Kreuzzügen besonders hervor thaten, so werden, seit Gottfrieds von Bouillon Zeiten, alle Europäische Christen in den Morgenländern Franken genannt. 2) Eine Französische Münze, welche 8 Groschen gilt und schon im 14ten Jahrhunderte vorkommt; Franz. Franc, im mittlern Lat. Francus, Franchus. In Franken hatte man ehedem auch eine Scheidemünze, welche gleichfalls diesen Nahmen führete, und 3 Häller galt.

Anm. Das e am Ende dieses Wortes ist das e euphonicum, dessen die Hochdeutsche Mundart in diesem und andern ähnlichen Nahmen nicht entbehren kann; z. B. der Preuße, Schwede, Däne, Russe u. s. f. obgleich rauhere Mundarten solches gern verschlucken, der Frank, der Preuß, der Ruß, der Schwed, u. s. f. S. E.


Frankenwein (W3) [Adelung]


Der Frankenwein, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, Wein der in Franken erbauet worden.


Fränkisch (W3) [Adelung]


Fränkisch, adj. et adv. aus denjenigen Gegenden Deutschlandes, welche in weiterer Bedeutung Franken genannt werden, gebürtig, daselbst gewachsen, zu diesem Lande gehörig u. s. f. Der Fränkische Kreis. Die Fränkische Ritterschaft. Ein Fränkischer von Adel. Fränkischer Wein, Frankenwein u. s. f.


Fransicht (W3) [Adelung]


Fransicht, adj. et adv. Fransen ähnlich; Fransig, adj. et adv. Fransen habend.


Franz (W3) [Adelung]


Franz, Genit. -ens, Dat. und Accus. -en, eine im gemeinen Leben übliche Abkürzung des eigenthümlichen männlichen Vornahmens Franciscus. Franciscus bedeutete im mittlern Lat. einen Franken, und wenn es ein Beywort war, Fränkisch. Franciscus und das abgekürzte Franz bedeutet also eigentlich einen Franken. S. des du Fresne Glossar. v. Franciscus.


Franzapfel (W3) [Adelung]


Der Franzapfel, des -s, plur. die -äpfel, auf Franzbäumen gezogene Äpfel. So auch die Franzbirn, plur. die -en.


Franzband (W3) [Adelung]


Das Franzband, des -es, plur. die -bänder, eine Art seidener Bänder, wohin besonders die Taffet- und Gros de Tour Bänder gehören; weil sie eine Französische Erfindung sind.


Franzband (W3) [Adelung]


Der Franzband, des -es, plur. die -bänder. 1) Eine Art des Bücherbandes, da die Bücher ganz in Leder gebunden und hinten auf dem Rücken mit Gold abgedruckt werden. 2) Ein in einem solchen Bande eingebundenes Buch. Anm. Weil im mittlern Lat. Francenum, und im Holländ. Francijn, Pergament bedeutet, vermuthlich, weil andere Nationen es anfänglich nur aus Frankreich bekamen, so leiten einige diese Benennung daher. Allein es ist glaublicher, daß Franz hier, so wie in den folgenden Zusammensetzungen für Französisch stehet; zumahl da diese Bände unstreitig eine Französische Erfindung sind, francius auch im mittlern Lat. sehr oft für fran- cicus vorkommt. Über dieß ist ja ein Franzband kein Pergamentband.


Franzbaum (W3) [Adelung]


Der Franzbaum, des -es, plur. die -bäume, im Gartenbaue, Obstbäume, welche niedrig gezogen werden, so daß sie keine Stämme in die Höhe treiben; Zwergbäume. Sie sind gleichfalls eine Französische Erfindung. S. das vorige und Franzobst.


Franzbohne (W3) [Adelung]


Die Franzbohne, plur. die -n, eine Art niedriger Phaseolen oder Schminkbohnen, welche nicht gestängelt werden dürfen; Phaseolus nanus L. Zwergbohne.


Franzbranntwein (W3) [Adelung]


Der Franzbranntwein, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, Französischer Branntwein, welcher aus Weinhefen destilliret wird; zum Unterschiede von dem Kornbranntwein.


Franzbrot (W3) [Adelung]


Das Franzbrot, des -es, plur. die -e, eine Art leichter wohl ausgebackener runder Brote von Weitzenmehl, welche zuweilen rund herum beraspelt werden; Französisches Brot, weil es in Frankreich sehr üblich ist. In den Küchen wird eine Art Pasteten, welche aus solchen mit einem Ragout/gefüllten Broten bestehet, eine Semmelpastete, gleichfalls Franzbrot genannt.


Franze (W3) [Adelung]


Die Franze, S. Franse.


Franze (W3) [Adelung]


Der Franze, S. Franzose.


Franzerbse (W3) [Adelung]


Die Franzerbse, plur. die -n, eine Art niedriger Erbsen, welche viele Schoten tragen; Zwergerbsen, kleine Zuckererbsen, in Nieders. Kruper, von krupen, kriechen.


Franzfahrer (W3) [Adelung]


Der Franzfahrer, des -s, plur. ut nom. sing. in den Seestädten, ein Französisches Kauffahrdeyschiff.


Franzfilett (W3) [Adelung]


Das Franzfilett, des -es, plur. die -e, bey den Buchbindern, ein Filett, welches zu Franzbänden gebraucht wird; S. Filett.


Franzgeld (W3) [Adelung]


Das Franzgeld, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben, Französisches Geld, besonders harte Französische Silbersorten, wie Thaler, Gulden u. s. f.


Franzgold (W3) [Adelung]


Das Franzgold, des -es, plur. inus. bey den Goldschlägern, eine Art Goldblätter, welche auf der einen Seite mit Silber versetzt werden, und von bleicherer Farbe sind, als das Feingold. Es ist eine Französische Erfindung.


Franzgulden (W3) [Adelung]


Der Franzgulden, des -s, plur. ut nom. sing. ein Französischer Gulden.


Franzmann (W3) [Adelung]


Der Franzmann, des -es, plur. die -männer, in der scherzhaften Schreib- und Sprechart, ein Franzose. Der stille Franzmann übersetzt, Wir muntern Deutschen wir erfinden, Haged.


Franzobst (W3) [Adelung]


Das Franzobst, des -es, plur. inus. Obst von Franzbäumen. Franzäpfel, dergleichen Äpfel; Franzbirnen, solche Birnen.


Franzose (W3) [Adelung]


Der Franzose, des -n, plur. die -n, eine Person männlichen Geschlechtes, welche aus Frankreich gebürtig ist. In der Dichtkunst, besonders in der scherzhaften Art derselben, gebraucht man statt dieses langen Wortes das kürzere Franze. Die Franzen sind die Leute nicht, Aus welchen ein Orakel spricht, Less. Durch dessen Nahmen wir den Franzen, schrecklich bleiben, Rost. Indessen hat diese Benennung, so wie Franzmann, jetzt etwas verächtliches an sich, ungeachtet der Verfasser des alten Gedichtes auf Carln den Großen bey dem Schilter die Franken Franzen nennet, auch im mittlern Lat. Francius einen jeden Franken bedeutet. Der längere Nahme Franzose, der nach dem Franz. Francois und Ital. Francese gebildet ist, kommt schon bey dem Hornegk vor, der Personen von dieser Nation Franczoyser nennt. Das e am Ende ist das e euphonicum; S. Franke. Das Fämininum Französinn. S. hernach besonders.


Franzosen (W3) [Adelung]


Die Franzosen, sing. inus. 1) Bey den Menschen, große Blattern und Eiterbäulen, welche eine der übelsten und ansteckendsten venerischen Krankheiten begleiten, wo die ganze Masse der Lympha verderbt ist, welche sich denn auch völlig mit dem Blute vermischet, und so wohl die weichen als festen Theile des Körpers auf die schrecklichste Art angreifet; Lues venerea, Morbus gallicus. Die Franzosen haben, bekommen. Die Spanier sollen diese Krankheit, welche zuerst gegen das Ende des 15ten Jahrhunderts bekannt wurde, in Neapel fortgepflanzet haben, wo die Franzosen damit angestecket wurden, und sie aus Dankbarkeit daher noch jetzt Mal de Naples nennen. Durch die Französische Nation kam diese Krankheit in die übrigen Länder Europens, daher erstere auch die Ehre hat, daß solche fast in dem ganzen nördlichen Europa nach ihr die Franzosen genannt wird. Und jenes, welches man bey uns nach Frankreich heißt; Weil man sich sonderlich daselbst darauf befleißt, Opitz. In Joh. Agricolä Deutschen Sprichw. Hagen. 1537 heißt es S. 261. von dieser Krankheit, sie sey nebst ihrem Nahmen erst zu Kaiser Maximilians Zeiten aufgekommen. "Denn vor dieser Zeit war dise kranckheyt vnd plattern vngehöret in deutschen landen. Da aber Maximilian krigete mit dem Ludovico Gibboso, König in Frankreich, vnd mit den Venedigern, brachten die vnsern dise plattern auß Lombardeyen inn Deutsche Land, davon sie auch noch heuttiges tags den namen haben, vnd heyssen Franzosen." Im Schwed. heißt diese Krankheit Fransoser, im Engl. French pocks. Bey den heutigen Griechen bedeutet - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - diese Krankheit haben. Die Türken und Perser, bey welchen diese Krankheit sehr häufig ist, nennen sie Ateschek, das kleine Feuer, die Araber aber, so wie wir, die Französische Krankheit. Ältere Deutsche Schriftsteller nennen sie Spanische Pocken, die Blattern, die Blatterlähme; die neuern aber, weil der Nahme Franzosen durch den häufigen Gebrauch ekelhaft und niedrig geworden ist, die Wollustseuche, oder Lustseuche. 2) Auch bey dem Viehe, z. B. den Schweinen und dem Rindviehe, hat man eine Krankheit mit diesem Nahmen beleget, welche aber nicht von wollüstigen Ausschweifungen herrühret, weil die Thiere hierin nicht so menschlich sind, sondern bey dem Rindviehe in einer Vereiterung der Eingeweide mit einem erstickenden und tödtenden Husten, bey den Schweinen aber in einer Art Finnen bestehet. S. Hungerfranzosen.


Franzosen-Holz (W3) [Adelung]


Das Franzosen-Holz, des -es, plur. inus. das Holz eines Amerikanischen Baumes, Guajacum officinale L. Es ist fest, schwer; harzig, bräunlich oder schwärzlich von Farbe, hat einen scharfen harzigen Geschmack und einen gelinden balsamischen Geruch, und wird in der Luftseuche sehr häufig gebraucht. Der Baum wächst in Amerika, besonders aber auf den Amerikanischen Inseln Jamaika, St. Croix u. s. f. Es wird auch Bocksholz, Blatterholz, Pockenholz und Indianisch Holz, eine andere Art aber Guajacum sanctum L. Heiligholz genannt.


Französig (W3) [Adelung]


Französig, adj. et adv. im gemeinen Leben, mit den Franzosen, d. i. der Luftseuche, behaftet. Auch von dem Viehe, französige Schweine, Kühe.


Französinn (W3) [Adelung]


Die Französinn, plur. die -en, eine Person weiblichen Geschlechtes, welche aus Frankreich gebürtig ist. Im engern Verstande führen diejenigen Französinnen diesen Nahmen, welche vermögende Leute zum Unterrichte ihrer Kinder in der Französischen Sprache, und zu deren Erziehung in den Sitten und Thorheiten der Französischen Nation, in ihren Häusern zu halten pflegen.


Französisch (W3) [Adelung]


Französisch, adj. et adv. 1) Aus Frankreich, ingleichen den Sitten, Gebräuchen u. s. f. der Franzosen gemäß. Französische Spitzen, Französische Arbeit, Französische Tücher u. s. f. Französisch reden. Sich Französisch kleiden. Klug, angenehm und schön, das heißt Französisch werden, Zachar. 2) Mit den Franzosen, d. i. der Luftseuche, behaftet, im gemeinen Leben. Ein Dieb, ein Mörder, ein Französischer Mensch, Luth. in der Kirchen-Postill.


Franzperle (W3) [Adelung]


Die Franzperle, plur. die -n, Französische Perlen, d. i. unechte, nachgemachte Perlen, welche zuerst in Frankreich gemacht worden.


Franzscharlach (W3) [Adelung]


Der Franzscharlach, des -es, plur. inus. ein Französischer Scharlach, der mit Kermes gefärbet wird, und daher auch Kermesscharlach heißt, aber durch den brennenden Scharlach beynahe in Vergessenheit gebracht worden.


Franzthaler (W3) [Adelung]


Der Franzthaler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Französischer Thaler, welcher in Frankreich 4 Livres, in Deutschland aber 1 Thaler und 8 oder 7 Groschen gilt.


Franzton (W3) [Adelung]


Der Franzton, des -es, plur. inus. eine Art des Tones in den Orgeln, welche noch tiefer als der Kapellenton gehet, aber in Deutschland ungewöhnlich ist.


Franztopas (W3) [Adelung]


Der Franztopas, des -es, plur. die -e, eine Benennung der braunen Topase, welche unter dem Nahmen der Rauchtopase am bekanntesten sind; S. dieses Wort.


Franzwein (W3) [Adelung]


Der Franzwein, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, Französischer Wein, Wein der in Frankreich gebauet wird. In engerm Verstande ist eine wohlfeile Art weißen Weines, welche aus Frankreich zu uns gebracht wird, unter diesem Nahmen bekannt.


Fraß (W3) [Adelung]


Der Fraß, des -es, plur. die -e, von dem Zeitworte fressen, in den niedrigen Sprecharten. 1) Die Handlung des Fressens, ohne Plural, und von dem Fressen der Thiere. Der Hund hat einen guten Fraß, bey den Jägern, wenn er stark frißt. 2) Die Neigung zum Fressen, d. i. zum unmäßigen Essen, auch ohne Plural. Dem Fraße ergeben seyn. Voll Raubes und Fraßes seyn, Matth. 23, 25. 3) Dasjenige, was gefressen wird, gleichfalls ohne Plural; eigentlich nur von der Nahrung der Thiere. Auf den Fraß ausgehen, seine Nahrung suchen, von den wilden Thieren, bey den Jägern. Sohle dir ferner Papageyen zum leckernen Fraß, Zachar. Daher der Fraßtrog, der Fraßzuber u. s. f. im gemeinen Leben und bey den Jägern, Gefäße worin den Hunden ihre Speise vorgesetzt und zubereitet wird. Im verächtlichen Verstande auch von menschlichen Speisen. Das ist ein abscheulicher Fraß. 4) Ein Thier, welches frißt, doch nur in den Zusammensetzungen Vielfraß, Bienenfraß. Ein unsättiger Fraß, Sir. 31, 29, 23, Kap. 37, 33, d. i. ein gefräßiger Mensch, ist im Hochdeutschen veraltet.


Fräßig (W3) [Adelung]


Fräßig, -er, -ste, adj. et adv. unmäßig im Essen, so wohl von Thieren, als von Menschen, in der harten Sprechart; freßgierig. Ein fräßiges Thier, ein fräßiger Mensch. Indessen ist für dieses Wort gefräßig üblicher. Nieders. vreethaftig, vreetsk. Es stammet unmittelbar von Fraß ab, so fern solches Unmäßigkeit im Essen bedeutet, und bekommt daher billig ein ä Bedeutet es aber nur fressend, wie in dem Worte fleischfressig, da wird es richtiger mit einem e geschrieben. S. Fressig.


Fräßigkeit (W3) [Adelung]


Die Fräßigkeit, plur. inus. die Neigung zum unmäßigen Essen; häufiger die Gefräßigkeit, die Freßbegierde.


Frathem (W3) [Adelung]


* Der Frathem, des -s, plur. inus. eine im Niedersächsischen übliche Benennung so wohl des sichtbaren Athems, als auch eines jeden Dampfes von heißen Körpern. Im Engl. ist Froth, im Dän. Fraade, im Isländ. Frod, und im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, der Schaum. S. Brodem.


Fratt (W3) [Adelung]


* Fratt, -er, -este, adj. et adv. ein nur in einigen Gegenden übliches Wort, für wund, besonders so fern die Haut durch Reiben wund gemacht wird. Sich fratt reiten, gehen, sich wund reiten oder gehen, im gemeinen Leben sich einen Wolf reiten oder gehen. Sich fratt liegen. Das Kind ist fratt, wenn der Urin demselben die Haut wund gemacht hat. In eben diesen Gegenden kennet man auch das Hauptwort der Fratt, des -es, plur. inus. diese wunde Beschaffenheit der Haut zu bezeichnen, Intertrigo, welche man im gemeinen Leben auch den Wolf nennet. Es stammet von dem veralteten fratten, fritten, reiben, Lat. fricare, her, wovon im Nieders. ein Handbohrer, noch ein Frittbohrer heißt. In andern Ländern, z. B. in Schlesien, bedeutet fratt und frath hager, dürre, matt, kraftlos, wo es mit dem Lat. fractus, fracidus, verwandt zu seyn scheinet.


Fratz (W3) [Adelung]


* Der Fratz, des -en, plur. die -en, eine nur im Oberd. bekannte Benennung eines ungezogenen Kindes, und so wohl im Scherze als auch aus Verachtung eines Kindes überhaupt, ein Balg. In manchen Gegenden ist der Fratz im männlichen und die Fratze im weiblichen Geschlecht, eine junge, alberne abenteuerliche Person. Wer wird sein Leben gegen einen so romantischen Fratzen wagen? Göthe. Sie ist eine Fratze, die sich abgibt gelehrt zu seyn, ebend. Ital. Frusca, Frascone, im Engl. ist Brat ein Kind im verächtlichen Verstande, und in Baiern ist Fratz ein Bastard. S. Fratzengesicht.


Fratze (W3) [Adelung]


Die Fratze, plur. die -n, im gemeinen Leben, eine abenteuerliche Erzählung. Das sind Fratzen. Fratzen vorbringen. Eine Fratze erzählen.

Anm. Dieses Wort, welches im Ital. Frascha, Frascheria heißt, scheint mit dem vorigen und folgenden eine bloß zufällige Übereinstimmung des Schalles gemein zu haben. Es gehöret vermuthlich zu dem Niedersächs. Proat, das Geschwätz, praten, schwatzen, Engl. prate, und pratta, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, reden. Sind doch die ähnlichen Wörter schwatzen, Geschwätz, Mährchen u. a. anfänglich in guter Bedeutung gebraucht worden, ehe sie die gegenwärtige verächtliche bekommen haben.


Fratzengesicht (W3) [Adelung]


Das Fratzengesicht, des -es, plur. die -er, im gemeinen Leben, ein ungestaltes, abenteuerliches Gesicht, und ein Mensch mit einem solchen Gesichte, der im Nieders. ein Snakenkop, Scherbellenkop, Sibillkenkop, genannt wird. Besonders werden bey den Bildhauern und in der Baukunst gewisse komische Köpfe oder Larven, welche man zur Verzierung über große Thüren, Grotten u. s. f. setzet, Fratzengesichter, Franz. Mascarons, genannt. Weil diese Figuren gemeiniglich die Mäuler aufsperren, als wenn sie die Zuschauer treffen wollten, so leitet Frisch diese Benennung, seltsam genug von dem Zeitworte fressen her.


Frau (W3) [Adelung]


Die Frau, Genit. der Frau, und in einigen Fällen der Frauen, plur. die Frauen, überhaupt eine Person weiblichen Geschlechtes, doch mit mancherley Einschränkungen. I. Als ein Ehrenwort, so fern sie andern zu befehlen hat, eine Gebietherinn, in welchem Verstande das Wort Herr von dem männlichen Geschlechte gebraucht wird. 1) Kaiserliche, königliche, fürstliche u. s. f. Personen weiblichen Geschlechtes bekommen, wenn sie verheirathet sind, in diesem Verstande in Titeln den Ehrennahmen Frau. Allergnädigste, Durchlauchtigste Frau u. s. f. Der Hochgebornen Frau u. s. f. Ja in dem Hause Österreich bekommt die älteste Prinzessin, wenn sie gleich noch in der Wiege liegt, den Titel große Frau. Herunter, Jungfrau, du Tochter Babel - denn du sollt nicht mehr heißen, Frau über Königreiche, Es. 47, 1, 5. Im Theuerdanke kommt meine Frau, von gebiethenden fürstlichen Personen, selbst von Prinzessinnen, mehrmahls vor. 2) In eben diesem Verstande wird die Jungfrau Maria von Alters her, besonders in der Römischen Kirche, unsere Frau, unsere liebe Frau, Franz. Notre Dame, Schwed. Fru, im mittlern Lat. Domina, und in vielen Zusammensetzungen auch nur schlechthin Frau ge- nannt, welche Bedeutung auch in vielen der folgenden Zusammensetzungen vorkommt. 3) Bey verheiratheten weiblichen Personen vornehmen Standes wird dieses Wort, so wie bey den männlichen Herr, dem Nahmen der Würde ihrer Ehegatten vorgesetzet. Die Frau Generalinn. Ich habe es der Frau Hofräthinn gegeben. Die Frau Professorinn, Frau Pastorinn u. s. f. Auch bey geringern Personen, wenn man ihnen einige Achtung erweisen will, wird dieses Wort dem Zunahmen ihrer Männer vorgesetzet, Frau Hofmann, (nicht Frau Hofmanninn,) Frau Richter, (nicht Frau Richterinn,) Frau Heppe, u. s. f. 4) In den Nonnenklöstern bekommen die eigentlichen Nonnen, zum Unterschiede von den Schwestern, den Ehrennahmen Frau. Frau Clara, Frau Maria. Die Äbtissin aber wird Hochwürdige Frau genannt. Im mittlern Lat. heißen sie Dominae. 5) In der häuslichen Gesellschaft wird die Ehegattinn des Hausvaters, die Hausfrau, von den Bedienten und dem Gesinde gemeiniglich nur die Frau genannt. Wie die Augen der Mägde auf die Hände ihrer Frauen sehen, Ps. 123, 2. Eine Magd, wenn sie ihrer Frauen Erbe wird, Sprich. 30, 23. Die Frau hat es befohlen. Sie ist Frau im Hause. Die Magd will die Frau spielen, d. i. vorstellen. 6) Ehedem pflegten auch die Dichter ihren geliebten Gegenstand, er mochte verheirathet seyn oder nicht, ihre Frau zu nennen., wofür jetzt Gebietherinn üblicher ist. In den Schwäbischen Dichtern sind die Beyspiele sehr häufig. II. Als ein Geschlechtswort, ohne doch das Ehrenwort ganz davon auszuschließen, welches wenigstens in der folgenden ersten Bedeutung noch merklich ist. 1. Eine verheirathete Person weiblichen Geschlechtes. 1) In Beziehung auf ihren Ehemann, wird eine solche Person im gemeinen Leben und von geringern Personen dessen Frau, in der anständigern Sprechart dessen Gattinn, und von vornehmen Personen dessen Gemahlinn genannt. Sich eine Frau nehmen, heirathen. Eine Frau haben, verheirathet seyn. Einem eine Frau geben, ihn verheirathen. Es ist meine Frau. Seine Frau (oder Frauen) Bruder. Er hat sie zur Frau verlangt. Er will sie zur Frau haben. Ich habe meiner Frau den Fehler schon vergeben, Gell. Im mittlern Lat. nennen die Ehemänner ihre Gattinnen in den Urkunden mehrmahls Dominas. 2) Auch ohne diese Beziehung, wird eine jede verheirathete Person weiblichen Geschlechtes, auch wenn sie schon Wittwe ist, eine Frau genannt, wo dieses Wort ein Geschlechtswort verheiratheter weiblicher Personen, nicht aber ein Ehrenwort ist. Eine alte Frau, eine junge Frau, eine vornehme Frau, eine kluge Frau. Eine Edelfrau, Bauerfrau, Bettelfrau, Officierfrau, u. s. f. welche Zusammensetzungen doch nur im gemeinen Leben, und wenn man von geringern Personen spricht, üblich sind. Bey vornehmern setzt man das Ehrenwort Frau voran. Die Frau Majorinn, Generalinn, nicht die Generalsfrau, Majorsfrau. Auf ähnliche Art ist im mittlern Lat. Domina, und im Ital. Donna, ein Geschlechtswort nicht nur verheiratheter, sondern auch unverheiratheter weiblicher Personen. In beyden Bedeutungen ist in der vertraulichen Sprechart auch das Dimin. Fräuchen, Oberd. Fräulein üblich. 2. Eine jede Person weiblichen Geschlechtes, auch wenn sie noch unverheirathet ist, als ein Geschlechtswort. Es geht mir nach der Frauen Weise, 1 Mos. 31, 35. Deine Liebe ist mir sonderlicher gewesen, denn Frauen-Liebe ist, 2 Sam. 1, 26. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet, seitdem die Ausdrücke Frauensperson, Frauenbild und Frauenzimmer üblicher geworden sind. Indessen kommt sie noch in den Zusammensetzungen Jungfrau, Frauenkloster, u. s. f. vor. Anm. 1. Dieses Wort lautet in den meisten der obigen Bedeutungen bey dem Ottfried Frouuo, bey dem Notker Frouuu, im Oberd. noch jetzt Frow und Frowe, im Nieders. Frouw, im Holländ. Vrouw, im Dän. Frue, im Isländ. und Schwed. Fru. Die Bedeutung einer gebiethenden Frau ist ohne Zweifel die älteste, wenigstens kommt sie in Schriften am frühesten vor; denn ehedem hatte man von diesem Worte auch das männliche Geschlecht, bey dem Ulphilas Frauja, bey dem Ottfried Fro, Angels. Frea, welches einen Herren bedeutete. Es ist sehr wahrscheinlich, daß es zu dem Beyworte frey gehöret, und eigentlich eine freye Person bedeutet. Um deßwillen ist es auch eigentlich ein Beywort, welches im männlichen Geschlechte Frau und im weiblichen Fraue hieß. Das erstere ist dieser Form völlig veraltet; das letztere hat aber im Hochdeutschen sein End e und mit demselben auch seine adjectivische Gestalt verloren, obgleich einige Oberdeutsche Mundarten noch jetzt die Fraue sagen.

Anm. 2. Weil nun dieses Wort eigentlich ein Beywort ist, so wird es im Oberdeutschen auch noch als ein solches abgeändert. Die Fraue, Genit. der Frauen, Dat. der Frauen, Accus. die Fraue, bey einigen gleichfalls die Frauen. Frouuon, im Accus. Ottfried. Die ich mir zefrowen hatte erkorn, einer der Schwäb. Dichter. Von diner vrowen, ebend. Sin vrouun, im Dat. schon um das Jahr 790. Das kumt von einer frouuen schoene, Der ich gerne were bi, Ditmar von Ast. Vmb eine schöne frowen, Markgr. Otto von Brandenb. In meiner frawen lanndt, Theuerd. Viele Hochdeutsche behalten diese Abänderung, wenigstens in vielen Fällen, bey. Kehre um wieder zu deiner Frauen, 1 Mos. 16, 8. Der Frauen verschlossene Mutter, Sprichw. 30, 16. Der Frauen gehts wie der Magd, Es. 24, 2. Laß dem Sohn der Frauen nicht Gewalt über dich, Sir. 33, 20. Ich bin es seiner Frauen schuldig. Gottsched tadelte solches im Hochdeutschen mit Recht, und doch schrieb er selbst: ich weiß nicht, was ich von der Frauen denken soll. Indessen gibt es doch Fälle, wo das Ohr diese Oberdeutsche Abänderung auch im Hochdeutschen nothwendig macht, besonders wenn der Genitiv des Geschlechtswortes (nicht des Ehrenwortes) Frau vor dem Hauptworte stehet, von welchem er regieret wird. Es ist der Sohn seiner Frauen Schwester, d. i. der Schwester seiner Frau. Das Ehrenwort Frau verträgt in diesem Falle diese Oberdeutsche Abänderung nicht; daher müßte es in diesem Falle heißen, es ist der Sohn seiner Frau Schwester, d. i. seiner verheiratheten Schwester. Er lag in meiner Frauen Kasten, Gell. wo, in meiner Frau Kasten, das Ohr beleidigen würde. Es ist meiner Frauen Vater. Meiner Frauen Herz ist allzu sehr verdorben, Hermes. Indessen gibt es auch hier Fälle, wo die Oberdeutsche Abänderung ohne Härte wegbleiben kann. Ich habe erst angefangen, auf meiner Frau Betragen Acht zu geben, Hermes. Ferner findet die Oberdeutsche Abänderung Statt, wenn Frau die Jungfrau Maria bedeutet. Unserer lieben Frauen Tag, unserer Frauen Scheidung, unserer Frauen Heimsuchung u. s. f. In den Titeln hat sich die verlängerte Abänderung noch bey vielen erhalten. Der Hochgebornen Frauen, Frauen u. s. f. wo doch Frau eben so gut klingen würde. In den folgenden Zusammensetzungen findet die Oberdeutsche Abänderung ohne Widerspruch Statt, und in manchen Wörtern hat sich noch ein s mit hinein geschlichen.


Frauenader (W3) [Adelung]


Die Frauenader, plur. die -n, an dem menschlichen Körper, ein Ast der untern Hohlader, der durch die inwendige Seite des Schenkels zum inwendigen Knöchel geht; Vena Saphaena, die Hauptader, Rosenader, Mutterader. Sie führet diesen Nah- men, weil man sie ehedem in Mutterbeschwerungen des andern Geschlechtes zu öffnen pflegte.


Frauenapfel (W3) [Adelung]


Der Frauenapfel, des -s, plur. die -äpfel, eine Art sehr großer rundlicher Äpfel, welche gern zum Kochen gebraucht werden.


Frauenbad (W3) [Adelung]


Das Frauenbad, S. Marienbad.


Frauenbild (W3) [Adelung]


Das Frauenbild, des -es, plur. die -er. 1) Ein Bildniß der Jungfrau Maria, besonders in der Römischen Kirche; eine Madonna. Diminut. das Frauenbildchen, Oberd. Frauenbildlein. 2) Überhaupt, eine Person weiblichen Geschlechtes, doch nur im gemeinen Leben, und wenn von geringen Personen die Rede ist, zum Unterschiede von einem Mannsbilde. Schon Lirer sagt: Viel von frawen und mannes pilde.


Frauenbirke (W3) [Adelung]


Die Frauenbirke, S. Hangelbirke.


Frauenbiß (W3) [Adelung]


Der Frauenbiß, des -sses, plur. inus. ein Nahme, den in einigen Oberdeutschen Gegenden der Bathengel führet, Teucrium Chamaedrys L. S. Bathengel.


Frauenblatt (W3) [Adelung]


Das Frauenblatt, des -es, plur. inus. S. Frauenmünze.


Frauenblume (W3) [Adelung]


Die Frauenblume, plur. die -n, S. Gauchheil.


Frauenbruder (W3) [Adelung]


Der Frauenbruder, des -s, plur. die -brüder, eine im gemeinen Leben Oberdeutschlandes übliche Benennung der mit Schuhen versehenen Carmeliter; eigentlich unserer lieben Frauen Brüder.


Frauenbuße (W3) [Adelung]


Die Frauenbuße, plur. die -n, in den Gerichten einiger Gegenden, die Buße, d. i. Geldstrafe, welche eine Person weiblichen Geschlechtes erlegen muß, und welche die Hälfte von derjenigen Strafe beträgt, welche eine Mannsperson in ähnlichen Fällen geben müßte.


Frauendistel (W3) [Adelung]


Die Frauendistel, plur. die -n. 1) Eine Benennung einer ihrer Heilkräfte wegen sehr bekannten Distelart, Carduus Marianus L. welche auch Froschdistel, am häufigsten aber Marien-Distel genannt wird, S. dieses Wort. Der Nahme Frauendistel ist aus unserer lieben Frauen Distel zusammen gezogen. 2) Die Wegedistel, Onopordon Acanthium L. wird von einigen weiße Frauendistel genannt, S. Wegedistel.


Fraueneis (W3) [Adelung]


Das Fraueneis, des -es, plur. inus. eigentlich unserer lieben Frauen Eis, in der Mineralogie, ein durchsichtiger blätteriger Gypsspath, der sich in dünne Blätter spalten läßt, und im gemeinen Leben sehr oft mit dem Frauenglase verwechselt wird; Mondstein, Spiegelstein, Selenit, Glacies Mariae Matthioli, Lapis specularis Plin. Aphroselenites Galeni.


Frauenfaden (W3) [Adelung]


Der Frauenfaden, des -s, plur. die -fäden, S. Sommerfaden.


Frauenfenchel (W3) [Adelung]


Der Frauenfenchel, des -s, plur. inus. ein Nahme, den an einigen Orten der Deutsche gemeine Fenchel führet, S. dieses Wort.


Frauenfisch (W3) [Adelung]


Der Frauenfisch, des -es, plur. die -e, S. Orf.


Frauenflachs (W3) [Adelung]


Der Frauenflachs, des -es, plur. inus. S. Flachskraut.


Frauenglas (W3) [Adelung]


Das Frauenglas, des -es, plur. inus. in der Mineralogie, ein thonartiger Stein, welcher aus zarten, glimmerigen, glänzenden Blättern bestehet, die sich spalten lassen; Marienglas, Argyrolithus. Es wird in Sibirien statt des Fensterglases gebraucht, und ist von dem Fraueneise wesentlich verschieden.


Frauenhaar (W3) [Adelung]


Das Frauenhaar, des -es, plur. inus. ein Nahme, welcher verschiedenen Pflanzen theils wegen ihrer haarigen Blätter, theils auch wegen ihrer den Haaren ähnlichen Ranken beygeleget wird. 1) Einer Art Farnkraut, Adiantum L. Besonders dem in Europa befindlichen, welches bey dem Linne Adiantum Capillus Veneris, im Deutschen aber auch Haarkraut, Venushaar, Frauenzopf, Abthon, Eselsfarn, Steinbrech, heißt, und dessen Blätter aus keilförmigen gestielten kleinen Federn oder Haaren zusammen gesetzt sind. 2) Die Mauerraute Asplenium Ruta muraria L. führet bey einigen gleichfalls diesen Nahmen. 3) Schwarzes Frauenhaar, Asplenium Adiantum nigrum L. ist ein Farnkraut mit fast dreyfach gefiederten Blättern. 4) Das Milzkraut, Asplenium Ceterach L. und 5) der rothe Wiederthon, Asplenium Trigomanoides L. führen diesen Nahmen gleichfalls. Alle diese Pflanzen werden auch in den Apotheken die fünf Haarkräuter genannt, und besitzen fast einerley Eigenschaften und Kräfte. 6) Das Flachskraut oder die Flachsseide, Cuscuta L. ist an einigen Orten auch unter dem Nahmen des Frauenhaares bekannt. S. Flachskraut; wie auch 7) eine Art Mooses, Polytrichum commune L. S. Goldhaar.


Frauenkäfer (W3) [Adelung]


Der Frauenkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art kleiner runder Käfer von mehr Farben, auf den Flügeldecken getüpfelt, Coccinellus vulgaris L. welchem die Kinder allerley schmeichelhafte Nahmen geben, z. B. Junfernkäfer, Johannis-Vögelchen, Marienkälbchen, Osterkälbchen, Hergottskälbchen u. s. f. Franz. Bete a Dieu, Vache a Dieu.


Frauenkloster (W3) [Adelung]


Das Frauenkloster, des -s, plur. die -klöster, ein Nonnenkloster, S. Frau I. 4.


Frauenknecht (W3) [Adelung]


Der Frauenknecht, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, eine Mannsperson, welche gegen das weibliche Geschlecht nachgebender und willfähriger, als es sich für die männliche Würde schickt.


Frauenkraut (W3) [Adelung]


Das Frauenkraut, des -es, plur. inus. S. Frauenmünze.


Frauenkrieg (W3) [Adelung]


Der Frauenkrieg, des -es, plur. inus. S. Scharfkraut.


Frauenlehn (W3) [Adelung]


Das Frauenlehn, S. Weiberlehn.


Frauenliebe (W3) [Adelung]


* Die Frauenliebe, plur. inus. ein veraltetes Wort, die Liebe gegen das weibliche Geschlecht, oder die Liebe des weiblichen gegen das männliche zu bezeichnen, welches noch einige Mahl in der Deutschen Bibel vorkommt.


Frauenlist (W3) [Adelung]


* Die Frauenlist, plur. inus. ein eben so ungewöhnlich gewordenes Wort, die List des weiblichen Geschlechtes.


Frauenmilch (W3) [Adelung]


Die Frauenmilch, plur. car. Milch von einer Person weiblichen Geschlechtes, zum Unterschiede von den verschiedenen Arten der Thiermilch.


Frauenmünze (W3) [Adelung]


Die Frauenmünze, plur. inus. 1) Eine Art der Gartenmünze, deren rauhe Blätter einen angenehmen Geruch, aber scharfen bittern Geschmack haben. Sie hat dicke Blumen von einer bleichen Purpurfarbe, und wird wegen ihres Nutzens in Mutterbeschwerungen auch Frauenkraut, Frauensalbey, Frauenblatt, ingleichen Marien-Münze genannt. S. Münze. 2) Eine Art Rheinfarns mit eyförmigen, ungetheilten Blättern, welche wie eine Säge gezähnt sind; Tanacetum Balsamita L. Es wächset in Italien und Frankreich wild.


Frauennabel (W3) [Adelung]


Der Frauennabel, des -s, plur. inus. S. Nabelkraut.


Frauenpilz (W3) [Adelung]


Der Frauenpilz, S. Birkenpilz.


Frauenrose (W3) [Adelung]


Die Frauenrose, plur. die -n, S. Weinrose.


Frauensalbey (W3) [Adelung]


Die Frauensalbey, plur. inus. S. Frauenmünze.


Frauenschneider (W3) [Adelung]


Der Frauenschneider, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schneider, welcher nur weibliche Kleider verfertiget.


Frauenschuh (W3) [Adelung]


Der Frauenschuh, des -es, plur. die -e. 1) Ein Schuh für das weibliche Geschlecht. 2) Figürlich auch eine Benennung der Geniste oder des Gensters, ingl. des Schotenklees; S. diese Wörter.


Frauenschuster (W3) [Adelung]


Der Frauenschuster, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schuster, der nur Frauensschuhe verfertiget.


Frauensleute (W3) [Adelung]


Die Frauensleute, sing. car. Personen weiblichen Geschlechtes, im gemeinen Leben und von geringen Personen.


Frauensperson (W3) [Adelung]


Die Frauensperson, plur. die -en, eine Person weiblichen Geschlechtes.


Frauenspiegel (W3) [Adelung]


Der Frauenspiegel, des -s, plur. inus. 1) Eine Art der Glockenblume; Campanula Speculum L. Sie wächset unter dem Getreide in dem mittägigen Europa, und wird auch Ackerviole genannt. 2) Die Esparseite, Hedysarum Onobrychis L. führet an einigen Orten gleichfalls diesen Nahmen.


Frauenstand (W3) [Adelung]


Der Frauenstand, des -es, plur. die -stände. 1) Der Stand, d. i. Zustand und Würde der verheiratheten weiblichen Personen, zum Unterschiede von dem Jungfernstande; ohne Plural. 2) Der Stand, d. i. der Ort in einer Kirche u. s. f. wo Personen weiblichen Geschlechtes zu stehen oder zu sitzen pflegen; der Frauenstuhl.


Frauenstuhl (W3) [Adelung]


Der Frauenstuhl, des -es, plur. die -stühle. 1) S. das vorige. 2) Eine Benennung der wilden Niesewurz; Serapias L. S. Niesewurz.


Frauentag (W3) [Adelung]


Der Frauentag, des -es, plur. die -e, ein Festtag, welcher der Jungfrau Maria gewidmet ist. In engerer Bedeutung führet das Fest der Verkündigung Mariä diesen Nahmen.


Frauentaube (W3) [Adelung]


Die Frauentaube, plur. die -n, S. Turteltaube.


Frauentaufe (W3) [Adelung]


Die Frauentaufe, S. Nothtaufe.


Frauenveilchen (W3) [Adelung]


Das Frauenveilchen, des -s, plur. ut nom. sing. Siehe Mutterviole.


Frauenvolk (W3) [Adelung]


Das Frauenvolk, des -es, plur. car. Personen weiblichen Geschlechtes, ingleichen das gesamte weibliche Geschlecht, in den niedrigsten Sprecharten.


Frauenzimmer (W3) [Adelung]


Das Frauenzimmer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Zimmer, d. i. Gebäude, oder Theil eines Gebäudes der für das weibliche Geschlecht bestimmt ist; Gynaeceum, Schwed. Fruntimmer. Die Gewohnheit, nach welcher das weibliche Geschlecht von gutem und vornehmen Stande von dem männlichen abgesondert wohnete, und welche noch in den Morgenländern üblich ist, war ehedem auch in verschiedenen Gegenden Europens üblich. Das sie allerley junge schöne Jungfrauen zusammen bringen ins Frauenzimmer, Esth. 2, 3. Und er that sie an den besten Ort im Frauenzimmer, V. 9. Vor dem Hof am Frauenzimmer, V. 11. So auch V. 13, 14. 2) Mehrere Personen weiblichen Geschlechtes von gutem Stande, ingleichen das gesammte weibliche Geschlecht, in der anständigen Sprechart, als ein Collectivum und ohne Plural; im Schwed. gleichfalls Fruntimmer. Die Königinn mit ihrem Frauenzimmer, d. i. mit ihrem weiblichen Gefolge, Theuerd. Kap. 101. Das Frawenzümmer den held lobt, ebend. Kap. 20. Es mag das gannz frawen zymmer zusehen und groß freud darvan empfahen, ebend. Wiewohl das Frauenzimmer dergleichen oftmahls nicht versteht, Opitz. Im gemeinen Leben und den niedrigen Sprecharten sind dafür Frauenvolk, Frauensleute, Weibsvolk, Weibsleute, Weibspersonen üblich. 3) Eine einzelne Person weiblichen Geschlechtes von gutem Stande, da man von geringern Personen den Ausdruck Frauensperson und von ganz niedrigen das Wort Weibsperson gebraucht. Diminut. in der vertraulichen Sprechart das Frauenzimmerchen. Ein vornehmes Frauenzimmer. Zwey junge Frauenzimmer. Ungeachtet dieses Wort ungewissen Geschlechtes ist, so leidet es, um der dadurch bezeichneten weiblichen Person willen, doch ein Pronomen weiblichen Geschlechtes nach sich. Ein Frauenzimmer, die Tugend und Verstand besitzt, Gell. Ein schönes Frauenzimmer, die gegen den Liebhaber gar zu lange spröde thut, Gell. Indes- sen scheint doch das in beyden Stellen dem Ohre angenehmer zu seyn. Dieser dritte Gebrauch des Wortes ist freylich neu; aber doch nicht so neu, als viele glauben. Wenigstens war er zu Opitzens Zeiten schon gangbar. Wir müssen, sagt er an einem Orte, in einem schönen Frauenzimmer nicht die Gestalt, sondern die Schönheit des Gemüths erheben. Gottsched kannte diese Stelle vermuthlich nicht, sonst würde er das Wort in dieser Bedeutung nicht für lächerlich erkläret, und, trotz aller Achtung, welche er für das schöne Geschlecht haben wollte, statt dessen immer das so niedrige Weibsperson gebraucht haben. Es gibt überdieß mehrere Fälle, wo eigentliche Collectiva individuell gebraucht werden. Opitz scheinet sogar den Ausdruck Weibesvolk in diesem Verstande genommen zu haben: Ein Weibesvolk, wie keusch es auch mag seyn, Wird oftermahls bezwungen durch den Wein. In einer Urkunde des Baierischen Königes Ludewig im Metrop. Salisburg. Th. 2, S. 12 heißt: Mancipia infra curtem inter pueros et feminas genecios viginti duo; wo Genecius für Gynaeceum steht, und gleichfalls eine individuelle Bedeutung zu haben scheint.


Frauenzopf (W3) [Adelung]


Der Frauenzopf, des -es, plur. inus. S. Frauenhaar 1.


Fräulein (W3) [Adelung]


Das Fräulein, des -s, plur. ut nom. sing. das Oberdeutsche Diminut. des Wortes Frau. 1) * Eine Person oder ein Thier weiblichen Geschlechtes. Und er schuf sie ein Männlein und Fräulein, 1. Mos. 1, 27. Kap. 5, 2. Und du sollt in den Kasten thun allerley Thiere - je ein Paar Männlein und Fräulein, Kap. 6, 19. Doch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet, seitdem statt dessen Weibchen üblicher geworden ist. 2) * Eine kleine Frau; auch nur im Oberdeutschen. Im Hochdeutschen würde man dafür ein Fräuchen sagen. 3) Ein Ehrennahme unverheiratheter adeliger Frauenzimmer; für das veraltete Edeljungfer. Das Fräulein von Hohendorf. Im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, ist es sehr gewöhnlich, diesen Ehrennahmen im weiblichen Geschlechte zu gebrauchen, die Fräulein, da man ihn denn auch im Plural auf Niedersächsische Art die Fräuleins abzuändern pflegt. Allein es bleibt solches alle Mahl ein Fehler, weil die Diminutiva der Regel nach ungewissen Geschlechtes sind, und die Hochdeutschen keinen Plural auf s kennen. Wohl aber kann, nach dem Beyspiele des Wortes Frauenzimmer und anderer ähnlichen Wörter, zuweilen ein weibliches Pronomen folgen. Das Fräulein war nicht da, denn sie war verreiset. Ehedem bekamen auch Prinzessinnen nur den Nahmen der Fräulein. Der fürsten Töchter haben geheißen Jungfrauen, so man jetzund Frävlin nennt, sagt auch Münster in seiner Cosmogr. S. auch die folgenden Zusammensetzungen.

Anm. Im Schwed. lautet dieses Wort, selbst in der dritten Bedeutung Fröken, im Dän. Froken. Ehedem bedeutete es eine jede Jungfrau; oft aber auch eine Hure, dergleichen das fahrende Frälin in dem Augsburgischen Stadtbuche aus dem 13ten Jahrhunderte ist. In einigen Oberdeutschen Gegenden scheinet es auch eine Großmutter zu bezeichnen; wenigstens übersetzt Cramer das Ital. Avia, Nonna, durch Fräulein, Anfrau, Großmutter.


Fräuleingerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Fräuleingerechtigkeit, plur. die -en, in den Rechten, die Gerechtsamen fürstlicher und adeliger Wittwen an die hinterlassenen Güter ihrer Ehegatten; dahin die Gerade, das Mußtheil, das Leibgedinge u. s. f. gehören. S. Fräulein 3.


Fräuleinsteuer (W3) [Adelung]


Die Fräuleinsteuer, plur. die -n, in dem Staatsrechte, die Ausstattung einer Prinzessinn, besonders so fern das Land die Kosten dazu hergeben muß, und die zu dem Ende ausgeschriebene Auflage; die Prinzessinnsteuer.


Fräulich (W3) [Adelung]


Fräulich, adj. et adv. von dem Geschlechtswort Frau, so wohl einer verheiratheten weiblichen Person, als auch einer jeden weiblichen Person gehörig, derselben anklebend u. s. f. Die fräulichen Gerechtsamen. Fräuliche Arbeiten. Im Hochdeutschen ist statt dieses Wortes weiblich üblicher.


Frech (W3) [Adelung]


Frech, -er, -ste, adj. et adv. 1) * Stark, eine veraltete Bedeutung, in welcher noch Mathesius einen frechen Magnet denjenigen nennet, dessen Kraft durch nichts geschwächt wird. 2) * Muthig, kühn, herzhaft, tapfer, in gutem Verstande. Ulysses und Hector die frechen Helden, Jeroschin im 14ten Jahrhunderte. Als newr der held sein red vernam Bald im in sein frech gemüet kam, Er wolt auch versuchen die Sach, Theuerd. Kap. 21. Diese Bedeutung, in welcher auch fraek im Schwed. üblich ist, ist im Hochdeutschen gleichfalls veraltet. Indessen sagt man noch in dem Sächsischen Churkreise, der Rocken wuchs in wenig Tagen so frech, daß man sich darüber verwunderte, d. i. stark, muthig. 3) Im hohen Grade verwegen, so wohl die Gefahr auf eine unbesonnene Art verachtend, als auch die Gesetze des Wohlstandes, der Ordnung, der Menschheit und der guten Sitten ohne Scheu verletzend. Was macht dich so frech, also zu reden? Hiob, 16, 3. Frecher Zeuge, der Lügen redet, Sprichw. 6, 19. Einem frech in das Gesicht Lügen strafen. Ein freches Maul. Besonders, die Schamhaftigkeit ohne Scheu verletzend, im hohen Grade unverschämt. Freche Geberden. Ein frecher Anzug. Freche Reden. Eine freche Weibsperson. Was ist die freche Stirn einer unkeuschen Person für ein widriger Anblick! Gell. Da dieses Wort ein harter Ausdruck einer verächtlichen Eigenschaft ist, so bedienet man sich oft, wenn die Umstände es nöthig machen, der gelindern Ausdrücke frey, ein wenig frey, allzu frey dafür.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. gleichfalls frech, im Schwed. fraek, im Dän. frek, im Isländ. fraekr, im Wallis. ffrec. Im Engl. ist Freak eine freche That. Es ist von frey und frank ursprünglich bloß durch die Aussprache verschieden, denn im Angels. bedeutete freah und freoh frey. Das Lat. ferox und Franz. farouche sind gleichfalls damit verwandt. Ehedem wurde es auch für gierig, geitzig gebraucht, wie aus dem frik des Ulphilas, dem Angels. fraec und Holländ. vrek, geitzig, gierig, erhellet. Bey dem Notker ist Frecchi der Geitz.


Frechheit (W3) [Adelung]


Die Frechheit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft, da eine Person oder Sache frech ist; jetzt nur noch in der dritten Bedeutung des Beywortes, und ohne Plural. Ich erschrack über die Frechheit dieser Person. 2) Freche Reden, Handlungen, Geberden u. s. f. überläuft sie nicht ein Schauer bey diesen Frechheiten?


Frechlich (W3) [Adelung]


* Frechlich, adverb. auf eine freche Art, frech, ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort. Eine Stadt frechlich in Unglück bringen, Sprichw. 29, 8.


Fregatte (W3) [Adelung]


Die Fregatte, plur. die -n, aus dem Franz. Fregatte, oder Ital. Fregata. 1) Eine Art leichter Kriegsschiffe, welche gemeiniglich nur zwey Verdecke hat, und bis vierzig Kanonen führet. 2) Figürlich, eine Art Wasservögel, welche sich in Afrika am Ufer des Meeres aufhält; Pelecanus aquilus L.


Freilich (W3) [Adelung]


Freilich, S. Freylich.


Freis (W3) [Adelung]


Die Freis, S. Fraiß.


Freisamkraut (W3) [Adelung]


Freisamkraut, S. Fraißamkraut.


Fremd (W3) [Adelung]


Fremd, -er, -este, adj. et adv. 1. * Eigentlich, entfernt, fern, in welcher nunmehr veralteten Bedeutung es noch Ephes. 2, 14 vorkommt: daß ihr zu derselben Zeit waret - fremde von den Testamenten der Verheißung. Zu den Zeiten der Schwäbischen Dichter waren dir Froemde für Abwesenheit, und froemden, vermeiden, sich entfernen, entbehren, sehr bekannt. S. Entfremden. 2. Figürlich. 1) Ausländisch, nicht aus unserm Lande. Fremde Völker, Länder, Städte. Fremder Wein, fremde Tücher, fremde Waaren. Ein Fremder, der nicht aus unserm Lande ist. 2) Nicht aus unserm Orte. So werden an vielen Orten die Fremden, oder, wie man sie auch im Oberdeutschen nennet, die Ausleute, den Bürgern und Einheimischen entgegen gesetzet. 3) Nicht zu unserer Zunft, Innung, Gesellschaft u. s. f. gehörig; in welchem Verstande dieses Wort gleichfalls sehr häufig ist. 4) Nicht zu unserm Hause gehörig. Fremde Kinder. Fremdes Gesinde. Ein fremder Hund. Personen, welche zum Besuche kommen, werden in Niedersachsen Fremde genannt. 5) Nicht uns gehörig. Fremdes Gut. Fremdes Brot schmeckt am besten. In fremde Hände kommen. In ein fremdes Amt greifen. Fremde Haare tragen. 6) Was uns nicht angehet, nicht zur Sache gehörig. Sich in fremde Händel mischen. Fremdes Licht, bey den Mahlern, welches noch von dem Hauptlichte verschieden ist. 7) Unbekannt. Fremde Thiere. Eine fremde Sprache. Das ist mir ganz fremd. Ich bin fremd worden meinen Brüdern, Ps. 69, 9. Er stellet sich sehr fremd, sehr unbekannt mit dieser Sache. Ein Fremder, oder ein fremder Mensch, im gemeinen Leben auch ein Fremder, oder jemand Fremdes. Wenn es jemand Fremdes ist, so sagen sie, ich bin nicht zu Hause, Weiße. Das kommt mir sehr fremd vor. Ich machte meinem Herzen alle andere Empfindungen fremd. 8) Ungewöhnlich, seltsam, wie das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Französ. etrange. Sich fremd kleiden. Ich glaube, daß sie sich dergleichen fremden Antrag niemahls vermuthet haben, Gell. S. Befremden. Anm. Fremd, bey dem Kero, Ottfried und Notker fremid, fremed, in dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter vremethe, im Angels. fremd, im Dän. fremmed, im Schwed. fraemmande, kommt von der im Hochdeutschen veralteten Partikel fram, weg, aus, fern, her, welche noch im Engl. from üblich ist.


Fremdartig (W3) [Adelung]


Fremdartig, -er, -ste, adj. et adv. von einer fremden, d. i. andern Art, mit einem Griechischen Kunstworte heterogen; im Gegensatze des gleichartig oder homogen. Fremdartige Theile eines Körpers, die von andern Art sind. Daher die Fremdartigkeit, plur. inus. Heterogeneitas.


Fremde (W3) [Adelung]


Die Fremde, plur. car. ein fremdes Land, ein fremder Ort. In die Fremde gehen, aus seiner Vaterstadt, aus seinem Vaterlande reisen. In der Fremde seyn, außer Landes. Aus der Fremde kommen.


Fremdling (W3) [Adelung]


Der Fremdling, des -es, plur. die -e. 1) Eigentlich, eine fremde Person, ein Ausländer, der in unsern Lande und Orte nicht einheimisch ist. So war Abraham ein Fremdling in Ägypten, 1 Mos. 12, 10. 2) Figürlich. In der Sache bin ich ein Fremdling, d. i. sie ist mir unbekannt, ich bin darin nicht erfahren.


Fremdlingsfalk (W3) [Adelung]


Der Fremdlingsfalk, S. Wanderfalk.


Fremdlingsrecht (W3) [Adelung]


Das Fremdlingsrecht, des -es, plur. inus. das Recht des Landesherren oder der Obrigkeit des Ortes in Ansehung der Fremdlinge, d. i. Ausländer, nach welchem das sämmtliche Vermögen eines solchen Ausländers, wenn er ohne Kinder stirbt, dem Landesherren anheim fällt; Albinagium, Jus Albinagii, Franz. Droit d'Aubaine.


Fresco (W3) [Adelung]


Fresco, das Italiänische Wort fresco, frisch, und in engerm Verstande, frischer, d. i. nasser Kalk, die Mahlerey auf nassen Kalk zu bezeichnen. Al Fresco mahlen, auf nassen Kalk. Daher der Fresco-Mahler, die Fresco-Mahlerey.


Freßbegierde (W3) [Adelung]


Die Freßbegierde, plur. car. die Begierde zu fressen, in der harten Sprechart.


Fresse (W3) [Adelung]


+ Die Fresse, plur. die -n, ein sehr niedriger Ausdruck, das Maul, das Werkzeug des Fressens, zu bezeichnen; in Baiern das Gefriß, an andern Orten das Gefräß, Nieders. Vrete.


Fressen (W3) [Adelung]


Fressen, verb. irreg. act. ich fresse, du frissest, er frisset oder frißt; Imperf. ich fraß, Conjunct. ich fräße; Supin. gefressen; Imperat. friß. 1. Eigentlich, essen, zur Nahrung zu sich nehmen, doch in verschiedenen Einschränkungen. 1) Von allen Arten von Thieren, wenn sie Nahrung zu sich nehmen. Der Wolf hat ein Lamm gefressen. Die Heuschrecken haben alles Getreide gefressen. Die Würmer werden ihn fressen. Dem Viehe zu fressen geben. Ein fressendes Pfand, ein lebendiges, welches Nahrung bedarf. Friß Vogel oder stirb! Von Raubthieren gebraucht, bedeutet es so viel als zerreißen. Von einem wilden Thiere gefressen werden. Die Jäger gebrauchen diesen Ausdruck nur von dem Schwarz- und Rothwildbrete, dagegen sie von den andern Arten sich äsen und weiden sagen. 2) Von Menschen. (a) Ein unanständiges oder unmäßiges Essen zu bezeichnen, in der harten Sprechart. Fressen und saufen, unmäßig essen und trinken. Ein berühmter Held im Fressen, Den das Schlemmen aufgeschwellt, Haged. (b) Für essen überhaupt, in den niedrigen Sprecharten. Er hat einen Narren an ihm gefressen, figürlich, er hat eine unmäßige, blinde Liebe zu ihm. Sein Leid an sich fressen, figürlich, sich heimlich kränken, ohne seinen Gram auszulassen. Er will alle Wissenschaften gefressen haben. 2. Figürlich, verzehren, vertilgen, verderben, auch von leblosen Dingen. Wegert ihr euch aber - so sollt ihr vom Schwert gefressen werden, Es. 1, 20. Das Feuer fraß die zwey hundert und funfzig Männer, 4 Mos. 16, 35. Darum frißt der Fluch das Land, Es. 24, 6. Du führst in deinen Schiffen einen Feuerfunken Der beyde Welten frißt, Raml. Der Rost frißt das Eisen, der Krieg hat viel Volk gefressen, es frißt ihn der Neid. Ein Geschwür, der Krebs frißt um sich, frißt weiter, wenn es sich weiter ausbreitet und die gesunden Theile verderbt. Ein fressender Schade.

Anm. Das Hauptwort die Fressung ist nicht üblich. Dieses Zeitwort lautet bey dem Ottfried und Notker frezzen, im Dän. fraadse, im Nieders. und Holländ. freten, im Angels. und bey dem Ulphilas fretan, im Engl. to fret, im Schwed. fraeta, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Es hat in allen Sprachen einen verächtlichen Nebenbegriff; doch gebraucht es Ottfried ein Mahl im guten Verstande für essen. Nie frazun sie iz allas, sibun korbi vbarlaz, sie aßen nicht alles auf, sondern lißen noch sieben Körbe übrig, B. 3, Kap. 6. Frisch und andere glauben, daß dieses Wort aus veressen, aufessen, verzehren, zusammen gezogen sey, zumahl da Königshofen verasen für fressen braucht. Es kann aber auch durch Vorsetzung des Blaselautes aus reißen, Nieders. riten, Lat. rodere, entstanden seyn, woraus sich denn auch der niedrige Nebenbegriff, welcher dem Worte anklebt, am besten erklären läßt.


Fressen (W3) [Adelung]


Das Fressen, des -s, plur. inus. der Infinitiv des vorigen Wortes als ein Hauptwort gebraucht. 1) Die Handlung, da man frißt. 2) Die Nahrung, Speise, in den niedrigen Sprecharten. Das wäre ihm ein gefundenes Fressen, figürl. eine erwünschte Sache.


Fresser (W3) [Adelung]


Der Fresser, des -s, plur. ut nom. sing. der viel isset, ein unmäßiger Esser. Wie ist der Mensch ein Fresser? Matth. 11, 19. Von Thieren, welche fressen, ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich, ob es gleich Richt. 14, 14, und Mal. 3, 11, in diesem Verstande gebraucht wird. Die Baumkrankheit, welche unter dem Nahmen des Krebses am bekanntesten ist, wird an einigen Orten auch der Fresser genannt.


Fresserey (W3) [Adelung]


Die Fresserey, plur. die -en. 1) Der Zustand, da man unmäßig isset; ohne Plural. In Fresserey wandeln, 1 Petr. 4, 3. 2) Eine Gasterey, ein Schmaus, in den niedrigen Sprecharten. Eine Fresserey anstellen. Denn Bachus hat den Wein und Fressereyen lieb, Opitz.


Freßfieber (W3) [Adelung]


Das Freßfieber, des -s, plur. inus. eine Art eines nachlassenden Fiebers, wo der Kranke zur Zeit des Anfalles einen außerordentlichen Hunger bekommt, und sich, alles starken Essens ungeachtet, dennoch nicht sättigen kann; die Freßkrankheit, Freßsucht, Febris famelica. Es entstehet von einer nagenden Schärfe im Magen. S. Heißhunger.


Freßgierig (W3) [Adelung]


Freßgierig, -er, -ste, adj. et adv. zum Fressen gierig, eine unmäßige Begierde zu vielem Essen habend; fräßig.


Freßglocke (W3) [Adelung]


+ Die Freßglocke, plur. inus. im gemeinen Leben der Glockenschlag, welcher die Zeit zum Essen ankündiget.


Fressig (W3) [Adelung]


Fressig, adj. et adverb. der da frisset, welches aber nur in den Zusammensetzungen fleischfressig, grasfressig u. s. f. üblich ist. S. Fräßig.


Freßkrankheit (W3) [Adelung]


Die Freßkrankheit, plur. inus. 1) S. Freßfieber. 2) S. Heißhunger.


Freßrehe (W3) [Adelung]


Die Freßrehe, plur. inus. eine Krankheit der Pferde, welche aus unmäßigem Fressen entstehet, eigentlich eine Cardialgie ist, und mit der Rehe nichts gemein hat.


Freßsack (W3) [Adelung]


+ Der Freßsack, des -es, plur. die -säcke, ein Sack, worin gemeine Leute auf der Reise ihr Essen bey sich führen. Im niedrigen Scherze, auch eine Person, welche viel isset.


Freßspitze (W3) [Adelung]


Die Freßspitze, plur. die -n, an den Insecten, S. Fühlspitze.


Freßzange (W3) [Adelung]


Die Freßzange, plur. die -n, kleine Zangen, womit einige Insecten an dem Maule versehen sind, und welche ihnen statt der Zähne zum Zermalmen der Speise dienen.


Fresul (W3) [Adelung]


Der Fresul, plur. die -n, S. Assel.


Frettchen (W3) [Adelung]


Das Frettchen, des -s, plur. ut nom. sing. oder die Frettwiesel, plur. die -n, eine Art Wiesel mit kurzen, aber weiten und offenen Ohren, einer spitzigen Schnautze, röthlichen Augen und milchfarbigen Haaren. Man trifft sie in Frankreich, England, der Schweiz, und den Niederlanden an, wo man sie zur Kaninchenjagd gebraucht; Mustela Viverra Klein, Franz. Furet, Engl. Ferret, im mittlern Lat. Furectus. Im Deutschen wird es auch das Fritt, das Frett, die Frette, das Fredel, die Frätte, das Fröttel u. s. f. genannt.


Fretter (W3) [Adelung]


* Der Fretter, des -s, plur. ut nom. sing. in den gemeinen Sprecharten, besonders in Schwaben, ein Pfuscher; vielleicht von dem noch in Schwaben üblichen Zeitworte fretten, schwere Arbeit verrichten, ingleichen plagen, treiben, wie auch gäten. Im Angels. ist wraethan beunruhigen, plagen, und im Ital. Fretta die Eile.


Frettwiesel (W3) [Adelung]


Die Frettwiesel, S. das Frettchen.


Fretzen (W3) [Adelung]


Fretzen, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben einiger Gegenden üblich ist. 1) Für fressen, so wie man in einigen Provinzen auch ätzen für essen gebraucht. 2) Als ein Factitivum, zu fressen geben. Das Vieh fretzen, d. i. mästen. Gänse, Kapaunen fretzen, sie stopfen. In einigen Mundarten auch frexen. S. Auffretzen.


Freude (W3) [Adelung]


Die Freude, plur. die -n, welches das Abstractum des Zeitwortes freuen ist. 1. Eigentlich. 1) * Muth, Herzhaftigkeit; eine veraltete Bedeutung, die indessen doch aus dem Beyworte freudig erweislich ist. Noch jetzt sagt man, mit Freunden in den Tod, in die Schlacht gehen. Die Soldaten gingen voller Freude zum Treffen. 2) Ein sehr merklicher Grad der angenehmen Empfindung, welche aus dem Genusse eines gegenwärtigen, oder als gegenwärtig gedachten Guten entstehet; im Gegensatze der Traurigkeit. Freude über etwas empfinden. Einem eine vergebliche Freude machen. Seine Freude an etwas haben. Vor Freude weinen. Ich mache mir eine Freude daraus, d. i. ich thue es mit Vergnügen. Sie hat (empfindet) eine herzliche Freude darüber. Es ist mir eine Freude, es zu hören. Freude an seinen Kindern erleben. Voller Freude seyn. Mit Herzen, die vor Freude klopften. Heimlich habt ihr doch eine herzliche Freude daran, Gell. Der Sohn sah lange mit stiller Freude auf den Vater herunter, Geßn. O, dieser Tag soll mir ein Tag der Freude seyn, ebend. Ich wollte ihr die Freude nicht verderben, Gell. Seine Freude an etwas sehen, es mit Freude oder Vergnügen ansehen. Du bist so schön wie seine Wangen, Woran man seine Freude sieht, Gleim. Mehrere angenehme Empfindungen dieser Art leiden allerdings den Plural, der in der höhern Schreibart vorzüglich üblich ist. Meine Haare sind unter Freuden grau geworden, Geßn. Mein Glück setzt mich in einen Himmel von Freuden, Weiße. Mit ihm starben meine Freuden, Dusch. Such deine Lust in stillern Freuden, Gell. So verstreichet dem Landmann der Morgen in schuldlosen Freuden, Zach. Man hat diesen Plural getadelt, aber ohne Ursache, weil er nicht nur der Sache gemäß; sondern auch sehr alt ist. Sun, swas ich froeiden ie gewan, Die fint bi dison froeiden blint, Winsbeck. Vor leide sten ich froeiden blos König Chuonrad. Will nicht von den Freuden wissen, Opitz. 2. Figürlich. 1) Der Ausbruch der Freude, Freudenbezeigung. Jemanden mit Freude, oder mit Freuden empfangen. Du hättest die Freude sehen sollen. 2) Ein Gegenstand, welcher Freude erwecket. O du, meine Lust und meine Freude! Die Freude seyd unsrer Jugend, und euer Glück wird einst des Alters Freude seyn, Geßn.

Anm. 1. Dieses Wort lautet bey dem Übersetzer Isidors Freuuindhiu, bey dem Ottfried Freuui, bey dem Notker Frouueda, bey dem Willeram Freiuue, in dem alten Gedichte auf Carln den Großen Vrothes, im Dän. Fryd, im Fries. Fraude. S. Freuen, von welchem es das Abstractum ist. Im gemeinen Leben ist auch das Dimin. ein Freudchen üblich.

Anm. 2. In den alten Oberdeutschen Mundarten hat dieses Wort in der zweyten und dritten Endung Freuden. Truren sich mit freuden gildet, Graf Rudolph von Niuwenburg. Daher die im gem. Leben noch so häufigen Ausdrücke, mit Freuden, vor Freuden, voller Freuden, in Freuden u. s. f. welche auch in der Deutschen Bibel selbst mit dem Artikel vorkommen. Am Tag der Freuden, Hohel 3, 11. Ich schweige der Freuden, Ps. 39, 3. Im Hause der Freuden u. s. f. Ich erschrecke ganz vor Freuden, Gell. Diese Form hat sich auch in den folgenden Zusammensetzungen erhalten, wo Freuden - nicht alle Mahl der Plural ist. Auf eben dieselbe Art werden auch die Worte, Ehre, Erde, Friede, Gnade, Grube, Wiege, Seele u. s. f. zuweilen noch decliniret.


Freudenbezeigung (W3) [Adelung]


Die Freudenbezeigung, plur. die -en, die Bezeigung der Freude, deren Beweis durch äußerliche Handlungen. Einen Fürsten mit den feyerlichsten Freudenbezeigungen empfangen. Die Freudenbezeigungen dauerten acht Tage.


Freudenfahne (W3) [Adelung]


Die Freudenfahne, plur. die -n, eine Fahne, welche bey vornehmen Leichenbegängnissen unmittelbar nach dem Freudenpferde getragen wird. S. Trauerfahne.


Freudenfest (W3) [Adelung]


Das Freudenfest, des -es, plur. die -e, ein Fest, welches der Freude gewidmet ist, welches mit vorzüglicher Freude begangen wird.


Freudenfeuer (W3) [Adelung]


Das Freudenfeuer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Feuer, welches zur Bezeigung einer allgemeinen Freude auf den Straßen und öffentlichen Plätzen angezündet wird.


Freudengeld (W3) [Adelung]


Das Freudengeld, des -es, plur. von mehrern Summen dieser Art, die -er, ein Geld, welches in einigen Gegenden Sachsens verlobte Personen vor der Trauung bey Rutscherrecht in dem Amte erlegen müssen. Ledige Personen geben jede 3 Gr. 6 Pf. verwitwete aber 7 Gr.


Freudengesang (W3) [Adelung]


Der Freudengesang, des -es, plur. die -sänge, ein Gesang, der zur Bezeigung der Freude gesungen wird; ein Wort, welches nur Jer. 30, 19 vorkommt.


Freudengeschrey (W3) [Adelung]


Das Freudengeschrey, des -es, plur. die -e, ein Geschrey, welches zur Bezeigung seiner Freude erhoben wird. Ein Freudengeschrey erheben, machen.


Freudenhaus (W3) [Adelung]


* Das Freudenhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, in welchem Freudenbezeigungen angestellet, oder frohe Zusammenkünfte gehalten werden; ein im Hochdeutschen ungebräuchliches Wort. Über alle Freudenhäuser werden Dornen und Hecken wachsen, Es. 32, 13.


Freudenkleid (W3) [Adelung]


Das Freudenkleid, des -es, plur. die -er, ein Kleid, welches man bey freudigen Begebenheiten anzulegen pflegt; im Gegensatze des Trauerkleides. Bar. 4, 20.


Freudenleben (W3) [Adelung]


* Das Freudenleben, des -s, plur. inus. ein frohes mit Freude erfülltes Leben; ein veraltetes Wort, welches von den Dichtern der vorigen Zeiten sehr gemißbraucht, und besonders von dem künftigen Zustande der Seligen genommen wurde.


Freudenlos (W3) [Adelung]


Freudenlos, -er, -este, adj. et adv. der Freude beraubt, ohne Freude, in der edlen und dichterischen Schreibart. O we was froidelose zit ein man verswendet, der u. s. f. Rudolph von Rotenburg. Freudenlos und traurig floß sein Leben dahin.


Freudenmädchen (W3) [Adelung]


Das Freudenmädchen, S. Lustdirne.


Freudenmahl (W3) [Adelung]


Das Freudenmahl, des -es, plur. die -e, ein Mahl oder eine Mahlzeit, welche zum Zeichen der Freude angestellet wird. Dort werde sie (die Schale) bey jedem Freudenmahle Voll Nektar der die Götter tränkt, Und voll Unsterblichkeit geschenkt, Raml.


Freudenöhl (W3) [Adelung]


Das Freudenöhl, des -es, plur. inus. ein nur in der Deutschen Bibel üblicher Ausdruck, das Öhl zu bezeichnen, mit welchem man sich in den Morgenländern zur Bezeigung einer lebhaften Freude salbte. Ps. 45, 8. Es. 61, 3.


Freudenopfer (W3) [Adelung]


Das Freudenopfer, des -s, plur. ut nom. sing. in der kirchlichen Verfassung der ehemahligen Juden, ein Opfer, welches zur Bezeigung der Freude über eine von Gott empfangene Wohlthat gebracht wurde, Ps. 54, 8 und von Luthern am häufigsten durch Dankopfer Übersetzet wird.


Freudenpferd (W3) [Adelung]


Das Freudenpferd, des -es, plur. die -e, ein Pferd, welches bey vornehmen Leichenbegängnissen den Trauerzug beschließet. S. Trauerpferd.


Freudenreich (W3) [Adelung]


Freudenreich, -er, -ste, adj. et adv. reich an Freude, ein von den wässerigen Dichtern der ältern und neuern Zeiten bis zum Ekel gemißbrauchter Ausdruck.


Freudensaal (W3) [Adelung]


* Der Freudensaal, des -es, plur. inus. bey den Dichtern der vorigen Zeiten, ein matter Ausdruck des Himmels, so fern dadurch der Aufenthalt der Seligen verstanden wird.


Freudenschießen (W3) [Adelung]


Das Freudenschießen, des -s, plur. inus. ein Schießen, oder Abfeuerung des Schießgewehres, welches zur Bezeigung der Freude geschiehet.


Freudenschuß (W3) [Adelung]


Der Freudenschuß, des -sses, plur. die -schüsse, ein solcher Schuß zur Bezeigung der Freude.


Freudentag (W3) [Adelung]


Der Freudentag, des -es, plur. die -e, ein froher Tag, ein der Freude gewidmeter Tag; ein Ausdruck, der durch den Mißbrauch wässeriger Dichter gewisser Maßen verächtlich geworden ist.


Freudenthräne (W3) [Adelung]


Die Freudenthräne, plur. die -n, eine von der Freude erpreßte Thräne. Freudenthränen flossen dem Sohn vom Auge, Geßn.


Freudenvoll (W3) [Adelung]


Freudenvoll, -er, -ste, adj. et adv. voll Freude, am häufigsten in der dichterischen Schreibart.


Freudenzähre (W3) [Adelung]


Die Freudenzähre, plur. die -n, wie Freudenthräne in der dichterischen Schreibart. Ihr Freudenzähren erstickt nicht meinen Lobgesang, Raml.


Freudig (W3) [Adelung]


Freudig, -er, -ste, adj. et adv. Freude empfindend, habend, an den Tag legend. 1) Muth, Herzhaftigkeit, Zuversicht empfindend und äußernd. Der Held ist ein freidig Mann, Theuerd. Kap. 83. Welcher ein frutig und unerschrockener Mann war, Bluntschli, ein Zürchischer Schriftsteller. Ein freudiges Pferd, im gemeinen Leben, ein muthiges, lebhaftes Pferd. Freudige und unerschrockene Löwen, Weish. 11, 18. Freudig zum Tode gehen. So will ich freudig sterben. Der freudige Geist Gottes, Ps. 51, 14. d. i. der zum Guten Munterkeit und Zuversicht einflößet. Das Nieders. frödig und Schwed. frodig wird auch von Gewächsen gebraucht, wenn sie gut fortkommen, gerade und lebhaft wachsen. 2) Freude, d. i. einen hohen Grad angenehmer Empfindungen verrathend. Er kam sehr freudig zu mir. Über etwas freudig seyn. Gib mir immer den erquickenden Trost, daß ich dich bald freudiger wieder sehen werde, Weiße. 3) Freude erweckend, verursachend. Ein freudiger Tag. Der mir heute eine freudige Post gebracht hat, Gell. 4) Mit Freude verbunden. Freudig ist jeden Tages Arbeit, Geßn. Die Demuth kann nicht ohne Gefühl der Liebe des Schöpfers Statt finden, darum ist sie eine freudige Tugend, und doch zugleich die ernsthafteste, Gell.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort frödig, im Schwed. frodig, im Dän. freidig. Ehedem war auch fruot statt desselben üblich. Vns kumt aber ein liehter meie Der machet manig herze frout, Markgr. Otto von Brandenburg.


Freudigkeit (W3) [Adelung]


Die Freudigkeit, plur. inus. der Zustand, da man freudig ist, doch nur in der ersten Bedeutung dieses Wortes, für getroster Muth, Herzhaftigkeit, Zuversicht. Der sein freydigkeit nit spart So lanng bis das not ist und gut, Theuerd. Kap. 115. Es leyt nit als an der fredigkeit, ebend. Kap. 81. Sie sahen aber an die Freudigkeit Petri und Johannis, Apostelg. 4. 13. Lasset uns hinzu treten mit Freudigkeit zu dem Gnadenstuhl, Ebr. 4, 16; und so in andern Stellen mehr.


Freuen (W3) [Adelung]


Freuen, verb. reg. act. welches im Hochdeutschen nur als ein Reciprocum üblich ist, sich freuen, Freude, d. i. einen hohen Grad der angenehmen Empfindungen haben. Ich freue mich, daß du gesund wieder zurück gekommen bist. Sich von Herzen freuen. Sich vor der Zeit freuen. Es freuet mich, daß du dich noch wohl befindest. Der Gegenstand der Freude bekommt am häufigsten das Vorwort über. Sich heimlich über eines andern Unglück freuen. Wir freuen uns über dein Glück. Nicht leicht das Vorwort an. Mich gern an andrer Wohlergehn Und ihrer Tugend freun, Gell. Wohl aber das Vorwort auf, wenn die Sache noch zukünftig ist. Sich auf des Freundes Ankunft freuen. Im Oberdeutschen wird der Gegenstand der Freude sehr häufig mit der zweyten Endung des Hauptwortes ausgedruckt, wovon in der Deutschen Bibel die Beyspiele sehr häufig sind. Die neuern Schriftsteller haben diese Wortfügung mit gutem Erfolge nachgeahmet. Er freute sich der List, Rost. Und freut sich niemahls seines Falles, Gell. Und freut sich der gelungnen Tücke, Haged. Laß mein Herz sich deiner freun, Weiße.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Ottf. freuuen, frouuen, im Isidor freuuvan, im Nieders. frauen, womit auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - überein kommt. Eigentlich ist es ein Activum, welches Freude verursachen bedeutet. Froei mit rede daz herze min, Reinmar der Alte. Die mir froeit das herze mit dien sinnen, Markgr. Heinr. von Meißen. Das Nieders. frauen hat diese Bedeutung noch; allein im Hochdeutschen ist dafür erfreuen üblich. S. Froh, von welchem dieses Zeitwort vermittelst der Endsylbe en gebildet ist.


Freund (W3) [Adelung]


Der Freund, des -es, plur. die -e, Fämin. die Freundinn, plur. die -en, überhaupt eine Person, welche uns liebt, doch unter verschiedenen Einschränkungen. 1) Eine Person, welche durch die Bande, der Verwandtschaft mit uns verbunden, und uns folglich zu lieben verbunden ist, ein Verwandter, eine Verwandte. Ein weitläuftiger Freund. Ein naher Freund. Seine Freunde (d. i. Verwandten) wollten die Heirath nicht zugeben. S. Blutsfreund. 2) Eine geliebte Person des andern Geschlechtes, man mag ehelich mit ihr verbunden seyn, oder nicht, in der edlen und anständigen Schreibart. Schon in den Monseeischen Glossen wird Fruidilinna durch Concubina übersetzt, und im Schwabenspiegel kommt Friundinne in eben diesem Verstande vor. Siehe, mein Freund, du bist schön und lieblich, Hohel. 1, 16. Stehe auf, meine Freundinn, meine Schöne, Kap. 2, 10; und so in andern Stellen dieses Buches mehr. 3) Eine Person, mit der man durch den Umgang verbunden ist. Er ist mein alter Freund. Ein vertrauter Freund. Ihre Freundinnen und Gespielen. 4) Der Neigung nach, eine Person, die man liebt, deren Bestes man zu befördern sucht, ohne Rücksicht auf das Geschlecht. Er ist mein sehr guter Freund. Jemanden zum Freunde haben. Sich jemanden zum Freunde machen. Ein wahrer Freund. Ein falscher, verstellter Freund. Machen sie dem Dinge ein Ende, wenn wir Freunde bleiben sollen, Weiße. Der Freund kann nicht Freund seyn, ohne sich mit mir zur Tugend zu vereinigen, Gell. Er ist ein guter Freund von mir, für, er ist mein Freund, ist eine im gemeinen Leben sehr übliche, vermuthlich nach dem Französischen gebildete Art des Ausdruckes. 5) Im gemeinen Leben nennt man Freunde sehr oft solche Personen, mit welchen man in entfernten Verbindungen der Handlung oder der Nahrung stehet. In diesem Verstande pflegen die Kaufleute ihre Correspondenten und Bekannten Freunde zu nennen. 6) Oft ist mein Freund oder guter Freund ein Ausdruck, mit dem man geringere unbekannte Personen aus Vertraulichkeit anredet, deren Nahmen oder Stand man nicht weiß. 7) Figürlich. Ich bin kein Freund von vielen Reden, d. i. ich liebe das viele Reden nicht. Er ist ein Freund vom Trinken, vom Lesen u. s. f. Ein Freund der Wahrheit und der Tugend. Die Nacht ist niemands Freund, begünstiget niemandes Vorhaben. Die Stille der Nacht und die Einsamkeit sind Freundinnen der Schmerzen, Weiße. Die Freude ist eine Freundinn der Gesellschaft und überläßt sich ungezwungen alle Führungen derselben, Sonnenf.

Anm. Freund, bey dem Kero und Ottfried Friunt, im Nieders. Fründ, im Holländ. Vriend, im Angels. Freond, im Engl. Friend, bey dem Ulphilas Frionds, im Schwed. und Isländ. Fraende, ist eigentlich das Mittelwort von dem alten Zeitworte frigon, lieben, so wie Feind von fijan, hassen; S. Freyen. Aus dem Worte freundlich scheinet zu erhellen, daß Freund eigentlich eine Person bedeutet, die ihre gute Gesinnung gegen uns durch Geberden an den Tag leget.


Freundbrüderlich (W3) [Adelung]


Freundbrüderlich, adj. et adv. welches nur in den Kanzelleyen, besonders unter fürstlichen Personen, welche sich in den Titulaturen Brüder zu nennen pflegen, üblich ist, für freundlich und brüderlich. S. Freundvetterlich.


Freunden (W3) [Adelung]


Freunden, verb. reg. act. zum Freunde machen, von welchem aber nur das Mittelwort gefreundet, für befreundet, verwandt, an einigen Orten üblich ist. Im gemeinen Leben sagt man auch. Harte Worte freunden nicht; ingleichen: Die Wahrheit reden lautet wohl, aber freundet übel.


Freundinn (W3) [Adelung]


Die Freundinn, S. Freund.


Freundlich (W3) [Adelung]


Freundlich, -er, -ste, verb. reg. act. Liebe, freundschaftliche Gesinnungen habend, verrathend, lieblich. 1. Eigentlich, so fern sich diese Gesinnung durch Geberden und Mienen äußert. Ein freundlicher Mann. Er siehet immer freundlich aus. Jemanden freundlich anreden, aufnehmen. Sich freundlich stellen. Ein freundliches Gesicht, freundliche Mienen. Freundlich Worte. Jemanden freundlich grüßen. 2. Figürlich auch. 1) so fern sie sich durch andere Merkmahle an den Tag leget; in welcher Bedeutung dieses Wort nur im gemeinen Leben, ingleichen von Vornehmern gegen Geringere üblich ist. Einem freundlich schreiben. Dahin gehöret auch der jetzt ungewöhnliche biblische Gebrauch, wo Gott freundlich, d. i. liebreich, gnädig, genannt wird. 2) Freundliche Bergarten, im Bergbaue, Steinarten, welche Metallmütter abgeben, und daher gleichsam Freunde der Bergleute sind. 3) Bey den neuern Schriftstellern wird dieses Wort in der höhern Schreibart auch von leblosen Dingen gebraucht. Umkränzt mit freundlichen Rosen, wie der Sohn der Cythere kommt der Greis von Tejos, Clod. Lange hatte sie - mit Thränen den freundlichen Mond über die Gebirge begleitet, Weiße.

Anm. Im Nieders. früntlik, bey dem Notker friuntlih, bey den schwäbischen Dichtern friundelic, im Angels. freondlice. Im Nieders. bedeutet frundliken freundlich thun.


Freundlichkeit (W3) [Adelung]


Die Freundlichkeit, plur. die -en. 1. Der Zustand, da man freundlich ist, ohne Plural. 1) So fern freundlich, liebreiche Geberden bezeichnet. Einem mit Freundlichkeit begegnen. Er nimmt alle Leute durch seine Freundlichkeit ein. 2) So fern diese Gesinnung auch auf andere Art an den Tag geleget wird, in welcher im Hochdeutschen ungewöhnlichen Bedeutung, Tit. 3, 4, die Freundlichkeit Gottes vorkommt. 2. Freundliche Geberden, Handlungen, im gemeinen Leben. Einem alle Freundlichkeit erzeigen. Alle deine Freundlichkeiten gewinnen mich nicht.


Freundrecht (W3) [Adelung]


* Das Freundrecht, des -es, plur. die -e, das Recht des Freundes, d. i. des Verwandten; ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort. Kauf du meinen Acker - denn du hast das nächste Freundrecht dazu, Jer. 32, 7; das Näherrecht.


Freundschaft (W3) [Adelung]


Die Freundschaft, plur. die -en. 1. Der Zustand, da man eines andern Freund oder Freundinn ist, in verschiedenen Bedeutungen dieses Wortes. 1) Die Verwandtschaft, im gemeinen Leben, und ohne Plural. 2) Bekanntschaft, Vertraulichkeit, welche bloß eine Wirkung des Umganges ist; auch ohne Plural. Freundschaft mit jemanden halten. Die Freundschaft aufheben. 3) Im engern Verstande, gegenseitige Liebe zweyer Personen, ohne Unterschied des Geschlechtes und ohne alle Absicht auf Befriedigung sinnlicher Begierden, wodurch sich die Liebe im engern Verstande von der Freundschaft unterschiedet. Freundschaft mit jemanden aufrichten. Ich habe viel Freundschaft gegen ihn. Eines Freundschaft suchen. Thun sie es aus Freundschaft gegen mich. Die Freundschaft brechen, wider die Pflichten der Freundschaft handeln. Die wahre Freundschaft setzt allezeit gegenseitige Verdienste voraus, wenigstens die Meinung derselben, Gell. Die wahre Freundschaft ist die gegenseitige Hochachtung und Neigung tugendhafter Gemüther, ebend. Die eheliche Freundschaft. Als ein Abstractum hat dieses Wort keinen Plural: so fern sich aber diese Neigung individuell unter mehrern Personen denken lässet, leidet es denselben sehr wohl. Edle Freundschaften sind ohne Eigennutz. 4) Geneigtheit eines Obern gegen einen Geringern, wo sich doch nur ersterer dieses Wortes gegen den letztern bedienen kann. 2. Merkmahle, Beweise der Freundschaft, wo dieses Wort im gemeinen Leben oft für Gefälligkeit, Dienstleistung gebraucht wird. Thut mir, doch die Freundschaft u. s. f. Ich habe ihm viele Freundschaft erwiesen. 3. Personen, die durch Freundschaft mit einander verbunden sind. 1) Verwandte, im gemeinen Leben; die Familie. Er hat eine große Freundschaft, d. i. zahlreiche Verwandte. Die ganze Freundschaft kam, Gell. In Luthers Deutscher Bibel kommt es in diesem Verstande sehr oft vor. 2) Eine Gesellschaft, Zunft, Innung; eine im Hochdeutschen unbekannte Bedeutung. die Freundschaft der Leinweber, 2 Chron. 4, 21. Anm. Bey dem Willeram Fruintschefte, in dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter Vriuntscaf, im Nieders. Fründschap, im Schwed. Fryndskap, und Frändsami.


Freundschaftlich (W3) [Adelung]


Freundschaftlich, -er, -ste, adj. et adv. mit Freundschaft, wie es die Freundschaft erfordert, der Freundschaft angemessen, in derselben gegründet. Ich bath ihn auf das freundschaftlichste. Freundschaftliche Gesinnungen gegen jemanden hegen. Kenntest du das freundschaftlich Herz, welches in seinem Busen schläget! So auch die Freundschaftlichkeit.


Freundschaftsstück (W3) [Adelung]


Das Freundschaftsstück, des -es, plur. die -e, eine freundschaftliche Handlung, im gemeinen Leben, wo es auch nur oft ein Freundstück lautet, so wie Bubenstück. Einem ein Freundschaftsstück erweisen. Oft gebraucht man dieses Wort auch ironisch für eine feindselige Handlung.


Freundschaftstrieb (W3) [Adelung]


Der Freundschaftstrieb, des -es, plur. die -e, der Trieb der Freundschaft. Sie waren beyde jung, und bey dem Freundschaftstriebe Empfanden sie zugleich die Stärke gleicher Liebe, Gell.


Freundvetterlich (W3) [Adelung]


Freundvetterlich, adj. et adv. welches nur in den Kanzelleyen unter solchen fürstlichen Personen üblich ist, welche sich in ihren Titulaturen Vettern zu nennen pflegen, für freundschaftlich und vetterlich. Weibliche Personen bedienen sich im Oberdeutschen in eben diesem Verstande des Freundmuhmlich. S. Freundbrüderlich.


Freundwillig (W3) [Adelung]


Freundwillig, adj. et adv. ein gleichfalls in den Oberdeutschen Kanzelleyen einheimisches Wort, für freundschaftlich und bereitwillig. Der gute Geschmack im Hochdeutschen hat dieses Wort, so wie die ähnlichen freunddienstlich, freundwerth u. s. f. längst verbannet.


Frevel (W3) [Adelung]


Der Frevel, des -s, plur. ut nom. sing. 1. * In der eigentlichen Bedeutung, Gewalt, Stärke. Also ward der fräuel mit fräuel angegriffen, heißt es in dem 1472 gedruckten Buche Belial S. 5, von der durch Christum geschehenen Bestürmung der Hölle. Daß uns freuel ist beschehen, ebend. daß uns Gewalt geschehen ist. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet. 2. Figürlich, unrechtmäßige Gewalt, vorsetzliche Beleidigung anderer; wo dieses Wort 1) für eine jede vorsetzliche Beleidigung Gottes und der Menschen, für Laster, Boßheit, Verbrechen gebraucht wird. Die Erde war voll Frevels, 1 Mos. 6, 11, 13; und so in andern Stellen mehr. In einigen Oberdeutschen Gerichten theilet man die Verbrechen in den kleinen und den großen Frevel, wovon jener die niedere, dieser aber für die höhere Gerichtbarkeit gehöret. Mein Gewissen stellt mir auf Ein Mahl die schwärzesten Frevel dar, von Brawe. 2) Am häufigsten bedeutet dieses Wort eine jede vorsetzliche Beleidigung anderer, oder Übertretung der Gesetze, aus bloßem Muthwillen und ohne Nutzen. Etwas aus bloßem Frevel thun. Einen Frevel begehen. Frevel an jemanden begehen. Den Frevel büßen, Strafe dafür geben oder leiden. 3) In den Gerichten werden oft geringe Verbrechen, dergleichen Scheltworte, Backenstreiche u. s. f. sind, die vorhin gedachten kleinen Frevel, nur schlechthin Frevel genannt; zum Unterschiede von den höhern Verbrechen. Auch die Strafe für dergleichen Übertretungen der Gesetze oder Beleidigungen anderer führet in manchen Gegenden diesen Nahmen, S. Frevelbuße. 4) Muthwillen, Leichtfertigkeit, und leichtfertige Gesinnung. Das Kind weiß vor Frevel nicht, was es anfangen soll.

Anm. Schon Ottfried braucht Frauili für Verbrechen, und Notker Frauali für praesumtio. Im Niedersächsischen lautet dieses Wort Wrevel. Im mittlern Lat. ist Fribolum, Fribusculum, Friuiusculum, ein geringes Verbrechen. Fribolum, heißtes es bey dem Isidor, Orig. B. 9. Kap. 8, est cum eo animo separantur (conjuges) ut rursum ad se invicem revertantur. Nam fribolum est velut quassae mentis et effluxae, nec stabilis. Das Lat. frivolus ist vermuthlich mit unserm Worte Frevel verwandt, ob man gleich unrecht handeln würde, wenn man dieses von jenem ableiten wollte. Frisch hatte den wunderlichen Einfall, es komme von ver und eben her, und bedeute so viel als uneben, ungleich machen. Die Sylbe el ist augenscheinlich die bekannte Ableitungssylbe; daher für das Stammwort nur Freu, Frey übrig bleibet. Dieses scheinet mit frey, ingleichen der ersten Sylbe in Freude sehr genau verwandt zu seyn. Das u oder i kann hier eben so leicht in den Blaselaut v übergegangen seyn. Im Oberdeutschen ist auch fräfen für kühn, tapfer, verwegen, bekannt. Ein fräffner Mann, Tschudi, ein tapferer Mann. Fräffne Errettung, tapfere, Fronsberg; welches diese Ableitung bestätiget. S. Freventlich und das folgende Beywort. Im Oberdeutschen ist dieses Wort auch weiblichen Geschlechtes, die Frevel, plur. die Freveln, welches schon im Schwabenspiegel vorkommt.


Frevel (W3) [Adelung]


* Frevel, -er, -este, adj. et adv. ein im Hochdeutschen veraltetes Wort für frevelhaft. Wenn ein frevler Zeug wider jemand auftritt, 5 Mos. 19, 16. Es treten frevele Zeugen auf, Ps. 35, 11. Du hilfst mich von den Freveln, 2 Sam. 22, 49. Keine frevle That, Logau. Im Hochdeutschen wird es noch zuweilen von den Dichtern im Andenken erhalten. Die frevle List, Kästn.

Anm. Im Angels. lautet es fraevol, fraevele. Im Nieders. ist ein wrevel Kerl ein rauher, grober Kerl. Eben daselbst wird wrevel auch von einem starken, widerlichen. Geruche oder Geschmacke gebraucht.


Frevelbuße (W3) [Adelung]


Die Frevelbuße, plur. die -n, in einigen Oberdeutschen Gerichten, die Buße oder Geldstrafe, für Frevel, d. i. geringe Verbrechen, welche auch nur Frevel schlechthin genannt wird. S. der Frevel 2 3).


Freveler (W3) [Adelung]


Der Freveler, zusammengez. Frevler, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher Frevel begehet, der da frevelt, in allen vier figürlichen Bedeutungen des Wortes Frevel. Verläumder, Gottesverächter, Frevler, Hoffärtige, Röm. 1, 30. In Boxhorns Glossen ist Fravaler, procax.


Frevelgericht (W3) [Adelung]


Das Frevelgericht, des -es, plur. die -e, in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden ein Gericht, welches nur Frevel, d. i. geringe Verbrechen richtet, dessen Richter der Frevelrichter genannt wird. S. der Frevel 2 3).


Frevelhaft (W3) [Adelung]


Frevelhaft, -er, -este, adj. et adv. was aus Frevel geschiehet, Frevel verräth, in allen figürlichen Bedeutungen des Hauptwortes. Ein frevelhafter Mensch. Eine frevelhafte That.


Frevellich (W3) [Adelung]


* Frevellich, adj. et adv. welches im Hochdeutschen ungewöhnlich ist, frevelhaft. In dem Straßburg. Stadtrechte kommt es für verwegen, gewaltthätig vor. Im Nieders. lautet es wrevelik, bey dem Kero fravallihho, in dem alten Gedichte auf den heil. Anno vrebelich. S. Freventlich.


Frevelmuth (W3) [Adelung]


Der Frevelmuth, des -es, plur. inus. ein im Hochdeutschen wenig bekanntes Wort, für frevelhafte Gesinnung, Neigung, besonders in der 2ten figürlichen Bedeutung des Wortes Frevel. Im Nieders. ist dafür Wrevelicheit, im Oberd. aber auch Frevelsinn üblich.


Freveln (W3) [Adelung]


1. Freveln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Frevel begeben, in allen figürlichen Bedeutungen dieses Hauptwortes. An seinem Nächsten freveln, Ezech. 21, 14. Seine Seele hasset den Gottlosen und die gern freveln, Ps. 11, 5. Wir freveln wissentlich, Haged. In einigen Oberdeutschen Gerichten auch die auf den Frevel, d. i. geringe Verbrechen, gesetzte Strafe erlegen. Der frevelt 30 Schillinge im Straßburg. Stadtrechte.


Freveln (W3) [Adelung]


2. Freveln, verb. reg. act. welches nur in dem Salzwerke zu Halle üblich ist, wo die gesottenen Salzstücke gefrevelt werden, wenn man sie auf die Trockenböden bringet, damit sie daselbst trocknen. Frisch siehet dieses als eine besondere Bedeutung des vorigen Wortes an. Allein es ist ohne Zweifel ein besonderes Wort, welches vielleicht zu dem Schwedischen Raef, eine Stange, oder Refwel, ein Bret, gehöret. Im Oberdeutschen ist Rafen ein Balken oder Sparre, ein Dachraff eine Dachlatte, und Räff ein Saumsattel. S. Raff und Reff. Das F würde alsdann der begleitende Blaselaut seyn, der in so vielen andern Wörtern anzutreffen ist.


Frevelrichter (W3) [Adelung]


Der Frevelrichter, des -s, plur. ut nom. sing. S. Frevelgericht.


Frevelsache (W3) [Adelung]


Die Frevelsache, plur. die -n, eine Rechtssache, welche Frevel, d. i. geringe Verbrechen betrifft. S. Frevel 2 3).


Frevelthat (W3) [Adelung]


Die Frevelthat, plur. die -en, eine frevelhafte That, ein Frevel, in den drey ersten figürlichen Bedeutungen dieses Wortes.


Frevelvogt (W3) [Adelung]


Der Frevelvogt, des -es, plur. die -vögte, in einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. in Straßburg, eine obrigkeitliche Person, welche im Nahmen des Landesherrn die begangenen Verbrechen rüget und anklaget; ein Fiscal.


Freventlich (W3) [Adelung]


Freventlich, -er, -ste, adj. et adv. wie frevelhaft, in den drey ersten Bedeutungen des Wortes Frevel. Freventlich reden, handeln. Jemanden mit freventlichen Worten angreifen. Ein freventliches Betragen. Wer raubte freventlich die königlichen Schätze? Weiße.

Anm. Dieses Wort stammet nicht unmittelbar von Frevel, sondern von dem noch in einigen Oberdeutschen Gegenden üblichen fräven, fräffen, kühn, verwegen, her, wovon ehedem auch Frevenheit für Frevel üblich war. Das t vor dem lich ist das t euphonicum, welches sich auch in ordentlich, stehentlich, wissentlich u. a. m. befindet. S. T. Der Burggraf von Linnz gebraucht es noch ohne t. Sehest iemand tougen zuo dir gan So sprich vil lise wer get da Vnd ouh niht frevenliche gar, wo es laut, dreist zu bedeuten scheinet. Ingleichen in dem 1447 gedruckten Buche Belial: So seyen wir unser gwer freuenlich beraubt worden, d. i. auf eine gewaltsame Art. S. Frevel, Anm.


Frevler (W3) [Adelung]


Der Frevler, S. Freveler.


Frey (W3) [Adelung]


Frey, -er, -este, adj. et adv. eine Abwesenheit aller solcher Dinge zu bezeichnen, welche als eine Einschränkung, als ein Zwang, oder als ein Hinderniß angesehen werden. I. In der weitesten und vielleicht eigentlichsten Bedeutung, da denn die Sache, welche als abwesend vorgestellet wird, das Vorwort von bekommt. Frey von Sorgen, von Geschäften, von Beschwerden, von Abgaben, von Schulden, von Lastern, von Fehlern. Frey von der Sünde, Röm. 6, 18. Frey vom Gesetz, Kap. 7, 3. Jemanden von einer Pflicht, von der Strafe frey sprechen. Frey von Arbeit, frey von Geschäften seyn. Ein von Sorgen freyes Gemüth. Ein von Lastern freyes Herz. So auch die Zusammensetzungen fehlerfrey, dienstfrey, schuldenfrey, sorgenfrey, zinsfrey, zollfrey, zweifelsfrey, accisfrey, und hundert andere, wo frey, wenn es diese Bedeutung hat, an das Hauptwort angehänget wird. Im Oberdeutschen verbindet man es häufig mit der zweyten Endung des Hauptwortes. Kein Mensch ist aller Sünden frey. Und mach mich alles Kummers frey, Gryph. Wer dich in Frieden schaut ist aller Furchten frey, Opitz. Welches aber, die höhere und dichterische Schreibart etwa ausgenommen, im Hochdeutschen eben so ungewöhnlich ist, als wenn dieses Wort auch von der Abwesenheit solcher Dinge gebraucht wird, welche nicht eigentlich als eine Einschränkung oder als ein Übel angesehen werden können. Swem si misse vellet der ist ougen fri, Wernher von Honberg, d. i. wem sie mißfällt, der hat keine Augen, der muß nicht sehen können. Denn daß viel Sachen so haben den Beginn, ist aller Läugnung frey, Opitz, kann nicht geläugnet werden. II. In engerm Verstande wird dieses Wort absolute und mit Auslassung des Hauptwortes fast von allen so wohl körperlichen, als bürgerlichen und sittlichen Zwanges gebraucht. Die vornehmsten mögen etwa folgende seyn. I. Frey von dem körperlichen Zwange, oder der körperlichen Einschränkung. 1) Frey von demjenigen, was die Bewegung hindert oder einschränket. Sich frey bewegen können. Einen Gefangenen auf freyen Fuß setzen oder stellen. Er ist wiederum frey. Jetzt athme ich wieder aus freyer Brust, wenn sie vorher beklemmt gewesen. Ein freyer Eingang in ein Haus, der durch keine körperlichen Hindernisse erschweret wird. Das Wasser hat seinen freyen Lauf, wenn derselbe durch nichts gehindert wird, Einer Sache ihren freyen Lauf lassen, sie nicht hindern, auch im figürlichen Verstande. Seinen Sorgen, seiner Einbildungskraft, seinen Wünschen freyen Lauf lassen. Und soll das Haar auf seinem Haupte lassen frey wachsen, 4 Mos. 6, 5. Aus freyer Hand zeichnen, ohne Original, ingleichen ohne mechanische Hülfsmittel. Ein freyer Pinsel, ein freyer Grabstichel, ein freyer Meißel, in den bildenden Künsten, der mit einer leichten und dreisten Hand geführet wird. In engerer Bedeutung ist frey dem gezwungenen entgegen gesetzt. Ein freyer Gang, freye Mienen und Geberden, welche der natürlichen Beschaffenheit der Gliedmaßen gemäß sind. 2) Frey von demjenigen, was den Raum oder die Ausdehnung einschränket. Ein freyer Platz, der nicht mit Gebäuden oder andern großen Körpern angefüllet ist. Ein freyer Raum umher, vierzig Ellen, Ezech. 45, 2. Das freye (ebene, offne) Feld. Freye Luft athmen. In der freyen Luft schweben. Unter freyem Himmel schlafen. Eine freye Aussicht haben, die durch nichts eingeschränkt wird. Jemanden die freye Aussicht verbauen. Ins Freye (in die freye Luft) gehen. 3) Frey von der Berührung anderer Körper; am häufigsten als ein Nebenwort. Ein Balken liegt frey, wenn er zwischen seinen beyden Enden nirgends auflieget; ingleichen, wenn er an den Seiten von keinem andern Körper berühret wird. Ein Schrank stehet frey, wenn er an nichts anstehet. Das Haus stehet frey, wenn es auf keine Seite an andere Gebäude stößet; Franz. isole. Der Baum stehet ganz frey auf dem Felde, wenn er allein, ohne andere Bäume stehet. Ein Redner stehet frey, wenn kein Theil seines Leibes von andern Körpern verdeckt wird, wenn er sich an nichts anlehnet. 2. Frey von dem bürgerlichen und gesellschaftlichen Zwange. 1) Frey von dem Eigenthumsrecht anderer. (a) Von Personen; wo dieser Zustand wiederum mehrere Grade hat. Ein freyer Mensch, eine freye Person, ein Freyer, im Gegensatze eines Knechtes, Sclaven oder Leibeigenen. Einen Leibeigenen frey geben, frey machen, frey sprechen, frey lassen. Einen Lehrburschen frey sprechen, ihn von der Dienstbarkeit, worin er in dem Lehrjahren stehet, frey erklären, ihn zum Gesellen machen. Durch Untersuchung der Triebfedern der Natur entledigt sich der Mensch der Knechtschaft der Natur, und wird zu einem freyen Weltbürger, Sulz. Die freyer Künste, weil sie ehedem nur von freyen Personen geübet wurden; zum Unterschiede von den Handwerken, welche von Knechten und Leibeigenen getrieben wurden. Die biblische Wortfügung, frey von einem seyn, ihm nicht mit Leibeigenschaft verbunden seyn, 1 Cor. 9, 19; Röm. 6, 20, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. S. Freybauer. (b) Von Sachen. Ein freyes Gut, dessen Besitzer nicht leibeigen ist, auf welchem keine Frohndienste haften. S. Freygut. Ein Gut frey machen, die darauf haftenden Schulden bezahlen. Waaren, Güter frey machen, in einem andern Verstande, die Abgaben, denen sie unterworfen sind, bezahlen. 2) Frey von der Oberherrschaft anderer; wiederum mit mancherley Graden dieses Zustandes. Ein freyes Gut, ein Allodium, welches keinem mit Lehenspflicht zugethan ist; im Gegensatze des Lehengutes. Ein freyer Herr, welcher keines Vasall oder Lehensmann ist. Eine freye Republik, ein freyer Staat, welcher keinem auswärtigen Oberherren unterworfen ist. S. Freystaat. In dem ehemahligen Deutschen Reiche schloß dieses Wort nur die Oberherrschaft der Reichsstände, nicht aber des Kaisers und des Reiches aus. Freye Reichsstädte, freye Reichsdörfer, die freye Reichsritterschaft u. s. f. welche nur allein dem Kaiser und dem Reiche unterworfen waren. 3) Frey von der Abhängigkeit und der Verbindung mit andern. Ich bin nicht frey, hänge nicht von mir selbst ab, bin nicht mein eigener Herr. Eine Person ist noch frey, wenn sie mit niemanden ehelich versprochen ist. Sein Herz ist nicht mehr frey, ist schon von Liebe gegen eine Person eingenommen. 4) Frey von der Strafe, von der Verbindlichkeit eines Gesetzes, oder auch von willkührlichen Pflichten. Frey gesprochen werden, von einem Verbrechen, oder von einer Strafe. Da ward Jonathan und Saul troffen (von dem Loose) aber das Volk ging frey aus, 1 Sam. 14, 41. Einen Soldaten frey geben. Frey rauben und stehlen können, ohne deßhalb einige Strafe zu besorgen. Das wird dir nicht so frey hingehen, ohne Strafe. Die freye Jagd in einem Gehäge haben. 5) Frey von Geschäften. Ich habe keine Stunde frey. Sich einen halben Tag frey machen. Leere Stunden, die unser Stand oder Beruf frey lässet. 6) Frey von einer Gefahr; als ein Nebenwort. Frey herum gehen. Frey aus- und eingehen. Den Rücken frey haben, in einem Gefechte. Vor dem Schusse frey seyn, S. Schußfrey. Ingleichen, was diese Sicherheit gewähret; in einigen Fällen, und als ein Beywort. Ein freyes (sicheres) Geleit. 7) Frey von allerley bürgerlichen Beschwerden, Polizey-Anstalten, und gesellschaftlichen Hindernissen, mit Freyheiten begabt. Eine freye Messe. Ein freyer Jahrmarkt. Ein freyer Hafen. Besonders frey von Abgaben. Ein freyes Haus, S. Freyhaus. Ein freyes Gut. Freyen Zutritt zu jemanden haben. Ingleichen von der Bezahlung. Einem den freyen Tisch, freye Wohnung, freyes Holz u. s. f. geben, ihm diese Dinge unentgeldlich geben. Er hat bey mir freyen Tisch, freye Wohnung u. s. f. Alles frey haben. Jemanden frey halten, für ihn bezahlen. Eine Zeche baut sich frey, im Bergbaue, wenn sie kleine Zubuße mehr erfordert, sondern die Kosten von ihrem Ertrage bestreitet. S. Gastfrey und Freygebig. 8) Keinen eigentlichen Besitzer habend, von Dingen, deren Gebrauch mehrern zustehet. Es geschahe auf freyer Straße, auf freyem Felde. In diesem Walde ist die Jagd frey, einem jeden erlaubt. Ein freyer Wald, dessen sich jedermann bedienen kann; zum Unterschiede von einem Forste. Freyes Feld, im Bergbaue, welches keinen eigentlichen Besitzer hat. Ein Feld frey machen, es für frey, d. i. verlassen, niemanden gehörig erklären. Eine Zeche fällt ins Freye, wenn sie von ihrem Besitzer verlassen wird. Wer hat das Wild so frey lassen gehen? Hiob 39, 5. Zu derselben Zeit wird das Haus David - einen freyen offenen Born haben, Zachar. 13, 1. Siehe Vogelfrey, Freybürsche. 3. Frey von dem moralischen Zwange. 1) Überhaupt, vermögend etwas zu einerley Zeit und unter einerley Umständen zu thun oder zu lassen, oder fähig von zwey möglichen Dingen dasjenige zu wählen, welches uns am meisten gefällt. Er hat die freye Wahl, er kann wählen, was er will. Es stehet ihm frey, zu thun, was er will. Er hat seinen freyen Willen. Ein freyes Versprechen, das durch nichts erzwungen worden. Geld das jedermann von freyem Herzen opfert, 2 Kön. 12, 4, d. i. freywillig. Etwas von freyen Stücken thun, im gemeinen Leben, freywillig, aus eigener Entschließung. Mit der Tugend werde ichs von freyen Stücken niemahls verderben, Hr. Orgon im Gellert. Das Geld können sie zu ihrem freyen Gebrauche anwenden, Gell. Jeder Mensch ist frey, und nie muß er es mehr seyn, als wenn es die Wahl seines Glückes betrifft. Einem etwas frey stellen. Freye Hände haben, nach eigener Willkühr handeln können. 2) In engerm Verstande. (a) Frey von der Herrschaft der Sinne und Begierden, fähig seine Handlungen nach der Vorschrift der Vernunft einzurichten, und die auf solche Art bestimmten Handlungen; in welchem engsten Verstande dieses Wort sehr oft in der Sittenlehre und Theologie vorkommt. Der freye Wille, im engsten Verstande. Eine Handlung kann freywillig seyn, ohne eben alle Mahl frey zu seyn. Kein Mensch ist edel und frey, der den Begierden gehorchet, Noch groß, wenn er den Schöpfer nicht ehrt, Hall. (b) Frey von Vorurtheilen. Frey reden, frey denken. Sehr frey urtheilen. Ein freyer Verstand, ein freyer Geist. S. Freydenker, Freygeist. Wer sich durch das Ansehen anderer blenden läßt, ist in seinen Urtheilen nicht frey. (c) Frey von Furcht, von Sorgen, von einem bösen Gewissen u. s. f. offenherzig, freymüthig. Jemanden frey (unerschrocken) ansehen. Er hat ein freyes, offenes Gesicht. Frey predigen, Apostg. 9, 27. Frey reden, Joh. 7, 13. Frey und offenherzig bekennen. Frey mit jemanden umgehen. Ich will es ihnen frey gestehen. Wagen sie ein freyes Geständniß. Ich sage es ihnen frey heraus. (d) Frey von der ängstlichen Beobachtung der Regeln der Kunst. Eine freye Schreibart in der Musik, welche sich Ausnahmen von den Regeln der Harmonie und Modulation erlaubt, und auf dem Theater und in der Kammer herrscht; im Gegensatze der gebundenen, welche in der Kirche üblich ist. Eine freye Übersetzung, eine freye Nachahmung, welche sich nicht sclavisch an das Original bindet. (e) Frey von den Gesetzen des Wohlstandes und der guten Sitten, im nachtheiligen Verstande und als ein glimpflicher Ausdruck für das härtere frech. Der Mensch spricht sehr frey. Sie thun gar zu frey. Ein freyes Leben. Ein freyes Frauenzimmer. Wer nichts unerlaubtes denkt, der steht nie in Gefahr zu frey zu reden, Gell. Ein freyer Mahler, der schlüpfrige Gegenstände mahlet.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Ulphilas frija, bey dem Kero fri, frig, in der Schweiz noch jetzt fryg, im Niedersächs. frij, ehedem frig, im Angels. freah, freoh, frig, im Engl. free, im Holländ. vry, im Dän. fri, im Schwed. fri und fraels. Daß dieses Wort schon sehr alt ist, erhellet aus dem Hesychio, der den Nahmen der Phrygier, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - durch - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Freye, erkläret. Auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, auslassen, heraus lassen, scheint damit verwandt zu seyn. Dürfte man bey einem so alten und in so langer Zeit so wenig veränderten Worte eine Muthmaßung wagen, so stammet es von der eben so alten und noch in den nordischen Sprachen befindlichen Partikel fra, fram, ab, aus, von, her; weil frey doch eigentlich eine Absonderung, Abwesenheit bedeutet. S. auch Frech.


Freyamt (W3) [Adelung]


Das Freyamt, des -es, plur. die -ämter, in der Schweiz, eine Benennung der drey Ämter Reichensee, Meyenberg und Weil, welche ehedem die Grafschaft Nore ausmachten. Auch ein District der Stadt Zürch, welcher aus den ehemahligen Freyherrschaften Schnabelburg und Schwarzenberg bestehet, führet den Nahmen eines Freyamtes.


Freyarche (W3) [Adelung]


Die Freyarche, plur. die -n, eine Arche oder ein Gerinne an einem Teiche, welches auf eine gewisse Höhe offen ist, so daß das Wasser, wenn es diese Höhe erreicht, frey und ungehindert ablaufen kann. S. Freygerinne.


Freyartig (W3) [Adelung]


Freyartig, adj. et adv. eine freye Art habend, von Ackern, wenn die Art, d. i. Bestellung derselben, auf des Besitzers Willkühr beruhet, und nicht durch das Herkommen eingeschränkt ist. In Sachsen wird der Feldacker ordentlich für freyartig gehalten. S. Art, das Pflügen.


Freybank (W3) [Adelung]


Die Freybank, plur. die -bänke. 1) Bey den Bildhauern, eine bewegliche Bank, die Figur in dieselbe einzuspannen. 2) In einigen Oberdeutschen Städten und Märkten, gewisse Fleischbänke, wo der Landmann sein Vieh ungehindert schlachten und verkaufen darf.


Frey-Battallion (W3) [Adelung]


Das Frey-Battallion, des -s, plur. die -s, ein Batallion von Parteygängern; S. Frey-Compagnie.


Freybau (W3) [Adelung]


Der Freybau, des -es, plur. car. Im Bergbaue kommt eine Grube in den Freybau, wenn sie sich frey bauet, wenn die Gewerken keine Zubuße mehr bezahlen dürfen.


Freybauer (W3) [Adelung]


Der Freybauer, des -n, plur. die -n. 1) Ein freyer Bauer, der von aller Dienstbarkeit frey ist, und nur die gewöhnliche Landsteuer bezahlet, ein Freysaß; im Gegensatze der leibeigenen Bauern, Frohnbauern u. s. f. In Dänemark werden sie Landeigner genannt. S. Freygut. 2) Ein freyer Reichsbauer, ein Bauer in einem freyen Reichsdorfe, welcher niemanden als dem Kaiser und Reiche unterworfen war.


Freybede (W3) [Adelung]


Die Freybede, plur. die -n, S. Freypfennig und Freygut 5.


Freybeuter (W3) [Adelung]


Der Freybeuter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Seeräuber, welcher keiner gewissen Partey zugethan ist, sondern allerley Flaggen führet, und überall auf Beute ausgehet. 2) Auch Landsoldaten, welche an die strengen Gesetze der Kriegszucht nicht gebunden sind, werden im gemeinen Leben Freybeuter genannt. S. Frey-Compagnie. Daher die Freybeuterey, plur. die -en, das Geschäft und die Handlungen eines Freybeuters. Freybeuterisch, adj. et adv. nach Art eines Freybeuters.


Freybier (W3) [Adelung]


Das Freybier, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e. 1) Bier, welches jemanden unentgeldlich gegeben wird. Der Gemeinde ein Freybier geben. 2) Bier, welches gewissen Personen, z. B. den Kirchenbedienten, ohne Abtrag der Tranksteuer zu brauen erlaubt wird.


Freybrief (W3) [Adelung]


Der Freybrief, des -es, plur. die -e. 1) Ein Brief, d. i. eine Urkunde, worin einem Leibeigenen die Freyheit ertheilet wird; ein Freyheitsbrief. 2) Eine Urkunde, worin einem andern eine gewisse Freyheit ertheilet wird; ein Privilegium, Freyheitsbrief. 3) Eine Urkunde, vermöge deren man sicher durch ein Land reisen kann; ein Paß. Der Unschuld Freybrief hilft uns sicher durch das Leben, Weiße.


Freybürger (W3) [Adelung]


Der Freybürger, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein freyer Bürger, zum Unterschiede von den ehemahligen leibeigenen. 2) Ein Bürger einer freyen Stadt, oder einer freyen Reichsstadt.


Freybürsche (W3) [Adelung]


Die Freybürsche, plur. die -n. 1) Die freye Bürsche oder Jagd in einem Walde, ohne Plural. 2) Eine Gegend, in welcher man frey jagen darf.


Freybusch (W3) [Adelung]


Der Freybusch, des -es, plur. die -büsche, ein freyer Busch, oder Wald, in welchem jedermann zu jagen oder Holz zu fällen erlaubt ist.


Frey-Compagnie (W3) [Adelung]


Die Frey-Compagnie, plur. die -n, eine Compagnie freywilliger und von den Gesetzen der strengen Kriegszucht befreyeter Soldaten, eine Compagnie Freybeuter oder Parteygänger. Mehrere Compagnien dieser Art werden ein Frey-Battallion, beyde aber auch ein Frey-Corps, oder eine Freypartie genannt. In der Schweiz wurden die Parteygänger ehedem Harsten und Blutharsten genannt; S. Frisch v. Harst.


Frey-Corps (W3) [Adelung]


Das Frey-Corps, plur. ut nom. sing. aus dem Franz. Corps, S. das vorige.


Freyde (W3) [Adelung]


Die Freyde, S. Freyth.


Freydenker (W3) [Adelung]


Der Freydenker, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Freydenkerinn, plur. die -en, der frey, d. i. ohne Vorurtheile denket; ein Nahme, welchen sich seit Collins Zeiten besonders die Gegner der positiven Religion gegeben haben. S. Freigeist. Daher die Freydenkerey, die Art zu denken und zu handeln eines Freydenkers, dessen Lehren; Freydenkerisch, einem Freydenker gemäß.


Freyding (W3) [Adelung]


Das Freyding, des -es, plur. die -e, S. Freygericht.


Freydingshof (W3) [Adelung]


Der Freydingshof, des -es, plur. die -höfe, gewisse freye Bauerhöfe im Hildesheimischen, deren Besitzer Freymänner heißen, und keinen Hauptfall, Heergewette noch Gerade, sondern nur den freyen Zins bezahlen. Sie haben ihren Freygräfen und Oberfreygräfen, welches letztere der Amtmann zu Steuerwald ist.


Freyeigen (W3) [Adelung]


Freyeigen, adj. et adv. in einigen Oberdeutschen Gegenden für erb- und eigenthümlich, allodial, von aller Lehnbarkeit befreyet. Ein freyeigenes Gut. Ein Gut freyeigen besitzen.


Freyen (W3) [Adelung]


1. Freyen, verb. reg. act. frey machen, besonders von gewissen Verbindlichkeiten und Lasten frey sprechen, mit Freyheiten begaben. Eine gefreyete Manufactur, privilegirte, im Oberdeutschen. Im Hochdeutschen ist dieses Zeitwort veraltet, seitdem befreyen üblicher geworden ist. Nur das Mittelwort, ein Gefreyter oder der Gefreyte, ist noch im Soldatenwesen üblich, einen gemeinen Soldaten auf den Wachen zu bezeichnen, der von dem Schildwach-stehen befreyet ist, aber dafür die andern Schildwachen aufführet, patrouilliret u. s. f. Daher die Freyung, S. solches hernach an seinem Orte. Im Nieders. ehedem frijen, bey den Schwäbischen Dichtern frigan, im Angels. frian, im Engl. to free.


Freyen (W3) [Adelung]


2. Freyen, verb. regul. 1. Neutr. mit haben, sich ehelich um eine Person bewerben, sie lieben und zu heirathen suchen. Um ein Mädchen freyen. Selten, doch zuweilen auch von dem weiblichem Geschlechte. Das Mädchen hat lange um ihn gefreyet, Zwey Personen freyen sich miteinander, wenn sie sich lieben, in der Absicht sich zu heirathen. Nach Geld freyen, eine reiche Person zu seinem Gatten suchen. Figürlich im gemeinen Leben auch um ein Amt freyen, sich um dasselbe bewerben. 2. Act. heirathen. Eine Person freyen. In ein Geschlecht freyen. In der Deutschen Bibel kommt es in diesem Verstande sehr häufig vor. Anm. Freyen, Nieders. frijen, Schwed. fria, Dän. frie, ist in beyden Bedeutungen nur den vertraulichen und besonders Niedersächsischen Mundarten eigen, daher es auch in dem 1523 zu Basel nachgedruckten Testamente Luthers als ein unbekanntes Wort durch weyben, eelich werden, erkläret wird. Es ist das alte gothische frigon, lieben, von welchem noch das Mittelwort Freund in Gestalt eines Hauptwortes üblich ist; S. dasselbe. Ehedem hatte man von diesem Worte auch die Frie, für die Ehe, und Fridil für einen verlobten Bräutigam. S. Freyth.


Freyer (W3) [Adelung]


Der Freyer, des -s, plur. ut nom. sing. gleichfalls nur in den vertraulichen Sprecharten, eine Mannsperson, welche eine weibliche Person zu heirathen sucht, sich ehelich um sie bewirbt; ein Bräutigam vor dem Verlöbniß, der auch wohl ein Freyersmann genannt wird. Sie hat viele Freyer. Freyers Gedanken haben, auf Freyers Füßen gehen, Willens seyn sich zu verheirathen. Nieders. Frijer, Dän. Frier, Böhmisch Fregjr, ein Liebhaber, Fregjrka, eine Liebste, Freg, die Göttinn der Liebe, Pohln. Freyercz.


Freyerey (W3) [Adelung]


Die Freyerey, plur. inus. in den gemeinen Sprecharten, die Bemühung eines Freyers, die Freyth. Auf die Freyerey gehen. Nieders. Frijerije.


Freyersmann (W3) [Adelung]


Der Freyersmann, des -es, plur. die -männer, oder -leute, in den gemeinen Sprecharten, besonders Niedersachsens. 1) Ein Freyer, S. dieses Wort. 2) Der eine andere Person zu verheirathen bemühet ist, in ihrem Nahmen um eine Person anhält; der Freywerber, Brautwerber.


Freyfahne (W3) [Adelung]


Die Freyfahne, plur. die -n, in Bremen; diejenige Fahne, welche während des Freymarktes von der Börse ausgesteckt wird.


Freyfechter (W3) [Adelung]


Der Freyfechter, des -s, plur. ut nom. sing. ein befreyeter, d. i. privilegirter Fechter.


Freyfleischer (W3) [Adelung]


Der Freyfleischer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Freymeister.


Freyfrau (W3) [Adelung]


Die Freyfrau, plur. die -en, eigentlich eine freye Frau. Jetzt gebraucht man es nur noch als ein Ehrenwort für das ausländische Baronessinn, die Gattinn eines Freyherren zu bezeichnen; welche zuweilen auch Freyinn, und Freyherrinn genannt wird. S. Freyherr.


Freyfräulein (W3) [Adelung]


Das Freyfräulein, des -s, plur. ut nom. sing. ein Fräulein, d. i. unverheirathete weibliche Person, freyherrlichen Standes, die noch ledige Tochter eines Freyherrn.


Freyfrohn (W3) [Adelung]


Der Freyfrohn, des -en, plur. die -en, der Frohn, d. i. Gerichtdiener bey einem Freygerichte, S. Freygericht und Frohn.


Freygast (W3) [Adelung]


Der Freygast, des -es, plur. die -gäste, bey den Schustern, ein Gesell eines Freyschusters, der sich von selbst zu den zünftigen Schustern wendet.


Freygebig (W3) [Adelung]


Freygebig, -er, -ste, zum Geben oder Schenken bereit und willig. Ein freygebiger Mann. Freygebig gegen jemanden seyn. Von frey, so fern es unentgeldlich bedeutet. Figürlich sagt man auch, mit Worten, mit Complimenten, mit Titeln u. s. f. sehr freygebig seyn.


Freygebigkeit (W3) [Adelung]


Die Freygebigkeit, plur. die -n. 1) Die Bereitwilligkeit zu billigen Geschenken, ohne Plural. 2) Dergleichen Geschenke selbst.


Freygeboren (W3) [Adelung]


Freygeboren, adj. et adv. von freyen Ältern geboren. Ein freygeborner Mensch.


Freygeist (W3) [Adelung]


Der Freygeist, des -es, plur. die -er, ein freyer Geist, eine Person, welche frey, d. i. ohne Vorurtheile, denkt und handelt. Am häufigsten, der sich von den Gesetzen der Religion und guten Sitten los macht. Ein Freygeist in der Religion, der am häufigsten nur schlechthin ein Freygeist genannt wird. Anno 1375 verbrannte man einen zu Bern, der hat den Ketzer-Glauben, den die haltend so man nennt des freyen Geistes, heißt es schon bey dem Tschudi, Th. 1, S. 483. Ein Freygeist in der Tugend, in der Sittenlehre. S. Freydenker.


Freygeisterey (W3) [Adelung]


Die Freygeisterey, plur. die -en. 1) Die Art zu denken und zu handeln eines Freygeistes, ohne Plural. 2) Einzelne Urtheile und Handlungen eines Freygeistes.


Freygeisterisch (W3) [Adelung]


Freygeisterisch, adj. et adv. einem Freygeiste gemäß, denselben verrathend. Eine freygeisterische Denkungsart. Freygeisterische Schriften.


Freygelassen (W3) [Adelung]


Freygelassen, adj. et adv. welches aus der R. A. frey lassen zusammen gesetzet worden, der Knechtschaft, der Leibeigenschaft entlassen; libertus. Ein freygelassener Knecht, Leibeigener.


Freygeld (W3) [Adelung]


Das Freygeld, des -es, plur. von mehrern Summen dieser Art, die -er, in der Grafschaft Rietberg, ein Geld, welches die Leibeigenen statt der Hälfte der Verlassenschaft geben, welche der Erbherr bey ihrem Tode ehedem von ihnen erbte.


Freygerinne (W3) [Adelung]


Das Freygerinne, des -s, plur. ut nom. sing. an den Mühlen und Teichen ein Gerinne, welches, wenn das Wasser im Überflusse vorhanden ist, aufgehoben wird, damit es frey abfließen könne, ohne das Wasser zu berühren; der Freylauf, der Freyschutz. S. auch Freyarche.


Freygericht (W3) [Adelung]


Das Freygericht, des -es, plur. die -e, ein freyes, d. i. privilegirtes Gericht. Ehedem wurden die Fehmgerichte in Westphalen sehr häufig Freygerichte, Freydinge und Freystühle genannt, weil sie im Nahmen des Kaisers Recht sprachen und mit ausschweifenden Freyheiten begabet waren. S. 1 Fehm.


Freygraf (W3) [Adelung]


Der Freygraf, des -en, plur. die -en. 1) Der Graf, d. i. Richter, eines Freygerichtes, besonders der ehedem in Westphalen üblichen Fehmgerichte. 2) Im Hildesheimischen und einigen Westphälischen Gegenden, z. B. in der Grafschaft Mark, der Richter über die Freymänner und ihre Güter, welche aber nur in Realsachen über sie zu richten hat, und im Hildesheimischen unter dem Oberfreygräfen stehet, welches der Amtmann zu Steuerwald ist. S. Freydingshof und Freygut.


Freygrafschaft (W3) [Adelung]


Die Freygrafschaft, plur. die -en, die Würde und das Gebieth eines Freygrafen.


Freygut (W3) [Adelung]


Das Freygut, des -es, plur. die -güter, ein freyes Gut, doch in verschiedenem Verstande. 1) Güter, d. i. Waaren, welche von gewissen Abgaben befreyet sind, privilegirte Güter. 2) Ein freyes Landgut im schärfsten Verstande, welches niemanden mit Lehnspflicht zugethan ist, ein Allodium, ein freyeigenes Gut. 3) Ein Bauergut, welches nicht zu Frohnen und andern Dienstbarkeiten verpflichtet ist, sondern nur die gewöhnlichen Landsteuern oder einen gewissen Freyzins bezahlet; siehe Freybauer. In einigen Gegenden werden sie Freymannshufen, Freymannslehen genannt. 4) In einigen Gegenden verstehet man unter diesem Ausdruke solche Güter, welche von Krieges- und auch von andern Lasten frey sind, und dabey nur auf das männliche Geschlecht fallen. 5) Gewisse freye Bauergüter im Hildesheimischen und Westphälischen, deren Besitzer Freymänner, in der Grafschaft Mark aber auch Stuhlfreye heißen, und gegen Bezahlung eines gewissen Zinses, welcher die Freybede oder Leibbede genannt wird, von einigen Lasten der Leibeigenschaft frey sind, aber doch ihre Güter nicht willkührlich voräußern dürfen; Freydingshöfe, S. dieses Wort.


Freyhafen (W3) [Adelung]


Der Freyhafen, des -s, plur. die -häfen, ein freyer Hafen, der mit verschiedenen Freyheiten begabt ist, und wo die Schiffe aller Nationen einlaufen und frey handeln können; Ital. Porto Franco.


Freyhalter (W3) [Adelung]


* Der Freyhalter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Undeutsches nach dem Engl. Freeholder gebildetes Wort, den Besitzer eines freyen, eigenthümlichen Landgutes zu bezeichnen; zum Unterschiede von dem Copyholder, Erbpächter oder Erbzinsmann. Richtiger gebraucht man dafür das gute Deutsche Freysaß.


Freyhaus (W3) [Adelung]


Das Freyhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, welches von gewissen Gerichtbarkeiten, Angaben, Obliegenheiten u. s. f. frey ist. Bey den Handwerkern auch ein Haus, in welchem ein unzünftiger Handwerker wohnen darf.


Freyheit (W3) [Adelung]


Die Freyheit, plur. die -en, das Abstractum des Beywortes frey. I. Der Zustand, da eine Person oder Sache frey ist, ohne Plural. 1. In der weitesten Bedeutung, der Zustand der Abwesenheit gewisser Arten des Zwanges und der Einschränkung, welche alsdann das Vorwort von bekommen. Die Freyheit von Sorgen, von Geschäften, von Schulden, von dem Gesetze u. s. f. 2. In engerm Verstande, wo es, so wie das Bey- und Nebenwort frey, absolute und mit Auslassung der Einschränkung, von der Abwesenheit aller Arten des Zwanges und der Einschränkung gebraucht wird. 1) Im physischen Verstande, der Zustand, da eine Person oder Sache von demjenigen frey ist, was dessen Bewegung hindert oder einschränket. Einem Gefangenen die Freyheit schenken. Er ist wieder in Freyheit. Ein Thier, einen Gefangenen in Freyheit setzen. Sich in Freyheit setzen, entwischen, entkommen. Jedes Thier liebt, sucht die Freyheit. Das hindert die Freyheit der Bewegung. Die Freyheit des Pinsels, wenn derselbe mit einer leichten Dreistigkeit geführet wird. Von dem Mangel der Einschränkung des Raumes und der Berührung möchte es wohl nicht leicht vorkommen. 2) Im bürgerlichen und gesellschaftlichen Verstan- 0 de, in den mehresten, der bey dem Worte frey angeführten Fälle. Die natürliche Freyheit, derjenige Zustand, in welchem der Mensch in seinen Handlungen von keinem andern abhänget. Einem Leibeigenen die Freyheit schenken. Die Freyheit einer Republik. In der Freyheit leben. Die Freyheit eines Hafens, einer Messe einschränken. 3) Im moralischen Verstande, das Vermögen, zu thun was man will, oder das Vermögen, unter zwey möglichen Dingen dasjenige zu wählen, was uns am besten gefällt. Er hat seine Freyheit. Im engern Verstande ist in der Sittenlehre die wahre Freyheit, die Willkühr unter der Leitung der Vernunft. In der Deutschen Bibel wird dieses Wort noch in einem andern engern Verstande von der Freyheit von dem Jüdischen Ceremonial-Gesetze gebraucht, 2 Cor. 3, 17; Kap. 5, 1, 13; Jac. 1, 25. Auch in den engern sittlichen Bedeutungen des Beywortes frey kann dieses Hauptwort gebraucht werden. Mit großer Freyheit reden und schreiben. Eben weil er das Leben nicht ängstlich sucht, verlieret er nie jene Freyheit des Geistes, die zu Entschließungen in Gefahren erfordert wird, Gell. II. Das Recht, in einzelnen Fällen an gewisse Einschränkungen nicht gebunden zu seyn, so wohl im physischen, als bürgerlichen, gesellschaftlichen und sittlichen Verstande. Einem Gefangenen mehrere Freyheiten verstatten. Ich nehme mir die Freyheit, ihnen zu sagen, daß u. s. f. Im politischen Verstande sind Freyheiten, welche man auch mit einem Lateinischen Nahmen Privilegia zu nennen pfleget, Rechte, wodurch der Oberherr die Gleichheit der bürgerlichen Rechte zum Besten eines oder mehrerer aufhebet. Eine Stadt, eine Messe, ein Haus, eine Fabrik mit Freyheiten begnadigen. Mit allergnädigster oder gnädigster Freyheit, lieset man mehrmahls auf privilegirten Büchern. Baufreyheiten, Brandfreyheiten, u. s. f. Nachlaß an Steuern und Gaben wegen eines Baues, oder wegen eines erlittenen Brandes. III. Eine freye Handlung, eine Handlung, wodurch die vorgeschriebenen oder eingeführten Schranken überschritten werden; am häufigsten im nachtheiligen Verstande. In einem Gemählde befinden sich große Freyheiten, wenn die Regeln der Kunst überschritten worden. Da kam der junge Laffe, Herrn Damons Mündel, und nahm sich allerhand Freyheiten heraus, Gell. d. i. er überschritt die Gränzen des Wohlstandes. IV. Ein befreyeter, d. i. mit Freyheiten oder Privilegiis begabter Ort, in welchem Verstande dieses Wort noch in verschiedenen Gegenden üblich ist. In Westphalen werden Flecken oder Marktflecken, d. i. große mit gewissen Gerechtsamen begabte Dörfer, mehrmahls Freyheiten genannt. In andern Gegenden führten diesen Nahmen gewisse Häuser und Straßen, welche von manchen bürgerlichen Lasten und Einschränkungen befreyet sind. Dergleichen ist die Dom- und Herrenfreyheit zu Naumburg, welche unter dem Domstifte stehet. In eben diesem Verstande kommt im mittlern Lateine auch Emunitas vor. Siehe auch Freyung.

Anm. Dieses Wort lautet bey der Winsbeckinn Frihet, wo es aber petulantia bedeutet, im Nieders. Frijheit, Frigheit, besonders in der Bedeutung eines befreyeten Ortes, im Dän. Frihed, im Schwed. Frihet und Frid. Kero und Notker gebrauchen dafür Frihalse, womit das Schwed. Fraelse überein kommt. Auch Freythum, Angels. Freodome, Engl. Freedom, Holländ. Vrüdom. Nieders. Frijdom, war in der Bedeutung eines freyen Zustandes ehedem nicht unbekannt. Daß Freyheit ehedem auch freye Lohnsoldaten, ingleichen freyes herum streichendes Gesindel bedeutet habe, hat Frisch angemerket und bewiesen. S. auch Freyhof.


Freyheitlich (W3) [Adelung]


Freyheitlich, adj. et adv. zur Freyheit gehörig, so fern dieses Wort einen befreyeten Ort bedeutet. Die freyheitlichen Gerichte zu Naumburg, ein dem Domstifte zuständiges Untergericht, welches über die zur Domfreyheit gehörigen Häuser, die Gerichte hat. Im gemeinen Leben ist statt dieses Wortes auch das niedrige freyheitisch üblich.


Freyheitsbrief (W3) [Adelung]


Der Freyheitsbrief, des -es, plur. -e, ein Brief, d. i. Urkunde, worin jemanden gewisse Freyheiten von dem Landesherren ertheilet werden; ein Privilegium. S. Freybrief.


Freyherr (W3) [Adelung]


Der Freyherr, des -en, plur. die -en. 1) Überhaupt ein freyer Herr, der niemanden unmittelbar unterworfen ist. In diesem Verstande pflegt man im gemeinen Leben mehrmahls einen, der sein eigener Herr ist, einen Freyherren zu nennen. 2) Im engern Verstande wurden im Deutschen Reiche nach Carls des Vierten Zeit ehedem diejenigen Edlen, welche keinem Größern zu einigen Diensten verpflichtet waren, die Dynasten, Freyherren genannt; zum Unterschiede von den Nobilibus Ministerialibus oder adeligen Dienstmännern. Heut zu Tage machen die Freyherren, oder wie man sie auch nennet, die Barone, einen Mittelstand zwischen den Grafen und gemeinen Edelleuten aus, und ihre Würde ist ein bloßer Ehrennahme, der vermittelst eines Diploms erhalten werden muß. Eine solche Person weiblichen Geschlechtes, wird so wohl Freyfrau, als Freyherrinn und Freyinn genannt; das letztere, so fern die Freyherren ehedem auch nur Freye genannt wurden, wie aus einer Urkunde in Scheidts Nachr. vom hohen und niedern Abel, S. 25 erhellet.


Freyherrinn (W3) [Adelung]


Die Freyherrinn, plur. die -en, S. das vorige.


Freyherrlich (W3) [Adelung]


Freyherrlich, adj. et adv. einem Freyherren gehörig, demselben gemäß u. s. f. Die freyherrliche Würde. Die freyherrlichen Gerichte, Güter u. s. f.


Freyherrschaft (W3) [Adelung]


Die Freyherrschaft, plur. die -en, eine freye Herrschaft, welche niemanden als dem Kaiser und Reiche mit Lebenspflicht zugethan ist; eine Baronie.


Freyhocke (W3) [Adelung]


Die Freyhocke, plur. die -n, in der Landwirthschaft einiger Gegenden, diejenigen Hocken, oder Getreidemandeln, von welchen der Zehnte nicht gegeben wird; dergleichen diejenigen am Ende eines Ackers sind, wenn ihrer weniger als zehen sind, daher sie auch Endelhocken genannt werden. An andern Orten heißen sie Kinder und in Friesland Schäfer.


Freyhof (W3) [Adelung]


Der Freyhof, des -es, plur. die -höfe, ein freyer, d. i. von gewissen Dienstbarkeiten, Gerichtbarkeiten, Abgaben u. s. f. befreyeter Hof. Ehedem wurden auch die Edelhöfe Freyhöfe genannt, weil sie von den Dienstbarkeiten der Bauerhöfe befreyet waren. Jetzt sind die Freyhöfe an einigen Orten Bauerhöfe, welche zu keinen Frohndiensten verbunden sind; Freygüter, Freyhöfe, Freythöfe, Friedhöfe war ehedem auch eine Benennung nicht nur der Kirchhöfe, sondern aller Freystätten, und befreyeter Örter. So gebraucht Ottfried Frithof von einem Pallaste, Notker, die Monseeischen Glosse und der Schwabenspiegel Vrithofa und Fridhof von einem Gottesacker.


Freyhufe (W3) [Adelung]


Die Freyhufe, plur. die -n, eine von gewissen Diensten, Abgaben u. s. f. befreyete Hufe.


Freyjahr (W3) [Adelung]


Das Freyjahr, des -es, plur. die -e, ein Jahr, in welchem man gewisse Freyheiten genießet. So bekommen die neuen Anbauer in einigen Ländern zehen Freyjahre; d. i. sie sind zehn Jahre von allen Abgaben frey. An einigen Orten wird auch das Gnadenjahr oder Nachjahr, d. i. dasjenige Jahr, in welchem eine Witwe nach ihres Mannes Tode nach dessen Besoldung und Einnahme genießet, ein Freyjahr genannt. In der Deutschen Bibel ist das Freyjahr dasjenige Jahr, in welchem Leibeigene und Gefangene ihre Freyheit erhielten. Ezech. 46, 17; Jer. 84, 8. f.


Freyinn (W3) [Adelung]


Die Freyinn, plur. die -en, in einigen Gegenden, besonders Oberdeutschlandes, eine adelige Person von freyherrlichem Geschlechte, sie sey verheirathet oder nicht; eine Baronesse. Siehe Freyfrau und Freyherr.


Freykäufer (W3) [Adelung]


Der Freykäufer, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden Obersachsens, ein Bauer, welcher sich von der Grundherrschaft frey gekauft hat, und daher entweder amt- oder schriftsässig ist.


Freykux (W3) [Adelung]


Der Freykux, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, ein Kux, zu dessen Bau die Gewerken die Kosten hergeben müssen, welchen die Gewerken frey bauen müssen; dergleichen Kuxe an einigen Orten so wohl der Grundherr, als die Stadt, die Kirche und die Knappschaft besitzen.


Freylassung (W3) [Adelung]


Die Freylassung, plur. die -en, aus der R. A. frey lassen, diejenige Handlung, da man einen Leibeigenen der Leibeigenschaft entlässet, ihm seine Freyheit schenket; Manumissio. Auch wohl die Entlassung eines Gefangenen aus seiner Gefangenschaft.


Freylauf (W3) [Adelung]


Der Freylauf, des -es, plur. -läufe, S. Freygerinne.


Freylaut (W3) [Adelung]


Freylaut, -er, -este, adj. et adv. welches nur bey den Jägern für voreilig im Reden und Bellen üblich ist. Ein Hund ist freylaut, wenn er zu hitzig ist, und schon bey der Fährte ausgibt, welches auch Fährtenlaut genannt wird. Ein Jäger ist freylaut, wenn er zu voreilig angibt. In beyden Fällen ist dafür auch vorlaut üblich.


Freylehen (W3) [Adelung]


Das Freylehen, des -s, plur. ut nom. sing. ein freyes Lehen, dessen Besitzer zu keinen Dienstleistungen verbunden ist, Feudum francum; dergleichen Lehen zu den uneigentlichen Lehen gerechnet werden.


Freylich (W3) [Adelung]


Freylich, adverb. welches in doppeltem Verstande gebraucht wird. 1) Als eine bejahende Partikel, für allerdings, gewiß. Hast du es gehöret? Antw. Freylich habe ich es gehöret. Ich sende dich ja nicht zum Volk, das eine fremde Rede und unbekannte Sprache habe - Ja freylich nicht zu großen Völkern u. s. f. Ezech. 3, 5, 6. So mußt du freylich auch unter den Unbeschnittenen zerschmettert werden, Kap. 32, 28. Da sie übermüthig ist, so ist sie freylich einigen Demüthigungen ausgesetzt, Gell. Nach einer so großen Erschöpfung konnten die Lebensgeister freylich nicht wieder so bald gesammelt werden. Ja wenn ich unvorsichtig wäre, Da freylich schnitte mich die Schere, Gell. 2) Als eine zugebende Partikel, für zwar, da denn im Nachsatze das aber folget. Er ist freylich um sein Vermögen gekommen aber er hat etwas gelernet, Gell. Der Tugendhafte ist sich freylich seiner guten Absichten bewußt, aber auch des versäumten Guten, ebend. Du bist freylich nicht die schönste, aber du wirst gewiß auch versorgt werden, ebend. Zuweilen bekommt der Nachsatz statt des aber eine andere Partikel, oder bleibt auch gar weg. Das ist nun freylich ein schlimmer Umstand; doch wir wollen sehen, wie wir ihm abhelfen. Freylich wäre die Eintheilung nicht uneben, wenn nur u. s. f. Freylich bist du älter als deine Schwester, und solltest also auch eher einen Mann haben, Gell.

Anm. Diese Partikel lautet im Dän. frilig und im Schwed. friliga. Wachter hält sie für neu, und leitet sie von dem Franz. vrai ab. Allein sie gehöret unstreitig uns Deutschen zu, und ist ohne Zweifel eine elliptische Art des Ausdrucks, welche ungefähr so viel bedeutet: daß ich es frey gestehe. Kero gebraucht frilihh als ein Beywort für frey, und das Nieders. frijliken ist noch in dieser Gestalt für frey, ungehindert, üblich.


Freymachen (W3) [Adelung]


Das Freymachen, des -s, plur. inus. oder die Freymachung, plur. die -en, ein aus der R. A. frey machen zu- sammen gesetztes Wort, die Handlung, da man etwas frey macht. Die Freymachung der Waaren, im gemeinen Leben, die Handlung, da man die Accise oder andere Abgaben von denselben bezahlet. Im Bergbaue ist das Freymachen oder die Freymachung diejenige Handlung, da ein Bau für frey oder verlassen erkläret wird; daher der Freymacher, derjenige Bergmann, der eine verlassene Zeche für frey erklären lässet; das Freymachungsbuch, dasjenige Buch, in welches diese Handlung eingetragen wird; der Freymachensrichter, der dazu verordnete Bergmeister.


Freymann (W3) [Adelung]


Der Freymann, des -es, plur. die -männer, ein freyer Mann; doch nur noch in einigen besondern Fällen. 1) In einigen Gegenden, der Besitzer eines freyen Bauergutes, welches zu keinen Frohndiensten, sondern nur zu den gewöhnlichen Landsteuern verpflichtet ist; S. Freygut 3. Daher die Freymannshufe, das Freymannslehen, eine solche Hufe oder Lehen. 2) Im Hildesheimischen und Westphälischen der Besitzer eines Freydingshofes; S. Freygut 5. 3) In einigen Gegenden, z. B. in Weißen, werden die Schinder, d. i. diejenigen Knechte des Scharfrichters, welche zum Abdecken des umgefallenen Viehes gebraucht werden, in der anständigern Schreibart Freymänner genannt; vielleicht weil sie ehedem Leibeigene waren, und zum Behufe dieses ekelhaften Dienstes frey gelassen wurden. An andern Orten führet auch der Profoß bey den Soldaten, und an noch andern der Henker, oder vornehmste Bediente des Scharfrichters diesen Nahmen. 4) Bey dem Opitz kommt Freymann in der ungewöhnlichen Bedeutung eines Freyersmannes vor.


Freymärker (W3) [Adelung]


Der Freymärker, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, ein Dorf- und Landmeister, welcher seine Waaren in die Stadt zu Markte bringen darf, dergleichen die Dorfbäcker, Dorffleischer u. s. f. sind. In Breslau werden sie Gaßler genannt, weil sie auf der Gasse feil haben.


Freymarkt (W3) [Adelung]


Der Freymarkt, des -es, plur. die -märkte, ein freyer, d. i. privilegirter Markt. So führet diesen Nahmen der große jährliche Jahrmarkt in Bremen, welcher auf dem Lucas-Tag gehalten wird, und neun Tage dauert.


Freymäurer (W3) [Adelung]


Der Freymäurer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Mitglied des Freymäurer-Ordens; eines Ordens, welcher in England zur Ausübung gewisser gesellschaftlicher Pflichten gestiftet worden, sich aber auch in andere Länder ausgebreitet hat, und aus seinen Gebräuchen, welche zum Theil von dem Geschäfte des Maurens hergenommen sind, große Geheimnisse zu machen pfleget. Daher die Freymäurerey, plur. inus. der Orden und die Pflichten eines Freymäurers.


Freymeister (W3) [Adelung]


Der Freymeister, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Handwerken, ein unzünftiger Meister; oder auch ein Meister, der auf obrigkeitlichen Befehl und auf eine eingeschränkte Art in die Zunft aufgenommen worden; von welcher Art es denn Freyfleischer und in Niedersachsen Freyschlächter, Freyschmiede, Freyschuster, Freyschneider u. s. f. gibt. Daher das Freymeisterrecht, des -es, plur. inus. das Recht eines solchen Freymeisters; die Freymeisterschaft, plur. inus. dessen Zustand.


Freymüthig (W3) [Adelung]


Freymüthig, -er, -ste, adj. et adv. frey von dem Zwange im Reden, welchen uns die Furcht oder das Ansehen anderer aufleget, doch nur so fern dadurch eine nöthige oder nützliche Wahrheit bekannt wird; gewohnt, sich durch das Ansehen anderer von dem Bekenntnisse einer nützlichen Wahrheit nicht abhalten zu lassen, und in dieser Eigenschaft gegründet. Ein freymüthiger Freund. Einem seine Fehler freymüthig entdecken. Ein freymüthiges Bekenntniß der Wahrheit. Unbekümmert um ihren Vorzug handelt sie (die Demuth) freymüthig, Gell. Wenn einige freymüthig für grob und Freymüthigkeit für Grobheit gebrauchen so ist solches ein Mißbrauch.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort frypostig (freybrüstig) rundbrüstig. Ehedem war dafür auch franschmüthig üblich.


Freymüthigkeit (W3) [Adelung]


Die Freymüthigkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da man freymüthig ist. Nieders. Frypostighed.


Freypartie (W3) [Adelung]


Die Freypartie, plur. die -n, S. Frey-Compagnie.


Freypfennig (W3) [Adelung]


Der Freypfennig, des -es, plur. die -e. 1) Eine Art der Abgabe, welche auf gewissen Grundstücken lieget, deren Besitzer ehedem Leibeigene waren, aber von dem Landesherren frey gelassen worden, und welche nach Verschiedenheit der Gegenden auch Freyzins, ingleichen Leibbede genannt wird; S. Freygut 5. In Erfurt sind dergleichen Freypfennige noch jetzt üblich. 2) In einigen Gegenden eine Abgabe der Leibeigenen für die Freyheit zu freyen, d. i. zu heirathen; in welcher Bedeutung dieses Wort schon in dem Sachsenspiegel vorkommt.


Freyrecht (W3) [Adelung]


Das Freyrecht, des -es, plur. die -e. 1) An einigen Orten, das Recht, da man von der Baulebung frey ist, wogegen der Grundherr den zehnten Theil von der Gütern bekommt, im Falle sie veräußert werden; welcher zehnten Theil gleichfalls den Nahmen des Freirechtes führet. 2) In weiterer Bedeutung, das Recht eines jeden freyen Mannes, der keines andern Leibeigener ist, sich an einem Orte frey und ungehindert aufzuhalten, das Weichfriedrecht; in welchem Verstande dieses Wort in dem Weichbilde Art. 4 vorkommt.


Freyreiter (W3) [Adelung]


Der Freyreiter, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Oberdeutschen Gegenden, ein freywilliger Soldat, ein Volontär, zu Pferde; ingleichen Freybeuter zu Pferde.


Freysam (W3) [Adelung]


Freysam, S. Fraißam.


Freysaß (W3) [Adelung]


Der Freysaß, des -ssen, plur. die -ssen, in einigen Gegenden, ein Saß, d. i. Besitzer eines Freygutes; S. Freygut 3.


Freyschießen (W3) [Adelung]


Das Freyschießen, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z. B. in Braunschweig, ein privilegirtes feyerliches Schießen nach einer Schiebe, oder nach einem Vogel.


Freyschlächter (W3) [Adelung]


Der Freyschlächter, Freyschmid, Freyschneider, S. Freymeister.


Freyschöppe (W3) [Adelung]


Der Freyschöppe, des -n, plur. die -n, ein Schöppe, d. i. Beysitzer, der ehemahligen Freygerichte in Westphalen. S. Freygericht.


Freyschule (W3) [Adelung]


Die Freyschule, plur. die -n, eine Schule, in welcher Kinder unentgeldlich unterrichtet werden. Daher die Freyschüler, ein solcher Schüler.


Freyschürfen (W3) [Adelung]


Das Freyschürfen, des -s, plur. inus. im Bergbaue, das Recht, frey und unentgeldlich schürfen zu dürfen, S. Schürfen.


Freyschuß (W3) [Adelung]


Der Freyschuß, des -sses, plur. die -schüsse. 1) Bey feyerlichen Scheiben- oder Vogelschießen, ein Schuß, für welchen man die gewöhnliche Einlage nicht entrichten darf. 2) Ein sicherer Schuß, den man nicht verfehlet; in welchem Verstande dieses Wort bey den Jägern von einer Art abergläubiger Jägerkünste gebraucht wird.


Freyschuster (W3) [Adelung]


Der Freyschuster, des -s, plur. ut nom. sing. S. Freymeister.


Freyschutz (W3) [Adelung]


Der Freyschutz, des -es, plur. die -schütze, S. Freygerinne.


Freyschütze (W3) [Adelung]


Der Freyschütze, des -n, plur. die -n, eine ehemahlige Art Bogenschützen, welche Carl der Siebente im Jahre 1448 errichtete und sie mit vielen Freyheiten begabte; Franz Franc. Archers. Weil sie vielen Unfug anrichteten, so schaffte Ludwig der Elfte sie 1481 wieder ab, und nahm dafür Schweizer in seine Sold.


Freysingen (W3) [Adelung]


Das Freysingen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Meistersängern in Nürnberg, eine Versammlung in der Singeschule, wo sich ein jeder, auch ein Fremder hören lassen kann. Ein Freysingen halten.


Freystaat (W3) [Adelung]


Der Freystaat, des -es, plur. die -en, ein freyer, niemanden unterworfener Staat. Im engern und gewöhnlichsten Verstande, eine Republik, zum Unterschiede von einer Monarchie.


Freystadt (W3) [Adelung]


Die Freystadt, plur. die -städte. 1) Eine freye, niemanden als dem höchsten Landesherren unmittelbar unterworfene Stadt; in welchem Verstande dieses Wort in Ungarn sehr häufig ist. Im Deutschen werden dergleichen Städte gemeiniglich freye Reichsstädte genannt; obgleich einige sich viele Mühe gegeben, einen Unterschied unter Freystädten oder freyen Städten und freyen Reichsstädten zu erkünsteln. 2) Eine Stadt, welche zugleich eine Freystätte, d. i. ein sicherer Zufluchtsort für Verbrecher ist. Dergleichen Freystädte gab es bey den ehemahligen Juden. Auch in Dänemark ist in den neuern Zeiten eine Stadt zu einer solchen Freystadt erkläret worden.


Freystätte (W3) [Adelung]


Die Freystätte, plur. die -n, eine Stätte, d. i. ein Ort, wo ein Übelthäter oder Verbrecher vor der gewaltsamen Verfolgung sicher ist; Asylum. In der Römischen Kirche waren ehedem die Kirchen, Altäre und Klöster solche Freystätten, und in manchen Ländern sind sie es noch. In weiterm Verstande wird ein jeder Ort, wo man Schutz und Sicherheit findet, eine Freystätte genannt. Dieser Wald, diese Höhle soll mir zur Freystätte dienen. Alle Unterdrückte flohen zu ihm, als zu ihrer Freystätte.


Freystelle (W3) [Adelung]


Die Freystelle, plur. die -n, eine unentgeldliche Stelle in solchen Fällen, wo die Stelle gewöhnlich bezahlet wird. Eine Freystelle in einer Schule.


Freystellung (W3) [Adelung]


Die Freystellung, plur. plur. inus. von der R. A. frey stellen, die Handlung, da man einem andern etwas frey stellet.


Freystuhl (W3) [Adelung]


Der Freystuhl, des -es, plur. die -stühle, siehe Freygericht.


Freystunde (W3) [Adelung]


Die Freystunde, plur. die -n, eine Stunde, da man von den gewöhnlichen Arbeiten frey ist.


Freytag (W3) [Adelung]


Der Freytag, des -es, plur. die -e, der sechste Tag in der Woche; Dies Veneris. Der stille Freytag oder Charfreytag, der Freytag in der Charwoche, S. Charfreytag.

Anm. Der Nahme dieses Tages lautet bey dem Ottfried Friadag, im Tatian Frigetag, im Angels. Frigedag, im Holländ. Vrydagh, im Nieders. Frijdag, im Dän. Fredag, im Schwed. Fredag, im Engl. Friday. Es ist immer noch sehr wahrscheinlich, daß dieser Tag seinen Nahmen nach dem Muster der Lateiner von der Frea oder Friga, der Venus der mitternächtigen Völker, bekommen hat. S. 2. Freyen und Freund.


Freytagsgröschel (W3) [Adelung]


Das Freytagsgröschel, des -s, plur. ut nom. sing. Siehe Almosengröschel.


Freyth (W3) [Adelung]


Die Freyth, plur. inus. ein nur in den gemeinen Mundarten übliches Wort. 1) Für Freyheit; in welchem Verstande es noch zuweilen in dem zusammen gesetzten Freythof gehöret wird. 2) Die Heirath. Auf die Frey gehen, zu heirathen suchen.

Anm. In dieser letzten Bedeutung wird es von den Hochdeutschen bald Freyd, bald Freye, bald Freyde, bald Freihte, bald noch anders geschrieben. Es stammet von freyen, heirathen, her, von welchem es vermittelst des th, t oder d, dem Zeichen des Abstracti, gebildet worden, wie Naht von nähen, Draht von drehen, Than von thun, Saat von säen u. s. f. Im Nieders. ist so wohl Frije als Frijte üblich.


Freythof (W3) [Adelung]


Der Freythof, S. Freyhof.


Freytisch (W3) [Adelung]


Der Freytisch, des -es, plur. die -e. 1) Die unentgeldliche Kost, die man bey jemanden genießet. Den Freytisch bey jemanden haben, alle Tage unentgeldlich bey ihm speisen. Einem den Freytisch geben. 2) Eine öffentliche Anstalt, wo be- dürftige Leute umsonst gespeiset werden, besonders auf Schulen und Universitäten.


Freytreppe (W3) [Adelung]


Die Freytreppe, plur. die -n, in der Baukunst, eine Treppe, welche unter freyem Himmel angebracht ist.


Freyung (W3) [Adelung]


Die Freyung, plur. die -en, das Verbale des Zeitwortes Freyen, d. i. befreyen, frey machen, welches noch in einigen Gegenden so wohl von der Handlung des Befreyens, als auch, und zwar am häufigsten, von einem befreyeten Orte üblich ist. So bedeutet dieses Wort an einigen Orten noch eine Freystätte, asylum; ingleichen eine von der ordentlichen Gerichtbarkeit befreyete Gegend. Daher das Freyungsrecht, Jus asyli, das Recht eine solche Freystätte zu haben; die Freyungsgränze, ihre Gränze; der Freyungsstein, der Gränzstein einer solchen Freyung u. s. f. S. Freyheit IV.


Freywaibel (W3) [Adelung]


Der Freywaibel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Schweiz eine obrigkeitliche Person auf dem Lande, welche auf den Amtmann folget. S. Waibel.


Freywasser (W3) [Adelung]


Das Freywasser, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wasser, in welchem einem jeden der Krebs- und Fischfang frey stehet; zum Unterschiede von einem Bann- oder Hägewasser.


Freywerber (W3) [Adelung]


Der Freywerber, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welche eine Person zu verheirathen sucht, ihr eine Braut, oder einen Bräutigam zu verschaffen bemühet ist; ein Brautwerber, in den gemeinen Mundarten ein Freyersmann, im Osnabrück. Dögensmann. Fämin. die Freywerberinn, plur. die -en. S. Werben. Frey stammet in dieser Bedeutung unmittelbar von freyen, heirathen, ab, wovon Frije im Nieders. die Freyth bedeutet.


Freywillig (W3) [Adelung]


Freywillig, -er, -ste, adj. et adv. aus freyem Willen, ungezwungen, Ein freywilliges Opfer, 3 Mos. 7, 16. Etwas freywillig thun, Efr. 3, 5. Sich seines Rechtes freywillig begeben. Freywillige im Kriege, welche sich aus freyem Willen, ohne Zwang, zu einer Unternehmung gebrauchen lassen. Ein Freywilliger, der aus freyem Willen, und oft auch ohne Sold dienet; ein Volontär.

Anm. Schon in dem Salischen Gesetze kommt Friolasia für Freywilligkeit vor. Kero gebraucht statt unsers Beywortes Selbuuillin, Notker selbwillig, uvilleuualtig, gernouuilligo, Boxhorns Glosse uuillihafte, der Schwabenspiegel uuillig, spätere Schriftsteller aber selblich, selbmuthig. Im Dänischen lautet es frivillig.


Freywilligkeit (W3) [Adelung]


Die Freywilligkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da man eine Sache aus freyem Willen thut, oder da sie aus freyem Willen gethan wird.


Freyzettel (W3) [Adelung]


Der Freyzettel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Zettel, worin man Freyheit von gewissen Abgaben oder Zwangspflichten ertheilet. 2) Im Bergbaue, ein Zettel, welchen der Receß-Schreiber zum Beweise gibt, daß eine Zeche wegen des unterlassenen Receß-Geldes frey und verlassen geworden ist.


Freyzins (W3) [Adelung]


Der Freyzins, des -es, plur. die -e, S. Freypfennig.


Fricassee (W3) [Adelung]


Das Fricassee, (dreysylbig,) des -s, (viersylbig,) plur. die Fricassee, (viersylbig,) aus dem Franz. Fricassee, eine Art der Speisen zu bezeichnen, welche aus zerschnittenem Fleische in einer Casserolle auf Kohlen verfertiget wird.


Fridrich (W3) [Adelung]


Fridrich, Gen. -s, Dat. -en, Acc. -en, ein alter männlicher Taufnahme, welcher so viel als reich an Frieden, friedfertig, bedeutet, wie das Herb. Salomo, und Griech. Irenaeus. In den gemeinen Sprecharten wird dieser Nahme häufig in Friedel, Fritz, Dimin. Friedchen, Fritzchen, verkürzt. Für das weibliche Geschlecht ist dafür Friderike, -ns, -n, nach dem Lat. Friderica, üblich; verkürzt Rieke, und im Diminut. Riekchen.


Friedbrüchig (W3) [Adelung]


Friedbrüchig, S. Friedensbrüchig.


Friede (W3) [Adelung]


Der Friede, des -ns, oder der Frieden, des -s, plur. inus. ein Wort, welches überhaupt alle Arten der Ruhe und Sicherheit bezeichnet. 1. Im eigentlichen Verstande. 1) Öffentliche Ruhe und Sicherheit in der bürgerlichen Gesellschaft, Sicherheit für seine Person und ruhiger Besitz seines Eigenthumes, der Zustand, da keiner den andern öffentlich beleidiget; in welchem jetzt größten Theils veralteten Verstande dieses Wort bey dem ehemahligen Faustrechte sehr üblich war. Daher noch die in den Schriften der damahligen Zeiten üblichen Ausdrücke, Frieden wirken, die öffentliche Ruhe herstellen; Frieden und Geleit geben, sicheres Geleit geben; jemanden in seinen Frieden nehmen, in seinen Schutz; Frieden gebiethen, anbefehlen. Ingleichen die Zusammensetzungen, Landfrieden, Friedensbruch, Friedensrichter, Friedensgeboth u. s. f. Noch jetzt sagt man im gemeinen Leben, Frieden vor einem haben, jemanden in Frieden lassen, ihn nicht beunruhigen; ich werde mir Friede zu verschaffen suchen, d. i. Ruhe, Sicherheit; laß mich mit Frieden, oder laß mich zufrieden, beunruhige mich nicht; man hat nicht länger Frieden, als den Nachbar will; Frieden halten, sich ruhig verhalten, u. s. f. In der Deutschen Bibel kommt es in dieser Bedeutung noch sehr häufig vor. Auch die Sicherheit einzelner Örter, nach welcher sie vor aller Gewaltthätigkeit gesichert waren, führete ehedem diesen Nahmen, daher die Zusammensetzungen Burgfriede, die unverletzliche Sicherheit der Bürge oder Palläste, Kirchenfriede, die Sicherheit der Kirchen, Dingfriede, der Gerichtstätten u. s. f. 2) Abwesenheit der gewaltthätigen Uneinigkeit, äußere Einigkeit, so wohl (a) überhaupt im Gegensatze des Zankes, Streites. Frieden mit einem haben. In Frieden mit seinen Nachbarn leben. Den Frieden (die Einigkeit) im Hause stören. Frieden unter streitenden Parteyen stiften. Frieden gebiethen. Zum Frieden rathen. Friede und Einigkeit ist der Nahme eines Bieres, welches in Küritz gebrauet wird. (b) In engerm Verstande, Anwesenheit des gewaltsamen Streites zwischen ganzen Staaten, im Gegensatze des Krieges. Wir haben Friede, leben im Frieden. Der Friede dauert noch fort. Friede ernähret, Unfriede verzehret. Es ist Friede im Lande. Den Frieden brechen. Besonders die Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe zwischen Staaten nach vorher gegangenem Kriege, und der Vertrag, vermittelst dessen solches geschiehet. Zum Frieden rathen. Frieden begehren, um Friede bitten. Frieden schließen. Der Friede ist zwar geschlossen aber noch nicht unterschrieben. In dieser Bedeutung des Friedensvertrages haben einige den Plural die Frieden gewagt; allein man bedienet sich in dieser Bedeutung doch lieber des zusammen gesetzten Wortes Friedensschluß. S. Friedensschluß. 2. Figürlich, Ruhe des Gemüthes, Anwesenheit aller heftigen und unangenehmen Empfindungen. Er kennt keine andern Wünsche, als das Verlangen nach einem immer festern Frieden des Gewissens. Der süße Frieden, den man im Schooße seiner Familie genießet. Auch in der Deutschen Bibel kommt es in der Bedeutung derjenigen Gemüthsruhe, welche aus der Überzeugung eines versöhnten Gottes fließet, sehr häufig vor. Siehe auch Zufrieden.

Anm. 1. Dieses Wort lautet bey dem Kero Fridu, im Isidor Frido, im Nieders. Frede, Free, im Schwed. Frid, im Dän. Fred. Es ist das Abstractum von frey und im Grunde mit Freyheit einerley, wie denn auch Freyth, d. i. Freyheit, und Fried in den mittlern Zeiten sehr oft verwechselt werden. Wo öffentlicher Friede ist, da ist Freyheit, und auch umgekehrt. Als ein Abstractum solle es billig weiblichen Geschlechtes seyn; allein das männliche ist von undenklichen Zeiten hergebracht. Im mittlern Lateine findet sich Fredus, Freda, Fredum in allen drey Geschlechtern. Das letztere wird auch von der Strafe des gebrochenen Friedens und von den zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit nöthigen Kosten gebraucht. Der niedrige Ausdruck jemanden mit Frieden lassen, ihn nicht beunruhigen, ist alt. Wir schuln in also besassen E wir in mit fride lassen, sang schon Stryker.

Anm. 2. Eben so alt und noch älter ist auch der Unbestand in der Declination. Bey den ältesten Schriftstellern, z. B. dem Kero, ist die Abänderung, der Friede, des Friedes, dem Friede, die gewöhnlichste; der Friede, oder Frieden, des Friedens, dem Frieden, scheinet neuer zu seyn, ob sie gleich im Hochdeutschen Die gewöhnlichste ist. In Luthers Deutscher Bibel kommen beyde Arten vor. Im Friede erfunden werden, 2. Petr. 3, 14. In Friede säen, Jac. 3, 18. Der Weg des Friedens, Es. 59, 8. Der Herr des Friedens, Phil. 4, 9. Den Frieden erwerben, Jer. 15, 5. Dieser Unbestand hat auch seinem Einfluß auf die folgenden Zusammensetzungen, indem in denselben bald Friede bald Friedens - bald nur Fried - üblich ist. Doch ist nur allein Friedens - gewöhnlich, wenn von dem Frieden zwischen Fürsten oder freyen Staaten die Rede ist.


Friedefürst (W3) [Adelung]


Der Friedefürst, des -en, plur. inus. eine biblische Benennung Christi, weil er durch seine Versöhnung die Zufriedenheit Gottes mit den Menschen wieder hergestellet hat. Es. 9, 6. In eben diesem Verstande nennet ihn schon Ottfried Frides furista.


Friedegeboth (W3) [Adelung]


Das Friedegeboth, des -es, plur. die -e, noch in den Gerichten einiger Gegenden, ein Befehl Frieden zu halten, d. i. von Beleidigungen in Worten und Werken gegen andere abzustehen.


Friedekauf (W3) [Adelung]


Der Friedekauf, des -es, plur. die -käufe, in den Rechten einiger Gegenden, ein Kauf, da etwas in Bausch und Bogen zur Erhaltung des Friedens, oder zur Vermeidung eines Prozesses gekauft wird. Ingleichen die Handlung, da man um einen Prozeß los zu werden, etwas gibt, ober von seinen Gerechtsamen nachlässet.


Friedelos (W3) [Adelung]


Friedelos, oder Friedlos, adj. et adv. 1) * Der öffentlichen Sicherheit beraubt, vogelfrey; in welcher jetzt veralteten Bedeutung es ehedem sehr üblich war. Jemanden friedelos machen, ihn in die Acht erklären. 2) Zänkisch, mürrisch, in der edlen Schreibart. So bald der Gram die Gränzen überschreitet, so bald höret er auf Trauern zu seyn, und wird eine bittere friedlose, unmuthige Störrigkeit.


Frieden (W3) [Adelung]


* Frieden, verb. reg. act. welches im Hochdeutschen veraltet ist, ehedem aber für schützen, vertheidigen, ingleichen für befriedigen oder befrieden, d. i. einzäunen, durch einen Zaun oder Gehäge für einen Anfall von außen in Sicherheit setzen, gebraucht wurde. S. Frischens Wörterbuch v. Friede.


Friedensbrecher (W3) [Adelung]


Der Friedensbrecher, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, der wider die öffentliche Sicherheit handelt; ein Friedbrecher, im Schwabenspiegel Fridebrecher. Besonders derjenige Fürst oder Oberherr, der den mit einem andern geschlossenen Frieden bricht.


Friedensbruch (W3) [Adelung]


Der Friedensbruch, des -es, plur. die -brüche, der Bruch des mit einem andern Staate geschlossenen Friedens.


Friedensbrüchig (W3) [Adelung]


Friedensbrüchig, adj. et adv. wer einen solchen Friedensbruch begehet, ingleichen in demselben gegründet. Friedensbrüchige Unternehmungen. Friedensbrüchiger Weise. Ein friedensbrüchiger Fürst. Ehedem bedeutete friedbrüchig auch wodurch die öffentliche Sicherheit verletzet wurde.


Friedens-Congreß (W3) [Adelung]


Der Friedens-Congreß, des -sses, plur. die -sse, der Congreß, oder die Zusammenkunft freyer Fürsten oder ihrer Gesandten, um sich wegen eines Friedens zu vereinigen.


Friedensfest (W3) [Adelung]


Das Friedensfest, des -es, plur. die -e. ein Fest zum Andenken eines geschlossenen Friedens.


Friedensfeuer (W3) [Adelung]


Das Friedensfeuer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Feuerwerk zur Feyer eines solchen Friedens.


Friedensflagge (W3) [Adelung]


Die Friedensflagge, plur. die -n, die weiße Flagge, welche als ein Zeichen des Friedens auf den Schiffen aufgezogen wird.


Friedensgedanken (W3) [Adelung]


Die Friedensgedanken, sing. inus. im gemeinen Leben, friedfertige Gesinnung. Friedensgedanken bekommen, sich nach dem Frieden sehnen.


Friedenshandlung (W3) [Adelung]


Die Friedenshandlung, plur. die -en, die Unterhandlung freyen Staaten oder Fürsten, wegen eines zu schließenden Friedens; die Friedens-Tractaten.


Friedens-Instrument (W3) [Adelung]


Das Friedens-Instrument, des -es, plur. die -e, das Instrument, d. i. der schriftlich abgefaßte Vertrag, eines zwischen zwey Staaten oder Fürsten geschlossenen Friedens.


Friedenskuß (W3) [Adelung]


Der Friedenskuß, des -sses, plur. die -küsse, ein frommer Kuß, welchen sich die ersten Christen bey ihren Liebesmählern gaben. Die Römische Kirche gibt ihn noch jetzt bey verschiedenen Ceremonien.


Friedensmünze (W3) [Adelung]


Die Friedensmünze, plur. die -n, eine Münze, welche zum Andenken eines geschlossenen Friedens gepräget wird.


Friedensrichter (W3) [Adelung]


Der Friedensrichter, des -s, plur. ut nom. sing. obrigkeitliche Personen in England, welche auf die Erhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit in den ihnen untergeordneten Districten zu sehen, und die Übertreter in Verhaft zu nehmen haben; Justice of Peace. Im figürlichen Verstande gebraucht Ramler dieses Wort von England, so fern es den Frieden unter den Europäischen Staaten zu erhalten bemühet ist: Daß Albion, der meerumfloßnen Erde Gerechte Friedensrichterinn, Das Schrecken der beraubten Oceane werde.


Friedensschluß (W3) [Adelung]


Der Friedensschluß, des -sses, plur. die -schlüsse, der Schluß eines Friedens zwischen Mächten, welche bis dahin in Kriege verwickelt gewesen, und die Schrift, welche denselben enthält.


Friedensstifter (W3) [Adelung]


Der Friedensstifter, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Friedensstifterinn, plur. die -en, eine Person, welche Frieden stiftet, so wohl zwischen zwey streitigen Privatpersonen, als auch zwischen mehrern im Kriege befangenen Mächten; in welchem letztern Falle man sich gemeiniglich des Französischen Wortes Mediateur bedienet.


Friedensstörer (W3) [Adelung]


Der Friedensstörer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Friedensstörerinn, plur. die -en, der oder die den Frieden störet, so wohl zwischen Privatpersonen, als auch zwischen freyen Staaten.


Friedenstag (W3) [Adelung]


Der Friedenstag, des -es, plur. die -e. 1) Derjenige Tag, an welchem der Friede zwischen freyen Staaten geschlossen, oder an welchem das Andenken eines geschlossenen Friedens gefeyert wird. 2) Bey den Handwerksgesellen, derjenige Tag, an welchem sie ihre feyerlichen Zusammenkünfte halten, weil solche zur Erhaltung der guten Einigkeit unter ihnen eingeführet worden.


Friedensvorschlag (W3) [Adelung]


Der Friedensvorschlag, des -es, plur. die -schläge, Vorschläge zur Erhaltung, noch mehr aber zur Wiederherstellung des Friedens, so wohl unter Privatpersonen, als auch, und zwar am häufigsten, unter freyen Staaten. Friedensvorschläge thun.


Friedepfennig (W3) [Adelung]


Der Friedepfennig, des -es, plur. die -e. 1) An einigen Orten eine Benennung des Weinkaufes, weil dadurch der Friede, oder ruhige Besitz eines Eigenthumes gleichsam erkauft wird; daher derselbe auch Friedeschilling, ingleichen Friedewein heißt. S. Weinkauf. 2) An andern Orten, z. B. bey den Friesen, ein jährliches Geld, womit sie sich öffentliche Sicherheit und sicheres Geleit von der Obrigkeit erkaufen, und welches an andern Orten, z. B. in der Grafschaft Öttingen, Friedeschatz genannt wurde.


Friedeschatz (W3) [Adelung]


Der Friedeschatz, des -es, plur. inus. der Friedeschilling, des -es, plur. die -e, der Friedewein, des -es, plur. inus. S. das vorige.


Friedfertig (W3) [Adelung]


Friedfertig, -er, -ste, adj. et adv. fertig, d. i. bereit und willig, den Frieden und die Ruhe mit andern zu erhalten, und wenn selbige gestöret worden, sie wieder herzustellen. Ein friedfertiges Gemüth. Selig sind die Friedfertigen, Matth. 5, 9.


Friedfertigkeit (W3) [Adelung]


Die Friedfertigkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da man friedfertig ist.


Friedhag (W3) [Adelung]


Der Friedhag, des -es, plur. die -e, ein noch in einigen Gegenden, besonders Oberdeutschlandes, übliches Wort, einen Hag zu bezeichnen, wodurch Feldgüter befriediget, d. i. vor dem Viehe geschützet werden; ein Friedzaun. Ein Thor in einem solchen Hage wird ein Friedthor genannt.


Friedhof (W3) [Adelung]


Der Friedhof, S. Freyhof.


Friedlich (W3) [Adelung]


Friedlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Geneigt, Frieden und Ruhe mit andern zu unterhalten, und in dieser Neigung gegründet. Ein friedlicher Mensch. Auch das friedlichste Würmchen beißt, wenn man es treten will. Ein friedlicher Vergleich. Sich friedlich stellen, 2 Macc. 5, 25. Friedliche Worte, 5 Mos. 2, 26. 2) Ruhig, sicher, von leblosen Dingen, in der höhern Schreibart. Er wohnet sicher und ruhig unter seinem friedlichen Dache, Geßn. 3) Friedliche Tage, in einigen Gegenden, Tage, wo kein Gericht gehalten wird, Gericht-Ferien, welche Tage in dem Sachsenspiegel Friedtage genannt werden. Im Schwabensp. Fridelich.


Friedlichkeit (W3) [Adelung]


Die Friedlichkeit, plur. inus. die Eigenschaft einer Person oder Sache, da sie friedlich ist.


Friedliebend (W3) [Adelung]


Friedliebend, -er, -ste, adj. et adv. den Frieden, die Eintracht mit andern liebend, friedlich.


Friedlos (W3) [Adelung]


Friedlos, S. Friedelos.


Friedmüthig (W3) [Adelung]


Friedmüthig, adj. et adv. welches nur im Oberdeutschen für friedfertig üblich ist. So auch die Freymüthigkeit, die Friedfertigkeit.


Friedpfahl (W3) [Adelung]


Der Friedpfahl, des -es, plur. die -pfähle, ein noch in einigen Gegenden übliches Wort, den Gränzpfahl einer Gerichtbarkeit zu bezeichnen, der zuweilen auch eine Friedsäule genannt wird.


Friedpfennig (W3) [Adelung]


Der Friedpfennig, S. Friedepfennig.


Friedsam (W3) [Adelung]


Friedsam, -er, -ste, adj. et adv. 1) Geneigt Friede und Eintracht mit andern zu unterhalten, friedfertig, friedlich. Ein friedsamer Fürst, Jer. 51, 59. Die Weisheit ist friedsam, Jac. 3, 17. Friedsam bey einander leben. 2) In der höhern Schreibart, ruhig, einsam, von leblosen Dingen. Friedsame Thäler, Klopft. Bey dem Ottfried schon fridusam.


Friedsamkeit (W3) [Adelung]


Die Friedsamkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da man friedsam ist.


Friedsäule (W3) [Adelung]


Die Friedsäule, plur. die -n, noch in einigen Gegenden Oberdeutschlandes, die Gränzsäule einer Gerichtbarkeit oder eines Burgfriedens. An einigen Orten führet auch ein bloßer Wegweiser diesen Nahmen, vermuthlich, weil man ehedem dergleichen Gränzsäulen auch zu Wegweisern gebrauchte.


Friedschatz (W3) [Adelung]


Der Friedschatz, des -es, plur. inus. S. Friedepfennig.


Friedselig (W3) [Adelung]


Friedselig, -er, -ste, adj. et adv. ein im Oberdeutschen üb- liches Wort, für friedfertig, friedlich, friedsam, welches auch in der höhern Schreibart der Hochdeutschen nicht unbekannt ist. Küß sein friedselig Angesicht, Raml.


Friedthor (W3) [Adelung]


Das Friedthor, des -es, plur. die -e, S. Friedhag.


Friedzaun (W3) [Adelung]


Der Friedzaun, des -es, plur. die -zäune, S. ebendaselbst.


Frieren (W3) [Adelung]


Frieren, verb. irreg. neutr. ich friere, du frierest oder frierst, (Oberd. freurst,) er friert, (Oberd. freurt); Imperf. ich fror, Conj. fröre; Mittelw. gefroren Es wird in doppelter Gestalt gebraucht. 1. Mit dem Hülfsworte haben. 1) Kälte empfinden. Die Soldaten frieren. Wir haben die ganze Nacht gefroren. Noch häufiger und vielleicht am richtigsten, als ein Impersonale. Noch friert, oder es friert mich. Es hat uns heftig gefroren. Es friert mich an den Händen, an den Füßen, d. i. ich empfinde Kälte an den Händen, an den Füßen. Hat dich auch gefroren? 2) Zum Gefrieren bringen, d. i. in Eis verwandeln, von der Witterung, als ein Impersonale. Es hat diese Nacht Eis gefroren, das Wasser ist vor Kälte in Eis verwandelt worden. Ingleichen absolute. Es wird diese Nacht frieren. Es hat gefroren. In Island friert es stark. S. Gefrieren, welches gleichfalls in dieser Bedeutung gebraucht wird. 2. Mit dem Hülfsworte seyn, durch die Kälte seine Flüssigkeit verlieren, in Eis verwandelt werden. Das Wasser friert. Die Erde ist gefroren. Der Wein friert nicht leicht. Gefrornes, ein durch die Kunst in Eis verwandelter flüssiger Körper. Indessen ist in dieser Bedeutung auch gefrieren üblich, S. dasselbe.

Anm. Schon bey dem Notker kommen die zusammen gesetzten Mittelwörter befroren und erfroren vor. Im Nieders. lautet dieses Zeitwort freren, und im Isländ. frira, womit auch das Lat. frigere und rigere überein kommt. In verschiedenen gemeinen Deutschen Mundarten und verwandten Sprachen findet sich statt des r ein s, wie in dem Steiermärk. friesen, bey dem Notker friusen, im Nieders. fresen, im Dän. fryse, im Schwed. frisa, im Angels. frysan, im Engl. to freeze, da es nicht allein Kälte empfinden, sondern auch die Wirkung dieser Empfindung, Schauer, ingleichen Frucht, Angst u. s. f. bedeutete, wie aus dem Oberdeutschen Fraisch, Fraißam, und andern erhellet. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, horreo, gehöret gleichfalls zu dessen Geschlechte. Siehet man das f als den zufälligen Blaselaut an, so wird dieses Wort von rühren, Alem. ridon, rütteln, Schwed. rysa, abstammen, weil die Kälte ein Rütteln oder Schauern erwecket. S. Rütteln, ingleichen Friesel, Frisch und Frost, welche letztern noch die alte Form mit dem s behalten haben.


Fries (W3) [Adelung]


Der Fries, des -es, plur. die -e, ein Wort, welches überhaupt einen krausen Körper bedeutet, aber nur in einigen Fällen gebraucht wird. Es bedeutet 1) einen tuchartigen geköperten Zeug, welcher aus zweyschüriger Wolle mit vier Schämeln gewebet und geköpert wird, nur die halbe Walke bekommt und gerauhet, aber nicht geschoren wird. In diesem Verstande kann der Plural nur von mehrern Arten und Quantitäten gebraucht werden. Der Nahme dieses Zeuges, welcher schon in den Legg. Anglor. et Werinor. vorkommt, lautet daselbst Fresum, im Schwed. Fris, im Ital. und Span. Frisa, im Engl. Frees, im Böhm. Fris, im Franz. Frise und Drap de Frise, im mittlern Lateine Pannus Frisius; nicht weil es, wie Ihre behauptet, von Friesen erfunden und verfertiget worden, sondern weil es in Frankreich ehedem frisiret oder gekräuselt wurde, daher es im mittlern Lat. auch Pannus Frissatus hieß, in welcher Sprache eine jede Franse Frisum, Fresium, Fres, genannt wurde. S. Franse und Frisiren. 2) In der Säulenordnung ein Theil des Hauptgesimses, welcher die Köpfe der Balken, die auf dem Architrab ruhen, vorstellet, und mit Laubwerk und andern krausen Zierathen verzieret ist. Ital. Fregio, Französ. Frise. Aus eben dieser Ursache werden auch die Verstäbungen an den Böden, Brüchen und Köpfen der Kanonen Frise, oder Frisirungen genannt. S. Bodenfries, Hinterfries, Mittelfries.

Anm. In beyden Bedeutung ist das Wort zunächst aus dem Franz. Frise entlehnet, welches eine jede krause Sache bedeutet, im Grunde aber ein Abkömmling der ältesten Europäischen Sprachen ist. Das Franz. frise und unser kraus sind bloß in dem Präfixo unterschieden, welches dort ein Blaselaut, hier aber ein Hauchlaut ist. Beyde stammen von unserm reißen her. S. dasselbe.


Friese (W3) [Adelung]


Der Friese, des -n, plur. die -n. 1) Der aus Friesland gebürtig ist, ein Friesländer. 2) In den alten Hanseestädten, eine besondere Secte der Weißgärber, welche auch zugleich Beutlerarbeit machen, und es weder mit den Rößlern, noch mit den Rheinländern halten; vielleicht, weil sie aus Friesland herstammen.


Friesel (W3) [Adelung]


Das Friesel, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. Eine mit einem Fieber verbundene Krankheit, welche in erhabenen Flecken auf der Haut bestehet, die von der Schärfe des wässerigen Wesens im Blute herrühren, einige Zeit sichtbar sind, und hernach abtrocknen und in Schuppen abfallen; Boa. Das rothe Friesel, Purpura, wird auch das scorbutische Friesel genannt, und begleitet gemeiniglich die bösartigen Flußfieber. Weil die Leipziger Wöchnerinnen bey einer übel eingerichteten Lebensordnung dieser Krankheit ehedem sehr stark ausgesetzet waren, so wurde sie auch das Leipziger Wochenfriesel genannt. S. Milchfriesel. Das weiße Friesel, welches diesen Nahmen wegen der weißen Farbe des Ausschlages bekommt, und weil derselbe zuweilen die Größe der Hirsekörner hat, auch das Hirsefieber, Febris miliaris, genannt wird, ist bösartiger als das rothe, zu welchem es sich zuweilen gesellet.

Anm. Im Oesterr. heißt diese Krankheit Rieselausschlag, im Schwed. gleichfalls Frisel, im Dän. aber Frislinger; vermuthlich von friesen, frieren, weil sie alle Mahl mit einem Fieber verbunden ist, ober doch auf dasselbe folget. Doch kann auch, besonders wenn auf das rothe Friesel gesehen wird, das alte brasa. brennen, das Stammwort seyn. Das rothe Friesel heißt in Preußen der rothe Hund, und es ist merkwürdig, daß auch die Malabaren dasselbe so nennen. In einigen Gegenden ist es männlichen Geschlechts, der Friesel.


Friesisch (W3) [Adelung]


Friesisch, adj. et adv. aus Friesland gebürtig, daselbst verfertigt, nach Art der Friesländer; Friesländisch. Friesische Pferde, welche in Friesland geworfen worden. Friesische Reiter, in der Kriegsbaukunst, große sechseckige Stücke Holz, mit vielen Löchern, wodurch mit spitzigen Eisen beschlagene Stäbe gesteckt werden. Man gebraucht sie, der Reiterey das Eindringen zu verwehren, und nennen sie auch Spanische Reiter, ingleichen auch Sturmhaspeln. Carolus von Aquino glaubt in seinem Kriegslexico bey dem zu Fresne v. Equus, daß sie ihren Nahmen a Frisio quodam inventore haben. Die Italiäner nennen sie Cavalli.


Friesländer (W3) [Adelung]


Der Friesländer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Friesländerinn, plur. die -en, der oder die aus Friesland gebürtig ist. Ein Friesisches Pferd wird gleichfalls ein Friesländer genannt. Der grüne Friesländer ist in einigen Gegenden der Nahme des grünen Kopfsallates.


Friesmacher (W3) [Adelung]


Der Friesmacher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Tuchmacher, der sich allein auf das Friesweben leget. S. Fries. 1.


Fringiren (W3) [Adelung]


Fringiren, verb. reg. act. welches aus dem Franz. fringuer entlehnet und bey den Färben an einigen Orten für ausringen üblich ist. Daher das Fringeisen oder Fringireisen, der Haspel, vermittelst dessen solches geschiehet, und der auch der Hengst heißt; der Fringnagel u. s. f. Das Franz. fringuer stammet von dem Deutschen ringen, Nieders. wringen, ab.


Frisch (W3) [Adelung]


Frisch, -er, -este, adj. et adv. 1. Eigentlich, kühl, ein wenig. kalt. Das Wasser ist ganz frisch, kühl. Frische Luft schöpfen. Ein frischer Keller, in welchem es kühle ist. Ein frischer Trunk. Es ist heute ganz frisch, ein wenig kalt. Nieders. frisk; Engl. fresh, Franz. frais, Schwed. frisk. Im Griech. bedeutet - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - einen Schauer. 2. Figürlich, in verschiedenen Bedeutungen, welche insgesammt von der kühlen Beschaffenheit der Luft und des Wassers, und deren Wirkung auf den menschlichen Körper in der Hitze hergenommen zu seyn scheinen. 1) Noch unverdorben, was noch seine völlige Güte hat. Eine frische Ruthe, ein frischer Ast, im Gegensatze eines dürren. Frischer (grüner) Bast, frische Rinde. Frisches Wasser, welches noch nicht trübe ist. Besonders von Eßwaaren, im Gegensatze dessen, was verdorben, riechend, faul ist. Frische Waaren. Frische Austern, frische Häringe. Das Fleisch ist noch frisch. Die Eyer sind nicht mehr frisch. Im Hüttenbaue wird frisch von Mineralien gebraucht, welche noch nicht todt gebrannt, sondern noch flüssig sind. Frische Schlaken, welche von flüssigen Erzen kommen. Frische Bley, zum Unterschiede von der Glätte, S. Frischbley. Frisch machen, das Kupfererz mit Frischbley reinigen, S. Frischen. Frisches Gestein, im Bergbaue, festes Gestein, welches nicht brüchig ist, und keiner Zimmerung bedarf. 2) Was erst vor kurzen entstanden oder geschehen ist. (a) Was erst vor kurzen geschehen ist; nur in einigen Fällen. Jemanden auf frischer That ertappen, während der That, auf der That; welche That ehedem eine handhafte That oder Handthat genannt wurde. So auch als ein Adverbium für jetzt erst. Frisch gekochte Speisen, die erst jetzt gekocht sind. Frisch abgeschnittene Zweige. Ingleichen für neu. Und so entzückte seine Brust Ein frischer Scherz mit jedem Morgen, Mit jedem Abend neue Lust, Haged. Von frischen, von neuen, im gemeinen Leben. Er lachte von frischen so stark, daß u. s. f. Raben. (b) Was erst vor kurzen in seinen gegenwärtigen Zustand versetzt worden. Frische Kosen, welche erst abgebrochen worden. Frisches Obst. Frische Weinbeeren, 4 Mos. 6, 3. Ein frisches Bett, welches erst überzogen worden. Frischer Schnee; welcher erst gefallen ist. Ein frischer Schmerz, welcher erst verursacht worden. Eine frische Wunde. (c) Was erst vor kurzen verfestiget worden; doch nur noch von solchen Dingen, welche zum Essen und Trinken dienen. Frisches Brot. Frische Käse, 1 Sam. 17, 18. Frisches Öhl, Ps. 92, 11. Frisches Bier. Das Brot, das Bier ist noch frisch. Frische Eyer, welche erst geleget worden. Frisches Fleisch, welches vor kurzen geschlachtet worden, zum Unterschiede des eingesalzenen und geräucherten. Frische Fische. Frische Butter, welche erst verfertiget worden. Frische Häringe, welche vor kurzen eingesalzen worden. Frische Austern, frische Citronen u. s. f. welche erst angekommen sind. Die Waaren sind noch ganz frisch, sind erst vor kurzen angekommen. In einigen Fällen auch von andern Dingen für neu. Frische Fahrten einhängen, im Bergbaue für neue. Daß dieses Wort ehedem auch für jung überhaupt müsse seyn gebraucht worden, schei- net aus dem Neutro frischen und aus dem Hauptworte Frischling zu erhellen. 3) Was noch nicht gebraucht ist, und daher noch seine völlige Güte hat, eine Fortsetzung der vorigen Figur. Frische Kohlen, die noch nicht gebraucht worden, im Bergbaue. Ein frisches Faß anstrecken, welches noch nicht angezapft worden. Eine frische Tonne aufmachen. Frische Hunde anhetzen; die sich noch nicht müde gejagt haben. Frische Pferde nehmen, frische Mannschaft anrücken lassen, welche ihre Kräfte noch nicht erschöpft haben. dahin gehöret auch die Redensart, die Sache ist mir noch in frische, Andenken, wenn dasselbe noch nicht geschwächet worden. 4) Munter, muthig. Frisch daran seyn, 2 Sam. 13, 28. Frisch von Statten gehen, Esr. 5, 8. Frisch auf den Wagen steigen, 1 Kön. 12, 18. Frisch und gesund seyn. Er ist noch jung und frisch. Frisch und munter seyn. Ein frischer Muth. Frisch gewagt, ist halb gewonnen. Frisch einschenken. Sich frisch (hurtig) anziehen. Es gehet alles frisch von Statten. Ich will frisch hinter einander wegschreiben. Wo alte Freyheit noch den angeerbten Hut Frisch in die Augen drückt, und unbefehdet ruht, Hag. Wie manche frische Dirne Schminkt sich aus jenen Bach! ebend. Auch von Farben, für lebhaft. Eine frische (muntere) Farbe. S. Frische 1. Ingleichen als ein Aufmunterungswort. Frisch, Lucie schreite kühn von einem Laster zu dem andern fort. Frisch auf, ihr Helden! Nur frisch! Frischer Wind, in der Seefahrt, ein günstiger ziemlich starker Wind. Anm. In den meisten dieser figürlichen Bedeutungen lautet es im Nieders frisch, und mit Versetzung des r versch, varsk, im Dän. frisk, fersk, im Angels. fersch, im Engl. fresh, im Holländ. frisch, bersch, im Franz. frais, im Ital. fresco, im Schwed. frisk und fersk, im mittlern Lat. freschus, friscus. Es scheinet vermittelst der Endsylbe "-isch", aus dem alten Fries, Frost, Kälte, gebildet zu seyn, S. Frieren, Anmerkung. Daher auch hier die Bedeutung des kühlen für die erste und eigentliche angenommen worden. Da aber friesen, frieren, selbst vermittelst des Blaselautes aus Ries gebildet worden, so muß auch risch und rasch, und vielleicht auch das lat. recens hierher gerechnet werden. Ist doch das Lat. frigus und frigere auf ähnliche Art aus - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und rigor entstanden. Ungebauetes Land, Brachland, heißt im mittlern Lat. Friscum und im Franz. Friche. Jeroschin sagte im 14ten Jahrhunderte für frisch noch vrich, kühl, halt. Bey den ältern Oberdeutschen Schriftstellern kommt dieses Wort nicht vor, wohl aber Frisching, ein Opfer. S. Frischling.


Frischbäcker (W3) [Adelung]


Der Frischbäcker, des -s, plur. ut nom. sing. diejenigen Bäcker, welche alle Tage, wenn die Reihe sie trifft, frisches Brot backen, oder wie man im gemeinen Leben sagt, das Frischbacken haben.


Frischbalg (W3) [Adelung]


Der Frischbalg, des -es, plur. die -bälge, auf den Eisenhämmern, ein Blasebalg an der Frischesse, welcher kleiner ist, als der an einem hohen Ofen.


Frischbley (W3) [Adelung]


Das Frischbley, des -es, plur. inus. im Hüttenbaue, frisches Bley, d. i. Bley, welches in seiner wahren metallischen Gestalt vorhanden ist; zum Unterschiede von der Glätte, welche ein verderbtes, in Kalt verwandeltes Bley ist. In diesem Verstande wird sowohl das aus dem Erze geschmelzte, als das aus der Glätte wieder hergestellte Bley Frischbley genannt. In engern Verstande führet nur das letztere diesen Nahmen. Siehe Anfrischen, Frisch 2 1) und Frischen.


Frische (W3) [Adelung]


Die Frische, plur. die -n, das Hauptwort von dem Beyworte frisch, welches aber nur in einigen wenigen Fällen gebraucht wird. 1) Bey den Mahlern bedeutet es, nach dem Muster des Franz. Fraicheur, die wahre und schönste Farbe des Gegenstandes, besonders in Ansehung der Fleischfarbe. Die Frische am Fleische, die lebhafte Farbe eines gesunden blutreichen Fleisches. 2) Bey den Jägern, ein wasserreicher Ort, wo das Wild sich frischet, oder erfrischet.


Frischeisen (W3) [Adelung]


Das Frischeisen, des -s, plur. inus. auf den Eisenhämmern, 1) Eisen, welches in den hohen Öfen sich zu sehr sammelt und nicht fließen will; weil es durch das allzu starke Gebläse nur wieder hart und frisch, d. i. kalt, geblasen wird. 2) In einem entgegen gesetzten Verstande auch nochmahls geschmelztes und gereinigtes Eisen; S. Frischen 3.


Frischen (W3) [Adelung]


Frischen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist. I. Als ein Activum, frisch machen; doch nach der verschiedenen Bedeutung dieses Wortes auch in verschiedenem Verstande. 1) Kühl machen, wofür doch erfrischen üblicher ist. Indessen kommt sich frischen in diesem Verstande noch bey dem Logau vor. Auch bey den Jägern frischet sich der Hund oder ein Thier, wenn es trinket; wo es auch als ein Neutrum gebraucht wird, der Hund das Thier frischet. 2) Was verdorben, unkenntlich ist, wieder gut und kenntlich machen, in einigen einzelnen Fällen. So frischen die Büchsenschmiede ein gezogenes Rohr, wenn sie aufs neue reisen, oder ausziehen. Siehe Auffrischen. Die Hunde frischen, oder ausfrischen, bey den Jägern, ihnen eine Purganz eingeben. S. Frischung 3. 3) Eine Sache nochmahls bearbeiten, um ihr dadurch einen höhern Grad der Güte zu ertheilen; auch nur als ein Kunstwort in verschiedenen einzelnen Fällen. So wird das aus dem hohen Ofen gekommene Eisen gefrischet, wenn es nochmahls geschmelzet wird, um es zu reinigen; S. Frischeisen 2. Die Goldarbeiter frischen die Fugen, welche sie zusammen löthen wollen, wenn sie selbige auffeilen, oder von neuen glatt feilen. 4) Wieder herstellen; auch nur im Hüttenbaue, wo man die Wiederherstellung des Bleyes aus der Glätte frischen nennet; S. Frischbley und Frisch 2 1) Auch die Arbeit, da man solches Frischbley oder auch nur Glätte zu dem rohen Kupfer setzet, um vermittelst derselben das Silber aus dem Kupfer zu ziehen, heißt frischen 5) Eine Zeche mit Stollörtern frischen, im Bergbaue, Stollörter in derselben machen. Daher die Frischung. S. solches hernach besonders. II. Als ein Neutrum, mit den Hülfsworte haben, Junge werfen, ferkeln; wo dieses Wort doch nur von den wilden Sauen im Jagdwesen üblich ist. Die Bache hat gefrischet. Gefrischte Jungen. S. Frischling.


Frischer (W3) [Adelung]


Der Frischer, des -s, plur. ut nom. sing. auf den Eisenhämmern, ein Arbeiter, der das Frischen des Eisens verrichtet, S. Frischen 3.


Frischesse (W3) [Adelung]


Die Frischesse, plur. die -n, auf den Eisen- oder Stabhämmern, eine Esse, in welcher das aus dem hohen Ofen gekommene Eisen gefrischet, d. i. nochmahls geschmelzet und gereiniget wird. S. Frischen 3.


Frischgestübe (W3) [Adelung]


Das Frischgestübe, des -s, plur. inus. in dem Hüttenbaue, frisches Gestübe, welches noch nicht zu Ausstoßung der Schmelzöfen gebraucht ist.


Frischglätte (W3) [Adelung]


Die Frischglätte, plur. inus. im Hüttenbaue, Glätte, welche wieder gefrischet, d. i. zu Bley reduciret werden soll; zum Unterschiede von der Kaufglätte, welche als Glätte verkauft wird.


Frischherd (W3) [Adelung]


Der Frischherd, des -es, plur. die -e, oder der Frischofen, des -s, plur. die -öfen, in den Hüttenbaue, 1) derjenige Ofen, in welchem dem Schwarzkupfer Bley zugesetzet wird, um es dadurch von dem Silber zu scheiden; S. Frischen 4. 2) In den Eisen- oder Stabhämmern, der Herd, wo die Eisengänge gefrischet, oder von neuem geschmelzet werden. S. Frischen 3.


Frischknecht (W3) [Adelung]


Der Frischknecht, des -es, plur. die -e, der Knecht oder Gehülfe des Frischers aus den Eisenhämmern. S. Frischer.


Frischling (W3) [Adelung]


Der Frischling, des -es, plur. die -e, in dem Jagdwesen, ein junges wildes Schwein, bis es ein Jahr alt ist. Von ein bis zwey Jahr wird es ein übergegangener oder übergelaufener Frischling genannt.

Anm. Dieses Wort bedeutete ehedem ein jedes frisch gebornes, oder junges Thier, und stammet also unmittelbar von dem Neutro frischen, gebären, ab. Notker nennet ein Osterlamm Osteirfrisking, und in dem Indice Schadaei beym Schilter bedeutet Friskingus ein Kalb oder einen Kalbesbraten. Ein Hammelfrischling ist in der Schweiz noch jetzt ein junger Hammel. Doch in dieser allgemeinen Bedeutung ist es, wenigstens im Hochdeutschen, veraltet, wo es nur noch von jungen wilden Schweinen gebraucht wird. Es erhellet daraus zugleich, daß dieses Wort irrig Fröschling gesprochen und geschrieben wird, obgleich solches von vielen geschiehet. Da es ehedem überhaupt ein junges Thier bedeutete, so wird es bey dem Notker sehr häufig von einem Opfer gebraucht, wo es bald Frunscinga, bald Friuscinga lautet. In den mittlern Lateine kommt Friscinga, selbst in den Urkunden Frankreichs, und unter einer großen Menge von Verunstaltungen, so wohl von einem jungen Schafe, als auch von einem jungen Schweine sehr häufig vor, wovon des du Fresne Glossar. nachzusehen ist.


Frischmelk (W3) [Adelung]


Frischmelk, adj. et adv. in der Landwirthschaft. Eine frischmelke Kuh, welche erst vor kurzem melk geworden ist, d. i. gekalbet hat, zum Unterschiede von einer altmelken. S. Melk.


Frischofen (W3) [Adelung]


Der Frischofen, S. Frischherd.


Frischpfanne (W3) [Adelung]


Die Frischpfanne, plur. die -n, in den Seigerhütten, eiserne Pfannen, worin das Kupfer gefrischet, d. i. zu Seigerstücken gegossen wird. S. Frischen 4.


Frischschlaken (W3) [Adelung]


Die Frischschlaken, singul. inus. in den Hüttenbaue, frische Schlaken, d. i. Schlaken, welche von flüssigen Erzen kommen, und gute Zuschläge abgeben. S. Frisch 2 1).


Frischstück (W3) [Adelung]


Das Frischstück, des -es, plur. die -e, in den Seigerhütten, diejenigen Erzkuchen oder Stücke Schwarzkupfer und Bley, welche bey dem Frischen des Kupfers entstehen, und auch Seigerstücke genannt werden. S. Frischen 4.


Frischung (W3) [Adelung]


Die Frischung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Frischens, in allen Bedeutung des Activi, und ohne Plural. 2) Wasser, so fern es den Hunden zum Getränke dienet, bey den Jägern; auch ohne Plural. Die Hunde nehmen Frischung, wenn sie saufen. Den Hunden die Frischung hohlen. 3) Eine Purganz; auch nur bey den Jägern und von den Hunden gebraucht. Den Hunden eine Frischung geben, S. Frischen 2.


Frisirbohrer (W3) [Adelung]


Der Frisirbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schlössern, ein Bohrer, das Loch einer Schraubenmutter an der einen Seite zu erweitern, und den Kopf der Schraube darein zu versenken.


Frisiren (W3) [Adelung]


Frisiren, verb. reg. act. welches aus dem Franz. friser, kräusen, kraus machen, entlehnet ist, und vornehmlich in folgenden Fällen gebraucht wird. 1) Bey den Tuchbereitern, wollene Zeuge, Tuch aufkratzen, damit sie haarig werden, welches auf einer besondern Frisirmühle geschiehet. Frisirtes Tuch, an welchem die Haare aufgerieben, und durch die Hitze in Knötchen getrieben werden. 2) Die Kopfhaare nach der Kunst kräuseln, welches von eigenen Handwerken geschiehet, welche Friseurs genannt werden, und an vielen Orten noch von den Perrückenmachern verschieden sind. Daher die Frisur, die Krause der Haare, die Haarkrause; die Frisirhölzer oder Kräuselhölzer, fingerlange rundliche Hölzer, worauf die Perrückenmacher das Haar zu einer Locke aufrollen, und in dem Ofen backen. 3) Bey dem andern Geschlechte, Kleidungsstücke, Vorhänge u. s. f. mit Band, Spitzen, Fransen oder Streifen von Zeuge bekräuseln. Daher die Frisur, diese krause Besetzung selbst.


Frist (W3) [Adelung]


Die Frist, plur. die -en. 1) Eine bestimmte Zeit, innerhalb welcher etwas geschehen soll; ein Termin. Eine Sächsische Frist, eine Zeit von sechs Wochen und drey Tagen. Eine doppelte Sächsische Frist, eine Zeit von vier Monathen. Die Kammergerichts-Frist in der Mark Brandenburg, eine Zeit von sechs Wochen. Wer ein Wohnhaus verkauft - der hat ein ganz Jahr Frist, dasselbe wieder zu lösen, 3 Mos. 25, 29. Die so kurz angesetzte Frist ihrer Vermählung, Weise. Die Fristen verlängern, weiter hinaus setzen. Fristweise oder Fristenweise bezahlen, in gewissen Terminen. 2) Die Verlängerung dieser Frist, Ausschub der bestimmten Zeit; in den Rechten auch Dilation. Ich will ihnen noch Frist geben hundert und zwanzig Jahr, 1 Mos. 6, 3. Ich merks, daß ihr Frist suchet, Dan. 2, 8. Ich gebe dir noch Frist, dich zu bedenken. Sich Frist ausbitten. lassen sie mir nur noch acht Tage Frist. S. Galgenfrist. 3) Eine gegenwärtige, besonders aber künstige Zeit überhaupt; doch nur selten. Ich habe ihn in Jahres Frist, in Monaths Frist nicht gesehen. In dieser weitern Bedeutung war es besonders den Dichtern der vorigen Jahrhunderte sehr geläufig. In dieser Frist, für jetzt. Zu aller Frist, zu aller Zeit. Er schickhet hin in dieser Frist Wol zu den veindten in ein stat, Theuerd. Kap. 84.

Anm. Kero und die Monseeischen Glossen gebrauchen Frist für bequeme Zeit, Gelegenheit, Ottfried aber für Zeitraum und Zeit überhaupt. Alle taga fristi, alle Tagezeiten, alle Tage, sagt der letztere, und an einem andern Orte, zi themo friste, zu derselben Zeit. Ruodebert sagte in neunten Jahrhunderte Viriste, und bey dem Notker sind zitfristigin dinch, zeitliche, weltliche Dinge, nach einer sehr ungeschickten Übersetzung des Latein. temporalia. An einem andern Orte aber gebraucht er es schon für Aufschub. Im Angels. lautet dieses Wort in den beyden ersten Bedeutungen Fyrst, im Nieders. Verst und Frest, im Dän. und Schwed. Frist, im Pohln. Fryszt. Die Abstammung dieses alten Wortes ist unbekannt; denn Wachters und Frischens Muthmaßung, daß es von für, vor oder fort herkomme, ist sehr unwahrscheinlich. Fristeo, Bedenklichkeit, und Kezimbrifrist, Materie, Stoff, bey dem Kero, fristen, erklären, auslegen, bey dem Notker, antfristan, heraus geben, und Antfristunga, die Ausgabe eines Buches, bey eben demselben und in den Monseeischen Glossen, und anafristen, verleumden, bey dem Notker, scheinen mit unserm Worte mehr oder weniger verwandt zu seyn.


Fristbuch (W3) [Adelung]


Das Fristbuch, des -es, plur. die -bücher, im Bergbaue, ein Buch, in welches die Fristen, Nachlassungen und andere Angelegenheiten verzeichnet werden.


Fristen (W3) [Adelung]


Fristen, verb. reg. act. Frist geben, setzen. 1) * In der ersten Bedeutung des Hauptwortes, einen Termin setzen; in welcher es aber in Hochdeutschen ungewöhnlich ist, ob es gleich im Schwabenspiegel in derselben vorkommt, wo Kap. 295 der kampf gefristet wird uf einen tag, d. i. auf einen gewissen Tag angesetzet. 2) Aufschub geben, aufschieben; in welcher gleichfalls veralteten Bedeutung es nur noch zuweilen in den Rechten vorkommt. Eine Sache fristen, d. i. verschieben. Den Eid fristen, aufschieben. Am häufigsten gebraucht man es noch in der R. A. einem das leben fristen, die Zeit seines Todes weiter hinaus setzen, besonders wenn solches von Gott gebraucht wird. So dir der Herr aber das Leben fristen wird, Esr. 5, 4. Daß ich mein Leben so eine kleine Zeit also friste, 2 Macc. 6, 7. Im Oberdeutschen gebraucht man es in einer mehr thätigen Bedeutung für retten. Sein Hausrath wurde gefristet, d. i. aus der Feuersbrunst gerettet, bey dem Bluntschli. Wie er dem edlen Helden mit Het gefaren vnnd gefrist sein Leben, Theuerd. Kap. 31; wie er ihm das Leben gerettet hätte. Denn müßt er fristen sein leben, Kap. 67; ihn heilen; wo in der Überschrift des Kapitels sich einer Krankheit fristen, so viel ist, als sich von derselben curiren. Wer sich erst durch Langsamkeit Auf den Morgen denkt zu fristen, Wird sein Glück und Heil versehn, Gryph. Heinrich von Frauenberg, einer der Schwäbischen Dichter, gebraucht einen fristen, für, dessen Abreise verzögern, ihn zurück halten. So auch die Fristung, welches in dem Bergbaue aber auch das Fristgeld bedeutet. Anm. Für aufschieben gebraucht schon Notker fristen mit der vierten Endung. Im Angels. lautet es fyrstan, im Nieders. versten, im Schwed. fresta.


Fristgeld (W3) [Adelung]


Das Fristgeld, des -es, plur. inus. außer von mehrern Summen dieser Art, die -er, ein Geld, welches die Gewerken alle Vierteljahr erlegen, wodurch das bestätigte Leben gefristet, d. i. beym Alten, oder in Kraft erhalten wird; die Fristung.


Fristzeche (W3) [Adelung]


Die Fristzeche, plur. die -n, im Bergbaue, eine Zeche, welche mit Frist verschrieben wird, d. i. wo der, dem sie verliehen wird, zu Erfüllung gewisser Obliegenheiten Frist bekommt.


Frisur (W3) [Adelung]


Die Frisur, plur. die -en, S. Frisiren.


Fritt (W3) [Adelung]


Der Fritt, des -es, plur. die -e, ein nur in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens, übliches Wort, einen kleinen Handbohrer zu bezeichnen, der auch wohl Frittbohrer genannt wird; von dem veralteten fritten, reiben.


Fritte (W3) [Adelung]


Die Fritte, plur. inus. außer von mehrern Arten und Quantitäten, in den Glashütten, die erste Vermischung der zu dem Glase nöthigen Materialien, als der Kieselerde oder des Sandes und eines alcalischen Salzes, nachdem solche mit einander geschmolzen worden. Die Fritte wird zu allen Gläsern gebraucht, sie seyn gut oder schlecht. Die Glasfritte, welche zu dem Glase gebraucht wird; zum Unterschiede von derjenigen, welche zu Glasflüssen, falschen Edelsteinen und andern Bedürfnissen angewandt wird. Der Nahme stammet, so wie die ganze Glasmacherkunst, aus Italien her, wo diese Masse Fritta genannt wird, von frittare, frieren, wie man glaubt, weil das Glas, welches daraus bereitet wird, dem gefrornen Wasser nicht unähnlich ist.


Froh (W3) [Adelung]


Froh, -er, -este, adj. et adv. 1. Eigentlich, Freude empfindend, freudig. Da die Bothen kamen und verkündigten das den Männern zu Jabes, wurden sie froh, 1 Sam. 11, 9. Da ward der König sehr froh, Dan. 6, 23. Da es aber die Heiden höreten, wurden sie froh, Apostg. 13, 48. Ich bin den fron bescheidenlicher froide bi, Walth. von der Vogelweide. Wie froh singet die Schwalbe auf dem Balken unter meinem Dache! Geßn. Wer war froher als ich, da ich ihn wieder sah! Ein froher Jüngling. Wer hat mich so bereitet, daß ich unzähliger froher Empfindungen fähig bin? Gell. Der Gegenstand, welcher diese Empfindungen verursacht, wird entweder mit daß umschrieben oder bekommt, obgleich nur selten, das Vorwort über. Da wurden die Jünger froh, daß sie den Herren sahen, Joh. 20, 20. Ich bin froh, daß es so weit gekommen ist. Dein Herz sey nicht froh über seinem (sein) Unglück, Sprichw. 24, 17. Im Oberdeutschen ist statt dessen auch die zweyte Endung üblich. Da sie den lasen, wurden sie des Trostes froh, Apostelg. 15. 31. Welches aber im Hochdeutschen eben so ungewöhnlich ist, als der Gallicismus in Sophiens Reise: ich bin froh mit der ordinären Post fortkommen zu können, für, daß ich u. s. f. 2. Figürlich 1) Was diese Empfindung erweckt, dieselbe verräth oder mit derselben verbunden ist. Das frohe Bewußtseyn unsrer Tugend, Dusch. mein Herz erweitert sich von einem frohen Stolze, ebend. Frohe Gespräche. Er feyerte den Göttern ein frohes Fest. Die Kinder hüpften mit frohem Gewühle um ihn her, Geßn. Ein frohes Almosen, Gell. welches mit einem freudigen Gemüthe gegeben wird. Im frohen Entzücken übersah er die weit ausgebreitete Gegend, Geßn. 2) Einer Sache froh werden, mit der zweyten Endung, sie mit Bewußtseyn und angenehmer Empfindung genießen. Seine Güter werden andern, daß er der nicht froh wird, Hiob 20, 18. Er wird der Sonnen nicht froh, und weiß keine Ruhe, weder hie noch da, Pred. 6, 5. Er wird seines Guts nimmer froh, Sir. 14, 5. Des Lebens wird es nimmer froh, Lichtw.

Anm. Froh, Nieders. Dän. Isländ. und Schwed. fro, bey dem Ottfr. frou und fro, ist das Stammwort von freuen und Freude, und bezeichnet so wie jene im eigentlicher Verstande den äußern Ausbruch eines höhern Grades des Vergnügens.


Frohheit (W3) [Adelung]


Die Frohheit, plur. inus. Der Zustand, da man froh ist; ein zwar ungewöhnliches, aber doch regelmäßig, gebildetes Wort.


Fröhlich (W3) [Adelung]


Fröhlich, -er, -ste, adj. et adv. welches mit dem vorigen, dessen zweyte figürliche Bedeutung ausgenommen, einerley Bedeutung und Gebrauch hat, aber doch im eigentlichen Verstande mehr auf die äußern Merkmahle der Freude gehet. Du machest fröhlich, was da wehet, Pf. 65, 9. Ich will fröhlich seyn über Jerusalem, und mich freuen über mein Volk, Es. 65, 19. Ein fröhlicher Tag, Sir. 14, 14. Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb, Röm. 9, 7; und so in vielen andern Stellen mehr. Eine fröhliche Bothschaft. Fröhlich sterben. Die Bienen flogen fröhlich aus von ihrer fernen Wohnstatt, Geßn. Entschlossen unser Leben durch die fröhlichste aller Erwartungen uns leidlicher zu machen, Sonnenf.

Anm. Bey dem Ottfried lautet dieses Wort frouuelich, bey dem Notker frolich, bey dem Stryker vroleich, im Engl. frolick, im Holländ. vrolick. Es ist auch froh und lich zusammen gesetzt, welches letztere hier nicht so wohl ähnlich bedeutet, denn alsdann müßte es einen geringern Grad der angenehmen Empfindung bezeichnen als froh sondern an den Tag legend, verrathend. Schon hieraus erhellet, daß dieses Wort von dem ehemaligen Kanzler Wolf und andern zu sehr eingeschränket wird, wenn es nach ihnen bloß freudig über da Ende der Unlust bezeichnen soll.


Fröhlichkeit (W3) [Adelung]


Die Fröhlichkeit, plur. die -en. 1) Der Zustand, da man fröhlich ist d. i. da man seine Freude durch äußere Merkmahle an den Tag leget: ohne Plural. Man bedienet sich des Scherzes Fröhlichkeit zu erregen. 2) Eine fröhliche Handlung, eine feyerliche Handlung, welche zum Beweise der Freude angestellet wird, eine Lustbarkeit. Einer Fröhlichkeit beywohnen. Jemanden zu einer Fröhlichkeit bitten. Ihr stolzen goldnen Zeiten Sagt, ob an Fröhlichkeiten Auch diese Zeit euch weichen muß? Haged.


Frohlocken (W3) [Adelung]


Frohlocken, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben zu sich nimmt, eine hohen Grad der Freude so wohl durch die Stimme, als auch durch die Geberden an den Tag legen. Da das alles Volk sahe, frohlocken sie uns fielen aus ihr Antlitz, 3 Mos. 9, 24. Mit ihnen wallen zum Haus Gottes mit Frohlocken und Danken, Ps. 42, 5. Über eines andern Unglück frohlocken. Im Oberdeutschen auch mit der zweyten Endung: Meiner Pein frohlocken, Schleg. welches doch im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. Wohl aber läßt sich in der höhern Schreibart die dritte Endung der Person gebrauchen. Frohlocket dem Herren, Ps. 95, 1. Wie frohlock' ich diesem Tage! Gieseke.

Anm. Ich habe dieses Wort, welches im Holländ. vrolocken lautet, in dem 1514 zu Mainz gedruckten Deutschen Livius zuerst gefunden, wo es frohlocken heißt. Die letzte Hälfte ist noch nicht völlig deutlich. Frisch muthmaßet nicht unwahrscheinlich, daß selbige das veraltete läcken, springen, sey, so daß frohlocken eigentlich vor Freude springen, exultare, bedeutete. Schon bey dem Ulphilas ist laikan so viel als exultare.


Frohn (W3) [Adelung]


* Frohn, -er, -ste, adj. et adv. welches zwar jetzt im Hochdeutschen in dieser Gestalt veraltet ist, aber um den folgenden Ableitungen und Zusammensetzungen willen nicht übergangen werden kann. Es wird überhaupt demjenigen, was gemein, niedrig aber auch privat ist, entgegen gesetzet, und bedeutet, 1) heilig. Diu vrone godis hant, in dem alten Gedichte auf den h. Anno, Kap. 2. Godis zeichin vrone, Kap. 31. Senti Petir dir boto vrone, Kap. 32. O vrone Trinität, Jeroschin. Giscrip frono, die heil. Schrift, Ottfried. Thaz kint frono, ebend. S. Frohnaltar, Frohnleichnam. 2) Berühmt. Dati frono, berühmte, erhabene Thaten, Ottfr. 3) Herrlich, prächtig, schön. Fronisgon bluomen, prächtige Blumen, Ottfr. Fronisgan uin, vortrefflicher Wein, ebend. Zions Fall aufrichten vrone, herrlich, Jeroschin. Bey den Schwäbischen Dichtern bedeutet die Frohne, Pomp, Pracht. 4) Obrigkeitlich, herrschaftlich, dem Herrn gehörig. Daher bedeutete Frohngewalt ehedem die obrigkeitliche Gewalt. Frono Samenunga, dominica congregatio, Notker. Frontag, der Sonntag, dies dominicus, ebend. Selbst Fro, Frau, bezeichnete ehedem einen Herrn, S. Frau

Anm. 1. 5) Öffentlich, im Gegensatze des privaten. In frono, öffentlich, Ottfr. In gesiht frono, vor jedermanns Augen, ebend. Vrono ruago, öffentliches Gewicht, in den Monseeischen Gloss. Frohnambacht, war ehedem ein öffentliches Amt, Frohnkreuz, ein öffentliches Kreuz, als das Zeichen des Landfriedens, Die Frohnfasten, eine öffentliche, allgemeine Fasten u. s. f. Siehe auch viele der folgenden Zusammensetzungen.

Anm. Die Abstammung dieses alten Oberdeutschen Wortes ist bisher noch sehr dunkel und ungewiß gewesen, so viele Ableitungen man auch davon hat; wovon ich nur Frischen anführen will, der es von dem Vorworte vor herleitet. Haltaus hat in seinem Glossario eine neue, und dem Anscheine nach sehr glückliche Ableitung gewagt, welche zugleich das eben so dunkele mittlere Latein. absus und absare sehr schön erläutert. Er behauptet nehmlich, frohn und frohnen sey aus verohn, und verohnen zusammen gesetzet, und bedeutete eigentlich, von dem gemeinen Gebrauche absondern, und zu einem höhern oder öffentlichen Gebrauche widmen; welches man im mittlern Lateine buchstäblich durch absare und absus übersetzte, von der Partikel abs. Den Beweis davon liefert Cäsarius Prumiensis, bey welchem es heißt: Si autem ipsi (mansionarii) ista et alia iura nostra non sideliter peregerint, D. abbas - - - feoda eorum vsque ad condignam satisfactionem debet absare, id est vronen. Und in der Glosse zu dieser Stelle heißt es: Mansi absi sunt, qui non habent cultores, sed Dominus eos habet in sua potestate, qui vulgariter appellantur Wroinde. S. Haltaus Gloss. v. Fron und das Glossar. manuale ad scriptores mediae et infimae Latinit. v. Absus. Sollte diese Abstammung; wenigstens in Betrachtung einiger Bedeutungen dieses Wortes, noch einige Schwierigkeiten haben, so erhellet aus diesen Stellen doch so viel, daß man diese Wörter schon von mehrern Jahrhunderten von ohne abgeleitet, und sie daher im Lat. durch absus und absare übersetzt habe. Wenn sie nicht gefällt, der wird die Ableitung von dem alten Fro, Herr, noch am wahrscheinlichsten finden. S. Frau Aum.


Frohn (W3) [Adelung]


Der Frohn, des -es, plur. die -e, oder des -en, plur. die -en, ein Wort, welches jetzt nur noch an einigen Orten einen Gerichtsdiener bedeutet, welcher die Parteyen vor das Gericht ladet, und an andern Orten der Frohnbothe, oder Gerichtsfrohn genannt wird. Ehedem bedeutete dieses Wort auch einen Richter, in welcher Bedeutung Frane bey den Friesen noch üblich ist. S. Erbfrohn und das vorige.


Frohnacker (W3) [Adelung]


Der Frohnacker, des -s, plur. die -äcker, ein Acker, von welchem man dem Grundherren Frohndienste zu leisten schuldig ist.


Frohnaltar (W3) [Adelung]


Der Frohnaltar, des -es, plur. die -altäre, ein noch im Oberdeutschen übliches Wort, dem hohen Altar zu bezeichnen; von frohn, heilig.


Frohnamt (W3) [Adelung]


Das Frohnamt, des -s, plur. die -ämter. 1) In Oberdeutschen, das hohe Amt in dem Gottesdienste der Römischen Kirche; von frohn, heilig. 2) Ehedem ein jedes öffentliches Amt; von frohn, öffentlich. 3) Ein ehemahliges Erbamt des Erzbisthumes Bremen, dessen Besitzer im Nahmen des Erzbischofes Recht sprach; von Frohn, ein Richter.


Frohnarbeit (W3) [Adelung]


Die Frohnarbeit, plur. die -en, eine Arbeit, welche zur Frohne, als eine Frohne geschiehet.


Frohnarbeiter (W3) [Adelung]


Der Frohnarbeiter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Arbeiter, welcher zur Frohne arbeitet.


Frohnbar (W3) [Adelung]


Frohnbar, adj. et adv. zu Frohndiensten verbunden. Frohnbare Unterthanen. Frohnbare Äcker, von welchem Frohndienste geleistet werden müssen, Frohnäcker. Daher die Frohnbarkeit. S. Frohnpflichtig.


Frohnbauer (W3) [Adelung]


Frohnbauer, des -n, plur. die -n, ein Bauer, welcher zu Frohndiensten verpflichtet ist; zum Unterschiede von einem Freybauern.


Frohnbothe (W3) [Adelung]


Der Frohnbothe, des -n, plur. die -n, an einigen Orten, der Gerichtsdiener, welcher die obrigkeitlichen Befehle überbringet, die Parteyen vor Gericht ladet u. s. f. Siehe der Frohn. Von frohn, öffentlich, ein öffentlicher Bothe oder Diener. Im Schwabenspiegel wird auch der Henker Fronboth genannt. So fern frohn heilig, erhaben, vorzüglich, bedeutet, ist frono boto bey dem Ottfried ein Engel, bey andern aber ein Gesandter vom ersten Range, ein Ambassadeur.


Frohnbrot (W3) [Adelung]


Das Frohnbrot, des -es, plur. inus. dasjenige Brot, welches an einigen Orten den Bauern bey den Frohndiensten von der Frohnherrschaft gereichet wird.


Frohnbürger (W3) [Adelung]


Der Frohnbürger, des -s, plur. ut nom. sing. eigentlich, ein Bürger, welcher der Stadt, oder einer Anstalt in derselben umsonst, oder zur Frohne arbeiten muß. Dieses Wort ist besonders bey den Schlössern üblich, wo Frohnbürger, oder nach einer schlechten Aussprache Frohnberger, einen Schlösser, der schlechte Arbeit macht, und Frohnbürgersarbeit schlechte Arbeit bedeutet. Ja an einigen Orten pflegen sie auch alle Großuhrmacher, Büchsenmacher und Windenmacher, ob sie gleich mit ihnen halten, Frohnbürger zu nennen.


Frohndienst (W3) [Adelung]


Der Frohndienst, des -es, plur. die -e, Dienste, welche Unterthanen der Obrigkeit umsonst, oder doch gegen einen geringen Lohn zu leisten verbunden sind; Zwangdienste, Herrendienste, Hofdienste, in der Oberpfalz Tagedienste, im Österr. Robathen und Grunddienste, in Baiern Scharwerke. Gemessene Frohndienste, welche an gewisse Zeit und Arbeit gebunden sind; ungemessene, wenn sie nach der Willkühr der Frohnherrschaft geleistet werden müssen.


Frohne (W3) [Adelung]


Die Frohne, plur. die -n. 1) Wie das vorige Dienste, welche Unterthanen ihrer Herrschaft umsonst, oder doch gegen einen geringen Lohn zu leisten verbunden sind. Etwas zur Frohne thun, d. i. als eine Frohne. Daher Baufrohnen, Jagdfrohnen, Forstfrohnen, Ackerfrohnen, u. s. f. Dienste, welche bey einem Baue, auf der Jagd, in den Forsten u. s. f. geleistet werden. 2) In einigen Oberdeutschen Gegenden auch in weitern Verstande, andere Arten der Verbindlichkeit. So wird in den Tyrolischen Bergwerken der Zehnte auch die Frohne genannt. S. Frohnen. Anm. In einigen Gegenden lautet dieses Wort auch die Fröhne. In andern hat es im Plural die Fröhne.


Fröhnen (W3) [Adelung]


Fröhnen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist. I. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben, Frohnen oder Frohndienste leisten. Zu Hofe fröhnen. So gehet nun hin und fröhnet, 2 Mos. 5, 18. Einem fröhnen, auch in weiterer Bedeutung, ihm umsonst dienen, im verächtlichen Verstande. In Baiern ist statt dieses Zeitwortes scharwerken, in Österreich robathen, in Niedersachsen aber dienen, zu Hofe dienen, üblich. In weiterer Bedeutung ist es auf dem Lande oft so viel, als Handdienste verrichten. II. * Als ein Activum, in welcher Gestalt es doch nur im Oberdeutschen vorkommt, Arrest auf etwas legen, Execution auf etwas verlangen und thun. Ein Zinsgut fröhnen, um die Execution anhalten; ingleichen die Execution in demselben thun. Uf suuelchem gut der Rihter sin geuuett nit vindet, daz ez so klain ist, so sol der fronbot ain crütz uff daz tor stecken oder vf daz huse und sol ez damit froenen, Schwabensp. Kap. 201. Daher heißt in Elsaß die Execution noch jetzt die Frönde, und Concursus creditorum die öffentliche Fröhnung.

Anm. Zuweilen lautet dieses Wort frohnen, am häufigsten oder doch fröhnen; woraus zugleich erhellet, daß es von dem Hauptworte Frohne, nicht aber dieses von dem Zeitworte abstammet. Ehedem bedeutete frohnen auch befördern, erheben. Er ward zu Kaiser gevronit und kaiserlich geerönit, Jeroschin.


Fröhner (W3) [Adelung]


Der Fröhner, des -s, plur. ut nom. sing. 1. Von dem Neutro fröhnen, ein Unterthan, der zu Frohndiensten verbunden ist, oder solche wirklich leistet; ehedem Dageward, in Österreich Robather, in Baiern Scharwerker. Daher ein Fröhnerhäuschen, ein Häuschen, welches von Tagelöhnern bewohnet wird, welche dafür dem Eigenthümer fröhnen müssen. S. Rittermann. 2. * Von dem Activo fröhnen. 1) Ein Gläubiger, welcher die Execution in des Schuldners Güter erhalten hat; doch nur in einigen Oberdeutschen Gegenden. Der Vorfröhner, der erste und vornehmste Gläubiger. Der Nachfröhner, der auf ihn folget. 2) In den Tirolischen Bergwerken ist Fröhner so viel als Zehnter.


Fröhnerey (W3) [Adelung]


Die Fröhnerey, plur. die -en, an einigen Orten, z. B. in Braunschweig, das Gefängniß, die Bütteley. S. Frohnfeste.


Frohnfasten (W3) [Adelung]


Die Frohnfasten, sing. inus. im Oberdeutschen, die allgemeine vierteljährige Fasten, wozu in der Römischen Kirche jedermann verbunden ist, und welche unter dem Nahmen der Quatember am bekanntesten ist.


Frohnfeste (W3) [Adelung]


Die Frohnfeste, plur. die -n, an einigen Orten, das öffentliche Gefängniß, die Bütteley, Fröhnerey; von Feste, ein fester Ort, und frohn, öffentlich, obrigkeitlich.


Frohnfuhre (W3) [Adelung]


Die Frohnfuhre, plur. die -n, eine Fuhre, welche zur Frohne geschiehet; Dienstfuhre.


Frohngeld (W3) [Adelung]


Das Frohngeld, des -es, plur. von mehrern Summen dieser Art, die -er, Geld, welches statt der schuldigen Frohnen bezahlet wird; der Frohnpfennig, in Niedersachsen Dienstgeld, in Österreich Robathgeld. Ein altes Glossarium bey dem Eckard de reb. Franc. Th. 2, verstehet unter Frohngeld den öffentlichen Schatz, Fiscum.


Frohngewicht (W3) [Adelung]


Das Frohngewicht, des -es, plur. die -e, in Augsburg, das große Gewicht, wovon das Pfund 1 Loth und 1 Quent schwerer ist als das Kramergewicht. S. Frohn 5.


Frohngut (W3) [Adelung]


Das Frohngut, des -es, plur. die -güter, ein Gut, auf welchem Frohndienste haften.


Frohnhäusler (W3) [Adelung]


Der Frohnhäusler, des -s, plur. ut nom. sing. Ein Häusler, welcher Frohndienste zu leisten hat.


Frohnherr (W3) [Adelung]


Der Frohnherr, des -en, plur. die -en, ein Herr, welcher Frohnen von seinen Unterthanen zu fordern berechtiget ist; die Frohnherrschaft, plur. die -en, in eben dieser Bedeutung.


Frohnhof (W3) [Adelung]


Der Frohnhof, des -es, plur. die -höfe. 1) Ein Hof, auf welchem Frohndienste haften. 2) * Ein Hof, aus welchem eine Kirche, Kloster u. s. f. gestiftet ist, Seelhof, Widumshof, Heiligenhof; doch nur noch an einigen Oberdeutschen Orten, von frohn, heilig. 3) * Ehedem wurden auch die Königshöfe, Pfalzhöfe, ingleichen Rathhäuser und Gerichthöfe Frohnhöfe genannt; von frohn, öffentlich, obrigkeitlich.


Frohnhufe (W3) [Adelung]


Die Frohnhufe, plur. die -n, eine Hufe, auf welcher Frohndienste haften.


Frohnkäse (W3) [Adelung]


Der Frohnkäse, des -s, plur. ut nom. sing. Käse, welcher den Fröhnern an einigen Orten bey der Frohnarbeit von dem Frohnherren gereichet wird.


Frohnkorn (W3) [Adelung]


Das Frohnkorn, des -es, plur. inus. Korn, welches an einigen Orten die Fröhner für die Frohndienste von der Herrschaft erhalten.


Frohnleichnam (W3) [Adelung]


Der Frohnleichnam, des -es, plur. inus. der heil. Leichnam Christi, ein Ausdruck, welcher noch in der Römischen Kirche von dem Leibe Christi im Abendmahle gebraucht wird; in den gemeinen Mundarten Thüringens Barlichen. Daher das Frohnleichnamsfest, welches zur Ehre des Leides Christi von Urban dem IV. im Jahre 1252 angeordnet worden; in Baiern der Antlaß, für Ablaß, an andern Orten der heil. Blutstag, Festum Corporis Christi.


Frohnloch (W3) [Adelung]


Das Frohnloch, des -es, plur. die -löcher, an einigen Orten die nächsten Nebenlöcher nach dem Sechloche in dem Grängel eines Pfluges; die Lohnlöcher, Herrenlöcher. S. das letztere.


Frohnpfennig (W3) [Adelung]


Der Frohnpfennig, des, -es, plur. die -e, S. Frohngeld.


Frohnpflichtig (W3) [Adelung]


Frohnpflichtig, adj. et adv. zu Frohndiensten verpflichtet, frohnbar. Daher die Frohnpflichtigkeit.


Frohnrecht (W3) [Adelung]


Das Frohnrecht, des -es, plur. die -e, an einigen Oberdeutschen Orten, das gemeine Stadtrecht, das Weichbild; von frohn, öffentlich.


Frohnregister (W3) [Adelung]


Das Frohnregister, des -s, plur. ut nom. sing. das Register über die von den Unterthanen schuldigen Frohndienste.


Frohnsohle (W3) [Adelung]


Die Frohnsohle, plur. inus. bey dem Salzwerke zu Halle, diejenige Sohle, welche, bey dem Mangel anderer Einkünfte, den Pfännern um einen gesetzten Werth zum Besten des Thales verkauft wird, und weiche jetzt am häufigsten Kaufsohle heißt; die Fröhnung.


Frohntag (W3) [Adelung]


Der Frohntag, des -es, plur. die -e, ein Tag, an welchem ein Unterthan zu fröhnen verbunden ist.


Frohntanz (W3) [Adelung]


Der Frohntanz, des -es, plur. die -tänze, ein Tanz, der zur Frohne verrichtet wird. Einen solchen Frohntanz müssen die Dorfschaften um das Städtchen Langenberg am dritten Pfingsttage, bey einem neuen Schock Strafe verrichten.


Frohnvogt (W3) [Adelung]


Der Frohnvogt, des -es, plur. die -vögte, ein Vogt oder Aufseher, welcher über die Fröhner gesetzt ist. Und man setzte Frohnvögte über sie, die sie mit schweren Dienst drucken sollten, 2 Mos. 1, 11.


Frohnzins (W3) [Adelung]


Der Frohnzins, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, z. B. in der Quedlinburgischen Vogtey, eine Benennung der Rutscherzinse; S. dieses Wort.


Frohsinn (W3) [Adelung]


Der Frohsinn, des -es, plur. car. froher Sinn, frohe Gemüthsstellung.


Fromm (W3) [Adelung]


Fromm, frömmer, frömmste, adj. et adv. welches von den ältesten Zeiten an, in einen vielfachen Verstande gebraucht worden. 1) * Stark, heftig; eine veraltete Bedeutung. Ein frumer Slach, ein heftiger Schlag, in den alten Gedichte auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter. 2) * Tapfer, herzhaft; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, in welcher dieses Wort ehedem ein gewöhnlicher Titel der Ritter und edlen Knechte war, ehe derselbe von den Wörtern vest und mannhaft verdränget wurde. Er (Hector) was der fumeste und küneste Heilt der ie geboren war, Königshov. Chron. Kap. 1. Der Bischof streit uf denselben Tag also ein frommer Ritter, ebend. Kap. 4. Noch zu Anfange des vorigen Jahrhundertes findet man die Titel: der ehrenfeste und fromme Ritter u. s. f. Auch die Eidgenossen bekamen ehedem von andern Mächten den Titel fromm. Das Angels. fraam, Isländ. framur, und Schwed. from, haben eben dieselbe Bedeutung. 3) * Nützlich, brauchbar; welche Bedeutung gleichfalls nicht mehr üblich ist. Frum, nützlich, bey dem Ottfried. Keine vrome Frucht, Elucid. Mst. beym Frisch. S. Fromme. 4) Abgeneigt, andern Böses oder Schaden zuzufügen, in der Sprache des täglichen Umganges. Ein frommes Pferd. Das Thier ist sehr fromm. Es ist so fromm, wie ein Lamm. Ein frommes Schaf nennt man in gemeinen Leben einen Menschen, der aus Einfalt niemanden Böses thut. 5) Wohl gesittet, artig, am häufigsten von Kindern. Ein frommes Kind. Die Kinder sind fromm gewesen, haben sich fromm aufgeführt. 6) Rechtschaffen, fertig seine Pflichten gegen andere willig zu erfüllen; eine im Hochdeutschen ungewöhnlich gewordene Bedeutung, ob sie gleich in der Deutschen Bibel nicht selten ist. Meinest du, daß dem Allmächtigen gefalle, daß du dich so fromm machest? Hiob 22, 3; fragt der Allerhöchste darnach, wenn du gerecht bist? in Michael. Übers. Die Frommen verwirft Gott nicht, Kap. 8, 20; Gott wird den Redlichen nicht verwerfen, Michael. Eine fromme Frau, Sir. 7, 21. Ein frommer Knecht, V. 23. Matth. 25, 21, 23. Und so in andern Stellen mehr. In einem vorzüglichen Verstande heißt 5 Mos. 32, 4, und in andern Stellen auch Gott fromm. 7) Unschuldig; rein von Verbrechen und groben Fehlern. So du rein und fromm bist, Hiob, 8, 6; wenn du rein und unschuldig bist, Michael. Er bringet um, beyde den Frommen und den Gottlosen, Kap. 9, 22; schuldige und unschuldige straft er, Michael. Wie rein nahm da mein Gemüth jeden frommen Eindruck auf! Hermes. Sein ehrlich fromm Gesicht, sein heilig graues Haar, Gell. Dir schmückt das fromme Mädchen sich Bey seinem Morgenliede, Raml. 8) Gütig, mitleidig. Frommer Gott! Ein frommer Herr, in gemeinen Leben. In frommer Begeisterung nahm er jetzt die Leyer von der Wand, Geßn. Er liest, und eine fromme Zähre Fließt von des Helden Angesicht, Gell. 9) Gottesfürchtig, der alle seine Handlungen zur Ehre des von ihm erkannten Gottes einrichtet, und in dieser Gesinnung gegründet. Ein frommer Mann. Ein frommes Leben führen. Den Frommen wird kein Gutes mangeln, Pf. 84, 12; und so in andern Stellen mehr. Er that es aus frommen Eifer, nicht frommen, welches um der vielen m willen den Wohlklang beleidigen würde. Ein frommer Gedanke. Ein frommer Wunsch. Ein frommer Betrug, da man sich oder andere aus frommer Absicht hintergehet. In den neuern Zeiten sind die so genannten Pietisten bey dem großen Haufen unter dem Nahmen der Frommen bekannt geworden, und seit dieser Zeit hat dieses Wort, als ein Hauptwort gebraucht, einen verächtlichen Nebenbegriff bekommen, indem man darunter oft nur einen Heuchler verstehet.

Anm. In der letzten Bedeutung kommt es wohl in dem alten Gedichte auf den heil. Anno am ersten vor, wo sich der Superlat. vrumigist in dieser Bedeutung findet. Kero gebraucht für pius mehrmahls erhaf, und für Impietas Erlosida. Im Nieders. lautet dieses Wort in den meisten Bedeutungen framm, im Dän. from, und bey den Krainerischen Wenden brumne. Die Abstammung ist noch dunkel. Wachter leitet es in der 1sten und 2ten Bedeutung von ram, stark, tapfer, Frisch von probus, Ihre aber von der alten Partikel fram, fern, weit, sehr, groß, her, wovon im Schwed. främja befördern bedeutet, und welche auch bey den alten Oberdeutschen Schriftstellern sehr häufig vorkommt. Bey eben denselben findet sich auch das Zeitwort fruman, machen; hervor bringen, Goth. framban, Angels. fremman, Engl. to frame, wovon vermuthlich das noch in der Oberpfalz übliche aufremmen, bestellen, andingen, herstammet. Sich ein Paar Schuh aufremmen, bestellen.


Frömmeln (W3) [Adelung]


Frömmeln, verb. reg. neutr. mit haben, sich von außen fromm, d. i. gottesfürchtig, andächtig, stellen, ohne zu seyn. Daher die Frömmeley, diese verstellte Frömmigkeit.


Frommen (W3) [Adelung]


Das Frommen, des -s, plur. inus. der Nutzen; ein im Hochdeutschen veraltetes Wort. Sie merket, wie ihr Handel Frommen bringet, Sprichw. 31, 18. Wenn ich meine Ergötzlichkeit deinem Frommen nachsetzen will, Opitz. Alles dient zu deinem frommen, Gryph.

Anm. Ottfried gebraucht Fruma im weiblichen Geschlechte sowohl für Frucht, Feldfrucht, als auch für ein jedes Gut, für Nutzen, Glückseligkeit, u. s. f. Vnfroma ist daher bey ihm und andern, der Schade. Auch im Schwed. ist Fromma Nutzen. S. Fromm 3.


Frommen (W3) [Adelung]


Frommen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Nutzen, Vortheil bringen; ein Wort, welches im Hochdeutschen gleichfalls ungewöhnlich geworden ist. Das wird euch frommen, Weish. 6, 27. Es frommet dir nicht, daß du gaffest nach dem, das dir nicht befohlen ist, Sir. 3, 23. Was kann er (der Mensch) frommen oder Schaden thun? Kap. 18, 7. Al der werlte hort Vns an ir trost ze nihte frumt, Reinmar der Alte. Oba sie thaz grifrumitin, ob ihnen das nützlich wäre, Ottfried. Im Angels. lautet es framan. im Dän. fromme. S. Fromm 3.


Frömmigkeit (W3) [Adelung]


Die Frömmigkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da eine Person oder Sache fromm ist, ehedem in den meisten Bedeutungen dieses Beywortes. 1) * Für Tapferkeit, in welchem nunmehr ver- alteten Verstande Frumekait, Frumkeit, Frömkeit, Fromigkeit, bey den ältern Schriftstellern mehrmahls vorkommen. 2) * Nutzbarkeit; bey dem Willeram Frumicheit, gleichfalls veraltet. 3) * Redlichkeit, Rechtschaffenheit. So wäge man mich auf rechter Wage, so wird Gott erfahren meine Frömmigkeit Hiob. 31, 6; aber Gott kennet meine Redlichkeit, nach der Michael. Übersetzung. 4) * Unschuld. Bis daß mein Ende kommt, will ich nicht weichen von meiner Frömmigkeit, Kap. 27, 5; ich will meine Unschuld mir nicht ansprechen, Michael. Alle diese Bedeutungen sind im Hochdeutschen veraltet, wo man das Wort, 5) nur noch in der 9ten Bedeutung des Beywortes gebraucht, nehmlich von der Fertigkeit seine Handlungen zu Gottes Ehre einzurichten.

Anm. Dieses Wort stammet zunächst von dem veralteten Bey- und Nebenworte frommig, frumich her, welches noch in einem alten Deutschen Gedichte in Eckards Scriptor. Th. 2, S. 1404, für tapfer vorkommt.


Frömmling (W3) [Adelung]


Der Frömmling, des -s, plur. die -e, ein neues, aber glücklich gebildetes Wort, einen Menschen zu bezeichnen, der sich fromm oder gottesfürchtig stellet, einen Heuchler. S. -Ling.


Fron (W3) [Adelung]


Fron, u. s. f. S. Frohn.


Fronte (W3) [Adelung]


Die Fronte, plur. die -n, aus dem Franz. Fronte, der Vordertheil vorschiedener Körper. Die Fronte eines Gebäudes. Die Fronte einer Armee, die vorderste Linie, zum Unterschiede von dem Rücken und den Flügeln. Fronte gegen etwas machen, in dem Kriegswesen, sich mit der Fronte gegen etwas wenden. Bey den Perrückenmachern ist die Fronte der Theil einer Perrücke oder Haarkrause, welcher die Stirn umgibt.


Frosch (W3) [Adelung]


1. Der Frosch, des -es, plur. die Frösche, Diminut. das Fröschen, Oberd. Fröschlein, Fröschel, ein nacktes und ungeschwänztes Amphibium mit vier Füßen, welches einen flachen etwas eckigen Rücken hat, im Frühlinge im Wasser und im Sommer auf dem Lande lebt; Rana Temporaria L. Batrachus Rana Klein. S. Baumfrosch, Laubfrosch, Wasserfrosch u. s. f. Er brüstet sich, wie ein Frosch im Mondscheine. Das Quaken der Frösche hat Brockes, wie vor ihm schon Aristophanes, durch Wreckekeks nachzuahmen gesucht.

Anm. Dieses Thier heißt schon bey dem Notker Frosg, in den Monseeischen Glossen Frosk, im Schwed. Fro, im Isländ. Freia, im Angels. Frogga, Frocca, Frox, im Holl. Vorsch, im Norweg. Fröer, im Dän. Froe, Frosk, im Engl. Frog, im Wallach. Broaska, und im mittlern Latein. Bruscus. Dieses letztere ist, dem Frisch zu Folge, zugleich das Stammwort des Deutschen, und Bruscus leitet er von Ruscus, Mausedorn, her, weil sich die Frösche gern unter diesem Strauche aufhalten sollen, so wie sie aus einer ähnlichen Ursache Rubetae, von Rubus, Brommbeerstaude, genannt werden. Ihre leitet Frosch von dem Schwed. Frö, der Samen her, weil diese Thiere sehr vielen Leich oder Samen legen, der im Franz. Frie, und im Engl. Fray genannt wird. Wenn dieser Umstand diese Ableitung nicht überwiegend wahrscheinlich machte, so würde friesen, frieren, frisch, vielleicht Anspruch auf die Verwandtschaft machen können, weil dieses Thier sehr kalt anzufühlen ist. Im Nieders. heißt es Pogge, Padde, und im Scherze Aderjaan, bey dem Pictor. Hopzer, im Angels. Gaersthop, Grashüpfer, und in Schonen Korngrodor.


Frosch (W3) [Adelung]


2. Der Frosch, des -s, plur. die Frösche, Diminut. das Fröschchen, Oberd. Fröschlein, ein Nahme, der verschiedenen Arten von Erhöhungen oder ihnen ähnlichen Theilen beygeleget wird. 1) Einer Krankheit am Kopfe der Pferde, wobey der Gaumen um die Vorderzähne schwillet, so daß er über die Zähne hervor tritt. Auch kleine fehlerhafte Höcker unter der Zunge der Pferde und des Rindviehes, welche zu schwarzen Bäulen werden, ingleichen die harte Haut der innern Lefzen an den Pferden, welche von dem Drucke scharfer Mundstücke entstehet, führen den Nahmen des Frosches. Auch die Kindern, eine Geschwulst des Häutchens unter der Zunge, wodurch das Sprechen und Schlucken gehindert wird. Udus wird gewiß den Frosch unter seiner Zunge haben, Den er immer fort und fort muß mit etwas Nassem laben, Logau. 2) Einem Ansatze von Holz an der Malzdarre. Bey den Böttchern, was an den Dauben über dem Boden heraus gehet, und sonst auch die Kimme genannt wird. An einem Violinbogen, ein hervor stehendes Stückchen Holz, welches unten eine Schraube hat, die Haare vermittelst desselben zu spannen. An den Tücherpressen, eine eichene Bohle mit einer stählernen Platte, in deren Pfanne die Spitze der Spindel spielet. Im Bergbaue, kleine Stücke gezimmertes Holz, welche in das Gestein eingemeißelt werden, die Fahrten daran zu befestigen, und bey andern Handwerken Döbel heißen.

Anm. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß alle diese verschiedenen Bedeutungen bloße Figuren von dem Frosche aus dem Thierreiche seyn sollten; ein Vorgeben, welches der Sprachähnlichkeit zuwider ist. Es ist viel mehr glaublicher, daß Frosch ehedem auch eine jede Erhöhung bedeutet habe, und alsdann würde es zu dem Oberd. Brosse, Knospe, Bries, eine Drüse, zu dem Schwed. Brusk, ein Knorpel, dem Ital. Brozze, Broggie, Finnen, vielleicht auch zu Brust gehören. Im Nieders. ist Brausch und Brüsch eine Bäule, im Ital. Brusciolo, und im mittlern Lat. Brusciolus, ein Schwären, Fraschissa oder Fraschissum aber vermuthlich eine Handhabe. F. und b gehen in allen Sprachen sehr leicht in einander über.


Frosch (W3) [Adelung]


3. Der Frosch, des -es, plur. die Frösche, Diminut. das Fröschchen, Oberd. Fröschlein, in der Landwirthschaft einiger Gegenden, z. B. im Anhältischen, ein Arm voll abgeschnittener Halme, deren etliche eine Garbe ausmachen. In Zeiz, wo man deren vier auf eine Garbe rechnet, heißt ein solcher Frosch eine Gans.

Anm. Auch dieses scheinet ein einiges und von dem vorigen ganz verschiedenes Wort zu seyn, welches eigentlich ein Büschel bedeutet. Im Ital. und mittlern Lat. ist Frascha, Frasca, ein Bündel Baumzweige, ingleichen ein Strauch, Frossa und Froza ein Bündel, Büschel, und Bruscus, Franz. Brusc, ein Dornstrauch, Mäusedorn, bey den Römern Ruscus.


Froschader (W3) [Adelung]


Die Froschader, plur. die -n, eine Ader unter der Zunge, entweder weil sie aufschwillet, wenn man den Hals ein wenig fest bindet, oder auch, weil man sie in der Zungenkrankheit, welche unter dem Nahmen des Frosches bekannt ist, zu öffnen pflegte.


Froschbiß (W3) [Adelung]


Der Froschbiß, des -sses, plur. inus. eine Pflanze, welche in den Europäischen lehmigen Wassergräben wächset; Hydrocharis L. bey den ältern Kräuterkundigen Morsus Ranae, wornach auch der Deutsche Nahme gebildet worden.


Froschbogen (W3) [Adelung]


Der Froschbogen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Froschschnepper.


Froschdistel (W3) [Adelung]


Die Froschdistel, plur. die -n, S. Mariendistel.


Fröschelring (W3) [Adelung]


Der Fröschelring, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, ein eiserner Ring, welcher an einen Ansteckkeil gelegt wird.


Fröschen (W3) [Adelung]


Fröschen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Frösche fangen, in gemeinen Leben. Fröschen gehen.


Froschgeyer (W3) [Adelung]


Der Froschgeyer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Geyer, welche sich vornehmlich von Fröschen nähret. Siehe Moosgeyer.


Froschleich (W3) [Adelung]


Das Froschleich, des -es, plur. inus. das Leich der Frösche, d. i. ihre in einem Schleime eingeschlossenen Eyer; in Franken das Froschgerück, im Dän. Froeleg, im Nieders. Poggenschott, Poggenkuller, Poggenraff. Daher Froschleichpflas=ter, oder die Froschleichsalbe, ein aus diesem Leiche verfertigtes Pflas=ter; Nieders. Boltensalbe, weil es in Bolzen oder runden Stangen verkauft wird.


Fröschling (W3) [Adelung]


Fröschling, S. Frischling.


Froschlöffel (W3) [Adelung]


Der Froschlöffel, des -s, plur. inus. eine Benennung des Wasserwegerichs oder Wohlverley, Alisma L. welches an dem Ufer der Flüsse und Seen wächset, und von den Fröschen fleißig besucht wird. S. Wohlverley.


Froschöhl (W3) [Adelung]


Das Froschöhl, des -es, plur. inus. in den Apotheken, ein Öhl, in welchem Frösche gesotten worden, und welches in Krebsschäden gebraucht wird.


Froschsattel (W3) [Adelung]


Der Froschsattel, des -s, plur. die -sättel, eine Art Sättel ohne After, hinten und vorn mit kleinen Bäuschen von sämisch garem Leder oder von Hirschleder.


Froschschnepper (W3) [Adelung]


Der Froschschnepper, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schnepper, oder kleine Armbrust, Frösche damit zu schießen; der Froschbogen.


Froschstein (W3) [Adelung]


Der Froschstein, S. Krötenstein und Schlangenauge.


Froschwurm (W3) [Adelung]


Der Froschwurm, des -es, plur. die -würmer, im gemeinen Leben, eine Benennung der jungen Frösche, so lange sie noch Schwänze haben; Kaulfröschchen, Froschbrut, Nieders. Külpoggen.


Frost (W3) [Adelung]


Der Frost, des -es, plur. die Fröste. 1. Eine strenge Kälte, bey welcher die flüssigen Körper ihrer Flüssigkeit beraubt werden; im Gegensatze der Hitze. 1) Eigentlich. Der Frost schadet dem Getreide. Die Gewächse haben bey dem heftigen Froste viel gelitten. Ein mehrmahliger Eintritt dieser Kälte leidet auch den Plural. Die späten Fröste haben vielen Schaden angerichtet. Die Mayfröste sind alle Mahl schädlich. Wenn Nachtfröste einfallen. Lilien und Jasmin, Die auch bey den Frösten nicht verwelken, Günth. 2) Figürlich, in den schönen Wissenschaften, die verfehlte Lebhaftigkeit, im Gegensatze des Feurigen. Ein Gedicht, welches voller Frost ist. 2. Die Empfindung der Kälte; ohne Plural. Frost leiden, für frieren. Sich vor dem Frost verwahren. Frost und Hitze wechseln im Fieber mit einander ab. Der Fieberfrost. Ich kann mich vor Frost nicht lassen. 3. Gefrorne oder erfrorne Körper, in einigen Fällen; auch ohne Plural. In den Frost bohren, in die gefrorne Erde. Ein Pflas=ter für den Frost in den Füßen, für die erfrornen Theile der selben.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Ottfried und Notker Frost, Froste und Frosti, im Nieders. Frost, im Holländ. Vrost und Vorst, im Dän. Schwed. und Engl. Frost, im Angels. Frost und Forst, bey den Krainerischen Wenden Mres. Es stammet von dem noch in einigen Gegenden üblichen Zeitworte friesen, fresen, frieren, her, und war ehedem auch als ein Beywort üblich Vuanta frost was, wenn es kalt war, im Tatian. Siehe Frieren.


Frostbäule (W3) [Adelung]


Die Frostbäule, plur. die -n, eine Art der Geschwulst an den äußern Theilen des menschlichen Körpers. welche durch eine plötzliche Abwechslung großer Hitze und großer Kälte entstehet, und Hitze, Schmerz und Jucken verursacht. Frostbäulen an Händen und Füßen haben.


Frostbohrer (W3) [Adelung]


Der Frostbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bohrer, bey hartem Froste Löcher in die Erde zu bohren.


Frösteln (W3) [Adelung]


Frösteln, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben bekommt und nur unpersönlich gebraucht wird, ein wenig Kälte empfinden. Mich fröstelt. Der Anstoß wandelt mich mit einem Frösteln an, Günth.


Frostig (W3) [Adelung]


Frostig, -er, -ste, adj. et adv. 1. Was Frost, d. i. Empfindung der Kälte erwecket, kalt. 1) Eigentlich, im gemeinen Leben. Es ist frostiges Wetter. Der Anfang des Jahres war sehr frostig, kalt. 2) Figürlich. Ein frostiges äußerliches Bezeigen, ein gleichgültiges kaltes Betragen. Er machte mir darüber ein sehr frostiges Compliment. Bey diesen frostigen Leuten sind wir nichts nütze, Gell. bey diesen gleichgültigen Leuten ohne Empfindungen, ohne Leidenschaften. Ingleichen in den schönen Wissenschaften. Ein frostiger Scherz, im Gegensatze des lebhaften. Ein frostiges Gemählde, welches keine warmen Empfindungen erreget, weil das Feuer der Einbildungskraft bey dem Künstler erloschen ist. Ein frostiger Witz. 2. Fähig, leicht Kälte zu empfinden. Ein frostiger Mensch, den leicht frieret, der bey der geringsten Kälte empfindlich ist. Einen solchen Menschen pflegt man auch wohl einen Fröstler, einen Fröstling, und in Nieders. einen Frostkötel zu nennen. So auch die Frostigkeit.


Fröstler (W3) [Adelung]


Der Fröstler, des -s, plur. ut nom. sing. S. das vorige.


Fröstling (W3) [Adelung]


Der Fröstling, des -es, plur. die -e, S. eben daselbst.


Frostrauch (W3) [Adelung]


Der Frostrauch, des -es, plur. car. die bey starkem Froste verdickten Dünste in der Luft, besonders in den nördlichen Gegenden; der Eisnebel.


Frostsalbe (W3) [Adelung]


Die Frostsalbe, plur. von mehreren Arten, die -n, eine Salbe wider den Frost in den Gliedern.


Frostwetter (W3) [Adelung]


Das Frostwetter, des -s, plur. inus. Wetter, bey welchem es frieret. Es ist Frostwetter eingefallen. S. Frost 1.


Fruchtast (W3) [Adelung]


Der Fruchtast, des -es, plur. die -äste, derjenige Ast eines Obstbaumes, an welchem sich Früchte befinden; zum Unterschiede von den Holz- und Wasserästen.


Fruchtauge (W3) [Adelung]


Das Fruchtauge, des -s, plur. die -n, S. Fruchtknospe.


Fruchtbalg (W3) [Adelung]


Der Fruchtbalg, des -es, plur. die -bälge, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, diejenige Art des Samengehäuses an den Pflanzen, welche sich nur durch einen Schlitz an der Seite öffnet, Follicula L.


Fruchtband (W3) [Adelung]


Das Fruchtband, des -es, plur. die -bänder, S. Fruchtschnur.


Fruchtbar (W3) [Adelung]


Fruchtbar, -er, -ste, adj. et adv. 1) Frucht bringend, in allen Bedeutungen des Hauptwortes. Fruchtbare Bäume, im Gegensatze der unfruchtbaren. Ein fruchtbarer Boden, ein fruchtbares Erdreich. Ingleichen, viele Frucht bringend. Einen Acker, ein Feld fruchtbar machen. Ein fruchtbares Ehepaar, welches viele Kinder zeuget. Die Kaninchen, die Tauben sind sehr fruchtbar, bringen oft und viele Jungen. Fruchtbares Holz, welches Mastung abwirft, im Gegensatze des unfruchtbaren. Nach einer noch weitern Figur wird dieses Wort auch von Vorstellungen, Begriffen u. s. f. gebraucht, wenn sie zu vielen andern Vorstellungen und Begriffen Stoff und Gelegenheit geben. Ein fruchtbarer Gedanke. Ein fruchtbarer Begriff. Eine fruchtbare Einbildungskraft, welche viele Vorstellungen hervor bringet. 2) Die Fruchtbarkeit im Pflanzenreiche befördernd. Ein fruchtbarer Regen. Fruchtbare Witterung. Ein fruchtbares Jahr, in welchem wegen der fruchtbaren Witterung viele Früchte wachsen. Fruchtbare Zeiten.

Anm. Statt dieses Wortes kommt bey den ältern Oberdeutschen Schriftstellern fruchtig, birig, berig, berhaft, trächtig u. s. f. vor, welches letztere noch im Oberd. für fruchtbar gebraucht wird.


Fruchtbarkeit (W3) [Adelung]


Die Fruchtbarkeit, plur. inus. die Eigenschaft eines Dinges, nach welcher es fruchtbar ist, in allen Bedeutungen dieses Wortes. Die Fruchtbarkeit des Bodens, eines Baumes, eines Gedankens, der Einbildungskraft u. s. f. Im Oberd. ehedem auch Fruchtigkeit.


Fruchtbarlich (W3) [Adelung]


* Fruchtbarlich, ein im Hochdeutschen veraltetes Oberdeutsches Nebenwort, für fruchtbar.


Fruchtbaum (W3) [Adelung]


Der Fruchtbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Obstbaum, ein Baum, welcher Früchte in engerm Verstande bringet. S. Frucht 1 2) (b).


Fruchtboden (W3) [Adelung]


Der Fruchtboden, des -s, plur. die -böden. 1) In der Landwirthschaft, ein Boden, auf welchem die Frucht, d. i. das Getreide verwahret wird; ein Kornboden. 2) Bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, der Boden, d. i. die unterste Fläche, der eigentlichen Blume, auf welcher sich die Frucht erzeuget.


Fruchtbringend (W3) [Adelung]

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Fruchtbringend, adj. et adv. welches das Mittelwort der Redensart Frucht bringen ist, und zuweilen für fruchtbar gebraucht wird. Die fruchtbringende Gesellschaft, oder der fruchtbringende Palmorden, eine Gesellschaft, welche der Weimarsche Ober-Hofmarschall, Caspar von Teutleben, 1617 zur Aufnahme der Deutschen Sprache stiftete, deren Glieder sich aber nachmahls mehr durch thörichte Neuerungen, als wahre Verbesserungen ihrer Muttersprache berühmt machten; daher der Orden auch bald nach der Mitte des vorigen Jahrhundertes wieder in Verfall gerieth.


Fruchteiche (W3) [Adelung]


Die Fruchteiche, plur. die -n, eine Eiche, welche Frucht, d. i. Mastung, trägt, und dazu bestimmt ist.


Fruchten (W3) [Adelung]


Fruchten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Frucht bringen, doch nur in der 5ten figürlichen Bedeutung des Wortes Frucht, Nutzen bringen. Alle meine Ermahnungen wollen bey ihm nichts fruchten. Der Ausfall, welchen der Feind that, hat nichts gefruchtet. Die Arzeney hat doch etwas gefruchtet.

Anm. Das Hauptwort die Fruchtung ist ungewöhnlich. Im Oberdeutschen gebraucht man dieses Zeitwort auch in der 3ten figürlichen Bedeutung. Das Landgut fruchtet mehr als tausend Thaler, bringt mehr als tausend Thaler ein.


Fruchtgehänge (W3) [Adelung]


Das Fruchtgehänge, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fruchtschnur.


Fruchtgehäuse (W3) [Adelung]


Das Fruchtgehäuse, des -s, plur. ut nom. sing. an den Pflanzen, dasjenige Gehäuse, in welchem die Frucht, d. i. der Same, befindlich ist; das Samengehäuse, der Fruchtkelch, Pericarpium, L.


Fruchtgülte (W3) [Adelung]


Die Fruchtgülte, plur. die -n, eine Gülte welche in Frucht d. i. Getreide, entrichtet wird, zum Unterschiede von den Geldgülten; die Fruchtzinse, Korngülte.


Fruchthecke (W3) [Adelung]


Die Fruchthecke, plur. die -n, eine Hecke aus Stauden, welche eßbare Früchte tragen.


Fruchtherr (W3) [Adelung]


Der Fruchtherr, des -en, plur. die -en, in einigen Städten, ein Rathsherr, dem die Besorgung der Frucht, d. i. des Getreides, aufgetragen ist.


Fruchthorn (W3) [Adelung]


Das Fruchthorn, des -es, plur. die -hörner, ein mit Blumen und Früchten angefülltes Horn, welches in den schönen Künsten noch von den Zeiten der Griechen und Römer her, als Sinnbild des Reichtums und Überflusses gebraucht wird; Cornu Copiae, das Horn des Überflusses. S. Füllhorn.


Fruchtkelch (W3) [Adelung]


Der Fruchtkelch, des -es, plur. die -e, S. Fruchtgehäuse.


Fruchtknospe (W3) [Adelung]


Die Fruchtknospe, plur. die -n, an den Bäumen, diejenigen Knospen, welche die Blühte und künftige Frucht enthalten zum Unterschiede von denen, welche nur Blätter enthalten; die Fruchtaugen, Trageknospen, Blüthknospen.


Fruchtknoten (W3) [Adelung]


Der Fruchtknoten, des -s, plur. ut nom. sing. bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, der unterste Theil an den Staubwegen der Pflanzen, der das Behältniß der jungen Frucht ist; Germen, Ovarium, der Eierstock.


Fruchtkorb (W3) [Adelung]


Der Fruchtkorb, des -es, plur. die -körbe, ein mit Blumen und Früchten angefüllter Korb, besonders in den schönen Künsten.


Fruchtkranz (W3) [Adelung]


Der Fruchtkranz, des -es, plur. die -kränze, S. Fruchtschnur.


Fruchtlos (W3) [Adelung]


Fruchtlos, -er, -este, adj. et adv. ohne Frucht, unfruchtbar. Ein fruchtloser Baum. Noch mehr figürlich, ohne Nutzen, in der 5ten figürlichen Bedeutung des Hauptwortes, ohne heilsamen Erfolg. Meine Bitte war fruchtlos. Eine fruchtlose Bitte. Fruchtlose Arbeit, unnütze, vergebliche Arbeit. Die Friedenshandlungen sind fruchtlos abgebrochen worden.


Fruchtlosigkeit (W3) [Adelung]


Die Fruchtlosigkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da eine Sache fruchtlos ist, in der figürlichen Bedeutung.


Fruchtmangel (W3) [Adelung]


Der Fruchtmangel, des -s, plur. inus. der Mangel an Frucht, d. i. Getreide.


Fruchtmark (W3) [Adelung]


Das Fruchtmark, des -es, plur. inus. der markige Theil gewisser Früchte. Wird derselbe in Wasser zu einem Breye gesotten und mit Zucker verdickt, so heißt er Fruchtmuß.


Fruchtnießung (W3) [Adelung]


Die Fruchtnießung, oder Fruchtnutzung, plur. die -en, der Gebrauch oder Genuß der Früchte, d. i. des Ertrages, einer Sache; Usus fructus, der Nießbrauch, Genießbrauch. Die Fruchtnießung eines Gutes haben, den ganzen Ertrag genießen.


Fruchtschnur (W3) [Adelung]


Die Fruchtschnur, plur. die -schnüre, in der Baukunst, ein Zierath, da Früchte, Blätter und Blumen in Gestalt eines Kranzes zusammen gebunden und an einem oder auch an beyden Enden aufgehänget werden; ein Fruchtgehänge, Fruchtband, Fruchtkranz, Laubschnur, Feston, aus dem Franz. Feston.


Fruchtschrumpf (W3) [Adelung]


Der Fruchtschrumpf, des -es, plur. inus. der Abgang, welcher an der aufgeschütteten Frucht, d. i. Getreide, durch Einschrumpfung oder Eintrocknung verursacht wird, und welcher auch zuweilen nur der Schrumpf heißt.


Fruchtstück (W3) [Adelung]


Das Fruchtstück, des -es, plur. die -stücke, ein Stück, d. i. Gemählde. auf welchem Früchte nach dem Leben abgebildet sind; zum Unterschiede von einem Blumenstücke, Thierstücke u. s. f.


Fruchtwein (W3) [Adelung]


Der Fruchtwein, des -es, plur. von mehreren Arten, die -e, ein dem Weine ähnliches Getränk, welches aus Früchten, d. i. aus Obst, bereitet wird; Obstwein, Cider.


Fruchtwolle (W3) [Adelung]


Die Fruchtwolle, plur. inus.. bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, diejenige Wolle, welche die Samenkörner in den weiblichen Blüthen mancher Pflanzen, z. B. an den Weiden, umschließet; Pappus L.


Fruchtzinsen (W3) [Adelung]


Die Fruchtzinsen, sing. inus. Zinsen, welche in Früchten, d. i. in Getreide, abgetragen werden, Kornzinsen, Getreidezinsen; zum Unterschiede von den Geldzinsen.


Früh (W3) [Adelung]


Früh, -er, -este, adj. et adv. welches von demjenigen gebraucht wird, was eher ist oder geschiehet, als es die gewöhnliche oder bestimmte Zeit erfordert, oder auch eher, als andere Dinge eben derselben Art sind oder geschehen; im Gegensatze des spät. 1. Überhaupt. 1) Früh zu Bette gehen, vor der gewöhnlichen Zeit. Er ist sehr früh gestorben. Er starb für mich zu früh. Ein allzu früher Verstand; S. Frühklug. Ein früher Tod. Eine Uhr geht um eine halbe Stunde zu früh, wenn sie zu geschwinde gehet, und folglich die Zeit um eine halbe Stunde eher anzeiget, als es die wahre Zeit erfordert. Er kam früher als ich, eher. Wir kommen noch viel zu früh. Die Strafe kommt gewiß, sie komme nun früh oder spät. Früh geborne Kinder, welche zu früh geboren worden, so wohl der Ordnung der Natur, als auch der Ordnung der Polizey nach; Siehe Frühgeburt, Frühling 2, ingleichen Frühzeitig. Noch mehr, 2) für bey Zeiten, zeitlich, bald nach dem Anfange einer Sache oder ihres Zustandes. Gott hilft ihr früh, Ps. 46, 6. Dein Angesicht früh zu suchen, Sprichw. 7, 15. Ich komme früh genug, d. i. noch immer zu rechter Zeit. Er lerne früh von seinen Ausgaben das Geld zu einem frohen Almosen ersparen, Gell. Kinder müssen den Samen einer frühen Tugend nicht unter dem Unkraute - der Lüfte ersticken lassen, ebend. Wir müssen uns früh gewöhnen, unsre Neigungen nach unsern wahren Bedürfnissen einzuschränken, ebend. Das Wort Hund kommt in den Deutschen Schriften sehr früh vor, früher als das Wort jagen. 2. Besonders. 1) Von der Tageszeit, um den Anbruch des Tages, oder bald nach demselben. Am häufigsten als ein Nebenwort. Früh, wenn es Tag wird. Früh vor Tage. Mit dem frühesten. Früh aufstehen. Es ist noch sehr früh. Früh Morgens, d. i. früh des Morgens; des Morgens früh. Von früh bis in die Nacht arbeiten. Zuweilen auch als ein Beywort. Das frühe Studieren. Bey früher Tageszeit, eine noch gewöhnliche Gerichtsformel, obgleich heut zu Tage die Gerichte nicht mehr so früh gehalten werden als ehedem. Noch mehr aber in der höhern Schreibart. Die frühe Morgensonne flimmerte schon hinter den Bergen auf, Geßn. Des Meeres Bewohner Recken ihr Haupt aus der Fluth, die frühe Sonne zu grüßen, Zachar. Der frühe Hahn hat kaum noch den Morgen gegrüßt, Geßn. Oft bezeichnet dieses Wort, als ein Nebenwort, die ganze Morgenzeit. Heute früh, diesen Morgen. Gestern früh, am gestrigen Morgen. Vielleicht habe ich mich heute früh erkältet. 2) Von der Jahreszeit, bald nach dem Anfange des Jahres, des Frühlinges, oder des Sommers. Frühes Getreide, welches bald nach dem Anfange des Frühlinges gesäet wird. Frühe Blumen, frühes Obst u. s. f. Noch mehr aber in vielen der folgenden Zusammensetzungen. S. Frühgerste, Frühobst, Frühling u. s. f.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Ottfried frua, bey dem Notker fruo, im Comparat. fruor, im Nieders. fru, im Hol- länd. vroeg, im Schwed. fro, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Es stammet ohne Zweifel von dem Vorworte für oder vor ab, welches unter andern auch daraus erhellet, daß der Comparat. bey dem Ottfried auch furira lautet. Noch in dem 1514 zu Mainz gedruckten Livius heißt es: enmorgen füro, als die son off gieng. Auch das Latein. prae, pro und prior scheinet hierher zu gehören. Frühe für früh wird zuweilen um des Wohlklanges willen am Ende einer Rede oder Periode nothwendig; ob es gleich auch außer diesem Falle in der Deutschen Bibel und bey andern Schriftstellern häufig vorkommt. S. E.


Frühapfel (W3) [Adelung]


Der Frühapfel, des -s, plur. die -äpfel, Äpfel, welche früh, d. i. bald im Sommer, eher als andere, reif werden.


Früharbeit (W3) [Adelung]


Die Früharbeit, plur. die -en, eine Arbeit, welche des Morgens geschiehet.


Frühbett (W3) [Adelung]


Das Frühbett, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, ein Mistbett oder Mistbeet, auf welchem die Gewächse eher als gewöhnlich erzeuget werden.


Frühbirke (W3) [Adelung]


Die Frühbirke, plur. die -n, eine Abänderung der gemeinen weißen Birke, welche früher ausschlägt als gewöhnlich.


Frühbirn (W3) [Adelung]


Die Frühbirn, plur. die -en, Birnen, welche früh, d. i. eher als andere, reif werden.


Frühblümlein (W3) [Adelung]


Das Frühblümlein, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welchen an einigen Orten die Gänseblume oder Maßlieben führet, weil sie bald zu Anfange des Frühlinges zu blühen pfleget.


Frühe (W3) [Adelung]


Die Frühe, plur. car. das Hauptwort des Bey- und Nebenwortes früh, welches aber nur von der Morgenzeit, und auch hier nur mit dem Vorworte in gebraucht wird. Ich sahe ihn heute in der Frühe. In aller Frühe aufstehen, sehr früh, mit dem frühesten. Er kam in aller Frühe zu mir. Nieders. Froute.


Frühgebeth (W3) [Adelung]


Das Frühgebeth, des -es, plur. die -e, das Morgengebeth; im gemeinen Leben der Morgensegen.


Frühgeburt (W3) [Adelung]


Die Frühgeburt, plur. die -en, ein nur bey dem Opitz befindliches Wort, eine unzeitige Geburt zu bezeichnen, welche zu früh auf die Welt kommt. S. Abortieren.


Frühgerste (W3) [Adelung]


Die Frühgerste, plur. inus. Gerste, welche früher gesäet wird, folglich auch früher reifet, als die späte Gerste oder Spatgerste, übrigens aber keine besondere Art der Gerste ausmacht.


Frühhecht (W3) [Adelung]


Der Frühhecht, des -es, plur. die -e, eine Art Hechte, welche im Februar; und also früher als andere Hechte leichen.


Frühjahr (W3) [Adelung]


Das Frühjahr, des -es, plur. die -e, S. Frühling.


Frühkirsche (W3) [Adelung]


Die Frühkirsche, plur. die -n, Kirschen, welche früher als andere reif werden.


Frühklug (W3) [Adelung]


Frühklug, adj. et adv. früher klug, als gewöhnlich ist. Ein frühkluges Kind. Im gemeinen Leben altklug.


Frühkost (W3) [Adelung]


Die Frühkost, plur. inus. S. Frühstück.


Frühlamm (W3) [Adelung]


Das Frühlamm, des -es, plur. die -lämmer, Lämmer, welche bald nach dem Anfange des Jahres geworfen werden, zum Unterschiede von Spätlingen, welche um Ostern auf die Welt kommen. S. Frühling 2.


Frühling (W3) [Adelung]


Der Frühling, des -es, plur. die -e. 1) In der edlen Schreibart, diejenige Jahreszeit, welche auf den Winter folget und vor dem Sommer hergehet, und in der Astronomie von dem 20sten März bis zum 21sten Junius gerechnet wird; im gemeinen Leben das Frühjahr, bey den Dichtern und in der höhern Schreibart auch der Lenz. Des Frühlings Anfang. Ein warmer, kalter Frühling. Schon hab ich sechzehn Frühlinge gesehen, doch keiner war so schön wie der, Geßn. In der dichterischen Schreibart auch so viel als ein Jahr. Ein schö- ner Jüngling, sechzehn Frühlinge alt. Ingleichen für die Jugend.. Der Frühling des Lebens. Im Frühlinge meiner Tage habt ihr Musen nie unerhört mich gelassen, Geßn. Der junge Flüchtling, der den halben Frühling seines Lebens von einer Schönen zur andern flattert. 2) Thiere, welche früh, d. i. bald nach dem Anfange des Jahres, ingleichen eher als andere geboren werden. Besonders von Lämmern, Frühlämmer; im Gegensatze der Spätlinge. Also wurden die Spätlinge des Labans, aber die Frühlinge des Jacobs, 1 Mos. 30, 42. Wenn aber der Lauf der Frühlingherde war, V. 41. Auch ein Kind, von welchem eine Frau nach der Trauung zu früh, d. i. eher als die Ordnung der Polizey und der guten Sitten es erlaubet, entbunden wird, wird ein Frühling; an andern Orten ein Frühauf genannt, besonders bey den Handwerkern, wo man auch das Zeitwort frühlingen hat. Er hat gefrühlinget, d. i. die Ehe noch vor der Trauung vollzogen.

Anm. So fern dieses Wort die Jahreszeit bezeichnet, ist dafür im Nieders. auch Vortiedt, im Friesischen Fahrjehr, im Dän. Forgar, im Schwed. War (Lat. Ver,) Spring und Lente üblich. Es scheinet, daß diese Benennung ein Überrest der alten, in Europa noch lange üblich gewesenen Gewohnheit ist, das Jahr mit der Rückkehr der warmen Jahreszeit, d. i. mit dem Märze anzufangen; indem es eigentlich etwas bedeutet, was frühe, d. i. um den Anfang des Jahres ist oder geschiehet. S. - Ling.


Frühlingserve (W3) [Adelung]


Die Frühlingserve, plur. die -n, eine Art Erven mit gefiederten eyförmigen länglichen Blättern und einem einfachen Stamme, welche in den Hainen des mitternächtigen Europa wächset, und bereits im May blühet; Orobus vernus L.


Frühlingsfieber (W3) [Adelung]


Das Frühlingsfieber, des -s, plur. ut nom. sing. Wechselfieber, welche sich im Frühlinge oder zwischen dem Februar und August einzustellen pflegen; im Gegensatze der Herbstfieber.


Frühlingsfliege (W3) [Adelung]


Die Frühlingsfliege, plur. die -n, eine Art Insecten mit vier netzförmigen Flügeln, einem zahnlosen Maule und vier Fühlspitzen, welche sich an Flüssen und Seen, besonders des Abends, sehen lässet; Wasser-Papilion, Afterschmetterling, Phryganaea L. Engl. Cadew, Franz. Teigne, Dän. Sprok, Norweg. Vaßkalv und Ugg. Der Wurm liegt unter dem Wasser in Röhren von Sand und kleinen Steinchen, und wird von den Fischern zum Angeln gebraucht.


Frühlingsholzung (W3) [Adelung]


Die Frühlingsholzung, plur. die -en, im Forstwesen, die Holzung im Frühlinge, zum Unterschiede von der Herbstholzung. S. Holzen.


Frühlingsluft (W3) [Adelung]


Die Frühlingsluft, plur. die -lüfte, Diminut. Frühlingslüftchen bey den Dichtern, eine Angenehme Luft, dergleichen man an warmen Tagen im Frühlinge zu empfinden pfleget.


Frühlingspunct (W3) [Adelung]


Der Frühlingspunct, des -es, plur. die -e, in der Astronomie, derjenige Punct in dem Thierkreise, in welchem die Sonne anfängt über den Äquator zu steigen, und uns den Frühling zu bringen; Punctum vernale.


Frühlingsregen (W3) [Adelung]


Der Frühlingsregen, des -s, plur. ut nom. sing. Siehe Abendregen


Frühlingssafran (W3) [Adelung]


Der Frühlingssafran, des -s, plur. inus. eine Art Safrans mit breiten am Rande ausgekerbten Blättern, welcher im Frühlinge blühet, und auf den Schweizerischen, Pyrenäischen und Portugiesischen Gebirgen wild wächset; Frühsafran, Crocus vernus L. zum Unterschiede von dem Herbstsafran.


Frühlingsschaum (W3) [Adelung]


Der Frühlingsschaum, des -es, plur. inus. S. Guckgucksspeichel.


Frühlingstrieb (W3) [Adelung]


Der Frühlingstrieb, des -es, plur. die -e, der Trieb Liebe und der Fortpflanzung seines Geschlechtes, welchen die meisten Thiere nur im Frühlinge zu empfinden pflegen. Fühlt ihr keine Frühlingstriebe? Uz.


Frühlingstrüffel (W3) [Adelung]


Die Frühlingstrüffel, plur. die -n, Trüffeln, welche sich im Frühlinge zu zeigen pflegen, und von Farbe weiß sind; zum Unterschiede von den marmorirten oder Herbsttrüffeln.


Frühlingswaid (W3) [Adelung]


Der Frühlingswaid, des -s, plur. inus. Waid, welcher im Januar gesäet wird; zum Unterschiede von dem Winterwaid.


Frühlingszeichen (W3) [Adelung]


Das Frühlingszeichen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Astronomie, die drey himmlischen Zeichen, in welchen sich die Sonne den Frühling über verweilet, und welche auf der nördlichen Halbkugel der Widder, der Stier, und die Zwillinge sind.


Frühmahl (W3) [Adelung]


Das Frühmahl, des -es, plur. die -e, S. Frühstück


Frühmesse (W3) [Adelung]


Die Frühmesse, plur. die -n. 1) In der Römischen Kirche, eine Messe, welche des Morgens in der Frühe gelesen wird. 2) S. das folgende


Frühmette (W3) [Adelung]


Die Frühmette, plur. die -n, gleichfalls in der Römischen Kirche, eine Art des Gottesdienstes, da des Morgens in der Frühe in der Kirche Psalmen und Lobgesänge gesungen werden, und welcher auch nur schlechthin die Mette genannt wird, von dem Latein. Cantus matutinus; bey dem Kero Morganlob. Siehe Mette. Auch in einigen evangelischen Orten ist diese Art des Gottesdienstes und zugleich der Nahme derselben bey behalten worden; da man denn in den Niedersächsischen Gegenden dieses Wort wohl mit dem Hochdeutschen Zischlaute auch Frühmesse auszusprechen, und diejenigen Schüler, welche diesen Gesang verrichten, Frühmesser für Frühmetter zu nennen pflegt.


Frühobst (W3) [Adelung]


Das Frühobst, des -es, plur. inus. Obst, welches früh im Jahre, oder früher als anderes Obst reif wird.


Frühprediger (W3) [Adelung]


Der Frühprediger, des -s, plur. ut nom. sing. in den evangelischen Kirchen, derjenige Prediger, der die Frühpredigten hält.


Frühpredigt (W3) [Adelung]


Die Frühpredigt, plur. die -en, eine Predigt, welche des Morgens in der Frühe gehalten wird, und in der evangelischen Kirche anstatt der Frühmessen und Frühmetten in der Römischen Kirche angeordnet ist.


Frühregen (W3) [Adelung]


Der Frühregen, des -s, plur. ut nom. sing. eigentlich ein Regen, der des Morgens früh fällt. In Luthers Deutschen Bibel bedeuten Frühregen und Morgenregen sehr uneigentlich denjenigen Regen, welcher in den Morgenländern zur Saatzeit im Oktober und November fällt, und den Michaelis mit mehrerm Rechte den Herbstregen genannt hat. 5 Mos. 11, 14. Jer. 5, 24. Kap. 3, 3. Joel 2, 23. S. Abendregen.


Frühsafran (W3) [Adelung]


Der Frühsafran, S. Frühlingssafran


Frühschicht (W3) [Adelung]


Die Frühschicht, plur. die -en, im Bergbaue, diejenige Schicht, welche des Morgens um 4 Uhr angehet, und bis Mittags um 12 Uhr dauert; zum Unterschiede von der Tage- und Nachtschicht. Daher Frühschichter.


Frühsonne (W3) [Adelung]


Die Frühsonne, plur. car. der Schein, oder das Licht der Sonne des Morgens; in der edlern Schreibart die Morgensonne.


Frühstunde (W3) [Adelung]


Die Frühstunde, plur. die -n, eine Stunde in der Morgenzeit; die Morgenstunde. Der Komet ist nur in den Frühstunden sichtbar.


Frühwirsing (W3) [Adelung]


Der Frühwirsing, des -es, plur. inus. eine Art Wirsinges, welcher früher als anderer Kohl in Köpfe schießet; Herzkohl.


Frühzeitig (W3) [Adelung]


Frühzeitig, -er, -ste, adj. et adv. 1) Eigentlich, was frühzeitig, d. i. reif, wird, nach dem Latein. praematurus. Frühzeitiges Obst, frühzeitige Kirschen u. s. f. 2) Figürlich auch für das Beywort früh überhaupt, in der ersten allgemeinen Bedeutung, was eher als gewöhnlich oder bestimmt ist. Ein frühzeitiger Verstand. Frühzeitige Blumen. Frühzeitige Kinder, welche zu früh auf die Welt kommen. Ein frühzeitiger Tod. Er ist selbst frühzeitig gestorben. Nieders. vorlik.


Fuchs (W3) [Adelung]


Der Fuchs, (sprich Fuks,) des -es, plur. die Füchse, Dimin. das Füchschen, Oberd. Füchslein. 1. Eigentlich, ein vierfüßiges haariges Raubthier mit fünf Zähen, welches eine bellende Stimme wie ein Hund hat, demselben auch am meisten gleichet, sich aber durch seine langen, dichten, röthlichen Haare und heftigen Geruch von demselben unterscheidet. Er wird für das listigste unter allen vierfüßigen Thieren gehalten. S. Birkfuchs, Brandfuchs, Halbfuchs, Kreuzfuchs. Der Fuchs trabet, sagen die Jäger, wenn er läuft; er rollet, sucht sich zu begatten. Den Fuchs ausrauchen, mit Rauch aus seiner Höhle treiben. Einen Fuchs prellen, eine grausame Lustbarkeit, da ein Fuchs mit Tüchern so lange in die Luft geprellet wird, bis er stirbt, S. Prellen und Fuchsprellen. Der Fuchs weiß mehr als Ein Loch, Sprichw. ein listiger Kopf weiß sich in jedem Falle bald zu helfen. Den Fuchs streichen, einem schmeicheln, S. Fuchsschwanz; er will den Fuchs nicht beißen, Füchse muß man mit Füchsen fangen u. s. f. sind figürliche Arten des Ausdruckes, welche in die Sprache des niedrigen Umganges gehören. Den Fuchs schleppen, im Bergbaue, faul arbeiten. Den Fuchs mitbringen, eben daselbst verbothenes Erz mit sich nehmen. Ein Fuchs männlichen Geschlechtes heißt bey den Jägern Reinike, welcher Nahme auch bey den Dichtern nicht unbekannt ist. Fämin. die Füchsinn, plur. die -en. 2. Figürlich. 1) Das Rauchwerk von Füchsen, ohne Artikel. Einen Rock mit Fuchs oder Füchsen füttern. 2) Von der Farbe. (a) Ein Pferd dessen Haare in das Röthliche fallen; im mittlern Lat. Bagus. Einen Fuchs reiten. Ein Gespann von sechs Füchsen. S. Brandfuchs, Hellfuchs, Rothfuchs, Leberfuchs, Lichtfuchs, Schweißfuchs, Goldfuchs u. s. f. (b) Auch einen Menschen mit röthlichen Haupthaaren pfleget man im niedrigen und verächtlichen Verstande einen Fuchs oder Fuchskopf zu nennen. (c) Ein Ducaten, von der röthlich gelben Farbe, im niedrigen Scherze. Füchse haben, Ducaten. (d) Eine Westphälische Scheidemünze, welche 2 Pfennige oder 4 Heller gilt und deren zwey ein Fettmännchen machen. 3) Von der List, ein listiger verschlagener Mensch. Er ist ein schlauer Fuchs, ein alter Fuchs. Luc. 13, 32. wird Herodes aus gleicher Ursache ein Fuchs genannt. 4) Von der Furchtsamkeit und Schüchternheit. Vermutlich rühret es aus dieser Ursache her, daß junge Studenten auf Universitäten im ersten Jahre von den ältern Füchse genannt werden, welches noch ein Überrest des ehemaligen Pennalwesens ist. Daß dieses Scheltwort schon sehr alt ist, erhellet aus dem Salischen Gesetze, wo es Tit. 32, 5, 3 heißt: Si quis alterum vulpeculam clamauerit, - 120 denariis culpabilis indicetur. In der Provence bedeutet volpil noch jetzt furchtsam, und Volpilatge Trägheit, Feigheit. Auf ähnliche Art heißt ein neu angeworbener Soldat bey den übrigen ein Hopf oder Strutz, ein Böttcherjunge, wenn er los gesprochen wird, ein Ziegenschurz, bey den Spitzbuben einer, der ihre Sprache noch nicht verstehet, ein Wittstock u. s. f. S. Schulfuchs und Füchseln. Nach einer noch weitern Figur ist ein Fuchs im Billardspiele ein Ball, der ohne Absicht, durch ein Ungefähr gemacht wird; dergleichen Bälle auch Füchse d. i. unerfahrene Neulinge, zu machen im Stande sind. 5) Ein Fehler, in verschiedenen Fällen der niedrigen Sprechart, wofür sonst auch das Wort Bock üblich ist. Im Bergbaue schießt oder macht man einen Fuchs, wenn das Pulver zum Bohrloche hinaus fähret, ohne seine Wirkung zu thun.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Ulphilas Faubo, (nicht Fauho, wie gemeiniglich gelesen wird) bey dem Notker Fuhs, im Tatian Fohu, bey dem Willeram Voho, im 13ten Jahrhunderte Fusz, im Nieders. und Holländ. Voß, im Angels, und Engl. Fox. Frisch und Wachter leiten es von fahen, fangen, her, weil dieses Thier seinen Raub sehr listig zu fangen weiß; die Verfasser des Bremisch-Nieders. Wörterb. von dem alten Fahs, Haar; ( S. Fächer,) weil es sehr haarig ist; Ihre aber von der gelben Farbe, welche im Nordengl. faws, im Franz. aber fauve heißt, welches noch dadurch bestätiget wird, daß ein röthliches Pferd im mittlern Lat. Bagus, Badius, Baius, im Franz. Bay, im Span. Vayo genannt wird, welches mit Fuchs verwandt zu seyn scheinet, ungeachtet man es von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , Palmzweige, herzuleiten pfleget. Im Oberdeutschen wird dieses Wort auch der Fuchs, des -en, plur. die Füchse abgeändert, welcher Form auch viele Hochdeutsche Jäger folgen. In einigen der folgenden Zusammensetzungen ist Fuchs- aus Bock- oder dieses aus jenem geworden; daher es scheinet, daß beyde Nahmen näher verwandt sind, als man vielleicht glaubt, S. Fuchsbart, Fuchsbeeren. Übrigens dieses Thier im Schwed. Räf, im Isländ. Refr, im Finnländ. Rebon, Rewon, im Esthnischen Räbene, und im Persischen Roubab.


Fuchsaffe (W3) [Adelung]


Der Fuchsaffe, des -n, plur. die -n, eine Art Affen, mit röthlichen Haaren, wie ein Fuchs.


Fuchsamber (W3) [Adelung]


Der Fuchsamber, des -s, oder Fuchsambra, plur. inus. ein Nahme, welchen einige dem schwarzen Ambra geben.


Fuchsänte (W3) [Adelung]


Die Fuchsänte, plur. die -n, eine Art wilder Änten, welche sich, wie die Füchse Gruben unter der Erde macht, in welchen sie nistet, und eine Abänderung der gemeinen Kriechänte ist.


Fuchsbalg (W3) [Adelung]


Der Fuchsbalg, des -es, plur. die -bälge, die Haut oder das Fell von einem Fuchse, weil es abgestreift wird. S. Balg. Wenn die Löwenhaut nicht gilt muß der Fuchsbalg gelten, was man mit Gewalt nicht erlangen kann, muß man durch List zu erlangen suchen.


Fuchsbau (W3) [Adelung]


Der Fuchsbau, des -es, plur. die -e, oder -bäue, bey den Jägern, der Bau, d. i. die Höhle eines Fuchses unter der Erde.


Fuchsbeere (W3) [Adelung]


Die Fuchsbeere, plur. die -n, in einigen Gegenden eine Benennung der Bocksbeere, oder kriechenden blauen Brombeere, Rubus caesius L. S. Bocksbeere 2.


Fuchsbehälter (W3) [Adelung]


Der Fuchsbehälter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Behälter oder Behältniß, in welchem man die Füchse, welche geprellet werden sollen, aufbehält.


Fuchseisen (W3) [Adelung]


Das Fuchseisen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Falle von Eisen oder Stahl, Füchse damit zu fangen.


Füchselmännchen (W3) [Adelung]


Das Füchselmännchen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Affen mit einem spitzigen schwarz und weißen Fuchskopfe, einem langen schwarz und weiß geringelten Schwanze; Maucanco bey dem Edwards.


Füchseln (W3) [Adelung]


Füchseln, verb. reg. welches nur bey den Jägern üblich ist. 1. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben. 1) Auf Füchse jagen. 2) Nach Füchsen riechen. Es füchselt. 2. Als ein Activum. Einen füchseln, ihn vexiren; von welchem Worte es in dieser Bedeutung vielleicht verderbt ist.


Füchsen (W3) [Adelung]


Füchsen, adj. et adv. welches nur im Oberdeutschen gewöhnlich ist, von Füchsen. Füchsenes Futter, Gebräme.


Fuchserde (W3) [Adelung]


Die Fuchserde, plur. von mehreren Arten, die -n, in einigen Gegenden, ein röthlicher tauber Sand, wenn er unter andern Lager zum Vorschein kommt.


Fuchsgans (W3) [Adelung]


Die Fuchsgans, plur. die -gänse, S. Erdgans.


Fuchsgeschoß (W3) [Adelung]


Das Fuchsgeschoß, des -sses, plur. die -sse, eine Art der Selbstgeschosse, welche auf Füchse gestellet werden.


Fuchsgrube (W3) [Adelung]


Die Fuchsgrube, plur. die -n, die Grube, d. i. Höhle eines Fuchses; doch nur im gemeinen Leben, so wie die Ausdrücke die Fuchshöhle, das Fuchsloch, welche bey den Jägern Fuchsbaue genannt werden. In engerm Verstande, werden diejenigen Höhlen, welche sich der Fuchs auf kurze Zeit bauet, und welche bey den Jägern Fluchtbaue oder Nothbaue heißen, Fuchsgruben genannt.


Fuchshödlein (W3) [Adelung]


Das Fuchshödlein, des -s, plur. ut nom. sing. S. Knabenkraut.


Fuchshöhle (W3) [Adelung]


Die Fuchshöhle, plur. die -n, S. Fuchsgrube.


Fuchshütte (W3) [Adelung]


Die Fuchshütte, plur. die -n, eine Hütte, in welcher man auf Füchse lauert.


Fuchsjagd (W3) [Adelung]


Die Fuchsjagd, plur. die -en, die Jagd auf Füchse. Eine Fuchsjagd anstellen.


Fuchsicht (W3) [Adelung]


+ Fuchsicht, adj. et adv. welches nur in den niedrigen Sprecharten üblich ist, den Füchsen ähnlich; so wohl an der Farbe, das Silbergeld siehet ganz fuchsicht aus; als am Geruch, ein fuchsichter Geruch. Nieders. vossig.


Fuchskasten (W3) [Adelung]


Der Fuchskasten, des -s, plur. ut nom. sing. ein hölzerner Kasten, Füchse darin lebendig von einem Orte zum andern zu fahren.


Fuchslehm (W3) [Adelung]


Der Fuchslehm, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, besonders Thüringens, ein gelber Märgel, welchen man oft in den Dachs- und Fuchsbauen findet.


Fuchsloch (W3) [Adelung]


Das Fuchsloch, des -es, plur. die -löcher, in den niedrigen Sprecharten, ein Fuchsbau, S. Fuchsgrube, Fuchslöcher machen, im Bergbaue, nicht bergmännisch bauen, sondern bald hier bald da ein Loch machen.


Fuchsmist (W3) [Adelung]


Der Fuchsmist, des -es, plur. inus. eigentlich der Mist, d. i. der Auswurf des Fuchses. In dem Hüttenbaue nennt man figürlich so die eingestoßene Vorwand des Stichofens, und die Kinnbacken um den Ofen, wenn sie eigentlich sind.


Fuchspelz (W3) [Adelung]


Der Fuchspelz, des -es, plur. die -e, ein mit Rauchwerk von Füchsen gefütterter Rock. Den Fuchspelz anziehen; figürlich, sich der List bedienen; im Gegensatze des Wolfspelzes.


Fuchsprellen (W3) [Adelung]


Das Fuchsprellen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art der Lustbarkeit an Höfen, da man die Füchse auf die Prellen laufen lässet, und sie hierauf in die Höhe schnellet. S. Prellen. Ein Fuchsprellen halten.


Fuchsraude (W3) [Adelung]


Die Fuchsraude, plur. inus. eine Krankheit der Schafe, welche in einer Raude bestehet, wie die Füchse sie zu haben pflegen.


Fuchsroth (W3) [Adelung]


Fuchsroth, adj. et adv. in den gemeinen Sprecharten, dem Fuchse an röthlicher Farbe gleich; fuchsicht. Fuchsrothes Haar. Nieders. vossig.


Fuchsschecke (W3) [Adelung]


Die Fuchsschecke, plur. die -n, ein scheckiges Pferd mit röthlichen Flecken auf einem ganz weißen Grunde.


Fuchsscheide (W3) [Adelung]


Die Fuchsscheide, plur. die -n, bey den Kürschnern, dreyflache in Gestalt einer Pyramide zusammen gefügte Hölzer, den abgezogenen Fuchsbalg darüber auszuspannen und zu trocknen.


Fuchsschrot (W3) [Adelung]


Das Fuchsschrot, des -es, plur. von mehreren Arten und Quantitäten, die -e, bey den Jägern, eine Art groben Schrotes, womit auf Füchse geschossen wird.


Fuchsschwänzen (W3) [Adelung]


+ Fuchsschwänzen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur in den niedrigen Sprecharten üblich ist, den Fuchsschwanz zum Schaden eines andern streichen, einem zum Schaden eines dritten nach dem Munde reden. Daher das eben so niedrige, einen verfuchsschwänzen, ihn auf solcher Art verleumden. Im Dän. fuchssvantse, wofür im Osnabrück faggeln, in Bremen flojen, flickflojen, flojstraken, von floj, schmeichelhaft, und in andern Gegenden Westphalens flönken üblich ist.


Fuchsschwänzer (W3) [Adelung]


+ Der Fuchsschwänzer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Fuchsschwänzerinn, plur. -en, auch nur in den niedrigen Sprecharten, der oder die sich bey jemanden zum Schaden eines dritten einzuschmeicheln sucht. Nieders. ein Faggeler, Flickflojer, Flojstraker. Eben so niedrig sind die davon abgeleiteten Fuchsschwänzerey, ein solches Betragen, und das Bey- und Nebenwort fuchsschwänzerisch.


Fuchsschwanzgras (W3) [Adelung]


Das Fuchsschwanzgras, des -es, plur. inus. 1) Eine Benennung des Fenches; Panicum L. S. Fuchsschwanz. 2) Eine Art des Fuchsschwanzes, welche auf den Europäischen Wiesen wächset, und zur Fütterung für das Vieh dienet; Alopecurus pratensis L.


Fuchsschweif (W3) [Adelung]


Der Fuchsschweif, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, der Schweif oder Schwanz eines Fuchses, in der eigentlicher Bedeutung. Auch eine Art Perrücken, welche hinten unter der Bandschleife etliche Reihen von Locken über einander haben, werden Fuchsschweife, sonst aber auch Trauben-Perrücken genannt.


Fuchssucht (W3) [Adelung]


Die Fuchssucht, plur. inus. eine Krankheit der Füchse, da ihnen die Haare ausgehen. Nach einer niedrigen Figur auch wohl eine ähnliche Krankheit bey den Menschen; Alopecia.


Fuchstraube (W3) [Adelung]


Die Fuchstraube, plur. die -n, eine Art Weinstöcke mit herzförmigen, sägeartig gezähnten Blättern, welche auf beyden Seiten glatt sind. Vitis vulpina L. Engl. Fox-grape. Er wächst in Virginien wild.


Fudbürger (W3) [Adelung]


* Der Fudbürger, des -s, plur. ut nom. sing. in den niedrigen Sprecharten einiger Oberdeutschen Gegenden, besonders in Straßburg, ein Bürger, welcher das Bürgerrecht durch Heirat erhalten hat; von Fod, Fut, vulva.


Fuder (W3) [Adelung]


1. * Das Fuder, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Füderchen, ein nur in Meißen übliches Wort, welches einen Bissen bedeutet, so viel als man auf Ein Mahl in den Mund stecken kann. Ein Fuder Brot. Da dieses Wort nicht bloß im Scherze gebraucht wird, so scheinet es durch die weiche Meißnische Mundart aus Futter, pabulum, entstanden zu seyn, so wie daraus auch im mittlern Lat. Fodrum geworden ist.


Fuder (W3) [Adelung]


2. Das Fuder, des -s, plur. inus. auf den Blechhämmern eine Art Blech, welche schwächer als Kreuzblech und stärker als Senklerblech ist, und auch Foder ausgesprochen wird. Vermuthlich von Futter, tegumentum interius, vielleicht, weil man diese Art des Bleches vorzüglich zum Futter anderer Geschirre gebraucht. Bedeutet doch im mittlern Lat. Fodra und im Ital. Fodera gleichfalls das Unterfutter.


Fuder (W3) [Adelung]


3. Das Fuder, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Füderchen, Oberd. Füderlein, so viel als ein ordentlicher Rüst- oder Bauerwagen auf Ein Mahl laden kann, die Ladung eines solchen Wagens.

1. Eigentlich, in welchem Verstande im Oberdeutschen auch das Wort Fahrt üblich ist. Ein Fuder Holz, Heu, Steine, Kohlen, Mist u. s. f. 2. Figürlich, ein Maß verschiedener Dinge.

1) An einigen Orten, ein Wiesenmaß, ein Stück Wiese, worauf ein Fuder Heu erbanet wird. Eine Wiese von drey Fudern.

2) Im Bergbaue ist das Fuder ein Maß, womit Erze, Kiese, Zwitter und Eisensteine gemessen werden, und welches nicht aller Orte gleich ist, aber doch gemeiniglich drey Karren hält.

3) In einigen Gegenden, ein Getreidemaß. In Hannöverischen hält ein Fuder 12 "Malter" oder 36 Scheffel, jedes "Malter" zu 3 Scheffel gerechnet; Im Osnabrückischen aber 6 "Malter" oder 72 Scheffel, jedes "Malter" zu 12 Scheffel gerechnet

4) Ein großes Maß flüssiger Dinge, besonders aber des Weines, welches in verschiedenen Gegenden auch von verschiedenem Gehalte ist. In Hessen, Lübeck, Frankfurt am Main und der Pfalz hält ein Fuder Wein 6 Ahm, oder 120 Viertel; oder 480 Kannen oder Maß; in Bremen 6 Ahm, oder 270 Stübchen, oder 980 Quart oder Maß; in Hamburg 6 Ahm, 24 Anker, 240 Stübchen, 480 Kannen, oder 960 Quartier oder Maß; in Hannöverischen 4 Oxhoft, 6 Ahm, 15 Eimer, 240 Stübchen, 480 Kannen oder Maß, 960 Quartier; im Osnabrückischen 6 Ahm, 168 Viertel, 672 Kannen oder Maß; in Danzig, wo ein Fuder so viel als ein Faß ist, 4 Oxhoft, 6 Ahm, 24 Anker, 120 Viertel, 660 Stoff; im Chursächsischen 2 2/3 Faß, 12 Eimer, 756 Kannen Schenkmaß; in Österreich 32 Eimer, 128 Viertel, 1280 Maß; im Würtembergischen 6 Ahn oder Eimer, 96 Imi, 960 Maß; in Augsburg 8 Jez, 16 Muids, 96 Beson oder 768 Maß; in Elsaß 24 Eimer oder 576 Maß.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. "Foder", "Foer", im Engl. "Fodder", "Fother", im Böhm. "Fura". Es stammet von "fahren" ab, wovon auch "Furche" herkommt. So fern dieses Wort ein Weingebinde bedeutet, soll es, dem Frisch zu Folge, ein eigenes Wort seyn, welches ein jedes hölzernes Geschirr bedeutet hat, und mit dem mittlern Latein. "Fusta" und Franz. "Fut", "Futaille" verwandt ist. Er beruft sich auf ein 1492 zu Nürnberg gedrucktes Vocabularium, worin es heißt: "Fuder", "Cuppa", oder "Kuffe", oder "Putt" oder "Stante" oder "Kübel". Allein hieraus folget nicht, daß "Fuder" und die folgenden Wörter einerley bedeuten; und daß "Voder" bey dem du Fresne eben ein Geschirr bedeute, womit man den Knoblauch gemessen, ist auch nicht erweislich. Es ist daher glaublicher, daß "Fuder" so viel Wein bedeutet, als man etwa auf einen Wagen oder Karren laden kann.


Fuderig (W3) [Adelung]


Fuderig, oder Füderig, adj. et adv. was ein Fuder enthält oder ausmacht, so fern dieses Wort ein bestimmtes Maß bezeichnet. Ein fuderiges Faß, worein Ein Fuder Wein gehet. Im Forstwesen ist ein füderiger Baum ein starker Baum Bauholz, welcher mit vier Ochsen gefahren werden kann.


Fug (W3) [Adelung]


Der Fug, des -es, plur. inus. ein Wort, welches nur in der figürlichen Bedeutung des Wortes Fuge und Fügen vorkommt. Es bedeutet, 1) * Gute Eigenschaft, Artigkeit, Kunst, Geschicklichkeit; in welcher Bedeutung es aber veraltet ist. Zwo fuoge han ich doch swie ungefuege ich si, Walther von der Vogelweide. 2) * Geduld, Sanftmuth. Swenne icht leides mir geschicht Mit fuoge ichs tougenlichen trage, Reinmar der Alte. Eine gleichfalls veraltete Bedeutung. 3) * Bequeme Zeit, gute Gelegenheit. Darnach als den knecht daucht sein füg, Theuerd. Kap. 26, als er seine Zeit ersah. Nun ist mein Fug Khomen das ich mich understee In zu bringen in leyd vnnd weh, Kap. 75. Zum fliehen fehlt mir Fug und Macht, Opitz. Wo irgend Fug kann werden, Die Wahrheit wiederum zu reden hin auf Erden, ebend. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen nicht mehr gangbar. 4) * Bequemlichkeit; ein gleichfalls veralteter Gebrauch, Hierumb so es nun wer ewr fug So wolten wir reyten darvon, Theuerd. so es auch beliebig wäre. Wo nirgend Städte stehen, Da fug zu wohnen sey, Opitz Ps. 107. S. Unfug und füglich 2. 5) Recht, Befugniß. Kunde ich nu mit fuoge erwerben Das ich ir gelege bi, Heinrich von Sax. Fragt nicht ob ihr des habet fueg, Theuerd. Kap. 7. In dieser Bedeutung gebraucht man es im Hochdeutschen nur noch ohne Artikel und am häufigsten in der dritten und vierten Endung. Fug und Recht zu etwas haben. Ich thue es mit gutem Fuge, mit allem Fuge. Wenn Fug und Ursach ist zu brechen, Opitz. Nun hab' ich guten Fug die Feder hinzulegen, Günth. Uns klagst du nicht und hast es Fug, Lichtw. S. Befugen, Fuge und Fügen.


Fuge (W3) [Adelung]


Die Fuge, plur. die -n, derjenige Ort, wo zwey Körper, an einander gefüget sind. 1) Eigentlich. Die Fuge an zwey zusammen geleimten Bretern, an den Faßdauben, an der Hirnschale u. s. f. Der Sand füllet die Fugen der Breter in dem Fußboden gar bald aus, S. Fügen I. 1. 2) Figürlich, in der Musik, ein künstliches musikalisches Stück, in welchem ein einziger melodischer Gedanke herrscht, so daß er von allen Stimmen nachahmend wiederholt, und den Regeln der Modulation gemäß in verschiedene Tonarten gesetzt wird; Ital. Fuga.

Anm. In der ersten Bedeutung lautet dieses Wort im Niedersächs.. Foge, Füge, Foog, Fug, im Dän. Fuge. In der zweyten leitet man es gemeiniglich aus dem Ital. und Lat. Fuga, die Flucht, her, weil die musikalische Fuge gleichsam ein flüchtiger Gesang ist. Allein schon bey dem Notker Ps. 4. ist Fuogi stimmon singendo, conjunctio vocum in cantando; daher Fuge auch hier gar wohl eine künstliche Verbindung mehrerer Stimmen bedeuten kann.


Fügebank (W3) [Adelung]


Die Fügebank, plur. die -bänke. 1) Bey den Holzarbeitern, ein großer langer Hobel, die Schärfen an den Bretern, besonders wenn sie zusammen gefüget werden sollen, damit recht gerade zu hobeln. 2) Bey den Faßbindern, ein großer liegende Hobel, die Seiten der Faßdauben eben zu machen, damit sie sich genau an einander fügen; die Stoßbank, bey dem Pictorius Fügebaum.

Anm. Bank bedeutet in diesem Worte nicht scamnum, sondern, wenigstens in der ersten Bedeutung, ein starkes Holz; S. Bängel Anm.


Fügeeisen (W3) [Adelung]


Das Fügeeisen, oder Fügeisen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein scharfes Eisen in der Fügebank der Böttcher. 2) Bey den Glasern, ein hakiges Werkzeug, das überflüssige Glas von den Fensterscheiben damit abzufügen, d. i. abzukneipen, welches auch das Fiedermesser genannt wird.


Fügehobel (W3) [Adelung]


Der Fügehobel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Holzarbeitern, ein Hobel der von zwey Personen geführet wird, die Falze und Nuthen an denjenigen Bretern, welche vermittelst derselben zusammen gefüget werden sollen, zu verfertigen.


Fügen (W3) [Adelung]


Fügen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist. I. Als ein Activum, geschickt mit einander verbinden. 1. Eigentlich, wo dieses Wort im eigentlichen Verstande diejenige Art der Verbindung bezeichnet, wo ein Theil des einen Körpers genau in den andern hinein gesteckt wird. Die Breter sind nicht recht gefügt. In etwas weiterer Bedeutung ist dieses Wort ein allgemeiner Ausdruck, der die Art und Weise der Verbindung unbestimmt läßt. Zwey Breter zusammen fügen, sie entweder zusammen leimen, oder vermittelst einer Nuth mit einander verbinden. Fünf Teppiche sollt du an einander fügen, und sechse auch an einander, 2 Mos. 26, 9. Und fügte die Teppiche mit den Häklein einen an den andern zusammen, Kap. 36, 13. Wir baueten die Mauern, und fügten sie ganz an einander bis an die halbe Höhe, Nehem, 4, 6. Faßdauben fügen, bey den Böttchern, sie zusammen fügen. Im gemeinen Leben bedienet man sich, wenn die Art und Weise der Verbindung genauer bestimmt werden soll, anderer Ausdrücke. 2. Figürlich. 1) Hinzu fügen, absichtlich und mit Überlegung hinzu thun oder setzen. Ich habe zu der vorigen Summe noch zehn Thaler hinzu gefüget. Besonders von dem Zusatze einer Rede. Er fügte noch hinzu, u. s. f. er setzte noch hinzu. S. Anfügen, Beyfügen. 2) Sich ziemen, sich schicken den Umständen oder dem Wohlstande gemäß seyn, als ein Reciprocum, eine im Hochdeutschen ziemlich unbekannte Bedeutung. Das füget sich nicht, ziemet, schickt sich nicht. Im Westphälischen ist sich fuken, im eigentlichen Verstande passen, S. Fug. 3) Sich in etwas fügen, sich darein schicken, allen Umständen mit Leichtigkeit gemäß denken und handeln. Er weiß sich in alles zu fügen. Nach einer noch weitern Figur auch von leblosen Dingen. Eine biegsame Stimme, die sich in alle Wendungen der Melodie leicht zu fügen weiß. 4) * Lenken, regieren; eine veraltete Bedeutung. Ouch der kurzwile spil Mit ir zuht si fuegen kan, Burkh. von Hohenfels. 5) Anordnen, eine Sache nach ihren Umständen geschickt einrichten, veranstalten. Minne, suessiu fuegerinne, Du fuege das min werde rat, Heinr. von Sax. In diesem Verstande wird es im Hochdeutschen nur noch von Gott gebraucht, da in andern Fällen verfügen üblicher ist. Wie es Gott fügen wird. Gott fügt alles weislich. S. Fügung. Von Menschen ist es nur noch in der größten Theils Oberdeutschen R. A. üblich, einem etwas zu wissen fügen, es ihm zu wissen thun, veranstalten, daß er es erfahre. Ingleichen 6) veranstaltet werden, nach gewissen Gesetzen geschehen, als ein Reciprocum, sich fügen. Ob es so hat gefuiget sih, ob es so geschehen sey, die Winsbeckinn. Es gefueget sih vielleicht also, Stryk. Es fuegt sich oft auf einen Tag, Das u. s. f. Theuerd. Kap. 76. Gesetzt, daß sich das einmahl so fügen würde. Zum Glück fügte sichs, daß diesen Abend niemand kam. Hier kannst du inne werden, wie in der Welt sich alles billig fügt, Gell. 7) * Sich an einen Ort begeben, als ein Reciprocum; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, wofür jetzt verfügen üblicher ist. Sih ther ander tho gifuah, wie billig für gif nah gelesen wird, da begab sich der andere dahin. Ottfr. B. 5. Kap. 5. V. 19. Mich eylends zu euch fuegen her, Theuerd. Da fügt er sich zum Helden dar, ebend. Kap. 80. So fueg dich Von stund an und on allen verzug Auf die hohen platten, Kap. 47. 8) * Thun, machen; eine meist veraltete Bedeutung. Einem Leid fügen, Reinmar der Alte, für zufügen. Doch sagt man noch: Wir fügen euch hiermit zu wissen. II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1. Einem fügen, ihm zu Willen seyn, ihm nachgeben, sein Verlangen erfüllen, wo es auch häufig fugen lautet. Der Wind fügte uns, war uns günstig. Ich wil ev gerne fugen das, Stryk. Ich will dir gern in allem fügen. Einem in seinem Begehren fugen, Man kann ihm hierin nicht fugen. Sie wußte freylich wohl, Wie sehr man oft den Kindern fugen soll, Haged. 2. Nützlich seyn, zum Nutzen gereichen, als ein Impersonale; ein im Hochdeutschen seltener Gebrauch. Es fugt oder fügt mir, es gereicht zu meinem Nutzen. Es fueget der armen sin, es ist seinen Armen nützlich, Winsbeck. Du hast fast alles angewendet Was deiner Liebe fugt, Neukirch.

Anm. Im Niedersächs. lautet dieses Wort in der eigentlichen und den meisten figürlichen Bedeutungen fögen, im Oberd. fugen, bey dem Ottfr. gifuagan, bey dem Willeram voigen und viogen, im Angels. gefegan, im Schwed. foga, im Dän. foye, und in der zweyten figürlichen Bedeutung im Engl. to fadge. Da der Begriff des Einsteckens allem Ansehen nach der erste und eigentliche in diesem Worte ist, so gehöret es ohne Zweifel zu dem Latein. figere, dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und dem Altlatein. pagere, woraus nochmals pangere geworden. Bey den Schwäbischen Dichtern bedeutet Fügerinn eine Mittelsperson in der Liebe, so wohl im guten Verstande, als auch im nachtheiligen, eine Kupplerinn.


Fugenleim (W3) [Adelung]


Der Fugenleim, des -es, plur. inus. eine Art eines zähen Saftes oder Harzes, womit die Bienen die Fugen und Ritzen der Bienenstöcke verkleiben.


Fügewort (W3) [Adelung]


Das Fügewort, des -es, plur. die -wörter, ein von einigen ältern Sprachlehrern angenommenes Wort, eine Conjunction auszudrucken, wofür aber Bindewort üblicher ist.


Fügig (W3) [Adelung]


Fügig, adj. et adv. was sich füget; welches aber nur noch in den Zusammensetzungen geringfügig und kleinfügig, obgleich in einem etwas veränderten Verstande üblich ist.


Füglich (W3) [Adelung]


Füglich, -er, -ste, adj. et adv. was sich füget; doch nur in einigen Bedeutungen, so wohl des Wortes Fug, als des Zeitwortes sich fügen. 1) Genau fügend, genau anschließend; doch wohl nur im Oberd. Das Hufeisen muß füglich auf dem Hufe zu liegen kommen, es muß genau anschließen. 2) Bequem, ohne viele Mühe, ohne Beschwerde. Ich kann nicht füglich hier stehen. Der Soldat muß füglich über die Brustwehr feuern können. Ein fügliches Taschenbuch, welches man bequem bey sich tragen kann, im Oberd. Es kann gar füglich geschehen. Wenn sie es füglich thun können. S. Fug 4. 3) Mit Fug, mit Recht. Ich könnte nunmehr füglich weggehen. Ich kann diese Sache füglich an mich behalten. Eine fügliche (rechtmäßige) Ursache, im Oberd. S. Fug 5. 4) Geschickt, bequem, den Umständen, dem Verlangen gemäß. Ein füglicher Wind, in der Seefahrt, ein günstiger Wind, Schwed. Wind. Eine fügliche Antwort, die sich zu den Umständen schickt. Fügliche Mittel anwenden. Eine fügliche Gelegenheit. Judas suchte, wie er Jesum füglich verrieth, Marc. 14, 11, Griech, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . S. Fug 3. und Fügen.

Anm. Schon im Tatian kommt gifuohlih für geschickt, bequem vor. Im Dän. lautet dieses Wort foyelig, im Schwed. fooglig. S. Fugfam und Gefüge.


Füglichkeit (W3) [Adelung]


Die Füglichkeit, plur. inus. die Eigenschaft einer Sache, nach welcher sie füglich ist. Die Füglichkeit der Theile, congruentia. Die Füglichkeit der Zeit, Gelegenheit, einer Rede, einer Antwort u. s. f. Im Oberdeutschen ist seine Füglichkeit oder sein Gefüge thun auch seine Nothdurft verrichten.


Fuglos (W3) [Adelung]


Fuglos, -er, -este, adj. et adv. ohne Fug, d. i. Recht, unrechtmäßig, unbefugt. Ein fugloses Betragen.


Fuglosigkeit (W3) [Adelung]


Die Fuglosigkeit, plur. inus. Die Eigenschaft einer Sache, nach welcher sie unbefugt ist, die Unrechtmäßigkeit.


Fugsam (W3) [Adelung]


Fugsam, -er, -ste, adj. et adv. welches im Oberdeutschen für Füglichkeit üblich ist.


Fügung (W3) [Adelung]


Die Fügung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Fügens, so fern dieses Zeitwort ein Activum ist; ohne Plural. Besonders 2) in dessen fünfter figürl. Bedeutung von Gott gebraucht. Die Fügung Gottes, dessen Anordnung der Begebenheiten in der Welt und ihrer Umstände; ohne Plural. So sorgt die Fügung für eine tugendhafte Liebe, Gell. Es wird schon gehen, ich verlasse mich auf die Fügung, ebend. Noch mehr, und vielleicht mit besserm Rechte, dergleichen von Gott veranstaltete Begebenheiten. Es war eine besondere Fügung, daß er eben hier seyn mußte. Die Fügungen Gottes sind wunderbar. 0173


Fühlbar (W3) [Adelung]


Fühlbar, Image -er, -ste, adj. et adv. 1) Fähig leicht zu fühlen und zu empfinden. Ein fühlbares Herz. Wiederholte Schläge des Schicksals machen das Herz weich und fühlbar. 2) Was gefühlet und empfunden wird. Das ist mir nicht fühlbar, ich fühle es nicht. So auch die Fühlbarkeit, plur. inus.


Fühlen (W3) [Adelung]


Fühlen, verb. reg. act. welches in einer doppelter Hautbedeutung üblich ist. I. Vermittelst des Gefühles sich bewußt zu werden suchen, durch Berührung mit den Nervenwärzchen in der Haut der Finger sich vorzustellen suchen. Einem Kranken den Puls fühlen, oder einem Kranken an den Puls fühlen. Fühlet mich und sehet, denn ein Geist u. s. f. Luc. 24. 39. Götzen, deren Finger an den Händen nicht fühlen können, Weish. 15, 15. Im Bergbaue fühlet man das Gestein, wenn man es mit dem Handfäustel beklopfet, um zu erfahren, ob es locker oder fest ist. Einem auf den Zahn fühlen, im gemeinen Leben; ihn auszuforschen suchen, ingleichen, ihn auf die Probe stellen. Es wird doch nicht verdrießlich geworden seyn, daß ich ihn (ihm) ein wenig auf den Zahn fühlte? Less. II. Sich vermittelst des Gefühles bewußt seyn. 1. Eigentlich, sich vermittelst der Berührung der in den Spitzen der Finger vertheilten Nervenwärzchen vorstellen. Fühlen sie den Knoten? Ich fühle nichts. Fühle, wie mir bey seinem Nahmen das Herz schlägt. Ich fühle mein Herz schlagen. Mit dem bloßen Infinitive, wie sehen, hören, u. s. f. 2. In weiterer Bedeutung, sich vermittelst der über den ganzen Leib verbreiteten Nervenwärzchen bewußt seyn. Hitze, Kälte, Schmerzen fühlen. Linderung fühlen. Er fühlet nichts mehr. Cleanth will nicht betrunken seyn, aber doch so lange den Geschmack des Weins fühlen, als ihn der Gaumen fühlen kann, Gell. Wer nicht hören will, muß fühlen. Es war kein Fühlen mehr bey dem Knaben, 2 Kön. 4, 31. Götter, die weder hören noch fühlen, Dan. 5, 23. In noch engerm Verstande, lebhaft fühlen. Er fühlet die Schläge nicht. S. Gefühl. 3. Figürlich. 1) Von der innern Empfindung, so daß fühlen einen lebhaftern Grad bezeichnet als empfinden. Vergnügen, den Reitz der Liebe, einen innern Trieb zu etwas fühlen u. s. f. Ich fühlte deine feuervollen Blicke, Raml. Ein Fehler des Herzens erhalte nie Nachsicht und Vergebung, bis man die Kinder nicht das Häßliche desselben hat fühlen lassen, Gell. Wir fühlen uns beruhigt, und mit einem stillen Beyfalle des Herzens belohnt, wenn wir anderer Glück befördert haben, Sonnenf. Die schönsten Aussichten verbreiteten sich, und er fühlte seine Schönheit nicht. Geßn. 2) Sich fühlen, gewisse Eigenschaften, Schwachheiten, Vorzüge an sich fühlen oder empfinden. Wenn sich der Kranke fühlt, wenn er Schmerzen fühlt, wenn er fühlt, daß er krank ist. Du brichst mit Fleiß ab, weil du dich fühlst. Gell. weil du deine Schwachheit fühlst. Ein Mann, der sich in seinem Fache fühlt, der lebhaft überzeugt ist, daß er sich in seinem Fache befinde. Ein Mädchen das sich fühlt, wird selten schlafen können, Rost. Was du mit Zittern glaubst, und bald aus Stolz verschmähst, Und bald, wenn du dich fühlst, vom Himmel trotzig stehst, Less.

Anm. Dieses Zeitwort lautet bey dem Ottfried, der es schon für empfinden gebraucht, fualen, im Nieders. fölen, im Angels. felan, gefelan, im Holländ. voelen, gevoelen, im Dän. fole, im Engl. to feel. Es bedeutet eigentlich, leicht mit der Hand berühren, welche Bedeutung auch das alte Schwed. pela, das Holländ. pellen, das Angels. pullian, hat. Das Lat. vola, die flache Hand, scheinet damit verwandt zu seyn. S. auch Wollen. In dem 1523 zu Basel gedruckten Neuen Testamente Luthers wird fühlen als ein unbekanntes Wort durch empfinden erkläret.


Fühlfaden (W3) [Adelung]


Der Fühlfaden, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fühlspitze.


Fühlhorn (W3) [Adelung]


Das Fühlhorn, des -es, plur. die -hörner, an dem Kopfe der Insecten, mit Gelenken versehene Werkzeuge von verschiedener Gestalt, welche für Werkzeuge eines noch unbekannten Sinnes, von vielen aber für Werkzeuge des Gefühles gehalten werden; Antennae L. S. Fühlspitze.


Fühllos (W3) [Adelung]


Fühllos, -er, -este, des Gefühls beraubt, ohne Gefühl, so wohl in der eigentlichen, als weitern und figürlichen Bedeutung des Zeitwortes fühlen. Wird mein Herz ihre Vorwürfe fühllos ertragen können? Sogar der Mensch geht fühllos hier vorüber. Und wer bey dem Geschrey der Unschuld fühllos scheinet, Ist werth, daß auf sein Grab nie ein Gerechter weinet, Weiße.


Fühllosigkeit (W3) [Adelung]


Die Fühllosigkeit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft, da man fühllos ist; ohne Plural. Stolz tritt an die Stelle der Demuth; Fühllosigkeit nimmt den Platz der Menschenliebe ein. 2) Eine fühllose Handlung, ein fühlloses Betragen.


Fühlspitze (W3) [Adelung]


Die Fühlspitze, plur. die -n, am Kopfe der Gewürme und Insecten, Spitzen oder Faden ohne Gelenke, welche, wie man glaubt, das Fühlen bey denselben erleichtern; Tentacula, Palpi, Fühlfaden. Von einigen werden auch die Fühlhörner, Fühlspitzen genannt.


Fühne (W3) [Adelung]


Die Fühne, plur. die -n, S. Finne 1.


Führband (W3) [Adelung]


Das Führband, des -es, plur. die -bänder, dasjenige Band, woran man die Kinder, so lange sie noch nicht gehen können, führet oder leitet; das Leitband, Gängelband.


Fuhre (W3) [Adelung]


1. Die Fuhre, plur. die -n, Pinus, S. 2 Fohre.


Fuhre (W3) [Adelung]


2. Die Fuhre, plur. die -n, von dem Zeitworte fahren. 1) Die Handlung des Fahrens oder Führens auf einem Wagen. Die Bauern haben bereits sechs Fuhren gethan. Dahin auch die Zusammensetzungen Ausfuhre, Abfuhre, Durchfuhre, Frohnfuhre u. s. f. gehören. 2) Ein Fuhrwerk, eine fahrende Gelegenheit, ein fahrender Wagen. Eine Fuhre suchen, bestellen. Ich habe eine Fuhre bekommen. Jemanden eine Fuhre schicken. Etwas mit der Fuhre bekommen. 3) Ein Fuder. Eine Fuhre Holz, Kohlen, Steine, Mist, Bier u. s. f. 4) Das Fuhrlohn. Die Fuhre bezahlen. 5) Eine Furche; doch nur in einigen, besonders Niedersächs. Mundarten, S. Fahre und Fuhre.

Anm. Dieses Wort lautet im Schwed. Fora, und in Pohln. Fura. Bey dem Ottfried ist Fuara und Fuaru so wohl das Reisen, die Reise, als auch das Gefolge.


Führen (W3) [Adelung]


Führen, verb. reg. act. welches das Factitivum des Neutrius fahren ist, fahren machen. 1. Eigentlich die Richtung der Bewegung eines Dinges bestimmen, besonders in folgenden Fällen. 1) Vermittelst eines Fuhrwerkes, Fahrzeuges oder auf ähnliche Art von einem Orte zum andern schaffen. Waaren aus dem Lande führen. Waaren zu Markte führen, vermittelst eines Fuhrwerkes. Korn, Steine, Kohlen zur Stadt führen, in die Stadt fahren. Und sie ließen die Lade Gottes führen auf einem neuen Wagen, 2 Sam. 6, 3. Also nahm Mose sein Weib und seine Söhne, und führete sie auf einem Esel, 2 Mos. 4. 20. Personen, Güter über einen Fluß führen, auf einem Kahne, Schiffe u. s. f. Geld aus dem Lande führen. Dahin gehöret auch die Redensart, wenn man von Kauf- leuten sagt, daß sie seidene Waaren, Eisenwaaren, Bücher, Spezereyen u. s. f. führen, wenn sie damit gewöhnlich handeln; welches von den ehemaligen wandernden Kaufleuten hergenommen ist, welche ihre Waaren im eigentlichen Verstande mit sich herum führeten. S. Buchführer. 2) Den Gang oder die Bewegung, eines lebendigen Geschöpfes durch physische Mittel bestimmen. Einen Blinden führen, leiten. Ein Kind am Leitbande führen. Einen bey der Hand, an der Hand führen. Führ ihn an deiner Hand, 1 Mos. 21, 18. Der Mosen bey der rechten Hand führete, Es. 63, 12. Einen Dieb in das Gefängniß führen. Einen Verbrecher, ein wildes Thier an einer Kette, ein Pferd an einem Stricke führen. Einen Hund am Hängeseile führen. Einen Übelthäter zum Galgen, zum Richtplatze führen. Das Vieh auf die Weide, zur Tränke führen. 2. Figürlich. 1) Die Bewegung eines leblosen Körpers und deren Richtung bestimmen. Den Wagen führen. Der Steuermann führet das Schiff in den Hafen. Einem Kinde die Hand führen. Er weiß den Degen geschickt zu führen. Wer hat die Feder hierbey geführet, wer hat diesen Aufsatz verfertiget? Das Mitleiden hat seine Feder geführet, er hat aus Antrieb des Mitleidens geschrieben. Den Pinsel gut zu führen wissen. Einen Streich führen. Der Staub wurde von dem Winde in die Luft geführet. 2) Nach einer gewissen Richtung verfertigen. Einen Zaun, einen Graben, einen Wall führen. Eine Mauer um eine Stadt, um einen Platz führen. Eine Mine bis unter das Bastion führen. Die Laufgraben bis an die Contrescarpe führen. 3) Der Weg führet nach der Stadt, gehet nach der Stadt, auf diesem Wege kommt man zur Stadt. Der Weg führet in das Holz. Der Gang, der zur Treppe führet. Die eiserne Thür, welche zur Stadt führet, Apostg. 12, 10. 4) Durch Zeigung des Weges, Befehl, Überredung u. s. f. die Bewegung einer Person oder Sache und deren Richtung bestimmen. (a) Durch Zeigung des Weges. Einen Verirreten auf den rechten Weg führen, ihn auf den rechten Weg bringen. Aber, ihn auf dem rechten Wege führen, ihn so führen, daß er immer auf dem rechten Wege bleibe. Dein guter Geist führe mich auf ebener Bahn. Statt dieser Wortfügung ist im Hochdeutschen auch die vierte Endung mit Auslassung des Vorwortes üblich. Ich will dich den rechten, den besten, den kürzesten Weg führen. Einen die rechte Straße führen. Im Oberdeutschen auch mit der zweyten Endung: ich will dich des Weges führen, Es. 37, 29. Einen Gesandten zur Audienz führen. (b) Durch Begleitung. Einen Fremden in sein Haus führen. Eine Braut zur Kirche, in die Kirche führen. Einen Deliquenten zum Tode führen. Und warum ließest du dich ihn (von ihm) zum Altare führen? Weiße Ein Frauenzimmer führen. (c) Durch Gründe, durch Beredung. Einen auf das Eis führen, um die Fichte führen, d. i. ihn durch listige Beredung hintergehen. Jemanden in Versuchung führen, ihn in Noth, ins Verderben führen. (d) Durch Befehl. Gott führet die Wolken über die Erde, 1 Mos. 9, 14. Die Truppen in das Feld, in die Schlacht, zum Sturme, in das Lager führen, sie bey diesen Vorfällen commandiren. Wo man auch dieses Zeitwort zuweilen absolute für commandiren gebraucht. Die Armee führen, ihr Befehlsheber seyn. (e) Durch den Vorgang der erste seyn, dem die andern nachfolgen. Den Tanz, den Reihen führen. Die Marschälle führeten den Trupp. 5) Veranlassen, die Ursache einer Wirkung seyn; eine Fortsetzung der vorigen Figur. Ein Seufzer führete ihn an das Bett. Die Tugend führet nicht allemahl zur Ehre. Diese Meinung führet zur Ketzerey. Das führet mich wieder auf den vorigen Gegenstand. Einem etwas zu Gemüthe führen, ihm dasselbe nachdrücklich vorstellen. Sich etwas zu Gemüthe führen, im Scherze, es zu sich nehmen; z. B. sich eine Bouteille Wein zu Gemüthe führen. Die Selbstliebe hatte sie vor den Spiegel geführet. Wir werden durch große Mühseligkeiten nicht selten zu einem dauerhaften Glücke geführet, Gell. Ists möglich, daß die Wuth sie bis nach Wien führen kann? Ein Verstand, der der Tugend des Herzens nicht aufhilft - führet zum Unglauben, Gell. 6) Eine Sache nach ihren Umständen anordnen, derselben vorgesetzet seyn, sie verwalten; eine Fortsetzung der vorigen Figuren. Das Regiment, die Regierung führen. Du führest meine ganze Haushaltung. Den Tact führen, schlagen. Die Aufsicht über etwas führen. Eine Rechnung führen; S. Rechnungsführer. Einen Bau führen, demselben vorgesetzet seyn. Ein Amt führen, bekleiden. Die Sache der Wahrheit und der Religion führen, vertheidigen. Einen Prozeß führen, als Sachwalter; in einem andern Verstande auch als Partey, einen Prozeß haben, so wie man auch sagt, Krieg führen. Krieg wider jemanden führen. Der Krieg wird mit vieler Wuth geführet. Eines Gewissen führen, leiten. Eine Intrigue führen, veranstalten und anordnen. Gott führet die Seinen wunderlich, veranstaltet alle ihre Veränderungen auf eine wunderbare Art. Das Wort führen, im Nahmen der übrigen sprechen; ingleichen eines Wort führen, für ihn sprechen, zu seinem Besten reden. Vermengen sie mich nicht mit der Närrinn, deren Wort ich führe, Less. 7) In sich enthalten, an und bey sich tragen; obgleich nur in einigen Fällen, wo dieses Zeitwort zugleich die Gestalt eines Neutrius hat, wenigstens ist in denselben das Passivum nicht gebräuchlich. (a) Enthalten. Der Fluß führet Eis, gehet mit Eise, oder hat zerbrochene Eisschollen. Der Teich führet Hechte, Karpfen u. s. f. enthält Hechte u. s. f. Der Rhein führet mehr Wasser als der Main. (b) Zum Gebrauche bey sich tragen. Geld bey sich führen. Verbothene Waffen bey sich führen. Was führen die Türken für Gewehr? Streitbare Männer, die Schild und Schwert führen konnten, 1 Chron. 6, 18. Die alle Schilde und Helmen führeten, Ezech. 38, 5. Die Bienen führen Honig, wenn sie Honig sammeln. Der Bergmann führet allerley Gezähe (allerley Werkzeug) mit sich in die Grube. (c) Haben; gleichfalls nur in einigen Fällen. Einen gewissen Nahmen, einen gewissen Titel führen. Einen Adler, einen goldenen Stern u. s. f. im Wapen führen. Daher gehöret auch die figürliche von dem Wapenschilde und dessen Figur entlehnte R. A. Etwas im Schilde führen, ein Vorhaben haben, damit umgehen; gemeiniglich im nachtheiligen Verstande. Ich weiß noch nicht, was er im Schilde führet, was seine Absicht ist. Etwas im Sinne führen. Thaz thu in muate fuaris, welches du im Sinne führest, sagte schon Ottfried. Allerley Gedanken führen. Eine widrige Meinung führen, hägen. (d) Was führen sie da für Reden? was für Reden bringen sie vor? Erwacht sie, so wird sie gewiß ihren Romeo im Munde führen, Weiße, sie wird ihn nennen, von ihm reden. Führen nicht alle Mannspersonen eben die Sprache, die er führet? Man muß seine Gelehrsamkeit nicht immer im Munde führen. Gottes Nahmen unnütz führen, d. i. gebrauchen, Sir. 23, 9. Einerley Rede führen, 1 Cor. 1, 10. Klage über eine Person oder Sache führen, darüber klagen. 8) Ein elendes Leben führen, elend leben. Ein unverständiges Leben führen, Weish. 12, 23. Ein heiliges Leben führen, Kap. 6, 30. Ein stilles, ruhiges, glückliches Leben führen. Sie führen eine sehr unzufriedene Ehe mit einander. Gedenken sie mit ihr eine zufriedene Ehe zu führen? Daher die Führung, S. solches besonders an seinem Orte.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. fören, im Schwed. föra, im Isländ. faera, bey dem Ottfried, Notker und Kero fuoran, fuaren, bey welchen es aber auch setzen, ingleichen, als ein Neutrum, gehen, bedeutet, und alsdann für das Neutrum fahren stehet. Es ist sehr wahrscheinlich, daß es so wohl mit dem Vorworte vor oder für, als auch mit dem alten Verbo bären, tragen, Lat. ferre, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, verwandt ist, wie unter andern auch aus der siebenten figürlichen Bedeutung erhellet. Mehrere figürliche Bedeutungen des Zeitwortes führen kommen in den Zusammensetzungen Abführen, Anführen, Aufführen, Ausführen u. s. f. vor.


Führer (W3) [Adelung]


Der Führer, des -s, plur. ut nom. sing. Fäm. die Führerinn, plur. die -en, der oder die eine Person oder Sache führet, so wohl in den eigentlichen, als in den sechs ersten figürlichen Bedeutungen des Zeitwortes. Der Führer eines Schiffes, eines Blinden, eines wilden Thieres. Ältern und Führer (der Kinder) müssen sich stets erinnern, was sie bestrafen, und warum sie strafen, Gell. Wie eisern sind doch ohne dich die Zeiten, O Tugend, holde Führerinn! Haged. In einigen Oberd. Gegenden ist der Führer bey den Armeen so viel als im Hochdeutschen der Caporal oder Corporal, weil er die Rotte führet. Bey der Schwedischen und einigen andern Armeen ist der Führer ein Unter-Officier, welcher in Zügen hinter dem Fähnriche gehet, wenn derselbe die Fahne trägt, und sie ihm im Nothfalle abnimmt. Bey den meisten Deutschen Truppen heißt er Fahnjunker. Aber alsdann bedeutet dieses Wort so viel als Furier, weil er ehedem zugleich die Zufuhre zu besorgen hatte. S. Furier. An verschiedenen Maschinen ist der Führer ein Werkzeug, welches die Richtung eines andern in Bewegung gesetzten Körpers bestimmet, wie an den Elektrisir-Maschinen. S. auch Anführer, Brautführer, Buchführer, Rädelsführer, Durchführer u. s. f.


Fuhrfrohne (W3) [Adelung]


Die Fuhrfrohne, plur. die -n, eine Frohne, welche vermittelst eines Fuhrwerkes geleistet wird; Frohnfuhre, Spanndienst.


Fuhrgeräth (W3) [Adelung]


Das Fuhrgeräth, des -es, plur. inus. als ein Collectivum, alles schwere Geräth, welches vermittelst der Wagen fortgebracht werden muß. Das Fuhr- und Packgeräth einer Armee, die schwere Bagage.


Führig (W3) [Adelung]


Führig, -er, -ste, adj. et adv. was sich führen lässet, bey den Jägern. Einen Hund führig machen, ihn abrichten, daß er sich am Hängeseile führen lässet. Ein führiger Hund, der so abgerichtet ist; ingleichen, ein Hund, der so alt ist, daß er an das Hängeseil gelegt werden kann.


Fuhrknecht (W3) [Adelung]


Der Fuhrknecht, des -es, plur. die -e. 1) In der Landwirthschaft, ein Knecht, der die gewöhnlichen bey dem Ackerbaue vorfallenden Fuhren zu verrichten hat; der Ackerknecht oder Pferdeknecht. Zuweilen auch, 2) der Knecht eines Fuhrmannes; ein Fuhrmannsknecht.


Fuhrlohn (W3) [Adelung]


Das Fuhrlohn, des -es, plur. von mehrern Arten und Summen, die -löhne, der Lohn für die Fuhre, welcher bey Kaufmannsgütern die Fracht genannt wird. S. Lohn.


Fuhrmann (W3) [Adelung]


Der Fuhrmann, des -es, plur. die -männer, und collective die Fuhrleute. 1) Ein jeder, der das Fahren, oder die Regierung des Zugviehes vor einem Fuhrwerke verrichtet, und wenn das Fuhrwerk eine Kutsche, Chaise u. s. f. ist, der Kutscher genannt wird. In Boxhorns Glossen Reitwecko. Ich will deine Wagen und Fuhrmänner, zerschmeißen, Jer. 51, 21. 2) Besonders derjenige, der ein Geschäft daraus macht, Güter und Waaren um Lohn von einem Orte zum andern zu fahren; im Pohln. gleichfalls Furman, im Böhm. Formann, im Osnabrück. Picker. Daher der Fuhrmannskittel, der Fuhrmannsknecht, die Fuhrmannspeitsche, der Fuhrmannswagen, die Fuhrmannswinde u. s. f. 3) In einigen Oberdeutschen Gegenden wird auch ein Bauer, der Pferde und Geschirr hält, und in andern Gegenden ein Anspänner, Pferdebauer, Pferdner u. s. f. heißt, ein Fuhrmann genannt.


Fuhrsattel (W3) [Adelung]


Der Fuhrsattel, des -s, plur. die -sättel, ein Sattel zum Fahren; zum Unterschiede von einem Reit- und Tragesattel.


Fuhrschlitten (W3) [Adelung]


Der Fuhrschlitten, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schlitten zur Fortschaffung schwerer Sachen; zum Unterschiede von einem Rennschlitten.


Führung (W3) [Adelung]


Die Führung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Führens, in allen Bedeutungen des Verbi, und ohne Plural. 2) Begebenheiten einzelner Personen, deren Schicksale, so fern sie als Veranstaltungen Gottes angesehen werden; da denn dieses Wort so wohl active, in Beziehung auf Gott, als auch passive, in Beziehung auf den Menschen, gebraucht wird. Die Führungen Gottes. Wunderbare Führungen, - was predigen sie anders, als eine über alles wachende Vorsehung? Gell. Der Mensch hat sonderbare Führungen gehabt.


Fuhrweg (W3) [Adelung]


Der Fuhrweg, des -es, plur. die -e, ein Weg, welcher gefahren werden kann und darf, ein Fahrweg; zum Unterschiede von einem Fußsteige.


Fuhrwerk (W3) [Adelung]


Das Fuhrwerk, des -es, plur. die -e. 1) Ein jedes Werkzeug zum Fahren auf dem festen Lande; so wohl mit Inbegriff des dazu gehörigen Zugviehes, als ohne dasselbe. Ein schlechtes Fuhrwerk. Mit seinem eigenen Fuhrwerke reisen. 2) Die Beschäftigung, Güter und Personen um Lohn zu fahren; ohne Plural. Sich mit dem Fuhrwerke nähren. 3) Das Fuhrwesen; auch ohne Plural. Das Fuhrwerk in einem Lande besser einrichten. 4) Im Oberdeutschen wird dieses Wort oft für Vorwerk gebraucht; S. dasselbe.


Fuhrwesen (W3) [Adelung]


Das Fuhrwesen, des -s, pur. inus. alles was die Fortschaffung der Waaren und Güter auf der Achse und um Lohn betrifft, und was dazu gehöret. Das Fuhrwesen in einem Lande verbessern.


Füllband (W3) [Adelung]


Das Füllband, des -es, plur. die -bänder, bey den Schlössern, ein Thürband, welches hinter dem Öhre auf ein Blech angesetzet ist, und bey einer Thür gebraucht wird, welche eine Füllung hat.


Füllbier (W3) [Adelung]


Das Füllbier, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, Bier, welches nachgegossen wird, um das abgetrunkene Bier auf dem Fasse zu ersetzen.


Füllbret (W3) [Adelung]


Das Füllbret, des -es, plur. die -er, S. Füllung.


Fülle (W3) [Adelung]


Die Fülle, plur. die -n, welches das Abstractum so wohl des Beywortes voll, als auch des Zeitwortes füllen ist. 1. Der Zustand, da ein Ding von einem andern voll oder mit demselben angefüllet ist; ohne Plural. 2) Eigentlich. Die Fülle eines Fasses, einer Gefäßes. 2) Figürlich. (a) Die Fülle des Herzens, der Zustand desselben, da es voll Empfindungen ist. Mein Herz ist voll, es kann seine Fülle nicht mehr fassen, Dusch. Sich seinem Freunde mit Fülle des Herzens entdecken. (b) Überfluß, in der höhern Schreibart. Man wird vergessen aller solcher Fülle in Ägyptenland, 1 Mos. 41, 30, 31. Der Verstörer Hütten haben! die Fülle, Hiob 12, 6. Reichthum und die Fülle wird in ihrem Hause seyn, Ps. 112, 3. In diesem Verstande gebraucht man es im täglichen Umgange nur noch wie das Wort Menge. Gott gebe dir Korn und Wein die Fülle, 1 Mos. 27, 28. Wie viel Tagelöhner hat mein Vater, die Brot die Fülle haben Luc. 15, 17. Und gibt doch Speise die Fülle Hiob 36, 31. Er tränkte sie mit Wasser die Fülle. Ps. 78, 15. Ich fühle Gluth die Fülle, Opitz. Der Boden hat Feuchtigkeit die Fülle. Ingleichen mit der zweyten Endung. Brots die Fülle, 3 Mos. 26, 5; Sprichw. 12, 11. Wassers die Fülle, Ps. 65, 10. Die Hülle und die Fülle, im gemeinen Leben, Kleidung und überflüssige Nahrung. (c) Reichthum von allerley Art, in der biblischen Schreibart. Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade, Joh. 1, 16. Die Fülle der Gnade und der Gabe zur Gerechtigkeit, Röm. 5, 17. Allerley Gottes Fülle, Ephes. 3, 19. (b) Vollkommenheit; auch nur in der Deutschen Bibel. Die Fülle der Herrlichkeit Jerusalems, Es. 66, 11. Daß in ihm alle Fülle wohnen sollte, Col. 1, 19. In ihm wohnet die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig, Kap. 2, 9. Ingleichen was diese Vollkommenheit ausmacht, in der höhern Schreibart. Die Fülle meines Glücks seyd ihr, ihr anmuthsvollen Kinder, Geßn. 2. Dasjenige, womit eine andere Sache gefüllet wird; gleichfalls ohne Plural, außer von mehrern Arten. 1) In den Küchen, dasjenige, womit eine Speise gefüllet wird; im gemeinen Leben das Füllsel. Die Fülle einer gebratenen Gans, eines Hauptes Kohl u. s. f. 2) Der Füllwein, das Füllbier wird gleichfalls zuweilen nur schlechthin die Fülle genannt. 3) * In Luthers Deutscher Bibel ist Fülle die Erstlinge aller Früchte, besonders der harten, welche Gott geopfert wurden, weil damit die Hände der Priester gleichsam gefüllet wurden. Deine Fülle und Thränen sollt du nicht verziehen, 2 Mos. 22, 29, wo Thränen die Erstlinge der weichen Früchte, als Weintrauben, Öhlbeeren u. s. f. bedeutet; die Erstlinge von deiner Dröschdele (Dreschtenne, Tenne) und Kelter zu bringen, sollt du nicht anstehen lassen, Michael. Fülle der Kelter, 4 Mos. 18, 27. Daß du nicht zur Fülle heiligest, solchen Samen u. s. f. 5 Mos. 22, 9. Ingleichen bey Einweihung der Priester, das erste Opfer, womit die Hände eines neu geweiheten Priesters gefüllet wurden. Denn es ist ein Widder der Fülle, Kap. 29, 22, 27; welcher V. 31, ein Widder der Füllung, und bey Michaelis der Einweihungswidder heißt. S. Füllopfer. 3. Dasjenige, was ausgefüllet werden muß. In diesem Verstande pflegen nur die Köhler die Grube, welche an denjenigen Örtern eines Meilers entstehet, wo das Feuer am stärksten arbeitet, eine Fülle zu nennen, weil sie zugefüllet werden muß.

Anm. Schon bey dem Kero bedeutet Fullii den Zustand der Sättigung. In den übrigen Bedeutungen lautet dieses Wort bey dem Notker Fulli, im Isidor Folnissa, im Angels. Fyll, Fulnessa, im Engl. Fill, im Schwed. Fyliest, im Dän. Fylde.


Fülleimer (W3) [Adelung]


Der Fülleimer, des -s, plur. ut nom. sing. ein bey dem Salzwerke zu Halle übliches Maß, nach welchem die Sohle gemessen wird, und welches 12 Hallische Maß hält. Ein Zober hält 8, und eine Pfanne 4 1/2 solcher Fülleimer.


Füllen (W3) [Adelung]


1. Füllen, verb. reg. act. machen. 1. Eigentlich. Ein Gefäß füllen. Einen Graben mit Erde füllen, ausfüllen. Die hohlen Wege mit Steinen füllen, ausfüllen. Ein Kissen mit Federn füllen. Die Säcke mit Getreide füllen, 1 Mos. 42, 25. Den Bauch füllen, Ps. 17, 14; verächtlich, für sät- tigen, satt machen; ingleichen unmäßig essen. Einen Schwamm mit Essig füllen, Matth. 27, 48. So will ich, meinen Durst zu stillen, Den Reisesack mit solchen Früchten füllen, Gell. In den Küchen bedeutet Füllen ausgekommene Thiere, ausgehöhlte Früchte mit gehackten Speisen voll stopfen. Gefülltes Kraut, eine gefüllte Gans. Gefüllte Blumen in den Gärten, welche vervielfältigte Blumenblätter haben; im Gegensatze der einfachen. Du sollt sie (die Söhne Aarons) salben, und ihre Hände füllen (nehmlich mit Opfern) und sie weihen, 2 Mos. 28, 41. S. Fülle 2 und Füllopfer. Ungewöhnliche Arten des Ausdruckes sind: Füllet die Erde, 1 Mos. 1, 28, verbreitet euch über dieselbe. Da kann ein Gewässer - und füllte das Land mit Wasser, 2 Kön. 3, 20, überschwemmte es. Die Kaufleute zu Zidon, die durch das Meer zogen, fülleten dich, Es. 23, 2, bereicherten dich; und andere Stellen mehr. Wohl aber gebraucht man es in der höhern Schreibart für anfüllen, ausfüllen. Die Herrlichkeit des Herrn füllete die Wohnung, 2 Mos. 40, 34. So bald der Speer der schrecklichen Minerva seine Rechte füllte, Raml. Ein gut Gewissen füllt Die Seele stets mit Muth, Weiße. 2. Wenn sich dieses Verbum auf denjenigen Körper beziehet, mit welchem ein anderer gefüllet wird, so verlieret sich oft der Begriff der Fülle, und es bezeichnet alsdann bloß schöpfen, besonders von flüssigen Körpern. Wasser in die Flasche füllen. Drey Maß aus dem Fasse füllen. Vornehmlich, wenn solches mit einem Löffel, oder ähnlichen Gefäße geschiehet. Erz, Kohlen, Sand in einen Kübel füllen. Das Bier füllen, neu gebrauetes Bier aus dem Gährbottich in Fässer bringen. Federn in ein Küssen füllen. Daher die Füllung hernach besonders.

Anm. Dieses Wort lautet in der ersten Bedeutung schon bey dem Ulphilas fulljan, bey dem Kero fullen, im Isidor fullan, im Angels. fyllan, im Nieders. vullen, im Isländ. fylla, im Engl. to fill, im Dän. fylde. Ottfried gebraucht es mit der zweyten Endung des Hauptwortes: Ni fuilit er sih uuines, für mit Wein, B. 1, Kap. 4, V. 69. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, confertus, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, anfüllen, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, viel, das Lat. plenus, und plere, das Böhm. piny, und Pohln. pilny, voll, sind genau damit verwandt. S. Voll. Sollte es in der zweyten Bedeutung, wo der Begriff des Wortes voll ganz verschwindet, nicht vielmehr ein besonderes Wort seyn, welches eher zu Vola, die flache Hand, und fühlen, leicht mit der Hand berühren, Angels. pullian, gehöret? S. Fühlen Anm.


Füllen (W3) [Adelung]


2. Füllen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, von dem folgenden Hauptworte das Füllen, ein Füllen werfen. Die Stute hat gefüllet, wird bald füllen. Im Nieders. valen, in einigen gemeinen Hochdeutschen Mundarten auch fohlen, im Dän. folle, im Schwed. fola, im Engl. to foal. S. das folgende.


Füllen (W3) [Adelung]


Das Füllen, des -s, plur. ut nom. sing. die Jungen der Kamehle, Esel und Pferde. Dreyßig säugende Kamehle mit ihren Füllen, zwanzig Eselinnen mit zehen Füllen., 1 Mos. 32, 15. Am häufigsten wird dieses Wort ohne Beysatz von einem jungen Pferde gebraucht, bis es vier Jahr alt ist. Ein säugendes Füllen. S. auch Hengstfüllen und Stutfüllen. Ein Füllen der übrigen jetzt genannten Thiere bestimmt zu bezeichnen, gebraucht man die Zusammensetzungen Eselsfüllen, Kamehlfüllen.

Anm. Dieses Wort lautet in den gemeinen selbst Hoch- und Oberdeutschen Mundarten sehr häufig Fohlen, bey den Schwäbischen Dichtern Vole, bey dem Ottfried Fulin, im Niedersächs. Vale, im Engl. Filly und Foal, im Dän. Angels. und Schwed. Fole, bey dem Ulphilas Fula, im Isländ. Fola, im Wallis. Ebewl, im mittlern Lat. Fola und Poledrus, im Lat. Pullus, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Wachter leitet es von fallen her, so fern es geboren werden bedeutet. Ihre aber von dem Angels. filian, Schwed. följa, folgen. Ist es ehedem ein allgemeiner Ausdruck gewesen, der überhaupt ein junges Thier bedeutet hat, so scheinet auch das Lat. Filius zu dessen Verwandtschaft zu gehören. Im Oberschwäbischen ist Föhl ein junges Weibsbild. Im Osnabrückischen wird ein Füllen auch Watte, und in Franken Hankerlein genannt, so wie die Lateiner es von hinnire auch Hinnulus nannten.


Füllengarten (W3) [Adelung]


Der Füllengarten, des -s, plur. die -gärten, ein eingezäunter Platz, welcher zur Weide für die Füllen dienet; in den gemeinen Mundarten ein Fohlengarten.


Füllenstall (W3) [Adelung]


Der Füllenstall, des -es, plur. die -ställe, ein Stall für Füllen, in der Landwirthschaft.


Füllenstute (W3) [Adelung]


Die Füllenstute, plur. die -n, eine Stute, welche ein saugendes Füllen hat.


Füllenzahn (W3) [Adelung]


Der Füllenzahn, des -es, plur. die -zähne, diejenigen Zähne, welche die Füllen bald nach der Geburt bekommen, aber nachmahls wieder verlieren; die Milchzähne.


Fuller (W3) [Adelung]


Der Fuller, des -s, plur. ut nom. sing. ein in einigen Gegenden übliches Wort, einen Walkmüller zu bezeichnen; aus dem mittlern Lat. Fullo, ein Walker, folare, Franz. fouler, Engl. to full, walken, welches Deutsche Wort selbst damit verwandt ist. S. dasselbe.


Füllerde (W3) [Adelung]


Die Füllerde, plur. von mehrern Arten, die -n. 1) In dem Deichbaue, diejenige Erde, woraus der Körper eines Deiches bestehet, womit derselbe, und die in demselben entstandenen Lücken ausgefüllet werden. Nieders. Vullerde. 2) Ein weißer Thon, so fern derselbe zum Walken und Waschen der Tücher und Wolle bey den Tuchmachern und Tuchbereitern gebraucht wird; Waschthon, Fullererde, Fettthon, Terra fullonum. S. Fuller.


Füllerey (W3) [Adelung]


Die Füllerey, S. Völlerey.


Füllfaß (W3) [Adelung]


Das Füllfaß, des -sses, plur. die -fässer. 1) Im Bergbaue, ein Faß von einer bestimmten Größe, mit welchem die Kohlen in die Kübel gefüllet, oder auf den Schmelzofen getragen werden. 2) Bey den Müllern und Bäckern in Sachsen hält ein Füllfaß zwey Dresdner Scheffel. S. Füllkleye. 3) Ein Gefäß, womit man schöpfet, und in andere Gefäße einfüllet.


Füllgelte (W3) [Adelung]


Die Füllgelte, plur. die -n, in dem Brauwesen, eine Gelte, das Bier damit auf die Fässer zu füllen.


Füllhaare (W3) [Adelung]


Die Füllhaare, sing. inus. diejenigen Haare, womit ein Kummet, ein Sattel u. s. f. gefüllet, d. i. ausgestopfet wird.


Füllhals (W3) [Adelung]


Der Füllhals, des -es, plur. die -hälse, ein großer hölzerner Trichter, Wein und Bier in die Fässer zu füllen. Auch eine Art Trichter, einen Bienenschwarm damit in die hölzernen Stöcke oder Beuten zu fassen.


Füllhorn (W3) [Adelung]


Das Füllhorn, des -es, plur. die -hörner, in den schönen Künsten, ein mit Blumen, Früchten und andern Bedürfnissen gefülltes gewundenes Horn, welches schon von Alters her ein Zeichen des Wohlstandes und Überflusses ist; das Fruchthorn, Horn des Überflusses, Lat. Cornu copiae. Von Fülle, Überfluß, Reichthum. Indeß der Überfluß auf jede seiner Spuren Ein ganzes Füllhorn leert, Raml. Über die lachenden Felder Hat die Natur ihr ganzes blumichtes Füllhorn verschüttet, Zachar.


Füllhorngras (W3) [Adelung]


Das Füllhorngras, des -es, plur. inus. bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, ein in der Levante einheimisches Gras, dessen einwärts gekrümmte Blüthenstiele und Blüthenähren das Ansehen eines Füllhornes haben; Cornu copiae L.


Füllhuhn (W3) [Adelung]


Das Füllhuhn, des -es, plur. die -hühner, in einigen Gegenden, ein Zinshuhn, welches die Bauern für jedes Rind, das in dem Walde weidet, der Grundherrschaft geben, und welches auch das Grasehuhn genannt wird. In der Lausitz heißt ein jedes Zinshuhn ein Füllhuhn. Vielleicht ist der Nahme so viel als Vollhuhn, ein völliges, erwachsenes Huhn. Da im Vogtlande ein Füllhuhn mit 1 Gr. 6. Pf. andere Zinshühner aber weit höher bezahlet werden, so scheinet es hier so viel als ein junges Huhn zu bedeuten, von pullus, Füllen.


Füllkanne (W3) [Adelung]


Die Füllkanne, plur. die -n, eine Kanne, Wein oder Bier damit aufzufüllen, welche auch die Looßkanne genannt wird.


Füllkelle (W3) [Adelung]


Die Füllkelle, plur. die -n, eine Kelle, andere, besonders flüssige Körper damit einzufüllen.


Füllkleye (W3) [Adelung]


Die Füllkleye, plur. inus. oder die Füllkleyen, sing. inus. in Sachsen, diejenige Kleye, welche die Bäcker den Müllern noch außer der gewöhnlichen Metze für das Mahlen geben müssen, und welche auf 28 Scheffel Weitzen ein Füllfaß beträgt.


Fülllager (W3) [Adelung]


Das Fülllager, des -s, plur. ut nom. sing. in den Brauhäusern, große Tröge, worauf man die Bierfässer legt, wenn sie aus dem Gährbottiche gefüllet werden.


Füllmund (W3) [Adelung]


Der Füllmund, des -es, plur. die -e, der Grund, oder Grundbau eines jeden Gebäudes, einer Mauer u. s. f. Schon bey dem Notker ist Follemunt der Grund einer Säule, und bey den Schwäbischen Dichtern Fullemunt und Follemunt die Grundfeste. In den spätern Zeiten lautet es bald Pfulment, Follmundt, Vollmunde, Vullement, bald aber auch Pfumment und Pfuntmunde, und in der Schweiz noch jetzt das Pfimmet. Es ist ohne Zweifel aus dem Lat. Fulmentum für Fulcimentum oder Fundamentum verderbt.


Füllopfer (W3) [Adelung]


Das Füllopfer, des -s, plur. ut nom. sing. in der kirchlichen Verfassung der ehemahligen Juden, dasjenige Opfer, womit einem Priester bey seiner Einweihung die Hände zum ersten Mahle gefüllet wurden, 3 Mos. 7, 37; Kap. 8, 22, 29, 33. Michaelis gebraucht dafür Einweihungsopfer. S. Fülle 2.


Füllort (W3) [Adelung]


Der Füllort, des -es, plur. die -örter, in dem Bergbaue, ein Platz unter den Schächten, wo die Tonnen gefüllet und ausgeleeret werden.


Füllplatte (W3) [Adelung]


Die Füllplatte, plur. die -n, an der Achse der Rüst- und Bauerwagen, eine hölzerne Platte, welche mit zwey Ringen oben auf der Achse befestiget wird, die dazwischen durchgehenden Arme fest zu halten.


Füllsel (W3) [Adelung]


Das Füllsel, des -s, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, ut nom. sing. in den Küchen, diejenige Speise, womit eine andere gefüllet, oder ausgestopfet wird; das Gefüllsel, in der anständigern Sprechart die Fülle, Nieders. Vullsel, Ingedömte, Untkrupels.


Füllstange (W3) [Adelung]


Die Füllstange, plur. die -n, bey den Köhlern, eine Stange, womit die Fülle eines Meilers aufgeschüttet und ausgerühret wird; die Rührstange. S. Fülle 3.


Füllstein (W3) [Adelung]


Der Füllstein, des -es, plur. die -e, kleine Steine, die Lücken bey den Mauern damit auszufüllen.


Füllung (W3) [Adelung]


Die Füllung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Füllens, ohne Plural. 2) Was gefüllet, oder ausgefüllet ist. In diesem Verstande ist in der Baukunst die Füllung des Frieses der Zwischenraum zwischen den Kälberzähnen, Triglyphen und Kragsteinen. An einer Thür ist die Füllung ein in Nahmen gesetztes Feld, welches auch das Füllbret genannt wird, weil es den leeren Raum zwischen den Rahmen ausfüllet; sonst auch der Spiegel, Dän. Fylling.


Füllwein (W3) [Adelung]


Der Füllwein, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, derjenige Wein, womit die Weinfässer nach- oder aufgefüllet werden; im mittlern Lat. Adoliagium.


Füllwort (W3) [Adelung]


Das Füllwort, des -es, plur. die -wörter, in der anständigern Sprechart, ein Wort, welches nur zur Ausfüllung eines leeren Platzes da stehet, und im gemeinen Leben ein Flickwort genannt wird.


Fummel (W3) [Adelung]


Die Fummel, plur. die -n. 1) Ein Meißnisches Provinzial-Wort, eine Art Gebackenes in Gestalt eines halben Mondes zu bezeichnen, welches in der Stadt Meißen am bekanntesten ist. Vielleicht stammen Wort und Sache noch aus dem Wendischen her. 2) Bey den Schustern, der erhabene Rand an den Mannsschuhen, welcher mit dem Fummelholze gemacht und mit dem Fummelknochen ausgestrichen wird. 3) In Niedersachsen, ein nachlässiges, flüchtiges Weibsbild; von fummeln, flüchtig einher tasten.


Fund (W3) [Adelung]


Der Fund, des -es, plur. die Fünde, Diminut. das Fündchen, Oberd. Fündlein, von dem Zeitworte finden. 1. Die Handlung, da man eine Sache findet; ohne Plural. Einen guten Fund thun. 2. Die gefundene Sache. 1) Eigentlich. Er freuet sich über seinen Fund. 2) Figürlich. (a) Die Erfindung, Entdeckung, und die entdeckte Sache. Auf einen Fund bedacht seyn, Mittel und Wege erdenken. Sich mit dem gesegneten Wasser zu besprengen, ist kein neuer Fund, im Oberd. Menschensünde, menschliche Erfindungen. Uns verführen nicht so der Menschen böse Fündlein, noch der Mahler unnütze Arbeit, nehmlich ein bunt Bild mit mancherley Farbe, Weisheit 15, 4. Neue Herren, neue Fünde, im gemeinen Leben. Im Bergbaue wird der bestimmte Punct, aus welchem die Fundgruben vermessen werden, der Fund genannt. S. Fundgrube. Besonders, (b) schädliche Erfindungen, List Ränke. Unfallo kein weil feyren kundt, Sonnder gedacht auf ander fundt, Theuerd. Kap. 35. Sonder Argelist unde nige Vunde, in einer Nieders. Urk. von 1406. Bemühe dich nicht reich zu werden, und laß ab von deinem Fündlein, Sprichw. 23, 4. Sie weiß mit tausend Fünden Dir Breithut, was sie will, mit Listen aufzubinden, Rachel.

Anm. Dieses Wort lautet in allen obigen Bedeutungen im Nieders. Fund, in der letzten figürlichen aber im Schwed. und Dän. gleichfalls Fund. In der zweyten figürlichen Bedeutung ist im Hochdeutschen statt dessen auch Finte üblich, welches aber aus dem Franz. Feinte, entlehnet ist. S. Finden und Spitzfündig.


Fundament (W3) [Adelung]


Das Fundament, des -es, plur. die -e, aus dem Latein. Fundamentum, der Grund, so wohl eines Gebäudes, dessen unterster Theil in der Tiefe, welcher die ganze Last trägt, als auch einer jeden andern Sache. S. Füllmund.


Fundamental-Bret (W3) [Adelung]


Das Fundamental-Bret, des -es, plur. die -er, in den Orgeln, ein durchlöchertes Bret unter den Registerzügen, dessen Löcher mit den im Register genau zusammen treffen.


Fundamental-Linie (W3) [Adelung]


Die Fundamental-Linie, plur. die -n, S. Grundlinie.


Fundbuch (W3) [Adelung]


Das Fundbuch, des -es, plur. die -bücher, S. Findebuch.


Fündelhaus (W3) [Adelung]


Das Fündelhaus, Fündelkind, S. Findelhaus, Findelkind.


Fundgrube (W3) [Adelung]


Die Fundgrube, plur. die -n, im Bergbaue, eine Grube, wo man das gesuchte Erz gefunden hat, und darauf fort arbeitet. Die Fundgrube entblößen, eine entdeckte Grube wirklich mit Arbeitern belegen. Die Fundgrube forttragen, an einem andern Orte Kübel und Seil einwerfen, d. i. nach Erz graben. Einer solchen Fundgrube ist von alten Zeiten her ein Raum von 42 Lachtern in die Länge und Breite zugestanden worden; da- her dieser Ausdruck zugleich ein Flächenmaß bezeichnet, welches 3 Wehr, 6 Leben, oder 42 Lachter in die Länge und Breite enthält, so daß die eigentliche Fundgrube, oder der Fund, in der Mitte dieser Fläche angenommen wird. Die Fundgrube strecken, dieselbe vermessen.


Fundgrübner (W3) [Adelung]


Der Fundgrübner, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue. 1) Der Besitzer oder Eigenthümer einer Fundgrube. 2) Derjenige, welcher eine Zeche allein bauet. 3) Zuweilen wird auch ein jeder, dessen Hauptbeschäftigung der Bergbau ist, ein Fundgrübner genannt.


Fündig (W3) [Adelung]


Fündig, adj. et adv. im Bergbaue. Einen Gang fündig machen, ihn finden, d. i. entdecken; wo doch dieses Wort richtiger findig lautet, S. dasselbe. Figürlich ist ein fündiger Gang, der Erze führet, und daher werth ist, daß er gefunden worden; im Gegensatze eines tauben Ganges.


Fündling (W3) [Adelung]


Der Fündling, S. Findling.


Fundrecht (W3) [Adelung]


Das Fundrecht, des -es, plur. die -e, das Recht, welches der erste Finder einer Sache an dieselbe hat; besonders im Bergbaue, das Recht dessen, der einer Gang gefunden oder entblößet hat.


Fundregister (W3) [Adelung]


Das Fundregister, des -s, plur. ut nom. sing. im Oberd. ein Inventarium, Fundbuch, S. Findebuch und Fundzettel.


Fundschacht (W3) [Adelung]


Der Fundschacht, des -es, plur. die -schächte, im Bergbaue, derjenige Schacht, wo im Schürfen der Gang zuerst ist gefunden und entdeckt worden.


Fundschein (W3) [Adelung]


Der Fundschein, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, eine Bescheinigung, wie man eine Sache befunden hat; besonders bey Besichtigung einer Leiche, das Visum repertum.


Fundschoß (W3) [Adelung]


Der Fundschoß, des -sses, plur. die -sse, in der Mark Brandenburg, derjenige Schoß, welcher in den Städten von den liegenden Gründen gegeben wird, und bereits im 15ten Jahrhunderte eingeführet wurde; zum Unterschiede von dem Vorschosse, der von dem Vermögen entrichtet wird. Man leitet dieses Wort gemeiniglich von Pfund her, weil man damahls die Geldsummen nach Schocken und Pfunden berechnete, und will es daher auch Pfundschoß geschrieben wissen. Allein, da Fund und Fond im Oberdeutschen nicht selten von einem Grundstücke gebraucht wird, aus dem Lat. Fundus, dieser Schoß auch ausdrücklich Grundschoß genannt wird, so ist es glaublicher, daß dieses Benennung daher stammet.


Fundzettel (W3) [Adelung]


Der Fundzettel, des -s, plur. ut nom. sing. im Oberdeutschen eben so viel als Fundbuch, Findebuch, Finderegister oder Inventarium. In Breslau führet diesen Nahmen besonders das Verzeichniß dessen, was eine Frau dem Manne in die Ehe mitbringet.


Fünf (W3) [Adelung]


Fünf, eine Grundzahl, welche zwischen vier und sechs in der Mitte stehet. Dieses Zahlwort wird auf gedoppelte Art gebraucht; es hat entweder sein Hauptwort bey sich oder nicht. Hat es sein Hauptwort bey sich, so ist es so wohl in den Geschlechtern als in den Endungen unveränderlich. Fünf Männer. Ich sahe fünf Vögel. Es gehöret den fünf Brüdern. Vor fünf Wochen. Seine fünf Sinne noch beysammen haben. Stehet es aber absolute, so hat es in der dritten Endung fünfen. Wähle mir aus den fünfen eins. Ich werdet vor fünfen fliehen, Es. 30, 17. Fünf sollen hundert jagen, 3 Mos. 26, 8. Es hat schon fünf geschlagen. Er kann nicht fünf zählen. Fünf gerade seyn lassen. Zur Vermeidung der harten Einsylbigkeit bekommt es, wenn es am Ende eines Satzes stehet, im Nominative auch wohl fünfe. Es waren ihrer fünfe. Es gehet auf fünfe.

Anm. Diese Zahlwort lautet bey dem Ulphilas fimf, bey dem Kero fimf, im Tatian finevi, bey dem Ottfried finfi, im Dän. und Schwed, fem, im Isländ. fimm, im Bretagnischen pemp, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Aeol. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Pers. Peng. Andere Mundarten verschlingen das n, wie das Angels. fif, das Nieders. five, das Holländ. vyf, das Engl. five, das Pohln. piec; und das Krainerische und Böhm. pet. Gemeiniglich glaubt man, daß es von Finger herkomme, weil es die Zahl der Finger an einer Hand ausdruckt. Diejenigen, welche das erste Eisen auf dem Berge Ida schmiedeten, wurden Idaei dactyli genannt, weil der vornehmsten fünf waren. Übrigens kann auch dieses Wort, so wie die übrigen Zahlwörter, mit allerley Beywörtern zusammen gesetzet werden, selbst mit solchen, welche allein nicht üblich sind, z. B. fünfbeinig, fünffüßig, fünfblätterig, fünfseitig, fünftägig u. s. f.


Fünf (W3) [Adelung]


Die Fünf, plur. die -en, das Hauptwort von dem Zahlworte fünf, die Zahlfigur, welche die Zahl fünf ausdruckt. Eine Römische, Arabische fünf. Zuweilen bedeutet dieses Wort auch, z. B. in Nürnberg, ein Collegium oder Gericht von fünf Personen, das Fünfergericht, ingleichen das Haus, wo sich dasselbe versammelt.


Fünfblatt (W3) [Adelung]


Das Fünfblatt, des -es, plur. inus. S. Fünffingerkraut.


Fünfeck (W3) [Adelung]


Das Fünfeck, des -es, plur. die -e, eine Figur, oder Körper, welcher fünf Ecken hat, in der Geometrie und Baukunst; Pentagonum. Unter den Seethieren führet ein strahliger Seestern mit fünf Strahlen, Pentagonaster, gleichfalls diesen Nahmen. Hat er eingekerbte mit rechtwinkeligen Einschnitten versehene Strahlen, so wird er der fünfhornige Seestern, Pentaceros, genannt.


Fünfeckig (W3) [Adelung]


Fünfeckig, adj. et adv. fünf Ecken habend; im Oberd. fünfecket, welches auch Luther 1 Kön. 6, 31 beybehalten hat.


Fünfer (W3) [Adelung]


Der Fünfer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Zahl von fünfen, fünf Einheiten als ein Ganzes betrachtet. Das Gericht der Fünfer, oder das Fünfergericht zu Nürnberg, ein Rügegericht zu Nürnberg, welches aus fünf Rathsherren bestehet.


Fünferley (W3) [Adelung]


Fünferley, adj. indeclinab. et adv. von fünf verschiedenen Arten und Beschaffenheiten. Fünferley Geldsorten.


Fünffach (W3) [Adelung]


Fünffach, adj. et adv. ein vermehrendes Zahlwort, fünf Mahl genommen. Fünffache Strafe leiden. Ein Papier, einen Zeug fünffach legen.


Fünffältig (W3) [Adelung]


Fünffältig, adj. et adv. welches wie das vorige ein vermehrendes Zahlwort ist, aber im Hochdeutschen selten mehr vorkommt.


Fünffingerkraut (W3) [Adelung]


Das Fünffingerkraut, des -es, plur. inus. eine Pflanze, Potentilla reptans L. Gänserich, Fünfblatt, weil allezeit fünf eingekerbte Blätter an Einem Stiele stehen. Bey den neuern Kräuterkundigen wird oft das ganze Geschlecht dieser Pflanzen, welches bey dem Linnee Potentilla heißt, Fünfblatt oder Fünffingerkraut genannt.


Fünfherr (W3) [Adelung]


Der Fünfherr, des -es, plur. die -en, ein Mitglied eines Collegii von fünf Personen; z. B. des Fünfergerichtes in Nürnberg, S. Fünf.


Fünfhornig (W3) [Adelung]


Fünfhornig, adj. et adv. S. Fünfeck.


Fünfhundert (W3) [Adelung]


Fünfhundert, richtiger getheilt, fünf hundert, adj. et adv. welches eine Grundzahl ist, hundert fünf Mahl genommen. Fünf hundert Thaler, Jahre. S. Hundert.


Fünfhundertste (W3) [Adelung]


Fünfhundertste, adj. die Ordnungszahl der vorigen.


Fünfjährig (W3) [Adelung]


Fünfjährig, adj. et adv. fünf Jahre alt, fünf Jahre dauernd. Ein fünfjähriges Kind. Ein fünfjähriger Waffenstillstand, auf fünf Jahre.


Fünfmahl (W3) [Adelung]


Fünfmahl, richtiger getheilt, fünf Mahl, adv. zu fünf verschiedenen Mahlen. Des Tages fünf Mahl essen. Fünf Mahl zehen macht funfzig.


Fünfmahlig (W3) [Adelung]


Fünfmahlig, adj. was zu fünf Mahlen geschiehet. Ein fünfmahliger Besuch.


Fünfporte (W3) [Adelung]


Die Fünfporte, plur. die -n, bey den Fischern ein Fischergarn, welches außer dem Boden aus fünf Stücken zusammen gesetzet ist, und fünf Porten oder Eingänge bekommt.


Fünfschäftig (W3) [Adelung]


Fünfschäftig, adj. et adv. mit fünf Schäften oder Schämeln, bey den Webern. Fünfschäftig arbeiten. Ein fünfschäftiger Weber. S. Ludler und Schaft.


Fünfstrahl (W3) [Adelung]


Der Fünfstrahl, des -es, plur. die -e, in der Naturgeschichte der Neuern, eine Art der Seesterne mit fünf Strahlen; Astropecten.


Fünftägig (W3) [Adelung]


Fünftägig, adj. et adv. was fünf Tage dauert oder gedauert hat. Eine fünftägige Krankheit. Ingleichen was alle Mahl den fünften Tag wieder kommt. Das fünftägige Fieber.


Fünfte (W3) [Adelung]


Fünfte, adj. welches die Ordnungszahl von fünf ist. Der fünfte Tag. Zum fünften Mahle. Selb fünfte kommen, im gemeinen Leben, mit vieren kommen, so daß man selbst der fünfte ist. Bey dem Kero finfto, im Angels. fift, im Engl. fifth, im Dän. femte, im Nieders. föfte, fofte.


Fünftel (W3) [Adelung]


Das Fünftel, des -s, plur. ut nom. sing. der fünfte Theil eines Ganzen, für Fünftheil. Ein Fünftel eines Zentners, oder ein Fünftel-Zentner.


Fünfthalb (W3) [Adelung]


Fünfthalb, adj. indecl. vier und ein halb. Fünfthalb Tage, Jahre, Ellen.


Funfzehen (W3) [Adelung]


Funfzehen, zusammen gezogen funfzehn, eine unabänderliche Hauptzahl, für fünf und zehen. Funfzehn Personen, Tage, Jahre u. s. f. Gemeiniglich verschlingt man das n in diesem Worte, so wie in funfzig, indem man fufzehn und fufzig spricht; welches ein Überrest einer von denjenigen Mundarten ist, welche fif, fuf, für fünf sagen. Bey dem Ulphilas heißt diese Zahl fimftaihuns, im Angels. fiften, im Engl. fifteen, im Holländ viiftien, im Nieders. foftein, im Schwed. femton, im Dän. femten.


Funfzehente (W3) [Adelung]


Der Funfzehente, zusammen gezogen funfzehnte, im gemeinen Leben fufzehnte, die Ordnungszahl der vorigen. Es ist heute der funfzehente, nehmlich Tag des Monathes. Im Tatian finftazahente.


Funfzehner (W3) [Adelung]


Der Funfzehner, (im gemeinen Leben Fufzehner,) des -s, plur. ut nom. sing. ein Ganzes von funfzehen Einheiten. Ein Funfzehner oder Funfzehn-Kreuzerstück, eine Münze, welche funfzehen Kreuzer gilt. Ingleichen ein Collegium von funfzehen Personen, deßgleichen zu Straßburg ist, das Funfzehner-Amt.


Funfzig (W3) [Adelung]


Funfzig, adj. indecl. et adv. welches zu den Hauptzahlen gehöret, fünf zehen Mahl genommen. Funfzig Jahre, Thaler. Es waren ihrer funfzig. Einer von den funfzigen.

Anm. Auch in diesem Worte wird von den Hochdeutschen im gemeinen Leben das n verschlungen, S. Funfzehen. Es lautet bey dem Ulphilas fimtiguns, in dem Isidor finifzug, bey dem Ottfried finfzugi, im Angels. fiftig, im Engl. fifty, im Holländ. viiftig, im Nieders. foftig, im Schwed. femtio. S. - Zig.


Funfziger (W3) [Adelung]


Der Funfziger, (im gemeinen Leben Fufziger,) des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Mitglied eines Collegii von funfzig Personen. 2) Funfzig Jahre alt. Er ist ein Funfziger. Ein Funfziger, ein Wein, der funfzig Jahre alt ist. 3) Was 1750 gebauet oder verfertiget worden. Ein Funfziger, ein Thaler von 1750. 4) Bey den Tuchmachern bezeichnet es eine Art Tuches, welches in der Scharkübe (Scherkufe) funfzig Gänge hat.


Funfzigste (W3) [Adelung]


Funfzigste, (im gemeinen Leben fufzigste,) adj. welches die Ordnungszahl von funfzig ist. Der funfzigste Mann. Das funfzigste Jahr. Bey dem Kero finfzugosto.


Fungit (W3) [Adelung]


Der Fungit, des -en, plur. die -en, S. Korallenschwamm.


Funke (W3) [Adelung]


Der Funke, des -ns, plur. die -n, Diminut. das Fünkchen, Oberd. Fünklein, der kleinste Theil des Feuers, oder eines brennenden Körpers. 1) Eigentlich. Es glimmet noch ein Fünkchen in der Asche. Es ist kein Funke Feuer in dem Hause. Ein einziger Funke kann ein großes Feuer verursachen. Einen Funken anblasen. Besonders, die kleinen glühenden Theilchen, welche von brennenden Körpern abspringen. Funken werfen, Funken sprühen. Ingleichen die Stückchen glühenden Stahles, welche der Feuerstein von dem Stahle los reißt. Mit dem Feuersteine Funken aus dem Stahle locken. Dürre Materien fangen leicht Funken. 2) Figürlich, ein kleiner Theil, als der Anfang, oder Überrest eines größern. Dein brennendes Auge entzündete in mir die Funken des Muths, Dusch. Deine Schmähungen haben den noch übrigen Funken seiner Liebe völlig erstickt. Charidemus Unglücksfälle sind Lehren vom Himmel, der uns würdiget, die Funken der Tugend, welche in unserer Brust schlafen, zu erwecken, Dusch. Eine hoffnungslose Liebe schmeichelt sich auch mit einem Fünkchen von Hoffnung, Weiße. Wenn du noch einen Funken Ehre in deinem Herzen hast.

Anm. Funke, in dem alten Gedichte von Carls des Großen Kriege bey dem Schilter Funche, im Niedersächsischen und Dänischen Funke, stammet nicht von fangen her, wie Frisch glaubt, sondern von einem alten Worte, welches Schein, Glanz, Feuer bedeutet hat. Bey dem Ulphilas ist Fon, Fun, Feuer, und funa brennen, im Isländ. Fun, Feuer, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, leuchten. S. Fenster und Fein. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist es weiblichen Geschlechtes, die Funke, plur. die -n. Übrigens ist statt dieses Wortes im Niedersächs. auch Sparke, Angelsächs. Spearca, Engl. Spark, Holländ. Spaereke, im Oberd. aber auch Gneist, Schwed. Gnista, Isländ. Gneiste, Neiste, Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Funken werfen, ingleichen Glim und Glunst üblich.


Funkeln (W3) [Adelung]


Funkeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, hell glänzen, einen starken zitternden Glanz von sich werfen. Ein funkelndes Gewehr. Die Sterne funkeln in einer hellen Nacht. Es funkelt alles von Gold und Demanten. Die Augen funkeln ihm im Kopfe, ein Merkmahl einer heftigen Begierde, einer heftigen Leidenschaft. Mit den Augen funkelt der Widersacher auf mich, Hiob 16, 9. Über die Ebnen Funkelt der Sonne göttlicher Glanz, Zachar.

Anm. Dieses Wort erhält noch die erste eigentliche Bedeutung des Wortes Funken, nach welcher es Schein, Glanz überhaupt bedeutete. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Isländ. faenna, funna, scheinen, leuchten, sind nahe damit verwandt.


Funkelneu (W3) [Adelung]


+ Funkelneu, adj. et adv. im gemeinen Leben, ganz neu, völlig neu, so neu, daß es noch funkelt; eine von metallenen Arbeiten, vielleicht von den Münzen, hergenommene Figur. Dän. funkelny, Nieders. glootny.


Funken (W3) [Adelung]


Funken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Funken von sich geben. Glühendes Eisen funket.


Für (W3) [Adelung]


Für, ein Bestimmungswörtchen, welches in doppelter Gestalt vorkommt. I. * Als ein Umstandswort des Ortes und der Zeit, für fort, weg, in welcher Gestalt es ehedem im Oberdeutschen sehr üblich war, und es zum Theil noch ist. Der regen is furi, ist fort, vorüber, Willer. Furifaren, fortgehen, vorüber gehen, vergehen. Daher sagt man noch jetzt im Oberdeutschen fürdauern, fürwähren u. s. f. für fortdauern, fortwähren. S. Fort, ingleichen Ver, welches gleichfalls aus diesem Nebenworte entstanden ist. Hierher gehöret auch das im Hochdeutschen gleichfalls veraltete für und für, unaufhörlich, immerfort, zu allen Zeiten. Tewrdank der schweig für und für still, Theuerd. Kap. 81. Seine Jahre währen für und für, Ps. 61, 7. Herr Gott, du bist unsere Zuflucht für und für, Ps. 90, 1. Für und für bleiben, Es. 13, 20; und in vielen andern Stellen mehr. So wird mein Lob bleiben Und grünen für und für, Opitz. Mein Saitenspiel soll lauten für und für, O Herr, von dir, ebend. II. Als eine Präposition, welche alle Mahl die vierte Endung des Hauptwortes erfordert, und nach dem nunmehr im Hochdeutschen fast durchgängig beliebten Gebrauche in folgenden figürlichen Bedeutungen des Vorwortes vor gebraucht wird. Es bezeichnet 1. Dasjenige Verhältniß zweyer Dinge, da das eine anstatt des andern ist, und zwar wiederum in folgenden Fällen. 1) Der Art nach, da ein Ding anstatt des andern ist, oder dessen Stellt vertritt, so wohl von Personen als Sachen. Für jemanden bezahlen, gut sagen, Bürge werden. Einen andern für sich predigen lassen. Für jemanden Rechenschaft geben. Wir versprechen für uns und unsere Nachkommen u. s. f. Aaron redete für Mosen vor dem Könige Pharao, 2 Mos. 4, 16. So einer für alle gestorben ist, so sind sie alle gestorben, 2 Cor. 5, 14. Christus hat sich selbst für mich dargegeben, Gal. 2, 20. Einen Ducaten für einen Louisd'or nehmen. Ein Wort für das andere setzen. Ein r für ein u machen. Diese selig gepriesene Liebe hat Schmerzen für Freunden, Verachtung für Ehre, Gram für Entzückung geboren, Mosh. So wachsen mir Disteln für Weitzen, und Dornen für Gersten, Hiob. 31, 40. Und wird Stank für gut Geruch seyn, und ein los Band für einen Gürtel, Es. 3, 24. Ein- für alle Mahl, d. i. Ein Mahl so gut als alle Mahl, Ein Mahl anstatt aller Mahle. Er sollte studieren, aber er spielete dafür. Hierher gehöret vermuthlich auch noch folgende figürliche Art des Ausdruckes. Ich habe es für mich gethan, aus eigenem Antriebe, aus eigener Gewalt, eigenmächtig. Er thut alles für sich, für seinen Kopf. Für sich bestehen, ohne weitern innern Zusatz da seyn. 2) Dem Werthe nach, im Handel und Wandel, da es dem Werthe oder dem Preise vorgesetzet wird. Ein Gut für tausend Thaler kaufen. Ich speise wöchentlich für drey Thaler. Für Geld schreiben. Zween (zwey) Sperlinge für Einen Pfennig kaufen, Luth. ob er gleich in der Deutschen Bibel statt für in dieser Bedeutung beständig um gebraucht. 3) Dem Gegenstande nach, dasjenige Ding zu bezeichnen, zu dessen Vergeltung und Entschädigung ein anderes ist oder seyn soll. Ich habe zehn Thaler dafür gegeben. Ich bezahle dafür acht Groschen. Geld für die Waaren, Lohn für die Arbeit bezahlen. Ein Haus für einen Garten eintauschen. Er verkauft keine Gefälligkeiten für große Erwartungen. Ströme von Thränen sind zu wenig für diesen Verlust. Die Freude, welche Ältern über ihre Kinder empfinden, belohnt sie für das mühsame Amt der Auferziehung, Gell. Ist das der Dank für meine Mühe? Ich danke für ihre Wohlthaten. Strafe für sein Verbrechen leiden. Für etwas büßen müssen. Was wird mir nun dafür? Eine Abgabe für die Freyheit der Messe. Hierher gehöret auch die R. A. Ich kann nichts dafür, bin nicht Schuld daran, habe es nicht verursachet. Was kann ich denn für das, was selbst die Liebe thut? Gell. 4) Der vorgegebenen oder vermeinten Beschaffenheit nach, sie mag die wahre seyn oder nicht. Können sie noch die Wahrheit für Schmeicheley halten? Wenn wir die Tugend für etwas halten. Er will für einen großen Mann gehalten werden. Das halte ich für ein gutes Zeichen. Ich habe es für Pflicht gehalten, sie so bald als möglich zu sprechen. Ich will es für Ernst, für Scherz aufnehmen. Er muß sichs für die größte Ehre schätzen. Da sah ich mich für die Deinige an, als die Deinige. Sich für einen Künstler, Arzt u. s. f. ausgeben. Gott für den Vater und Erhalter aller Dinge erkennen. Die Thoren fahren sich für zwey Gespenster an. Er soll den Sohn der Feindseligen für den ersten Sohn Erkennen, 5 Mos. 21, 17. Du stehest die Schatten der Leute für Berge an, Richt. 9, 36. Ingleichen mit Nebenwörtern. Ich halte ihn für weise, ehrlich, klug u. s. f. Etwas für wahr, für unwahr halten. Man hält ihn des Glückes für unwürdig, weil er es nicht erkriechen will, Gell. Ich halte es ihnen für übel, daß sie noch so mit umgehen, ebend. Ich fand es nicht für gut, mich ihm näher zu entdecken. Und findet bald für gut, ebend. Wenn du es für nöthig befindest, ebend. Mir hats der Fuchs für ganz gewiß erzählt, ebend. als eine ganz gewisse Sache. Man will für gewiß behaupten, daß u. s. f. Ich glaube für gewiß, Opitz. Ich will es für empfangen annehmen, so als wenn ich es empfangen hätte. Der ich wil fur eigen leben, Heinr. von Sax. S. Fürlieb und Fürwahr. Hier kann es auch oft ausgelassen werden. Ich finde es nicht gut, zu ihm zu gehen. Man will gewiß behaupten. Ja in manchen Fällen würde die Anwesenheit des Vorwortes das Ohr beleidigen. Etwas übel nehmen, nicht für übel nehmen. Er hält sich dazu vornehm, nicht für zu vornehm. Hierher gehöret, 5) Auch der Gebrauch, das Vorwort dem unabänderlichen fragenden Pronomini was beyzufügen, wo für gleichfalls der Beschaffenheit zur Begleitung dienet. Was für ein Mann ist das? d. i. welches ist sein Stand? welches sind seine Eigenschaften? Was für ein Geschrey ist das? Zu was für einem Zweck? Aus was für einem Lande ist er? Was für elende Menschen sind wir nicht! Was für Vorwürfe werde ich hören müssen! Du glaub est nicht, was für eine nöthige Sache das ist. Für läßt sich hier in den meisten Fällen von dem was trennen. Sie wissen nicht, was Herrschaften für eine Noth mit dem Gesinde haben, Gell. Was haben sie mir denn für einen Antrag zu machen? ebend. Was ist die freche Stirn einer unkeuschen Person für ein widriger Anblick! ebend. Was ist das für eine neue Lehre? Was hast du für Gründe? Nie sey von euch empfunden, Was diese schöne Welt Für Wunder in sich hält, Weiße. Im Oberdeutschen ist es nicht selten, das für auszulassen. Was gelück mag doch newr haben der, Theuerd. Kap. 87. Was Anmuth hat mir deine Red erregt! Opitz. Was Schein, was Änderung doch würde dieses Zeit Ihm zeigen, ebend. Die Nachwelt wird noch sagen, Was Lust er sich versagt, was Schmerzen er ertragen, Haller. Unter was Schein und Vorwand es auch sey. Zu was Ende. Welche Ellipse aber im Hochdeutschen, selbst in der Dichtkunst, eine schlechte Wirkung thun würde. Die ältere Oberdeutsche Mundart zog dieses was für gern in waser zusammen, welches auch Luther einige Mahl behalten hat. Aus waser Macht thust du das? aus was für Macht. Siehe Waser. Die Schweden gebrauchen ihr what för eben so, wie die Deutschen ihr was für. 2. Den unmittelbaren Gegenstand einer Handlung oder Wirkung, obgleich wiederum auf verschiedene Art. 1) Den Gegenstand der Richtung; freylich nur in einigen Fällen. Sorgen für die Zukunft. Aus Liebe, aus Achtung für dich verschweige ich es. Ich thue es aus Liebe, aus Freundschaft für dich. Ehrfurcht erfüllt uns für den Redlichen, dessen Asche hier ruht, Geßn. Sie hat keine Neigung für den Grafen. Ich zittre für dich. Für Görgen ist mir gar nicht bange, Gell. Was ich und was mein Herz für sie empfinden müssen, ebend. 2) Den Gegenstand der Bestimmung. Futter für das Vieh. Ein Behältniß für Staatsgefangene. Eine Liebe unter Herzen, die sich für einander geschaffen fühlen, Dusch. Spare deine Kräfte für die Lebendigen. Laß mich diese Erzählung für eine bessere Stunde aufbehalten. Ein Geschenk für seine Freunde. Für wen hat mich das Schicksal bestimmt? Bin ich nur für diese Welt geschaffen? Daure ich fort, so bin ich unendlich glücklich, daß ich auf der Erde für die Ewigkeit gelebt habe, Gell. 3) Den Gegenstand des Eigenthumes, des Besitzes; nur in einigen Fällen. Er nahm davon so viel er konnte, für sich. Das behalte ich für mich; welche R. A. aber auch figürlich bedeuten kann, das verschweige ich. Er hat einiges Vermögen für sich. 4) Den Gegenstand eines Interesse, der durch den Beysatz näher bestimmt wird. Das ist eine für das menschliche Geschlecht sehr wichtige Frage. Das ist eine Lehre für dich, eine Warnung für mich. Kann dieses noch eine Beruhigung für dich seyn? Eine unangenehme Nachricht für unser Herz. Sie haben sie geliebt, nur zu sehr für ihre Ruhe und Glückseligkeit geliebt. Die Unsterblichkeit läugnen ist für das Herz so verderblich, als Gott selbst läugnen, Gell. Besonders, 5) Den Gegenstand des Nutzens, des Vergnügens, der Sicherheit, des Vortheils, des Dienstes. Für das Vaterland streiten. Für jemanden bethen. Für etwas sorgen. Ihr Märtyrer für die Ehre der menschlichen Natur. Ich bin nicht für die Lustbarkeiten, nehmlich gesinnet. Mein Herz wollte lieber alles für dich leiden. Eine Person, für welche das Blut in mir spricht, Gell. Ich arbeite für ihr Glück, ebend. Ihn hält die Ruhe der Nacht nicht ab, für unsers Alters Freude zu sorgen, Geßn. Ihr Herz ist zu sehr für ihn eingenommen. Ich will alles für dich thun. Er hat vielen Grund für dich, zu seinem Behuf, zu seinem Vortheil. Er hat den Ruf eines vernünftigen Mannes für sich. Ich stehe für allen Schaden. Wer bürgt mir dafür? Wer wird wohl für ihre Treue Bürge werden wollen? So bist du Sylvia nur schön für dich allein, Gell. Ich lebe nur für ihn. Wenn ich weiß, daß ihr Herz für mich fühlt. Wenn wird für mich wieder eine Sonne scheinen? Weiße. Ein rechtschaffenes Herz hat an dem Bewußtseyn seiner Wünsche starke Beweise für die Unsterblichkeit, Gell. Oft bleibt das Vorwort weg, und alsdann vertritt die dritte Endung dessen Stelle. Das Rind ist mir zu klein. Dem Geschäfte das er erwählet, ganz zu leben, Gell. Nun wollen wir uns selber leben, Kleist. Dir schmückt das fromme Mädchen sich Bey ihrem Morgenliede, Raml. Auch mir erheben sich Opfer Von den goldnen Altären, auch mir erbebte der Tempel, Klopst. Hierher gehöret vermuthlich auch der reciproke Gebrauch für sich seyn, für sich leben, für sich bleiben, allein, außer der Verbindung, außer der Gesellschaft mit andern. Er will nicht heirathen, sondern für sich allein leben. Wer unverträglich ist, der bleibe doch für sich. Er lebt stille und einsam für sich. Ingleichen für sich in Gedanken reden, mit sich selbst reden. 6) Den Gegenstand des Widerstandes; für wider. Mintrost vür sende not, einer der Schwäb. Dichter. Ein Pflas=ter für alle Schäden. Eine Arzeney für das Fieber. Das hilft für Hunger und Durst, für die Kopfschmerzen. Alter hilft für Thorheit nicht. So wenig wir für diesen Kummer noch ein Heilungsmittel haben ausfündig machen können, Weiße. Ich thue es für die lange Weile, d. i. zur Vertreibung der langen Weile. Sollte es aber eine wirkende Ursache bedeuten so müßte es vor langer Weile heißen, so wie man sagt, vor Hunger sterben, vor Freude außer sich seyn, ich möchte vor großer Angst vergehen. S. Vor. 7) Den Gegenstand einer entferntern, oder zufälligen Beziehung, für: in Ansehung, in Betrachtung. Er ist kein Mann für mich, schickt sich nicht für mich, gefällt mir nicht. Der Tokayer ist nur ein Getränk für große Herren, weil nur die ihn bezahlen können. Er hat ein feines Gefühl für die Ehre. Dein Herz ist für die Rachgier zu hoch. Das ist für mich zu theuer, zu schwer, zu dunkel u. s. f. Das schickt sich nicht für meinen Stand. Das ist ein Mann für Julchen. Er hat Gesundheit für die schwerste Seereise. Ach, gibt es für mich noch einen heitern Himmel und eine sanfte Luft? Weiße. Ich habe keine Geheimnisse für dich. Für meine Freunde bin ich jederzeit zu Hause. Ist das eine Aufführung für eine wohl gerathene Tochter? Berge und Ströme sind geringe Hindernisse für die Liebe. Die Nächte, wo du deine Augen nicht schlossest, waren auch für mich schlaflos, Dusch. Das Feuer haucht Plagen für ihn, Kleist. Für das gegenwärtige Leben habe ich sie verloren, aber für die Ewigkeit muß ich sie retten, Hermes. Der Weg so kurz er war, war für die Schnecke weit, Lichtw. Denn dein Entwurf der Liebe Ist noch zu ordentlich für die so regen Triebe, Gell. In der poetischen Schreibart läßt sich auch hier das Vorwort zuweilen verschweigen, und durch die dritte Endung des Hauptwortes ersetzen. Ihm ist die Schöpfung erstorben, Kleist. Ihm blüht auf Auen das Unglück, ebend. 3. In vielen Fällen dienet dieses Vorwort zur nähern Bestimmung des Subjectes. Er, für seine Person, oder für sein Theil, ist kein Freund davon. Seine Bagage ist schon abgegangen, aber er, für seine Person, (was seine Person betrifft,) wird erst morgen abreisen. Ich, für meine Person, bin es sehr wohl zufrieden. Für mich gesteh ich gern, daß ich es nicht begreife, Hag. An und für sich betrachtet, d. i. ohne Beziehung auf andere Dinge. Vergnügungen, die an und für sich erlaubt sind. Das Tanzen kann an und für sich unmöglich Sünde seyn. Die Liebe, die für sich ein verzehrendes Feuer ist. Ingleichen zur nähern Bestimmung. 4. Einer Zeit, doch nur in einigen bereits eingeführten Fällen. Für jetzt, so viel die gegenwärtige Zeit betrifft. Für jetzt entschuldige mich, Gell. Für jetzt gehöret es mir zu, ebend. Fürjetzt zusammen gezogen zu schreiben, ist eben so widersinnig, als wenn man fürheute, fürdießmahl u. s. f. schreiben wollte. Für dießmahl will ich es dir vergeben, richtiger für dieses Mahl, oder für dieß Mahl. O Muse stimme noch für dießmahl meine Lieder, Cron. Für heute bin ich gesättiget. Aber, ich gehe für einige Zeit auf das Land, Hermes, anstatt auf einige Zeit, ist wider den Sprachgebrauch. Sich für beständig an einem Orte aufhalten. 5. Einer Ordnung. 1) Bey Zahlwörtern. Für das erste, oder fürs erste, für das zweyte, für das dritte u. s. f. zum ersten u. s. f. Und das sollt ihr für das erste wissen, daß u. s. f. 2 Petr. 1, 20. Fürs erste bedeutet oft auch jetzt, gegenwärtig. Betrachten mag ich dich fürs erste nicht, Less. Womit vorerst nicht zu verwechseln ist, welches vorher, zuvörderst, bedeutet. 2) Bey Hauptwörtern. Mann für Mann mustern, einen Mann nach dem andern, und zwar jeden besonders. Eine Sache Stück für Stück durchgehen. Fuß für Fuß. Die Feinde machen uns den Boden Fuß für Fuß, oder Schritt für Schritt streitig. Lassen sie mich Scene für Scene lesen. Du weißt, das Tag für Tag, dein alter Vater keift, Rost. Viele gebrauchen hier das Vorwörtchen vor. Du murrest Tag vor Tag, Gottsched. Frisch vertheidiget dieses vor aus dem Grunde, weil es hier eine Bewegung vor sich hin bedeute, nicht aber den Sinn des anstatt habe. Allein aus dem vorigen erhellet, daß für noch weit mehr Bedeutungen hat als anstatt; und daß es hier vor sich hin bedeute, ist völlig unrichtig. Endlich 6. Gehöret hierher auch diejenige Art des Gebrauches, wo für, nach dem Muster des Latein. pro, in einigen Fällen, als eine Art des Schwures gebraucht wird. Ich möchte fürn Henker wissen, wer euch dazu bestellt hat, Weiße. Besonders in der R. A. ich höre es für mein Leben gern, d. i. überaus gern. Für mein Leben hätte ich ihn gern kennen mögen, Weiße. Das Schwed. för wird gleichfalls in Schwüren gebraucht.

Anm. Es ist mehrmahls, selbst in den neuesten Zeiten, darüber gestritten worden, ob für und vor wirklich unterschieden sind, und ob sie im Gebrauche unterschieden werden müssen; aber da es auch eben so oft auf beyden Seiten an der nöthigen Sprachkenntniß gefehlet hat, so belohnet es wohl die Mühe, diese Sache noch Ein Mahl zu untersuchen. So fern das Wesentliche eines Wortes in dessen Abstammung bestehet, sind für und vor nicht wesentlich verschieden. Eines stammet von dem andern ab, so wie auch die untrennbaren Partikeln er - ur und ver - mit zu ihrer Verwandtschaft gehören. Selbst das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Latein. pro und prae, bey den ältesten Römern pri, wie aus privignus, pristinus, primus u. s. f. erhellet, sind damit verwandt. Der Unterschied zwischen für und vor rühret ursprünglich von den Mundarten her. Bey dem Ulphilas lauten beyde ohne Unterschied faur; die mit der Gothischen Sprache verwandte Oberdeutsche Mundart, welche die breiten Mitlauter so gern den runden vorziehet, sagte fur und für, die Niederdeutsche aber, die ihrer Natur nach den letztern gewogen ist, för und vor. Da aber die Mundarten durch Wanderungen, Handel und Wandel sehr frühe mit einander, wenigstens gewisser Maßen, vermischet worden, so geschahe es, daß dieses Vorwort, als ein unentbehrliches und sehr oft vorkommendes Wort, in verschiedenen sehr alten Gegenden unter verschiedener Gestalt üblich wurde. Die Römer hatten prae, pro, per und in Zusammensetzungen auch noch pri; bey den ältesten Alemannischen Schriftstellern finden sich fora (vor,) furi (für,) fuori und fure; bey den Angelsachsen for, fyr und fyre; bey den Isländern firi und fyri; bey den Holländern voor und veur; bey den Niedersachsen for und för. Nur die Schweden und Dänen haben allein för und fore, welches bey ihnen nicht nur für und vor, sondern auch in Zusammensetzungen unser ver vertreten muß. Es ist also dieses Vorwort wirklich unter den beyden Gestalten vor und für (fora und furi) schon bey den ältesten Oberdeutschen vorhanden gewesen; allein man gebrauchte sie ohne allen Unterschied, so wie es einem jeden einfiel, und in so fern hat Wachter Recht, wenn er behauptet, man treffe von dem Unterschiede der Wörter vor und für bey den alten Schriftstellern keine Spur an. Fora solichem tat, vor solche That, anstatt furi, für, Kero. Gibuntan furi kuninga, ante, anstatt fora, Ottfried. Furifaren, vorüber gehen, ebend. Thara furi, vor das, ante, anstatt fora; Furibringen, hervor bringen; Gan furi, hervor gehen, ebend. Furineman, vornehmen; Furebringen, vorbringen; Ih kume fure dih, vor dich, Notker. Fuori inan, vor ihm, der Übersetzer Tatians. Und so in tausend andern Stellen mehr. Eben so wenig unterschieden die Angelsachsen ihr for und fyr, die Holländer ihr voor und veur, und die Niedersachsen ihr for und för; und noch jetzt weiß der große Haufe so wohl der Ober- als Niederdeutschen von keinem Unterschiede, nur mit der Abänderung, daß jene sich häufiger des für, diese aber mehr des för bedienen. Da aber dieses Vorwort nach und nach sehr viele, zum Theil einander widersprechende Bedeutungen bekam, so mußte es nothwendig allerley Zweydeutigkeiten und Dunkelheiten verursachen. Man merkte solches gar bald, und fing daher schon früh an, die Wörter fort, er, ur, und ver, davon abzusondern; denn alle diese Begriffe mußte das furi oder für bey den Oberdeutschen ausdrucken, und zum Theil hat es diese Pflicht noch. S. Fort, Für I. Nur die beyden heutigen Vorwörter für und vor blieben lange vermischt, so groß auch die Zweydeutigkeit ist, die diese Vermischung in manchen Fällen machen muß. Peter ging vor Hansen zum Galgen, ist ganz etwas anders, als für Hansen; einen für sich predigen lassen, ganz etwas anders, als vor sich, und so in tausend Fällen mehr. Man muß indessen diese Zweydeutigkeiten nicht für so wichtig gehalten haben; denn es ist gewiß, daß man vor Luthers Zeiten keinen Schriftsteller aufweisen kann, der beyde Vorwörter beständig und mit Bewußtseyn unterschieden hätte. Die Oberdeutschen gebrauchten beständig ihr für, und es geschahe nur selten, daß ihnen Ein Mahl das mehr Niederdeutsche vor entwischte, und die Niedersachsen hütheten sich gar sehr, sich an dem Oberdeutschen für zu vergreifen. Fast scheinet es, daß schon Luther an einen beständigen Unterschied beyder Wörter gedacht habe; aber er blieb sich doch nicht immer gleich. In den heutigen Ausgaben der Deutschen Bibel werden beyde Vorwörter in vielen Stellen sehr richtig, aber in fast eben so vielen fast gar nicht unterschieden. Z. B. Friede vor der Furcht haben, Hiob 21, 9, für Furcht, anstatt der Furcht; für Furcht wegziehen, Es. 31, 9, vor Furcht; für Furcht schreyen, erschrecken, Matth. 14, 26, Kap. 28. 4; aus Furcht für den Jüden, Joh. 19, 38; es ist keine Furcht Gottes für ihren Augen, Röm. 3, 18, vor ihren Augen; für das Gebeth die Ohren zustopfen, Klagel. 3, 8, vor dem Gebethe u. s. f. Doch da ich die letzte bey seinem Leben heraus gekommene Ausgabe jetzt nicht bey der Hand habe, so will ich nicht entscheiden, ob solches auf seine Rechnung, oder auf die Rechnung seiner spätern Herausgeber zu schreiben ist. Gegen das Ende des sechzehenten Jahrhundertes ward dieser Unterschied beliebter und allgemeiner."Bey guten Authoren," sagt Joh. Rud. Sattler in seiner Orthographey und Phraseologey von 1607 "die noch vor wenigen Jahren im Truck außgegangen, wirdt gefunden; daß dieser Vnterscheid zwischen dem für und vor gehalten worden: für haben sie gebraucht anstatt des Lateinischen pro, als für einen schreiben; sodann das vor anstatt des Lateinischen ante, als: er ist vor ihm allhier gewesen, vorgehn, vormahls" u. s. f. Die Hochdeutschen, d. i. die Meißner, denen das vor aus ihrem gemeinen Sprachgebrauche, das für aber aus Oberdeutschen Schriften geläufig war, haben zu diesem Unterschiede das meiste beygetragen, der nachmahls durch die fruchtbringende Gesellschaft gewisser Maßen zu einem Gesetze gemacht wurde. Da man zugleich darauf fiel, den Unterschied zwischen beyden Wörtern durch das Latein. pro, prae, und ante zu bestimmen, so verursachte solches lange Zeit viele Schwierigkeiten und Ungewißheiten. Diese Lateinischen Vorwörter waren in Rom, selbst zu dessen blühendsten Zeiten, eben so unbestimmt und schwankend, als vor und für im 16ten Jahrhunderte. Man sagte pro tribunali, pro concione, pro fuggestu, pro pedibus abjicere, pro oppido, pro vallo, pro castris legiones constituere, prae patre suo beatus, nomen ejus prae meo citatur u. s. f. wo ein Deutscher das für unrichtig anbringen würde. Die Regel, für da zu setzen, wo man auch anstatt gebrauchen kann, erschöpfte die Sache auch nicht, und man ist erst nach und nach durch eine stillschweigende Übereinkunft dahin gekommen, das für in den oben von mir angezeigten Fällen zu gebrauchen; ein Vertrag, der nunmehr wenigstens alle Schriftsteller von Geschmack und Kenntniß verbinden muß, wenn gleich der große Haufe sich dadurch nicht Fesseln anlegen lassen will. Etwas streitiger sind zum Theil noch die mit vor und für zusammen gesetzten Wörter. Da es schwer ist, sich in den gehörigen Gränzen zu halten, wenn man Ein Mahl angefangen hat, zu reformiren, so wollte man auch hier alle Wörter mit für geschrieben wissen, in denen man nur einigen Schein von der Bedeutung des anstatt sahe oder zu sehen glaubte. Man schrieb also nach dem Muster der Oberdeutschen Fürbild, fürenthalten, Fürschrift, Fürgänger, fürhaben, fürhalten, Fürsatz, Fürschlag, fürsehen, Fürsorge, fürwerfen, Fürwitz, Fürsehung, u. s. f. welche die Hochdeutschen bisher beständig mit vor zusammen gesetzet hatten. Allein, man ging hierin offenbar zu weit. In vielen dieser Wörter hat das Vorwort unläugbar die Bedeutung des vor, wie bey jedem Worte insbesondere an seinem Orte gezeiget werden soll. In andern, wo es wirklich die Bedeutung des heutigen für hat, scheinet es, einige wenige Fälle ausgenommen, doch nicht nöthig zu seyn, das vor, dem gemeinsten Gebrauche zuwider, mit für zu vertauschen. In der Theilung der Begriffe hat vor die eigentlichen, für aber einige seiner figürlichen Bedeutungen erhalten. Wenn nun ein zusammen gesetztes Wort dieser Art beyde Bedeutungen hat oder haben kann, muß ich es denn deßwegen auf zweyerley Art schreiben? Zum Beyspiele Vorsorge bedeutet eine Sorge, die aus Klugheit zum voraus geschiehet, und da hat es ohne Widerrede vor; aber es bedeutet auch eine Sorge für oder zum Besten eines andern Dinges. Soll ich es um dieser figürlichen Bedeutung willen Fürsorge schreiben? Ich glaube, eben so wenig, als es in andern Fällen erlaubt ist, die figürliche Bedeutung von der eigentlichen durch die Schreibart zu unterscheiden; zumahl da solche Zweydeutigkeit, welche den Unterschied des für und vor nothwendig machten, hier nicht zu besorgen sind. Ein mehreres wird bey einem jeden hierher gehörigen Worte selbst vorkommen. Hier will ich nur noch bemerken, daß man diejenigen Wörter, die man nicht in Für- findet, in Vor- zu suchen habe.


Fürbaß (W3) [Adelung]


* Fürbaß, ein Oberdeutsches im Hochdeutschen völlig veraltetes Nebenwort, für besser fort, weiter fort, von für, so fern es ehedem auch fort bedeutete. Es wurde gebraucht, 1) von dem Orte. (a) Für weiter fort, vorwärts; in welcher Bedeutung es mehrmahls in der Deutschen Bibel vorkommt. Fürbas gehen, Matth. 4, 21. Sich fürbas wenden, 1 Sam. 10, 3. (b) Für anderwärts, an einem Orte. Schwabensp. Tit. 125. 2) Von der Zeit, länger, weiter hin, in Strykers altem Gedichte, und noch jetzt in der Schweizerischen Mundart. Nieders. vorbot.


Fürbiether (W3) [Adelung]


* Der Fürbiether, des -s, plur. ut nom. sing. eine im Oberdeutschen übliche Benennung des vornehmsten Gerichtsdieners, der die Parteyen vor Gericht biethet oder ladet; der Gerichtsfrohn. Ein Hochdeutscher müßte Vorbiether sagen. Eben daselbst ist auch fürbiethen für laden, citiren, und das Fürboth oder die Fürbiethung für Citation üblich.


Fürbild (W3) [Adelung]


Fürbild, S. Vorbild.


Fürbitte (W3) [Adelung]


Die Fürbitte, plur. die -n, eine Bitte, welche man für einen andern, oder zu dessen Besten einleget. Eine Fürbitte für jemanden bey einem andern einlegen. Fürbitte thun für alle Menschen, 1 Tim. 2, 1, d. i. für sie bethen. Da dieses Wort in keiner andern Bedeutung als des Vorwortes für üblich ist, so schreibt man es billig auch mit diesem Vorworte, ungeachtet es im gemeinen Leben der Hochdeutschen oft genug Vorbitte lautet.


Fürbitter (W3) [Adelung]


Der Fürbitter, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Fürbitterinn, plur. die -en, der oder die für einen andern bittet, oder bethet.


Furche (W3) [Adelung]


Die Furche, plur. die -n, die vermittelst der Pflugschar gezogene Vertiefung in die Erde. 1) Eigentlich, so wohl die auf dem Acker neben einander gezogenen Vertiefungen, welche eigentlich das Pflügen ausmachen, als auch die Vertiefung zwischen zwey Ackerbeeten, welche auch eine Gränzfurche, eine Wasserfurche, weil sie zugleich zur Ableitung des Wassers dienet, im Brandenburg. Scheidfahre, im Schleswig. Scheidungsfurchen und grüne Furchen, und im Oberdeutschen der Strang genannt wird. Furchen ziehen, machen. Solcher Rath grünte auf allen Furchen im Felde wie Galle, Hos. 10, 4. 2) Figürlich, längliche Vertiefungen, Striemen, Runzeln. Achtzig Jahre eines glücklichen Lebens hatten nur schwache Furchen auf seiner heitern Stirn gezogen, Wiel.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Notker Furche, im Angelsächs. Furh, im Engl. Furrow, im Holländ. Voore, im Schwed. For, Fora, im Lat. Porca und Forus, im Dän. aber Furre. In den Nieders. Mundarten, die den harten Hauchlaut gern vermeiden, lautet es Fahre, Fuhre, Fore. Es stammt von fahren her, so fern es ehedem ziehen, pflügen bedeutete. Im Angels. ist fyrian und im Lat. forare pflügen. Die von dem Pfluge aufgehäufte Erde neben dieser Vertiefung heißt bey einigen gleichfalls die Furche, bey andern die Erdfurche, im Meklenburg. ein Balken, im Brem. der Remel, im Oberd. der Furchenrain.


Furchen (W3) [Adelung]


Furchen, verb. reg. act. Furchen ziehen, machen. Auch figürlich, Runzeln machen, verursachen. Und Raufbold furchte schon Mit Runzeln seine Stirn, die Tod und Schrecken drohn, Zachar. Wie hat der Gram sein Angesicht gefurcht! Weiße.


Furcheneis (W3) [Adelung]


Das Furcheneis, des -es, plur. car. in der Landwirthschaft, Eis, welches sich bey den Nachtfrösten im Frühlinge in den Furchen ansetzet.


Furchenrain (W3) [Adelung]


Der Furchenrain, des -es, plur. die -e, S. Furche Anm.


Furchenweise (W3) [Adelung]


Furchenweise, adv. in Gestalt der Furchen.


Furchgenoß (W3) [Adelung]


Der Furchgenoß, des -ssen, plur. die -ssen, derjenige, dessen Acker an des andern Acker anstößet, dessen Acker nur durch eine Furche von dem seinigen unterschieden ist; der Furchnachbar.


Furcht (W3) [Adelung]


Die Furcht, plur. car. die Unlust über ein bevorstehendes Übel, es mag nun wirklich, oder nur in der Einbildung bevorstehen. 1) Eigentlich, besonders über ein bevorstehendes physisches Übel. Furcht haben, empfinden. Einem Furcht machen; im gemeinen Leben, ihm eine Furcht einjagen. Jemanden in Furcht setzen. In Furcht gerathen. Vor Furcht zittern. Wegen seiner Sache in Furcht seyn oder stehen. Etwas aus Furcht thun. Einem die Furcht benehmen. Es kam ihn eine Furcht an. Voller Furcht seyn. Die Sache, welche als ein Übel angesehen wird, oder die wirkende Ursache desselben ist, bekommt das Vorwort vor. Die Furcht vor Gespenstern, vor dem Gewitter, vor der Strafe, vor dem Tode. Im Oberdeutschen stehet sie mit Auslassung des Vorwortes auch in der zweyten Endung. Die Furcht des Todes, Ps. 55, 5; Ebr. 2, 15. Die Furcht Gottes kam über alle Heiden, 1 Chron. 15, 17. Wenn Furcht die Unlust über den möglichen Verlust eines erwarteten Guten ist, so wird sie der Hoffnung entgegen gesetzt. Zwischen Furcht und Hoffnung schweben. Oft bezeichnet man durch den Ausdruck Furcht die Furcht vor Gespenstern. Er weiß von keiner Furcht. Ohne Furcht im Finstern gehen. 2) Figürlich, die Vorsichtigkeit andere nicht zu beleidigen, Ehrfurcht. Furcht dem die Furcht gebühret, Röm. 13, 7. Mit Furcht zur Verantwortung bereit seyn, 1 Petr. 3, 16. Ein Mensch der weder Furcht noch Scheu hat. Die kindliche Furcht, wenn sie aus Liebe herrühret. Die knechtische Furcht, wenn sie bloß Furcht vor der Strafe ist. In engerm Verstande ist in der Deutschen Bibel und der Gottesgelehrsamkeit, die Furcht vor Gott, oder nach der Oberdeutschen von Luthern beybehaltenen Mundart, die Furcht Gottes, Gottesfurcht, die Sorgfalt, alle Beleidigungen Gottes in seinem Thun und Lassen zu vermeiden, da denn dieses Wort oft den ganzen innern und äußern Gottesdienst ausdruckt. In der Furcht Gottes wandeln, Apostelg. 9, 31. Die Furcht des Herren ist der Weisheit Anfang, Ps. 111, 10. Anm. Furcht, bey dem Ulphilas Faurht, bey dem Kero und Ottfried Foraht, bey dem Notker Forht, im Isidor Forahta, im Angels. Ferht, Firhto, im Nieders. mit der nicht ungewöhnlichen Versetzung des r, Frucht, Engl. Fright, Holländ. Vrucht, Dän. Frygt. Es gehöret zu dem Geschlechte der Wörter Befahren und Gefahr. Im Schwedis. bedeutet Fara und im Engl. Fear, noch jetzt Furcht. Auch das Lat. Pavor und vereri, das Ital. Paura, das Franz. Peur, und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Schauer, Schrecken, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - oder - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Schauer empfinden, sind genau damit verwandt, daher Furcht nicht von vor und achten herkommen kann, wie sich manche wegen der alten gedehnten Schreibart Foraht eingebildet haben. Es bedeutete ursprünglich denjenigen hohen Grad der Furcht, welcher sich durch einen Schauer und durch Zittern an den Tag leget, daher Ottfried forahtan noch für zittern gebraucht. Der Plural, der im Oberdeutschen wenigstens in der zweyten und dritten Endung nicht ungewöhnlich ist, ist im Hochdeutschen unbekannt. Wer dich in Frieden schaut, ist aller Furchten frey, Opitz. Erlöse dieses Land von Furchten und Beschwer, ebend.


Furchtbar (W3) [Adelung]


Furchtbar, -er, -ste, adj. et adv. fähig Furcht zu erwecken, Furcht einzuflößen. Ein furchtbares Kriegesherr. Ein furchtbares Gewitter. Carl der Zwölfte war seinen Feinden furchtbar. S. Fürchterlich.


Furchtbarkeit (W3) [Adelung]


Die Furchtbarkeit, plur. inus. die Eigenschaft einer Sache, da sie furchtbar ist.


Fürchten (W3) [Adelung]


Fürchten, verb. reg. act. Furcht empfinden. 1. In der eigentlichen Bedeutung des Hauptwortes, eigentlich vor Furcht zittern, aber in weiterer Bedeutung auch von geringern Graden dieser Empfindung, und zwar mit der vierten Endung der gefürchteten Sache. Ich fürchte (fürchtete) das Volk und gehorchte ihrer Stimme, 5 Sam. 15, 24. Der so aller Herr ist, wird keines Person fürchten, Weish. 6, 8. Fürchte den Tod nicht, Sir. 41, 5. Nur der fürchtet die Verachtung, der heimlich empfindet, daß er sie verdienet, Hermes. Entschlossen, Bedrückungen zu ertragen, die er vermuthen konnte, aber nicht zu fürchten schien, Sonnenf. Das Laster scheut die Ewigkeit, weil es genöthiget ist, einen Gott knechtisch zu fürchten, Gell. Meinen Oheim fürchte ich mehr als meine Mutter. Ein gebranntes Kind fürchtet das Feuer. Ein Kind fürchten machen, nicht zu fürchten. Ingleichen in Gestalt eines Reciproci, mit der vierten Endung der Person, sich fürchten. Er fürchtet sich außerordentlich. Ich fürchte mich, zu ihm zu gehen, hier zu bleiben u. s. f. Die Sache, welche der Gegenstand der Furcht ist, bekommt das Vorwort vor mit der dritten Endung. Sich vor dem Tode, vor dem Gewitter, vor der Strafe, vor einem Menschen fürchten. Wo es im gemeinen Leben oft absolute gebraucht wird, für sich vor Gespenstern fürchten. Er fürchtet sich nicht. Sich des Lebens fürchten, Jos. 9, 24, wegen seines Lebens in Furcht stehen, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich; doch sagt man im gemeinen Leben, sich der Sünde fürchten, sich scheuen selbige zu begehen. Wenn ihr euch der Sünde nicht scheuet, so solltet ihr euch der Schande fürchten, Hermes. 2. Figürlich. 1) Sich fürchten, jemanden zu beleidigen, Ehrfurcht vor ihm empfinden, wo es besonders von der Ehrfurcht vor Gott, in Gestalt eines Activi mit der vierten Endung des Hauptwortes gebraucht wird, und so wie Furcht oft den ganzen innern und äußern Gottesdienst in sich begreift. Da die Kinder Israel wider den Herren sündigten - und andere Götter fürchteten, 2 Kön. 17, 7. Fürchtet keine andere Götter und bethet sie nicht an, V. 35, 37. Im Hochdeutschen gebraucht man es nach dem Muster der Deutschen Bibel nur von der Ehrfurcht gegen den wahren Gott, und von der aus Liebe herrührenden Scheu, ihn zu beleidigen. Gott fürchten, den Herrn fürchten, des Herren Nahmen fürchten, sind Ausdrücke, welche in diesem Verstande häufig in der Bibel vorkommen. 2) Sich ein Übel mit Furcht als möglich vorstellen, für befürchten. Was der Gottlose fürchtet, das wird ihm begegnen, Sprichw. 10, 24. Noch mehr absolute. Ich fürchte, daß wir verschiedene Meinungen haben werden, Gell. Ich fürchte, daß mir diese unglückliche Entdeckung schon mehr als zu bekannt ist, ebend. Auch mit Auslassung des daß und vermittelst des Conjunctivi. Ich fürchte sehr, er werde nicht kommen. Ich fürchte, er möchte es erfahren. Zuweilen auch mit dem Indicative. Ich fürchte, man irrt sich nicht. Sehr unnöthig ist es, nach dem Muster der Lateiner noch ein nicht einzuflicken. Sie fürchtet noch, daß nicht ihr Vater hinter die Sache komme, Gottsch. für, daß ihr Vater hinter die Sache kommen möchte. Ich fürcht' Achat, daß meine Schwäche nicht, Wenn ich sie sprechen will, aus jeder Sylbe spricht, Schleg. Das Hauptwort die Fürchtung ist nicht üblich, obgleich befürchten dasselbe leidet. Anm. Fürchten, bey dem Ulphilas faurhtan, bey dem Ottfried forahten, im Niedersächs. mit Versetzung des r fruchten, Angels. frihtan, Holländ. vruchten, Dän. frygte, Schwed. frukta. S. Furcht. Im Oberdeutschen gehet es irregulär; Imperf. ich furchte oder forchte, Mittelw. gefurchten; welche Form mehrmahls in der Deutschen Bibel vorkommt. Ich hörte seine Stimme und furchte mich, 1 Mos. 3, 10. In eben dieser Mundart wird das Reciprocum sich fürchten auch mit der dritten Endung der Person verbunden. Wieo ich mir furhte, Notk. Daß ich mir vörcht, Theuerd, Kap. 52.


Fürchterlich (W3) [Adelung]


Fürchterlich, -er, -ste, adj. et adv. fähig einen hohen Grad der Furcht, Schrecken zu erwecken. Ein fürchterliches Geschrey. Ein fürchterlicher Ort. Hier ist es mir zu fürchterlich. Mit was für fürchterlichen Geschöpfen der Einbildung kämpfen sie? Er sahe sehr fürchterlich aus. Da fürchterlich in vielen Fällen von solchen Dingen gebraucht wird, welche eigentlich Schrecken einflößen, so druckt es mehr aus als furchtbar, und ist alsdann der ersten ursprünglichen Bedeutung der Wörter Furcht und fürchten getreuer geblieben. Romanzow hat sich den Türken furchtbar gemacht, aber wohl nicht fürchterlich.

Anm. Ehedem lautete dieses Wort nur furchtlich, bey dem Kero forahtlih, in dem Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter vorhlih. Wie das er hinein gekommen, welches sich auch in leserlich, lächerlich u. s. f. eingeschlichen hat, ist noch nicht ganz deutlich. S. Lich.


Furchtlos (W3) [Adelung]


Furchtlos, -er, -este, adj. et adv. der Furcht beraubt, ohne Furcht. Daher die Furchtlosigkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da man furchtlos ist.


Furchtsam (W3) [Adelung]


Furchtsam, -er, -ste, adj. et adv. geneigt, sich leicht zu fürchten. Der Hase ist ein furchtsames Thier. Furchtsame Soldaten. Ein furchtsamer Redner. Auch figürlich. Der schlanken Espen furchtsam Laub, Kleist. Anm. Ehedem bedeutete dieses Wort auch furchtbar, fürchterlich. So kommt vorhsam noch in dem Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter vor, und in dem 1472 gedruckten Buche Belial bedeutet ein forchtsamer Ritter einen furchtbaren, tapfern Ritter.


Furchtsamkeit (W3) [Adelung]


Die Furchtsamkeit, plur. inus. die Neigung zur Furcht, wodurch sie von der Furcht selbst hinlänglich unterschieden ist.


Fürdauern (W3) [Adelung]


Fürdauern, S. Fortdauern.


Fürder (W3) [Adelung]


Fürder, S. Förder.


Fürderlich (W3) [Adelung]


Fürderlich, S. Förderlich.


Fürgang (W3) [Adelung]


Fürgang, S. Vorgang.


Furie (W3) [Adelung]


Die Furie, (dreysylbig,) plur. die -n, aus dem Lat. Furia; in der Götterlehre der Griechen und Römer, scheußliche Halbgöttinnen der Hölle, welche die Seelen der Verdammten peinigen. Dieß verzerrete ihr Gesicht bis zur Ähnlichkeit einer Furie. Figürlich. 1) Eine im höchsten Grade erzürnte oder boshafte Person. Sie ist eine Furie. 2) Wuth. Er hat es in der Furie gethan. Endlich trieb eine Unterredung die Furien meiner Brust auf das höchste, v. Brawe. 3) Ein nackter Wurm ohne Glieder, dessen Körper, wie ein Faden gestaltet ist, und daher auch der Fadenwurm heißt; S. dieses Wort. Er fällt in Indien mit dem Regen auf die Haut und verursacht sehr heftige Schmerzen. 4) Eine Art Indianischen oder Chinesischen Tafferes oder Atlasses, welcher sehr abenteuerliche und ungewöhnliche Figuren hat, oder in Europa mit schönern und regelmäßigern Figuren nachgemacht wird.


Furier (W3) [Adelung]


Der Furier, (zweysylbig,) des -s, plur. die -e. 1) An Höfen, ein Bedienter, der die Befehle des Hofmarschalles ausrichtet, für die Versorgung der ankommenden Gäste sorget, und wo kein Futter-Marschall vorhanden ist, auch das Futter für den Marschall anzuschaffen hat. Er wird zum Unterschiede von dem folgenden auch Hoffurier genannt. Besorget er nur die Herberge und Verpflegung eines Hofes auf Reisen, so wird er Kammer- oder Reisefurier genannt. 2) Bey dem Soldatenwesen, ein Unterofficier, der für die Compagnie das Commiß-Brot empfängt, und dasselbe austheilet, auch für das Quartier der gemeinen Soldaten sorget.

Anm. Dieses Wort ist zunächst aus dem Ital. Foriere und Franz. Fourrier entlehnet, welches aber mit dem mittlern Lat. Fodrarius, aus dem Deutschen Futter, Nieders. Foder, Foer herstammet. Führe, Fuora, Vuora war auch im Oberd. Futter, wie in Frischens Wörterbuche und Schilters Gloss. erwiesen wird. S. Futter. Es ist eben so unnöthig, in diesem Worte das Franz. ou auszudrucken, als noch ein unnützes er anzuhängen, Furierer.


Furierschütz (W3) [Adelung]


Der Furierschütz, des -en, plur. die -en, bey dem Deutschen Kriegeswesen, gemeine Soldaten, welche dem Furier bey der Verwaltung seines Dienstes im Felde Hülfe leisten.


Furierzettel (W3) [Adelung]


Der Furierzettel, des -s, plur. ut nom. sing. bey Kaiserwahlen, die Liste ihres Gefolges, welche die churfürstlichen Gesandten dem Erbmarschallamte überschickten, damit der Reichsfourier die gehörigen Quartiere für sie besorgen konnte.


Fürjetzt (W3) [Adelung]


Fürjetzt, S. Für II. 4.


Furkel (W3) [Adelung]


Die Furkel, plur. die -n, S. Forke.


Fürlieb (W3) [Adelung]


Fürlieb, adv. welches nur im gemeinen Leben in der R. A. mit etwas fürlieb nehmen, üblich ist, damit zufrieden seyn, es in Ermangelung eines mehrern oder bessern sich gefallen lassen. Ich will mit tausend Thalern fürlieb nehmen. Für bezeichnet hier die vorgegebene Beschaffenheit, so wie man auch sagt etwas für empfangen einnehmen; daher man dieses Wort nicht richtig vorlieb spricht. S. Für II. 1. 4). Lieb ist ohne Zweifel das Nebenwort, welches angenehm bedeutet. Indessen kann es auch das alte Oberdeutsche Hauptwort Lieb für Liebe seyn, etwas als eine Liebe annehmen.


Fürmeister (W3) [Adelung]


Der Fürmeister, S. Vormeister.


Furnier (W3) [Adelung]


Das Furnier, des -s, plur. die -e, bey den Tischlern, dünne Blätter von allerley schönem Holze, womit sie ihre künstlichen Arbeiten auszulegen pflegen. Daher Furnieren, verb. reg. act. mit solchen Blättern auszulegen. Furnierte Arbeit. Der Furnierhobel, der dazu gebraucht wird. Aus dem Franz. fournir, Ital. fornire. Das Franz. ou im Deutschen auszudrucken, ist auch hier unnöthig.


Fürschrift (W3) [Adelung]


Die Fürschrift, Fürsehen, Fürsehung, Fürsicht, Fürsorge, S. in Vor.


Fürsprache (W3) [Adelung]


Die Fürsprache, plur. die -n. 1) Die Handlung, da man für einen andern, in seinem Nahmen spricht, in welchem Verstande es besonders im Oberdeutschen von der Verrichtung eines Sachwalters oder Advocaten üblich ist. 2) Die Handlung, da man für einen andern, d. i. zu seinem Besten spricht, eine Fürbitte, Empfehlung, der Fürspruch. Fürsprache thun. Eine Fürsprache für jemanden einlegen. Da dieses Wort nur in den jetzt gedachten beyden Bedeutungen üblich ist, so scheinet Fürsprache hier richtiger zu seyn, als Vorsprache.


Fürsprecher (W3) [Adelung]


Der Fürsprecher, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Fürsprecherinn, plur. die -en, der oder die für einen andern spricht. 1) In dessen Nahmen, der dessen Sache vor Gericht oder vor einem Höhern vertheidiget; in welchem Verstande es im Oberdeutschen für einen Sachwalter, Advocaten, ingleichen für einen Syndicum üblich ist, wo es auch wohl der Fürsprech lautet. Im Schwabenspiegel handelt das 69ste Kap. von den Vorsprechen, welche in dem Kapitel selbst Fürsprechen genannt, und von den Ratgeben Kap. 70. unterschieden werden. In Augsburg sind die Fürsprecher gewisse obrigkeitliche Personen, welche die Stadt in Reichssachen vertreten, und sich schon von dem zehenten Jahrhunderte an finden sollen. 1 Joh. 2, 1 wird Christus ein Fürsprecher bey dem Vater genannt. 2) Zu dessen Besten. Eine bessere Fürsprecherinn hätten sie nicht finden können, Gell.

Anm. Bey dem Notker lautet dieses Wort fersprecher, der auch das noch im Oberd. übliche Zeitwort fersprechen, fürsprechen, hat. S. das vorige.


Fürspruch (W3) [Adelung]


Der Fürspruch, des -es, plur. inus. wie Fürsprache, besonders in der zweyten Bedeutung. Ich verlasse mich auf ihren Fürspruch, Gell. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist Vorspruch der Eingang einer Predigt, die Vorrede, und alsdann hat es billig das vor. S. Fürsprache.


Fürst (W3) [Adelung]


Der Fürst, des -en, plur. die -en, Fämin. die Fürstinn, plur. die -en. 1) Der Erste und Vornehmste seiner Nation, seiner Provinz oder seines Staates, ein regierender Herr, ohne Rücksicht auf dessen anderweitige Unterscheidungswürde. In diesem Verstande sind Kaiser, Könige, Herzoge u. s. f. Fürsten. Auch Flirsten (gekrönte Häupter, regierende Herren) haben Gesetze, die sie nicht überschreiten dürfen. In der Deutschen Bibel werden Abraham und Hiob Fürsten genannt, weil sie unabhängige Häupter zahlreicher Familien und vieler dazu gehörigen Knechte waren. Eben daselbst heißt Christus der Fürst des Lebens, der Fürst des Friedens u. s. f. der Teufel aber ein Fürst der Welt, ein Fürst der in der Luft herrschet. In etwas uneigentlicher Bedeutung werden auch die vornehmsten Bedienten eines mächtigen Königes in der Bibel Fürsten genannt, wie 1 Mos. 45, 8 von dem Joseph, und Dan. 2, 48 von dem Daniel geschiehet. 2) Im Deutschen Reiche bezeichnete dieses Wort, als ein allgemeiner Ausdruck, ehedem gleichfalls die ersten und vornehmsten unter den Deutschen Ständen, von dem Kaiser an bis auf die Grafen und Dynasten, S. Fürstenrath, welches noch zum Theil in dieser weitern Bedeutung üblich ist, nur daß die Churfürsten hier nicht mit begriffen werden. Jetzt wird es nur noch mit Ausschließung der Grafen und Herren gebraucht. Ein geistlicher Fürst, ein weltlicher Fürst. 3) In engerm Verstande ist es eine Benennung desjenigen hohen Adels, der zwischen den Churfürsten und Grafen mitten inne stehet, und die Herzoge, Markgrafen, Landgrafen, einige Burggrafen, einige vornehme mit der fürstlichen Würde versehene Geistliche, und die Fürsten im engsten Verstande begreifet. 4) Zu den letztern oder den Fürsten im engsten Verstande, gehören nicht nur die gefürsteten Grafen, Äbte und Prälaten, sondern auch diejenigen Geschlechter vom hohen Adel, welche von den Kaisern in den neuern Zeiten mit der fürstlichen Würde bekleidet worden; dagegen die ältern fürstlichen Häuser sich lieber Herzoge nennen lassen.

Anm. Fürst, bey dem Willeram Vorst, bey dem Ottfried Furista, im Nieders. Förste und Forste, im Schwed. Förste, im Dän. Fyrste, ist der Superlat. von für, so fern es nach der Oberdeutschen Mundart so viel als vor ist, und bezeichnet das vorderste oder erste in feiner Art. Furistun ilunga, in höchster Eile, Kero. Ther furisto Euuarto, der oberste Priester, Ottfried. Im Engl. bedeutet first, und im Schwed. forst, noch der erste, und es scheinet, daß auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - der beste, eigentlich das erste in seiner Art bedeute. Im Schwabenspiegel Kap. 115 wird schon Princeps und Furst durch den vordersten erkläret, und zugleich, obgleich nicht ganz richtig, hinzu gesetzet, daß er diese Benennung um deßwillen habe, weil er der vorderste an dem Lehen sey, d. i. wie es daselbst erkläret wird, sein Lehen von dem Kaiser und Reiche empfähet, und nicht bloß ein Afterlehensmann ist. Auf eben die Art wird ein Fürst bey den alten Oberdeutschen Schriftstellern auch Herosto genannt, von her, eher, gleichsam der Erste, Princeps. Das st wird in Fürst und dessen Ableitungen und Zusammensetzungen bey den Hoch- und Oberdeutschen mit einem unangenehmen sch ausgesprochen, als wenn es Fürscht lautete, welche Aussprache auch in Bürste, durstig, garstig, Wurst u. s. f. eingeführet ist.


Fürsten (W3) [Adelung]


Fürsten, verb. reg. act. in den Fürstenstand erheben, von welchem aber nur das Mittelwort gefürstet üblich ist. Ein gefürsteter Graf, gefürsteter Prälat, gefürsteter Abt, ein Graf, Prälat oder Abt, der mit der fürstlichen Würde bekleidet ist, fürstlichen Rang hat. Eine gefürstete Grafschaft, eine Grafschaft, welche den Titel eines Fürstenthums erhalten hat.


Fürstenbank (W3) [Adelung]


Die Fürstenbank, plur. die -bänke, auf dem Reichs- und Kreisversammlungen, der Sitz der Fürsten in der engern Bedeutung dieses Wortes, und ihre Abgeordneten und Gesandten selbst. S. Fürst 3.


Fürstenbrief (W3) [Adelung]


Der Fürstenbrief, des -es, plur. die -e, ein Brief, d. i. Urkunde, worin jemand zum Fürsten erhoben wird.


Fürstenhut (W3) [Adelung]


Der Fürstenhut, des -es, plur. die -hüte, ein mit Hermelin ausgeschlagener Hut, der ehedem ein Unterscheidungsmerkmahl der fürstlichen Würde war, aber jetzt nur noch zuweilen bey feyerlichen Gelegenheiten und in den Waren gebraucht wird.


Fürstenkrone (W3) [Adelung]


Die Fürstenkrone, plur. die -n, eine besondere Art der Kronen, welche Fürsten, in der dritten Bedeutung dieses Wortes, über ihren Wapen zu führen pflegen.


Fürstenmäßig (W3) [Adelung]


Fürstenmäßig, adj. et adv. einem Fürsten gemäß, der fürstlichen Würde anständig; ingleichen einem Fürsten an Würde gleich.


Fürstenrath (W3) [Adelung]


Der Fürstenrath, des -es, plur. inus. auf dem Reichstage zu Regensburg, die Fürsten und ihre Gesandten, als ein Ganzes betrachtet, in der zweyten Bedeutung dieses Wortes, so daß alle Reichsstände außer den Churfürsten und Reichsstädten, folglich auch die Grafen und ungefürsteten Prälaten mit dahin gehören; das fürstliche Collegium. Im Fürstenrathe ist beschlossen worden u. s. f. S. Fürst 2.


Fürstenrecht (W3) [Adelung]


Das Fürstenrecht, des -es, plur. inus. in dem Deutschen Staatsrechte, 1) das Recht über Sachen zu urtheilen, welche eines Fürsten in der zweyten Bedeutung Leib, Ehre oder Lehnschaft betreffen, und welches was die Lehen betrifft, der Reichshofrath, was aber Ehre und Lehen anlanget, der Kaiser mit Zuziehung des Fürstenstandes besitzet. 2) Das Recht der Reichsfürsten, sich in Sachen, welche ihre Ehre und Leben betreffen, von niemanden als dem Kaiser und ihres Gleichen richten zu lassen.


Fürstenruf (W3) [Adelung]


Der Fürstenruf, des -es, plur. die -e, im Jagdwesen, Stücke, welche bey der Parforce-Jagd geblasen werden, den Herrschaften dadurch die Richtung der Jagd zu bezeichnen. S. Ruf.


Fürstenschnepfe (W3) [Adelung]


Die Fürstenschnepfe, S. Feldschnepfe.


Fürstenschule (W3) [Adelung]


Die Fürstenschule, plur. die -n, eine von einem Landesfürsten zum Nutzen seiner Landeskinder gestiftete Schule, Gymnasium illustre. In diesem Verstande sind besonders die drey Chursächsischen Gymnasia zu Meißen, Pforte und Grimme unter dem Nahmen der Fürstenschulen bekannt.


Fürstenstand (W3) [Adelung]


Der Fürstenstand, des -es, plur. inus. 1) Der Stand, d. i. die Würde eines Fürsten, in allen vier Bedeutungen dieses Wortes, besonders aber in der vierten. In den Fürstenstand erhoben werden. 2) Die sämmtlichen Fürsten eines Reiches oder Kreises als ein Ganzes betrachtet, in der 3ten und 4ten Bedeutung des Wortes Fürst.


Fürstentag (W3) [Adelung]


Der Fürstentag, des -es, plur. die -e, die Zusammenkunft der Fürsten eines Reiches oder einer Provinz, dergleichen Fürstentage so wohl in dem Deutschen Staatsrechte, als auch in Schlesien bekannt sind. Einen Fürstentag ausschreiben, halten. S. Tag.


Fürstenthum (W3) [Adelung]


Das Fürstenthum, des -es, plur. die -thümer. 1. Die Gewalt und Würde eines Fürsten, so fern dieses Wort in der allgemeinsten Bedeutung, den Ersten und Obersten eines Staatskörpers bezeichnet. In dieser veralteten Bedeutung wird es Evist. Jud. 6 von dem Zustande der Engel gebraucht. Eben so ungewöhnlich ist der Gebrauch der Deutschen Bibel, die Engel selbst Fürstenthümer zu nennen, wie Ephes. 3, 10 geschiehet. 2. Das Land, das Gebieth eines Fürsten. 1) In der weitesten Bedeutung, das Land eines regierenden Herren, in welcher dieses Wort in der Deutschen Bibel vorkommt, auch zuweilen noch in der hö- hern Schreibart gebraucht wird. 2) In engerm Verstande ist es ein Land, welches von seinem eigenen Fürsten beherrschet wird, oder doch ehedem beherrschet worden; wo es bald als ein allgemeiner Ausdruck auch von Herzogthümern, Landschaften, Markgrafthümern, und einigen Burggrafthümern gebraucht, bald aber auch im engsten Verstande noch davon unterschieden wird. S. Fürst 3. 4.


Fürstlich (W3) [Adelung]


Fürstlich, -er, -ste, adj. et adv. einem Fürsten gemäß, ähnlich, gehörig u. s. f. Das fürstliche Collegium. Die fürstliche Würde. Fürstlich leben. Ein fürstlicher Staat. Die fürstlichen Einkünfte. Ew. Fürstliche oder Hochfürstliche Durchlaucht, ein Titel der Fürsten im engsten Verstande.


Fürter (W3) [Adelung]


Fürter, S. Förder.


Furt (W3) [Adelung]


Die Furt, plur. die -en, ein seichter Ort in einem Wasser, wo man durch dasselbe fahren, gehen oder reiten kann. Die Männer jagten ihnen nach bis an die Furt, Jos. 2, 7. Sie gewannen die Furt am Jordan ein, Richt. 3, 7. Und machten die Furt, 2 Sam. 19, 18. Über eine Furt gehen.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Stryker Fuert, im mittlern Lat. Forda, im Angelsächs. und Engl. Forth, im Holländ. Voord, im Dän. Bort, im Böhm. Brod, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Es stammt von fahren ab, so fern es gehen, reisen überhaupt bedeutete. In einigen Gegenden ist es männlichen Geschlechtes. Und zog an den Furt Jaboc, 1 Mos. 32, 22. Ein fuert, Stryk. In einem etwas andern Verstande bedeutet das Dän. Fiord, Far bey dem Ottfried, das Schwed. Fjärd, das Isländ. Fiord und das damit verwandte Lat. Fretum, eine Meerenge. S. Fahrt, Fährte und Anfurt. Im Oberd. ist Furt im männlichen Geschlechte auch das Bett eines Flusses. Statt Furt gebrauchen die Niedersachsen ihr Wadt, ein Ort, wo man durchwaten kann; womit das Lat. Vadum sehr deutlich verwandt ist.


Fürtrefflich (W3) [Adelung]


Fürtrefflich, S. Vortrefflich.


Fürwahr (W3) [Adelung]


Fürwahr, adv. welches im gesellschaftlichen Umgange als eine Betheuerung gebraucht wird. Fürwahr du bist ein verborgener Gott, Es. 45, 15. Fürwahr dieser ist ein frommer Mensch gewesen, Luc. 23, 47. Zuweilen stehet es schlechthin für gewiß. Das weiß ich aber fürwahr, wer Gott fürchtet u. s. f. Tob. 3, 22, d. i. für gewiß, gewiß.

Anm. Fiurwar und Furwar kommt schon bey den Schwäbischen Dichtern vor. Ottfried gebraucht dafür ziuuaru und giuuaro. Für bezeichnet hier die Beschaffenheit der Sache, so wie man sagt, ich weiß es für gewiß. S. Für II. 1. 4).


Fürwitz (W3) [Adelung]


Der Fürwitz, S. Vorwitz.


Fürwort (W3) [Adelung]


Das Fürwort, des -es, plur. die -wörter. 1) Die Fürsprache, der Fürspruch; doch am häufigsten im Oberdeutschen, und ohne Plural. Ein Fürwort für jemanden einlegen. Ich brauche dein Fürwort nicht. 2) In der Sprachkunst, ein Redetheil, welcher für, d. i. anstatt eines Nennwortes stehet, oder die Idee eines Nennwortes ins kurze ziehet; Pronomen. Nie habe ich ein Unglück erlebt, das eurem gleich wäre; wo eurem für demjenigen, welches ihr erlitten habet, stehet.

Anm. Einen solchen Redetheil nennen schon Ruodebert im neunten Jahrhunderte bey dem Goldast fure daz nomen, spätere Schriftsteller ein Fürnennwort, noch andere Vornahmen, Vorwort, Anstattwort, Personenwort u. s. f. Indessen ist Fürwort am üblichsten geblieben, zumahl, da es bequem genug ist, den Begriff eines solchen Redetheiles auszudrucken, und denselben von einem Vorworte oder Präposition zu unterscheiden.


Furz (W3) [Adelung]


+ Der Furz, des -es, plur. die Fürze, Diminut. das Fürzchen, Oberd. Fürzlein, in den niedrigen Sprecharten, eine Benennung der Blähungen in dem Eingeweide, so fern sie mit einem gewissen Geräusche in das Freye gehen. Daher furzen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, dergleichen Blähungen gehen lassen.

Anm. Im gemeinen Leben auch Farz und farzen, im Nieders. Furt, Purt und furten, purten, im Angels. Feort, im Engl. Fart, im Dän. Fiärt, im Schwed. Fyärt, im Isländ. Freta, im Albanischen Pord, im Wallachischen Pjerd, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Franz. Bourdon und bourder, Böhm. prdeti. Es ist eine Nachahmung des Lautes solcher Winde, daher sich über die Übereinstimmung so vieler Sprachen nicht verwundern darf.


Fusel (W3) [Adelung]


Der Fusel, des -s, plur. inus. im gemeinen Leben Ober- und Niedersachsens eine Benennung des gemeinen und schlechten Kornbranntweines. Daher fuseln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, solchen Branntwein trinken. S. Branntwein und Finkeljochen.


Füsilier (W3) [Adelung]


Der Füsilier, (dreysylbig) des -s, plur. die -e, in dem Kriegswesen, eigentlich ein Soldat, welcher mit einer Flinte bewaffnet ist; zum Unterschiede so wohl von den Lanzenknechten, als auch von den Musketieren. Heut zu Tage, wo alle Soldaten Feuergewehre mit Feuerschlössern führen, welche eigentlich Flinten heißen, führen doch zuweilen noch gewisse leichte Soldaten zu Fuß diesen Nahmen, deren Gewehr etwas kleiner ist, als das Gewehr der Musketiere.

Anm. Der Nahme ist aus dem Franz. Fusilier, Ital. Fociliere, Fuciliere, welches von Fusil, eine Flinte, abstammet. Im mittlern Lateine ist Fugillus und Fusillus der Feuerstahl, von Focus.


Fuß (W3) [Adelung]


Der Fuß, des -es, plur. die Füße, Diminut. das Füßchen, Oberd. Füßlein, dasjenige Gliedmaß des thierischen Körpers, welches demselben zur Bewegung auf der Erde dienet. 1. Eigentlich, da es denn so wohl in weiterer Bedeutung von diesem ganzen Gliedmaße bis an den Unterleib, als auch in engerer nur von dem untersten Theile desselben gebraucht wird. 1) Überhaupt, von diesen Gliedmaßen bey allen Thieren, welche im gemeinen Leben auch Beine genannt werden. Der Mensch und die Vögel haben zwey, manche Thiere vier, die Insecten sechs und mehr Füße. Die Jäger nennen die Füße an den Auerhahnen und ähnlichem Federwildbrete Ständer, die Beine der Hunde und alles haarigen Wildbretes Läufe, der Bären Arme, und den untersten Theil derselben, der im gemeinen Leben bey den mit Zähen versehenen Thieren die Pfote heißt, die Tatze. Fuß wird bey ihnen nur von der Sohle des Hirsches und Thieres gebraucht. 2) Besonders, von dem menschlichen Fuße, wo dieses Wort gleichfalls so wohl in weiterer Bedeutung von dem ganzen Gliede, als auch in engerer, von dessen unterstem Theile von dem Ende des Schienbeines gebraucht wird. Schuhe an den Füßen haben. Mit bloßen Füßen gehen. Sich zu jemandes Füßen setzen. Sich einem zu Füßen werfen, vor ihm niederfallen; einem zu Fuße fallen. Zu Fuße reisen, gehen, im Gegensatze des Reitens oder Fahrens. Gut zu Fuße seyn, gut gehen können. Ein Soldat zu Fuße, im Gegensatze eines Soldaten zu Pferde oder eines Reiters. Zu Fuße dienen, ein Soldat zu Fuße oder ein Infanterist seyn. Einem auf dem Fuße nachfolgen, sehr nahe. Ihm läuft das Glück auf dem Fuße nach, Gell. Fuß für Fuß, einen Schritt nach dem andern. Zu Fußen im Bette, in demjenigen Theile des Bettes, wo sich gemeiniglich die Füße befinden. Etwas mit Füßen treten. Trockenen Fußes durch einen Fluß gehen, ohne die Füße zu benetzen. Dahin gehören auch eine Menge figürlicher Arten des Ausdruckes, zu welchen dieses nothwendige Glied das Bild hergeliehen hat. Etwas unter die Füße treten, es verachten und zu vernichten suchen. Die Gesetze der Tugend und Ordnung unter die Füße treten. Sich auf die Füße machen, anfangen zu gehen, sich auf den Weg machen. Einem Füße machen, ihn forttreiben, antreiben zu eilen. Sich mit Händen und Füßen wehren, aus allen Kräften. Jemanden auf freyen Fuß stellen, ihn in Freyheit setzen. Einen Fuß schon im Grabe haben, von dem Tode nicht weit mehr entfernt seyn. Die Sache hat Hand und Fuß, hat Geschick, ist ihrer Bestimmung völlig gemäß. Festen Fuß fassen, sich fest mit den Füßen stellen, ingleichen sich an einem Orte fest setzen. Den Feind festen Fußes erwarten, Less. ohne zu weichen. Festen Fuß halten, nicht weichen. Was schwach und furchtsam ist, behilft sich mit dem Laufen, Die Löwen halten Fuß, Opitz. Einem auf die Füße helfen, seinen häuslichen Zustand verbessern. Ein Land unter den Fuß bringen, es bezwingen, erobern. Ich habe heute noch keinen Fuß aus dem Hause gethan, bin nicht aus dem Hause gekommen. Stehenden Fußes, sogleich, den Augenblick. Sich stehenden Fußes auf den Weg machen. Einem etwas unter den Fuß geben, ihm heimlich Nachricht davon geben, es ihm heimlich anrathen. Mit jemanden über den Fuß gespannt seyn, nicht im besten Vernehmen mit ihm leben. 2. Figürlich. 1) Der unterste Theil eines leblosen Körpers, worauf er stehet, besonders wenn derselbe eine breite Grundfläche hat, zum Unterschiede von einem Beine. Der Fuß an einer Säule, der Säulenfuß. Der Fuß an einem Gränzsteine, dessen unterer dicker Theil. Der Fuß eines Tisches, Bettes, Uhrgehäuses, Weinglases, Handfasses, u. s. f. Am Fuße des Berges, der auch dessen Wurzel heißt. Zwey Kinder spielten einst hart an des Pico Fuß, Lichtw. Der Fuß eines Zirkels. Im Bergbaue heißt die unterste Fläche des Stollens, worauf das Wasser abläuft, der Fuß oder die Sohle. 2) Ein Maß. (a) Ein Längenmaß, welches vornehmlich im Bauen, und in Bestimmung der Weiten gebraucht wird, von der Länge des untersten Theiles des Fußes eines erwachsenen Menschen hergenommen ist, und auch ein Schuh genannt wird. Der geometrische oder Decimal-Fuß hält 10 Zoll und ist der zehnte Theil einer Ruthe. Der Rheinländische Fuß hält 12 Zoll und ist der zwölfte Theil einer Ruthe. Eines Fußes lang. Keinen Fuß breit weichen. Kein Fuß breit steht daselbst dir ohne Waffen offen, Schleg. In dieser Bedeutung bleibt es, wenn es mit einem Zahlworte verbunden ist, im Plural unverändert, nach dem Beyspiele sovieler andern Wörter, welche ein Maß, Gewichte u. s. f. bedeuten. Sechs Fuß hoch, vier Fuß breit, nicht Füße. Stehet aber kein Zahlwort dabey, so wird es gemeiniglich auf Oberdeutsche Art abgeändert. Ein Maß nach Fußen, das Fußmaß. Etwas nach Fußen und nicht nach Ellen messen; nicht nach Füßen. (b) Bey den Orgeln, ein Maß des Tones der Orgeln, welches von dem Maße der Länge der Pfeifen hergenommen ist. Acht Fuß Ton, gleicht der Menschenstimme in den vier Altern. Vier Fuß Ton, wenn das tiefe e des Basses nur das unterste von der Octave des Tenors ist. 3) In der Dichtkunst, zwey oder mehr mit einander verbundene Sylben, welche regelmäßig auf einander folgen, ein Sylbenfuß; nach dem Lat. Pes, weil die Verse darauf gleichsam einher treten. Ein Vers von vier, von sechs Füßen. Ein jambischer, trochaischer, daktylischer Fuß. 4) Der Zustand einer Sache ohne Plural. Seine Sachen stehen auf einem guten, auf einem schlechten Fuße. Eine Sache wieder auf den alten Fuß setzen. Ich habe mich auf den Fuß gesetzt, daß ich seiner nicht bedarf. Dieses elende Haus siehet mich noch immer auf eben dem Fuße als den ersten Tag, Less. 5) Die Art und Weise der Behandlung einer Sache. (a) Truppen nach dem kaiserlichen Fuße errichten, auf eben die Art, wie die kaiserlichen errichtet sind. Er würde es vielleicht auf einen viel ernsthaftern Fuß nehmen, Schleg, die Sache viel ernsthafter aufnehmen. Muß sie auf einem so kindischen Fuße mit mir umgehen? Less. Wir leben auf einem sehr guten Fuße mit einander. Auf einem großen Fuße leben, vornehm, prächtig. Ein großer Fuß war ehedem eine Zierde, und die Schuhe hatten besonders im 14ten Jahrhunderte ihr bestimmtes Maß, nach dem Range dessen, der sie trug, so wie ehedem die Brillen in Spanien. Die Schuhe einer fürstlichen Person waren 2 1/2 Fuß, eines Freyherren 2 Fuß, und eines gemeinen von Adel 1 1/2 Fuß lang. (b) In dem Münzwesen, die Einrichtung des innern Werthes und Gehaltes der Münzen; der Münzfuß. Der alte Reichsfuß, welchen Ferdinand I. im Jahre 1559 zu Stande brachte, nach welchem eine Mark Silber auf 8 Rthlr. ausgemünzet wurde. Der neue Reichsfuß, wurde 1623 beschlossen und nach demselben die Mark auf 9 Rthlr. 2 gr. gesetzt. Nach dem Zinnischen Fuße, der 1667 in einer Deputation in dem Magdeburgischen Kloster Zinna angenommen wurde, stieg die Mark Silber auf 10 Rthlr. 12 gr. Im Jahre 1690 kam der Leipziger Fuß in einer Deputation zu Leipzig auf, wo die Mark auf 12 Rthlr. gesetzt wurde. Nach dem Conventions-Fuße von 1750 endlich wurde sie auf 13 Rthlr. 8 gr. gesetzt.

Anm. Einige, z. B. die Schlesischen Mundarten, sprechen das u in diesem Worte geschärft aus, Fuß, Füsse, statt Füße. Bey dem Kero lautet es Fuazz, bey dem Ottfried Fuaz, im Isidor Fuozss, bey dem Raban Maurus Phuoz, bey dem Notker Fuoz. Die Niedersächsische und die damit verwandten Mundarten haben statt des Zischlautes ein t; Nieders. Foot, Schwed. Fot, Wallis. Pedd, Goth. Fotus, Isländ. Fotur, Engl. Foot, Angels. Fot, Holländ. Voed. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Lat. Pes folgen in der ersten Endung dem Oberdeutschen, in den andern aber, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Pedis u. s. f. dem Niederdeutschen. Im Pers. heißt der Fuß Pah, Franz. Pie. S. Pfote, welches gleichfalls daher stammet. Das Stammwort ist vermuthlich das alte fus, eilig, Schwed. fösa, eilen, Angels. fus, hurtig; wenn nicht vielmehr diese Wörter von dem Fuße, dem Werkzeuge der Eile entlehnet sind. Bey dem Kero ist funs und funser, schnell. S. Faseln. In der Niederlausitz ist dieses Wort ungewissen Geschlechtes, das Fuß.


Fußangel (W3) [Adelung]


Die Fußangel, plur. die -n, Angeln oder vierspitzige Eisen, welche zur Beschädigung der Füße auf die Erde geworfen werden. Fußangeln legen. Sie werden auch Fußeisen genannt.


Fußbad (W3) [Adelung]


Das Fußbad, des -es, plur. die -bäder. 1) Die Handlung, da man die Füße badet. Ein Fußbad gebrauchen. 2) Das Wasser, womit solches geschiehet, ohne Plural; das Fußwasser.


Fußballen (W3) [Adelung]


Der Fußballen, des -s, plur. ut nom. sing. der Ballen am Fuße, zum Unterschiede von dem Handballen.


Fußbank (W3) [Adelung]


Die Fußbank, plur. die -bänke, eine Bank, die Füße darauf zu setzen, dergleichen die Fußbank auf den Galeeren ist. In der anständigen Sprechart auch das, was man im gemeinen Leben einen Schämel nennet. Die Erde ist meine Fußbank, Es. 66, 1. S. Fußschämel.


Fußbecken (W3) [Adelung]


Das Fußbecken, des -s, plur. ut nom. sing. ein Becken zum Waschen der Füße, zum Unterschiede von einem Handbecken.


Fußblatt (W3) [Adelung]


Das Fußblatt, des -es, plur. die -blätter. 1) An den Füßen der Menschen und einiger Thiere, der Theil der untersten Fläche des Fußes, von der Fußsohle an bis zu den Fersen. In weiterm Verstande begreift man auch wohl die ganze unterste Fläche des Fußes, den Plattfuß, mit Einschluß der Fußsohle unter diesem Nahmen. 2) Figürlich, eine Amerikanische Pflanze Podophyllum L. Weil die Frucht der einen Art dieser Pflanze im May reif wird, und einem Apfel gleicht, so heißt sie auch Mayapfel; Podophyllum peltatum L.


Fußbock (W3) [Adelung]


Der Fußbock, des -es, plur. die -böcke, Böcke der Dachdecker, welche einen Strebepfeiler vorstellen, und mit Stricken an das Holzwerk befestiget werden, Breter, worauf die Arbeiter stehen, zu tragen.


Fußboden (W3) [Adelung]


Der Fußboden, des -s, plur. die -böden, der unterste Boden eines Zimmers, welcher zum Gehen bestimmt ist, zum Unterschiede von dem obern Boden oder der Decke, Nieders. die Diele.


Fußbret (W3) [Adelung]


Das Fußbret, des -es, plur. die -er. 1) Ein Bret, welches für die Füße bestimmt ist, auf, oder an welches man die Füße setzet. Das Fußbret eines Bettes. 2) Bey einigen Zergliederern auch der Vorderfuß.


Fußdecke (W3) [Adelung]


Die Fußdecke, plur. die -n, grobe Decken zur Bekleidung des Fußbodens; im Oberd. Loden.


Fußdienst (W3) [Adelung]


Der Fußdienst, des -es, plur. die -e, Dienste, welche zu Fuße verrichtet werden. Besonders Frohndienste, welche ein Unterthan für seine Person ohne Zugvieh zu leisten verbunden ist, und in engerer Bedeutung, Gänge, welche er zur Frohne verrichten muß; welche Arten der Frohnen auch Fußfrohnen, Leibdienste oder Leibfrohnen, Handdienste oder Handfrohnen, im Oberd. Fußrobathen, heißen; zum Unterschiede von den Spanndiensten.


Fußeisen (W3) [Adelung]


Das Fußeisen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) S. Fußangel. 2) Eiserne Fessel, die Füße eines Verbrechers damit zu befestigen; die Fußschellen, im Tatian Fuoz truhi, Niedersächs. Vothhelden.


Füßeln (W3) [Adelung]


+ Füßeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur in einigen gemeinen Mundarten üblich ist. 1) Schlecht zu Fuße seyn, in Schlesien. 2) Mit den Füßen spielen.


Fußen (W3) [Adelung]


Fußen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. 1) Eigentlich, die Füße auf etwas setzen. In diesem Verstande sagen die Jäger von den Repphühnern, daß sie fußen, wenn sie sich setzen. In engerm Verstande, festen Fuß fassen. Der Boden ist zu weich, zu schlüpfrig, man kann hier nicht fußen. Die Blume fußt mit ihren durchhöhlten Wurzeln in dem Erdreiche, Gell. 2) Figürlich, auf etwas fußen, sich darauf verlassen. Er scheint auf meine Fürsprache sehr zu fußen. Fußen sie doch nicht auf eine so wunderbare Nachricht, Less. Das Schwed. föta sig hat eben diese Bedeutung.


Fußfall (W3) [Adelung]


Der Fußfall, des -es, plur. die -fälle, die Handlung, da man jemanden zu Fuße fällt. Einem einen Fußfall thun.


Fußfällig (W3) [Adelung]


Fußfällig, adj. et adv. zu Fuße fallend. Fußfällig vor einem werden, im Oberd. ihm zu Fuße fallen. Im Hochdeutschen nur als ein Nebenwort. Fußfällig um Vergebung bitten. Bey dem Ottfried fuaz fallonti.


Fußfessel (W3) [Adelung]


Die Fußfessel, plur. die -n, Fesseln, die Füße eines Gefangenen damit zu belegen; das Fußgeschmeide.


Fußfest (W3) [Adelung]


Fußfest, adj. et adv. so fest, daß man sicher darauf fußen kann. Ein fußfester Grund oder Boden.


Fußfrohne (W3) [Adelung]


Die Fußfrohne, plur. die -n, S. Fußdienst.


Fußgänger (W3) [Adelung]


Der Fußgänger, des -s, plur. ut nom. sing. der zu Fuße reiset. So wird dich das Armuth übereilen, wie ein Fußgänger, Sprichw. 6, 11. Wie ein Fußgänger, der durstig ist, lechzet sie, Sir. 26, 15. Auch ein Soldat, welcher zu Fuße dienet, ein Infanterist; zum Unterschiede von einem Reiter. S. Fußknecht. Im Schwabensp. Fuzgengel.


Fußgarde (W3) [Adelung]


Die Fußgarde, plur. die -n, eine Garde oder Leibwache zu Fuße.


Fußgeschmeide (W3) [Adelung]


Das Fußgeschmeide, des -s, plur. ut nom. sing. S. Fußfessel.


Fußgesimse (W3) [Adelung]


Das Fußgesimse, des -s, plur. ut nom. sing. in der Baukunst, das Gesimse an dem Fuße oder Fußgestelle einer Säule; zum Unterschiede von dem Hauptgesimse.


Fußgestell (W3) [Adelung]


Das Fußgestell, des -es, plur. die -e, ein Gestell, so fern es den Fuß eines Körpers oder einer Last ausmacht. Das Fußgestell einer Säule, das Postament, der Säulenstuhl, Säulenfuß, Stylobates. Das Fußgestell einer Bildsäule, eines Uhrgehäuses, eines Tisches u. s. f. Bey den Jägern werden auch die Schenkel des Habichtes das Fußgestell oder Gestell genannt.


Fußgicht (W3) [Adelung]


Die Fußgicht, plur. inus. ein guter alter Oberdeutscher Ausdruck, das Podagra zu bezeichnen, welches schon in der Monseeischen Glosse Fuozsucht genannt wird.


Fußhader (W3) [Adelung]


Der Fußhader, des -s, plur. die -n, ein Hader oder Lappen, womit man die Schuhe reiniget. Eines Fußhader seyn, im gemeinen Leben, von ihm zu verächtlichen Diensten gemißbrauchet werden.


Fußhammer (W3) [Adelung]


Der Fußhammer, des -s, plur. die -hämmer, bey den Goldschmieden, ein Hammer, dessen beyde Enden aus aufgeworfenen Knorren bestehen, die Beulen, welche von dem Aufziehhammer in den Geschirren entstehen, wieder gleich zu schlagen.


Fußknecht (W3) [Adelung]


Der Fußknecht, des -es, plur. die -e. 1) Eine veraltete Benennung eines Soldaten zu Fuß, eines Fußgängers, oder Infanteristen, der auch ein Reisknecht genannt wurde, von Reise, Feldzug. 2 Macc. 12, 20, 33; Kap. 13, 2. 2) Im Forstwesen, ein Forstknecht, der unter dem Förster zu Fuße dienet, ein Heideläufer, Forstläufer, zum Unterschiede von dem Heidereiter.


Fußkuß (W3) [Adelung]


Der Fußkuß, des -sses, plur. die -küsse, der Kuß des Fußes eines andern; besonders so fern derselbe eine Art der Ehrerbiethung gegen die Römischen Päpste ist. Zum Fußkusse gelassen werden.


Füßling (W3) [Adelung]


Der Füßling, des -es, plur. die -e, derjenige Theil des Strumpfes, welcher den untersten Theil des Fußes bedecket. Ingleichen eine Art Bekleidung für diesen untersten Theil; eine Socke. Nieders. Fötling. S. -Ling.


Fußmaß (W3) [Adelung]


Das Fußmaß, des -es, plur. die -e. 1) Das Maß eines Fußes, dergleichen z. B. der Schuster nimmt. 2) Das Maß nach Fußen; zum Unterschiede von dem Ellenmaße u. s. f.


Fußmörser (W3) [Adelung]


Der Fußmörser, des -s, plur. ut nom. sing. in der Geschützkunst, eine Art Mörser ohne Schildzapfen und Lavette, an welche der Fuß gleich angegossen ist; ein stehender Mörser, Schämelmörser.


Fußpfad (W3) [Adelung]


Der Fußpfad, des -es, plur. die -e, im Oberdeutschen und in der höhern Schreibart, ein Fußsteig, Fußweg.


Fußpfahl (W3) [Adelung]


Der Fußpfahl, des -es, plur. die -pfähle, im Bergbaue, ein Bret, in dem Anfalle, worauf die Stämpel angetrieben werden, damit sie nicht ausweichen.


Fußpunct (W3) [Adelung]


Der Fußpunct, des -es, plur. die -e, in der Astronomie, derjenige Punct in der unbeweglichen Fläche der Weltkugel, welcher sich senkrecht unter unsern Füßen befindet, mit einem Arabischen Kunstworte das Nadir; zum Unterschiede von dem Scheitelpuncte oder Zenith.


Fußreiser (W3) [Adelung]


Die Fußreiser, sing. inus. in dem Jagdwesen, dürre Stangen um den Vogelherd, damit die Vögel darauf fußen, d. i. sich darauf setzen können. S. Antritt.


Fußschämel (W3) [Adelung]


Der Fußschämel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schämel zum Behuf der Füße; eine Fußbank. Zu seinem Fußschä- mel, Ps. 99, 5. Vor seinem Fußschämel anbethen, Ps. 132, 7. Bey dem Notker Fuozscamel.


Fußscheit (W3) [Adelung]


Das Fußscheit, des -es, plur. die -e, bey den Köhlern, Scheite, welche an der untern Schicht in einem Meiler in die Quere auf einander gelegt werden.


Fußschelle (W3) [Adelung]


Die Fußschelle, plur. die -n, eiserne Fessel an den Füßen; zum Unterschiede von den Handschellen. S. Schelle und Fußeisen 2.


Fußsohle (W3) [Adelung]


Die Fußsohle, plur. die -n, die unterste Fläche des Fußes an Menschen und einigen Thieren, der flache Fuß, im gemeinen Leben der Plattfuß, Nieders. Pad, Franz. Patte, Schwed. Il, S. Eilen. In engerm Verstande verstehet man in der Zergliederungskunst unter diesem Ausdrucke den vordern Theil dieser Fläche nach den Zehen zu; zum Unterschiede von dem Fußblatte.


Fußspur (W3) [Adelung]


Die Fußspur, plur. die -en, die Spur, d. i. das Überbleibsel, von dem Eindrucke der Füße; die Spur, bey den Jägern die Fährte. Die Fußspur von einem Diebe haben. Nieders. Foßpurn, Footspaaren, Dän. Foedspor, in Schwab. das Gespöre. S. das folgende.


Fußstapfen (W3) [Adelung]


Die Fußstapfen, sing. inus. der Eindruck der Füße in dem Boden, von Menschen oder Thieren, besonders von den erstern; der Fußtritt. Der Fußstapfen der Schafe, Hohel. 1, 8. Die Jäger gebrauchen statt dieses Wortes Spur und Fährte. Figürlich, in eines Fußstapfen treten, seinen Fußstapfen folgen, ihm nachahmen.

Anm. Die letzte Hälfte dieses Wortes bedeutet einen Stoß, Druck, und figürlich auch einen Tritt und Gang. Bey dem Notker bedeutet stephen, steigen, gehen, uberstephen übertreffen. Im Nieders. ist stappen gehen, und stapeln auf langen Beinen einher treten. Das Angels. steppan, Engl. to step, Holl. stapp, Wend. stupin, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bedeutet gleichfalls gehen oder treten. S. Stab, Stupfe und Stampfen. Das Stammwort von allen ist Tupp, tupfen, S. Döbel, Dubhammer und Tüpfen.


Fußsteig (W3) [Adelung]


Der Fußsteig, des -es, plur. die -e, ein Steig oder Weg, auf welchem man nur zu Fuße gehet, zum Unterschiede von einem Fahrwege; der Fußweg, im Oberd. der Fußpfad, Nieders. Padweeg, Dän. Foedstie.


Fußstrick (W3) [Adelung]


Der Fußstrick, des -es, plur. die -e, in der edlern Schreibart, Schlingen, welche geleget werden, damit sich Menschen oder Thiere mit den Füßen darein verwickeln.


Fußstück (W3) [Adelung]


Das Fußstück, des -es, plur. die -e, in den Wapen, der unterste Theil des Schildes.


Fußtag (W3) [Adelung]


Der Fußtag, des -es, plur. die -e, ein Tag, an welchem Unterthanen Fußdienste oder Fußfrohnen zu leisten verbunden sind.


Fußtrabant (W3) [Adelung]


Der Fußtrabant, des -es, plur. die -en, ein Trabant zu Fuß. In Dresden führet die Schweizer-Garde auch den Nahmen der Fußtrabanten.


Fußtritt (W3) [Adelung]


Der Fußtritt, des -es, plur. die -e. 1) Die Handlung des Tretens mit dem Fuße, ein Tritt mit dem Fuße. Einem einen Fußtritt geben. Ingleichen das Treten im Gehen. Ein Stab sicherte seinen wankenden Fußtritt, Geßn. Wenn meine Hand des plappernden Kindes wankenden Fußtritt leitete, ebend. 2) Der Eindruck des Fußes in der Erde, in der höhern Schreibart; die Fußspur, die Fußstapfen. Als er (der May) den Boden trat, ließ er Violen und Hyacinthen im Fußtritte zurück, Raml. 3) Dasjenige, worauf man mit dem Fuße tritt; der Tritt. Der Fußtritt an einem Tische, an einer Drehbank. Auch ein Schämel oder Fußschämel führet zuweilen den Nahmen eines Fußtrittes.


Fußvolk (W3) [Adelung]


Das Fußvolk, des -es, plur. inus. oder die Fußvölker, sing. inus. ein Collectivum, die sämmtlichen Soldaten zu Fuße eines Kriegesheeres, oder eines Corps zu bezeichnen; die Infanterie, bey dem Stumpf das Fußzeug. Hauptleute über das Fußvolk, 1 Macc. 6, 28.


Fußwaschen (W3) [Adelung]


Das Fußwaschen, des -s, plur. inus. die Handlung, da man sich oder andern die Füße wäschet. Besonders, so fern es in der Römischen Kirche eine gottesdienstliche Handlung ist, welche nach dem Beyspiele Christi am grünen Donnerstage verrichtet wird.


Fußwasser (W3) [Adelung]


Das Fußwasser, des -s, plur. inus. Wasser, die Füße damit zu waschen, S. Fußbad.


Fußweg (W3) [Adelung]


Der Fußweg, des -es, plur. die -e, S. Fußsteig.


Fußwerk (W3) [Adelung]


Das Fußwerk, des -es, plur. inus. ein Collectivum, welches nur im gemeinen Leben üblich ist, alle zur Bekleidung der Füße nöthigen Stücke zu bezeichnen. Im Scherze auch die Füße selbst. Ein gutes, ein schlechtes Fußwerk haben.


Fußwurzel (W3) [Adelung]


Die Fußwurzel, plur. die -n, in der Zergliederungskunst, eine Benennung des Oberfußes, oder Vorderfußes, Tarsus, welcher aus sieben Beinen bestehet.


Fußzehe (W3) [Adelung]


Die Fußzehe, plur. die -n, die Zehen am Fuße.


Fustel (W3) [Adelung]


Fustel, S. Färberbaum 2.


Futter (W3) [Adelung]


1. Das Futter, des -s, plur. ut nom. sing. die Bekleidung eines Körpers von außen oder von innen; doch nur noch in verschiedenen einzelnen Fällen. 1. Von außen, wo dieses Wort, 1) im gemeinen Leben für Futteral sehr häufig ist, besonders in den Zusammensetzungen Brillenfutter, Flaschenfutter, Flötenfutter, Geigenfutter, Hutfutter, Kammfutter, Kelchfutter u. s. f. Im mittlern Lat. Futrus, Fodorus, Feutrum, im Ital. Fodero, Fodro, im Franz. Fourreau, schon bey dem Ulphilas Fodr, im Schwed. Foder, im Angels. Fodder, alles in der Bedeutung einer Scheide oder eines Futterals. 2) Bey den Schuhmachern wird ein kleines Stückchen Leder über dem Spornträger, die Verletzung des Stiefels von dem Sporne zu verhüthen, im Diminut. das Fütterchen genannt. 2. Von innen. 1) Bey den Holzarbeitern, eine hölzerne Bekleidung, eine Öffnung oder Vertiefung, z. B. die inwendigen Seiten eines Fensters oder einer Thür damit zu füttern; ein Fensterfutter, Thürfutter. Die Uhrmacher pflegen auch die Zapfenlöcher Futter zu nennen, weil sie mit Messing ausgefüttert werden. Am häufigsten, 2) derjenige Zeug, womit die innere Seite eines Kleides oder Kleidungsstückes versehen wird, ohne Plural, außer von mehrern Arten; das Unterfutter, zum Unterschiede von dem Oberzeuge, welcher in Niedersachsen das Oberfutter genannt wird. Ein Kleid mit einem seidenen Futter. Das Futter, ist zerrissen. Nieders. Foder, Foer, Foor, Dän. Foer, Schwed. Foder, im mittlern Lat. Fodra, im Ital. Fodero, Fodro, im Franz. Fourrure, im Pohln. Futro.

Anm. Weil das Schwed. Foder eigentlich ein Futter von Rauchwerk bedeutet, das Französische Feutre ehedem auch mit einem l geschrieben und gesprochen wurde, Feultre, so muthmaßet Ihre nicht unwahrscheinlich, daß dieses Wort von Filz, Fell, vellus, pellis, herstammet, zumahl da die Thierfelle doch einmahl die erste und älteste Art der Kleidung und vornehmlich auch des Futters gewesen sind. S. Futterhemd. So fern dieses Wort ein Futteral bedeutet, lässet es sich sehr bequem gleichfalls daher leiten.


Futter (W3) [Adelung]


2. Das Futter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Alles, was Menschen und Thieren zur Nahrung dienet; ohne Plural. Gibt er ihm eine andere (Frau), so soll er ihr an ihrem Futter, Decke und Eheschuld nicht abbrechen, 2 Mos. 21, 10. Ich half ihnen das Joch an ihrem Halse tragen, und gab ihnen Futter, Hos. 11, 4. Von Menschen gebraucht man es im Hoch- deutschen nicht anders als im Scherze. Das Futter sticht ihn, sagt man von jemanden, den der Überfluß muthwillig oder übermüthig macht. Desto häufiger aber und gemeiniglich, von allen Producten des Pflanzenreiches, so fern sie den Thieren aller Art zur Nahrung dienen. Den Seidenwürmern ihre Futter geben. Dem Vieh sein Futter geben. Ein Pferd im Futter halten, es unterhalten. Rauhes Futter, Heu, Gras und Stroh. Hartes Futter, Gerste, Haber und anderes Getreide. Zuweilen auch, obgleich seltener von der Nahrung fleischfressender Thiere. 2) So viel als einem Thiere auf Ein Mahl zur Nahrung gegeben wird, und die Handlung, da man es ihm gibt. Die Pferde haben schon zwey Futter bekommen. In einem Futter sechs Meilen reiten.

Anm. Im mittlern Lat. Fodrum, im Schwed. Foder, im Dän. Foeder, Fode, im Engl. Food und Fodder, im Angels. Fode, im Wallis. Bwyd, im Nieders. Vöde, Vödung, Voodsel, Födsel, Voder, Voer, welche insgesammt auch von der menschlichen Nahrung vorkommen; im Ital. Foraggio; im Franz. Fourrage, bey den alten Oberdeutschen Schriftstellern gleichfalls mit Ausstoßung des d Foura, Speise, Nahrung. Das Stammwort ist das noch im Nieders. vorhandene Zeitwort föden, ernähren. S. Vater. Das Meißnische Fuder, ein Bissen, gehöret vermuthlich auch hierher. S. 1 Fuder.


Futteral (W3) [Adelung]


Das Futteral, des -es, plur. die -e, aus dem mittlern Lat. Foderellus, eine harte oder steife Bekleidung eines Körpers von außen, worein man ihn steckt, ihn unversehrt zu erhalten; im gemeinen Leben ein Futter. Das Futteral zu einem Buche. Ein Brillen-Futteral, Hut-Futteral, Flöten-Futteral u. s. f. In manchen Fällen hat ein solches Futteral andere Nahmen. Bey einem Degen heißt es die Scheide. Daher der Futteralmacher, ein Buchbinder, der sich vornehmlich mit Verfertigung der Futterale beschäftiget. S. 1 Futter.


Futteramt (W3) [Adelung]


Das Futteramt, des -es, plur. die -ämter, an einigen Höfen, ein Amt, d. i. ein Collegium mehrerer Personen, welches für die Anschaffung und Verwaltung des Futters für den herrschaftlichen Marstall Sorge träget. S. 2 Futter.


Futterband (W3) [Adelung]


Das Futterband, des -es, plur. die -bänder, bey den Perrückenmachern, ein Band über dem Netze, welches die Haartressen träget. S. 1 Futter 2. 2).


Futterbank (W3) [Adelung]


Die Futterbank, plur. die -bänke, in der Landwirthschaft, ein Kasten auf einem Gestelle, vermittelst dessen das Stroh und Gras für das Vieh geschnitten wird; die Häckerlingsbank, der Siedekasten, im Nieders. die Futterlade. S. 2 Futter.


Futterbann (W3) [Adelung]


Der Futterbann, des -es, plur. inus. zu Augsburg, eine Abgabe, welche die Futterer jährlich entrichten, und auch der Hökerbann genannt wird. S. 2 Futter.


Futterboden (W3) [Adelung]


Der Futterboden, des -s, plur. die -böden, in der Landwirthschaft ein Boden, auf welchem das Futter für das Vieh verwahret wird.


Futterbohne (W3) [Adelung]


Die Futterbohne, plur. die -n. 1) Eine Art kleiner Feldbohnen, welche dem Kaffeh ähnlich sehen, womit die Tauben gefüttert werden, und welche auch Handbohnen heißen. 2) Eine Art geringerer Bohnen, welche nur zum Futter taugen; Pferdebohnen, Roßbohnen, Saubohnen.


Futterbrey (W3) [Adelung]


Der Futterbrey, des -es, plur. inus. in den Bienenstöcken, ein weißlicher, glänzender kleberiger Saft, am Boden der Zellen, welcher den Jungen zur Nahrung dienet.


Futterer (W3) [Adelung]


Der Futterer, des -s, plur. ut nom. sing. in vielen Städten, eine Art Höken, welche Holz, Stroh und verschiedene Arten des Futters für das Vieh im Kleinen verkaufen.


Futterfisch (W3) [Adelung]


Der Futterfisch, des -es, plur. die -e, in der Landwirthschaft, eine allgemeine Benennung derjenigen Fische, welche Pflan- zen und deren Theile zu ihrer Nahrung gebrauchen und auch Weidefische heißen; zum Unterschiede von den Raub- und Schlammfischen.


Futtergeld (W3) [Adelung]


Das Futtergeld, des -es, plur. von mehrern Summen dieser Art, die -er, Geld, welches man für das Futter und für die Fütterung eines Thieres bezahlet.


Futtergras (W3) [Adelung]


Das Futtergras, des -es, plur. von mehrern Arten, die -gräser, ein Gras, welches ein bequemes Futter für das Vieh abgibt.


Futterhemd (W3) [Adelung]


Das Futterhemd, des -es, plur. die -en, in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens, eine kurze Bekleidung des Leibes, welche unmittelbar über dem Hemde, unter der Weste getragen wird, und sonst auch ein Brusttuch, ingleichen ein Camisol, von dem Ital. Camiciuola, heißt; Nieders. Foorhemd. Beyde Wörter, woraus dieses Wort zusammen gesetzet ist, scheinen hier noch ihre erste ursprüngliche Bedeutung zu haben; Futter, so fern es Rauchwerk, und Hemd, so fern es eine Art der Bekleidung, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bedeutete. S. 1 Futter, Anm.


Futterhirse (W3) [Adelung]


Der Futterhirse, plur. inus. eine Art Hirse, welche einen langen und dicken Halm treibt, und ein gutes Futter abgibt; Rohrhirse, Wälscher Hirse.


Futterhonig (W3) [Adelung]


Der Futterhonig, des -es, plur. inus. Honig, womit die Bienen im Winter oder Frühlinge gefüttert werden.


Fütterig (W3) [Adelung]


Fütterig, adj. et adv. welches von einer schlechten Beschaffenheit der Wolle gebraucht wird, welche von einer ungleichen Eintheilung des Schaffutters herrühret. Fütterige Wolle.


Futterkasten (W3) [Adelung]


Der Futterkasten, des -s, plur. ut nom. sing. in der Landwirthschaft, ein Kasten, worin das Futter für die Pferde aufbehalten wird.


Futterklinge (W3) [Adelung]


Die Futterklinge, plur. die -n, eine breite Klinge an der Futterbank, das Stroh damit zu Häcksel zu schneiden.


Futterknecht (W3) [Adelung]


Der Futterknecht, des -es, plur. die -e, ein Knecht, der allein für die Fütterung des Viehes und besonders der Pferde bestimmt ist.


Futterkorn (W3) [Adelung]


Das Futterkorn, des -es, plur. inus. Korn, so fern es zum Futter für das Vieh und besonders für die Pferde gebraucht wird.


Futterkraut (W3) [Adelung]


Das Futterkraut, des -es, plur. die -kräuter, ein jedes Kraut, so fern es ein taugliches Futter für das Vieh abgibt.


Futterleinwand (W3) [Adelung]


Die Futterleinwand, plur. inus. Leinwand, welche zum Füttern der Kleider gebraucht wird.


Futtermacher (W3) [Adelung]


Der Futtermacher, des -s, plur. ut nom. sing. eine Benennung der Flanell-Rasch- und anderer Weber, welche solche Zeuge verfertigen, die vornehmlich zu Unterfutter gebraucht werden.


Futtermarschall (W3) [Adelung]


Der Futtermarschall, des -es, plur. die -schälle, ein Hofbedienter, der für das Futter des Marstalles sorget, und an manchen Orten mit dem Futtermeister einerley ist, an andern aber demselben vorgesetzet ist.


Futtermauer (W3) [Adelung]


Die Futtermauer, plur. die -n, in der Baukunst, eine Mauer, womit eine schwächere Wand bekleidet oder gefüttert wird. Besonders im Festungsbaue, diejenige Mauer, mit welcher die Erdwerke von außen versehen werden; der Mauermantel. Im Hüttenbaue führet diesen Nahmen eine Mauer von harten Steinen zwischen den Ofenpfeilern.


Futtermeister (W3) [Adelung]


Der Futtermeister, des -s, plur. ut nom. sing. S. Futtermarschall.


Füttern (W3) [Adelung]


1. Füttern, verb. reg. act. eine Sache von außen oder innen überziehen, mit einem Futter bekleiden. 1) Von außen, doch nur in einigen Fällen. Eine Kugel füttern, sie ehe man sie ladet, in Leder, Papier oder Barchent einwickeln. 2) Von innen. Ein Schiff füttern, von innen bekleiden. Ein Zapfenloch füttern. Ein Futteral mit Sammet füttern. Am häufigsten von Kleidungsstücken. Ein Kleid mit Taffet, die Schuhe mit Flanell, einen Rock mit Pelzwerk füttern. Daher die Fütterung, die Handlung des Fütterns.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. foren, im Franz. fourrer, im Span. aforrar, im mittlern Lat. und Ital. foderare, im Franz. feultrer, im Dän. foern, im Schwed. fodra. S. 1 Futter. In den breitern Oberdeutschen Mundarten lautet es futtern.


Füttern (W3) [Adelung]


2. Füttern, oder Futtern, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, Futter oder ein Nahrungsmittel für das Vieh abgeben. Brachdisteln füttern gut, sind ein gutes Futter für das Vieh. 2. Als ein Activum, Futter, Nahrung reichen, und zwar, 1) in Beziehung auf den Gegenstand, dem es gereichet wird, wo dieses Wort ehedem ein allgemeiner Ausdruck war, der aber jetzt nur noch im Scherze oder aus Verachtung von Menschen gebraucht wird. Wir haben falsche Freunde gefüttert, die uns nun verächtlich den Rücken kehren, Weiße. Füttern sie mich immer zu Tode, ernähren sie mich immer so lange, als ich noch lebe. Am häufigsten gebraucht man es von der Nahrung, welche Thieren gereicht wird. Die alten Vögel füttern ihre Jungen. Die Pferde, die Schweine, die Tauben füttern u. s. f. 2) In Beziehung auf dasjenige, was zum Futter gereichet wird, zur Nahrung reichen. Gras, Haber, Heu, Stroh füttern. Wir haben den ganzen Winter Korn füttern müssen. Daher die Fütterung, S. solches hernach besonders.

Anm. Füttern, im Tatian fuotiran, im Schwed. fodra, im Dän. foere, ist das Iterativum von dem noch im Nieders. üblichen föden, füttern, ernähren, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bey dem Ulphilas fodan, im Schwed. föda, im Engl. to feed, und fodder; doch kann es auch unmittelbar von Futter abstammen. S. Vater, Weiden und 2 Futter. Bey vielen lautet dieses Wort futtern.


Futternetz (W3) [Adelung]


Das Futternetz, des -es, plur. die -e, ein Netz, welches man den Maulthieren über den Kopf hänget, damit sie im Gehen daraus fressen können.


Futterraufe (W3) [Adelung]


Die Futterraufe, plur. die -n, in der Landwirthschaft, eine Raufe auf dem Hofe, woraus das Vieh im Winter das Stroh frißt.


Futterrehe (W3) [Adelung]


Die Futterrehe, plur. inus. eine Art der Rehe, welche von schlechtem oder unzeitigem Futter herrühren soll. S. Rehe.


Futterrübe (W3) [Adelung]


Die Futterrübe, plur. die -n, eine Art großer weißer Rüben, welche nur zum Futter für das Vieh taugt, und deren neun bis zehen Stück oft einen Zentner wiegen. In Obersachsen werden sie auch Runkelrüben, ingleichen Turnipsen genannt.


Futtersack (W3) [Adelung]


Der Futtersack, des -es, plur. die -säcke, in der Landwirthschaft, ein Sack, worin das Futter für das Vieh gehohlet oder verwahret wird.


Futterschneider (W3) [Adelung]


Der Futterschneider, des -s, plur. ut nom. sing. ein Tagelöhner oder Knecht, der den Häckerling für die Pferde und Ochsen schneidet.


Futterschreiber (W3) [Adelung]


Der Futterschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. an Höfen, ein Schreiber bey dem Futteramte, ein Schreiber, der dem Futtermarschalle, oder Futtermeister untergeordnet ist.


Futterschwinge (W3) [Adelung]


Die Futterschwinge, plur. die -n, in der Landwirthschaft, ein oval geflochtener Korb, das Pferdefutter darin zu schwingen, und von dem Staude zu reinigen; die Futterwanne, in der Lausitz die Futterschwinde.


Futterstätte (W3) [Adelung]


Die Futterstätte, plur. die -n, in den Fasanerien, der Ort, wo die Fasane gefüttert werden.


Futterstroh (W3) [Adelung]


Das Futterstroh, des -es, plur. inus. Stroh, so fern es zum Futter für das Vieh bestimmt ist.


Futtertrespe (W3) [Adelung]


Die Futtertrespe, plur. inus. eine Art der Trespe; Bromus giganteus L. Sie ist ein gutes Futter für das Rindvieh.


Futtertuch (W3) [Adelung]


Das Futtertuch, des -es, plur. von mehrern Arten, die -tücher, Flanell und Boy, so fern sie zum Unterfutter unter verschiedene Kleidungsstücke gebraucht werden.


Fütterung (W3) [Adelung]


Die Fütterung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Fütterns, die Austheilung des Futters. 2) Das Futter selbst; wo der Plural nur von verschiedenen Arten gebraucht wird. Keine Fütterung mehr haben, Luther gebraucht dieses Wort oft in dem jetzt ungewöhnlichen Verstande für Lebensmittel, menschliche Nahrung. Z. B. Richt. 7, 8; 2 Chron. 11, 23; Rehem. 10, 31; Kap. 13, 15; Apostelg. 7, 11. 3) Die Fouragirung, im Kriegswesen Oberdeutschlandes. Schon in dem 1514 zu Mainz gedruckten Deutschen Livius heißt es, vff der Fütterung seyn, fouragiren.


Futterwanne (W3) [Adelung]


Die Futterwanne, plur. die -n, S. Futterschwinge.


Futterwicke (W3) [Adelung]


Die Futterwicke, plur. die -n, die gewöhnliche Art Wicken, welche bey uns auf dem Felde als ein gutes Futter für das Vieh gebauet wird, und im gemeinen Leben Wicken schlechthin heißt; Vicia sativa L.


Fyrke, S. Vierding.


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