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XADE_b - Adelung - Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart
B

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Adelung: Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart




Erstellt: 2021-01

A

Adelung, Johann Christoph
Hochdeutsches Wörterbuch
Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart,
mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten,
besonders aber der Oberdeutschen [Adelung]

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Zu den Daten

Hier finden Sie den vollständigen Text des "Grammatisch-kritischen Wörterbuchs der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen" von Johann Christoph Adelung. Er entspricht der Ausgabe von 1811, die vom Münchener Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek eingescannt und mit einem Texterkennungsprogramm in Textform überführt wurde. Text und Bilder hat die sogenannte Digitale Bibliothek auf Ihrem Web-Server verfügbar gemacht, jedoch nicht als fortlaufenden Text. Das ist die Lücke, die diese Datei füllen soll.

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Sebastian Koppehel


Erstellt: 2010-02

B

B (W3) [Adelung]


B, der zweyte Buchstab des Deutschen Alphabetes, welcher mit den Lippen ausgesprochen, und wegen seiner Leichtigkeit von den Kindern am ersten und liebsten hervor gebracht wird. Die gewöhnlichste Aussprache desselben hält das Mittel zwischen den mit ihm verwandten p und w; das ist, das b wird weicher als das p und härter als das w ausgesprochen. Nur am Ende eines Wortes oder einer Sylbe nähert es sich dem erstern; z. B. Sieb, Leib, Staub, Dieb, Trieb, Siebmacher, leiblich, Liebling, Triebfeder. Ist aber ein e weggeworfen, so behält es auch hier seine weichere Aussprache, z. B. Hebopfer, Knäblein, Weiblein u. s. f. weil diese Wörter eigentlich Hebeopfer, Knäbelein, Weibelein heißen sollen. Am weichesten wird dieser Buchstab ausgesprochen, wenn er in einfachen Wörtern in der Mitte zwischen zwey Selbstlautern stehet, wo er wenig von dem w unterschieden ist, wie in leben, geben, bleiben, Körbe, Hiebe. In den wenigen einfachen Wörtern, in welchen dieser Buchstab doppelt vorkommt, findet diese weiche Aussprache gleichfalls Statt, wie in Ebbe, Krabbe; kommen aber zwey b durch die Zusammensetzung zusammen, wie in abbrechen, so wird das erste hart, das andere aber gelinde ausgesprochen. S. die Orthogr. Th. 1. S. 155.Da diejenigen Buchstaben, welche mit einerley Sprachwerkzeugen vorgebracht werden, in allen Sprachen sehr gern mit einander verwechselt zu werden pflegen: so ist solches in der Deutschen auch dem b, f, v, w und p widerfahren. Beyspiele davon findet man in den Schriften der ältern und mittlern Zeiten fast in allen Zeilen. Ob nun gleich die Schreibart seitdem beständiger und gleichförmiger geworden ist, so sind doch noch einige Überbleibsel dieser Verwechselung zurück geblieben; z. B. Gift, von geben, Wapen, von Waffen u. s. f. So schreibt man auch wohl noch jetzt Ingber und Ingwer, Zittwer und Zittber, Wittwe und Wittib. So sehr die Niederdeutsche Mundart diesen Buchstaben liebt, so sparsam gehet die rauhere Oberdeutsche mit demselben um, indem sie fast gar kein Anfangs - B kennet, sondern Par, Pär, Purk, Paum u. s. f. für Baier, Bär, Burg, Baum, spricht, und wenn sie sich selbst überlassen wird, auch schreibet. Das b, welches im Oberdeutschen so gern dem m nachschleicht, als Lamb, frommb, umb, Ambt, nimmbt u. s. f. ist im Hochdeutschen längst verbannt werden.Das Anfangs-b ist nicht alle Mahl ein Stammbuchstab, sondern oft nur die Ableitungssylbe be, welche ihr e verloren; ein Umstand, welcher für die Wortforschung sehr wichtig ist. Man sehe, was von der Abstammung der Wörter bang, barmherzig, bleiben, Blut, Brücke und hundert anderer angemerket worden.


Baacke (W3) [Adelung]


Baacke, S. Bake.


Baals-Pfaffe (W3) [Adelung]


Der Baals-Pfaffe, des -n, plur. die -n, ein Schmähwort auf einen gottlosen abergläubigen Priester, dergleichen diejenigen waren, welche dem ehemahligen morgenländischen Götzen Baal dieneten.


Baar (W3) [Adelung]


Baar, S. Bar.


Baare (W3) [Adelung]


Die Baare, S. Bahre.


Bacchant (W3) [Adelung]


Der Bacchant, des -en, plur. die -en, Fämin. die Bacchantinn, plur. die -en, ein Priester, oder Priesterinn des Bacchus bey den ehemahligen Griechen und Römern. S. Bacchus.

Anm. Das Wort Bachant, mit welchem man ehedem auf den Universitäten einen angehenden Studenten bezeichnete, hat mit diesem nichts gemein, sondern ist vermuthlich aus dem Latein. Beanus entstanden, welches in den mittlern Zeiten, besonders auf der Universität zu Paris, einen solchen jungen Studenten bezeichnete, und in welches die Alemannische Mundart ihren gewöhnlichen Hauchlaut eingeschoben hat. S. Frisch v. Bachant, und des du Fresne Glossar. v. Beanus.


Bacchus (W3) [Adelung]


Bacchus, plur. car. 1) Der eigenthümliche Nahme des Gottes des Weine, in der Götterlehre der Griechen und Römer. Ein Sohn des Bacchus, figürlich ein Liebhaber des Weines. 2) Figürlich und in der dichterischen Schreibart, der Wein selbst. Im Scherze auch so wohl ein Liebhaber des Trunkes, als auch eine kleine ungewöhnlich dicke Person.

Anm. Weil dieses Wort im Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - geschrieben wird: so haben einige Neuere angefangen, es auch im Deutschen mit zwey cc zu schreiben. Man könne dawider den nicht ungegründeten Einwurf machen, daß unser ch nach einem geschärften Vocale bereits doppelt lautet, und daß man, wenn man dieses Wort ja dem Griechischen gemäß schreiben wollte, es eigentlich Bakchus schreiben müßte, welches doch noch niemanden eingefallen ist.


Bach (W3) [Adelung]


Der Bach, des -es, plur. die Bäche, Diminutivum das Bächlein, ein fließendes Wasser, welches kleiner ist, als ein Fluß. Nahe Bäche lispelten durch das Gras, oder rauschen in kleinen Fällen sanft in das Getöse, Geßn. Im gemeinen Leben einiger Gegenden bedeutet Bach ohne Artikel Röhrwasser, im Gegensatze des Brunnenwassers. Es ist Bach, Röhrwasser.

Anm. 1. Dieser Ausdruck ist ein allgemeiner Nahme eines jeden fließenden Wassers von geringerer Größe, es mag nun aus seiner eigenen Quelle beständig fließen, oder nur von dem Regen- oder Schneewasser zu gewissen Zeiten entstehen. Die letztern pflegt man auch Gießbäche, Feldbäche und Regenbäche zu nennen. Die meisten Bäche im gelobten Lande waren von dieser Art, daher das Wort Bach in Luthers Bibel oft auch das Bett eines solchen Regenbaches bedeutet, welches nur zu gewissen Zeiten mit Wasser angefüllet war. Dagegen Wasserbach Ps. 1. einen Bach bezeichnet, welcher beständig mit Wasser angefüllet ist. In Niedersachsen unterscheidet man auch die Bäche nach Maßgebung ihrer Größe durch besondere Nahmen. Ein kleiner Bach heißt daselbst Rihe, welches mit dem Gothischen Richa, dem Angelsächsischen Riw, und dem Lateinischen Rivus überein kommt; ein größerer Bach, wird Beke (Bäke) ein Fluß aber Fleet genannt.

Anm. 2. In Oberdeutschland ist dieses Wort weiblichen Geschlechtes, und wird daselbst die Bach, oder die Bache gesprochen, welcher Mundart nicht nur die Schlesier, sondern auch viele Obersachsen und die Einwohner des Saalreises folgen. Opitz gebraucht Bach Ein Mal für Wasser, welche sonst ungewöhnliche Figur wohl nur eine poetische Freyheit ist: - Man soll, daß uns der Wein Nicht Schaden bringen mag, ihm selber schädlich seyn,Und Bach darunter thun.

Anm. 3. Bach lautet schon bey dem Willeram Bach, im Niedersächsischen Beke, im Schwed. Baek, im Dänischen Bäk, und im Wendischen Bec. Frisch glaubt mit dem Dietrich von Stade, daß in diesem Worte vornehmlich auf das ausgehöhlte Bett eines fließendes Wassers gesehen werde, so daß Bach mit Becken, Becher, Backen und Bauch zu einerley Stammworte gehören würde. Allein es scheinet vielmehr, daß Bach in den ältesten Mundarten überhaupt Wasser, oder doch ein fließendes Wasser bedeutet habe; welches die Vergleichung mit dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, manavit, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, fluctus rivorum, und mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und im Dorischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, sehr wahrscheinlich macht. Das Böhmische Bahno, bedeutet Sumpf, Morast, und viele mit Bach zusammen gesetzte Nahmen der Pflanzen, bezeichnen solche Gewächse, welche an wässerigen, sumpfigen Orten wachsen, im Gegensatze derer, welche einen trockenen Boden verlangen.


Bachamsel (W3) [Adelung]


Die Bachamsel, plur. die -n, ein Nahme, welchen in Oberdeutschland die Bachstelze führet. Bey andern ist es ein Vogel, welcher sich an Wasserfällen und Bächen aufhält, wo er von kleinen Fischen und Wasser-Insecten lebt, Sturnus Cinclus, L. im Deutschen auch Bachvögel, Seeamsel, Wasseramsel, Wassermerle, Wasserstahr.


Bachbambele (W3) [Adelung]


Die Bachbambele, plur. die -n, in der Schweiz der Nahme der glatten Elritze, Cyprinus phoxinus, L.


Bachblume (W3) [Adelung]


Die Bachblume, plur. die -n, in einigen Gegenden ein Nahme der Dotterblume, Caltha palustris, L.


Bachbohne (W3) [Adelung]


Die Bachbohne, plur. die -n, S. das folgende.


Bachbunge (W3) [Adelung]


Die Bachbunge, plur. die -n, ein Nahme, welchen man im gemeinen Leben zwey Pflanzen beyleget, welche Linne beyde zu den Arten des Ehrenpreises rechnet. Die erste heißt bey ihm Veronica Beccabunga, ist eine sehr saftige Pflanze und hat rundliche, fette, saftige und eingekerbte Blätter, fast wie die Bohnen. Die andere, Veronica Anagallis, hat lanzettförmige eingezähnte Blätter, und wird sonst auch Wassergauchheil genannt. Beyde Arten haben blaue Blumen, wachsen in rinnenden Wasser, welche im Winter nicht zufrieren, und werden im gemeinen Leben oft mit der Brunnenkresse verwechselt. Wie sanft rieselst du vorüber, kleine Quelle, durch die Wasserkresse, und durch die Bachbungen, die ihre blaue Blumen empor tragen! Geßner.

Anm. Diese Pflanze heißt bey den ältern Kräuterkennern Beccabunga, und Baccabunga, ein Nahme, welcher unstreitig aus dem Deutschen gemacht worden. Was aber Bunge in demselben bedeutet, ist so ausgemacht noch nicht. Bunge bedeutet im Niedersächsischen eine Trommel; Bunge, Pinge, ist bey den Bergleuten die Grube von einem eingefallenen Schachte; das Schwed. bunga, bedeutet schlagen, binge, einen Hügel, und bunke, ein Geschwür. Keines von diesen Wörtern schicket sich hierher. Vermuthlich ist Bunge eine verderbte Aussprache von Bohne; indem die Blätter der ersten Art Bachbungen den Bohnenblättern ziemlich gleich sehen, daher auch einige Neuere den Nahmen Bachbohne wieder einzuführen gesucht. Im Dänischen und Norwegischen heißt diese Pflanze Vandarve und Ledmyge.


Bach-Conferve (W3) [Adelung]


Die Bach-Conferve, plur. die -n, eine Pflanze mit unkenntlichen Geschlechtern, welche zu den Aftermoosen gerechnet wird, und sehr lange haarförmige Fäden mit unähnlichen Höckern hat; Wasserschlamm, Grasleder, Conferva rivularis, L. Sie wächst in den Europäischen Bächen.


Bache (W3) [Adelung]


Die Bache, plur. die -n, bey den Jägern, das Weibchen von den wilden Schweinen, eine wilde Sau; Lehne. S. das folgende.


Bacher (W3) [Adelung]


Der Bacher, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, ein zweyjähriges wildes Schwein männlichen Geschlechtes; ein Keiler, bey einigen, besonders Niedersächsischen Jägern, ein Bäcker, oder Becker.

Anm. Weil Back im Niedersächsischen den Rücken bedeutet, dieser aber an den Schweinen das beste ist, so leiten Wachter und Frisch diese Benennung davon ab; eine sehr gezwungene Ableitung, die Frischens Scharfsinne in andern Fällen gar nicht angemessen ist. Das Holländische Backe, Baecke, bedeutet bey dem Kilian ein jedes Schwein; im Dänischen ist Bagge ein untersetztes Pferd, und im Schwedischen bedeutet Bagge, einen Widder, und Baegga ein Schaf. Bacharus ist bey dem Älfrie ein großes Schwein, und Baca kommt in dem Lateine der mittlern Zeiten nicht selten für vacca, eine Kuh, vor; welches Lateinische Wort selbst hierher gehöret. Es scheinet daher fast, daß Bach ehedem ein Nahme gewesen, welcher mehrern Thieren gemein gewesen, dergleichen von dem Worte Bär und andern unläugbar ist. S. auch Bachmatt. In Pommern ist Bacher oder Bächer ein Bauernkittel.


Bächern (W3) [Adelung]


* Bächern, verb. reg. act. ein nur in einigen Gegenden bekanntes und aus dem Niedersächsischen bakern entlehntes Wort, für wärmen. Sich recht ausbächern, auswärmen. Es ist das Intensivum von bähen.


Bachfahrt (W3) [Adelung]


Die Bachfahrt, plur. die -en, ein Oberdeutsches Wort, einen hohlen Weg zu bezeichnen, welchen das Regen- oder Schneewasser ausgewaschen hat. Dieses Wort verdienet das Hochdeutsche Bürgerrecht, weil man kein anderes hat, einen solchen hohlen Weg auzudrucken, indem Schluchter theils sehr niedrig, theils nur in einigen Provinzen bekannt ist.


Bachfeger (W3) [Adelung]


Der Bachfeger, S. Bachstecher.


Bachfisch (W3) [Adelung]


Der Bachfisch, des -es, plur. die -e, ein Fisch, welcher sich in Bächen aufhält, im Gegensatze der Teich-See- und Flußfische.


Bachforelle (W3) [Adelung]


Die Bachforelle, plur. die -n, eine der besten Art Forellen, welche sich nur in fließenden Wald- und Bergbächen aufhält; Waldforelle, in Oberdeutschland Bachfohre, Waldfohre.


Bachhase (W3) [Adelung]


* Der Bachhase, des -n, plur. inusit. im gemeinen Scherze einiger Gegenden, der Nahme eines Wassermußes oder Wasserbreyes, welcher auch wohl ein Landläufer genannt wird.


Bachhund (W3) [Adelung]


Der Bachhund, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, diejenigen Dachsschliefer, welche sich zur Biber- und Otterjagd abrichten lassen, weil sich diese Thiere gern an Bächen aufhalten.


Bachkrebs (W3) [Adelung]


Der Bachkrebs, des -es, plur. die -e, diejenigen Krebse, welche sich in Bächen und fließenden Wassern aufhalten, im Gegensatze der See- und Meerkrebse.


Bachkresse (W3) [Adelung]


Die Bachkresse, plur. die -n. 1) Ohne Plural, ein Nahme derjenigen Kresse, welche auch Brunnenkresse genannt wird; S. dieses Wort. 2) In Oberdeutschland wird der Gründling, Cy- prinus Gobio, L. die Bachkresse oder der Bachgräßling genannt. S. Gründling und Gräßling.


Bachmatt (W3) [Adelung]


Der Bachmatt, des -en, plur. die -en, eine Art Podolischer sehr dauerhafter Pferde, vor dem Pohlnischen Worte Bachmat, welches einen Zelter, Paßgänger bedeutet.


Bachmücke (W3) [Adelung]


Die Bachmücke, plur. die -n, eine Art großer Mücken mit glasartigen Flügeln, welche sich auf den Wiesen und an den Bächen aufhält; Tipula rivalis, L.


Bachmünze (W3) [Adelung]


Die Bachmünze, plur. inusit. eine Art wilder Münze, Mentha aquatica, L. Fischmünze, Krötenmünze. Sie Wächst gern an Bächen und feuchten Ortern. Auch die Ackermünze, Mentha arvensis, ingleichen die Feldkresse, oder Wiesenkresse, Cardamine arvensis, werden von einigen, obgleich unbillig, mit diesem Nahmen belegt.


Bachsand (W3) [Adelung]


Der Bachsand, des -es, plur. car. feiner Sand aus Bächen, zum Unterschiede von dem gröbern Fluß- oder Kiessande.


Bachschmerle (W3) [Adelung]


Die Bachschmerle, plur. die -n, eine Art Schmerlen, welche sich vorzüglich in fließenden Wassern aufhält, im Gegensatze der Teichschmerlen.


Bachstadt (W3) [Adelung]


* Die Bachstadt, plur. die -städte, eine an einem oder mehrern Bächen gelegene Stadt; ein Ausdruck, welcher nur Jos. 13, 9, vorkommt, sonst aber nicht gebräuchlich ist


Bachstecher (W3) [Adelung]


Der Bachstecher, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, Leute, welche sich zu Ausräumung der heimlichen Gemächer gebrauchen lassen, und daher für anrüchtig, oder gar für unehrlich gehalten werden; auch Bachfeger. Bach hat in dieser Zusammensetzung die Bedeutung eines Canales, eines Abzuges.


Bachstelze (W3) [Adelung]


Die Bachstelze, plur. die -n, ein hochbeiniger Vogel, welcher etwas länger als ein Sperling, aber nicht so dick ist, den Schwanz hoch träget, ihn stets beweget, und sich gern an Bächen aufhält. Die eine Art dieses Vogels ist weiß und schwarz, die andere hat eine gelbe Brust und einen gelben Bauch. Die erste Art liebt die frisch geackerten Felder, und pflegt sich gern nahe zu dem Viehe zu halten; daher man sie auch Kuhstelze und Ackermännchen zu nennen pflegt.

Anm. Weil dieser Vogel den Schwanz beständig beweget, so wird er im Niedersächsischen Quicksteert, Quäcksteert, Swicksteert, Wippsteert genannt, von quicken, wippen, vibrare, und Steert, Schwanz. Von eben diesem Umstande rühret auch dessen Oberdeutscher Nahme Pillwenken, Pillwegischen bey dem Pictorius, ingleichen die Dänische Benennung Vippestiärt, die Norwegische Quickstiert, die Engl. Wag-Tail, die Ital Codatremola, Codasquassola, Codaccivola, die Franz. Hauchequeue, die Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und die Latein. Motacilla her. Frisch glaubet daher, daß auch der Hochdeutsche Nahme Bachstelze so viel als Wacksterze bedeute, und aus dem Niedersächsischen verderbet worden. Diese Ableitung ist nicht unwahrscheinlich. Weil sich aber dieser Vogel wirklich gerne an Bächen aufhält, daher er im Oberdeutschen auch Bachamsel, Wasserstelze, und im Dänischen auch Elvekonge genannt wird, so hat auch Wachters Meinung ihre Wahrscheinlichkeit, nach welcher dieser Vogel von diesem Aufenthalte, und von seinen langen Beinen, auf welchen er als wie auf Stelzen einher gehet, so genannt worden.


Bächten (W3) [Adelung]


* Bächten, verb. reg. neutr. mit haben, ein Meißnisches Provinzial-Wort, welches kleinen Unrath verstreuen bedeutet. Bächte mir die Stube nicht voll. Die Abstammung ist mir unbekannt. Vielleicht ist es ein Überbleibsel der ehedem in Meißen herrschenden Wendischen Sprache, welche daselbst unter dem Volke mehrere Spuren zurück gelassen hat.


Bachvogel (W3) [Adelung]


Der Bachvogel, S. Bachamsel.


Bachwanze (W3) [Adelung]


Die Bachwanze, plur. die -n, eine Art springender Wanzen, welche sich gern an Bächen aufhält; Cimex saltatorius, L. bey einigen Neuern der Springer.


Bachwasser (W3) [Adelung]


Das Bachwasser, des -s, plur. inusit. fließendes Wasser, im Gegensatze des Brunnenwassers.


Bachzahn (W3) [Adelung]


Der Bachzahn, S. Backenzahn.


Back (W3) [Adelung]


* Das Back, des -es, plur. die -e, ein Niederdeutsches Wort, welches in Niedersachsen in mehrern Bedeutungen vorkommt, von welchen folgende die vornehmsten sind. 1) Der vordere inwendige Theil eines Schiffes, wo sich die Küche und die Ankertaue befinden. 2) Eine tiefe hölzerne Schüssel auf den Schiffen, in welcher den Seeleuten das Essen angerichtet wird, daher diejenigen, welche aus Einer Schüssel mit einander essen, und deren auf den Holländischen Schiffen sechs bis acht, auf den Englischen aber nur vier sind, ein Backvolk heißen. 3) Ein hölzerner Kasten, in verschiedenen Niederländischen und aus Niederdeutschland herstammenden Fabriken. Bey den Zuckersiedern ist es ein Kasten, worin die Moskovade aufbehalten wird. Bey den Kattundruckern ist es ein hölzernes Gefäß von Böttcherarbeit, worin der Farberahm schwimmet, und so in andern Fällen mehr. In allen diesen Fällen ist der Begriff der Vertiefung der herrschende, daher es mit unsern Becken eines Geschlechtes ist. Außer dem bedeutet der Back im Niedersächsischen auch den Rücken.


Backapfel (W3) [Adelung]


Der Backapfel, des -s, plur. die -äpfel, in der Haushaltung, Äpfel, welche gut zum Backen sind; ingleichen gebackene Äpfel.


Backbirn (W3) [Adelung]


Die Backbirn, plur. die -en, gebackene Birnen; ingleichen Birnen, die gut zum Backen sind.


Backbort (W3) [Adelung]


* Das Backbort, des -es, plur. die -e, auf den Schiffen, die linke Seite des Schiffes, wenn man aus dem Hintertheile nach vornen zu siehet; im Gegensatze, des Steuerbortes oder der rechten Seite. Vermuthlich von dem Niedersächsischen Back, der Rücken, und back, hinten. S. Bort.


Backbret (W3) [Adelung]


Das Backbret, des -es, plur. die -er, in den Küchen, ein dünnes rundes Bret, allerley Gebackenes darauf zu verfertigen. Bey den Bäckern, ein Bret, worauf das Brot und die Semmeln nach dem Ofen getragen werden.


Backdöse (W3) [Adelung]


* Die Backdöse, plur. die -n, in Obersachsen, eine Döse, d. i. ein rundes hölzernes Gefäß, welches auf drey verlängerten Dauben stehet, unten weiter als oben ist, und zum Brotbacken gebaucht wird. S. Döse.


Bäcke (W3) [Adelung]


* Die Bäcke, plur. die -n, ein im gemeinen Leben, obgleich nicht überall gebräuchliches Wort. 1) Die Handlung des Brotbackens; ohne Plural. 2) So viel man auf Ein Mahl in einem Ofen backen kann; das Gebäcke, in Oberdeutschland der Back, der Buch, in Niedersachsen Bakkels oder ein Backen.


Backe (W3) [Adelung]


Die Backe, plur. die -n, Diminutivum das Bäckchen, vulg. Bäckelchen, in Oberdeutschland Bäcklein. 1) Der erhabene fleischige Theil des Gesichtes unter den Augen, zu beyden Seiten der Nase. Runde, eingefallene, aufgeblasene Backen. 2) Figürlich. a) Gewisse erhabene Theile an andern Theilen des Leibes, oder an andern Körpern. So werden die Fleischigen Theile an dem Gefäße der Menschen an den Hinterbeinen der Pferde gleichfalls Backen genannt. Die Backen im Gehirne, bey den Zergliederern, sind auch solche erhabene Theile. Auch die Wölbungen an den Seiten eines Gewehrschaftes, die Hintertheile der Messerklingen, woraus die Stiele geschmiedet werden, die vier Pfeiler- chen an den Vorhängeschlössern, worein der Bogen des Schlosses eingelenket ist, an den Spundstücken die hohe Seite, so auf dem Boden stehet, und andere ähnliche Erhöhungen werden im gemeinen Leben gleichfalls Backen genannt. b) Verschiedene Seitenflächen, wenn sie gleich keine Wölbung aufzuweisen haben. In den Salzfiedereyen führen daher die schräg hinauf gemauerten Steine in den Öfen, welche das Feuer näher an die Pfanne leiten, diesen Nahmen. An einem Hammer sind es die beyden Seitenflächen, und an den Batterien die beyden innern Seiten der Schließscharten, welche Backen genannt werden.

Anm. 1. Dieses Wort ist nur in den gewöhnlichen Sprecharten üblich, dagegen sich die edlere das Wort Wange vorbehalten hat. Das Geschlecht und die letzte Sylbe dieses Wortes sind nicht in allen Mundarten gleich. Die meisten Oberdeutschen sagen die Backe, andere das Backe, und noch andere der Backen; welche letztere Form auch in dem zusammen gesetzten Worte, der Kinnbacken, üblich ist.

Anm. 2. Back bedeutet ehedem eine jede Erhöhung, welche Bedeutung noch in Kinnbacken übrig ist. Das Schwed. Backe, das Dän. Bakke, und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bedeuten einen Hügel. Bühel und Buckel sind bloße Diminutiva von Back und Buck. Bey den Wallisern und Bretagnern bedeutet Boch gleichfalls die Wange. S. auch Back, Becken, Buckel. Bey den Franken und Alemannen waren Bahhon, Hiufilon und Huffelo in der Bedeutung der Wangen üblich; das letztere kommt mit Hübel oder Hügel genau überein. Bey den Niedersachsen ist Leer, Angels. Hleare, in gleicher Bedeutung im Gange. Doch gebrauchen sie auch Backe, welches aber in einigen Gegenden auch den Unterleib bedeutet.


Backen (W3) [Adelung]


Backen, Ich backe, du bäckst, er bäckt, wir backen, u. s. f. Imperf. ich buk, Conj. büke, Partic. gebacken; ein unrichtiges Verbum, welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, mit dem Hülfsworte haben, in welcher Gattung es im Hochdeutschen nur von solchen Dingen gebraucht wird, welche am oder im Feuer bis zu einem gewisse Grade austrocknen. Besonders von dem Brote. Das Brot bäckt schon. Noch mehr aber,II. Als ein Activum. 1) Vermittelst des Feuers bis zu einem gewissen Grade hart und dürre machen, ohne Brühe kochen. Obst backen, am oder im Ofen dörren. Eyer, Kuchen, Brot backen. Gebackene, gebrannte, Steine, S. Backstein. 2) In engerer Bedeutung, Brot backen, mit Einschließung aller dazu nöthigen Hülfsarbeiten. Wir haben noch nicht gebacken. Der Bäcker bäckt heute nicht. Auf die Hefe backen, bey den Bäckern, mit Hefen backen. Auf den Zeug backen, ohne Hefen backen. 3) In einen Teig einhüllen, und backen. So werden in den Küchen die Fische, Frösche, Hühner u. s. f. in Pfannen, bey den Perrückenmachern die Haare im Ofen gebacken u. s. f. 4) In weiterer Bedeutung bäckt man die Seidenhäuschen oder die Cocons, wenn man sie in einen heißen Ofen schiebt, um den Wurm zu tödten. Stahl backen, Eisen durch Cementiren in Stahl verwandeln.

Anm. Die Oberdeutsche Mundart spricht dieses Wort mit ihrem Lieblingslaute bachen, im Imperf. ich buch, aus. Das Niedersächsische backen gehet regulär, ich backte u. s. f. Selbst in einigen Oberdeutschen Gegenden sagt man im Partic. gebachet. Man könnte diese Verschiedenheit sehr nützlich zur Unterscheidung des Neutrius von dem Activo anwenden. Bey dem Notker lautet dieses Wort pacchen, bey den Dänen bage, bey den Schweden baka, bey den Angelsachsen bacian, bey den Engländern to bake, bey den Pohlen piece. Frisch glaubt, daß mit diesem Zeitworte auf den Back oder Trog gesehen werde, worin derTeig zubereitet wird. Allein man findet dieses Wort schon, ehe man vermuthlich noch an einen Trog gedacht hat. Folgende Ableitungen sind daher so wohl natürlicher, als auch fruchtbarer. 1. Das Hebräische Bag bedeutet eine jede Speise und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - essen. Herodotus versichert, daß schon bey den Phrygiern, denen die Erfindung des Getreides, Ackerbaues und Brotbackens zugeschrieben wird, das Brot Bek geheißen. Bäk konnte also überhaupt eine jede Speise, backen aber solche zubereiten bedeuten. 2. Die Griechen hatten ein Verbum, welches - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - hieß, und erwärmen bedeutete; mit diesem kommt unser noch übliches bähen genau überein, welches von bachen und backen nur dem stärkern Hauchlaute nach verschieden ist, oder Vielmehr, bachen oder backen ist das Iterativum von bähen. Nach dieser Ableitung würde der Begriff des Röstens oder Dörrens der herrschende seyn, welcher zugleich der ältesten Beschaffenheit des Brotes genau entspricht. 3. Das Nieders. backen druckt außer der Bedeutung, die es mit dem Hochdeutschen backen gemein hat, auch den Begriff des Klebens und Kleibens oder Kleisterns aus, es mag nun solches durch Austrocknung, oder vermittelst eines Klebers geschehen. Das Haar ist mit Blut zusammen gebacken, sagt sogar Opitz. Auch dieser Begriff, wenn man ihn als den herrschenden ansiehet, lässet sich auf das Backen des Brotes u. s. f. anwenden, indem solche gebackene Körper wirklich mehrere Festigkeit und Haltung bekommen. Indessen läßt sich auch dieser Begriff sehr bequem auf den Begriff des Bähens oder Erwärmens zurück führen. Die im gemeinen Leben übliche Redensart, es wird diese Nacht backen, d. i. heftig frieren, ist wohl ursprünglich Niedersächsisch, und soll eigentlich so viel sagen, daß alle Körper zusammen frieren werden. Das Verbale Backung ist nicht üblich.


Backenbart (W3) [Adelung]


Der Backenbart, des -es, plur. die -bärte, diejenigen Haare, welche auf den Backen stehen, wenn sie nicht abgenommen, sondern als ein Bart beybehalten werden.


Backenbein (W3) [Adelung]


Das Backenbein, des -es, plur. die -e, gewisse Beine auf beyden Seiten des menschlichen Gesichtes, welche den erhabenen Ort unter den Augen, nach der auswärtigen Seite zu, einnehmen, einem schiefen Vierecke gleichen, und eigentlich die Backen bilden; Ossa zygomatica, genae. Wegen der runden Gestalt, die sie von außen zu haben scheinen, werden sie von einigen auch Apfelbeine genannt.


Backenblase (W3) [Adelung]


Die Backenblase, plur. die -n, bey den Hamstern, zwey häufige Säcke zu beyden Seiten in dem Munde, in welchen sie ihren Vorrath in ihre Höhlen tragen.


Backenbüchse (W3) [Adelung]


Die Backenbüchse, plur. die -n, eine allgemeine Benennung unserer heutigen kleinen Feuergewehre, welche bey dem Abfeuern an die Backen gelegt werden; zum Unterschiede von den ehemaligen größern Hakenbüchsen.


Backendrüse (W3) [Adelung]


Die Backendrüse, plur. die -n, in der Zergliederungskunst, zwey Drüsen an jeder Seite des Kinnbackens, welche sich in den Mund ergießen; Glandulae maxillares.


Backeneisen (W3) [Adelung]


Das Backeneisen, des -s, plur. ut nom. sing. in verschiedenen Künsten und Handwerkern, gewisse eiserne Theile, welche die so genannten Backen ausmachen, oder sich an denselben befinden. In den Kupferhämmern sind es z. B. die Pflannen, worin die Zapfen der Hülsen der von dem Wasser getriebenen Hämmer stecken.


Backengrube (W3) [Adelung]


Die Backengrube, plur. die -n, Diminutivum das Backengrübchen; eine kleine Vertiefung in den Backen mancher Personen; das Grübchen.


Backenhaken (W3) [Adelung]


Die Backenhaken, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Tischlern, diejenigen Bolzen an der Hobelbank, zwischen deren Backen oder Seitenflächen man allerley Sachen, die man bearbeiten will, fest keilet.


Backenhaube (W3) [Adelung]


Die Backenhaube, plur. die -n, eine Art Hauben des andern Geschlechts, welche die Backen bedecken.


Bäckenherr (W3) [Adelung]


Der Bäckenherr, S. Bäckerherr.


Backenknochen (W3) [Adelung]


Der Backenknochen, des -s, plur. ut nom. sing. an den Hinterfüßen der Pferde, der erste röhrförmige Knochen, der sich unten mit dem obern Röhrknochen verbindet, und an welchem die Hinterbacken des Pferdes liegen; der Hankenknochen.


Backenlehne (W3) [Adelung]


Die Backenlehne, plur. die -n, an einem Lehnstuhle, die beyden obern Theile, an welche man die Backen lehnet.


Backenriemen (W3) [Adelung]


Der Backenriemen, des -s, plur. ut nom. sing. an den Hintergeschirren der Pferde, Riemen, welche sich an den Hinterbacken befinden.


Backenschlag (W3) [Adelung]


Der Backenschlag, des -es, plur. die -schläge, in der edlern Schreibart, ein Schlag mit der flachen Hand auf die Backe; ein Wort, welches schon in einer Thüringischen Urkunde von 1289 vorkommt. Sie geben mir schimpfliche Backenschläge, Hiob 16, 10 in Herrn Michaelis Übersetzung. S. Backenstreich.


Backenschmiege (W3) [Adelung]


Die Backenschmiege, plur. die -n, bey den Zimmerleuten, die Schmiege, oder die schräge Linie, welche der Schriftsparren da macht, wo er an dem Grathsparren anliegt, und welche auch die Klebenschmiege genannt wird.


Bäckenstock (W3) [Adelung]


Der Bäckenstock, S. Bäckerstock.


Backenstreich (W3) [Adelung]


Der Backenstreich, des -es, plur. die -e, in der anständigern Schreibart, ein Schlag mit der flachen Hand auf die Backen; ehedem Bäkeling, Bekeling, bey dem Tatian Hantslac, oder Handschlag, so fern er mit der Hand geschiehet, im Schwabenspiegel Halsslag. Alle diese eigentlichen und anständigen Ausdrücke sind im gemeinen Leben durch die figürlichen Benennungen einer Ohrfeige, Maulschelle, Schelle, Dachtel u. s. w. verdränget worden.


Backenstück (W3) [Adelung]


Das Backenstück, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, solche Theile, welche sich an den Backen befinden, oder die figürlich so genannten Backen ausmachen. An einem Pferdezaume sind die Backenstücke diejenigen Theile, welche sich an den Backen des Pferdes befinden; im Bergbaue sind es die Erhöhungen an den Seiten eines Gerinnes u. s. f.


Backenstuhl (W3) [Adelung]


Der Backenstuhl, des -es, plur. die -stühle, ein Stuhl mit Backenlehnen.


Backenzahn (W3) [Adelung]


Der Backenzahn, des -es, plur. die -zähne, die letzten vier Zähne in jedem Kinnbacken unter den Backen, welche größer als die übrigen, und an dem obern Ende breit und ungleich sind, und daher auch Stockzähne genannt werden. Weil der letzte von ihnen selten vor den Jahren des Verstandes aus seiner Höhle tritt, so wird er auch der Weisheitszahn genannt.

Anm. Rabanus Maurus nennt die Backenzähne Chinne zane, im Angelsächsischen heißen sie Gomateth, in Niedersachsen Rusen, und in Schlesien verderbt Backzähne. Ihr Lateinischer Nahme, dentes molares, beziehet sich auf ihre Verrichtung, indem sie zur Zermalmung der Speisen dienen. Wegen ihrer Ähnlichkeit mit den Ochsenzähnen, heißen sie im Schwed. Oxeltander, im Isländ. Jaksel, und bey den nördlichen Engländern Axelteeth.


Bäcker (W3) [Adelung]


1. Der Bäcker, des -s, plur. ut nom. sing. ein wildes Schwein männlichen Geschlechts; S. Bacher, aus welchem Worte verderbt ist.


Bäcker (W3) [Adelung]


2. Der Bäcker, des -s, plur. ut nom. sing. die Bäckerinn, plur. die -en, eine Person, welche das Backen verstehet, und sich davon nähret. Ein Kuchenbäcker, Pastetenbäcker, Zuckerbäcker, Obstbäcker, Brotbäcker u. s. f. Besonders ein Hand-werksmann, der das Backen des Brotes erlernet hat, und sich davon nähret.

Anm. Dieses Wort, welches im Angels. Baecere, im Engl. Baker, im Schwed. Bakare, im Dänischen Bager, im Böhmischen Pekar, und im Pohlnischen Piekarsz lautet, ist von dem Verbo backen abgeleitet. In der Oberdeutschen Mundart, welcher noch viele Obersachsen im gemeinen Leben folgen, lautet dasselbe der Beck, des -en, plur. die -en, daher auch in allen folgenden Zusammensetzungen daselbst für Bäcker - Becken - gesetzt wird. Da dieses Wort unmittelbar von backen herkommt. so wird es auch billig mit einem ä in der ersten Sylbe geschrieben. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist für Bäcker, aus dem Lateinisch. Pistor auch das Wort Pfister üblich.


Back-erbe (W3) [Adelung]


* Das Back-erbe, plur. die -n, in einigen Niedersächsischen Städten, ein Haus, auf welchem die Backgerechtigkeit haftet, ein Backhaus; von Erbe, so fern es in Niedersachsen ein Haus bedeutet.


Bäckerbrot (W3) [Adelung]


Das Bäckerbrot, des -es, plur. inus. im Oberdeutschen Beckenbrot, Brot, welches der Bäcker gebacken hat, im Gegensatze des hausbackenen, oder Bauerbrotes.


Bäckerbursch (W3) [Adelung]


Der Bäckerbursch, des -en, plur. die -en, vulg. Beckenbursch, ein Gesell bey den Bäckern; ein Nahme, welchen sie sich selbst beylegen, dagegen sie von andern, so wie die Gesellen der Fleischer, Schuster u. s. w. nur Bäckerknechte heißen.


Bäckerey (W3) [Adelung]


Die Bäckerey, plur. die -en. 1) Alles was zum Backen, besonders des Brotes gehöret. 2) Der Ort, der zum Backen bestimmt ist. Besonders ist an Höfen die Bäckerey, eine besondere Küche zur Verfertigung des Backwerks, welcher ein Backmeister vorgesetzt ist. So auch Zuckerbäckerey u. s. f. Im Oberdeutschen auch die Pfisterey.


Bäckerhandwerk (W3) [Adelung]


Das Bäckerhandwerk, des -es, plur. inus. 1) Das Handwerk, welches die Bäcker erlernen, als ein Abstractum. 2) Die sämmtlichen Bäckermeister eines Ortes, als ein Collectivum.


Bäckerherr (W3) [Adelung]


Der Bäckerherr, des -en, plur. die -en, vulg. Beckenherr. An einigen Orten, 1) diejenigen Glieder des Stadtrathes, welche bey dem Marktamte die Brottaxe besorgen, und die Aufsicht über die Bäcker haben. 2) Der Abgeordnete des Rathes, der den Zusammenkünften des Bäckerhandwerkes beywohnet, der Patron des Bäckerhandwerkes.


Bäckerknecht (W3) [Adelung]


Der Bäckerknecht, des -es, plur. die -e, vulg. Beckenknecht, ein Gesell bey den Bäckern. S. Bäckerbursch. In engerer Bedeutung werden diejenigen Gesellen Bäckerknechte genannt, welche wirklich in Arbeit stehen, im Gegensatze der Feyerburschen, welche auf der Herberge liegen. Nach den verschiedenen Verrichtungen, welche jeder Bäckerbursch bey seinem Meister hat, werden sie Werkmeister, Kneter, Sichter, Junker u. s. w. genannt. S. diese Wörter.


Bäckerschabe (W3) [Adelung]


Die Bäckerschabe, plur. die -n, ein schwarzer, breiter Mehlwurm, der bey den Bäckern am häufigsten angetroffen wird, und wegen seiner Schwärze auch bey einigen Kußwurm heißet.


Bäckerschneider (W3) [Adelung]


Der Bäckerschneider, des -s, plur. ut nom. sing. vulg. Beckenscheider, an einigen Orten, ein Bäckerknecht, der beständig in der Mühle bleibt, und das Geschrotene für die Bäcker siebet; am häufigsten der Sichter.


Backfisch (W3) [Adelung]


Der Backfisch, des -es, plur. die -e, eine allgemeine Benennung aller derjenigen Fische, welche man in den Küchen lieber zu backen, als zu kochen pflegt. Im Scherze nennt man in Niedersachsen ein junges, zum Heirathen noch nicht tüchtiges Mädchen, ein Backfisch.


Backform (W3) [Adelung]


Die Backform, plur. die -en, kleine Arten von Backwerk darin zu backen.


Backgast (W3) [Adelung]


Der Backgast, des -es, plur. die -gäste, ein Nahme, welcher die Bäcker denjenigen Kunden geben, welche ihr Brot gewöhnlich bey ihnen backen lassen.


Backgeld (W3) [Adelung]


Das Backgeld, des -es, plur. von mehreren Summen, die -er, dasjenige Geld, welches man dem Bäcker für das Backen des Brotes bezahlet.


Backgerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Backgerechtigkeit, plur. die -en, das Recht, einen Backofen anzulegen und Brot zu backen, es geschehe nun zu seinem eigenen Gebrauche, oder für andere.


Backhaus (W3) [Adelung]


Das Backhaus, des -es, plur. die -häuser. 1) Ein besonderes Gebäude, in welchem das Brot für eine Haushaltung gebacken wird. 2) Ein Wohnhaus, welches mit der Backgerechtigkeit versehen ist, in welchem das Bäckerhandwerk getrieben werden darf; an einigen Orten eine Backstube, ein Backerbe.


Backholz (W3) [Adelung]


Das Backholz, des -es, plur. car. grob gespaltenes Holz, den Backofen damit zu heitzen.


Bäckig (W3) [Adelung]


Bäckig, mit Backen, (genis) versehen; ein Bey- und Nebenwort, welches nur in den Zusammensetzungen rothbäckig, dünnbäckig, dickbäckig, bausbäckig u. s. f. üblich ist.


Backkammer (W3) [Adelung]


Die Backkammer, plur. die -n, an Höfen, derjenige Theil der Küche, in welchem das Gebackene zubereitet wird.


Backkoch (W3) [Adelung]


Der Backkoch, des -es, plur. die -köche, eben daselbst, ein Koch, der unter der Aufsicht des Backmeisters das Gebackene verfertiget; der Bäckereykoch.


Backkorb (W3) [Adelung]


Der Backkorb, des -es, plur. die -körbe, ein Korb, worin der Bäcker den zu einem Brote geformten Teig noch ein Mahl aufgehen läßt, und ihn dann darin zum Ofen trägt; der Backnapf, die Backschüssel.


Backmeister (W3) [Adelung]


Der Backmeister, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher die Aufsicht über die Bäckerey und das Backwerk an den Höfen hat.


Backobst (W3) [Adelung]


Das Backobst, des -es, plur. car. 1) Gebackenes Obst. 2) Obst, welches nur zum Backen taugt, oder gut zu backen ist; dergleichen Backäpfel, Backbirnen, Backkirschen, Backpflaumen sind.


Backofen (W3) [Adelung]


Der Backofen, des -s, plur. die -öfen. 1) Ein Ofen zum Backen, besonders des Brotes. Daher der Backofenzins, so wohl dasjenige Geld, welches die Unterthanen der Herrschaft, die einen Zwangofen hat, entrichten, als auch dasjenige, was ein Nachbar dem andern für den Gebrauch seines Backofens bezahlet. 2) Figürlich, von einiger Ähnlichkeit, bey den Minirern, eine wie ein Backofen gestaltete Mine.


Backordnung (W3) [Adelung]


Die Backordnung, plur. die -en, diejenige Ordnung, nach welcher die Bäcker eines Orts zu backen verbunden sind.


Backpfanne (W3) [Adelung]


Die Backpfanne, plur. die -n, in den Küchen, eine Pfanne, Fische und andere Speisen darin zu backen.


Backprobe (W3) [Adelung]


Die Backprobe, plur. die -n. 1) Das Meisterstück, welches ein angehender Bäcker zu backen verbunden ist. 2) Dasjenige Getreide, welches die Obrigkeit zur Probe mahlen und backen lässet, um den Preis des Brotes darnach zu bestimmen. 3) Die Brottaxe, welche den Bäckern gesetzt wird; doch nur in Niedersachsen.


Backschaufel (W3) [Adelung]


Die Backschaufel, plur. die -n, ein dünnes an einer langen Stange fest gemachtes Bret, worauf der Teig in den Ofen geschoben oder geschossen wird; die Brotschiebe, Brotschieße, Schiebe oder Schieße, der Schieber.


Backschüssel (W3) [Adelung]


Die Backschüssel, plur. die -n, hölzerne oder ströherne Schüsseln, in welchen die Brote zum Ofen getragen werden. S. Backkorb.


Backstein (W3) [Adelung]


Der Backstein, des -es, plur. die -e. 1) Gebackene, d. i. gebrannte Steine, Ziegel, im Gegensatze der gehauenen, oder an der Luft getrockneten Steine. 2) In einigen Gegenden, eine Art Märgel, welcher so hart, wie Stein ist, und in Gestalt der Backsteine gebrochen wird; Steinmärgel.


Backstube (W3) [Adelung]


Die Backstube, plur. die -n, S. Backhaus.


Backtafel (W3) [Adelung]


Die Backtafel, plur. die -n, bey den Bäckern, das auf einer Tafel befindliche Verzeichniß, wie sie nach einander die Mühle besprechen und erhalten.


Backtrog (W3) [Adelung]


Der Backtrog, des -es, plur. die -tröge, ein unten gewölbter Trog, in welchem der Teig zum Brotbacken angemacht und geknetet wird; Nieders. Backeltrog, an andern Orten die Beute, oder der Beuten.


Backtuch (W3) [Adelung]


Das Backtuch, des -es, plur. die -tücher, bey den Bäckern, Tücher, deren man sich zu den Broten bedienet.


Backwerk (W3) [Adelung]


Das Backwerk, des -es, plur. inus. in den Küchen, allerley gebackene Speisen, doch mit Ausschließung des Brotes. Eine Köchinn, die mit dem Backwerke gut umzugehen weiß, Kuchen u. s. w. backen kann.


Bad (W3) [Adelung]


Das Bad, des -es, plur. die Bäder. 1. Der flüssige Körper, in oder mit welchem man sich badet. a) Eigentlich; in welcher Bedeutung oft ein Wasser, in welchem man badet, diesen Nahmen führet; ohne Plural. Das Bad wärmen. Einem ein schlimmes Bad zurichten, figürl. und im gemeinen Leben, ihm etwas Böses zubereiten. Das Bad austragen müssen, auch nur im gemeinen Leben, eigentlich, das Wasser, worin sich ein anderer gebadet, austragen, figürl. für andere büßen müssen. Das Kind mit dem Bade ausschütten, gleichfalls nur im gemeinen Leben, das Gute mit dem Bösen verwerfen. b) In engerer Bedeutung wird ein warmes mineralisches Wasser, in welchem man badet, ein Bad, ein warmes Bad, ein Wildbad, und zuweilen auch im Plural die Bäder genannt. c) Figürlich heißen oft auch verschiedene andere, theils flüssige, theils nicht flüssige Körper ein Bad, wobey der Grund der Benennung theils von dem Überflusse, theils von einiger Ähnlichkeit des Gebrauches hergenommen ist. So heißt bey den Färbern eine Kufe voll Wasser mit den zum Färben nöthigen Ingredienzen, worin man die Zeuge, die man färben will, einweicht, ein Bad. Bey den Ärzten hat man Milchbäder, Sandbäder, Rosinenbäder, und bey den Scheidekünstlern Dampf- Sand- und Aschenbäder. S. ein jedes an seinem Orte. Bey den Maurern ist das Bad eine größere Menge Mörtel, als gewöhnlich ist. Ein Kalkbad machen, viel Kalk gebrauchen. In das Bad setzen, mehr Mörtel als gewöhnlich nehmen. In dem Worte Blutbad beziehet sich Bad bloß auf die Menge des vergossenen Blutes.2. Der Gebrauch des Bades; ohne Plural. a) Eigentlich. Einem Kranken das Bad verordnen. Sich des Bades bedienen. Einem das Bad gesegnen, im gemeinen Leben, eigentlich wünschen, daß es ihm wohl bekomme; figürl. ihn ausprügeln. b) Figürlich. (1) Ein trockenes Bad, heißt bey einigen Ärzten, wenn der Leib, oder einige Theile desselben mit Rauche gebähet werden. (2) Das Bad der Wiedergeburt, in der biblischen Schreibart, die Taufe.3. Ein Zimmer, ein Gebäude, welches zum Baden bestimmt ist, ingleichen ein Ort, an welchem sich ein mineralisches Bad befindet. In das Bad gehen, reisen. Daher auch die eigenthümlichen Nahmen des Carlsbades, Emserbades, Schlangenbades, Wißbades u. s. w.

Anm. 1. Oft bedienet man sich anstatt des Singulares des Plurals von diesem Worte; z. B. sich der Bäder bedienen, die Bäder zu Wißbaden u. s. f. besonders wenn von einem mineralischen warmen Bade die Rede ist. Alsdann geschiehet solches entweder in Rücksicht auf den mehrmaligen Gebrauch, oder auf mehrere an einem Orte befindliche Quellen, oder auch aus bloßer Nachahmung des Latein. thermae, arum.

Anm. 2. Bad ist sich fast in allen abendländischen und mitternächtigen Sprachen gleich geblieben. Bey dem Kero Pad, Angels. Baeth, Engl. Bath, Schwed. Bad, Holländ. Baed. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Latein. Balneum haben außer der Verlängerung am Ende, statt des d, ein l, welches die Töchter der Lateinischen Sprache wieder weggeworfen, oder vielmehr nur ihren Sprachwerkzeugen gemäß ausgedrucket haben. Die ältesten Lateiner hatten das Wort Bajae, für mineralische Bäder. Die Italiäner sagen Bagno, die Franzosen Bain, und die Russen Banjo. Ihre hält auch hier bähen für das Stammwort, zumahl da das Schwedische Badd auch Sonnenhitze bedeutet. Das Wort Bad würde also eigentlich und zunächst einen warmen Bade zukommen. Allein es scheinet immer, als wenn Wachters Meinung, der dieses Wort zu Vadum, waten, und Wasser, im Nieders. Water, ziehet, dießmahl den Vorzug verdiene. Schon das Phrygische Bedy bedeutete Wasser, das Goth. Wate hatte gleiche Bedeutung, und selbst im Schwedischen ist wat, für feucht, und wäta, für befeuchten, noch üblich. Bad würde also eigentlich einen jeden flüssigen Körper, und besonders das Wasser bedeuten.

Anm. 3. Als sich die Deutschen zum Vortheile ihrer Stärke und Gesundheit des Bades noch häufiger bedienten als jetzt, hatte man eine Menge mit Bad zusammen gesetzter Wörter, die zum Baden nöthigen Bedienten, Werkzeuge, Gefäße, Kleider u. s. f. auszudrucken. In den Oberdeutschen Gegenden, wo man sich noch jetzt zu baden pfleget, sind diese Wörter noch üblich. Dergleichen sind Badehaube, Badehut, Badekessel, Badekleid, Badeknecht, Bademagd, Bademantel, Badeschürze u. s. f. die sich leicht von selbst verstehen, und daher hier keiner weitläufigen Erklärung bedürfen.


Bade-Cur (W3) [Adelung]


Die Bade-Cur, plur. die -en, der Gebrauch eines mineralischen Bades zur Gesundheit. Einem die Bade-Cur verordnen. S. Cur.


Badefrau (W3) [Adelung]


Die Badefrau, plur die -en, an einigen Orten, besonders in Niedersachsen, eine Hebamme, oder Wehmutter, weil sie das neu geborene Kind zuweilen auch zu baden pflegt. S. Bademutter.


Badegast (W3) [Adelung]


Der Badegast, des -es, plur. die -gäste, eine Person, welche des Badens wegen in eine Badestube kommt; ingleichen, welche sich der mineralischen Bäder eines Ortes bedienet. S. Gast.


Badegeld (W3) [Adelung]


Das Badegeld, des -es, plur. inusit. 1) Das Geld, welches man für das Baden in den Badestuben erleget. 2) Bey einigen Handwerkern, so viel als Trinkgeld für die Gesellen, welches ehedem zum Baden angewandt wurde, und den vierten Theil des Wochenlohnes ausmachte. Weil das Baden nicht mehr üblich ist, so ist auch dieses Badegeld abgekommen.


Badekappe (W3) [Adelung]


Die Badekappe, plur. die -n, eigentlich ein langes leinenes Kleid, darin zu baden. In Niedersachsen bedeutet es auch ein langes nesseltuchenes Sterbekleid.


Badekopf (W3) [Adelung]


Der Badekopf, des -es, plur. die -köpfe, in den gemeinen Mundarten so viel als Schröpfköpfe, Ventosen, weil man sie nach dem Gebrauche des Bades aufzusetzen pflegte.


Badekraut (W3) [Adelung]


Das "Badekraut", des -es, plur. die "Badekräuter", ein Nahme, welchen man im gemeinen Leben allen denjenigen Kräutern beyleget, die man zum Baden zu nehmen pflegt, z. B. dem Liebstöckel, den Kamillen, dem Roßmarin, Steinklee u. s. f.


Badelehm (W3) [Adelung]


Der Badelehm, des -es, plur. inusit, S. Badeschlamm.


Bade-Medicus (W3) [Adelung]


Der Bade-Medicus, des -Medici, plur. die -Medici, ein Arzt, welcher sich in einem mineralischen Bade aufhält, die Kranken daselbst zu besorgen; der Badearzt.


Bademulde (W3) [Adelung]


Die Bademulde, plur. die -n, eine Mulde, neu geborene Kinder darin zu baden.


Bademutter (W3) [Adelung]


Die Bademutter, plur. die -mütter, in Niedersachsen, eine Hebamme, Wehmutter. S. Badefrau.


Baden (W3) [Adelung]


Baden, verb. reg. act. 1) Eigentlich, mit Eintauchen des ganzen Leibes, oder doch eines großen Theiles desselben in einen flüssigen Körper, waschen oder bähen. Sich baden. Sich im Flusse, in einem Teiche baden. Ein Kind baden. Er siehet aus wie eine gebadete Katze, im gemeinen Scherze, d. i. sehr naß. Ingleichen absolute, mit Weglassung des Accusativs, baden, das Bad gebrauchen. Ich werde heute baden. Komm, bade sicher, ich störe dich nicht, Raml. 2) Figürlich. Sich im Blute der Erschlagenen baden, viel Blut vergießen. In dem Tumult des Aufruhrs seinen Arm In Blut zu baden Weiße. Sich in allen Wollüsten baden, sie auf eine unmäßige Art genießen. Sich in Thräumen baden, heftig weinen. Oft siehet mich noch der Morgenstern in Gedanken vertieft, und in Thränen gebadet, Dusch. Auf ähnliche Art sagte schon Winsbeck: Di wange vs ougen baden, d. i. weinen. Sie badet seinen Leichnam mit ihren Thränen, Weiße, benetzt ihn häufig damit. Die Müller sagen, das Rad bade, wenn das Wasser so hoch stehet, daß es die Schaufeln erreicht, und folglich die Bewegung hindert.

Anm. Das Verbale die Badung ist von diesem Zeitworte nicht gebräuchlich. Von dessen Abstammung, S. Bad.


Badeordnung (W3) [Adelung]


Die Badeordnung, plur. die -en, die einer Badestube von der Obrigkeit vorgeschriebene Ordnung.


Badequast (W3) [Adelung]


Der Badequast, des -es, plur. die -e, ein Büschel grüner Kräuter, womit man in den Badestuben die Geburtstheile bedeckt.


Bader (W3) [Adelung]


Der Bader, des -s, plur. ut nom. sing. dessen Gattinn die Baderinn, plur. die -en, der die Erlaubniß hat, eine Badestube für andere um Geld zu halten, und vom Baden und Schröpfen Profession macht. Ingleichen ein Wundarzt, der auch Baden und Schröpfen gelernet hat, zum Unterschiede eines Wundarztes, der dabey nur barbieren kann.

Anm. Obgleich das Baden in dem halben Deutschlande gänzlich abgekommen ist, so ist doch die Benennung der Bader geblieben. Im gemeinen Leben pflegt man sie oft mit den Barbierern zu verwechseln, ob sie gleich sich sorgfältig von ihnen unterscheiden. S. Zinkens Manufactur- und Handwerks-Lexicon v. Bader. Eine ihrer vornehmsten Berrichtungen ist noch das Schröpfen, die übrigen Beschäftigungen haben sie mit den Barbierern gemein. Ehedem hieß Bader, was jetzt ein Badegast heißt, d. i. einer der gebadet wird; der Bader aber hieß Bademeister, Stübner, Stubrer, ( S. Badestube) und im Nieders. Badstäver, Stöver.


Baderey (W3) [Adelung]


Die Baderey, plur. die -en, die Wohnung eines Baders, ingleichen ein Haus, welches die Gerechtigkeit hat, eine Badestube zu halten.


Badeschaum (W3) [Adelung]


Der Badeschaum, des -es, plur. car. eine weiße alkalische Guhr, welche mit einigen warmen mineralischen Bädern hervor sprudelt, und als ein weißer Schaum auf dem Wasser schwimmet.


Badeschicht (W3) [Adelung]


Die Badeschicht, plur. die -en, bey den Handwerkern und andern Arbeitern, das Aufhören von der Arbeit, unter dem Vorwande, in das Bad zu gehen. S. Schicht. Besonders pflegte man um dieser Ursache willen Sonnabends früher als gewöhnlich Feyerabend zu machen, welches aber mit dem Baden selbst, an den meisten Orten abgekommen ist.


Badeschlamm (W3) [Adelung]


Der Badeschlamm, des -es, plur. car. der feine, einem Milchrahme ähnliche Schlamm, welcher sich in manchen natürlichen Bädern auf den Boden setzt; der Badelehm, wenn er dem Lehm an Farbe gleicht.


Badeschwamm (W3) [Adelung]


Der Badeschwamm, des -es, plur. die -schwämme, ein Nahme, welchen man dem Meerschwamme gibt, weil man ihn zum Baden und Waschen gebraucht; zum Unterschiede von dem Baumschwamme.


Badeschwefel (W3) [Adelung]


Der Badeschwefel, des -s, plur. car. natürlicher Schwefel, welcher in Schwefelquellen, und besonders in heißen Bädern, z. B. zu Aachen, gesammelt wird.


Badestein (W3) [Adelung]


Der Badestein, des -es, plur. inusit. ein Tropfstein oder Tof, der sich in den warmen Bädern anzulegen pfleget; der Badesinter, Badetof, im Carls-Bade der Sprudelstein, Prudelstein.


Badestube (W3) [Adelung]


Die Badestube, plur. die -n, vulg. die Badstube. 1) Eine Stube oder Zimmer, welches zum Baden bestimmet ist. 2) Ein öffentliches Haus zum Baden, Schröpfen und Schwitzen; die Baderey. Ehedem nannte man eine solche Badstube nur - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - eine Stube, und im Nieders. Stave, Stove.


Badewanne (W3) [Adelung]


Die Badewanne, plur. die -n, eine an beyden Seiten breite, Am Ende aber länglich runde hölzerne Wanne, sich darin zu baden.


Badewarm (W3) [Adelung]


Badewarm, adj. et adv. so warm, als ein zum Baden gewärmtes Wasser, im gemeinen Leben.


Badewisch (W3) [Adelung]


Der Badewisch, des -es, plur. die -e, eine von Stroh geflochtene Unterlage, worauf die neu gebornen Kinder bey dem Baden in der Bademulde gelegt werden.


Badian (W3) [Adelung]


Badian, S. Sternanis.


Badstube (W3) [Adelung]


Badstube, S. Badestube.


Bäffchen (W3) [Adelung]


Das Bäffchen, des -s, plur. ut nom. sing. eine besonders in Niedersachsen übliche Benennung des zweytheiligen weißen Läppchens, welches die Landgeistlichen statt des Priesterkragens tragen. In Obersachsen nennt man es das Hälschen. Daß der Nahme Bäffchen nicht von dem Niedersächsischen buffen oder puffen, bauschig machen, kommen könnte, zeiget die bloße Gestalt. Im Niedersächsischen ist bäbken, naß machen, und Bäbke-dook, ein kleines Tuch, welches man den Kindern unter dem Kinne fest macht, damit sie die Kleider nicht besudeln, mit welchem ein Bäffchen viele Ähnlichkeit hat.


Bäffen (W3) [Adelung]


Bäffen, Bäffzen, verb. reg. neutr. mit dem Hülsworte haben, schwach bellen. Dieses Wort ist, so wie dessen Frequentativum bäffzen, im Hochdeutschen wenig üblich; indessen ist es doch um des zusammen gesetzten wiederbäffzen willen zu merken, welches zuweilen vorkommt. S. dieses Wort. Bäffen ahmet den Schall nach, den die Hunde durch ihr schwaches Bellen machen, und kommt darin mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und dem Latein. baubare überein.


Bagage (W3) [Adelung]


Die Bagage, (sprich Baggasche,) plur. inus. 1) Das Geräth, oder Gepäck, besonders einer Armee im Felde. Daher der Bagage-Wagen. 2) Figürlich in der niedrigen Sprechart, liederliches Gesindel, dergleichen sich gemeiniglich bey dem Gepäcke der Armeen aufzuhalten pflegt.

Anm. Wir haben dieses Wort von dem Franz. Bagage angenommen. Indessen stammet es doch aus den mitternächtigen Mundarten her. Das Schwedische Bagg, und das Alt-Französische Bague, bedeuten einen Mantelsack. Das Englische Bag ist ein Beutel, und die Bedeutung des Deutschen Pack ist bekannt. S. du Fresne Glossar, v. Bagagium. Auch die figürliche Bedeutung ist bey den Ausländern nicht unbekannt, indem das Engl. Bagage, und das Franz. Bagasse, das Span. Bagassaund das Ital. Bagascia, so wie das Deutsche Pack, gleichfalls von einem liederlichen Weibesbilde gebraucht werden.


Baggern (W3) [Adelung]


* Baggern, verb. reg. act. ein Niederdeutsches Kunstwort, den Schlamm aus der Tiefe ziehen. Einen Hafen oder Canal baggern, ihn von dem Schlamme reinigen, welches vermittelst eines Baggerprahmes oder Baggers geschiehet, der ein Schöpfrad mit langen Schaufeln hat, den Schlamm zu heben. Eben daselbst baggert man auch den Torf, wenn man ihn mit Netzen aus einer sumpfigen Tiefe ziehet, dergleichen Torf denn Baggertorf genannt wird.


Bähekraut (W3) [Adelung]


Das Bähekraut, des -es, plur. die -kräuter, ein allgemeiner Nahme aller derjenigen Kräuter, welche zum Bähen des Leibes dienlich sind.


Bähen (W3) [Adelung]


Bähen, verb. reg. act. welches in seiner allgemeinsten Bedeutung erwärmen bedeutet, aber in den verschiedenen Fällen, in welchen es gebraucht wird, allerley Nebenbegriffe bekommt. So bedeutet Holz bähen, es am Feuer erwärmen und hernach den Bast abziehen, oder auch es biegen; Brot, Semmeln bähen, in den Küchen, es rösten. Kranke Glieder bähen, bey den Ärzten, sie mit warmen Tüchern reiben, ingleichen sie beräuchern, den Dunst von warmen Kräutern daran gehen lassen, wie auch warme äußerliche Arzeneymittel überlegen. Daher die Bähung, so wohl das Bähen, als auch eine äußerliche Arzeney, mit welcher ge bähet wird.

Anm. Bähen, Nieders. bähen, bäen, hat mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, calere, zu viele Gleichheit, als daß man selbige sollte verkennen können. Das alte Lateinische Bajae, warme Bäder, und das Schwed. badda, erwärmen, gehören gleichfalls zu dieser Familie. S. Bad und das Verbum backen. Die gemeinen Mundarten haben von diesem Worte auch ein Intensivum, dergleichen das Oberdeutsche bächern, und das Niedersächsische bäckern, erwärmen, ist. S. Bächern.


Bähesäcklein (W3) [Adelung]


Das Bähesäcklein, des -s, plur. ut nom. sing. Kräuter oder andere in Leinwand genähete Arzeneymittel, kranke Glieder damit zu bähen.


Bähestube (W3) [Adelung]


Die Bähestube, bey den Alaungärbern, S. Gärbestube.


Bahn (W3) [Adelung]


Die Bahn, plur. die -en. 1) Eigentlich ein betretener, gangbarer Weg zum Gehen oder Reisen. Eine Bahn machen. Die Bahn brechen, so wohl eigentlich, zum ersten Mahle auf einem Wege reisen, als auch figürlich, in einem schweren Geschäfte den Anfang machen. Von der Bahn kommen. Die Bahn verlieren. Einem die Bahn verhauen, ihm den Weg versperren. Bahn halten, eben den Weg gehen, den andere gehen; besonders bey den Fleischern, im Austragen des Fleisches auf den Verkauf, eben den Weg auf die Dörfer nehmen, den ein anderer Fleischer gehet. Etwas auf die Bahn bringen, figürlich, der Urheber einer Sache seyn. Besonders wird der Weg im Winter durch den Schnee eine Bahn genannt; daher die Schlittenbahn. Figürlich druckt dieses Wort oft den Inbegriff der moralischen Handlungen und deren Art und Weise aus. Führe mich auf rechter Bahn. Der Tugend Bahn ist voll von Arbeit und Beschwerden, Can. Was ist der Mensch, der auf der Bahn dieses Lebens noch so vorsichtig wandelt? Gell. In der blutigen Schlacht auf der Bahn der Helden Ehre suchen.2) In weiterer Bedeutung, (a) die Linie, welche ein Körper in seiner Bewegung beschreibt, und der Eindruck, welchen er dadurch auf einen andern Körper macht. So heißt in der Astronomie und Mechanik eine jede Linie, welche die Körper in ihrer Bewegung in der Luft beschreiben, eine Bahn. Die Drahtplätter nennen den runden Kreis, welchen der durchgehende Draht auf der Walze macht, und die Bergleute, die Nuth, in welcher der Laufkarren mit seinen Rädern auf- und abläuft, eine Bahn. (b) Ein eben gemachter Platz, allerley Berrichtungen darauf vorzunehmen. Daher die Reitbahn, die Regelbahn, die Reiserbahn, die Rennbahn, die Stechbahn u. s. f. S. diese Wörter. (c) An verschiedenen Werkzeugen eine jede glatte Fläche, welche den Wirkungen eines andern Körpers unmittelbar ausgesetzet ist. Daher die Bahn eines Hammers, die breite und glatte Fläche, mit welcher der Schlag geschiehet; die Bahn des Amboßes, dessen obere glatte Fläche, auf welcher die Schläge geschehen; die Bahn eines Hobels, dessen untere ebene Fläche; die Bahn an einer Art, oder an einem Beile, die Fläche welche längs der Schneide hinläuft; die Bahn an einem Grabstichel, dessen unterste Fläche, mit welcher der Künstler arbeitet, u. s. f.

Anm. 1. Der Plural kommt im gemeinen Leben seltener, bey den Dichtern aber häufiger vor. Die Schiffe finden sichre Bahnen, Selbst auf den wilden Oceanen, Cram. Und neue Bahnen sich zu brechen. Heißt in ein Nest gelehrter Wespen stechen, Wiel.

Anm. 2. Bahn lautet im Schwed. Ban, im Dänischen und Holländ. Bane. Wachter hält eben für das Stammwort; allein die Ehre gehöret wohl dem alten nordischen Zeitworte bana, schlagen, womit das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - überein kommt; denn gehen ist doch nichts anders, als die Erde mit den Füßen schlagen. Bey der ersten Armuth der Sprachen hat diese Vereinigung der Begriffe nichts Widerwärtiges. Im Französischen heißt chemin battu, auch nichts anders als ein gebahnter, ebener Weg. S. auch Bohnen, das Zeitwort. Im Niedersächsischen bedeutet Baan, die ganze Breite der Zeuge, woraus die Weiberröcke bestehen.


Bahnen (W3) [Adelung]


Bahnen, verb. reg. act. gangbar machen, eben machen. Eigentlich, von dem Wege. Einen Weg bahnen. Ein gebahnter Weg. Figürlich bedeutet diese R. A. auch, die Hindernisse aus dem Wege räumen, die Mittel zur Erreichung einer Absicht barbiethen. Die Alten haben uns den Weg zu den Wissenschaften gebahnet. Er würde nie zu dieser Würde gelanget seyn, wenn ihm nicht die Gunst den Weg dazu gebahnet hätte. Zuweilen wird auch das Hauptwort ausgelassen. Ich will ihm die Rückkehr zur Tugend bahnen, Weiße.

Anm. Bahnen im Schwed. bana, im Dänisch. bane, in einigen Gegenden Englands to boon, bey den Oberdeutschen bähnen und in einigen gröbern Mundarten ponen. S. Bohnen.


Bahnenschlägel (W3) [Adelung]


Der Bahnenschlägel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bergleuten, der große Hammer, womit die Bahn des großen Schmiedehammers wieder ausgebessert wird; in ihrer Mundart Pfähnenschlägel.


Bahnenwärter (W3) [Adelung]


Der Bahnenwärter, des -s, plur. ut nom. sing. an den Höfen, derjenige, welcher die fürstliche Reitbahn in Ordnung zu erhalten hat.


Bahn-Galopp (W3) [Adelung]


Der Bahn-Galopp, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, der künstliche, oder auf der Reitbahn erlernte Galopp eines Pferdes, zum Unterschiede von dem natürlichen oder Feld-Galoppe.


Bahnhobeln (W3) [Adelung]


* Bahnhobeln, verb. reg. act. bey den Böttchern, den Boden eines Gefäßes aushobeln, glatt hobeln.


Bahnig (W3) [Adelung]


* Bahnig, was Bahnen, oder glatte Flächen hat, ein Bey- und Nebenwort, welches nur in den Bergwerken üblich ist, wo gewisse eckige Zinngraupen mit glatten Flächen bahnige Zinngraupen genannt werden.


Bahre (W3) [Adelung]


Die Bahre, plur. die -n, im gemeinen Leben, ein Werkzeug zum Tragen, welches aus zwey Stangen bestehet, die mit Querhölzern verbunden sind; edler eine Trage. Daher die Mist-bahre, die Handbahre, die Todtenbahre, welche letztere auch nur schlechthin die Bahre genannt wird. In Thüringen ist Radebahre, oder Radebärge, ein Schiebekarren, zum Unterschiede von einer Tragebahre, welcher Ausdruck sonst ein Pleonasmus seyn würde; und ein Netz, worin man Fische trägt, wird in Schwaben eine Fischbär und bey den Minnesingern Bere genannt. Bey den Papiermachern ist die Bahre oder der Seihekasten ein kleiner Trog, welcher statt des Bodens einen feinen wollenen Zeug hat, die Unreinigkeiten des Wassers von dem Wasserkasten abzuhalten.

Anm. 1. Der Nahme dieses Werkzeugs ist sehr alt, heut zu Tage aber besonders den Niederdeutschen Mundarten eigen, wo es Barre, Berrje, Böre, Bärge, Borge u. s. f. gesprochen wird. Das Alemannische Baru und Bara, das heutige Oberdeutsche Par, das Schwed. Bar, das Dänische Baar, das Engl. Barrow, das Franz. Bar, und Biere, das Ital. Bara und Barra, bedeuten insgesammt theils eine jede Bahre, theils ins besondere eine Todtenbahre, zuweilen aber auch einen Sarg. Ja Herodotus versichert, daß die Ägyptier einen Kahn, worin die Todten abgeführet wurden, Barin genannt. S. Barke. Das Stammwort ist das noch im Niedersächischen so übliche bären, oder bören, tragen, heben, welches mit dem Alemannischen peran, dem Gothischen bairan, dem Schwedischen baera, dem Dänischen bäre, dem Angels. baeran, dem Engl. to bear, und to wear, dem Wendischen bieru, beru, dem Lateinischen ferre und Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, allein der Bedeutung des Tragens, einerley ist. Vermuthlich gehöret auch das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Last hierher. S. auch Bar, die Endung, Gebären, Pferd, und Schwer.

Anm. 2. Die alten Schreibarten kennen in diesem Worte kein h. Erst in den neuern Zeiten hat man angefangen, es bald Baare, bald Bahre zu schreiben, wovon doch die letzte Form den Vorzug erhalten hat. S. die Orthogr. Th. 1, S. 249, 282.


Bahrrecht (W3) [Adelung]


Das Bahrrecht, des -es, plur. inusit. in den Rechten der mittlern Zeiten, 1) eine Art eines peinlichen Prozesses, da man Personen, die wegen einer Mordthat verdächtig waren, an den auf einer Bahre liegenden Leichnam des Ermordeten führte, und ihre Finger auf die Wunde des Entleibten legte, in Erwartung, daß bey der Gegenwart der schuldigen Person die Wunde anfange zu bluten; Jus cruentationis, Sandapilae; welches abergläubige Verfahren an einigen Orten nicht üblich ist. 2) Das Recht einen Ermordeten gerichtlich aufzuheben und abzuführen.


Bahrtuch (W3) [Adelung]


Das Bahrtuch, des -es, plur. die -tücher, an einigen Orten das Leichentuch, weil es über die Bahre und den darauf stehenden Sarg gezogen wird.


Bähung (W3) [Adelung]


Die Bähung, S. Bähen.


Bai (W3) [Adelung]


Die Bai, S. Bay.


Baiern (W3) [Adelung]


Baiern, der eigenthümliche Nahme eines Deutschen Herzogthumes, aus dem Latein. Bajoaria, verderbt Bavaria; woraus zugleich erhellet, daß das y, welches man ehedem in diesem Worte schrieb, und wohl noch schreibt, keinen hinlänglichen etymologischen Grund hat. Daher der Baier, des -s, plur. die -n, Fämin. die Baierinn, eine Person aus diesem Lande; und das adj. et adv. Baierisch, aus diesem Lande her. Baierisches Bier, Baierisches Geld, der Baierische Stich, in der Rahmnähterey.


Baiern (W3) [Adelung]


Baiern, eine Art des Läutens, S. Beiern.


Bajonnet (W3) [Adelung]


Bajonnet, S. Bayonnet.


Baitzen (W3) [Adelung]


Baitzen, S. Beitzen.


Bake (W3) [Adelung]


* Die Bake, plur. die -n, in der Seefahrt, ein Zeichen für Schiffende, damit sie wissen, wo entweder die Anfurt und Einfahrt, oder auch das Fahrwasser ist. Dieses Zeichen ist entweder eine Tonne, welche so im Wasser befestiget wird, daß sie auf demselben schwimmet, oder auch ein Feuerbecken auf einem erhabenen Orte oder Thurme, oder auch nur eingeschlagene Pfähle oder Stangen. Alle diese Zeichen heißen Baken, und nach Maßgebung ihrer Beschaffenheit, eine Baktonne, eine Feuerbake, in Hamburg Blüse, Bleuster, von Blaß, Flamme, Gluth u. s. f. Derjenige, der die Aufsicht über eine solche Bake hat, wird der Bakenmeister, und das Geld, welches die einlaufenden Schiffe dafür erlegen, das Bakengeld genannt. S. auch Tonnengeld und Tonnenmeister.

Anm. Das a lautet in diesem Worte gedehnt; der darauf folgende Consonans muß also ein einfaches k und kein ck seyn. Das Wort selbst ist Niederdeutschen Ursprunges, ohne Zweifel von dem Angels. Beacn, Engl. Beacon, ein Zeichen, wovon auch in dem mittlern Lateine Bagia ein Zeichen bedeutet. Von einem andern ähnlichen Worte, in welchem der Begriff der Vertiefung der herrschende ist, S. Becken, ist die Bake in einigen Gegenden eine Öffnung in dem Eise, in welchem Falle es aber doch am häufigsten Wake geschrieben und gesprochen wird; S. dasselbe.


Bakel (W3) [Adelung]


Der Bakel, des -es, plur. ut nom. sing. ein Stock, besonders in den Schulen. Es ist zwar zunächst aus dem Latein. Baculus entlehnet, allein dieses Lateinische Wort selbst kann seinen nördlichen Ursprung nicht verläugnen. Es ist das Diminutivum, von einem Worte, wovon noch das Schwed. Pak, ein Prügel, übrig ist. Das Schwedische Bagal, und Wallisische Bagl, bedeuten gleichfalls einen Prügel. S. Bängel, und Bakern.


Bakeler (W3) [Adelung]


Der Bakeler, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Kürschnern und Weißgärbern, ein eisernes Werkzeug, welches wie ein Säbel gekrümmt, aber ohne Schärfe ist, die Felle daran abzuziehen; das Bakeleisen, verderbt Böckeleisen. Vermuthlich mit dem vorigen aus Einer Quelle.


Bakeljau (W3) [Adelung]


Der Bakeljau, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, in der Handlung, eine Art Stockfisches, welcher aus gedörreten Felsenfischen bestehet. Da dieser Fisch an den Süd-Amerikanischen Küsten bereitet wird, so stammet auch dessen Nahme daher. Im Spanischen wird er Baacalao genannt.


Bakengeld (W3) [Adelung]


Das Bakengeld, des -es, plur. inusit. S. Bake.


Bakenmeister (W3) [Adelung]


Der Bakenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. S. ebend.


Bakern (W3) [Adelung]


* Bakern, verb. reg. act. welches nur in einigen gemeinen Mundarten üblich ist, wo es so viel als klopfen bedeutet. Daher Baker, eben daselbst, ein Hammer. Es ist ein Iterativum von dem gleichfalls noch in manchen Gegenden gangbaren baken, schlagen, klopfen, welches das Stammwort des Latein. Baculus ist, und wovon unser pochen als ein Intensivum angesehen werden kann.


Balance (W3) [Adelung]


Die Balance, (sprich Balangße,) plur. die -n, aus dem Französischen Balance, das Gleichgewicht. Die Balance in der Handlung, das Gleichgewicht, die Gleichheit der Einfuhre und Ausfuhre, der Einnahme und Ausgabe. Die Balance ziehen, diese Gleichheit berechnen. Daher balanciren, verb. reg. neutr. mit haben, das Gleichgewicht halten. Besonders in der Tanzkunst, mit dem einen Fuße stehend und mit dem andern schwebend, das Gleichgewicht nach Anordnung der Musik halten, welches von den Seiltänzern vermittelst einer eigenen Balancir-Stange geschiehet. Figürlich ist balanciren unschlüssig, ungewiß seyn. Die Tanzkunst allenfalls ausgenommen, könnte man so wohl das Verbum als das Substantiv sehr füglich entbehren.


Balander (W3) [Adelung]


Der Balander, eine Art Fahrzeuge, S. Belander.


Balanit (W3) [Adelung]


Der Balanit, des -en, plur. die -en, in der Naturgeschichte, eine versteinerte Meer- oder Seeeichel, aus dem Griech. und Latein. Balanus.


Balaß (W3) [Adelung]


Der Balaß, eine Art Edelsteine, S. Ballaß.


Balbahn (W3) [Adelung]


* Der Balbahn, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, die ausgestopfte Figur eines Birkhahnes, die Birkhühner damit an-zulocken. Auf den Balbahn schießen, sie dadurch zum Schuße anlocken. Ohne Zweifel von dem alten bal, unächt, falsch, böse, und Hahn, einen falschen, nachgemachten Hahn zu bezeichnen, daher das Wort eigentlich Balhahn lauten sollte.


Balbier (W3) [Adelung]


Balbier, S. Barbier.


Balche (W3) [Adelung]


Die Balche, plur. die -n, ein in Oberdeutschland sehr berühmter und schmackhafter Fisch, welcher dem Häringe gleicht, außer daß er größer und bis 17 Zoll lang wird, auch von bläulicher Farbe ist. Er wird nur allein in dem Bodensee gefangen, gehöret zu dem Salmo des Linne und wird auch Baal, Felche, Blauling, Gangfisch, Pferren, Lat. Farra, Fora, Pala genannt. S. davon Sparrmanns Nachricht in Martini's Geschichte der Natur, Th. 4, S. 651. Er hat den Nahmen ohne Zweifel von der fahlen, falben, oder bläulichen Farbe, welcher auch die Bilchmaus ihren Nahmen zu danken hat. Am Bodensee nennt man diesen Fisch im ersten Jahre Henerling, im zweyten Stübe oder Steube, im dritten Gangfisch, und gegen das Ende Springer, im vierten Ränke, im fünften Halbfelch, im sechsten Dreyer, und im siebenten eigentlich erst Balche oder Felche. Außer dieser edlern Art, welche völlständig Blaubalche oder Blaufelche genannt wird, gibt es noch eine geringere, welche weißlich von Farbe ist, und Weißfelche oder Adelfisch genannt wird.


Balcon (W3) [Adelung]


Der Balcon, (sprich Balkong,) des -s, plur. die -s, ein Austritt vor einem Fenster in der Höhe, ein unbedeckter Ärker. Ingleichen ein bedeckter oder auch offner Gang an dem Hintertheile großer Schiffe. Daher das Balcon-Fenster, eine Art großer Fenster, welche bis auf den Boden gehen, und zugleich eine Thür vorstellen, wie man sie bey den Balcons an Gebäuden hat.

Anm. Wir haben dieses Wort aus dem Franz. Balcon, und Ital. Balcone übernommen. Die meisten Deutschen Wortforscher leiten es von Balken her, weil ein solcher Austritt auf Balken ruhet. Allein aus des Angeli a S. Joseph Gazophylaz. ling. Pers. erhellet, daß es Persischen Ursprunges ist. Die Perser nennen einen solchen Balcon Bala-c. haneh. Wenigstens ist wohl gewiß, daß die Sache selbst eine morgenländische Erfindung ist. In dem Lateine der mittlern Zeiten kommt auch Balcus für einen Balcon vor, und Balcius bedeutete damahls ein Fenster. S. Carpentier Glossar. Im Bremischen bedeutet Balke auf dem Lande einen Boden, aber dieses gehöret unstreitig zu Balken, tignus.


Bald (W3) [Adelung]


Bald, ein Umstandswort oder Adverbium.1. Der Zeit, da es alle Mahl eine kurze Zeit bezeichnet, doch mit verschiedenen Nebenbegriffen.1) In Ansehung der Zwischenzeit, für, in kurzer Zeit. Er wird bald sterben. Ich werde bald kommen. Kommen sie ja bald wieder. Wir werden bald Rath schaffen. Bald wird uns die Liebe unzertrennlich vereinigen. Wie bald kann das geschehen? Bald zuvor. Bald hernach. Bald darauf. Wenn es eine Frage begleitet, so wird dieser Begriff zum Theil unscheinbar. Wird es sie bald reuen? Hat sie sich bald zufrieden gegeben? Vornehmlich, wenn die Frage mit Unwillen verbunden ist. Wirst du bald schweigen? Wirst du bald kommen? Ist aber die Rede eine Vereinigung, so stehet zuweilen das so vor dem bald, ohne daß eben ein Nachsatz nöthig wäre. Er wird so bald nicht wieder kommen. Ich werde ihn so bald nicht wieder sehen.Dieses so bald aber, welches einige unnöthiger Weise in ein Wort zusammen ziehen, wird auch oft zu einem Bindewort, da es denn so wohl in dem Vordersatze als in dem Nachsatze stehet, und in dem ersten Falle zuweilen das so vertragen kann, welches aber doch am häufigsten weggelassen wird. So bald es vier schlägt, so will ich sie melden, Gell. Besser: will ich sie mel- den; oder: ich will sie melden so bald es vier schlägt. So bald ich deinen Brief gelesen hatte, schrieb ich. Wird ein solcher Satz verneinungsweise ausgedruckt, so fängt sich der Nachsatz mit der Partikel als an. Z. B. Ich hatte deinen Brief so bald nicht gelesen, als ich schrieb. So bald sieht jener nicht den Prinz allein, Als er ihn tödten will, Schleg. Indessen läßt sich diese Wendung nicht überall anbringen. Am weisten hüthe man sich vor einigen falschen Wortfügungen; z. B. Ich hatte deinen Brief so bald nicht gelesen, so kamst du. So bald gesagt, so bald gethan.2) In Rücksicht auf die Hurtigkeit der Bewegung, für geschwinde. Vierzehn Tage gehen bald hin. Die Zeit geht bald vorüber. Was bald entsteht, vergeht auch bald.3) Bey Zeiten, frühe. Wer sein Kind lieb hat, züchtiget es bald. Was zum Haken werden will, krümmet sich bald. Ich habe es sehr bald erfahren. Warum kömmst du heute so bald?4) Ohne Verzug. Erbarme dich unser bald, Ps. 79, 8. Sey willfährig deinem Widersacher bald, Matth. 5, 25. Welcher Gebrauch aber im Hochdeutschen nicht sehr gewöhnlich ist.2. Der Art und Weise.1) Für leichtlich, mit weniger Mühe, welche Bedeutung die figürliche von der zweyten der vorigen Abtheilung ist, aber nur im gemeinen Leben gebraucht wird. Die Sache ist bald zu fassen. Arme Leute kommen nicht bald empor. Es wird sich nicht bald jemand gelüsten lassen, das zu thun. Nein, nein, man fängt mich nicht so bald, Haged. 2) Für bey nahe. Ich wäre bald gefallen. Ich habe es ihnen bald angemerket. Ich hätte es bald geglaubt. Sie machen mich schamroth; bald dürfe ich mich dafür rächen, Less. Das habe ich bald gedacht, Gell. Ich dürfte es bald nicht annehmen, ebend. Ich könnte bald eifersüchtig werden, ebend.3. Der Abwechslung, in welchem Falle, es ein zweytes bald nach sich hat. Er ist hier, bald da. Er will bald dieß, bald jenes. Was für Ströme von Ergetzungen ergießen sich bald durch die Augen, bald durch das Gehör in unsere Seele! Dusch. Bald schlugest du dein nasses Auge gen Himmel auf; bald fiel es fittsam vor dir auf die Gegend zurück, ebend. Bald wünscht' ich mir die Eyl (Eil,) bald wünscht' ich den Verzug, Gell. Ein Domherr schöpft aus seiner PfründeBald rothen und bald weißen Wein, Haged. 4. * Des Ortes, für, nicht weit von, welche Bedeutung aber nur in den gemeinen, besonders Oberdeutschen Sprecharten üblich ist. Der Garten ist bald an der Stadt. Er wohnet bald am Ende des Dorfes.

Anm. 1. Bald, Nieders. balde, Goth. balth, Angels. bald, beald, bey den Alemannischen und Fränkischen Schriftstellern palde, baldo, balde, bedeutet ehedem kühn, muthig, getrost, wovon in den Schriften der mittlern Zeiten häufige Beyspiele vorkommen. Diese Bedeutung ist im Deutschen verloren gegangen, und hat nur die oben gedachten figürlichen übrig gelassen. Die verwandten Sprachen haben sie indessen noch behalten; denn das Engl. bold, das Holländ. boud, das Ital. baldo, das Franz. baude, das Schwed. bald, das Isländ. balldr, bedeuten noch jetzt kühn, muthig, wild. Indessen war doch auch dieß nicht die erste Bedeutung dieses Wortes; denn da es so wohl im Schwedischen, als Englischen, und Isländischen zunächst mächtig bedeutet, so ist zu vermuthen, daß es mit dem Schwedischen baella, kön-nen, dem Deutschen Walt, Gewalt und wollen, ja selbst mit dem Latein. validus, und volo, verwandt ist. S. auch -bold.

Anm. 2. Bey den Franken und Alemannen war dieses Wort zugleich ein Adjectiv, welches ordentlich compaviret wurde, bald, balder oder bälder, und baldest oder bäldest. Allerbelldelt kommt im Schwabenspiegel, und aufs peldist, im Theuerdanke vor. Die Oberdeutschen haben diese Comparation noch behalten; allein die Hochdeutschen machen dafür den Comparativum von ehe, bald, eher, am ehesten. S. auch Baldig. Auch das Substantiv die Balde, ist noch in Oberdeutschland in den adverbischen Redensarten in Balden, und in Bälde, für bald, in kurzem, vorhanden.


Baldachin (W3) [Adelung]


Der Baldachin, des -es, plur. die -e, ein beweglicher Himmel, eine zierlich ausgespannte Decke über einen Altar, Sitz u. s. f. ein Prachthimmel, Tragehimmel, Thronhimmel. Unter einem Baldachine sitzen, einher gehen.

Anm. Baldachin, Ital. Baldachino, Franz. Baldachin, und Baudequin, alt Englisch Bandekin, kommt seit dem 12ten Jahrhunderte in den Europäischen Sprachen vor, und wird in dem Lateine der damahligen Zeiten Baldakinus, Baldekinus, Baldekinius, Baldechinus, bald aber auch Baldochinus, Bandaquinus und Baudequinus geschrieben. S. du Fresne und Carpentiers Glossaria. Allein es bedeutete anfänglich einen kostbaren mit Gold gewirkten Zeug, und wurde erst nachmahls von einer aus solchem Zeuge gemachten beweglichen Decke gebraucht. Um das Jahr 1278 wird Baldekin durch purpura vel Samyt erkläret. Bey dem Carpentier kommt Baldicuarius für einen Sticker vor. In den Niedersächsischen Urkunden ist Boldek ein Thronhimmel, welches mit Baldicum in den Annal. Colmariens bey dem du Fresne überein kommt. Um Bremen bedeutet Boldten noch jetzt ein Leichentuch. Wachter leitet dieses von dem Wallisischen Pali, Seide, und Dach ab. In dem Bremisch-Niedersächsischen Wörterbuche hingegen, wird es durch das noch jetzt in Niedersachsen übliche Boll und Polle, das Haupt, und Decke, erkläret. Allein der ausländische Klang dieses Wortes macht es noch immer wahrscheinlich, daß es fremden Ursprunges ist, und einen Zeug bedeutet, der in Baldach, dem neuern Nahmen der Stadt Babylon, gewirket worden, und den die Kreuzzüge in Europa bekannt gemacht; so wie der Nahme des Damastes, von der Stadt Damascus seinen Ursprung hat. Die Babylonischen Zeuge kommen schon bey dem Plinius und Plutarch vor, und in der Schweiz heißt ein gewisses Blumengewirk von Wolle noch jetzt heidnisch Werk.


Baldgreis (W3) [Adelung]


Das Baldgreis, plur. inusit. ein Nahme, welcher an einigen Orten der Kreuzwurz, Senecio, L. gegeben wird, weil der Same bald grau wird, daher auch die Lateinische Benennung rühret. S. Kreuzwurz.


Baldig (W3) [Adelung]


Baldig, ein Adjectiv, was bald oder in kurzer Zwischenzeit erfolgt oder geschiehet. Ich wünsche ihnen eine baldige Besserung, Gell. Ihr baldiger Abschied von der Welt, ebend.

Anm. Da das Wort bald in der Gestalt eines Adjectives ungebräuchlich geworden, so haben einige dieses Adjectiv dagegen einzuführen gesucht. Allein es hat noch bey weitem nicht allgemeinen Beyfall gefunden. In der edlern und feyerlichen Schreibart würde es seine Rolle am schlechtesten spielen.


Baldrian (W3) [Adelung]


Der Baldrian, des -es, plur. inusit. eine Pflanze mit drey Staubfäden, und einem Staubwege, ohne Kelch, mit einer einblätterigen Krone, von welcher man verschiedene Unterarten hat; Valeriana, L. von welchem Lateinische Nahmen der Deutsche nur eine verderbte Ansprache ist. Eine Art derselben, welche häufig auf den Alpen wächset, Valeriana celtica, L. wird in Oberdeutschland Alpenkraut genannt. Weil die Katzen dieses Kraut, besonders die officinelle Art dessen sehr lieben, so wird es im gemeinen Leben auch Katzenwurzel genannt. Der Nahme Augenwurzel beziehet sich auf dessen medicinische Kräfte, die Benennung wilder Kalmus und Theriakskraut aber auf die gewürzhafte Beschaffenheit der Wurzel. Einige nennen diese Pflanze auch Wendwurzel, welches mit ihrem Norwegischen Nahmen Vendelröd überein kommt. Der so genannte Griechische Baldrian, Polemonium, L. gehöret zur Klasse der Pflanzen mit fünf Staubfäden und einem Staubwege.


Balduin (W3) [Adelung]


Balduin, Genit. -s, ein alter Deutscher männlicher Taufnahme, von bald, kühn, und win, der Wurzel von gewinnen, überwinden, einem kühnen Überwinder zu bezeichnen.


Balester (W3) [Adelung]


Der Balester, des -s, plur. ut nom. sing. eine Armbrust, welche eine Kugel schießet, von dem Ital. Balestra, und dem Latein. der mittlern Zeiten Balestrum, welches aus Balista gemacht worden. S. du Fresne und Carpentier Glossar. v. Balista.


Baley (W3) [Adelung]


Baley, S. Balley.


Balg (W3) [Adelung]


Der Balg, des -es, plur. die Bälge. Diminutivum das Bälglein, des -s, plur. ut nom. sing.1. Eigentlich, überhaupt ein jeder hohler und weicher Körper, in welchem ein anderer enthalten ist. Besonders: a) die Haut an gewissen Früchten und um ihren Samen. Daher die Bälge an den Weinbeeren, Erbsenbälge. In der Kräuterkunde wird auch der Kelch der Grasblumen, gluma, ein Balg, oder Bälglein genannt. Daher im gemeinen Leben das Verbum sich bälgen, die Haut fahren lassen. Die Erbsen bälgen sich. Schon das Angelsächsische Baelga kommt für eine Hülse vor, und unter den Schwäbischen Kaisern sang Schenk Ulrich von Winterstetten: Towig rose Gegen der sunnen diu sich izt neigt us ir belgelin. b) Die Haut aller derjenigen Thiere, welche ganz abgestreifet wird, ohne vorher aufgeschnitten zu werden. Daher nennen die Jäger und Kürschner alle noch mit Wolle und Haaren versehene Häute der Hasen, Kaninchen, Luchse, Füchse, Wölfe, Marder, Eichhörnchen, Hamster, Iltisse u. s. f. Bälge, weil sie abgestreift werden; ein Umstand, der sie von den Fellen in engerer Bedeutung, welche aufgeschnitten und abgezogen werden, hinlänglich unterscheidet. Um deßwillen werden auch die Häute, welche das Ungeziefer ableget, wenn es sich häutet, Bälge genannt. Daher ein Schlangenbalg.c) Der Blasebalg, der im gemeinen Leben, besonders bey denjenigen Handwerkern, die ihn nicht entbehren können, ein Balg genannt wird. S. die folgenden Zusammensetzungen. Diese Bedeutung hat auch das Schwedische Baelg, das Angels. Bilig und Blaest-belg, und das Engl. Bellow. Vermuthlich von der ersten und ältesten Bedeutung dieses Wortes, da es einen Sack, Beutel oder Schlauch bedeutete. S. die Anmerkung.d) Der Bauch, Schmerbauch, welche Bedeutung zwar im Hochdeutschen nicht üblich ist, aber im Niedersächsischen noch häufig vorkommt, wo man auch davon das Verbum balgen, d. i. den Leib aufblähen, hat. Auch das Schwed. Baelg, das Engl. Belly, und Holländ. Balg, bedeuten den Bauch.2. In weiterer und figürlicher Bedeutung.a) Was aus dem Balge eines Thieres verfertigt worden. So nennen die Vogelsteller einen ausgestopften Vogel, die Vögel damit zu fangen, einen Balg, und im gemeinen Leben wird eine aus dünnen Leder verfertigte und ausgestopfte Puppe, so lange sie noch unbekleidet ist, gleichfalls mit diesem Nahmen beleget.b) Ein Kind, doch nur aus Verachtung; im Niedersächsischen eine Balge, Bikbalge, und in Westphalen Blage. Schon inder Dorischen Mundart bedeutete - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein kleines Kind. S. auch Wechselbalg.c) Ein liederliches Weibsbild, eine Hure, gleichfalls nur im verächtlichen Verstande. Wachter leitet diese Bedeutung von den vorigen ab; allein seine Erklärung ist nicht allein schmutzig, sondern auch unrichtig. Das Altfranz. Balle, Baille, und das heutige Ital. Baila und Balia, bedeuten eine Magd, oder Säugamme. S. Carpentier v. Balia. Dieses Wort ist alt und kommt mit puella, und in der nachmahligen verächtlichen Bedeutung mit pellex und dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - überein; daher es in dieser Bedeutung mit dem obigen Balg nichts gemein hat.

Anm. Balg ist ein sehr altes Wort, denn Festus versichert, daß Bulga schon bey den alten Galliern einen ledernen Beutel bedeutet habe. In den folgenden Mundarten, z. B. der Gothischen, Angelsächsischen und Alemannischen kommt es von einem Schlauche vor. S. auch das folgende.


Balgen (W3) [Adelung]


Balgen, verb. reg. recipr. sich mit jemanden ringend schlagen. Sich mit einem balgen. Daher das Balgen.

Anm. Da belgen bey den alten Alemannischen und Fränkischen Schriftstellern sehr oft für zürnen, erpolganer und irbolgono für zornig, Gibulihti aber, Abulki und Balg, für Zorn vorkommt, so haben die meisten Wortforscher unser heutiges balgen von diesem, beyde aber von dem veralteten bal, böse, abgeleitet. Wachter hält Balg, in der Bedeutung des Bauches für das Stammwort, so wie etwa die Römer von stomachus das Verbum stomachari, zürnen, eifern, hatten. Frisch hingegen bleibt bey der Bedeutung der Haut stehen, und erkläret balgen durch streiten, daß es an Haut und Haar gehet. Allein es scheint immer, als wenn unser heutiges balgen einem andern Stammworte angehörete, wozu sich vielleicht das größten Theils veraltete Fillen, oder das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, am besten schicken möchte. S. Rafiller, und Fillen. In der alten Schwedischen Sprache bedeutet Wile, Wale, Hull, Chull, einen Kämpfer.


Balgenbret (W3) [Adelung]


Das Balgenbret, des -es, plur. die -er, die beyden langen und starken Breter an einem Blasebalge, wovon das obere, (der Deckel,) beweglich, das untere, (der Boden,) aber unbeweglich ist. Bey den Orgeln ruhen sie auf dem Balggerüste.


Balgenkopf (W3) [Adelung]


Der Balgenkopf, des -es, plur. die -köpfe, an den Blasebälgen ein hohles etwas zugespitztes Stück Holz, welches sich vorn am Blasebalge befindet, und woran die Balgliese befestiget wird; das Balghaupt.


Balgentreter (W3) [Adelung]


Der Balgentreter, des -s, plur. ut nom. sing. der die Blasebälge an den Orgeln durch Treten in Bewegung setzet; ein Calcant, im gemeinen Leben verderbt Balkentreter.


Balger (W3) [Adelung]


Der Balger, des -s, plur. ut nom. sing. einer der sich balget, oder sich gerne balget. Laß jene Balger etwas ruhn, Haged.


Balgerey (W3) [Adelung]


Die Balgerey, plur. die -en, die Handlung, da sich zwey oder mehr Personen balgen. In weiterer Bedeutung oft auch eine jede Schlägerey.


Balggerüst (W3) [Adelung]


Das Balggerüst, des -es, plur. die -e, das hölzerne Gerüst, auf welchem der Blasebalg ruhet.


Balghaupt (W3) [Adelung]


Das Balghaupt, des -es, plur. die -häupter, S. Balgenkopf.


Balgleiste (W3) [Adelung]


Die Balgleiste, plur. die -n, lange hölzerne Stäbe, welche inwendig in den Blasebälgen an das Leder über den Bügeln befestiget werden.


Balgliese (W3) [Adelung]


Die Balgliese, plur. die -n, ein beweglicher Deckel von Blech an der Schnautze oder Deute der Blasebälge in den hohen Öfen, damit das Feuer nicht mit hinein gezogen werde; die Liese, und in den gemeinen Mundarten die Lisse, ohne Zweifel von dem Worte Lid, ein beweglicher Deckel.


Balgpfenig (W3) [Adelung]


Der Balgpfenig, des -es, plur. die -e, in den Bergwerken, das Geld, welches zur Unterhaltung der Blasebälge gegeben wird.


Balg-Register (W3) [Adelung]


Das Balg-Register, des -s, plur. ut nom. sing. der in den Orgeln befindliche Zug, welcher nach den Blasebälgen geht, und sie los lässet, und verschließet.


Balhorn (W3) [Adelung]


Balhorn, S. Ballhorn.


Balje (W3) [Adelung]


Die Balje, S. Balge.


Balken (W3) [Adelung]


Der Balken, des -s, plur. ut nom. sing. Diminutivum Bälkchen, Oberdeutsch Bälklein. 1) Eigentlich, ein viereckt behauenes Stück Bauholz, welches im Bauen auf seiner langen Fläche ruhet, und gemeiniglich durch die Tiefe eines Gebäudes gehet; zum Unterschiede von einem Ständer, Hauptholze, einer Schwelle u. s. f. Einen Balken einlegen, einziehen. Er lügt, daß sich die Balken biegen, figürlich, und im gemeinen Leben, für sehr lügen. 2) In weiterer und figürlicher Bedeutung. (a) Verschiedene Arten eines langen starken Holzes. An einer Wage heißt die Querstange, woran sich die Wageschalen befinden, der Wagebalken. Der Balken an einem Pfluge, der an andern Orten der Grengel heißt, ist ein langes mit Löchern durchbohrtes Holz, welches der Deichsel an einem Wagen gleichet. So auch der Eggebalken, u. s. f. (b) In der Mathematik ein Körper, dessen Breite und Dicke einander gleich, die Länge aber um ein Ansehnliches größer ist. (c) In der Wapenkunst, der mittlere Theil eines zwey Mahl gespaltenen Schildes, wenn die zwey äußern Plätze einerley Tinctur haben. Ingleichen wird derjenige Platz, welchen in einem mit verschränkten Wapen angefüllten Schilde die Quartiere einnehmen, eine Reihe, oder ein Balken genannt. (d) In den Scheuern, Der Raum über den Balken, die Emporscheune; so wie in Niedersachsen, besonders auf dem Lande, der Kornboden, der Balken genannt wird. (e) In der Landwirthschaft einiger Gegenden sind Balken die Zwischenräume zwischen den Furchen; von der Ähnlichkeit der Gestalt.

Anm. Balken, bey dem Tatian balco, Dän. Biälke, Schwed. Balk, und im Diminutivum Bjälke, Engl. Balk, Polnisch Balka, stammet, dem Wachter zu Folge, von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, behauen, nach dem Frisch aber von bären, tragen, her, weil r und l in vielen Mundarten verwechselt werden; indem z. B. die spätern Griechen ohne Unterschied - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, für Barke, oder Fahrzeug sagen. Allein beyde Ableitungen sind noch nicht so deutlich, daß man nicht eine bessere mit Danke annehmen sollte. Die Sylbe ken gehöret nicht zur Wurzel, sondern ist vielleicht ein Merkmahl des Niedersächsischen Diminutivi. Balken würde also zu Pfahl, Latein. Palus, im alten Französ. Bail, Baille, gehören. In dem Lateine der mittlern Zeiten kommt Ballium, und Bailleium mehrmals für einen umpfählten Platz vor. S. auch Bohle und Bollwerk. In den alten Mundarten kommt dieses Wortselten, und vielleicht nur ein einziges Mahl bey dem Tatian vor. Die Gothen gebrauchen statt dessen anza und thrams, S. Tram, Kero hepret die Angelsachsen aber beam, Baum. In den Statuten der Stadt Aquila im Königreiche Napoli bey dem Carpentier bedeutet Balcha Rohr. Das Ital. Palco, ein Gerüst, Bühne, ist unstreitig aus dem Deutschen entlehnet.


Balkenanker (W3) [Adelung]


Der Balkenanker, des -s, plur. ut nom. sing. in der Baukunst, ein Anker, den Balken mit der Hauptmauer zu verbinden.


Balkenband (W3) [Adelung]


Das Balkenband, des -es, plur. die -bänder, der Balken oder Steg inwendig auf dem Boden einer Laute; der Lautensteg.


Balkendecke (W3) [Adelung]


Die Balkendecke, plur. die -n, eben daselbst, die mit Balken belegte Decke eines Zimmers, zum Unterschiede von einem Gewölbe.


Balkengesimse (W3) [Adelung]


Das Balkengesimse, des -s, plur. ut nom. sing. eben daselbst ein aus dem Architrabe oder Hauptbalken einer Ordnung hergenommenes Gesimse, dergleichen das unter dem Dache ist.


Balkenhauer (W3) [Adelung]


Der Balkenhauer, des -s, plur. ut nom. sing. Arbeiter, welche das Holz zum Schiffe baue in dem Wald aus dem Groben zuhauen; auch Balkenschläger.


Balkenkeller (W3) [Adelung]


Der Balkenkeller, des -s, plur. ut nom. sing. ein ungewölbter Keller, der statt des Gewölbes oben mit Balken belegt ist; auch Blockkeller, und im gemeinen Leben eine Tunke, S. dieses Wort.


Balkenkopf (W3) [Adelung]


Der Balkenkopf, des -es, plur. die -köpfe, in der Baukunst, das Ende eines Balkens, so fern es über der Wand, auf welcher er lieget, hervor raget. Ingleichen Zierathen, welche einen solchen Balkenkopf vorstellen.


Balkenmaß (W3) [Adelung]


Das Balkenmaß, des -es, plur. inusit. ein körperliches Längenmaß, welches in der Breite und Dicke das nächste kleinere Maß hat, und darin einen Balken gleicht; dergleichen Balkenklafter, Balkenrüthe und Balkenschuh sind, welche Benennungen doch wenig mehr gebraucht werden.


Balkenrecht (W3) [Adelung]


Das Balkenrecht, des -es, plur. inusit. ein Recht, nach welchem der Nachbar geschehen lassen muß, daß in seine Wand ein Balken eingeleget wird; in Oberdeutschland das Tramrecht.


Balkenriß (W3) [Adelung]


Der Balkenriß, des -sses, plur. die -sse, ein Bauriß, welcher das Gebälk eines Gebäudes darstellet.


Balkenruthe (W3) [Adelung]


Die Balkenruthe, plur. die -n, in der Geometrie, ein Körper, dessen Länge eine Ruthe, die Breite und Dicke aber einen Schuh austrägt; der also der zehnte Theil einer Schachtruthe, und der 100ste Theil einer Cubik-Ruthe ist. Eine solche Balkenruthe wird in zehn Balkenschuhe, dieser aber wieder in zehn Balkenzolle eingetheilet.


Balkenschleuse (W3) [Adelung]


Die Balkenschleuse, plur. die -n, in dem Wasserbaue, eine Schleuse, welche aus an und auf einander gelegten Balken bestehet; in Niedersachsen ein Balkenstel.


Balkenschnur (W3) [Adelung]


Die Balkenschnur, plur. die -schnüre, bey den Kanefaß-Webern, eine Schnur, welche vermittelst anderer daran befestigter Schnüre die Fußtritte in Bewegung setzt.


Balkenschuh (W3) [Adelung]


Der Balkenschuh, des -es, plur. die -e, der zehnte Theil einer Balkenruthe, folglich ein Körper, der einen Schuh lang, aber nur einen Zoll breit und dick ist. S. Balkenruthe.


Balkenstein (W3) [Adelung]


Der Balkenstein, des -es, plur. die -e, in der Baukunst, ein Stein in der Mauer, auf welchem ein Balken ruhet; an einigen Orten auch ein Kragstein, Kraftstein, Nothstein.


Balkenstreif (W3) [Adelung]


Der Balkenstreif, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, der dritte Theil eines Balkens. S. Balkenstrich.


Balkenstreifen (W3) [Adelung]


Balkenstreifen, verb. reg. act. in der Landwirthschaft an einigen Orten, den gebrachten Acker mit dem Hakenpfluge quer über- fahren; daher diese Verrichrung an andern Orten auch hakenpflügen, rühren, ingleichen quiren genannt wird.


Balkenstrich (W3) [Adelung]


Der Balkenstrich, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, so viel als ein Balkenstreif. Andere hingegen belegen den Balken eines Schildes mit diesem Nahmen, wenn die beyden äußern Plätze zwey verschiedene Farben haben; indem zu einem eigentlichen Balken erfordert wird, daß beyde einerley Tinctur haben.


Balkentracht (W3) [Adelung]


Die Balkentracht, plur. die -en, auf den Schiffen, lange Stücke Bauholz längst dem Borte, welche die Balken tragen, daher sie auch den Nahmen haben.


Balkenwage (W3) [Adelung]


Die Balkenwage, plur. die -n. 1) Eine Wage mit einem Balken. 2) Ein Hebezeug, welches aus einem beweglichen Balken an einer hölzernen Säule bestehet, große Lasten damit zu heben.


Balkenzoll (W3) [Adelung]


Der Balkenzoll, des -es, die -e, in der Geometrie, der zehnte Theil eines Balkenschuhes, d. i. ein Körper, der einen Zoll lang, und eine Linie breit und dick ist. S. Balkenruthe und Balkenmaß.


Ball (W3) [Adelung]


1. * Der Ball, des -es, plur. inusit. von dem Verbo bellen, bey den Jägern, das Bellen der Hunde und der dadurch hervorgebrachte Laut. Auf den Ball hetzen, die Hetzhunde an den Ort streichen lassen, wo der Saufinder durch sein Bellen die Gegenwart eines wilden Schweines verkündiget. Nach dem Balle gehen, dahin gehen, wo der Schweißhund ausgibt.


Ball (W3) [Adelung]


2. Der Ball, des -es, plur. die Bälle, ein jeder runder Körper, und was ihm ähnlich ist. Im Hochdeutschen wird dieses Wort nur in einigen wenigen besonderen Fällen gebraucht, indem man von den übrigen das Wort Ballen hat. Ball bedeutet also: 1) eine weiche zum Spielen gebräuchliche Kugel. Den Ball schlagen, fangen. Ball spielen, (nicht den Ball spielen,) mit dem Balle spielen. 2) Verschiedene einer Kugel ähnliche Körper. Ein Schneeball, Feuerball u. s. f. Besonders die elfenbeinerne Kugel in dem Billiard-Spiele. Einen Ball machen, den Ball seines Gegners in eines der Löcher treiben. In der dichterischen Schreibart, wird zuweilen auch ein Himmelskörper, besonders aber die Erde mit diesem Nahmen belegt. Der Erdball. Fern von der Sonne rollt der runde Ball der Erde, Cron. Auch dieser Ball wird einst durch deinen Wink vergehn, ebend. In diesem poetischen Gebrauche hat Ball keinen Plural, sondern das folgende Wort Ballen gibt, wenn es nöthig ist, den seinigen dazu her. Die Himmelsballen, nicht die Himmelsbälle. 3) Einige halbrunde erhabene Körper, oder Theile eines Körpers. So nennen einige den untersten runden Theil der Nase, welchen andere die Kugel heißen, den Ball. Aber auch in dieser Bedeutung ist Ballen üblicher.

Anm. Ball lautet im Engl. Ball und Pill, im Franz. Balle, im Ital. Balla und Palla, im Latein. Pila, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Span. Bolo, im Dän. Bold. So fern es eine Kugel zum Spielen bedeutet, kann man es füglich von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich werfe, oder - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich schleudere, ableiten. Allein Ball bedeutet in den ältesten Mundarten überhaupt einen jeden runden Körper. S. Ballen. Im Oberdeutschland hat auch ein Ball zum Spielen ein Genit. des Ballen, und im Plural die Ballen. Einige Mundarten sagen auch das Ball.


Ball (W3) [Adelung]


3. Der Ball, des -es, plur. die Bälle, eine Versammlung mehrerer Personen beyderley Geschlechtes zum Tanzen, ein feyerlicher Tanz. Einen Ball geben, eine solche Versammlung auf seine Kosten veranstalten. Auf den Ball gehen. Auf demBalle seyn. Den Ball eröffnen, den ersten Tanz in einer solchen Versammlung thun.

Anm. Wir haben dieses Wort den Italiänern und Franzosen abgeborget die ihr Ballo und Bal, von dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - tanzen, haben. S. auch du Fresne Glossar. v. Balare.


Ballaß (W3) [Adelung]


Der Ballaß, des -sses, plur. die -sse, eine Art blasser oder auch völlig weißer Rubine, daher dieses Wort auch selten allein, sondern gemeiniglich in der Verbindung mit dem letzten gebraucht wird; Rubin Ballaß. Im Französischen heißt dieser Stein Balais, in dem Lateine der mittleren Zeiten aber Balascus, Balasus, Baleis, Baleius, Beleius. Er hat den Nahmen von Balassia, und Balasam, einem Königreiche und einer Stadt, nicht in Amerika, wie Ramusio und nach ihm viele andere behaupten, sondern in Ostindien, wo er zuerst gefunden worden. S. auch du Fresne v. Balascius, und die daselbst aus dem Paulus Venetus angeführte Stelle.


Ballast (W3) [Adelung]


Der Ballast, des -es, plur. car. in der Schifffahrt, die unterste Last in einem Schiffe, welche dasselbe im Gleichgewichte erhält, und gemeiniglich aus Sand bestehet; die Unterladung. Daher die Ballastbrücke, in den Seestädten, wo der Ballast ausgeladen wird.

Anm. Dieses Wort lautet im Niedersächsischen, Englischen und Schwedischen gleichfalls Ballast, im Französischen Lest, im Dänischen aber Baglast. Wegen der Abstammung sind die Wortforscher noch sehr uneinig. Iunius und die Verfasser der Bremisch-Nierdersächsischen Wörterbuches leiten es von Bat, ein Both, Schiff, und Last ab; Skinner von belasten; Wachter von bal, böse, und Last, Frisch endlich von bas, unten, und Last. Allein die Dänische Mundart kommt der wahren Abstammung vielleicht am nächsten. Bag, Bak bedeutet in den Nordischen Mundarten hinten. Weil nun der Ballast eigentlich in den hintern Theil des Schiffes geworfen wird, so kann er füglich Baglast oder Ballast heißen. Opitz nennt den Ballast Lastsand; andere Schiffssand und Unterlast.


Ballasten (W3) [Adelung]


Ballasten, verb. reg. act. mit Ballast beladen. Ein Schiff ballasten.


Bällchen (W3) [Adelung]


Das Bällchen, des -s, plur. ut nom. sing. das Diminutivum so wohl von Ball, als auch von Ballen. Besonders wird dieses Wort im gemeinen Leben als ein Maß gewisser Zeuge gebraucht, und ist alsdann so viel, als ein halbes Stück. Ein Bällchen Leinwand, ein halbes Stück von 12 bis 30 Ellen. Daher auch der Bällchen-Atlaß, eine Art schlechten Atlasses, der in Bällchen, oder halben Stücken verkauft wird, und von welchem die schlechteste Art Satin heißt.


Balleisen (W3) [Adelung]


Das Balleisen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ohne Plural, ein starkes Stangeneisen, welches in dem Hammerwerke zu Sangerhausen gemacht wird, und bollig ist, daher es auch Bolleisen und Polleisen genannt wird. S. Boll und Bollig. 2) Bey einigen so viel als Balleneisen, welches siehe.


Ballen (W3) [Adelung]


Der Ballen, des -s, plur. ut nom. sing. alles, was eine runde oder rundliche Gestalt hat, und nicht aus einer festen harten Masse bestehet, in welchem letztern Falle es eine Kugel heißt. Besonders, 1) bey den Buchdruckern, ausgestopfte halb runde lederne Küssen, womit die Farbe auf die Formen getragen wird. 2) An den Rappieren die lederne ausgestopfte Angel vorn an der Spitze. 3) An den Händen und Füssen, der erhabene halb runde Muskel unter dem Daumen und unter der großen Zehe. Bey den Jägern heißen auch die Fersen von allem gespaltenen Wildbrete Ballen, und in einigen Niedersächsischen Gegenden wird das Zahnfleisch im Plural die Ballen genannt. 4) An den Fausthobeln der rundliche Theil hinten an der Bahn, wo der Faustballen angesetzet wird. Bey den Künstlern und Handwerkern werden noch mehrere hervor stehende Theile eines Körpers, auch wenn sie nicht rund sind, mit diesem Nahmen belegt. 5) Ein Haufen in Matten, Leinwand u. s. f. zusammen gepackter Waare, im Gegensatze derjenigen, welche in Fässern oder Kisten befindlich ist. Ein Ballen Waare, Papier u. s. f. Daher dieses Wort, 6) auch ein gewisses bestimmtes Maß verschiedener Waaren ist. Ein Ballen Papier, der an einigen Orten auch ein Kiem genannt wird, hält zehen Rieß. Ein Ballen Leinwand, hält von 12 bis 30 Ellen. S. Bällchen. In einigen Gegenden werden die Tücher, nach Ballen gerechnet. Ein Ballen hält alsdann 12 Tücher, ein Tuch aber 32 Ellen; dagegen ein Saum 22 Tücher hält.

Anm. Auch in diesem Worte ist der Begriff der Ründe der herrschende, S. Ball und Boll; obgleich Wachter glaubt, daß Ballen in der 5ten Bedeutung von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich presse zusammen, herkomme. Das Engl. Bail und Bale, das Ital. Balla, das Dänische Ball, das Latein. Bala und Balla bey dem du Fresne, und das Pohlnische Bela werden gleichfalls von einem Pack Waaren gebraucht.


Ballen (W3) [Adelung]


Ballen, verb. reg. act. in Gestalt eines Balles zusammen drücken; doch nur in der R. A. mit geballter Faust. Ingleichen von dem Schnee; der Schnee ballet sich, lässet sich zusammen drücken, hänget sich im Gehen an die Schuhe an.


Ballenbinder (W3) [Adelung]


Der Ballenbinder, des -s, plur. ut nom. sing. ein Arbeiter, der die Waaren geschickt in Ballen zu packen weiß, und an einigen Orten Packer, Packknecht und Kramknecht heißet.


Ballenbund (W3) [Adelung]


Der Ballenbund, des -s, plur. inusit. bey den Feuerwerkern, eine Art der Beschnürung der Feuer-Leucht-Brand- und andern Kugeln.


Ballendegen (W3) [Adelung]


Der Ballendegen, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten so viel als ein Rapier, weil es vorn mit einem Ballen versehen ist. Daher auch die Ballenklinge, die Rapierklinge.


Balleneisen (W3) [Adelung]


Das Balleneisen, des -s, plur. ut nom. sing. gemeiniglich Balleisen, bey den Tischlern und Bildhauern ein schräge geschliffener Meißel mit scharfer Schneide, der mit dem Ballen in der Hand geschlagen wird. S. Ballenmeißel.


Ballenfieber (W3) [Adelung]


Das Ballenfieber, S. Podagra.


Ballenknecht (W3) [Adelung]


Der Ballenknecht, des -es, plur. die -e, an den Buchdruckerpressen zwey hölzerne Zapfen, worauf die Ballen ruhen.


Ballenkreuz (W3) [Adelung]


Das Ballenkreuz, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, ein Kreuz, welches an den Enden runde Ballen hat, und von einigen mit dem wunderlichen Nahmen eines Kugelstabkreuzes beleget wird.


Ballenmeißel (W3) [Adelung]


Der Ballenmeißel, des -s, plur. ut nom. sing. ein starker Flachmeißel bey den Büchsenschätftern, der an der Schneide einen Ballen, d. i. eine starke schräge Fläche hat; oder vielleicht auch, weil er mit dem Ballen in der Hand gestoßen wird. S. Balleneisen.


Ballenmeister (W3) [Adelung]


Der Ballenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige bey den Buchdruckern, der an der Presse die Farbe auf die Form trägt.


Ballenwaare (W3) [Adelung]


Die Ballenwaare, plur. die -n, eine Waare, welche in Ballen gepackt wird; zum Unterschiede von andern Arten von Waaren.


Ballenwälzer (W3) [Adelung]


Der Ballenwälzer, des -s, plur. ut nom. sing. ein langbeiniger schwarzer Mistkäfer, welcher aus dem Menschenkothe Kugeln formirt, und selbige mit den Hinterfüßen hinter sich her wälzet.


Ballenzinn (W3) [Adelung]


Das Ballenzinn, des -es, plur. inusit. dasjenige Zinn, welches auf den Schmelzhütten über große eiserne Platten gegossen, und hernach in Ballen zusammen gerollet wird.


Ballett (W3) [Adelung]


Das Ballett, des -es, plur. die -e, ein dramatischer Tanz, ein Tanz von verkleideten Personen, deren Schritte und Stellungen eine gewisse Handlung vorstellen; von dem Ital. Balletto, und Franz. Ballet. Daher der Ballett-Meister, der solche Tänze erfindet und aufführet.


Ballette (W3) [Adelung]


Die Ballette, an den Knopflöchern, S. Pallette.


Balley (W3) [Adelung]


Die Balley, plur. die -en, ein Wort, welch es noch bey Ritterorden, besonders bey dem Deutschen Orden üblich ist, wo es eine gewisse Provinz, oder einen District bedeutet, dem ein Land-Commenthur, vorgesetzet ist; eine Land-Commenthurey, welche in Commenthureyen, und diese wieder in Ämter getheilet werden.

Anm. Dieses Wort ist aus dem spätern Latein. Ballivia, Balliva und Ballia, eingeführet worden. S. du Fresne v. Baiulus. Daß dieses Wort ehedem auch von andern Gerichtsbarkeiten gebraucht worden, erhellet aus den Verhandlungen des Reichstages zu Eger von 1431, woselbst verordnet wurde: daß die Hofgerichte und Landgerichte dheins dem andern in seine Palye greiffe.


Balleyrath (W3) [Adelung]


Der Balleyrath, des -es, plur. die -räthe, in den Balleyen des Deutschen Ordens, so viel als ein Kanzelleyrath.


Ballhaus (W3) [Adelung]


Das Ballhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, in welchem die Ballen mit dem Rackete geschlagen werden.


Ballholz (W3) [Adelung]


Das Ballholz, des -es, plur. die -hölzer, ein vorn breites Holz, den Ball damit zu schlagen; die Ballpritsche.


Ballhorn (W3) [Adelung]


Ballhorn . Die im gemeinen Leben übliche sprichwörtliche R. A. verbessert durch Johann Ballhorn, welche man von einer unnützen oder lächerlichen Verbesserung gebraucht, ist eine Anspielung auf einen ehemaligen Buchdrucker zu Lübeck dieses Nahmens, welcher um 1550 lebte, und in den Büchern, welche er druckte, gern allerley ungereimte Veränderungen vorzunehmen pflegte. Nach andern soll er einmahl das A B C Buch heraus gegeben und auf dessen Titelblatt gesetzet haben: vermehrt und verbessert durch Johann Ballhorn, S. Behms Seeleniana S. 275.


Ballmeister (W3) [Adelung]


Der Ballmeister, des -s, plur. ut nom. sing der einem Ballhause vorgesetzet ist, und den Ballspielen in demselben vorstehet. S. auch Ballenmeister, welches im gemeinen Leben oft auch Ballmeister lautet.


Ballon (W3) [Adelung]


Der Ballon, (sprich Ballong,) des -s, plur. die -s, aus dem Französischen Ballon. 1) Ein großer mit Wind aufgeblasener Ball, damit zu spielen. Den Ballon schlagen, mit dem Ballon spielen. Daher das Ballon-Spiel; der Ballon-Platz, wo damit gespielet wird; der Ballon-Schuh, ein Werkzeug von Holz, welches man an die Hand ziehet, den Ballon damit zu schlagen; die Ballon-Spritze, womit die Luft in den Ballon gepumpet wird. 2) In der Chemie, eine große runde Vorlage mit einem kurzen Halse.


Ballote (W3) [Adelung]


Die Ballote, plur. inusit. ein Nahme derjenigen Pflanze, welche noch häufiger Andern genannt wird, w. s. Ballota, L.


Ballottiren (W3) [Adelung]


Ballottiren, verb. reg. act. aus dem Franz. ballotter. 1) Die Stimmen vermittelst kleiner Kugeln einsammeln. 2) An einigen Orten, Schweine verschneiden, von den ausgeschnittenen Bällen oder Hoden. Daher Ballottirer, ein Schweinschneider.


Ballrose (W3) [Adelung]


Die Ballrose, plur. die -n, die schirmförmige Blume des Bachholders, die einem Balle nicht unähnlich ist, daher der ganze Baum auch von einigen Ballrosen genannt wird. S. Bachholder.


Ballspiel (W3) [Adelung]


Das Ballspiel, des -s, plur. die -e, im Oberdeutschen, das Ballenspiel. 1) Das Spielen mit dem Balle. 2) Die Kunst, den Ball geschickt zu spielen; ohne Plural. Daher der Ballspieler, der diese Kunst versteht.


Balsam (W3) [Adelung]


Der Balsam, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e. 1) Eigentlich, der wohl riechende Saft des wahren oder Arabischen Balsamstrauches, der auch Balsam von Gilead, oder Balsam von Mecha genannt wird. S. Balsamstrauch. Er ist ein flüssiges, feines, durchsichtiges, weißliches Harz, welches einen ungemein angenehmen und stärkenden Geruch, einen bittern Geschmack, und eine heilende Kraft hat. 2) In weiterer Bedeutung werden alle flüssige Harze auch anderer, besonders ausländischer Bäume, Balsame genannt, zumahl wenn sie wohl riechend sind, und eine heilende zusammen ziehende Kraft haben. Dergleichen, der Balsam von Tolu, der Peruvianische Blasam, der Copaiva-Balsam n. a. m. sind. 3) In noch weiterer Bedeutung heißen in den Apotheken alle wohl riechende kleberige Säfte, welche aus destillirten Öhlen zusammen gesetzt sind, Balsame. 4) Figürlich, a) was einen angenehmen Geruch hat, und ein solcher angenehmer Geruch selbst. Die Blumen duften Balsam aus. Doch Zephyrs wehten ihm mit frischen Balsamdüften Gesunden Schlummer zu, Wiel. b) Trost, Linderung, für das Gemüth, in der höhern Schreibart. Der sanfte Zuspruch eines Freundes ist ein Balsam für unsere Wunden, Dusch. Was für Balsam hast du durch diese Erzählung in mein verwundetes Herz gegossen! Less. Welch ein süßer schmeichelhafter Gedanke! wie ein Balsam floß er durch meine Seele, Weiße.

Anm. Balsam, bey dem Ulphilas Balsan, im Engl. Balsam, Balm, Franz. Baume, Lat. Balsamus, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, wird wohl mit mehrerm Rechte von Ballessan, Balsan, dem Arabischen Nahmen des wahren Balsamstrauches, als von dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Amos 6, 6, hergeleitet.


Balsamapfel (W3) [Adelung]


Der Balsamapfel, des -s, plur. die -äpfel, die einem Apfel ähnliche Frucht einer ausländischen Pflanze; Momordica, L. Besonders diejenige Art derselben, welche bey dem Linne Momordica Balsamina heißt, weil sie eine sehr heilende und schmerzstillende Kraft hat. Auch die Pflanze selbst führet diesen Nahmen.


Balsamäspe (W3) [Adelung]


Die Balsamäspe, plur. die -n, S. Balsampappel.


Balsambaum (W3) [Adelung]


Der Balsambaum, des -es, plur. die -bäume, ein jeder Baum, der Balsam gibt, deren in den entlegenen Welttheilen viele, zum Theil noch sehr unbekannte, vorhanden sind. Die bekanntesten sind der Balsambaum von Tolu, Toluifera, L. welcher um Carthagena in Amerika einheimisch ist, und der weiße Balsambaum, Copaifera, L. welcher in Brasilien und auf den Antillen wächset, und den Copaivischen Balsam liefert.


Balsambüchse (W3) [Adelung]


Die Balsambüchse, plur. die -n, eine Büchse, in welcher Balsam verwahret wird.


Balsamduft (W3) [Adelung]


Der Balsamduft, des -es, plur. die -düfte, in der dichterischen Schreibart, ein angenehmer wohl riechender Duft. Die Blumen brachen auf und streuten Balsamdüfte, Less. S. auch Balsam 4.


Balsamfrucht (W3) [Adelung]


Die Balsamfrucht, plur. die -früchte, die Frucht des Balsambaumes, besonders des weißen, welcher in länglich runden, rothen, wohl riechenden Beeren bestehet.


Balsamholz (W3) [Adelung]


Das Balsamholz, des -es, plur. inusit. das wohl riechende Holz des Balsambaumes.


Balsamine (W3) [Adelung]


Die Balsamine, plur. die -n, ein ausländisches Blumengewächs; Impatiens Balsamina, L. Diese Pflanze ist in Ostindien zu Hause, wird aber jetzt in unsern Gärten häufig gezeuget, und von einigen auch Balsamkraut genannt. Die gelbe Balsamine, Impatiens Noli me tangere, L. wird auch Springsamen, Springkraut und Ungeduld genannt, weil ihr Same bey der geringsten Berührung heraus springet.


Balsamiren (W3) [Adelung]


Balsamiren, verb. reg. act. mit Balsam oder andern wohl riechenden Harzen bestreichen oder ausfüllen. Eine Leiche balsamiren. Handschuhe balsamiren. Daher die Balsamirung. Ehedem gebrauchte man dafür balsamen, welches Zachariä noch beybehalten hat.


Balsamisch (W3) [Adelung]


Balsamisch, -er, -ste, adj. et adv. 1) Was von Balsam ist, oder nach Balsam riecht. 2) Figürlich, wohl riechend. Der balsamische Duft der Blumen. Ingleichen, 3) erquickend, tröste. o, stärkend. Süßer Schlaf, balsamisches Labsal der matten Natur. Vergebens hoffest du die balsamische Ruhe des Schlafes, Dusch.


Balsamkrämer (W3) [Adelung]


Der Balsamkrämer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art wandernder Krämer, welche allerley Balsame und Salben verkaufen.


Balsampappel (W3) [Adelung]


Die Balsampappel, plur. die -n, eine Amerikanische Pappel, welche ein klebriges, wohl riechendes, balsamisches Harz gibt, und auch Balsamäspe, und Tacamahac-Pappel genannt wird; Populus balsamifera, L.


Balsampflanze (W3) [Adelung]


Die Balsampflanze, plur. die -n, eine Art ausländischer Pflanzen, welche Balsam von sich geben, Amyris, L.


Balsamstaude (W3) [Adelung]


Die Balsamstaude, plur. die -n, oder der Balsamstrauch, des -es, plur. die -sträuche, ein Strauch, der Balsam gibt; besonders der Arabische Strauch, der den wahren Balsam von Gilead oder Mecha liefert, und im Arabischen Ballessan und Balsan genannt wird; Amyris Gileadensis, L. An einem andern Orte rechnet Linne diesen Strauch zu den Tannen, und nennet ihn Pinus abies balsamea, die Balsamtanne.


Balsteurig (W3) [Adelung]


* Balsteurig, adj. et adv. welches nur in Niedersachsen üblich ist, wo es widerspänstig und hartknäckig bedeutet, von dem veralteten bal, böse, und stür, im Dänischen styre, störrig; welche Ableitung natürlicher ist, als die sind, welche in dem Bremisch-Niedersächsischen Wörterbuche angegeben werden, wo auch die wahre Bedeutung dieses Wortes verfehlet worden.


Balthasar (W3) [Adelung]


Balthasar, ein männlicher Taufnahme, Hebräischen Ursprunges, welcher im gemeinen Leben häufig in Balzer verkürzet wird.


Balstich (W3) [Adelung]


Balstich, adj. et adv. S. Belt.


Balz (W3) [Adelung]


Die Balz, plur. car. ein Ausdruck, welcher noch bey den Jägern üblich ist, wo er von der Begattung der größern Vögel, besonders der Auerhähne gebraucht wird. Die Auerhahnen sind in der Balz, sie wollen sich gatten. Auf die Auerhahnbalz gehen, auf die Jagd der Auerhähne, wenn sie in der Balz sind. Ingleichen die Zeit, wenn sich diese Thiere zu begatten pflegen. S. das folgende.


Balzen (W3) [Adelung]


Balzen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, sich paaren, sich begatten. Die Jäger gebrauchen dieses Wort von allen großen Vögeln. Die Auerhahnen, die Birkhühner balzen, sind in der Brunstzeit. Im gemeinen Leben sagt man es an einigen Orten auch von den Katzen, daher im Niedersächsischen ein Kater auch die Bolze genannt wird.

Anm. Die letzte Sylbe dieses Wortes zeiget, daß es ein Intensivum oder Frequentativum ist; es kommt also allein auf die erste Sylbe Bal an. Man könnte es von Ball, Boll, bellen ableiten, und glauben, daß dabey vornehmlich auf das Geschrey gesehen würde, welches manche Thiere in der Brunstzeit machen, welches besonders von den Katzen, Auerhähnen u. s. f. gilt. Allein es ist wahrscheinlicher, daß es von dem alten bela und bola, zur Liebe reitzen, abstammet. S. Buhlen und Bulle. In den gemeinen Mundarten wird dieses Wort bald falzen, bald pfalzen, geschrieben und gesprochen.


Balzzeit (W3) [Adelung]


Die Balzzeit, plur. inusit. die Zeit, wenn die großen Vögel, ingleichen die Katzen sich gewöhnlich zu begatten pflegen; die Balz.


Bambele (W3) [Adelung]


* Die Bambele, plur. die -n. 1) In der Schweiz, ein Nahme der Elritze; Cyprinus phoxinus, L. S. auch Bachbambele. 2) In dem Weinbaue einiger Gegenden, derjenige Theil des Weinsenkers außer der Erde, welcher ihn mit dem Mutterstocke verbindet; in dieser Bedeutung ohne Zweifel aus dem Latein. Pampinus verderbt.


Bamboschade (W3) [Adelung]


Die Bamboschade, plur. die -n, nach dem Französ. Bambochade, ein Gemählde, welches niedrig-komische Gegenstände oder Auftritte vorstellet; von Peter Bambosch oder van der Laar, einem Niederländischen Mahler, welcher viele solche Stücke gemahlet hat. Doch wird Erkenntniß nicht zugleich mit eingeladen, Gelüsten das Gesicht nur bloße Bamboschaden, Withof.


Bämme (W3) [Adelung]


Die Bämme, S. Butterbämme.


Bammeln (W3) [Adelung]


+ Bammeln, S. Baumeln.


Bams (W3) [Adelung]


Der Bams, des -es, plur. die Bämse, bey den Sattlern, ein ausgestopfter Sitz, oder ein dickes vollhäriges Fell auf dem Sitze eines Sattels. S. Wammes.


Bamsen (W3) [Adelung]


Bamsen, oder Bämsen, verb. reg. act. bey den Weißgärbern und Pergamentmachern, so viel als schlagen, wo es besonders von dem Schlagen und Klopfen der Felle gebraucht wird. Im gemeinen Leben heißt daher wamsen oft auch so viel als prügeln.

Anm. Vermuthlich wird mit diesem Worte auf den dumpfigen Schall gezielet, der durch ein solches Schlagen auf ausgespannte Felle hervor gebracht wird; dergleichen Schall auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Latein. Bombus ausdruckt. S. Bombe.


Banco (W3) [Adelung]


Banco, ein durch die Kaufleute aus dem Italiänischen Banco eingeführtes Wort, eine Bank auszudrucken. S. dieses Wort. Daher sein Geld in Banco legen, Banco-Geld, Banco-Pfund, Banco-Gewicht, Banco-Zettel u. s. f.


Band (W3) [Adelung]


Das Band, des -es, plur. die Bänder und die Bande, Diminutivum das Bändchen, Oberdeutsch, das Bändlein, von dem Imperfecto des Verbi binden; alles dasjenige, was andere Dinge zu binden oder zu verbinden dienet. Besonders,1. In eigentlicher und weiterer Bedeutung, in welcher der Plural Bänder lautet, den letzten besondern Fall ausgenommen. 1) Ein langes schmales Stück Zeug, welches eigentlich zum Binden, oft aber auch nur zum Putze dienet. Figürlich wird Band zuweilen für einen Ritterorden genommen. So heißt der Dänische Elephanten-Orden, der an einem blauen Bande getragen wird, oft das blaue Band, der Englische Orden des Hosenbandes, das Hosenband u. s. f. Hierher gehören auch die Bänder der Wundärzte, und zwar so wohl die einfachen als auch die zusammen gesetzten. S. auch Binde. Ingleichen die nach Art der Bänder aus edlen Metallen verfertigten Zierathen des weiblichen Geschlechtes, als Armbänder, Halsbänder u. d. g. 2) Rund zusammen gedrehte Hülfsmittel zum Binden; z. B. Strohbänder im Feldbau, Weidenbänder im Gartenbau, Sackbänder u. s. f. 3) Lange dünne Körper von Holz oder Metall, die Theile eines andern Körpers zu verbinden. So heißt bey den Faßbindern Band oft so viel als ein Reif; zumahl wenn er von Eisen ist. An großen Weinfässern hingegen werden fünf oder sechs Reife zusammen genommen ein Band genannt. Hierher gehöret vermuthlich auch die in einigen Seestädten übliche Art das Tonnenmaß zu bestimmen. So hält z. B. eine Tonne Butter schmal Band in Hamburg 224, in Bremen aber 220 Pfund, eine Tonne Butter buked (bäuchig, dick) Band aber am ersten Orte 230, an letzterm aber 300 Pfund. In einer Österreichischen Urkunde bey dem Huber kommen, 2 Pfund Salz weites Bands und 8 Pfund enges, vor. S. Gebinde. Bey den Metallarbeitern werden verschiedene lange, dünne und schmale Stücke Metall, welche gewisse Theile zusammen halten, ein Band genannt. Auch gehören hierher bey den Schlössern die Gewinde mit zwey Flügeln, Thüren, Fenster, Kastendeckel u. s. f. zu befestigen. Daher ein Thürband, Fensterband u. s. f. In dem Schiffsbaue ist das Band ein großes krummes Holz, an welchem der Boden und die Wand des Schiffes befestiget wird. 4) Bey den Zimmerleuten wird ein schräge liegendes Holz, welches die Säulen und Sparren verbindet, und eigentlich das Schieben verhütet, ein Band genannt. 5) In der Zergliederungskunst verstehet man unter Bän-der zarte zähe Häutchen, welche die Theile des Leibes mit einander verbinden. Auch die Sehnen, welche die Knochen an einander häften, führen diesen Nahmen. 6) Verschiedene physische Hülfsmittel, den freyen Gebrauch der Glieder eines Menschen zu hindern. In dieser Bedeutung ist der Plural die Bande, der Singular aber gar nicht üblich. Einem Bande anlegen. In Ketten und Banden liegen. Sich der Bande entledigen. Schlug ich nicht den Gemahl in unverdiente Bande? Weiße. Oft druckt dieser Ausdruck figürlich das Gefängniß, den Verhaft aus. Einen der Bande entschlagen, ihn aus dem Verhafte befreyen. In der Kunstsprache der Henker und Scharfrichter werden die Schnüre, womit ein Verbrecher in der Tortur gepeiniget wird, Bande genannt; daher das Schnüren mit vollen Banden.2. In figürlicher Bedeutung, in welcher beyde Arten des Plurals üblich sind. 1) Um einiger Ähnlichkeit willen, wird so wohl in der Baukunst, ein großes gerades Glied, welches unten nach dem Winkelhaken abgeschnitten ist, als auch ein Reif, der den Lauf einer Kanone umgibt, ein Band genannt. In der Wapenkunst ist das Band das mittlere Stück eines durch zwey aus dem rechten Ober- nach dem linken Unterwinkel gezogene Linien getheilten Schildes, welches andere auf eine sehr unschickliche Art die rechte Steg-Straße nennen. Hier lautet der Plural Bänder. Das gestreifte Spanische Riedgras, Phalaris picta, L. wird, um seiner Ähnlichkeit mit einem Bande willen, gleichfalls das Band genannt. 2) Dasjenige, was zusammen gebunden ist, und eine gewisse Anzahl zusammen gebundener Stücke. In dieser Bedeutung ist Band in einigen Seestädten, z. B. in Riga eine Zahl von 30. 3) Alles dasjenige, wodurch man in figürlicher Bedeutung mit etwas verbunden wird, in welchem Sinne der Plural Bande heißt. Das Band der Freundschaft, der Ehe, des Friedens u. s. f. Die Hochachtung bleibet doch alle Mahl das festeste Band zweyer Seelen. Er ist entschlossen, dich noch durch ein heiliger, süßer Band, als das Band der Wohlthaten ist, mit sich zu verbinden, Weiße. Also zerreißt das Schicksal das goldene Band, das die Tugend so fest geschlungen hatte! Dusch. 4) Ein sittliches Hinderniß, alles was uns an dem freyen Gebrauche der Kräfte des Geistes besonders zum Guten hindert, in welcher Bedeutung, die sich auf die sechste eigentliche beziehet, der Plural am gebräuchlichsten ist. So sehr sich auch meine Seele von allen irdischen Banden los gewunden hat, Dusch.

Anm. Band, bey dem Ottfried und Notker Band und Pand, ist ein altes Wort, welches in allen mit den Deutschen verwandten Sprachen häufig angetroffen wird. Banda, Bandellum, Bandum, Bandus, und hundert andere, kommen in dem Lateine der mittlern Zeiten in allerley Bedeutungen vor. Die Franzosen haben ihr Bandage, Bande, Bandeau, Bandelette, Bander, Bandereau u. s. f. gleichfalls daher, anderer Sprachen zu geschweigen. Sogar im Persischen ist Bend, ein Band, und Banden, binden, und gleiche Bedeutung hat das Hebräische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . S. Bande, Binde, Binden, Fahne, Winden. Der doppelte Plural dieses Wortes gründet sich auf keinen wesentlichen Unterschied in der Bedeutung, sondern rührt bloß aus den Mundarten her. Bande ist der Oberdeutsche, Bänder aber der Niederdeutsche Plural. Daß die Hochdeutschen beyde aufgenommen haben, beweiset weiter nichts, als daß sie einige Bedeutungen dieses Wortes von den Oberdeutschen, andere aber von den Sachsen bekommen haben.


Band (W3) [Adelung]


Der Band, des -es, plur. die Bände, das vorige Wort, welches in dieser Gestalt aber nur allein von Büchern gebraucht wird. Es bezeichnet daselbst, 1) diejenige Materie, in welcher ein Buch eingebunden worden, und die Beschaffenheit der Arbeit an demselben. Der Band kostet mehr als das Buch selbst. Ein Pergamentband, Lederband, Hornband u. s. f. Ein Englischer Band, Französischer Band, Franzband u. s. f. 2) So viel von einem Buche, als jedes Mahl zusammen gebunden wird. Das Werk bestehet aus sechs Bänden. Der erste Theil des dritten Bandes, wenn ein Band mehrere Theile in sich fasset, und der erste Band des dritten Theiles, wenn ein Theil aus mehrern Bänden bestehet.


Band-Achat (W3) [Adelung]


Der Band-Achat, des -es, plur. die -e, eine Art Achate mit schmalen Streifen von verschiedenen Farben.


Bandader (W3) [Adelung]


Die Bandader, plur. die -n, ein Nahme, den einige, besonders ältere Zergliederer, den Sehnen oder Flächsen beylegen, die man auch schlechthin Bänder zu nennen pfleget. Mit den Bandadern pindet die Natur die hertzen (härtesten) bain in den gelidern zusamen, heißt es in dem 1483 zu Augsburg gedruckten Buche der Natur.


Band-Alabaster (W3) [Adelung]


Der Band-Alabaster, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. eine Art Alabaster mit schmalen hell weißen und milchtrüben Streifen.


Bandblume (W3) [Adelung]


Die Bandblume, plur. die -n, künstliche aus seidenen Bändern nachgemachte Blumen; Bänderblumen.


Bandbohrer (W3) [Adelung]


Der Bandbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Zimmerleuten, ein Bohrer, womit die Löcher zu den hölzernen Nägeln der Bänder oder Schrägebalken gebohret werden; der Riegelbohrer.


Bande (W3) [Adelung]


Die Bande, plur. die -n. 1. Die Seite, der Rand; doch nur in einigen Fällen. Bey den Seefahrern wird so wohl die Seite des Schiffes, als auch die Breite eines festen Landes die Bande genannt. Besonders der erhabene Rand, welcher um ein Billiard herum gehet. Die Bande halten, im Billiard-Spiele, den Leib mit der Bande parallel halten. Auf den Galeeren wird auch der Gang an dem Borte längs der Ruderbänken mit diesem Nahmen belegt.2. Ein langer und breiter Streifen, besonders in den seidenen und andern gestreiften Zeugen. Daher Bandenfäden, Bandenschäfte und Bandentritte, an den Stühlen der Seidenweber, wodurch diese Banden gebildet werden. Eine Bande Tapeten, ein Stück Zeug oder Papier, von der Höhe des Zimmers, es damit auszuschlagen.3. Mehrere zu einerley Endzweck verbundene Personen. Eine Bande Schauspieler, Musikanten. Indessen wird es hier am häufigsten im verächtlichen Verstande gebraucht: eine Bande Diebe, Räuber, Landstreicher u. s. f. Daher die Schauspieler lieber das Französische Wort Trouppe, oder Gesellschaft, gebrauchen.

Anm. Es ist in allen Bedeutungen zunächst aus dem Franz. Baude entlehnet, obgleich dieses wieder von dem Deutschen Band und binden abstammet. In der letzten Bedeutung kommt in den mittlern Zeiten der Band mehrmahls vor: Sit ich struthe in dinen bant, seit ich unter deiner Schaar streite, Schenk Ulrich von Winterstetten; und in Österreichischen ist ein Bandel noch jetzt eine Herde.


Bandeisen (W3) [Adelung]


Das Bandeisen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ohne Plural, eine Art verarbeiteten Eisens, welches dünn geschlagen ist, und zu Bändern um Weinfässer u. s. f. gebraucht wird. 2) Bey den Messerschmieden ein eiserner Stock, das Band zu den Messer unter der Klinge zu verfertigen.


Bändel (W3) [Adelung]


Das Bändel, des -s, plur. ut nom. sing. das verkürzte Diminutivum von Band, für Bändelein, welches nur in den gemeinen Sprecharten üblich ist. In verschiedenen Oberdeutschen Gegenden bezeichnet es besonders eine Kopfbinde des weiblichen Geschlechtes. In Niedersachsen aber ist Bändel eine Art Fische, welche dem Lachse sehr ähnlich ist.


Bandelier (W3) [Adelung]


Das Bandelier, des -s, plur. die -e, ein breiter Riemen, welchen die Reiter und die Musketier über die linke Schulter tragen, erstere den Carabiner, letztere aber die Patronentasche daran zu hängen. Ingleichen ein breites über die Schulter hangendes Degengehenk, dergleichen an manchen Orten die Schweizer haben; das Schultergehenk. In den Tobaks-Fabriken ist es eine Schnur aufgereiheter Tobaksblätter.

Anm. Dieses Wort ist aus dem Ital. Bandeliera, und Franz. Bandouliere, von den Deutschen aufgenommen worden. Wachter leitet es von Band, und dem Holländischen Leer, Leder, ab, daß es also eigentlich einen ledernen Riemen bedeuten würde.


Bänderblume (W3) [Adelung]


Die Bänderblume, S. Bandblume.


Bänder-Jaspiß (W3) [Adelung]


Der Bänder-Jaspiß, des -sses, plur. inusit. ein Jaspiß, welcher allerley farbige Schichten und Streifen, in Gestalt der Bänder, über einander hat.


Bänderlatz (W3) [Adelung]


Der Bänderlatz, des -es, plur. die -lätze, ein Stück des Frauenzimmerputzes, welches aus einem Brustlatze bestehet, der mit Bändern und Schleifen gezieret ist.


Bändern (W3) [Adelung]


Bändern, verb. reg. act. Das Wachs bändern, in den Wachsbleichen, das Wachs zum Bleichen über eine Walze in dünne Bänder gießen; welches vermittelst einer eigenen Bänder-Maschine geschiehet. S. auch Bebändern.


Band-Fabrik (W3) [Adelung]


Die Band-Fabrik, plur. die -en, eine Anstalt, in welcher allerley Arten Bänder in Menge gewebet werden.


Bandfaß (W3) [Adelung]


Das Bandfaß, des -sses, plur. die fässer, ein in der Schweiz übliches Weingemäß, welches 1 und ein halbes Faß oder 600 Schweizerische Maß hält.


Bandfisch (W3) [Adelung]


Der Bandfisch, des -es, plur. die -e, bey einigen ein Nahme des Klippfisches; Cepola, L.


Bandfrau (W3) [Adelung]


Die Bandfrau, plur. die -en, eine gemeine Frau, welche mit Bändern handelt.


Bandhaken (W3) [Adelung]


Der Bandhaken, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Bey den Schlössern ein eiserner Haken, um welchen ein einfaches Band zu Thüren, Fenster u. s. f. beweglich ist; Bandkegel, Thürhaken, Häspe. 2) Bey den Böttchern, ein starkes Holz mit einem krummen beweglichen eisernen Haken, die Bänder über die Stäbe zu ziehen. 3) Bey manchen Holzarbeitern, ein Haken mit einem Ringe, eine Stange dadurch zu stecken, und Röhrbäume u. s. f. damit umzuwälzen. 4) In manchen Gegenden auch ein jeder Klammerhaken.


Bandhandel (W3) [Adelung]


Der Bandhandel, des -s, plur. inusit. der Handel mit seidenen, wollenen oder leinenen Bändern. Daher der Bandhändler, im gemeinen Leben der Bandmann, und die Bandhändlerinn, im gemeinen Leben die Bandfrau.


Bandholz (W3) [Adelung]


Das Bandholz, des -es, plur. inusit. bey den Böttchern, Reifholz, woraus die Reise oder Bänder gespalten werden.


Bandig (W3) [Adelung]


* Bandig, adj. et adv. welches nur in den Fabriken und im gemeinen Leben üblich ist. Bandige Zeuge, welche mit Banden oder breiten Streifen versehen sind.


Bändig (W3) [Adelung]


Bändig, adv. was sich binden lässet, oder die Bande leidet; am häufigsten mit dem Verbo machen. Ein Thier, einen Hund bändig machen, zähmen. Es sind rasche Pferde, aber er wird sie schon bändig machen. Es kommt von Band, wie ständig von Stand, händig von Hand u. s. f. und ist eigentlich ein Adjectiv, wird aber nur als ein Adverbium gebraucht, obgleich unbändig in beyden Formen üblich ist. Das Schwedische baen- dig bedeutet biegsam, in der eigentlichsten Bedeutung. Das Neiders. bändig und bänsk hat mit dem Hochdeutschen einerley Bedeutung.


Bändigen (W3) [Adelung]


Bändigen, verb. reg. act. bändig machen. 1) Eigentlich. Ein wildes Thier bändigen, machen, daß es die Bande willig erträgt, es zähmen. 2) Figürlich. Ein Mensch, der nicht zu bändigen ist. Ich will sehen, was ich mit meinem Herzen machen, ob ich es zum Gehorsam bändigen kann, Weiße. Lehre mich die Martern bändigen, die meine Seele ängstigen. Daher die Bändigung. Das Substantiv der Bändiger ist nur im Scherze gebräuchlich. Lyäus, der Bändiger sterblicher Sorgen, Cron.


Bandit (W3) [Adelung]


Der Bandit, des -en, plur. die -en, ein Verbanneter, besonders ein solcher, welcher sich nach seiner Verbannung auf den Straßenraub leget. In weiterer Bedeutung auch wohl ein jeder Straßenräuber und Meuchelmörder. Von dem Ital. Bandito, welches von bandire, verbannen, abstammet; daher dieses Wort eigentlich nur den Italienischen Straßenräubern und Meuchelmördern zukommt, welche durch die in diesem Lande ehedem so häufigen Verbannungen oft zu dieser verhaßten Lebensart gezwungen wurden. Bluntschli gebraucht dieses Wort in seiner ersten und eigentlichen Bedeutung von einem verbannten Rathsherren.


Bandkegel (W3) [Adelung]


Der Bandkegel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Bandhaken 1.


Bandkiesel (W3) [Adelung]


Der Bandkiesel, des -s, plur. ut nom. sing. ein gestreifter Kiesel. S. Bandstein.


Bandmacher (W3) [Adelung]


Der Bandmacher, des -s, plur. ut nom. sing. ein unzünftiger Handwerker, welcher sich mit Verfertigung des Zwirnbandes ernähret.


Bandmarmor (W3) [Adelung]


Der Bandmarmor, des -s, plur. inusit. ein gestreifter Marmor. S. Bandstein.


Bandmeißel (W3) [Adelung]


Der Bandmeißel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schlössern, ein Meißel, welcher in der Schneide nach einem Zirkelbogen ausgeschnitten ist, und zu den Thürbändern gebraucht wird.


Bandmesser (W3) [Adelung]


Das Bandmesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein Messer der Faßbinder, in Gestalt eines Handbeiles, die Bänder damit abzuschneiden; auch Bindemesser.


Bandmotte (W3) [Adelung]


Die Bandmotte, plur. die -n, eine Art Motten; Phalaena Geometra fasciaria, L.


Bandmühle (W3) [Adelung]


Die Bandmühle, plur. die -n, eine Maschine, alle glatte und schmale Bänder darauf zu verfertigen. Sie gleicht einem Weberstuhle, der durch ein Rad in Bewegung gesetzt wird, und webet 16 bis 20 Bänder zugleich; der Mühlenstuhl.


Bandnagel (W3) [Adelung]


Der Bandnagel, des -s, plur. die -nägel, bey den Zimmerleuten, hölzerne Nägel, die Bänder damit zu befestigen.


Bandreif (W3) [Adelung]


Der Bandreif, des -es, plur. die -e, bey den Faßbindern Reife, welche mit besondern weidenen Bändern verbunden werden.


Bandschleife (W3) [Adelung]


Die Bandschleife, plur. die -n, eine Schleife von Band zum Putze.


Bandstein (W3) [Adelung]


Der Bandstein, des -es, plur. die -e, der Nahme einer jeden Steinart, welche farbige Streifen wie Bänder hat. Besonders einer Achat-Art, welche zu Berg-Gießhübel gebrochen wird, streifig, und zu beyden Seiten mit Eisenmann vermengt ist.


Bandstreif (W3) [Adelung]


Der Bandstreif, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, ein schmales Band. S. Band.


Bandstuhl (W3) [Adelung]


Der Bandstuhl, des -es, plur. die -stühle, ein Weberstuhl, auf welchem Bänder gewirket werden.


Bandtresse (W3) [Adelung]


Die Bandtresse, plur. die -n, eine Art Tressen, welche einem Bande gleicht, und woran nur die eine Seite reich, die andere aber seiden ist.


Bandwurm (W3) [Adelung]


Der Bandwurm, des -es, plur. die -würmer, ein glatter, langer, meisten Theils weißer Wurm, mit vielen Gelenken, welcher einem Bande nicht unähnlich ist, und sich größten Theils in den Körpern der Menschen und Thiere aufhält, wo man ihn viele Ellen lang will bemerket haben; Taenia, L. im Oberdeutschen der Nestelwurm, im Niedersächs. Fiek. Die Gelenke an dem breiten Ende lassen sich leicht ausziehen, und diese Stücke nennt man im gemeinen Leben, wegen ihrer Ähnlichkeit mit den Kürbiskernen, Kürbiswürmer.


Bandzwitter (W3) [Adelung]


Der Bandzwitter, des -s, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, ut nom. sing. eine Art Zwitter- oder Zinnerz, welche aus verschiedenen gefärbten Lagen von Thon, Steinmark, Speckstein und Zinnwitter bestehet.


Bange (W3) [Adelung]


Bange, bänger, bängste, adj. et adv. welche die Empfindung einer schmerzhaften Furcht ausdruckt.1. In eigentlicher Bedeutung, in welcher es als ein Adverbium gebraucht, und mit den Verbis seyn, werden, und machen verbunden wird. Die beyden ersten stehen alsdann impersonaliter mit der dritten Endung der Person, das letztere, aber erfordert die vierte Endung. Es ist ihm angst und bange. Es ist mir bange um ihn. Dafür ist mir nicht bange. Es ist mir doch bange bey der Sache. Für Görgen ist mir gar nicht bange, Gell. Es wird mir bange. Wird dir schon bange? Gell. Einen bange machen, ihn angst und bange machen. Der Gebrauch mit dem Verbo thun, es thut mir bange, ich sehne mich darnach, ist provinziell und niedrig. Heut aber zeuch getrost aus Leipzigs Lustgefilden; Dir kann kein Paradies so sehr nicht bange thun, Günth. 2. Figürlich, in welcher Bedeutung dieses Wort nur als ein Adjectivum gebraucht wird. 1) Was diese schmerzhafte Furcht verursacht. Die bange Einsamkeit. In den bängsten Nöthen, Schleg. Bange unglückliche Stunde, o, erscheine nie. 2) Was mit derselben verbunden ist. Aus banger Vorsicht, Haged. 3) Was solche empfindet, oder verräth. Bald schickt ein banges Reich an ihn Gesandten ab, Haged. Ein banger angstvoller Blick.

Anm. 1. In den ersten adverbischen Bedeutung werden die Verba seyn und werden in der Niedersächsischen Mundart persönlich gebraucht, ich bin bange, ich werde bange; welche Wortfügung sich denn auch zuweilen in das Hochdeutsche mit einschleicht, wo sie aber alle Mahl fehlerhaft ist. Was hör ich? ist dein Herz denn unaufhörlich bang? Schleg. Der Bös ist unter Hutten und unter Kronen bang? Dusch. In Verbindung mit dem Verbo machen, setzen einige die dritte Endung der Person, statt der vierten, einem bange machen. Du hast mir ganz bange gemacht, Cron. Diese Wortfügung ließe sich rechtfertigen, wenn bang ein Substantiv wäre, wie man in andern Fällen sagt: einem Angst, Furcht, Freude, Schande u. s. f. machen. Frisch gibt es auch wirklich für ein Substantiv aus. Allein, da solches erweislich unrichtig ist, so wird sich auch die dritte Endung so wenig vertheidigen lassen, als wenn man sagen wollte, einem zornig, lustig, traurig, u. s. f. machen.

Anm. 2. Die Abstammnung dieses Wortes, welches in den alten Deutschen und verwandten Mundarten selten und fast gar nicht vorkommt, ist noch ungwewiß. Wachter leitet es sehr sinnreich von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, adstringo, ab; Frisch mit eben so weniger Wahrscheinlichkeit von Bann, welches eigentlich ein Einschließen, Binden, bedeutet. Mit mehrerm Grunde kann man es zu dem alten ango, angst, oder auch zu enge, rechnen, weil die Bangigkeit wirklich mit einer Beengung oder Beklemmung der Brust verbunden ist. Das voran gesetzte b kann die Vorsylbe be seyn, welche ihren Vocal auch in vielen andern Fällen wegwirft. Das e am Ende ist um der gelinden Aussprache des g willen nothwendig, weil bang nichts anders als ank gesprochen werden kann, so wie man das g in lang, Gesang u. s. f. spricht. Ehedem wurde bange auch von andern Leidenschaften als der Furcht gebraucht; z. B. von der Sehnsucht:Die Künigin zu sehen ist mir pang, Theuerd. Kap. 98. In einigen gemeinen Mundarten hat man auch das Verbum sich bängen, sich ängsten, welches aber im Hochdeutschen eben so wenig üblich ist, als das Bey- und Nebenwort bangsam, für bange, und das Substantiv Bangsamkeit, für Bangigkeit.


Bängel (W3) [Adelung]


Der Bängel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Knüttel, Prügel, ein kurzes und starkes Holz; in welcher Bedeutung dieses Wort noch in dem Preßbängel der Buchbinder und Buchdrucker, womit die Pressen zugezogen werden, üblich ist. Im Niedersächsischen ist es in diesem Verstande gewöhnlicher. 2) Figürlich, in den niedrigen Sprecharten ein grober, ungesitteter junger Mensch.

Anm. Bängel ist das Diminutivum von einem ziemlich unbekannt gewordenen Worte Bang oder Bank, welches noch bey den Jägern üblich ist, wo es ein Strickholz bedeutet, über welches die Jagdnetze gestricket werden. S. auch Fügebank. Eine kleine untersetzte Statur drucken die Österreicher durch Bunker, aus. In der figürlichen Bedeutung ist Bang bey dem Ulphilas ein Schlag, eine Wunde, zu welchem auch das Schwed. bana, banka und baengia, das Engl. to bang, und das Dänische banke, schlagen, gehören. Um dieser Abstammung willen schreibt man es richtiger mit einem ä, als mit einem e. Mit dem Deutschen Bängel kommt auch das Lateinische Diminutivum Baculus überein; denn das k wird durch die Aussprache durch die Nase oft in ng verwandelt. S. auch Bakel.


Bängeln (W3) [Adelung]


* Bängeln, verb. reg. act. Die Hunde bängeln, im gemeinen Leben, ihnen einen Bängel, oder Knüttel anhängen. S. das vorige.


Bangigkeit (W3) [Adelung]


Die Bangigkeit, plur. inusit. eine schmerzhafte Furcht vor einem nahen Übel. Angst und Bangigkeit überfiel den Verbrecher. S. Bange.


Bänglich (W3) [Adelung]


Bänglich, adj. et adv. ein wenig bange. Mir ist bänglich. Ein bänglicher schmachtender Blick. Daher die Bänglichkeit.


Banier (W3) [Adelung]


Das Banier, S. Panier.


Bank (W3) [Adelung]


Die Bank, plur. die Bänke, und in zwey Bedeutungen Banken, Diminutivum das Bänkchen, im Oberdeutschen das Bänklein, überhaupt eine jede Erhöhung. Besonders,1. Eine Erhöhung des Erdbodens. In der Schifffahrt werden seichte Örter, Untiefen, wo nicht Wasser genug ist, ein Schiff zu tragen, Bänke genannt. Daher die Sandbank, wenn die Untiefe durch einen Haufen Sandes verursachet wird; die Auster-bank, wenn sie den Austern zum Aufenhalte dienet, Perlenbank, u. s. f. In dem Festungsbaue heißt eine kleine Erhöhung des Bodens, unten an der Brustwehre, worauf die Soldaten treten, die Bank, Franz. Banquete. Auch dicke Schichten. oder Lagen in den Steingebirgen werden häufig Bänke genannt. Der Granit liegt in starken Bänken. So auch die Kohlenbank, Sandbank, Schieferbank u. s. f. Oft wird auch der Treppen ähnliche Absatz eines Ufers, ingleichen eine Terasse in den Gärten mit diesem Nahmen beleget, welche Bedeutung im Niedersächsischen am gewöhnlichsten ist. S. auch Hängebank und Eisbank. Ingleichen die oberste Fläche der Brustwehre eines Walles, Franz. Barbette; doch nur in der R. A. über Bank schießen, wenn keine Schießscharten in die Brustwehre eingeschnitten sind.2. Ein langer hölzerner Sitz, auf welchem mehrere zugleich sitzen können. 1) In eigentlicher Bedeutung, zu welcher folgende sprichwörtliche R. A. gehören, welche aber insgesammt nur von sehr niedrigem Gebrauche sind. Unter der Bank liegen, im Verborgenen, in Verachtung leben. Etwas unter der Bank hervor ziehen, es aus dem Verborgenen an das Licht bringen. Etwas unter die Bank stecken, es als etwas Verächtliches verbergen. Jemanden unter die Bank stecken, ihn überwältigen und zum Gespötte haben. Durch die Bank, ohne allen Unterschied, ein Ausdruck, dessen Ursprung noch dunkel ist. Etwas durch die Bank verkaufen, in Bansch und Bogen, das Gute mit dem Schlechten. Mit einer Person von der Bank fallen, ein uneheliches Kind mit ihr erzeugen. Seinen Kindern auf der Bank sitzen, von ihnen ernähret werden. Um einiger Ähnlichken willen wird in der Wapenkunst diejenige Figur, welche gemeinig lich ein Thurnierkragen heißt, von einigen auch eine Bank genannt. 3) Bey den Reichs- und Kriegsversammlungen werden seit 1474 nicht nur die Sitze der Reichsstände, sondern auch die Ordnung, in welcher sie sitzen, und die Stände und ihre Deputirten selbst, unter diesem Ausdrucke verstanden. Die weltliche Bank, die weltlichen Glieder des Fürstenstandes. So auch die geistliche Bank, die Grafenbank, die Rheinische Bank, die Schwäbische Bank u. s. f.3. Ein Tisch, welche Bedeutung ehedem häufiger war, aber jetzt nur noch in folgenden Fällen vorkommt. 1) Von gewissen niedrigen und festen Tischen verschiedener Handwerker und Verkäufer. Daher eine Drehbank, oder Drechselbank, Hobelbank u. s. f. Ingleichen die Brotbank, die Fleischbank, Tische vor welchen die Bäcker und Fleischer feil haben, und der Ort, oder das Gebäude, wo sich dieselben befinden, welches oft nur schlechthin die Bänke genannt wird. Daher auch die im gemeinen Leben üblich R. A. einen zur Bank hauen, alle einzelne Handlungen eines Menschen verleumden. Daß diese niedrige R. A. von den Fleischern entlehnet ist, erhellet aus dem ehrlichen Hans Sachs, der an einem Orte noch sagt: Also Kan ich beyde man und frawen Hinterrück zu der fleischbank hauen. S. auch Einhauen. 2) Der Tisch eines Wechslers und das darauf befindliche Geld, Ital. Banco, Franz. la Banque. In dieser Bedeutung ist das Wort noch in verschiedenen Hasard-Spielen üblich, wo es das Geld desjenigen bedeutet, gegen welchen die übrigen Spieler spielen. Daher, Bank halten, eine Bank machen, dieses Geld hergeben. Einen aus der Bank heben, oder die Bank sprengen, ihm dieses Geld abgewinnen. 3) Daher in weiterer Bedeutung eine öffentliche gemeine Casse, bey welcher man zu dem sichern Besitze einer Geldsumme gelangen kann, und welche nach der Verschiedenheit ihrer Einrichtung auch verschiedene Nahmen bekommt; S. Girobank, Leihbank, Wechselbank, Zettelbank. Ingleichen das Gebäude, in welchem sich eine solche Casse befindet. Da diese Anstalt eine Italiänische Erfindung ist, so ist im gemeinen Leben auch der Italiänische Ausdruck Banco üblicher, als der Deutsche. In diesen beyden letzten, eigentlich ausländischen Bedeutungen, lautet der Plural nicht Bänke, sondern Banken.4. Ein Streichholz, S. Bängel, in der Anmerkung. Bey den Papiermachern und einigen andern Künstlern wird auch das Laufbret in einer großen Presse die Bank genannt.

Anm. Das Angels. Benc und Baence, das Engl. Bench und Bank, das Ital. Banca, Banco, und Panca, das Franz. Banque, das Dänische Bänk, das Schwed. Baenk, und das Latein. Banca, Bancha und Banchus, bey dem du Fresne, sind in allen obigen Bedeutungen üblich. Das n vor dem k ist kein Stammbuchstabe, sondern hat seinen Grund bloß in der Aussprache durch die Nase, welches das Isländische beweiset, wo eine Bank Beck heißet. Bank gehöret also zu dem Geschlechte des Wortes Bake, und bedeutet eigentlich einen jeden erhöheten Ort. Das Angels. Banc wurde auch von einem jeden Hügel gebraucht. Diese Ableitung hat mehrere Wahrscheinlichkeit, als wenn man dieses Wort von dem Latein. Abacus herleitet. Ehedem wurde Bank auch häufig für ein Gericht gebraucht, welche Bedeutung noch im Englischen Statt findet. Im Oberdeutschen ist es männlichen Geschlechtes, daher man auch im Schwabenspiegel der Bank findet.


Bank-Actie (W3) [Adelung]


Die Bank-Actie, plur. die -n, Scheine, welche die Eigenthümer der Bank über ihr eingelegtes Capital erhalten, und welche alle Mahl auf eine gewisse Summe, z. B. auf 100 Thaler gestellet sind. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist aus dem Franz. Action, eine schriftliche Versicherung.


Bankarbeiter (W3) [Adelung]


Der Bankarbeiter, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Handwerkern, ein Handwerker, welcher seine Arbeit sitzend verrichten kann. Besonders werden bey den Messerschmieden die Beschaler Bankarbeiter genannt, zum Unterschiede von den Klingenschmieden, welche ihre Arbeit stehend verrichten müssen.


Bankbein (W3) [Adelung]


Das Bankbein, des -es, plur. die -e. 1) Der hölzerne Fuß in einer Bank, worauf sie ruhet. 2) Im Magdeburgischen, für Bankart, w. S.


Bankbohrer (W3) [Adelung]


Der Bankbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Tischlern, ein Bohrer, mit welchem die Löcher zu den Beinen der Bänke gebohret werden, daher er auch der Beinbohrer heißt.


Bankeisen (W3) [Adelung]


Das Bankeisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Eisen, welches an dem einen Ende spitz zu gehet, in der Mitte einen Ansatz hat, an dem andern Ende aber breit ist, Bänke, Repositoria, Schränke u. s. f. damit an Wände zu befestigen.


Bänkelsänger (W3) [Adelung]


Der Bänkelsänger, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher auf den Gassen von hölzernen Bänken allerley Mordgeschichten absinget; der Bänkelreiter. Figürlich und in verächtlichem Verstande, ein schlechter Dichter, der sich ein Geschäft daraus macht, gemeine Gegenstände auf gemeine Art zu besingen.


Bankerott (W3) [Adelung]


Bankerott, adj. et adv. unvermögend, seine Schulden zu bezahlen, besonders bey Kaufleuten und kramenden Handwerkern. Daher, bankerott werden. Ingleichen das Hauptwort der Bankerott, des -es, plur. die -e, die Unvermöglichkeit eines Handelsmannes, seine Schulden zu bezahlen, und der öffentliche Ausbruch dieses Zustandes. Bankerott machen oder spielen, in diesen Zustand gerathen. Der Bankerottier, des -s, plur. ut nom. sing. der in diesen Zustand gerathen ist.

Anm. Alle diese Wörter sind aus dem Ital. Bancorotto, welches eigentlich eine zerbrochene Wechselbank bedeutet, und auch im Italiänischen in der obigen Bedeutung gebraucht wird. Banqua rupta kommt in eben demselben Verstande schon in den alten Statuten der Stadt Avignon bey Carpentier vor. Nach dem Französ. Banquerout, lauten diese Wörter auch zuweilen Banquerout, Banqueroutier u. s. f.


Bankett (W3) [Adelung]


Das Bankett, des -es, plur. die -e, ein feyerlicher Schmaus, ein Gastmahl; ein Wort, welches aus dem Italiänischen Banchetto entlehnet ist, aber nach und nach ungewöhnlich zu werden anfängt, so wie das Verbum banketiren, und das Substantiv Banketirer, ein Schlämmer, der beständig schmauset.


Bankfrau (W3) [Adelung]


Die Bankfrau, plur. die -en, bey den Bäckerzünften, eine Frau, welche an ihrer Statt das Brot in der Bank verkauft.


Bankhader (W3) [Adelung]


Der Bankhader, des -s, plur. die -n, ein Hader oder Lappen, womit man die hölzernen Bänke zu scheuern pflegt.


Bankhaken (W3) [Adelung]


Der Bankhaken, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Tischlern, ein Eisen, welches in die Hobelbank gesteckt wird, zwischen zwey solchen Bandhaken ein Brett zum Behobeln zu befestigen.


Bankhammer (W3) [Adelung]


Der Bankhammer, des -s, plur. die -hammer, bey den Schlössern, ein Hammer, der auf der Bank zum Verniethen gebraucht wird; der Niethhammer.


Bankhobel (W3) [Adelung]


Der Bankhobel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Böttchern, ein großer Hobel, der als eine Bank auf vier Füssen stehet. Bey den Tischlern ist es gleichfalls einer der größten Hobel, die Fugen damit auszuhobeln.


Bankhorn (W3) [Adelung]


Das Bankhorn, des -es, plur. die -hörner, ein kleiner Amboß der Schlösser, der in einem Schraubestock in der Bank geschraubet wird. S. Horn.


Bankmeißel (W3) [Adelung]


Der Bankmeißel, des -es, plur. ut nom. sing. bey den Schlössern, ein Meißel, das Eisen damit kalt zuzuhauen.


Bankmeister (W3) [Adelung]


Der Bankmeister, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Handwerkern, besonders Bäckern, ein Meister, der seine Arbeit auf dem Markte in einer Bude verkaufen darf. S. auch Großbänker und Kleinbänker. Bank hat hier vermuthlich noch seine alte Bedeutung, da es ehedem nicht nur die Werkstätte eines Handwerksmannes, sondern auch den Ort ausdruckte, wo er seine Arbeit verkaufte. S. du Fresne v. Bancus.


Bankmesser (W3) [Adelung]


Das Bankmesser, des -s, plur. ut nom. sing. im Wallfischfange, ein großes Messer, mit welchem der Wallfischspeck auf einer Bank zerschnitten wird.


Banknote (W3) [Adelung]


Die Banknote, plur. die -en, ein Schein, welchen jemand, der kein Eigenthümer einer Bank ist, für sein hinein gelegtes Geld erhält, und gegen welchen er dieses alle Mahl heraus nehmen kann, zum Unterschiede von einer Bank-Actie. S. auch Note.


Bankrichter (W3) [Adelung]


Der Bankrichter, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Böttchern, ein Böttchermeister, der den andern ihre großen Bankhobel wieder gerade und eben macht.


Bankschlachten (W3) [Adelung]


Das Bankschlachten, des -s, plur. car. bey den Fleischern das Schlachten zum öffentlichen Verkaufe in den Fleischbänken, im Gegensatze des Hausschlachtens.


Bankschneider (W3) [Adelung]


Der Bankschneider, des -es, plur. ut nom. sing. im Wallfischfange, ein Arbeiter, der den Wallfischspeck vor einer Bank zerschneidet.


Bankstimme (W3) [Adelung]


Die Bankstimme, plur. die -en, im Deutschen Staatsrechte, eine Stimme, welche nicht von einem einzelnen Reichsstande, sondern von einer ganzen Bank derselben, z. B. von den Reichsgrafen, gegeben wird; wofür doch das Latein. Votum curiatum üblicher ist.


Bankstück (W3) [Adelung]


Das Bankstück, des -es, plur. die -e, in den Steinbrüchen, ein Mühlstein, welcher so wie er seine Lage im Bruche hat, ausgehauen wird, so daß seine Cylinder-Fläche lothrecht die geraden Flächen aber wagerecht bleiben; zum Unterschiede von einem Querstücke.


Banktüchtig (W3) [Adelung]


Banktüchtig und Bankuntüchtig, adj. et adv. bey den Fleischern, von demjenigen Fleische, welches in der Fleischbank verkauft, oder nicht verkauft werden darf. Banktüchtiges Fleisch.


Bankzettel (W3) [Adelung]


Der Bankzettel, des -s, plur. ut nom. sing. eine von dem Eigenthümer einer Geldbank geschriebene Anweisung an dieselbe.


Bankzins (W3) [Adelung]


Der Bankzins, des -es, plur. inus. der Zins, welchen die Fleischer und Bäcker von den Fleisch- und Brotbänken entrichten müssen; in dem Lateine der mittlern Zeiten Banchagium und Bangagium.


Bann (W3) [Adelung]


Der Bann, des -es, plur. inus. ein ehedem sehr gebräuchliches Wort von weitem Umfange, welches überhaupt alles dasjenige bedeutete, wodurch die freyen Handlungen eines Menschen eingeschränket werden, diese Einschränkung selbst, und endlich auch die eingeschränkte Sache. Alle diese Bedeutungen und die darunter gehörigen besondern Fälle sind jetzt veraltet, und das Wort wird fast nur noch allein von der kirchlichen Ausschließung, von der gottesdienstlichen Gesellschaft gebraucht, welche in enger Bedeutung der Bann, oder Kirchbann genannt wird, zum Unterschiede von dem weltlichen Banne, welcher gewöhnlicher die Acht heißt. Einen in den Bann thun. Im Banne, oder unter dem Banne seyn.

Anm. 1. Da dieses Wort in den Deutschen Rechten der mittlern Zeiten von einem so großen Umfange war: so sind auch dessen Bedeutung so wohl von den Wortforschern, als auch von denRechtslehrern hinlänglich untersucht worden, daher ich hier nur auf die Glossaria des du Fresne, Schilter, Wachter, und Halthaus verweisen darf. Die vornehmsten Bedeutungen, welche dieses Wort ehedem hatte, sind: 1) Der gerichtliche oder obrigkeitliche Zwang. 2) Ein obrigkeitlicher Befehl, es mochte derselbe nun ein Geboth oder Verboth enthalten. 3) Eine gerichtliche Vorladung. 4) Die obrigkeitliche Strafe. 5) Das Recht, Strafen aufzulegen, nebst dem ganzen Gerichtszwange. 6) Der Bezirk und Umfang nicht nur eines Gerichtes, sondern auch einer jeden Gemeinheit, oder obrigkeitlichen Veranstaltung. 7) Eintreibung öffentlicher Gefälle. 8) Öffentliche Bekanntmachung einer Sache. 9) Ausschließung aus einer bürgerlichen oder kirchlichen Gemeinschaft. Hierzu kommen noch folgende Bedeutungen, in welchen Luther in seiner Bibelübersetzung dieses Wort gebraucht; nehmlich, 10) die Zerstörung einer Stadt. 11) Die Ausrottung eines Volkes, welche beyde zu der allgemeinen Bedeutung obrigkeitlicher Strafen gehören. 12) Das Gut der Verbanneten, 5. Mos. 13, 17. und 13) eine Person, welche ein verbannetes Gut zurück behält, Jos. 7, 12. Einige dieser Bedeutungen kommen noch in den folgenden Zusammensetzungen vor, welche aber gleichfalls nur noch in den Schriften der vorigen Jahrhunderte, und in den provinzial-Rechten einiger Gegenden angetroffen werden, in dem gemeinen Gebrauche aber meisten Theils veraltet sind.

Anm. 2. Man leitet dieses Wort, welches in den meisten Europäischen Sprachen angetroffen wird, gemeiniglich von binden her. S. Bannen. Wenigstens wird bey dem Kirchenbanne wohl zunächst auf den Bindeschlüssel gesehen. Das Italiänische Bando, Bandire, Bandito, u. s. f. und das Dänische Band, haben das d beybehalten. Wachter hält das alte Ban, Pen, im Gothischen Fan, hoch, der Gipfel, ein Oberherr, für das Stammwort, worin ihm aber wohl wenige beypflichten werden. Der Plural war bey dem ehemaligen häufigen Gebrauche dieses Wortes, wenigstens in einigen Bedeutungen üblich.


Bannen (W3) [Adelung]


Bannen, verb. reg. act. welches Schicksalen des Substantives Bann gleichfalls Theil genommen hat. Es bedeutet nur noch, 1) zwingen, besonders in den gemeinen abergläubigen Ausdrücken: die Geister bannen, sie durch Beschwörungen zu etwas zwingen. Die Schlangen bannen. 2) Figürlich für vertreiben. Ich suche dieses Bild aus meiner Brust zu bannen, Cron.O Jugend, holde Führerinn, Bereite hier den Sitz der Fröhlichkeiten, Und banne Frost und Eigensinn! Haged.

Anm. Die vornehmsten unter den veralteten Bedeutungen dieses Wortes sind: 1) Bändig machen, in dem alten Sprichworte: alte Hunde sind bös zu bannen; welches die Abstammung dieses Zeitwortes von binden bestätiget. 2) Durch obrigkeitlichen Befehl zu etwas verbinden. So heißt es noch in den Rechten an einigen Orten: zu der Mühle ist ein ganzes Dorf gebannet, es ist verpflichtet auf der Mühle mahlen zu lassen. 3) Verordnen, befehlen. 4) Vorladen. 5) Verbiethen; besonders, den Gebrauch einer Sache zur Schonung verbiethen, in welcher Bedeutung es in manchen Gegenden noch zuweilen vorkommt. Die abgetriebenen Gehaue müssen eine Zeit lang geschonet und gebannet werden. 6) Bestrafen. 7) Verweisen. 8) In gewisse Grenzen einschließen. 9) Steuern und Abgaben eintreiben. 10) Bekannt machen. Ehedem wurde es irregulär conjugiret, daher man oft gebannen findet. Das Hauptwort Banner kommt nur in einigen Zusammensetzungen, z. B. Teufelsbanner vor.


Bannerherr (W3) [Adelung]


Der Bannerherr, des -en, plur. die -en, überhaupt derjenige, welcher ein Panier führet, oder zu führen befugt ist. Besonders, 1) einer hohen Adel, welcher eine beträchtliche Anzahl Vasallen in das Feld führet, und folglich das Recht hat, sein Panier fliegen zu lassen. In diesem Verstande war das Wort ehedem mit Baron gleich bedeutend, und wenn ein solcher Bannerherr Ritter zugleich war, so ward er auch wohl ein Bannerritter genannt. In der Vorrede zur goldnen Bulle heißt es: Fürsten, Grafen, Panerherren, Freyen, Edlen und der Städte; wofür in dem Lateinischen Texte steht: Principum, Comitum, Baronum, Procerum, Nobilium et Civitatum. S. Panier. Franz. Banneret. 2) Ein mit der peinlichen Gerichtsbarkeit beliehener Herr, in den mittlern Zeiten; weil die Fahne das Zeichen der oberstrichterlichen Gewalt war. S. J. C. H. Dreyers Samml. vermischter Abhandl. Th. 2. S. 785. 3) Ein Fähnrich, welche Bedeutung noch in der Schweiz Statt findet. In Cöln werden die Häupter der Zünfte gleichfalls Banierherren genannt, vermuthlich weil sie bey feyerlichen Auszügen das Banier oder die Fahne tragen.

Anm. In den mittlern Zeiten kommt dieses Wort häufiger vor als heut zu Tage. S. du Fresne Glossar. v. Banderesius, Banneretus, und Banderarius in Bandum. Indessen pflegen doch die Kaiser noch jetzt zuweilen die Würde eines Bannerherren in der ersten Bedeutung zu ertheilen. S. Panier und Erbbannerherr.


Bannerschild (W3) [Adelung]


Der Bannerschild, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, ein ganz viereckter Schild, dergleichen ehedem die Bannerherren geführet haben sollen.


Bannforst (W3) [Adelung]


* Der Bannforst, des -es, plur. die -förste, in den Rechten, ein Forst, dessen gemeiner Gebrauch verbothen ist, wofür man im gemeinen Leben lieber ein Gehäge, ein gehägter Forst sagt. S. auch Wildbann.


Banngut (W3) [Adelung]


* Das Banngut, des -es, plur. die -güter, in einigen Gegenden ein Gut, welches in einem gewissen Banne oder Bezirke lieget.


Bannherr (W3) [Adelung]


* Der Bannherr, des -en, plur. die -en, an einigen Orten, besonders am Oberrheine noch, ein Gerichtsherr. Bannherrlich, adj. et adv. dazu gehörig. So befindet sich zu Kehl am Rheine ein gemein-bannherrlicher Amtsschultheiß.


Bannkelter (W3) [Adelung]


* Die Bannkelter, plur. die -n, eine Kelter, in welcher die Einwohner einer gewissen Gegend, gegen Erlegung eines Zinses zu keltern verbunden sind; eine Zwangkelter, im Franz. Pressoir a ban, oder Pressoir bannal.


Bannleute (W3) [Adelung]


* Die Bannleute, singul. inusit. in einigen Gegenden, die Unterthanen eines gewissen Bezirkes, oder Gerichtes.


Bannmarkt (W3) [Adelung]


* Der Bannmarkt, des -es, plur. die -märkte, in Baiern, ein Markt oder Marktflecken, welchem die peinliche Gerichtsbarkeit verliehen ist. Die Bannstadt, eine solche Stadt.


Bannmühle (W3) [Adelung]


* Die Bannmühle, plur. die -n, an einigen Orten, eine Mühle, auf welcher gewisse Unterthanen zu mahlen gezwungen sind; eine Zwangmühle, Franz. Moulin a ban, Moulin bandier, oder bannal.


Bannofen (W3) [Adelung]


* Der Bannofen, des -s, plur. die -öfen, auf eben dieselbe Art, ein Backofen, in welchem die Leute gewissen Bezirkes zu backen gehalten sind; ein Zwangofen, Franz. Four a ban, Four bandier oder bannal, bey dem Carpentier, Furnus banderius.


Bannreitel (W3) [Adelung]


* Der Bannreitel, des -s, plur. ut nom. sing. im Forstwesen einiger Gegenden, ein junger Stamm, welchen man stehen lässet, ihn folglich schonen oder bannet; ein Laßreis. S. Reitel.


Bannrichter (W3) [Adelung]


* Der Bannrichter, des -s, plur. ut nom. sing. im Österreichischen, der Richter in einem Criminal-Gerichte, welcher in andern Oberdeutschen Gegenden der Zentgraf heißt.


Bannstadt (W3) [Adelung]


* Die Bannstadt, plur. die -städte. 1) Eine Stadt, welche mit einer Bannmeile versehen ist, in einigen Gegenden. 2) In Baiern, S. Bannmarkt.


Bannstein (W3) [Adelung]


Der Bannstein, des -es, plur. die -e. 1) Ein Grenzstein, welcher den Bann oder die Grenze eines Ortes oder Feldes bezeichnet. 2) Ein Gerichtsstein, welcher die Grenzen einer Gerichtsbarkeit bezeichnet.


Bannstrahl (W3) [Adelung]


Der Bannstrahl, des -es, plur. die -en, figürlich der Kirchenbann. Jemanden mit dem Bannstrahle bedrohen. Den Bannstrahl wider ihn schießen lassen.


Bannvogt (W3) [Adelung]


* Der Bannvogt, des -es, plur. die -vögte, in Oberdeutschland, der Aufseher über den Bann oder die Grenze eines Ortes; der Bannwart, oder Bannwärter, (welches in der Schweiz auch einen Förster bedeutet,) in Thüringen der Flurschütz, an andern Orten Feldwächter.


Bannwald (W3) [Adelung]


* Der Bannwald, des -es, plur. die -wälder, ein gehägter Wald, S. Bannforst.


Bannwart (W3) [Adelung]


* Der Bannwart, des -es, plur. die -e, oder der Bannwärter, S. Bannvogt. Banwardia kommt bey dem du Fresne vor.


Bannwasser (W3) [Adelung]


* Das Bannwasser, des -s, plur. ut nom. sing. ein gebannetes oder gehägtes Wasser, in welchem nicht ein jeder fischen darf, in einigen Oberdeutschen Gegenden.


Bannwein (W3) [Adelung]


* Der Bannwein, des -es, plur. inusit. der Wein, welchen man von jemanden zu kaufen verpflichtet ist. Die Gerechtigkeit dazu heißt der Weinbann; Franz. Banvin, bey dem du Fresne Bannum vini.


Bannwerk (W3) [Adelung]


* Das Bannwerk, des -es, plur. die -e, in einigen Oberdeutschen Gegenden, der Frohndienst, gleichsam gebannetes, d. i. befohlnes Werk; bey dem du Fresne Banwere.


Bannzaun (W3) [Adelung]


* Der Bannzaun, des -es, plur. die -zäune. 1) Ein Grenzzaun. 2) Ein Zaun, welchen die Unterthanen zu verfertigen und zu unterhalten verbunden sind.


Banse (W3) [Adelung]


Die Banse, oder Banze, plur. die -n. 1) In der Landwirthschaft, der Platz in einer Scheuer zu beyden Seiten der Tenne, wohin die Garben gelegt werden; in Oberdeutschland Tast, in der Lausitz Alter, und in einigen Gegenden im Reiche Baar, und Barn, S. Barn, in Nieders. Fack, Fach, ingleichen Taß, womit das Franz. Tas, ein Haufen, überein kommt. 2) Ein großer viereckter Korb, zu Verführung allerley Waaren, vornehmlich der Kessel und Arbeiten der Kupferschmiede.

Anm. Schon bey den Gothen bedeutete Bansta eine Scheuer, und bey den Niedersachsen hat Banse und Kornbanse eben diese Bedeutung. Banasta, Banastum, Bansta, Bansella, bedeutet in dem Lateine des 13ten und des folgenden Jahrhunderts einen Korb, besonders aber einen größern. In den Französischen Niederlanden ist Banse ein jeder Korb; in der Provence aber wird Banasto ein großer, und Banastoun ein kleiner Korb genannt. In einigen Mundarten lautet dieses Wort auch der Bansen. S. das folgende und das Verbum Bansen, ingleichen Benne.


Bansen (W3) [Adelung]


Der Bansen, des -s, plur. ut nom. sing. der erste Magen des wiederkäuenden Viehes, in welchen die Speise durch die Speiseröhre gebracht wird; in einigen härtern Mundarten der Panzen, Nieders. Pansse, Panze.

Anm. In den niedrigen Sprecharten wird ein jeder dicker Bauch ein Panzen oder Pantsch genannt. Hiermit kommt das Engl. Paunch, das Franz. Pance, das Holländ. Pens, das Ital. Pancia, Panza, das Span. Panca und das Latein. Pantex überein. S. auch Wanst, Panster, Panzer, und das folgende.


Bansen (W3) [Adelung]


"Bansen", verb. reg. act. "die Garben in die Bansen legen"; in Nieders. "tasten", "tassen", und in der Lausitz "altern". Daher der "Banser", ein Knecht in der Ernte, der die Garben in der Banse zurecht leget. In weiterer Bedeutung, "fest auf einander legen", packen, im gemeinen Leben. Das Getreide auf einander bansen, es in Feimen bansen. Fest gebansete Feimen. Sich im Bette einbansen, einhüllen, einpacken.

Anm. Frisch leitet dieses Wort von Band her, weil die Garben so geleget würden, daß sie einander gleichsam binden, Ihre aber von dem alten bana, schlagen, weil die Garben in der Scheuer gedroschen werden. Beyde Ableitungen sind gezwungen und unfruchtbar. Die letzte Sylbe se und sen, an Banse und bansen, ist bloß die Endung des Intensivi; Ban, aber ist das alte Ban, Pen, welches eine Höhe, den Gipfel u. s. f. bedeutet, und womit das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Hügel überein kommt. Eine Banse, bedeutet also überhaupt einen Haufen, welche Bedeutung auch das Österreichische Tast und Nieders. Taß hat, welches mit dem Franz. und Hollönd. Tas, ein Haufe, genau überein kommt. Die ältesten Scheuern oder Bansen waren wohl nichts anders, als solche Haufen Garben, dergleichen man jetzt Feimen und Miethen nennt. Aufbansen bedeutet in den gemeinen Mundarten noch jetzt überhaupt aufhäufen. Nachmahls hat man dieses Wort auch auf verschiedene andere Dinge übertragen, welche erhabene oder ausgebogene Flächen haben, als auf bauchige Körbe, auf den Bauch u. s. f. S. auch Wanst.


Banzbirn (W3) [Adelung]


* Die Banzbirn, plur. die -en, eine Art dicker Birnen, welche gleichsam einen Bansen oder Bauch haben.


Bar (W3) [Adelung]


1. Bar, ein nur noch in Zusammensetzung übliches Wort, welches verschiedenen Nenn- und Zeitwörtern angehänget wird, und alsdann Bey- und Nebenwörter aus ihnen macht. Es bezeichnet aber,1. Einen Mangel dessen, mit welchem es verbunden ist, wie - los. Dahin gehören die veralteten mundbar, was keinen Mund oder Vogt hat, leutbar, von Leuten entblößet, volkesbar, ohne Volk, gutesbar, ohne Geld und Gut u. s. f. Diese Ableitungssylbe war bey den Dichtern der mittlern Zeiten sehr gewöhnlich; allein man hat sie mit allem Rechte veralten lassen, weil sie mit den folgenden Bedeutungen eine sehr nachtheilige Zweydeutigkeit machte. Bar ist hier das folgende bar, bloß, nackend, welches siehe. 2. Eine Deutlichkeit, einen Augenschein. Hierher gehöret allein das Wort offenbar, welches ehedem nur schlechthin bar hieß, und das im folgenden Artikel befindliche bar, bloß, in seiner figürlichen Bedeutung ist, welchem man nachmahls zu Verhütung aller Zweydeutigkeit noch das offen vorgesetzet hat. 3. Eine Ähnlichkeit, Gleichheit, Gemäßheit, wie - lich und - sam, und zwar jenes in seiner eigentlichen Bedeutung. In diesem Verstande wird bar verschiedenen Substantiven und einigen Adverbien und Adjectiven angehänget, wovon aber auch schon viele veraltet sind. Indessen scheinet hierher zu gehören: ehrbare Handlungen, die der Ehre gemäß sind; wunderbar, einem Wunder ähnlich; scheinbar, so fern es einem Scheine oder der Wahrheit ähnlich bedeutet; schöppenbar, einem Schöppen gleich, schöppenmäßig; ein mannbarer Mensch, der einem Manne gleich ist, in einer andern Bedeutung wird es unten vorkommen; schandbar, einer Schande gleich, schändlich; sonderbar, etwas besondern ähnlich. So auch kundbar, ruchtbar, lautbar, mittelbar, unmittelbar, sichtbar, jagdbar, vogtbar; die veralteten standbar, für standesmäßig, gewaltbar für gewaltsam, friedbar für friedlich, u. s. f.In dieser Bedeutung, in welcher bar mit dem Lateinischen par, z. B. aequipar, überein kommt, scheinet es zu bar, bloß, zu gehören, welches in seiner figürlichen Bedeutung auch manifestus bedeutete, wenn man es nicht lieber von dem veralteten wara, sehen, scheinen, ableiten will. S. Gewahr.4. Das Tragen einer Sache, in welcher Bedeutung es nur Substantiven angehänget wird, Adverbia und Adjectiva daraus zu bilden. Und zwar1) In eigentlicher Bedeutung, wohin lastbar und fruchtbar gehören, was eine Last, was Früchte trägt. Bey den "Longobarden" hieß Schilpor, ein Waffenträger, und die Lateinischen Endungen - fer und - ger sind in dieser Bedeutung gleichfalls sehr häufig; z. B. fructifer, frugifer, armiger, signifer, alifer, arundifer, astriger, auriger, baccifer, barbiger u. s. f.2) Figürlich. (a) Den Besitz einer Sache; z. B. wandelbar, in der heutigen Bedeutung, was einen Wandel, oder Fehler hat; eine gangbare Münze, welche Gang oder Cours hat, ein gangbarer Weg. So auch das Lateinische anguifer, voller Schlangen, aerifer, erzreich u. s. f. (b) Die Hervorbringung, Verursachung einer Sache. Urbar, einträglich, was Nutzen einträgt; furchtbar, was Furcht erwecket; kostbar, was Kosten verursacht; nutzbar, was Nutzen bringet, und vielleicht auch schandbar und ehrbar, wenigstens in einigen Bedeutungen. Auf gleiche Art gebrauchten die Lateiner ihr aestifer, hitzend, anxifer, was bange macht, fatifer, tödtlich u. a. m. (c) die Leistung, Entrichtung einer Sache. Dankbar; dienstbar, so fern es etwas bedeutet, das wirklich Dienste leistet; zinsbar, schoßbar, zollbar, steuerbar, so fern sie wirkliche Entrichtung der Zinsen, Zölle und Steuern ausdrucken; denn in Ansehen der Verbindlichkeit dazu, gehören sie zu einer der folgenden Bedeutungen. Das Lateinische munifer, dienstbar, und andere mehr kommen in gleicher Bedeutung vor.Es ist kein Zweifel, daß bar in dieser ganzen vierten Bedeutung zu dem alten Verbo bären oder baren gehöret, welches nicht allein tragen, sondern auch hervor bringen, leisten, entrichten, bedeutete. S. Bahre und Gebären. 5. Wird diese Sylbe auch sehr vielen Verbis und besonders den Infinitivis, mit Wegwerfung der Sylbe en, angehängt; da es denn daraus Bey- und Nebenwörter macht, welche bald eine thätige, bald aber auch eine leidende Bedeutung annehmen, und die Lateinischen Participia auf -ns und -ndus, und die Adjectiva auf -bilis sehr geschickt ausdrucken.1) In der thätigen Bedeutung bezeichnen diese Wörter, (a) das wirkliche Thun einer Sache, wie die Lateinischen Participia auf -ns. Ein tragbarer Baum, der wirklich Früchte trägt. Ein haltbares Erz, bey den Bergleuten, das wirklich Metall enthält. Wachbar, bey dem Stettler, für wachsam, vigilans. (b) Die Möglichkeit, und das Vermögen etwas zu thun. Fehlbar und unfehlbar, der fehlen kann, oder nicht fehlen kann. Ein haltbarer Ort, der sich halten kann. Brennbar, was brennen kann. Streitbar, was streiten kann. Eine mannbare Jungfrau, von dem veralteten mannen, einen Mann nehmen, die heirathen kann.2) In der leidenden Bedeutung. (a) Ein Vermögen etwas zu leiden, oder was gethan werden kann. Tröstbar, untröstbar, was getröstet, oder nicht getröstet werden kann. Eßbar, was gegessen werden kann. Ein lehnbares Gut, das zu Lehn gegeben werden kann. Ein lehnbarer Mann, der belehnet werden kann, lehnsfähig ist. So auch unläugbar, brauchbar, theilbar, wohnbar, kennbar, zählbar, schmelzbar, schlachtbar, dehnbar, empfindbar, trinkbar, heilbar, hörbar, reitzbar, fühlbar, schiffbar, klagbar, mit ihren Gegensätzen, unbrauchbar, untheilbar u. s. f. (b) Eine Verbindlichkeit oder Nothwendigkeit etwas zu thun, oder was gethan zu werden verdienet. Achtbar, was zu achten ist. Ein ehrbarer Mann, so fern es einen Mann bedeutet, der Ehre verdienet. Ein zahlbarer Wechsel, der bezahlet werden kann und muß. Eine strafbare That. Staffelbare Güter, die gestaffelt werden können oder müssen.Auch hier scheinet bar zu dem Verbo baren zu gehören, welches ehedem auch überhaupt thun, oder handeln bedeutete. S. Geberde. Vielleicht lässet es sich aber noch bequemer zu der zweyten Hauptbedeutung zurück führen, und auch hier durch eine Ähnlichkeit, Gleichheit und Gemäßheit erklären.

Anm. 1. Diese Endung ist ein sehr fruchtbares Hülfsmittel, die Bedeutung eines Wortes auf mancherley Art zu verändern und zu bestimmen. Allein ihr Gebrauch ist nichts weniger als willkürlich, indem es nicht erlaubt ist, durch Beyfügung dieser Endung neue Wörter zu machen, den ersten Fall der leidenden Bedeutung ausgenommen, wo man dergleichen noch am ersten wagen darf. Singbar, spielbar, ziehbar, für, was sich singen, spielen, ziehen lässet, und hundert andere ähnliche, können, wenn es nöthig ist, immer gebraucht werden, wenn man in denselben gleich keinen Vorgänger aufzuweisen haben sollte.

Anm. 2. Die auf diese Art zusammen gesetzten Wörter behalten in der Comparation ihr a unverändert; z. B. brauchbarer, nicht brauchbärer. Die Oberdeutsche Mundart, welche die Begriffe so gern zu häufen pflegt, als die Sylben, hängt an dergleichen Bey- und Nebenwörter noch ein lich, um neue Bey- und Nebenwörter daraus zu machen; z. B. dankbarlich, eigentlich auf einer der Dankbarkeit gleiche Art, oder einem Dankbaren gleich. Die Hochdeutschen haben diese Weitschweifigkeit lange bey behalten; allein gegenwärtig hat sie ihr ganzes Ansehen mit Recht verloren, weil dankbarlich mit drey Sylben eben das sagt, was dankbar schon mit zweyen ausdruckt. Für lich pflegte man ehedem auch wohl die Endung ig, aber gleichfalls ohne Noth, daran zu hängen; dankbarig für dankbar. Mit mehrerm Nutzen lassen sich vermittelst der Endung keit, Hauptwörter aus diesen Adverbiis bilden; Dankbarkeit, Dienstbarkeit, Fruchtbarkeit, Furchtbarkeit, Jagdbarkeit u. s. f. nur daß sie eben auch nicht von allen üblich sind.

Anm. 3. Im Oberdeutschen lautet diese Endung par. Ehedem gebrauchte man statt derselben auch die Endungen -brecht, -mer, und -ig; als lautbrecht für lautbar, früchtig für fruchtbar, unsichtig für unsichtbar u. s. f. In den Fällen wo bar von bären, tragen, herkommt, kommen die damit zusammen gesetzten Wörter bey den alten Alemannen selten, bey den Angelsachsen aber häufiger vor. Hingegen sind die Wörter, welche unter die dritte Bedeutung gehören, auch bey den erstern nicht selten. Es findet sich indessen schon in den ältesten Sprachen eine Ableitungssylbe, welche mit unserm bar, so wohl in dem Klange, als in der Bedeutung überein kommt. So sind im Hebräischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - zwey Endungen subiecti denominativi et possessivi; z. B. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Schatzmeister, von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Schatz. Auch im Persischen bedeutet die Endung -ber einen, der etwas träget oder bringet; ein Umstand, der das hohe Alterthum des Verbi bären, tragen, schon allein beweisen würde, wenn dasselbe gleich nicht aus andern Gründen bekannt wäre. S. Bahre und Gebären. Das Wort Nachbar gehöret nicht hierher, denn hier ist die letzte Sylbe aus Bauer zusammen gezogen.


Bar (W3) [Adelung]


2. Bar, adj. et adv. 1. Eigentlich, von aller äußern Decke befreyet. In dieser Bedeutung ist bar im Hochdeutschen, außer dem zusammen gesetzten barfuß nicht mehr üblich. Allein in den gemeinen Mundarten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes kommtes noch häufig vor, und bedeutet daselbst besonders unbekleidet, nackend. Dahin gehöret das Niedersächsische bar, bloß, unbedeckt, das Oberdeutsche barköpfig, mit unbedecktem Kopfe, der Barfrost, das Bareis, Frost und Eis, welche nicht mit Schnee bedecket sind, und das gleichfalls Oberdeutsche Hauptwort die Bare, die Blöße, welches so wohl von einem mit Gesträuchen bewachsenen aber an hochstämmigen Bäumen bloßen Ort, eine Blöße, im mittlern Lateine Barta, Beria, Berra, als auch von dem Barfroste gebraucht wird; z. B. die Bare verbrennet die Saat, bey einem Frost ohne Schnee erfrieret die Saat.2. Figürlich. 1) Gegenwärtig, besonders von dem Gelde. Bares, gegenwärtiges, aufgezähltes, Geld. Jemanden bar bezahlen. Bare Bezahlung, im Gegensatze des Borgens. Die tausend Thaler muß ich bar und auf einem Brete haben, Gell. Da hast du bare funfzig Thaler, Nur unterlasse den Gesang, Haged. Daher die im gemeinen Leben üblichen sprichwörtlichen Redensarten: bar Geld lacht; bar Geld ist die Losung; wer bar Geld gibt, hat Macht zu dingen u. s. f. 2) * Lauter, unverfälscht, rein, welche Bedeutung nur noch in der Niedersächsischen Mundart vorhanden ist. Bare Milch, reine Milch. 3) * Einer Sache beraubt, wie bloß, in dem figürlichen Verstande. Diese Bedeutung, welche in den Schriften der Alemannen und Franken sehr häufig vorkommt, ist im Hochdeutschen längst veraltet. Sven dins lobes ie bevilde Der ist rehter sinne bar, d. i. beraubt, Bruder Eberhart von Sar. S. die Endung-bar 1. 4) * Augenscheinlich, bekannt. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet, und nur noch in den zusammen gesetzten offenbar übrig, für welches man ehedem das einfache bar gebrauchte, und wovon man das Beywort bärlich, offenbar, und die Verba baren und erbaren, für offenbaren hatte.

Anm. Bar, in der Oberdeutschen Mundart par, ist nicht nur in den Deutschen und allen mit derselben verwandten Sprachen, sondern auch in einigen morgenländischen ein sehr altes Wort. Die Hebräischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, entblößen, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, rein und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, offenbaren, oder in den alten Mundarten baren, gehören ohne Zweifel zu dessen Verwandtschaft. Für bar, vom Gelde gebraucht, war im Oberdeutschen ehedem auch bereit, und im Niedersächsischen rede üblich. Der Unterschied, welchen schon vor Gottscheden einige Sprachlehrer in der Rechtschreibung zwischen bar, bloß, und baar vom Gelde gebraucht, einzuführen suchten, streitet wider die gemeinschaftliche Abstammung beyder Wörter, und ist ohne dieß nun längst vergessen.


Bär (W3) [Adelung]


1. Der Bär, des -en, plur. die -en, Fämin. die Bärinn. 1) Eigentlich, ein großes fünfzehiges fleischfressendes Thier der mitternächtigen Länder, welches sich durch seine zotigen Haare, seinen breiten und großen Leib, und durch seine brummende Stimme leicht von andern Thieren unterscheidet. Einen Bären anbinden, im figürlichen aber niedrigen Scherze, Schulden machen, vermuthlich in Anspielung auf eine nunmehr unbekannte Geschichte eines Bärenführers. Im Österreichischen hingegen bedeutet, einem einen Bären anbinden, ihm etwas weiß machen. 2) Figürlich, wegen einiger Ähnlichkeit, zwey nördliche Sternbilder, deren eines, welches der große Bär genannt wird, unter allen das kenntlichste ist, und bey uns niemahls untergehet. Das andere, oder der kleine Bär, steht dem Nordpole am nächsten. S. auch den Wagen. 3) In einigen Gegenden, ein unverschnittenes männliches Schwein, ein Eber, vulg. Beier, Bier.

Anm. Der Nahme dieses Thieres lautet im Oberdeutschen Par, im Niedersächsischen Baar, im Engl. Bear, im Dän. Biorn und im Schwed. Björn. Man könnte denselben mit Frischen füglich von dem alten baren, brummen. ( S. Barde) ableiten, weil sich dieses Thier durch seine brummende Stimme von andern sehr deutlich unterscheidet; wenn man nicht wüßte, daß Bär eine Art eines allgemeinen Nahmens gewesen, welchen man in mehrern Sprachen verschiedenen großen Thieren gegeben, Im Hebräischen bedeutet Par einen Ochsen, Pere den onager, und Pered einen Maulesel. Im Chaldäischen ist Beira der Nahme des Elephanten, welchen die Sabiner und alten Lateiner Barrus nannten, und die Indianer noch jetzt Barre nennen. Das Arabische Phar wird, so wie das Deutsche Farr, von einem Stiere gebraucht. Ein wilder Hirsch heißt im Pohlnischen Ber, und ein Eber, wird nicht nur im Oberdeutschen Par, oder Saupar, zum Unterschiede von dem Bären oder Tatzpar, sondern auch im Englischen Boar, im Angelsächsischen Tambar, gleichsam zahmer Bär, im Niedersächsischen Beer, im Longobardischen Pair, im Lateinischen Verres und im Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - genannt. S. Eber, Farr und Pferd. Bey diesem Unbestande, der mehrern Nahmen der Thiere gemein ist, wie schon bey dem Worte Bacher bemerket worden, und bey dem hohen Alterthume des Wortes Bär, wird es schwer seyn, dessen eigentliche Bedeutung zu erforschen, obgleich einige auf das Hebräische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein wildes Thier, andere auf das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, in eben der Bedeutung, oder auf - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, zotig, und noch andere auf das alte bären, tragen, gefallen sind. Im Oberdeutschen wird der Bär auch Bätz genannt; S. dieses Wort. Die Art der Abänderung der Bär, des -es, plur. die -e, ist nur in einigen Mundarten üblich.


Bär (W3) [Adelung]


2. Der Bär, des -en, plur. die -en. 1) Ein schwerer Klotz in einer Ramme, Pfähle damit einzuschlagen; ein Rammklotz, Stampfklotz, Hoye oder Hoje. 2) In den Bergwerken werden an einigen Orten die Aftern, welche bey den trocken gepochten Kobaldausschlägen im Siebwaschen abgehoben werden, die Bären genannt. S. Bärenschlamm. Auf ähnliche Art ist der Bär bey den Müllern ein großer Haufen abgemahlnen Schrotes.

Anm. Die Deutschen Wörterbücher halten dieses und das folgende Bär für bloße figürliche Bedeutungen von Bär, ursus. Allein sie lassen sich figürlicher von andern Stammwörtern herleiten. Dieses kommt in der ersten Bedeutung vermuthlich von dem alten und noch in Niederdeutschland üblichen bären, schlagen, von welchem Wachter und Frisch nachgesehen werden können. Behren bedeutet noch bey den Bergleuten heftig schlagen, und in einigen gemeinen Mundarten höret man noch, jemanden abbären, ihn abprügeln. In der zweyten Bedeutung scheinet der Begriff der Größe und Menge der herrschende zu seyn.3.


Bär (W3) [Adelung]


Der Bär, des -es, plur. die -e, in dem Festungsbaue, ein starker aus Steinen gemauerter Querdamm in einem Festungsgraben, mit einem scharfen Rücken; Franz. Batardeau, im mittlern Lateine Berum.

Anm. Da man dieses Wort in Oberdeutschland Wuhr ausspricht, so gehöret ohne Zweifel zu Wehr, so fern dieses Wort eine Mauer oder Damm bedeutet, und ist vermuthlich nur eine verderbte Sprech- und Schreibart desselben.


Barake (W3) [Adelung]


Die Barake, plur. die -n, richtiger Barrake. 1) Eigentlich, schlechte Hütten für gemeine Soldaten. 2) In weiterer Bedeutung, kleine Häuser an den Wällen zur Wohnung für gemeine Soldaten; und 3) in noch weiterer Bedeutung zuweilen auch ein jedes schlechtes und kleines Haus. S. Barrake.

Anm. Barrake soll ein Arabisches Wort seyn, welches eigentlich ein Zelt bedeutet. Von den Arabern haben es die Spanier bekommen, bey welchen Barracas kleine Hütten der Fischer am Strande bedeuten. Aus dem Spanischen ist das Italiänische Baracca, und das Französische Baraque gebildet worden. Das La-teinische Baraca und Baradha kommt schon in einigen Französischen Urkunden von 1319 und 1381 bey dem Carpentier vor.


Baranke (W3) [Adelung]


Die Baranke, plur. die -n, ungeborne Lämmerfelle; ein zunächst aus dem Pohlnischen entlehntes Wort, wo Baran ein Lamm bedeutet, weil die meisten Felle dieser Art aus dem südlichen Pohlen zu uns gebracht werden. Mit dem Pohlnischen kommen das Böhmische Beranek, das Ungarische Barany, das Tartarische Boranez, und selbst das Persische Barah, alle in der Bedeutung eines Lammes überein.


Barbar (W3) [Adelung]


Der Barbar, des -s, plur. die -n, ein Pferd aus der Barbarey in Afrika; Engl. Barb, Franz. Barbe.


Barbar (W3) [Adelung]


Der Barbar, des -en, plur. die -n. 1) Eigentlich, in welcher Bedeutung dieses Wort bey den Griechen und Römer üblich war, ein Ausländer von einer fremden Sprache und von fremden Sitten. Rom ist mehr als ein Mahl von Barbaren geplündert worden. In dieser Bedeutung wird das Wort nur noch von den alten fremden Völkern im Gegensatze der Griechen und Römer gebraucht, und sollte alsdann den verhaßten Begriff nicht bey sich haben, welchen man gemeiniglich damit verbindet. Weil aber fast alle alte Völker außer den Griechen und Römern zu ihrer Zeit wild und ungesittet waren: so wird dieses Wort, 2) auch in figürlicher Bedeutung gebraucht, nicht nur einen wilden und ungesitteten, sondern auch, und zwar am häufigsten, einen harten, grausamen Menschen zu bezeichnen. Cato wollte gerecht seyn, und ward ein Barbar, dessen Strenge sich weder durch Thränen noch durch die Menschlichkeit mildern ließ. Und Lucia Ergibt sich thränend dem Barbaren, Gell.

Anm. Wir haben dieses Wort aus dem Latein. barbarus und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - angenommen, über dessen Abstammung die Wortforscher noch nicht einig sind. S. Wachters und su Fresne Glossaria. Nach dem poetischen Sylbenmaße der Lateiner zu urtheilen, sollte dieses Wort im Deutschen freylich den Ton auf der ersten Sylbe haben, wie man es ausspricht, wenn man ein Pferd aus der Barbarey ausdrucken will. Allein der allgemeine Gebrauch legt den Ton, nach dem Beyspiele der Franzosen, auf die zweyte Sylbe, welches auch schon die Griechen in einigen Endungen thaten.


Barbara (W3) [Adelung]


Barbara, ein eigenthümlicher Taufnahme für Personen weiblichen Geschlechtes, welchen man im gemeinen Leben im Hochdeutschen in Barbe und Bärbchen, im Oberdeutschen in Wawerle und Wahm, und in Preußen in Busch zu verstümmeln pflegt. Barbara-Heller und Barbara-Pfennige, ehemahlige Scheidemünzen in Schlesien, welche von der darauf geprägten heil. Barbara den Nahmen haben. S. 1 Barbe.


Barbarey (W3) [Adelung]


Die Barbarey, plur. inusit. 1) Ein großer Landstrich in dem nördlichen Afrika, welcher das ehemahlige Mauritanien unter sich begreift. Vor Alters wurde dieser Nahme demjenigen Theile von Afrika gegeben, welcher den Römern nicht unterworfen war. S. du Fresne Glossar. v. Barbaricum. 2) Ein jedes wüstes und wildes Land, besonders wenn es von wilden, ungesitteten Völkern bewohnet wird; und poetisch auch wohl ein Inbegriff barbarischer Völker. Auf einmahl wachet auf Die ganze Barbarey, ein Herr von Gothen, Wenden, u. s. f. Canitz. 3) Unwissenheit, Wildheit, Grobheit der Sitten, kurz der Inbegriff aller bösen Eigenschaften, welche man barbarischen Völkern beyzulegen pflegt; besonders aber Grausamkeit und Unmenschlichkeit. 4) Auch wohl eine grausame und unmenschliche That in welchem Falle sich auch der Plural gebrauchen lässet.


Barbarfalk (W3) [Adelung]


Der Barbarfalk, des -en, plur. die -en, die vorzüglichste Art der Falken aus Tunis in der Barberey herstammet, weiß und voller Flecken, klein aber stark ist, und von einigen auch Alphanet genannt wird.


Barbarisch (W3) [Adelung]


Barbarisch, -er, -te, adj. et adv. welches nur in den figürlichen Bedeutungen des Hauptwortes Barbar üblich ist. 1) In der Sprachkunst, den Gesetzen und dem Genie einer Sprache nicht gemäß. Ein barbarisches Wort, eine barbarische Wortfügung. 2) Wild, rauh, ungesittet. Ein barbarisches Volk. Barbarische Zeiten, im Gegensatze der gesitteten. Eine barbarische, d. i. rauhe, ungebildete, Sprache. Ingleichen grausam, unmenschlich, hart. Ein barbarischer Vater. Er wurde sehr barbarisch behandelt.


Barbarkraut (W3) [Adelung]


Barbarkraut, S. Barbenkraut.


Barbe (W3) [Adelung]


1. Barbe, Diminutivum Bärbchen, der verkürzte weibliche Taufnahme Barbara, welcher in den mittlern Zeiten Bäba, und im Engl. noch jetzt Bab lautet. Auf den Schiffen ist die heil. Barbara oder Barbe die Schutzheilige des Pulvers und der Constabler, daher auch die Pulverkammer daselbst S. Barbe genannt wird.


Barbe (W3) [Adelung]


2. Die Barbe, plur. die -n, zwey mit Spitzen frisirte Streifen an den weiblichen Kopfzeugen, die Haube damit unter dem Kinne zuzubinden. Daher die Barbenhaube, welche mit solchen Streifen versehen ist. Es ist aus dem Franz. Barbe, weil sie das Kinn gleichsam wie ein Bart umgeben, und lautet im gemeinen Leben oft verderbt Barme.


Barbe (W3) [Adelung]


3. Die Barbe, plur. die -n, ein Nahme, welcher zweyerley Fischen, wegen ihrer Bartfäden, die ihnen das Ansehen eines Bartes geben, beygeleget wird. 1) Der Flußbarbe, welche gemeiniglich nur schlechthin Barbe genannt wird, und welche Linne zu dem Karpfengeschlechte rechnet, und sie Cyprinus Barbus nennet. Sie hat die Bauchfinnen hinter den Brustfinnen, und vier Bartfäden. 2) Der See- oder Meerbarbe, Mullus Barbatus, L. welche zu der Classe gehöret, die die Bauchfinnen unter den Brustfinnen haben, purpurrothe und wie Gold glänzende Flecken und zwey Bartfäden hat. Sie wird auch Rothbart, und bey Eckernförde Schmexbutte und Baguntken genannt.

Anm. Die Flußbarbe, oder am häufigsten nur schlechthin genannte Barbe, heißt bey dem Cicero und Varro barbatulus und barbatus, im Franz. Barbeau und Barbon, im Ital. Barbo, im Engl. Barb und Barbel, im Dänischen Barbe, und im Russischen Barbera. Die Oberdeutschen nennen sie vermittelst einer gewöhnlichen Verwechselung der Lippenbuchstaben Barme, womit auch das Böhmische Parma überein kommt.


Bärbeißig (W3) [Adelung]


+ Bärbeißig, adj. et adv. welches nur im gemeinen Leben gebraucht wird, für zänkisch, auffahrend. Thue nur recht bärbeißig, Weiße.


St. Barbenkraut (W3) [Adelung]


Das St. Barbenkraut, oder St. Barbarakraut, des -es, plur. inusit. eine Pflanze mit Schoten, welche Linne zu den Arten des Hederichs rechnet, und sie Erysimum Barbarea nennet. Sie wächset an den Gräben und Wegen und wird auch Winterkresse genannt, weil die junge Pflanze als ein Kohl gegessen werden kann.


Barbett (W3) [Adelung]


Der Barbett, des -es, plur. die -e, eine Art zotiger Wasserhunde mit langen Ohren, welche als Bastarte von rothen Jagdhunden und Isländischen Pudeln fallen. Der Nahme ist von dem Franz. Barbet, entlehnet, welchen sie daher erhalten haben, weil man ihnen, wenn man sie scheret, einen Bart stehen lässet.


Barbier (W3) [Adelung]


Der Barbier, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher Profession davon macht, andern das Gesicht von den überflüssigen Haaren zu reinigen; ehedem ein Scherer, und in einigen gemeinen Sprecharten noch jetzt ein Bartscherer, oder Bartputzer.Die Barbierinn, plur. die -en, des Barbiers Gattinn. Die zusammen gesetzten Wörter, Barbierdecken, Barbiergesell, Barbierkunst, Barbiermesser, Barbierzeug, u. s. f. bedürfen keiner weitern Erklärung.

Anm. Dieses Wort ist aus dem Lateine der mittlern Zeiten, Barbarius und Barberius entstanden, von welchem auch das Ital. Barbiere, das Franz. Barbier, und das Schwed. Barberare entsprungen sind. Im Persischen heißt ein Barbier gleichfalls Berber. Die Niedersächsische Mundart vertauschet das r mit dem l, und spricht dieses Wort Balbier, worin ihr auch die Dänen in ihrem Balbeer folgen. Wenn man dieses Wort, wie zuweilen geschiehet, Barbierer schreibt und spricht, so ist es von dem Verbo barbieren abgeleitet.


Barbieramt (W3) [Adelung]


Das Barbieramt, des -es, plur. die -ämter, ein nur in Niedersachsen übliches Wort, so wohl die Barbierzunft oder Innung, als auch eine Barbierstube zu bezeichnen. S. Amt.


Barbieren (W3) [Adelung]


Barbieren, verb. reg. act. den Bart abnehmen, im Niedersächsischen balbieren, Dän. balbern.


Barbierstunde (W3) [Adelung]


Die Barbierstunde, plur. die en. 1) Eine Stunde, in welcher die Barbier ihre Kunst auszuüben pflegen. 2) Auch ein Haus, auf welchem die Barbiergerechtigkeit häftet, und zuweilen diese Gerechtigkeit selbst.


Barchent (W3) [Adelung]


Barchent, adj. et adv. von Barchent. Barchentes Zeug. Ein barchentes Kleid.


Barchent (W3) [Adelung]


Der Barchent, des -es, plur. die -e, wenn mehrere Arten dieses Zeuges ausgedruckt werden sollen, eine Art baumwollenen Zeuges, welcher auf der einen Seite gekreuzet zu seyn scheinet. Der Zettel bestehet aus leinenen Fäden, der Eintrag aber aus Baumwolle; in einigen Mundarten Barchet, im Nierdersächsischen Parchem. Daher die Barchentweber, der sich vorzüglich auf die Verfertigung dieses Zeuges leget; welche Weber ehedem nur Schwabenweber genannt wurden, weil sie in Schwaben sehr häufig waren, und es noch sind.

Anm. Dieses Wort soll nach dem Frisch von dem Ital. Bucherame abstammen, welches aber nicht einen jeden baumwollenen Zeug, sondern eine Art mit Löchern durchwirkten baumwollenen Zeuges oder breiter Spitzen, von Buco, ein Loch, bedeutet; daher sich dieses Wort auf keine Weise hierher schicken will.


Barchet (W3) [Adelung]


* Das Barchet, Barchant, oder Barchent, des -s, plur. ut nom. sing. in Oberdeutschland ein Maß, nach welchem die Tücher gemessen zu werden pflegen. In Ulm hat ein Barchet Tuch 24 Ellen; in Nürnberg aber hat ein Barchant nur 22 Ellen. 45 Barchet machen in Ulm, Wien und Nürnberg ein Fardel.


Barde (W3) [Adelung]


Der Barde, des -n, plur. die -n, ein Nahme, welchen bey den ältesten abendländischen und mitternächtigen Völkern die Sänger oder Dichter führeten, und der in der poetischen Schreibart der Neuern zuweilen noch jetzt für einen ehrwürdigen Dichter gebraucht wird. Herauf, o Sonne! lange schon harret dir Der Bard' entgegen! Denis.

Anm. Ammianus Marcellinus, Strabo und andere versichern, daß bey den alten Galliern Bardus einen Sänger bedeutet habe. Das Stammwort ist ohne Zweifel das alte baren, welches nicht nur schreyen, und brummen, sondern auch singen bedeutete. S. Schilters Glossar. v. Burdus, Wachters Glossar. v. Bardus und Baren, Frischens Wörterb. v. Baren, und des du Fresne Glossar. v. Bardire, Bardaea, Bardicatio. In Bretagne werden die Geigenspieler, welche auf den Dörfern herum ziehen, noch jetzt Barden genannt, und da auch die Waldenser nicht nur einen Geistlichen, sondern auch einen jeden angesehenen Mann Barba, oder Bart zu nennen pflegen, so ist glaublich, daß auch dieser Nahme von dem alten Gallischen Bardus abstimmet. Denn daß dieser Ausdruck das folgende Bart, barba, seyn sollte, ist wohl nicht glaublich, weil die Gewohnheit Bärte zu tragen ehedem allgemein war, die Figur auch zu hart und ungewöhnlich seyn würde. S. indessen den du Fresne v. Barbanus. Bar kommt in der Bedeutung eines Liedes noch bey dem Hans Sachs vor. Was übrigens das Verbum baren betrifft, so ist solches für schreyen, rufen, noch im Niedersächsischen üblich, und kommt in der Bedeutung des Singens mit dem Hebräischen Parat, singen, überein.


Bärdill (W3) [Adelung]


Bärdill, S. Bärwurz.


Bare (W3) [Adelung]


* Die Bare, plur. die -n, ein größten Theils Niedersächsisches Wort, welches vornehmlich in folgenden zwey Bedeutungen vorkommt. 1) Von dem rohen und unbereiteten Fischbeine, in welchem Verstande es mit Barre einerley ist, das durch die weiche Aussprache der Niedersachsen das eine r verloren hat. S. Barre. 2) Von den Wellen, Wasserwogen. In dieser Bedeutung leiten einige es von baren, schreyen, ein Getöse machen, andere von bären, heben, ab. Allein Bar scheinet vielmehr ein eigenes altes Wort gewesen zu seyn, welches Wasser bedeutet hat. Das Isländische Bar bedeutet gleichfalls eine Welle, und in Deutschland, besonders in Sachsen, gibt es mehrere Flüsse, welche den Nahmen Bare führen. S. Born.


Baren (W3) [Adelung]


* Der Baren, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Orgelbauern, ein still und gelinde anstimmendes gedecktes Orgelregister. Auch dieses Wort erhält noch das Andenken des im Hochdeutschen veralteten Verbi baren, brummen, oder singen. S. Barde, und Bärpfeife.


Bären (W3) [Adelung]


Bären, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches besonders bey den Jägern üblich ist, und von der Bärinn gebraucht wird, wenn sie nach dem Bären verlanget, oder brünstig ist. Die Bärinn bäret; so wie man von den Kühen sagt, sie stieren, von den Stuten, sie hengsten u. s. f. wenn sie die Gesellschaft des Stieres und Hengstes verlangen. In einigen Gegenden gebraucht man es auch von den zahmen Schweinen, wenn sie nach dem Bär oder Eber verlangen. Die Sau bäret.


Bärenbeißer (W3) [Adelung]


Der Bärenbeißer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Art Hunde mit kurzen Haaren, kurzem dicken Kopfe, breiter schwarzer Schnautze, und weitem Rachen, welche nicht nur zur Bärenjagd, sondern auch zur Schweins- und Wolfs- und Ochsenhatz gebraucht, und daher auch Bullenbeißer genannt werden. 2) In einigen Mundarten so viel als Barnbeißer; welches siehe.


Bärendecke (W3) [Adelung]


Die Bärendecke, plur. die -n, ein zubereitetes Bärenfell, wenn es als eine Decke gebraucht wird, besonders Koffer damit auf Reisen zu verwahren.


Bärenfang (W3) [Adelung]


Der Bärenfang, des -es, plur. die -fänge. 1) Ohne Plural, das Fangen eines Bären. 2) Am häufigsten ein Ort, in welchem sich die Bären fangen müssen, es mag nun solcher eine Grube, oder ein ummauerter und mit Fallthüren versehener Platz seyn. 3) Ein Ort, in welchem Bären aufbehalten und gefüttert werden.


Bärenführer (W3) [Adelung]


Der Bärenführer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Müßiggänger, welche mit ihren Tanzbären weit und breit herum ziehen. Sie sind meisten Theils Pohlen; viele derselben aber wohnen auch zu Jakobsstadt in Semgallen; Bärenleiter, Niedersächs. Bärentrekker und Bärenleiter.


Bärenfuß (W3) [Adelung]


Der Bärenfuß, des -es, plur. inusit. eine Äthiopische Pflanze, deren dicke und stachelige Blätter einige Ähnlichkeit mit einer Bärentatze haben; Arctopus, L.


Bärenhaut (W3) [Adelung]


Die Bärenhaut, plur. die -häute, die Haut von einem Bären. Auf der Bärenhaut liegen, figürlich, müßig seyn, sich durch Müßiggang verzehren.


Bärenhäuter (W3) [Adelung]


Der Bärenhäuter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schmähwort auf einen feigen, nichtswürdigen Menschen. Daher im gemeinen Leben die Bärenhäuterey, ein nichtswürdiges, feiges Betragen, und Bärenhäuterisch.

Anm. So natürlich es ist, dieses Wort aus der Redensart, auf der Bärenhaut liegen, herzuleiten, so gezwungene und wunderliche Ableitungen hat man doch davon gesucht. Der Gebrauch der Bärenhäute war bey der einfältigen genügsamen Lebensart unsrer Vorfahren bey ihnen häufiger als jetzt, wie schon aus dem Tacitus erhellet; und da die Feigheit und Unthätigkeit bey ihnen das größte Laster war, so hat man nachmahls einen jeden nichtswürdigen Menschen mit dem Nahmen eines Bärenhäuters beleget, welcher eigentlich einen Menschen bedeutet, der anstatt in den Krieg zu ziehen, seine Tage auf der Bärenhaut im Müßiggange verzehret. Bey dem du Fresne ist Bernarius ein Jagdbedienter, der die zur Bärenhatz nöthigen Bären und Hunde in seiner Aufsicht hatte.


Bärenhetze (W3) [Adelung]


Die Bärenhetze, plur. die -n, Oberdeutsch die Bärenhatz, die Hatz, oder das Hetzen eines oder mehrerer Bären zur Lust. S. Hatz.


Bärenhüter (W3) [Adelung]


Der Bärenhüter, des -s, plur. inusit. ein nördliches Gestirn hinter dem Schwanze des großen Bären, unter dessen Sternen der Arctur der größte ist; Arctophylax, Bootes.


Bärenkasten (W3) [Adelung]


Der Bärenkasten, des -s, plur. ut nom. sing. ein Behältniß, einen lebendigen Bären von einem Orte zum andern darin zu führen.


Bärenklau (W3) [Adelung]


Die Bärenklau, plur. inusit. ein Nahme, welcher zweyen von einander sehr verschiedenen Pflanzen gegeben wird. 1) Dem Acanthus, L. welche in den feuchten Gegenden Italiens zu Hause ist. S. du Fresne Glossar. v. Branca. 2) Dem Heracleum Sphondylium, L. welche überall in den Hainen wächset, und auch Bärwurz, Kälberkraut, Porst, und in Preußen Bartsch genannt wird. Beyde haben ihren Nahmen von einiger Ähnlichkeit ihrer Blätter mit einer Bärentatze.


Bärenkoth (W3) [Adelung]


Der Bärenkoth, des -es, plur. car. figürlich in den Schmelzhütten, das Unreine, welches bey dem Schmelzen des Silbers oben auf schwimmt, und nicht leicht herunter zu bringen ist.


Bärenkraut (W3) [Adelung]


Das Bärenkraut, des -es, plur. inusit. S. Königskerze.


Bärenmotte (W3) [Adelung]


Die Bärenmotte, plur. die -n, eine Art schwarzer oder brauner raucher Motten, daher sie einige Ähnlichkeit mit einem Bären haben; Phalaena Bombyx, L.


Bärenohr (W3) [Adelung]


Das Bärenohr, des -es, plur. inusit. eine Äthiopische Pflanze, Arctotis, L.


Bärenöhrlein (W3) [Adelung]


Das Bärenöhrlein, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welcher an einigen Orten den Aurikeln und ihren Blumen gegeben wird, von der Gestalt der Blumenblätter, welche einiger Maßen den Ohren eines Bären gleichen.


Bärenpfennig (W3) [Adelung]


Der Bärenpfennig, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welchen man im gemeinen Leben allen kleinen Münzsorten, die einen Bären im Gepräge haben, zu geben pflegt; z. B. den Berenburgischen, Berner, Appenzeller, St. Galler und andern Scheidemünzen.


Bärenraupe (W3) [Adelung]


Die Bärenraupe, plur. die -n, eine haarige braune Raupe, welche sich in der Erde verwandelt, einen schönen Nachtvogel gibt, und alles Grüne ohne Unterschied frißt. Im gemeinen Leben wird sie Hundespur genannt.


Bärenschlamm (W3) [Adelung]


Der Bärenschlamm, des -es, plur. von mehrern Arten, die -schlämme, in den Schmelzhütten, der Schlamm, der aus den naß gepochten Bären entstehet. S. Bär 2.


Bärentatze (W3) [Adelung]


Die Bärentatze, plur. die -n. 1) Eigentlich die Füße des Bären, welche bey den Jägern Tatzen, Pratzen oder Branten heißen. 2) Figürlich, dasjenige Kraut, welches man gemeiniglich Bärenklau nennet. S. dieses Wort.


Bärenthaler (W3) [Adelung]


Der Bärenthaler, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, ein Nahme der Berenburgischen Thaler, von dem darauf geprägten Bären.


Bärentraube (W3) [Adelung]


Die Bärentraube, plur. die -n, eine Pflanze, welche Linne zu dem Geschlechte des Erdbeerbaums, oder Arbutus rechnet, und sie Arbutus Uva ursi nennet. Sie wächset in den kältern Gegenden Europens, wo ihre rothe und mehlige Frucht eine angenehme Speise der Bären ist, und wird am häufigsten Sandbeere genannt.


Bärenwärter (W3) [Adelung]


Der Bärenwärter, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher in fürstlichen Jagdhäusern die Aufsicht über die Bären hat; der Bärmeister.


Baret (W3) [Adelung]


Baret, S. Barrett.


Barfenchel (W3) [Adelung]


Der Barfenchel, S. Bärwurz.


Barfrost (W3) [Adelung]


Der Barfrost, des -es, plur. die -fröste, in der Landwirthschaft so wohl Ober- als Niederdeutschlandes, ein Frost, welcher eintritt, ehe das Land mit Schnee bedeckt worden, der also den Acker bar, d. i. bloß, unbedeckt antrifft; auch Blachfrost. S. Bar, das Beywort. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist für Barfrost auch das Hauptwort die Bare üblich.


Barfuß (W3) [Adelung]


Barfuß, adv. mit bloßen unbekleideten Füßen. Barfuß gehen. Barfuß da stehen. Niedersächsisch barbeent, barfot und zusammen gezogen barft, Dän. barfoed, Schwed. barfotad.


Barfüßer (W3) [Adelung]


Der Barfüßer, des -s, plur. ut nom. sing. einer der barfuß gehet; besonders in der Römischen Kirche, einer von dem Orden des heil. Francisci, dessen Glieder mit unbekleideten Füßen gehen. Daher der Barfüßermönch, das Barfüßerkloster u. s. f. S. Bar, das Beywort. Dieses lautet eigentlich gedehnt, wie man es auch in Barfrost, und barfüßig, ausspricht. Allein in Barfuß, Barfüßer und barfüßig wird es gemeiniglich geschärft gesprochen.


Barfußig (W3) [Adelung]


Barfußig, adj. et adv. mit bloßen Füßen.


Barg (W3) [Adelung]


Der Barg, des -es, plur. die Bärge, in der Landwirthschaft, ein verschnittener Eber; Nieders. Borg, Borgswien, und in Pommern, Polk, Pork, Angels. Bearg. Barecho, kommt von einem verschnittenen Schweine schon in dem Salischen Gesetze vor, nur daß man es gemeiniglich Brarecho gedruckt findet. Wachter und Eckard behaupten, daß ein veraltetes Verbum bargen, schneiden, das Stammwort sey. Allein die Übereinstimmung mit dem Lat. Porcus ist zu groß, als daß man sie sollte verkennen können, obgleich dieses ein jedes Schwein bedeutet.


Barille (W3) [Adelung]


Die Barille, S. Amarelle 2.


Bärinn (W3) [Adelung]


Die Bärinn, plur. die -en, das Weibchen des Bären.


Bariton (W3) [Adelung]


Der Bariton, des -es, plur. inusit. in der Musik, eine Baßstimme, welche auch der hohe Baß, oder der tiefe Tenor genannt wird, weil derjenige, der sie singet, so wohl die Höhe des Tenors, als auch die Tiefe des Basses haben muß. Es ist aus dem Griech. und Lat. Barytonus; daher es eigentlich Baryton geschrieben werden sollte.


Barke (W3) [Adelung]


Die Barke, plur. die -n, ein kleines Lastschiff, welches gemeiniglich drey Masten führet und bis 200 Tonnen trägt. Ingleichen ein noch kleineres Fahrzeug ohne Mastkorb, große Schiffe in seichten Gewässern zu beladen, oder auszuladen. An einigen Orten werden endlich alle Schiffe, welche keinen Mastkorb haben, Barken genannt.

Anm. Der Nahme dieses Fahrzeuges ist alt und kommt schon in den Salischen Gesetzen vor; Barca wurde aber ehedem nur von einem Bothe gebraucht. In Bremen heißt es eine Barse;daher Barsemeister daselbst den Schiffer oder Herren einer solchen Barse bedeutet. Das Holländ. Baergie, das Dänische Barke, das Engl. Barge, Bark, das Franz. Barque, und das Ital. Barca, kommen dem Hochdeutschen näher. Die Abstammung dieses Wortes ist noch nicht ausgemacht. Das alte Verbum bären, tragen, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welches eine besondere Art Schiffe war, das Nieders. Barke, Birke, ingleichen das Niedersächsische Bark, Borke, welche im Engl. auch Bark heißet, das alte Bare, Welle, Fluth und andere mehr, haben Anspruch darauf gemacht. S. du Fresne v. Barca, und Barga.


Barkhalter (W3) [Adelung]


Der Barkhalter, des -s, plur. ut nom. sing. im Schiffsbaue, diejenigen dicken Breter, welche in der Länge um den Bauch des Schiffes gehen, und auf welche man bey dem Ein- und Aussteigen tritt. Das Wort ist Niedersächsisch, und lautet in dieser Mundart Bargholt und Borgholt, Holländ. Barkouten, daher man im Hochdeutschen auch Bargholz und Barkhölzer daraus gemacht hat. Die erste Hälfte ist vermuthlich das vorige Barke, welches hier ein jedes Schiff oder Fahrzeug zu bezeichnen scheinet.


Barköpfig (W3) [Adelung]


Barköpfig, adj. et adv. mit bloßem unbedeckten Kopfe, nur im gemeinen Leben. S. Bar das Adjectivum.


Bärlappen (W3) [Adelung]


Der Bärlappen, des -s, plur. inus. eine Moosart, welche in der Gestalt eines Strickes auf der Erde hin und wieder kriecht, und oft sechs oder mehr Ellen in der Länge hat. Wenn man den Blüthenstaub dieses Mooses in ein brennendes Licht bläset, so gibt er eine so starke Flamme wie Schießpulver von sich; Lycopodium, L. besonders das Lycopodium clavatum, L. Die Gestalt dieses Mooses und dessen Kräfte haben demselben allerley zum Theil wunderliche Nahmen zuwege gebracht. Um Zelle heißt es Krähenklauen; an andern Orten aber Santanne, Gürtelkraut, Johannisgürtel, Erdmoos, Haarschaar, Neunheil, Wolfsklau, Teufelsklau, Löwenfuß, Drudenfuß, Drudenkraut, Jungfernkraut, Weinkraut, weil man verdorbenen Wein damit zurecht bringen will, Kolbenmoos, Schlangenkraut, Erdschwefel u. s. f. Die letzte Hälfte ist unstreitig unser Lappen, vermuthlich wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt; daher die Schreibarten Bärlapp und Bärlappe irrig sind.


Bärlatsche (W3) [Adelung]


Die Bärlatsche, plur. die -n, in den gemeinen Sprecharten, eine Art raucher und warmer Schuhe und Quartier-Pantoffeln aus geflochtenen Kälberhaaren, von dem niedrigen Worte lätschen, träge und nachlässig einher gehen; weil man in diesen Schuhen wegen ihrer unförmlichen Gestalt einen solchen Gang hat.


Bärenmaus (W3) [Adelung]


Die "Bärenmaus", plur. die -mäuse, bey einigen ein Nahme des "Murmelthieres", weil es einige Ähnlichkeit, so wohl mit einem Bären, als einer Maus hat.


Bärme (W3) [Adelung]


Die Bärme, plur. car. 1) Der Schaum, welcher sich bey dem Einschenken auf dem Biere setzet; der Gäscht. 2) Die Hefen.

Anm. Dieses Wort lautet im Niedersächsischen der Barm, und in Franken der Barmen. Das Angels. Bearm, Engl. Barm, Dän. Bärme, Schwed. Berma, und Irländ. Borra, bedeuten gleichfalls Hefen. Ohne Zweifel stammet es von bären, heben, ab, so wie von dem letztern Zeitworte Hefen, und von levare, das Französ. levain, Sauerteig herkommen. Bärme bedeutet also so wohl dasjenige, was hebt, die eigentlich so genannten Hefen, als auch, was gehoben wird, d. i. den Schaum.


Barme (W3) [Adelung]


Die Barme, S. Barbe.


Bärmeister (W3) [Adelung]


Der Bärmeister, S. Bärenwärter.


Barmherzig (W3) [Adelung]


Barmherzig, -er, -ste, adj. et adv. 1) Mitleidig gegen niedrige Nothleidenden und Elende. Barmherzig seyn. Barmherzig gegen jemanden seyn. Barmherzige Brüder, oder die Barmherzigen, in der Römischen Kirche, gewisse Ordensleute, welche sich außer den drey gewöhnlichen Gelübden auch zur War- tung der Kranken verpflichten müssen. Der Stifter ihres Ordens hieß Jean de Dieu. 2) Erbärmlich, Barmherzigkeit verdienend, gemeiniglich nur im vertraulichen Scherze. Er steht seyn barmherzig aus. Ein barmherziger Reiter. Da geht er, der barmherzige Schlucker, Less.

Anm. Nieders. barmhartig, Angels. earmheort, Schwed. barmhertig, Dän. barmhiertig, bey den Franken und Alemannen armherze. Man hat sich über die Abstammung der ersten Hälfte dieses Wortes lange nicht vergleichen können. Einige haben es von dem alten Barm, der Schooß, andere von einem erdichteten Beyworte barm, klein, andere von warm, und noch andere endlich von arm, welches ehedem gnädig, gütig, bedeutet haben soll, hergeleitet. S. Schilters, Wachters und Ihres Gloss. und Frischens Wörterb. Niemand hat bemerket, daß barmherzig, eine bloß buchstäbliche Übersetzung des Lateinischen misericors ist. Die Deutsche Sprache war, so wie alle Sprachen in ihrer rohen Kindheit, an Wörtern, welche moralische Gegenstände bezeichnen, sehr arm. Die ersten christlichen Lehrer suchten sich daher mit buchstäblichen Übersetzungen der Lateinischen Ausdrücke zu helfen, welche zwar oft sehr ungeschickt geriethen, aber doch die Sprache nach und nach sehr bereichert haben, wie aus hundert Beyspielen gezeiget werden könnte. Das Wort barmherzig ist gleichfalls eine solche verunglückte Übersetzung. Weil miser im Deutschen arm bedeutet, so übersetzten sie misereri durch armen, misericors durch armaherzi, und misericordia durch armaherzide. Diese Wörter kommen so wohl bey dem Ulphilas, als bey dem Kero, dem ältesten Deutschen Schriftsteller vor, der in dergleichen ungeschickten Übersetzungen besonders glücklich ist. Patiens et multum misericors heißt bey dem Notker, gedultiger unde ioh filo arme herzen. Die spätern Alemannen setzten vor armen, misereri, die Vorsylbe be, welche nachmahls mit dem a zusammen floß, und auch dem armherzig vorgesetzet wurde, so daß barmen, für bearmen, und barmherzig daraus entstand. S. auch Erbarmen.


Barmherzigkeit (W3) [Adelung]


Die Barmherzigkeit, plur. car. die Fertigkeit, Mitleiden gegen niedere Elende, Güte gegen niedere Nothleidende zu empfinden, und zuweilen auch diese Empfindung selbst. Jemanden um Barmherzigkeit anflehen. Jemanden Barmherzigkeit widerfahren lassen. Einem Barmherzigkeit erweisen. Barmherzigkeit bey jemanden finden.

Anm. Die Redensarten, Barmherzigkeit zu einem neigen, einem Barmherzigkeit halten, Barmherzigkeit an jemanden thun, Barmherzigkeit überkommen u. s. f. sind bloß biblisch. Bey dem Ulphilas lautet dieses Hauptwort Armahirthita, bey dem Kero Armiherzida, bey dem Isidor und Notker Armherzi, Erbarmherzi, bey dem Winsbeck Barmekeit und Erbarmekeit. S. das vorige.


Bärmuff (W3) [Adelung]


Der Bärmuff, des -es, plur. die -müffe, ein Muff von Bärenfell für Mannspersonen.


Bärmutter (W3) [Adelung]


Die Bärmutter, plur. die -mütter, ein hohler Theil in dem untern Schmerbauche des weiblichen Geschlechtes, worin die Frucht empfangen und bis zur Geburt getragen wird; auch nur schlechthin die Mutter. Es stammen von dem alten bären, tragen, nicht aber von gebären ab, daher die Benennung Gebärmutter unrichtig ist. S. dieses Wort und Mutter.


Barn (W3) [Adelung]


Der Barn, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden besonders Oberdeutschlandes, 1) ein langer ausgehöhlter Futtertrog für das Vieh, eine Krippe. 2) Die halb vermachten Seiten in den Scheuern, in welchen das Getreide verwahret wird, die Bansen, in welcher Bedeutung man es an einigen Orten auch Baarn spricht. 3) Ein Netz, in welcher Bedeutung es im gemeinen Leben auch Bärn und Beeren gesprochen wird. S. Fischbärn.

Anm. Frisch leitet Barn in der ersten Bedeutung von Barre her, weil die Barne, Krippen und Raufen aus Stangen und Querhölzern bestehen. Alles das gilt nur von den Raufen, die von den Krippen weit unterschieden sind. Er selbst führet das alte Vocabular. von 1482 an, worin Barn oder Parn von einem, jeden Troge, besonders aber von einem Backtroge gebraucht wird. In der zweyten Bedeutung kommt Barn mit dem Angels. Bern und Engl, Barn, eine Scheuer überein. S. Banse.


Barnabit (W3) [Adelung]


Der Barnabit, des -en, plur. die -en, gewisse Mönche in der Römischen Kirche, welche 1533 von Anton Maria Zacharia gestiftet worden, und ihren Nahmen von der Kirche des heiligen Barnabas zu Mailand haben. Sie gehen schwarz, und haben die Kleidung beybehalten, welche die Priester zur Zeit ihrer Stiftung trugen.


Barnbeißer (W3) [Adelung]


* Der Barnbeißer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Pferd, welches bey dem Treffen in den Barn, oder die Krippe beißet, oder vielmehr bey dem Niederschlucken der Speise und dem Athemhohlen die Zähne auf die Krippe setzet und bey jedem Schlucke grolzet; ein Barngrolzer, und nach einer verderbten Aussprache Bärenbeißer, Bärengrolzer, noch häufiger aber Krippenbeißer, Krippensetzer.


Barometer (W3) [Adelung]


Das Barometer, des -s, plur. ut nom. sing. aus dem Griech. und Lat. Barometrum, ein Werkzeug, die Schwere der Luft und deren Veränderungen zu bestimmen, welches Torricelli 1643 erfand, und damit die ganze scholastische Physik stürzte; der Schwermesser, im gemeinen Leben das Wetterglas, welche letztere Benennung aber auch das Thermometer oder den Wärmmesser mit unter sich begreift.


Baron (W3) [Adelung]


1. Der Baron, des -s, plur. die -s, oder -e, ein Ausdruck, welcher einen Freyherren bedeutet, d. i. einen von Adel, welcher in der Würde unmittelbar nach den Grafen folget. Obgleich dieses Wort ein altes, wo nicht Deutsches doch wenigsten Gallisches Wort ist, so zeiget doch die Endsylbe, daß wir es zunächst von den Franzosen angenommen haben, daher es auch wohl den Französischen Plural behält. Man hat allerley weit hergehohlte Ableitungen dieses Wortes versucht; indem einige es von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, schwer, andere von dem Nordischen bardas oder barjas, streiten, andere von wehren, vertheidigen, noch andere von dem alten Barn, ein Kind, wiederum andere von bar, frey, abstammen lassen. Diese letzte Ableitung würde noch die wahrscheinlichste seyn, wenn man nicht das alte Substantivum Bar hätte, welches fast in allen abendländischen und mitternächtigen Sprachen angetroffen wird, und uns weit näher zum Ziele führet. Dieses Bar bedeutete, 1) eine Person männlichen Geschlechtes, in welcher Bedeutung Barus und Baro, in den Salischen und andern alten Gesetzen häufig vorkommen, S. Wachters Gloss. v. Bar; S. auch Wärwolf. 2) Einen Ehemann, in welcher Bedeutung dieses Wort noch hin und wieder in England und Frankreich vorkommt. In der Picardie nennen die Weiber ihre Männer Barons, und in den Normannischen Gesetzen heißen Mann und Frau Baron und Baronne. 3) Einen Vasallen höherer Art, der unmittelbare Lehen von dem Reiche besaß. In dieser Bedeutung wurde es zuweilen auch gebraucht, den gesammten Adel, in Rücksicht auf seine Lehensverbindung zu bezeichnen, so wie man auf gleiche Art das Wort Mann, und im Plural Manne gebrauchte. Die eigentlichen alten Barone nahmen nach und nach den gräflichen Titel an, der auch wohl solchen beygeleget wird, die gar keine Güter, geschweige unmittelbare Reichslehen besitzen. S. auch du Fresne Gloss. v. Baro. Unter den Krimmischen Tartarn ist Baron Mursa die zweyte Classe des Adels. Die erste heißt Schyrin Mursa, die dritte Monsur Mursa, und die vierte Sutschuwud Mursa.


Baron (W3) [Adelung]


2. Der Baron, des -es, plur. die -e, eine Art Pflöcke, womit die Saiten auf der Harfe in dem Boden befestiget werden. Dieses Wort stammet ohne Zweifel von dem Worte Barre ab, welches ehedem nicht nur einen Riegel, sondern auch einen jeden Pflock bedeutet. S. Barre.


Baronesse (W3) [Adelung]


Die Baronesse, plur. die -n, eine mit der freyherrlichen Würde bekleidete Person weiblichen Geschlechtes; eine Freyinn, Freyfrau, Freyherrinn, Freyfräulein; von dem Altfranz. Baronnesse, wofür die heutigen Franzosen lieber Baronne sagen. Im gemeinen Leben gebraucht man dafür oft Baroninn.


Baronie (W3) [Adelung]


Die Baronie, oder Baroney, plur. die -en, eine Freyherrschaft, welche in der Würde unmittelbar auf die Grafschaften folget, und eigentlich unmittelbar von dem Reiche zu Lehen gehen sollte; von dem Franz. Baronnie.


Bärpfeife (W3) [Adelung]


Die Bärpfeife, plur. die -n, in den Orgeln, ein tief brummendes Schnarrwerk, welches 16 bis 18 Fuß Ton hat; entweder, weil es das Brummen der Bären nachahmet, oder von baren, brummen.


Barrake (W3) [Adelung]


Die Barrake, plur. die -n, aus dem Franz. Barraque, und dieß aus dem Spanischen Barracca, eine kleine Hütte für Fischer an der Küste, oder auch für Soldaten in Felde. In weiterm Verstande werden auch die kleinen Häuser für die Soldaten in der Garnison Barraken genannt. S. Barake.


Bärraupe (W3) [Adelung]


Bärraupe, S. Bärenraupe.


Barre (W3) [Adelung]


Die Barre, plur. die -n, oder der Barren, des -s, plur. ut nom. sing. ein größten Theils veraltetes Wort, welches eigentlich einen langen aber schmalen und dünnen Körper bedeutet, und ehedem so wohl von Pfählen, als Stangen, Riegeln, Schlagbäumen u. s. f. gebraucht wurde. Heut zu Tage kommt es nur noch in dem Ausdrucke eine Silberbarre, oder ein Silberbarren vor, worunter man in den Münzen ein langes dickes Stück gegossenen Silbers verstehet; zum Unterschiede von dem schmalern und dünnern Zaine. Daher der Barreneinguß, eine eiserne Form, die größten Silberbarren darein zu gießen. In den Niedersächsischen Handelsstädten nennet man eine Stange rohes Fischbeines auch noch eine Bare, oder Barte, welches gleichfalls dieses Wort zu seyn scheinet, S. Barte. In der Seefahrt ist eine Barre, eine Sandbank oder Reihe. Klippen vor einem Hafen oder Flusse, welche bey niedrigem Wasser das Einlaufen hindert; Franz. Barre, Engl. Bar.

Anm. Vitruv gebraucht Vara von einem Pfahle, oder einer Stange. Barri und Barra kommen in dem mittlern Lateine häufig vor, S. du Fresne Glossar. Einige leiten es von baren, heben, her, weil dergleichen Stangen unter andern auch zum Heben gebraucht werden; andere von dem Hebr. Beriah, ein Hebel. Barre, Barriere, Barriage, Barreau u. s. f. sind am Französischen noch von einem häufigen Gebrauche. Das Span. Barra und Engl. Bar, bedeutet gleichfalls eine Stange. S. auch Sparre, 2 Baron und Pferch.


Barrett (W3) [Adelung]


Das Barrett, des -es, plur. die -e, ein ziemlich selten gewordener Nahme einer veralteten Kopfzierde, oder Art von Hüten, welche unten einen breiten halben Rand hatte. Ingleichen ein viereckter Hut von Sammet oder Tuch, welcher den Doctoren ausgesetzet wird, und in der Römischen Kirche noch bey einigen Geistlichen üblich ist.

Anm. Barrett, Franz. Barrete, Ital. Barretta. Bareta, im mittlern Lateine Barretum, Birretum, war anfänglich eine Art enger Mützen, welche nur die Päpste trugen. Nachmahls bekamen allerley Arten der Kopftrachten, welche keine Hüte waren, diesen Nahmen. In Oberschwaben ist Barrett noch jetzt die Haupt-decke der Jungfern bey Hochzeiten. Wachter leitet dieses Wort von bären, tragen, her, weil das Barrett auf dem Kopfe getragen wird, Frisch aber von bereiten. Allein so machten die alten Deutschen ihre Ableitungen nicht, und schon der Klang des Wortes verräth dessen ausländischen Ursprung. Vermuthlich haben wir es aus Italien bekommen, weil diese Tracht und ihr Nahme in diesem Lande jederzeit am üblichsten gewesen, und es noch ist. Die Mützen so wohl der Edlen zu Venedig, als auch der Cardinäle werden Barrette, oder Berrette genannt. Und da kann man es mit du Fresne immer als das Diminutivum von Birrus ansehen, oder es zum mittlern Latein. Barda, eine Decke, Franz. Barde, eine Decke, barder, decken, bedecken, pflas=tern u. s. f. rechnen.


Barrett-Krämer (W3) [Adelung]


Der Barrett-Krämer, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, z. B. in Leipzig, eine Art kramender Handwerker, welche anfänglich vermuthlich nichts als Barrette machten und verkauften; jetzt aber zugleich Kürschner oder Rauchmützenmacher sind, und auch mit wollenen Stümpfen, Handschuhen u. s. f. handeln.


Bars (W3) [Adelung]


Der Bars, oder Barsch, ein Fisch, S. Börs.


Bär-Sanikel (W3) [Adelung]


Der Bär-Sanikel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, der in einigen Gegenden Oberdeutschlandes den Aurikeln gegeben wird.


Barsch (W3) [Adelung]


* Barsch, -er, -este, adj. et adv. welches eigentlich ein Niedersächsisches Provinzial-Wort ist, rauh, hart, von Gegenständen des Gefühls und Geschmackes. Die Wolle ist barsch. Das Tuch fühlet sich barsch an. Der Wein hat einen barschen (herben) Geschmack. Figürlich, unfreundlich, mürrisch, rauh. Das Tyrannenvolk, das barsch vom Thron gebeut, Göckingk.


Barschaft (W3) [Adelung]


Die Barschaft, plur. die -en, bares Geld, am häufigsten im Plural. Er hatte viele Barschaften bey sich. Die Barschaft, die zu sehr an kargen Fäusten klebt, Nur ihrem Hüther lacht, der stets nach mehrern strebt, Haged.

Anm. Was man heut zu Tage unter dem Nahmen Barschaft begreift, nannte man ehedem Reidengüter, d. i. Güter, die bereit liegen, die man gleich haben kann, weil bereit auch für bar üblich war. S. Bar, das Adjectivum.


Bart (W3) [Adelung]


Der Bart, des -es, plur. die Bärte, Diminutivum das Bärtchen, im Oberdeutschen das Bärtlein. 1. Die Haare am Kinne und über den Lefzen der Männer und gewisser Thiere. Den Bart scheren, abscheren, abnehmen. Sich den Bart putzen. Es in seinem Bart hinein lügen, im gemeinen Leben figürlich, auf eine unverschämte Art lügen; vermuthlich von der alten Gewohnheit bey seinem Barte zu schwören. Etwas in den Bart hinein murmeln, leise. Um des Kaisers Bart streiten, um eine Sache streiten, woran man kein Recht hat, noch haben kann; wofür die Franzosen sagen, se debattre de la chape a l'Eveque, über des Kaisers Bart streiten, über eine unbedeutende, unerhebliche Sache. Vermuthlich von dem Barte Kaiser Carls des Großen, über dessen Beschaffenheit ehedem viel gestritten wurde. In weitere Bedeutungen, doch nur in niedrigen Ausdrücken, wird nicht allein das Kinn, sondern auch das Gesicht unter diesem Ausdrucke verstanden. Einem etwas in den Bart sagen, es ihm ungescheut unter die Augen sagen. Ingleichen die ganze Person, in einigen zusammen gesetzten verächtlichen Ausdrücken, z. B. ein Graubart.2. Figürlich von einiger Ähnlichkeit. 1) In den Schlüsseln der unten an der Röhre befindliche hervor ragende Theil, welcher eigentlich das Schließen verrichtet, und auch der Kamm heißet. 2) An den Austern der so genannte Schweif, der das zarte Fleisch umgibt. 3) An dem schwarzen Wildbrete wird der Rüssel von den Jägern auch der Bart, oder das Gebreche genannt. 4) An den zinnernen Orgelpfeifen sind es zwey Stücke zinnernes Blech, womit sie gestimmet werden. 5) Die Läppchen am Halse eines Hahnes. 6) In der Kräuterkunde das unterste Blatt an den helmförmigen Blumen, welches allezeit drey Einschnitte hat. 7) Lange Grannen an einigen Getreidearten, z. B. der Gerste. S. auch Bartgerste und Barthafer. 8) An den Kometen, diejenigen Strahlen, die der Komet nach der Seite des Himmels wirft, wohin seine Bewegung ihn zu tragen scheinet, im Gegensatze des Schweifes. 9) Der Gang setzt einen Bart, sagen die Bergleute, wenn er in der Sicherung Erz oder Steine führet. 10) In dem Bergbaue ist der Bart ein Holz mit halb abgeschnitzten Spänen, das Feuer in der Grube damit anzuzünden; ingleichen, 11) ein Holz, welches die Stürzer an die Tonne befestigen, denen so unten sind, ein Zeichen damit zu geben. Dagegen man 12) in den Schmelzhütten das gepochte Erz, welches im Waschtroge sitzen bleiben, einen Bart zu nennen pfleget; und so in andern Fällen Mehr.

Anm. Bart kommt mit Barba genau überein. Bey den Wallisern lautet dieses Wort Barf, im Engl. Barb und Beart, in der Crimm Bars und Barda. Die Slavonischen Mundarten versetzen das t; daher heißt der Bart bey den Krainern, Böhmen und Russen Brada. Wachter glaubt, daß das alte Bar, ein Mann, oder baren, zeigen, das Stammwort sey; allein sollte angeben können. Sonst könnte man noch auf Borst rathen. S. dieses Wort.


Bartbeißker (W3) [Adelung]


Der Bartbeißker, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, ein Beißker, d. i. eine Art Lampreten, von mittlerer Größe, welche mit einem Barte versehen ist.


Barte (W3) [Adelung]


1. Die Barte, plur. die -n, hornartige Körper in einigen Wallfischarten, die ihnen statt der Zähne dienen, in der obern Kinnlade fest sitzen, und in eine in der untern Kinnlade befindliche Vertiefung passen. Das so genannte Fischbein wird aus diesen Barten gespalten, die bey den jungen Wallfischen blau, bey alten braun und schwarz, bey den Finnfischen aber gelb gestreift aussehen.

Anm. Die weichere Niedersächsische Mundart spricht dieses Wort gemeiniglich Bare aus. Da dieses Barten inwendig mit Fäden, wie Schweinsborsten, versehen und rauch sind, so könnte man glauben, daß sie so viel als bar, Bärte bedeutet sollten. Allein es scheinet vielmehr, daß dieses Wort zu Barre gehöret, weil die rohen unzubereiteten Barten den Barren nicht unähnlich sehen.


Barte (W3) [Adelung]


2. Die Barte, plur. die -n, ein breites Beil, Breitbeil, dergleichen z. B. die Fleischer und Bergleute führen. S. Bergbarte. In Thüringen heißt ein jedes Beil, welches man in der Haushaltung gebraucht, eine Barte. Und zerhauen alle seine Tafelwerke mit Beil und Barten, Ps. 74, 6; und nach Opitzens Übersetzung. Wie viel sie da mit Beil und Barten fällen.

Anm. In der weichern Niederdeutschen und den damit verwandten Mundarten Barde, Bare, Schwed. Bard, bey dem Notker hingegen Parta. Es scheinet von dem alten bartan, bardan, schlagen, hauen, abzustammen, indem dieses Wort ehedem vorzüglich von einer Streitart, oder einem so genannten Fausthammer gebraucht wurde, welcher hinten mit einem breiten Beile versehen war. S. auch Hellebarte und Partisane. Das gedehnte a in diesem und dem vorher gehenden Worte ist ein Beweis, daß die Wurzel bar oder baren gelautet, und daß das t ein bloßer Ableitungslaut ist. In Hellebarte und Partisane hingegen wird das a gemeiniglich geschärft.


Bärteisen (W3) [Adelung]


Das Bärteisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Eisen, womit der Bart der Männer gekräuselt wird.


Bärteln (W3) [Adelung]


Bärteln, verb. reg. act. bey den Tuchscherern, das Tuch zum ersten Mahle, oder zu halben Haaren scheren, wodurch die Wolle gleichsam das Ansehen eines Bartes bekommt. S. Ausscheren.


Bartfaden (W3) [Adelung]


Der Bartfaden, des -s, plur. die -fäden, an den Lippen mancher Fische, einem Faden, oder starken Haaren ähnliche Auswüchse, die so wie eine Röhre inwendig hohl sind; oft auch nur der Bart.


Bartfisch (W3) [Adelung]


Der Bartfisch, des -es, plur. die -e, eine Art Wallfische um Grönland, welche keine Floßfedern auf dem Rücken neben dem Schwanze, wie der Finnfisch hat, und mit einer dicken schwarzen, weiß marmorirten Haut bedecket ist. Der Kopf macht das Drittheil des ganzen Körpers aus. Er hat keine Zähne, sondern Barten, wovon er auch den Nahmen hat; Cyclopterus Liparis, L.


Bartfliege (W3) [Adelung]


Die Bartfliege, plur. die -n, eine der größten Fliegenarten unserer Gegend, mit einem ovalen wolligen Körper und Haaren an den Spitzen der Fühlhörner, welche einem Barte gleichen; Musca mystacea, L.


Bartgerste (W3) [Adelung]


Die Bartgerste, plur. inusit. eine Art Gerste mit zwey unbewehrten männlichen Blüthen, welche auf beyden Seiten der fruchtbaren Zwitterblüthe stehen, und weit von dem Halme abstehenden Samen; Reißgerste, Hordeum Zeocriton, L. Sie wird in England und Frankreich häufig, in Deutschland aber nur sparsam gebauet. Den Nahmen hat sie ohne Zweifel von den langen, spitzigen, von einander stehenden Grannen.


Bartgras (W3) [Adelung]


Das Bartgras, des -es, plur. inus. eine Grasart; Andropogon, L. besonders aber das Andropogon Ischoemum, und das Andropogon Schoenanthus, welches auch Kamehlheu und Kamehlstroh genannt wird.


Bartgründel (W3) [Adelung]


Der Bartgründel, S. Bachkresse und Gründling.


Barthaar (W3) [Adelung]


Das Barthaar, des -es, plur. die -e, diejenigen Haare, welche den Bart an Menschen und Thieren bilden.


Barthafer (W3) [Adelung]


Der Barthafer, des -s, plur. inusit. eine Art rauchen Hafers mit kleinen, grauen, spitzigen Körnern, welcher auch Schwarzhafer oder Rauchhafer genannt, und als eine Ausartung des glatten grauen Hafers in magern Boden angesehen wird.


Barthe (W3) [Adelung]


Die Barthe, S. Barte.


Barthel (W3) [Adelung]


Barthel, der verkürzte Nahme Bartholomäus, der im Nieders. auch Meves lautet. Er weiß, wo Barthel Most hohlt, im gemeinen Leben, er weiß mehr davon, als man glaubt, er weiß alle Schliche; vielleicht, muthmaßet Frisch, weil bald nach Bartholomäi der Most anfängt zu reifen.


Bärtig (W3) [Adelung]


Bärtig, -er, -ste, adj. et adv. mit einem Barte versehen. Du wirst eine Anzahl bärtiger und tapferer Männer anführen. Der bärt'ge Zeus ersah die Freude Und des vergnügten Flüchtlings Glück, Haged.


Bartisane (W3) [Adelung]


Bartisane, S. Partisane.


Bartkarpfen (W3) [Adelung]


Der Bartkarpfen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Karpfen mit Bartfäden.


Bartklappe (W3) [Adelung]


Die Bartklappe, plur. die -n, bey den Schlössern, eine Art Zange mit einer Schraube, deren Mäuler durch eine Feder zusammen gedrücket werden, und mit welcher man den Bart der Schlüssel in dem Schraubstocke hält.


Bartläppchen (W3) [Adelung]


Das Bartläppchen, des -s, plur. ut nom. sing. die unter dem Schnabel herab hangende Haut an dem Hühnerviehe.


Bartlos (W3) [Adelung]


Bartlos, adj. die -n, unbärtig, des Bartes beraubt.


Bartnelke (W3) [Adelung]


Die Bartnelke, plur. die -n, eine Art Nelken mit gehäuften, bündelweise zusammen gesetzten Blumen, mit eyrunden, pfriemenförmigen Kelchschuppen und lanzettförmigen Blättern. Einige lange Blätter stehen seitwärts heraus und bilden gleichsam einen Bart; Dianthus barbatus, L. Bartnägelein, Karthäusernelke.


Bartmoos (W3) [Adelung]


Das Bartmoos, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e. 1) Eine Art Mooses mit einer eyrunden Kapsel, welche an ihrer Mündung mit steifen Borsten eingefasset ist; Phascum, L. 2) Auch eine Art des Korallen-Mooses.


Bartneige (W3) [Adelung]


+ Die Bartneige, plur. die -n, in den niedrigen Sprecharten, die Neige, d. i. der Überrest, welchen man von einem Trunke in dem Glase oder Kruge zurück lässet.


Bartnuß (W3) [Adelung]


Die "Bartnuß", plur. die "Bartnüsse", ein Nahme der langen rothschäligen Haselnüsse, und besonders der "Lombards-Nüsse" unter ihnen, weil die lange hervor ragende grüne Schale einem Barte nicht unähnlich siehet; die "Blutnuß", "Zeller-Nuß", "Lamperts-Nuß".


Bartplanke (W3) [Adelung]


Die Bartplanke, plur. die -n, im Wasserbaue, dicke Bohlen, die Schleusenkammern und Häupter im Grunde damit einzufassen, damit das Wasser den Boden nicht unterwühlen könne; vermuthlich verderbt für Bortplanke.


Bartputzer (W3) [Adelung]


+ Der Bartputzer, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, so wie Bartscherer, eine verächtliche Benennung eines Barbiers.


Bartsch (W3) [Adelung]


Bartsch, S. Bärenklau 2.


Bärtschwamm (W3) [Adelung]


Der Bärtschwamm, des -es, plur. die -schwämme, eine Art Schwämme, die ihren Samen in bärtigen Büscheln tragen, und welche Linne Hydna nennet; Stachelschwamm, weil der Hut mit Stacheln versehen ist.


Bartseife (W3) [Adelung]


Die Bartseife, plur. car. Seife, welche bey dem Barbieren oder Abnehmen des Bartes gebraucht wird.


Bartwachs (W3) [Adelung]


Das Bartwachs, des -es, plur. car. ein zubereitetes Wachs, die Stutzbärte damit zu wichsen.


Barutsche (W3) [Adelung]


Die "Barutsche", plur. die -n, ein vornehmlich in Österreich übliches Wort, eine "Halb-Chaise" zu bezeichnen. "Baroccia", "Barrotum", "Barrota", "Barrotium" kommen bey dem du Fresne und Carpentier, theils von einem jeden Wagen, theils von einer besondern Art Wagen vor; vermuthlich von dem alten Römischen "Birota" und "Birotum", welche ein zweyräderiges Fuhrwerk war.


Bärwinkel (W3) [Adelung]


Der Bärwinkel, des -s, plur. inusit. ein Nahme, welcher in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden dem Sinngrüne oder Durchwachs gegeben wird, und aus dem Barbarisch-Lateinischen Pervinca verderbt ist, welchen Nahmen man, dem Lobinell zu Folge, dieser Pflanze um deßwillen gegeben, weil sie das Blut stillet, und gleichsam überwindet. Frisch glaubet hingegen, daß der Lateinische Nahme nach dem Deutschen gemacht sey, den diese Pflanze wegen ihrer Wirkungen in Zufällen der Bärmutter bekommen habe. S. Durchwachs und Sinngrün. Im Angels. heißt diese Pflanze gleichfalls Pervinc, im Engl. Perwinkle, im Böhmischen Barwinck, und im Deutschen zuweilen Bärwinde.


Bärwolf (W3) [Adelung]


Der Bärwolf, S. Wärwolf.


Bärwurz (W3) [Adelung]


Die Bärwurz, plur. inusit. ein Nahme, welcher im gemeinen Leben mehreren von einander verschiedenen Pflanzen gegeben wird. 1) Der Bärenklau, Heracleum Sphondylium, L. S. dieses Wort. 2) Dem Bärwinkel, Vinca, L. S. Sinngrünn, Durchwachs. 3) Dem Haarstrang, oder Roßkümmel, Peucedanum, L. der auch Saufenchel, Bärfenchel, Bärdill, genannt wird. 4) Dem Athamantha Meum, L. welches haarförmige Blättchen, und glatten gestreiften Samen hat, und auf den Gebirgen Italiens, der Schweiz und Thüringens wächset. Es scheinet, daß in einigen dieser Nahmen die erste Sylbe nicht so wohl von Bär, ursus, herkomme, sondern von den Wirkungen, welche man diesen Pflanzen in Zufällen der Bärmutter zugeschrieben, herrühre. Das Peucedanum wird in einigen Mundarten auch Burtillen, Bartillen genannt, welches wohl so viel als Bauerdill heißen soll.


Bärzeit (W3) [Adelung]


Die Bärzeit, plur. die -en, bey den Jägern die Brunstzeit der Bären. S. Bären, das Verbum.


Barzen (W3) [Adelung]


* Barzen, verb. reg. recipr. welches im Hochdeutschen größten Theils veraltet, und nur noch im Oberdeutschen üblich ist. Es ist das Frequentativum von berden, geberden, und bedeutet, allerley Geberden machen. Das Pferd barzet sich, brüstet sich. Das Kind barzet sich, wenn man es wickelt, es sperret sich.


Bas (W3) [Adelung]


Bas, S. Baß, für besser.


Basalt (W3) [Adelung]


Der Basalt, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, eine thonartige, schwere, harte, glänzende Bergart, welche sich in vier- bis achteckiger Figur krystallisiret, und Säulen ausmacht, welche anderthalb Fuß dick und zwölf bis vierzehn Fuß hoch sind, uns alsdann Basalt-Säulen heißen. Er gleicht einer Eisenschlacke, ist etwas durchsichtig, und von Farbe schwarz, braun, oder grün; Basaltes, bey dem Plinius. Er soll den Nahmen von dem Äthiopischen Worte Basal, Eisen haben, weil er sehr eisenschüssig ist, und in Äthiopien häufig gefunden wird. Diese Ableitung ist wenigstens wahrscheinlicher als Herrn Henkels seine, der ihn von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - herleitet, weil er gemeiniglich zu Probiersteinen gebraucht wird. Indessen nennet Isidor B. 16. Orig. Kap. ihn wirklich Basanites, erkläret ihn aber, durch genus marmoris ferrei coloris siue duritia, unde et nomen ei datum est. Invenitur in Aegypto et Aethiopia. Heut zu Tage findet man dieses Steinart häufig genug in Frankreich, Schweden, Sachsen, Böhmen u. s. f. wo er auch Säulenstein, Eisenmarmor, und von dem Gebrauche Probierstein und Strichstein genannt wird. In der Gegend der Stadt Unkel im Cölnischen, wo er sehr häufig ist, wird er Unkel-Stein, so wie in Meißen von der Stadt Stolpen, Stolpischer Stein genannt.


Basalt-Fels (W3) [Adelung]


Der Basalt-Fels, des -en, plur. die -en, ein Fels, welcher aus Basalt mit vielen groben Einmischungen bestehet, dergleichen Basalt man Fels-Basalt zu nennen pflegt.


Basalt-Glimmer (W3) [Adelung]


Der Basalt-Glimmer, des -s, plur. inus. eine Glimmerart, welche aus kleinen kaum zu unterscheidenden basaltartigen Säulen bestehet, und eigentlich ein Schörl ist, daher er auch Schörlglimmer genannt wird.


Basalt-Kugel (W3) [Adelung]


Die Basalt-Kugel, plur. die -n, eine Art eyförmiger Steine von Basalt-Masse, von verschiedener Größe, welche im gemeinen Leben wegen einiger Ähnlichkeit Zwiebelsteine genannt werden.


Baschen (W3) [Adelung]


Baschen, S. Paschen.1.


Base (W3) [Adelung]


Die Base, plur. die -n, der Grund, worauf etwas ruhet, die Unterlage, Grundlage; ohne Noth aus dem Latein. Basis.2.


Base (W3) [Adelung]


Die Base, plur. die -n, Diminutivum Bäschen, und im Oberdeutschen Bäselein, Bäsel. 1) Des Vaters oder der Mutter Schwester, 3 Mos. 18, 14, 2) Im gemeinen Leben, in weiterer Bedeutung auch eine jede Verwandte. 3) Unter dem Adel, besonders dem Oberdeutschen, ist es ein Ehren- und Freundschaftswort, welches auch solchen adeligen Personen weiblichen Geschlechtes gegeben wird, mit denen man gar nicht verwandt ist.

Anm. Dieses Wort ist am häufigsten im Oberdeutschen üblich. Die Hochdeutschen und Oberdeutschen sagen dafür lieber Muhme. Indessen sind Wase, und die Diminutiva Waseke, und Wäsche auch in Niedersachsen üblich. In Bremen sagte man für Wase ehedem Vade und bezeichnete dadurch bloß des Vaters Schwester, so wie Mödder von der Mutter Schwester gebraucht wurde. Frisch hat den wunderlichen Einfall, dieses Wort komme von baß. her, und bedeute so viel als Baßverwandte. Wachters Ableitung von wetten, verbinden, ist wenig besser. Das sicherste ist, daß man seine Unwissenheit bekennet, welches Schande ist. Festus versichert, daß Pusa schon bey den alten Lateinern eine Freundinn, Verwandte, bedeutet habe. Im Schwedischen ist Pusa, eine Ehe- gattinn, welches Wort Ihre für ein ausländisches hält, welches mit dem Franz. Epouse, Span. Esposa, Ital. Sposa, Engl. Spouse, von dem Latein. Sponsa herkomme. In Boxhorns Glossen wird Pasa durch amita erkläret. Bäs, bedeutete, dem Schilter zu Folge, einen Freund, und im Angelsächsischen ist Fatha des Vaters Schwester, welches mit dem vorhin gedachten veralteten Bremischen Vade genau überein kommt. Übrigens wird dieses Wort, auch Wase geschrieben und gesprochen.


Basilisk (W3) [Adelung]


Der Basilisk, des -en, plur. die -en. 1) Eine Art gelber sehr giftiger Schlangen, welche am häufigsten in Afrika gefunden wird. Sie hat drey hell glänzende weiße Flecken auf dem Kopfe, welche einiger Maßen das Ansehen einer Krone haben, daher schon die Alten sie für den König der Schlangen gehalten, und ihr den Nahmen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - gegeben haben. Allein schon die Alten haben die Naturgeschichte dieses Thieres mit so vielen Fabeln entstellet, daß von demselben fast nichts mehr als ein Hirngespinst übrig geblieben ist. Eine der vornehmsten Erdichtungen war, daß es aus dem Eye eines alten Hahnes geboren würde, daher der Basilisk im Englischen noch jetzt Cockatrice, und im Französ. Coquatris genannt wird, von Cock, ein Hahn, und Otter, Angels. Aetther, eine Schlange. Notker gebraucht statt dessen das Wort Unch. S. Unke. Sonst wird sie auch Cerast und Hornschlange genannt. 2) Ehedem nannte man auch eine Art sehr großer Kanonen, welche bis 300 Pfund schossen, oder die doppelten Feldschlangen, Basilisken. Nach andern schossen sie nur 48 Pfund.


Basilisken-Ey (W3) [Adelung]


Das Basilisken-Ey, des -es, plur. die -er, bey dem großen Haufen, ein kleines Hühnerey, welches die Hühner zuweilen wider ihre Gewohnheit legen. Der Aberglaube bildet sich alsdann ein, daß es von einem alten Hahne gelegt worden, und weil er glaubt, daß aus einem solchen Eye ein Basilisk entstehe, so pfleget er es in ein, in einen Ständer gebohrtes Loch sehr sorgfältig zu verspünden. In Nieders. ein Spooksey.


Baß (W3) [Adelung]


Baß, der veraltete Positivus von besser, der aber doch am häufigsten in der comparativen Bedeutung gefunden, aber nur als ein Adverbium gebraucht wird, und in der Deutschen Bibel das lautet. Desto das gehen, 1. Mos. 12, 13. Bas plagen, Kap. 19, 9. Bas gefallen, 1 Sam. 29, 4. Bas bey Leibe seyn, Dan. 1, 15 u. s. f. S. Besser

Anm. 2.


Baß (W3) [Adelung]


Der Baß, des -sses, plur. die Bässe. 1) Ohne Plural, die niedrigste Stimme in der Musik, die Grundstimme. Den Baß singen, spielen. 2) Ein Instrument, worauf man den Baß spielet; eine Baßgeige. Es rauschte Wettern gleich der fürchterliche Baß, Zachar. In beyden Bedeutungen ist dieses Wort aus dem Ital. Basso entlehnet.


Bassa (W3) [Adelung]


Der Bassa, plur. die Bassen, aus dem Türkischen, den Statthalter einer Türkischen Provinz zu bezeichnen, da es denn bey einigen auch Pascha lautet. Figürlich, ein stolzer, despotischer Beamter.


Bassaner (W3) [Adelung]


Der Bassaner, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Gänse, welche sehr lange Flügel, kurze Füße, und einen geraden und langen Schnabel hat. Sie hat den Rahmen von der Schottischen Insel Bassa, auf welcher sie vornehmlich nistet, wird aber auchauf den übrigen Westerneu angetroffen; Anser Bassanus, Engl. Soland Goose, Schottische Gans.


Bassett (W3) [Adelung]


Bassett, aus dem Franz. Bassette, der Nahme eines Hazard-Spieles mit Karten, welches in Venedig soll seyn erfunden worden. Bassett spielen. Das Bassett-Spiel.


Bassettchen (W3) [Adelung]


Das Bassettchen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Bey den Jägern, kleine Englische Hasenhündchen, die kleinsten unter allen Jagdhunden, welche bloß dazu gebraucht werden, den Hasen aufzustoßen; vom Franz. balset, bassette, niedrig. 2) Eine kleine Baßgeige.


Bassett-Flöte (W3) [Adelung]


Die Bassett-Flöte, plur. die -n, in der Musik, eine Flöte, welche um eine Quinte niedriger ist, als eine Alt-Flöte; und unten ein Schloß hat; auch von dem Franz. basset, niedrig.


Baßflöte (W3) [Adelung]


Die Baßflöte, plur. die -n, eine Flöte, welche noch um eine Quinte niedriger ist als die Bassett-Flöte.


Baßgeige (W3) [Adelung]


Die Baßgeige, plur. die -n, eine große Geige mit fünf starken Seiten, worauf man den Baß geiget; der Baß, Nieders. der Brummbaß.


Baßglas (W3) [Adelung]


Das Baßglas, S. Paßglas.


Bassig (W3) [Adelung]


Bassig, S. Passig.


Bassist (W3) [Adelung]


Der Bassist, des -en, plur. die -en, ein Sänger, der den Baß singet.


Baßlade (W3) [Adelung]


Die Baßlade, plur. die -n, in den Orgeln, eine Windlade für die Baßstimmen.


Basson (W3) [Adelung]


Der Basson, (sprich Bassong,) des -s, plur. die -s, das Französ. Basson, ein musikalisches Instrument zu bezeichnen, auf welchem der Baß zu den Hautbois geblasen wird; ein Fagot, die Baßpfeife.


Baßpommer (W3) [Adelung]


Der Baßpommer, des -s, plur. ut nom. sing. ein ehemahliges musikalisches Instrument, auf welchem der Baß zu den Schalmeyen geblasen wurde. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist aus dem Ital. bombare, brummen, daher dieses Instrument auch ein Brummer genannt wurde. S. Bombarde.


Baßstimme (W3) [Adelung]


Die Baßstimme, plur. die -n. 1) Wie Baß in der ersten Bedeutung, die niedrigste Stimme in der Musik. 2) Ein Papier, auf welchem die Noten für den Baß befindlich sind.


Bast (W3) [Adelung]


Der Bast, des -es, plur. car. überhaupt eine jede Haut, oder Bekleidung der vegetabilischen und animalischen Körper; doch nur noch in einigen besondern Fällen.1. Die innere zarte Rinde an der Bäumen, zwischen dem Holze und der äußern groben Rinde. Die Schuhe mit Bast binden. Das Bastschälen, das Abschälen des Bastes von den Bäumen, welches in Niedersachsen den Bast fließen genannt wird. Im gemeinen Leben wird auch die äußere Schale an manchen Pflanzen Bast genannt, z. B. der Bast an den Flachse; ingleichen die äußere Haut an thierischen Körpern. - Das Bißchen Gras verwelkt, Daß man des Abends fast das Bast von Fingern melkt, Rost. Besonders nennen die Jäger die rauche Haut, die der Hirsch von dem neu gewachsenen Gehörne abschlägt, den Bast, oder das Gefege.2. Figürlich, was aus Bast verfertiget wird. Besonders ein halbseidener Zeug aus Seide Kamehlhaaren; der vermuthlich diesen Nahmen daher erhalten hat, weil er eine Nachahmung eines schönen Afrikanischen Zeuges ist, welcher zu Angola wirklich aus Baumbast verfertiget wird. S. auch Baumbast.

Anm. Wachter und Ihre leiten dieses Wort von binden her, weil der Bast von Bäumen sehr frühe zu dieser Verrichtung gebraucht worden. Diese Ableitung ist nicht ohne Beyspiel, weil man von glänzen, nicht nur das Hauptwort Glanz, sondern ehedem auch Glast hatte, und von verlieren, brechen u. s. f. Verlust und Brust herkommen. Im Wendischen bedeutet wiasu gleichfalls binden. Übrigens lautet dieses Wort so wohl im Niedersächsischen, als Englischen, Holländischen, Dänischen, Schwedischen und Isländischen gleichfalls Bast. In einigen Deutschen Mundarten ist es ungewissen Geschlechtes, das Bast.


Bastant (W3) [Adelung]


+ Bastant, adv. einer Sache gewachsen; aus dem Franz. bastant. Er ist dazu nicht bastant, nicht tüchtig.


Bastardadler (W3) [Adelung]


Der Bastardadler, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Geyer, welche einige zu den Adlern rechnen; Aquila vulturina, Geyeradler, Engl. Buld. Eagle.


Bastardart (W3) [Adelung]


Die Bastardart, plur. die -en, eine Art, welche entstehet, wenn sich zwey organische Körper von verschiedener Art begatten; die Mittelart.


Bastardbrut (W3) [Adelung]


Die Bastardbrut, plur. inusit. in der Bienenzucht, die Brut der Drohnenweiser, welche in dem Bienenstocke untauglich ist.


Bastardfenster (W3) [Adelung]


Das Bastardfenster, des -s, plur. ut nom. sing. in der Baukunst, ein Fenster dessen Höhe der Breite gleich ist, oder nur 2/3 derselben ausmacht; Halbfenster, und mit einem Italiänischen Ausdrucke Mezzanine.


Bastard-Galeere (W3) [Adelung]


Die Bastard-Galeere, plur. die -n, eine Galeere, welche größer ist, als die gewöhnlichen, und ein breites Hintertheil hat.


Bastardklee (W3) [Adelung]


Der Bastardklee, des -s, plur. inusit. eine Art Klee mit doldenförmigen Blumenköpfchen, viersamigen Hülsen, und einem aufsteigenden Stamme; Trifolium hybridum, L.


Bastardlorber (W3) [Adelung]


Der Bastardlorber, des -s, plur. die -n, eine Art des Mehl- oder Schlingbaumes, welche in den mittägigen Ländern Europens wächset, und eyförmige Blätter mit glatten Rändern hat, deren ästige Adern auf der untern Fläche mit rauchen Drüsen versehen sind; Viburnum Tinus, L.


Bastardmakrele (W3) [Adelung]


Die Bastardmakrele, plur. die -n, eine Art Makrelen, welche im mittelländischen Meere gefangen wird; Trachurus, L.


Bastardmohn (W3) [Adelung]


Der Bastardmohn, des -es, plur. inusit. eine Art Mohn im mittägigen Europa, welche fast kugelrunde knotige Capseln, die mit steifen Borsten besetzt sind, und einen blätterigen vielblümigen Stamm hat; Papaver hybridum, L.


Bastardwein (W3) [Adelung]


Der Bastardwein, des -es, plur. inusit. S. Bastard 2.


Bastdecke (W3) [Adelung]


Die Bastdecke, plur. die -n, eine aus Bast geflochtene Decke.


Bastdohne (W3) [Adelung]


Die Bastdohne, plur. die -n, bey den Vogelstellern, Dohnen, welche aus Bast verfertiget werden.


Basten (W3) [Adelung]


Basten, adj. et adv. aus Bast oder von Bast. Eine bastene Decke. Bastene Schuhe.


Bastey (W3) [Adelung]


Die Bastey, plur. die -en, in dem Festungsbaue, ein spitzig auslaufendes Werk an dem Hauptwalle; ein Bastion, Bollwerk.

Anm. Aus dem Italiänischen Bastia, und dem spätern Lateine Bastia, welches einen hölzernen Thurm, ja oft ein jedes Gebäude bedeutete, von bastire, Franz. batir, bauen. S. du Fresne Glossar. v. Bastia. Die Heutigen Basteyen sind anstatt der alten Thürme eingeführet worden. S. auch Bastion.


Basthut (W3) [Adelung]


Der Basthut, des -es, plur. die -hüte, ein aus Bast geflochtener Hut, dergleichen die Jäger, Gärtner u. s. f. zu tragen pflegen.


Bast-Ilme (W3) [Adelung]


Die Bast-Ilme, oder Bast-Ulme, plur. die -n, eine Art Ulmen, die aber, so wie mehrere Abänderungen dieses Baumes, noch nicht genug bestimmt ist.


Bastion (W3) [Adelung]


Das Bastion, des -es, plur. die -e, wie Bastey, aus dem Franz. Bastion, und Ital. Bastione.


Bästling (W3) [Adelung]


Der Bästling, des -es, plur. car. ein Nahme, welchen man im Oberdeutschen und besonders in Österreich dem Weiblein des Hanfes gibt, welches man an andern Orten Fimmel nennet.


Bastpfeife (W3) [Adelung]


Die Bastpfeife, plur. die -n, eine Pfeife der Vogelsteller aus Birkenbast, womit sie die Töne der Vögel nachahmen.


Bastseil (W3) [Adelung]


Das Bastseil, des -es, plur. die -e, ein aus Bast, besonders Lindenbast geflochtenes Seil. So auch Bastschuhe und Baststricke.


Bast-Ulme (W3) [Adelung]


Die Bast-Ulme, S. Bast-Ilme.


Bastwurm (W3) [Adelung]


Der Bastwurm, des -es, plur. die -würmer, eine Art schädlicher Würmer, welche den Bast der Apfelbäume durchbohren.


Batate (W3) [Adelung]


Die Batate, oder Patate, plur. die -n, eine Ost- und Westindianische Pflanze, deren knollige eßbare Wurzel den Erdäpfeln gleich, nur daß sie einen bessern Geschmack hat; Convolvulus Batatas, L. Der Nahme ist ausländisch, so wie es die Pflanze selbst ist. S. auch Patate.


Bathengel (W3) [Adelung]


Der Bathengel, des -s, plur. inusit. eine Pflanze, welche zu dem Geschlechte des Gamanders gehöret; Teucrium Chamaedrys, L. Frauenbiß. Der Lachenknoblauch, Teucrium Scordium, wird von einigen auch Wasserbathengel genannt.

Anm. Es scheinet, daß man diese Pflanze ehedem mit der Betonie, Betonica, L. verwechselt habe, woraus denn der Nahme Bathengel leicht hat können gemacht werden. Gewiß ist, daß die Betonie ehedem auch unter dem Nahmen Batenige und Patenige vorkommt, welchen Ausdruck man in einigen Mundarten auch für Bathengel gebraucht.


Batist (W3) [Adelung]


Der Batist, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, eine sehr feine weiße Leinwand, welche sich nur durch die größere Dichtigkeit von dem Kammertuche unterscheidet. Diese Leinwand, welche jetzt in Frankreich und den Niederlanden häufig verfertiget wird, stammt ursprünglich aus Ostindien her, wo sie Bastas genannt wird; woraus vermuthlich Batist gemacht worden. Daher Batisten, aus Batist verfertiget.


Battaille (W3) [Adelung]


Die Battaille, (sprich Battalje,) plur. die -n, ein Treffen zwischen zwey Kriegesheeren, eine Schlacht; aus dem Franz. Battaille, welches von dem alten batten, Franz. battre, Schwed. badda, Lat. battuo, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, schlagen, streiten, abstammet. Daher ein Battaillen-Pferd, ein starkes und geschicktes Pferd, welches die Officier in den Battaillen zu reiten pflegen, ein Schlachtpferd, ein Battaillen-Stück, ein Gemählde, welches eine Battaille vorstellet, u. s. f.


Battallion (W3) [Adelung]


Das Battallion, (sprich Battaljon,) des -es, plur. die -s, die Hälfte, oder der dritte Theil eines Regimentes zu Fuße; aus dem Franz. Battaillon, und dieß gleichfalls von battre, schlagen.


Batten (W3) [Adelung]


* Batten, verb. reg. neutr. mit haben, welches im Hochdeutschen völlig veraltet, aber noch im Niederdeutschen üblich ist, für helfen, nutzen. Das battet nicht, hilft mir nicht. Es kommt noch in einigen alten Kirchenliedern vor, und gehöret zu dem Geschlechte des Wortes besser. S. daselbst.


Batterie (W3) [Adelung]


Die Batterie, (dreysylbig,) plur. die -n, (viersylbig). 1) Ein erhabener Ort, auf welchen man das schwere Geschütz stellet, einen Ort zu beschießen; ein Stückbett, eine Stückbettung, ein Stückwall. Auch das darauf befindliche Geschütz selbst. Diese Batterie hat ihre Wirkung gethan. Daher ein Batterie-Stück, eine schwere Kanone, welche nur auf den Batterien gebraucht wird, im Gegensatze Feldstücke. 2) Der Deckel auf der Pfanne an einem Französischen Büchsenschlosse.

Anm. Auch dieses Wort ist aus dem Franz. Batterie entlehnet, und zwar in der ersten Bedeutung, so fern battre auch schießen, beschießen bedeutet, in der zweyten aber, weil der Feuerstein an den Pfanndeckel schläget.


Bätz (W3) [Adelung]


Der Bätz, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welcher in der Oberdeutschen Mundart einen Bären bedeutet. Hier sträubet sich der Petz, Haged. Es scheinet, daß es mit diesem Worte eben die Bewandtniß habe, wie mit Bär, Bache, und andern Thiernahmen. Wenigstens bedeutet Bätz in der Alemannischen Mundart auch ein Schaf. Das Isländische Besse bezeichnet einen Bären, das Schwedische Bassa bedeutet ein wildes Schwein, und Suidas versichert, das Bassarus bey den Thraciern einen Wolf bedeutet habe. S. auch Betze.


Bätze (W3) [Adelung]


Die Bätze, S. Betze.


Batzen (W3) [Adelung]


Der Batzen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Angehänge von Gold, Silber oder Edelgesteine, welches das Frauenzimmer an dem Halse träget; in welcher Bedeutung aber dieses Wort nur in einigen Gegenden üblich ist. 2) In den hohen Öfen ein Stück Lehm, womit das im Tümpel befindliche Loch verkleidet wird; und im manchen Gegenden, ein jeder Klumpen Lehm. 3) Bey den Zinngießern große Stück Zinn, welche abgedrechselt, und wornach die messingenen Formen gemacht werden. 4) Eine Oberdeutsche Münzsorte, welche meisten Theils vier Kreuzer oder sechzehn Pfennige gilt. Figürlich, im gemeinen Leben auch so viel, als Geld. Er hat Batzen. Das wird Batzen kosten.

Anm. Batz, Batze, oder Batzen, denn alle drey Formen sind in den Mundarten üblich, bedeutete ehedem ein jedes Stück einer dicken und weichen Materie; daher man auch sich batzen, für sich ballen, gebrauchte. In dieser Bedeutung kommt es mir dem Ital. Pezzo, ein Stück, überein. So fern Batzen der Nahme einer Münzsorte ist, leitet Schilter denselben von Bätz, ein Bär her, weil die Berner diese Münze zuerst haben schlagen, und einen Bären darauf prägen lassen. Nach Wachtern stammet er von batten, schlagen, ab. Allein man hat keine Ursache, von der allgemeinen Bedeutung eines Stückes abzugehen, weil das Ital. Pezzo und Franz. Piece häufig von Münzen gebraucht worden, und die Oberdeutsche Mundart mehrere Wörter aus dem Italiänischen angenommen hat. Über dieß ist "Bezzo" in der "Lombardey" der Nahme einer geringen Münze, welche ungefähr einen Kreuzer gilt.


Bau (W3) [Adelung]


Der Bau, des -es, plur. die Baue, von dem Verbo bauen; ein Wort, welches so wohl ohne als mit dem Plural üblich ist.1. Ohne Plural. 1) Die Handlung des Bauens in beyden Hauptbedeutungen des Verbi. Der Bau eines Hauses, oder der Hausbau. Einem einen Bau verdingen. Der Bau des Feldes, des Ackers, eines Bergwerkes, eines Gartens, des Weines u. s. f. oder der Feld-Acker-Berg-Garten-Weinbau u. s. f. welche Ausdrücke denn nicht allein alle dazu gehörigen Verrichtungen mit in sich schließen, sondern oft auch die zum Baue bequemen Plätze, und ihren Ertrag ausdrucken; z. B. dieses Gut hat vielen Ackerbau. In den Ausdrücken Seidenbau und Honigbau, wird Bau in einer sehr weiten Bedeutung gebraucht, indem weder Seide noch Honig in eigentlichem Verstande gebauet oder erbauet werden. 2) Die Strafe des Festungsbaues, und das Gefängniß, in welchem die dazu verurtheilten Übelthäter verwahret werden. Jemanden auf den Bau bringen. Er ist auf den Bau genommen. 3) Die Art und Weise, wie eine Sache gebauet oder eingerichtet ist, am häufigsten in figürlicher Bedeutung. Wir könnten ohne Krankheiten aus der Welt gehen, wenn wir genugsame Einsichten in den Bau unsers Körpers hätten, um das zu vermeiden, was ihm schädlich ist. Der ganze Bau der Welt zeigt seiner Hände Spur. Hall. 2. Mit dem Plural, was gebauet worden, oder gebauet wird, in der ersten Bedeutung des Zeitwortes. 1) Die Handlung des Bau ens als ein Concretum betrachtet. Alle Baue einstellen. 3) Ein Gebäude. Einen Bau aufführen, vollführen. Wer seinem Reiche traut herrscht inner großen Bäuen, Opitz. Laßt ihr nur darum ew'ge Bäue gleißen, Um schnell dieselben wieder einzureißen? Kleist. Ingleichen figürlich: Auf ein Mahl fiel der Bau von meinen künft'gen Glücke, Cron. In dem Bergbaue ein Gruben- oder Hüttengebäude. Sich neue Baue ausrichten, einen neuen Gang u. s. f. ausfindig machen. 3) Bey den Jägern die Löcher der Dachse, Füchse, Kaninchen und Fischottern. Zu Baue gehen, oder kriechen.

Anm. Bau lautet im Niedersächsischen Buw, bey dem Ottfried Bu, im Angels. Bye, im Isländ. Bo. Obgleich der Plural in der Bedeutung eines Gebäudes der Analogie völlig gemäß ist, und schon im Theuerdank vorkommt: so macht er doch einigen im Hochdeutschen Schwierigkeit. Indessen ist Baue der Analogie gemäßer und üblicher als Bäue. Die Niedersächsischen Hochdeutschen gebrauchen dafür Bauten, welches das Niedersächsische Buwte, ein Gebäude, ist. In eben dieser Mundart bedeutet Bau auch so viel Land, als zu einem völligen Meierhofe gehöret, und bey dem Kaisersberg kommt Bau für Dünger vor. S. Bauen 3.


Bauamt (W3) [Adelung]


Das Bauamt, des -es, plur. die -ämter, ein Amt, welches die Errichtung und Erhaltung öffentlicher Gebäude zu besorgen hat; an andern Orten Baugericht, Bau-Commission.


Bauanschlag (W3) [Adelung]


Der Bauanschlag, des -es, plur. die -schläge, das Verzeichniß aller zu Aufführung eines Gebäude nöthigen Kosten.


Bauart (W3) [Adelung]


Die Bauart, plur. die -en, der Inbegriff aller Regeln und Gewohnheiten, welche man in Aufführung der Gebäude beobachtet. Die Griechische, Römische, Gothische Bauart u. s. f. Figürlich, die Art und Weise, wie ein Ding eingerichtet ist. Die Bauart einer Sprache.


Baubegnadigung (W3) [Adelung]


Die Baubegnadigung, plur. die -en, die Unterstützung, welche ein Landesherr denenjenigen zugestehet, welche neue Gebäude aufführen; z. B. der Erlaß an Steuern, Zuschuß an barem Gelde u. s. f.


Bauch (W3) [Adelung]


Der Bauch, des -es, plur. die Bäuche, Diminutivum vulg. das Bäuchelchen, im Oberdeutschen das Bäuchlein. 1) Eine jede auswärts gebogene rundliche Fläche. Daher der Bauch an einem Schiffe, an einem Fasse, an einem Lastwagen, an einer Flasche, an einer Laute u. s. f. Der Gang wirft einen Bauch, bey den Bergleuten, wenn er sich in der Breite ausdehnet und mächtiger wird. Eine Mauer macht einen Bauch, wenn sie sich in der Mitte heraus begibt.2) Besonders an den thierischen Körpern, der vordere, gemeiniglich auswärts gebogene Theil von dem Zwergfelle an bis zu dem Schambeine, welcher den Magen, das Gedärm, die Leber, Milz u. s. f. enthält; in der anständigern und edlern Sprechart der Unterleib. In engerer Bedeutung, ein starker auswärts gebogener Unterleib. Einen Bauch haben, bekommen. Dem Bauche dienen, figürlich die Pflege des Leibes seine größte Sorge seyn lassen. In der biblischen Sprechart und in verächtlicher Bedeutung auch zuweilen für den ganzen Menschen. Die Cretenser sind faule Bäuche, Tit. 1, 12.

Anm. Bauch ist mit Bug einerley, nur daß jenes der Oberdeutschen und dieses der Niedersächsischen Mundart gemäßer ist. Beyde scheinen von dem Zeitworte biegen herzukommen. Im Niedersächs. lautet dieses Wort Buuk, im Holländ. Buck, im Schwedischen Buk, im Dänischen Bug, im Angels. Buce, im Altfränk. Buh, und Buch. Der unangenehme Doppellaut anist erst durch die neuern Alemannen hinein gekommen. S. auch Wampe und Wanst.


Bauchband (W3) [Adelung]


Das Bauchband, des -es, plur. die -bänder, der Reif um den Bauche einer Tonne, oder um ihren weitesten Theil.


Bauchbläsig (W3) [Adelung]


Bauchbläsig, S. Herzschlächtig.


Bauchbohrer (W3) [Adelung]


Der Bauchbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Drechslern ein Bohrer, die innere Weite eines Stückes auszubohren.


Bauchdiener (W3) [Adelung]


Der Bauchdiener, des -s, plur. ut nom. sind. der dem Bauche dienet, oder aus der Sorge für den Leib seine vornehmste Beschäftigung macht; im verächtlichen Verstande.


Bäuche (W3) [Adelung]


Die Bäuche, das Einweichen der Wäsche in Lauge. Bäuchen, einlaugen. S. Beuche und Beuchen.


Baucheisen (W3) [Adelung]


Das Baucheisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Dreheisen der Drechsler, bauchige Sachen damit inwendig auszudrehen.


Bauchfinne (W3) [Adelung]


Die Bauchfinne, plur. die -n, an den Fischen, die Finnen oder Floßfedern unter dem Bauche.


Bauchfluß (W3) [Adelung]


Der Bauchfluß, des -sses, plur. die -flüsse, eine Krankheit, da die Speise unverdauet fortgehet; ein hoher Grad des Durchfalles, oder Durchlaufes. S. Ruhr.


Bauchgrimmen (W3) [Adelung]


Das Bauchgrimmen, des -s, plur. inusit. im gemeinen Leben, Schmerzen in den Gedärmen; das Bauchweh, die Bauchschmerzen, die Kolik.


Bauchgurt (W3) [Adelung]


Der Bauchgurt, des -es, plur. die -e, ein breiter Gurt um den Bauch, besonders den Sattel um des Pferdes Leib damit zu befestigen; Sattelgurt. S. Bauchriemen.


Bauchhaken (W3) [Adelung]


Der Bauchhaken, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Drechslern, ein Dreheisen in Gestalt eines Hakens, ein Stück inwendig auszudrehen.


Bauchig (W3) [Adelung]


Bauchig, oder Bäuchig, -er, -ste, adj. et adv. mit einem Bauche versehen. Bauchige Gefäße. Bauchig geschliffene Steine. Ingleichen in den Zusammensetzungen dickbäuchig, großbäuchig u. s. f.


Bauchkette (W3) [Adelung]


Die Bauchkette, plur. die -n, eine Kette an den Rüstwägen, vermittelst deren man in dem Bauche, d. i. den offenen Seiten derselben etwas laden kann. Sind es Stricke, so heißen sie Bauchstricke, Bauchseile.


Bauchnath (W3) [Adelung]


Die Bauchnath, plur. die -näthe, bey den Mundärzten, eine besondere Nath, nach welcher die Bauchwunden zugenähet werden.


Bauchpfaff (W3) [Adelung]


+ Der Bauchpfaff, des -en, plur. die -en, ein niedriges Schmähwort auf einen Geistlichen, der mehr für die Pflege seines Leibes, als für das Wohl der ihm anvertrauten Gemeine sorget.


Bauchredner (W3) [Adelung]


Der Bauchredner, des -s, plur. ut nom. sing. der die Geschicklichkeit besitzet, im Reden die Stimme in den Schlund hinunter zu drucken, da es denn scheinet, als wenn sie aus dem Bauche komme. Welche Art zu reden die Bauchsprache genannt wird. Die ganze Kunst wird am häufigsten zur Betriegerey angewandt.


Bauchriemen (W3) [Adelung]


Der Bauchriemen, des -s, plur. ut nom. sing. ein breiter Riemen, welchen man um den Unterleib schnallet, die Erschütterung des Eingeweides im Reiten zu verhindern. S. auch Bauchgurt.


Bauchschmerzen (W3) [Adelung]


Die Bauchschmerzen, singul. inusit. S. Bauchgrimmen.


Bauchsorge (W3) [Adelung]


Die Bauchsorge, plur. die -n, in verächtlicher Bedeutung, die übertriebene Sorge für die Pflege des Leibes.


Bauchstück (W3) [Adelung]


Das Bauchstück, des -es, plur. die -e, 1) Im Schiffsbaue, diejenigen Stücke oder Theile eines Schiffes, welche dessen Bauch bilden, und zuerst auf dem Kiel befestiget werden. 2) Bey den Fleischern, ein Stück von dem Bauche eines geschlachteten Thieres.


Bäuchung (W3) [Adelung]


Die Bäuchung, plur. die -en, in der Baukunst, eine fehlerhafte Verdickung des Säulenstammes in der Gegend des ersten Drittheils der Höhe.


Bauchwassersucht (W3) [Adelung]


Die Bauchwassersucht, plur. car. eine Wassersucht, wo sich das Wasser in der Höhlung des Unterleibes sammelt.


Bauchweh (W3) [Adelung]


Das Bauchweh, des -es, plur. inusit. S. Bauchgrimmen.


Bauchzirkel (W3) [Adelung]


Der Bauchzirkel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Zinngießern, die Hälfte eines Dickzirkels, bauchige Sachen damit zu messen.


Baudienst (W3) [Adelung]


Der Baudienst, des -es, plur. die -e, Frohndienste, welche Unterthanen leisten müssen, wenn der Guts- oder Grundherr einen Bau aufzuführen hat; Baufrohnen.


Baueisen (W3) [Adelung]


Das Baueisen, des -s, plur. ut nom. sing. Eisen, welche den Baugefangenen an manchen Orten, z. B. zu Dresden, an die Füße geschmiedet werden.


Bauen (W3) [Adelung]


1. Bauen, verb. reg. act. welches noch in einer gedoppelten Bedeutung gebraucht wird. 1. Wohnen, sich an einem Orte aufhalten; so wohl von dem beständigen Aufenthalte an einem Orte, in welchem Verstande man nur noch im Hochdeutschen sagt, das Elend bauen, sich im Elende, oder außerhalb seinem Vaterlande aufhalten. Daß ich vor langer Zeit Von meinem Vater daheym muß reyt Frömde Land und Leut zu pawen, Theuerd. Kap. 116. Als auch von einem kurzen Aufenthalte, wie besuchen; in welchem Verstande man im gemeinen Leben noch häufig sagt: einen Jahrmarkt, eine Messe bauen, als Verkäufer besuchen. Viel lieben von dem Strand auf einen hinzuschauen, Der in Gewitters Noth die strenge See muß bauen, Opitz. S. auch Baulich.2. Tragbar, nutzbar machen. 1) Eigentlich von dem Acker. Den Acker, das Feld bauen, den Acker zubereiten, daß er Früchte bringen kann. Ein gebauetes Land. Hier liegen viele Plätze angebauet. Einen Garten, einen Weinberg bauen. 2) In weiterer Bedeutung, auch von der Gewinnung der Erze mit allen dazu gehörigen Nebenarbeiten. Ein Bergwerk bauen, es bearbeiten. Eine Grube bauet sich frey, wenn sie so viele Ausleute gibt, als die Kosten erfordern. 3) Durch Bauen, d. i. Bearbeiten, Bestellen erzeugen, vornehmlich von Feldfrüchten. Wir haben dieses Jahr wenig Getreide gebauet. In diesem Lande bauet man vielen Weizen. Vielen Flachs, Hopfen, Wein bauen. Ein wenig uneigentlich ist es daher, wenn man auch Honig, Seide, Wolle u. s. f. bauet, wofür erzeugen oder ein anderer ähnlicher Ausdruck schicklicher ist. So auch der Bau, denn die Bauung ist nicht gewöhnlich.

Anm. Die Bedeutung des Wohnens ist schon sehr alt, indem bua, boo, bey dem Ulphilas, puan bey dem Kero, buen, buiuuen bey dem Ottfried, und byan im Angelsächsischen eben das bedeuten. In den spätern Zeiten ist wohnen daraus entstanden, welches im Dänischen noch jetzt bon lautet. Um die zweyte Hauptbedeutung aus der ersten des Wohnens herzuleiten, muß man sich an die unstäte und herum schweifende Lebensart der ältesten Völker erinnern, welche noch jetzt bey vielen Tartarischen Horden Statt findet. So bald die Noth ein solches Volk zwinget, auf die Bestellung des Feldes zu denken, so bald muß es sich auch eine beständigere Art daselbst aufhalten, und daher ist es vermuthlich gekommen, daß bey anfänglichen Armuth der Sprachen bauen so wohl für wohnen, als bestellen, bearbeiten gebraucht wurde.


Bauen (W3) [Adelung]


2. Bauen, verb. reg. in welchem der Begriff der Höhe der herrschende ist, und welches in gedoppelter Gattung vorkommt.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, sich in der Höhe erstrecken hoch seyn, mit der vierten Endung des Maßes; in welcher Bedeutung es doch nur als ein Kunstwort der Werk-leute, Förster u. s. f. üblich ist. der Baum bauet 50 Fuß, wenn er 50 Fuß hoch ist. In engere Bedeutung gebraucht man es nur von derjenigen Höhe, in welcher ein Baum zu Bauholz tauget, mit Ausschließung der Spitze. Ferner für hervor ragen, hervor stehen. Die Sakristeyen bauen auf jeder Seite sechs Ellen heraus, wenn sie um so viel hervor ragen. Figürlich gemäß seyn überein stimmen, doch wohl nur allein von Bauwerken. Damit die Lage der Kirche mit der Gasse besser baue, besser überein stimme. Das bauet nicht, sagt man im gemeinen Leben von Tischler- und andern ähnlichen Arbeiten, wenn sie kein gutes Verhältniß gegen einander haben.II. Als ein Activum, zusammen setzen, aufführen, und zwar, 1) eigentlich von Gebäuden, ein Gebäude aufführen. Ein Haus, einen Stall, ein Schloß, ein Schiff bauen. Eine Stadt, einen Thurm, eine Festung bauen. Schlösser in die Luft bauen, figürlich, chimärische Entwürfe machen. Der Mann, auf den ich Schlösser gebauet hätte, hintergeht mich, figürlich, dem ich alles anvertrauet hätte, auf den ich mich völlig verlassen hätte. Ingleichen absolute, mit Auslassung des Accusativs. Sich arm bauen. Wer am Wege bauet, hat viel Meister. In welcher Wortfügung bauen auch zuweilen so viel als an Gebäude ändern, bessern, bedeutet. Er hat immer was zu bauen.2) In weiterer Bedeutung, wird dieses Wort zuweilen auch von der Zusammensetzung kleiner vergänglicher Arbeiten gebraucht, die man sonst eben nicht Gebäude zu nennen pflegt. Eine Kanzel, einen Altar bauen. Ein großes Faß zusammen setzen, heißt bey den Böttchern, ein Faß bauen, dagegen sie von kleinern nur das Zeitwort aufschlagen gebrauchen. Von den Vögeln sagt man gleichfalls, daß sie ihre Nester bauen, und da gebraucht man es auch wohl zuweilen absolute; z. B. dieser Vogel bauet auf den höchsten Bäumen. So auch von den Ameisen, und andern Thieren, welche sich künstliche Wohnungen verfertigen. Die kleinen schwarzen Ameisen bauen im Getreide und auf Wiesen. Die Biene bauet, wenn sie ihr Gewirk macht.3) Figürlich. (a) Von der äußern Gestalt, und besonders dem Verhältnisse der Theile gegen das Ganze, von Menschen und einigen Thieren; in welcher Bedeutung aber nur das Mittelwort gebauet Statt findet. Eine wohl gebauete Brust. Das Pferd ist sehr schön gebauet. Ein Edelmann, sehr wohl gebaut, Weiße. (b) Auf etwas bauen, sich darauf verlassen. Auf den Sand bauen, ein ungegründetes Vertrauen auf etwas setzen. O wenn er es erfähret, daß ich von alle dem nichts mehr habe, worauf er seine letzte Hoffnung bauet! Weiße. Das ist schön, daß er nicht schwört, desto mehr kannst du auf sein Wort bauen, Gell. Hierauf ist nicht zu bauen, man kann sich nicht darauf verlassen. (c) * Erhalten und vermehren, doch nur in der biblischen Sprechart. Gott baue das Haus Israel. (b) * Für erbauen, figürlich. Darum ermahnet euch unter einander, und bauet einer den andern, wie ihr denn thut, 1 Thessal. 5, 11. So auch Apostelg. 9, 31. Welche Bedeutung im Hochdeutschen gleichfalls ungewöhnlich ist.

Anm. 1. Wenn bauen mit dem Vorworte auf verbunden wird, so erfordert dieses ordentlich die vierte Endung des Hauptwortes, weil dabey zunächst auf den Ort gesehen wird, auf welchen die Bewegung gerichtet ist. Ein Haus auf einen Felsen, auf den Sand bauen. In einigen Fällen aber findet auch die dritte Endung Statt, besonders wenn nicht bloß der Platz, welchen das Gebäude einnimmt, sondern die Gegend überhaupt angedeutet wird. Du hießest mich, ein Haus bauen auf deinem heiligen Berge, Weish. 9, 8. In der figürlichen Bedeutung hingegen wird alle Mahl die vierte Endung erfordert. Anm. 2. Auch dieses Wort ist bereits sehr alt. Schon das vorhin angeführte Gothische bua und boo, besonders aber das Frequentativum bygga, bedeutete aedificare. Bajith, zusammen gezogen Beth, Baitha, Betha, Baito, Baiton, Bet, bedeuten fast in allen ältern morgenländischen Sprachen, einen Ort, wo man wohnet, ein Haus, Gebäude. Bathanum ist bey den heutigen Malabaren eine Stadt, und Wuda, ein Haus. Boy, Poy, bedeutet bey den Mungalen eine Wohnung, und Abat, bey den Persern ein Haus. Selbst bey einigen Amerikanischen Völkern, sind Boa, Wetu, und Pat, für eine Wohnung üblich. Man findet dieses Wort auch in den Slavonischen Mundarten; denn Bauda, Buda, Bude und Podworie, bedeuten im Pohlnischen, Wendischen, Böhmischen und Russischen ein Haus. S. auch Bude. Es ist wenigstens sehr wahrscheinlich, daß in diesem Worte der Begriff der Höhe der herrschende ist, S. Baum. Übrigens ist noch dieß anzumerken, daß bauen in der Alemannischen Mundart irregulär abgewandelt wird, wenigstens hat es im Particip. Pass. daselbst noch jetzt gebauen, für gebauet.


Bauer (W3) [Adelung]


Der Bauer, ein von den beyden vorigen Verbis gemachtes Hauptwort, welches überhaupt einen Menschen bedeutet, der da bauet, aber nach den verschiedenen besondern Bedeutungen dieses Zeitwortes, auch auf verschiedene Art bestimmt und decliniret wird.1. Von bauen, wohnen, bedeutete dieses Wort ehedem so viel als einen Einwohner, und wurde auch von den Bürgern, d. i. Einwohnern der Städte, gebraucht. Diese Bedeutung, von welcher man die Glossaria nachsehen kann, ist im Hochdeutschen veraltet; indessen kommt sie noch in einigen Niedersächsischen Zusammensetzungen vor. S. Bauermeister. Das Schwed. Byr bedeutet noch jetzt einen jeden Einwohner, so wie das Gothische Baurja, das Angelsächsische Bure, das Alemannische und Fränkische Puarre, Buara und Giburo, gleiche Bedeutung hatten.2. Von bauen, aedificare, der Bauer, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas bauet; doch nur in einigen Zusammensetzungen, dergleichen Schiffbauer, Orgelbauer, Erbauer, uns vielleicht noch einige andere sind.3. Von bauen, colere, der Bauer, des -s, im Oberdeutschen -n, plur. die -n, Fämin. die Bäuerinn, plur. die -en, der das Feld bauet. 1) Eigentlich, da es denn wieder auf verschiedene Art gebraucht wird. (a) In der weitesten Bedeutung wird es von allen gebraucht, die auf dem Lande leben, im Gegensatze der Bürger, in der weitesten Bedeutung. So pflegt man in Schwaben die Edelleute, welche auf dem Lande leben, sammetne Bauern zu nennen. Dahin auch der obgleich falsche Satz gehöret: Bürger und Bauer scheidet nichts als die Mauer, indem der Unterschied in den Rechten und Nahrungen groß genug ist. (b) In etwas engerer Bedeutung, Landleute, die noch nicht bürgerlichen Standes sind, so daß nicht nur die eigentlichen Bauern, sondern auch die so genannten Brinksitzer, Häusler, Häuslinge, Tagelöhner u. s. f. die keinen eigenen Ackerbau haben, darunter begriffen werden. (c) In noch engerer Bedeutung werden unter diesem Ausdrucke nur diejenigen Landleute begriffen, welche eigenen Ackerbau haben, sich davon nähren, und bey dem Grundherren zu Zinsen, Gülten oder Frohndiensten verbundes sind, im Gegensatze der Brinksitzer, Häusler u. s. f. die entweder gar keinen aber doch nicht eigenen Ackerbau haben. Diese Bauern, welche an einigen Orten in Franken Hofbauern und in Österreich Hofstätter genannt werden, besitzen entweder so viel Land, daß sie ein Paar Pferde darauf halten können, oder sie haben dessen weniger. Im ersten Falle werden sie ganze Bauern, oder auch Bauern in den engsten Bedeutung, in Niedersachsen Meier, Spannmeier, Vollmeier, Bauleute, im Österreichischen Ganz-lehner, Bauleute, und an andern Orten Hüfner, Halbhüfner u. s. f. genannt. Im zweyten Falle heißen sie nach Verschiedenheit der Gegenden Halbbauern, Kossäten, Köther, Halbmeier, Hintersassen, Halbspänner, Halblehner, Halbfröhner u. s. f. S. auch Anspänner.2) Figürlich. (a) Den Sitten nach, ein grober, ungesitteter Mensch. Er ist ein rechter Bauer. Ein grober Bauer. (b) Im Schachspiele, diejenigen Steine, welche in die erste Reihe gestellet werden, und die gemeinen Soldaten vorstellen. Ehedem wurden diese Steine Fänten genannt, von dem alten Worte Fänt, Italiänisch Fante, ein Fußknecht. Bey den Persern und Arabern heißen sie Beilack.

Anm. Bey den alten Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern kommt das einfache Puarre, Buara mehr von einem Einwohner, das zusammen gesetzte Gibura, Giburo aber von einem Ackerbauer vor. Auch im Hebräischen bedeutet - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - agrestis, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - im Chaldäischen, auf dem Felde seyn. In der Abänderung des Wortes Bauer kommen die Mundarten nicht mit einander überein. Bey den ältesten Schriftstellern lautet es im Plural die Bauer. Die heutigen Oberdeutschen sprechen es Baur, gen. des -en, plur. die -en, welcher Plural denn auch im Hochdeutschen allgemein geworden ist, da sonst dieses Wort, nach der Analogie der Abgeleiteten auf -er, im Plural die Bauer lautet sollte. Von dieser Verschiedenheit rühret auch die Verschiedenheit in den Zusammensetzung her, indem dieses Wort in denselben bald Bauer, - bald Bauern - bald aber auch Bauers - lautet. Das letzte beziehet sich auf den Singular, das mittelste auf den Plural, das erste aber kann beyde ausdrucken. So ist es z. B. gleichgültig, ob man sagt Bauergut oder Bauerngut.


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Das "Bauer", des -es, plur. ut nom. sing. von der ersten Bedeutung des Verbi 1 "Bauen", "ein Ort da man wohnet"; doch nur noch von den Behältnissen der Vögel, ein "Käfich". Man muß erst den Vogel im Bauer haben, ehe man ihn will pfeifen lehren, Weiße.

Anm. "Bauer", Nieders. "Buur", in Schlesien "Gebauer", ist in einigen, besonders Niedersächsischen, Mundarten männlichen Geschlechtes, der "Bauer". Das Angels. "Bur", Holländ. "Buer", Dän. "Buur", Isländ. "Bur", Schwed. "Bur", Französ. "Buron", das spätere Latein. "Burum", bedeuten ein "Gemach", eine "enge schlechte Wohnung", eine "Hütte", womit das Griechische "???" = eine "Wohnung", überein kommt. Im Englischen ist "Bower", eine "Laube". Im Sachsenspiegel bedeutet "Bur", ein "Dorf", und in den eigenthümlichen Nahmen der Örter auf - "beuren", z. B. "Ottenbeuren", "Blaubeuren", hat die letzte Hälfte gleiche Bedeutung.


Bauerband (W3) [Adelung]


Das Bauerband, des -es, plur. inusit. in der Handlung, eine Art Curländischen Flachses, welcher in Rollen von acht Ließpfund zu uns kommt, und deßwegen so heißt, weil er so, wie ihn die Bauern zur Stadt bringen, unsortiret versandt wird.


Bauerbier (W3) [Adelung]


Das Bauerbier, des -es, plur. inus. in einigen Niedersächsischen Gegenden, dasjenige Bier, welches ein neuer Wirth den Bauern seines Dorfes zu verzehren gibt.


Bauerbrot (W3) [Adelung]


Das Bauerbrot, des -es, plur. wenn es collective oder materialiter stehet, inusit. von einzelnen Broten aber die -e, Brot welches die Bauern zur Stadt bringen, zum Unterschiede von dem Bäckerbrote.


Bau-erde (W3) [Adelung]


Die Bau-erde, plur. car. die oberste Erde auf der Erdfläche, welche zu Ernährung der Pflanzen tauglich ist, und daher gebauet wird; die Dammerde.


Bauerdille (W3) [Adelung]


Die Bauerdille, S. Barwurz.


Bauererz (W3) [Adelung]


Das Bauererz, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, gediegenes sehr kenntliches Erz, besonders dergleichen Silbererz, welches auch ein Bauer erkennen kann.


Bauerflöte (W3) [Adelung]


Die Bauerflöte, plur. die -n, in den Orgeln, eine gedackte Pedalstimme vom Fußtone.


Bauerfrau (W3) [Adelung]


Die Bauerfrau, plur. die -en, die Frau eines Bauern; in der härtern Sprechart, das Bauerweib.


Bauerfriede (W3) [Adelung]


Der Bauerfriede, des -ns, plur. die -n, im Osnabrückischen in den großen Holzmarken, in welchen mehrere Dorfschaften das Märkerrecht haben, derjenige Bezirk, der einer jeden Dorfschaft besonders angewiesen ist, und der auch Heimschnaat, Heimschaar, Landwehr genannt wird. Friede bedeutet in dieser Zusammensetzung eine befriedigte, mit Grenzen versehene Gegend.


Bauerfuß (W3) [Adelung]


Der Bauerfuß, des -es, plur. die -füße, bey den Tuchbereitern, ein eiserner Hebel, welcher an dem einen Ende als eine Gabel gestaltet ist, die Tücher damit in den Rahm zu spannen; der Breitbaum.


Bauerglocke (W3) [Adelung]


Die Bauerglocke, plur. die -n, an einigen Orten eine Glocke, durch deren Klang die Bauern zusammen berufen werden.


Bauergroschen (W3) [Adelung]


Der Bauergroschen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Groschen, welchem ehedem in Meißen die Bauern dem Zinsherren entrichten mußten, und der bald 12, bald 15, bald auch 18 Meißnische Pfennige galt. S. auch Spitzgroschen.


Bauergut (W3) [Adelung]


Das Bauergut, oder Bauerngut, des -es, plur. die -güter. 1) In der weitesten Bedeutung, ein jedes Gut, welches von Bauern besessen oder bewohnet wird. 2) In engerer Bedeutung, ein Gut, welches mit Diensten und Frohnen beschweret ist, im Gegensatze der Frey- und Rittergüter. 3) In der engsten Bedeutung, ein solches Bauergut, worauf wenigstens zwey Pferde gehalten werden können; in Meißen, ein Pferdgut, oder Pferdnergut, in andern Obersächsischen Gegenden ein Anspänner- oder Spannergut u. s. f. S. Bauer 3.


Bauerhaft (W3) [Adelung]


Bauerhaft, -er, -este, adj. et adv. nach Art der Bauern, d. i. ungesittet, unhöflich, bäuerisch.


Bauerhof (W3) [Adelung]


Der Bauerhof, oder Bauernhof, des -es, plur. die -höfe, ein Hof, der von einem Bauer bewohnet wird; im Gegensatze eines Meierhofes und adeligen Hofes.


Bauerhufe (W3) [Adelung]


Die Bauerhufe, plur. die -n, eine Hufe, deren Besitzer zu Land- und Kriegessteuern, Herrendiensten u. s. f. verbunden ist; im Gegensatze der Ritterhufen.


Bauerhund (W3) [Adelung]


Der Bauerhund, des -es, plur. die -e, ein schlechter unansehnlicher Hund, dergleichen die Bauern gemeiniglich zu halten pflegen.


Bauerhütte (W3) [Adelung]


Die Bauerhütte, plur. die -n, die Hütte, d. i. ein schlechtes Wohnhaus, eines Bauers.


Bäuerinn (W3) [Adelung]


Die Bäuerinn, plur. die -en. 1) Die Frau eines Bauern. 2) In weiterer Bedeutung, eine jede Person weiblichen Geschlechtes, welche zu dem Bauerstande gehöret.


Bäuerisch (W3) [Adelung]


Bäuerisch, -er, -te, adj. et adv. nach Art der Bauern, ländlich; ohne Comparation. 1) Eigentlich.Beym rauhen Klang der bäurischen Schalmeyen, Cron. Bäuerisches Werk, in der Baukunst, wenn eine Mauer nicht glatt abgeputzet, sondern mit grob behauenen Steinen überkleidet, oder doch so mit Kalk beworfen wird, daß sie aus dem Groben gehauenen Steinen ähnlich siehet. Noch mehr aber, 2) figürlich, ungesittet, unhöflich, grob, in welcher Bedeutung es am üblichsten ist. Bäuerische Sitten. Eine bäuerische Aufführung.


Bauerlehen (W3) [Adelung]


Das Bauerlehen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Lehen, welches statt der Ritterdienste mit Zins und Gülte beschweret ist, und daher auch von Bauern besessen werden kann; im Gegensatze der adeligen oder Ritterlehen. Dergleichen Lehen werden in Österreich Beutellehen, an andern Orten Seßlehen, Schulzenlehen, Gemeinlehen, Zinsgüter, Erbzinsgüter, u. s. f. genannt. S. diese Wörter.


Bauermeister (W3) [Adelung]


Der Bauermeister, des -s, plur. ut nom. sing. 1) * So fern Bauer ehedem auch den Einwohner einer Stadt bedeutete, bezeichnete dieses Wort ehedem auch einen Bürgermeister. In Bremen ist Bauermeister noch jetzt ein Bedienter des Stadtrathes, der Acht geben muß, daß niemand in der Stadt wohne, der nicht das Bürgerrecht hat. S. Bauer 1. 2) Der den Bauern in einem Dorfe vorgesetzet ist. In diesem Verstande ist Bauermeister im Chur-Braunschweigischen so viel als ein Schulze oder Dorfrichter, an andern Orten aber so viel als in Thüringen ein Heimbürge, oder ein Syndicus der Dorfschaft.


Bauermiethe (W3) [Adelung]


* Die Bauermiethe, Baumiethe, plur. inus. 1) In dem Sächsischen Landrechte, dasjenige Geld, wodurch sich die leibeigenen Bauern von den schuldigen Frohndiensten los kaufen, und welches heut zu Tage am häufigsten Dienstgeld genannt wird. 2) An einigen Orten, besonders Niedersachsens, dasjenige Geld, wodurch die Töchter der Leibeigenen die Erlaubniß zu heirathen erkaufen müssen. S. Miethe und Bedemund.


Bauernäppich (W3) [Adelung]


Der Bauernäppich, des -es, plur. inusit. in einigen Gegenden, ein Nahme des gemeinen Wasseräppiches; Apium graveolens, L.


Bauerndeich (W3) [Adelung]


Der Bauerndeich, des -es, plur. die -e, in den Marschländern, besonders um Bremen, ein Deichpfand, welches von der ganzen Bauerschaft gemeinschaftlich gemacht und unterhalten wird. S. Deich.


Bauernkönig (W3) [Adelung]


Der Bauernkönig, des -es, plur. die -e, an einigen Orten und bey manchen feyerlichen Gelegenheiten, ein Anführer der Bauern. So heißt in der Grafschaft Öttingen derjenige Bauer der Bauernkönig, welcher einen neu angehenden Bauer feyerlich einsetzet und bestätiget, und die übrigen Bauern dazu einladet. S. davon Lang's Materialien zur Ötting. Gesch. Th. 1, S. 109.


Bauernköste (W3) [Adelung]


Die Bauernköste, plur. die -n, im gemeinen Leben, besonders in Niedersachsen, ein ländlicher Schmaus, ein Bauernschmaus. S. Köste. Wenn ihr gefahren kommt zu einer Bauernköste, Can.


Bauernkrieg (W3) [Adelung]


Der Bauernkrieg, des -es, plur. die -e, ein Krieg, welcher von Bauern erreget, oder wider Bauern geführet wird; besonders der große Aufstand der Bauern in Deutschland in der ersten Hälfte des 16ten Jahrhundertes.


Bauernpfeffer (W3) [Adelung]


Der Bauernpfeffer, des -s, plur. inusit. im gemeinen Leben, die schlechteste Art Pfeffer, welche aschfarbig aussiehet.


Bauernplatzer (W3) [Adelung]


Der Bauernplatzer, des -s, plur. ut nom. sing. ehemahlige kurze krumme Säbel, deren sich die Bauern in dem Bauernkriege bedienet haben sollen; Schwäbische Bräxer, weil sie vornehm lich in Schwaden üblich waren.


Bauern-Practik (W3) [Adelung]


Die Bauern-Practik, plur. die -en, von dem Latein. Worte Practica, im gemeinen Leben, Witterungs-Regeln, welche die Bauern anzunehmen pflegen, die folglich in der Naturlehre nicht gegründet sind.


Bauernschinder (W3) [Adelung]


+ Der Bauernschinder, oder Bauernplacker, des -s, plur. ut nom. sing. ein niedriger Ausdruck, einen Menschen zu bezeichnen, der die ihm untergebenen Bauern über die Gebühr beschweret.


Bauernsenf (W3) [Adelung]


Der Bauernsenf, des -es, plur. car. eine Pflanze, welche auf allen Äckern wächset, und deren Same an Schärfe dem Senfe gleicht; Thlaspi arvense, L. Brillenkraut, Heiderich, Täschelkraut. S. Klafter. Von einigen wird auch die große Wegekresse, Alyssum incanum, L. großer Bauernsenf genannt.


Bauernstück (W3) [Adelung]


Das Bauernstück, des -es, plur. die -e, ein Gemählde, auf welchem Bauern vorgestellet werden.


Bauernzwang (W3) [Adelung]


Der Bauernzwang, des -es, plur. car. das Recht, die dienstpflichtigen Bauern zu züchtigen, und zum Dienste anzuhalten; der Dienstzwang, Hofzwang, in Westphalen die Holzgrafschaft; Jurisdictio colonaria.


Bauerpflichtig (W3) [Adelung]


Bauerpflichtig, adj. et adv. zu Bauerdiensten verpflichtet. Ein bauerpflichtiges Gut, ein Bauergut.


Bauerrecht (W3) [Adelung]


Das Bauerrecht, des -es, plur. die -e, das Recht, dessen ein Bauer genießet. Zu Bauerrechte wohnen, ein Bauer seyn.


Bauerregel (W3) [Adelung]


Die Bauerregel, plur. die -n, muthmaßliche Regeln der Bauern von den Witterungen. S. Bauern-Practik.


Bauerrose (W3) [Adelung]


Die Bauerrose, plur. die -n, ein Nahme der Stockrose, weil sie von den Bauern zu dem Erntentkranze gebraucht wird.


Bauersand (W3) [Adelung]


Der Bauersand, des -es, plur. car. bey den Zinngießern, ein Sand zur Verfertigung der Formen, welcher gemeiniglich mit Salmiakwasser angefeuchtet wird. Er führet diesen Nahmen vermuthlich daher, weil die Zinngießer ihn von den Bauern bekommen.


Bauerschaft (W3) [Adelung]


Die Bauerschaft, plur. die -en, 1) Der Inbegriff aller Bauern eines Dorfes oder einer Gegend; in Oberdeutschland die Bauersame. Die junge Bauerschaft, die jungen Bauersleute. Im Osnabrückischen bedeutet Bauerschaft ein Dorf ohne Kirche, Dorf aber ein Kirchdorf. 3) Das Dorfrecht; aber nur in einigen Gegenden. 4) An einigen Orten, z. B. in Bremen, wird dieses Wort auch noch von dem Bürgerrechte genommen, ingleichen von einem gewissen Theile einer Stadt, und den darin wohnenden Bürgern. S. Bauer 1.


Bauerschenke (W3) [Adelung]


Die Bauerschenke, plur. die -n, eine Schenke, in welcher die Bauern zusammen zu kommen pflegen; eine Dorfschenke.


Bauerschwalbe (W3) [Adelung]


Die Bauerschwalbe, plur. die -n, eine Nahme, welchen man im gemeinen Leben auch den Rauch- oder Küchenschwalben gibt, weil sie sich gern in den Häusern der Landleute aufhalten. S. Rauchschwalbe.


Bauersleute (W3) [Adelung]


Die Bauersleute, singul. car. Personen beyderley Geschlechtes aus dem Bauerstande; in niedrigen Ausdrücken das Bauervolk.


Bauersmann (W3) [Adelung]


Der Bauersmann, des -es, plur. die -leute, im gemeinen Leben oft so viel als ein Bauer.


Bauerspiel (W3) [Adelung]


Das Bauerspiel, des -es, plur. die -e, ein Schauspiel, in welchem die handelnden Personen aus Bauern bestehen. Die Italiäner haben es erfunden, und die Tancia des Michael Angelo Buonarotti ist das einzige Meisterstück in dieser überhaupt seltenen Art von Schauspielen.


Bauersprache (W3) [Adelung]


* Die Bauersprache, oder Bauernsprache, plur. inusit. in Westphalen, die alten schriftlich verfaßten Gewohnheiten eines Dorfes. Ehedem bedeutete dieses Wort auch eine Versammlung der Bürger und die in derselben errichteten Stadtgesetze, in welchem Verstande es noch in den Hamburgischen Statuten vorkommt. S. Sprache und Bauer 1. Das Schwed. Bursprak, bedeutet so wohl die Versammlung der Bürger, als auch den Ort, wo sie geschiehet.


Bauerstand (W3) [Adelung]


Der Bauerstand, oder Bauernstand, des -es, plur. inusit. 1) Der Zustand, die Beschaffenheit der Bauern. 2) Der Inbegriff aller Bauern eines Landes, oder einer Provinz, und deren Bevollmächtigte; z. B. der Bauernstand auf dem Reichstage in Schweden.


Bauerstolz (W3) [Adelung]


Bauerstolz, -er, -este, adj. et adv. auf eine ungeschickte und ungesittete Art stolz.


Bauerstolz (W3) [Adelung]


Der Bauerstolz, oder Bauernstolz, des -es, plur. car. ein mit Ungeschicklichkeit versehener ungesitteter Stolz, der gemeiniglich einer schlechten Herkunft und Erziehung anklebt.


Bauervolk (W3) [Adelung]


Das Bauervolk, des -es, plur. car. S. Bauersleute.


Bauerweib (W3) [Adelung]


Das Bauerweib, oder Bauernweib, des -es, plur. die -er, S. Bauerfrau.


Bauerwezel (W3) [Adelung]


Der Bauerwezel, des -s, plur. inusit. im gemeinen Leben, diejenige Entzündung des Halses, welche mit einer Geschwulst der Ohren- und Speicheldrüsen verbunden ist; vermuthlich, weil sie unter dem Landvolke am häufigsten ist; Cynanche parotidaea, Franz. Oreillons, S. Wezel.


Bauerwolle (W3) [Adelung]


Die Bauerwolle, plur. car. in der Handlung, diejenige Wolle, welche die Bauern ihren Schafen abnehmen, im Gegensatze der Schäfereywolle.


Baufällig (W3) [Adelung]


Baufällig, -er, -ste, adj. et adv. dessen Bau den Einfall drohet, wandelbar, von Gebäuden und allen denjenigen Zusammensetzungen, von welchen sich das Zeitwort bauen gebrauchen lässet. Ein baufälliges Haus, eine baufällige Mauer, ein baufälliges Schiff u. s. f. Baufällig seyn, werden. Daher das Hauptwort die Baufälligkeit.


Baufeld (W3) [Adelung]


Das Baufeld, des -es, plur. die -er, überhaupt ein jedes Feld, welches gebauet wird. Das Baufeld war eine Wüste, Jer. 4, 26. Auf dem Schwarzwalde nennet man Baufelder in engerer Bedeutung die gewöhnlichen Äcker, im Gegensatze der Mähfelder, welche geschwendet werden.


Bauflöße (W3) [Adelung]


Die Bauflöße, plur. die -n, im gemeinen Leben, eine mit Bauholz beladene, oder aus Bauholz verfertigte Flöße; gleichsam Bauholzflöße.


Baufreyheit (W3) [Adelung]


Die Baufreyheit, plur. die -en. 1) Die Freyheit oder Erlaubniß zu bauen; ohne Plural. 2) Am gewöhnlichsten, eine Freyheit oder ein Nachlaß von obrigkeitlichen Abgaben und Beschwerden, zum Behufe eines neuen Baues; in welchem Verstande die Baufreyheiten eine Art der Baubegnadigungen sind.


Baufrohne (W3) [Adelung]


Die Baufrohne, plur. die -n, S. Baudienst.


Baufuhre (W3) [Adelung]


Die Baufuhre, plur. die -n, Fuhren, welche zum Behufe eines Baues geschehen, besonders wenn sie von den Unterthanen zur Frohe verrichtet werden.


Baufuß (W3) [Adelung]


Der Baufuß, des -es, plur. die -füße, ein Fußmaß, welches vornehmlich im Bauwesen üblich, und von dem gemeinen Fußmaße verschieden ist.


Baugefangene (W3) [Adelung]


Der Baugefangene, des -n, plur. die -n, zum Festungsbaue verurtheilter Verbrecher.


Baugeist (W3) [Adelung]


Der Baugeist, des -es, plur. die -er. 1) Eine heftige Neigung zum Bauen; ohne Plural. Einen starken Baugeist haben. 2) Eine Person, welche diesen Baugeist hat; mit dem Plural.


Baugeld (W3) [Adelung]


Das Baugeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er. 1) Ein jedes Geld, welches zu einem Baue bestimmet ist. 2) In einigen Gegenden, dasjenige Geld, welches neuen Anbauern von der Obrigkeit zur Erleichterung gegeben wird; eine Art der Baubegnadigung.


Baugericht (W3) [Adelung]


Das Baugericht, des -es, plur. die -e. S. Bauamt.


Baugerüst (W3) [Adelung]


Das Baugerüst, des -es, plur. die -e, ein Gerüst von Stangen und Bretern zum Behufe eines Baues, welches im gemeinen Leben nur schlechthin ein Gerüst genannt wird.


Bauhaft (W3) [Adelung]


Bauhaft, adj. et adv. was gebauet wird, besonders im Bergbaue. Eine bauhafte Zeche, welche wirklich gebauet wird, im Gegensatze einer verlassenen. Ein Berggebäude bauhaft halten, in dem gehörigen Stande erhalten.


Bauhandwerk (W3) [Adelung]


Das Bauhandwerk, des -es, plur. die -e, ein Handwerk, welches zur Aufführung eines Gebäudes nöthig ist; dergleichen das Handwerk der Zimmerleute, Mäurer, Steinmetzen, Ziegel- und Kalkbrenner, Tischler, Schlösser u. s. f. ist.


Bauherr (W3) [Adelung]


Der Bauherr, des -en, plur. die -en. 1) Derjenige, welcher ein Gebäude aufführen lässet. 2) In den Städten, derje- nige Rathsherr, welcher die Aufsicht über die Öffentlichen Gebäude hat; an andern Orten Baumeister, und in einigen Klöstern Werkmeister.


Bauhof (W3) [Adelung]


Der Bauhof, des -es, plur. die -höfe. 1) Ein Platz, auf welchem die Baugeräthe verwahret, und die Gebäude von den Zimmer leuten zugerichtet werden. In Nürnberg wird der Stadtbauhof die Beund, oder Peunt genannt, von dem alten Beund, ein verzäunter Platz. 2) An einigen Orten so viel als Bauerhof.


Bauholz (W3) [Adelung]


Das Bauholz, des -es, plur. car. Holz, welches zu Aufrichtung eines Gebäudes an Schwellen, Balken u. s. f. erfordert wird. Ingleichen Bäume, welche zu solchem Bauholze gebraucht werden können, im Gegensatze des Brennholzes.


Baujoch (W3) [Adelung]


Das Baujoch, des -es, plur. die -jöcher, in den Bergwerken, die Oberschwellen, welche auf den Seitenpfählen eines Ganges liegen, daß nichts von oben einfallen kann; auch nur schlechthin die Jöcher.


Bauknecht (W3) [Adelung]


Der Bauknecht, des -es, plur. die -e. 1) Auf großen Höfen derjenige Knecht, welcher zu Bau- und andern Fuhren gebraucht wird, im Gegensatze des Ackerknechtes, oder Pferdeknechtes. 2) Ein Knecht, d. i. geringer Aufseher der Baugefangenen, welcher unter dem Bau-Profoße stehet.


Baukosten (W3) [Adelung]


Die Baukosten, singul. car. alle zur Aufführung oder Unterhaltung eines Gebäudes nöthigen Kosten.


Baukothe (W3) [Adelung]


Die Baukothe, plur. die -n, in den Salzwerken, eine Kothe, welche nur alsdann gebraucht wird, wenn an der ordentlichen etwas zu bauen oder zu bessern ist.


Baukunst (W3) [Adelung]


Die Baukunst, plur. inusit. die Kunst, bequeme, sichere und zierliche. Gebäude aufzuführen; welche nach Verschiedenheit der Gebäude wieder besondere Nahmen bekommt, als der bürgerlichen Baukunst, der Kriegsbaukunst, der Schiffsbaukunst, der Wasserbaukunst u. s. f. Mit einem Griechischen Worte die Architektur. Das von einige gewagte Baukünstler, einen Bauverständigen, Baumeister, Architekt, zu bezeichnen, hat wenig Beyfall gefunden.


Bauland (W3) [Adelung]


Das Bauland, des -es, plur. die -länder, fruchtbares Ackerfeld, welches gebauet wird; Baufeld.


Bäule (W3) [Adelung]


Die Bäule, S. Beule.


Baulebung (W3) [Adelung]


Die Baulebung, plur. inusit. oder das Baulebungsrecht, des -es, plur. die -e, ein Recht, nach welchem der Grundherr berechtiget ist, nach dem Tode eines Unterthanen ein Stück Vieh wegzunehmen. Dieses Recht ist noch in Franken, Schwaben, Pfalz, Braunschweig und Westphalen üblich, und wird auch das Baudeling, das Hauptrecht, der Hauptfall, das Besthaupt, der Erbfall, das Trauerrecht, das Erbrecht, das Weidmal, die Curwede oder Körmede, das Budtheil, der Todtenfall, und das Gelaß genannt. So fern der Grundherr, oder der als ein solcher angesehen wird, anstatt des Viehes das beste Kleid fordern kann, heißt es auch der Gewandfall.


Baulehm (W3) [Adelung]


Der Baulehm, des -es, plur. car. Lehm, der zum Bauen gebraucht wird; besonders in den Schmelzhütten, Lehm, womit die Schmelzöfen gebauet werden.


Bauleute (W3) [Adelung]


Die Bauleute, singul. car. 1) Leute, welche unter der Aufsicht eines Baumeisters an einem Baue arbeiten. In der Deutschen Bibel kommt dieser Ausdruck einige Mahl für Baumeister vor, welcher Gebrauch aber ungewöhnlich ist. 2) Bauern, in der engern Bedeutung dieses Wortes, in einigen Gegenden. S. Baumann.


Baulich (W3) [Adelung]


Baulich, -er, -ste, adj. et adv. wohnbar; doch nur in der R. A. ein Haus, ein Gebäude in baulichem Stande erhalten. Bauen hat in dieser Zusammensetzung noch die alte Bedeutung des Wohnens. Opitz gebraucht dafür bauständig. Bey dem Königshoven bedeutet baulich so viel als wohnhaft, ansässig.


Baulust (W3) [Adelung]


Die Baulust, plur. car. die Lust oder Neigung zu bauen.


Baulustig (W3) [Adelung]


Baulustig, -er, -ste, adj. et adv. Lust zu bauen habend, besonders in dem Bergbaue. Baulustige Gewerken.


Baum (W3) [Adelung]


Der Baum, des -es, plur. die Bäume, Diminutivum Bäumchen, Oberdeutsch Bäumlein. 1. Eigentlich, die größte Art des Pflanzenreiches, oder eine Pflanze, welche ihre Blätter und neuen Theile aus Augen an einem einzigen Stamme über der Erde entwickelt, im Gegensatze der Kräuter und Sträuche, welche theils keinen Stamm über der Erde, theils mehrere Stämme haben, theils ihre neuen Theile nicht aus Augen entwickeln. Ein angehender Baum, ein junger Baum; zum Unterschiede von einem bloßen Reise. Ein Gartenbaum, Ostbaum, Waldbaum, Eichbaum, Apfelbaum u. s. f. Der Baum des Lebens, ein dem Nahmen nach bekanntes Gewächs in dem ehemahligen irdischen Paradiese. In den Gärten nennet man einen gewissen ausländischen Baum, dessen Blätter dem Sadebaum gleichen, und der eine rothbraune, rauhe Rinde, kleine gelbliche Blumen, und schuppige Samenknospen hat, gleichfalls den Baum des Lebens; Thuja, L. Er bleibet auch im Winter grün, und hat einen angenehmen Geruch; Eigenschaften, welchem er vermuthlich seinen stolzen Nahmen zu verdanken hat.2. Figürlich, im gemeinen Leben alles, was aus einem ganzen Baume verfertiget worden, oder doch die Gestalt eines Baumes hat. Daher die zusammen gesetzten Wörter, Hebebaum, Fachbaum u. s. f. Besonders wird in verschiedenen Maschinen ein großes Stück Holz, welches eines der vornehmsten Theile der Maschine ist, ein Baum genannt. Dahin gehöret der Baum bey den Webern, das runde starke Holz, um welches so wohl das Garn, als auch das verfertigte Gewebe gewickelt wird; die Bäume an den Schlitten, die untern starken Hölzer, welche auch Schwellen genannt werden u. s. f.

Anm. Baum, bey dem Ottfried Boum, bey den Notker Poum, bey dem Ulphilas Bagm, bey den Angels. Beam, Nieders. Boom, Holländ. Boom, Dän. Bom, Schwed. Bom, scheinen den Nahmen von der Höhe zu haben. Im Hebr. heißt - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - hoch; das Persische Bam bezeichnet den Gipfel eines jeden Dinges, und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, steigen, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , einen Altar, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Kanzel. S. Bäumen, das Zeitwort, und 2. Bauen. Die Lateiner nannten eine besondere Art Bäume Pomus, und deren Frucht Pomum.


Baum-Achat (W3) [Adelung]


Der Baum-Achat, des -es, plur. die -e, ein Achat, mit Figuren, die den Bäumen einiger Maßen ähnlich sehen; mit einem Griechischen Worte, Dendrachat.


Baumameise (W3) [Adelung]


Die Baumameise, plur. die -n, eine Art Ameisen in Amerika, welche ihre Nester auf Bäumen bauen.


Baumanger (W3) [Adelung]


Der Baumanger, des -s, plur. ut nom. sing. ein mit Bäumen bepflanzter Anger.


Baumann (W3) [Adelung]


* Der Baumann, des -es, plur. die Bauleute, an einigen Orten, besonders Oberdeutschlandes, so viel als ein Bauer oder Ackermann; in welcher Bedeutung dieses Wort schon in dem Schwabenspiegel vorkommt. Daher die Baumannschaft, die Bauerschaft. Im Bremischen wird dieses Wort in engerer Bedeutung nur von einem ganzen Meier oder Vollbauer gebraucht, im Gegensatze des Meiers, Halbmeiers oder Kothsassen.


Baumänte (W3) [Adelung]


Die Baumänte, plur. die -en, eine Art wilder Änten in den nordischen Gegenden, von welcher man ehedem glaubte, daß sie auf den Bäumen wüchsen; Dän. Hvinand, Blankekniv, Anas Clangula, L.


Bau-Materialien (W3) [Adelung]


Die Bau-Materialien, singul. inusit. alle zu Aufführung eines Gebäudes nöthigen Materialien oder Bedürfnisse; der Baustoff.


Baumauster (W3) [Adelung]


Die Baumauster, plur. die -n, eine Art großer Ostindischer Austern, welche sich an die Bäume und ihre Wurzeln hängen; die Holzauster.


Baumbast (W3) [Adelung]


Der Baumbast, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, 1) Eigentlich der Bast von Bäumen. 2) Ein aus solchem Baste von Bäumen verfertigter Zeug, welcher in Angola in Afrika verfertiget wird und dem schönsten seidenen Zeuge gleichet. 3) Ein halb seidener Zeug, aus schlechter Seide und Kamehlhaaren; ein glatter Basin. S. Bombasin.

Anm. In dieser letzten Bedeutung kommt dieses Wort unstreitig aus dem Ital. Bombasina, Bombaggine, her, welches einen baumwollenen Zeug bedeutet, von Bombace, Latein. Bombyx, Baumwolle, zuweilen aber auch Seide. Aus dem Ital. Worte haben die Franzosen ihr Bombalin, die Holländer ihr Bombasyn, Bummesin, die Engländer ihr Bumbasin, und die Deutschen ihr Baumbast gemacht. Bambacinum, Bambucinum, Bambasium, Bambicium, Bombasum u. s. f. bedeutete in dem mittlern Lateine dergleichen baumwollene Zeuge. S. auch Baumseide.


Baumbicker (W3) [Adelung]


Der Baumbicker, des -s, plur. ut nom. sing. ein allgemeiner Nahme aller derjenigen Spechte, welche mit dem Schnabel in die Rinde der Bäume bicken, und daselbst ihre Nahrung suchen. S. auch Baumgrille und Baumhacker.


Baumblüthe (W3) [Adelung]


Die Baumblüthe, plur. die -n, 1) Die Blüthe der Bäume. 2) Die Zeit, wenn die Bäume zu blühen pflegen. In einigen Gegenden die Baumbluth.


Baumbohne (W3) [Adelung]


Die Baumbohne, plur. die -n, ein Nahme, der verschiedenen Gewächsen und ihren Früchten gegeben wird, die den Samen wie die Bohnen in Schoten tragen, oder deren Blättern der Bohnen gleichen. 1) Einer Ostindischen Pflanze, welche röthliche Schoten mit einer einzigen Bohne trägt; Connarus, L. 2) Dem Cytifus Laburnum, L. S. Bohnenbaum. 3) Der Anagyris, L. S. Stinkbaum.


Baumbrand (W3) [Adelung]


Der Baumbrand, des -es, plur. car. eine Krankheit der Bäume, wie der Brand bey den Menschen, da das Holz von innen heraus schwarz wird, und der Baum abstirbt.


Baumbruch (W3) [Adelung]


Der Baumbruch, des -es, plur. die -brüche, im Forstwesen. 1) Der Schaden, welcher durch Stürme an niedergerissenen Bäumen verursachet wird. 2) Dergleichen niedergerissenes Holz; ohne Plural. Daher baumbrüchig, vom Winde niedergerissen. Baumbrüchiges Holz. In beyden Fällen ist dafür auch Baumfall und baumfällig üblich.


Baumeister (W3) [Adelung]


Der Baumeister, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der die Baukunst verstehet und ausübet; ein Architekt. 2) Eine obrigkeitliche Person, welche die Aussicht über die öffentlichen Gebäude hat. S. Bauherr 2. 3) In dem Amte Kleeberg, welches Hessen-Darmstadt mit Nassau-Weilburg gemeinschaftlich besitzet, heißet derjenige Baumeister, der den Vorgang hat. So ist Hessen-Darmstadt zwey Jahre Baumeister, und Nassau-Weilburg ein Jahr. 4) * Von bauen, colere, so viel als Bauermeister; in welcher Bedeutung Baumeister im Hennebergischen einen Heimbürgen, d. i. Syndicum des Dorfes bedeutet.


Baumeln (W3) [Adelung]


Baumeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, sich im Hangen hin und her bewegen, schwankend herab hangen. Es baumelten ihnen goldne Bänder um die Achseln, Weiße. S. auch Ohrenbaumel.

Anm. Im Niedersächsischen lautet diese Zeitwort bammeln. Das Betragnische bwhmman bedeutet fluctuare, und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, beben. Dieses Wort mit Wachtern von beben herzuleiten, scheinet eben so gezwungen zu seyn, als mit Frischen bam, den Ausdruck des Schalles, den eine Glocke im Baumeln macht, als das Stammwort anzunehmen.


Bäumen (W3) [Adelung]


Bäumen, adj. et adv. von Baum, welches aber nur in den Zusammensetzungen apfelbäumen, birnbäumen, eichbäumen u. s. f. üblich ist.


Baumfalk (W3) [Adelung]


Der Baumfalk, des -en, plur. die -en, ein kleiner, herzhafter und schöner Falk, der dunkelblau und weiß gestreift, und sehr flüchtig ist, sich aber nicht zum Beißen abrichten lässet. Zum Lerchenfange ist er gut zu gebrauchen, daher er auch Lerchenfalk genannt wird.


Baumfall (W3) [Adelung]


Der Baumfall, des -es, plur. die -fälle, S. Baumbruch.


Baumfalle (W3) [Adelung]


Die Baumfalle, plur. die -n, eine Falle mit einem Schlagbaume, so auch wohl von noch stehenden jungen Bäumen gemacht, und im Walde aufgestellet wird, die Marder, Ratzen u. s. f. darin zu fangen.


Baumfarn (W3) [Adelung]


Das Baumfarn, des -es, S. Farnkraut.


Baumflechte (W3) [Adelung]


Die "Baumflechte", plur. inusit. ein Moos, welches zu den Flechten gehöret, gespaltene stumpfe glatte Blätter hat, welche oben vertieft, unten aber filzig sind, und auf den Eich- und Buchbäumen häufig wächset; "Moosflechte", "Lichen pulmonarius, L." Der gemeine Mann schreibt diesem Moose große Kräfte in Lungenkrankheiten zu, und pflegt es daher auch "Lungenkraut", "Baumlunge", und "Eichenlunge" zu nennen.


Baumfloh (W3) [Adelung]


Der Baumfloh, des -es, plur. die -flöhe, ein Insect, welches noch kleiner als ein Floh ist, und sich so wohl auf den Bäumen, als auf der Erde aufhält; Podura plumbea, L.


Baumfrosch (W3) [Adelung]


Der Baumfrosch, des -es, plur. dir -frösche, ein kleiner grüner Frosch, der auf die Bäume kriecht, und welchen Klein noch von dem Laubfrosche unterscheidet.


Baumfrucht (W3) [Adelung]


Die Baumfrucht, plur. die -früchte, eine jede Feucht, welche auf Bäumen gezeuget wird.


Baumfutter (W3) [Adelung]


Das Baumfutter, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Sattlern, dasjenige, womit der Baum eines Wagens neben dem Fußtritte überzogen und gefüttert wird.


Baumgans (W3) [Adelung]


Die Baumgans, plur. die -gänse, eine Art schwarzer aschfarbiger Wasservögel, welche in Schottland sehr häufig gefunden werden; Rothgans, Engl. Rood-Goose, Brentgans, Engl. Brent-Goose, bey dem Klein Anser Brenta. Ehedem glaubte man, sie wüchsen auf den Bäumen und würden aus den Bernacken-Muscheln erzeuget.


Baumgarten (W3) [Adelung]


Der Baumgarten, des -s, plur. die -gärten, ein Garten, in welchem nur Obstbäume gezeuget und gewartet werden; ein Obstgarten. Bey dem Notker Boumgarten, bey dem Willeram Bomgarto. Daher der Baumgärtner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Gärtner, der sich vornehmlich auf die Wartung der Bäume versteht, und einen Baumgarten hält.


Baumgericht (W3) [Adelung]


Das Baumgericht, des -es, plur. die -e, in Ostfriesland ein Gericht, welches öffentlich unter einem Baume gehalten wurde. Am Rheinstrome werden die Sprenkel der Dohnen an den Bäumen Baumgerichte genannt, von richten, stellen.


Baumgrendel (W3) [Adelung]


Der Baumgrendel, Baumgrindel, oder Grängel, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z. B. der Lausitz, der Baum oder die Deichsel an dem Pfluge; der Pflugbaum. S. Grendel.


Baumgrille (W3) [Adelung]


Die Baumgrille, plur. die -n, eine Art Sichler, oder Sichelschnäbler. (Falcator bey dem Klein), welcher einen dünnen langen Schnabel hat, der wie eine Sichel gestaltet ist; Certhia, L. Weil der Vogel an die Bäume hinauf klettert, und seine Nahrung in ihren Rinden sucht, so wird er auch Baumklette, oder Baumkletter genannt, und von einigen zu den Spechten gerechnet. Klein zählet neunzehn Arten der Baumgrillen. S. das folgende.


Baumhaker (W3) [Adelung]


Der Baumhaker, des -s, plur. ut nom. sing. ein Vogel, der auch zu dem Geschlechte des vorigen gehöret, im gemeinen Leben aber mit demselben verwechselt wird. Er macht die kleinste Art Spechte aus, und wird sonst auch Grauspecht, Baumspecht, Hierengryll, Engl. The Creeper, von dem Klein Falcinellus arboreus, von dem Linne aber Certhia familiaris genannt. Weil dieser Vogel mit seinen scharfen Klauen an den Bäumen hinauf und herunter zu laufen pfleget, so hat man ihm daher im gemeinen Leben auch die nahmen Baumklette, Baumkletter, Baumkletterlein, Baumhäckel, Baumläufer, Baumreiter, Baumrutter und Baumsteiger gegeben. S. Baumbicker.


Baumharz (W3) [Adelung]


Das Baumharz, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, Harz von Bäumen, zum Unterschiede von dem Bergharze.


Baumhebe (W3) [Adelung]


Die Baumhebe, plur. die -n, ein hölzernes Werkzeug, schwere Bäume mit leichter Mühe auf den Wagen, oder auch die Stöcke der Bäume mit Vortheil aus der Erde zu heben. Auch der Baumheber.


Baumhecke (W3) [Adelung]


Die Baumhecke, plur. die -n, im Gartenbaue, eine Hecke, die von Baumästen in der Höhe gezogen und beschnitten wird.


Baumholder (W3) [Adelung]


Der Baumholder, des -s, plur. inusit. ein Nahme, den man auch dem gemeinen Hohlunder, Sambucus nigra, L. zu geben pfleget, weil er zu starken Bäumen wächset.


Baumholz (W3) [Adelung]


Das Baumholz, des -es, plur. die -hölzer, im Forstwesen, 1) ohne Plural, zu bäumen gewachsenes Holz; Oberholz. In diesem Walde stehet viel Baumholz. 2) Ein Stück Wald von solchem Holze.


Baumhüpfer (W3) [Adelung]


Der Baumhüpfer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art sehr kleiner Spinnen an solchen Bäumen, die der Sonne ausgesetzt sind, welche springt, und alsdann einen Faden nach sich schleppt; Aranea truncorum, L.


Baumiethe (W3) [Adelung]


Die Baumiethe, S. Bauermiethe.


Baumkäfer (W3) [Adelung]


Der Baumkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. eine große Art Käfer, welche sich gern auf den Bäumen aufhält.


Baumkanne (W3) [Adelung]


Die Baumkanne, plur. die -n, eine große hölzerne Kanne, vielleicht weil sie, wenn sie gefüllet ist, an einem Baume getragen wird.


Baumkantig (W3) [Adelung]


Baumkantig, adj. et adv. welches bey den Zimmerleuten von einem Baume gebraucht wird, der nicht auf allen Seiten nach demWinkel glatt beschlagen ist, sondern noch Spuren von der Rinde aufzuweisen hat, im Gegensatze des vollkantig. S. Kante.


Baumkelter (W3) [Adelung]


Die Baumkelter, plur. die -n, eine Große Kelter, welche vermittelst des Druckbaumes regieret wird, im Gegensatze der Spindelpresse.


Baumkiehn (W3) [Adelung]


Der Baumkiehn, des -es, plur. inusit. Kiehn, der aus den Stämmen alter Kiefern geschlagen wird, im Gegensatze des Stock- und Vogelkiehns.


Baumklette (W3) [Adelung]


Die Baumklette, plur. die -n, oder der Baumkletter, des -s, plur. ut nom. sing. S. Baumhacker und Baumgrille.


Baumkratze (W3) [Adelung]


Die Baumkratze, plur. inusit. eine Art Moos mit gespaltenen in die Höhe steigenden Blättern, mit einem erhöheten eingefaßten Rande, Lichen Islandicus, L. welches aber auch auf den Alpen in Kärnthen und der Schweiz gefunden wird.


Baumkuchen (W3) [Adelung]


Der Baumkuchen, S. Stangenküchen.


Baumkunst (W3) [Adelung]


Die Baumkunst, plur. die -künste, im gemeinen Leben, Künste, die Natur der Bäume und ihrer Früchte zu verändern.


Baumläufer (W3) [Adelung]


Der Baumläufer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Baumhacker.


Baumlaus (W3) [Adelung]


Die Baumlaus, plur. die -läuse, ein kleines Ungeziefer, welches sich haufenweise auf den Bäumen und Pflanzen aufhält, und denselben vielen Schaden zufüget. Es ist größten Theils schwarz oder grün; die auf den Weidenbäumen wohnen, sind roth. Sie verwandeln sich, und sind eine angenehme Speise der Ameisen, die ihnen überall nachfolgen. Im Osnabrückischen werden sie Emmeln genannt. Er ist dieses eben das Insect, welches andere die Blattlaus, Linne aber Aphis nennet.


Baumleiter (W3) [Adelung]


Die Baumleiter, plur, die -n, eine Leiter, welche hinten mit Bäumen oder Stützen versehen ist, nicht angelehnet werden darf, und daher bey Bäumen gut zu gebrauchen ist.


Baumlerche (W3) [Adelung]


Die Baumlerche, plur. die -n, S. Heidelerche, Holzlerche.


Baumlunge (W3) [Adelung]


Die Baumlunge, plur. inusit. S. Baumflechte.


Baum-Malve (W3) [Adelung]


Die Baum-Malve, plur. die -n, ein Staudengewächs, dessen Blätter den gemeinen Pappelblättern gleichen. Die Blüthe ist roth und gleichet ebenfalls den Blüthen der Pappeln; Malva arborea.


Baummarder (W3) [Adelung]


Der Baummarder, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Marder, die sich vornehmlich in den Wäldern in hohlen Bäumen aufhält, von Farbe braun und unter der Kehle gelblich ist. Ihr Fell kommt den Zobelfällen sehr nahe. Im gemeinen Leben das Baummard, sonst auch Buchmarder, Edelmarder, Feldmarder.


Baummast (W3) [Adelung]


Die Baummast, plur. car. in der Landwirthschaft, diejenige Mast, welche auf Bäumen erzeuget wird, z. B. Eicheln, Bucheicheln, Nüsse und wildes Obst; die Holzmast, Obermast, im Gegensatze der Erdmast, oder Untermast.


Baummeißel (W3) [Adelung]


Der Baummeißel, des -s, plur. ut nom. sing. ein eisernes Werkzeug der Gärtner, welches oben breit und scharf ist, auf beyden Seiten aber krumme Haken hat, die Wasserschößlinge und andere unnütze Äste damit abzustoßen, und den Schnitt wieder glatt zu machen; das Schroteisen.


Baummesser (W3) [Adelung]


Das Baummesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein an der Spitze eingebogenes Messer der Gärtner, zum Beschneiden der Bäume; das Gartenmesser.


Baummoos (W3) [Adelung]


Das Baummoos, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein Nahme, welchen man allen denjenigen Moosarten zu geben pfleget, welche auf Bäumen wachsen, im Gegensatze der Stein- und Erdmoose. Dergleichen sind z. B. das Bryum striatum, Hypnum viticulosum, und velutinum, Jungermannia complanata, Lichen rugosus, pallescens, subfuscus, stellaris, ciliaris, farinaceus u. s. f. des Linne.


Baummörder (W3) [Adelung]


Der Baummörder, des -s, plur. ut nom sing. ein Nord-Amerikanisches Staudengewächs; Celastrus icandens, L. Es schlinget sich um andere Bäume herum und erstickt sie zuweilen, daher es den Deutschen Nahmen so wohl, als den Französischen, Bourreau des arbres, erhalten hat.


Baumnachtigall (W3) [Adelung]


Die Baumnachtigall, plur. die -en, eine Art Bachstelzen, welche angenehm singet; Motacilla modularis, L. das Bleykelchen, Brunellchen, der Krauthänfling.


Bäumnuß (W3) [Adelung]


Die Bäumnuß, plur. die -nüsse, ein Nahme, welchen man an einigen Örtern den Wälschen Nüssen gibt, weil sie auf Bäumen wachsen, zum Unterschiede von den Haselnüssen, die gemeiniglich die Frucht eines Strauches sind.


Baumöhl (W3) [Adelung]


Das Baumöhl, des -es, plur. von mehreren Arten, die -e, dasjenige Öhl, welches aus den reifen Oliven, der Frucht des Öhlbaumes oder Olivenbaumes gepresset wird, daher es auch Olivenöhl heißt.


Baumpappel (W3) [Adelung]


Die Baumpappel, plur. die -n, ein Sommergewächs, welsches einen vielfachen, hohen, rauhen Stängel und rosenähnliche Blumen von mancherley Farbe hat. Die Stockrose ist eine Art davon.


Baumpilz (W3) [Adelung]


Der Baumpilz, des -es, plur. die -e, eine Art Pilze ohne Stiel, Boletus, L. die auf den Ästen der Bäume wächset. Die Oberfläche ist braungrün und mit bunten wellenförmig im Kreise laufenden Streifen gezieret, zuweilen auch haarig oder sammetartig, die Unterfläche aber weiß.


Baumpresse (W3) [Adelung]


Die Baumpresse, plur. die -n, so viel als Baumkelter; S. dieses Wort


Baumrebe (W3) [Adelung]


Die Baumrebe, plur. die -n, eine Art Weinreben, welche nicht bepfählt, sondern an Bäumen gepflanzet werden, an welchen sie sich in die Höhe ranken. Man findet sie vornehmlich in Languedoc und Italien.


Baumreiter (W3) [Adelung]


Der Baumreiter, des -s, plur. ut nom sing. 1) Ein Nahme gewisser Spechte, S. Baumhacker. 2) Ein Nahme der wilden Katzen bey den Jägern, besonders des Männchens, weil sie auf den Bäumen herum schleichen, und gleichsam reiten.


Baumrinde (W3) [Adelung]


Die Baumrinde, plur. inusit. außer wo von mehreren Arten die Rede ist, die -n, die Rinde der Bäume, oder der äußerste Theil, der dem Holze zur Bedeckung dienet; Niedersächsisch Borke.


Baumruthe (W3) [Adelung]


Die Baumruthe, plur. die -n, bey den Webern, ein dünner Stab, welcher in die Fuge des Garnbaumes paßt, das Ende der Kettenfäden damit in dem Baume zu befestigen.


Baumsaft (W3) [Adelung]


Der Baumsaft, des -es, plur. von mehreren Arten, die -säfte, der in den Bäumen befindliche Saft.


Baumsäge (W3) [Adelung]


Die Baumsäge, plur. die -n. 1) Bey den Gärtnern, eine Säge mit einem eisernen Bügel über dem Blatte, die Äste an den Bäumen damit abzusägen. 2) Im gemeinen Leben, eine lange, breite Säge, große Bäume damit durchzusägen; die Schrotsäge.


Baumsalbe (W3) [Adelung]


Die Baumsalbe, plur. die -n, eine Salbe, und jede einer Salbe ähnliche Zusammensetzung, womit man die schadhaften Stellen der Bäume und ihrer Wurzeln bestreichet.


Baumsauger (W3) [Adelung]


Der Baumsauger, des -s, plur. ut nom sing. bey einigen ein Nahme solcher Pflanzen, welche von dem Safte andererBäume leben, und sie gleichsam aussaugen, dergleichen die Mistel, die Moose, Schwämme u. s. f. sind. Bey andern heißen sie Pflanzensauger, Safträuber, Saugepflanzen, und, obgleich nicht auf die schicklichste Art, Schmarotzerpflanzen.


Baumscheibe (W3) [Adelung]


Die Baumscheibe, plur. die -n, bey den Webern, die an dem Zeugbaume zur rechten Hand des Stuhles befindliche hölzerne Scheide, welche mit einer eisernen ausgezähnten Peripherie, und einer Klinke versehen ist, den Zeug vermittelst derselben auf den Baum zu winden.


Baumschere (W3) [Adelung]


Die Baumschere, plur. die -n, bey den Gärtnern, eine Schere an einer langen Stange, welche statt des andern Schenkels eine lange Schnur hat, das unsaubere und unnütze Holz damit von den Bäumen abzusondern.


Baumschiff (W3) [Adelung]


Das Baumschiff, des -es, plur. die -e, ein Kahn welcher aus einem ganzen Baume gehauen worden.


Baumschimmel (W3) [Adelung]


Der Baumschimmel, des -s, plur. von mehreren Arten, ut nom. sing. eine Art Schimmel, welche so wohl die Rinden der Bäume, als auch die Moosarten mit einer weißen Farbe überziehet; Moosschimmel, Byssus lactea, L.


Baumschlag (W3) [Adelung]


Der Baumschlag, des -es, plur. inusit. bey den Mahlern und Kupferstechern die Vorstellung des Laubwerkes an den Bäumen, und die Art und Weise, wie dasselbe abgebildet wird. S. Schlag.


Baumschließer (W3) [Adelung]


Der Baumschließer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bedienter, der zur Bewahrung des Einganges der Häfen und Flüsse bestellet ist, weil solcher oft vermittelst eines Baumes verschlossen werden kann.


Baumschnecke (W3) [Adelung]


Die Baumschnecke, plur. die -n, eine Art gemeiner Schnecken, welche an den Bäumen hinauf kriecht und auf denselben ihre Nahrung sucht; Helix nemoralis, L. die Waldschnecke.


Baumschnitt (W3) [Adelung]


Der Baumschnitt, des -es, plur. inusit. bey den Gärtnern, das Beschneiden der Bäume; noch mehr aber die Art und Weise, die Bäume zu beschneiden.


Baumschröter (W3) [Adelung]


Der Baumschröter, des -s, plur. ut nom. sing. die größte Art Käfer in Deutschland, dessen Hörner dem Geweihe eines Hirsches ähnlich sehen, und welcher sich gern an den Bäumen aufhält, deren ausgetretenen Saft er aufsauget; Lucanus, L. der Hirschkäfer, Feuerschröter, Berner, von dem alten bernen, brennen, weil er nach dem gemeinen Wahne mit seiner Hornzange glühende Kohlen auf die Dächer tragen, und selbige damit anzünden soll. S. Feuerschröter und Schröter.


Baumschule (W3) [Adelung]


Die Baumschule, plur. die -en, ein Ort, wo man junge Stämme der Bäume so lange erziehet, bis sie an den bestimmten Ort versetzt werden können.


Baumschwamm (W3) [Adelung]


Der Baumschwamm, des -es, plur. die -schwämme, ein Schwamm, oder dichtes, gelbes oder braunes Gewächs, welches aus den alten Stämmen der Bäume wächset, und woraus der Zunder bereitet wird; Tremella, L. zum Unterschiede von dem Meerschwämme.


Baumseide (W3) [Adelung]


Die Baumseide, plur. inusit. ein Zeug, welcher aus baumwollenem und gemeinem wollenen Garne verfertiget, und besonders zu Hamburg gemacht wird. S. auch Baumbast. Daher der Baumseidenweber, oder Baumseidenmacher, des -s, plur. ut nom. sing.


Baumspecht (W3) [Adelung]


Der Baumspecht, des -es, die -e, S. Baumhaker. Die erste Hälfte in dem Nahmen Baumspecht ist überflüssig, weil alle Spechte sich auf den Bäume aufhalten, und daselbst ihre Nahrung suchen.


Baumsperling (W3) [Adelung]


Der Baumsperling, des -es, plur. die -e, eine Art kleiner Sperlinge, welche in den Bäumen nistet, und sich niemahls unter die Haussperlinge mischet; Waldsperling, Weidensperling, Gerstendieb, Felddieb.


Baumspinne (W3) [Adelung]


Die Baumspinne, plur. die -n, eine Art Spinnen von vielerley Farben, welche sich auf den Bäumen aufhält.


Baumstark (W3) [Adelung]


Baumstark, adj. et adv. im gemeinen Leben, sehr stark, d. i. groß und dick von Leibe. Ein baumstarker Mensch.


Baumsteiger (W3) [Adelung]


Der Baumsteiger, des -s, plur. ut nom. sing. S. Baumhacker.


Baumstein (W3) [Adelung]


Der Baumstein, des -es, plur. die -e, ein Nahme aller derjenigen Steine, auf welchen die Natur Figuren, welche Bäumen oder Sträuchen ähnlich sehen, gebildet hat, und die man mit einem Griechischen Nahmen auch Dendriten nennet.


Baumstock (W3) [Adelung]


Der Baumstock, des -es, plur. die -stöcke, ein aus ganzem Holze gehauener Bienenstock, welcher eigentlich eine Beute genannt wird.


Baumstück (W3) [Adelung]


Das Baumstück, des -es, plur. die -e, in den Gärten, ein mit Hecken umschlossener Platz, der mit Bäumen bepflanzet wird.


Baumtorte (W3) [Adelung]


Die Baumtorte, plur. die -n, bey den Kuchenbäckern, eine Torte aus eben demselben Teige, aus welchem man den Baum- oder Stangenkuchen bäcket.


Baumwachs (W3) [Adelung]


Das Baumwachs, des -s, plur. car. ein Pflas=ter, von Wachs zum Verbinden der Bäume, besonders bey dem Pfropfen; Pfropfwachs.


Baumwagen (W3) [Adelung]


Der Baumwagen, des -s, plur. die -wägen, ein kleiner Wagen, der von Menschen gezogen wird, allerley Geräth darauf fortzubringen; vermuthlich weil die Räder zuweilen aus einem ganzen Baume geschnitten werden, oder auch, weil man sich desselben zur Fortschaffung der Bäume bedienet.


Baumwanze (W3) [Adelung]


Die Baumwanze, plur. die -n, ein fliegendes Ungeziefer, welches wie eine Wanze stinkt, und die Blüthen der Bäume, besonders die Rosenknospen, abfrist; die Gartenwanze, Feldwanze, in Obersachsen der Bürstwurm, Nieders. Qualster.


Baumwärter (W3) [Adelung]


Der Baumwärter, des -s, plur. ut nom. sing an einigen Orten so viel als ein Holzwärter, oder Forstknecht; an andern Orten auch so viel als ein Förster.


Baumwermuth (W3) [Adelung]


Der Baumwermuth, des -es, plur. inusit. eine Art Wermuth, welche zu Standen wächset, bis drey Ellen hoch wird, holzige Wurzeln hat, und in den Gärten erzeuget wird: Absynthium arborescens, Tabern.


Baumwinde (W3) [Adelung]


Die Baumwinde, plur. inusit. 1) Ein Nahme welchen man an einigen Orten dem Epheue oder Äppich, Hedera Helix, L. gibt, weil er sich an den Stämmen der Bäume hinauf windet, und solche bekleidet. 2) Eine Winde, Bäume damit auf den Wagen zu winden.


Baumwolle (W3) [Adelung]


Die Baumwolle, plur. inusit. die Wolle, welches aus den Samenkapseln gewisser Pflanzen gesammelt wird. Die bekanntesten Pflanzen, welche selbige liefern, sind: 1) Eine Pflanze, welche in Amerika, der Levante und Sicilien wächset, ein Sommergewächs ist, und blaßgelbe und am Boden purpurfarbige Blumen hat; die Baumwollenpflanze, Gossipium herbaceum, L. Die Wolle von diesem Gewächse ist die beste, aber auch die seltenste. 2) Ein Baum, der in Amerika und Ostindien angetroffen wird; der Baumwollenbaum, Bombax, L. Die Wolle ist sehr zart, kann aber nicht gesponnen werden, und kommt daher auch nicht zu uns. 3) Ein Staudengewächs, welches in Amerika und der Levante häufig angetroffen wird, und von welchem viele Baumwolle nach Europa gehet; Gossipium arboreum, L.


Baumwollen (W3) [Adelung]


Baumwollen, adj. et adv. von Baumwolle gemacht. Baumwollener Zeug. Baumwollene Kleider.


Baumwollenbaum (W3) [Adelung]


Der Baumwollenbaum, des -es, plur. die -bäume, S. Baumwolle 2.


Baumwollenpflanze (W3) [Adelung]


Die Baumwollenpflanze, plur. die -n, S. Baumwolle 1.


Baumwurz (W3) [Adelung]


Die Baumwurz, plur. car. an einigen Orten der Nahme des Engelsüß. S. dieses Wort.


Baumzucht (W3) [Adelung]


Die Baumzucht, plur. car. 1) Die Erziehung junger Bäume, und die Kunst selbige zu ziehen. 2) Junge erzogene Bäume selbst, als ein Collectivum.


Bauordnung (W3) [Adelung]


Die Bauordnung, plur. die -en, eine obrigkeitliche Verordnung, welche dasjenige enthält, was bey Errichtung der Gebäude in Ansehung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beobachten ist.


Baupfennig (W3) [Adelung]


Der Baupfennig, des -es, plur. von mehreren Summen, die -e, an einigen Orten, ein bestimmtes Geld, welches für die Erlaubniß zu bauen an die Obrigkeit gegeben wird.


Bauprediger (W3) [Adelung]


Der Bauprediger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Prediger, welcher dazu bestimmt ist, den Baugefangenen zu predigen, zu deren Behuf man denn an manchen Orten eine eigene Baukirche hat.


Baurath (W3) [Adelung]


Der Baurath, des -es, plur. die -räthe, in manchen Gegenden, ein Bauverständiger mit dem Titel eines Rathes, welcher die Aufsicht über die öffentlichen Gebäude führet, und dem Bau-Inspector, Baumeister u. s. f. vorgesetzet ist.


Bäurisch (W3) [Adelung]


Bäurisch, S. Bäuerisch.


Bauriß (W3) [Adelung]


Der Bauriß, des -sses, plur. die -sse, ein Riß von einem Gebäude, welches erst aufgeführet werden soll, und welcher entweder ein Haupt- oder Grundriß, Aufriß oder Durchschnittsriß ist.


Bausand (W3) [Adelung]


Der Bausand, des -es, plur. car. grober Sand, so wie man ihn bey dem Bauen zu dem Mörtel gebraucht.


Bausback (W3) [Adelung]


Der Bausback, oft auch Pausback, des -es, plur. die -bäcke, im gemeinen Leben, der dicke aufgeblasene Backen hat. Daher das Bey- und Nebenwort bausbäckig, aufgeblasene Backen habend. Bausbäckige Reden, figürlich, schwülstige, aufgeblasene Reden. S. Bausen.


Bausch (W3) [Adelung]


Der Bausch, des -es, plur. die Bäusche, Diminutivum das Bäuschchen, Oberdeutsch das Bäuschlein. Überhaupt eine jede, besonders halbrundliche Hervorragung. Besonders. 1) Ein weicher Körper, der einige Kraft sich auszudehnen hat. So bedeutet Bausch bey den Wundärzten eine zusammen gelegte Leinwand, welche auf die Wunden, oder in die Gelenke gelegt wird: eine Compresse. Auch führen verschiedene Arten von Küssen, so wohl im gemeinen Leben, als bey einigen Handwerken, z. B. den Sattlern, den Nahmen der Bäusche. 2) Bey den Grenzen, eine Fläche, welche auf der einen Seite heraus gehet, im Gegensatze des Bogens, oder der auf der andern Seite hineinwärts gehenden Fläche. Daher die gemeine Redensart, in Bausch und Bogen, im Ganzen überhaupt gerechnet. Etwas in Bausch und Bogen kaufen, im Ganzen, ohne auf den Preis der einzelnen Stücke zu sehen. In Niedersachsen und Westphalen heißt es im Rämter, im Ramp, im Rummel, im Rump-Slump, oder in der Ruse kaufen. Diese Art des Kaufes oder Verkaufes, welche dem Handel nach Maß und Gewicht entgegen gesetzt ist, wird auch die Bogenfahrt genannt. S. dieses Wort. Anm. Bausch ist in der ersten Bedeutung am häufigsten in Oberdeutschland üblich. In Sachsen höret man es im gemeinen Leben nur selten. S. Bauschen.


Bauschälung (W3) [Adelung]


* Die Bauschälung, plur. die -en, in den Niederdeutschen Handelsstädten, ein gepflas=terter oder mit Bohlen ausgeschälter Platz längs dem Ufer des Hafens, zum Aus- und Einladen der Waaren.


Bauschen (W3) [Adelung]


Bauschen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, aufschwellen, sich von innen ausdehnen. Das Küssen bauschet. Dieses Wort, welches im Hochdeutschen gleichfalls wenig üblich ist, scheinet zu Bausen zu gehören, und nur durch den härtern Zischlaut davon verschieden zu seyn. Das Französ. Poche, eine Tasche, scheinet davon abzustammen. Ein anderes Zeitwort von ähnlichen Klange, welches aber gemeiniglich mit dem P ausgesprochen wird, S. unter Pauschen.


Bauschkauf (W3) [Adelung]


Der Bauschkauf, des -es, plur. die -käufe, im gemeinen Leben, ein Kauf in Bausch und Bogen; oft auch der Buschkauf, die Bogenfahrt.


Bauschreiber (W3) [Adelung]


Der Bauschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schreiber, der bey dem obrigkeitlichen Bauwesen verpfichtet ist.


Bausen (W3) [Adelung]


Bausen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, aufschwellen, von innen ausgedehnet werden, bauschen. Das Küssen bauset. Der Bauch bauset hervor, im Buche der Natur, Augsb. 1483. Auch dieses Zeitwort ist, so wie bauschen, im Hochdeutschen ziemlich ungewöhnlich. Es scheinet, daß es ehedem auch ein Activum gewesen, und blasen bedeutet habe. Wenigstens gebrauchen die Niedersachsen das Frequentativum pusten noch jetzt häufig für blasen. S. auch Busem. Die Niedersachsen, und mit ihnen viele Hochdeutsche, schreiben und sprechen dieses Wort pausen, dagegen die Oberdeutschen hier das b vorziehen.


Bauständig (W3) [Adelung]


Bauständig, S. Baulich.


Baustatt (W3) [Adelung]


Die Baustatt, plur. die -stätte, oder noch häufiger, die Baustätte, plur. die -n. 1) Ein leerer Platz, auf welchem ein Gebäude gestanden, oder der zu einem Gebäude bestimmt ist. 2) Oft auch eine bereits mit einem Gebäude besetzte Stätte und dieses Gebäude selbst, ein Haus.


Baustein (W3) [Adelung]


Der Baustein, des -es, plur. die -e, Steine, welche zum Bauen brauchbar sind, oder gebraucht werden, sie seyen nun gebrochen, gebauen oder gebrannt.


Bautag (W3) [Adelung]


Der Bautag, des -es, plur. die -tage. derjenige Tag, an welchem Unterthanen Baufrohnen zu verrichten schuldig sind.


Bauverständig (W3) [Adelung]


Bauverständig, adj. et adv. in dem Bauwesen, und allem, was dazu gehöret, erfahren. Ein Bauverständiger, der diese Kenntniß hat.


Bauverwalter (W3) [Adelung]


Der Bauverwalter, des -s, plur. ut nom. sing. dem die Verwaltung der zur Aufführung eines Gebäudes nöthigen Ausgaben aufgetragen ist, und der zuweilen auch die Aufsicht über den Bau selbst führet.


Bauwache (W3) [Adelung]


Die Bauwache, plur. die -n. 1) Die Bewachung der Baugefangenen; ohne Plural. 2) Die dazu bestimmte Mannschaft. 3) das Gebäude, worin sich dieselbe befindet.


Bauwesen (W3) [Adelung]


Das Bauwesen, des -s, plur. car. der Inbegriff alles dessen, was zur Aufführung und Unterhaltung der Gebäude gehöret.


Bauwürdig (W3) [Adelung]


Bauwürdig, -er, -ste, adj. et adv. würdig, gebauet zu werden, besonders in dem Bergbaue. Bauwürdige Anbrüche, Gänge, die man mit Nutzen bauen kann.


Bauzeug (W3) [Adelung]


Der Bauzeug, des -es, plur. von mehreren Arten, die -e, alle zu einem Baue nöthige Materialien, als Sand, Steine, Holz u. s. f.


Bauzierath (W3) [Adelung]


Der Bauzierath, des -es, plur. die -en, Theile, welche einem Gebäude bloß zur Zierde dienen, als Simswerk, Bildhauerarbeit u. s. f.


Bavian (W3) [Adelung]


Der Bavian, des -s, plur. die -e, eine Art großer Affen, mit einem kurzen Schwanze, einer langen, stumpfen Schnauzte, einem bloßen und blutrothen Hintern, und scharfen, spitzigen, gekrümmten Nägeln.

Anm. Der Bavian, oder nach einigen Mundarten Pavian, heißt im Franz. Babouin, im Ital. Babuino, Babbione. Schilter glaubt, der Nahme komme von Baba, ein Knabe her, weil dieses Thier ein Freund der Kinder sey. Allein man hat ihn mit allem Rechte für ein ausländisches Wort zu halten, welches vielleicht von dem Nahmen einer Afrikanischen Landschaft, in welcher diese Thiere zuerst gesehen worden, seinen Ursprung hat. In dem Lateine des 13ten Jahrhundertes heißt dieses Thier Babewynus, Baboynus, Babuynus und Babugnia.


Bayern (W3) [Adelung]


Bayern, S. Baiern.


Bayonnett (W3) [Adelung]


Das Bayonnett, des -es, plur. die -e; eine Art eines kurzen Degens, etwa anderthalb Fuß lang, ohne Gefäß, welcher auf den Lauf einer Flinte gesteckt wird.

Anm. Dieses Gewehr hat seinen Nahmen von der Stadt Bayonne in Frankreich, weil es daselbst entweder erfunden, oder doch ehedem am besten verfertiget worden. Bayonne war schon in den mittlern Zeiten seiner guten Armbrüste wegen berühmt; daher die Armbrustmacher sich im Französischen ehedem auch Bayonniers nannten.


Be- (W3) [Adelung]


Be-, das verkürzte Vorwort bey, welches im Hochdeutschen allein den Verbis, und den von ihnen abgeleiteten Nennwörtern eigen ist, welches es als eine untrennbare Partikel vorgesetzet wird. WasI. Den Gebrauch und die Bedeutung dieser Partikel betrifft, so wird sie so wohl schon vorhandenen Verbis vorgesetzet, als auch Nennwörtern, um aus den letztern Verba zu bilden.1. Die schon vorhandenen Verba sind entweder Activa oder Neutra.1) In den Activis hat diese Partikel, (a) zuweilen die eigentliche Bedeutung des Vorwortes bey; wie in begleiten, welches ehedem beleiten lautete, gleichsam beyleiten; beschließen, in der Oberdeutschen Bedeutung, sich verschließen, gleichsam beyschließen; sich begeben, so wohl von dem Begeben an einen Ort, sich bey, d. i. an denselben geben, als auch von dem Begeben einer Sache, sich derselben begeben, gleichsam sich bey Seite derselben geben; begraben, d. i. beygraben, bey Seite graben; berufen, gleichsam herbey rufen u. s. f. Doch in dieser Bedeutung ist bey in seiner vollständigen Gestalt üblicher. (b) Häufiger druckt sie den Gegenstand der Handlung, doch mit verschiedenen Nebenbegriffen aus, und zwar am häufigsten den Nebenbegriff der Anfüllung, oder der Ausdehnung der Handlung über den ganzen Gegenstand; wie aus den Verbis bedecken; einen Platz bebauen, einen Bogen Papier bedrucken, beschreiben, bemahlen, beschmieren, einen Acker besäen, bepflanzen, mit Tapeten behängen, mit Salz bestreuen, einen Ort belagern, gleichsam umlagern, mit Erde beschütten u. s. f. erhellet. (c) In vielen Fällen weiset sie auf den Gegenstand, an welchem die Handlung geschiehet, und bedeutet alsdann, daß selbige an demselben nur hin und wieder, oder ein wenig vorgenommem wird; welcher Begriff in den Verbis berühren, ausrühren, beschaben, d. i. hin und wieder etwas abschaben, berupfen, beschneiden, befeuchten, benetzen, besprengen, u. s. f. Statt findet. Oft aber druckt sie (d) auch im Gegentheile eine Intension, oder einen hohen, stärkern Grad der Handlung aus, wie in bedrücken, bedrängen, beängstigen, befestigen, beschimpfen, bewaffnen, bezwingen u. s. f.2) In den Neutris, oder Intransitivis, dienet be, (a) zuweilen, die Bedeutung des einfachen Verbi zu verstärken, so daß das Zusammengesetzte ein Intransitivum bleibt; z. B. bestehen bleiben, für stehen bleiben, beruhen lassen, für ruhen lassen, bedürfen, beharren, bedünken, u. s. f. Noch häufiger aber, (b) macht es aus Neutris Activa, oder aus Intransitivis Transitiva, indem es den Zustand, den jene ausdrucken, auf einen Gegenstand überträgt, und den Zustand dadurch zu einer Handlung macht. Die Verba dieser Art sind sehr häufig; z. B. beantworten, auf etwas antworten, bearbeiten, an etwas arbeiten, bebluten, an oder auf etwas bluten, bebrüten über etwas brüten, bedenken, so fern es über etwas nachdenken bedeutet, bedrohen, die Drohung an jemanden richten, "begehren", "nach etwas gehren", d. i. "verlangen", beweinen, über etwas weinen, belachen, beseufzen, beherrschen, bewohnen, u. s. f. Zuweilen schleichen sich allerley Nebenbegriffe mit ein, am häufigsten aber der Anfüllung oder Verbreitung der Handlung, über den ganzen Gegenstand; wie in betrinken, beleuchten, bewachsen, belecken u. s. f. oder der öftern Wiederholung; einen Weg befahren, ein Meer besegeln, beschiffen, den Puls begreifen, befühlen, betasten, beriechen, besehen; zumahl wenn durch die öftere Wiederholung der Gegenstand eine Art von Vollkommenheit erhält, wie in bereiten, bereden, die Grenzen begehen, einen Baum behauen, ein Bret behobeln u. s. f. Oft auch der Intension oder der innern Stärke der Handlung, wohin besonders die Reciproca sich bedanken, sich beeifern, sich befinden, sich befleißigen, sich begatten, sich begnügen, sich behelfen, sich bekehren, sich besprechen u. s. f. gehören; denn der Form nach sind alle Reciproca wahre Activa, ob sie gleich der Bedeutung nach Intransitiva sind. In einigen, ob gleich wenigen Fällen, hat be, noch die eigentliche Bedeutung des Vorwortes bey; wie in beschlafen, für schwängern, wovon noch das Hauptwort Beyschlaf in der vollständigen Gestalt üblich ist, beschmausen, gleichsam bey einem schmausen, und vielleicht noch einigen andern.2. Eben so oft aber hilft diese Partikel auch Verba aus Nennwörtern bilden, und alsdann druckt sie gleichfalls die Übertragung oder Mittheilung derjenigen Sache, welche das Nennwort bezeichnet, an einen andern Gegenstand aus. Dahin gehören von Substantiven die Verba beädern, bebändern, beblümen, bedeichen, beamten, bedrücken, bedachen, beflügeln, begütern, behaaren, beherbergen u. s. f. mit Adern, Bändern, Blumen u. s. f. versehen. Ingleichen von Adverbien, befesten oder befestigen, befeuchten, befreyen, begütigen, bekräftigen, bereichen oder bereichern, besänften oder besänftigen, beschleunigen, beseligen u. s. f. fest, feucht, frey, gütig u. s. f. machen.3. Endlich muß noch eines Gebrauches dieser Partikel Erwähnung geschehen, obgleich derselbe nur in der niedrigen Sprechart Statt findet, wo man, wenn man eine Sache ahnden oder bestrefen will, den Nahmen derselben vermittelst dieser Partikel in ein Verbum verwandelt. Z. B. Es ist der Herr von Liebreich, du weißt nicht was du thust; worauf Jobst antwortet:Ich will dich und ihn beliebreichen, Weiße. Sie behauptet, sie frey die Frau Junkern. Aber ich will sie bejunkern, daß sie an mich denken soll, ebend. Doch, wie gesagt, dieser Gebrauch gehöret nur in die niedrigen Sprecharten.II. Was die Conjugation und Wortfügung der mit be zusammen gesetzten Zeitwörter betrifft, so gehöret diese Partikel zu den untrennbaren, welche ihr Verbum nie verlassen. Das ordentliche Merkmahl der vergangenen Zeit, die Sylbe ge, fällt alsbey diesen Verbis völlig weg, und man sagt nicht begesehen, begewandert, begebauet, sondern besehen, bewandert, bebauet. Es bekommt in der Rede niemahls den Accent; obgleich die mit bey zusammen gesetzten Verba denselben fast allezeit haben. Da diese Partikel in allen den Fällen, wo sie nicht bloß das Zeichen einer Intension ist, eine Richtung auf einen gewissen Gegenstand oder die Übertragung einer Sache auf denselben bedeutet, so wird sie auch alle Mahl, einige wenige Fälle ausgenommen, mit der vierten Endung der Sache verbunden. Eine Wand bemahlen, den Puls begreifen, den Degen bebändern. Eben so wurde ehedem auch das Vorwort bey, wenn es eine Bewegung nach einem Gegenstande bedeutete, mit dem Accusativ verbunden. S. Bey.

Anm. Es könnte bey dieser Partikel und den mit ihr zusammen gesetzten Verbis noch sehr vieles angemerket werden. Um aber diesen Artikel nicht zu lang zu machen, soll nur folgendes berühret werden. 1) Daß dieses be, wirklich das Vorwort bey ist, erhellet aus der ältesten Schreibart bey der, welche bey den Franken und Alemannen bi oder pi ist. Das ey in dem Vorworte gehöret den neuern Alemannen zu. Ehedem schrieb man auch in manchen Wörtern be-, wo man jetzt bey gebraucht. Henisch hat beseits für beyseit, und beruft sich auf 2 Kön. 5, 24, und 1 Chron. 14, 9 wo aber unsere heutigen Ausgaben beyseit haben. S. Bey. 2) In manchen Wörtern ist es neuern Ursprunges, und viele Verba sind in den gemeinen Mundarten in ihrer einfachen Gestalt üblich, wofür die Hochdeutschen das Compositum mit "be" haben; z. B. "gehren" für "begehren", schädigen für beschädigen, festen für befestigen, deuten für bedeuten, fördern für befördern. Dagegen pflegen die Oberdeutschen diese Partikel manchen Verbis auch ohne Roth vorzusetzen; wie in belassen für lassen, benöthigen für nöthigen, behindern für hindern. 3) Be, ge und ver, werden oft mit einander verwechselt. So sagt Opitz besegnen für gesegnen, und im Oberdeutschen ist behörig für gehörig, beschehen für geschehen, besammeln für versammeln u. s. f. üblich. 4) Die Oberdeutschen haben an dieser Partikel einen solchen Geschmack gefunden, daß sie oft ganze Redensarten vermittelst derselben in thätige Verba verwandeln, welches ihr beabsichten, bewetteifern, beargwohnen, beanfragen, bewerkthätigen, beaugenscheinigen, beerbtheilen, begenehmigen u. s. f. beweisen. Da diese Verba eigentlich aus ganzen Redensarten verstümmelt sind, so beleidigen sie so wohl die Klarheit, als den guten Geschmack. 5) In manchen Wörtern ist dieses be mit dem folgenden Worte so zusammen geschmolzen, daß nichts als das bloße b übrig geblieben ist. S. die Wörter Barmherzig, Beicht, Bange, Brücke, Bleiben u. s. f. 6) Von allen oben angeführten Bedeutungen lassen sich jetzt nur noch folgende zur Bildung neuer Wörter vermittelst dieser Vorsylbe anwenden. (a) Die Erstreckung einer Handlung über den ganzen Gegenstand zu bezeichnen, einen Acker bepflügen, Can. (b) Activa aus Neutris zu bilden, beekeln, Hall. beeifen, Canitz. (c) Verba aus Substantiven und Adverbien zu bilden, beblätterte Zweige, begras'te Hügel, schwarz beharnischt, Gesn. Doch ist auch hier Behutsamkeit und Geschmack nothwendig, indem das be wegen seiner Kürze und vielfachen Bedeutung leicht Dunkelheit verursachen kann.


Beabsichten (W3) [Adelung]


* Beabsichten, oder Beabsichtigen, verb. reg. act. zur Absicht haben. Etwas beabsichtigen. S. Be-

Anm. 4).


Beachten (W3) [Adelung]


* Beachten, verb. reg. act. mit Aufmerksamkeit wahrnehmen; jetzt veraltet, weil beobachten deutlicher und bestimmter ist. Ein Umstand beachten.


Beädern (W3) [Adelung]


Beädern, verb. reg. act. mit Adern versehen, in welcher eigentlichen Bedeutung dieses Wort wenig üblich ist. Bey den Sattlern kommt es indessen als ein Kunstwort vor, wenn sie die Sattelbäume beädern, oder mit Pferdesehnen überziehen. Daher die Beäderung.


Beamte (W3) [Adelung]


Der Beamte, des -n, plur. die -n, ein Beamter; der mit einem Amte versehen ist; Forstbeamte, Justitz-Beamte, Berg- und Hüttenbeamte. Besonders derjenige, dem die Verwaltung eines Kammeramtes aufgetragen ist, ein Amtmann, Amtsverwalter, u. s. f. Es ist dieses Wort eigentlich das Particip. Pass. von dem Verbo beamten, mit einem Amte versehen, welches im Oberdeutschen sehr gebräuchlich ist, im Hochdeutschen aber wenig gehöret wird. Es sollte daher eigentlich der Beamtere heißen, wie es bey einigen Oberdeutschen auch wirklich lautet; allein im Hochdeutschen wird die letzte Sylbe um des Wohllautes willen gemeiniglich verschlungen.


Beängstigen (W3) [Adelung]


Beängstigen, verb. reg. act. Angst erwecken, verursachen, so wohl von der Angst des Leibes, als auch, und zwar am häufigsten, von der Angst des Gemüthes. Kein quälender Gedank beängstigt mein Gewissen, Weiße. Daher die Beängstigung, so wohl von der Verursachung der Angst, als auch der dadurch erweckten Empfindung, oder der Angst selbst. Das Verbum beängsten, von welchem dieses das Intensivum ist, ist im Hochdeutschen wenig gebräuchlich. S. Angst.


Beantworten (W3) [Adelung]


Beantworten, verb. reg. act. Antwort auf etwas ertheilen, in der weitesten Bedeutung dieses Wortes. Eine Frage, einen Einwurf, eine Schwierigkeit, einen Brief u. s. f. beantworten. Daher die Beantwortung, so wohl von der Handlung des Beantwortens, als auch der ertheilten Antwort selbst; beantwortlich, worauf sich antworten läßt; und die Beantwortlichkeit.


Bearbeiten (W3) [Adelung]


Bearbeiten, verb. reg. act. 1) An etwas arbeiten, durch Arbeit vollkommen zu machen suchen. Ein Stück Holz, Metall u. s. f. bearbeiten. Einen Graben, den Acker bearbeiten. Einen Gegenstand aus der Weltweisheit, aus den schönen Wissenschaften bearbeiten, daran arbeiten. 2) Sich bearbeiten, sich bemühen, bestreben. Daher die Bearbeitung.


Beargwohnen (W3) [Adelung]


* Beargwohnen, verb. reg. act. Argwohn über etwas schöpfen, ein vornehmlich im Oberdeutschen, und in den Hochdeutschen Kanzelleyen übliches Verbum. S. Be-

Anm. 4).


Bearmen (W3) [Adelung]


* Bearmen, verb. reg. act. in sich fassen, eigentlich, in den Armen halten; ein völlig ungewöhnliches Wort; welches nur Ein Mahl bey dem Opitz vorkommt: Es erquickt sich und erwarmt Durch die Kraft der güldnen Sonn, Was die reiche See bearmt.


Bearten (W3) [Adelung]


Bearten, verb. reg. act. welches in der Landwirthschaft üblich ist, arthaft machen, bearbeiten, pflegen und warten. Die Äcker zu Wiesen bearten. Die Hopfenfächser bearten, warten.


Beäugen (W3) [Adelung]


* Beäugen, verb. reg. act. in die Augen fassen, zu Gesichte bekommen, betrachten; ein nur in den gemeinen Mundarten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes übliches Zeitwort. Nieders. beogen.


Beaugenscheinigen (W3) [Adelung]


* Beaugenscheinigen, verb. reg. act. persönlich besichtigen, in Augenschein nehmen. Daher die Beaugenscheinigung, die persönliche Besichtigung, ocularis inspectio. Beyde Wörter sind in der edlern Schreibart unbekannt. S. Be-

Anm. 4).


Bebaken (W3) [Adelung]


Bebaken, ver. reg. act. in den Seestädten, mit Baken oder schwimmenden Tonnen versehen. Daher die Bebakung. S. Bake.


Bebändern (W3) [Adelung]


Bebändern, verb. reg. act. mit Bänden besetzen, versehen; gemeiniglich nur im Scherze. Doch wärst du wohl so klein den Degen zu bebändern? Zachar.


Bebärten (W3) [Adelung]


Bebärten, verb. reg. act. mit einem Barte versehen; ein fast nur allein in der Wapenkunst übliches Wort. Koth bebärtet, mit einem rothen Barte versehen.


Bebauen (W3) [Adelung]


Bebauen, verb. reg. act. mit Gebäuden an- oder ausfüllen. Einen leeren Platz, eine Brandstelle bebauen.


Beben (W3) [Adelung]


Beben, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben, erfordert, sich hin und her bewegen. 1. Eigentlich. Ein bebendes Laub. Die Erde bebet. Vor Kälte beben. In deinem treuen Auge bebt die Thräne, die dich schmückt, Gieseke. Besonders als die Wirkung einer Leidenschaft. Komm und umarme mich! Mein ganzes Herze bebtVor Freuden, Weiße. Am häufigsten, als eine Wirkung der Furcht, der Angst, in welchem Falle es im gemeinen Leben oft mit zittern verbunden wird. Vor Furcht zittern und beben. Sie beben vor der Gefahr, die sie nur erst entdecken. In der höhern Schreibart, auch oft mit Weglassung des Substantives. Mein väterliches Herz bebet für dich, Dusch. Der Held, um den du bebtest, Kaml. d. i. vor Furcht.2. Figürlich. 1) Bebend gehen, in der dichterischen Schreibart. 2) Unterbrochen zum Vorscheine kommen, besonders wenn solches die Wirkung einer Leidenschaft ist, gleichfalls in der höhern Schreibart. Was für Verwirrung bebt aus jedem Blick hervor, Weiße. 3) Eine bebende Stimme, die der Stimme eines Menschen gleicht, der vor Furcht bebet. Oder sie (die Stimme) bebt durch schreckliche Wüsten und alte Gemäuer, Zachar. Daher die Bebung, so wohl eigentlich von einer bebenden Bewegung: Das Blut wird so träg in ihren Adern schleichen, daß kein Pulsschlag, keine Bebung seinen Gang verräth, Weiße, als auch figürlich von dem Tone.

Anm. Zittern druckt gemeiniglich eine schnellere, beben aber eine langsamere Bewegung aus; obgleich beyde Verba sehr oft mit einander verwechselt werden. Beben, Nieders. beven, Dän. bäve, Angel. bifjan, Schwed. bafwa, Isländ. bifaft, lautet bey dem Kero und Ottfried pievun, bibun und piben. Die Oberdeutschen sprechen es noch jetzt bidmen aus, daher auch das Erdbeben bey ihnen Erdbidem lautet. Das Latein. paveo, und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , scheinen aus eben dieser Quelle herzustammen; ob sie gleich mit der Zeit allein auf die Furcht eingeschränket worden. Die gemeinen Mundarten haben von diesem Verbo die Frequentativa bevern, bebern, bobern und puppern.


Beberäsche (W3) [Adelung]


Die Beberäsche, plur. die -n, S. Aspe.


Bebinden (W3) [Adelung]


Bebinden, verb. reg. act. vermittelst eines angebundenen Körpers bedecken. Eine Laube Jasmin bebinden.


Beblechen (W3) [Adelung]


Beblechen, verb. reg. act. mit Blech bekleiden; doch meisten Theils nur im figürlichen Scherze, mit Treffen besetzen. Es gibt da (am Hofe) viel beblechte Herren, Weiße.


Beblümen (W3) [Adelung]


Beblümen, verb. reg. act. mit Blumen schmücken, in der poetischen Schreibart. Und Flora heißet es hier zwey Mahl Frühling seyn, Beblümet zwier das Feld, Opitz. Eile Lenz, beblüme die Triften und belaube den Wald, Geßn. Die Hügel und die WeideStehn aufgehellt; Und Fruchtbarkeit und Freude Beblümt das Feld, Haged. Wenn Canitz an einem Orte singt: Der Neid, der insgemein den Stachel zu beblümen, Die Tugend in dem Sarg am liebsten pflegt zu rühmen, d. i. unter einem angenehmen äußern Schein zu verbergen, so ist die Figur zu hart; und wohl nur bloß durch den Reim veranlasset worden.


Bebluten (W3) [Adelung]


Bebluten, verb. reg. act. mit seinem eigenen Blute benetzen, sein Blut auf etwas fließen lassen, so wohl im gemeinen Leben, als auch in der dichterischen Schreibart einiger Neuerern.


Bebrämen (W3) [Adelung]


Bebrämen, verb. reg. act. mit einem Gebräme oder einem Rande einfassen. Ein reich bebrämtes Kleid.


Bebrücken (W3) [Adelung]


Bebrücken, verb. reg. act. mit einer Brücke versehen. Einen Fluß bebrücken.


Bebrüten (W3) [Adelung]


Bebrüten, verb. reg. act. durch Brüten fruchtbar machen. Die Eyer sind schon bebrütet, wofür in einigen Gegenden befangen üblich ist. Ingleichen figürlich für sorgfältig bewachen. Der Geiz bebrütet Gold zu sein und andrer Plage. Hall. Daher die Bebrütung.


Bebung (W3) [Adelung]


Die Bebung, S. Beben.


Beccasine (W3) [Adelung]


Die Beccasine, plur. die -n, S. Wasserschnepfe, und Feldschnepfe.


Becherblume (W3) [Adelung]


Die Becherblume, plur. die -n, eine Pflanze, welche auch im Winter grün bleibt, eine schwarze Wurzel, und gefiederte Blätter hat. Sie gibt ein gutes Futterkraut ab, und wächset in den rauhen Gegenden des mittägigen Europa. Poterium Sanguisorba, L. Der Nahme Becherblume, welchen sie der Gestalt ihrer Blumen zu danken hat, ist ihr vermuthlich erst von den neuern Botanisten beygeleget worden; denn sonst wird sie auch rauches Blutkraut, Nagelkraut, kleine Pimpinelle, und kleines Sperberkraut genannt.


Becherdruse (W3) [Adelung]


Die Becherdruse, plur. die -n, in der Mineralogie, Krystalldrusen, deren Säulen hohl und halb leer, bald mit einer fremden Materie angefüllet sind.


Bechereisen (W3) [Adelung]


Das Bechereisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Goldschmied, ein tragbarer Ambos, der aus einem Cylinder bestehet, dessen beyde Enden schief abgeschnitten sind, Becher oder gewölbte Bleche darauf zu schlagen.


Becherglas (W3) [Adelung]


Das Becherglas, des -es, plur. die -gläser, ein gewöhnliches Trinkglas zum Bier und Wasser; zum Unterschiede von einem Kelchglase.


Becherlehen (W3) [Adelung]


Das Becherlehen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Lehen in Baiern, welche mit den Schüssellehen einerley zu seyn scheinen, und diesen Nahmen vermuthlich daher haben, weil die Besitzer derselben dem Lehensherren zu Lehnserkenntniß eine Schüssel oder einen Becher überreichen müssen.


Becherschwamm (W3) [Adelung]


Der Becherschwamm, des -es, plur. die -schwämme, eine Art Schwämme ohne Stiel, welche einem Becher, oder einer Glocke gleichen; Peziza, L. im gemeinen Leben Napfmorchel, Schüsselmorchel.


Becherstürzer (W3) [Adelung]


Der Becherstürzer, des -s, plur. ut nom. sing. im Scherze, ein starker Trinker.


Bechertasse (W3) [Adelung]

Bei Adelung findet man:


Die "Bechertasse", plur. die -n, kleine runde Becher nach Art der "Tassen"; in Niedersachsen "Tümmelchen".


Bechertraube (W3) [Adelung]


Die Bechertraube, plur. die -n, ein hölzernes Werkzeug der Töpfer, die Schüsseln und Teller insgesammt von gleicher Tiefe zu machen.


Becken (W3) [Adelung]


Das Becken, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein flaches Gefäß, welches breiter, als tief ist, und dessen Vertiefung gemeiniglich eine halb runde Gestalt hat. Daher das Handbecken, Fußbecken, Barbierbecken, Kammerbecken u. s. f. 2) Eine jede Vertiefung des Erdbodens, besonders, wenn sie zu einem Wasserbehältnisse dienet. 3) In der Anatomie, der unterste Theil im Schmerbauche, wo das Hüftbein, das heilige Bein und das Darm- oder Schambein bey ihrer Vereinigung eine Höhle bilden, in welcher die Blase, der Mastdarm und bey dem weiblichen Geschlechte die Bärmutter liegen. 4) Eine Art der Gienmuscheln oder Chamen, welche einem Becken nicht unähnlich ist, und auch der Pferdefuß genannt wird; Lavacrum, Hippopos.

Anm. Becken, bey dem Ottfried Bekin, Dän. und Nieders. Becken, in dem mittlern Lateine Bachinus, Bacinus, Bacca, Ital. Bacino, Bacile, Franz. Bassin, kommt gleichfalls von Bak, ein hohles Gefäß her, daher man es ehedem auch Bäcken schrieb. Ehedem wurde es auch von einem Trinkgeschirre gebraucht, wofür jetzt Becher üblich ist.


Beckenherr (W3) [Adelung]


Der Beckenherr, des -en, plur. die -en, an einigen Orten der Vorsteher der Armen in einer Gemeinde, welche die Becken vor den Kirchthüren aussetzen, und wohl selbst dabey stehen; im mittlern Lateine Bassinarii und Bassinerii.


Beckenschläger (W3) [Adelung]


Der Beckenschläger, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Handwerksmann, der allerley Arten von Becken aus Metall schläget. In Hamburg werden sie auch Blechschläger genannt. Im gemeinen Leben werden die Beckenschläger, mit den Flaschnern, und Klempenern oder Klimperern häufig verwechselt, obgleich solches ganz verschiedene Handwerke sind. S. diese Wörter. 2) Bey der Janitscharen-Musik derjenige, welcher die metallenen Becken an einander streicht.


Becker (W3) [Adelung]


Der Becker, S. Bäcker.


Beckhammer (W3) [Adelung]


Der Beckhammer, des -s, plur. die -hämmer, bey den Kupferschmieden, ein scharfer Hammer zum Einbecken, d. i. den Draht unterzuschlagen. Bey den Steinnetzen führt gleichfalls eine Art Hämmer diesen Nahmen. In beyden Fällen ist dieses Wort von bicken, wofür man in einigen Mundarten auch becken sagt.


Bedachen (W3) [Adelung]


Bedachen, verb. reg. act. mit einem Dache versehen; doch größten Theils nur in der Wapenkunst, wo das Haus eines Schildes bedacht heißt, wenn dessen Dächer besondere Farben haben. Daher die Bedachung, im gemeinen Leben, so wohl von der Verfertigung eines Daches, als auch von dem Dache selbst.


Bedacht (W3) [Adelung]


Der Bedacht, des -es, plur. car. das Bedenken einer Sache, die Überlegung, Gegenwart des Geistes, doch nur ohne Artikel, und in einigen adverbischen Redensarten. Etwas mit oder ohne Bedacht thun, mit oder ohne Überlegung. Mit Bedacht reden. Alles mit Bedacht, alles muß mit Überlegung geschehen. Am Muthe fehlt mir nichts, doch an Bedacht fehlts dir, Less.

Anm. Bedacht, im Nieders. Beducht, ist von dem alten Dacht, welches wiederum von denken abstammt. Bedacht auf etwas haben, sich darauf bedenken, ist nicht mehr üblich, und den Bedacht wohin, oder auf etwas nehmen, kommt im Hochdeutschen am häufigsten in den Kanzelleyen vor. S. Bedenken.


Bedacht (W3) [Adelung]


Bedacht, adj. et adv. S. Bedenken.


Bedächtig (W3) [Adelung]


Bedächtig -er, -ste, adj. et adv. mit Bedacht. Bedächtig handeln, reden. Ein bedächtiger Mensch, der alles mit Bedacht thut. Daher die Bedächtigkeit, die Bedachtsamkeit. Bedächtiglich, Sprichw. 15, 14, ist im Hochdeutschen veraltet.


Bedächtlich (W3) [Adelung]


Bedächtlich, -er, -ste, adj. et adv. in eben dieser Bedeutung. Er ist in allen seinen Sachen sehr bedächtlich. Bedächtliche, wohl überdachte, Worte.


Bedächtlichkeit (W3) [Adelung]


Die Bedächtlichkeit, plur. inusit. der Bedacht. Er sprach mit vieler Bedächtlichkeit.


Bedachtsam (W3) [Adelung]


Bedachtsam, -er, -ste, adj. et adv. wie bedächtig und bedächtlich, d. i. genugsame Zeit auf die Überlegung und behutsame Vollziehung einer Handlung wendend, und darin gegründet. Bedachtsam reden, handeln. Ein bedachtsamer Mensch. Wir müssen den flüchtigen Anblick der Schöpfung in einen bedachtsamen verwandeln, Gell. Daher die Bedachtsamkeit. Da die Ableitungssylbe ig, lich, und sam nicht völlig gleich bedeutend sind, so lassen sich auch bedächtig, bedächtlich und bedachtsam noch unterscheiden; allein die Unterschiede sind so unbedeutend, daß man diese Wörter immer als gleich bedeutend gebrauchen kann.


Bedanken (W3) [Adelung]


Bedanken, verb. reg. recipr. mit Worten für etwas danken, sich bedanken, im täglichen Umgange; wofür man in den anständigern Schreibarten lieber danken oder Dank sagen gebraucht. Sich bey einem bedanken, sich für etwas bedanken. Sich bedanken lassen, das ist, Dank sagen lassen. Im Scherze auch zuweilen so viel als sich weigern, nicht wollen. Ich will einen Mann haben, und ohne gesunde Glieder bedankt sich einer, Weiße.

Anm. Bedanken mit der zweyten Endung, z. B. sich der Ehre bedanken, ingleichen mit dem Vorworte um, sich um etwas bedanken, sind im Hochdeutschen veraltet.


Bedarf (W3) [Adelung]


Der Bedarf, des -es, plur. die -e, ein im Hochdeutschen großen Theils veraltetes Wort, welches nur noch in den Kanzelleyen üblich ist. 1) Ohne Plural, für das Bedürfniß, oder den Zustand, da man einer Sache bedarf. 2) Dasjenige, dessen man bedarf. Die Lieferung des nöthigen Bedarfs an Schreibe-Materialien.

Anm. Dieses Wort war ehedem auch im Niedersächsischen üblich, wo es Bedarf lautet. Das alte Schwed. Tharf, und Angelsächsische Thearf hatten gleiche Bedeutung. S. Bedürfen und Darben.


Bedäuchten (W3) [Adelung]


Bedäuchten, S. Bedünken Anm.


Bedauern (W3) [Adelung]


Bedauern, verb. reg. act. 1) Mitleiden mit etwas haben und äußern. Den Sterbenden bedauern, hieße den bedauern, der glücklicher wird, Dusch. Wie müssen die Engel unsere Unwissenheit bedauern, wenn sie um unsere Leichname die Verzweifelung die Hände ringen sehen! ebend. Irrthum mit Redlichkeit ist zu bedauern, nicht zu verlachen. Bewundert will ein Held und nicht bedauert seyn, Wenn ihn ein Unglück trifft, Cron. 2) In weiterer Bedeutung, Reue, Schmerz, Unlust über etwas empfinden. Eines Abwesenheit bedauern. Wie sehr wirst du einmahl die übel angewandte Zeit bedauern.

Anm. Im Oberdeutschen wird dieses Verbum auch für kränken, impersonaliter gebraucht. Diese Schmach bedauerte den Propst und das Capitul, Bluntschli. Von der Rechtschreibung dieses Wortes S. Dauern. Das Hauptwort die Bedauerung, ist im Hochdeutschen nicht sehr gewöhnlich.


Bedecken (W3) [Adelung]


Bedecken, verb. reg. act. gänzlich decken. 1) In eigentlicher Bedeutung. Das Haupt, das Gesicht bedecken. Der Schnee bedeckt die Erde. Der Himmel sich mit Wolken. Sich bedecken, in höflichen Ausdrücken, den Hut aufsetzen. 2) Figürlich. (a) In der edlern Sprechart, von verschiedenen Thieren, sich zur Fortpflanzung vermischen. In diesem Verstande gebrauchen die Jäger dieses Wort von den Hirschen. S. auch Beschlagen und Begatten. (b) Beschützen, wider eine Gewalt von Außen sichern. Die Berge bedecken die Stadt. Das Lager wird von Bergen bedeckt. Besonders im Kriege, durch Soldaten von allem Anfall sichern. Eine Stadt, einen Transport Lebensmittel bedecken. (c) Dem Gesichte entziehen. Der bedeckte Weg, in dem Festungsbaue, der Weg vor der Brustwehre des Glacis, welchen man von Außen nicht siehet. Seine guten Eigenschaften bedecken diesen Fehler, Weiße. (d) Sicherheit gegen den Verlust seines Eigenthums gewähren. Ich bin bedeckt, oder gedeckt, sagt ein Gläubiger, wenn er außer dem Schuldscheine noch mit Hypothek, Pfand, oder Bürgen versehen ist.

Anm. Bedecken, Dän. bedäcke, bey dem Ottfried bitheken, bey dem Notker bedechen und pedechen, ging, so wie das einfache decken ehedem irregulär, daher es im Particip. Pass. auch badaht und pitact hatte. S. Decken.


Bedeckung (W3) [Adelung]


Die Bedeckung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Bedeckens in allen Bedeutungen des Verbi; ohne Plural. 2) Dasjenige, wodurch eine andere Sache bedeckt wird, so wohl in eigentlicher, als figürlicher Bedeutung. In den Ferngläsern ist es daher eine runde Scheibe, welche in der Mitte eine Öffnung hat, und das Objectivglas bedeckt, um die Lichtstrahlen von demselben abzuhalten; die Blendung. In dem Festungsbaue, ein jedes Werk, welches so hoch ist, daß man sich dahinter verbergen kann. Ingleichen eine Anzahl Soldaten, welche die Arbeiter, eine Zufuhre, einen Posten u. s. f. vor dem feindlichen Angriffe beschützen.


Bedeichen (W3) [Adelung]


Bedeichen, verb. reg. act. in den Marschländern, mit einem Deiche versehen. Daher die Bedeichung. S. Deich.


Bedell (W3) [Adelung]


Der Bedell, S. Pedell.


Bedemund (W3) [Adelung]


* Die Bedemund, plur. inusit. ein größten Theils veraltetes Wort, welches nur noch in einigen Niedersächsischen, Rheinischen und Fränkischen Gegenden üblich ist, wo es in doppelter Bedeutung vorkommt. 1) Von der Genugthuung, welche derjenige dem Grundherren geben muß, der eine seiner Leibeigenen schwängert. 2) Von denjenigen Gelde, womit die Leibeigenen die Erlaubniß zu heirathen von ihrem Grundherren erkaufen müssen.

Anm. Die Unwissenheit in den Deutschen Mundarten hat verschiedene ungereimte Ableitungen dieses Wortes veranlasset. Die erste Hälfte ist das alte und noch heutige Sächsische Bede, womit ein jeder Zins, oder eine jede ungewöhnliche Abgabe ausgedruckt wurde, und welches nicht so wohl von beden, d. i. biethen oder gebiethen, sondern von bidden, bitten, herkommt, S. Bethe. Die letzte Hälfte ist das Niedersächsische Munte oder Münthe, d. i. Münze; daher Bedemund, oder richtiger Bedemunte, eine jede Zinsenmünze, oder Abgabe in Geld bedeutet, die hernach besonders von obigen beyden Fällen gebraucht worden. Aus Herrn Hakens Gesch. der Stadt Cöslin S. 17, erhellet, das Bedemunte in Hinterpommern mit der so genannten Orbäre oder Orbede einerley gewesen, und diejenige Abgabe bedeutet hat, die man dem Grundherren in recognitionem dominii et proprietatis entrichtet. So fern die Bedemund für die Erlaubniß zu heirathen gegeben wurde, wird sie in dem Sächsischen Landrechte auch Bauermiethe genannt. S. dieses Wort.


Bedenken (W3) [Adelung]


Bedenken, verb. irreg. act S. Denken. 1) Über etwas nachdenken. Ich habe die Sache hin und her bedacht. Ich gebe dir dieses zu bedenken. Sprichw. Vor gethan und nach bedacht, hat manchen in groß Leid gebracht. Ein bedachter Rath, Apostelg. 2. 23. Ingleichen als ein Reciprocum, sich bedenken, bey sich nachdenken. Ich bedenke mich noch, ob ich es thun will. Ungewöhnlich ist die Verbindung mit dem Genitiv der Sache: Ich habe mich zweyer Wege bedacht, diesen Wunsch desto eher zu erreichen, Less. für, ich habe darauf gedacht. 2) Seine Entschließung ändern, als ein Reciprocum. Er hat sich wieder anders bedacht. Ingleichen mit der zweyten Endung; sich eines Bessern bedenken, eine bessere Entschließung fassen. 3) Mit Vorsorge an etwas denken, für etwas sorgen. Seine Gesundheit bedenken, sie zu erhalten suchen. Bedenke dein Gewissen. In diesem Verstande wird auch das Particip. Pass. bedacht in thätiger Bedeutung mit dem Vorworte auf gebraucht. Auf etwas bedacht seyn, nachdenken, wie man es erhalten möge. Auf die Befriedung seiner Begierden, auf die Ruhe seines Alters bedacht seyn u. s. f. 4) Diese Sorge thätig erweisen. Er hat sich dabey am besten bedacht, für seinen Nutzen gesorget. So wird er sie wohl gar noch in seinem Testamente bedenken. Gell.

Anm. In dieser letzten Bedeutung kommt dieses Verbum schon bey dem Ottfried vor: Sus math thih al bithenken, auf diese Art kannst du dich bedenken. Im Theuerdanke bedeutet es Kap. 90. auch so viel als erdenken: Er bedacht eine newe püberey. Und diese Bedeutung hat bedenken im Nieders. noch jetzt. Übrigens lautet dieses Wort bey dem Ulphilas bithagkjan, im Angels. bethencan, im Engl. bethink, im Schwed. betaenka, und im Dänischen betänke.


Bedenken (W3) [Adelung]


Das Bedenken, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Überlegung, Nachdenken; ohne Plural. Diese Sache erfordert noch viel Bedenken. Etwas in Bedenken ziehen, welche R. A. doch ein wenig nach dem Rechtsstyle schmeckt. 2) Dasjenige, was Überlegung und Nachdenken veranlasset oder erfordert, ein Zweifel; größten Theils auch ohne Plural. Ich trage Bedenken, dieses zu thun. Sich über etwas ein Bedenken machen. Einem ein Bedenken verursachen. Es ist kein Bedenken bey der Sache, man hat nicht Ursache, unentschlossen zu seyn. Ohne alles Bedenken. Ich habe bey der Sache noch mancherley Bedenken. 2) Ein nach reiflicher Überlegung gefälletes Privat-Urtheil, undder schriftliche Aufsatz, der solches enthält. Ein bedenken einhohlen. Sein Bedenken von sich stellen. Theologische, rechtliche Bedenken.


Bedenklich (W3) [Adelung]


Bedenklich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Im Bedenken, d. i. Nachdenken begriffen. Dieser einzige Umstand macht mich unruhig, macht mich bedenklich, Weiße. Man kann nicht zu bedenken wegen eines Standes seyn, der das Glück oder Unglück unsers Lebens bestimmen soll. Noch häufiger aber, 2) was Bedenken, Nachdenken oder Überlegung erfordert. Eine bedenkliche Sache. Ingleichen verdächtig, gefährlich. Dieser Antrag kömmt mir sehr bedenklich vor.


Bedenklichkeit (W3) [Adelung]


Die Bedenklichkeit, plur. die -en. 1) Derjenige Gemüthszustand, da man bey einer Sache Bedenken, d. i. Zweifel hat; ohne Plural. Aus jungfräulicher Bedenklichkeit wagte sie es nicht, dir ein Bekenntniß abzulocken, Weiße. 2) Der Zweifel selbst. Ich habe noch gar viele Bedenklichkeiten bey dieser Sache. 3) Bedenkliche Beschaffenheit; ohne Plural. Die Sache ist von großer Bedenklichkeit.


Bedenkzeit (W3) [Adelung]


Die Bedenkzeit, plur. inusit. außer wenn gewisse bestimmte Zeiten ausgedruckt werden sollen, die -en, die nöthige Zeit, eine Sache zu bedenken, d. i. zu überlegen. Sich Bedenkzeit nehmen. Einem Bedenkzeit geben. Sich einige Tage Bedenkzeit ausbitten. Ich will aber doch großmüthig seyn, und ihm bis auf den Abend Bedenkzeit lassen, Weiße.


Bedeuten (W3) [Adelung]


Bedeuten, verb. reg. welches in gedoppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1) Durch Worte belehren, seines Irrthumes überführen, zurecht weisen. Ich suchte ihn zu bedeuten; allein er wollte nichts hören. Der Eigensinn der Künstler läßt sich selten bedeuten, nimmt selten Erinnerungen an. 2) Von seiner Willensmeinung belehren, in etwas milderer Bedeutung, als das härtere befehlen, doch größten Theils nur in der Sprache der Kanzelleyen. Es wurde ihm das Urtheil zugeschickt, mit dem Bedeuten, daß u. s. f.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Ein Zeichen einer künftigen Begebenheit seyn. Das bedeutet etwas Gutes. Was wird das bedeuten: 2) Ein Zeichen eines Begriffes seyn. Das Wort As bedeutet in den ältesten Sprachen Gott. Abracadabra ist ein Wort, welches nichts bedeutet. Ein bedeutendes Zeichen, welches das Mannigfaltige in einer Sache ausdruckt. 3) Ein Zeichen einer wichtigen oder bedenklichen Sache seyn. Er schien in der äußersten Zerstreuung und in einer bedeutenden Eil mich nicht zu sehen, Dusch. Er trat mit einer bedeutenden Miene in das Zimmer. 4) Wichtig seyn, etwas Wichtiges vorstellen, viel auf sich haben. Mein Amt hat nicht sonderlich viel zu bedeuten. Unser Hochmuth mengt sich in alles; wir wollen durchaus etwas in der Welt bedeuten. In der Einsamkeit vergißt man viele von den angenehmen Kleinigkeiten, die an sich nichts bedeuten, und dennoch in dem Umgange der Welt so erheblich und nöthig sind. Die Hasen hatten ja vorzeitenWeit mehr als jetzo zu bedeuten, Haged. 5) Folgen haben, von Folgen seyn. Das hat nichts zu bedeuten. Das Frauenzimmer fängt nicht eher an, uns Schmeicheleyen vorzusagen, als bis sie glauben, daß es nichts mehr mit uns zu bedeuten habe, Schleg.

Anm. Bedeuten, Nieders. bedüden, Dän. betyde, Schwed. betyda, Holländ. beduyten, im Friesischen bethioten, ist als ein Neutrum eine bloß buchstäbliche Übersetzung des Latein. significare; denn das einfache Deut war ehedem so viel als ein Zeichen, S. Deuten. Das Activum bedeutet ehedem noch 1) durch Zeichen zu verstehen gehen, welches die erste eigentliche Bedeutung ist, welche noch im Schwabenspiegel, Kap. 323, vorkommt. 2) Nachricht geben, mit der dritten Endung der Person. Unnd uns wahrhaftig bedeuten, Theuerd. Kap. 96. Das sy mir nicht han bedewten, ebend. Kap. 98. Ingleichen durch Worte ausdrucken, bekannt machen. Ih will allen lüten betütenMins herzen klage, Schenk Ulrich von Winterstetten. Er wer ein selic man der das kunde betuten, Was iegliches menschen herzen minne, Hr. Burkart von Hohenfels. 3) Erklären, auslegen. Wie st die Geschrift bedewten, Hornegk. Kap. 13. Im Oberdeutschen gehet es irregulär, und hat alsdann im Particip. Pass. beditten.


Bedeutsam (W3) [Adelung]


* Bedeutsam, -er, -ste, adj. et adv. welches von einigen Neuern für bedeutend versucht worden, etwas Wichtiges, Bedenkliches bedeutend. etwas bedeutsames in seiner Miene haben. So auch die Bedeutsamkeit. Da die Ableitungsylbe - sam nicht mit zu denjenigen gehöret, vermittelst welcher sich noch jetzt neue Wörter bilden Lassen, so läset sich auch dieses Wort nicht völlig billigen.


Bedeutung (W3) [Adelung]


Die Bedeutung, plur. die -en. 1) In dem thätigen Sinne des Verbi, die Handlung des Bedeutens; obgleich sehr selten, und ohne Plural. 2) Von der mittlern Gattung des Zeitwortes. (a) Die Anzeige einer künftigen Sache, und die Sache selbst. Ich halte es für eine böse, für eine gute Bedeutung. (b) Der Begriff, der durch ein Wort oder Zeichen erreget werden soll. Dieses Wort ist mehr als Einer Bedeutung fähig. Unter allen diesen Bedeutungen ist keine die wahre. (c) Erheblichkeit, Wichtigkeit, ohne Plural; von der vierten Bedeutung des Neutrius. Ein Mann von Bedeutung, ein wichtiger Mann. Das ist ein Umstand von geringer Bedeutung.

Anm. Im Oberdeutschen hat man in der ersten thätigen Bedeutung dieses Zeitwortes auch noch das Hauptwort Bedeutniß; z. B. er nimmt keine Bedeutniß an, d. i. läßt sich nicht bedeuten. Allein im Hochdeutschen ist es nicht üblich.


Bedielen (W3) [Adelung]


Bedielen, verb. reg. act. mit Dielen oder Bretern belegen. Einen Fußboden bedielen, wofür man auch nur dielen schlechthin sagt.


Bedienen (W3) [Adelung]


Bedienen, verb. reg. act. 1) Eigentlich, Dienste leisten, so wohl niedrige häusliche, als auch anständigere, entweder um Lohn, oder aus Höflichkeit. Jemanden bey Tische bedienen, ihm aufwarten. Verschiedene Handwerker und Künstler, welche es für unanständig halten, zu sagen, daß sie jemanden um Lohn arbeiten, glauben sich anständiger und edler auszudrücken, wenn sie sagen, daß sie ihn bedienen, oder ihm bedient sind, welches denn auch wohl Sachwalter, Ärzte u. a. nachahmen. Indessen wird die Redensart, einem bedient seyn, nur in der jetzt angezeigten Bedeutung, und nie von eigentlichen Dienern oder Bedienten gebraucht. 2) Ein Amt bedienen, dasselbe verwalten, dem Staate die mit demselben verbundenen Dienste leisten. Was bedient er: was hat er für ein Amt? 3) Sich einer Sache bedienen, Gebrauch von etwas machen. Sich eines Hülfe bedienen. Sich einer Gelegenheit bedienen. 4) Bey einem Gegenstand die nöthige Handleistung thun, doch nur in einigen Fällen. Die Kanonen werden gut bedienet, wenn die dazu gehörige Mannschaft des Ihrige mit der gehörigen Fertigkeit verrichtet. 5) Eine Farbe bedienen, im Kartenspiele, Blätter von eben derselben Farbe zuwerfen, welches auch bekennen genannt wird.


Bediente (W3) [Adelung]


Der Bediente, des -n, plur. die -n, der jemanden bedient ist, demselben und Lohn Dienste leistet; so wohl 1) niedrige häusliche Dienste, in welcher Bedeutung auch das Fämin. die Bediente, (nicht Bedientinn,) als ein höflicher Ausdruck für eine Wand ge-braucht wird; als auch 2) der ein Amt bedient oder verwaltet, ein Beamter; in welcher Bedeutung dieses Wort in dem weiblichen Geschlechte nicht üblich ist, auch größten Theils nur in Zusammensetzungen vorkommt; z. B. ein Kriegs-Bedienter, Civil-Bedienter, Accis-Bedienter, Post-Bedienter u. s. f. der ein Amt bey der Armee, in dem Civil-Staate, bey dem Postwesen u. s. f. bedienet.

Anm. Man hat dieses Wort getadelt und behauptet, daß ein Bedienter nur in der passiven Form jemanden bedeuten könne, der von andern bedienet wird, aber nicht selbst dienet. Allein die heutige Bedeutung des Wortes ein Bedienter gründet sich auf die R. A. einem bedient seyn, und diese ist wohl eben so richtig, als einem zugethan, verbunden, verpflichtet, auf etwas bedacht seyn u. s. f. Der Irrthum rühret von dem irrigen Begriffe her, den alle unsere Sprachlehrer von dem Participiis der vergangenen Zeit haben, die schlechterdings nur dem Passivo zukommen sollen.


Bedienung (W3) [Adelung]


Die Bedienung, plur. die -en. 1) Die Leistung häuslicher und niedriger Dienste; ohne Plural. Er ist zu meiner Bedienung da 2) Als ein Collectivum, alle Bedienten, die jemand hat. Seine Bedienung und Küche bestehet aus sehr wenig Personen. Und dann aus übertriebener Höflichkeit bey einigen auch so viel als ein Bedienter, oder eine Bediente, in der ersten Bedeutung. Ist ihre Bedienung noch nicht da: 3) Ein Amt. Eine gute, austrägliche Bedienung. Er hat noch keine Bedienung. Einem eine Bedienung geben, zu einer Bedienung verhelfen. Im Oberdeutschen ist dafür Bedienstung üblich.


Beding (W3) [Adelung]


Der Beding, des -es, plur. die -e, ein größten Theils veraltetes Wort für Bedingung, welches nur noch in der R. A. üblich ist, mit dem Bedinge, unter dieser Bedingung.


Bedingen (W3) [Adelung]


Bedingen, verb. irreg. act. S. Dingen. 1) Etwas mit einem verabreden, im gemeinen Leben. So ist es unter uns bedungen worden. Am häufigsten aber, 2) einen Vertrag wegen des Preises einer Sache machen, in welcher Bedeutung dieses Wort von dem Käufer gebraucht wird. Eine Arbeit bey einem Handwerksmanne bedingen, mit ihm um den Preis einig werden. Man sieht es diesen Kleinigkeiten an, daß sie sehr genau bedungen sind. 3) Mit einer Bedingung versehen; in welcher Bedeutung aber nur das Mittelwort bedingt, in der regulären Form, da es in den übrigen Bedeutungen bedungen hat, ( S. Dingen,) üblich ist; z. B. der bedingte Ratschluß Gottes.


Bedingung (W3) [Adelung]


Die Bedingung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Bedingens, ohne Plural; in welcher Bedeutung dieses Wort aber wenig gebräuchlich ist. 2) Dasjenige, was man bedinget, in der weitesten Bedeutung des Verbi, d. i. dasjenige, unter dessen Leistung man sich zu einer Sache anheischig macht. Ich verspreche es, aber unter der Bedingung, daß u. s. f. Ohne alle Bedingung. Schwere, unerträgliche Bedingungen. Eine Bedingung erfüllen. 3) Der Vertrag selbst. Bey deiner Geburt hat der Tod die unveränderliche Bedingung mit dir gemacht, daß du sterben mußte, Dusch.


Bedrängen (W3) [Adelung]


Bedrängen, verb. reg. act. sehr drängen, in der figürlichen Bedeutung dieses Verbi, Kummer, Gram verursachen. Ein bedrängtes Gemüth. Meine Absicht war, ihn in seinen bedrängten Umständen zu trösten.


Bedrängniß (W3) [Adelung]


Die Bedrängniß, plur. die -sse, wie das folgende Bedrängung, so wohl für die Handlung des Bedrängens, als auch für die dadurch verursachte Verlegenheit, Unlust und unangenehme Empfindung. Das Ende meiner Bedrängnisse nahet heran, v. Brawe.


Bedrängung (W3) [Adelung]


Die Bedrängung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Bedrängens; ohne Plural. 2) Bedrängte Umstände und dadurch verursachter Kummer. Einem in seinen Bedrängungen trösten. Bedrängung des Gemüthes.


Bedräuen (W3) [Adelung]


Bedräuen, S. Bedrohen.


Bedrohen (W3) [Adelung]


Bedrohen, verb. reg. act. jemanden drohen. Einen bedrohen. Einen mit einer schweren Strafe, mit dem Gefängnisse bedrohen. Ingleichen figürlich. Wodurch wollen sie den Sturm abwenden, der uns bedrohet: Daher die Bedrohung.

Anm. In der Oberdeutschen Mundart lautet dieses Wort bedräuen. Und Jesus bedräuete sie und sprach u. s. f. Matth. 9, 30. Sonst pflegt er nur die Kinder zu bedräuen, Can. S. Drohen.


Bedrohlich (W3) [Adelung]


Bedrohlich, -er, -ste, adj. et adv. einer Bedrohung ähnlich, eine Bedrohung enthaltend. Bedrohliche Worte. Einem bedrohlich anreden.


Bedrucken (W3) [Adelung]


Bedrucken, verb. reg. act. voll drucken. Beyde Seiten des Bogens sind bedruckt. Das Blatt ist nur halb bedruckt. S. Drucken.


Bedrücken (W3) [Adelung]


Bedrücken, in der Oberdeutschen Mundart gleichfalls bedrucken, verb. reg. act. sehr drücken, auf allen Seiten drücken, doch nur in der figürlichen Bedeutung dieses Wortes. Er wird von seinen Gläubigern sehr bedrückt. Ich fand ihn in sehr bedrückten Umständen. Daher die Bedrückung, so wohl von der Handlung des Bedrückens, als auch der dadurch verursachten Verlegenheit. S. Drücken.


Bedüngen (W3) [Adelung]


Bedüngen, verb. reg. act. mit Dünger versehen. Einen Acker bedüngen. Daher die Bedüngung.


Bedünken (W3) [Adelung]


Bedünken, verb. reg. impers. welches mit der vierten Endung der Person für scheinen gebraucht wird, das Urtheil auszudrucken, welches man auf Veranlassung der Sinne von einer Sache fället. Mich bedünkt, es sey schon spät. Er ist, wie mich bedünkt, ein rechtschaffener Mann. So wird die Vorsicht uns weise, der Himmel uns gnädig bedünken, Kleist. Sich bedünken lassen, dafür halten, der Meinung seyn. Auch der Infinitiv wird zuweilen, am häufigsten aber in der Sprache der Kanzelleyen, als ein Hauptwort für Gutachten, Meinung, wahrscheinliches Urtheil gebraucht. Nach meinem Bedünken. Das ist, meines Bedünkens, sehr unrichtig. Gleichwohl geben sie ihm, meines Bedünkens, nichts nach. Doch soll ich anders sagen, was mein Bedünken ist, Opitz.

Anm. Ehedem war für dieses Zeitwort in der Oberdeutschen Mundart auch bedäuchten üblich, welches noch bey dem Hans Sachs vorkommt; z. B. als mich bedäucht. Allein im Hochdeutschen ist solches veraltet, und selbst bedünken scheint immer mehr aus dem Gebrauche zu kommen.


Bedupfen (W3) [Adelung]


Bedupfen, verb. reg. act. auf etwas dupfen. Eine Warze mit Scheidewasser bedupfen. S. Dupfen.


Bedürfen (W3) [Adelung]


Bedürfen, verb. reg. neutr. ( S. Dürfen,) mit dem Hülfsworte haben, für den gegenwärtigen Fall unentbehrlich nöthig haben, mit der zweyten Endung der Sache. die Starken bedürfen des Arztes nicht. Der Herr bedarf ihrer. Ich armer Mann, bedarf ihrer Freundschaft, ihres Trostes, Gell. Um deinen Hunger zu stillen bedarfst du wahrhaftig keiner Welt, ein Geld kann dazu deine Welt seyn, Dusch. Man findet dieses Wort auch zuweilen mit der vierten Endung der Sache; z. B. Gott wie, was ihr bedürfet, für wessen; allein die zweyte ist doch die üblichste, und daher auch die richtigste. Eben so ungewöhnlich ist es im Hochdeutschen, wenn dieses Verbum anstatt des Nennwortes mit der Partikel daß verbunden wird; z. B. ich bedarf, daß ich von dir getaufet werde.Ganz richtig wird es hingegen zuweilen impersonaliter gebraucht, das Lateinische opus est auszudrucken. Was bedorfte des ein wibDas ich u. s. f. Dietmar von Aft. Einen Nero mitten in seiner Glückseligkeit elend zu machen, bedarf es nicht der Gespenster des Seneca oder der Octavia, Dusch. Wenn es aber irgendwo heißt: Denn es bedurfte dich nur Liebe einzuhauchen, so ist solches eine unrichtige Wortfügung, welche noch dazu den Fehler der Zweydeutigkeit hat.

Anm. Kero gebraucht anstatt dieses Verbi das einfache duruftigon, und im Oberdeutschen ist dürfen in dieser Bedeutung noch üblich. Man darf der Waffen nicht, wo Liebe sich erreget, Opitz. S. Dürfen. Indessen kommt bithurfan schon bey dem Ottfried und Tatian, und zwar beyde mit dem Genitiv vor. Die Angelsachsen sagten bethearfen und die Niedersachsen im 14ten Jahrhunderte bedorften. Im Oberdeutschen wird es auch für dürfen, Macht, Erlaubniß haben, gebraucht. Die Schiffleut bedorften sich nitWeren, Theuerd. Kap. 32. Das nyemands ein einiges wortBedorfte sagen der Künigin, ebend.


Bedürfniß (W3) [Adelung]


Das Bedürfniß, des -sses, plur. die -sse: 1) Der Zustand, worin man einer Sache bedarf, besonders solcher Sachen, die zum Unterhalte und zur Bequemlichkeit gehören, Mangel. Die Natur fordert wenig, und der Schöpfer hat dir nach dem Bedürfnisse derselben nur zwo Hände gegeben, Dusch. Was die Bedürfnisse der Natur nicht fordern, das solltest du nicht wünschen, ebend. Bedürfniß macht uns kühn, Haged. 2) Die Sache selbst, deren man bedarf. Kriegsbedürfnisse, Schreibbedürfnisse, was man zum Kriege, zum Schreiben nöthig hat. Wie sehr hat Stolz und Wohlleben die Zahl unserer Bedürfnisse vermehret! Immer gegenwärtige Bedürfnisse ersticken den Geist, und machen die Seele stumpf.

Anm. Im Oberdeutschen ist dieses Wort, so wie viele andere auf -niß, weiblichen Geschlechtes. S. -Niß.


Bedürftig (W3) [Adelung]


Bedürftig, -er, -ste, adj. et adv. einer Sache bedürfend, mit der zweyten Endung der Sache. Ich bin deiner Hülfe bedürftig. Ingleichen überhaupt für arm, ein bedürftiger Mensch, wofür doch das einfache dürftig üblicher ist. Bedürftig wird dagegen in verschiedenen Zusammensetzungen mit dem Nahmen der Sache, deren man bedarf, gebraucht, z. B. geldbedürftig, heilsbedürftig, hülfbedürftig u. s. f.


Beecken (W3) [Adelung]


Beecken, verb. reg. act. mit Ecken versehen; ein nur in der Wapenkunst übliches Wort, wo ein Kreuz beeckt heißet, wenn aus dessen Ecken an den Enden längliche Figuren hervorragen.


Beehren (W3) [Adelung]


Beehren, verb. reg. act. Ehre erweisen. Einen mit etwas beehren. Beehren sie mich mit ihrem Besuche. Von welchem Helden steht sich unser Haus beehrt! Wiel.


Beeicheln (W3) [Adelung]


Beeicheln, verb. reg. act. mit Eicheln versehen; ein nur in der Wapenkunst übliches Wort, wo beeichelt von Eichbäumen gebraucht wird, wenn sie Eicheln haben.


Beeiden (W3) [Adelung]


Beeiden, oder Beeidigen, verb. reg. act. in der rechtlichen Schreib- und Sprechart. 1) Mit einem Eide bestätigen, beschwören. Eine Aussage beeiden, oder beeidigen. 2) Durch einen Eid verbinden. Ein beeidigter Zeuge. Daher die Beeidung, oder Beeidigung in beyden Bedeutungen.


Beeifern (W3) [Adelung]


Beeifern, verb. reg. act. 1) * Seinen Eifer, d. i. Unwillen, über etwas merklich werden lassen. Ein Versehen beeifern. Noch mehr aber, 2) sich beeifern, sich eifrig bemühen. Ich werde mich beeifern, alles genau zu bewerkstelligen. Daher die Beeiferung.

Anm. Die erste Bedeutung ist im Hochdeutschen wenig gebräuchlich, noch weniger aber der thätige Gebrauch des Reciproci sich beeifern, der im Oberdeutschen indessen so selten nicht ist; z. B. ich versichere, daß ich alles beeifern werde, was zu des Reiches Dienst gereicht, mit Eifer befördern.


Beeinträchtigen (W3) [Adelung]


Beeinträchtigen, verb. reg. act. in der rechtlichen Schreibart, Eintrag thun, Unrecht zufügen. Einen beeinträchtigen, einen in etwas beeinträchtigen. Daher die Beeinträchtigung, so wohl von der Handlung des Beeinträchtigens, als auch von dem zugefügten Unrecht selbst.

Anm. Dieses Wort, welches zunächst aus dem Oberdeutschen herstammet, kommt von Eintrag her, wofür man ehedem auch Eintracht sagte. Die Verwandlung des g in ch in mehreren von tragen abgeleiteten Wörtern üblich, besonders wenn sie Frequentativa werden, S. Tracht und Trächtig; daher man nicht nöthig hat, beeinträchtigen zu schreiben. Übrigens ist dieses Verbum eines von denen, welche die Begriffe mildern, und eine verhaßte Sache auf eine minder verhaßte Art ausdrucken, woran die Oberdeutsche Mundart so reich ist. Einen beeinträchtigen heißt eine Ungerechtigkeit an ihm begehen, oder doch begehen wollen, aber mit einem gelindern Ausdrucke. Man thut also Unrecht, wenn man dieses und andere ähnliche Wörter so gerade zu verwirft, weil Fälle genug vorkommen, wo man aus Achtung oder andern Ursachen genöthiget wird, die Ausdrücke zu mildern, und alles, was einer Beleidigung ähnlich sehen kann, zu vermeiden.


Beeisen (W3) [Adelung]


Beeisen, verb. reg. act. mit Eise erfüllen, mit Eise bekleiden, in der dichterischen Schreibart. Beeiste Gefilde. Beeiste Fluren. Opitz sagt zwar ein Mahl: der Wind beeist das Land: allein außer dem Mittelwort beeist ist dieses Zeitwort selbst bey den Dichtern nicht gebräuchlich.


Beekeln (W3) [Adelung]


Beekeln, verb. reg. act. Ekel gegen etwas empfinden und äußern, ein außer der dichterischen Schreibart ungewöhnliches Wort. Sein künstlicher Geschmack beekelt seinen Stand, Holl. Wasser löscht den Durst des Sybariten, dessen verwöhnte Zunge Leckerbissen und Wein beekelt, Dusch.


Been (W3) [Adelung]


Been, S. Behen.


Beenden (W3) [Adelung]


Beenden, oder Beendigen, verb. reg. act. zu Ende Bringen, enden, endigen, meisten Theils nur in den Kanzelleyen, indem dieses Wort nichts mehr sagt, als das thätige enden. Eine Sache beenden, oder beendigen. Daher die Beendung oder Beendigung.


Beengen (W3) [Adelung]


Beengen, verb. reg. act. enge einschränken, in die Enge treiben, größten Theils nur in der figürlichen Bedeutung, aber auch hier nur am häufigsten in der Oberdeutschen Mundart und ihrer Tochter. der Kanzelleysprache. Daher die Beengung.


Beer-Angelike (W3) [Adelung]


Die Beer-Angelike, plur. inus. eine Virginische Pflanze, welche Beeren trägt, und an gewürzhaftem Geschmacke und an Kräften der Angelike gleicht; Aralia, L. Beerendolde.


Beerben (W3) [Adelung]


Beerben, verb. reg. act. 1) Mit Leideserben versehen, in welcher Bedeutung aber nur das Mittelwort beerbt üblich ist. Er ist noch nicht beerbt, er hat noch keine Kinder. 2) Von einem erben. Einen beerben. Wenn einer ein Gut nicht beerben oder erkaufen wollte, Ruth. 4, 7. Daß ihr den Segen beerbet, 1 Petr. 3, 9. 3) * Als ein Erbe hinterlassen. Daß ihr besitzt das gute Land und beerbet auf euer Kinder, 2 Chron.29, 8. Auf daß ihr esset das Gute im Lande, und beerbet es auf eure Kinder, Esr. 9, 12.


Beerblau (W3) [Adelung]


Beerblau, adj. et adv. blauen Beeren an Farbe ähnlich. Ein beerblauer Zeug. Ingleichen als ein Hauptwort das Beerblau, genit. des Beerblau, plur. car. eine blaue Farbe, welche aus gewissen Beeren verfertiget wird. S. Beergelb.


Beerbtheilen (W3) [Adelung]


* Beerbtheilen, verb. reg. act. welches nur in einigen Gegenden Westphalens und des Niederrheines für erben üblich ist. Daher die Beerbtheilung, welches in dem Osnabrückischen so viel als der Sterbefall bedeutet, wenn der Grundherr von allen beweglichen Gütern eines verstorbenen Eigenbehörigen die Hälfte erbet.


Beerdigen (W3) [Adelung]


Beerdigen, verb. reg. act. welches das Frequentativum des noch im Oberdeutschen üblichen Verbi beerden ist, zur Erde bestatten, begraben, doch nur von menschlichen Leichen. Einen Verstorbenen beerdigen. Daher die Beerdigung.

Anm. Auf ähnliche Art gebrauchen die Schweden jordas und die Dänen jorde, begraben, von Jord, Erde. In den Niedersächsischen Marschländern bedeutet beerdigen bey der Deicharbeit, mit Erde versehen, Erde bey einer Deicharbeit anbringen.


Beere (W3) [Adelung]


Die Beere, plur. die -n, ein volles fleischiges oder saftiges Samengehäuse der Pflanzen, worin de Same ohne weiteres Gehäuse liegt. Diminutivum das Beerchen, im Oberdeutschen Beerlein. Die besondere Art der Beeren wird durch vorgesetzte Wörter in besondern Fällen näher bestimmt; daher die Heidelbeere, Schwarzbeere, Weinbeere, Blaubeere, u. s. f. durch welche Benennungen oft auch die Pflanze oder das Kraut, welches diese Beeren trägt, bezeichnet wird.

Anm. Wenn der Same in der Beere ein neues Samengehäuse hat, so bekommt sie nach dem heutigen Sprachgebrauche andere Nahmen; daher Äpfel, Birnen, Pflaumen, Kirschen, u. s. f. nicht mehr Beeren genannt werden, obgleich auch diese Benennung in manchen Fällen unbestimmt ist. Beere lautet im Oberdeutschen die Beer, plur. die -e, bey dem Notker und Tatian Bere und Pere, im Dithmars. Beir, im Dänischen Bär, im Schwed. Bär, im Isländ. Ber, im Englischen Berry. In andern alten Mundarten lautet dieses Wort Bese, wovon noch das Niedersächsische Besing für Beere üblich ist, und in Bretagne ist Besi eine Birn. Beyde Wörter bedeuteten ehedem eine jede Frucht, und scheinen von bären, tragen, abzustammen, wurden vor diesem auch mehrern Arten von Früchten beygeleget, die man jetzt nicht mehr Beeren nennet. So bedeutet Bere, im Angelf. Gerste, und das Hebr. Bar, und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Getreide. Das Goth. Basja, das Wallisische Pys, das Angels. Pisan, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Latein. Pisium, Erbsen, stammen, so wie das Deutsche Birn, gleichfalls aus dieser Quelle her.


Beerendolde (W3) [Adelung]


Die Beerendolde, S. Beer-Angelike.


Beerenwanze (W3) [Adelung]


Die Beerenwanze, plur. die -n, eine Art Wanzen, welche sich häufig auf den Brombeeren aufhält; Cimex Baccarum, L.


Beergelb (W3) [Adelung]


Das Beergelb, genit. des Beergelb, plur. car. eine gelbe Mahlerfarbe, welche zu den Saftfarben gehöret, und aus den unreifen Beeren des Kreuzbornes bereitet wird. So auch das Beergrün, eine solche grüne Saftfarbe; Saftgrün. Da alle Adverbia, wenn sie ohne Concretion als Substantiva gebraucht werden, in der Declination keine Casus-Zeichen annehmen, das Schwarz, des Schwarz, dem Schwarz; so gilt dieses auch von Beerblau, Beergelb und Beergrün.


Beerhacke (W3) [Adelung]


Die Beerhacke, plur. inus. in den Weinbergen, die letzte Behackung derselben, welche um Agidii geschiehet, zu welcher Zeit die Beeren bereits anfangen, helle zu werden. Sie wird auch die Beerkraute, ingleichen die Reinkraute genannt, weil die Weinberge dadurch zugleich von dem Unkraute gereiniget werden.


Beerhüter (W3) [Adelung]


Der Beerhüter, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten ein Feldwächter, der zur Bewachung der Weinberge bestellet ist.


Beerkraute (W3) [Adelung]


Die Beerkraute, plur. inus. S. Beerhacke.


Beermelde (W3) [Adelung]


Die Beermelde, plur. inus. eine Pflanze mit einem Kelche mit drey Einschnitten, welcher sich in eine Beere mit einem Samen verwandelt; Blitum, L. im gemeinen Leben Meier.


Beermost (W3) [Adelung]


Der Beermost, des -es, plur. inus. ungepreßter Most, der von selbst aus den Weinbeeren läuft.


Beerraute (W3) [Adelung]


Die Beerraute, plur. inus. eine Art Raute mit einer langen holzigen Wurzel, welche sich weit in die Quere ausbreitet. Die holzigen runden Stängel haben eine dunkelgrüne Rinde, dicke und steife Blätter und an dem obern Theile gelbe Blumen, die sich endlich in schwarze runde Beeren verwandeln, welche den Beeren des Faulbaumes gleichen und einen braunrothen Saft enthalten. Sie wird bey uns nur in Gärten erzeuget.


Beerreis (W3) [Adelung]


Das Beerreis, des -es, plur. die -er, bey den Vogelstellern, ein Reis mit dazwischen gelegten Vogelbeeren um die Bügel und Bastdohnen in dem Geschneide.


Beerwein (W3) [Adelung]


Der Beerwein, des -es, plur. inus. außer wenn von mehreren Arten solchen Weines die Rebe ist. 1) Ein Wein aus ungpreßtem Moste, der von selbst aus den Beeren rinnet; Vorlaß. 2) Ein Wein, der wieder auf frische Beeren gegossen und dadurch verstärket worden; in Elsaß Käpps, Kapswein', von Kap, Franz. Grappe, der Kamm an den Trauben.


Beerwinde (W3) [Adelung]


Die Beerwinde, plur. die -n, eine Art Winden oder schlingender Pflanze, welche ihren Samen in Beeren trägt; Convolvulus, L. Windelkraut, Zaunglocke.


Beest (W3) [Adelung]


Beest, S. Biest.


Beet (W3) [Adelung]


Beet, S. Vorstoß und Bienenharz.


Beet (W3) [Adelung]


Das Beet, des -es, plur. die -e, ein etwas erhöheter Platz in den Gärten, der zu Gewächsen bestimmt ist; ein Gartenbeet, im Gegensatze der Ackerbeete, oder der Beete auf den Ackern, welche zuweilen anstatt der so genannten Rücken auf den Ackern gemacht, und meisten Theils mit Gartengewächsen bepflanzet werden. Dort hat die Kunst Blumen in schön geordneten Beeten gesammelt, Geßn.

Anm. Beet ist in dieser Bedeutung von Bett entstanden, welches in der Niedersächsischen Mundart gelinder lautet. In den Monseeischen Glossen bey dem Pez wird Petiu durch ariolae in hortis gegeben, und Würzbett ist bey dem Willerameben das. In Schwaben heißt daher ein Beet noch jetzt ein Bett; dagegen das Dänische Beed so wohl ein Beet als ein Bett bedeutet. Wenn einige den Plural Beeter machen, so geschiehet solches zu Folge der Niedersächsischen Mundart. Ein eingefaßtes Beet bekommt den Nahmen einer Rabatte. in einigen Gegenden wird der Raum zwischen den Ähren und der Scheuntenne, wo die Garben zusammen stoßen, das Beet, oder der Zusammenstoß genannt.


Beete (W3) [Adelung]


Die Beete, plur. inus. der Niedersächsische Nahme einer Art Mangolds, oder der so genannten rothen Rüben, der mit dem Lat. Beta, Batis und Batus ( S. du Fresne Glossar. v. Batus, und Betalis,) Ital. Bieta, Franz. Bete, Engl. Beet überein kommt; Beta vulgaris, L. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist auch der Niedersächsische Nahme üblich, der aber alsdann oft in Beiße, Beißkohl und Biese verwandelt wird. In Baiern heißt die Beete Ranne, um Basel Rohne, im Hennebergischen aber Runkel. S. Mangold, ingleichen Rübe.


Beetochse (W3) [Adelung]


Der Beetochse, des -n, plur. die -n, in der Landwirthschaft einiger Gegenden, derjenige Ochse, welcher zur linken Hand an dem Pfluge gehet, weil er allzeit auf dem Beete gehen muß;an andern Orten und am gewöhnlichsten der Handochse, beydes zum Unterschiede von dem Leinochsen.


Befächsern (W3) [Adelung]


Befächsern, verb. reg. act. im Weinbaue, mit Fächsern belegen. Einen Weinberg neu befächsern.


Befahren (W3) [Adelung]


1. * Befahren, verb. reg. act. et recipr. welches so viel als befürchten bedeutet, aber im Hochdeutschen veraltet ist, und um der Bequemlichkeit des Reims willen nur noch zuweilen von den Dichtern gebraucht wird. Es wird so wohl Active mit der vierten Endung des Hauptwortes, als auch Reciproce mit der zweyten Endung gebraucht. Ein Unglück befahren, und sich eines Unglückes befahren. Es lässet sich dieses nicht thun, ohne einigen Widerstand zu befahren. Es gehe, wie es will, was hab ich zu befahren: Weiße.

Anm. Dieses Verbum ist von dem alten Fahr, wofür jetzt Gefahr üblich ist; S. Gefahr und Fahren 1. Das einfache fara, bedeutet noch im Schwedischen so viel als befürchten. Auch im Niedersächsischen ist bevaren üblich, und zwar so wohl Active als Reciproce. Bey dem Opitz kommt dafür befohren vor. Eh als ich mich befohre; ingleichen Du Mörder hättest du ja müssen dich befohren u. s. f.


Befahren (W3) [Adelung]


2. Befahren, verb. irreg. act. S. Fahren. 1) Oft auf etwas fahren. Einen Weg befahren. Eine befahrne Straße, wo schon Leute gefahren sind. Ein nie befahrnes Meer. Da fahren ehedem nicht bloß von einem Fuhrwerke gebraucht wurde, so bedeutet befahren 2) in weiterer Bedeutung auch zuweilen so viel, als sich an einen Ort begeben. So befahren die Bergbeamten eine Grube, wenn sie sich in selbige verfügen, sie zu besichtigen; in den Lübeckischen Statuten heißt ein Haus befahren, so viel, als, es beziehen, in Besitz nehmen. Daher die Befahrung, besonders im Bergbaue, die Besichtigung der Grubengebäude, und der Befahrungsbericht, das Befahrungsbuch u. s. f.


Befallen (W3) [Adelung]


Befallen, verb. irreg. act. S. Fallen. 1) Eigentlich, auf etwas fallen, in welcher Bedeutung es aber nur selten und auch alsdann nur im Passivo gebraucht wird. Von Steinen, oder mit Steinen befallen seyn oder werden, von herab gefallenen Steinen bedeckt werden. Das Feld ist mit Schnee befallen. 2) Figürlich, in welcher Bedeutung es aber nur von Sachsen gebraucht wird, die man als ein Übel ansiehet. Es hat ihn eine Krankheit befallen. Mit, oder besser von einer Krankheit befallen werden. Furcht und Entsetzen möchte einen ehrlichen Mann darüber befallen.

Anm. Schon Ottfried sagt: sie alle tod bifalta, sie alle befiel der Tod. Das Englische to befall wird in noch weiterer Bedeutung für widerfahren gebraucht. In Niedersachsen und Hollstein ist dieses Verbum auch als ein Neutrum üblich: er befiel mit einer Krankheit.


Befangen (W3) [Adelung]


Befangen, verb. irreg. act. S. Fangen, ein vornehmlich in Oberdeutschen übliches Wort, welches in dieser Mundart verschiedene Bedeutungen hat. Es bedeutete nehmlich, 1) * umgeben, in welchem Verstande bifangan häufig bey dem Ottfried und Tatian vorkommt. Hierher gehören auch das alte Bifang, welches eigentlich einen befriedigten oder umzäunten Ort und hernach einen jeden Hof bedeutete, und im Mittlern Lateine durch Conceptio für Conseptio übersetzt wurde. Einen solchen Bifang oder Hof hatte Kaiser Carl der Große zu Vargala in Thüringen, den er daher in einer Urkunde terram conceptionis suae nennet, woraus ungeschickte Ausleger das Land seiner Empfängniß gemacht haben. 2) In sich fassen, in sich halten. Das ist schon mit darunter befangen, d. i. begriffen. Das ist nicht der in der Frage befangenen Fall. 3) * Wie befallen in der figürlichen Bedeutung. Mit Schlaf, mit Furcht befangen seyn. No e diu mih pefangen habet, Notker. 4) * Sich bemächtigen, überwinden, gefangen halten. Friuntlih bevangen Hat mih ein roter munt Vnd zwei lichtue wangen, Herzog Johann von Brabant. 5) * In Verbindung stehen. Mit jemanden in naher Verwandtschaft befangen seyn. 6) * Empfangen; daher sagt man in Franken ein befangenes, d. i. bebrütetes, Ey. S. auch Unbefangen.

Anm. Im Oberdeutschen ist befahen, bey dem Kero pivahen, in allen obigen Bedeutungen üblich, ja mit befangen eigentlich nur ein und eben dasselbe Wort, S. Fahen und Fangen. Von allen obigen Bedeutungen kommt im Hochdeutschen nur die zweyte, und auch diese nur selten vor.


Befassen (W3) [Adelung]


Befassen, verb. reg. act. begreifen, betasten, so aber nur als ein Reciprocum in figürlicher Bedeutung gebraucht wird. Sich mit einer Sache befassen, sich mit derselben beschäftigen, sich in dieselbe mengen. Im Nieders. befatte, im Schwed. befatta.


Befechten (W3) [Adelung]


* Befechten, verb. irreg. act. ( S. Fechten,) angreifen, feindlich anfallen; ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort, welches nur noch bey dem Opitz vorkommt: Samson - als er ward besprungen, Befochten und gedruckt.


Befehden (W3) [Adelung]


* Befehden, verb. reg. act. welches im Hochdeutschen längst veraltet ist, für bekriegen, ingleichen den Krieg ankündigen. Doch wird es noch zuweilen von den Dichtern gebraucht, ob es gleich, wie andere veraltete Wörter, eigentlich nur für die komische Schreibart aufgesparet werden sollte. Wo alte Freyheit noch den angeerbten Hut Frisch in die Augen drückt und unbefehdet ruht, Haged. So auch die Befehdung. S. Fehde.


Befehl (W3) [Adelung]


Der Befehl, des -es, plur. die -e. 1) Eigentlich, der Ausspruch eines Obern, daß etwas geschehen soll, der verpflichtende Ausdruck seines Willens in einzelnen Fällen. Einen Befehl geben, ertheilen, bekommen, empfangen. Eines Befehl ausrichten, vollziehen, überschreiten, u. s. f. Es geschahe auf meinen Befehl. Ich habe Befehl dazu, es ist mir befohlen worden. Bis auf weitern Befehl, bis ein anderer Befehl gegeben wird. 2) Die Gewalt, das Recht, solche Befehle zu ertheilen, die Herrschaft über eine Sache. Unter eines Befehl stehen. Er hat zwey Provinzen unter seinem Befehle. Die Flotte segelte unter dem Befehle, oder unter den Befehlen, des Herzogs von York. Dieser Gebrauch ist vermuthlich von den Franzosen entlehnet, die ihr Commandement und Ordre auf gleiche Art gebrauchen. 3) In der höflichen Sprache des Umganges, der Wille, die Neigung, das Belieben, Was ist zu ihrem Befehle? was belieben sie? Es stehet ihnen zu Befehl, sie haben freye Gewalt darüber. Und was sie nur wünschte War zu ihrem Befehl, Zachar. d. i. ward ihr gewähret. 4) * Empfehlung, welche Bedeutung doch nur allein im Oberdeutschen üblich; z. B. machen sie dem Herren meinen Befehl, empfehlen sie mich ihm.

Anm. Im Oberdeutschen wird dieses Wort noch mit dem alten Alemannischen Hauchlaute Befelch oder Befehlich gesprochen. Ein Befehl gebt nur auf einzelne Fälle, eine Verordnung ist ein allgemeiner Wille, und wenn sie auf immer gültig bleiben soll, heißt sie ein Gesetz. S. Befohlen.


Befehlen (W3) [Adelung]


Befehlen, verb. irreg. act. Ich befehle, du befiehlst, er befiehlt, wir befehlen, u. s. f. Imperf. Ich befahl, Conj. befehle, Partic. befohlen. 1) Niedrigern seinen Willen auf einestrenge verpflichtende Art bekannt machen, einen Befehl ertheilen, in der ersten Bedeutung dieses Wortes. Ich habe ihm diese Sache befohlen. Der König befahl, daß sich jedermann von ihm entfernen sollte. Befiehlt er ihren Tod, Gell. gibt er Befehl zu ihrer Hinrichtung; welche Wortfügung sich doch nur in der Sprache der Dichter gebrauchen lässet. Figürlich stehet dieses Wort auch zuweilen für herrschen, regieren. Er versteht die Kunst zu befehlen vollkommen. Alexander wollte der ganzen Welt befehlen. Was, spricht er nur als Gast, wo er als Herr befahl: Schleg. In der Sprache der Höflichkeit wird dieses Wort oft für verlangen, belieben, Neigung zu etwas haben gebraucht. Was befehlen sie: Wie sie befehlen. 2) Anvertrauen, eines Aufsicht, Schutz, Treue übergeben. Seine Seele Gott befehlen. Ich befehle mich Gott, Apostelg. 20, 32. Befiehl dem Herren deine Wege. Gott befohlen! Dieser Gebrauch ist im Hochdeutschen größten Theils veraltet, und nur noch in der Schreibart der Gottesgelehrten üblich. Außerdem gebraucht man lieber empfehlen. Im Oberdeutschen ist befehlen überall für dieses letztere üblich, auch wenn man sich jemanden aus Höflichkeit empfiehlet.

Anm. In der zweyten Bedeutung, welche die älteste zu seyn scheinet, kommt im Gothischen schon anafihlha, und im Alemannischen filahan, und bey dem Kero pifelahan vor. Das Schwed. bifalla, Dän. Befale, und Isländ. bifala bedeutet so wohl befehlen als empfehlen. Indessen ist die eigentliche Abstammung dieses Wortes noch unbekannt. Im Oberdeutschen, in dessen rauhern Mundarten dieses Wort befehlchen lautet, gehet es regulär, ich befehle, du befehlest, er befehlet, ich befehlete u. s. f. bis auf das Supinum, welches daselbst gleichfalls befohlen lautet.


Befehlerisch (W3) [Adelung]


Befehlerisch, adj. et adv. auf eine befehlende, strenge verpflichtende Art. Reden sie nicht so befehlerisch. Nur im gemeinen Leben.


Befehligen (W3) [Adelung]


Befehligen, verb. reg. act. welches im Oberdeutschen und den Hochdeutschen, Kanzelleyen gewöhnlich ist, mit Befehl zu etwas versehen. Er wurde befehliget, abzureisen. Ich habe ihn dazu befehliget.


Befehlshaber (W3) [Adelung]


Der Befehlshaber, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der von einem andern Befehl oder Auftrag in einer Sache hat, ein Gevollmächtigter, in welcher Bedeutung es aber nur im Oberdeutschen üblich ist. 2) Der andern zu befehlen hat, besonders von einem Vorgesetzten bey der Armee. Der Befehlshaber eines Kriegesheeres, eines Regimentes; in welcher Bedeutung dieses Wort schon Nehem. 31, 24 vorkommt. Daher befehlshaberisch, im Scherze für gebietherisch, auf eine befehlend Art. Das klingt sehr befehlshaberisch, Weiße.


Befehlsweise (W3) [Adelung]


Befehlsweise, adv. nach Art eines Befehles, strenge verpflichtend. Etwas befehlsweise verlangen, vermittelst eines Befehles.


Befehlswimpel (W3) [Adelung]


Der Befehlswimpel, des -s, plur. ut nom. sing. auf den Flotten, der Wimpel, wodurch der Befehlshaber einer Flotte den Schiffen seine Befehle ertheilet.


Befeilen (W3) [Adelung]


Befeilen, verb. reg. act. an etwas feilen, mit der Feile bearbeiten. Einen Schlüssel befeilen.


Befestigen (W3) [Adelung]


Befestigen, verb. reg. act. fest machen, so wohl in eigentlicher, als figürlicher Bedeutung. Ein Holz an der Wand befestigen. Eine Thür, ein Bret, einen Stein befestigen. Eine Stadt, eine Ort befestigen, ihn mit Festungswerken versehen, oder so einschließlich, daß er vor allem Überfalle gesichert wird. Die Freundschaft mit jemanden befestigen, dauerhaft machen. Daher die Befestigung, so wohl von der Verrichtung des Befestigens, als auch von demjenigen, wodurch etwas befestiget wird; die Befestigungskunst, die Kunst, einen Ort wider einen feind- lichen Angriff zu befestigen, die Fortification, Kriegsbaukunst.

Anm. Befestigen ist das Frequentativum von dem im Hochdeutschen veralteten befesten, welches in einigen Oberdeutschen Gegenden noch bevestnen lautet. Bey dem Kero kommt festinon, bey dem Ottfried festinan, bey dem Notker festenen und kefestinen, bey dem Willeram gefestinen, im Angels. festnian und afestnian, im Holländ. vasten, vesten, im Schwed. faesta, und im Dän. befäste und fäste in eben denselben Bedeutungen vor. Ehedem bedeutet dieses Wort auch durch Schrift und Siegel bestätigen; Befestigung war daher eine solche Bestätigung, und Handfeste die Urkunde derselben. S. Fest. Befestigung, welches für Festung in der Deutschen Bibel vorkommt, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Befeuchten (W3) [Adelung]


Befeuchten, verb. reg. act. feucht machen. Das Mehl, das Getreide befeuchten. Der Regen befeuchtet das Land. Daher die Befeuchtung.


Befeuern (W3) [Adelung]


Befeuern, verb. reg. act. im figürlichen Verstande feuerig, d. i. hitzig, muthig machen, heftige Leidenschaften in jemanden erregen. Die Muße und Ruhe haben unsere Begierden nach Vergnügen befeuert und ihren Kreis erweitert, Dusch. Der alte Wein befeuert mich Als mir bey Hochstädt alles wich, Haged.Wir trinken Wein, befeuern unsre TriebeUnd küssen muthiger als sie, ebend.


Befiedern (W3) [Adelung]


Befiedern, verb. reg. act. mit Federn versehen. Daß ihn die Natur recht schön befiedert hatte, sagt Hagedorn von einem Papagey. Besonders von den Zungen der Tangenten oder Docken der Clavicymbel und anderer Instrumente, welches auch befielen genannt wird. Daher die Befiederung.


Befinden (W3) [Adelung]


Befinden, verb. irreg. ( S. Finden,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, für das einfache finden, so fern dasselbe, 1) so viel als erfahren, erkennen bedeutet. Ich habe die Sache ganz anders befunden, als ich geglaubt habe. Nach Befinden der Sache, wie man die Sache befinden wird; wofür man in einigen Oberdeutschen Gegenden sagt, nach Befund der Sache. 2) Dafür halten, meinen, oft mit der Präposition für. Ich befinde es nicht für gut. Wenn du es für nöhtig befindest.II. Als ein Reciprocum, sich befinden. 1) An einem Orte gegenwärtig seyn. Er befindet sich jetzt in Berlin. Ich befand mich damahls in Frankreich. Er befindet sich nicht mehr hier. Wer sind denn die Menschen, in deren Gesellschaft ich mich befinde: Dusch. 2) Befunden werden, sich verhalten. Es befindet sich in der That so. Die Sache befindet sich nicht so, als du sagtest. 3) Empfindung von dem Zustande seinen Gesundheit haben. Sich wohl befinden, gesund seyn. Sich übel befinden, nicht völlig gesund seyn, eine unangenehme Empfindung des Leides haben. Wie befinden sie sich: oder, wie ist ihr Befinden: wie stehet es mit der Empfindung von ihrer Gesundheit. Ingleichen figürlich, er befindet sich sehr wohl dabey, er ist damit sehr vergnügt. Ich befinde mich bey meinem Leichtsinne eben so wohl, als sie bey ihrer Ernsthaftigkeit. ich gesegneten Leibes befinden, schwanger seyn, welches die einzige Redensart ist, wo dieses Verbum im Hochdeutschen mit der zweyten Endung verbunden wird. Bey den Schwäbischen Dichtern kommt befinden überhaupt für empfinden vor, wovon diese dritte Bedeutung noch ein Überrest ist. 4) Seyn, von verschiedenen Zuständen des physischen, bürgerlichen und sittlichen Lebens, welche der Gebrauch bestimmen muß. Sie befand sich in einem Alter von zwanzig Jahren. Sich in guten, schlech-ten, Umständen befinden. Ich befinde mich in einer großen Verlegenheit, Ungewißheit, Unruhe. Daher die Befindung, in der thätigen Bedeutung.

Anm. Befinden, bey dem Ottfried befindan, bedeutete ehedem so wohl finden in der eigentlichsten Bedeutung, als auch durch die Sinne empfinden, ingleichen erfahren. Daher gebraucht Kero Pifindungen für Erfahrung. Das Gothische finthan, bedeutete, so wie noch das heutige Schwedische finna, gleichfalls erfahren. S. Finden.


Befindlich (W3) [Adelung]


Befindlich, adj. et adv. welches nur in der ersten Bedeutung des Reciproci für gegenwärtig üblich ist, und so wohl von Personen als Sachen gebraucht wird. Er war damahls zu Berlin befindlich. Ich habe alle darin befindliche Waaren gesehen.


Befischen (W3) [Adelung]


Befischen, verb. reg. act. Ein Wasser befischen, darin fischen, die darin befindlichen Fische fangen.


Beflammen (W3) [Adelung]


Beflammen, verb. reg. act. mit Flammen versehen, in der dichterischen Schreibart. Der Gerechtigkeit beflammtes Schwert, Raml.


Beflecken (W3) [Adelung]


Beflecken, verb. reg. act. 1. Von Flecken, macula, Flecken in etwas machen. 1) Eigentlich. Die Wäsche mit Dinte, die Kleider mit Koth beflecken. 2) Figürlich, für verunreinigen. Sich mit Lästern beflecken. Einen Altar mit Blut beflecken. Die Wahrheit mit Lügen beflecken. Das Ehebett beflecken. Sich mit eines andern Blute beflecken. Ein beflecktes Gewissen. Ingleichen für schänden, Unehre bringen. Seinen guten Nahmen beflecken. Beflecken hat alle Mahl den Begriff einer zurück bleibenden Unehre bey sich, daher heißt es bey dem Hofmanswaldau ganz richtig: Mich hat zwar Mannes Blut bespringt doch nicht befleckt. So auch die Befleckung.2. Von Fleck, frustulum, mit Flecken besetzen, bey den Schustern. Schuhe, Absätze beflecken, lederne Flecke auf die Absätze befestigen. Daher die Befleckung.


Beflehen (W3) [Adelung]


* Beflehen, verb. reg. act. welches im Hochdeutschen ganz ungewöhnlich, und nur bey dem Opitz Pf. 119; 27 für anflehen vorkommt. Ich müßte nur das lose Volk bestehen.


Befleißen (W3) [Adelung]


Befleißen, verb. irreg. recipr. Imperf. ich befliß mich, Supin. beflissen; oder Befleißigen, verb. reg. recipr. Fleiß auf die Erwerbung einer Sache wenden, mit der zweyten Endung des Nennwortes. Sich der Tugend, der Gottesfurcht, eines anständigen Wandels befleißigen. Ich muß mich der Kürze befleißigen. Ingleichen Fleiß auf die Erlernung einer Sache wenden. Sich der Rechtsgelehrsamkeit, der Weltweisheit, der Künste befleißigen. S. hernach Beflissen. Einige, besonders Oberdeutsche Schriftsteller, verbinden dieses Wort oft mit dem Vorworte auf, welche Wortfügung bey dem Opitz mehrmahls vorkommt. Sich auf Künste, auf etwas befleißigen. Allein im Hochdeutschen klingt diese Verbindung alle Mahl ungewöhnlich und widerlich, ob sich gleich das Mittelwort beflissen gar wohl auf diese Art gebrauchen lässet. Ganz richtig wird es dagegen mit dem Infinitiv verbunden. Ich habe mich jederzeit beflissen, eine gute Hand zu schreiben. Er befleißiget sich sehr, eine gute Hand zu schreiben.

Anm. Die Alten, von dem Kero an bis auf den Opitz, gebrauchten dafür das einfache flizzan, flizan, fleißen und fleißigen, auf eben die Art, und in eben derselben Wortfügung. Gevlizon, und givlizzan kommt indessen auch schon zu Ottfrieds Zeiten vor. Befleißigen, ist das Intensivum von befleißen, ist aber am häufigsten nur im Präsenti und Infinitivo üblich, dagegen man das Imperfectum und die zusammen gesetzten Zeiten lieber von be- fleißen macht. Das Verbale die Befleißung ist gar nicht, Befleißigung aber zuweilen üblich. Im Nieders. lautet dieses Zeitwort befliten, und im Dänischen beflitte. S. auch Beflissen.


Befliegen (W3) [Adelung]


Befliegen, verb. irreg. act. S. Fliegen. 1) Auf etwas fliegen, in der dichterischen Schreibart. Der nie beflogne Gipfel, Hall. auf den noch keine Vögel geflogen sind. 2) Bey den Jägern wird ein Vogel beflogen genannt, wenn er flück ist, oder fliegen kann.


Befließen (W3) [Adelung]


Befließen, verb. irreg. act. S. Fließen, an oder auf etwas fließen, im Fließen berühren, gleichfalls nur in der höhern Schreibart.


Beflissen (W3) [Adelung]


Beflissen, adj. et adv. welches eigentlich das Particip. der vergangenen Zeit von befleißen ist, aber doch als ein Beywort, oder auch mit dem Verbo seyn, auf besondere Art gebraucht wird, indem es sich theils zu dem Infinitiv, theils zu der Präposition auf, in einigen Fällen aber auch zu der zweyten Endung des Hauptwortes gesellet. Er ist sehr beflissen, sein Vermögen zu vergrößern. Was du nicht kannst, das sey zu lernen stets beflissen, Opitz. Der Beredsamkeit, der Arzeneywissenschaft, der Gottesgelehrsamkeit beflissen. Der Gottesgelehrsamkeit, Weltweisheit u. s. f. Beflissener. Er ist sehr darauf beflissen. Auf Tugend, auf Rechtschaffenheit beflissen seyn. Auf ein sinnlich Glück beflissen, Gell. Im gemeinen Leben wird beflissen zuweilen auch für dienstbeflissen gebraucht; z. B. er ist sehr beflissen gegen mich.

Anm. Viele unserer Sprachlehrer wollen beflissen eben so wenig für ein Participium gelten lassen, als bemüht, bedient und andere. Allein da bedacht, verpflichtet, verbunden, zugethan, und hundert andere doch immer Participia bleiben, wenn sie gleich in Verbindung mit dem Worte seyn eine thätige Bedeutung haben, so gilt solches auch von Beflissen. Hier ist aber nicht der Ort, solches weiter auszuführen.


Beflissenheit (W3) [Adelung]


Die Beflissenheit, plur. inusit. die beflissene Bemühung, etwas zu erhalten. Beflissenheit für das gemeine Beste. Im gemeinen Leben zuweilen auch so viel als Dienstbeflissenheit. Daraus erkenne ich deine Beflissenheit gegen mich. S. auch Geflissenheit.


Beflügeln (W3) [Adelung]


Beflügeln, verb. reg. act. mit Flügeln versehen. 1) Eigentlich, und in weiterer Bedeutung. So bedeutet einen Wald beflügeln, bey den Jägern, Flügel oder Stellwege in denselben machen. 2) Figürlich, die Geschwindigkeit einer Sache befördern, besonders in der poetischen Schreibart. Beflügelst du mit Sturm die noch verschobne Rache, Weiße. Ein Spornstich und ein Fluch beflügelten sein Roß, Zachar. Ihr Stunden, o! beflügelt euch! Cron. Du vergißt, daß sich die Liebe beflügelt, wenn sie einen Wunsch zu ereilen hat, Weiße. Daher die Beflügelung.

Anm. Bey den Schlesischen Dichtern kommt das einfache flügeln mehrmahls in dieser Bedeutung vor, welches aber im Hochdeutschen nicht gewöhnlich ist. Die Winde flügelst du, Opitz. Der Abend flügelt schon dem Hesperus den Lauf, Günth.


Beflüschen (W3) [Adelung]


Beflüschen, verb. reg. act welches nur bei den Köhlern üblich ist. Einen Meiler beflüschen, ihn mit grünen Tannen- oder Fichtenreisern bedecken. S. Flausch.


Befolgen (W3) [Adelung]


Befolgen, verb. reg. act. einer Sache folgen. Ein Beispiel befolgen. Noch mehr aber in der figürlichen Bedeutung, Folge leisten, als einen Bestimmungsgrund seines Verhaltens ansehen.Eines Befehl, einen Vorschlag, einen Rath, die Vorschrift des Arztes befolgen. Daher die Befolgung.


Beförderer (W3) [Adelung]


Der Beförderer, des -s, plur. ut nom. sing. der eine Sache, besonders der eines andern Glück und Wohlfahrt befördert.


Beförderlich (W3) [Adelung]


Beförderlich, adj. et adv. zur Beförderung einer Sache oder eines Menschen gereichend, im gemeinen Leben. Er ist mir sehr beförderlich, er läßt sich die Beförderung meiner Angelegenheiten sehr angelegen seyn, ist mir nützlich.


Befördern (W3) [Adelung]


Befördern, verb. reg. act. vorwärts bringen, aber nur in einigen figürlichen Bedeutungen. 1) Für beschleunigen. Eine Sache befördern. Dieser Umstand hat seinen Tod befördert. 2) Dem gesetzten Ziele nahe bringen. Dieses Mitte ist sehr geschickt, meine Absicht zu befördern. Eines Augen befördern. 3) Ein Ehrenamt verschaffen, zu weitern Ehren verhelfen. Einen befördern. Er ist von ihm befördert worden. Er ist noch nicht befördert, hat noch kein Ehrenamt. Gemeiniglich wird es in dieser Bedeutung nur absolute gebraucht; denn die Redensart, einen zu Ehren, zu einem Amte, zu einer ansehnlichen Würde befördern, sind im Oberdeutschen gebräuchlicher als im Hochdeutschen. Daher die Beförderung, so wohl von der Handlung des Beförderns, als auch von einem Ehrenamte. Eine Beförderung erhalten. Beförderung suchen, ein Ehrenamt. S. Fördern.


Befrachten (W3) [Adelung]


Befrachten, verb. reg. act. mit Fracht versehen. Ein Schiff, einen Wagen befrachten. Daher die Befrachtung, und der Befrachter, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, der ein Schiff befrachtet, oder mit Waaren, die es überbringen soll, versiehet.


Befragen (W3) [Adelung]


Befragen, verb. reg. act. 1) Sich mit einer Frage an jemanden wenden. Jemanden befragen, ihn um etwas, oder wegen einer Sache befragen. Es hat mich niemand befragt. Ich habe ihn oft darum befragt. Aber darüber hat er mich noch nicht befragt, Weiße. 2) Sich befragen, sich durch Fragen Raths erhohlen, im täglichen Umgange. Ich will mich zuvor ein wenig befragen, nach der Sache erkundigen. Sich mit jemanden über etwas befragen, unterreden, gleichfalls nur im gemeinen Leben. Daher die Befragung, in der ersten Bedeutung. Die peinliche Befragung, die Tortur.

Anm. In dem zu Basel 1523 gedruckten neuen Testamente Luthers wird befragen unter die unbekannten Wörter gesetzt, und durch zanken, zweyträchtig seyn, erkläret.


Befremden (W3) [Adelung]


Befremden, verb. reg. neutr. fremd scheinen, mit der vierten Endung der Person. Es befremdet mich gar sehr. Das hat mich im geringsten nicht befremdet. Laß dich meine Gegenwart nicht befremden. Daher die Befremdung.

Anm. In der vorhin gedachten Baselschen Ausgabe des neuen Testamentes wird befremden durch verwundern erkläret; ein Beweis, daß dieses Wort damahls im Oberdeutschen unbekannt gewesen.


Befremdlich (W3) [Adelung]


Befremdlich, -er, -ste, adj. et adv. was da befremdet, fremd scheinet. Das kommt mit sehr befremdlich vor. Das Befremdliche in dieser Sache.


Befressen (W3) [Adelung]


Befressen, verb. irreg. act. S. Fressen, hin und wieder anfressen. Die Mäuse haben den Käse, das Brot befressen.


Befreunden (W3) [Adelung]


Befreunden, verb. reg. act. Sich mit jemanden befreunden, in Blutsfreundschaft mit ihm treten. Mit einem befreundet seyn, verwandt. Einem befreundet seyn, in der höhern Schreibart. Israels Volk das er erkiest, Und welches ihm befreundet ist, Opitz Pf. 148. Daher ein Befreundeter, eine Befreundete, ein Verwandter, eine Verwandte. Er ist mein Befreundeter. Ingl. die Be- freundung, so wohl für die Handlung des Befreundens, als auch für das dadurch geknüpfte Band, Verwandtschaft.

Anm. Befreunden, Nieders. befründen, Schwed. befrynda, wird im Hochdeutschen nur von der Freundschaft des Blutes, im Oberdeutschen aber auch von der Freundschaft des Gemüthes gebraucht. Daher sagt man daselbst auch, sich wieder mit jemanden befreunden, für aussöhnen.


Befreyen (W3) [Adelung]


Befreyen, verb. reg. act. frey machen, sowohl von einem physischen, als moralischen Übel, und mit den Vorwörtern von und aus. Jemanden aus dem Gefängnisse, aus einer großen Noth, aus einer augenscheinlichen Gefahr befreyen. Ein Land von Räubern, seinen Freund von einer Gefahr, von den Schulden, von dem Kummer, von der Furcht befreyen. Die Stadt von der Belagerung, ein Haus von dem Brande, einen Missethäter von der Schande befreyen. Oft auch absolute, besonders von öffentlichen Abgaben befreyen, oder gewisse Freyheiten ertheilen. Eine Stadt, einen Ort befreyen, ihm gewisse Freyheiten ertheilen; ein befreyeter, privilegirter, Ort. Daher die Befreyung, so wohl von der Handlung des Befreyens, als auch zuweilen von einem befreyeten Orte, wofür man ehedem auch die Freyung sagte, und endlich auch für Freyheit, das Privilegium.

Anm. In den mit der Deutschen verwandten Sprachen ist das einfache freyen, Angels. frian, Schwed. frya, Engl. to free, für befreyen üblich. Auch im Deutschen gebrauchte man ehedem freyen so. Der Gebrauch mit der zweyten Endung, z. B. Meine Hülf ist schon vorhanden, Sie befreyt dich aller Noth, Gryph. ist im Hochdeutschen veraltet.


Befriedigen (W3) [Adelung]


Befriedigen, verb. reg. act. 1) Vor dem Anlaufe in Sicherheit stellen, indem Friede ehedem auch so viel als Schutz und Sicherheit bedeutete. Einen Garten, ein Feld, einen Wald befriedigen, mit einem Zaume, einer Mauer u. s. f. umgeben. Da versuchets der König auch und ließ den Ort aussondern und befriedigen, 2 Maccab. 1, 34 d. i. befestigen. 2) In Frieden stellen, eines Ansprüchen, Verlangen ein Genüge thun, und ihn dadurch beruhigen. Die Natur verlangt wenig, und ist leicht befriedigt. Reich seyn heißt nicht den Überfluß besitzen, woraus man alle Wünsche befriedigen kann, Dusch. Einen Gläubiger befriedigen, bezahlen, daher dieses Zeitwort oft auch für bezahlen gebraucht wird. Er hat mich befriedigt. Befriedige ihn. In dem mittlern Lateine übersetzt man solches durch pacare, woraus das Ital. pagare, und Französ. payer, bezahlen, geworden ist. 3) Besänftigen, zu Frieden stellen, von der Leidenschaft des Zornes. Einen Zornigen befriedigen. Er wollte sich durch nichts befriedigen lassen. Den Feind mit Geschenken befriedigen. Daher die Befriedigung, so wohl für die Handlung des Befriedigens in allen obigen Bedeutungen; als auch für dasjenige, womit eine Sache in der ersten Bedeutung befriediget wird, ein Zaun, u. s. f. Ingleichen für Bezahlung. Er hat seine Befriedigung erhalten.

Anm. Befriedigen ist das Frequentativum von dem nunmehr veralteten befrieden, im 11ten und 12ten Jahrhunderte befriden und befrithen, welches schon vor Alters für befestigen gebraucht wurde. In Oberdeutschland sagt man auch, einen Streit, Zank, Krieg befriedigen, beylegen.


Befrieren (W3) [Adelung]


Befrieren, verb. irreg. neutr. ( S. Frieren,) mit seyn. Mit Frost oder Eis überzogen werden. Das Wasser ist befroren.


Befrohnen (W3) [Adelung]


Befrohnen, verb. reg. act. 1) Mit Frohnen, oder Zwangdiensten belegen. Die Unterthanen befrohnen. 2) Noch in einigen Niedersächsischen und Rheinischen Gegenden, mit Arrest be-legen, so wohl von Personen, als Sachen. Eines Güter befrohnen, oder befröhnen. Ehedem bedeutete es überhaupt, den Gerichtszwang in einer Sache ausüben. S. Frohn.


Befruchten (W3) [Adelung]


Befruchten, verb. reg. act. 1) Fruchtbar machen. Ein Ey befruchten. Der Regen befruchtet das Land. 2) In der Wapenkunst, mit Früchten versehen. Ein befruchteter Baum. Daher die Befruchtung in der ersten Bedeutung.


Befugen (W3) [Adelung]


Befugen, verb. reg. act. Fug, d. i. Recht, Gewalt zu etwas ertheilen. Ich befuge dich hiermit dazu. Wer hat dich dazu befugt? Am häufigsten ist das Participium befugt als ein Bey- und Nebenwort üblich. 1) Fug, d. i. Recht zu etwas habend. Er war nicht befugt dazu. Ich verlange weiter nichts, als wozu ich befugt bin. Er ist befugt, so zu reden. In welcher Bedeutung es doch nur in der adverbischen Form üblich ist. 2) Rechtmäßig, in welchem Falle es nur als ein Adjectiv vorkommt. Ein befugter Meister in einer Stadt. Nur Frost und Falschheit nicht, den Grund befugter Klagen, Haged.

Anm. Befugt, Dän. befoyed, Schwed. befogad, nimmt im Oberdeutschen auch die zweyte Endung zu sich, welches aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. Eines Dinges befugt seyn. Befugter Dingen, mit Recht, gehöret in die Beredsamkeit der Kanzelleyen. S. Fug.


Befugniß (W3) [Adelung]


Die Befugniß, plur. die -sse, oder das Befugniß, des -sses, plur. die -sse, das Recht, oder moralische Vermögen etwas zu thun oder zu lassen. Er hat keine Befugniß dazu. Wer hat dir dazu Befugnis gegeben?Anm. Wir haben dieß Wort zunächst von den Oberdeutschen, daher es bey uns auch in dem weiblichen Geschlechte am gebräuchlichsten ist, obgleich die Hochdeutschen die Hauptwörter auf -niß sonst lieber im sächlichen Geschlechte gebrauchen. Die Befugsame, für Befugnis, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Befugt (W3) [Adelung]


Befugt, S. Befugen.


Befühlen (W3) [Adelung]


Befühlen, verb. reg. act. oft an etwas fühlen, überall an einer Sache fühlen. Die Magd befühlt die Hühner, der Arzt den Puls, der Wundarzt das schadhafte Bein. Daher die Befühlung.


Befürchten (W3) [Adelung]


Befürchten, verb. reg. act. fürchten, daß etwas geschehen werde. Ich befürchte keine Untreue von ihm. Man befürchtet ein Gewitter. Es ist zu befürchten, er möchte die Arbeit nicht ertragen können. Befürchtest du nicht, daß es geschehen werde? Das habe ich längst befürchtet. Daher die Befürchtung.

Anm. Die Wortfügung, sich einer Sache befürchten, ist im Hochdeutschen wenig üblich.


Begaben (W3) [Adelung]


Begaben, verb. reg. act. mit etwas als einer Gabe versehen. Ein Mann der von der Natur mit vielem Verstande begabet ist. Mit einem guten Herzen, mit vieler Tapferkeit begabet seyn. Daher die Begabung.


Begaffen (W3) [Adelung]


Begaffen, verb. reg. act. mit unwissender Neugier besehen. So auch die Begaffung.


Begängniß (W3) [Adelung]


Das Begängniß, des -sses, plur. die -sse, das feyerliche Begehen einer Sache, in welchem Verstande dieses Wort nur noch von der feyerlichen Beerdigung eines Verstorbenen gebraucht wird; ein Leichenbegängniß. S. dieses Wort. Ehedem sagte man auch das Begängniß eines Festes, eines Geburtstages u. s. f. Das Begängniß der Todten, Bar. 6, 31 ist im Hochdeutschen eben so ungewöhnlich. S. Begeben.


Begatten (W3) [Adelung]


Begatten, verb. reg. act. et recipr. Sich begatten. 1) Sich mit dem andern Geschlechte zur Fortpflanzung vermischen. 2) Sich vertragen. doch nur in einigen Mundarten. Eheleute, die sich wohl mit einander begatten. S. Begehen, von welchem Zeit- worte begatten nur das Frequentativum ist. 3) Einen Acker, ein Feld, einen Garten begatten, bestellen. So auch die Begattung.

Anm. Bey dem Notker kommt pegaton auch für widerfahren, begegnen vor; daz pegatot in, das widerfährt ihm. Bey andern Schriftstellern bedeutete es ehedem auch begeben, thun. S. Gatten. In der ersten der obigen Bedeutungen lautet es im Niedersächsischen begaben, oder begaen, wird daselbst aber auch Active für befruchten gebraucht. Übrigens ist begatten ein allgemeines Zeitwort, welches man in der edlen Art des Ausdruckes von allen Thieren gebrauchen kann. Die Jäger und die Sprache des gemeinen Umganges haben für jedes Thier besondere Nahmen. Von den Raubthieren heißt es "ranzen", rollen oder sich streichen; von den Hunden sich belaufen, sich bestreichen, oder auch streichen; von dem Hirsche beschlagen und beschicken; von dem Hengste bedecken, belegen, beschälen, oder beschlagen; von den Hasen rammeln; von dem Auerhahne betreten; von den Katzen balzen; von den wilden Schweinen berauschen; von den Ochsen im Hannöverischen repen, dagegen die Osnabrücker von dem Hengste reppen gebrauchen u. s. f.


Begeben (W3) [Adelung]


Begeben, verb. irreg. recipr. S. Geben. Sich begeben.1) Sich an einen Ort verfügen, mit verschiedenen Präpositionen. Sich nach Berlin, nach Paris begeben. Ich werde mich bald nach Hause, nach Hofe begeben. Sich in einen Ort, in eine andere Stadt, in ein Kloster, in den Krieg, in sein Zimmer, ins Bett, in eines Schutz begeben. Er begab sich in Gefahr. Sich aus dem Lande, aus der Stadt begeben. Sich in das Elend, in einen neuen Stand begeben. Sich wieder auf den Weg begeben. Sich zur Ruhe, sich zu Schiffe begeben. Die Armee begab sich auf die Flucht. Sich auf Reisen begeben. Sich weg begeben. Lucinde kommt, begib dich gleich von hier, Gell. 2) Wirklich werden, geschehen. Wenn es sich ja begeben sollte, daß u. s. f. So oft sich der Fall begibt. Nach Verlauf der Zeit begab es sich, daß ein gefährlicher Streit entstand. Es hat sich seit dem gar viel begeben. Ehedem war auch das einfache geben in dieser Bedeutung üblich, denn im Theuerd. Kap. 55 heißt es: Es gab sich auf ein annder zeit, für es begab sich.3) Von etwas abstehen, sein Verlangen darnach fahren lassen, mit der zweyten Endung der Sache. Sich seines Rechtes begeben. Ich begebe mich dessen, lasse alle Gedanken und Hoffnung darauf fahren. Ich habe mich dieser Hoffnung längst begeben. Ich han der welte mich begeben, sang schon Winsbeck.Daher die Begebung, doch nur in der ersten und dritten Bedeutung, indem für die zweyte Begebenheit das Hauptwort ist.

Anm. Folgende Bedeutungen sind im Hochdeutschen veraltet. 1) Ergeben, als ein Activum. Auch begebet nicht der Sünde eure Glieder zu Waffen der Ungerechtigkeit, sondern begebet euch selbst Gott, Röm. 6, 13. Gleichwie ihr eure Glieder begeben habt zum Dienst der Ungerechtigkeit, u. s. f. V. 19. 2) Verlassen, gleichfalls als ein Activum. Begib dina heizmuoti, verlaß deinen Zorn, Notker. Ich will si nicht begeben, Christian von Hamle. Bey dem Opitz kommt diese Bedeutung noch sehr oft vor. Z. B. Wenn das Glück uns plötzlich hat begeben. Ingleichen: Dein Gebot ist mirTief eingepflanzt, ich will es nicht begeben. 3) Ausgeben, vom Gelde, welche Bedeutung noch das Niedersächsische begeven hat. 4) Heirathen, welcher Gebrauch gleichfalls nur in der Niedersächsischen Mundart vorhanden ist. Übrigens istnoch dieses zu bemerken, daß dieses Verbum, so wie die meisten Reciproca sein Participium der vergangenen Zeit leidet; daß man also auch nicht sagen kann, die Nachricht von einem daselbst begebenen Unglücke.


Begebenheit (W3) [Adelung]


Die Begebenheit, plur. die -en, eine Sache, welche sich begibt, oder begeben hat, eine Veränderung, welche wirklich geworden ist. Es hat sich dabey eine traurige Begebenheit zugetragen. So oft ich mich dieser Begebenheit erinnere. S. Begeben 2. Den Unterschied von Handlung und Geschichte S. bey Handlung. Im Oberdeutschen ist für dieses Wort auch Begebniß üblich.


Begegnen (W3) [Adelung]


Begegnen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, auf dem Wege antreffen, unvermuthet entgegen kommen. 1. Eigentlich. Einem begegnen. Er ist mir begegnet. Ich bin ihm begegnet. Wir begegneten ihm auf dem Wege, unterweges, auf der Reise. 2. Figürlich. 1) Als eine Veränderung von außen erfahren; unpersönlich, oder doch in der dritten Person. Es ist mir ein großes Unglück begegnet. Die Übel, die uns begegnen. Was ist ihnen begegnet? Dergleichen ist mir noch nie begegnet. Es ist uns auf der Reise nichts Widriges begegnet. Es ist mir wohl öfters begegnet, daß u. s. f. Es muß ihnen etwas Großes begegnet seyn, Gell. 2) Sich gegen jemanden betragen, wenn die Art und Weise des Betragens zugleich mit ausgedruckt wird. Einem wohl, übel, schlecht, hart, freundlich, grob, höflich begegnen. Ist man jemahls einem Frauenzimmer so begegnet? So kaltsinnig ist sie mir noch nie begegnet. Man begegnet mir wie einem Freunde. Er Weiß Groß und Kleinen zu begegnen, Günth. sich gegen einen jeden auf die gehörige Art zu betragen. 3) Widerstand leisten, einer Sache abzuhelfen suchen. Einem Zufalle, einem Unglücke begegnen. Der Gefahr durch Klugheit, der Krankheit durch Arzeneymittel begegnen. Den Regungen seines Herzens durch Überlegung begegnen. Wie muß man dem Dinge begegnen? Dieß ist das sicherste Mittel, der Furcht zu begegnen, wenn sie sich unserer Herzen bemeistert.Daher die Begegnung, welches für die Handlung des Begegnens in allen obigen Bedeutungen, die erste figürliche ausgenommen, gebraucht wird.

Anm. Begegnen, Niedersächs. bejegenen, Dän. begiägne, kommt von dem Vorworte gegen, her. Ehedem gebrauchte man für das zusammen gesetzte Zeitwort das einfache gegnen, bey dem Kero kagannan, bey dem Ottfried gagan, welches im Theuerdanke noch oft vorkommt. Thar imo Martha gaganta, da ihm Martha begegnete, Ottfr. B. 3 Kap. 24. Thaz im hiar al gaganta, was ihm hier begegnete, B. 4. Kap. 18. Abentheur gegnet in manchfaldt, Theuerd. Euch wird auch gegnen groß sachen, ebend. Bey den Schweden ist noch gina oder gena, für begegnen üblich, von. gen, gegen. Indessen kommt doch schon bey dem Notker begagenen und bey dem Ottfried ingagen, für begegnen, so wohl in der eigentlichen, als auch in der ersten und zweyten figürlichen Bedeutung vor. Viele Niedersachsen gebrauchen, wenn sie Hochdeutsch schreiben, dieses Zeitwort, ihrer Mundart zu Folge, mit dem Hülfsworte haben, welches aber keine Ausnahme von der Regel machen kann. Da es nichts ungewöhnliches ist, Neutra zuweilen im Passivo, aber nur impersonaliter zu gebrauchen: so läßt es sich immer noch vertheidigen, wenn einige sagen: es ist ihm wohl, oder übel begegnet worden, es ist der Krankheit mit den gehörigen Mitteln begegnet worden.


Begegniß (W3) [Adelung]


Die Begegniß, plur. die -sse, ein zunächst Oberdeutsches Wort, dasjenige auszudrucken, was uns begegnet oder wi- derfähret, in der ersten figürlichen Bedeutung des Verbi, welches auch von einigen Hochdeutschen Schriftstellern gebraucht wird. Die Gottesfurcht wirket Gelassenheit in widrigen Begegnissen. Wie sie sich bey allen Begegnissen im Glück und Unglück betragen, Geßn.


Begehen (W3) [Adelung]


Begehen, verb. irreg. act. S. Gehen. 1. An einen Ort gehen, vornehmlich um ihn zu besichtigen. So sagt man noch im gemeinen Leben. Das ganze Feld begehen. Die Grenzen begehen. Die Jäger haben das Holz nicht fleißig genug begangen.2. Figürlich. 1) Eine Weise begehen, einen Gebrauch, eine Gewohnheit mitmachen. Vornehmlich aber, 2) mit gewissen Feyerlichkeiten auszeichnen, wie feyern. Daher, ein Fest begehen, einen Geburtstag, einen Nahmenstag begehen, für feyern überhaupt. Ingleichen, die Fasten mit Schmausen begehen, das Andenken einer wichtigen That begehen. Ehedem war eine Leiche begehen, auch so viel, als sie feyerlich zur Erde bestatten. Daher heißt es noch in dem Theuerdank: Bis sein Leib nach küngklichem sytIst begangen und begraben. Auch das Schwedische bega bedeutet noch zur Erde bestatten. Allein im Deutschen ist davon nur noch das Hauptwort Begängniß, oder Leichenbegängniß üblich. 3) Überhaupt so viel als thun, ausüben, doch nur im nachtheiligen Verstande von bösen oder wenigstens fehlerhaften Handlungen. Ein Laster, einen Diebstahl, einen Mord, eine Thorheit begehen. Eine Untreue an jemanden begehen. Er hat viele Fehler begangen. Ich würde eine solche Unhöflichkeit gewiß nicht begehen. Es ist nicht möglich, daß er eine solche Niederträchtigkeit begehen sollte. Wie hast du das an mir begehen können? Ehedem wurde es auch in gutem Verstande gebraucht; denn so findet man z. B. bey den Schwäbischen Dichtern, ein Wunder begen, verrichten. Im Oberdeutschen ist dieser im Hochdeutschen veraltete Gebrauch auch noch hin und wieder üblich, weil man daselbst auch herrliche Thaten begehet. 4) Sich mit einem begehen, vertragen, eine Bedeutung, welche im Oberdeutschen häufiger ist als im Hochdeutschen. Wenn Mann und Weib sich mit einander wohl begehen, Sir. 25, 2. Daß sich der grimme Wolf mit Lämmer soll begehn, Opitz. Wie naß und trucken sich, wie warm und kalt begehn, ebend. Wenig, die sich wohl verstehn, Gut begehn, Günth. Ich wußte mich mit allen zu begehn, Wiel. 5) Sich begehen, sich zur Fortpflanzung vermischen, wie begatten; doch nur in einigen Gegenden.Daher die Begehung in allen obigen Bedeutungen; die Begehungssünden, in der theologischen Sittenlehre, im Gegensatze der Unterlassungssünden.

Anm. Außer diesen bedeutet begehen, 1) in Niedersachsen begaan, in dieser Mundart auch so viel als überfallen, feindlich anfallen. 2) In der Schlesischen Mundart, heftig empfinden. Er hat es sehr begangen, wird bey dem Steinbach durch valde doluit übersetzet, und, er begehet es um des Vaters Tod nicht wenig, non parum morte patris adficitur.


Begehr (W3) [Adelung]


Das "Begehr", des -es, plur. car. ein größten Theils veraltetes Wort für das "Begehren". Was ist dein Begehr? Auf sein Begehr. Eines Begehr nicht thun wollen. Um des Reimes und Sylbenmaßes willen wird es noch zuweilen von den Dichtern, aber nicht ohne merklichen Übelklang gebraucht.


Begehrlich (W3) [Adelung]


"Begehrlich", -er, -ste, adj. et adv.

1) Was begehret werden kann, in welcher Bedeutung dieses Wort aber nur selten vorkommt.

2) Ungeordnete Neigung besitzend, etwas von andern zu begehren. Sie wird doch nicht so begehrlich seyn, Weiße. Die Demuth hat selten Ursache mißvergnügt zu seyn, weil sie nicht so begehrlich ist. Gell. In welcher Bedeutung auch das Hauptwort die Begehrlichkeit gebraucht wird. Alle besondere Absichten der Rathschlüsse Gottes einsehen wollen, ist unsinnige Begehrlichkeit, Gell.


Begeifern (W3) [Adelung]


Begeifern, verb. reg. act. mit Geifer besudeln. Daher die Begeiferung.


Begeilen (W3) [Adelung]


* Begeilen, verb. reg. act. welches nur in einigen Gegenden, z. B. dem Braunschweigischen, für düngen, bedüngen, üblich ist, weil Geil, und Geilung daselbst auch für Dünger gebraucht wird. S. Geil.


Begeistern (W3) [Adelung]


Begeistern, verb. reg. act. 1. * Eigentlich, mit Geist, d. i. Leben versehen, beleben, beseelen. Die feurigen Liebesseufzer, mit welchen sie, wenn es möglich, seine erstarrte Gebeine begeistern würde, Gryph. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen nicht üblich. 2. Figürlich. 1) Mit Kraft, Stärke, Muth versehen. Ihre Reden haben meine Standhaftigkeit mit neuer Kraft begeistert, von Brawe. 2) Mit lebhaften Vorstellungen, lebhaften Empfindungen erfüllen, die Einbildungskraft erhitzen. In diesem Verstande wird begeistern sehr häufig in den schönen Künsten und Wissenschaften gebraucht, wo Begeisterung, die lebhafte Empfindung eines Gegenstandes ausdruckt. Auch die Liebe begeistert zu Gesängen mehr als das helle Morgenroth, Geßn. 3) Mit ausschweifenden Empfindung, die aus einer verderbten Einbildungskraft herrühren, erfüllen, in welchem Sinne dieses Zeitwort besonders in Oberdeutschland von schwärmerischen Empfindungen, eingebildeten Inspirationen u. s. f. vorkommt. So auch die Begeisterung.


Begier (W3) [Adelung]


* Die Begier, plur. inus. ein veraltetes Wort für Begierde, wie Zier für Zierde, welches zuweilen nur noch von den Dichtern um des Reimes und bequemen Sylbenmaßes willen gebraucht wird. Ehedem war auch das einfache Giri üblich, welches noch in Rachgier, und in dem Niedersächsischen Gier, Begierde übrig ist. S. Begierig.


Begierde (W3) [Adelung]


Die "Begierde", plur. die -n, das lebhafte oder sinnliche Verlangen nach einem Gegenstande. Die Begierde nach Ruhm, nach zeitlichem Vermögen, nach Ehre, die Ruhmbegierde, Geldbegierde, Ehrbegierde u. s. f. Einem eine Begierde machen, die Begierde erwecken. Er kann sich in der Begierde nach dem Vergnügen nicht mäßigen. Er brannte vor Begierde dich zu sehen. Ingleichen im Plural, so wohl von dem ganzen Umfange des sinnlichen Verlangens und dessen Anwendung auf einzelne Gegenstände, als auch von dem Vermögen, sinnlich zu verlangen. Seinen Begierden ein Genüge thun. Den Begierden den Zügel schießen lassen. Sehr heftige Begierden haben. Wenn einige Philosophen die Begierden in sinnliche und vernünftige unterscheiden, so geschiehet solches nur in Ansehung des Gegenstandes oder auch der Vorstellung, wodurch sie erreget werden. Beyde können entweder sinnlich oder vernünftig seyn; die Begierde selbst aber bleibt doch alle Mahl eine sinnliche Empfindung.

Anm. "Begierde" lautet bey dem Kero "Kirida", und bey dem Notker "Kiride". Im Oberdeutschen wird es zuweilen auch für "Begehren", die "Bitte" gebraucht, welches auch in der Deutschen Bibel beybehalten werden. Hab ich den Dürftigen ihre Begierde versagt? Hiob 31, 16. Daß meine Begierde der Allmächtige erhöre! V. 35. Alle meine Begierde ist vor dir, Pf. 38, 10.


Begierig (W3) [Adelung]


Begierig, -er, -ste, adj. et adv. sinnlich verlangend, Begierde habend, am häufigsten mit dem Vorworte nach. Begierig nach Ehre, nach Ruhm, nach Reichthum. Nach nichts als nach der Herrschaft begierig seyn. Begierig zu streiten, zu sterben, zu siegen. Wie begierig blieb mein Auge auf allen deinen Schönheiten, haften! Dusch. Ein begieriger Mensch, ein begieriges Verlangen.

Anm. Man hat von diesem Worte auch noch das einfache gierig; allein es ist im Hochdeutschen nur im nachtheiligen Verstande üblich. S. Gierig. Begierig mit dem Genitiv kommt im Hochdeutschen wenig mehr vor. Daher das Hauptwort die Begierigkeit, für starke Begierde; aber begierlich, und Begierlichkeit, ungeordnete Begierden besonders nach zeitlichem Vermögen auszudrucken, sind veraltet. S. Begehrlich.


Begießen (W3) [Adelung]


Begießen, verb. irreg. act. S. Gießen. 1) Durch Gießen naß machen. Die Pflanzen begießen. Ingleichen für häufig benetzen. Lassen sie mich ihre mütterliche Hand mit Thränen begießen, Weiße. + Sich die Nase begießen, ist ein niedriger Ausdruck, für sich betrinken; indessen hat doch Opitz denselben an einem Orte nachgeahmet, wenn er sagt: Dem Amor ist der Wein auch ziemlich eingeflossen, So daß er ganz und gar Gemüth und Sinn begossen. 2) Einen flüssig gemachten harten Körper um etwas gießen. Mit Bley, mit Wachs begießen. Daher die Begießung, besonders in der ersten eigentlichen Bedeutung.

Anm. Im Niedersächsischen lautet dieses Wort begeten, bey dem Ottfried begiazen, und noch jetzt in Oberschwaben begiaßen.


Begine (W3) [Adelung]


Die Begine, plur. die -n. 1) Ehedem gewisse andächtige ledige Frauenspersonen, welche eine Art Nonnen waren, aber keine Gelübde ablegten. Es gibt ihrer in Flandern, Picardie und Lothringen noch, in den übrigen Ländern aber sind sie aufgehoben worden. Von der Andächteley, von welcher diese Personen ihr Hauptwerk machten, und von den Ausschweifungen, welchen sie sich nicht selten ergaben, ist es gekommen, daß noch in einigen Gegenden eine alte Begine als ein Schimpfwort gebraucht wird, und so wohl eine Betschwester, als auch eine liederliche Weibsperson bedeutet. In dem mittlern Lateine hieß diese Art von Nonnen Beguinae, Beginae, und im Franz. Beguines. Der Ursprung dieses Nahmens ist noch ungewiß. Einige leiten ihn von der Begga, der Schwester der heiligen Gertrud her, die ihre Stifterinn seyn soll; andere von Lambert le Begue, einem Priester, der gleichfalls für ihren Urheber ausgegeben wird; noch andere von der Begga, Pipins Tochter, welche in ein Kloster gegangen ist. Am wahrscheinlichsten kommt dieser Nahme von dem alten begge, betteln, her, welches noch im Englischen üblich ist, weil die Beginen sich vornehmlich auf das Betteln legten. Wie fern das Osnabrückische Begyne, ein verschnittenes Mutterschwein, hierher gehöret, mögen andere untersuchen. S. Frischens Wörterbuch v. Beginnen, du Fresne Beghardi, und Mosheims Kirchenhift. 2) Eine Art leinener Hauben, besonders in Niedersachsen, welche unter dem Kinne zugebunden werden, etwa von der Art, die in Obersachsen mit einem Französischem Worte Cornetten genannt werden; vermuthlich, weil die Beginen dergleichen getragen. Die Art Hauben wird im Französischen gleichfalls Beguin, im Italiänischen Beghino und im Englischen Biggin genannt.


Beginn (W3) [Adelung]


Der Beginn, des -es, plur. inusit. der Anfang, so wohl in der thätigen als mittlern Bedeutung. Der Vater gab dem Sohn als Vater den Beginn, Opitz. Beginn, bey dem Isidor bighin, ist im Hochdeutschen veraltet, und wird nur noch zuweilen von der erhabenen Schreibart im Andenken erhalten. S. das folgende, ingleichen Anbeginn.


Beginnen (W3) [Adelung]


Beginnen, verb. irreg. Imperf. ich begann, oder begonnte, Particip. begonnen, oder begonnt. Dieses Wort ist,I. Ein Neutrum, welches mit dem Hülsfworte haben verbunden wird, und bedeutet alsdann, seinen Anfang nehmen, oder bekommen. Es beginnt zu regnen. Meine Haare beginnen grau zu werden. Dusch. Wenn kaum die nächtliche Stille beginnt, Uz. Eh' ich zu seyn begonnte, Gell. Hier war es, wo ich mir bewußt zu seyn begann, Wiel. Erst seit dem Augenblick, Da ich dich sah, begann mein wahres Leben, ebend. Entfernt vom Land, wo ich begann zu leben, Hall. II. Ein Activum, den Anfang machen, und zwar, 1) eigentlich. Ein Werk, eine Arbeit beginnen. Wer viel beginnt, endet wenig. Wohl begonnen, ist halb gewonnen. Leb' und vollende deines Ruhmes Laufbahn, Die erst begonnen ist, Schleg. 2) Figürlich, unternehmen, vorhaben. Was wird er wieder beginnen? Einen von seinem Beginnen abbringen. Ein löbliches, frevelhaftes Beginnen. Ein sonderbarer Gebrauch ist es endlich, 3) * wenn dieses Zeitwort in Meißen für sich betragen, sich bezeigen, gehöret wird, in welchem Falle es nicht allein auf eine ungewöhnliche Art construiret, sondern auch nur im nachtheiligen Verstande gebraucht wird. Er beginnet seiner sehr albern, er geberdet, bezeigt sich sehr albern. Sie sehen, wie sie ihrer beginnt, wenn ich nur ein Wort erwähne, Weiße. In andern Gegenden ist diese Bedeutung nicht üblich.

Anm. Beginnen, Nieders. beginnen, bey dem Kero pikinnan, bey dem Willeram und Ottfried beginnan, im Angels. beginnan, im Schwed. beginna, im Dän. begynde, im Engl. to begin, ist im Hochdeutschen größten Theils veraltet, und wird nur noch in der höhern Schreibart gebraucht, theils weil man es, obgleich irrig, für edler hält als anfangen und sich anfangen, theils aber auch, weil es gegen das Sylbenmaß biegsamer ist als dieses. Das einfache ginnen kommt in eben dieser Bedeutung nicht nur bey dem Tatian, sondern auch noch bey dem Hans Sachs vor. Es ist ohne Zweifel das Frequentativum von gehen, welches auch dadurch bestätiget wird, daß im Nieders. und Holländ. bestaan auf ähnliche Art gleichfalls anfangen bedeutet. Aichinger behauptet, begann im Imperfecto sey analogischer und richtiger als begonnte, oder nach einer rauhern Aussprache begunnte. Allein dieses hat wenigsten eben so viele Autorität vor sich als jenes. Ottfried sagt zwar ein Mahl bigan, allein an einem andern Orte sagt er bigonde; bey dem Tatian findet sich gonta, bey dem Bruder Eberhart von Sax bigiund, und bey dem ehrlichen Hans Sachs gund für begunnte. Ottfried gebraucht dieses Zeitwort schon für unternehmen, sich unterfangen. Hornegk verbindet es als ein Activum mit dem Genitiv: Uncz ich der Aribait began.


Begittern (W3) [Adelung]


Begittern, verb. reg. act. mit Gittern verwahren. Ein begittertes Fenster.


Beglänzen (W3) [Adelung]


Beglänzen, verb. reg. act. mit Glanz versehen, in der höhern Schreibart. Wie er (der Mond) die Schatten beglänzt, Herd.


Beglauben (W3) [Adelung]


Beglauben, oder Beglaubigen, verb. reg. act. 1) Glaubwürdig machen, bestätigen, beweisen. Einem etwas mit Gründen beglaubigen. Etwas mit einem Eide beglaubigen. Eine Urkunde beglaubigen, vidimiren. Ein beglaubtes Zeugniß, ein beglaubter Mann, dem man glauben kann, der glaubwürdig ist. Nachrichten von beglaubter Hand. Daher die Beglaubigung, und das Beglaubungsschreiben, oder Beglaubigungsschreiben, ein Schreiben, womit man einem Gevollmächtigten oder Abgeordneten bey dem andern Glauben erwecket, ein Creditiv, Credenz-Schreiben. Ingleichen der Beglaubigungseid, in den Rechten, ein Eid, wodurch jemand in Ermanglung der Zeugen seine Aussage glaubhaft macht; Juramentum credulitatis. Über dieß bedeutet 2) beglaubt seyn, in Oberdeutschlandso viel, als glauben. Wir sind allzu wohl beglaubt, wir glauben allzu wohl. Herr Idris fest beglaubt, Zeniden selbst zu sehen, Wiel.


Begleiten (W3) [Adelung]


Begleiten, verb. reg. act. das Geleit geben. 1) Eigentlich, mit einem andern zugleich gehen. Er hat mich auf der ganzen Reise begleitet. Ich werde sie bis Berlin begleiten. Einen nach Hause begleiten. Einen Fremden die Treppe hinunter begleiten. Besonders, wenn es um der Sicherheit willen geschiehet. Die Handlungsschiffe von Kriegsschiffen begleiten lassen. Einen Transport Lebensmittel begleiten. 2) Figürlich, mit einer Sache zugleich, oder neben derselben, da seyn oder handeln. So heißt in der Wapenkunst eine Figur begleitet, wenn um und neben derselben noch andere Figuren stehen. Kann eine größere Armuth gedacht werden, als die, welche den Überfluß begleitet? Dusch. Sie begleiten unsere Thränen mit den ihrigen. Deinen Gesang würde keine Flöte besser begleiten, als meine, Geßn. Daher die Begleitung, so wohl von der Handlung des Begleitens, als auch von den Personen und Sachen, womit etwas begleitet wird. Z. B. die Leichenbegleitung, die Personen, welche die Leiche begleiten. Die Begleitung in der Musik, wenn sich Instrumente der Singestimme hören lassen; Franz. Accompagnement.

Anm. Begleiten ist aus begeleiten zusammen gezogen. S. Geleit. Ehedem sagte man auch nur beleiten, welches noch im Theuerdanke, und in dem 1514 zu Mainz gedruckten Livius vorkommt. Einen Graben beleiten bedeutet in Fausts Limburgischen Chronik so viel als das einfache leiten oder führen, und Beleidt in der Jülichischen Rechtsordnung so viel als Besichtigung.


Begleiter (W3) [Adelung]


Der Begleiter, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Begleiterinn, plur. die -en, der oder die jemanden begleitet. Die Schande würde sonst eine ewige Begleiterinn meiner Tage gewesen seyn.


Begliedern (W3) [Adelung]


Begliedern, verb. reg. act. 1) Mit Gliedern versehen. Wohl begliedert, mit wohl gestalteten Gliedern versehen. 2) In der Mahlerey bedeutet die Begliederung, die Verbindung der Glieder, oder Gelenke mit dem Rumpfe einer Figur, und die Art und Weise, wie solche ausgedruckt wird; Franz. Emmanchement. Die Ellbogen, die Knie u. s. f. machen die Begliederung aus. Eine gute, schlechte Begliederung, Ausdruck derselben.


Beglücken (W3) [Adelung]


Beglücken, verb. reg. act. glücklich machen. Der Himmel beglückte deinen neuen Stand! Ein beglückter, glücklicher, Mensch. Beglückt leben. Er ist in den beglücktesten Umständen erzogen worden. War eine Welt nicht genug Alexandern zu beglücken? Dusch. In der Modesprache der Höflichkeit wird dieses Wort oft auf eine sehr übertriebene Art gebraucht; z. B. jemanden mit seinem Besuche, mit seiner Gegenwart beglücken. So auch die Beglückung. In Oberdeutschland ist dafür auch beglückseligen üblich.


Begnadigen (W3) [Adelung]


Begnadigen, verb. reg. act. Gnade erweisen, Gnade widerfahren lassen. Einen Missethäter begnadigen, ihm die verwirkte Strafe aus Gnade erlassen. Einen mit einem Amte, mit einem Jahrgelde begnadigen, ihm solches als eine Gnade verleihen. Daher die Begnadigung, und das Begnadigungsrecht, das Recht, einen Missethäter zu begnadigen; Jus aggratiandi. Das Zeitwort begnaden, von welchem dieses das Frequentativum ist, kommt noch 1 Cor. 2, 12 und bey dem Opitz vor.


Begnügen (W3) [Adelung]


Begnügen, verb. reg. genug haben, welches so wohl als ein Reciprocum, als auch als ein Impersonale gebraucht, und in beyden Fällen gern mit den Vorwörtern an und mit verbunden wird. 1) Als ein Reciprocum. Er begnüget sich mit wenigem. Am häufigsten mit dem Verbo lassen. Ich will mich damit begnügen lassen, daran genug haben, damit zufrieden seyn. Er läßt sic h leicht begnügen. Wer sich begnügen läßt, ist immer reich genug. 2) * Als ein Impersonale mit der dritten Endung der Person, welcher Gebrauch aber im Oberdeutschen bekannter ist, als im Hochdeutschen. Begnüget dir an diesem Gelde? S. Genügen, welches in dieser Verbindung gewöhnlicher ist.

Anm. Begnügen ist aus begenügen zusammen gezogen. Im Oberdeutschen und Niedersächsischen ist noch benügen und benögen, mit Weglassung des müßigen ge üblich. Im Dänischen heißt dieses Zeitwort gar nur noye. S. Genug. Opitz gebraucht es einmahl als ein Activum: Ich begnüge meine Sinnen, für begnüge mich.


Begnügsam (W3) [Adelung]


Begnügsam, -er, -ste, adj. et adv. sich leicht begnügen lassend; ingleichen die Begnügsamkeit, plur. inus. die Fassung des Gemüthes, da man sich leicht begnügen lässet. Für beyde ist im Hochdeutschen genügsam und Genügsamkeit üblicher.


Begraben (W3) [Adelung]


Begraben, verb. irreg. act. S. Graben, in die Erde graben; besonders von einem Todten, beerdigen, zur Erde bestatten. Einen Todten begraben. Man will ihn nicht begraben lassen. Er wurde ansehnlich, ohne alle Pracht begraben. Ingleichen von verstorbenen Thieren, von welchen doch auch vergraben gebraucht wird. + Da liegt der Hund begraben, das ist die Hauptsache, darauf kommt es an. In anständigen Reden und von Personen, von denen man mit Achtung zu sprechen Ursache hat, gebraucht man statt dieses Zeitwortes lieber beerdigen, oder zur Erde bestatten. Figürlich wird es zuweilen auch für verbergen gebraucht. Möchte es doch in der tiefsten Vergessenheit begraben liegen! Einsam begrub ich mich wie ein Eremit in meine Wälder, Dusch. Daher die Begrabung, besonders in der eigentlichen Bedeutung.

Anm. Begraben, Nieders. begraven. Dän. begrave, Schwed. begrafwa, lautet bey dem Kero picraban und bey dem Ottfried bigraben. Be bedeutet hier bey, gleichsam beygraben, bey Seite graben. S. Grab, und Graben.


Begräbniß (W3) [Adelung]


Das Begräbniß, des -sses, plur. die -sse. 1) Die Handlung des Begrabens einer Leiche, die Beerdigung. Ein Begräbniß ausrichten. Ein ehrliches Begräbniß bekommen. Jemanden zum Begräbnisse bitten. Mit zum Begräbnisse geben. Daher der Begräbnißpfennig, Begräbnißgroschen u. s. f. Münzen, welche auf Todesfälle hoher Personen geschlagen werden. 2) Der Ort, wo ein Verstorbener begraben wird, oder begraben worden. Die Leiche in das Begräbniß setzen. Sich einen Ort zum Begräbnisse ausersehen. Ein Erbbegräbniß.

Anm. Statt dieses Wortes war so wohl in der Sächsischen als Allemannischen Mundart ehedem Bigrafft, Beygrefft, Beygrufft, und Beygroff üblich. In der Oberdeutschen Mundart ist dieses Wort weiblichen Geschlechtes. S. -Niß.


Begrasen (W3) [Adelung]


Begrasen, verb. reg. act. 1) Mit Gras bekleiden; in welcher Bedeutung doch nur das Particip. gebraucht wird. Sein Wollen-Vieh springt auf begrasten Hügeln, Kleist,- Wie auf begrasten Hügeln Die Anmuth grünt, Haged. 2) Die Fährte begrasen, bey den Jägern, mit den Fingern durch das Gras behuthsam nach der Fährte suchen. 3) Das Gras abfressen, in der Landwirthschaft und dem Forstwesen. Die Tangelhölzer von dem Viehe begrasen lassen. Ingleichen das Gras abhauen. Die Raine begrasen. 4) Sich begrasen, eigentlich von dem Viehe, wenn es eine Zeit lang im Grase gegangen ist, und darin zugenommen hat, in welcher Bedeutung man in Niedersachsen die Wortfügung begraset seyn gebraucht. Im niedrigen Scherze auch an Vermögen und äußerm Wohlstande zunehmen. Daher die Begrasung in der zweyten Bedeutung.


Begraut (W3) [Adelung]


Begraut, adj. et adv. welches eigentlich das Particip des im Hochdeutschen ungewöhnlichen Zeitwortes begrauen, grau oder alt werden, ist. Er ist darin begrauet, alt geworden. Dein Lorbeer trogt begrauter Zeit, Utz.

Anm. Das Zeitwort begrauen, grau oder alt werden, ist noch in der Niedersächsischen Mundart üblich. In manchen Gegenden begrauen die Wände, wenn sie von ausgeschlagener Feuchtigkeit grau werden.


Begreifen (W3) [Adelung]


Begreifen, verb. irreg. act. S. Greifen.1. Ergreifen, angreifen und fest halten. 1) * Eigentlich, in welcher Bedeutung dieses Zeitwort jetzt im Hochdeutschen veraltet ist, sonst aber üblich war. Denn so kommt bigriffen für anfassen noch in dem alten Gedichte auf den heil. Anno vor, und bey dem Theuerdank Kap. 60 heißt es auch noch: Begreif den gauch bym grindt, ergreif den Narren bey dem Kopfe. Indessen sind doch 2) noch ein Paar figürliche Bedeutungen davon üblich. (a) Antreffen, ertappen. Einen im Ehebruche, in einem Diebstahle, auf frischer That begreifen. Und kann sie nicht überzeugen, denn sie ist nicht darin begriffen, 4 Mos. 5, 13. So auch Sprichw. 6, 31. Jer. 2, 26. Joh. 8, 3, 4. welche Bedeutung doch auch im Oberdeutschen gebräuchlicher ist, als im Hochdeutschen. (b) Sich begreifen, heißt in Niedersachsen so viel, als sich Fallen an etwas anhalten, den Fall zu vermeiden. Im Hochdeutschen bedeutet daher, sich begreifen, figürlich, sich seiner bewußt werden, besonders in einer heftigen Leidenschaft zu sich selbst kommen, vernünftigen Vorstellungen Raum geben. Begreifen sie sich doch, sagt man zu einen Zornigen, den man zu besänftigen zu sucht.2. Oft an etwas greifen. 1) Eigentlich. So begreift der Arzt den Puls, der Fleischer das Vieh. Tritt herzu mein Sohn, daß ich dich begreife, ob du seyest mein Sohn Esau oder nicht, 1. Mos. 27, 21. Ingleichen durch vieles Angreifen abnutzen. Ein begriffener Hut. Sage du begriffne Leyer, Wem ich dich vermachen darf, Günth. 2) Figürlich, sich mit etwas beschäftigen, in welcher Bedeutung doch nur die Wortfügung begriffen seyn, üblich ist. Auf der Reise begriffen, befindlich, seyn. Er ist eben im Ausziehen begriffen. Über der Arbeit, oder in der Arbeit begriffen seyn. Die Truppen sind im vollen Marsche begriffen.3. Mit der Hand umfassen, umspannen. 1) Eigentlich, in welcher Bedeutung doch dieses Zeitwort wenig mehr üblich ist. Er begreifet die Erde mit einem Dreyling, Es. 11, 12. Ein Maß von dreyßig Ellen mochts umher begreifen, 2 Chr. 4, 2. 2) Figürlich. (a) Einschließen. Jemanden mit in dem Frieden begreifen. Er ist nicht mit in dem Bündnisse begriffen. Ingleichen mit Worten umfassen. Viel mit wenig Worten begreifen, ausdrucken. (b) Intransitive, in sich enthalten. Der äußere Zirkel, der die andern alle in sich begreift. Das ist mit darunter begriffen. Alles was die Welt in sich begreift. Dieser Satz begreift gar vielerley in sich. (c) Mit dem Verstande begreifen, eine Sache nach ihren Gründen einsehen. Das ist leicht, schwer zu begreifen. Er hat diese Sache bald begriffen, erlernet. Jetzt begreife ich es, wie es möglich war. Ich begreife nicht was du willst. Nun das begreife ich doch in aller Welt nicht, Weiße. Ein edler Geist begreift aus einem einigen großen Beyspiele die ganze Lehre seiner Pflichten, Dusch. In dieser Bedeutung kommt begriffen schon bey dem Notker und Tatian vor. Indessen würde sich diese figürliche Bedeutung eben so bequem aus einer der beyden ersten eigentlichen herleiten lassen, zumahl da auch im Oberdeutschen eine Sprache ergreifen, für sie begreifen, üblich ist. Anm. Begreifen, Nieders. begripen, Dän. begribe, bedeutete ehedem auch bloß berühren. Und begreif den Felsen wider mit dem eisen, heißt es im Theuerd. Kap. 56. Das Hauptwort die Begreifung wird nur in der zweyten eigentlichen Bedeutung gebraucht, in verschiedenen der übrigen ist Begriff üblicher.


Begreiflich (W3) [Adelung]


Begreiflich, -er, -ste, adj. et adv. was sich mit dem Verstande begreifen läßt. Eine begreifliche Sache. Das ist leicht begreiflich. Ich rede ja begreiflich. Daher die Begreiflichkeit, plur. inusit. die Eigenschaft einer Sache, nach welcher sie sich leicht begreifen läßt.


Begrenzen (W3) [Adelung]


Begrenzen, verb. reg. act. mit Grenzen versehen. Einen Acker, eine Flur, ein Feld begrenzen. Ingleichen figürlich, einschränken. Die zu sehr begrenzte Zeit, die mir noch übrig ist. Mein Verständniß ist begrenzet, Haged. Daher die Begrenzung.


Begriff (W3) [Adelung]


Der Begriff, des -es, plur. die -e. 1) In dem figürlichen Verstande der zweyten Bedeutung des Verbi begreifen, die völlige Bereitschaft zu dem Anfange einer freywilligen Handlung; ohne Plural. Im Begriffe seyn oder stehen. Er stehet im Begriffe abzureisen. Ich war eben im Begriffe zu ihnen zu kommen. 2) In der dritten Bedeutung des Verbi. (a) Derjenige Raum welcher etwas in sich begreifet. Der Begriff des Hauses, der ganze Umfang desselben. Der ganze Begriff der Welt. Dieser Gebrauch ist im Oberdeutschen gewöhnlicher, als im Hochdeutschen. (b) Dasjenige, was begriffen, oder kurz zusammen gefasset worden. Ein kurzer Begriff der christlichen Lehre. (c) Eine jede Vorstellung in der Seele. Ich kann mir keinen Begriff von dieser Sache machen. Einen klaren oder dunkeln Begriff von etwas haben. Nach meinem Begriffe, nach der Vorstellung, die ich mir von der Sache mache.


Begründen (W3) [Adelung]


Begründen, verb. reg. act. 1) Mit Gründen beweisen, am häufigsten in der Oberdeutschen Mundart. Er suchte es damit zu begründen, u. s. f. Eine begründete, gegründete, gründliche, Antwort. Im Schwedischen bedeutet begrunda, erwägen, betrachten, von grunda, nachdenken. S. Ergründen. 2) * Seinen Grund in etwas haben, als ein Reciprocum; ein völlig Oberdeutscher Gebrauch. Worin sich diese Gefahr begründet, gegründet ist. 3) Fest, dauerhaft machen; gleichfalls nur im Oberdeutschen. Das gute Vernehmen auf das beste zu begründen, zu befestigen. In eben dieser Mundart hat man auch das Substantiv die Begründniß, so wohl für Beweis und Befestigung, als auch für den Grund einer Sache selbst.


Begrünen (W3) [Adelung]


Begrünen, verb. reg. act. grün machen, wovon aber nur das Participium begrünet bey den Dichtern üblich ist. Das begrünte Sommerkleid der Wälder, Opitz. Das begrünte Feld, Can. Du Schmelz der bunten Wiesen, Du neu begrünte Flur! Haged.


Begrüßen (W3) [Adelung]


Begrüßen, verb. reg. act. 1) Mit einem Gruße bewillkommen, empfangen. Freudenthränen begrüßen das Morgenroth, Geßn. Den Feind mit Kanonen begrüßen, ironisch. 2) Jemanden um etwas begrüßen, dessen Einwilligung zu etwas aus Höflichkeit oder Ehren halber verlangen. Er will wenigstens darum begrüßt seyn. So auch die Begrüßung, besonders in der ersten Bedeutung. 3) Im gemeinen Leben wird es auch zuweilen für Gruß gebraucht. So heißt es z. B. am Schlusse freundschaftlicher Briefe: Ich verharre nach freundlicher Begrüßung von meiner Frau u. s. f.


Begucken (W3) [Adelung]


Begucken, verb. reg. act. neugierig besehen. Etwas begucken. Niedersächs. bekiken, Dän. bekige.


Begünstigen (W3) [Adelung]


Begünstigen, verb. reg. act. von Gunst. Jemanden begünstigen, ihm eine Gunst erweisen, aus Gunst etwas dessen Vortheile thun. Einen mit etwas begünstigen. Ein begünstigterLiebhaber. Ingleichen in weiterer Bedeutung, vortheilhaft seyn, befördern. Seine glücklichen Fähigkeiten begünstigten meine Absichten gar sehr. Die Umstände haben dieß Vorhaben ungemein begünstiget.


Begünstigung (W3) [Adelung]


Die Begünstigung, plur. die -en. 1) Von dem vorigen Verbo, die Handlung, da man aus Gunst etwas zu jemandes Vortheile thut. 2) * In den Rechten, ein geringes Verbrechen, welches noch keine Leib- oder Lebensstrafe nach sich ziehet. Der Beleidiger muß seine Begünstigung wieder gut zu machen suchen, sein Vergehen. In dieser zweyten Bedeutung ist es von beginnen, unternehmen, sich unterfangen. Indessen ist es unnöthig, es um deßwillen mit einem i, Beginstigung zu schreiben, wie Frisch wollte, theils weil die allgemeine Aussprache hier ein deutliches ü hören läßt, theils aber auch, weil dasselbe von der Abstammung unterstützet wird, indem Anbegunst ehedem für Anfang, und Begunst, für das Beginnen üblich war. Man weiß ohnehin, daß in den irregulären Verbis der Vocal oft durch alle Stufen der Schattirung durchläuft: beginnen, begann, Conj. begänne, oder begonnte. Conj. begönnte, ehedem begunnte, Conj. begünnte.


Begürten (W3) [Adelung]


Begürten, verb. reg. act. mit einem Gurte versehen, umgürten; ein Wort, welches einige Wahl in der Deutschen Bibel vorkommt. Und war begürtet mit einem leinen Leibrock. 2 Sam. 6, 14. So begürte nun deine Lenden, Jer. 1, 17. Begürtet euch und klaget, Joel. 1, 13. So auch Offenb. 1, 13. 1 Pet. 1, 13


Begüten (W3) [Adelung]


Begüten, S. Begütigen.


Begütern (W3) [Adelung]


Begütern, verb. reg. act. mit Gütern, d. i. zeitlichem Vermögen versehen. Gott begütert einen mehr als den andern. Am häufigsten ist das Participium der vergangenen Zeit üblich. Begütert seyn, mit Gütern oder liegenden Gründen angesessen seyn. Ingleichen in weiterer Bedeutung, ein begüterter Mann, der so viel zeitliches Vermögen besitzet, daß er nicht nur seine völlige Bequemlichkeit, sondern auch einigen Überfluß hat. Zuweilen kommt auch das Hauptwort die Begüterung in der ersten Bedeutung des Participii vor. Die unmittelbare Begüterung war ehedem ein nothwendiges Stück der Reichsstandschaft.


Begütigen (W3) [Adelung]


Begütigen, verb. reg. act. gut machen, besänftigen, im gemeinen Leben. Einen Zornigen begütigen. Das Verbum begüten, von welchem dieses das Frequentativum ist, ist auch noch hin und wieder üblich.


Behaaren (W3) [Adelung]


Behaaren, verb. reg. act. mit Haaren versehen. Ein wohl behaarter Hund, bey den Jägern, der ein gutes Haar hat. Sich behaaren, Haare bekommen.


Behäb (W3) [Adelung]


* Behäb, Behäbig, S. Gehäbe.


Behacken (W3) [Adelung]


Behacken, verb. reg. act. mit Hacken, oder mit der Hacke bearbeiten. 1) Das Holz, die Bäume behacken, das Unnütze oder Grobe davon weghacken. 2) Die Erde um etwas mit der Hacke aufhäufen. Den Kohl, den Wein, den Hopfen behacken; wofür man in einigen Gegenden bewallen und im Braunschweigischen beroden sagt. Daher die Behackung.


Behaftet (W3) [Adelung]


Behaftet, adj. et adv. eigentlich das Participium des ungewöhnlichen Zeitwortes behaften. Mit etwas behaftet seyn, damit beladen seyn, es an sich haben, im nachtheiligen Verstande. Mit Schulden, Sünden, Lastern behaftet seyn. Er ist mir einer bösen Krankheit behaftet. Mit Mängeln und Gebrechen behaftet seyn. Mit mancherley Seuchen und Qual behaftet, Matth. 4, 24. Mit einem harten Fieber behaftet, Luc. 4, 38.

Anm. Pihafet, kommt schon bey dem Kero für beschäftiget vor, und mit iamer sint behaft, heißt es in der Parean. Tyrolis. Im Oberdeutschen wird dieses Wort auch in einem guten Verstande gebraucht. Mit was für Begier der Wissenschaft ihr behaftet seyd, heißt es bey dem Opitz. In eben dieser Mundart bedeuten behaftete Güter, solche, die noch streitig sind. Ehedem war behaftet seyn, von dem Teufel besessen seyn, und ein Behafteter, ein Besessener. S. Haften.


Behagen (W3) [Adelung]


Behagen, verb. reg. act. eine gewisse dunkele und dabey schwache angenehme sinnliche Empfindung erwecken, welche mehr eine dunkele, lebhafte Zufriedenheit mit seinem gegenwärtigen Zustande, als ein Vergnügen oder Wohlgefallen ist. Es wird nur unpersönlich oder in der dritten Person, mit dem Dative der Person gebraucht. Kein Trinken und kein Essen,Ja nichts hat mir behagt, Opitz.Die ihm vor so sehr behagt, ebend.Vermeint ihr blindes Volk, daß ihr Gott wohl behagt? ebend.Dem alles auf der Welt ergehet nach Behagen, ebend.Mir ist nicht unbewußt, daß ihr dein Schmerz behagt, Canitz.Was unsern Fleisch am heftigsten behagt, ebend.Und weil die Wahrheit auch den Göttern selbst behagt, Günth.Und da den Osten schon ein Kranz von Rosen schmückt,Wird jetzt die Morgenruh' uns beyden wohl behagen, Weil. So auch das Behagen, plur. car. diese dunkele angenehme Empfindung. Der Graf fand Behagen an diesen Besuche.

Anm. Behagen ist von je her mit dem Dativ verbunden worden. Das mir wol behagt, heißt es bey dem Stryker; das sie den wisen wol behage, bey Winsbecken, und das im wol behage, bey einem der Schwäb. Dichter. Das Stammwort ist das alte Hug, bey dem Ottfried Hugu, im Isländ. Hugga und Hag, im Schwed. Hog und Hug, welches nicht nur das Gemüth, die Seele und deren Wirkungen, sondern auch Anmuth, Vergnügen, bedeutet. Irhugen kommt daher bey dem Ottfried für erinnern, hugulusti, für Freude, und bihugan, bey eben demselben für bemerken vor. Hugian heißt bey dem Ulphilas denken, gehygan im Angelsächsischen sich erinnern, und noch jetzt gebrauchen die Holländer Heughe und Hoge für das Gemüth. Ehedem war auch das einfache hügen für behagen üblich. Mir ist kommen ein hugender wan Vnd ein wunneklicher trost, Heinr. von Moringe. Haage heißt daher noch im Dänischen belieben, sich hägen, im Niedersächsischen, sich an etwas vergnügen, und nach etwas hagen, sich darnach sehnen. So fern Hug und Haag die Seele, und deren Vermögen zu denken und sich zu erinnern bedeutete, kommt es mit dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, meditatus est, dem Gr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und dem Latein. cogo, wofür nachmahls das Frequentativum cogito üblicher geworden, überein. Behagen ist in den gemeinen Sprecharten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes noch völlig gangbar. Es druckt eigentlich diejenige sinnliche oder dunkele Zufriedenheit mit seinem gegenwärtigen Zustande aus, welche sich durch ein sanftes Lächeln verräth, und um dieses Nebenbegriffes der Dunkelheit oder Sinnlichkeit willen hat man es vermuthlich in der edlern Schreibart veralten lassen, bis es von einigen neuern Schriftstellern wieder hervor gezogen worden. Wenn es in der philosophischen Schreibart geschiehet, wo es nothwendig ist, einen Begriff zu bezeichnen, für welchen man sonst keinen guten Nahmen hat, so ist nichts dawider einzuwenden; allein in andern Fällen sollte man damit ein wenig sparsamer seyn, indem das Behagen in seiner wahren Bedeutung sinnlichen und uncultivirten Menschen angemessener ist, als aufgeklärten. Eben dieses gilt auch von dem folgenden Behaglich und Behaglichkeit.


Behaglich (W3) [Adelung]


Behaglich, und in einigen gemeinen Mundarten Behäglich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Behagen äußernd oder verrathend. Da wo andere mit ihrem Bißchen Talent in behaglicher Selbstgefälligkeit herum schwadroniren, Göthe. 2) Behagen erweckend. Er lernet kluge Sachen, Zeucht Bürgerkleider an, kann sich behäglich machen, Opitz. Wer redlich ist im Herzen, und mit dem Munde frey, Der wisse, daß bey Hof, er nicht behäglich sey, Logau. 3) * Leicht zu befriedigen, genügsam, nur allein im Niedersächs. Ein behäglicher Mensch, der sich alles gefallen läßt. Daher die Behaglichkeit, plur. car. die dunkele, angenehme Empfindung, welche aus der Zufriedenheit mit seinem gegenwärtigen Zustande entstehet, und sich eigentlich durch Lächeln verräth.


Behälligen (W3) [Adelung]


Behälligen, S. Behelligen.


Behalt (W3) [Adelung]


* Der Behalt, des -es, plur. car. ein nur im Oberdeutschen und einigen Kanzelleyen übliches Wort. 1) Die Meinung. Meines Behalts, wie ich dafür halte, nach meiner Meinung. 2) Der Inhalt.


Behaltbar (W3) [Adelung]


Behaltbar, -er, -ste. adj. et adv. leicht zu behalten, oder mit dem Gedächtnisse zu fassen. Etwas dem Gedächtnisse behaltbar machen. So auch die Behaltbarkeit.


Behalten (W3) [Adelung]


Behalten, verb. irreg. act. S. Halten. 1) Nicht von sich lassen, im Besitze einer Sache bleiben. (a) In eigentlicher und weiterer Bedeutung. Ein Pfand behalten, es nicht wieder heraus geben. Was allen gefällt, ist schwer zu behalten. Behalte das für dich; als dein Eigenthum. Seine alten Gewohnheiten behalten. Seine Ehre, seinen guten Nahmen behalten, im Besitze derselben bleiben. Die Oberhand behalten. Recht behalten, den Sieg, das Feld behalten. Er kann keine Speise mehr bey sich behalten. Ich habe nicht viel übrig behalten. Seinen Sohn zu Hause behalten. Jemanden bey sich behalten, als einen Gast in seinem Hause. Man behielt die ganze Gesellschaft zum Abendessen. Er will uns zu Tische behalten. (b) Figürlich. Etwas bey sich behalten, verschweigen. Im Gedächtnisse behalten, nicht vergessen. Etwas aus der Predigt, aus einem Gedichte behalten. Behalten sie dieses wohl. Dieses Wort ist schwer zu behalten. 2) * Aufbehalten, welche Bedeutung aber im Hochdeutschen veraltet ist, indessen noch sehr oft in Luthers Übersetzung der Bibel vorkommt. Herr behalte ihnen diese Sünde nicht! Apostelg. 7, 59. Denn der Böse wird behalten auf den Tag des Verderbens, Hiob. 21, 30. Und so in mehrern Stellen. 3) * Erhalten, bewahren, welche im Hochdeutschen gleichfalls wenig mehr üblich ist. Dadurch behielt sich der jung man, Sonst het se sein Leben müssen lan, Theuerd. Kap. 54. Ich will mir sie auf Erden zum Samen behalten, Hos. 2, 23. Und ein jeglicher unter euch wisse sein Faß zu behalten in Heiligung und Ehren, 1 Thess. 4, 4. Indessen sagt man doch noch, wohl behalten ankommen, für sicher, unbeschädigt. Jemanden wohl behalten nach Hause bringen.

Anm. Für bewahren, bewachen, kommt bihaltan schon bey dem Ottfried und Tatian vor. Das Niedersächsische beholden bedeutet auch stille halten. Das Schwädische behalla und Dän. behold kommen in der Bedeutung mit dem Deutschen überein.


Behälter (W3) [Adelung]


Der Behälter, im Oberdeutschen Behalter, des -s, plur. ut nom. sing. der Ort, wo man etwas aufbehält, besonders ein Fischhälter. An einigen Orten bedeutet Behalter auch einen Schrank, und Frisch behauptet, daß das Nürnbergische Kalter, für Schrank, aus diesem Worte entstanden sey. Anm. Bihaltara bedeutet bey dem Tatian so wohl einen Wächter, Bewahrer, als auch die Verwahrung. Außer dem wird es von einigen Alten auch für Erhalter, Servator, gebraucht.


Behältniß (W3) [Adelung]


Das Behältniß, des -sses, plur. die -sse, ein jeder Ort, wo etwas aufbehalten wird, oder aufbehalten werden kann. Das Behältniß eines Gefangenen, der Ort eines Gefängnisses. Das Behältniß der Waaren, wilder Thiere u. s. f. Bey den Jägern werden die dicken morastigen Örter, in welchen sich das Wild gerne aufzuhalten pfleget, Behältnisse genannt.


Behaltsam (W3) [Adelung]


Behaltsam, -er, -ste, adj. et adv. fähig, etwas zu behalten, oder dem Gedächtnisse einzuverleiben. Daher die Behaltsamkeit, diese Fähigkeit. Gedächtniß ist Behaltsamkeit der Ideen.


Behämmern (W3) [Adelung]


Behämmern, verb. reg. act. mit dem Hammer bearbeiten, an etwas hämmern.


Behandeln (W3) [Adelung]


Behandeln, verb. reg. act. 1) So fern handeln mit dem Händen bearbeiten bedeutet. (a) Mit den Händen, und figürlich mit den Kräften des Geistes, Veränderungen an einem Gegenstande hervor bringen, ihn dadurch bearbeiten. Den Teig behandeln. Eine Materie behandeln. Ein Geschäft behandeln. (b) Einen übel behandeln, ihm übel begegnen. Ist es auch erlaubt, daß du mich so behandelst? daß du so mit mir umgehest? 2) Von handeln, einen Kauf oder Handel schließen. Eine Waare behandeln, um ihren Preis einig werden. Es ist um, oder für zehn Thaler behandelt worden. So auch die Behandlung in allen obigen Bedeutungen.


Behändigen (W3) [Adelung]


Behändigen, verb. reg. act. einhändigen, Übergeben. Einem etwas behändigen. In einigen Gegenden bedeutet dieses Wort auch so viel als belehnen, und Behändigungsgüter sind in Westphalen eine Art von Kurmeden oder Erbzinsgütern, welche auf eine Hand oder auf zwey Hände, d. i. Lebenszeiten, eingegeben werden. Behandeln ist für behändigen noch hin und wieder üblich, und ehedem wurde auch das einfache handen in dieser Bedeutung gebraucht. Indessen spottet noch Luther in der Vorrede zum ersten Theile des alten Testamentes von 1524 sehr nachdrücklich über die neuen Wörter behändigen und beherzigen.


Behangen (W3) [Adelung]


* Behangen, verb. irreg. neutr. ( S. Hangen,) welches mit dem Zeitworte bleiben nur noch zuweilen im gemeinen Leben für das einfache hangen üblich ist. Behangen bleiben, hangen bleiben. Herr meine Seele bleibt behangen An dir, Opitz Ps. 63.

Anm. Ehedem wurde es auch ohne bleiben gebraucht. Denn er hofft mit den sporen sein Würdt er in stauden behangen, Theuerd. Kap. 30. Da behieng im an einem paum Sein pferdt mit dem Zügel am zaum, ebend. Kap. 35. Und da das Maul unter eine große dicke Eiche kam, behing sein Haupt an der Eichen, 2 Sam. 18, 19.


Behängen (W3) [Adelung]


Behängen, verb. reg. act. mit einem angehängten Dinge bedecken. 1. Eigentlich. Ein Zimmer mit Tapeten behängen. Man behängte die Waffen mit Kränzen. 2. Figürlich. 1) Der Hund ist wohl Behangen, besser behängt, hat wohl gestaltete lange Ohren, und breite Lefzen, bey den Jägern; welches auch wohl belappt genannt wird. 2) Die Hunde behängen das Wild, bey eben denselben, wenn sie es anfallen, und sich daran hängen. 3) Sich mit etwas behängen im gemeinen Leben, und in verächtlicher Bedeutung, sich in Verbindung mit etwas einlassen. Er behängt sich mit allerley Leuten. Er hat sich mit einer Frau behängt. 4) Einen Hund behängen, bey den Jägern, dem Leithunde das Hängeseil anlegen, und ihn daran auf das Feld führen. Daher das Behängen, das Ausziehen mit demLeithunde auf den Besuch, und die Zeit wenn solches geschiehet. Da die Kunst, eine Leithund gehörig abzurichten, und sich dessen geschickt zu bedienen, das wichtigste Stück in der Jägerey ist, so werden von diesem Behängen, oder Ausführen des Leithundes, in weiterer Bedeutung auch die drey Lehrjahre der Jägerbursche, die drey Behängen genannt. S. auch Hängeseil.


Beharnischen (W3) [Adelung]


Beharnischen, verb. reg. act. mit einem Harnische versehen. Jetzt rauschet ein Würmchen schwarz beharnischt auf glänzend rothen Flügeln vorbey, Geßn.


Beharren (W3) [Adelung]


Beharren, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, fortfahren zu harren, verharren, verbleiben. 1. Eigentlich. Bey einem beharren, bleiben. Sie beharren schon drey Tage bey mir, Marc. 8, 7. In einem Amte beharren. 2. Figürlich. 1) Auf seiner Meinung, auf seinem Vorhaben beharren, solche standhaft zu behaupten, ins Werk zu richten suchen; dagegen, in derselben verharren, bloß die Beybehaltung derselben ausdruckt. Er beharret nun einmahl darauf, bestehet darauf. Weil alle steif auf ihren Sinn beharrten, Gell. 2) Dauerhaft, standhaft seyn, aushalten. Wer beharret bis ans Ende u. s. f. Sein Glück beharren nicht, Hiob 20, 21. nach des Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. So auch die Beharrung.

Anm. Man Gebraucht es fast eben so oft mit dem Hülfsworte haben, als mit seyn, obgleich dieses letztere demselben angemessener zu seyn scheinet. In Oberdeutschland wird es zuweilen mit dem Genitiv verbunden; z. B. Seine Majestät beharren des unveränderlichen Vorsatzes.


Beharrlich (W3) [Adelung]


Beharrlich, -er, -ste, adj. et adv. standhaft fortdauernd, anhaltend. Ein beharrlicher Fleiß. Beharrlich um etwas bitten. Eine beharrliche Treue, beharrliche Liebe. Sich zu beharrlichem Wohlwollen empfehlen. Daher die Beharrlichkeit, plur. inus. die standhafte Fortdauer in einem Zustande.


Beharschen (W3) [Adelung]


Beharschen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, hart werden, besonders von flüssigen oder feuchten Dingen, wenn sie durch Ausdünstungen eine harte Rinde bekommen, oder auch gefrieren. Die Wunde ist beharscht. Das Wasser beharscht vor Kälte. S. Hart.


Beharzen (W3) [Adelung]


Beharzen, verb. reg. act. 1) Mit Harz überziehen. Beharzte Hauer gehn um diesen Aufenthalt, Zachar. 2) Des Harzes berauben, im Forstwesen. Wo die Harzhölzer belochet oder beharzet werden. So auch die Beharzung.


Behauchen (W3) [Adelung]


Behauchen, verb. reg. act. den Hauch an etwas gehen lassen. Ein Glas, einen Spiegel behauchen.


Behauen (W3) [Adelung]


Behauen, verb. irreg. act. S. Hauen, an etwas hauen, und zwar, 1) durch Hauen bearbeiten. Ein Stück Bauholz, einen Stein, einen Klotz behauen. Einen Baum behauen, ihm die unnöthigen Zweige abhauen. 2) Durch Hauen versuchen. Einen Gang, ein Gestein behauen, bey den Bergleuten, durch Abhauen einiger Stücke dessen Härte versuchen. So auch die Behauung.


Behaupten (W3) [Adelung]


Behaupten, verb. reg. act. 1) Fortfahren zu bejahen; es mag nun solches mit Gründen geschehen oder nicht. Eine Meinung behaupten. Er behauptet immer das Widerspiel. Ingleichen oft auch so viel als versichern. Man will für gewiß behaupten, daß u. s. f. 2) Sich in dem Besitze einer Sache erhalten. Eine eroberte Festung behaupten. Wer hat den Platz behauptet? d. i. gesieget. Sein Recht, sein Ansehen behaupten. Er kann das Gut nicht behaupten. So auch die Behauptung.

Anm. Wenn man dieses Zeitwort von Haupt herleitet, so ist die Figur in demselben ein wenig dunkel, man mag es nun durch den Urheber einer Meinung, oder für das Erste, Oberste erklären. Für behaupten war ehedem behaben und beheben üblich. Wer die mehrer Folge hat, der hat sein Urtheil be- hebt, Schwabensp. Kap. 107. Wenn du das Land behabest, in einer alten Übersetzung der Bibel von 1433. Bey den Schwäbischen Dichtern kommt behaben mehrmahls für fest halten vor; z. B. ein nagel behabt ein eisen. Man kann daher behaupten füglicher als das Intensivum von behaben ansehen.


Behausen (W3) [Adelung]


Behausen, verb. reg. act. 1) In sein Haus aufnehmen, beherbergen, im gemeinen Leben. Einen behausen, bey sich behausen. 2) Sich behausen, sich ansässig machen; daher besonders in Oberdeutschland, ein behauster Unterthan, der ansässig ist, ein eigenes Haus hat.


Behausung (W3) [Adelung]


Die Behausung, plur. die -en. 1) Das Behausen, die Aufnahme in sein Haus; ohne Plural. Noch mehr aber, 2) das Haus, die Wohnung. In meiner Behausung. Sich in seine Behausung verfügen.


Behäuten (W3) [Adelung]


Behäuten, verb. reg. act. welches am häufigsten bey den Sattlern üblich ist, mit einer Haut, oder was derselben ähnlich ist, überziehen. Den Baum eines Wagens behäuten, mit Leinwand und Leim überziehen. Einen Kutschkasten behäuten, die Fugen mit Leinwand bekleben. Daher die Behäutung.


Beheften (W3) [Adelung]


* Beheften, verb. reg. act. hintergehen, betriegen; nur in einigen gemeinen Sprecharten. Geht nicht auf ein Zeichen allein (bey dem Viehhandel) sondern auf mehrere zugleich, so werdet ihr am wenigsten beheftet.


Behelf; (W3) [Adelung]


Der Behelf; des -es, plur. die -e, in den Rechten, Ausflucht, Entschuldigung, meisten Theils im nachtheiligen Verstande. Ungegründete, nichtige Behelfe vorbringen. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort auch Behülf. Behelfrede, im Niedersächsischen Behelperede, Helperede, waren ehedem für Ausflucht, Ausrede gleichfalls sehr gebräuchlich. S. das folgende, ingleichen Behelflich.


Behelfen (W3) [Adelung]


Behelfen, verb. irreg. recipr. S. Helfen. 1) Sich mit Lügen behelfen, zu helfen suchen. Es wird sich behelfen, zu helfen. Er kann sich mit Worten nicht gut behelfen, der mündliche Ausdruck fällt ihm schwer. 2) Beholfen wird zuweilen auch im gemeinten Leben für behülflich gebraucht. Ein beholfener Mensch, der gerne hilft. S. Behülflich. Diese Bedeutung ist aber jetzt veraltet, und kommt nur noch im gemeinen Leben vor. Ehedem wurde dieses Wort auch sehr häufig für entschuldigen gebraucht, sich mit einer Ausflucht zu behelfen suchen. So heißt es z. B. in einer Urkunde von 1409: Auch soll sich undir uns keyner mit deme andirn behelffen noch entschuldigen; und Sir. 32, 21: Ein Gottloser - - weiß sich zu behelfen mit anderer Leute Erempel. S. Behelf. 3) Sich mit etwas behelfen, damit auskommen, damit zufrieden seyn, besonders von demjenigen, was man zur Nothdurft und Bequemlichkeit gebraucht. Er muß sich kümmerlich behelfen, lebt sehr ärmlich. Ich kann mich mit wenigem behelfen, damit auskommen. Behelft euch nur heute, morgen soll es besser werden, seyd heute mit einer schlechten Bequemlichkeit zufrieden.


Behelflich (W3) [Adelung]


Behelflich, -er, -ste, adj. et adv. 1) In den Rechten, von Dingen, die man zu seinem Behelfe vorbringt; ohne Comparation. Eine behelfliche Widerrede, eine nichtige Einwendung. S. Behelf. 2) * Geneigt andern zu helfen; doch nur in einigen Mundarten, für behülflich. So auch die Behelflichkeit.


Behelligen (W3) [Adelung]


Behelligen, verb. reg. act. Unruhe, Beschwerde erwecken, beschwerlich fallen. Einen mit etwas behelligen. Wiewohl wir dieselben mit weitläuftigen Schreiben zu behelligen uns nicht vorgenommen. Daher die Behelligung, plur. die -en, für Beschwerde, Unlust.

Anm. Frisch leitet dieses Wort sehr ungeschickt von hall-her, und erkläret es, sich gleichsam müde schreyen, will es daher auch mit einem ä geschrieben haben. Allein es gehöret wohl unstrei-tig, zu dem noch im Niedersächsischen üblichen Worte hellig, müde. Helligen bedeutete ehedem gleichfalls ermüden, und behellen kommt schon bey dem Ottfried für unterdrücken vor. Das Gr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bedeutet gleichfalls Gewalt anthun, beunruhigen. Behellen findet sich noch bey dem Logau, dessen Sinngedicht auf den Verläumder so lautet: Mein Urtheil, daß mit fällt, Das kostet nimmer Geld,Weil solches unbehellt Mein Richter mir bestellt; ohne daß man ihn sehr darum behelligen, oder beschwerlich fallen dürfe.


Behen (W3) [Adelung]


Der Behen, des -s, plur. inus. der ausländische Rahme eines gewissen Pflanzengeschlechts; Cucubalus, L. Vornehmlich führet diesen Nahmen diejenige Gattung derselben, welche auf den dürren Wiesen wächset, fast kugelrunde, glatte, auf der Oberfläche mit vielen Gefäßchen durchwirkte Kelche hat, und sonst auch Widerstoß, ingleichen Gliedkraut, Seifenkraut, und Schachtkraut heißt; Cucubalus Behen, L. S. das folgende.


Behen-Baum (W3) [Adelung]


Der Behen-Baum, oder Behen-Nußbaum, des -es, plur. die -bäume, ein ausländischer Baum, welcher in Zeylon, Amerika und Ägypten wächset, und welchen Linne Guilandina Moringia nennet. Die Behen-Nuß ist die Frucht dieses Baumes, von welcher man das Behen-Öhl erhält; der Baum selbst aber liefert das wahre Grieß- oder blaue Sandelholz; S. diese Wörter. Der Nahme ist vermuthlich Arabischen Ursprunges.


Behende (W3) [Adelung]


Behende, -r, -ste, adj. et adv. welches am stärksten noch in Oberdeutschland üblich ist, wo es so viel als mit Leichtigkeit, hurtig oder geschwinde bedeutet. Ein behender Bothe. Eine behende Antwort. Ein behender Mensch. Ich konnte ihn nicht einhohlen, weil er mir zu behende war. Lannd (lasset)Unns fliehen behenndt, Theuerd. Dir kürzt der grimme Tod dein schnelles Leben ab, Und führet dich behend' aus dieser Welt ins Grab, Opitz.

Anm. Wachter nimmt ein doppeltes behende an; eines, welches geschwinde bedeutet, und von ihm von den alten Verbo enden, eilen, davon noch endelich für eilend in Luthers neuem Testamente vorkommt, abgeleitet wird; und ein anderes, welches geschickt bedeuten soll, und von welchem, ihm zu Folge, Hand das Stammwort ist, so wie im Latein. von dexter, dexteritas, herkommt. Allein behende bedeutet eigentlich niemahls geschickt, wohl aber auf eine leichte oder geschickte Art geschwinde, so daß der Begriff der Geschwindigkeit doch immer der Hauptbegriff bleibet. Indessen würde sich dieses Wort mit Wachtern füglich von enden, eilen, herleiten lassen, wenn nicht das Isländische hentig, das Schwedische handig und behaendig, das Holländ. und Nieders. handig, handig und händig, und das Engl. handy, welche insgesammt geschwinde bedeuten, den Ursprung von Hand zu deutlich verriethen. Das e am Ende ist das Hochdeutsche e euphonicum, welches nicht unterdrückt werden darf.


Behendigkeit (W3) [Adelung]


Die Behendigkeit, plur. inus. die Geschwindigkeit, besonders die mit einer gewissen Geschicklichkeit oder Leichtigkeit verbunden ist; ein Wort, welches im Hochdeutschen eben so selten zu werden anfängt, als behende.


Behen-Nuß (W3) [Adelung]


Behen-Nuß, Behen-Öhl, S. Behen-Baum.


Behen-Wurzel (W3) [Adelung]


Die Behen-Wurzel, plur. die -n, eine bittere Wurzel, welche getrocknet aus Syrien gebracht wird, und nach dem Tournefort die Wurzel einer Art Flockenblumen ist. S. Behen.


Beherbergen (W3) [Adelung]


Beherbergen, verb. reg. act. Herberge gehen. Einen beherbergen, ihn als einen Gast in sein Haus aufnehmen, behausen. Es hat uns ein guter Freund beherberget. Der Wirth darf niemanden mehr beherbergen. S. Herberge.


Beherrschen (W3) [Adelung]


Beherrschen, verb. reg. act. die Herrschaft über etwas haben, und üben. Ein Land beherrschen. Seine Leidenschaften beherrschen. Er lässet sich von dem Geitze beherrschen. Der Hügel beherrschet die Stadt, figürlich, man kann die Stadt von dem Hügel mit Geschütz bestreichen; eine wörtliche Übersetzung des Französischen dominer, wofür man besser bestreichen sagt. Daher die Beherrschung.


Beherrscher (W3) [Adelung]


Der Beherrscher, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Beherrscherin, plur. die -en, der oder die die Herrschaft über etwas führet; Wörter, welche nur in der höhern Schreibart üblich sind. Der Beherrscher des Himmels. Die Beherrscherin seines Herzens. So möcht' ich um den Preis nicht ein Beherrscher werden, Weise, ein Monarch.


Beherzigen (W3) [Adelung]


Beherzigen, verb. reg. act. zu Herzen nehmen, mit Empfindung betrachten, mit warmen Gefühle überdenken. Eine Sache wohl beherzigen. Den Zustand des Vaterlandes patriotisch beherzigen. Daher die Beherzigung, so wohl von der Handlung der Beherzigens, als auch der daraus entstandenen Betrachtung. Mosers Beherzigungen sind einem jeden bekannt.

Anm. Das Schwed. behjerta wird auf eben diese Art gebraucht. Zu Luthers Zeiten muß dieses Wort noch sehr unbekannt gewesen seyn, weil er in der Vorrede zum ersten Theile seines alten Testamentes von 1524 auf seine Art sehr nachdrücklich darüber spottet. Indessen kommt beherzen, wovon beherzigen das Intensivum ist, mehrmahls bey dem Opitz vor. Z. B. Man kann in tiefen Schmerzen Ja freylich, sag' ich wohl, ein Ding nicht recht beherzen. Logan gebraucht dieses Wort in einem ganz andern Verstande: Mutius ist eine Bien, fleucht herum auf allen Süßen, Ist nicht stolz was nur begegnet, zu beherzen, zu beküssen; von Herzen, welches im gemeinen Leben so viel als umarmen bedeutet. Das einfache herzigen kommt in dem 1514 zu Mainz gedruckten Livius auch für Muth machen, beherzt machen, vor.


Beherzt (W3) [Adelung]


Beherzt, -er, -este, adj. et adv. mit Herz, d. i. Muth versehen. Ein beherzter Mann, der in der Gefahr seine Furcht mäßigen kann. Einen beherzt machen. Den Feind beherzt angreifen. Eine beherzte That.

Anm. das Dän. behierdet hat gleiche Bedeutung. Im Lateinischen kommt cordatus gleichfalls zuweilen für beherzt vor. S. Herz und Herzhaft.


Behetzen (W3) [Adelung]


Behetzen, verb. reg. act. welches nur bey den Jägern üblich ist. 1) Ein Wildpret behetzen, die Hunde auf dasselbe hetzen. 2) Einen Hund behetzen, ihn durch Hetzen abrichten, ihn einhetzen. So auch die Behetzung.


Beheulen (W3) [Adelung]


Beheulen, verb. reg. act. über etwas heulen. Laß doch die schönen Sachen hören, um die er die Nachwelt so sehr beheulet, Weiße.


Behexen (W3) [Adelung]


Behexen, verb. reg. act. im gemeinen Leben, für bezaubern. Einen behexen. Er ist behext. Ich war wie behext.


Behindern (W3) [Adelung]


Behindern, verb. reg. act. welches nur im Oberdeutschen und in den Hochdeutschen Kanzelleyen für hindern und verhindern üblich ist. Einen behindern. Daher die Behinderung.


Behner (W3) [Adelung]


Der Behner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Korb, besonders bey den Gärtnern, ein länglich runder aus Weiden gefloch-tener Korb, mit einem hölzernen Querbügel in der Mitte; in Meißen ein Behnerich oder Behnert.

Anm. Es scheinet, daß dieses Wort vornehmlich in Obersachsen üblich ist. Indessen ist es doch schon ein sehr altes Wort, wie bey Benne gezeiget werden wird, welches zu dessen Geschlecht gehöret. Paneretta, Panarolus, Panerius, Panerium, haben im mittlern Lateine ähnliche Bedeutungen.


Behobeln (W3) [Adelung]


Behobeln, verb. reg. act. mit dem Hobel bearbeiten. Ein Bret, ein Stück Holz behobeln.


Behör (W3) [Adelung]


Die Behör, S. Behörde.


Behorchen (W3) [Adelung]


Behorchen, verb. reg. act. heimlich auf etwas horchen. Einen behorchen, heimlich auf dessen Reden horchen. Wir wurden behorcht. Sie wird ste hier aus diesem Kabinettchen behorchen, Weiße.


Behörde (W3) [Adelung]


Die Behörde, plur. die -n, am häufigsten in der Oberdeutschen Mundart. 1) Was sich gehöret, oder geziemet, was nöthig ist. Wir werden die Behörde verfügen. 2) Was zu etwas gehöret, das Zubehör. Das Gut mit aller seiner Behörde; in welcher Bedeutung auch im Niedersächsischen Behör üblich ist. 3) Der gehörige Ort, der Ort, an welchen eine Sache hin gehöret; besonders in den Rechten, für Instanz. Etwas an die Behörde bestellen. Sie haben sich bey der Behörde zu melden. Es sind die nöthigen Befehle an die Behörde ergangen.

Anm. Dieses Wort, welches zuweilen auch Behör lautet, und auch in den Hochdeutschen Kanzelleyen üblich ist, ist von dem Verbo behören, welches im Oberdeutschen für gehören üblich ist.


Behörig (W3) [Adelung]


Behörig, adj. et adv. gleichfalls am häufigsten in der Oberdeutschen und Niedersächsischen Mundart, für gehörig, was sich gehöret, oder geziemet. Der behörige Ort. Sich behörig betragen. Die Sache ist behörig angebracht.


Behren (W3) [Adelung]


Behren, schlagen, S. Bären.


Behuf (W3) [Adelung]


Der Behuf, des -es, plur. car. ein größten Theils veraltetes Wort für Nothdurft, Nutzen, Bequemlichkeit, Zum Behufe dieser Sache, zu ihrem Nutzen, zu ihrer Beförderung. Etwas in seinen Behuf, oder zu seinem Behufe verwenden, zu seinem Nutzen. Etwas zu seinem Behufe anfüren, zu seiner Vertheidigung. Zu dessen Behuf, zu dem Ende.

Anm. Behuf, Nieders. Behoof, Holländ. Behoef, Dän. Behov, Angels. Beheve, Behevenesse, Engl. Behoof, Schwed. Behof, wird in der Oberdeutschen und Niedersächsischen Mundart noch häufig für Nothdurft, Bedürfniß, und Nutzen gebraucht. Sein Behuf thun, heißt in der letztern in höflichen Ausdrücken, so viel als seine Nothdurft verrichten. In eben diesen Mundarten ist auch das Zeitwort behufen und behäven, Holländ. behaefen, Schwed. behöfwa, Angels. behofan, Dän. behovt, für bedürfen üblich. Das Stammwort Hof ist noch im Schwedischen vorhanden, und bedeutet daselbst, was sich schickt, was zu einer Sache nöthig ist. S. Hübsch. Das Wort Behuf kommt im Hochdeutschen, besonders in der Sprache der Kanzelleyen, größten Theils aber nur mit den Vorwörtern zu und in, mehrmahls, das Verbum behufen aber gar nicht vor; so wie auch die Bey- und Nebenwörter behufig und behuflich nur in Oberdeutschland bekannt sind. Hätte Wachter die Verwandtschaft dieses Wortes gewußt, so würde er Behuf nicht von dem Lateinischen opus abgeleitet haben.


Behuft (W3) [Adelung]


Behuft, adj. et adv. mit einem Hufe, ungula, vesehen. Ein wohl, schlecht behuftes Pferd, welches einen guten oder schlechten Huf hat.


Behülflich (W3) [Adelung]


Behülflich, -er, -ste, adj. et adv. Hülfe leistend. Ein behülflicher Mensch, der gerne hilft. Einem zu etwas behülflich seyn, dazu verhelfen. Einem in oder bey etwas behülflich seyn, ihm in oder bey der Sache helfen. So mancher Freund ist in der Nähe, Und jeder wird behülflich seyn, Haged.

Anm. Bey dem Opitz kommt auch das einfache hülflich in eben dieser Bedeutung vor: Laß sich dein Heil doch hülflich zu mir neigen. Die Niedersachsen gebrauchen beholpen oder behulpen in eben diesem Verstande, welches auch von einigen Oberdeutschen geschiehet. Einem beholfen seyn, behilflich seyn,


Behüthen (W3) [Adelung]


Behüthen, verb. reg. act. 1) So fern hüthen pascere bedeutet. Einen Ort, ein Feld mit dem Viehe behüthen, das Vieh dahin zur Weide treiben. 2) Von hüthen, custodire, bewahren, beschützen, das Böse von jemanden abwenden; in welchem Verstande dieses Wort noch häufigsten von Gott gebraucht wird. Gott wir mich davor behüthen. Der Himmel behüthe dich! Behüthe Gott! Behüthe der Himmel! ist oft im gemeinen Leben eine Formel, theils seine Furcht und seinen Widerwillen vor oder wider etwas an den Tag zu legen, theils auch mit einer Art des Affectes zu verneinen.

Anm. Pehueten kommt in dieser Bedeutung schon bey dem Notker vor. Winsbeck gebraucht sich behuetan auch intransitive, für sich hüthen. Im Niedersächsischen lautet dieses Zeitwort behöden. Das Hauptwort die Behüthung ist nur im der ersten Bedeutung gebräuchlich.


Behuthsam (W3) [Adelung]


Behuthsam, -er, -ste, adj. et adv. bemüht, sich vor einer gegenwärtigen Gefahr oder Fehlern zu hüthen. Ein behuthsamer Mensch. Man kann in dieser Sache behutsam genug gehen. Behutsam im Schreiben, im Reden u. s. f. Im Niedersächsischen behot.


Behuthsamkeit (W3) [Adelung]


Die Behuthsamkeit, plur. inus. die Bestrebung, eine gegenwärtige Gefahr oder Fehler zu vermeiden. Viele Behutsamkeit in einer Sache anwenden, gebrauchen. Man muß in dieser Sache mit Behutsamkeit verfahren.


Bejagen (W3) [Adelung]


Bejagen, verb. reg. act. die Jagd an einem Orte üben. Einen Wald, eine Flur bejagen, daselbst jagen.


Bejahrt (W3) [Adelung]


Bejahrt, -er, -este, adj. et adv. mit vielen Jahren versehen, alt; eigentlich nur von Menschen. Ein bejahrter Mann.Er ist bejahrt. In der höhern Schreibart auch von andern Dingen. Bejahrte Eichen, Zachar.

Anm. Bejahrt druckt im gemeinen Leben selten den Begriff eines hohen, sondern größten Theils nur eines mittelmäßigen oder ziemlichen Alters aus. Man gebraucht es besonders alsdann, wenn man den Nebenbegriff der Schwäche des Alters, den alt gemeiniglich bey sich führet, aus Achtung vermeiden will. Betagt wird dagegen nur von einem hohen Alter gebraucht, obgleich Jahr einen längern Zeitraum bezeichnet, als Tag. S. Betagt.


Bejammern (W3) [Adelung]


Bejammern, verb. reg. act. seinen Jammer, d. i. lauten Ausbruch des Schmerzens, über etwas merklich werden lassen, und figürlich auch überhaupt so viel als schmerzhaft beklagen. Einen bejammern. Das ist zu bejammern. Daher bejammernswürdig, adj. et adv. was bejammert zu werden verdienet, und die Bejammernswürdigkeit.


Bejauchzen (W3) [Adelung]


Bejauchzen, verb. reg. act. über etwas jauchzen. Mehr als ein großes Land bejauchzet dein Erhöhen, Canitz. Vom ganzen Walde bejauchzt steigt jetzt mit segnenden Tritten Der Morgen von den Gebirgen herab, Gieseke. S. Jauchzen.


Beicht (W3) [Adelung]


Die Beicht, plur. doch nur von mehrern Formeln, die -en, das Bekenntniß seiner Sünden, besonders vor dem Genusse des heil. Abendmahles. Seine Beicht thun, oder ablegen. Zur Beicht gehen. Beicht sitzen, in dem Beichtstuhle sitzen, um die Beicht anderer anzuhören. Einem Beicht hören, oder einem Beicht sitzen, dessen Beicht anhören. Dem Priester nur geziemt, daß er auch Beichte sitzt, Haged. Lange Beichten, lange Beichtformeln.

Anm. Die Beicht, Nieders. Bicht, Bigt, Schwed. Bikt, Dän. Bigt, bey dem Kero Pigiht, bey Ottfried Bigihti, bey dem Isidor Vbijithi, bey dem Notker Gejiht und Piuht, in Oberschwaben noch jetzt Buicht, im Osnabrückischen Begicht, bedeutete ehedem ein jedes, besonders feyerliches Bekenntniß, in welcher Bedeutung auch das einfache Gicht und Gigt von nicht langer Zeit noch in Niedersachsen üblich war: Jetzt wird Beicht nur noch im kirchlichen Verstande gebraucht. S. das folgende und Urgicht.


Beichten (W3) [Adelung]


Beichten, verb. reg. act. seine Sünden dem Geistlichen bekennen, besonders vor dem Genusse des heil. Abendmahles. Einem beichten, vor ihm seine Beicht ablegen. Seine Sünden beichten. Im gemeinen Leben wird dieses Wort auch zuweilen noch in seiner alten Bedeutung für bekennen, gestehen, gebraucht. Er will noch nicht beichten. Er wird schon beichten müssen, man wird ihm schon zum Geständnisse der Wahrheit bringen.

Anm. Man hatte ehedem ein altes Verbum, welches gehan, gahan, jihan hieß, nicht nur bekennen, sondern auch überhaupt sagen und sprechen bedeutete, und von dem Kero an bis auf den ehrlichen Hans Sachs in der Oberdeutschen Mundart angetroffen wird; z. B.: Des mag mich ye wol iehen Unschuldig und alls wandels frey, Theuerd, Kap. 46. Selbst Opitz gebraucht noch verjähen für erzählen: Dieß pflag man weit und breit Von Momus und von ihr vorweilen zu verjähen. Von diesem gehen hatte man hernach das Intensivum gichten, welches als ein Neutrum nicht nur sagen, sprechen, bekennen, sondern auch active, peinlich befragen bedeutete. Menigklich euch deßhalb Lob gicht, Theuerd. Kap. 95. Wie denn das alte Srüchwort gicht, Hans Sachs. Aus diesem gichten entstand nun durch Vorsetzung der Sylbe be - das Activum begichten, und zusammen gezogen beichten, welches heut zu Tage nur noch im kirchlichen Verstande gebraucht wird. S. auch Bejahen und Ja.


Beichtgeld (W3) [Adelung]


Das Beichtgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, bey den Protestanten, dasjenige freywillige Geschenk, welches man dem Beichtvater für die Anhörung der Beicht gibt, und welches im gemeinen Leben auch der Beichtgroschen, oder der Beichtpfennig genannt wird.


Beichtiger (W3) [Adelung]


* Der Beichtiger, des -s, plur. ut nom. sing. ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, welches aber ehedem in folgenden Bedeutungen üblich war. 1) Für einen, der da beichtet, wofür man jetzt lieber Beichtkind gebraucht, und in weiterer Bedeutung auch für Bekenner, so fern dieses Wort im kirchlichen Verstande einen Märtyrer bedeutet. In beyden Fällen wird es noch häufig in Oberdeutschland gebraucht. 2) Für einen, der dem andern Beicht höret, für einen Beichtvater, in welchem Verstande noch Hagedorn dieses Wort gebraucht, obgleich im Hochdeutschen Beichtvater üblich ist.

Anm. Von beichten hatte man ehedem das Bey- und Nebenwort beichtig, im achten Jahrhunderte begihdic, und bey dem Notker jihtig. Gichtig oder begichtig werden bedeutete zu eben derselben Zeit bekennen oder beichten, und Pigihtar, Bihter und Iehara, so wohl einen Bekenner oder Märtyrer, als auch einen, der seine Sünden beichtet. In der Bedeutung eines Beichtvaters ist dieses Wort so wohl wider die Natur der Beywörter auf ig, als auch wider den Gebrauch.


Beichtkind (W3) [Adelung]


Das Beichtkind, des -es, plur. die -er, derjenige, der seine Sünden beichtet; am häufigsten aber jemand, der gewöhnlich bey einem Geistlichen beichtet. S. Beichtvater.


Beichtpfennig (W3) [Adelung]


Der Beichtpfennig, des -es, plur. die -e, S. Beichtgeld.


Beichtschein (W3) [Adelung]


Der Beichtschein, des -es, plur. die -e, das Zeugniß eines Geistlichen, daß jemand vor ihm gebeichtet, und das Abendmahl empfangen hat; der Beichtzettel.


Beichtspiegel (W3) [Adelung]


Der Beichtspiegel, des -s, plur. ut nom. sing. ein figürlicher Ausdruck, mit welchem verschiedene erbauliche Bücher beleget werden, in welchem Anweisung gegeben wird, wie man sein Gewissen zu untersuchen hat, ehe man zur Beicht gehet.


Beichtstuhl (W3) [Adelung]


Der Beichtstuhl, des -es, plur. die -stühle, der abgesonderte Ort in der Kirche, in welchem der Geistliche Beicht sitzet.


Beichtvater (W3) [Adelung]


Der Beichtvater, des -s, plur. die -väter, derjenige Geistliche, dem man gewöhnlich beichtet, in Beziehung auf den oder diejenigen, welche ihm beichten oder auf seine Beichtkinder. Der Gebrauch, die Verbindung zwischen einem Geistlichen und denjenigen, welche ihm beichten, als eine Verbindung zwischen Ältern und Kindern zu betrachten, ist in der christlichen Kirche schon alt, und wird in der Römischen Kirche am weitesten getrieben.


Beiern (W3) [Adelung]


* Beiern, verb. reg. act. welches nur in einigen Gegenden, z. B. in Niedersachsen, Lausitz, der Mark und Preußen üblich ist, wo es eine Art des Läutens bedeutet, da die Glocken unbeweglich bleiben, und nur die Klöppel nach gewissen Melodien an den Rand derselben angeschlagen werden. Daher heißt in der Lausitz eine Beierleiche, eine Leiche, bey deren Beerdigung nur auf diese Art geläutet wird.

Anm. Beiern, im Holländ. beyaerden, im Dän. kime, Schwed. kimma, Engl. to chime, kann entweder von alten bären, schlagen, herkommen, S. Bären, oder auch von dem eben so alten Zeitworte bären, im Angels. berian, im Altfries. baria, tönen, schreyen. S. Bär und Barde.


Beil (W3) [Adelung]


Das Beil, es -es, plur. die -e, Diminutivum das Beilchen, ein Werkzeug zum Hauen, welches einen kürzern Stiel, alseine Axt hat. Etwas mit dem Beile behauen. Einen mit dem Beile hinrichten, ihm den Kopf mit dem Beile abschlagen. Es ist ihm das Beil, die Hinrichtung mit dem Beile, zuerkannt worden.

Anm. So häufig der Gebrauch des Beiles, und so alt dessen Benennung auch ist, so ungewiß ist noch dessen Abstammung, weil der Gebrauch in der alten Mundarten sehr verschieden ist. So fern in dieser Benennung auf das Hauen gesehen wird, könnte man es zu dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ictus, rechnen; zumahl da auch das alte Schwed. bula, spalten, verstümmeln, und byl, bohl, den Stamm eines Baumes bedeutet. S. Bohle. Mit eben so vielem Rechte kann man aber auch diesen Nahmen von der Materie herleiten, aus welcher die Beile zum Theile verfertiget werden; denn Bill bedeutete im Angelsächsischen ehedem Stahl. Beil würde also ein jedes stählernes oder verstähltes Werkzeug bedeuten können. Es ist ehedem auch wirklich ein allgemeiner Nahme gewesen, den man mehrern sehr verschiedenen Werkzeugen gegeben hat. Das Schwed. Bil, Wallisische Bwial, Holländ. Byl, und Litthauische Bila, bedeuten eine Axt, besonders von der größern Art; das Angels. Bill, eine Sichel; das Bretagnische Ebill, einen Bohrer; das Schwed. Bill, eine Pflugschar; das Isländ. Billda, und alte Schwed. Bijl, Pijl, einen Pfeil u. s. f. Siehe auch Pfeil und Hobel. Das Niedersächsische Bihl, kommt mit dem Hochdeutschen in der Bedeutung überein.


Beilbrief (W3) [Adelung]


* Der Beilbrief, des -es, plur. die -e, in den Seestädten, ein schriftlicher Vertrag mit einem Schiffszimmermanne wegen des Baues eines Schiffes. Frisch leitet dieses Wort, welches im Niedersächsischen Biilbreef lautet, von Beil her, weil dar Bau eines Schiffes vermittelst des Beiles geschiehet. Allein es ist wahrscheinlicher, daß es von bauen herkommt. Das alte Schwed. Byla, bedeutete bauen, und Byle, ein Gebäude.


Beileisen (W3) [Adelung]


Das Beileisen, des -s, plur. inus. ein auf den Hammerwerken aus dem Groben geschmiedetes Eisen, aus welchem die Schmiede hernach die Beile verfertigen.


Beilgeld (W3) [Adelung]


Das Beilgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, in den Bergwerken, dasjenige Geld, welches die Gewerken dem Steiger und Untersteiger alle Vierteljahre für die Ausbesserung der Beile geben.


Beilketafel (W3) [Adelung]


Die Beilketafel, plur. die -n, das Deutsche Billiard, oder eine lange, schmale Tafel mit einem Rande, und Rinnen an den beyden Seiten, auf welcher man mit eisernen, unten glatt geschliffenen runden Steinen spielet.

Anm. Es ist dieses eigentlich die Niedersächsische Benennung dieser Tafel, welche auch Pilketafel lautet, und in Ansehung ihrer ersten Hälfte das Diminutivum von Ball, eine Kugel, ist, wovon auch das Französische Billiard seinen Nahmen hat, welches aus diesem Spiele entstanden ist. Im Oberdeutschen heißt diese Tafel Drucktafel, und das Spiel selbst Druckspiel oder Trockspiel, weil die Steine mit einem Drucke fortgeschoben werden. In Nürnberg heißt sie Schießtafel, im Altfranz. Bellent, im mittlern Lateine Belencus. In einer Verordnung des Parisischen Parlamentes von 1371 bey dem Carpentier heißt es: Emolumentum ex sicca tabula seu ludo ad belencum proveniens ordinavimus converti in solutionem reddituum ad vitam; wo der Ausdruck sicca tabula merkwürdig ist, indem er eine sehr ungeschickte buchstäbliche Übersetzung des Oberdeutschen Nahmens Drucktafel ist. S. dieses Wort. Übrigens findet man dieses Spiel heut zu Tage nur noch auf den Dörfern.


Beilkraut (W3) [Adelung]


Das Beilkraut, des -es, plur. inus. eine Pflanze, welche Linne zu der Kronwicke rechnet, und Coronilla Securidaca nennet. Sie hat ihren Nahmen ihren beil- oder sichelförmigen Hülsen zu danken, trägt Schoten, wächset an ungebaueten Orten unter dem Getreide, und wird im gemeiner Leben auch große Peltschen genannt. S. Peltschen.


Beilpflanze (W3) [Adelung]


Die Beilpflanze, plur. die -n, eine Pflanze aus eben dieser Classe, welche in dem mittägigen Amerika einheimisch ist; Securidaca, L.


Bein (W3) [Adelung]


Das Bein, des -es, plur. die -e, Diminutivum das Beinchen, im Oberdeutschen das Beinlein. 1. Der Köhrknochen in dem Fuße zwischen dem Knie und dem Plattfuße, und dann auch der ganze Fuß. 1) Eigentlich. Ein Bein brechen. Die Beine sind ihm geschwollen, u. s. f. Das dicke Bein, oder Dickbein, derjenige Theil des ganzen Fußes, der zunächst am Unterleibe sich befindet, der Schenkel. Figürliche, aber nur im gemeinen Leben übliche Redensarten sind: Sich auf die Beine machen, sich auf den Weg begeben. Ich will dir Beine machen, dich zum Gehen bewegen, dir forthelfen. Einem Kranken wieder auf die Beine helfen, ihm seine Gesundheit verschaffen. Einem auf die Beine helfen, seinen verfallenen Nahrungsstand verbessern. Auf die Beine kommen, gesund werden, ingleichen in bessern Wohlstand gerathen. Ein Kriegesheer auf die Beine bringen, anwerben, aufrichten. Viel Volk auf den Beinen haben, unterhalten. Eine über das Bein werfen, einem ein Bein vorhalten, ihm ein Bein unterschlagen, ihn durch Lift stürzen, ihm hinterlistig schaden. Verläumdung aber wirft die Unschuld übers Bein, Lohenstein. Das Unglück aber schlägt uns unter noch ein Bein, ebend. Einem ein Bein stellen, ihm hinterlistig zu schaden suchen. Etwas aus Bein binden, einen Verlust zu verschmerzen suchen. 2) Figürlich, wegen einiger Ähnlichkeit, dasjenige, worauf eine künstliche Sache stehet. Die Beine eines Stuhles, einer Bank, eines Schämels u. s. f. Alles worauf ein künstlicher Körper stehet, heißet dessen Fuß. Ist dieser Fuß lang und dünne, so wird er ein Bein genannt. Daher sagt man wohl ein Bankbein, ein Schämelbein u. s. f. aber nicht ein Bankfuß, ein Schämelfuß. 2. Ein jeder Knochen. Es ist nichts als Haut und Bein an ihm. Die Beine aus dem Fleische nehmen. Es gehet, oder dringet mir durch Mark und Bein, es rühret mich auf das empfindlichste. Der Arzt, dem dieses Wort durch Mark und Beine bringt. Canitz. Stein und Bein schwören, in niedrigen Ausdrücken, heftig schwören. Und meine Beine schwinden, Opitz. Das ungenannte Bein, in der Zergliederungskunst, das Hüftbein. Das heilige Bein, S. Heilig. Besonders wird Bein häufig materialiter gebraucht, wenn nur die Materie angedeutet werden soll, in welchem Falle Knochen nicht so üblich ist. In Bein arbeiten.

Anm. Dieses Wort lautet im Oberdeutschen Pain, um Nürnberg Baan, im Salzburgischen Bui, in Niedersachsen, im Dänischen und Holländ. Been, im Angels. Ban, im Engl. Bone, im Schwed. Ben, im Isländ. Bein. Die Ähnlichkeit des Klanges mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich gehe, hat gemacht, daß man gemeiniglich die Bedeutung des Fußes für die erste und eigentliche hält; obgleich die zweyte Bedeutung eben so vielen Anspruch darauf machen kann. Wenigstens wird Bein in den ältesten Mundarten so oft von einem Knochen, als von einem Fuße gebraucht. Der Plural, die Beiner, ist nur in den gemeinen Mundarten üblich.


Beinarbeiter (W3) [Adelung]


Der Beinarbeiter, des -s, plur. ut nom sing. ein Drechsler oder Bildhauer, der künstliche Arbeiten aus Bein oder Knochen verfertiget. S. Beindrechsler.


Beinasche (W3) [Adelung]


Die Beinasche, plur. inus. Asche von verbrannten Schafbeinen, welche besonders in den Schmelzhütten zu den Treibeherden und Testen gebraucht, und in den Tyrolischen Bergwerken Beinmehl genannt wird.


Beinbohrer (W3) [Adelung]


Der Beinbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) S. Bankbohrer. 2) Ein Bohrer, in Bein oder Knochen damit zu bohren.


Beinbrecher (W3) [Adelung]


Der Beinbrecher, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Art großer Landadler, welche die Beine der Thiere, auf welche sie stoßen, zu zerbrechen pflegen; der große Hasenadler, Gänseadler. 2) Eine Art Adler mit hellgelben Füßen, schwarzen durchsichtigen Klauen, und aschgrauen, erd- und eisenfarbenen Federn, welche auf Vögel, am häufigsten aber auf Fische stoßen.; Meeradler, Fischaar, Fischadler, Aquila ossifraga, L. Wenn nicht beyde Arten einerley sind.


Beinbrechgras (W3) [Adelung]


Das Beinbrechgras, des -es, plur. inus. S. Beingras.


Beinbruch (W3) [Adelung]


Der Beinbruch, des -es, plur. die -brüche. 1) Der Bruch eines Beines, besonders in dem Fuße. 2) Eine Steinart, welche aus Kalkstein, seinem Sande und verfaulten Pflanzentheilen bestehet, sich um die Wurzeln der faulen Stöcke abgehauener Bäume anleget, und daher einiger Maßen einem Knochen Ähnlich siehet. Diese Ähnlichkeit ist aber auch die einzige Ursache, warum der große Haufe dieser Steinart eine besondere Kraft in Heilung aller Beinbrüche bey Menschen und Vieh zuschreibet; Beinwell, Beinheil, Bruchstein, Knochenstein, Olteocolla. S. Beinwell.


Beinbrüchig (W3) [Adelung]


Beinbrüchig, adj. et adv. was einen Beinbruch hat, oder das Bein gebrochen hat. Beinbrüchiges Vieh, bey den Fleischern, welches nicht zum Schlachten tauget.


Beindrechsler (W3) [Adelung]


Der Beindrechsler, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Kunstdrechsler, welche allerley seine Sachen aus Bein, Horn, Silber, Stahl u. s. f. verfertigen.


Beindürre (W3) [Adelung]


Beindürre, adj. et adv. im gemeinen Leben, sehr dürre, so trocken, wie ein Knochen.


Beinern (W3) [Adelung]


Beinern, adj. et adv. aus Bein oder Knochen verfertiget. Ein beinerner Kamm. Eine beinerne Schachtel. Die Schale ist beinern. S. -Ern. Im Oberdeutschen beinen.


Beinfäulniß (W3) [Adelung]


Die Beinfäulniß, Beinfäule, plur. inus. S. Beinfraß.


Beinfolter (W3) [Adelung]


Die Beinfolter, plur. die -n, ein Werkzeug der Tortur, wodurch ein heftiger Schmerz in den Schienbeinen erreget wird, und die Anlegung dieses Werkzeuges, aber ohne Plural. Das Werkzeug selbst wird auch die Beinschrauben, die Beinstöcke, die Beinstiefeln, und Spanische Stiefeln, in Holland und Friesland aber Scheen-Iser, d. i. Schieneisen, genannt. In Sachsen wurde es bey dem zweyten Grade der Tortur gebraucht und die peinliche Frage ziemlicher Maßen genannt.


Beinfraß (W3) [Adelung]


Der Beinfraß, des -es, plur. inus. 1) Eine Krankheit der Beine und Knochen in dem thierischen Körper, da selbige nach und nach ausgezehret werden und faulen; die Beinfäule, Beinfäulniß, Caries. Ingleichen, ein jeder Fall, da die Knochen von Geschwüren angefressen werden, und der beschädigte Theil eines solchen Knochens selbst. 2) Ein Nahme des Beingrases. S. dieses Wort.


Beingeripp (W3) [Adelung]


Das Beingeripp, des -es, plur. die -e, ein neues Wort, das Lateinische Skelet auszudrucken, wofür andere lieber Beingerüst sagen. In dem erstern ist das Wort Bein überflüssig, weil Geripp diesen Begriff schon bey sich hat. S. Skelet.


Beingewächs (W3) [Adelung]


Das Beingewächs, des -es, plur. die -e, die Auswachsung der Substanz des Knochens in eine Geschwulst; bey den Ärzten.


Beingras (W3) [Adelung]


Das Beingras, des -es, plur. inus. eine Grasart, welche schwertförmige Blätter und mollige Staubfäden hat; Anthericum Ossifragum, L. Es wächset in den mitternächtigen Theilen Deutschlandes und Europens, und soll dem Hornviehe die Knochen so erweichen, daß es nicht mehr stehen kann, welches aber nach Linnes Versicherung eine Fabel ist. Es wird daher auch Beinbrechgras, Beinfraß, Knochenbrecher, in Niedersachsen Beengras, in Norwegen Sturegras, und in Dänemark Beenbrud genannt.


Beinharnisch (W3) [Adelung]


Der Beinharnisch, des -es, plur. die -e, ein eiserner Harnisch, mit welchem man ehedem die Beine im Kriege verwahrete, 1 Sam. 17, 6. Beinschiene, Beinrüstung, und in noch ältern Zeiten Beinberge, von dem alten bergen, verwahren.


Beinhart (W3) [Adelung]


Beinhart, adj. et adv. so hart wie Bein oder Knochen, sehr hart.


Beinhaus (W3) [Adelung]


Das Beinhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus auf den Kirchhöfen, in welchem die ausgegrabenen Gebeine verwahret werden; in der Oberdeutschen Mundart ehedem Gernerhaus, Gärnerhaus, Gärner.


Beinhaut (W3) [Adelung]


Die Beinhaut, plur. die -häute, Diminutivum das Beinhäutlein, eine zarte, sehr empfindliche Haut, welche die Knochen sehr genau umgibt, und viele Blutgefäße enthält; Periostium, die Knochenhaut.


Beinheil (W3) [Adelung]


Das Beinheil, des -es, plur. inus. S. Beinbruch.


Beinholz (W3) [Adelung]


Das Beinholz, des -es, plur. inus. ein Nahme, welcher im gemeinen Leben einem dreyfachen Staudengewächse, vornehmlich wegen der Härte seines Holzes gegeben wird. 1) Der Rainweide; Ligustrum vulgare, L. welche auch Hartriegel, Mundholz, Rehlholz, Grießholz u. s. f. genannt wird. Der Nahme Beinhülsen, welchen diese Staude in einigen Mundarten führet, ist vermuthlich aus Beinholz vererbt. S. Rainweide. 2) Der Heckenkirsche oder Zaunkirsche; Lonicera Xylosteum, L. welche auch Ahlkirsche, Zweckholz, Röhrholz, Schießbeer u. s. f. genannt wird. S. Heckenkirsche. 3) Dem Heckenbaum, oder dem eigentlich so genannten Hartriegel; Cornus sanguinea, L. S. Hartriegel.


Beinhülsen (W3) [Adelung]


Die Beinhülsen, S. Beinholz.


Beinicht (W3) [Adelung]


Beinicht, adj. et adv. Beinen oder Knochen ähnlich, vornehmlich in der Härte.


Beinig (W3) [Adelung]


Beinig, adj. et adv. Beine habend, und zwar, 1) Knochen habend. Beiniges Fleisch, welches mit vielen Knochen versehen ist. 2) Füße habend. In dieser Bedeutung ist es nur in den Zusammensetzungen zweybeinig, dreybeinig, vierbeinig u. s. f. kurzbeinig, langbeinig, krummbeinig u. s. f. üblich. In Niedersachsen bedeutet beenig einen der zu Beine ist, oder herum gehen kann, besonders von einem, der bettlägerig gewesen ist.


Beinkleider (W3) [Adelung]


Die Beinkleider, singul. inus. in anständigen Ausdrücken die Bekleidung der Hüften und Dickbeine. Es ist dieses ein neues Wort, welches man eingeführet hat, seitdem die Benennung der Hosen für niedrig und unanständig gehalten worden. Luther gebraucht 3 Mos. 6, 10. dafür Niederwand. Beingewand kommt zwar schon im Königshofen vor; allein es bedeutet daselbst Strümpfe, die Bekleidung der untern Beine. Leinene Unterhosen werden in Österreich und Steiermark Gaten, von dem Ungarischen Worte Gatya, genannt, welches eben das bedeutet. Die Benennung Bruch, Brüche, im Nieders. Brock, ist in Oberdeutschland und Niedersachsen nur noch unter dem gemeinen Volke üblich, und bedeutet eigentlich sehr weite Hosen, so wie das Nieders. Boxe und Büchse nur von engen Hosen gebraucht wird. S. Bruch und Hose.


Beinkrebs (W3) [Adelung]


Der Beinkrebs, des -es, plur. inus. der Krebs in den Beinen oder Knochen, der Knochenkrebs.


Beinlade (W3) [Adelung]


Die Beinlade, plur. die -n, ein hölzernes Werkzeug der Wundärzte, zerbrochene Beine darin gerade zu heilen.


Beinleder (W3) [Adelung]


Das Beinleder, des -s, plur. ut nom. sing. an den Courier-Stiefeln eigentlich ein zweyter Schaft von starken gebrannten Leder, welcher über den rechten gezogen wird, und von dem Sporne bis unter das Knie gehet, das Bein bey einem Sturze vor dem Zerbrechen zu sichern.


Beinling (W3) [Adelung]


Der Beinling, des -es, plur. die -e, bey den Lederarbeitern, diejenigen Theile einer Haut, welche bey den Thieren unmittelbar über den Beinen gesessen haben, und stärker sind, als das übrige Leder. Ingleichen der obere Theil eines Strumpfes bis an den untern Fuß.


Beinlos (W3) [Adelung]


Beinlos, adj. et adv. keine Beine oder Knochen habend. Beinloses Fleisch.


Beinmark (W3) [Adelung]


Das Beinmark, des -es, plur. inus. das Mark in den Knochen, zum Unterschiede des Markes in den Bäumen.


Beinmehl (W3) [Adelung]


Das Beinmehl, des -es, plur. inus. S. Beinasche.


Beinöhl (W3) [Adelung]


Das Beinöhl, des -es, plur. inus. Öhl, welches aus den Knochen von Menschen oder Thieren destilliret wird.


Beinrüstung (W3) [Adelung]


Die Beinrüstung, plur. die -en, S. Beinharnisch.


Beinsame (W3) [Adelung]


Der Beinsame, des -ns, plur. inus. ein Nahme, welchen die neuern Kräuterkundigen einer Afrikanischen Pflanze gegeben haben; Osteospermum, L. Sie hat den Nahmen von ihrem beinichten oder beinartigen Samen, der in der Beere enthalten ist.


Beinschelle (W3) [Adelung]


Die Beinschelle, plur. die -n, eine figürliche Benennung der Fesseln den Füßen, welche sie von dem Schalle, den sie machen, erhalten haben. Einem Beinschellen anlegen.


Beinschiene (W3) [Adelung]


Die Beinschiene, plur. die -n. 1) Bey den Wundärzten, dünne Hölzer, gebrochene Beine damit zu schienen. 2) Eine ehemahlige Rüstung der Beine, S. Beinharnisch.


Beinschraube (W3) [Adelung]


Die Beinschraube, S. Beinfolter.


Beinschrötig (W3) [Adelung]


Beinschrötig, adj. et adv. welches nur noch in den Rechten üblich ist, was die Beine, d. i. Knochen verletzet. Eine beinschrötige Wunde. S. Schroten.


Beinschwarz (W3) [Adelung]


Das Beinschwarz, indeclin. plur. inus. bey den Mahlern, eine schwarze Farbe, welche aus gebrannten Ochsenbeinen oder Elfenbein bestehet, und diese gebrannten Beine selbst; Knochenschwarz. Von der Declination S. Beergelb.


Beinspath (W3) [Adelung]


Der Beinspath, des -es, plur. inus. bey den Pferden, eine Art des Spathes, welcher an dem Innern des Schenkels lieget, im Gegensatze des Ochsenspathes, der seinen Sitz hinten an dem Knie hat. S. Spath.


Beinstiefel (W3) [Adelung]


Der Beinstiefel, des -s, plur. die -n. 1) Eine Art der Folter; am häufigsten im Plural. S. Beinfolter. 2) Bey den Schultern, Stiefeln mit kurzen Schäften, dergleichen die Husarenstiefeln sind.


Beinstöcke (W3) [Adelung]


Die Beinstöcke, S. Beinfolter.


Beinwell (W3) [Adelung]


Das Beinwell, des -es, plur. inus. 1) Ein Nahme der Osteocolla, oder des so genannten Beinbruches. S. dieses Wort. 2) Ein Nahme der Wallwurz oder so genannten Schwarzwurz, Symphytum officinale, L. welche ein gutes Wundkraut ist, und vornehmlich in Beinbrüchen gelobet wird. S. Schwarzwurz. Die letzte Sylbe in beyden Nahmen ist vermuthlich das Wort wohl, welches in den ältesten Mundarten auch wall und well lautet. Pater eius nobilium nobilissimus Walo est dictus, qui lingua Austrasiorum est bonus, heißt es in einer alten Schrift von dem heil. Aderaldus, bey dem du Fresne v. Walo. Beinwell bedeutet also in beyden Fällen so viel als Beinheil, das ist, ein Product, welches in den Beinschäden heilsam ist, welches auch mit der gemeinen Meinung von beyden überein kommt. S. Wohl. In Böhmischen wird die Osteocolla gleichfalls Kostjwal genannt, von Kost, ein Knochen.


Beiße (W3) [Adelung]


* Die Beiße, plur. die -n, ein nur in einigen gemeinen Mundarten übliches Wort. 1) Für Beiße, in dessen sämmtlichen Bedeu- tungen, S. dieses Wort. 2) Die Krätze auszudrucken. S. Krätze. 3) Einige Oberdeutsche, welchen der Nahme der Beete zu Niedersächsisch klinget, verwaltet solches in Beiße, oder Beißkohl. S. Beete.


Beißel (W3) [Adelung]


* Der Beißel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Stämmeisen, S. Beißer und 4 Beutel.


Beißelbeere (W3) [Adelung]


Die Beißelbeere, plur. die -n, S. Berberis.


Beißen (W3) [Adelung]


Beißen, verb. irreg. neutr. et act. Imperf. ich biß, Supin. gebissen; mit den Zähnen drücken oder verwunden. Im ersten Falle wird es als ein Neutrum mit haben und mit dem Vorworte auf, in dem letztern aber, oder als ein Activum, mit dem Accusativ verbunden.1. Eigentlich, von Menschen und Thieren. Der Hund biß ihn in den Fuß. Einen in den Backen beißen. Sich auf die Zunge oder auf die Lippen beißen, das Lachen zu unterdrücken. Auf einen Stein, einen Knochen beißen. Nach jemanden beißen, ihn beißen wollen. Um sich beißen. Die Zähne zusammen beißen, aus einer heftigen unangenehmen Empfindung auf einander drücken. In einen sauern Apfel beißen müssen, figürlich, sich zu einer unangenehmen Sache entschließen müssen. Bey den Jägern, welche dieses Wort nicht gerne gebrauchen, ist statt dessen fangen üblich. S. dieses Wort. Im gemeinen Leben wird dieses Wort aus Unwissenheit von einigen Thieren gebraucht, die eigentlich nur durch Stechen verwunden; z. B. die Flöhe beißen ihn. In das Gras beißen. S. in der Anm.2. Figürlich. 1) Zerbeißen. Ich kann es nicht beißen. 2) Essen, nur in dem niedrigen Ausdrucke, nichts zu beißen noch zu brechen haben, Mangel an der höchsten Nothdurst leiden. 3) Eine scharfe, zusammen ziehende körperliche Empfindung verursachen. Der Pfeffer beißt auf der Zunge. Der Rauch beißet in die Augen. Der Essig beißt, ist sehr scharf. Ingleichen von einer stechenden oder juckenden Empfindung. Es juckt und beißt mich auf der Haut. S. Beitzen. 4) Durch Spötterey eine unangenehme Empfindung des Gemüthes erregen, in welcher Bedeutung vornehmlich das Participium üblich ist. Ein beißender Scherz. Beißende Lieder, Spöttereyen u. s. f. 5) Qual, Angst, Unruhe verursachen, besonders von dem Gewissen. Mein Gewissen beißt mich nicht, macht mir keine Vorwürfe. S. Gewissensbiß. 6) Sich beißen, im gemeinen Leben, sich zanken.

Anm. Beißen lautet bey dem Ottfried bizen, bey dem Notker pizzen und peizen, und bedeutete ehedem so wohl mordere, als auch essen, ja überhaupt, mit einem jeden scharfen oder spitzigen Werkzeuge verletzen. Mit bizenden suerton, mit scharfen Schwertern, Ottfr. B. 1, Kap. 19. Der Zischlaut in der Mitte ist der Oberdeutschen Mundart eigen. Alle übrigen haben statt dessen ein t. Nieders. biten, Holländ. byten, Dän. bide, Angels. bitan, Engl. to bite, Schwed. und Isländ. bita, in Bretagne bwytta. Vielleicht gehören auch das Griech, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, in kleinen Bissen essen, und das Hebr. pathath, mit den Zähnen zermalmen, hierher. Die im gemeinen Leben übliche Redensart, ins Gras beißen müssen, umkommen, sein Leben verlieren, welche vornehmlich von Soldaten gebraucht wird, welche in einem Treffen umkommen, gehöret vermutlich nicht hierher, sondern zu dem veralteten Zeitworte baißen, herab lassen, herab steigen, ingleichen fallen, von welchem in dem Lateine der mittlern Zeiten bassus für niedrig sehr üblich war, wovon noch das Franz. bas abstammet. In Strykers Gedichte auf Carls des Großen Spanischen Feldzug kommt erpaissen für fallen, umkommen, mehrmahls vor. Z. B. Er mues vnsamft erpaissen, Sect. 23. An einem andern Orte: Vnz si erpaisten darnider, ingleichen Er erpaist gahes darnider.In Heinr. von Osterdingen Heldenbuch bedeutet beyßen, ingleichen in das Gras beyßen, vom Pferde steigen. Z. B. Er beyßte von dem Rosse Hinnieder auf das Landt, Bl. 118.Da beyßt Wolf Dieteriche Wohl nieder in das Gras, Bl. 144. S. auch Beitzen, ingleichen Böschung.


Beißer (W3) [Adelung]


Der Beißer, des -s, plur. ut nom. sing. einer der da beißet; aber nur in den Zusammensetzungen, Kernbeißer, Nußbeißer, Bärenbeißer, Bullenbeißer, Steinbeißer u. s. f. Allein in Oberdeutschland wird Beißer und Beißerinn auch figürlich für einen Zänker und Zänkerinn, Beißer, Beißerchen und Beißerlein, im gemeinen Leben von den Zähnen der kleinen Kinder, und Beißel von einem eisernen Keile gebraucht. S. auch Beißker.


Beißig (W3) [Adelung]


Beißig, -er, -ste, adj. et adv. der gerne beißt. Ein beißiger Hund. Der Hund ist beißig. Ingleichen figürlich im gemeinen Leben für zärtlich. Ein beißiger Mensch. Die Leute, welche sich auf Streitgespräche legen, Sind beißig, unverschämt, verwaschen, voller Pracht, Opitz.

Anm. In den gemeinen Mundarten lautet dieses Wort oft bissig, Nieders. betsk, Dän. bidsk.


Beißker (W3) [Adelung]


Der Beißker, des -s, plur. ut nom. sing. der Obersächsische und Märkische Nahme eines kleinen, ländlichen und runden eßbaren Fisches, der den Neunaugen und Lampreten nicht unähnlich ist; Cobitis fossilis, L. an einigen Orten Peißker, Peitschker, Peitsche, Pisgurre. S. Schlammbeißer und Steinbeißer, welches die beyden Arten desselben sind. Der Nahme bedeutet so viel als Beißer, weil er sich theils in den Schlamm hinein wühlet, theils mit den Zähnen an die Steine anhänget. Im Böhmischen heißt er Piskor, vermuthlich nach dem Deutschen Nahmen. S. auch Gründling.


Beißkohl (W3) [Adelung]


Der Beißkohl, des -es, plur. inusit. S. Beete.


Beißkorb (W3) [Adelung]


Der Beißkorb, des -es, plur. die -körbe, ein Geschirr von Leber oder Blech, welches man beißigen Thieren vor das Maul thut, ihnen das Beißen zu verwehren; ein Maulkorb.


Beißrübe (W3) [Adelung]


Die Beißrübe, plur. die -n, ein Nahme, der in einigen Oberdeutschen Gegenden den rothen Rüben oder der Beete gegeben wird. S. Beete.


Beißzahn (W3) [Adelung]


Der Beißzahn, des -es, plur. die -zähne, bey Menschen und Thieren, die vordern scharfen Zähne zum Beißen und Schneiden; Schneidezähne.


Beißzange (W3) [Adelung]


Die Beißzange, plur. die -n, eine Zange, welche so wohl im gemeinen Leben, als bey verschiedenen Handwerkern gebraucht wird, vorn scharf ist, um so wohl etwas damit abzukneipen, als auch das Angefaßte desto fester zu halten; die Kneipzange.


Beiten (W3) [Adelung]


* Beiten, ein im Hochdeutschen völlig veraltetes Wort, welches ehedem in allen Deutschen Mundarten üblich war, und warten bedeutete. Ich seiner Kunft mit verdrieß biet, Theuerd. Kap. 87. Sagt im sein Herr peyttet sein, ebend. Kap. 23. Mit marter er der Zeit erpit, ebend. Kap. 54. Der tewrlich Man der her kein pit, ebend. Kap. 92. In Oberdeutschland, besonders in Baiern, ist so wohl dieses Zeitwort, als auch das Hauptwort die Beite, oder Biete noch gebräuchlich; z. B. wenn es so lange Zeit hat, wenn man so lange damit warten kann, wenn es so lange Zeit hat, und im Anhältischen heißt die Bäckerstube, worin die Backgäste warten, die Beite. Beidan kommt in dieser Bedeutung schon bey dem Ulphilas vor, bey dem Isidor heißt es büdan, bey dem Notker biten, im Angelsächs. bidan, abidan, Engl. to bide, abide, im Schwed. bida, im Dän. bie. In Niedersachsen wird beyden, und im Holländ. beyden zuweilen noch in eben dieser Bedeutung gebraucht. Vermuthlich haben die Italiäner ihr badare, bleiben, daher. S. Wachters Glossar, und Frischens Wörterbuch.


Beitzbrühe (W3) [Adelung]


Die Beitzbrühe, plur. die -n, bey verschiedenen Handwerkern, z. B. den Gärbern, der flüssige Körper, worin etwas gebeitzet wird, oder gebeitzet worden.


Beitze (W3) [Adelung]


Die Beitze, plur. die -n, von dem folgenden Verbo beitzen.1. Die Handlung des Beitzens, ohne Plural, und zwar, 1) die Jagd mit abgerichteten Raubvögeln. Auf die Beitze gehen. Die Falkenbeitze, die Jagd mit Falken. Die Äntenbeitze. Die Reiherbeitze, die Jagd der Reiher mit Falken u. s. f. 2) Das Beitzen eines Körpers durch einen andern, entweder flüssigen oder trocknen. Die Beitze vornehmen.2. Dasjenige womit gebeitzet wird, eine jede saure, salzige oder fressende Materie, welche die Oberfläche anderer Körper zernaget. Besonders, 1) ein solcher flüssiger Körper. So ist bey den Gärbern und Kürschner die Beitze eine Brühe aus Salz, Kalk und Wasser, worin die Felle gebeitzet werden. In den Blechhämmern ist die Beitze ein Essig, der aus Korn zubereitet wird, und womit man die Oberfläche der Bleche vor dem Verzinnen bestreichet. In den Hüttenwerken, wo man dieses Wort gemeiniglich Beiß anspricht, ist es eine Lauge, womit den Erzen die Wildigkeit und die raubenden Geister benommen werden. Andere Arbeiter haben Beitzen anderer Art. 2) Bey den Jägern werden die Salzlecken, womit die wilden Tauben angelocket werden, die sonst auch Sulzen heißen, gleichfalls Beitzen genannt, entweder von dem Engl. bait und Angels. batan, anködern, anlocken, S. Beitzen,

Anm. oder auch, weil man das Salz wegen seiner Schärfe nur überhaupt die Beitze genannt. Denn, 3) in den Salzwerken nennt man auch dasjenige Salz Beitze, welches von der auf den heißen Herd gegossenen Sohle, wenn das Wasser davon abgedämpfet ist, zurück bleibt, und welches hernach zur Verstärkung schwacher Sohle gebraucht wird.

Anm. In verschiedenen, besonders Oberdeutschen Mundarten wird dieses Wort auch Beiße oder Baiße geschrieben und gesprochen.


Beitzeisen (W3) [Adelung]


Das Beitzeisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleiner Meißel bey den Bildhauern, vornehmlich die Falten zu ebenen. Beitzen bedeutet in dieser Zusammenfassung so viel als beißen.


Beitzen (W3) [Adelung]


Beitzen, verb. reg. welches auf eine dreyfache Art üblich ist.I. * Als ein Activum, für beißen, auf welche Art dieses Wort doch ehedem gebräuchlicher war, als jetzt. S. Beißen, wo aus dem Ottfried und Notker angeführet worden, daß peizen, pizzen und bizen ehedem für beißen gebraucht worden. Pictorius sagt Bitz für Biß, und noch Günther singet: Wir merken auch ein Salz, daß in die Augen beitzet. II. Als ein Factitivum von beißen, daß machen, und zwar,1. Eigentlich von Thieren, da dieses Wort so viel als hetzen, mit Thieren jagen, bedeutet, im Deutschen aber nur von dem Hetzen mit Raubvögeln gebraucht wird, und zwar so, daß sich das Zeitwort, 1) auf dasjenige Thier beziehet, mit welchem gejaget wird. Einen Falken auf einen Hasen beitzen. Es werden oft zwey Falken auf Einen Reiher gebeitzet. Daher die Falkenbeitze. Frisch erkläret diesen Gebrauch für unrichtig, allein er hat nicht gedacht, daß das alte beitzen, Angels. betan, Isländ. beita, Schwed. beta, überhaupt hetzen, anreitzen bedeutete, und nicht allein von Stoßvögeln, sondern auch von Hunden gebraucht wurde, und im Schwedischen noch gebraucht wird. 2) Auf dasjenige, welches gejaget oder gehetzet wird. Hasen, Rebhühner beitzen. Einen Reiher mit Falken beitzen. Daher auchdie Zusammensetzungen, die Reiherbeitze, die Äntenbeitze, die Hasenbeitze u. s. f.2. Figürlich von einer jeden scharfen Materie, welche einige Theile eines andern Körpers auflöset, und ihn dadurch zu einem gewissen Gebrauche geschickt macht. In dieser Bedeutung ist es in vielen Lebensarten und Beschäftigungen sehr gebräuchlich, wird aber nur in Beziehung auf diejenige Sache gebraucht, die dadurch zubereitet wird. So beitzen die Köche das Fleisch, wenn sie es eine Zeit lang in Essig liegen lassen, damit es mürbe werde. Die Gärber beitzen die Häute, die Hammerschmiede das Eisen, welches verzinnet werden soll, die Schreiner das Holz u. s. f. Auch in dieser Bedeutung ist beitzen schon sehr alt, denn Beisto, welches bey dem Ulphilas Sauerteig bedeutet, gehöret vermuthlich hierher. Das Schwedische Beta bedeutet gleichfalls fermento macerare.III. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, gebeitzet werden, d. i. von einer scharfen Materie durchfressen werden. Das Fleisch in Essig beitzen lassen. Lasse diese Wurzel darin beyssen, heißt es in dem 1490 gedruckten Garten der Gesundheit.

Anm. Aus dem obigen erhellet, daß beitzen in allen seinen Bedeutungen von beißen herkomme, nicht aber, so fern es von der Jagd gebraucht wird, von baißen oder beißen, niederlassen, herab steigen, indem es sich alsdann wohl auf die Jagd mit Stoßvögeln, nicht aber mit Hunden schicken würde, von welcher es doch ehedem, wenigstens in den verwandten Mundarten, auch gebraucht worden. Der orthographische Unterschied, beitzen, wenn es von der Jagd gebraucht wird, zum Unterschiede von dem andern mit ai zu schreiben, hat daher auch nicht einmahl den Schein einiges Grundes vor sich. Das ai ist ein Oberdeutscher Doppellaut, der noch dazu mehr der neuern als der ältern Oberdeutschen Mundart eigen, und den Hochdeutschen Sprachwerkzeugen fremd ist. Notker und die Schwäb. Dichter brauchen dieses Zeitwort einige Mahl von der Vögeljagd, schreiben es aber alle Mahl beitzen oder beissen. Selbst in beißen, demittere, ist das a nicht wesentlich, sondern gehöret bloß der Mundart zu, obgleich die Franzosen es in bas und baisser beybehalten haben. S. auch Ätzen.


Beitzhund (W3) [Adelung]


Der Beitzhund, des -es, plur. die -e, eine Art kleiner Spürhunde, welche den Hühnerhunden gleichen, und vornehmlich bey der Hasenbeitze gebraucht werden.


Beitzkraft (W3) [Adelung]


Die Beitzkraft, plur. die -kräfte, die beitzende, oder scharfe, fressende Kraft gewisser Körper, ihr Bestreben andere Körper aufzulösen; vis caustica.


Beitzkufe (W3) [Adelung]


Die Beitzkufe, plur. die -n, bey den Gärbern und Kürschnern, eine Kufe, worin die Häute und Felle gebeitzet werden.


Beitzvogel (W3) [Adelung]


Der Beitzvogel, des -s, plur. die -vögel, diejenigen Raubvögel, welche zum Beitzen, oder zum Fangen anderer Vögel gebraucht werden, wie Falken, Sperber und Habichte.


Beitzwasser (W3) [Adelung]


Das Beitzwasser, des -s, plur. inusit. ein jedes Wasser zum Beitzen, besonders bey den Gärbern und Kürschnern, die Beitzbrühe, w. f.


Bekalken (W3) [Adelung]


Bekalken, verb. reg. act. mit Kalk bewerfen, oder überziehen. Bekalkte Wände.


Bekalmen (W3) [Adelung]


* Bekalmen, verb. reg. neutr. mit seyn, welches nur in der Seefahrt üblich ist, von einer Windstille überfallen werden, folglich stille legen müssen. Das Schiff bekalmet, ist bekalmt. S. Kalmen.


Bekämpfen (W3) [Adelung]


Bekämpfen, verb. reg. act. wider eine Person oder Sache kämpfen, größten Theils nur in figürlicher Bedeutung. Seine Leidenschaften bekämpfen. Seine Feinde bekämpfen. Mangel läßt sich ordentlich nicht anders bekämpfen, als durch Arbeit. Dusch. Daher die Bekämpfung.


Bekannt (W3) [Adelung]


Bekannt, -er, -este, adj. et adv. welches eigentlich das Participium der vergangenen Zeit des Verbi bekennen ist, so fern dasselbe ehedem so viel als kennen, wissen, bedeutete. 1) Was man kennet, oder was viele Leute kennen, so wohl in guter als böser Bedeutung. Ein bekannter Mensch, den alle oder doch viele Leute kennen. Ein bekannter Dieb. Er ist fast niemahls bekannt geworden. Er macht sich durch Tugend, Verdienste u. s. f. bekannt. Trau nicht, sie sind bekannt durch niederträcht'ge Thaten, Weiße. Mit einem bekannt seyn. Es ist einer meiner Bekannter. Eine Bekannte, eine weibliche Person, welche man kennet, nicht Bekanntinn. Ich habe hier niemand Bekanntes, im gemeinen Leben, ich kenne hier niemanden. Einen mit jemanden bekannt machen. 2) Vertraut, vertraulich, im gemeinen Leben. Er thut sehr bekannt mit mir. Und thun nach Ritter-Art beym ersten Blick bekannt, Wiel. 3) Was man weiß, was viele wissen. Alle Dinge sind Gott bekannt. Es ist aller Welt bekannt. Das ist eine längst bekannte Sache. Sich eine Sprache, eine Wissenschaft bekannt machen, oder, sich mit derselben bekannt machen, sich von derselben Kenntniß erwerben. Einem etwas bekannt machen, es zu seiner Wissenschaft oder Kenntniß bringen. Etwas für bekannt annehmen, sich dasselbe nicht befremden lassen.

Anm. Ehedem wurde auch das einfache kandt in eben dieser Bedeutung gebraucht. - Denn würd er euch kandt, Theuerd. Kap. 107. Bekanntlich, für, wie bekannt ist, in der dritten Bedeutung, ist aus dem Oberdeutschen auch in die Hochdeutschen Kanzelleyen eingedrungen.


Bekanntschaft (W3) [Adelung]


Die Bekanntschaft, plur. die -en. 1) Das Kennen einer Person oder Sache. Bekanntschaft mit jemanden machen, ihn kennen lernen. Ich bin mit ihm auf Reisen in Bekanntschaft gerathen. Unsere Bekanntschaft ist schon sehr alt. Haben sie hier schon einige Bekanntschaft gemacht? Weiße. Die größere Bekanntschaft mit den Gegenstände, erzeuget eine größere Kenntniß derselben. 2) Personen, die man kennet. Große Bekanntschaft haben, viele Personen kennen. Er ist von meiner Bekanntschaft, einer meiner Bekannten. In beyden Bedeutungen gebrauchen die Niedersachsen dafür das Wort Kennis.


Bekappen (W3) [Adelung]


Bekappen, verb. reg. act. 1) Von kappen, koppen, die Gipfel der Bäume abhauen. Die Weidenbäume bekappen. S. Kappen. 2) Von Kappe, cucullus, mit einer Kappe versehen. Daher die Bekappung.


Bekehren (W3) [Adelung]


Bekehren, verb. reg. act. umkehren machen, doch nur in der figürlichen und besonders theologischen Bedeutung, eines Neigungen von dem Sinnlichen und Bösen auf das wahre Gute richten. Einen bekehren. Er hat viele Seelen zu Gott bekehret. Sich bekehren. In weiterer Bedeutung auch zur äußern Annehmung der wahren Religion bewegen. Die Heiden, Juden u. s. f. bekehren. * Ich wußte nicht, wie ich bekehrt war, in den niedrigen Sprecharten, ich wußte nicht, woran ich war, konnte mich in die Sache nicht finden, den Zusammenhang derselben nicht einsehen. Daher der Bekehrer, des -s, plur. ut nom. sing. welches am häufigsten in den Zusammensetzungen Heidenbekehrer, Judenbekehrer, Türkenbekehrer vorkommt. Barbaren, die der Himmel oft zu Bekehrern der Gottlosen macht, Dusch. Ingleichen die Bekehrung, plur. inus. die Richtung der Neigungen auf das wahre Gute, wie auch die äußere Annehmung der wahrenReligion. Die Bekehrsucht, plur. car. die ungeordnete Neigung andere zu bekehren. * Bekehrlich, adj. et adv. welches nur in einigen gemeinen Sprecharten für bequem üblich ist. Es ist eine gar bekehrliche Witterung, bey welcher man etwas bequem und ohne Hinderniß verrichten kann.

Anm. In der heutigen besonders theologischen Bedeutung kommt sih bikeren, und picheren sih, als eine buchstäbliche Übersetzung des Latein. convertere se, und das Hauptwort Becherida, schon bey dem Ottfried und Notker vor. Ehedem bedeutete dieses Zeitwort auch, 1) umkehren, und umkehren machen. Mine sienda uuerden becheret zeruke, zurück getrieben, Notk. Pf. 55, 11. Gott möchte sich bekehren, Jon. 3, 9 nach Luthers Übersetzung. 2) Kehren, in welcher Bedeutung Ottfried dieses Wort noch gebraucht; ingleichen abwenden, wegwenden. Das ich das herze von ir niemer bekere, Graf Rudolph von Niuwenburg. 3) Umstoßen, aufheben, welche Bedeutung sich schon in dem Gesetze der Könige Ludwig und Lothars vom Jahre 84 findet. 4) Einen zugefügten Schaden ersetzen, da denn Bekehrung für Ersatz noch in Goldast Reichsspiegel angetroffen wird. 5) Becherten Lüte, wird in dem Augsburg. Stadtrechte von 1276 und anderwärts von einem gewissen Orden gebraucht, dessen Glieder sonst auch Reuer und Reuerinnen genannt werden. Bekehrniß für Bekehrung kommt noch zuweilen im Oberdeutschen vor.


Bekeilen (W3) [Adelung]


Bekeilen, verb. reg. act. mit Keilen befestigen.


Bekennen (W3) [Adelung]


Bekennen, verb. reg. act. S. Kennen. 1) Bekannt machen, in welcher Bedeutung dieses Wort nur im biblischen und theologischen Verstande üblich ist. Gottes Nahmen bekennen. Christum bekennen. 2) Gestehen, besonders von Vergehungen und Verbrechen. Seine Sünden bekennen. Er hat den Diebstahl bereits bekannt. Der Verbrecher will noch nicht bekennen. Auf jemanden bekennen, ihn als den Urheber oder Mitschuldigen eines Verbrechers angeben. In weiterer Bedeutung auch im gleichgültigen oder guten Verstande. Auch ihre Feinde bekennen ihre Unschuld. Sich zu einer That bekennen, gestehen, daß man sie begangen habe. Er will sich nicht zu dem Kinde bekennen, nicht gestehen, daß er dessen Vater sey. 3) Sich zu einer Sache bekennen, seine Verbindung mit derselben nicht läugnen, ingleichen überhaupt, derselben zugethan seyn. Er bekennet sich zur evangelischen Religion, ist derselben zugethan. Sich zu einer Kunst bekennen, dieselbe üben. 4) Farbe bekennen, im Kartenspiele, Blätter von eben derselben Farbe zuwerfen.

Anm. Willeram gebraucht bekennen schon in der heutigen Bedeutung. Bey den ältern Schriftstellern kommt verjehen in derselben vor. Außer dem bedeutete bekennen ehedem auch, 1) Erkennen, denn so gebrauchen der Übersetzer Isidors und Notker dieses Wort. 2) Wissen, welche Bedeutung in dem alten Gedichte auf den heil. Anno vorkommt. 3) Bestätigen. Unde bechante und unsere Räthe, in dem Augsburgischen Stadtrechte von 1276. 4) Kennen. Mich bekennen noch die lute, bey einem der Schwäbischen Dichter. Diese Bedeutung ist noch in bekannt übrig.


Bekenner (W3) [Adelung]


Der Bekenner, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Bekennerinn. 1) Im theologischen Verstande, der die wahre Religion öffentlich und unter den Martern bekannt hat, ein Märtyrer, in welcher Bedeutung ehedem das veraltete Beichter üblich war. 2) In weiterer Bedeutung zuweilen auch ein jeder, der sich öffentlich zu einer Religion bekennet. Werden sie der Bekenner einer Religion, der ihre Bekenner weit über die Classe gemeiner Menschen empor hebt, von Brawe.


Bekenntniß (W3) [Adelung]


Das Bekenntniß, des -sses, plur. die -sse. 1) Das Bekennen einer Sache, so wohl im guten als nachtheiligen Verstande. Ein freyes und ungezwungenes Bekenntniß. Ein Bekenntniß thun, ablegen. Einem Missethäter das Bekenntniß seiner Verbrechen abzwingen. Sein eigenes Bekenntniß streitet wider ihn. Liebe lässet sich ohne Bekenntniß genug durch Zeichen errathen, Dusch. 2) Die Worte oder Ausdrücke eines Bekenntnisses, besonders in der Zusammensetzung Glaubensbekenntniß, welches siehe.

Anm. Die Verbalia auf -niß vertreten bey einigen Zeitwörtern die Stelle der Verbalia auf -ung, und werden größten Theils von den Infinitivis gemacht. Ist in den Stammbuchstaben schon ein n, so wird das t euphonicum eingeschoben, und so entstehen aus kennen, bekennen, erkennen, die Substantiva Kenntniß, Bekenntniß, Erkenntniß, anstatt der ungewöhnlichen Kennung, Bekennung, Erkennung. S. -Niß. Es irren also diejenigen, welche dieses Wort Bekänntniß schreiben, als wenn es von dem Participio der vergangenen Zeit bekannt wäre. Die Niedersachsen sagen noch Kennis, für Bekanntschaft. In Oberdeutschland ist dieses Wort weiblichen Geschlechtes. Die Hochdeutschen folgen den Niedersachsen, bey welchen die Wörter auf -niß mehr sächlichen Geschlechtes sind. Aber Bekenntniß in der ersten Bedeutung für ein Fämininum und in der zweyten für ein Neutrum auszugeben, ist ein bloßer willkürlicher Einfall, der wider die Analogie ist, und nicht den mindesten Nutzen hat.


Bekielen (W3) [Adelung]


Bekielen, verb. reg. act. mit Kielen versehen. S. Befiedern. Daher die Bekielung.


Beklagen (W3) [Adelung]


Beklagen, verb. reg. act. Klage über etwas erheben. 1) Klage, Beschwerde über etwas führen, in welchem Verstande dieses Wort nur als ein Reciprocum gebraucht wird. Sich über jemanden beklagen. Er beklagt sich, daß er zu viel geben müsse. Er beklagte sich über die allzu große Arbeit. Du versagst mir die Freyheit, mich bey dir beklagen zu dürfen, Dusch. Daher der Beklagte, die -n, plur. die -n, in den Rechten, derjenige, über welchen vor Gericht Klage erhoben wird, im Gegensatze des Klägers; im Österreichischen der Geklagte. 2) Einen beklagen, sein Mitleiden über seinen Zustand durch Worte an den Tag legen. Eines Zustand beklagen. Jedermann beklagte sein Unglück. Den Tod eines Freundes, das Elend der Menschen u. s. f. beklagen. Er ist zu beklagen. Daher beklagenswerth, und beklagenswürdig, was beklagt zu werden verdienet. Ein beklagenswerther Verlust. S. auch Bedauern.

Anm. Die Verbindung dieses Verbi mit der zweyten Endung der Sache, z. B. sich des verweigerten Rechtes beklagen, ist Oberdeutsch. In dieser Mundart ist erklagen in eben der Bedeutung üblich. Das Schwed. beklaga hat beyde Bedeutungen mit dem Hochdeutschen gemein. In der ersten gebrauchen die Niedersachsen dieses Zeitwort als ein Activum, etwas beklagen, gerichtliche Klage über erheben; in der zweyten haben sie ihr bekarmen, welches von dem alten Garm, Klagen, Wehklagen, Geschrey, abstammet.


Beklagte (W3) [Adelung]


Der, oder die Beklagte, des, oder der -n, plur. die -n, S. Beklagen 1.


Beklammern (W3) [Adelung]


Beklammern, verb. reg. act. figürlich für fest umfassen, heftig begreifen. Der Arzt - - Fällt auf den Kranken zu, beklammert Puls und Hand, Canitz. S. Klammer.


Beklatschen (W3) [Adelung]


Beklatschen, verb. reg. act. 1) Etwas beklatschen, seinen Beyfall durch Händeklatschen an den Tag legen. Um bewundert und beklatschet zu werden. 2) * Von klatschen, schwatzen, plaudern, beklatscht man jemanden, wenn man bey andern Heimlichkeiten von ihm bekannt macht.


Beklauben (W3) [Adelung]


Beklauben, verb. reg. act. welches aber am häufigsten im Oberdeutschen vorkommt. 1) Klaubend von etwas abbrechen. Das Brot, den Käse beklauben. 2) Begreifen, betasten. Eine Sache lange in den Händen beklauben. S. Klauben.


Bekleben (W3) [Adelung]


Bekleben, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, kleben bleiben, so wohl in eigentlicher Bedeutung, als figürlich, für anwachsen, fortdauern, u. s. f. In beyden Bedeutungen ist dieses Wort von dem folgenden bekleiden verdränget worden. Indessen heißet es noch Hiob 31, 7 nach Luthers Übersetzung: Ist et was in meinen Händen beklebet? wofür der Herr Hofr. Michaelis setzet: Blieb etwas an meinen Händen kleben? 2. Als ein Activum, vermittelst einer klebenden Sache mit etwas überziehen. Mit Papier, mit Leinwand bekleben. Daher die Beklebung, in dieser thätigen Bedeutung. S. Bekleiden.


Beklecken (W3) [Adelung]


Beklecken, verb. reg. act. mit Klexen bewerfen, und in weiterer Bedeutung beflecken. Das Kleid mit Koth, das Papier mit Dinte beklecken.

Anm. Beklecken, Nieders. beklacken, ist ein altes Wort, welches ehedem irregulär war. Beclocken kommt schon in dem alten Fragmente auf Carl den Großen beym Schilter für besudelt vor. Der Infinitiv heißt daselbst beclecken. S. Klecken.


Bekleiben (W3) [Adelung]


Bekleiben, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, welches dessen eigentliche Gattung ist, vermittelst einer klebenden Sache mit etwas überziehen; wie Bekleben. 2. Mit Papier, mit Leinwand bekleiben. Eine Wand bekleiben, mit Lehm überziehen.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, kleben bleiben, doch nur in verschiedenen figürlichen Bedeutungen, besonders im Oberdeutschen und in der höhern Schreibart der Hochdeutschen. 1) Anwurzeln, fortkommen, von Pflanzen und Gewächsen. Eine Pflanze, die oft versetzet wird, bekleibet nicht. Der Zweig ist recht schön bekleibet. Ein Baum bekleibet sonst nicht leicht auf fremder Erde, Gryph. 2) Fortdauern. Doch Herr du wirst ewig bleiben, Dein Gedächtniß stets bekleiben, Opitz Ps. 102, 6. So wird mein Lob bekleibenUnd grünen für und für, ebend. 3) Die verlangte Wirkung hervor bringen. Weil nie dein Wort an ihnen kann bekleiben, Opitz Ps. 119, 79. Dein Fluch wird ganz gewiß an dieser Frau bekleiben, Rost. 4) Stärke, innere Kraft erreichen. - Dein früh bekliebnes Wissen, Gryph.- Der in seiner Brust bekliebne Hochmuthssame, Günth.

Anm. In dieser ganzen Mittelgattung kommt dieses Wort im Hochdeutschen nur noch sparsam vor. Im Oberdeutschen gehöret es zugleich unter die irregulären Verba, wie aus einigen der angeführten Beyspiele erhellet. Die Verwechslung des Neutrius kleben mit dem Activo kleiben ist sowohl im Ober- als Niederdeutschen schon sehr alt. Haben ih gemenit in muate becleibit, ich habe einen Vorsatz in meinem Gemüthe befestiget, heißt es bey dem Ottfried B. 1, Kap. 5, V. 78; obgleich diese Stelle auch einen thätigen Sinn verstatten könnte. An einem andern Orte gebraucht eben derselbe biklan, welches aus bekleben zusammen gezogen ist, für bekleistern. S. Kleben und Kleiben. Ehedem bedeutete bekleiben auch empfangen, concipere, daher Mariä Bekleibung, Unser Frauen Tag bekleibin, Unser Frauen Cleybel-Tag, Klybel-Tag, der Bekleiber u. s. f. alles Nahmen waren, die man dem Feste der Empfängniß Mariä beylegte.


Bekleiden (W3) [Adelung]


Bekleiden, verb. reg. act. 1. Eigentlich, mit einem Kleide, oder mit Kleidern anthun, mit Kleidern versehen, kleiden. Die Nackenden bekleiden.2. Figürlich. 1) Überziehen, bedecken. So werden in der Seefahrt bis Anker bekleidet, wenn die Fliegen derselben in zwey Breter eingefasset werden, damit sie in dem lockern Sande nicht um sich wühlen. Ein Zimmer bekleiden, es mit Tapeten ausschlagen. Eine Wand bekleiden, sie mit Gewächsen überziehen. 2) Mit etwas, als mit einem Kleide schmücken, in der höhern Schreibart. Die Sonne macht das Erdreich grün, Bekleidet Feld und Blumenstücke, Günth. Wenn die Seele, mit Lichte bekleidet, dem Körper entflohn ist, Klopst. Feld und anger stet bekleit, sang schon Werner von Tuisen; und Sy sey auch bekleyd mit Schön und Schicklichkeit, heißt es im Theuerdank Kap. 25. 3) Jemanden mit einem Amte, mit einer Bedienung, mit einer Ehrenstelle bekleiden, ihm dieselbe ertheilen, weil es ehedem gewöhnlich war, daß die Fürsten auch ihren vornehmsten Hofbedienten jährlich gewisse Kleider gaben, von welcher Gewohnheit sich noch im 16ten Jahrhunderte häufige Beyspiele finden. S. Altes aus allen Theilen der Gesch. Th. 1, S. 589. Vornehmlich wurde einem Beamten oder Hofbedienten gleich bey dem Antritte des Amtes ein Kleid verliehen; daher auch in dem Lateine der mittlern Zeiten vestire, investire und advestire so viel bedeutete, als den Besitz einer Sache übertragen. S. du Fresne und Wachtern v. Investiren, und Carpentier v. Drappus. 4) Ein Amt, eine Ehrenstelle bekleiden, verwalten, damit bekleidet seyn, welche Figur ohne Zweifel aus der vorigen entstanden ist, indem es im Deutschen nichts ungewöhnliches ist, das einerley Zeitwort in einer thätigen und intransitiven Bedeutung gebraucht wird. Haltaus und Ihre leiten diese Redensart von den ehemahls mit Tuch bekleideten Bänken in den Gerichtstuben her, von welchen man Anlaß genommen haben soll, auch von denjenigen, die darauf gesessen, zu sagen, daß sie die Bänke bekleideten, welche Figur auch hernach auf die ganze Versammlung des Amtes übertragen worden. Allein man stehet leicht, daß diese Erklärung viel zu gezwungen ist. Daher die Bekleidung, so wohl von der Handlung des Bekleidens, in allen obigen Bedeutungen, als auch in einigen Fällen von demjenigen, womit etwas bekleidet wird, besonders in der zweyten Bedeutung; z. B. die Bekleidung eines Ankers, eines Zimmers u. s. f.


Bekleistern (W3) [Adelung]


Bekleistern, verb. reg. act. vermittelst eines Kleisters mit etwas überziehen. Etwas mit Papier bekleistern. Figürlich, einer bösen Sache mit etwas einen guten Schein geben. Damit wir uns auch der Hochachtung der Tugend bey unsern Lastern theilhaftig machen, so bekleistern wir unsere Handlungen mit einer Scheintugend.


Beklemmen (W3) [Adelung]


Beklemmen, verb. reg. act. wie das einfache klemmen, in die Enge bringen und drücken; doch nur in der figürlichen Bedeutung. Verlegenheit, Beängstigung verursachen. Sich in beklemmten Umständen befinden. Ach wie beklemmt mirs das Herz! Gell. Ich weiß nicht was für Angst mein traurig Herz beklemmt, Weiße. Daher die Beklemmung, so wohl von der Handlung, als auch der Empfindung eines hohen Grades der Angst, wobey die Brust gleichsam zusammen gepresset wird.

Anm. Einige gebrauchen dieses Zeitwort noch, irregulär, z. B. Mit aufgerecktem Hals schnauft der beklommne Stier, Haged. S. Klemmen. Die Niedersachsen gebrauchen für beklemmen und Beklemmung benauen und Benautheit, von nau, genau; enge.


Beklopfen (W3) [Adelung]


Beklopfen, verb. reg. act. 1) Mehrmahls an etwas klopfen. So beklopfen die Bergleute das Gestein, um zu versuchen, ob es fest ist. 2) Oft und viel auf etwas klopfen, um ihm dadurch eine gewisse Gestalt zu geben. So werden in der Münze die Schrötlinge beklopfet, damit sie die gehörige Gestalt erhalten. So auch die Beklopfung.


Beklügeln (W3) [Adelung]


Beklügeln, verb. reg. act. über etwas flügeln. Daß ich, was bey Gott geschehen, Nicht zu viel beflügeln soll, Gryph. Daß ich, was ich gut gefunden, Zu beklügeln und erwunden, Canitz. Daher die Beflügelung.


Beködern (W3) [Adelung]


Beködern, verb. reg. act. mit Köder versehen. Die Angeln beködern, bey den Fischern.


Bekohlen (W3) [Adelung]


Bekohlen, verb. reg. act. 1) Einen Platz bekohlen, Kohlen darauf brennen, bey den Kohlenbrennern. 2) Eine Bank bekohlen, in den Steinkohlenwerken, eine Kohlenbank mit Arbeitern belegen.


Bekommen (W3) [Adelung]


Bekommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen,) welches auf gedoppelte Art gebraucht wird.1. Mit dem Hülfsworte haben, da es denn alle leidentliche Veränderungen eines Dinges bezeichnen kann, welche vermittelst eines Substantives ausgedruckt werden, ob es gleich nicht in allen Fällen üblich ist. Man gebraucht es, 1) eigentlich von solchen Sachen, die einem Dinge von außen widerfahren. Geld, Briefe bekommen. Er hat Befehl bekommen, abzureisen. Zeit, Gelegenheit, Ursache bekommen. Sie haben derbe Schläge bekommen. Er hat seinen Lohn, einen Dienst bekommen. Händel mit jemanden bekommen. Das Mädchen hat einen Mann, der Mann eine Frau bekommen. Große Geschenke von jemanden bekommen. Einen zum Freunde bekommen. Ich habe einen wahren Freund an ihm bekommen. Wir haben noch keine Antwort bekommen. Ich bekam zur Antwort, es sey niemand zu Hause. Hier ist nichts zu bekommen. Das Vieh hat sein Futter bekommen. Verdruß mit jemanden bekommen. Einen Verweis bekommen. Etwas zu Gesichte bekommen, gewahr werden. Ingleichen in einigen R. A. auch mit dem Infinitiv. Kann man nichts zu essen bekommen? Ich konnte ihn nicht zu sehen bekommen. Wenn ich ihn nur zu sehen bekomme. 2) Figürlich, auch von solchen Veränderungen, welche sich aus der Natur eines Dinges selbst entwickeln, sie mögen nun durch eine Ursache von außen veranlasset werden oder nicht. Die Bäume bekommen Laub, Wurzeln, Blüthen, Früchte. Eine Krankheit bekommen. Er hat das Fieber, die Schwindsucht, das Podagra u. s. f. bekommen. Ich habe Lust bekommen, zu ihm zu reisen. Die Thiere bekommen Haare, die Vögel Federn. Die Mauer hat ein Loch, das Bret einen Riß, das Faß ein Loch bekommen.2. Mit dem Hülfsworte seyn. 1) Zum Nutzen oder Schaden gereichen, eigentlich nur in Beziehung auf die Gesundheit des Körpers. Die frische Luft will mir nicht recht bekommen. Diese Speise ist mir übel bekommen. Die Bewegung ist mir vortrefflich bekommen. Wohl bekomme es! ein gewöhnlicher Glückwunsch, so wohl bey dem Niesen, als Trinken. Figürlich wird dieses Wort oft auch im moralischen Sinne gebraucht. Diese Verwegenheit wird dir übel bekommen. Es hätte ihnen sch lecht bekommen sollen, wenn sie es mir nicht gestanden hätten. 2) Fortkommen, bekleiden, von Gewächsen. Die Pflanzen sind sehr gut bekommen. Die Bäume wollen hier nicht bekommen.

Anm. Ob man gleich gegen Wachters oft zu künstliche Ableitungen mehrmahls auf seiner Huth seyn muß, so scheinet er doch Beyfall zu verdienen, wenn er bekommen in der ersten Hauptbedeutung nicht von kommen, venire, sondern von einem alten Worte kam, welches eine Hand bedeutet haben soll, herleitet; wenn nur dieses kam, welches sich zur Zeit nur noch in dem Salischen Gesetze findet, völlig erweislich wäre. Was diese Muthmaßung, wenigstens in Absicht auf ein doppeltes Stammwort für bekommen, wahrscheinlich macht, ist, daß kommen in dieser Bedeutung mit dem Hülfsworte haben verbunden wird, da es in allen übrigen Bedeutungen und Zusammensetzungen das Wort seyn zu sich nimmt. S. auch überkommen. Wenn man indessen dieses Wort durch beykommen erkläret, so lassen sich beyde Bedeutungen ziemlich ungezwungen daraus herleiten. Begegnen würde alsdann dessen erster eigentlicher Verstand seyn, der noch bey den Schwäbischen Dichtern vorkommt. Nu suogt es sich so von geschicht Das inen luite bekamen, Fabeln der Minnesänger. S. 120. Do bekamen in zwen ander man, ebend. S. 121. Do in die luit bekamen, ebend. So fern dieses Wort schaden oder nützen bedeutet, war es ehedem von einem weit größern Umfange, und wurde nicht bloß in Rücksicht auf dem Bau des menschlichen Körpers, sondern in einem jeden andern Verhältnisse gebraucht. Daher kommt biqueman bey dem Ottfried so oft für sich schicken, nützlich, ersprießlich seyn, vor. S. Bequem. Zu eben derselben Zeit bedeutete dieses Wort aber auch so viel, wie das einfache kommen, doch so, daß das Vorwort be- die Stelle des Vorwortes zu vertritt; z. B. biqueme uns thinaz richi, zu uns komme dein Reich, Ottfr. B. 2, Kap. 21. In Oberdeutschland bedeutet einem bekommen nicht so viel, als einem begegnen. Bekommlich für bequem, und Bekomst für Genüge, sind gleichfalls Oberdeutsch. Doch gebrauchen auch die Niedersachsen Bikumst für ein bescheidenes Theil. In der ersten Hauptbedeutung aber ist ihnen dieses Wort größten Theils unbekannt, weil sie dafür ihr kriegen haben.


Beköstigen (W3) [Adelung]


Beköstigen, verb. reg. act. mit der nöthigen Kost, d. i. Speise und Trank, auf geraume Zeit versehen. Einen beköstigen. Sich selbst beköstigen, sich seine gewöhnlichen Speisen selbst zurichten lassen. Daher die Beköstigung, so wohl für die Handlung des Beköstigung, als auch den Unterhalt selbst.

Anm. Das Zeitwort bekösten, von welchem dieses das Frequentativum ist, kommt auch im Oberdeutschen vor. In eben dieser Mundart bedeutet beköstigen auch noch, 1) die Kosten zu etwas hergeben, welche Bedeutung auch das Niedersächsische bekostigen hat. 2) Kosten verursachen. 3) Opitz gebraucht dieses Wort in einer Bedeutung, die der Hochdeutschen zwar nahe kommt, aber in derselben doch nicht üblich ist: Und das ohne alle Müh der Menschen erster Stand Beköstigt sey mit dem, was trägt das grüne Land.


Bekräftigen (W3) [Adelung]


Bekräftigen, verb. reg. act. Kraft geben, mit Kraft versehen. 1) * In eigentlicher Bedeutung. Und die bebenden Knie hast du bekräftiget, Hiob. 4, 4. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen ungewöhnlich, daher es in des Hrn. Hofr. Michaelis Übersetzung dafür heißt: und die sinkenden Knie machtest du straff. 2) * Dauerhaft machen. Und Salomo ward in seinem Reich bekräftiget, 2. Chron. Auch diese Bedeutung ist höchstensnur noch in biblischen Ausdrücken üblich. 3) Bestätigen. Eine Schrift, einen Vertrag bekräftigen, ihnen durch die Unterschrift ihre völlige Kraft geben. Eines Aussage bekräftigen, ihre Wahrheit durch sein Zeugniß bestätigen. Etwas mit einem Eide bekräftigen. Daher die Bekräftigung.

Anm. Bekräften ist gleichfalls nur noch im Oberdeutschen üblich.


Bekränzen (W3) [Adelung]


Bekränzen, verb. reg. act. mit einem Kranze zieren. Ein Bild mit Blumen bekränzen. Daher die Bekränzung.


Bekratzen (W3) [Adelung]


Bekratzen, verb. reg. act. an etwas kratzen. Etwas bekratzen. Daher die Bekratzung.


Bekrauten (W3) [Adelung]


Bekrauten, verb. reg. act. Einen Acker bekrauten, in der Landwirthschaft, das Kraut oder Gras auf demselben abschneiden. So auch die Bekrautung.


Bekreisen (W3) [Adelung]


Bekreisen, verb. reg. act. bey den Jägern, ein Gehölz bekreisen, im Kreise um ein Gehölz herum gehen, um zu sehen, ob sich Wild darin befindet; welches auch in Bezirk bringen heißt. Daher die Bekreisung.


Bekreuzen (W3) [Adelung]


Bekreuzen, verb. reg. act. kreuzweise, oder über das Kreuz bestreichen; nur in einigen Fällen. Batterien, welche die Einfahrt des Hafens bekreuzen.


Bekreuzigen (W3) [Adelung]


* Bekreuzigen, verb. reg. act. mit einem oder mehrern Kreuzen versehen. In den Rechten der mittlern Zeiten bedeutete ein Haus bekreuzigen, dasselbe durch Aufsteckung des Kreuzes befrohnen, d. i. den Gerichtszwang daran ausüben; von welchem Gebrauche C. V. Grupens deutsche Alterth. S. 94. f. nachgesehen werden können. * Man möchte sich bekreuzigen, sich mit dem Zeichen des Kreuzes davor verwahren, im gemeinen Leben. So auch die Bekreuzigung.


Bekriechen (W3) [Adelung]


Bekriechen, verb. irreg. act. ( S. Kriechen,) auf etwas kriechen. Die Raupen bekriechen den Baum. Blätter, die die Seidenwürmer bekrochen haben.


Bekriegen (W3) [Adelung]


Bekriegen, verb. reg. act. mit Krieg überziehen. Ein Volk, ein Land bekriegen. Ingleichen figürlich, für bestreiten. Jenseits des Grabes, wo kein Verhängniß das sturmlose Leben bekriegt, Dusch.


Bekrippen (W3) [Adelung]


Bekrippen, verb. reg. act. welches nur in den Marschländern üblich ist, mit einer Krippe, d. i. einem geflochtenen Zaune versehen. Einen Deich, ein Ufer bekrippen. Daher die Bekrippung.


Bekritzeln (W3) [Adelung]


Bekritzeln, verb. reg. act. mit schlechten, unleserlichen Zügen beschreiben. Die Fenster bekritzeln.


Bekrönen (W3) [Adelung]


Bekrönen, verb. reg. act. mit einer Krone versehen, krönen. Ein bekrönter Helm. Ingleichen figürlich, schmücken, zieren. Mit Ruhm und Ehre bekrönen. Daher die Bekrönung.


Bekümmern (W3) [Adelung]


Bekümmern, verb. reg. act. 1) * Mit Kummer, d. i. Arrest, belegen, welche Bedeutung nur noch in den Rechten üblich ist. Eines Güter, eines Vermögen, jemandes Gehalt bekümmern. Ehedem erstreckte sich diese Bedeutung noch weiter, und druckte überhaupt den Begriff der Beraubung und Verhinderung des freyen Gebrauches einer Sache aus. Sie bekümmerten die Furt des Jordans, sie besetzten dieselbe, heißt es in einer alten Übersetzung der Bibel aus dem 15ten Jahrhunderte. Sie bekümmerten ihnen das Wasser, schnitten ihnen das Wasser ab, in einer andern alten Übersetzung an einem andern Orte. S. Kummer und Verkümmern.2) Kummer, d. i. Gram, Sorgen verursachen. Das bekümmert ihn gar sehr. Du kümmerst mich außerordentlich, machst mir außerordentlichen Kummer. Eine ungerathene Tochter bekümmert ihren Vater, Sir. 22, 4. Dieser Gebrauch des Zeitwortes bekümmern kommt im Hochdeutschen nur sparsam, im Oberdeutschen desto häufiger vor. Zuweilen gebraucht man es in dieser Bedeutung als ein Reciprocum. Eine edle Seele, die sich ihrer Unschuld bewußt ist, ist zu groß, sich über Beleidigungen zu bekümmern, Dusch. Am häufigsten ist in dieser Bedeutung das Participium der vergangenen Zeit üblich. Ein bekümmertes Herz, ein bekümmertes Gemüth. Das macht mich sehr bekümmert. Besonders mit dem Verbo seyn und den Präpositionen um, über und wegen. Ich bin sehr bekümmert um dich. Er war über diese Nachricht, oder wegen dieser Nachricht sehr bekümmert.3) Um, oder für etwas bekümmert seyn, angelegentliche oder mit Gemüthsunruhe verbundene Sorge für etwas tragen. Der mit wahrhaftem Eifer für dein Glück bekümmert ist, Dusch. So würd' er nur für sich allein Und nicht für mich bekümmert seyn, Gell. 4) Sich um etwas kümmern, in weiterer Bedeutung, Antheil daran nehmen, wenn derselbe auch noch so geringe ist, darnach fragen. Es hat sich niemand hierum zu bekümmern. Ich würde mich wenig darum bekümmern, wenn ich nicht dein Freund wäre. Das wächst alles, ohne daß ich mich darum bekümmern darf. Er bekümmert sich um nichts, nimmt sich keiner Sache an. Die Wortfügung, sich eines Dinges bekümmern, ist Oberdeutsch, und sich mit einem bekümmern, Hiob. 7, 17 statt um einen, ist nirgends üblich.


Bekümmerniß (W3) [Adelung]


Die Bekümmerniß, plur. die -sse, der Kummer des Gemüthes; ein Wort, welches im Oberdeutschen häufiger ist, als im Hochdeutschen, daher man in dem letztern auch das Oberdeutsche Geschlecht beyzubehalten pfleget, da sonst die Wörter auf -niß im Hochdeutschen gemeiniglich sächlichen Geschlechtes sind.


Bekunden (W3) [Adelung]


* Bekunden, verb. reg. act. im rechtlichen Style, besonders Niederdeutschlandes. 1) Etwas bekunden, eidlich aussagen. 2) Die Zeugen bekunden, eidlich anhören. S. Kunde und Urkunde.


Beküssen (W3) [Adelung]


Beküssen, verb. reg. act. etwas oft und sehr küssen; ein sonst ungewöhnliches Wort, welches von dem Logau gebraucht worden, in der bey dem Worte Beherzen angeführten Stelle.


Belachen (W3) [Adelung]


Belachen, verb. reg. act. Etwas belachen, darüber lachen. Einen Spaß. eine lustige Erzählung belachen. Die Thorheiten der Menschen, die Fehler anderer belachen. Daher die Belachung.

Anm. Bihlohan kommt in eben dieser Bedeutung schon bey dem Ulphilas vor. Opitz gebraucht dieses Zeitwort für anlachen, einer im Hochdeutschen ganz ungewöhnlichen Bedeutung: Wie Luna das Firmament belacht. S. auch Auslachen und Verlachen.


Beladen (W3) [Adelung]


Beladen, verb. irreg. act. ( S. Laden,) mit einer Ladung versehen. Einen Wagen, ein Pferd, einen Esel beladen. Ein beladener Wagen. Figürlich, ein lästiges oder beschwerliches Geschäft übertragen. Sich mit Sorgen, mit anderer Leute Geschäften beladen, sie als eine Last übernehmen. Einen mit vieler Arbeit beladen. Das Grab würde mir fürchterlich scheinen, wenn es mich, mit ihrem Hasse beladen, empfangen sollte, von Brawe. Daher die Beladung.

Anm. Biladan findet sich schon bey dem Ottfried und Tatian, und wird daselbst auch im guten Verstande für reichlich versehen gebraucht. Z. B. Vuisduames biladane, voller Weisheit, bey dem Ottfr. B. 1, Kap. 22. Diese Wortfügung mit dem Genitiv der Sache ist noch im Oberdeutschen üblich. S. auch Belasten und Belästigen, welche nur dem Grade nach von beladen unterschrieben sind.


Belageren (W3) [Adelung]


Belageren, zusammen gezogen Belagern, verb. reg. act. 1) Den Boden mit Schafen belagern lassen, in der Landwirthschaft ei-niger Gegenden, die Schafe sich darauf lagern lassen, um ihn zu düngen. 2) Vermittelst eines Lagers einschließen, und zur Übergabe zu bringen suchen. Eine Stadt, eine Festung belagern. Die Soldaten wurden in dem Schlosse belagert. Die Belagerten, welche belagert werden. Eigentlich druckt belagern dasjenige aus, was man jetzt mit einem fremden Worte blocquiren nennet, nehmlich sich um eine Stadt lagern. Heut zu Tage aber verbindet man mit demselben alles, was zum feindlichen Angriffe derer, die belagert werden, gehöret. 3) Figürlich wird dieses Wort auch von allem gebraucht, was um uns ist, und uns dieses Wort auch von allem gebraucht, was um uns ist, und uns ohne Aufhören beunruhiget. Die Könige werden unaufhörlich von Schmeichlern belagert. Der Alte wird beständig von seinen Verwandten belagert. Dich wird in Zukunft ein Volk, ein Volk der Schmeichler belagern, Die Pest der großen und glücklichen Welt, Gell Daher die Belagerer, die einen Ort belagern in der eigentlichen Bedeutung, und die Belagerung, die Handlung des Belagerns. Eine Belagerung aushalten, ausstehen. Die Belagerung Wiens, oder die Stadt Wien, und nicht, wie einige nach dem Französischen sagen, die Belagerung von Wien.

Anm. Belagern, im Oberdeutschen belägern, Schwedisch belaegre, im alten Engl. beleaguer, Nieders. belegen, kommt zunächst von Lager her, und ist zugleich das Frequentativum von belegen, welches ehedem in beyden Mundarten gleichfalls für belagern gebraucht wurde. Das letztere Wort bedeutete ehedem auch nur so viel als das einfache lagern. Er belegert sich hart neben sie, heißt es in dem 1514 gedruckten Livius. Eine Belagerung machen, Ezech. 4, 2, ist ungebräuchlich.


Belander (W3) [Adelung]


Der Belander, des -s, plur. ut nom. sing. aus dem Franz. Belandre, eine Art kleiner Lastschiffe mit plattem Boden, welche besonders in den Niederlanden auf den Flüssen und Canälen gebraucht werden. Es soll aus dem Niederdeutschen Binnen-Lander zusammen gezogen seyn, ein Schiff zu bezeichnen, welches innerhalb Landes gebraucht wird; im Gegensatze eines Seeschiffes.


Belang (W3) [Adelung]


Der Belang, des -es, plur. car. ein in Ober- und Niederdeutschland und den Hochdeutschen Kanzelleyen übliches Wort. 1) Eigentlich, das Belangen, das Erreichen einer Sache. Nochmehr aber, 2) figürlich, für Wichtigkeit. Eine Sache von großem Belange, eigentlich, welche weit langet oder reichet, wichtige Folgen haben kann. Das ist eine Sache von keinem Belange. Diese Nachricht ist von großem Belange. Die Seltenheit des Geldes und anderer Dinge von gleichem Belange.


Belangen (W3) [Adelung]


Belangen, verb. reg. act. welches in allen seinen Bedeutungen nur in den gemeinen Mundarten üblich ist. Es bedeutet aber, 1) * eigentlich, an etwas langen, es mit ausgestrecktem Arme erreichen, welche Bedeutung noch das Niedersächsische belangen hat. In etwas weiterer Bedeutung sagt man im Oberdeutschen auch, jemanden belangen, ihn einhohlen, auf dem Wege erreichen. Er ist mehr auf dem Wege zu belangen. 2) Figürlich, (a) betreffen, Einfluß auf etwas haben, besonders in der so gemeinen R. A. was mich belangt, was das belanget, das belangend, welche in den Kanzelleyen am häufigsten sind. S. auch Anbelangen und Anlangen. (b) Jemanden belangen, ihn rechtlich, gerichtlich, oder vor Gericht belangen, ihn verklagen; im mittlern Lateine appropinquare. So auch die Belangung.

Anm. Ehedem bedeutet dieses Wort auch noch, 1) verlangen, und wurde alsdann zuweilen mit der zweyten Endung der Sache verbunden, auf welche Art schon Notker dieses Wort gebraucht. Des muos mich nach ir belangen, heißt es bey einem der Schwäbischen Dichter. 2) Sich die Zeit lang werden lassen, wo- von in Pezens Wörterbuche zu dem Hornegk v. Pelangen Beyspiele vorkommen. So fern belangen verklagen bedeutet, wird es in Oberdeutschland auch noch mit dem Genitiv verbunden. Einen des Diebstahles belangen.


Belappen (W3) [Adelung]


Belappen, verb. reg. act. mit Lappen versehen. Im Niedersächsischen bedeutet belappen ausflicken, Lappen darauf nähen. Die Jäger belappen das Wild, oder ein Gehölz, wenn sie Lappen, d. i. niedrige Tücher, um dasselbe aufhängen, das Wild damit abzuschrecken. Wohl belappet seyn, wird gleichfalls bey den Jägern figürlich von den Jagdhunden gebraucht, wenn ihnen die Oberlefzen stark herunter hangen. Daher die Belappung.


Belassen (W3) [Adelung]


* Belassen, verb. irreg. neutr. ( S. Lassen,) welches nur im Oberdeutschen für bewenden lassen, üblich ist. Ich habe es dabey belassen, gelassen. Wie er nicht gemeinet sey, von seiner Erklärung abzugehen, sondern es vollkommen dabey belasse. Bey dem Ottfried bedeutet bilazzen so viel als erlassen.


Belasten (W3) [Adelung]


Belasten, verb. reg. act. 1. Eigentlich, mit einer Last belegen. Einen Wagen, einen Esel belasten, wofür aber beladen üblicher ist. 2. Figürlich, 1) über die Gebühr mit etwas versehen. In dieser Bedeutung sagen die Mahler, daß die Züge eines Gemähldes belastet sind, wenn sie übertreiben, oder übermäßig bezeichnet sind. 2) Mit etwas als mit einer Last belegen, in der höhern Schreibart. Mit Schande belastet. Vernichtender Gedanke, ewig von Gott gehasset, ewig mit seinen unerträglichen Gerichten belastet zu seyn! von Brawe. Belastet sinkt mein Haupt, wie meine Hände nieder, Weiße. So auch die Belastung.

Anm. Belasten, Angels. behlaestan, bedeutet im Oberdeutschen auch, Auftrag geben. Ich bin belastet, ihnen zu hinterbringen u. s. f.


Belästigen (W3) [Adelung]


Belästigen, verb. reg. act. welches das Iterativum des vorigen ist, und nur in dessen figürlichen Bedeutungen vorkommt. 1) Mit einer Sache, als mit einer Last, belegen. Die Unterthanen mit Steuern und Gaben belästigen. Sich mit anderer Leute Kindern belästigen. 2) Beschwerlich fallen, zur Last seyn. Jemanden mit seinen Besuchen belästigen. Dieser Richter in dir, der dich so oft mit seiner ungestümen Stimme belästiget, Dusch. So auch die Belästigung.


Belatten (W3) [Adelung]


Belatten, verb. reg. act. mit Latten versehen. Ein Dach belatten, bey den Zimmerleuten. Daher die Belattung.


Belauben (W3) [Adelung]


Belauben, verb. reg. act. 1) Mit Land bekleiden. Einen Meiler belauben, bey den Kohlenbrennern, ihn statt der bloßen Erde mit Laub, Kohlenstaub und Erde bedecken. Außer dem ist dieses Wort nur in der höhern Schreibart üblich. Eile Lenz, beblüme die Tristen und belaube den Wald! Geßn. Die belaubten Zweige der Bäume. 2) Des Laubes berauben. In dieser Bedeutung gebrauchen die Gärtner dieses Wort oft für blatten, d. i. dem Weine, Hopfen u. s. f. die überflüssigen Blätter abbrechen. So auch die Belaubung.


Belauern (W3) [Adelung]


Belauern, verb. reg. act. 1) Lauernd beobachten. Jemanden belauern, seine Worte und Handlungen heimlich bemerken. 2) Hinterlistig betriegen, im gemeinen Leben. S. Belauschen


Belauf (W3) [Adelung]


Der Belauf, des -es, plur. inusit im gemeinen Leben, die Summe wie hoch sich eine Sache beläuft, der Vertrag. Der Belauf der Rechnung, der Waaren. S. Belaufen II.


Belaufen (W3) [Adelung]


Belaufen, verb. irreg. ( S. Laufen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, auf oder zu etwas laufen, doch nur in einigen uneigentlichen Bedeutungen. 1) Die Grenzen belaufen, sie begehen, oder persönlich besichtigen. Die Wolfsjagd belaufenmüssen, bey den Jägern, den Wolf mit verfolgen helfen. 2) Zur Fortpflanzung befruchten, von dem männlichen Geschlechte einiger Thiere. Der Hund beläuft die Hündinn. Eine Hündinn belaufen lassen. S. Belegen. Im gemeinen Leben sagt man auch sich belaufen, von beyden Geschlechtern.II. Als ein Reciprocum, sich erstrecken, von dem Werthe, der Zahl einer Sache, oder der Summe einer Rechnung. Es beläuft sich auf hundert Thaler. Es wird sich nicht hoch belaufen, keine große Summe ausmachen. Ich dächte, ich sollte am besten wissen, wie hoch sich ihr Vermögen beläuft, Gell. Die Zahl der Erschlagenen belief sich auf tausend.Daher die Belaufung in der thätigen Bedeutung. Das Nieders. belopen bedeutet außer dem auch noch durch Laufen ausrichten. Eine Bothschaft belaufen.


Belauren (W3) [Adelung]


Belauren, S. Belauern.


Belauschen (W3) [Adelung]


Belauschen, verb. reg. act. auf jemanden oder auf etwas lauschen, lauschend beobachten und entdecken, wie belauern, doch in einer anständigen Bedeutung. Ich habe ihn belauschet. Wie süß ist es in diesen Lauben von einem Freunde belauschet zu werden! Nieders. belustern.


Beläuten (W3) [Adelung]


Beläuten, verb. reg. act. über etwas läuten, im gemeinen Leben. Eine Leiche, einen Sieg, ein Freudenfest beläuten. Das Gericht beläuten, an einigen Orten, die Hegung des Halsgerichtes durch Läuten ankündigen. Daher die Beläutung.


Beleben (W3) [Adelung]


Beleben, verb. reg. act. 1) Erleben. Ich habe diese Sache selbst belebt, welche Bedeutung doch nicht überall üblich ist. 2) Leben ertheilen, mit Leben versehen. (a) Eigentlich. Einen Todten beleben. Pygmalions Bildsäule ward auf sein Bitten von den Göttern belebt. Alle belebte Wesen, Gell. für lebendige. Noch mehr aber, (b) figürlich, mit Kräften, Munterkeit, Lebhaftigkeit versehen. Die Sonne belebt durch ihren wohlthätigen Einfluß die Erde und alle Gewächse. Eine beständige Geschäftigkeit belebt und erhält Würmer, Menschen, Welten und Engel, Dusch. Wenn die Harfe mit ihrem vollstimmigen Klange die Töne einer annehmlichen Stimme belebt. Daher heißt im gemeinen Leben so wohl in Ober- als Niederdeutschland ein belebter Mensch, der munter, aufgeweckt und gesprächig ist. Ein gutes Naturell wird durch gute Beyspiele bald witzig und belebt, Gell. Auch das Substantiv Belebtheit, für gesellschaftliche Lebhaftigkeit, Munterkeit, Gefälligkeit, ist so wohl im Ober- als Niederdeutschen bekannt.

Anm. Das Dänische beleven und Schwed. belefwad bedeuten gleichfalls artig, aufgeweckt. In den höhern Schreibart bedeutet belebt zuweilen mit lebendigen Geschöpfen versehen. Der Teich und mein belebter Hof, Geßn. Indem die Musik des belebten Waldes erwachet, Zachar. Das Substantiv die Belebung ist nur in der zweyten Hauptbedeutung üblich.


Belecken (W3) [Adelung]


Belecken, verb. reg. act. an etwas lecken, ingleichen oft und viel an etwas lecken. So beleckt der Bär seine Jungen, der Hund seine Wunden. Daher die Beleckung. Bey dem Ulphilas lautet dieses Wort bilaigwodan.


Belege (W3) [Adelung]


Das Belege, des -s, plur. ut nom. sing. dasjenige, womit etwas beleget wird, doch nur in einigen besondern Fällen. Bey den Schneidern heißt dasjenige das Belege, womit der Saum eines Kleides verstärkt wird. Die Belege, in Plural, heißen in Rechnungssachen, u. s. f. diejenigen Schriften oder Scheine, womit eine Rechnung oder ein anderer Aufsatz beleget wird; Belegscheine, Belegezettel. In diesem Verstande ist dieses Wort in einigen Gegenden als ein Masculinum üblich. Ich will die Abschrift als einen Beleg zu der Rechnung bringen, Gell. Endlich werden auch diejenigen Kennzeichen, welche man unter die Marksteine leget, Belege, noch häufiger aber Beylagen genannt.


Belegen (W3) [Adelung]


Belegen, adj. et adv. und Belegenheit, S. in Beliegen.


Belegen (W3) [Adelung]


Belegen, verb. reg. act. mit einem gelegten Dinge bedecken. 1. Eigentlich. Einen Boden mit Bretern, den Tisch mit Geld belegen. Einen Saal mit Steinen, ein Gesicht mit Schönpflästerchen belegen. Eine Pflugschar belegen, neues Eisen daran schmieden. Ein Kleid mit Schnüren belegen, selbige darauf befestigen. 2. Figürlich. 1) Zur Fortpflanzung befruchten, von einigen Thieren. Der Hengst belegt die Stute, der Hund die Hündinn, der Ochs die Kuh. S. Belaufen. Ingleichen als ein Factitivum, eine Stute, eine Kuh belegen, den Hengst, den Ochsen zu ihr lassen. So auch eine Hündinn belegen, bey den Jägern. S. auch Begatten. 2) Mit Beweisschriften versehen, besonders von Rechnungen. Eine Rechnung belegen. Ich kann alles belegen, mit Scheinen, Quittungen beweisen. 3) Mit Leuten versehen. Eine Stadt mit Truppen, ein Haus mit Soldaten belegen. Ein Bergwerk, einen Steinbruch mit Arbeitern belegen. 4) Zuerkennen, zutheilen, auflegen, größten Theils nur von unangenehmen Dingen. Jemanden mit einer schweren Strafe, mit einer Geldbuße belegen. Das Volk mit Steuern und Abgaben belegen. Unser Leben ist vielleicht deswegen mit so vielen Beschwerlichkeiten belegt, daß wir es uns desto mehr sollen leicht und angenehm zu machen suchen, Gell. 5) Etwas mit einem Nahmen belegen, ihm selbigen geben. das ist, um es mit dem gelindesten Nahmen zu belegen, frommer Betrug. So auch die Belegung.

Anm. Die nunmehr ungewöhnlichen Bedeutungen dieses Wortes sind: 1) Belagern, welche das Schwedische belaegga und Niedersächsische beleggen, noch hat. Als Troja ward belegt, o Mars, von allen Seiten, Opitz. In der Deutschen Bibel kommt diese Bedeutung noch mehrmahls vor: Jos. 11, 31, 34; 2 Sam. 11, 1; Pred. 9, 14.2) Beschuldigen. Nicht einer ist zu finden Der ihn belegen kann mit den geringsten Sünden, Opitz. 3) Beschönigen, bemänteln, und 4) vergüten, ersetzen; welche beyde nur noch im Niedersächsischen vorhanden sind. 5) Für das einfache legen, welches noch in einigen gemeinen Sprecharten vorkommt. Capitalien auf ein Gut belegen, leihen.


Belehnen (W3) [Adelung]


Belehnen, verb. reg. act. mit einem Lehn feyerlich versehen, auch in der weitesten Bedeutung, in welcher dieses Wort oft von Erbzinsgütern u. s. f. gebraucht wird, welche im engsten Verstande nicht Lehen genannt werden. Jemanden belehnen. Einen mit etwas belehnen. Ein Belehnter. Daher die Belehnung, die feyerliche Handlung des Belehnens. S. Lehnen.

Anm. In der Oberdeutschen Mundart, besonders der vorigen Jahrhunderte, kommt das Wort beleihen in diesem Verstande häufig vor. S. Leihen.


Belehren (W3) [Adelung]


Belehren, verb. reg. act. eine Lehre, d. i. Nachricht, Unterricht, in einzelnen Fällen ertheilen. Laß dich doch belehren, dir deinen Irrthum in dieser Sache benehmen. Ich will mich anders belehren lassen. Ich lasse mich gerne belehren, nehme gerne Unterricht an. Sich in einer Sache belehren lassen. Ingleichen mit der zweyten Endung, doch nur in den Redensarten: sich eines andern, sich eines bessern belehren lassen. Daher die Belehrung; ingleichen das Belehrungsurtheil, in den Rechten, wenn sich der Richter oder eine Partey von einem Schöppenstuhle u. s. f. belehren lässet, was in einer Sache Rechtens ist.


Beleibt (W3) [Adelung]


Beleibt, adj. et adv. welches von dem ungewöhnlichen Verbo beleiben, nur in den Ausdrücken schwer beleibt, mit einem schwe-ren starken Körper versehen, und wohl beleibt, mit hinlänglichem Fleische und Fette versehen, üblich ist. Der träge Schwarm von schwer beleibten Rüben, Hall.


Beleibzüchtigen (W3) [Adelung]


Beleibzüchtigen, verb. reg. act. in den Rechten, mit einer Leibzucht versehen. Daher die Beleibzüchtigung. S. Leibzucht.


Beleidigen (W3) [Adelung]


Beleidigen, verb. reg. act. ein Leid zufügen, doch nur in engerer Bedeutung, wider seine Pflichten gegen jemanden handeln; besonders wenn dadurch eine unangenehme Empfindung bey dem andern erwecket wird. Gott, seinen Nächsten beleidigen. Jemanden mit Worten beleidigen. Worin habe ich dich beleidiget? Keusche Ohren durch unanständige Scherze beleidigen. Beleidigende Ausdrücke, Scherze. Sich durch etwas beleidigt finden, für beleidigt halten. Der beleidigte Theil, die Person, oder die Personen, welche beleidiget worden. Das Laster der beleidigten Majestät. S. Majestät. Daher der Beleidiger, des -s, plur. ut nom. sing. und die Beleidigung, plur. die -en, so wohl für die Handlung des Beleidigens, als auch die Sache, womit man jemanden beleidiget. Eine schwere, gröbliche Beleidigung.

Anm. Dieses Zeitwort ist von leiden, so fern solches ehedem active verletzen, Leid zufügen bedeutete. Beleiden kommt noch bey dem Opitz, und zwar in der allgemeinen Bedeutung für verletzen vor: Daß dich ja nimmermehr der Sonnen heißer Schein, Noch deine klare Bach, was trübes mag beleiden. Eben diese Bedeutung hat auch Beleidigung, Apost. 27, 10. Die Frequentativa leidigen und keleidigen finden sich schon bey dem Notker. So fern leiden ein Neutrum ist, bedeutete beleidigen im Nieders. ehedem auch Leid tragen.


Beleihen (W3) [Adelung]


* Beleihen, verb. irreg. act. ( S. Leihen,) welches nur im Oberdeutschen für belehnen üblich ist, S. Belehnen.


Belemnit (W3) [Adelung]


Der Belemnit, des -en, plur. die -en, eine versteinerte ungewundene Schnecke, welche einige Ähnlichkeit mit einem Pfeile hat, daher sie so wohl diesen Griechischen Nahmen, als auch den Deutschen Pfeilstein erhalten hat. Weil man ehedem glaubte, daß diese Steine mit dem Blitze auf die Erde fallen, so werden sie von dem großen Haufen auch Donnerkeile, Donnersteine, von ihrer vorgegebenen Wirkung wider den Alp, auch Alpsteine, Alpschosse, sonst aber auch noch Luchsteine, Teufelskegel, Storchsteine, Rabensteine, Stahlsteine, Teufelsfinger genannt.


Belesen (W3) [Adelung]


Belesen, -er, -ste, adj. et adv. welches eigentlich das Partic. des ungewöhnlichen Verbi belesen ist. Ein belesener Mann, der viel gelesen hat. Er ist in den Kirchenväter sehr belesen. Daher die Belesenheit, plur. inusit. die Eigenschaft, nach welcher jemand vieles gelesen hat.

Anm. Von dem Zeitworte lesen, eligere, sagt man im Oberdeutschen auch, den Salat, die Erbsen u. s. f. belesen, für auslesen.


Beleuchten (W3) [Adelung]


Beleuchten, verb. reg. act. 1) Hell machen, erleuchten. Die Sonne beleuchtet die Erde. Ein Zimmer, ein Gerüst, einen Garten beleuchten. 2) Mit Vorhaltung des Lichtes hell machen, um etwas zu suchen, oder zu untersuchen. Jemanden beleuchten. Eine Sache von allen Seiten beleuchten. Ingleichen figürlich, für prüfen, untersuchen. Einen Satz, einen Ausspruch, eine Stelle in einem Buche beleuchten. So auch die Beleuchtung, welches zuweilen aber auch dasjenige, womit ein Ort erleuchtet wird, als Lampen, Lichter u. s. f. ausdruckt.


Belfern (W3) [Adelung]


Belfern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben, erfordert, und das Frequentativum von bellen ist; oft und viel bellen, eigentlich von Hunden, figürlich aber auch, doch nur im gemeinen Leben, zanken, mit Worten streiten, widersprechen, beson- ders in der Zusammensetzung widerbelfern, sich auf eine unanständige Art verantworten. Wachter leitet dieses Wort, nach dem ihm gewöhnlichen Witze, nicht von bellen, dem natürlichsten Stammworte, sondern von dem alten bal, böse, her.


Belieben (W3) [Adelung]


Belieben, verb. reg. neutr. welches mit der dritten Endung der Person, so wohl persönlicher als unpersönlicher Weise üblich ist. 1) Gefallen an etwas tragen, Neigung zu etwas haben. Diese Speise beliebt mir nicht. Was schön ist, beliebt einem jeden. Herr dein Befehl beliebt mir für und für, Opitz Ps. 119, 8. In welcher Bedeutung es aber im Hochdeutschen wenig mehr vorkommt. S. Beliebt. 2) Sich aus Neigung zu etwas entschließen. Wenn es beliebt werden sollte, diese Sache einzuführen. Thut was euch beliebt. Es beliebt mir nun so. Wenn es Gott beliebt. Ingleichen überhaupt für wollen, doch nur als ein Ausdruck der gesellschaftlichen Höflichkeit von andern, und nicht von sich selbst. Es beliebte ihm wegzugehen. Ich erwarte was ihnen im dieser Sache belieben wird. Belieben sie doch zu trinken, trinken sie doch. Das was ihr die Seele zu nennen beliebt, was ihr die Seele nennet, Dusch. Ingleichen höhnisch, er beliebte zu glauben.

Anm. Das Hauptwort die Beliebung wird zwar auch von einigen gebraucht, allein das folgende Belieben ist in dieser Bedeutung häufiger. Bey den Handwerkern druckt Beliebung, eine jede freywillige Anstalt, einen freywilligen Vertrag aus; z. B. die Todtenbeliebung, ein freywillige Anstalt zur Beerdigung ihrer Todten; eine Leichen-Casse. Das einfache liben kommt mit der dritten Endung der Person für placere schon bey dem Ottfried vor. Das Lateinische libet kommt so wohl in dem Klange, als der Bedeutung und Wortfügung damit überein. Ottfried hat auch schon giliuben, und noch heut zu Tage ist geliebt es Gott, für beliebt es, üblich. S. Gelieben.


Belieben (W3) [Adelung]


Das Belieben, des -s, plur. car. Gefallen, Neigung, freywillige Entschließung; doch nur in einigen bereits eingeführten Redensarten, in welchen dieses Hauptwort fast niemahls mit dem bestimmten Artikel gebraucht wird. Belieben an etwas haben, oder finden. Nach ihrem Belieben, d. i. Willkür. Ich stelle es in ihr Belieben. Aber: Achilles änderte sein voriges Belieben, Gottsch. schmeckt nach dem siebzehnten Jahrhunderte, in welchem wohl Opitz singen konnte: Den Mund hab ich begierig aufgethan Und ganz gekeucht aus ungemein Belieben Nach deinem Wort, Ps. 119, 66.


Beliebig (W3) [Adelung]


Beliebig, adj. et adv. was einem beliebt, wie es beliebt. Ich will in einen jeden ihm beliebigen Ort kommen. Wie es dir beliebig ist. In beliebiger Größe.


Beliebt (W3) [Adelung]


Beliebt, -er, -este, adj. et adv. 1) Was einem gefällt, beliebig. In beliebter Größe. S. Belieben. 2) Angenehm, besonders von Personen, als das Participium von Belieben. 1. Ein beliebter Mensch, an dem jedermann Belieben hat. Er ist in diesem Hause sehr beliebt. Er weiß sich ungemein beliebt zu machen. Wie haben sie sich denn so beliebt bey ihr gemacht? Gell. Eine beliebte Schrift, welche von jedermann gerne gelesen wird.


Beliegen (W3) [Adelung]


+ Beliegen, verb. irreg. ( S. Liegen,) welches in doppelter Gattung üblich, in beyden aber nur von niedrigem Gebrauche ist. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, für das einfache liegen. Er mußte auf dem Wege beliegen bleiben, liegen bleiben. Das an der Gasse belegene Haus, das Haus, welches an der Gasse lieget. So auch die Belegenheit, welches in einigen Mundarten für Lage gebrauchtwird. 2. Als ein Activum. Etwas beliegen, wegen einer Sache zu Bette liegen müssen. Ich habe den Zorn lange beliegen müssen. Er muß es beliegen, durch Krankheit dafür büßen; welcher ganze Gebrauch nur in einigen Provinzen bekannt ist.


Belisten (W3) [Adelung]


Belisten, verb. reg. act. durch List hintergehen. Jemanden belisten. Daher die Belistung.


Belittern (W3) [Adelung]


* Belittern, verb. reg. act. welches nur in den Bergwerken üblich ist, mit Leitern oder Fahrten versehen. Einen Schacht belittern, die Fahrten in denselben einhängen. Daher die Belitterung.


Belle (W3) [Adelung]


* Die Belle, plur. die -n, oder der Bellen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, der an einigen Orten dem Alber- oder weißen Pappelbaume, Populus alba; L. gegeben wird, und von Albula, Alber, oder auch von Populus, Pappel, verstümmelt ist, indem die schwarze Pappel an einigen Orten auch Bollen genannt wird. S. Alber.


Bellen (W3) [Adelung]


Bellen, verb. reg. neutr. (ich belle, du bellst, er bellt; ich bellte; gebellt,) welches das Hülfswort haben erfordert, und heut zu Tage eigentlich von der lauten Stimme der Hunde und der Füchse, bey den Jägern aber auch von dem eigenthümlichen Laute der Rehe gebraucht wird. Der Fuchs bellt. Ein Hund der beißen will, bellt nicht. Figürlich bedeutet dieses Wort zuweilen auch mit einem lauten Geschreye zanken. Er hört den Zank vor Gerichte bellen, Haged.

Anm. 1. Bellen, bey dem Notker pillen, in dem alten Gedichte auf den heil. Anno, bellin, in dem Lateine der mittlern Zeiten baulare, ist nicht so wohl eine Nachahmung des Schalles, welchen das Bellen der Hunde macht, als vielmehr eine allgemeine Benennung eines jeden lauten Schalles. Belle kommt noch bey den Schwäbischen Dichtern von einer Schelle vor. Das Holländ. bellen bedeutet schellen, das Angels. und Engl. Bell eine Glocke, und Peal das Getön, den Klang. S. Bellhammel. Einer der Schwäbischen Dichter nennet die geschwätzigen Frauenzimmer bey Hofe Hove bellen, gleichsam Hofschellen. In dem Nordstrandrechte Th. 2, Art. 35 wird bellen daher noch für laut schreyen, laut rufen, gebraucht. Wer da will, heißt daselbst, Land kaufen, der soll laut rufen; wer da will Land sellen (verkaufen) der soll laut bellen, mit lauter Stimme biethen. Daß diese Bedeutung sehr alt sey, erhellet unter andern auch aus dem Lat. appellare. S. auch Spiel. Im deßwillen ist es auch von dem Laute mehrerer Thiere gebraucht worden. Das Engl. to bell bedeutet schreyen wie ein Hirsch, to bellow aber blöcken, brüllen, womit auch das Nieders. Frequentativum bölken, welches von dem Blöcken des Rindviehes gebraucht wird, das Schwed. balla, mugire, das Isländ. baula und belja und das Latein. balare, welches letztere nur von dem Schreyen der Schafe üblich ist, überein kommt. Im Oberdeutschen gehet dieses Zeitwort irregulär, ich belle, du billst, er billt; ich boll; gebollen. Einige Hochdeutsche Schriftsteller behalten solches gleichfalls; allein die reguläre Anwandelung ist doch weit gewöhnlicher.

Anm. 2. Andere Mundarten und Sprachen haben andere Wörter, das Bellen der Hunde ausdrucken. Einige sind allgemeine Benennungen, wie das Schwedische skalla, und Isländ. gialla, welche mit dem Deutschen schellen und gellen überein kommen. Andere sind Nachahmungen des dadurch verursachten Lautes, wie das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Latein. baubari, das Niedersächsische wouwen, das Altdeutsche wuwen, das Oberdeutsche baffen, bäffen, bäffzen, gautzen, gelfen, das Französ. abbojer, das Krainerische lajam, das Nieders. blaffen, das Dän. blaffe und biäffe, das Westphälische jeewken, jawken, u. s. f. S. auch Belfern.


Belletrist (W3) [Adelung]


Der Belletrist, des -en, plur. die -en, ein in den neuern Zeiten aus dem Französ. belles lettres gebildetes Wort, eine Person zu bezeichnen, welche sich vorzüglich den schönen Wissenschaften widmet. Daher die Belletristerey, plur. inusit. im gemeinen Leben und verächtlichen Verstande, die ungeordnete Neigung zu den schönen Wissenschaften, mit Vernachlässigung nothwendigerer.


Bellhammel (W3) [Adelung]


* Der Bellhammel, des -s, plur. die -hämmel, in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, derjenige Hammel einer Herde, welcher eine Schelle hat, und dem das übrige Schafvieh folget, daher er auch der Leithammel, genannt wird, weil er die Herde gleichsam leitet; Französ. Cloche-man, Dän. Biälde-Faar. Bell hat hier die alte Bedeutung einer Schelle. S. Bellen

Anm. 1.


Beloben (W3) [Adelung]


* Beloben, verb. reg. act. welches in Oberdeutschland und den Hochdeutschen Kanzelleyen einheimisch ist. 1) Für das einfache loben. Er ist bey jedermann belobt, wird von jedermann gelobt. 2) Mit Lob, mit Ruhm erwähnen, ingleichen überhaupt Erwähnung thun. Der belobte Verfasser. Das belobte Brautpaar, das erwähnte. Daher das Belobungs-Decret, ein Decret, worin jemand wegen einer guten Handlung von seinen Obern gelobt wird.


Belochen (W3) [Adelung]


Belochen, verb. reg. act. im Forstwesen, die Harthölzer belochen, Löcher in die Bäume hauen oder bohren, um ihnen das Harz anzuzapfen, welches auch beharzen genannt wird. Daher die Belochung.


Belohnen (W3) [Adelung]


Belohnen, verb. reg. act. 1) Für eine gute Handlung freywillig Gutes erweisen. Gott belohnt tugendhafte Handlungen auch noch in diesem Leben. Jemanden für seine Redlichkeit belohnen. Ich habe ihm seine Mühwaltung reichlich belohnet, oder ich habe ihn für seine Mühwaltung u. s. f. Es belohnet die Mühe nicht, sich lange bey dieser Sache aufzuhalten. Wie reichlich belohnet mir dieser Augenblick ihre lange Anwesenheit! den in ihrer Abwesenheit erduldeten Kummer, Weiße. 2) Figürlich, bestrafen, den verdienten Lohn ertheilen. So ward ihm seine Untreue belohnet. Es ist für sein Verbrechen mit dem Schwerte belohnet worden.

Anm. Belohnen bedeutet vermöge der Zusammensetzung eigentlich den Lohn ertheilen; wenn es also am häufigsten nur von der freywilligen Belohnung einer guten Handlung gebraucht wird, so rühret solches bloß von dem Gebrauche her. Dienstbothen, Arbeiter u. s. f. werden gelohnet, oder bekommen ihren Lohn; haben sie sich vorzüglich gut gehalten, so werden die noch über dieß belohnet. Auch wenn sich die Belohnung auf einen wirklichen Verdienst beziehet, wird dieses Wort zuweilen gebraucht, den unangenehmen Nebenbegriff des Wortes Lohn und lohnen zu vermeiden, besonders wenn man freywillig mehr gibt, als der Belohnte fordern kann. So belohnet man Sachwalter, Ärzte, Geistliche u. s. f. für ihre Bemühung. Wenn aber belohnen zuweilen für bestrafen gebraucht wird, so tritt es wieder in seine eigenthümliche Bedeutung zurück. S. Lohn.


Belohner (W3) [Adelung]


Der Belohner, des -s, plur. ut nom. sing. der eine gute Handlung freywillig belohnet; ein Wort, welches nur selten, und gemeiniglich nur in der theologischen Schreibart gebraucht wird. Gott ist ein Belohner des Guten.


Belohnung (W3) [Adelung]


Die Belohnung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Belohnens; ohne Plural. Noch mehr aber, 2) dasjenige, womit etwas belohnet wird. Einem eine Belohnung geben, versprechen. Er hat eine ansehnliche Belohnung bekommen. Eine Belohnung auf etwas setzen. Ich habe nicht viel dafür zur Belohnung bekommen. Nie wird es den Verdiensten an Belohnung fehlen. Für Bestrafung ist dieses Wort nicht gebräuchlich.


Belügen (W3) [Adelung]


Belügen, verb. irreg. act. S. Lügen. 1) Mit Lügen zu hintergehen suchen. Er hat mich belogen, mir eine Lüge vorgesagt. Der Sohn hat den Vater belogen. Gott kann man wohl belügen aber nicht hintergehen. Diese Bedeutung ist der Zusammensetzung und Analogie vollkommen gemäß, verdienet daher auch Gottscheds Tadel nicht. Vorlügen, welches eben das bedeuten soll, ist von einem niedrigen Gebrauche. 2) Lügen von jemanden zu dessen Nachtheile erzählen. Er hat mich gar sehr belogen. Er ist in der ganzen Stadt belogen geworden. Das Hauptwort die Belügung ist so wenig üblich, als der Belüger, obgleich Opitz das letztere gebraucht: Mein Auge wird sich wohl An den Belügern letzen, Ps. 92, 6.

Anm. Im Angels. lautet dieses Wort belecgan, und im Engl. to bely. Im Schwabenspiegel kommt anliugen für belügen in der ersten Bedeutung vor.


Belugsen (W3) [Adelung]


+ Belugsen, (sprich beluksen,) verb. reg. act. welches nur in den niedrigen Sprecharten üblich ist, für hinterlistig betriegen. Jemanden belugsen. Nieders. beluksen, Dän. belugse, behende betriegen. Die Abstammung dieses Wortes von lugen, sehen, lauern, welches noch in der gröbern Oberdeutschen Mundart üblich ist, ist schon bey dem Worte Ablugsen bemerket worden. Auch im Schwed. bedeutet lucksa betriegen, welches Herr Ihre von dem alten Alemannischen lucko falsus ableitet; allein dieses stammet wieder von lügen ab.


Belustigen (W3) [Adelung]


Belustigen, verb. reg. act. Lust, Vergnügen aus anschauender Erkenntniß erwecken. Einen mit angenehmen Erzählungen belustigen. Sich an oder mit etwas belustigen, seine Lust oder Vergnügen an etwas finden. Sich an Büchern, sich mit der Jagd u. s. f. belustigen. Daher die Belustigung, so wohl von der Handlung des Belustigens, als auch von der angenehmen Empfindung, die dadurch erwecket wird, und der Sache, die zur Belustigung dienet.


Belzen (W3) [Adelung]


Belzen, S. Pelzen.


Bemächtigen (W3) [Adelung]


Bemächtigen, verb. reg. recipr. welches die zweyte Endung der Sache erfordert. Sich einer Sache bemächtigen, sie in seine Macht oder Gewalt in Besitz nehmen. Sich einer Stadt, einer Festung, eines Landes bemächtigen. Sich der Oberherrschaft bemächtigen. Sich einer Person bemächtigen, sie in Verhaft nehmen. Auch figürlich. Eine tiefe Schwermuth bemächtigt sich meiner Seele. Unter den angenehmsten Vorstellungen bemächtigte sich der Schlaf meiner Sinne. So auch die Bemächtigung.


Bemahlen (W3) [Adelung]


Bemahlen, verb. reg. act. 1) Von Mahl, signum, mit einem Mahle oder Zeichen bemerken, bey den Jägern. Einen Ort bemahlen, zeichnen. 2) Von mahlen, pingere, mit gemahlten Figuren bedecken. Sich im Gesichte bemahlen. Die Wände mit Landschaften bemahlen lassen. 3) * Von mahlen, molere, da es dem zugleich im Participio bemahlen hat, ist ein bemahlnes Land in den Marschländern, ein durch Mühlen oder andere Wasser-Maschinen ausgetrocknetes Land. 4) Bey den Jägern bedeutet bemahlen, mit seinem Kothe besudeln, beschmeißen, von Vögeln; wo es von bemakeln zusammen gezogen zu seyn scheinet. Daher die Handlung, in der ersten Bedeutung.


Bemakeln (W3) [Adelung]


Bemakeln, verb. reg. act. beflecken. Etwas bemakeln. Niedersächsisch bemaken, im Oberdeutschen bemailen, bemeiligen. S. Makel. Daher die Bemakelung.


Bemannen (W3) [Adelung]


Bemannen, verb. reg. act. mit Mannschaft besetzen, in welcher Bedeutung es nur von Schiffen üblich ist. Ein Schiff, eine Flotte bemannen, mit der gehörigen Mannschaft versehen. Daher die Bemannung.

Anm. Ehedem bedeutet sich bemannen, auch einen Mann nehmen, wie beweiben, ein Weib nehmen. Das Schwedische bemanna wird auch für bemächtigen, ingleichen für muthig machen, anfeuern gebraucht.


Bemänteln (W3) [Adelung]


Bemänteln, verb. reg. act. 1) Eigentlich, mit einem Mantel bedecken. Ehedem pflegte man an einigen Orten die vor der Ehe erzeugten Kinder bey der priesterlichen Copulation unter den Mantel entweder des Vaters oder der Mutter zu setzen, und sie dadurch zu legitimieren. S. du Fresne v. Pallium und C. U. Grupen de uxore theotisca S. 256. Und dieß hieß Pallio cooperire und im Deutschen bemänteln und Bemäntelung. 2) Figürlich, eine böse Sache mit einer bessern zu decken, ihr einen guten Schein zu geben suchen. Seinen Geiz mit der Sparsamkeit, seine Lügen mit der Nothwendigkeit, seine Faulheit mit der Unpäßlichkeit bemänteln. Es läßt sich nicht alles bemänteln. Daher die Bemäntelung.

Anm. Das Ital. ammantare und Dän. bemantle sind in eben derselben figürlichen Bedeutung üblich.


Bemasten (W3) [Adelung]


Bemasten, verb. reg. act. mit einem Maste versehen. Ein Schiff bemasten. Daher die Bemastung.


Bemauern (W3) [Adelung]


Bemauern, verb. reg. act. mit einer Mauer einfassen. Eine Stadt bemauern. Wofür doch ummauern üblicher ist.


Bemausen (W3) [Adelung]


Bemausen, verb. reg. act. in Kleinigkeiten bestehlen. Jemanden bemausen.


Bemeiern (W3) [Adelung]


Bemeiern, verb. reg. act. mit einem Meier versehen, in einigen Niedersächsischen und Niederrheinischen Gegenden. Ein Gut, einen Hof bemeiern. Ingleichen mit einem Meiergute versehen. Jemanden bemeiern. So auch die Bemeierung. S. Meier.


Bemeistern (W3) [Adelung]


Bemeistern, verb. reg. act. mit der vierten Endung der Sache, noch häufiger aber reciproce mit der zweyten Endung der Sache. Sich einer Sache bemeistern, sich zum Meister, d. i. Herrn derselben machen, sich derselben bemächtigen. Sich einer Stadt, eines Landes, einer Brücke bemeistern. Der Neid hat sich seiner ganzen Seele bemeistert. Zu sehr, ach zu sehr hast du mein Herz bemeistert! Geßn. Die Ungeduld bemeistert ihn, Lichtw. Gryphius gebraucht das einfache meistern in eben dieser Bedeutung. Die Regung meistert mich, bemeistert. Daher die Bemeisterung.


Bemelden (W3) [Adelung]


Bemelden, verb. reg. act. von welchen im Oberdeutschen und den Hochdeutschen Kanzelleyen das Mittelwort bemeldet, für gemeldet, erwähnt, gedacht, üblich ist. Die bemeldete Sache. Bemeldeter Maßen.


Bemengen (W3) [Adelung]


Bemengen, verb. reg. recipr. welches nur in der figürlichen Bedeutung des einfachen Verbi mengen gebraucht wird. Sich mit einer Sache bemengen, sich in dieselbe mengen, unnöthigen Antheil daran nehmen. Bemenge dich nicht mit solchen Sachen, wozu dich die Natur nicht bestimmt hat.


Bemerken (W3) [Adelung]


Bemerken, verb. reg. act. 1) Merken, gewahr werden, wahrnehmen. Ich habe ihn gar wohl bemerket. Wir wurden von niemanden bemerket. Er gibt sich viele Mühe, bemerket zu werden. 2) Etwas übel bemerken, es bestens bemerken, in der Sprache der Höflichkeit, es übel, oder zum besten auslegen; wofür doch vermerken üblicher ist. 3) Mit wenig Worten ausdrucken, vortragen, erwähnen. Die bemerkte Sache, deren bereits Erwähnung geschehen. Wir haben bereits bemerket, (erzählet,) was in dieser Sache vorgegangen ist. So auch die Bemerkung. Hast du nicht erst spät die Bemerkung gemacht, daß hier deine Seele niemahls Ruhe findet? Dusch.


Bemisten (W3) [Adelung]


Bemisten, verb. reg. act. mit Mist oder Dünger versehen. Einen Acker bemisten, düngen. Daher die Bemistung.


Bemitleiden (W3) [Adelung]


+ Bemitleiden, verb. reg. act. sein Mitleid über etwas ausdrucken. Ein Unglück, eine Person bemitleiden. Da dieses Verbum auf eine sehr ungewöhnliche Art aus dem Substantivo Mitleid gebildet ist, so ist es auch nur in den niedrigen Sprecharten üblich. S. Be-.


Bemittelt (W3) [Adelung]


Bemittelt, -er, -ste, adj. et adv. von dem ungewöhnlichen Verbo bemitteln, mit Mitteln, d. i. zeitlichem Vermögen versehen. Ein bemittelter Mann, der so viel Vermögen hat, als nicht nur zu seiner Notdurft, sondern auch zu den nöthigen Bequemlichkeiten zureicht. Er ist sehr bemittelt, nicht sehr bemittelt.


Bemoos't (W3) [Adelung]


Bemoos't, Bemoost, adj. et adv. mit Moos bekleidet. Oft besucht die Muse bemooste Hütten, um die der Landmann stille Schatten pflanzet, Geßn.


Bemorgengaben (W3) [Adelung]


+ Bemorgengaben, verb. reg. act. mit einer Morgengabe versehen; ein eben so sprachwidriges Wort wie bemitleiden, welches indessen, in manchen Kanzelleyen gebraucht wird.


Bemühen (W3) [Adelung]


Bemühen, verb. reg. act. Mühe machen, Mühe verursachen. Ich will sie nicht mit dieser Sache bemühen. Jemanden mit seinen Briefen bemühen. Er bemüht gern jedermann mit seinen Angelegenheiten. Ingleichen als ein Reciprocum, sich bemühen, sich Mühe geben, mit Überwindung der Hindernisse handeln, S. Mühe. Sich um etwas bemühen, sich bemühen, es zu erlangen. Er will sich um die Abschrift des Testamentes bemühen, Gell. Sich für jemanden bemühen, sich zu seinem Besten Mühe geben. Du bemühest dich vergebens. Umsonst bemüht sich das Glück mit aller seiner verschwenderischen Güte, dich glücklich zu machen. In dem gesellschaftlichen Leben stehet dieses Zeitwort als ein Höflichkeitswort oft müßig. Wollen sie sich nicht heraus bemühen? d. i. heraus kommen. Wollen sie sich in die Stube bemühen? Bitte sie, sich hierher zu bemühen.Das Participium der vergangenen Zeit bemühet, hat mit dem Zeitworte seyn, eben dieselbe Bedeutung, welche Wortfügung Gottsched irrig für ein Verbum Neutrum ausgibt. Ich bin bemüht, dieses zu Stande zu bringen. Ich war sehr für dein Glück bemüht. Ich bin nunmehr bemüht, mich selber zu bezwingen, Hofmannsw. An einem Hügel voller Linden Saß Amaril und war bemüht Aus Blumen einen Kranz zu winden, Haged. Als Hauptwörter sind so wohl das Bemühen, als die Bemühung üblich, jenes mehr bey den Dichtern, und dieses mehr im gemeinen Leben. Seine Bemühung ist ihm reichlich vergolten worden. Was ist für ihre Bemühung?Anm. Bemühen lautet im Nieders. bemoien, im Dän. bemoye, und im Schwed. bemöda. Das einfache mühen wurde ehedem sehr häufig in eben dieser Bedeutung gebraucht, und kommt nicht nur bey den Dichtern des vorigen Jahrhundertes, sondern in einigen Mundarten noch vor. S. Mühen. Weil Mühe ehedem auch Kummer, Gram bedeutete, so wurde bemühen auch für Gram verursachen gebraucht. Wo sie (die Seele) Noth und Kummer drückt, Und viel Angst bemühet, Gryph. welche Bedeutung aber im Hochdeutschen veraltet ist. Für sich bemühen, ist in Baiern auch sich nieten üblich, welches mit dem Latein. niti überein kommt.


Bemüßigen (W3) [Adelung]


Bemüßigen, verb. reg. act. welches am häufigsten in Oberdeutschland und den Hochdeutschen Kanzelleyen üblich ist, nöthigen, zwingen, doch mit einiger Milderung des unangenehmen Nebenbegriffes. Ich würde es nicht gethan haben, wenn mich nicht dieses dazu bemüßiget hätte. Zu etwas bemüßiget werden. Sich bemüßiget sehen, etwas zu thun. Daher die Bemüßigung.

Anm. Dieses Wort kommt nicht von Muße, otium, her, wie Frisch glaubet, sondern allem Ansehen nach von müssen, von welchem es das Factitivum ist. Über dieß scheinet es so gar alt nicht zu seyn. S. 2. Müßigen.


Benachbaren (W3) [Adelung]


Benachbaren, verb. reg. recipr. Sich mit jemanden benachbaren, dessen Nachbar werden. Noch mehr aber ist das Mittelwort benachbart üblich. Die benachbarten Häuser, Städte, Länder, die in der Nähe gelegenen. Wie dem, der vom Olymp benachbart mit dem Himmel, Auf eine halbe Welt den freyen Blick erstreckt, Wiel.


Benachrichtigen (W3) [Adelung]


Benachrichtigen, verb. reg. act. mit Nachricht versehen. Jemanden von etwas benachrichtigen. Daher die Benachrichtigung.


Benageln (W3) [Adelung]


Benageln, verb. reg. act. mit Nägel versehen. Die Schuhe benageln, Nägel in den Rand der Sohlen schlagen. Ingleichen vermittelst der Nägel mit etwas überziehen. Einen Kasten mit Wachsleinwand benageln. Daher die Benagelung.


Benagen (W3) [Adelung]


Benagen, verb. reg. act. an etwas nagen. Die Hunde benagen den Knochen, die Mäuse den Käse. Sich die Nägel benagen. Daher die Benagung.


Benähen (W3) [Adelung]


Benähen, verb. reg. act. Etwas nähen, eine andere Sache darüber nähen.


Benahmen (W3) [Adelung]


+ Benahmen, verb. reg. act. welches nur in den gemeinen Mundarten üblich ist, mit einem Nahmen versehen, benennen. Ein Kind benahmen. Er ist Caspar benahmt, er heißt Caspar. Daher die Benahmung.

Anm. Im Niedersächsischen lautet dieses Wort benömen. Kinamen kommt in dieser Bedeutung schon bey dem Kero vor. Benahmsen für benahmen ist noch niedriger, obgleich in Oberdeutschland und besonders in der Schweiz das einfache nahmsen für nennen üblich ist. So auch Beniemen und Benennen.


Benarbt (W3) [Adelung]


Benarbt, adj. et adv. von dem ungewöhnlichen Zeitworte benarben, mit Narben versehen, mit Narben bedeckt, voller Narben. Und daß du, wenn ein Held auf der benarbten Brust Ruhmvolle Wunden zeigt, die deinen bergen mußt, Schleg.


Benaschen (W3) [Adelung]


Benaschen, verb. reg. act. von etwas naschen. Eine Speise benaschen. Daher die Benaschung.


Benebeln (W3) [Adelung]


Benebeln, verb. reg. act. mit einem Nebel verhüllen, mit Nebel verdecken. Lieblich lächelt die Sonne durch die dünn benebelte Luft, Geßn. Ingleichen in figürlicher Bedeutung, den freyen Gebrauch der Augen des Körpers und des Geistes hindern. Eine tödtliche Schwäche benebelt alle meine Sinne, Cron. Welche Nacht benebelt meine Sinne! ebend. Die Leidenschaften benebeln die Vernunft. Sich benebeln, für sich betrinken.


Benebst (W3) [Adelung]


+ Benebst, adv. welches in allen seinen Bedeutungen eine unnöthige Verlängerung des einfachen nebst ist, und daher auch am häufigsten nur im Oberdeutschen und den Hochdeutschen Kanzelleyen gebraucht wird. S. Nebst. Die Abänderungen beneben, benebenst, anbenebenst, anbenebst, beynebens u. s. f. sind noch niedriger. S. Beyneben.


Benedeihen (W3) [Adelung]


* Benedeihen, verb. reg. act. segnen, preisen. Der gebenedeihete Gott. Er benedeyte sein Geschick, Lichtw.

Anm. Dieses Wort ist im Hochdeutschen grüßten Theils veraltet, und kommt nur noch zuweilen in der theologischen, ingleichen in der scherzhaften Schreibart vor. Es ist aus dem Latein. benedicere, gebildet, und beweiset, daß man das Römische c vor Alters in Oberdeutschland nicht mit dem Zischlaute, sondern mit dem Hauchlaute ausgesprochen, gleichsam benedichen; daher man es auch richtiger benedeihen als benedeyen schreibt.


Benedicten-Kraut (W3) [Adelung]


Das Benedicten-Kraut, des -es, plur. inus. eine Pflanze, Geum, L. Sie wächst in den schattigen Gegenden Europens, und ist wegen ihrer heilsamen Kräfte schon längst von den Ärzten Herba benedicta genannt worden, woraus auch der Deutsche Nahme entstanden ist. Weil ihre Kräfte der Wurzel vorzüglich eigen sind, so wird sie auch Benedicten-Wurz, übrigens aber auch Märzwurz, Nägeleinwurz genannt, weil die Wurzel gegen den Frühling zu Anfange des Märzes, wie Gewürznägelein riechet, und daher auch um diese Zeit gegraben wird.


Benedictiner (W3) [Adelung]


Der Benedictiner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Mönch, der nach der Regel des heil. Benedictus lebt. Daher der Benedictiner-Mönch, das Benedictiner-Kloster, der Benedictiner-Orden u. s. f. Man hat auch Nonnen, die dieser Regel folgen, und daher Benedictinerinnen, oder Benedictiner-Nonnen genannt werden.


Benedictiner-Eisen (W3) [Adelung]


Das Benedictiner-Eisen, des -s, plur. inus. ein ausgeschmiedetes Stabeisen, welches aus starken Stangen bestehet, und von einem Hammerwerke in Böhmen kommt, welches einer, Nahmens Benedict, angeleget haben soll.


Benehmen (W3) [Adelung]


Benehmen, verb. irreg. act. ( S. Nehmen,) welches auf doppelte Art üblich ist.1. Auf die dem Vorworte be und den damit zusammen gesetzten Verbis gewöhnliche Art, da es mit der vierten Endung allein verbunden wird. In dieser Bedeutung kommt es aber nur in den Münzen und bey einigen Metallarbeitern vor, und heißt alsdann so viel als beschneiden. Die Münzen benehmen, sie so lange beschneiden, bis sie das gehörige Gewicht bekommen. Daher die Benehmschere, die Schere, womit solches geschiehet; ingleichen diejenige Schere, womit die Kupferschmiede die Zaine durchschneiden. Die Benehmwage, worauf die Münzen bey dem Benehmen gewogen werden.2. Für das einfache nehmen, so oft solches mit der dritten Endung der Person, und der vierten der Sache verbunden wird, so daß das Vorwort be nur die Alemannische Verstärkung ist. Allein in dieser Bedeutung hat der Gebrauch das Wort benehmen nur auf gewisse besondere Fälle eingeschränkt, die man nicht nach Gutdünken vermehren darf. Besonders wird es gebraucht, 1) so oft die Hinderung des freyen Gebrauches einer Sache ausgedruckt werden soll. Einem das Licht benehmen. Durch dieses Haus wird uns die freye Aussicht benommen. Der Dampf benimmt mir den Athem. Dadurch ward ihm die Sprache, der Schlaf benommen. Einer Stadt die Zufuhre benehmen. Einem alle Gelegenheit zu fliehen, die Gewalt etwas zu thun benehmen. Es ist mir der Zutritt zu ihm benommen. Es ist ihm aller Vorwand, alle Ausflucht benommen worden. Warum benimmst du dir dadurch alle Gelegenheit Gutes zu thun. Hier- durch wird ihm nichts benommen, entzogen. Das benimmt der Sache nichts, schadet ihr nichts. Ingleichen, 2) durch Gründe von der Unrichtigkeit einer Sache überzeugen. Einem seinen Zweifel benehmen. Dadurch ist mir alle Hoffnung benommen worden. Ich habe ihm seine Furcht, seine Sorge benommen. Man muß ihm seinen Argwohn, seinen Verdacht benehmen. Diese Gedanken müssen den Leuten benommen werden. So auch die Benehmung.3. Sich benehmen, sich in einer Sache verhalten oder betragen. Wir wollen sehen, wie er sich dabey benehmen wird. Sich gut, schlecht benehmen. Wir haben euer Benehmen mit Mißfallen vernommen, in den Kanzelleyen.

Anm. Bineman, beneman, war schon dem Ottfried, Notker und Willeram bekannt, und wurde von ihnen für nehmen auch in solchen Fällen gebraucht, wo es jetzt nicht mehr üblich ist. Z. B. Inan tode binam, er entriß ihn dem Tode, Ottfr. B. 4, Kap. 3. Einem einen Amt, das Leben benehmen u. s. f. sind im Oberdeutschen noch üblich, in welcher Mundart dieses Wort auch zuweilen noch mit der zweyten Endung der Sache gebraucht wird; z. B. benimm mich aller vergeblichen Sorgen. Sich mit etwas benehmen bedeutet im Niedersächsischen so viel, als sich damit beschäftigen.


Beneiden (W3) [Adelung]


Beneiden, verb. reg. act. Neid gegen eine Person oder über eine Sache äußern. Jemanden beneiden, ingleichen, einen um etwas, oder wegen einer Sache beneiden. Er wird beneidet. Man beneidet dein Glück. Um dieß Vergnügen muß mich ein Prinz beneiden, Gell. Sie haben eine Wahl gethan, um die die ganze Welt sie beneiden würde, Weiße. Welch ein Trost ist es für den, Mitleiden zu verdienen, der sonst hoffte, beneidet zu werden! Dusch. Zuweilen auch mit dem Dative der Person und dem Accusative der Sache. Die ganze Welt wird dir dein Glück beneiden. Daher die Beneidung, ingleichen beneidenswerth, beneidenswürdig.

Anm. Ehedem war das einfache neiden in eben dieser Bedeutung üblich. Diu nide ein ander drumbe niht, die Winsbeckinn. Der jetzt uns neiden kann, Opitz.


Benennen (W3) [Adelung]


Benennen, verb. irreg. act. S. Nennen. 1) Einen Nahmen beylegen. Die Blumen nach den Jahreszeiten benennen. Neue Dinge mit neuen Nahmen benennen. Benannte Zahlen, in der Rechenkunst, welchen gewisse Bedeutungen eines Werthes gegeben worden, als 8 Rthlr. 16 gr. im Gegensatze der unbenannten, 8 16, deren Werth nicht ausgedruckt worden. 2) Nahmentlich ausdrucken, nach allen seinen besondern Umständen bestimmen. Einem Zeit und Ort benennen. Einem ein Buch, ein Haus benennen. Ohne alles stückweise zu benennen. Jemanden zu seinem Erben benennen, ernennen nahmentlich bestimmen. Daher die Benennung, so wohl die Handlung des Benennens in beyden Bedeutungen, als auch zuweilen der Nahme selbst, im letztern Falle aber nur von leblosen Dingen. Einem eine Benennung geben. Brüche unter einerley Benennung bringen, in der Rechenkunst, ihnen ohne Veränderung ihres Werthes einerley Nenner geben. S. Benahmen und Beniemen.


Benetzen (W3) [Adelung]


Benetzen, verb. reg. act. naß machen, in der edlern Schreibart. Einen Brief mit seinen Thränen benetzen. Daher die Benetzung.


Bengel (W3) [Adelung]


Der Bengel, S. Bängel.


Benicken (W3) [Adelung]


Benicken, verb. reg. act. Etwas benicken, es mit einem Kopfnicken bejahen oder bestätigen.


Beniemen (W3) [Adelung]


+ Beniemen, verb. reg. act. welches in der Oberdeutschen Mundart einheimisch ist, sich aber auch in die gemeine Mundart der Hochdeutschen eingeschlichen hat, und so viel als benennen bedeutet, besonders in dessen zweyten Bedeutung. Einem Zeit undOrt beniemen u. s. f. In eben dieser Mundart ist auch das einfache niemen für nennen üblich, welches schon bey dem Kero nemman, und bey dem Isidor neman lautet. Peneimen, beneimen aber kommt bey dem Notker für benennen, bestimmen, verordnen, vor. Auch Kero hat kenemmin, für genannt. S. Nahme und Nennen. Im Niedersächsischen lauten diese Wörter nömen und benömen. Notker gebraucht Beneimeda für ein Testament, Vermächtniß, und an einem andern Orte nennt er das alte Testament, daz alte Beneimedo.


Beniesen (W3) [Adelung]


Beniesen, verb. reg. act. Etwas beniesen, durch Niesen bestätigen, als ein Überbleibsel eines alten Aberglaubens, da man das Niesen für etwas Übernatürliches hielt, und es als eine Bestätigung ansahe, wenn man bey der Versicherung, oder Erzählung eines andern von ungefähr niesen mußte. Daher die Beniesung.


Benöthigen (W3) [Adelung]


Benöthigen, verb. reg. 1. * Activum, nöthigen, zwingen. Ich bin dazu benöthiget worden; welcher Gebrauch aber nur im Oberdeutschen Statt findet. 2. Neutrum, nöthig haben; in welcher Bedeutung aber nur das Mittelwort benöthiget als ein Bey- und Nebenwort mit der zweyten Endung der Sache üblich ist. Einer Sache benöthiget seyn. Ich bin Geldes benöthigt. Alles Benöthigte anschaffen.


Benutzen (W3) [Adelung]


Benutzen, verb. reg. act. den Nutzen von etwas genießen, nutzen. Er benutzet das Meinige wie sein Eigenthum. In engerer Bedeutung druckt es zuweilen nur den Nießbrauch aus, mit Ausschließung des Eigenthumes. Ein Gut, ein Haus, einen Acker benutzen. Daher die Benutzung. S. auch Abnutzen.


Benzoe (W3) [Adelung]


Das, bey vielen auch die Benzoe, plur. inus. das gelbbraune oder braunrothe, trockne, glänzende Harz eines Virginischen Baumes, welcher daher der Benzoe-Baum genannt, und vom Linne zu den Lorberbäumen gerechnet wird; Laurus Benzoin, L. Der Nahme ist eben so ausländisch, als der Baum selbst. Die Franzosen nennen dieses Harz Benjouin, die Engländer Benjamin, die Italiener aber Belzoino. Daher die Benzoe-Blumen, singul. inus. in der Chymie ein wesentliches flüchtiges Salz, welches man durch die Sublimation des Benzoe erhält; die Benzoe- Tinctur, eine Art Schminke, welche im gemeinen Leben Jungfernmilch genannt wird.


Beobachten (W3) [Adelung]


Beobachten, verb. reg. act. 1) * Wahrnehmen, bemerken, im gemeinen Leben. Ich habe es nicht beobachtet, daß er zur Thür herein kam. 2) Mit Vorsichtigkeit und Bewußtseyn, mit Aufmerksamkeit auf die einzelnen Merkmale, wahrnehmen. Den Lauf der Sterne, die Veränderung der Witterung beobachten. S. Versuch. Den Feind beobachten. Beobachte dein eigen Herz. Ein Mann, der immer erblickt, selten siehet, nie beobachtet. 3) Mit Einfluß auf seine Handlungen beobachten. Seine Schuldigkeit, seine Pflicht beobachten, sie erfüllen, ihr Genüge thun. Sein Amt beobachten, den Pflichten desselben Genüge thun. Die Zeit beobachten, die bequemste Zeit ausersehen. 4) Ein tiefes Stillschweigen beobachten, mit Überlegung und Absicht schweigen. Daher der Beobachter, des -s, plur. ut nom. sing. besonders in der zweyten Bedeutung, und die Beobachtung, in allen obigen Bedeutungen. Ich werde es an Beobachtung meiner Pflicht niemahls fehlen lassen. S. Obacht.


Beordern (W3) [Adelung]


Beordern, verb. reg. act. welches aus dem Französischen Ordre, Befehl, in die Kunstsprache der Taktik eingeführet worden, und sich hernach auf andere Fälle ausgedehnet hat. Jemanden beordern, ihn mit Befehl versehen, ihm Befehl ertheilen. Er ist dazu beordert worden. Daher die Beorderung.


Bepacken (W3) [Adelung]


Bepacken, verb. reg. act. mit Gepäck versehen. Ein Pferd, einen Wagen bepacken. Mit Versen schwer bepackt steht schon der GratulantUnd wartet an der Thür auf seine milde Hand, Zachar. Daher die Bepackung.


Bepanzern (W3) [Adelung]


Bepanzern, verb. reg. act. mit einem Panzer bekleiden. Bepanzert erscheinen.


Beperlen (W3) [Adelung]


Beperlen, verb. reg. act. mit Perlen schmücken, bey den Dichtern, besonders des vorigen Jahrhundertes. Und trug den Lorberkranz auf den beperlten Haaren, Gryph.


Bepfählen (W3) [Adelung]


Bepfählen, verb. reg. act. mit Pfählen versehen, Nieders. bepaalen. Einen Weinberg bepfählen. Den Wein bepfählen, ihn mit Pfählen bestecken. Daher die Bepfählung.


Bepferchen (W3) [Adelung]


Bepferchen, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, von dem Schafvieh düngen lassen. Einen Acker bepferchen.


Bepflanzen (W3) [Adelung]


Bepflanzen, verb. reg. act. pflanzend mit etwas besetzen. Ein Feld mit Gemüse, einen Garten mit Blumen, einen Acker mit Bäumen bepflanzen. Daher die Bepflanzung.


Bepflügen (W3) [Adelung]


Bepflügen, verb. reg. act. einen Boden überall pflügen. Der nach der Alten Brauch mit seinen eignen Zügen Das väterliche Feld bemüht ist zu bepflügen, Can.


Beplanken (W3) [Adelung]


Beplanken, verb. reg. act. mit einem Plankwerke versehen. Einen Garten beplanken. Daher die Beplankung.


Beplatten (W3) [Adelung]


Beplatten, verb. reg. act. mit einer oder mehrern Platten versehen; nur in einigen Fällen. Den Mahlpfahl beplatten, ihn mit einer kupfernen Platte versehen.


Bepurpern (W3) [Adelung]


Bepurpern, verb. reg. act. mit Purpur bekleiden; doch nur figürlich, bey einigen neuern Dichtern. Wenn Aurora darauf die östlichen Wolken bepurpert, Zach. Und an einem andern Orte gleichfalls von der Morgenröthe: Indem sie die Sterne Plötzlich vertilgt und die Wolken bepurpert.


Bequem (W3) [Adelung]


Bequem, -er, -ste, adj. et adv. 1) Zur Erreichung eines Endzweckes die Mühe erleichternd. Ich warte nur noch auf eine bequeme Zeit. Der Ort ist hierzu nicht bequem. Einbequemer Ort zu einem Lager. Das Haus wäre mir sehr bequem, wenn es nur nicht so theuer wäre. Auf bequeme Witterung zum Säen warten. Einen Weg zu Gehen bequem machen. Sie kommen mir heute gar nicht bequem. Wenn es ihnen so bequem ist. Sie wehrt sich ganz bequem, bequem wie eine Braut, Gell. 2) Hindernisse scheuend. Ein bequemer Mensch. Sie sind ein wenig gar zu bequem. Er ist so bequem, daß ihn auch so gar das Aufstehen verdrießt. 3) Dessen Gebrauch leicht ist, was unserer Neigung, Hindernisse zu scheuen, gemäß ist. Ein bequemes Zimmer, ein bequemes Bett. Dieß Haus ist überaus bequem eingerichtet. Machen sie es sich bequem, legen sie alles ab, was ihnen Beschwerlichkeit verursacht. Ihr könntet hier viel bequemer leben, wenn ihr nur wolltet. * Ein bequemer Mensch, der sich in alles zu schicken weiß, besonders in Niedersachsen. 4) Was unserer Neigung Hindernisse zu scheuen, zur Ungebühr gemäß ist, im nachtheiligen Verstande. Ein bequemer Beichtvater. Eine bequeme Sittenlehre. Wie? ist die Unschuld nichts als Kunst und schlauer Tand, Weil Itifall, vielleicht bequeme Nymphen fand? Wiel.

Anm. Dieses Wort lautet in Oberschwaben biquam, im Niedersächs. bequeem, bey dem Ottfried biquam, im Schwedischen bequaem, im Dänischen beqvem. Es ist ohne Zweifel von dem Zeitworte kommen, welches in den ältern Mundarten queman lautete. Bekommen bedeutet noch jetzt im Hochdeutschen eines Gesundheit gemäß seyn, und in dieser Betrachtung kann bequem zugleich nach dem Lateinischen conveniens gebildet seyn. Ehedem war auch kommlich in dieser Bedeutung üblich, und im Oberdeutschen kennet man es noch. Das Latein. commodus stammet mit demselben vermuthlich aus Einer Quelle her, wohin auch das Angels. cweman, gefallen, und cwemend, gefällig, gehöret. Bequem für geschickt, von Personen, z. B. bequeme Richter, wie Opitz sagt, ist im Hochdeutschen nicht mehr üblich.


Bequemen (W3) [Adelung]


Bequemen, verb. reg. act. bequem machen. 1. * Eigentlich, bequem, geschickt zu etwas machen. Ein Zimmer zur Wohnung bequemen. Dieser Gebrauch ist im Hochdeutschen veraltet, wo man es, 2. nur figürlich, und zwar als ein Reciprocum braucht. 1) Sich einer Sache gemäß bezeigen. Sich nach der Zeit bequemen. Er bequemte sich nach meinem Willen. Sich unter eines Gewalt bequemen. Die Wortfügung mit der dritten Endung: bequemen sie sich der Gewohnheit, Gottsched. Ich will mich ihrer Art in jedem Stück bequemen, ebend. ist Oberdeutsch. 2) Den Absichten eines Höhern oder Stärkern gemäß handeln. Er will sich noch nicht bequemen. Er hat sich endlich bequemet. Er bequemet sich zu allem. Wer - - den Sünden Der Fürsten sich bequemt, ein Rauchwerk anzuzünden, Dusch.

Anm. Das Verbum biqueman, welches bey dem Kero vorkommt, gehöret nicht hierher, sondern bedeutet sich zutragen, dergleichen Bedeutung das Nieders. bikamen noch hat.


Bequemlichkeit (W3) [Adelung]


Die Bequemlichkeit, plur. die -en. 1) Die Neigung Hindernisse oder Bemühung zu scheuen; ohne Plural. Nach seiner Bequemlichkeit leben, essen, schlafen u. s. f. Seine Bequemlichkeit lieben. Thun sie es nach ihrer Bequemlichkeit. Noch mehr aber, 2) die Eigenschaft einer Sache, da sie unsern Absichten bequem ist, oder in ihrem Gebrauche nicht viele Mühe verursacht; gleichfalls ohne Plural. Dieser Ort hat die Bequemlichkeit des Wassers, der Post, der Schiffe u. s. f. 3) Bequeme Dinge, die bey ihrem Gebrauche wenig Mühe verursachen. Eine Kut- sche ist eine große Bequemlichkeit. Ein Haus, welches viele Bequemlichkeiten hat. Es ist unvernünftig, sich der Bequemlichkeiten des Lebens aus bloßem Ehrgeize zu berauben. Brauchen sie ihre Bequemlichkeit, bedienen sie sich alles dessen, was ihnen bequem ist. 4) In der anständigen Art zu reden, auch zuweilen das heimische Gemach, der Abtritt.

Anm. Das Bey- und Nebenwort bequemlich ist für bequem im Oberdeutschen noch gänge und gebe. Im Hochdeutschen siehet man es als eine unnütze Verlängerung an. Die Niedersachsen haben auch das Hauptwort, welches aber im Hochdeutschen unbekannt ist, so wie die Kommlichkeit der Oberdeutschen, für Bequemlichkeit.


Berahmen (W3) [Adelung]


Berahmen, oder Beraumen, verb. reg. act. welches nur noch in der Schreibart der Kanzelleyen für bestimmen, ansetzen, üblich ist, und besonders von der Bestimmung einer Zeit gebraucht wird. Einen Tag zu einen gütlichen Vergleiche, einen Termin berahmen oder beraumen. So auch die Berahmung oder Beraumung. S. Anberahmen, welches gewöhnlicher ist, ob es gleich nicht so richtig ist.


Berainen (W3) [Adelung]


Berainen, verb. reg. act. mit den gehörigen Rainen, d. i. Grenzen, versehen. Ein Feld berainen. Daher die Berainung. S. Rain.


Beranden (W3) [Adelung]


Beranden, verb. reg. act. mit einem Rande versehen, besonders in den Münzstätten, wo die Münzen berandet werden. Daher die Berandung. S. auch Kräuseln.


Berappen (W3) [Adelung]


Berappen, verb. reg. act. bey den Mäurern, eine Wand berappen, sie vor dem Tünchen mit Kalk oder Mörtel bewerfen, oder überziehen. Im Schwedischen heißt diese Arbeit rappa, und im Französischen crepir. Ihre glaubt, das erstere könne von dem letztern, aber auch von dem Holländischen Rappe, die Rinde, die sch auf den Wänden setzet, abstammen. Allein es kann mit diesem Worte auch auf das Abraffen des angeworfenen Kolkes gesehen werden, welches bey dieser Arbeit wirklich geschiehet, um überall eine gleiche Fläche zu erhalten. Rapen und rappen bedeuten im Niedersächsischen raffen. So auch die Berappung.


Berasen (W3) [Adelung]


Berasen, verb. reg. act. 1. Activum, mit Rasen bekleiden. Einen Damm, ein Ufer berasen. Daher die Berasung. 2. Neutrum mit seyn, mit Gras überzogen werden. Nasse Felder pflegen wieder zu berasen, wenn sie zeitlich gebrachet werden.


Beraspeln (W3) [Adelung]


Beraspeln, verb. reg. act. mit der Raspel bearbeitet. Ein Stück Holz, ein Bret beraspeln. Daher die Beraspelung.


Berathen (W3) [Adelung]


Berathen, verb. irreg. act. ( S. Rathen,) welches nach dem verschiedenen Gebrauche des Wortes Rath auch verschiedene Bedeutungen hat.1. Mit dem nöthigen Geräthe versorgen, und zwar, 1) * in weitesten Bedeutung, begaben, begiften. Ein Gotteshaus berathen, es mit den nöthigen Einkünften versorgen, in Strykers altem Gedichte auf Carlu den Großen. Allein diese Bedeutung ist größten Theils veraltet; außer daß, Gott berathe dich! an einigen Orten noch eine gewöhnliche Formel ist, einen Bettler abzuweisen. 2) Ein Kind berathen, es mit der nöthigen Versorgung von sich lassen, es sey ein Sohn, oder eine Tochter, ausstatten, in der weitesten Bedeutung dieses Wortes. Berathe deine Tochter, Sprw. 7, 2. 3) In engerer Bedeutung, mit der nöthigen Gerade, oder Geräthschaft versehen, im Gegensatze der Aussteuer, besonders von Töchtern. In beyden Bedeutungen kommt dieses Wort so wohl in den Statuten mancher, besonders Niedersächsischer Gegenden, als auch in der rechtlichen Schreibart noch zuweilen vor. 4) Figürlich. a) * Bescheren. Wie der Wirth ist, so beräth Gott die Gäste, welche Redensart nebst dieser ganzen Bedeutung nur noch zuweilen im Oberdeutschengehöret wird. b) * Helfen, mit Rath und That an die Hand geben. Daß ich wohl berathe, die mich lieben, Sprichw. 8, 21. das Got di sele wol beriet, in Strykers altem Gedichte bey dem Schilter. Daß ich wohl berathen bin, Gryph. Auch diese Bedeutung gehöret im Hochdeutschen unter die veralteten.2. Von Rath, consilium. 1) Sich berathen, rathschlagen. Die auf meine Seele halten, berathen sich mit einander, Ps. 71, 10. Wohl berathen, gut berathen, bringt dem Rathe Ehr und Huld; Wohl berathen, mißgerathen, setzt dem Rath doch außer Schuld, Logau. Als dieses Paar die Welt betrat, Beriethen beyde sich, was bestens anzufangen, Haged. Diese Bedeutung kommt im Hochdeutschen nur noch im gemeinen Leben vor, seitdem berathschlagen üblicher geworden ist. 2) * Beschließen, einen Vorsatz fassen. Ich merke wohl, daß Gott sich berathen hat, dich zu verderben, 2 Chron 25. Auch dieser Gebrauch ist bey uns veraltet; indessen sagt doch noch einer der neuesten Schriftsteller: Fehler, die die Menschen berathen und unberathen an ihrer Gesundheit begehen, vorsetzlich und unvorsetzlich.So auch die Berathung in allen obigen Bedeutungen. Das Niedersächsische beraden kommt in den Bedeutungen mit dem Hochdeutschen überein. Rada bedeutet im Schwedischen verheirathen, rada aber geben. S. Gerade und Rath.


Berather (W3) [Adelung]


* Der Berather, des -s, plur. ut nom. sing. ein in der guten Schreibart längst veraltetes Wort, einen Helfer, Versorger auszudrucken, welches bey den Dichtern des vorigen Jahrhunderts häufig vorkommt. Gott wird dein Berather seyn, Hagedorn gebraucht dieses Wort ein Mahl für einen Berather: Domitian, Roms schändlicher Berather.


Berathschlagen (W3) [Adelung]


Berathschlagen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und nichts weiter bedeutet, als das einfache rathschlagen, außer, daß es auch als ein Reciprocum gebraucht werden kann; die Absichten und Mittel bey einer Sache überlegen und beurtheilen. Man hat lange über diese Sache berathschlaget. Die Belagerten berathschlagen noch, ob sie sich ergeben wollen. Sich mit jemanden berathschlagen. Sie haben sich lange über diese Sache, oder wegen dieser Sache berathschlaget. Daher die Berathschlagung.

Anm. Im Theuerdank kommt dieses Wort mit der vierten Endung der Sache vor: Alsdann wöllen wir ewre wort Nach notdurfften berathschlagen; welches dem eigenthümlichen Gebrauche der mit Be zusammen gesetzten Zeitwörter völlig gemäß ist. Indessen wird es doch heut zu Tage mehr als ein Neutrum gebraucht, so daß be eine bloße müßige Verlängerung ist.


Berauben (W3) [Adelung]


Berauben, verb. reg. act. 1) Eigentlich, und absolute, d. i. ohne die Endung der Sache beyzufügen, eines Eigenthum widerrechtlich und mit öffentlicher Gewalt wegnehmen. Die Reisenden berauben. Ein Haus, die Kirche berauben. 2) In weiterer Bedeutung, einem das Seinigen entziehen, es geschehe auf welche Art es wolle. Den Staat, die Cassen berauben. Am häufigsten aber mit der zweyten Endung der Sache. Jemanden seines Vermögens, seiner Ehre, seines Lebens berauben. Man hat ihn aller seiner Kinder beraubt. Durch den Krieg wird das Vaterland seiner besten Bürger beraubt. Ich will dich dieser Sache nicht berauben. 3) In noch weiterer Bedeutung, den Genuß einer Sache hindern. Dieser Umstand beraubet mich alles Trostes, aller Hülfe. Daher, einer Sache beraubt seyn, oft nur überhaupt den Mangel derselben ausdruckt. Seiner Eltern beraubt seyn. Er ist seines Gesichtes schon lange beraubt gewesen. Aller Hoffnung, alles Trostes beraubt seyn. So auch die Beraubung.

Anm. Birouban kommt schon bey dem Übersetzer Isidors vor. Lange vor ihm sagte schon Ulphilas birauban. Im Angelsächs. lautet dieses Wort bereafian, im Engl. bereave, im Holländ. berooven, im Schwed. beröfwa. Dietmar von Ast statt dessen das einfache rouban: Si roubt mih der sinne min.


Beräuchern (W3) [Adelung]


Beräuchern, verb. reg. act. den Rauch an etwas gehen lassen. Die Bienen beräuchern. Verdächtige Briefe beräuchern. Daher die Beräucherung.


Beraucht (W3) [Adelung]


Beraucht, adj. et adv. welches eigentlich das Mittelwort des ungewöhnlichen Neutrius berauchen ist, vom Rauche beschmutzt. Berauchte Wände, berauchte Wäsche.


Beraufen (W3) [Adelung]


Beraufen, verb. reg. act. welches aber im Hochdeutschen selten ist, und nur Hesek. 29, 18 für berupfen, berauben, vorkommt. Daß alle Häupter kahl und alle Seiten berauft waren.


Berauhen (W3) [Adelung]


Berauhen, verb. reg. act. durch Kratzen die Rauhigkeit benehmen, bey den Tuchbearbeitern, welche die Tücher berauhen. S. auch Rauhen.


Berauschen (W3) [Adelung]


Berauschen, verb. reg. act. 1) Von Rausch, crapula, ein wenig trunken machen. Jemanden berauschen, sich berauschen. Dieses Bier berauschet bald. Jemanden in Biere, in Weine berauschen. Auch figürlich, von Leidenschaften und heftigen Gemüthsbewegungen. Berauscht deine freundschaftliche Seele mich nicht vielleicht mit einem falschen Vergnügen? Ingleichen nach dunkeln Vorstellungen bestimmen. Die Unerfahrenen nur berauscht der Hoheit Wahn, Hagedorn. 2) Bey den Jägern bedeutet sich berauschen so viel als sich begatten, wird aber nur allein von den wilden Schweinen gebraucht. Der Eber berauscht die Sau, befruchtet sie. S. Rauschen. Daher die Berauschung, in beyden Bedeutungen.


Bercan (W3) [Adelung]


Der Bercan, S. Berkan.


Berden (W3) [Adelung]


* Berden, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches längst veraltet ist, und nur noch Es. 61, 10 vorkommt: Wie eine Braut in ihrem Geschmeide berdet, sich brüstet, stolze Geberden macht. S. Geberde, ingleichen Barzen, welches das Frequentativum davon ist.


Berechnen (W3) [Adelung]


Berechnen, verb. reg. act. 1) Mit Rechnungen belegen. Ich will es ihnen schon berechnen. Ausgabe und Einnahme berechnen. 2) Sich mit einem berechnen, beyderseitige Rechnungen mit einander vergleichen. So auch die Berechnung.


Berechtigen (W3) [Adelung]


Berechtigen, verb. reg. act. Recht, d. i. Gewalt, Vollmacht ertheilen. Du bist dazu nicht berechtiget, hast kein Recht dazu. Glaube nicht, daß dich deine Jahre zu Thorheiten berechtigen. Daher die Berechtigung.

Anm. Die Wortführung mit der zweyten Endung, einer Sache berechtiget seyn, ist mehr Oberdeutsch als Hochdeutsch. Ehedem bedeutete berechtigen auch, jemanden sein Recht anthun, d. i. ihn hinrichten, und diese Bedeutung hat berechten in der Schweiz noch jetzt.


Bereden (W3) [Adelung]


Bereden, verb. reg. act. 1) Durch scheinbare, oder höchstens wahrscheinliche Gründe zu etwas bewegen. Ich will ihn dazu zu bereden suchen. Jemanden zum Heirathen bereden. Er läßt sich leicht bereden. 2) Durch wahrscheinliche Gründe überzeugen, überreden, in welcher Bedeutung es im Oberdeutschen mit der zweyten Endung der Sache verbunden wird, welches auch einige Hochdeutsche nachahmen. Baruch beredet dich dessen, Jerem. 43, 3. Seine Aufführung hat mich dessen längst beredet. Wahre Freunde sind nicht so selten, als du dich selbst beredet hast, als du dir eingebildet hast, Dusch. 3) Sich mit jemanden bereden, unterreden. Wir müssen uns zuvor darüber bereden, ehe wir uns entschließen können. Ingleichen, verabreden. Sie beredeten sich, nichts davon zu sagen. 4) Etwas bereden, darüber reden, besonders um sein Mißfallen zu erkennen zu geben, welche Bedeutung doch wohl nur im Oberdeutschen einheimisch ist. Ingleichen nachtheilig von jemanden reden, im gemeinen Leben. Er beredet die ganze Stadt. So auch die Beredung, besonders in der ersten und zweyten Bedeutung.

Anm. Ehedem bedeutete dieses Wort nach Maßgebung des verschiedenen Gebrauches des Wortes Rede auch, 1) beweisen, welche Bedeutung in dem Schwabenspiegel häufig vorkommt. Zu den Heiligen bereden, ist in dem alten Augsburgischen Stadtbuche aus dem 13ten Jahrhunderte so viel als zu den Heiligen schwören. 2) Durch vernünftige Gründe überzeugen, wie redinon schon bey dem Ottfried vorkommt. Das Altfriesische bireda hatte gleiche Bedeutung. 3) Beschuldigen, und 4) in Anspruch nehmen, wovon in F. G. Struvens rechtlichen Erklärung Deutscher Wörter Beyspiele vorkommen. S. Rede.


Beredsam (W3) [Adelung]


Beredsam, -er, -ste, adj. et adv. welches nur noch im gemeinen Leben für beredt üblich ist, mit der Gabe zu bereden, d. i. zu überreden, versehen. Sie ist eine beredsame Frau. S. das folgende und Beredt.


Beredsamkeit (W3) [Adelung]


Die Beredsamkeit, plur. inusit. die Fertigkeit andere zu bereden, und zwar, 1) in der weitesten Bedeutung, da dieses von einem jeden gebraucht wird, der die Gabe hat, andere zu überreden. Er besitzet viele Beredsamkeit. 2) In der engern Bedeutung, die Fertigkeit eines Redners, Überredung zu wirken, und die Kunst, welche die dazu nöthigen Regeln an die Hand gibt. Ein Mann von großer Beredsamkeit. Die Beredsamkeit lehren. 3) In der engsten Bedeutung, da dieses Wort der Dichtkunst entgegen gesetzet wird, bedeutet es die Fertigkeit, in ungebundener Rede Überredung zu wirken, und die Kunst, welche solches lehret.

Anm. Eigentlich kommt dieses Wort wohl von dem Zeitworte bereden, und dessen ersten Bedeutung her. Indessen kann man es auch von dem folgenden beredt ableiten, und Beredtsamkeit schreiben; welches desto weniger Schwierigkeit hat, weil beyde Wörter neuern Ursprunges sind.


Beredt (W3) [Adelung]


Beredt, -er, -este, adj. et adv. 1) Mit der Gabe zu reden versehen. Dahin gehören, obgleich in figürlicher Bedeutung, die beredten Zeichen in der Astrologie, worunter die Zwillinge, die Jungfrau, der Wassermann, die Wage, und die 15 ersten Grade des Schützen verstanden werden. 2) Mit der Gabe viel zu reden versehen. Eine beredte Frau. Er hat eine beredte Zunge. 3) Mit der Gabe wohl zu reden, d. i. Überredung zu wirken, versehen.


Beredtsamkeit (W3) [Adelung]


Die Beredtsamkeit, plur. inusit. S. Beredsamkeit.


Beregnen (W3) [Adelung]


Beregnen, verb. reg. act. welches aber nur als ein Passivum gebraucht wird, beregnet werden, von Regen naß gemacht werden. Wir sind unter Weges gar sehr beregnet worden.

Anm. Beregenon kommt schon bey dem Notker vor. In einigen Oberdeutschen Mundarten wird es auch als ein Neutrum für beregnet werden gebraucht. Hin über das Gewölke steiget Der Reiger, daß er nicht beregne, Logau. Man muß sich in Acht nehmen, daß sie nicht beregnen, heißt es bey dem Leopold, einem Lausitzischen Schriftsteller.


Bereiben (W3) [Adelung]


Bereiben, verb. irreg. act. S. Reiben. 1) An etwas reiben, es durch Reiben bearbeiten. Holz mit Schachtelhalm bereiben. Sich mit wohl riechendem Wassern bereiben. 2) Im Reiben oder durch Reiben bedecken. Den Kuchen mit Zucker bereiben. So auch die Bereibung.


Bereichern (W3) [Adelung]


Bereichern, verb. reg. act. reich machen. Jemanden bereichern. Seine Freunde bereichern. Sich mit andere Leute Schaden bereichern. Ingleichen figürlich. Ein Buch, welches unsere Erkenntniß bereichert. Daher die Bereicherung.

Anm. Im Niedersächsischen lautet dieses Wort riken, verrikern, im Holländ. ryken, im Dänischen berige. Reichen kommt für bereichern schon in Strykers altem Gedichte bey dem Schilter vor.


Bereifen (W3) [Adelung]


Bereifen, verb. reg. act. mit Reif überziehen, wovon im gemeinen Leben aber nur das Mittelwort bereift üblich ist. Bereifte Felder. Der Wald steht bereift. Ingleichen figürlich. Wie hat des Alters Eis sein schwarzes Haar bereift? Weiße.


Bereimen (W3) [Adelung]


Bereimen, verb. reg. act. über etwas reimen. Nicht daß dein schmeichelnd Lob des Reichen Stolz bereime, Kästn.


Bereinen (W3) [Adelung]


Bereinen, S. Berainen.


Bereisen (W3) [Adelung]


Bereisen, verb. reg. act. Die Messen bereisen, gewöhnlich auf die Messen reisen. Ein Land bereisen, durch dasselbe reisen, um es zu untersuchen, daher die Bereisung.


Bereit (W3) [Adelung]


Bereit, adv. fertig, etwas zu verrichten oder zu leiden, von allen Hindernissen einer Veränderung frey. 1) Eigentlich. Ich bin bereit abzureisen. Sich zu etwas bereit machen. Bereit seyn, bereit stehen. Zum Kriege, zum Schlagen bereit. Etwas bereit halten. 2) Figürlich, von der Neigung des Willens, willig. Ich bin zu allen bereit. Ich bin bereit dich anzuhören. Bereit zum Verzeihen.

Anm. Die älteste Gestalt dieses Wortes in der Oberdeutschen Mundart ist reit, redi, welches bey dem Ottfried vorkommt, und fertig, ingleichen schnell bedeutet. Das heutige Niedersäch-sische rede, und Osnabrück. ree, kommt damit genau überein; so wie das Wallisische rhwyd, das. Angels. rath, rathe, das Holländ. reed, das Picardische rade, das Schwed. reda, das Engl. ready, das Isländ. radan, und das Latein. paratus, welche alle entweder fertig, oder schnell bedeuten. In den Slavonischen Mundarten bedeutet rad gern. Das Stammwort davon scheinet noch in dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich thut, mache, verborgen zu liegen. S. auch Rath und Geräth. Bereit war ehedem auch ein Adjectiv, in welcher Form es im Oberdeutschen noch üblich ist, weil man daselbst ein bereiter Tisch, ein bereites Schiff sagt. Ein bereit Volk, kommt auch noch Luc. 1, 17 vor; bereite Brote aber, 2 Chron. 13, 11, gehöret zu dem Verbo bereiten. Im Hochdeutschen ist es in dieser Gestalt eines Beywortes nicht mehr üblich, außer, daß man in den Rechten noch das bereiteste Vermögen, dasjenige Vermögen nennet, welches man sogleich und ohne viele Umstände haben kann. Bereites Geld bedeutete, nach dem Muster des Lateinischen parata pecunia, ehedem auch bares Geld, und im Niedersächsischen wird rede Geld noch so gebraucht.


Bereiten (W3) [Adelung]


1. Bereiten, verb. reg. act. bereit machen, zu einem gewissen Gebrauche geschickt machen. Tücher, Felle, Leder bereiten. Das Erdreich zur Saat bereiten. Das Essen, die Speisen bereiten. Es ist alles bereitet. Den Weg bereiten, größten Theils in figürlicher Bedeutung. Das ist nicht Freude, was nur unangenehmen Empfindungen den Weg bereitet, Dusch. Sich bereiten. Sich zur Reise, zu Tode, zum heil. Abendmahle bereiten. So auch die Bereitung.

Anm. Beraiten kommt in Strykers Gedichte mehrmahls vor, und in dem Lateine der damahligen Zeiten ist bareitare daraus geworden. Kero gebraucht dafür karatan, und die Angelsachsen geraedian. Das Isländ. reida, das Schwed. reda, Holl. reeden, und Nieders. reden, behalten dagegen noch das einfache Zeitwort in eben derselben Bedeutung auf. S. Geräth und Rath.


Bereiten (W3) [Adelung]


2. Bereiten, verb. irreg. act. ( S. Reiten,) von reiten, equitare. 1) An einen Ort reiten, ihn zu besichtigen. Die Äcker, die Grenzen bereiten. In Pohlen bedeutet ein Gut bereiten, es mit gewaffneter Hand in Besitz nehmen, ein Überbleibsel des alten Faustrechtes. 2) Durch mehrmahliges Reiten abrichten, geschickt machen, zureiten. Ein Pferd bereiten. Ein berittenes Pferd. 3) Das Mittelwort beritten, wird außer dem noch in einer besondern Bedeutung gebraucht, indem es so viel heißt, als mit einem Pferde versehen. Die Reiterey ist noch nicht beritten gemacht, hat noch keine Pferde. Sehr schlecht beritten seyn, ein schlechtes Pferd reiten. Ihr seyd sehr wohl beritten, ihr habt ein gutes Pferd. Dieser Gebrauch kann nur denen anstößig seyn, die die Natur der Participien der vergangenen Zeit nicht kennen, und sie nur allein dem Passivo beylegen.Ehedem wurde beritten seyn auch für reiten gebraucht. Darumb so reit Auf diesem prawnen türckhen mein Darauf mügt ir beritten seyn, Theuerd. Kap. 61. Daher die Bereitung in den beyden ersten Bedeutungen.


Bereiter (W3) [Adelung]


1. Der Bereiter, des -s, plur. ut nom. sing. von bereiten, parare, der etwas zubereitet, Fämin. die Bereiterinn, plur. die -en; aber nur in den Zusammensetzungen, Flachsbereiter, Tuchbereiter, Lederbereiter u. s. f.


Bereiter (W3) [Adelung]


2. Der Bereiter, des -s, plur. ut nom. sing. von bereiten, equitare. 1) Der die Kunst verstehet, die Pferde zu bereiten, d. i. abzurichten, zum Reiten geschickt zu machen. 2) Der dazu gesetzt ist, gewisse Gegenden zu bereiten; doch nur in den Zusammensetzungen, Forstbereiter, Wegebereiter, Zollbereiter u. s. f.


Bereits (W3) [Adelung]


Bereits, ein Nebenwort der Zeit, welches eben so viel bedeutet, als schon, nur daß es anständiger und edler ist. Es fängt bereits an zu regnen. Es ist bereits geschehen. Es ist bereits spät. S. Schon.

Anm. Dieses Adverbium gehöret zu dem Worte bereit. Schon Ulphilas gebraucht raihtis für iam, womit das Angels. rah, das Engl. already, das Holländ. reeds, das Schwed. redan, und das Niedersächsische reed und reeds überein kommen. Allbereits für bereits ist eine bloß müßige Alemannische Verlängerung, obgleich auch die Nieders. alreeds und alree sagen. S. Allbereits.


Bereitschaft (W3) [Adelung]


Die Bereitschaft, plur. die -en. 1) Der Zustand, da eine Person oder Sache zu etwas bereit und fertig ist; ohne Plural. In Bereitschaft seyn oder stehen, bereit seyn. Wir waren in völliger Bereitschaft abzureisen. Truppen, Gels in Bereitschaft haben, bereit haben. Die Schiffe liegen in Bereitschaft unter Segel zu gehen. Sich in Bereitschaft halten. Er ist noch in schlechter Bereitschaft dazu. 2) Was zu Erreichung einer Absicht bereit seyn muß. Die Bereitschaft zum Kriege, zu einem Gastmahle u. s. f. Und am dritten Tage warfen wir mit unsern Händen aus die Bereitschaft im Schiff, Apostlg. 27, 19. Im Hochdeutschen ist diese Bedeutung wenig mehr üblich. Im Niedersächsischen ist in beyden Bedeutungen Reedschup, Reeschup bekannt.


Bereitwillig (W3) [Adelung]


Bereitwillig, -er, -ste, adj. et adv. welches aus der Redensart bereit und willig zusammen gezogen ist, und besonders von der Neigung, andern zu dienen, gebraucht wird. Er ist ein bereitwilliger Mann. Er ist sehr bereitwillig.


Bereitwilligkeit (W3) [Adelung]


Die Bereitwilligkeit, plur. inusit. die Neigung des Gemüthes, etwas ohne Zwang und Aufschub zu thun, besonders, andern auf diese Art zu dienen.


Berennen (W3) [Adelung]


Berennen, verb. reg. act. ( S. Rennen,) an einen Ort rennen, oder auf einen Ort zu rennen; doch nur in figürlicher Bedeutung, da eine Stadt berennen, so viel heißt, als sie überall mit Truppen einschließen, welches alle Mahl das Vorspiel der Belagerung ist.

Anm. Heinrich von Morunge gebraucht dieses Wort noch in seiner eigentlichen Bedeutung, wenn er sagt: Din lant wil ich berennen gar, schnell durchreisen.


Berenten (W3) [Adelung]


Berenten, verb. reg. act. mit Renten versehen. Jemanden auf Lebenszeit berenten. Daher die Berentung. S. Renten.


Bereuen (W3) [Adelung]


Bereuen, verb. reg. act. Reue über etwas haben. Eine begangene That, seine Fehler, seine Sünden bereuen. Daher die Bereuung.

Anm. Es wird dich gereuen, druckt Kero durch hrivoes aus, und biriuuen kommt bey dem Ottfried für Mitleid empfinden vor. Ehedem wurde es auch impersonaliter für gereuen gebraucht; z. B. ihn soll dieses Irrthums bereuen.


Berg (W3) [Adelung]


Der Berg, des -es, plur. die -e, Diminutivum Oberdeutsch Berglein, contr. Bergel, Hochdeutsch vulg. Bergelchen. 1. Eigentlich, eine ansehnliche Erhöhung der Erde, zum Unterschiede von einer Anhöhe und einem Hügel, und im Gegensatze der Ebene und des Thales. Ein hoher Berg. Ein Berg besteigen. Über einen Berg reisen u. s. f. Figürliche, aber nur im gemeinen Leben übliche Redensarten sind: Es ist noch ein großer Berg zu übersteigen, noch ein großes Hinderniß zu überwinden. Wir sind noch nicht über den Berg, haben das Schwerste noch nicht überstanden. Die Ochsen stehen am Berge, es will mit der Sache nicht fort, ein Hinderniß hält sie auf. Die Haare standen mir vor Schrecken zu Berge, der Schrecken trieb mir die Haare zu Berge, einen großen Schrecken auszudrucken.Einem goldene Berge, sehr viel, versprechen. Er ist über alle Berge, er ist plötzlich entflohen. Mit etwas hinter dem Berge halten, geheim damit thun.2. Figürlich. 1) In dem Bergbaue bedeutet Berg, noch mehr aber im Plural Berge, eine jede taube Erd- oder Steinart, welche kein Erz in sich enthält, besonders wenn sie los gewonnen worden, oder von selbst abfällt. Daher die bergmännischen Redensarten, Berge bauen, die Berge fortschaffen, zu Tage ausfödern. Auf dem Unterharze hingegen führet diesen Nahmen auch alles kleine Erz, welches nicht in ansehnlichen Stücken gewonnen wird. 2) Im gemeinen Leben werden auch verschiedene andere Erhöhungen Berge genannt. In der Chiromantie führen diesen Nahmen die erhabenen Stellen unter den Fingern in der Hand, und die Jäger nennen das Erhabene in der Hirschfährte, welches die tiefen Eindrücke der Klauen von einander scheidet, das Berglein, oder nach der gemeinen Aussprache, das Birgel.

Anm. Eine geringe Erhöhung des Erdbodens heißt eine Anhöhe, eine etwas stärkere ein Hügel und an einigen Orten ein Anberg, die stärkste ein Berg, und eine fortlaufende Reihe von Bergen ein Gebirge. Berg, Nieders. Berch, Barg, ist ein sehr altes Wort, obgleich der Vocal allerley Veränderungen darin erlitten hat. Bey dem Ulphilas heißt es Bairg, bey dem Kero Pereg, bey den spätern Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern Berg, im Angels. Beorg, im Isländ. Biarg, im Dän. Bierg, im Wendischen und Slavonischen Hora und Gory, im Lappländischen, Finnischen und Esthnischen Wari, Wuori, im Böhmischen Wrch. Sonst bedeutet in den Slavonischen Mundarten Pereg das Ufer, womit die Bedeutung des Zeitwortes bergen, die Güter an das Ufer bringen, überein kommt. S. Bergen und Burg. Die Schweizerische Mundart, die dem r gerne ein l unterschiebt, nennet den Gipfel eines hohen Berges Belch, so wie auch Kilch für Kirche sagt. Im Hollsteinischen bedeutet Berg einen Feldschupfen, eine Wetterhütte, welches aber zunächst von dem Verbo bergen gebildet ist. Es scheinet, daß der Hauptbegriff in dem Worte Berg die Höhe ist, und da könnte es wohl zu dem alten Zeitworte bären, heben, gehören. Die ältern Kräuterkundigen haben einer Menge Pflanzen, die auf allerley Boden fortkommen, die Wörter Berg- Feld- Wasser- u. s. f. vorgesetzt, wenn sie gleich in nichts, als in der Verschiedenheit des Bodens von einander unterschieden sind. Diese Häufung der Nahmen hilft zu weiter nichts, als daß sie die Verwirrung, die in den Deutschen Benennungen der Pflanzen ohnehin schon groß genug ist, nur noch mehr vergrößert. Man hat daher alle dergleichen Nahmen mit gutem Bedachte hier weggelassen, und nur diejenigen behalten, die wirklich besondere Arten ausmachen. In vielen andern Zusammensetzungen beziehet sich Berg - auf den Bergbau, und stehet für Bergwerk.


Bergab (W3) [Adelung]


Bergab, adv. für den Berg hinab. Bergab gehen, fahren, reiten. Es geht bergab, nach einer schiefen Fläche, niederwärts. So fern dieses Wort ein wirkliches Adverbium ist, kann es auch mit einem kleinen b geschrieben werden; obgleich andere in Rücksicht auf das Hauptwort Berg, ein großes B für schicklicher halten.


Bergacker (W3) [Adelung]


Der Bergacker, des -s, plur. die -äcker, ein an einem Berge liebender Acker.


Bergahorn (W3) [Adelung]


Der Bergahorn, des -es, plur. die -e. 1) Ein Nahme der Maserle; Acer campestre, L. S. Maserle. 2) In andern Gegenden führet der Pseudoplatanus L. diesen Nahmen.


Berg-Akademie (W3) [Adelung]


Die Berg-Akademie, (fünfsylbig,) plur. die -n, (sechssylbig,) eine Anstalt, wo die zu dem sämmtlichen Bergbaue gehörigen Kenntnisse wissenschaftlich gelehret werden; dergleichen z. B. zu Freyberg ist.


Bergalaun (W3) [Adelung]


Der Bergalaun, des -es, plur. inus. Alaun, welcher in fester Gestalt gebrochen wird, zum Unterschiede von dem gesottenen; Felsalaun.


Bergälster (W3) [Adelung]


Die Bergälster, plur. die -n, der Nahme eines kleinen Raubvogels, der nur auf kleine und junge Vögel stößt, und in den gemeinen Mundarten Neuntödter, Würger, Quargringel, und im Hannöverischen Rabraker genannt wird; Lanius, L. S. Neuntödter.


Bergälteste (W3) [Adelung]


Der Bergälteste, des -n, plur. die -n, der Älteste unter den Bergleuten, der in einigen Fällen die Stelle eines Syndici derselben vertritt.


Bergamotte (W3) [Adelung]


Die Bergamotte, plur. die -n, der Nahme einer grünen und runden Birn von einem angenehmen gewürzhaften Geschmacke, welche man wieder in Sommer- und Winter-Bergamotten einzutheilen pfleget. Wir haben diesen Nahmen von den Franzosen und Italiänern bekommen, welche diese Birn Bergamotte und Bergamotta zu nennen pflegen. Menage leitet denselben aus den Türkischen her, von Beg, ein Herr, Fürst, und Armout, Birn, so daß er eigentlich Herrenbirn bedeuten würde. Andere lassen ihn von dem Nahmen der Stadt Bergamo abstammen. Die Niedersachsen sprechen diesen Nahmen Permutte aus. Daher der Bergamotten-Baum, des -es, plur. die -Bäume. Das Bergamotten-Öhl, ein wohl riechendes Öhl, welches man aus der Schale der Frucht eines auf den Stamm der Bergamotten-Birn gepfropften Limonien-Zweiges erhält, und im gemeinen Leben nur Bergamott genannt wird.


Bergamt (W3) [Adelung]


Das Bergamt, des -es, plur. die -ämter, ein Amt oder Gericht, welches die erste Instanz in Bergwerkssachen, besonders in Ansehung des Grubenbauers, hat. Daher das Bergamtsbuch u. s. f. Der Bergamtsverwalter ist zu Freyberg eine obrigkeitliche Person, welche in Abwesenheit der Berghauptleute in verschiedenen Sachen den Vorsitz hat. Das Oberbergamt, welches in Bergwerkssachen die höchste Gerichtsbarkeit hat.


Bergan (W3) [Adelung]


Bergan, ein Nebenwort, für den Berg hinan. Bergan gehen, fahren. Es gehet bergan, sagt man von einer schiefen Fläche auf den Erdboden, die sich hinaufwärts beweget. Von der Rechtschreibung dieses Wortes gilt dasjenige, was schon bey Bergab erinnert worden.


Bergandorn (W3) [Adelung]


Der Bergandorn, des -es, plur. inus. eine Art der Roßpoley, welche auf Bergen einheimisch ist; Stachys Germanica, L.


Bergänte (W3) [Adelung]


Die Bergänte, plur. die -n, eine Art Grönländischen Änten, welche so groß wie eine mittelmäßige Gans ist, und deren Männchen die Stimme eines Täubers hat.


Bergäppich (W3) [Adelung]


Der "Bergäppich", des -es, plur. inus. eine Pflanze; "Athamanta Oreoselinum, L." Sie wächset auf den Europäischen Hügeln und wird auch "Bergpetersilie", "Bergpeterlein", "Grundheil", "Vielgut" genannt.


Bergarbeit (W3) [Adelung]


Die Bergarbeit, plur. die -en, eine jede Arbeit, welche in einem Bergwerke geschiehet. Daher der Bergarbeiter, des -s, plur. ut nom sing. ein jeder Arbeiter, der in Bergwerken gebraucht wird.


Berg-Aron (W3) [Adelung]


Der Berg-Aron, des -s, plur. inus. eine Spielart der gewöhnlichen Arons oder Schlangenkrautes, welche eine dicke von außen bräunliche Wurzel hat, dagegen die Wurzel des gemeinen Arons weiß ist. S. Aron.


Bergart (W3) [Adelung]


Die Bergart, plur. die -en, bey den Bergleuten, ein jedes Gestein, oder eine jede Erde, welche bey und neben den Erzen bricht, und daher Anziehung auf Erz gibt. Selbst das rothe Moos, welches an dem büchenen Holze in den Stollen wächset, wird daher zuweilen eine Bergart genannt, weil man es für eine Anzeige des vorhandenen Erzes hält. Freundliche Bergarten sind diejenigen Steinarten, welche Metallmütter anzugeben pflegen.


Bergauf (W3) [Adelung]


Bergauf, ein Nebenwort, den Berg hinauf. Bergauf gehen, fahren, reiten. Es gehet bergauf. Von der Rechtschreibung dieses Wortes S. Bergab.


Bergauster (W3) [Adelung]


Die Bergauster, plur. die -n, in den Seestädten, ein Nahme derjenigen Austern, welche auf den Austerbänken gefischet werden, und die besten sind; zum Unterschiede von den schlechtern Sand- und Thonaustern.


Bergaustheiler (W3) [Adelung]


Der Bergaustheiler, des -s, plur. ut nom. sing. in den Bergwerken, derjenige, welcher das Geld, das von jeder Zeche an Zehenten einkommt, von den Zehentnern in Empfang nimmt und austheilet.


Bergbalsam (W3) [Adelung]


Der Bergbalsam, des -s, plur. inus. ein zartes, weißes und gelbliches Erdöhl, welches die Flamme anzieht, und das Gold aus dem Königswasser scheidet. Es wird auch Naphtha genannt. Andere nennen einen etwas schleimigeren, aber gleichfalls brennbaren Erdkörper Bergbalsam, der nicht so dick und zähe ist, als der Bergtheer oder das Bergwachs, und besonders in Persien in einer Höhle des Berges Benna gefunden, und auch Erdbalsam genannt wird.


Bergbarte (W3) [Adelung]


Die Bergbarte, plur. die -n, ein kleines Beil, oben mit einer langen Spitze, und unten mit einem langen Helme, welches die Bergleute zur Zierde tragen. S. Barte.


Bergbau (W3) [Adelung]


Der Bergbau, des -es, plur. car. der Inbegriff alles dessen, was zur Arbeit in den Bergwerken gehöret; ingleichen die Wissenschaft, welche die dazu nöthigen Regeln ertheilet. Den Bergbau unterstützen, verabsäumen u. s. f. Sich auf den Bergbau legen. Daher die Bergbaukunst, plur. inus. die Wissenschaft, den Bergbau gehörig zu treiben, oder den Erzen unter der Erde am besten und leichtesten beyzukommen, S. Bau.


Bergbeamte (W3) [Adelung]


Der Bergbeamte, des -n, plur. die -n, der einem Amte in einem Bergwerke vorgesetzt ist; ein Bergbedienter.


Bergbediente (W3) [Adelung]


Der Bergbediente, des -n, plur. die -n, S. das vorige.


Bergblau (W3) [Adelung]


Das Bergblau, indecl. plur. car. ein Nahme, welcher verschiedenen blauen oder bläulichen mineralischen Körpern gegeben wird. 1) Einem blauen gereinigten Thone. 2) Einem erdigen, lockeren, leichten Kupfererze von blauer Farbe, welches, wenn es derb und fest ist, Kupferblau, wenn es aber sehr erdig und locker ist, Kupferocher genannt wird. 3) Endlich dem Armenischen oder Lasursteine, und der blauen Farbe, welche daraus bereitet wird. Von der Declination S. Beergelb.


Bergbock (W3) [Adelung]


Der Bergbock, des -es, plur. die -böcke, ein wilder Bock, mit knotigen krummen Hörnern, welche nach den Rücken zu gebogen sind. Er ist dunkelbraun von Farbe, und hält sich auf den höchsten Bergen und Klippen auf, daher er auch Felsenbock, Klippenbock oder Steinbock genannt wird; Capra Ammon, L. Tragus montanus ferus, Kl. Das Weibchen davon heißt die Bergziege. Der Sibirische Bergbock, welchen die Mungalen, Kalmucken und Tungusen Argali, die Russen aber Kamennoi-Baran nennen, unterscheidet sich von dem Europäischen, besonders durch Mangel des Bartes und durch seine außerordentlich großen und schweren Hörner. S. auch Steinbock.


Bergbohrer (W3) [Adelung]


Der Bergbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Bohrer der Bergleute, Öffnungen in das harte Stein zu machen, um es zu sprengen. 2) Ein von dem Prof. Lehmann in Leipzig erfundener künstlicher Bohrer, die Erd- und Steinarten in der Tiefe damit zu erforschen; der Erdbohrer.


Bergbothe (W3) [Adelung]


Der Bergbothe, des -n, plur. die -n, ein Bothe, welcher von den Bergbeamten, gebraucht und in Bergwerkssachen verschickt wird.


Bergbraun (W3) [Adelung]


Das Bergbraun, indecl. plur. car. eine braune Erde, welche auch Umbra, Umber-Erde genannt wird.


Bergbuch (W3) [Adelung]


Das Bergbuch, des -es, plur. die -bücher, dasjenige Buch, in welches die Verhandlungen Berggerichtes verzeichnet werden.


Bergbüche (W3) [Adelung]


Die Bergbüche, plur. die -n, ein Nahme, welcher von einigen auch der Hage- oder Weißbüche gegeben wird, weil sie gern in bergigen Gegenden wächst; im Gegensatze der Thal- oder Rothbüche. S. diese Wörter.


Bergbutter (W3) [Adelung]


Die Bergbutter, plur. car. 1) Im Bergbaue, ein gelblicher sehr fetter Thon, welcher einige Ähnlichkeit mit der Butter hat, und auch Steinbutter genannt wird. 2) Ein gewisses Sibirisches Alaunerz von ähnlichen Beschaffenheit; Axungia Solis.


Berg-Compaß (W3) [Adelung]


Der Berg-Compaß, S. Gruben-Compaß.


Bergdachs (W3) [Adelung]


Der "Bergdachs", des -es, plur. die -dächse, bey einigen ein Nahme des "Murmelthieres", welches siehe.


Bergdistel (W3) [Adelung]


Die Bergdistel, plur. die -n, ein Nahme der Wegedistel, Onopordum Acanthium, L. weil sie gerne in rauhen gebirgigen Gegenden wächset. S. Wagedistel.


Bergdohle (W3) [Adelung]


Die Bergdohle, plur. die -n, eine Art Dohlen, welche in gebirgigen Gegenden einheimisch ist, und besonders in der Schweiz gefunden wird. Sie ist größer, als die gemeine Art, hat einen kürzern, krümmern und gelben Schnabel, und ist von Farbe entweder schwarz, oder grau uns schwarz. S. Alprabe.


Bergegeld (W3) [Adelung]


Das Bergegeld, plur. des -es, plur. inus. 1) Geld, welches denjenigen zur Belohnung gegeben wird, welche gestrandete Güter verborgen haben, und auch der Bergelohn heißt. 2) Dasjenige Geld, welches dem Grundherren einer Küste bezahlt wird, wenn er die gestrandeten und geborgenen Güter verabfolgen lassen soll. S. Bergen.


Bergeimer (W3) [Adelung]


Der Bergeimer, des -s, plur. ut nom. sing. ein in Regensburg übliches Weinmaß, welches 68 Köpfe und 136 Seidel hält.


Bergeinsiedler (W3) [Adelung]


Der Bergeinsiedler, des -s, plur. ut nom. sing. S. Berg-Eremit.


Bergeisen (W3) [Adelung]


Das Bergeisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Meißel der Bergleute mit einem Stiele, welchen auf das Gestein setzen, und mit einem Hammer oder Fäustel darauf schlagen. Das Bergeisen und der Fäustel werden zusammen Schlägel und Eisen genannt.


Bergelohn (W3) [Adelung]


Der Bergelohn, des -es, plur. inus. der Lohn derjenigen Arbeiter, welche gestrandete Güter geborgen haben. S. Bergegeld.


Bergen (W3) [Adelung]


Bergen, verb. irreg. act. ich berge, du birgst, er birgt; Imperf. ich barg; Supin. geborgen. 1. Aus einem Schiffbruche an das Ufer bringen und retten. 1) Eigentlich. Gestrandete Güter bergen. Es sind nur wenige Personen geborgen worden. Ein geborgenes, aus dem Schiffbruche gerettetes, Schiff. 2) Figürlich, doch nur im gemeinen Leben, in Sicherheit bringen. Er ist nunmehr geborgen, außer Gefahr.Besonders vor künftigem Mangel in Sicherheit setzen. Er birgt sich schon, er hat sein gutes Auskommen. Er ist geborgen, versorgt.2. Verbergen, so wohl in eigentlicher als figürlicher Bedeutung, welche beyde aber nur noch im Oberdeutschen üblich sind. Wer die Schmach birget, ist witzig, Sprichw. 12, 16. Wenns aber übel geht, so kann sich der Feind such nicht bergen, Sir. 12, 7. Besonders gebraucht Opitz bergen in dieser Bedeutung häufig, welches auch einige Hochdeutsche Dichter nachgeahmet haben. Und daß du, wenn ein Held auf der benarbten Brust Ruhmvolle Wunden zeigt, die deinen bergen mußt, Schleg. Bald berget (birgt) dich das stille Grab, ebend. Doch sagt man auch im Hochdeutschen: ich kann dir das nicht bergen, verschweigen, verhehlen. Hier konnte er seinen innern Gram nicht mehr bergen.Daher die Bergung, doch nur in der ersten Bedeutung.

Anm. Berg ist ohne Zweifel das Stammwort dieses alten Zeitwortes, und zwar in der ersten Bedeutung, so fern es ehedem auch für Ufer gebraucht wurde, welche Bedeutung das Slavonische bereg noch hat. Die zweyte Bedeutung rühret vielleicht daher, weil man Dinge, die man dem Blick und dem Anlaufe anderer entziehen wollte, auf Berge zu schaffen pflegte. Da aber das Angels. byrgan, auch unter einen Hügel begraben bedeutet, so gibt auch diese Bedeutung eine bequeme Ableitung an die Hand. Ottfried und Notker gebrauchen bergen häufig für verbergen. Das Gothische bairgan, bey dem Kero perken, bedeutet aufheben, verwahren, in Sicherheit bringen, welche Bedeutung auch das Russische beregu hat. Die Niedersachsen gebrauchen ihr bargen nicht nur mit den Hochdeutschen auf einerley Art, sondern auch für aufheben. Das Schwedische berga aber hat noch weit mehrere, und dem Anscheine noch mit den vorigen sehr fremde Bedeutungen, die man in Hrn. Ihres Glossar. nachsehen kann.


Bergen-Fahrer (W3) [Adelung]


Der Bergen-Fahrer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welchen man in den Niedersächsischen Handelsstädten denjenigen Kaufleuten gibt, welche zu Bergen in Norwegen ein Comtoir und einen Fischhandel erreicht haben, daher sie auch Bergen-Händler heißen.


Berg-Eremit (W3) [Adelung]


Der Berg-Eremit, des -en, plur. die -en, eine Art Brachvögel in der Schweiz, welche von Farbe dunkelgrün ist, einen gelben Kopf und hin und wieder bluthrothe Flecken hat. Der Kamm hat die Gestalt einer Pferdemähne, und bestehet aus glänzenden Farben. Upupa montana, K. Weil er einsam lebt, wird er Berg-Eremit, Bergeinsiedler, Einsiedler, sonst aber auch Steinrapp, Waldrapp, Alprabe, Waldhof, ingleichen Schweizer genannt, weil er in der Schweiz am häufigsten getroffen wird.


Berger-Fisch (W3) [Adelung]


Der Berger-Fisch, des -es, plur. die -e, in der Handlung eine Art Stockfische, welche aus Bergen in Norwegen zu uns gebracht wird.


Bergerle (W3) [Adelung]


Die Bergerle, plur. die -n, eine Art Weißdorn oder Mehlbeere, deren Blätter auf beyden Seiten grün sind, und welche in Italien auf hohen Gebirgen wächset; Crataegus alpina, M.


Berger-Thran (W3) [Adelung]


Der Berger-Thran, des -es, plur. inus. eine Art Thranes, welche gleichfalls aus Bergen in Norwegen kommt, und aus den Lebern gewisser Seethiere gebrannt wird, daher er auch Leberthran heißt.


Bergeule (W3) [Adelung]


Die Bergeule, plur. die -n, eine Art großer Eulen, welche in gebirgigen Gegenden häufig ist, eine feuerrothe Farbe und große Ohren hat; Berguhu, Horneule, in Niedersachsen Schubut. In den gemeinen Oberdeutschen Mundarten heißt sie Hürru, Berghuw, Puhuy, Buhu, Huhay und Herzog, in Norwegen aber Bergugle.


Bergey (W3) [Adelung]


Das Bergey, des -es, plur. die -er, im gemeinen Leben; Kugeln von Schwefelkies, wenn sie die Gestalt eines Eyes haben.


Bergfalk (W3) [Adelung]


Der Bergfalk, des -en, plur. die -en, eine Art Falken, oder vielmehr Geyer, welche aschgrau mit schwarz vermenget ist, und auf den Felsen nistet; Vultur Percnopterus, L. Bergstorch, Geyeradler. Der Nahme Birkfalk, den er auch bey einigen führet, ist das Oberdeutsche Birgfalk, für Bergfalk.


Bergfall (W3) [Adelung]


Der Bergfall, des -es, plur. die -fälle. 1) Der Einfall Oder Einsturz eines Berges, ohne Plural; ingleichen der Ort, wo ein Berg, oder ein Stück desselben versunken ist. 2) Im Bergbaue, der Einfall eines ausgebühnten Schachtes. In beyden Fällen auch der Bergsturz.


Bergfarbe (W3) [Adelung]


Die Bergfarbe, plur. die -n. 1) Eine Erdart, welche durch die Beymischung eines aufgelösten Metalles eine gewisse Farbe bekommen hat; daher alle Ocherarten mit unter die Bergfarben gerechnet werden. Ingleichen diejenige Farbe, welche durch Schlämmen und Brennen aus solchen Erdarten verfertigt wird. 2) Einige belegen auch alle gefärbte und gereinigte Thonarten mit dem Nahmen der Bergfarbe, welcher Gebrauch aber von andern als ein Mißbrauch billig verworfen wird.


Bergfasan (W3) [Adelung]


Der Bergfasan, des -es, plur. die -en, ein Nahme, welcher im Oberdeutschen auch dem Auerhahne gegeben wird, weil er sich gern in gebirgigen Gegenden aufhält. S. Auerhahn.


Bergfein (W3) [Adelung]


Bergfein, adj. et adv. welches im Bergbaue und Hüttenwesen üblich ist, und nur von dem Silber gebraucht wird. Bergfeines Silber, welches so fein ist, als es nur durch den Bergbau erhalten wird. Man gibt diesen Nahmen, 1) dem gewachsenen Silber, welches beynahe 16löthig ist. 2) Demjenigen Silber, welches nach dem Treiben fein gebrennet worden, und 15 Loth 16 Gran hält. S. Fein.


Bergfenchel (W3) [Adelung]


Der Bergfenchel, des -s, plur. inus. eine Art Fenchel, welche in den gebirgigen Gegenden, besonders des südlichen Europa wild wächset; wilder Fenchel, Foeniculum silvestre, B.


Bergfertig (W3) [Adelung]


Bergfertig, adj. et adv. welches nur unter den Bergleuten üblich ist. Bergfertig seyn, mit der gewöhnlichen Krankheit der Bergleute, d. i. der Lungensucht, behaftet seyn. S. Bergsucht.


Bergfest (W3) [Adelung]


Das Bergfest, des -es, plur. die -e, ein Fest, welches von Bewohnern gebirgiger Gegenden mit Lustbarkeiten begangen wird. Besonders sind unter diesem Nahmen die ländlichen Feste der Bewohner der Alpen im Canton Bern bekannt, welche mit Ringen, Steinstoßen u. s. f. gefeyert werden.


Bergfeste (W3) [Adelung]


Die Bergfeste, plur. die -n, in den Bergbaue, ein festes Gestein oder Erz, welches man in der Mitte mächtiger Gänge wie Pfeiler stehen lässet, damit die Grube nicht zu Breche komme, d. i. nicht einfalle. Die Bergleute sprechen dieses Wort gemeiniglich Bergfestchen aus.


Bergfestung (W3) [Adelung]


Die Bergfestung, plur. die -n, eine Festung, welche auf einem Berge lieget.


Bergfett (W3) [Adelung]


Das Bergfett, des -es, plur. inus. ein fettiges, weißes, leichtes Erdharz, welches an einigen Orten aus den Bergen tröpfelt, auf dem Wasser schwimmet, und sich im heißem Mandelöhle auflösen lässet; Sevum minerale. Daher das Bergfettwasser, des -s, plur. inus. ein mineralisches Wasser, welches dergleichen Fett bey sich führet. Ist es von etwas festerer Art, so heißt es Bergtalg.


Bergfeuer (W3) [Adelung]


Das Bergfeuer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Feuer, welches auf den Bergen angezündet wird, um den benachbarten Gegenden dadurch ein Zeichen zu geben. 2) Kleine Feuerflammen, welche sich des Nachts wie Lichter auf manchen Bergen sehen lassen, und von den Bergleuten für ein gutes Zeichen ergiebiger Anbrüche gehalten werden. 3) Die Entzündung der brennbaren Luft in Gruben und Brunnen.


Bergfink (W3) [Adelung]


Der Bergfink, des -en, plur. die -en, ein Fink mit gelben Schnabel und schwarzen Spitzen und Schneiden, mit bunten staarartigen Farben auf dem Kopfe und Rücken, und einer rothen Brust; Fringilla Montifringilla, L. Er hält sich in den Gebirgen auf, und wird wegen seines Geschreyes auch Gegler, Gogler, in Niedersachsen Quaker, in Österreich Nickawitz, sonst aber auch Zehrling, Schneefink, Waldfink, Tannenfink, Winterfink, und im Englischen Bramlay, Bramling genannt. Einige verwechseln ihn mit dem Buchfinken, von welchem er aber richtiger unterschieden wird. Der weiße Bergfink ist unter dem Nahmen der Schneeammer (Emberiza nivalis, L.) am bekanntesten.


Bergflachs (W3) [Adelung]


Der Bergflachs, des -es, plur. inus. 1) Ein Nahme des Amianthes, weil es aus zarten biegsamen Fasern besteht, welche sich wie Flachs spinne lassen; Bergwolle, Fadenstein. S. Amianth. 2) Eine Pflanze, welche in gebirgigen Gegenden einheimisch ist, und dem Flachse nicht unähnlich stehet; Leinblatt, Thesium, L. S. Leinkraut.


Bergflecken (W3) [Adelung]


Der Bergflecken, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein jeder Flecken, der auf einem Berge liegt. 2) Ein Flecken, der von Bergleuten bewohnet wird.


Bergfleisch (W3) [Adelung]


Das Bergfleisch, des -es, plur. inus. eine Art Asbest, welche aus dicken Blättern von harten und groben Fasern bestehet, und vornehmlich in Schweden bricht.


Bergflor (W3) [Adelung]


Der Bergflor, des -es, plur. car. der blühende Zustand des Bergbaues, oder eines Bergwerkes. S. Flor 3.


Bergfluß (W3) [Adelung]


Der Bergfluß, des -sses, plur. die -flüsse, ein Nahme, welchen besonders zwey mineralische Körper führen. 1) Ein undurchsichtiger, weißer, schwerer Spath, der für sich im Feuer nicht, wohl aber mit andern strengflüssigen Materien fließet, daher er auch Flußspath, ingleichen nur schlechthin Fluß genannt wird. 2) Ein jeder farbiger Bergkrystall, weil derselbe im Feuer leicht fließet. Von diesem werden in weiterer Bedeutung auch alle durch die Kunst gemachte falsche Edelsteine Bergflüsse genannt.


Bergforelle (W3) [Adelung]


Die Bergforelle, plur. die -n, eine Art Forellen, welche nur in hohen Gebirgen einheimisch ist; Salmo alpinus, L.


Bergfreyheit (W3) [Adelung]


Die Bergfreyheit, plur. die -en. 1) Die Freyheit, Erze zu graben, Bergwerke anzulegen, und zu unterhalten. 2) Die Freyheit einer Bergstadt, oder eines Bergfleckens; und 3) auch wohl ein solcher mit Bergfreyheit begabter Ort selbst; z. B. die Bergfreyheit Thal-Itter in Hessen.


Bergfuchs (W3) [Adelung]


Der Bergfuchs, des -es, plur. die -füchse, eine Art Füchse, welche sich im Sommer auf den Alpen, im Winter aber in den Thälern aufhalten, und gelb und weißlich von Farbe sind.


Berg-Gamander (W3) [Adelung]


Der Berg-Gamander, des -s, plur. inus. S. Bergpoley.


Berggebäude (W3) [Adelung]


Das Berggebäude, des -s, plur. ut nom. sing. ein jedes zu einem Bergwerke gehöriges Gebäude, mit Einschluß der Grubengebäude, oder solcher Örter, in welche man durch Schächte und Stollen fährt, und deren ganzen Umfang, d. i. das Bergwerk selbst. S. Gebäude.


Berggebeth (W3) [Adelung]


Das Berggebeth, des -s, plur. die -e, ein auf die besondern Umstände der Bergleute gerichtetes Gebeth, dergleichen besonders bey den Ein- und Ausfahrten gebetet werden.


Berggebrauch (W3) [Adelung]


Der Berggebrauch, des -s, plur. die -gebräuche, ein unter den Bergleuten üblicher Gebrauch.


Berggegend (W3) [Adelung]


Die Berggegend, plur. die -en. 1) Überhaupt eine jede bergige oder gebirgige Gegend. 2) In engerer Bedeutung, eine Geg end, welche von mehrern Arten von Bergen in einer gewissen Ordnung durchstrichen wird.


Berggegenschreiber (W3) [Adelung]


Der Berggegenschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. der Gegenschreiber in einem Bergamte, d. i. derjenige Schreiber, welcher die Bergbücher in seiner Verwaltung hat.


Berggeist (W3) [Adelung]


Der Berggeist, des -es, plur. die -er, ein Geist, welcher sich nach dem Aberglauben der Bergleute in den Bergwerken befinden, und ihnen zuweilen nützlich, zuweilen aber auch schädlich seyn soll; das Berggespenst, der Bergmönch. S. auch Kobold, und Bergmännchen.


Berggelb (W3) [Adelung]


Das Berggelb, indecl. plur. car. eine mit metallischen Theilen vermischte gelbe Erdart, welche auch unter dem Nahmen Ocher oder Ocker bekannt ist.


Berggenoß (W3) [Adelung]


Der Berggenoß, des -ssen, plur. die -ssen, ein Mitglied einer Gewerkschaft; ein Gewerk, und in Ungarn ein Waldbürger. S. Gewerk.


Berggericht (W3) [Adelung]


Das Berggericht, des -es, plur. die -e. 1) Ein Gericht, welches in Bergsachen zu erkennen hat. 2) Zu Halle in Sachsen führet das Schultheißengericht, welches sich über die Stadt und ihre Vorstädte erstrecket, den Nahmen eines Berggerichts, weil es hoch lieget, im Gegensatze des Thalgerichtes, welches über das Thal, und die darin befindlichen Salzwerke zu gebiethen hat.


Berggeschworne (W3) [Adelung]


Der Berggeschworne, des -n, plur. die -n, in den Bergwerken, ein beeidigter Bedienter, welcher eine gewisse Zeche in seiner Aufsicht hat. Der Bergobergeschworne, hat die Berggeschwornen unter sich, und berathschlaget sich mit dem Oberbergmeister über die Angelegenheiten des Bergwerkes.


Berggesetz (W3) [Adelung]


Das Berggesetz, des -es, plur. die -e, ein in Bergwerkssachen gegebenes Gesetz.


Berggespenst (W3) [Adelung]


Das Berggespenst, des -es, plur. die -er, S. Berggeist.


Berggestift (W3) [Adelung]


Das Berggestift, des -es, plur. die -e, ein Gestift oder Vermächtniß für arme oder kranke Bergleute.


Berggezeug (W3) [Adelung]


Das Berggezeug, des -es, plur. inus. bey den Bergleuten, alles Werkzeug, welches sie in den Gruben gebrauchen; in ihrer Mundart Berggezähe, Bergzähe.


Berggliedkraut (W3) [Adelung]


Das Berggliedkraut, des -es, plur. inus. eine Art des Gliedkrautes, welche einen krautartigen Stamm ohne Deckblätter, und stachelige Kelche hat, und auf den Gebirgen Italiens einheimisch ist; Sideritis montana, L.


Berggork (W3) [Adelung]


Der Berggork, S. Bergkork.


Berggott (W3) [Adelung]


Der Berggott, des -es, plur. die -götter, Götter, welche nach der Götterlehre der Heiden, die Berge bewohneten und die Aufsicht über selbige hatten, oder auch auf Bergen verehret wurden.


Berggras (W3) [Adelung]


Das Berggras, des -es, plur. von mehrern Arten, die -gräser, ein Nahme, der, wenigstens bey den Kräuterkundigen, verschiedenen Grasarten gegeben wird, welche auf Bergen und Gebirgen einheimisch sind. 1) Dem so genannten Ruchgrase, besonders derjenigen Art, welche bey dem Linne Anthoxanthum odoratum heißt. 2) Dem haarförmigen Straußgrase; Agrostis capillaris, L. 3) Dem Schafschwingel; Festuca ovina, L.


Berggrasblume (W3) [Adelung]


Die Berggrasblume, plur. die -n, S. Bergnägelein.


Berggrün (W3) [Adelung]


Das Berggrün, indecl. plur. car. 1) Ein grünes Kupfererz, welches erdig und weich ist, und auch grüner Kupferocher, Schiefergrün, Berglasur; Ochra Veneris. 2) Eine grüne gereinigte Thonart, welche aber nur aus einem Mißbrauche diesen Nahmen führet. 3) Einige geben auch dem Lasursteine den Nah-men des Berggrün. S. Bergblau, welche Benennung ihm mit mehrern Rechte zukommt.


Berggruß (W3) [Adelung]


Der Berggruß, des -es, plur. die -grüße, derjenige Gruß, womit die Bergleute einander begrüßen, besonders in feyerlichen Versammlungen.


Bergguhr (W3) [Adelung]


Die Bergguhr, S. Guhr.


Berghäklein (W3) [Adelung]


Das Berghäklein, zusammen gezogen Berghäkel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Bergbarten, welche die Obersteiger und Geschwornen statt eines Stabes zu tragen pflegen.


Berghahn (W3) [Adelung]


Der Berghahn, S. Birkhahn, und Goldhähnchen.


Berghalde (W3) [Adelung]


Die Berghalde, plur. die -n. 1) Im Oberdeutschen, die abhängige Seite eines Berges; die Berglehne, der Abhang. 2) Im Bergbaue, diejenigen Berge, oder tauben Erd- oder Steinarten, welche aus den Gruben gefördert, und in großen Häufen zusammen gestürzet werden; die Halde. S. dieses Wort.


Berghandlung (W3) [Adelung]


Die Berghandlung, plur. die -en, in einigen Gegenden, z. B. zu Hannover und Wolfenbüttel, eine Handlung, welche die Bedürfnisse für die Bergleute liefert, auch die Waaren aus den Bergwerken, das Silber ausgenommen, annimmt, und für den Landesherren verkauft.


Bergharz (W3) [Adelung]


Das Bergharz, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein Nahme, welcher alle dicken Erdsäfte oder Erdharze, als Judenpech, Agtstein, Steinkohlen u. s. f. unter sich begreift, weil sie am häufigsten in gebirgigen Gegenden gefunden werden.


Berghase (W3) [Adelung]


Der Berghase, des -n, plur. die -n, eine Art Hasen auf den Alpen, und in den nördlichen Ländern Europens, welche gegen den Winter ganz weiß werden, und auch Steinhasen, Sandhasen heißen.


Berghaspel (W3) [Adelung]


Der Berghaspel, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue ein Haspel oder eine Winde, womit Erze und Berge aus der Grube gewunden werden; der Hornhaspel.


Berghäuer (W3) [Adelung]


Der Berghäuer, S. Häuer.


Berghäufung (W3) [Adelung]


Die Berghäufung, plur. die -en, in der Naturgeschichte, ein Berg, welcher mehr aus gemengten, als geordneten Bergarten bestehet, wo die Bergarten unordentlich auf und über einander liegen.


Berghauptmann (W3) [Adelung]


Der Berghauptmann, des -es, plur. die -leute, der vornehmste Bediente in den Bergwerken, der des Landesherren Stelle vertritt, und gemeiniglich noch den Oberberghauptmann über sich hat. Auf dem Harze sagt man im Plural die Berghauptmänner. Daher die Berghauptmannschaft, plur. die -en, die Würde eines Berghauptmannes.


Berghauslaub (W3) [Adelung]


Das Berghauslaub, des -es, plur. car. eine Art Hauslaub, welche Blätterrosen mit glatten Rändern und sehr weit abstehende Fortsätze hat. Sie trägt eine rothe Blume und ist auf den Felsen in der Schweiz zu Hause; Sempervivum montanum, L.


Bergherr (W3) [Adelung]


Der Bergherr, des -en, plur. die -en, der Landesherr derjenigen Gegend, in welcher sich ein Bergwerk befindet.


Berghohlunder (W3) [Adelung]


Der Berghohlunder, oder Bergholder, des -s, plur. inus. eine Art Hohlunder oder Holders, mit zusammen gesetzten eyförmigen Blumentrauben, und baumartigen Stamme, welche auf den Bergen des südlichen Europa wächset; Traubenhohlunder, Steinholder, Waldholder, Hirschholder, weil die Blätter eine angenehme Speise der Hirsche sind; Sambucus racemosa, L.


Berghuhn (W3) [Adelung]


Das Berghuhn, des -es, plur. die -hühner, ein Nahme, welchen man den Repphühnern in gebirgigen Gegenden gibt, ob sie gleich von den gewöhnlichen Repphühnern wenig oder nicht unter- schieden sind. S. Repphuhn. In weiterer Bedeutung werden oft alle Arten wilder Hühner mit diesem Nahmen belegt.


Berghund (W3) [Adelung]


Der Berghund, des -es, plur. die -e, in den Bergwerken, ein länglicher schmaler Kasten auf vier Rädern, in welchem das Unbrauchbare aus den Gruben durch die langen Stollen ausgeführet wird; der Hund, welches S.


Bergicht (W3) [Adelung]


Bergicht, -er, -ste, adj. et adv. Bergen ähnlich, nach Art der Berge. Ein bergichter Wald, eine bergichte Gegend, welche Anhöhen hat, so Bergen gleichen. S. -icht.


Bergig (W3) [Adelung]


Bergig, -er, -ste, adj. et adv. was Berge hat, es mögen nun solches größere oder kleinere seyn. Eine bergige Gegend, ein bergiges Land. S. -ig.


Bergisopp (W3) [Adelung]


Der Bergisopp, des -es, plur. inusit. ein Nahme, welchen man dem Isoppe gibt, der in bergigen Gegenden wild wächset, und keinen Geruch hat. Wenn er sich auf unfruchtbaren Heiden befindet, wird er Heidenisopp genannt.


Bergjunge (W3) [Adelung]


Der Bergjunge, des -n, plur. die -n, in den Bergwerken, diejenigen Knaben, welche die Berge von den Erzen absondern, die Erze waschen, und andere leichte Arbeiten verrichten.


Bergkappe (W3) [Adelung]


Die Bergkappe, plur. die -n, ein dreyeckige Haube von Leinwand, welche die Bergleute so wohl bey der Arbeit unter dem Hute, als zur Zierde auf dem Rücken hangend tragen.


Bergkatze (W3) [Adelung]


Die Bergkatze, plur. die -n, eine Art wilder Katzen, welche drey Mahl so groß als eine gemeine Katze, und gelb und grau von Haaren ist. Sie hat einen dicken und langen Schwanz, und ist die boshafteste unter allen wilden Katzen; Felis Pardalis, L. Catus montanus, K. Das Männchen heißt der Bergkater, des -s, plur. ut nom. sing.


Bergkeller (W3) [Adelung]


Der Bergkeller, des -s, plur. ut nom. sing. ein Keller, welcher in einem Berg gegraben, oder in einem Felsen ausgehauen ist, dergleichen besonders in den Weinbergen angebracht werden.


Bergkessel (W3) [Adelung]


Der Bergkessel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bergleuten, eine Vertiefung des Erdbodens, besonders wenn sie von eingesunkenen Berggebäuden herrühret. S. Kessel.


Bergkette (W3) [Adelung]


Die Bergkette, plur. die -n, eine lange Reihe mehrerer an einander hangender Berge, ein sich in die Länge erstreckendes Gebirge; die Bergreihe. Der obere Theil derselben wird der Bergrücken genannt.


Bergkicher (W3) [Adelung]


Die Bergkicher, plur. die -n, am häufigsten im Plural Bergkichern, eine Art Kichern oder Platterbsen, mit zwey oder vier lanzenförmigen Blättern an einem jeden Stiele, langen Stängeln und größern Blumen, welche auf den Bergen unter den Kräutern wächset; Lathyrus heterophyllus, L.


Bergkiesel (W3) [Adelung]


Der Bergkiesel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bergleuten, ein unreiner Achat, welcher zu den gemeinen Feuersteinen gehöret, und auch Felskiesel, Felsachat genannt wird.


Bergklee (W3) [Adelung]


Der Bergklee, des -s, plur. inusit. S. Alpenklee.


Bergklette (W3) [Adelung]


Die Bergklette, plur. inusit. eine Art Kletten, mit filzigen Blumenköpfchen, welche auf Schutthaufen und an den Rändern der Wege wächset; Lappa major montana, L.


Bergknapp (W3) [Adelung]


Der Bergknapp, des -en, plur. die -en, unter den Bergleuten, ein junger Bergmann, und in weiterer Bedeutung, ein jeder Bergmann. S. Knapp.


Bergknecht (W3) [Adelung]


Der Bergknecht, des -es, plur. die -e, Knecht im Bergbaue, welche die Berge und Erze aus den Gruben ziehen und andere geringe Arbeiten verrichten müssen.


Bergknoblauch (W3) [Adelung]


Der Bergknoblauch, oder Berglauch, des -es, plur. inusit. eine Art wilden Knoblauches mit schirmförmigen weißlichen Blumen, welche breite purpurfarbene Streifen haben; Allium carinatum, L. Er wächset an bergigen Orten. An einigen Orten führet auch der Graslauch, Allium Scorodoprasum L. und das Allium Sphaerocephalum L. welches letztere in Italien, der Schweiz und Sibirien wächset, den Nahmen des Berglauches.


Bergkohle (W3) [Adelung]


Die Bergkohle, plur. die -n. 1) Ein Mineral, welches in Sachsen und dem Altenburgischen angetroffen wird, und ein weiches, in der Erde verfaultes Holz zu seyn scheinet, welches von etwas Erdpech durchdrungen worden; da es denn mit den so genannten Taubkohlen überein kommen würde. 2) In weiterer Bedeutung eine jede Erd- und Steinkohle.


Bergkorb (W3) [Adelung]


Der Bergkorb, des -es, plur. die -körbe, ein Korb, welchen die Bergleute gebrauchen, metallische Erden darin aus der Grube zu fördern.


Bergkork (W3) [Adelung]


Der Bergkork, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, eine Art groben Amianthes, welche dem Korke gleicht, und ein Gemenge von Thon, Flußspath, Sand u. s. f. ist; Suber montanum.


Bergkosten (W3) [Adelung]


Die Bergkosten, singul. inusit. alle Kosten, welche zur Anlegung und Unterhaltung eines Bergwerkes erfordert werden.


Bergkrähe (W3) [Adelung]


Die Bergkrähe, plur. die -n, eine Art Häher, welche sich auf den Alpen und andern hohen Gebirgen aufhält, und deren es wieder verschiedene Arten gibt Sie wird auch Alpenkrähe genannt. S. Nußhäher.


Bergkrampf (W3) [Adelung]


* Der Bergkrampf, des -es, plur. inusit. ein größten Theils veraltetes Wort, welches nur noch in einigen Kalendern angetroffen wird. In der Römischen Kirche wurde der Freytag vor dem Palmsonntage, an welchen man daselbst das Gedächtniß des Mitleidens der Jungfrau Maria, als sie Christum auf dem Berge Golgatha leiden sahe, Mariä Bergkrampf, Mariä Ohnmachtsfeyer genannt. Jetzt nennt man diesen Tag in der Römischen Kirche gemeiniglich den Tag der sieben Schmerzen Mariä. S. Krampf.


Bergkratze (W3) [Adelung]


Die Bergkratze, plur. die -n, ein eisernes Werkzeug der Minirer im steinigem Erdreiche.


Bergkresse (W3) [Adelung]


Die Bergkresse, plur. inusit. ein Pflanzengeschlecht mit Schoten, welche von einander springen, worauf sich die Schalenstücke aufrollen: Cardamine, L. Es gibt verschiedene Arten dieser Pflanzen, wohin nach dem Linne auch die Wiesenkresse und die Bitterkresse gehören.


Bergkrystall (W3) [Adelung]


Der Bergkrystall, des -es, plur. inusit. ein glasartiger durchsichtiger Stein, der theils in sechseckiger, theils in unförmlicher Gestalt, am häufigsten in den Höhlen und Ritzen der Berge erzeuget wird. S. Krystall.


Bergkübel (W3) [Adelung]


Der Bergkübel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Kübel oder hölzernes Gefäß, worin Berge und Erz aus den Gruben gefördert werden.


Bergkuh (W3) [Adelung]


Die Bergkuh, plur. die -kühe, ein Amerikanisches Thier, welches so wohl auf der Erde, als im Wasser lebet, einer Kuh gleicht, aber weder Hörner noch starke Haare hat.


Berglachter (W3) [Adelung]


Das Berglachter, des -s, plur. ut nom. sing. ein in den Bergwerken übliches Längenmaß, welches so viel als eine Klafter ist, 3 und eine halbe Ellen hält, und in 80, im Mansfeldischen aber in 84 Zoll getheilet wird.


Bergland (W3) [Adelung]


Das Bergland, des -es, plur. die -länder, in der Landwirthschaft, ein Acker, der an einem Berge lieget, und an einigen Orten dem Gartenlande entgegen gesetzet wird. S. Bergschlag.


Berglasur (W3) [Adelung]


Die Berglasur, plur. inusit. S. Berggrün.


Berchlauch (W3) [Adelung]


Der Berchlauch, S. Bergknoblauch.


Bergläufig (W3) [Adelung]


Bergläufig, adj. et adv. welches unter den Bergleuten vorkommt, für bergüblich, nach Art und Gebrauch der Bergleute. Bergläufig reden, sich bergmännischer Redensarten bedienen.


Bergleder (W3) [Adelung]


Das Bergleder, des -s, plur. ut nom sing. 1) Dasjenige Leder, welches die Bergleute vor dem Hintern tragen; das Arschleder. 2) Eine Asbest-Art von weißlicher oder gelber Farbe, welche biegsame unter einander laufende Fasern hat, welche eine blätterige Gestalt hervor bringen; Aluta montana. In dieser Bedeutung ist der Plural nicht üblich.


Berglehne (W3) [Adelung]


Die Berglehne, plur. die -n, in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, die abhängige Seite eines Berges. S. Berghalde und Abhang.


Berglerche (W3) [Adelung]


Die Berglerche, plur. die -n, eine Art Lerchen, welche sich nur in hohen Gebirgen aufhält; Alauda alpestris, L.


Bergletten (W3) [Adelung]


Der Bergletten, des -s, plur. inusit. im Bergbaue, derjenige Thon oder Letten, welcher zuweilen unter und neben den Erzen bricht.


Bergleute (W3) [Adelung]


Die Bergleute, S. Bergmann.


Berglilie (W3) [Adelung]


Die Berglilie, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme derjenigen Lilie, welche auch Türkischer Bund genannt wird; Lilium Martagon, L.


Berglosung (W3) [Adelung]


Die Berglosung, plur. die -en, im Bergbaue, ein geräumiger Platz in einer Grube, die Berge und andere Sachen, welche den Arbeitern hinderlich sind, dahin zu setzen. S. Losung.


Bergmaise (W3) [Adelung]


Die Bergmaise, S. Bergmeise.


Bergmann (W3) [Adelung]


Der Bergmann, des -es, plur. die Bergleute. 1) In der weitesten Bedeutung, der Einwohner eines bergigen Landes, in welcher Bedeutung der Plural Bergleute zuweilen vorkommt, im Gegensatze der Thalleute, oder Bewohner der Thäler. 2) In engerer und er gewöhnlichsten Bedeutung, ein jeder der bey dem Bergbaue gebraucht wird, und bergmännisch gekleidet gehet, die Hüttenarbeiter mit eingeschlossen. 3) In noch engerer Bedeutung, verstehet man unter diesem Ausdrucke zuweilen nur die Grubenarbeiter, mit Ausschließung der Hüttenleute. 4) In noch engerm Umfange der Bedeutung, diejenigen Grubenarbeiter, welche noch nicht für Häuer gelten, und daher diesen nacharbeiten müssen. 5) In der engsten Bedeutung, der in den zum Bergbaue, und besonders zum Grubenbaue gehörigen Wissenschaften erfahren ist, er mag nun bey dem Bergbaue gebraucht werden oder nicht. Ein Bergmann vom Leder, der das Mechanische der Grubenarbeiten verstehet, und auch wohl selbst ausübet. Ein Bergmann von der Feder, der bey deinem Bergwerke nur mit der Feder arbeitet; ingleichen der hinlängliche theoretischen Kenntnisse von den Bergwerkswissenschaften hat. Ein Bergmann vom Feuer, welcher das Schmelz- und Hüttenwesen verstehet, und dabey angestellet ist, drey nur in den Bergwerken übliche Ausdrücke.


Bergmännchen (W3) [Adelung]


Das Bergmännchen, im Oberdeutschen Bergmännlein, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Art Gespenster, welche nach dem Aberglauben der Bergleute gewisse Berge bewohnen, wirklich einen Leib haben, klein von Statur seyn, und ungereitzt niemanden beleidigen sollen. S. auch Kobold. 2) Die kleinen Zacken oder Hahnen, welche an den Brandstücken aufzuschießen pflegen, wenn sie nach dem Brennen zu geschwinde in das Kalte kommen, werden in den Schmelzhütten gleichfalls Bergmännchen genannt, weil man sie abergläubiger Weise für eine gute Vorbedeutung eines bevorstehenden neuen Schmelzens hält.


Bergmännisch (W3) [Adelung]


Bergmännisch, adj. et adv. was die Bergleute angeht, und von ihnen geschiehet, ingleichen nach Art der Bergleute. Ein bergmännischer Aufzug, der von Bergleuten vorgenommen wird. Bergmännisch reden, gekleidet gehen u. s. f. Bergmännisch bauen, vorsichtig. Eine bergmännische Anweisung, ein guter Anbruch, der dem Bergmanne reiche Ausbeute verspricht.


Bergmannstreu (W3) [Adelung]


Die Bergmannstreu, plur. inusit. eine Art Mannstreu, oder Brachdistel, welche an hohen ungebaueten Örtern wächset; Eryngium campestre, L. im Gegensatze der Mannstreu, die an den Seeküsten einheimisch ist, und daher Seemannstreu genannt wird. S. Mannstreu.


Bergmehl (W3) [Adelung]


Das Bergmehl, des -es, plur. car. ein zarter Schlich von verwitterten Kalkarten, welchen die Tagewasser in den Steinklüften absetzen; Erdmehl, Himmelsmehl. Es gleichet dem Mehle und ist von Unwissenden mehrmahls zu ihren großen Schaden gegessen worden. S. Mondmilch.


Bergmeierkraut (W3) [Adelung]


Das Bergmeierkraut, des -es, plur. inusit. ein besonders in Niedersachsen üblicher Nahme desjenigen Lab- oder Meierkrautes, welches gern in bergigen Wäldern wächset; Galium montanum, L.


Bergmeise (W3) [Adelung]


Die Bergmeise, plur. die -n, eine Art Meisen, welche sich gern in den Gebirgen aufhält; Parus caudatus, L. Weil sie an andern Orten auch die niedrigen und morastigen Gegenden liebt, so wird sie daselbst auch Moormeise, Rietmeise, wegen ihres langen Schwanzes Schwanzmeise, Zagelmeise, Zogelmeise, Pfannenstiel, sonst aber auch Schneemeise genannt. S. auch Aschmeise.


Bergmeister (W3) [Adelung]


Der Bergmeister, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Im Bergbaue, ein Bergbeamter, der im Nahmen des Lehensherren die Zeche verleihet, das ganze Bergwerk richtet, und den Oberbergmeister über sich hat, in welcher Rücksicht er auch Unterbergmeister genannt wird. 2) An einigen Orten, z. B. zu Nürnberg, führen diesen Nahmen auch die zwey Vorgesetzten der Steinbrecher-Innung. 3) An noch andern Orten heißt auch der Vorgesetzte eines Weinberges ein Bergmeister, S. Weinmeister.


Bergmesser (W3) [Adelung]


Der Bergmesser, des -s, plur ut nom. sing. ein gewisses Werkzeug der Feldmesser, die Höhen der Berge damit messen.


Bergmilch (W3) [Adelung]


Die Bergmilch, plur. car. ein Nahme, welchen man im Bergbaue allen denjenigen Metallen beyleget, welche in weicher und flüssiger Gestalt in der Erde angetroffen werden, weil sie alsdann einer Milch nicht unähnlich seyn. Dahin gehören alsdann auch die metallischen Guhren. Besonders führet diesen Nahmen eine reine weiße Kalkerde, wenn sie in flüssiger Gestalt angetroffen wird.


Bergmittel (W3) [Adelung]


Das Bergmittel, des -s, plur ut nom. sing. bey den Bergleuten so viel als Bergart. Taube Bergmittel, taube Bergarten.


Bergmönch (W3) [Adelung]


Der Bergmönch, des -es, plur. die -e, ein Berggespenst, welches sich zuweilen in Gestalt eines Mönches in den Bergwerken sehen lassen soll. S. Berggeist.


Bergmünze (W3) [Adelung]


Die Bergmünze, plur. inusit. eine Art Münze, oder Melisse, mit zweytheiligen Blumenstielen, welche aus den Winkeln der Blätter entspringen und so lang als die Blätter sind; Melissa Calamintha, L. Sie wächst auf den Bergen Italiens, Spaniens und Frankreichs. An einigen Orten wird auch die wilde Basilie, Thymus Acinos L. Bergmünze genannt, weil sie gleichfalls an dürren Orten wächset.


Berg-Musicant (W3) [Adelung]


Der Berg-Musicant, des -en, plur. die -en, Bergleute, welche die Musik verstehen, und sich bey bergmännischen Feyerlichkeiten hören lassen; Bergsänger.


Bergnachfahrer (W3) [Adelung]


Der Bergnachfahrer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bergbeamter, welcher den Bergleuten auf den Zechen nachfahren, und auf die Bergmeister und Geschwornen Acht geben muß.


Bergnägelein (W3) [Adelung]


Das Bergnägelein, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art wilder Nägelein, oder Grasblumen, mit einem einfachen Schafte, welcher ein Blumenköpfchen trägt, und gleich breiten Blättern; Bergnelke, Berggrasblume, Statice Armeria, L.


Bergnelke (W3) [Adelung]


Die Bergnelke, plur. die -n, S. das vorige.


Berg-Nymphe (W3) [Adelung]


Die Berg-Nymphe, plur. die -n, in der Mythologie der Griechen und Römer, Nymphen, welche die Berge bewohneten.


Bergobergeschworne (W3) [Adelung]


Der Bergobergeschworne, S. Berggeschworne.


Bergöhl (W3) [Adelung]


Das Bergöhl, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein flüssiger brennbarer Erdsaft, welcher an einigen Orten aus den Bergen und Felsen quillet; Erdöhl. Es ist schwerer, als die Naphta, gelb oder braun von Farbe, zieht das Gold aus dem Königswasser nicht in sich, wie jene, und ist unter dem Nahmen des Steinöhles am bekanntesten; Petroleum.


Bergordnung (W3) [Adelung]


Die Bergordnung, plur. die -en, eine Verordnung des Landesherren, nach welcher sich die Bergbeamten und Bergleute richten müssen.


Berg-Papa (W3) [Adelung]


Das Berg-Papa, plur. car. eine ausländische Pflanze, welche in Peru auf den Anhöhen wächset, und womit Linne zu den Nachtschatten gerechnet wird. Sie hat einen unbewehrten krautartigen Stamm, und fast herzförmige ausgeschweifte Blätter; Solanum montanum, L. Der Nahmen Papa ist vermuthlich Amerikanisch.


Bergpapier (W3) [Adelung]


Das Bergpapier, des -es, plur. inusit. eine Art Asbest, welche harte und dünne Blätter hat, die dem Papiere gleichen; Bergzunder, Steinpapier. S. Bergleder, von welchem es sich bloß durch die geringere Dicke der Blätter unterscheidet.


Bergpech (W3) [Adelung]


Das Bergpech, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein schwarzes, trockenes und brüchiges Erdharz, welches dem Peche gleicht; Erdpech, Erdharz, Judenpech, Steinpech, Asphalt, Bitumen Asphaltum, L. Die härteste Art desselben ist unter dem Nahmen des Gagathes bekannt.


Bergpfleger (W3) [Adelung]


Der Bergpfleger, des -s, plur. ut nom. sing. eine Person auf den Harzischen Bergwerken, welche die Kosten zu einer Grube einzutreiben und zu berechnen hat, und mit dem Schichtmeister anderer Orten einerley ist.


Bergpilz (W3) [Adelung]


Der Bergpilz, S. Birkenpilz.


Bergprediger (W3) [Adelung]


Der Bergprediger, des -s, plur. ut nom. sing. ein ordentlicher Prediger, der in den Bergstädten vor den Bergleuten predigt.


Bergpredigt (W3) [Adelung]


Die Bergpredigt, plur. die -en. 1) Einen Predigt, welche in Bergstädten zu gewissen Zeiten vor den Bergleuten gehalten wird. 2) Die Bergpredigt Christi, diejenige Rede, welche Christus von einem Berge an das versammelte Volk hielt, und welche Matth. 5-7 aufgezeichnet ist.


Bergpumpe (W3) [Adelung]


Die Bergpumpe, plur. die -n, Pumpen, welche in Bergwerken üblich sind, das Wasser aus dem Gesenke zu heben.


Bergrath (W3) [Adelung]


Der Bergrath, des -es, plur. die -räthe. 1) Ein fürstlicher Rath, welcher in Bergwerkssachen gebraucht wird. 2) Zu Halle in Sachsen, ein Rath in dem Berggerichte; S. dieses.


Bergratze (W3) [Adelung]


Die "Bergratze", plur. die -n,


Bergraute (W3) [Adelung]


Die Bergraute, plur. inusit. 1) eine Raute mit ungetheilten rundlichen Blättern, welche in den Spanischen Gebirgen wächset; Ruta montana, L. 2) Eine Art wilder Raute, welche auch in den Deutschen Gebirgen wächset, eine dicke, harte, holzige Wurzel, und einen stärkern widrigen Geruch, auch schärfern und bittern Geschmack, als die Weinraute hat, und zu der Ruta graveolens L. zu gehören scheinet.


Bergrecht (W3) [Adelung]


Das Bergrecht, des -es, plur. die -e, 1) Das Recht, Bergwerke zu bauen, Bergleute zu halten, und der damit verknüpften Freyheiten genießen; ohne Plural. Einem Orte Bergrecht verleihen. In dieser Bedeutung kommt das Wort schon in einer Urkunde Kaiser Heinrichs vom Jahre 1189 beym Schilter im Gloss. S. 102 vor. Cum piscaturis et molendinis, alpibus et venis ferri, quod vulgo Bergrecht dicitur. 2) Bergrechte, d. i. Gesetze, welche in Bergwerkssachen von der Obrigkeit erlassen, oder durch das Herkommen eingeführet worden. Ingleichen deren Sammlung, und ganzer Inbegriff, welcher gleichfalls das Bergrecht genannt wird. 3) An einigen Orten, z. B. in Österreich, eine Abgabe, welche die Besitzer der Weinberge noch außer dem Zehenten an die Grundherrschaft entrichten müssen. Daher der Bergrechtsherr, der diese Abgabe einzuheben berechtiget ist; der Bergrechtsholde, der sie entrichten muß. S. Holde.


Bergrechtlich (W3) [Adelung]


Bergrechtlich, adj. et adv. den Bergrechten gemäß. S. Bergrecht 2.


Berg-Regal (W3) [Adelung]


Das Berg-Regal, des -es, plur. inusit. der Bergbau als ein Regal oder landesfürstliches Vorrecht betrachtet, das landesherrliche Eigenthum über die in dem Staate befindlichen Bergwerke und dahin gehörigen Mineralien.


Bergreihe (W3) [Adelung]


Die Bergreihe, plur. die -n, eine Reihe an einander hängender Berge, wie Bergkette.


Bergreihen (W3) [Adelung]


Der Bergreihen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bergleuten, ein jedes Lied, es sey geistlichen oder weltlichen Inhaltes. S. Reihen.


Bergrichter (W3) [Adelung]


Der Bergrichter, des -s, plur. ut nom. sing. eine obrigkeitliche Person, welche die Streitigkeiten unter den Bergleuten beyzulegen hat, welches an einigen Orten auch von dem Bergmeister geschiehet. Im Mansfeldischen heißt er Bergvogt.


Bergrietgras (W3) [Adelung]


Das Bergrietgras, des -s, plur. inusit. 1) Eine Art Rietgras mit sehr kurzen, gelblichen, weichen, gestreiften und nachenförmigen Blättern, welche auf den Bergen häufig wächset; Carex montana, L. 2) Eine Art Rohrgras oder Schilf, dessen Blätter an der innern Seite mit Haaren bewachsen, an der äußern aber glatt, und mit einer weißen erhabenen Mittelrippe durchgezogen sind, und gleichfalls auf den Bergen wächset; Bergschilf, Arundo Epigejos, L.


Bergrose (W3) [Adelung]


Die Bergrose, plur. die -n. 1) Ein Nahme der Alprose, welches S. 2) Die Virginische Bergrose; Azalea nudiflora L.


Bergroth (W3) [Adelung]


Das Bergroth, indecl. plur. inus. 1) Ein Nahme, der einige dem Rauschgeld geben, weil es von außen hochroth aussiehet. S. Rauschgeld. 2) S. Bergröthel.


Bergröthe (W3) [Adelung]


Die Bergröthe, plur. inus. 1) Bey einigen der gewachsene Zinnober. S. Bergzinnober. 2) Eine Pflanze, welche zu der Färberröthe gehöret, und auch wilde Röthe und Waldmeister genannt wird; Asperula tinctoria, L.


Bergröthel (W3) [Adelung]


Der Bergröthel, des -s, plur. inus. ein eisenschüssiger röthlicher abfärbender Speckstein, welcher unter dem Nahmen des Röthels oder Röthelsteines am bekanntesten ist, sonst aber auch Bergroth genannt wird.


Bergrücken (W3) [Adelung]


Der Bergrücken, des -s, plur. ut nom. sing. der oberste Theil einer Bergkette oder Bergreihe.


Bergruhrkraut (W3) [Adelung]


Das Bergruhrkraut, des -es, plur. inus. eine Art Ruhrkrautes mit gestreckten Ranken, sehr einfachem Stamme und einem einfachen flachen Blumenstrauße; Katzenpfötlein, Gnaphalium dioicum, L.


Bergrüster (W3) [Adelung]


Die Bergrüster, plur. die -n, S. Bergulme.


Bergruthe (W3) [Adelung]


Die Bergruthe, S. Wünschelruthe.


Bergsäbel (W3) [Adelung]


Der Bergsäbel, des -s, plur. ut nom. sing. ein bergmännisches Gewehr mit einem schwarzen Griffe, welches die Ältesten der Knappschaft tragen.


Bergsache (W3) [Adelung]


Die Bergsache, plur. die -n. 1) Eine jede Sache, welche den Bergbau betrifft. 2) Eine Sache, welche für das Berggericht gehöret.


Bergsaft (W3) [Adelung]


Der Bergsaft, des -s, plur. von mehrern Arten, die -säfte, eine allgemeine Benennung allen brennbaren mineralischen Körper, welche in flüssiger Gestalt zum Vorscheine kommen, oder solche doch ehedem gehabt haben. Nach ihrer verschiedenen Flüssigkeit und Dicke bekommen sie wiederum verschiedene Nahmen. S. Bernstein, Ambra, Sagat, ingleichen Bergbalsam, Bergfett, Bergöhl, Bergharz, Bergpech, Bergtheer u. s. f.


Bergsalz (W3) [Adelung]


Das Bergsalz, S. Steinsalz.


Bergsänger (W3) [Adelung]


Der Bergsänger, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bergleuten, ein Berg-Musicant, selbst wenn er nur allein die Instrumental-Musik verstehet.


Bergschänder (W3) [Adelung]


Der Bergschänder, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bergleuten, jemand, der den Bergbau eines Ortes verkleinert und verläumdet.


Bergscharte (W3) [Adelung]


Die Bergscharte, plur. inus. ein Nahme der Färberscharte; Serratula tinctoria, L.


Bergschicht (W3) [Adelung]


Die Bergschicht, plur. die -en, im Bergbaue, eine Schicht, d. i. Arbeit, welche die Bergleute in ihren Feyerstunden verrichten. S. Schicht.


Bergschichtmeister (W3) [Adelung]


Der Bergschichtmeister, S. Schichtmeister.


Bergschilf (W3) [Adelung]


Der Bergschilf, des -es, plur. inus. S. Bergrietgras 2.


Bergschlag (W3) [Adelung]


Der Bergschlag, des -es, plur. die -schläge, in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, ein Schlag, oder Acker, welcher an einem Berge liegt. S. Schlag und Bergland.


Bergschlange (W3) [Adelung]


Die Bergschlange, plur. die -n, die größte Art Schlangen, welche in den gebirgigen Gegenden der wärmern Welttheile einheimisch ist, und auch Riesenschlange genannt wird; Boa Ophries, L.


Bergschloß (W3) [Adelung]


Das Bergschloß, des -sses, plur. die -schlösser, ein Schloß, welches auf einem Berge lieget.


Bergschmid (W3) [Adelung]


Der Bergschmid, des -es, plur. die -schmiede, ein Schmid welcher das zum Bergbaue nöthige Eisenwerk verfertiget; die Bergschmiede, plur. die -n, dessen Werkstätte.


Bergschmiele (W3) [Adelung]


Die Bergschmiele, plur. die -n, eine Art Schmielen mit schmalen und binsenförmigen Blättern, einem anfänglich engen Strauße, dessen Äste sich aber, wenn er verblühet hat, ausbreiten, mit brauner Blüthe und langen gebogenen Grannen; Aira montana, L. Sie wachsen in bergigen Wäldern.


Bergschnecke (W3) [Adelung]


Die Bergschnecke, plur. die -n, ein Nahme der rothen nackten Erdschnecken, so fern sie in gebirgigen Gegenden angetroffen werden.


Bergschnepfe (W3) [Adelung]


Die Bergschnepfe, plur. die -n, S. Waldschnepfe.


Bergschöppenstuhl (W3) [Adelung]


Der Bergschöppenstuhl, des -es, plur. die -stühle, ein Schöppenstuhl oder Gericht in Bergsachen; dergleichen sich z. B. zu Freyberg befindet, welches der dasige Stadtrath bestellet, und von welchem die Urtheile in Bergsachen eingehohlet werden.


Bergschreiber (W3) [Adelung]


Der Bergschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. der Schreiber in einem Bergamte.


Bergschüssig (W3) [Adelung]


Bergschüssig, -er, -ste, adj. et adv. im Bergbaue, mit Bergen, d. i. tauben Erd- oder Steinarten vermischt. Bergschüssiges Erz, wo Gestein mit eingesprenget ist, oder welches in Gängen weitläufig aus einander liegt, und viel Berg zwischen sich hat. S. Schuß.


Bergschwaden (W3) [Adelung]


Der Bergschwaden, des -s, plur. ut nom. sing. der in den Bergwerken befindliche Schwaden, oder die mit mineralischen Dünsten ausgefüllte Luft. S. Schwaden und Wetter.


Bergschwalbe (W3) [Adelung]


Die Bergschwalbe, plur. die -n, eine Art Schwalben, welche sich nur in hohen Gebirgen aufzuhalten pflegt; Hirundo alpestris, Daurica, Pall.


Bergschwefel (W3) [Adelung]


Der Bergschwefel, des -s, plur. inus. 1) Eine Art Vitriol, der wie ein gelbes Salz in den Bergwerken gediegen gefunden wird. Er hat mit dem Schwefel vielleicht nichts als die Farbe gemein. 2) Rother Bergschwefel, rother Arsenik.


Bergsegen (W3) [Adelung]


Der Bergsegen, des -s, plur. inus. der reichliche Ertrag des Bergbaues.


Bergseife (W3) [Adelung]


Die Bergseife, plur. inus. eine Art schwarzbläulichen Thonsteines, welche sich fettig, wie Seife anfühlet, und sich stark an die Zunge hängt.


Bergseil (W3) [Adelung]


Das Bergseil, des -es, plur. die -e, dasjenige Seil, welches in den Schächten gebraucht wird, allerley Lasten damit aus den Gruben zu ziehen.


Berg-Seseli (W3) [Adelung]


Das Berg-Seseli, plur. inus. eine Art Seseli mit häutigen, länglichen, ungetheilten, ästigen Blattstielen und schmalen Stammblättern; Seseli montanum, L. Es wächset auf den Bergen Italiens und Frankreichs.


Bergsohle (W3) [Adelung]


Die Bergsohle, plur die -n, bey den Bergleuten, der Grund, worauf sich ein Berg erhebt, S. Sohle.


Bergsperling (W3) [Adelung]


Der Bergsperling, des -es, plur. die -e, ein Sperling mit braunen Kopf, Rücken und Kehle, einem weißen Striche in dem Nacken und unter den Augen, welcher sich in gebirgigen Gegenden aufhält; Passer montanus minimus, Kl.


Bergspitze (W3) [Adelung]


Die Bergspitze, plur. die -n, die Spitze, oder der Gipfel eines Berges.


Bergstadt (W3) [Adelung]


Die Bergstadt, plur. die -städte. 1) Eine Stadt, welche auf einem Berge lieget. 2) Eine Stadt, welche von Bergleuten bewohnet wird, und die damit verbundenen Freyheiten genießet.


Bergsteiger (W3) [Adelung]


Der Bergsteiger, S. Steiger.


Bergstorch (W3) [Adelung]


Der Bergstorch, plur. die -störche, S. Bergfalk.


Bergstraße (W3) [Adelung]


Die Bergstraße, plur. die -n, überhaupt eine jede Straße, welche durch oder über einen Berg oder Gebirge gehet. Besonders ist unter diesem Nahmen die Landstraße am Odenwalde zwischen Darmstadt und Heidelberg bekannt.


Bergsträßer (W3) [Adelung]


Der Bergsträßer, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben. 1) Ein Einwohner der Gegend an und um der Bergstraße. 2) Ein Frankenwein, welcher in der Grafschaft Erbach, im Amte Schönberg an der Bergstraße wächset; ohne Plural.


Bergsturz (W3) [Adelung]


Der Bergsturz, des -es, plur. die -stürze, S. Bergfall.


Bergsucht (W3) [Adelung]


Die Bergsucht, plur. car. eine Art Lungensucht, welche die Bergleute von der ungesunden Luft oder dem matallischen Staube in den Bergwerken sehr häufig vorkommen. S. Hüttenkatze. Im Böhmischen heißt diese Krankheit Percoch, welcher Nahme vermuthlich aus dem Deutschen verstümmelt ist.


Bergsüchtig (W3) [Adelung]


Bergsüchtig, adj. et adv. mit der Bergsucht behaftet; bergfertig.


Bergtalg (W3) [Adelung]


Der Bergtalg, des -es, plur. inus. ein fettiges und dabey festes Erdharz, welches dem Talge gleicht, und eine Art des Bergfettes ist.


Bergtalk (W3) [Adelung]


Der Bergtalk, S. Talk.


Bergtaube (W3) [Adelung]


Die Bergtaube, plur. die -n, eine Art wilder Tauben, welche sich nur in gebirgigen Gegenden aufhält; Columba montana, L.


Bergther (W3) [Adelung]


Der Bergther, des -es, plur. inus. ein schwarzes dickes Bergöhl, welches einen starken und widerlichen Geruch hat; Petroleum tenax, Maltha.


Bergtheil (W3) [Adelung]


Das Bergtheil, des -es, plur. die -e, derjenige Antheil, welchen jemand an der Unterhaltung und dem Ertrage einer Zeche hat, und welcher gemeiniglich aus einem Kuxe, oder dem 128sten Theile einer Zeche bestehet. Indessen wird auch ein ganzer, halber u. s. f. Kur mit dem Nahmen eines Bergtheiles beleget. S. Kur.


Bergtorf (W3) [Adelung]


Der Bergtorf, des -es, plur. inus. derjenige Torf, welcher auf hoch liegenden Örtern angetroffen wird; im Gegensatze desjenigen, der in tiefen, sumpfigen Gegenden erzeuget worden.


Bergtrespe (W3) [Adelung]


Die Bergtrespe, plur. inus. eine Art Trespe, welche der Ackertrespe gleichet, nur daß sie nicht ey- sondern linienförmige und sehr schmale Ähren hat und auf den Bergen wächset; Bromus tectorum, L.


Bergtrog (W3) [Adelung]


Der Bergtrog, des -es, plur. die -tröge, im Bergbaue eine kleine Mulde, womit Erze und Zwitter in den Karren und Kübel gestürzet werden.


Bergüblich (W3) [Adelung]


Bergüblich, adj. et adv. den Gebräuchen und der Kunst der Bergleute gemäß; in der Sprache der Bergleute bergläufig. Bergüblich sprechen, bauen u. s. f.


Berguhu (W3) [Adelung]


Der Berguhu, des -s, plur. die -e, S. Bergeule.


Bergulme (W3) [Adelung]


Die Bergulme, plur. die -n, eine Art Ulmen, welche gern an hohen Örtern wächset, und sich von den übrigen Arten dieses Baumes, die ohne dieß noch sehr unbestimmt sind, wohl in keinem wesentlichen Stücke unterscheidet. S. Ulme. In Niedersachsen wird die Bergulme Bergrüster genannt.


Bergunter (W3) [Adelung]


Bergunter, adv. den Berg hinunter, bergab. Bergunter gehen, fahren u. s. f. Es gehet bergunter. Ingleichen figürlich, im gemeinen Leben. Nichts ist leichtgläubiger als ein weibliches Geschöpf, mit deren Reitzungen es bergunter geht, Weiße, welche abzunehmen anfangen.


Bergurtheil (W3) [Adelung]


Das Bergurtheil, des -es, plur. die -e, das Urtheil eines Berggerichtes oder Bergschöppenstuhles.


Bergviole (W3) [Adelung]


Die Bergviole, plur. die -n, eine Viole mit aufrecht wachsenden Stämmen, und länglichen herzförmigen Blättern, welche auf den Bergen Deutschlandes und Lapplandes wächset; Viola montana L.


Bergvogt (W3) [Adelung]


Der Bergvogt, des -es, plur. die -vögte, S. Bergrichter.


Bergwachs (W3) [Adelung]


Das Bergwachs, des -es, plur. inus. ein Erdharz, welches noch zäher als Bergther ist, und in Ansehung seiner Dicke zwischen den festen und flüssigen brennbaren Erdkörpern in der Mitte stehet.


Bergwand (W3) [Adelung]


Die Bergwand, plur. die -wände, im Bergbaue, eine taube Steinmasse, welche sich von dem übrigen klüftigen Gesteine absondert. Ist dieses Stück erzhaltig, so wird es eine Erzwand genannt. S. Wand.


Bergwasser (W3) [Adelung]


Das Bergwasser, des -s, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. Wasser, welches von Bergen kommt, und größten Theils aus geschmolzenen Schnee bestehet.


Bergweiderich (W3) [Adelung]


Der Bergweiderich, des -s, plur. inus. eine Art Weiderich mit eyförmigen, gezähnten Blättern, welche einander gegen über stehen; Epilobium montanum, L.


Bergwein (W3) [Adelung]


Der Bergwein, des -s, plur. inus. ein Wein, der in Weinbergen erbauet worden, im Gegensatze dessen, der auf ebenen Feldern gezeuget wird.


Bergwerk (W3) [Adelung]


Das Bergwerk, des -es, plur. die -e, ein Ort, wo man dem Bergbau treibet, d. i. auf bergmännische Art nach Erzen und Mineralien gräbet. Ein Bergwerk bauen. Ein Bergwerk fündig machen, oder erregen, es entdecken. Ein Bergwerk zu Sumpfe treiben, eine Zeche verderben, daß sie muß liegen bleiben. Daher das Goldbergwerk, Silberbergwerk, Zinnbergwerk, Kupferbergwerk, Vitriolbergwerk, Schwefelbergwerk, Alaunbergwerk u. s. f.


Bergwetter (W3) [Adelung]


Die Bergwetter, singul. inus. im Bergbaue, die Luft in den Bergwerken, S. Wetter.


Bergwiesel (W3) [Adelung]


Das Bergwiesel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Wiesel gebirgiger Gegenden, welche unter dem Nahmen der Hermelines am bekanntesten ist.


Bergwolle (W3) [Adelung]


Die Bergwolle, plur. inus. S. Bergflachs.


Bergzahn (W3) [Adelung]


Der Bergzahn, des -es, plur. die -zähne, eine Art pyramidenförmigen Kalkspathes, dessen Krystalle den Zähnen gleichen.


Bergzehente (W3) [Adelung]


Der Bergzehente, des -n, plur. die -n. 1) Der Zehente von den im Bergbaue gewonnenen Mineralien. 2) In engerer Bedeutung, der Zehente von denjenigen Erzen, welche aus den auf die Halde geworfenen Bergen, d. i. tauben Erd- und Steinarten, gewonnen wird. In dieser Bedeutung kommt es in den Urkunden der mittlern Zeit mehrmahls vor, und muß alsdann nicht mit dem Silberzehenten verwechselt werden. So schenkte Markgraf Heinrich dem Kloster Nimptschen 1277 den Bergzehenten von allen seinen Silberzechen im Lande; worunter denn nur dieser Zehente, dar m Ende nicht sehr wichtig seyn konnte, zu verstehen ist.


Bergzehentner (W3) [Adelung]


Der Bergzehentner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bergbeamter, der das geschmelzte Metall, welches den Zehenten gibt, annimmt, und es so wohl dem Landesherren, als den Gewerken berechnet.


Bergzeitlose (W3) [Adelung]


Die Bergzeitlose, plur. inus. eine Art Zeitlosen mit gleich breiten, weit abstehenden Blättern, welche auf den Bergen in Spanien und der Schweiz wächset; Colchicum montanum, L.


Bergziege (W3) [Adelung]


Die Bergziege, plur. die -n, das Weibchen des Bergbockes, S. dieses Wort.


Bergzimmermann (W3) [Adelung]


Der Bergzimmermann, des -es, plur. die -leute, ein Zimmermann, welcher die zum Bergbaue nöthigen Kunst- und Wasserräder geschickt zu bauen weiß.


Bergzinn (W3) [Adelung]


Das Bergzinn, des -es, plur. inus. reines Zinn, so wie es aus der Schmelzhütte kommt, ehe es noch durch einen Zusatz von Arsenik weißer und klingender worden, Hüttenzinn; zum Unterschiede von dem Probezinne.


Bergzinnober (W3) [Adelung]


Der Bergzinnober, des -s, plur. inus. gewachsener Zinnober, so wie er von der Natur selbst in den Bergwerken hervor gebracht wird, Bergröthe; im Gegensatze des durch die Kunst verfertigten.


Bergzunder (W3) [Adelung]


Der Bergzunder, S. Bergpapier.


Bericht (W3) [Adelung]


Der Bericht, des -es, plur. die -e. 1) Die pflichtmäßige Erzählung einer geschehenen Sache an einen Obern, ingleichen die Schrift, worin selbige enthalten ist. Einem Bericht erstatten, ertheilen, abstatten. Bericht von etwas ertheilen, geben, erstatten. 2) Eine belehrende Antwort auf eine gethane Frage, doch nur in den gemeinen Mundarten. Einem Bericht geben.

Anm. Bericht wird in der ersten Bedeutung nur noch von der pflichtmäßigen Erzählung einer Sache eines Untern an seinen Vorgesetzten gebraucht; obgleich das Verbum berichten von einem größerm Umfange der Bedeutung ist Ehedem bedeutete dieses Wort auch Unterricht. Ein Dichter soll Bericht von wahrer Weisheit geben, Opitz. Es hat mich auch so witzig können machen,Herr, dein Befehl, dein heiliger Bericht, ebend. Ps. 119, 52. In dieser Bedeutung kommt Gerihti schon bey dem Ottfried vor. Die ehemahligen Bedeutungen eines Vertrages, ingleichen des Verstandes, sind im Hochdeutschen gleichfalls veraltet.


Berichten (W3) [Adelung]


Berichten, verb. reg. act. welches mit bereiten einerley Ursprung und Bedeutung hat, die nöthige Zubereitung zu etwas geben.1. Eigentlich, mit der vierten Endung der Sache, in welcher Bedeutung dieses Wort nur noch als ein Kunstwort in einigen wenigen Fällen gebraucht wird. So berichtet man in den Münzen die Münzstücke, wenn man sie zur Ründung zubereitet. Bey den Jägern heißt, einen Falken berichten, so viel als ihn abrichten, zahm machen.2. Figürlich.

1) Einen Kranken berichten, in den gemeinen Mundarten, ihm das heil. Abendmahl reichen, und ihn dadurch zum Sterben bereiten; in welcher Bedeutung auch das Schwedische "beraetta" und Dänische "berette" gebraucht wird.

2) Unterricht ertheilen, belehren, doch nur noch von dem Unterrichte in einzelnen Fällen, und im gemeinen Leben; gleichfalls mit der vierten Endung der Person. Bericht mich doch, wohin der Weg gehet. Einen unrecht berichten. Wo ich anders recht berichtet bin. Ihr seyd ganz falsch berichtet. Wie man fraget, so wird man berichtet. Im Oberdeutschen nimmt es in dieser Bedeutung die zweyte Endung der Sache zu sich. Jemanden eines Dinges berichten; welches auch im Hochdeutschen nachgeahmet wird, doch nur in der Redensart, jemanden eines andern oder eines bessern berichten. 3) Nachricht ertheilen, zu eines Wissenschaft bringen, mit der dritten Endung der Person und der vierten der Sache. Einem was berichten. Am häufigsten gebraucht man dieses Wort, von der Nachricht, welche ein Abwesender schriftlich ertheilet. Berichtet mir doch, was ihr macht. Er berichtet uns alles. Er hat nichts davon berichtet. Einem die Wahrheit berichten. Man wird ihnen den Erfolg davon berichten. Man berichtet aus Pohlen, daß u. s. f. Die Oberdeutschen gebrauchen berichten auch hier mit der vierten Endungder Person, welches auch in der gemeinen Hochdeutschen Redensart, einem mit Lügen berichten, nachgeahmet wird. Die Wortfügung mit der zweyten Endung der Sache, welche gleichfalls Oberdeutsch ist, findet sich noch Apostelg. 21, 24: Weß sie wider dich berichtet sind.

Anm. Das einfache rihten bedeutet schon bey den Ottfried unterrichten. Eben derselbe gebraucht B. 5, Kap. 9 girihten für berichten mit der zweyten Endung, girihtet mih thes. Berichten für regieren, beherrschen, kommt noch bey den Schwäbischen Dichtern vor. Über dieß bedeutete es ehedem auch begaben, begiften, versorgen; ingleichen versöhnen, einen Vergleich, Vertrag stiften, wovon Frisch einige Beyspiele gesammelt hat. Die Alten hatten auch ein Bey- und Nebenwort, bericht, für kundig, erfahren, welches aber im Hochdeutschen nicht mehr üblich ist. Welcher des wegs was nit bericht, nicht kundig, Theuerd. Kap. 33. Ihr habt denn ein berichten scheffmann, einen erfahrnen Schiffer, ebend. Kap. 65. Das Substantiv die Berichtung, ist nur in der eigentlichen Bedeutung, ingleichen von der Reichung des Abendmahles an einen Kranken üblich.


Berichtigen (W3) [Adelung]


Berichtigen, verb. reg. act. welches nicht das Intensivum oder Frequentativum des vorigen ist, sondern unmittelbar von dem Bey- und Nebenworte richtig herkommt, richtig machen, doch nur in einigen Fällen der figürlichen Bedeutung. Einen Aufsatz berichtigen, verbessern, die Sache ist nunmehr berichtiget, zu Ende gebracht, abgethan. Eine Rechnung berichtigen. Eine Schuldpost berichtigen, bezahlen. Es ist schon berichtiget, bezahlet, worden. So auch die Berichtigung.

Anm. Dieses Wort ist von richtig vollkommen regelmäßig abgeleitet, und auch fast durchgängig üblich, selbst außer den Kanzelleyen; daher es den Tadel nicht verdienet, den Gottsched in seiner Sprachkunst über dasselbe ausschüttet. In dem Lateine der mittlern Zeiten werden addretiare, adrechurare, adrecurare, adresciare, auf ähnliche Art gebraucht, besonders aber von der Ersetzung eines verursachten Schadens.


Beriechen (W3) [Adelung]


Beriechen, verb. irreg. act. S. Riechen, oft an etwas riechen, um es kennen zu lernen. Etwas beriechen.


Berill (W3) [Adelung]


Berill, S. Beryll.


Beritt (W3) [Adelung]


* Der Beritt, des -es, plur. die -e, an einigen Orten derjenige District, welchen ein Forst- oder Wegebereiter zu bereiten hat. S. Bereiten.


Beritten (W3) [Adelung]


Beritten, S. Bereiten.


Berkan (W3) [Adelung]


Der Berkan, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein von Kameel- oder Ziegenhaaren gemachter Zeug, mit einem gezwirnter oder rund gedreheten Faden, oder eine Art Kamelot mit einem größern Korne, als der gewöhnliche. Heut zu Tage wird der Berkan gemeiniglich aus Wolle verfertiget. Der Nahme dieses Zeuges ist ausländisch. Im Ital. lautet er Barracano, Baracano, im Franz. Barracan und Bouracan, im Lateine der mittlern Zeiten Barracanus; dessen Abstammung aber ist ungewiß. S. das du Fresne Glossar. v. Barracanus.


Berliner (W3) [Adelung]


Der Berliner, des -s, plur. ut nom. sing. Fäm. die Berlinerinn, plur. die -en, eine Person, welche aus Berlin gebürtig ist, oder von Berlin kommt. Übrigens ist Berliner auch ein unabänderliches Beywort, welches verschiedenen Werken der Kunst beygeleget wird, die in Berlin erfunden, oder daselbst verfertiget worden. Berliner-Blau, eine blaue Mahlerfarbe, welche zu Anfange des vorigen Jahrhunderts von Dippeln zu Berlin erfunden worden, und auch Preußisch-Blau heißt. Das Berliner Eisen, ein Fuchseisen mit zwey Bügeln, welche, wenn sie aufgestellet werden, eine Oval-Ründe machen; ein Schwanenhals. Die Berliner Witterung, eine besondere Materie die Fuchseisen damit zu bestreichen u. s. f.


Berme (W3) [Adelung]


Die Berme, plur. die -n, im Festungsbaue, ein schmaler Gang am Fuße des Walles unten am Graben, vornehmlich des Einfallen des Walles zu verhindern. Es ist aus dem Französischen Berme, obgleich dieses seinen Deutschen Ursprung von Bräme, ein Rand, nicht verlängern kann.


Berner (W3) [Adelung]


Berner, 1) Der verkürzte Nahme Bernhard, S. daselbst. 2) Von dem alten bernen, brennen, in einigen Gegenden ein Nahme des Feuerschröters, S. denselben.


Bernger (W3) [Adelung]


Bernger, ein alter Deutscher männlicher Taufnahme, von dem veralteten Bern, Glanz, Ruhm, Ehre, und ger, begierig, welcher so viel als ruhmbegierig bedeutet, und im Lateinischen Berengarius, Werengarius, Werinharius und zusammen gezogen Werinzo, Wernzo, Bernzo lautet.


Bernhard (W3) [Adelung]


Bernhard, ein gleichfalls männlicher Taufnahme, von Bern, Ruhm, und der alten Ableitungssylbe hard oder ard, welche so viel wie Er ist, und bloß ein Subject bedeutet, daher der Nahme oft auch nur Berner und verkürzt Bernd lautet. Alle diese Formen bedeuten einen Berühmten.


Bernhardiner (W3) [Adelung]


Der Bernhardiner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Mönch von dem Orden des heil. Benedicts, so wie derselbe hernach von dem heil. Bernhard, Abt zu Clervaux, reformiret worden. Daher der Bernhardiner-Mönch, die Bernhardiner-Nonne, das Bernhardiner-Kloster u. s. f. Es wird dieser Orden auch der Cistercienser-Orden genannt, von Cisteaux, der vornehmsten Abtey dieses Ordens in Frankreich.


Bernstein-Alabaster (W3) [Adelung]


Der Bernstein-Alabaster, des -s, plur. inus. ein weißer Alabaster im Amte Hohenstein, der mit gelben durchsichtigen Spathstückchen durchsetzt ist.


Bernsteinarbeiter (W3) [Adelung]


Der Bernsteinarbeiter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Künstler, der allerley künstliche Sachen aus Bernstein verfertiget.


Bernsteinern (W3) [Adelung]


Bernsteinern, adj. et adv. aus Bernstein verfertiget. Bernsteinerne Köpfe, Dosen, u. s. f.


Bernsteinfang (W3) [Adelung]


Der Bernsteinfang, des -es, plur. inus. das Fangen, d. i. Auffischen des Bernsteines aus der See.


Bernsteingericht (W3) [Adelung]


Das Bernsteingericht, des -es, plur. die -e, ein besonderes Gericht in Preußen zu Palminken, welches die Streitigkeiten schildert, welche über das Bernsteinsammeln entstehen.


Bernsteinkammer (W3) [Adelung]


Die Bernsteinkammer, plur. die -n, ein Collegium in Preußen, welches dem Bernsteinfange vorgesetzet ist, indem der Bernstein daselbst unter die Regalien gerechnet wird.


Bernsteinöhl (W3) [Adelung]


Das Bernsteinöhl, des -es, plur. inus. das aus dem Bernsteine destillirte Öhl.


Bernsteinsalz (W3) [Adelung]


Das Bernsteinsalz, des -es, plur. inus. 1) Ein saures flüchtiges Salz, welche durch die Destillation des Bernsteines erhalten wird, dessen Natur und Eigenschaft aber noch nicht völlig bekannt ist. 2) Ein salziges, schleimiges Wesen, welches mit harzigen Theilchen vermischt ist, und vermittelst warmen Wassers aus dem Bernsteine ausgelauget wird.


Bernsteinschöppe (W3) [Adelung]


Der Bernsteinschöppe, des -n, plur. die -n, in Preußen, der Schöppe, oder Beysitzer des Bernsteingerichtes.


Bernsteinverwalter (W3) [Adelung]


Der Bernsteinverwalter, des -s, plur. ut nom. sing. der die Aufsicht über den für den Landesherren gesammelten Bernstein hat, und die Einkünfte davon berechnet.


Bernsteinwind (W3) [Adelung]


Der Bernsteinwind, des -es, plur. die -e, bey dem Bernsteinfange, derjenige Wind, mit welchem der Bernstein an das Ufer getrieben wird.


Bern-Thaler (W3) [Adelung]


Der Bern-Thaler, des -s plur. ut nom. sing. eine Art Thaler, welche im Canton Bern geschlagen werden, und 30 gute Groschen gelten.


Beroden (W3) [Adelung]


* Beroden, verb. reg. act. in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, so viel als behacken. Den Kohl, die Kartoffeln beroden. Daher die Berodung. S. Roden.


Berohren (W3) [Adelung]


Berohren, verb. reg. act. mit Rohr versehen. Ein Zimmer berohren, das Holzwerk an den Wänden und Decken mit Rohr benageln, damit der Mörtel desto besser darauf hafte. Daher die Berohrung.


Berosten (W3) [Adelung]


Berosten, verb. reg. neutr. mit seyn, mit Rost überzogen werden. Das Eisen ist berostet.


Berschkohl (W3) [Adelung]


Berschkohl, S. Wirschkohl.


Berschling (W3) [Adelung]


Berschling, S. Börs.


Bersich (W3) [Adelung]


Bersich, S. Wirsching.


Bersten (W3) [Adelung]


Bersten, verb. irreg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert; ich berste, du berstest, er berstet, (du birstest, er birstet;) Imperf. ich borst, (ich barst); Supin. geborsten; einen Riß bekommen, von einander springen. Die Erde ist geborsten. Eine geborstene Mauer. Figürlich. Er will vor Zorn bersten. Mein Herz, ach, es berstet, Weiße.

Anm. Bersten, Nieders. barsten, basten, Schwed. brista, Angels. berstan, byrstan, beorstan, burstan, Engl. to burst, druckt den Schall aus, den einige Körper im Bersten machen. Es gehört in dieser Betrachtung zu dem Worte brechen, welches ehedem auch bresten lautete, und bey dem Ulphilas wird brikan sehr deutlich für bersten gebraucht. Heut zu Tage werden beyde Verba genau unterschieden; indem bersten, wenigstens im Hochdeutschen, eigentlich nur von verschiedenen harten Körpern gebraucht wird, dagegen von andern springen, reißen, brechen üblicher sind. Die irreguläre Conjugation im Präsenti, und das Imperfectum ich barst, werden zwar von einigen Hochdeutschen auch noch gebraucht, doch kommen sie in der edlern Schreibart seltener vor. In den gemeinen Mundarten hat man auch die Hauptwörter der Barst, der Berst oder der Borst, wovon die beyden ersten Oberdeutsch sind, das letzte aber Niedersächsisch ist; allein im Hochdeutschen sind sie, wenigstens in der edlen Sprechart, nicht üblich.


Berstgras (W3) [Adelung]


Das Berstgras, des -es, plur. inus. eine Art Rietgras, welches in den Wassergräben und an sumpfigen Örtern wächset, und dessen Blätter dreyeckig, wie eine Hohlklinge sind; Carex Pseudo Cyperus, L. In nassen Jahren ist es dem Rindviehe tödtlich, weil sich alsdann ein gewisser Wurm in dem hohlen Stängel von unten in die Höhe begibt, der, wenn er mit genossen wird, macht, daß das Vieh davon aufschwillet, und zerplatzet, wenn ihm nicht schleunig geholfen wird. Von dieser schädlichen Eigenschaft wird es Berstgras, Berstkraut, Berstschilf, Berstrohr, Platzkraut, Platzgras, in Sachsen auch Sprenggras, um Helmstädt aber Brenngras genannt.


Berstkraut (W3) [Adelung]


Das Berstkraut, des -es, plur. inus. 1) S. Berstgras. 2) Ein Nahme, der an einigen Orten auch dem Schierlinge, wegen seiner tödtlichen Eigenschaft gegeben wird. S. Schierling.


Bertha (W3) [Adelung]


Bertha, ein weiblicher Taufnahme, welcher von dem alten bert, glänzend, berühmt, abstammet, welches noch in den Endsylben vieler männlichen Taufnahmen, wie Eckbert, Adelbert, Albert, Siegbert u. s. f. übrig ist.


Bertram (W3) [Adelung]


1. Bertram, ein männlicher Taufnahme, gleichfalls von bert, berühmt, ingleichen Ruhm, und ram, dessen Bedeutung noch dunkel ist, ungeachtet es in vielen eigenthümlichen Nahmen so wohl vornen als hinten angetroffen wird, wie in Rambold, Ramfried, Waltram, Adelram, Gundram u. s. f.


Bertram (W3) [Adelung]


2. Das Bertram, des -s, plur. inus. ein Nahme der verschiedenen Pflanzen beygeleget wird. 1) Einer Art Chamillen, mit einfachen einblümigen niederliegenden Stämmen, und gefiederten, viel Mahl gespaltenen Blättern, welche in dem westlichen Asien und dem untersten Theile Italiens wächset, und eigentlich das wahre Bertram ist; Anthemis Pyrethrum, L. 2) Einer Art Achillen-Krautes mit lanzettförmigen, scharf zugespitzten Blättern, mit kleinen Sägeeinschnitten, welche in den gemäßigten Gegenden Europens wächset, und Deutsches oder wildes Bertram genannt wird; Achillea Ptarmica, L. 3) Einer Art Äppich, Apium sylvestre, L. welche auch Olsenich und wilder Bertram heißt. Der Nahme Bertram ist aus dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, den diese Pflanze wegen der scharfen brennenden Eigenschaft ihrer Wurzel bekommen hat. Weil das Kraut des wahren Bertrams im Munde Speichel erwecket, so wird es auch Geiferwurz und Speichelkraut genannt; das wilde hat an einigen Orten auch den Nahmen Dragun, Dorant, weißer Reinfaren, Berufkraut, Nieselkraut.


Berüchtigen (W3) [Adelung]


Berüchtigen, verb. reg. act. in ein nachtheiliges Gerücht bringen. Jemanden berüchtigen. Darum, daß er eine Jungfrau in Israel berüchtiget hat, 5. Mos. 22, 19. Der beständige Betrug dieser Götzen (der Reichthümer und der Ehre) hat sie noch nicht so übel berüchtiget u. s. f. Dusch. Am häufigsten ist in dieser Bedeutung das Mittelwort berüchtigt üblich. Ein berüchtigter Dieb. Des La Mettrie berüchtigte Schriften. Er ist wegen seiner Übelthaten im ganzen Lande berüchtigt.

Anm. Dieses Wort ist von dem alten Rucht, fama, S. Getücht und Ruchtbar, und wurde ehedem auch in gutem Verstande gebraucht. In einer Bremischen Urkunde von 1406 werden bedarve und beruchtigde Lüde, fromme Leute und die einen guten Ruf haben, zusammen gesetzt, und in dem neuen Testamente Luthers von 1523 wird rüchtig durch nahmhaftig, einesgroßen Rümß, erkläret. Das Zeitwort wird im Oberdeutschen auch mit der zweyten Endung der Sache verbunden. Jemanden eines Diebstahls berüchtigen. So jemandt eyner übelthat berüchtiget würde, heißt es in Kaiser Carls des Fünften Halsgerichtsordnung von 1523, Art. 6. Allein diese Wortfügung ist im Hochdeutschen nicht gewöhnlich, wo das Verbum überhaupt selten vorkommt, und nur das Participium berüchtigt, wo einem bösen, lasterhaften Rufe, üblich ist. Das Niedersächsische beruchten, und Schwed. berykta, kommen in der Bedeutung mit dem Hochdeutschen berüchtigen überein. S. Anrüchtig und Berufen.


Berücken (W3) [Adelung]


Berücken, verb. reg. act. 1. Eigentlich, das Netz über ein Thier rücken und es dadurch fangen. Einen Vogel berücken. In weiterer Bedeutung überhaupt, mit List fangen. Ein wildes Thier berücken. 2. Figürlich. 1) Unvermuthet überfallen. Indessen, daß der Frost sie nicht entblößt berücke, Hall. Wo ich weide, Da rath ich, schleiche mir nicht nach... Sie nicht so sträflich zu berücken, Verspricht und hält ihr Palydor, Haged. 2) Mit List betriegen, hintergehen. Jemanden berücken, Du borgst umsonst, uns zu berücken, Den Nahmen kalter Freundlichkeit, Cron. So auch die Berückung.

Anm. Es ist sehr wahrscheinlich, daß mit diesem Worte zunächst auf die Rückung des Netzes gesehen werde, wodurch ein Thier gefangen wird. Indessen ist doch auch wahr, daß das einfache Ruck schon vor Alters Betrug bedeutet hat. Denn in diesem Verstande kommt es bey dem Hornegk in Pezens Glossario vor, und das Englische to rook bedeutet noch jetzt betriegen.


Beruf (W3) [Adelung]


Der Beruf, des -es, plur. inus. 1. Die Handlung des Berufens. 1) Eigentlich, in welcher Bedeutung dieses Wort aber nur von dem feyerlichen Rufe zu einem Amte gebraucht wird. Ein rechtmäßiger Beruf. Einen Beruf zu etwas bekommen. Ingleichen in der Theologie von der Bekanntmachung des göttlichen Willens, wodurch die Menschen eingeladen werden, an den Gnadenwohlthaten Gottes Theil zu nehmen. Der Gnadenberuf Gottes an die Menschen. Dem göttlichen Berufe folgen. Doch sind in beyden Fällen auf Ruf und Berufung üblich. 2) Figürlich. (a) Neigung, innerlicher Trieb. Beruf bey sich zu etwas empfinden. Ich empfinde eben keinen Beruf, mir das zu versagen, worauf mir mein Leben ein Recht gibt. Wenn man im gemeinen Leben sagt, ich finde keinen Beruf, so steht finden alsdann für empfinden. S. beyde Wörter; z. B. ich finde heute keinen Beruf, einer solchen Versammlung beyzuwohnen. (b) Bewegungsgrund, Verbindlichkeit. Sorge für Mangel ist ein Beruf zum Fleiße.2. Dasjenige, wozu jemand berufen worden, in der weitesten Bedeutung diese Zeitwortes, Amt, pflichtmäßige Lebensart. Das erfordert mein Beruf. Das ist mein Beruf, mein Amt, meine Lebensart verbindet mich dazu. In seinem ordentlichen Berufe bleiben. Seinem Berufe nachgehen. Aus seinem Berufe schreiten. Er lebt in keinem gewissen Berufe, hat keine bestimmte Lebensart. Daher Berufsarbeit, Berufsgeschäfte, der Berufsgefährte, ein College.

Anm. Beruf, für Appellation, in den Rechte, ist im Hochdeutschen nicht, wohl oder im Oberdeutschen üblich. S. das folgende. In einigen gemeinen Mundarten wird es auch für das Gerücht, den Ruf, oder das Urtheil anderer von unsern sittlichen Eigenschaften, obgleich nur in nachtheiligen Verstande gebraucht. Er stehet in keinen guten Berufe. S. Berufen das Beywort.


Berufen (W3) [Adelung]


Berufen, verb. irreg. act. ( S. Rufen,) 1) Zu etwas rufen. Jemanden zu sich berufen, so fern solches schriftlich oder mittelbarer Weise geschiehet. Am häufigsten in engerer Bedeutung, zu einem Amte förmlich rufen oder einladen, besonders zu einem Kirchlichen Amte. Jemanden zu einem Pfarrdienste zu einem Schuldienste berufen. Daher das Berufungsrecht, das Jus patronatus. Ingleichen im theologischen Verstande, da von Gott gesagt wird, er berufe die Menschen, wenn er ihnen die Mittel zur Besserung bekannt machen lässet. Welche er aber verordnet hat, die hat er auch berufen u. s. f. Röm. 8, 30. 2) Zusammen rufen, im gemeinen Leben. Die Gemeine berufen. 3) Mit Worten bezaubern, in der Naturlehre das Pöbels. Jemanden berufen, in Obersachsen beschreyen. Das Kind ist berufen. 4) Sich auf etwas berufen, dasselbe als einen Beweis, als ein Zeugniß u. s. f. anführen. Er berief sich auf mich, führete mich zum Zeugen an. Sich auf seine Unschuld berufen. Gegen Sterbliche können wir uns auf die Unsterblichen berufen, gegen die Welt auf ihren Schöpfer, Dusch. In engerer Bedeutung hieß, sich auf jemanden berufen, in den Gerichten ehedem auch so viel als an denselben appelliren, Apostelg. 25, 11; Kap. 26, 32; Kap. 28, 19, welcher Gebrauch aber in Hochdeutschen sehr ungewöhnlich geworden ist.So auch die Berufung, in allen obigen Bedeutungen. Das Substantiv der Berufer, welches Röm 9, 12 vorkommt, ist ungebräuchlich.


Berufen (W3) [Adelung]


Berufen, adj. et adv. ohne Zweifel das Participium der vergangenen Zeit von dem vorigen Worte, aber in einer längst verloren gegangenen Bedeutung desselben, was einen großen Ruf hat, wovon viel gesprochen wird. Er schien fast glücklicher zu preisen, Als die berufnen sieben Weisen, Haged. Oft auch im nachtheiligen Verstande, übel berufen, berüchtigt. Ein berufener Dieb.


Berufkraut (W3) [Adelung]


Das Berufkraut, des -es, plur. inus. ein Nahme, welcher im gemeinen Leben verschiedenen Pflanzen gegeben wird, welche als ein Gegenmittel wider das Berufen, oder Beschreyen, besonders der Kinder dienlich seyn sollen. 1) Der Sideritis Scordioides, L. welche eine Art des Gliedkrautes ist, in Frankreich und Thüringen wild wächset, und auch Zeischenskraut genannt wird. 2) Der Conyza squarrosa, L. welche zu den Flöhpflanzen gehöret, und auch Dürrwurz, Dän. Tordenurt, Troldurt, genannt wird. S. Dürrwurz. 3) Dem Erigeron acre, L. welches auch blaue Zauberwurz, und im Dän. blaae Troldurt heißt. 4) Der tauben Nessel, Lamium, L. besonders derjenigen Art derselben, welche purpurrothe Blumen trägt, und ehedem für ein kräftiges Mittel wider die Zauberey gehalten wurde. 5) Dem Senecio vulgaris, L. welches auch unter dem Nahmen der Kreuzkrautes bekannt ist, und, besonders in Obersachsen, den Kindern, wenn sie beschrieen seyn sollen, eingegeben wird, und vielleicht noch andern mehr.


Beruhen (W3) [Adelung]


Beruhen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) Wie das einfache ruhen. So wird euer Friede auf ihn beruhen, bleiben, Luc. 10, 6. Im Hochdeutschen wird es am häufigsten mit dem Hülfsworte lassen gebraucht. Man lässet dieses böse Betragen aus Langmuth beruhen, man lässet es ungestrafet ruhen. Wir wollen es dabey beruhen (bewenden) lassen. Im Oberdeutschen wird beruhen in dieser Bedeutung auch außer dem Infinitivo in den übrigen Arten gebraucht, welches aber im Hochdeutschen selten ist. Er beruhet bey dieser Erklärung, läßt es dabey bewenden. Auch in der eigentlichen Bedeutung kommt es bey den Logau vor: Jeder ruhe wie er will; ich beruhe in dieser Ruh. 2) Den Grund in etwas haben, mit dem Vorworte auf und der dritten Endung. Auf ihm beruhet das Wohl des ganzen Hauses, es kommt auf ihn an. Es beruhet nicht meine, deine eigene Glückseligkeit beruhet darauf, Dusch. Es beruhet bloß darauf, ob er kommen will. Die ganze Sache beruhet auf Muthmaßungen.

Anm. Das Niedersächsische berauen bedeutet nicht nur ruhen lassen, sondern auch Ruhe haben. Aus dem folgenden Intensivo erhellet, daß beruhen ehedem auch in der thätigen Gattung, für Ruhe geben, verschaffen, üblich gewesen seyn müsse.


Beruhigen (W3) [Adelung]


Beruhigen, verb. reg. act. welches das Intensivum des vorigen ist, so fern es ehedem auch als ein Activum üblich war, man müßte es denn zunächst von dem Beyworte ruhig ableiten wollen; ruhig machen, doch nur in den figürlichen Bedeutung, besonders von der Ruhe des Gemüthes, von einer Unruhe oder Unlust des Gemüthes befreyen. Beruhigen sie sich, lassen sie ihren Zorn, ihren Gram, ihre Sorgen fahren. Beruhige dich mit dem Gedanken, daß du mir alles wieder zurück giebest, Dusch. Ich kann mich dabey nicht beruhigen, ich kann mich dabey nicht zufrieden geben. Siehe zu, ob du ihn beruhigen kannst. Wie martert es mich, daß ich dir beruhigender (tröstender) Gedanke, nicht ganz glauben darf! Daher die Beruhigung, so wohl von der Handlung des Beruhigens, als auch von dem Zustande einer wieder hergestellten Ruhe des Gemüthes, und endlich auch von demjenigen, was diese Ruhe gewähret, Trost. Könntest du diese Beruhigungen empfinden! Dusch.


Berühmen (W3) [Adelung]


Berühmen, verb. reg. recipr. Sich einer Sache, oder mit einer Sache berühmen, im gemeinen Leben, sich derselben rühmen, sich dieselbe zum Ruhme erzählen, oft auch in nachtheiligem Verstande. Sich mit Dingen berühmen, die man niemahls genossen hat, Wiese. Berühme dich einer bessern That.

Anm. Peruomen, findet sich schon bey dem Notker, und sich beroumen, mit der zweyten Endung, in dem alten Gedichte auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter. Die Niedersachsen sagen so wohl berömen, als verrömen, beyde als ein Reciprocum, und in eben dieser Mundart war Beroom ehedem auch für Prahlerey, Selbstlob, üblich.


Berühmt (W3) [Adelung]


Berühmt, -er, -este, adj. et adv. welches eigentlich das Participium der vergangenen Zeit des vorigen Verbi ist, so fern dasselbe rühmen, sehr rühmen bedeutet haben mag, Ruhm habend, rühmlich bekannt. Ein berühmter Mann. Ein berühmtes Buch. Eine berühmte That. Er ist sehr berühmt. Sich berühmt machen. Berühmt werden. Hochberühmt, weltberühmt, einen hohen Grad des Ruhmes ausdrucken. Für berühmt ist im Oberdeutschen auch verrühmt üblich. Das Substantivum, die Berühmtheit, ist wenig gebräuchlich.


Berühren (W3) [Adelung]


Berühren, verb. reg. act. so neben einer andern Sache seyn, daß nichts dazwischen Statt finden kann. etwas mit der Hand, mit einem Stecken berühren, anrühren. Figürlich, einer Sache Erwähnung thun, ihrer mit wenig Worten gedenken. Ich will diese Sache nur berühren. Berührter (gedachter) Maßen, in den Kanzelleyen. So auch die Berührung, doch am häufigsten nur in der eigentlichen Bedeutung; der Berührungs-Punct, des -es, plur. die -e, in der Geometrie, derjenige Punct, in welchem zwey Linien sich berühren, punctum contactus; der Berührungswinkel, des -s, plur. ut nom. sing. der Winkel, der daraus entstehet, angulus contactus.

Anm. Ottfried gebrauchte biruaren schon im eigentlichen Sinne, dagegen Tatian, und Isidors Übersetzer in eben derselben Bedeutung noch das einfache ruaran, und hriran haben. Das sind Sachen, welche mich berühren, angehen, ist im Hochdeut- schen ungewöhnlich. Berührt, für vom Schlage getroffen, ist gleichfalls veraltet.


Berupfen (W3) [Adelung]


Berupfen, ver. reg. act. oft an etwas rupfen, durch Rupfen kahl machen. Eine Ganz berupfen. Figürlich und im Scherze, einen berupfen, ihn durch List des Seinigen berauben. Niedersächsisch beplücken. Daher die Berupfung.


Berußen (W3) [Adelung]


Berußen, verb. reg. act. mit Ruß beschmutzen. Sich berußen. Mit schwarz berußten Schwingen, Zachar. Der müß'ge Panzer hing an der berußten Wand, ebend.


Beryll (W3) [Adelung]


Der Beryll, des -es, plur. die -e, ein meergrüner Edelstein, der oft in das Weiße fällt, und so wohl im Oriente als auch in der Schweiz, Böhmen und Sachsen gefunden wird. Der Nahme Beryllus, der sich schon bey dem Plinius findet, ist nach dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . In den mittlern Zeiten bedeutete Bericle im Franz. und Bericlus im Latein. einen jeden Krystall, wie aus dem du Fresne und Carpentier erhellet. Der Verfasser des alten Gedichtes auf Carls des Großen Spanischen Feldzug, bey dem Schilter, braucht Berille für Perle. S. auch Brille und Aquamarin.


Beryll-Fluß (W3) [Adelung]


Der Beryll-Fluß, des -sses, plur. von mehrern Arten, die -Flüsse, ein durchsichtiger Spath, welcher dem Berylle an Farbe gleichet, oder auch ein dem Berylle ähnliches Glas.


Besaamen (W3) [Adelung]


Besaamen, S. Besamen.


Besacken (W3) [Adelung]


Besacken, verb. reg. act. mit gefüllten Säcken belegen. Einen Esel besacken. Im niedrigem Scherze, sich besacken, sich bepacken; ingleichen bereichern, unerlaubten Gewinn bey einer Sache erwerben. Nieders. besacken.


Besäen (W3) [Adelung]


Besäen, verb. reg. act. mit dem nöthigen Samen bestreuen. Ein Feld mit Weitzen, einen Acker mit Dinkel besäen. S. Besamen. Figürlich werden in der Wapenkunst Schilde besäet genannt, wenn sie mit Figuren von einerley Art ganz angefüllet sind.


Besage (W3) [Adelung]


Besage, ein aus dem Hauptworte Sage gebildetes Nebenwort, welches daher die zweyte Endung erfordert, aber am häufigsten im Oberdeutschen üblich ist. Besagen seines eigenen Bekenntnisses, wie sein eigenes Bekenntniß besaget, bezeuget. Besage seiner Rechnung. Besage dessen. S. das folgende.


Besagen (W3) [Adelung]


Besagen, verb. reg. act. welches im Oberdeutschen einheimisch ist, aber doch auch einigen Bedeutungen im Hochdeutschen, und besonders in der Gerichts- und Kanzelleysprache üblich geworden ist. 1) Für sagen, Erwähnung thun, melden. Dein Buch besagt von mir, Opitz. Der Brief besagt ein mehreres, Weiße. Der Titel besagt alles, was im Buche enthalten ist. Auf besagte Weise. Besagter Maßen. Ingleichen für bezeugen, ausweisen. Die Rechnung wird es deutlich besagen. Das besagt die Unterschrift zur Genüge, Weiße. 2) * Für anklagen; daher die Besagung, die Klage, und der Besagter, der Kläger; welche Bedeutung aber im Hochdeutschen eben so unbekannt ist, als die, nach welcher dieses Zeitwort, 3) * im Oberdeutschen auch für verrathen gebraucht wird. Du hast mich besagt. Ein Schalk besagt den andern nicht.


Besägen (W3) [Adelung]


Besägen, verb. reg. act. an etwas sägen. Einen Baum besägen.


Besaiten (W3) [Adelung]


Besaiten, verb. reg. act. mit Saiten beziehen, in der höhern Schreibart. In jene Laute, die dir jüngst besaitet ward, Ramler.


Besalben (W3) [Adelung]


+ Besalben, verb. reg. act. welches nur in den niedrigen Sprecharten vorkommt. 1) Mit Roth besudeln, beschmutzen. 2) Betriegen. Du hast mich besalbt.


Besamen (W3) [Adelung]


Besamen, verb. reg. act. 1) In einigen Gegenden so viel als besäen. Ein Feld mit Gerste besamen, 2) Sich besamen, sichdurch den Samen fortpflanzen. Die biblischen Redensarten: Wenn ein Weib besamet wird und gebieret ein Knäblein, 3 Mos. 12, 2; du sollst auch nicht bey deines Nächsten Weib liegen, sie zu besamen., Kap. 18, 20; es kommt die Zeit, daß ich das Haus Israel besamen will, Jer. 31, 27, sind im Hochdeutschen ungewöhnlich. So auch die Besamung.

Anm. Ehedem bedeutete dieses Wort auch versammeln, und, sich mit einem großen Heere besamen, hieß so viel als ein großes Heer auf die Beine bringen. S. Sammeln.


Besanden (W3) [Adelung]


Besanden, verb. reg. 1. Activum, mit Sand bestreuen, nur bey den Schmieden, welches das Eisen, wenn es in der Schweißhitze ist, besanden, damit es nicht verbrenne. 2. Neutrum, mit seyn, mit Sand angefüllet werden, von den Häfen und Flüssen, wofür doch versanden üblicher ist.


Besänftigen (W3) [Adelung]


Besänftigen, verb. reg. act. sanft machen, doch nur in figürlicher Bedeutung, von heftigen Leidenschaften. Einen Zornigen besänftigen. So auch die Besänftigung. In Strykers altem Gedichte bey dem Schilter wird semften und gesemften für lindern gebraucht, wovon unser besänftigen das Frequentativum ist. Die Niedersachsen gebrauchen dafür sachten, versachten, und die Schweden sackta, beydes von sacht.


Besanmast (W3) [Adelung]


Der Besanmast, des -es, plur. die -e, ein in den Seegegenden aus dem Holländischen aufgenommenes Wort, den hintersten kleinen Mast auf einem Schiffe auszudrucken. Das Besansegel, des -s, plur. ut nom. sing. das an demselben befindliche Segel.


Besatzung (W3) [Adelung]


Die Besatzung, plur. die -en. 1. * Von dem Verbo besitzen, welches in einigen Oberdeutschen Mundarten ehedem besatzen lautete, so viel als Besitz, oder Besitzung, in welcher Bedeutung dieses Wort aber nur in den Hallischen Salzwerken üblich ist, wo es auch wohl Besatz lautet, und so wohl den Besitz, als auch die des Besitzes wegen angestellte Zusammenkunft bedeutet.2. Von dem Verbo besetzen, welches in den meisten Oberdeutschen Mundarten noch jetzt besatzen angesprochen wird, so wohl die Handlung des Besetzens, als auch dasjenige, womit etwas besetzet wird. Im Hochdeutschen kommt dieses Wort noch in folgenden Fällen vor. 1) Von der Besetzung eines Ortes mit Mannschaft, und dieser Mannschaft selbst. Eine Stadt mit Besatzung versehen. Besatzung in einen Ort legen. Besatzung einnehmen. Zur Besatzung in einer Stadt liegen. Daher das Besatzungsrecht, kraft dessen jemand berechtiget ist, eine Festung zu besetzen. 2) Bey den Schlössern, werden diejenigen Stücke Eisen am einem Schlosse, welche in die Einstrichen des Schlüsselbartes passen, und welche verhindern, daß man ein Schloß nicht mit einem jeden andern Schlüssel aufschließen kann, gleichfalls die Besatzung, sonst aber auch das Gewirre, und das Eingerichte genannt. In den übrigen Bedeutungen des Zeitwortes besetzen ist im Hochdeutschen Besetzung üblicher. Ehedem wurde Besatzung auch für Arrest gebraucht.


Besauen (W3) [Adelung]


+ Besauen, verb. reg. act. welches nur in der niedrigen Sprechart für sehr beschmutzen üblich ist. So auch die Besauung.


Besaufen (W3) [Adelung]


+ Besaufen, verb. irreg. act. ( S. Saufen,) welches gleichfalls in die niedrige Sprechart gehöret, im hohem Grade trunken machen. Jemandem besaufen. Sich besaufen. Er war ganz besoffen. Ein Besoffener, der im hohem Grade betrunken ist. Bisoufan, besoufan, kommen schon bey dem Kero, Ottfried und Notker, aber in der Bedeutung des Ersäufens, vor. Die heutige Bedeutung scheinet neuer zu seyn.


Besäumen (W3) [Adelung]


Besäumen, verb. reg. act. mit einem Saume einfassen. Ein Halstuch besäumen; auch nur säumen schlechthin.


Beschaben (W3) [Adelung]


Beschaben, verb. reg. act. an etwas schaden, durch Schaben bearbeiten. Ein Stück Holz beschaben. Daher die Beschabung.


Beschädigen (W3) [Adelung]


Beschädigen, verb. reg. act. Schaden zufügen, doch nur von dem körperlichen Schaden, der dem Baue einer Schade zugefüget wird. Jemanden an seinem Leibe beschädigen. Einen Garten, ein Haus beschädigen. er fiel und wurde am Kopfe beschädiget. Von der Verletzung der Ehre, des Vermögens, wie Pf. 7, 5; Sprichw. 22, 3; Ezech. 18, 12, und an andern Orten der Deutsche Bibel, ist dieses Wort im Hochdeutschen ungewöhnlich. Daher die Beschädigung, so wohl von der Handlung, als auch dem dadurch zugefügten schaden selbst.

Anm. Beschaden, wovon unser Zeitwort das Intensivum ist, war ehedem so wohl im Oberdeutschen, als Niedersächsischen bekannt genug. In dem 1276 zusammen getragenen Augsburgischen Stadtrechte bedeutet beschädigen auch gerichtlich belangen. In der heutigen Bedeutung ist im Oberdeutschen das einfache schädigen üblich.


Beschaffen (W3) [Adelung]


Beschaffen, adj. et adv. welches doch am häufigsten nur als ein Adverbium mit dem Verbo seyn gebraucht wird, so wohl die innern oder wesentlichen, als auch zuweilen die äußern oder zufälligen Bestimmungen einer Sache auszudrucken. Die Sache ist so beschaffen. Ingleichen unpersönlich mit der Präposition mit. Es ist mit dem Schalle wie mit den Tönen beschaffen. Es ist sehr übel mit ihm beschaffen in weiterer Bedeutung, er befindet sich in schlechten äußern Umständen. Der Gebrauch dieses Wortes als ein Adjectiv, z. B. bey so beschaffenen Sache, ist seltener.

Anm. Das Verbum beschaffen, von welchem unser Nebenwort eigentlich das Participium der vergangenen Zeit ist, bedeutete ehedem schaffen, erschaffen, creare, und kommt in diesem Sinne in den vorigen Jahrhunderten häufig vor. Du weist nachdem dich Gott beschuf, heißt es noch bey dem Hans Sachs. Aus dem Henisch erhellet, daß es auch bescheren bedeutet habe, weil er das Sprichwort anführet; beschaffen Glück kommt oft und dick. Beyde Bedeutungen sind aber im Hochdeutschen eben so sehr veraltet, als Bescheffniß und Beschöpfung für Schöpfung. Von dem Oberdeutschen schaffen, befehlen, findet sich bey den Schwäbischen Dichtern auch beschaffen für verordnen.


Beschaffenheit (W3) [Adelung]


Die Beschaffenheit, plur. die -en. 1) Der Umfang aller innern Bestimmungen einer Sache, im Gegensatze des Verhältnisses, die Natur, innere Einrichtung einer Sache, ohne Plural; in welcher engern und eigentlichen Bedeutung dieses Wort aber nur selten vorkommt. 2) In weiterer Bedeutung, auch äußere und zufällige Bestimmungen, Nebenumstände eines Dinges, in welchem Falle auch der Plural gebraucht werden kann. Bericht von der Beschaffenheit eines Bergwerkes.

Anm. Kero, der sich, bey der damahligen Armuth der Deutschen Sprache an Ausdrücken für abstracte Begriffe, in Verlegenheit befand, das Lateinische qualitas auszudrucken, wußte sich nicht anders als mit einer buchstäblichen Übersetzung zu helfen, und ersann daher die schönen Wörter Huuialihhii und Vuealihnissi, gleichsam die Welchheit und Welchniß.


Beschäften (W3) [Adelung]


Beschäften, verb. reg. act. von Schaft, mit einem Schafte versehen. Ein Gewehr beschäften. So auch die Beschäftung.


Beschäftigen (W3) [Adelung]


Beschäftigen, verb. reg. act. mit Geschäften versehen, zu schaffen oder zu thun geben, in der anständigern Sprechart. Jemanden beschäftigen. Sich auf eine nützliche Art beschäftigen. Es ist schön, die Hände der Künstler für uns zu beschäftigen, Dusch. Beschäftigt, mit Geschäften versehen. Er ist immer beschäftigt. Seine Seele ist mit nichts, als mit seinem Glücke beschäftigt. Daher die Beschäftigung, so wohl von der Handlung des Beschäftigens, als auch von den Geschäften selbst. Das sind für mich sehr angenehme Beschäftigungen.


Beschalen (W3) [Adelung]


Beschalen, verb. reg. act. mit Schalen versehen. So beschalen die Messerschmiede die Messer, d. i. sie versehen sie mit Schalen oder Häften. Auch die Decken in den Zimmern werden beschalet, wenn sie mit Schalen, oder lichten rauhen Bretern beschlagen werden, damit man sie nach dem Berohren bewerfen könne, welches auch ausschalen genannt wird. So auch die Beschalung.


Beschälen (W3) [Adelung]


1. Beschälen, verb. reg. act. hin und wieder der Schale berauben. Einen Baum, einen Apfel beschälen. Daher die Beschälung.


Beschälen (W3) [Adelung]


2. Beschälen, verb. reg. act. zur Fortpflanzung seines Geschlechtes befruchten, aber nur von Hengsten. Eine Stute beschälen lassen. Daher die Beschälung; das Beschälgelb, welches der Herr des Beschälers bekommt; der Beschälknecht, der den Hengst zur Stute führet; die Beschälzeit, wenn die Stuten beschälet werden; das Beschälregister, welches in den Stutereyen über die Beschälung der Stuten gehalten wird, u. s. f. So auch Belegen, Bedecken, Bespringen, Begatten.

Anm. Wachters und Frischens Ableitungen dieses Wortes von Schale, concha venerea, und Schellen, welches irgend wo testiculos bedeutet haben soll, daher der letztere es auch beschellen geschrieben haben will, sind ungereimt. Besser nimmt man mit dem Herrn Ihre das alte nordische skala, skyla, bedecken, oder das Angelsächsische scaelan, springen, als das Stammwort an, zumahl da für beschälen auch bedecken und bespringen üblich sind. In den Gloss. Leg. Alemann, bey dem du Fresne bedeutet Scelo einen Hengst. S. auch Beschäler.


Beschaler (W3) [Adelung]


Der Beschaler, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Messerschmieden, ein Arbeiter, der die Messerklingen beschalet, und auch Bankarbeiter genannt wird. S. dieses Wort.


Beschäler (W3) [Adelung]


Der Beschäler, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Hengst, der dazu gehalten wird, Stuten zu beschälen, und der an einigen Orten auch Zuchthengst, Reithengst, Schälhengst, und im Niedersächsischen Stößer, Stöter genannt wir. 2) In den Stutereyen, ein Knecht, der den Hengst zur Stute lässet; der Beschälknecht.


Beschämen (W3) [Adelung]


Beschämen, verb. reg. act. Scham erwecken, schamroth machen. Einen durch Vorhaltung seiner Fehler beschämen. Seine Feinde durch Sanftmuth beschämen. Er stand beschämt da. In engerer Bedeutung, übertreffen und dadurch gleichsam schamroth machen. Die Einbildungskraft öffnet dir Gärten, die die Kunst beschämen. Sie beschämt uns alle beyde an Einsicht, Gell. Obgleich diese Wortfügung mit der Präposition an, ungewöhnlich und diesem Verbo nicht angemessen ist. So auch die Beschämung.

Anm. Bey den Schwäbischen Dichtern kommt dieses Wort auch intensive für schämen vor. Der darf sih uiuer niht beschamen inna, Walther von der Vogelweide. Beschamet, d. i. bloß, unbekleidet, seyn, so daß man sich schämen muß, Ezech. 16, 12, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Bescharren (W3) [Adelung]


Bescharren, verb. reg. act. mit angescharrter Erde bedecken.


Beschatten (W3) [Adelung]


Beschatten, verb. reg. act. mit Schatten bedecken, durch Schatten dunkler machen, am häufigsten in der höhern Schreibart. Eine kleine Insel, beschatten von hohen Fichten und Wachholderbäumen, Geßn. So auch die Beschattung. Bey dem Tatian biscatuen, bey dem Notker biscaten, scateuuen.


Beschatzen (W3) [Adelung]


Beschatzen, verb. reg. act. mit Schatzung belegen. Eine Stadt, ein Dorf beschatzen. So auch die Beschatzung.


Beschauen (W3) [Adelung]


Beschauen, verb. reg. act. welches am häufigsten im Oberdeutschen üblich ist, und nichts mehr bedeutet, als besehen. S. Schauen. Etwas beschauen. Ich habe es sorgfältig beschauet. Die Hochdeutschen gebrauchen statt dieses Wortes be- sehen und die Niedersachsen bekiken. So auch der Beschauer, die Beschauung, und die Beschauwalzen bey den Tuchmachern, zwey bewegliche Walzen, über welche das gewebte Tuch gegen das Tageslicht beschauet wird.


Beschaulich (W3) [Adelung]


Beschaulich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Was beschauet oder sinnlich erkannt werden kann, in der Oberdeutschen Mundart. Die Schönheit, die dem Geist allein Beschaulich aus dem innern strahlte, Wiel. 2) In der mystischen Theologie wird beschaulich auch für betrachtend gebraucht, besonders so fern eine sinnliche, anschauende Betrachtung darunter verstanden wird. Das beschauliche Leben, bey dem Notker uf scouuo lib, wo sich die Einbildungskraft mit Gott und göttlichen Wahrheiten beschäftiget; der Anfang der Schwärmerey. Der Stand des beschaulichen Lebens, wo die Einbildungskraft unaufhörlich mit Gott und dessen Genusse beschäftigt ist. Daher die Beschaulichkeit, plur. inus. diese sinnliche Beschäftigung der Einbildungskraft mit Gott.


Beschäumen (W3) [Adelung]


Beschäumen, verb. reg. act. mit Schaum benetzen. Die Wellen spielen da sanft mit den beschäumten Wurzeln der Weiden, Geßn.


Bescheeren (W3) [Adelung]


Bescheeren, S. Bescheren.


Beschehen (W3) [Adelung]


* Beschehen, verb. irreg. neutr. ( S. Geschehen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, aber nur im Oberdeutschen üblich ist, für geschehen, widerfahren. Mir beschah bi minen stunden Ni so senelihe not, Markgr. Otto von Brandenb. Herr ist euch etwas beschehen? Theuerd. Kap. 46. Dasselb beschach darum u. s. f. ebend. Kap. 20. In der Hochdeutschen Kanzelleysprache ist dieses Wort noch jetzt nicht selten.


Bescheid (W3) [Adelung]


Der Bescheid, des -es, plur. die -e, ein Wort, welches nach der verschiedenen Bedeutung der Zeitwörter bescheiden und scheiden auch einen verschiedenen Verstand hat, in den meisten Fällen aber nur in den gemeinen Sprecharten üblich ist.1. Ein beschiedener, d. i. jemanden bestimmter Theil; ohne Plural. In dieser größten Theils veralteten Bedeutung heißt Bescheid und Abhandlung an einigen Orten noch so viel, als der einer weiblichen Person aus einem Leben oder aus einer Erbschaft gehörige bestimmte Theil. Auch bey einem Schmause der Handwerksleute wird der einem jeden gehörige Theil von den Speisen, der auch den Abwesenden nach Hause geschickt wird, zuweilen ein Bescheid, noch öfter aber ein Bescheidessen oder bescheiden Essen genannt.2. Antwort, im gemeinen Leben. Bescheid bekommen. Einen guten Bescheid geben. Mit wie viel Seufzern er dir den Bescheid gegeben, Schlegel. Bescheide sonder Licht, die Kindern gnügen werden, Less. 3. Besonders die Antwort, der Ausspruch eines Richters auf einseitiges Ersuchen einer Partey. S. auch Abschied. Einen Bescheid geben, ertheilen. An einigen Orten auch wohl ein Urtheil, in den Bergwerken ein Schied, Weisung. Daß das Nieders. scheden ehedem auch urtheilen bedeutet habe, erhellet theils aus dem Wachter, theils aber auch aus Herrn Ölrichs Glossar. ad Statuta Bremens.4. Ingleichen Erwiederung im Trunke, in der niedrigen Sprechart; ohne Artikel und ohne Plural. Einem Bescheid thun, den zugebrachten Trunk zu sich nehmen, im Schwed. göra besked. Weil keiner so im Trunk Bescheid und Wunder that, Haged. Der Herr, (hier fällt die Göttinn ein,) Hat warlich aus der Purpurflasche Bescheid gethan, Wiel. Dieser Gebrauch läßt sich aus dem Begriffe einer Antwort sehr ungezwungen erklären, daher man nicht nöthig hat, ihn mit Wachtern als eine Nachahmung des Ital. Fare raggione und Franz. Faire raison anzusehen.5. Kenntniß, Wissenschaft, gleichfalls im niedrigen Umgange, besonders Niedersachsen; ohne Artikel und nur mit dem Verbo wissen. Er weiß mit der Sache guten Bescheid, er weiß mit derselben gut umzugehen, Rede und Antwort davon zu geben. Er weiß in vielen Familien Bescheid, er hat Kenntniß von denselben. Ich weiß an diesem Orte nicht Bescheid, ich bin hier nicht bekannt, weiß mich hier nicht zu finden. Im Niedersächs. Scheed.

Anm. Veraltete Bedeutungen dieses Wortes sind, 1) Abrede, Bedingung eines Vertrages, wovon in dem Bremisch-Nieders. Wörterbuche ein Beyspiel aus Renners Chron. vorkommt. 2) Vernunft, Überlegung, Bescheidenheit, Franz. Discretion, Angels. Scad, Gescead, wie aus eben diesem Wörterbuche erhellet. 3) Befehl, z. B. in dem Theuerd. Kap. 45. S. Scheiden.


Bescheiden (W3) [Adelung]


Bescheiden, verb. irreg. act ( S. Scheiden,) welches in seinen meisten Bedeutungen im Hochdeutschen veraltet ist, oder doch zu veralten anfängt. Es bedeutet,1. Zutheilen, als einen bestimmten Theil anweisen, mittheilen. Einem etwas bescheiden. Die Vorsicht hat mir wenig Reichthümer, aber ein redliches Herz beschieden. Die Sterne haben mir der Sprödsten Gunst beschieden, Wiel. Es ist den Sterblichen kein festes Glück beschieden, Seit dem Asträa sich aus unsrer Welt verlor, Cron. Sein beschiedener, der ihm bestimmte, Theil, wofür doch im gemeinen Leben oft die alte Oberdeutsche Form, bescheiden üblich ist. Seinen bescheidenen Theil bekommen. Die Ruhe, die Zufriedenheit, ist das beschiedene Loos der Menschen, Dusch.2. Mit einem Befehle bestimmen, besonders von der Bestimmung eines Ortes, an welchen sich jemand einfinden soll. Jemanden am einen Ort bescheiden. Ich habe ihn zu mir beschieden. An dasselb Ort, dahin er war Von dem Unfalo bescheiden, Theuerd. Kap. 29. Daher an einigen Orten noch bescheidene, d. i. bestimmte, fest gesetzte Tage. Bescheidene, d. i. beschiedene, Jahre, bedeuteten im Oberdeutschen ehedem die zur Mündigkeit bestimmten Jahre. Bis zu seinen bescheidenen Jahren, bis zur Mündigkeit. Indessen kann bescheiden hier auch das folgende Beywort seyn, und so viel als vernünftig bedeuten.3. Bedeuten, als Vorgesetzter mit Ernst von seiner Pflicht belehren; in den Gerichten und Kanzelleyen. Du hast ihn, daß er solches unterlasse, gebührend zu bescheiden. Man muß ihn eines bessern bescheiden. 4. Esdr. 4, 52 steht noch in einigen Ausgaben: Von den Zeichen, darum du fragest, kann ich dich zum Theil bescheiden; wofür neuere Ausgaben haben; kann ich dir zum Theil Bericht geben. Und liesen sich ganntz in kein weyß Beschaiden, Theuerd. Kap. 95.Mit liebe ich dich bescheiden sol, Winsb. Als Salomo uns thut bescheiden, Hans Sachs. Ingleichen, erklären; jetzt ganz veraltet. Bescheid uns das Wortspiel, erkläre uns das Gleichniß, in einer handschriftlichen Übersetzung des neuen Testamentes bey dem Frisch. Ferner, sagen. Als wir iuch hernach bescheiden, Schwabenspiegel. Ach wolt ir mit rede bescheiden Was ich herze klage, Heinrich von Stretlingen. Wes schuld das si das wil ich iu bescheiden, Otto von Bottenlauben. 4. * Sich erinnern, als ein Reciprocum, in einer im Hochdeutschen gleichfalls ungewöhnlichen Bedeutung. Wer weiß sich zu bescheiden, Nur einer grimmen That, Opitz. 5. Mit Bewußtseyn einräumen, sich mit Überzeugung einer Sache, besonders einer Meinung, begeben; gleichfalls als ein Reciprocum, und mit der zweyten Endung, welche Bedeutung auch im Hochdeutschen nicht unbekannt ist. Ich bescheide dich dessen gern, ich räume es gern ein, gebe es gern zu. Er wird sich dessen schon zu bescheiden wissen. Nein, nein, bescheide dich, und hemme solche Triebe, Günth. Man sagte: du Betrieger! - - das wollte Franz nicht leiden. Man sagte: deiner selbsten! - - deß mußt er sich bescheiden, Logau. 6 * Sich etwas bescheiden, sich auf ihn verlassen; wenigstens scheinen folgende Stellen aus dem Opitz seinen andern Verstand zu verstatten: Gruß deinen Grimm viel lieber auf die Heyden, Die sich auf dich im mindsten nicht bescheiden, Und Pf. 82, 4: Komm du Richter aller Heyden. Auf dessen Macht wir uns bescheiden. 7. * Sich etwas bescheiden, es sich bedingen, ausbedingen, vorbehalten, welche im Hochdeutschen gleichfalls ungewöhnliche Bedeutung noch das Niedersächsische bescheeden hat.

Anm. Alle obige Bedeutungen lassen sich aus den Bedeutungen des einfachen Scheiden sehr gut herleiten; S. dieses Wort. Das Hauptwort, die Bescheidung, ist nicht üblich. S. Bescheid. Im Oberdeutschen gehet dieses Wort, wenigstens in der ersten Bedeutung, in einigen Gegenden regulär, ich bescheidete, für beschied, Participium bescheidet; in andern hat es in dem letztern bescheiden, wie aus einigen der oben angeführten Beyspiele erhellet. S. auch das folgende.


Bescheiden (W3) [Adelung]


Bescheiden, -er, -ste, adj. et adv. welches eigentlich das Participium passivum des vorige Verbi ist, aber außer den daselbst schon angemerkten Bedeutungen noch auf eine besondere thätige Art gebraucht wird. Es bedeutet aber,1. * Überhaupt, geschickt, einen Unterschied unter den Dingen zu machen, verständig. In dieser im Hochdeutschen veralteten Bedeutung kommt es in der Oberdeutschen Mundart der vorigen Jahrhunderte sehr oft vor. So bedeutet z. B. bey den Schwäbischen Dichtern ein bescheiden man, einen Mann, der alles gehörig zu unterscheiden weiß.2. Besonders, mäßig in seinen Begierden, Forderungen und Ansprüchen, so wohl, 1) überhaupt. Bescheiden in seinen Wünschen seyn. Mit bescheidenlicher Klage, Reiumar der Alte. Bescheidenliche Froide, Hermann von der Vogelweide. So auch in der höhern Schreibart der Neuern. Die bescheidenen Freuden der Tugend scheinen ihm so abgeschmackt, als eine Spartanische Mahlzeit dem weichlichen Sybariten, Dusch. 2) Als auch in verschiedenen besondern Fällen. (a) Bescheiden in seinen Ansprüchen auf Ehre und Verdienst; im Gegensatze des stolz. Ein bescheidener Mensch. Er ist sehr bescheiden. Ich begreife nicht, wie ein Mann, der so eitel und gebietherisch war, auf ein Mahl so bescheiden werden könne. S. Bescheidenheit. (b) Bescheiden, in Ansehung seines Rechtes, geneigt, sich seinesRechtes nicht nach der Schärfe zu bedienen. So heißt jemand bescheiden, der eine ihm in einem Testamente zum Nachtheile eines Dritten vermachte Summe nicht annimmt.

Anm. Dieses Wort ließe sich in den jetzt angeführten Bedeutungen ganz füglich von der ersten und fünften Bedeutung des Verbi bescheiden herleiten. Allein es scheint doch immer eine buchstäbliche Übersetzung des Latein. discretus zu seyn, mit welchem so wohl in der Bedeutung, als auch darin überein kommt, daß beyde eigentliche Participia passiva sind, und doch eine thätige Bedeutung haben. Vossius wollte discretus um deßwillen unter die barbarischen Ausdrücke verweisen; allein Faber hat ihm gezeigt, daß auch suspectus und notus von dem Cato und Plautus in thätigen Bedeutung gebraucht worden; ein Wink für unsere Deutschen Kritikaster, welche dergleichen Participia so gerne verwesen möchten, ohne zu bedenken, daß ihre Zahl größer ist, als sie vielleicht glauben. S. auch der Bediente. Ehedem war bescheiden auch ein Titel der angesehensten Bürger, und es scheinet, daß es alsdann so viel als verständig, klug, erfahren bedeutet habe. In einem 1501 zu Rom gedruckten Deutsch-Italiänischen Vocabelbuche wird bescheiden durch honesto und cortese, und Bescheidenheit durch honestamento und cortesia erkläret. Wenn in einem noch ältern Deutsch-Lateinischen Vocabelbuche von 1477 astutus durch bescheyde oder listig gegeben wird, so stehet das erstere ohne Zweifel für gescheid. Das Oberdeutsch bescheidentlich, ist im Hochdeutschen veraltet.


Bescheidenheit (W3) [Adelung]


Die Bescheidenheit, plur. car. 1 * Das Vermögen, Gutes und Böses, Nützliches und Schädliches gehörig zu unterscheiden, Einsicht, Wissenschaft, Kenntniß. In dieser im Hochdeutschen veralteten Bedeutung heißt es noch 1 Petr. 1, 5, 6: in der Tugend Bescheidenheit, und in der Bescheidenheit Mäßigkeit, wo es im Griech. lautet, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . S. Bescheid.2. Mäßigung der Begierde und Leidenschaft, so wohl, 1) überhaupt. So wöll wir euch ein Sach sagen Darab ir billich werd tragen laid, Dich hof wir es bschech mit Bscheidenheit, Theuerd. Die Liebe trauert zwar, doch mit Bescheidenheit, Günth. Im Hochdeutschen ist diese Bedeutung ziemlich selten geworden. 2) Als auch, (a) Die Fertigkeit, seine Ansprüche auf Verdienst und darin gegründete äußere Vorzüge zu mäßigen. Die Bescheidenheit richtet sich genau nach dem Verdienste, das sie vor sich hat, sie gibt jedem was jedem gebühret; aber die schlaue Höflichkeit gibt allen alles, um von allen alles wieder zu erhalten, Less. Ein eitler Mann ist zwar höflich aber nie bescheiden, ebend. Aber wissen sie auch, daß die Bescheidenheit tadelnswürdig ist, so bald man sie bis zum Mißtrauen gegen sich selbst treibet? Weiße. (b) Die Neigung und Fertigkeit, sich seines Rechtes nicht nach der Schärfe zu bedienen, seine gegründeten Forderungen zu mäßigen. Wie würdig ist diese liebenswürdige Bescheidenheit, diene übrige Tugend zu schmücken!Anm. Ehedem bedeutete dieses Wort auch noch, theils einen beschiedenen oder bestimmten Theil, theils aber auch eine Bedingung, wovon Frisch Beyspiele angeführet hat.


Bescheinen (W3) [Adelung]


1. Bescheinen, verb. irreg. act. ( S. Scheinen,) von scheinen, lucere, den Schein an etwas gehen lassen, besonders von den Himmelskörpern. Die Sonne bescheinet den Mond. Der Mond beschien die Erde. Bey dem Ottfried biscinan und bey dem Tatian bischeinan. Daher die Bescheinung.


Bescheinen (W3) [Adelung]


2. Bescheinen, verb. reg. act. von Schein, testimonium, mit einem Schein, oder schriftlichen Zeugnisse belegen. Den Em- pfang seiner Summe Geldes bescheinen. Die Wahrheit einer Sache bescheinen, schriftlich bezeugen. Daher die Bescheinung.

Anm. Von dem alten scheinen, zeigen, beweisen, wurde bescheinen ehedem überhaupt für beweisen gebraucht. Bloß durch den Gebrauch ist es heutiges Tages auf ein schriftliches Zeugniß, welches man im gemeinen Leben einen Schein nennet, eingeschränket worden. S. auch das folgende.


Bescheinigen (W3) [Adelung]


Bescheinigen, verb. reg. act. welches das Intensivum des vorigen ist, und mit demselben einerley Bedeutung hat, nur daß es im Hochdeutschen üblicher ist, als jenes, welches sich noch am stärksten im Oberdeutschen erhalten hat. So auch die Bescheinigung, so wohl für die Handlung, als auch für das schriftliche Zeugniß, oder den Schein selbst.


Beschelen (W3) [Adelung]


Beschelen, S. Beschälen.


Beschenken (W3) [Adelung]


Beschenken, verb. reg. act. mit einem Geschenke versehen. Jemanden mit einem Buche, mit einer Summe Geldes beschenken. Der Bothe wurde reichlich beschenkt. Daher die Beschenkung.

Anm. Das Niedersächsische beschenken bedeutet zugleich betrunken machen, und beschunken ist in eben dieser Mundart ein höflicher Ausdruck für trunken. S. schenken, welches in den gemeinen Mundarten auch zu trinken geben bedeutet.


Bescheren (W3) [Adelung]


1. Bescheren, verb. reg. act. von scheren, tondere, mit dem Schermesser bearbeiten, glatt machen. Sich den Kopf bescheren lassen.


Bescheren (W3) [Adelung]


2. Bescheren, verb. reg. act. als ein Geschenk zutheilen, obgleich nur noch in einigen wenigen Fällen. Am häufigsten gebraucht man dieses Wort im gemeinen Leben von Gott, und besonders von der Ertheilung zeitlicher Güter. Sprichw. Was Gott beschert, bleibt unverwehrt, was uns Gott zugedacht hat, das kann uns niemand hindern. Ingleichen von demjenigen, was und ohne unsere Bemühung zu Theile wird. Es ist ihm ein Schatz bescheret worden. Das ist mir nicht beschert gewesen, nicht bestimmt, nicht zugedacht; ein gemeiner Trostspruch träger oder ungeschickter Leute, wenn sie die Erlangung eines Gutes durch eigene Schuld versäumet haben. Endlich ist dieses Wort auch im gemeinen Leben von den Geschenken üblich, die man andern zum Weihnachtsfeste macht. Einem etwas bescheren, oder bescheren lassen. So auch die Bescherung, so wohl von der Handlung, als auch dem Geschenke selbst, besonders in dem letzten Falle. Im gemeinen Scherze wird dieses Wort auch wohl von einem jeden unangenehmen oder verächtlichen Vorfalle gebraucht. Bey meiner Zurückkunft finde ich die Bescherung, Weiße, von einer gestifteten Heirath.

Anm. Dieses Wort gehöret zu scheren, theilen. Es kommt schon bey dem Notker vor, und in dem alten Siegesliede auf den König Ludwig bey dem Schilter bedeutet giskeren geben, so wie das Schwed. beskaera und das Angels. sciran, gleichfalls ertheilen bedeuten. S. Scheren.


Beschicken (W3) [Adelung]


Beschicken, verb. reg. act. welches von einer gedoppelten Bedeutung des einfachen Zeitwortes schicken, vornehmlich in zweyerley Bedeutungen gebraucht wird.1. Von schicken, mittere, an jemanden schicken. Einen beschicken, einen Bothe an ihn schicken; gemeiniglich mit Beyfügung der Ursache, welche alsdann die Vorwörter um und wegen zu sich nimmt. Jemanden um etwas, oder wegen einer Sache beschicken. Besonders durch einen Bothen, oder auch schriftlich vor sich laden, hohlen lassen. In dieser Bedeutung, die eigentlich nur noch m Oberdeutschen üblich ist, heißen in dem Salzwesen zu Halle die acht Vorsteher aus den Innungen und der Gemeinheit, welche den Rechnungen beywohnen müssen, die Beschickten, weil sie von dem Rathe dazu beschickt, d. i. erfordert werden. In der Schweiz bedeutet Waaren beschicken, so viel als sie verschreiben. S. Frisch v. Schicken.2. Von schicken, ordinare, disponere, wird dieses Wort im gemeinen Leben noch häufig auf mancherley Art gebraucht. 1) Bedeutet es zubereiten, einer Sache zu einer gewisser Bestimmung die gehörige Vermischung und Zurichtung geben; in welchem Verstande es in vielen Handwerken und Manufacturen vorkommt. So werden in den Schmelzhütten die Erze beschickt, wenn ihnen im Schmelzen Schlacken und Rohstein zugesetzet werden. Der Schmelzer beschickt den Schmelzofen, wenn er ihn mit Gestiebe gehörig zumachet, den Herd und die Spur stößet, ausschneidet, abwärmet, die Bälge einhänget, u. s. f. kurz, ihn zu Schmelzen fertig und geschickt machet. Der Münzer beschickt das Silber oder Gold, wenn er demselben so viel von einem geringern Metalle zusetzet, bis es den verlangten Gehalt bekommt, S. Legiren. Den Acker beschicken, ihn düngen, pflügen, egen u. s. f. 2) Warten, pflegen. Ein Kind beschicken, es einwindeln; ingleichen demselben in den ersten Wochen nach der Geburt die gehörige Pflege und Wartung geben. Das Vieh beschicken, dasselbe zu rechter Zeit füttern, reinigen u. s. f. 3) In Ordnung bringen, gute Anstalt machen, welcher Gebrauch aber in Hochdeutschen wenig mehr vorkommt. Seine Sachen beschicken. Beschicke dein Haus, denn du wirst sterben, 2 Kön. 20, 1. Also ward der Gottesdienst beschickt, 2 Chron. 35, 10, 16. 4) Überhaupt ein jedes Geschäft verrichten; thun, im Hochdeutschen gleichfalls nur selten. Sechs Tage sollt du arbeiten und alle deine Dinge beschicken, 2 Mos. 20, 9. Er hat immer viel zu beschicken, zu verrichten. Ein Tagewerk Torfgrabens beschicken, zu Stande bringen, in den Marschländern. 5) Begraben, zur Erde bestatten. Es beschickten aber Stephanum gottesfürchtige Männer, Apostelg. 8, 2. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen selten, daher auch in dem 1523 zu Basel gedruckten neuen Testamente Luthers beschickten, durch begrüben, volgten, bestatten, erkläret wird. 6) Befruchten, beschwängern, doch nur bey den Jägern, die es zuweilen von dem Hirsche gebrauchen. S. Begatten, Anm.So auch die Beschickung, so wohl von der Handlung des Beschickens in allen obigen Bedeutungen, als auch von demjenigen Körper, mit welchem ein anderer beschicket, d. i. vermischet wird; ingleichen die Beschickungsregel, diejenige Rechnungsart, welche lehret, wie die Beschickung, d. i. der Zusatz der Metalle zu berechnen, und in weiterer Bedeutung, wie man überhaupt mehrere Körper mit einander vermischen soll, damit das Vermischte einen verlangten Werth erhalte; die Alligations-Regel.


Beschienen (W3) [Adelung]


Beschienen, verb. reg. act. mit Schienen versehen. Eine Achse beschienen. Daher die Beschienung.


Beschießen (W3) [Adelung]


Beschießen, verb. irreg. act. S. Schießen. 1) Auf etwas schießen. Einen Harnisch beschießen, in den Gewehr-Fabriken, ihn mit einem Schusse probiren. Besonders, mehrmahls auf etwas schießen. Einen Haufen Wildbret beschießen, bey den Jägern, oft unter denselben schießen, und ihn dadurch scheu machen. Eine Stadt, eine Festung, ein Schloß, ein Lager beschießen, mit dem groben Geschütze darauf schießen. 2) Auf etwas schießen, mit einem Schusse probiren. So werden in den Gewehr-Fabriken die Feuerröhre beschossen wenn zur Probe aus denselben geschossen wird. Daher die Beschießhütte, wo die Röhre probiret und hernach gezeichnet werden; der Beschießmeister, der Vorgesetzte, der solches verrichtet; die Beschießordnung, die obrigkeitlich Vorschrift, die dabey zu befolgen ist; das Beschießzeichen, welches nach dem Beschießen auf die Röhre geschlagen wird.So auch die Beschießung, in beyden Bedeutungen.

Anm. Beschießen für ergeben, eintragen, Nutzen bringen, es wird nicht viel beschießen, ist nur noch in einigen Oberdeutschen Gegenden üblich. Einen großen Herren beschießen, ihm zu Ehren das Geschütz lösen, ist im Hochdeutschen gleichfalls ungewöhnlich. Ein Zimmer beschießen, ausdielen, mit Bretern belegen, ist nach dem Nieders. wo bescheten gleichfalls diese Bedeutung hat. S. Schießen.


Beschiffen (W3) [Adelung]


Beschiffen, verb. reg. act. Einen Fluß, ein Meer beschiffen, oft auf demselben schiffen. Ein Land beschiffen, oft und viel nach demselben schiffen. In beyden Fällen wird dieses Wort am häufigsten passive gebraucht. Amerika wird von allen Europäischen Nationen beschifft. S. auch Besegeln.


Beschilft (W3) [Adelung]


Beschilft, adj. et adv. welches eigentlich das Participium des ungewöhnlichen Verbi beschilfen ist, mit Schilf bewachsen, in der höhern Schreibart der Neuern. Ein dick beschilfter Bach, Zach. Das beschilfte Ufer, Geßn.


Beschimmeln (W3) [Adelung]


Beschimmeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, mit Schimmel überzogen werden. Es beschimmelt hier alles. Es war alles beschimmelt.


Beschimpfen (W3) [Adelung]


Beschimpfen, verb. reg. act. einen Schimpf zufügen, einem etwas erweisen, welches ihm bey andern Unehre verursacht. Jemanden beschimpfen. Daher die Beschimpfung, so wohl für die Handlung, als auch den zugefügten Schimpf selbst Bey dem Opitz kommt verschimpfen und Verschimpfung für beschimpfen und Beschimpfung vor.


Beschirmen (W3) [Adelung]


Beschirmen, verb. reg. act. zum Schirme dienen. 1) Eigentlich, wider die Unbequemlichkeiten der Witterung bedecken. Sir. 14, 27: Darunter (unter der Laube) wird er von der Hitze beschirmet. 2) Wider einen feindlichen Angriff bedecken; wofür doch beschützen jetzt üblicher ist. Eine Stadt, ein Land, ein Volk beschirmen. S. auch Beschützen. So auch die Beschirmung. Das Hauptwort der Beschirmer, welches ehedem einen Schutzherren bedeutete, ist heut zu Tage sehr ungewöhnlich geworden; und wird nur noch im biblischen Style zuweilen von Gott gebraucht.

Anm. Biscirman, biskirmen, beskirmen, biscrimen, kommt in den obigen Bedeutungen schon bey dem Ottfried und Willeram vor. Die Schweden sagen gleichfalls beskerma und die Dänen beskiärme. S. Schirm.


Beschlafen (W3) [Adelung]


Beschlafen, verb. irreg. act. ( S. Schlafe,) 1. Über einer Sache zu Bette gehen und einschlafen. So sagt man noch im Oberdeutschen: Den Zorn gegen den Nächsten soll man nicht beschlafen. Im Hochdeutschen gebraucht man dieses Wort im gemeinen Leben nur in engerer Bedeutung, über dem Nachdenken, über eine Sache einschlafen. Ich will es beschlafen, ich will es die Nacht überlegen, wofür man in Niedersachsen sagt, ich will mich darauf beschlafen. Man soll ein Ding beschlafen, ehe man sich dazu entschließt. 2) Als ein anständiger Ausdruck im gemeinen Leben für schwängern. Eine Weibsperson beschlafen, sich auf unerlaubte Art fleischlich mit ihr vermischen; in welcher Bedeutung dieses Wort oft in der Deutschen Bibel und2 Mos. 22, 19 gar von der Sünde der Sodomiterey vorkommt. Daher die Beschlafung, besonders in der letzten Bedeutung.


Beschlag (W3) [Adelung]


Der Beschlag, des -es, plur. die -schläge, von dem folgenden Verbo beschlagen, und zwar,1. Von dem Activo. 1) Die Handlung des Beschlagens, ohne Plural, und zwar so wohl in der eigentlichen Bedeutung des Verbi, als auch in so ferne es zurück halten, pfänden, in Arrest nehmen, bedeutet. Ein gerichtlicher Beschlag. Güter, Waaren in Beschlag nehmen, sie in gerichtliche Verwahrung bringen. Schiffe in Beschlag nehmen, einen Beschlag auf die Schiffe legen, sie durch obrigkeitliche Gewalt zurück behalten, um sich ihrer zum öffentlichen Gebrauche zu dienen; mit einem Spanische Worte, das Embargo. 2) Dasjenige, womit etwas beschlagen wird, besonders Arbeiten von Metall, welche zur Stärke und Zierde auf etwas geschlagen, oder befestiget werden, und zwar am häufigsten, als ein Collectivum, alle Dinge einer Art auszudrucken, womit ein Körper beschlagen wird. Der Beschlag einer Thür, das Schloß, die Häspen, Angeln u. s. f. So auch der Beschlag eines Buches, eines Rades, eines Wagens u. s. f. Ein Beschlag von Eisen, von Messing. Dieß ist zugleich die einzige Bedeutung dieses Wortes, in welcher es den Plural leidet. S. Beschläge.2. Von dem Neutro. So wohl der Zustand, in welchem eine Sache beschlägt, oder mit Schimmel und Feuchtigkeiten überzogen wird, als auch dieser Schimmel über die Feuchtigkeit selbst, und in weiterer Bedeutung, in dem Bergbaue, Erzarten, welche sich in Gestalt eines Staubes oder Mehles auf Steine, oder andere Erzarten ansetze, und Folgen einer vorher gegangenen Verwitterung sind.


Beschläge (W3) [Adelung]


Das Beschläge, des -s, plur. ut nom. sing. alles dasjenige zusammen genommen, womit eine Sache so wohl zur Befestigung, als auch zur Zierde beschlagen wird, wie Beschlag in der zweyten Bedeutung des Activi. Das Beschläge einer Thür, eines Buches, eines Wagens, eines Rades u. s. f. Das Beschläge eines Pferdes, die Hufeisen, womit es beschlagen wird.


Beschlagen (W3) [Adelung]


Beschlagen, verb. irreg. ( S. Schlagen,) welches in doppelter Gestalte üblich ist.I. Als ein Activum, mehrmahls an etwas schlagen. So werden in den Münze die Thaler beschlagen, wenn sie rund geschlagen werden, wobey man sie mit der Beschlagezange hält. Am häufigsten wird es in verschiedenen weitern Bedeutungen gebraucht. 1) Dinge, die zur Befestigung oder zur Zierde einer Sache gereichen, mit Hammerschlägen an dieselbe befestigen. Eine Thür, ein Rad, einen Wagen beschlagen, das nöthige Eisenwerk daran befestigen. Mit Golde beslagen, in dem alten Gedichte auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter. Ein Pferd beschlagen, ihm die Hufeisen ausschlagen, in welcher Bedeutung es schon in dem Schwabenspiegel vorkommt. Einen Tisch mit Wachsleinwand beschlagen. 2) Behauen, bey den Zimmerleuten, Tischlern und Steinmetzen. Einen Baum beschlagen, ihn viereckt hauen. Einen Stein beschlagen. 3) Eine gläserne Retorte beschlagen, sie mir einer Rinde von Thonerde überziehen. 4) Befruchten, von einigen Thieren. So beschlägt bey den Jägern der Hirsch das Wild, und das Thier gehet hoch beschlagen, wenn es trächtig ist, und bald setzen will. Ein beschlagenes, d. i. trächtiges Thier. 5) Die Decke beschlagen, oder das Bett beschlagen, ist eine alte Redensart von der feyerlichen Beschreitung des Ehebettes nach der priesterlichen Einsegnung, welche aber doch nicht alle Mahl die wirkliche Vollziehung der Ehe mit in sich schließet. 6) Zeichnen, bezeichnen, besonders so fern solches vermittelst eines Schlages geschiehet. So werden in den Salzwerken zu Halle die Salzstücke beschlagen, wenn sie mit dem eisernen Thalzeichen bemerket werden, und in den Manufacturen wird ein Stück Zeug beschlagen, wenn es nach der Besichtigung mit einem Stückchen Bley behänget, und der Stämpel darauf geschlagen wird, welches man auch plombiren nennet. 7) Belegen, besonders in der R. A. eine Sache mit Arrest beschlagen. 8) Die Segel aufbinden, in der Seefahrt. Daher die Beschlaglinien, kleine Stricke, die Segel damit aufzubinden. 9) In einer Sache wohl, oder schlecht beschlagen seyn, im gemeinen Leben, in derselben wohl oder schlecht geübt, oder erfahren seyn; vielleicht als eine Anspielung auf ein wohl beschlagenes Pferd, zumahl da die Niedersachsen von einem listigen, verschlagenen Menschen sagen, daß er hinten und vorn beschlagen sey. S. auch Verschlagen. Daher die Beschlagung in allen obigen Bedeutungen. S. auch Beschlag.II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, mit Feuchtigkeiten überzogen werden. So beschlagen die Gläser, die Fenster, metallene Gefäße, u. s. f. wenn sie erkältet sind, und sich wärmere Dünste daran hängen, und dem Auge sichtbar werden. Das Brot, das Leder u. s. f. beschlägt, wenn es schimmlig wird.

Anm. Veraltete, oder nur in einigen Mundarten übliche Bedeutungen sind noch: 1) Bedecken. So sagen noch die Niedersachsen, ein Land beschlagen, wenn sie es besäen, oder mit dem Viehe betreiben. 2) Bestellen, besprechen. Rom, Waaren beschlagen. Die Herberge beschlagen, bey dem Kaisersberg. 3) Über einem Verbrechen ertappen. Einen Dieb beschlagen, so wohl in Niedersachsen, als in Oberdeutschland. S. Schlagen. In Niedersachsen lautet dieses Zeitwort beslaen, und Im Osnabrückischen beslaunen.


Beschleichen (W3) [Adelung]


Beschleichen, verb. irreg. act. ( S. Schleichen,) hinzu schleichen und überraschen, schleichend überfallen. Ein Thier beschleichen. Ingleichen im gemeinen Leben zuweilen auch mit List und unter dem Scheine des Rechtes hintergehen.


Beschleunigen (W3) [Adelung]


Beschleunigen, verb. reg. act. schleunig machen, die Geschwindigkeit einer Bewegung vermehren, am häufigsten in figürlicher Bedeutung und in der edlern Schreibart. Das hat seinen Tod beschleuniget. Beschleunige nicht die Strafe des Himmels, die zu zögern scheinet. Man beschleuniget die Stunde, die uns auf ewig verbinden soll, Dusch. Daher die Beschleunigung. S. Schleunig.


Beschließen (W3) [Adelung]


Beschließen, verb. irreg. act. ( S. Schließen,) 1) * Mir einem Schlosse verwahren. Getreide, Eßwaaren u. s. f. beschließen. Was wollt ihr euch beschließen, Verriegeln um und um? Opitz Die Thore beschließen, zuschließen. Für welchen Oberdeutschen Gebrauch im Hochdeutschen aber verschließen und einschließen üblicher sind; S. Beschließerinn, und Beschluß. 2) * Umschließen, umgeben. Sie beschlossen eine große Menge Fische, Luc. 5, 6. Er fiel auch in eine Stadt, die - - mit einer Mauer beschlossen war, 2 Maccab. 12, 13. Ingleichen, in sich fassen. Was die Welt in sich beschließet. Ein Weiser beschließt alle Güter in sich. Die Wüste hat sie beschlossen, 2 Mos. 14, 3. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen gleichfalls veraltet. Doch nennet man an einigen Orten diejenigen Zünfte, in welchen die Meister, ja oft auch die Gesellen und Lehrlinge auf eine gewisse Zahl gesetzet worden, beschlossene oder geschlossene Zünfte. 3) * Übergeben. Gott der Höchste, der, deine Feinde in deine Hand beschlossen hat, 1 Mos. 14, 20. Daß mich der Herr hatte in deine Hände beschlossen, 1 Sam. 24, 19. Auch dieser Gebrauch ist bloß biblisch und im Hochdeutschen nicht nachzuahmen. 4) Zu Enge bringen, endigen, so wohl von der Zeit, als auch von Geschäften. Das Jahr, die Woche beschließen. Als den schönenTag ein noch schönerer Abend beschloß, Dusch. Der Feldzug ist schon beschlossen. Die Predigt war noch nicht beschlossen. Das Leben beschließen, sterben. Indessen lässet sich dieses Wort nicht in allen Fällen für endigen gebrauchen, sondern das Herkommen und ein gutes Gehör muß in jedem einzelnen Falle den Ausspruch thun. 5) Nach vorher gegangener Überlegung wollen, oder einen Vorsatz fassen. Ich habe es bey mir beschlossen. Ich habe beschlossen, zu dir zu kommen. Du beschlossest meinen Untergang. Über den Punct habe ich eigentlich noch nichts beschlossen. Wer weiß, was das Geschicke Mit dir beschließt, Cron. Welche Wortfügung mit dem Vorworte mit doch ungewöhnlich ist.Daher die Beschließung, in den drey ersten Bedeutungen. In der vierten und fünften sind Beschluß üblicher.

Anm. In der ersten, heut zu Tage nur noch Oberdeutschen Bedeutung dieses Wortes kommt besliezzen schon bey dem Notker und Tatian vor. Be bedeutet hier bey, gleichsam beyschließen, oder bey Seiten schließen. Beschlossene Geschlechter, für beschloßte, ist ein Mißbrauch. S. Beschlossen.


Beschließerinn (W3) [Adelung]


Die Beschließerinn, plur. die -en, an einigen Orten, besonders Oberdeutschlandes; so viel als Ausgeberinn, Haushälterinn, welche die zu einer Haushaltung gehörigen Bedürfnisse unter ihrem Beschlusse hat. S. Ausgeber. In dieser Bedeutung kommt das Wort schon in dem Augsbürgischen Stadtrechte von dem Jahre 1276 vor.


Beschlingen (W3) [Adelung]


Beschlingen, verb. irreg. act. ( S. Schlingen,) mit einem geschlungenen Körper überziehen. So werden bey den Feuerwerkern die Bomben mit dem Trommelbunde beschlungen.


Beschlossen (W3) [Adelung]


Beschlossen, verb. reg. act. von Schloß, castrum, von welchem aber nur das Mittelwort der vergangenen Zeit üblich ist, beschlosset, oder beschloßt, mit einem Schlosse, in engerer Bedeutung, versehen. So werden besonders in der Mark und Pommern diejenigen adeligen Geschlechter, welche das Recht haben, Bürge oder Schlösser mit den dazu gehörigen Regalien zu besitzen, beschloßte Geschlechter, beschloßte oder geschloßte Junkern, oder Schloßgesessene genannt. Wenn sie dieses Recht erblich besitzen, heißen sie Erbbeschloßte, oder Erbschlösser; haben sie aber ein solches Schloß nur als ein Unterpfand in Besitz, so führen sie den Nahmen der Pfandbeschlosseten. Daher beschloßte Gerichte, die Gerichte solcher Schloßgesessenen, welche von einigen zuweilen irrig geschlossenen Gerichte genannt werden, als wenn das Wort zunächst von schließen abstammete. S. Schloß.


Beschluß (W3) [Adelung]


Der Beschluß, des -sses, plur. -schüsse, von dem Verbo beschließen, so wohl die Handlung des Beschließens, als auch dasjenige, womit etwas beschlossen, d. i. geendiget wird. 1) Das Verschließen einer Sache, und das Recht sie zu verschließen. In dieser ersten Bedeutung des Verbi ist im Hochdeutschen nur die R. A. üblich, eine Sache in, oder unter seinem Beschlusse haben, sie in Verwahrung haben, das Recht haben, sie zu verschließen. Alle Zimmer sind unter Einem Beschlusse, können vermittelst einer einzigen Thür verschlossen werden. Der Plural ist hier nicht gebräuchlich. 2) Die Endigung einer Zeit oder Sache, und dasjenige, womit sie geendiget oder beschlossen wird, in welchem letztern Falle auch der Plural gebraucht werden kann, ob er gleich wenig vorkommt. Zum Beschlusse schreiten. Der Beschluß des Jahres, einer Woche, eines Tages, eines Feldzuges, einer Predigt u. s. f. Den Beschluß mit etwas machen. S. auch Schluß. 3) Das Wollen einer Sache nach vorher gegangener Überlegung, und die Sache, die man will, selbst. Den Tag nach diesem Beschlusse. Daher der Landtagsbeschluß, der Beschluß des Ritterstandes u. s. f. S. Entschluß.


Beschmausen (W3) [Adelung]


Beschmausen, verb. reg. act. Einen Freund beschmausen, bey ihm schmausen, und ihm dadurch Kosten verursachen. Daher die Beschmausung.


Beschmeißen (W3) [Adelung]


Beschmeißen, verb. irreg. act. ( S. Schmeißen,) welches nur im gemeinen Leben üblich ist. 1) Für bewerfen. Jemanden mit Roth beschmeißen. 2) Wenn die Insecten ihre Eyer in Eßwaaren legen, so sagt man gleichfalls, daß sie selbige beschmeißen. S. Schmetterling und Schmeißfliege. 3) Besudeln. Und sollten sie ihr Werk und offenbare Schriften Mit Lügen selber noch beschmeißen und vergiften, Opitz. Wofür aber im Hochdeutschen beschmitzen üblicher ist.

Anm. Im Niedersächsischen lautet dieses Wort besmiten. Bey dem Ulphilas kommt bismaitan für salben, beschmieren, vor. S. Beschmitzen.


Beschmieren (W3) [Adelung]


Beschmieren, verb. reg. act. 1) Eigentlich, mit Schmer, d. i. einer Fettigkeit, bestreichen. Brot mit Butter, den Leib mit Öhl beschmieren. Ingleichen mit einer andern Sache bestreichen, im verächtlichen Verstande. Das Gesicht mit Roth beschmieren. 2. Figürlich. 1) Besudeln, beschmutzen. Sich beschmieren, im gemeinen Leben. Die Bücher mit Dinte beschmieren. 2) Beschreiben, verächtlich. Das Papier, die Bücher beschmieren.


Beschmitzen (W3) [Adelung]


Beschmitzen, verb. reg. act. besudeln, beschmutzen, doch mehr im figürlichen als eigentlichen Verstande. eines guten Nahmen beschmitzen. Der Zeiten öftre Brut, der Frevel und die Schande Beschmitzten anfangs bald die Ehen, Haus und Stamm, Haged.

Anm. Dieses Wort kommt im Hochdeutschen nur noch in der Büchersprache vor; im gemeinen Leben ist dafür beschmutzen üblicher. Beyde sind nur der Mundart nach unterschieden. Beschmitzen, Nieders. besmitten, Dän. besmitte, Holländ. besmetten, Angels. besmittan, ist das Oberdeutsch Frequentativum von beschmeißen, Nieders. besmiten, welches schon bey dem Kero pismizzan lautet; alles in der Bedeutung des Befleckens, Besudelns, ob es gleich scheinet, daß es ursprünglich beschmieren bedeutet habe, in welchem Sinne bismaitan schon bey dem Ulphilas vorkommt. S. Schmitzen. Pismiz bedeutet bey dem jetzt gedachten Kero einen Flecken, und in Boxhorns Glossen contagia. Besmeizzen mit sindon findet sich bey dem Notker. S. Beschmutzen.


Beschmutzen (W3) [Adelung]


Beschmutzen, verb. reg. act. schmutzig machen, so wie das vorige beschmitzen, nur daß es im Hochdeutschen üblicher ist, als jenes. Die Kleider beschmutzen, sich beschmutzen. So wie beschmitzen mehr in der figürlichen Bedeutung vorkommt, so ist beschmutzen fast nur allein in der eigentlichen üblich, ob es gleich nur eine gröbere Mundart des vorigen zu seyn scheinet. Engl. to besmut.

Anm. Die gemeinen Mundarten haben viele Wörter, den Begriff des Beschmutzens auszudrucken. Eines der ältesten ist das Nieders. besölen, welches schon im Ulphilas bisoulnian, und im Franz. noch jetzt souiller lautet. S. Besudeln.


Beschnarchen (W3) [Adelung]


+ Beschnarchen, verb. reg. act. mit ungestümer Neugier besehen, im verächtlichen Verstande, und den niedrigen Sprecharten.


Beschnauben (W3) [Adelung]


Beschnauben, oder beschnaufen, verb. reg. act. im gemeinen Leben, schnaubend beriechen.


Beschnäufeln (W3) [Adelung]


Beschnäufeln, verb. reg. act. das Frequentativum des vorigen, welches mit demselben einerley Bedeutung hat, und eigentlich von den Jagdhunden gebraucht wird, welche die Fährten oft sehr kaltsinnig beschnäufeln. Nach einer andern Mundart lautet dieses Zeitwort auch beschnuffeln, Nieders. beschnüffeln, und nach einer andern Form beschnoppern und beschnuppern.


Beschneiden (W3) [Adelung]


Beschneiden, verb. irreg. act. ( S. Schneiden,) von einer Sache etwas abschneiden, an derselben schneiden. Ducaten beschneiden. Einem Vogel die Flügel beschneiden. Eine Hecke, den Wein, die Bäume beschneiden. Ein Buch beschneiden, bey den Buchbindern, es glatt und eben schneiden, welches in der Beschneidepresse, auf dem Beschneidebrete, vermittelst des Beschneidehobels oder Schnitthobels geschiehet. Einen Knaben beschneiden, bey den Juden, und einigen andern Morgenländern, ihm die Vorhaut vermittelst eines Schnittes benehmen. Figürlich, im gemeinen Leben auch in einigen Fällen für entziehen, benehmen. Einem seine Ehre beschneiden. Einem die Hoffnung, die Gelegenheit beschneiden. Daher die Beschneidung, besonders von der jüdischen Ceremonie, die Knaben am achten Tage an der Vorhaut zu beschneiden.

Anm. Diese letztere druckt Notker durch Umbesnida aus, nach dem Latein. Circumcisio. Eben derselbe gebraucht dafür aber auch Umbestritti und Scartlidi, das letztere von lid, Glied, und scart, Scharte, Schnitt. Das Zeitwort bisnidan findet sich schon bey dem Ottfried und Tatian.


Beschneiteln (W3) [Adelung]


Beschneiteln, verb. reg. act. welches das verkleinernde Frequentativum von beschneiden ist, umher beschneiden, und am häufigsten von dem Beschneiden der Bäume gebraucht wird. Nieders. besneteln. S. auch Beschnippen.


Beschnellen (W3) [Adelung]


Beschnellen, verb. reg. act. durch Geschwindigkeit hintergehen, von schnell, und in weiterer Bedeutung überhaupt als ein gemilderter Ausdruck für betriegen. Beschnelle wen du kannst, Günth.

Anm. Nieders. versnellen, Holländ. versnellen, Dän. besnilde, Schwed. försnilla. S. Schnellen.


Beschneyen (W3) [Adelung]


Beschneyen, verb. reg. act. ( S. Schneyen,) mit Schnee bedecken, von welchem aber nur das Mittelwort beschneyet üblich ist. Beschneyete Gipfel der Berge.


Beschnippen (W3) [Adelung]


Beschnippen, verb. reg. act. die Schneppen oder Spitzen von einer Sache abschneiden. So beschnippen die Tuchmacher die Wolle, wenn sie die groben Spitzen an derselben abschneiden. Ein niedriges Frequentativum davon ist beschnippern, Nieders. besnippeln.


Beschnoppern (W3) [Adelung]


Beschnoppern, Beschnuppern. S. Beschnäufeln.


Beschnuffeln (W3) [Adelung]


Beschnuffeln, S. eben daselbst.


Beschnüren (W3) [Adelung]


Beschnüren, verb. reg. act. mit Schnüren umwickeln oder umschlingen. So pflegt man in der Feuerwerkerkunst die Feuer-Leucht- und Brandkugeln zu beschnüren. Daher die Beschnürung.


Beschönen (W3) [Adelung]


* Beschönen, verb. reg. act. schön, d. i. scheinbar, machen, doch nur in der figürlichen Bedeutung, durch einen scheinbaren Vorwand entschuldigen. Ein Vergehen, eine böse That beschönen wollen. Im Hochdeutschen ist dieses Wort veraltet, seitdem das folgende beschönigen üblicher geworden ist. - Da du für ihn flehst, beschönst du den Verrath, Schleg. Ehedem sagte man auch sich beschönen, sich entschuldigen, welcher Ausdruck schon in Tyrols Paraenes. V. 43 vorkommt, und Walther von der Vogelweide singt: Gesueges mannes doenen Das sol man wol beschoenen. In der Jülichischen Rechtsordnung bey dem Frisch bedeutet sich beschönen, auch so viel als sich hüthen. Opitz gebracht beschö- nen Th. 4. S. 883 der neuen Ausgabe für beweisen, und an einem andern Orte singt er: Hier war der Tugend Feld Das Ort, von dem sich ließ der Erden Kreis beschönen, vermuthlich für verschönern, in welcher Bedeutung auch das einfache schönen ehedem sehr üblich war. S. Frisch v. Schön. So auch die Beschönung. Das Schwed. besköna, bedeutet so wohl zieren, als auch entschuldigen.


Beschönigen (W3) [Adelung]


Beschönigen, verb. reg. act. welches das Intensivum des vorigen ist, und im Hochdeutschen häufiger gebraucht wird, als jenes, durch einen scheinbaren Vorwand rechtfertigen, entschuldigen. Eine böse That, sein Vergehen beschönigen wollen. Daher die Beschönigung, so wohl von der Handlung, als auch von demjenigen, was man zur Rechtfertigung einer bösen That anführet.


Beschossen (W3) [Adelung]


Beschossen, verb. reg. act. von welchem nur das Mittelwort beschoßt in der Wapenkunst üblich ist, mit Schossen, d. i. Spitzen versehen. Ein beschoßter Schild, ist ein Schild, welcher in verschiedene Triangel-Spitzen getheilet ist, deren Enden in der Mitte zusammen stoßen.


Beschränken (W3) [Adelung]


Beschränken, verb. reg. act. mit Schranken umgeben; ein Wort, welches im Hochdeutschen nur in figürlicher Bedeutung für einschränken, umschränken, und auch hier nur in der höhern Schreibart üblich ist. Die reinste Wollust hat ein beschränktes Maß, Klopst. Kein Verstand ist so beschränkt, daß er nicht Gott aus seinen Werken erkennen könnte. Deiner Allmacht, Die den Himmel selbst beschränkt, Can. Anm. Ottfried und Notker gebrauchen biskrenken und beskrenchen für überwinden, demüthigen. S. Schranke.


Beschreiten (W3) [Adelung]


Beschreiten, verb. irreg. act. ( S. Schreiten,) an oder auf etwas schreiten, in der edlern Schreibart. Ein Pferd beschreiten, auf dasselbe steigen. das Ehebett beschreiten. Um etwas, Liebe, bitt' ich dich,Laß ihn nicht diesen Busch beschreiten, Du möchtest ihn vielleicht begleiten, Haged. Engl. to bestride. Nieders. bestriden.


Beschreyen (W3) [Adelung]


Beschreyen, verb. irreg. act. ( S. Schreyen,) 1) An oder gegen etwas schreyen. So sagt man in den Rechten von einem neu gebornen Kinde, daß es die vier Wände beschrien habe, wenn dessen Geschrey deutlich in dem Hause vernommen worden, welches als ein Beweis angesehen wird, daß das Kind lebendig zur Welt gekommen ist, und dadurch das Recht zur Erbfolge bekommen hat; außer welcher Redensart das Verbum in dieser Bedeutung wohl nicht weiter üblich ist. 2) Mit einem Geschreye, d. i. laut, öffentlich, vorfordern. So wurden ehedem flüchtige Verbrecher beschrien, wenn sie vor Gericht öffentlich drey Mahl vorgeladen wurden. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet. 3) Über etwas schreyen. Einen Übelthäter vor Gericht beschreyen. Zeter über ihn schreyen, welche Bedeutung nur noch in der Gerichtssprache einiger Orte üblich ist. Im gemeinen Leben sagt man auch wohl zuweilen, etwas beschreyen, laut darüber weinen. Hierher gehöret auch das Mittelwort beschrien, in der figürlichen aber nachtheiligen Bedeutung, für übel berüchtigt. Nero ist wegen seiner Grausamkeit in der ganzen gesitteten Welt beschrien. 4) Mit Worten bezaubern, besonders durch übermäßige Lobeserhebungen, in der Kunstsprache des Aberglaubens, welches man in Oberdeutschland auch berufen nennet. Ein Kind beschreyen. Das Kind ist beschrien. Von diesem Aberglauben rühret auch der alte Gebrauch des Deutschen Pöbels her, alle Lobsprüche auf Kinder und Vieh mit einem Gott behüte es! zu begleiten; wofür die alten Griechen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, die Römer aber praefiscine sagten.


Beschroten (W3) [Adelung]


Beschroten, verb. reg. act. nur daß das Mittelwort der vergangenen Zeit so wohl beschrotet, als beschroten lautet, beschneiden, besonders mit großen Werkzeugen beschneiden. Im Hochdeutschen ist dieses Wort wenig gebräuchlich, dagegen kommt es in den gemeinen Mundarten, besonders Oberdeutschlandes desto häufiger vor, wo es auch figürlich gebraucht wird. Er beschrotete (beschnitt) ihre Pfründen, heißt es in Walfers Appenzell. Chron. S. Schroten.


Beschuhen (W3) [Adelung]


Beschuhen, verb. reg. act. mit Schuhen versehen. Ein Paar Stiefeln beschuhen, Schuhe daran setzen. Ingleichen figürlich. Einen Pfahl beschuhen, ihn an der Spitze mit Eisen beschlagen. daher die Beschuhung.


Beschulden (W3) [Adelung]


Beschulden, verb. reg. act. 1) Mit Schulden beschweren. Beschuldete Güter; wofür doch verschuldet üblicher ist. 2) S. das Folgende.


Beschuldigen (W3) [Adelung]


Beschuldigen, verb. reg. act. für schuldig ausgeben, eine böse Handlung beymessen, mit der zweyten Endung der Sache. Einen des Ehebruches, der Gotteslästerung beschuldigen, ihm dieselbe Schuld geben. Beschuldigen sie mich doch nicht so grober Verbrechen. Man muß niemanden auf bloßen Argwohn beschuldigen, ihn keines Verbrechens beschuldigen. Daher die Beschuldigung, so wohl für die Handlung des Beschuldigens; als auch der bösen That, die man jemanden Schuld gibt. Falsche, ungegründete Beschuldigungen.

Anm. Im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutungen sind: 1) Tadeln, für unbrauchbar erklären. So sagt man noch in Niedersachsen, eine Brücke beschuldigen. 2) Vergelten, verdienen. Ich wills beschuldigen, oder beschulden, im Oberdeutschen, wofür man im Hochdeutschen verschulden sagt. Das Zeitwort beschulden, wovon beschuldigen eigentlich Frequentativum ist, ist in dieser Bedeutung noch in Oberdeutschland üblich, im Hochdeutschen aber veraltet. Das einfache schuldigen, kommt in eben dieser Bedeutung noch in der Deutschen Bibel mehrmahls vor, bedeutet aber mehr, mit Beweisen eines Verbrechens überführen, besonders vor Gerichte; dagegen beschuldigen in den meisten Fällen bloße Muthmaßungen, und oft nur ungegründete Muthmaßungen voraussetzet. S. Schuldigen.


Beschuppen (W3) [Adelung]


Beschuppen, S. ebend. und 2 Schuppen.


Beschürfen (W3) [Adelung]


Beschürfen, verb. reg. act. im Bergbaue, durch schürfen entdecken, entblößen. Einen Gang beschürfen. Daher die Beschürfung. S. Schürfen.


Beschütten (W3) [Adelung]


Beschütten, verb. reg. act. auf etwas schütten. Die Wurzeln eines Baumes mit Erde beschütten. Ein Kleid mit Wasser beschütten. Mit Segen mich beschütte, nach einer niedrigen Figur. Einen Boden mit Getreide beschütten. Daher die Beschüttung.


Beschützen (W3) [Adelung]


Beschützen, verb. reg. act. zum Schutze, d. i. zur Abhaltung aller Beschädigung, dienen. So sagt man an einigen Orten noch, einen Garten, einen Acker beschützen, ihn einzäunen, befriedigen. Noch mehr aber figürlich, wider einen feindlichen Anfall bewahren, vertheidigen. Ein Land, eine Stadt beschützen. Wer sich auf den Herren verlässet, der wird beschützet, Sprichw. 29, 25. Daher die Beschützung.

Anm. Es ist nicht erweislich, daß beschützen eine mit einem Angriffe verbundene Vertheidigung, beschirmen aber bloß eine Bedeckung bedeute. In den Fällen, in welchen beyde Zeitwörter heit zu Tage gebraucht werden, ist die letztere ohne die erste nicht einmahl möglich. Auch die Abstammung ist dawider. S. Schutz.


Beschützer (W3) [Adelung]


Der Beschützer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die -inn, eine Person, welche jemanden zum Schutze dienet, ihn beschützet.


Beschwägern (W3) [Adelung]


Beschwägern, verb. reg. act. Sich mit einem beschwägern, dessen Schwager werden. Wir sind beschwägert, wir sind Schwäger. Daher die Beschwägerung.


Beschwämmen (W3) [Adelung]


Beschwämmen, S. Beschwemmen.


Beschwängern (W3) [Adelung]


Beschwängern, verb. reg. act. schwanger machen, schwängern, im gemeinen Leben. Eine Weibsperson beschwängern.


Beschwatzen (W3) [Adelung]


Beschwatzen, verb. reg. act. durch Geschwätz, d. i. Beredung, bewegen. Er hat ihn dazu beschwatzt. Ingleichen nachtheilig von jemanden schwatzen, oder reden. Jemanden beschwatzen. In einigen Mundarten beschwätzen. Daher die Beschwatzung oder Beschwätzung.


Beschweifen (W3) [Adelung]


Beschweifen, verb. reg. act. mit einem Schweife versehen, ein sonst ungewöhnliches aber doch richtig gebildetes Zeitwort. So zieht die Last der Bomben durch die Luft, Mit Feur beschweift, Kleist.


Beschweißen (W3) [Adelung]


Beschweißen, verb. reg. act. mit Schweiß benetzen, besudeln; ein anständiger Ausdruck für beschwitzen. Und dreht' es und entriß es der beschweißten Hand, Weiße. Bey den Jägern, welche Schweiß für Blut gebrauchen, bedeutet es mit Blut benetzen oder besudeln.


Beschwemmen (W3) [Adelung]


* Beschwemmen, verb. reg. act. welches aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist, für Überschwemmen. Der Felsen Haupt, das sich so hoch jetzt strecket, Stand ganz beschwemmt, war mit der Fluth bedecket, Opitz Ps. 104.


Beschwer (W3) [Adelung]


Die Beschwer, plur. die -en, S. das Folgende.


Beschwerde (W3) [Adelung]


Die Beschwerde, plur. die -n, alles, wodurch eine Sache schwer gemacht wird, eine Last; doch nur in verschiedenen figürlichen Bedeutungen. 1) Dasjenige, dessen Leistung schwer fällt, oder was man mit Widerwillen thut. In dieser Bedeutung werden alle diejenigen thätigen Verbindlichkeiten der Unterthanen gegen ihre Obrigkeit Beschwerden genannt, weil man sie schon von den ältesten Zeiten an als eine Last angesehen hat. Bürgerliche Beschwerden, wozu die Bürger oder Einwohner eines Landes verpflichtet sind, und wohin so wohl die persönlichen Dienste, die Heeresfolge, Wachhaltung u. s. f. als auch alle Steuern und Gaben gerechnet werden. In diesem Verstande ist das Wort ein allgemeiner Ausdruck, der alle besondere Arten unter sich begreift, und am häufigsten im Plural gebraucht wird. 2) Was man mit Widerwillen erduldet, alles, was unangenehme Empfindungen hervor bringet, und diese Empfindungen selbst. Hauptbeschwerden, Gliederbeschwerden, Mutterbeschwerden, Krankheiten des Hauptes, der Glieder, der Mutter. Ingleichen Noth, Gram, Sorgen u. s. f. welche letztere Bedeutung aber in Hochdeutschen, wenigstens in der edlern Schreibar, zu veralten anfängt, wozu vielleicht die Dichter der vorigen Jahre Anlaß gegeben haben, die dieses Wort um der Bequemlichkeit des Reimes willen, besonders in der veralteten Form Beschwer, gar sehr gemißbraucht haben. 3) Die Äußerung dieser unangenehmen Empfindung durch Worte; doch nur in engerer Bedeutung, von einer solchen Äußerung über das unrechtmäßige Verhalten anderer bey einem Obern, dagegen das Verbum sich beschweren in weiterer Bedeutung gebraucht wird. Beschwerde, oder Beschwerden über etwas führen, darüber Klage erheben. Es sind große Beschwerden wider dich eingelaufen.

Anm. Beswerde kommt schon in Strykers altem Gedichte bey dem Schilter vor. Indessen scheinet doch Swer oder Swere die älteste Form dieses Wort zu seyn, in welcher es für körperlichen Schaden, Gram, Sorge, Noth u. s. f. häufig bey den Schwäbischen Dichtern vorkommt; z. B. Ein swere an minem herzen lit Die kan mir nieman darabe genemen, Kraft von Toggenburg. Hieraus ward nachmahls das Hauptwort die Beschwer, welches in eben derselben Bedeutung sehr oft bey dem Opitz angetroffen wird; z. B. Erlöse dieses Land auch aus Beschwer, Ingleichen: O führe Herr auch aus Beschwer, Die noch bestrickt sind, wieder her, Ps. 126. Die Hochdeutschen Dichter haben es in dieser Gestalt noch sehr lange beybehalten, aber die Neuern haben es wegen des davon gemachten Mißbrauches veralten lassen. Schwer und Beschwer werden auch zuweilen als Neutra gefunden, welches Geschlecht auch in einigen Oberdeutschen Gegenden Beschwerde hat; das Beschwerd. In eben dieser Mundart ist dafür auch das und die Beschwerniß üblich.


Beschweren (W3) [Adelung]


Beschweren, verb. reg. act. schwer machen, mit einem Last belegen. 1. Eigentlich. Die Wage ist zu sehr beschwert. Ingleichen, schwer fallen, drücken. Das Gepäck beschweret die Kutsche. Und in weiterer Bedeutung. Krebse, rohe Speisen beschweren den Magen, sind schwer zu verdauen, und verursachen daher Beschwerden oder unangenehme Empfindungen. 2. Figürlich. 1) Mit einer lästigen Verbindlichkeit belegen. Das Volk mit Steuern und Gaben, die Unterthanen mit Frohnen beschweren. Das Reich mit Zöllen beschweren. Diese Waare ist mit zu vielen Abgaben beschweret. Ingleichen, beschwerlich fallen. Jemanden mit seinem Besuche beschweren. 2) Unangenehme Empfindungen verursachen, welche Bedeutung aber im Hochdeutschen veraltet ist. 3) Sich über etwas beschweren, das Gefühl der unangenehmen Empfindung durch Worte äußern. Sich über Leibesschmerzen beschweren. Sich bey der Obrigkeit, dem Richter beschweren. man hat sich gar sehr über dich beschweret.So auch die Beschwerung, in allen obigen Bedeutungen, die letzte ausgenommen, so wohl von der Handlung des Beschwerens, als auch von Beschwerden, d. i. Krankheiten des Leibes, Magenbeschwerungen, Hauptbeschwerungen, Mutterbeschwerungen, Steinbeschwerungen u. s. f. in welcher Bedeutung der Plural am üblichsten ist.


Beschwerlich (W3) [Adelung]


Beschwerlich, -er, -ste, adj. et adv. zu unangenehmen Verbindlichkeiten verpflichtend, Beschwerde, Mühe verursachend. Einem mit seinem Besuche, mit seinen Briefe beschwerlich seyn oder fallen. Das Reden fällt, oder wird mir gar zu beschwerlich. Ein beschwerlicher Mensch, der uns beschwerlich fällt. Eine beschwerliche Krankheit.


Beschwerlichkeit (W3) [Adelung]


Die Beschwerlichkeit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft einer Sache, nach welcher sie beschwerlich ist; ohne Plural. Die Beschwerlichkeit eines Menschen, eines Besuches, einer Krankheit. 2) Einen beschwerliche Sache. Die Beschwerlichkeiten eines Feldzuges. Die Beschwerlichkeiten dieses Lebens. Es ist eine große Beschwerlichkeit damit verbunden. Indessen ist in dieser concreten Bedeutung Beschwerde üblicher und auch edler.


Beschwitzen (W3) [Adelung]


Beschwitzen, verb. reg. act. mit Schweiß benetzen, besudeln. Der beschwitzt von seinem Jagdgaul steiget, Haged.


Beschwören (W3) [Adelung]


Beschwören, verb. irreg. act. ( S. Schwören,) 1) Mit einem Eide bestätigen. Die Zeugen haben ihre Aussage beschworen. Ich kann es beschwören. 2) Vermittelst eines Schwures, d. i. Anrufung des höchsten Wesens, zu etwas verpflichten. (a) Eigentlich. So wird der Teufel in der Taufe beschworen. (b) Durch abergläubige Worte und Zeichen zu etwas verpflichten. Die Geister, Schlangen, Ottern, u. s. f. beschwören. (c) Figürlich, heftig, und mit Anführung der triftigsten Bewegungsgründe um etwas bitten. Ich bitte und beschwöre dich. Ich beschwöre dich bey Gott. Ich beschwöre sie bey ihrer Aufrichtigkeit, lassen sie den Mann aus dem Verdachte, Gell. Nur dieß beschwör' ich dich, bey deines Thrones Pflicht, Bey allem, was du liebst, trau dem Verräther nicht, Weiße. Wo doch die Wortfügung mit dem Accusativ dieß in ungebundener Rede ungewöhnlich ist.Daher die Beschwörung, so wohl von der Handlung, als auch den Worten und Formeln, vermittelst deren man in dem ersten und zweyten Falle der zweyten Bedeutung beschwöret.

Anm. Bisueran und besuueron kommt in der ersten Bedeutung schon bey dem Tatian und Willeram vor; für heftig bitten aber gebraucht schon Kero pisuueron.


Beschwörer (W3) [Adelung]


Der Beschwörer, des -s, plur. ut nom. sing. der jemanden beschwöret, besonders durch abergläubige und so genannte zauberische Mittel. Daß sie nicht höre die Stimme des Zauberers, des Beschwörers, der wohl beschwören kann, Ps. 58, 6. Den tauben Ottern gleich, wenn ihr Beschwörer spricht, Hört er die süßen Worte nicht, Außer dieser Bedeutung ist dieses Wort nicht üblich.


Beseelen (W3) [Adelung]


Beseelen, verb. reg. act. mit einer Seele, d. i. mit Leben versehen. Wir sind Staub von einer allmächtigen Hand beseelt, Gell. O Liebe, deinen Schmeicheleyen Kann kein beseelt Geschöpf entgehn, Gell. Ingleichen figürlich, mit Lebhaftigkeit, Reitz, Anmuth versehen. Ein Blick, beseelt von Wehmuth und von Treue, Gell. Ihr Herz, von Redlichkeit beseelet, Gefällt und spricht in jedem Blick, ebend. Den die Liebe für sein Vaterland mit dem Muthe der feurigen Jugend im kalten Alter beseelte, Dusch.


Besegeln (W3) [Adelung]


Besegeln, verb. reg. act. 1) Mit Schiffen befahren. Ein Meer besegeln, oft auf demselben fahren. Ein Land besegeln, oft nach demselben segeln. S. Beschiffen. 2) Mit Segeln versehen. In dieser Bedeutung sagt man von einem Schiffe, daß es gut besegelt sey, wenn es gehörig fortsegelt.


Besegnen (W3) [Adelung]


* Besegnen, verb. reg. act. welches im Hochdeutschen ungewöhnlich ist, aber doch ein Mahl von Opitz für das einfache segnen gebraucht worden: Der Herr wird euch besegnen immerdar, Ps. 115.


Besehen (W3) [Adelung]


Besehen, verb. irreg. act. ( S. Sehen,) auf etwas sehen, in der Absicht, etwas daran zu entdecken, oder es kennen zu lernen. Ein Land, das Feld, einen Acker, ein Haus besehen. Sich im Spiegel besehen. Als ich es beym Lichte besah, als ich es genau untersuchte. Daher der Beseher oder das Besehblech, bey den Schriftgießern, ein Blech, welches man auf eine Reihe Lettern setzet, um vermittelst desselben zu sehen, ob sie auch alle einerley Dicke haben. S. auch Besichtigen und Betrachten.

Anm. Für besehen ist im Oberdeutschen beschauen und im Niedersächsischen bekiken gebräuchlicher. Im Österreichischen wird die Wärterinn einer Kindbetterinn eine Beseherinn genannt. Bey dem Kero und Ottfried lautet dieses Zeitwort pisehan und bisihan, und bedeutet bey dem letztern auch theils sehen schlechthin, theils aufmerken, theils aber auch besorgen, versehen. Sich besehen, war eine ehedem übliche Redensart, für, mit einander fechten, seine Kräfte in einem Gefechte versuchen. Sich in einer Stadt besehen, sie besehen, oder sich darin umsehen, ist niedrig. Für das Hauptwort Besehung ist Besichtigung eingeführet. S. Besichtigen.


Beseilen (W3) [Adelung]


Beseilen, verb. reg. act. mit Seilen versehen. Ein Schiff beseilen, in den Seestädten. Daher die Beseilung.


Beseiten (W3) [Adelung]


Beseiten, verb. reg. act. von Seite, latus, mit Seiten versehen, ein nur in der Wapenkunst übliches Wort, wo beseitet so viel bedeutet, als auf der Seite mit Zierathen versehen; Franz. flanque.


Beseligen (W3) [Adelung]


Beseligen, verb. reg. act. selig, d. i. glücklich machen, in der höhern Schreibart. Auch du beseligst ihren Stand, Haged. O du süßer Augenblick, Wenn beseligst du mich wieder! Gleim. In dem gemeinen Umgange wird dieses Wort nur in einer niedrigen Ironie gebraucht. Einen mit etwas beseligen, ihm eine nachtheilige oder schimpfliche Sache aufhängen; daher unsere Dichter mit diesem Worte billig ein wenig sparsamer umgehen sollten, weil sich der unangenehme Nebenbegriff oft mit in die Vorstellung eindränget.


Besenbinder (W3) [Adelung]


Der Besenbinder, des -s, plur. ut nom. sing. S. Besen 2.


Besenden (W3) [Adelung]


Besenden, verb. irreg. act. ( S. Senden,) Einen besenden, zu ihm senden, ihm etwas sagen oder melden zu lassen, ihn beschicken. Besandt er seine schefflewt, Ließ ihnen sagen u. s. f. Theuerd. Bey den Handwerkern wird dieses Wort noch häufig gebraucht. Daher die Besendung.


Besenheide (W3) [Adelung]


Die Besenheide, plur. inus. eine Art Heide, welche zweyhörnige eingeschlossene Staubbeutel, glockenförmige Kronen, abstehende Blätter und weiße Äste hat; Erica scoparia, L. Sie wächset in Spanien und dem mittägigen Europa.


Besenpflanze (W3) [Adelung]


Die Besenpflanze, plur. die -n, bey den neuern Kräuterkennern, der Nahme einer Amerikanischen Pflanze, welche in Jamaica als Thee gebraucht wird, und daher auch Westindischer Thee heißt; Scoparia, L.


Besensohle (W3) [Adelung]


Die Besensohle, plur. inusit. in dem Salzwerke zu Halle, eine gewisse Menge Sohle, welche dem Bornmeister zum Besten gesotten wird, der dafür Besen und Handtücher halten muß.


Besessen (W3) [Adelung]


Besessen, S. Besitzen.


Besetzen (W3) [Adelung]


Besetzen, verb. reg. act. was zu einer Sache gehöret, in, auf oder an dieselbe setzen, in verschiedenen Bedeutungen dieses einfachen Verbi. Den Tisch mit Speisen besetzen, die nöthigen Speisen auf denselben setzen. Den Tisch mit Gästen besetzen, so viel Gäste daran setzen, als derselbe fassen kann. Der Tisch ist besetzt, es haben nicht mehr Gäste Platz. Der Platz, der Stuhl ist besetzt, es sitzt schon jemand darauf, oder er ist schon für jemanden bestellt. Ein Land mit Leuten, eine Stadt mit Einwohnern besetzen. Eine Stadt mit Truppen besetzen, oder nur schlechthin, eine Stadt, eine Festung, ein Land besetzen, Truppen, Besatzung darein legen, ingleichen in Besitz nehmen. Einen Teich mit Fischen, einen Garten mit Bäumen besetzen. Ein Amt besetzen, es jemanden anvertrauen. In welchem Lande sind die Ämter mit lauter würdigen Männern besetzt? Ein Kleid mit Tressen besetzen, oder schlechthin, ein Kleid besetzen, mit Tressen. Ein besetztes, bortirtes Kleid. Daherdie Besetzung, die Handlug des Besetzens, S. auch Besatzung.

Anm. Besetzen, Nieders. besetten, Holländ. besetten, Angelsächs. besittan, Engl. to beset, Schwed. besaetta, lautet bey dem Notker besezzen, und wird von ihm auch für blockiren, einschließen, gebraucht, welche Bedeutung im Schwedischen und Niedersächsischen noch üblich ist. Über dieß bedeutete dieses Wort ehedem, wie noch jetzt in Niedersachsen, mit Arrest belegen, ingleichen schriftlich verfassen, auffassen, aufsetzen, wie auch überführen, und endlich betriegen. in den gemeinen Mundarten hat man auch das Hauptwort, die Besetze, plur. die -n, eine Sache auszudrucken, mit welcher eine andere besetzet wird, z. B. die Besetzen an den Hemden. In der Schweiz bedeutet dieses Wort aber auch ein Gassenpflas=ter, so wie besetzen, daselbst für pflas=tern gebraucht wird; und daher kommt es auch, daß unsere Hochdeutschen Straßenpflas=terer denjenigen Schlägel, womit sie das Pflas=ter gleich und fest stoßen, einen Besetzschlägel nennen.


Beseufzen (W3) [Adelung]


Beseufzen, verb. reg. act. über etwas seufzen, es seufzend beklagen. Die Torheiten der Menschen; die Vergänglichkeit des Lebens beseufzen.


Besichtigen (W3) [Adelung]


Besichtigen, verb. reg. act. in Augenschein nehmen, feyerlich oder mit Sorgfalt besehen. Eine streitige Grenze, einen Erschlagenen, einen entblößten Gang besichtigen. Die Straßen besichtigen. In den meisten Fällen, in welchen dieses Wort im Hochdeutschen gebraucht wird, schließet es eine gewisse Feyerlichkeit ein, die mehr als das Besehen ausdruckt. Allein im Oberdeutschen wird es aller Fällen für besehen gebraucht, weil man daselbst auch ein schönes Haus, einen angenehmen Garten besichtiget, die man im Hochdeutschen nur besiehet. Doch wird das Hauptwort die Besichtigung auch für das Besehen gebraucht, weil dieses Verbum kein Hauptwort auf - ung hat. Daher der Besichtigungsschein, das visum repertum.

Anm. Es ist nicht zunächst von dem Beyworte sichtig, wie Frisch glaubt, sondern es ist das Frequentativum von dem veralteten besichten, welches noch in einer Urkunde von 1431 vorkommt; daher es schon vermöge dieser Form einen mehrern Nachdruck hat, als besichten und besehen.


Besiebenen (W3) [Adelung]


* Besiebenen, verb. reg. act. von dem Zahlworte sieben, mit sieben Zeugen überführen, oder in Gegenwart von sieben Zeugen befragen; ein veraltetes Wort, welches sich aus der Gerichtssprache der mittlern Zeiten nur noch an einigen Orten erhalten hat.


Besiegeln (W3) [Adelung]


Besiegeln, verb. reg. act. mit einem Siegel versehen. Eine Handschrift, eine Quittung besiegeln, sein Siegel beydrucken. Besigelen, bey dem Willeram. Daher die Besiegelung.


Besiegen (W3) [Adelung]


Besiegen, verb. reg. act. einer Person oder Sache Sieger werden. Den Feind besiegen, über ihn siegen. Ein Heer, das noch nie besieget worden. Ein besiegtes Volk. Bloß ihre verführte Einbildungskraft hat ihre Tugend besiegt. Im Oberdeutschen ansiegen, S. dieses Wort.


Besingen (W3) [Adelung]


Besingen, verb. reg. act. ( S. Singen,) 1) Bey oder über etwas singen. Eine Leiche besingen. 2) Zum Gegenstande eines Gedichtes machen, in edler Bedeutung. Das Lob Gottes, einen Helden, die Reitze des Frühlinges besingen. In Oberdeutschland ist Besingniß für Exequien üblich.


Besinnen (W3) [Adelung]


Besinnen, verb. reg. recipr. Imperf. ich besann mich; Partic. besonnen. 1) Sich erinnern. Ich besinne mich nicht, daß ich es gesehen hätte. Ich besinne mich, es dir versprochen zu haben. Ingleichen mit dem Vorworte auf. Ich kann mich nicht darauf besinnen. Ich werde mich wohl noch darauf besinnen. Besinnst du dich nicht auf unsre Marianne? Günth. Im Oberdeutschen wird dieses Wort sehr häufig mit der zweyten Endung der Sache gebraucht. Sich seiner Jugend besinnen. Besinne dich der vorigen Jahre. Als Vater Zeus - Sich glücklich einer List besann, Wiel. Allein im Hochdeutschen ist dafür erinnern oder entsinnen doch immer üblicher. 2) Mühe anwenden, sich einer Sache zu erinnern, sich bemühen, einen dunkeln Gedanken von etwas Vergangenen klar zu machen. Ich besinne mich hin und her. Ich habe mich schon lange darauf besonnen. 3) Überlegen, im gemeinen Leben und absolute. Ich will mich besinnen. Du besinnst dich immer gar zu lange. Im Oberdeutschen sagt man auch mit der vierten Endung der Sache. Ich habe es mir nicht recht besonnen. Besinne es dir wohl. 4) Sich nach vorhergegangener Überlegung entschließen, in einigen Fällen. Haben sie sich besonnen? entschlossen. Sich eines bessern besinnen, einen bessern Entschluß fassen. Vielleicht besinnt sie sich anders. Er wird sich wohl noch eines andern (d. i. bessern) besinnen. 5) Zu seinen Sinnen, d. i. in den Zustand deutlicher Begriffe, wieder zurück kehren. Besinnen sie sich doch, sagt man zu einem, der in einer heftigen Leidenschaft, im Schlafe, in einem starken Rausche u. s. f. ist. Und als er sich besinnte, (besann,) Apostelg. 12, 12, als er zu sich selber kam. Er kann sich nicht besinnen, nicht wieder zu sich selbst kommen. Daher die Besinnung, besonders in der letzten Bedeutung, welche von Besonnenheit noch verschieden ist; die Besinnungskraft, das Vermögen sich zu besinnen, oder dunkele Vorstellungen klar und deutlich zu machen, welches dem neuern Besonnenheit billig vorzuziehen ist. S. dasselbe.

Anm. Dieses Wort ist von Sinn und sinnen, welches ehedem alle Wirkungen der Seele ausdruckte. Im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutungen von besinnen sind, (a) über etwas nachdenken. Indem aber Petrus sich besinnt über dem Gesichte, Apostelg. 10, 19. (b) Erwägen, im Oberdeutschen. Sich das Unglück besinnen. (c) Ersinnen.So ser ich noch ains khan besynnen, Theuerd. Kap. 70. (d) Das Mittelwort besonnen, oder besinnt, ist im Oberdeutschen auch für behutsam, verständig üblich; S. Besonnenheit und Unbesonnen. Besinnen gehet in einigen Oberdeutschen Gegenden auch regulär, welches auch Luther in den oben angeführten Stellen nachgeahmet hat. Die Niedersachsen gebrauchen für besinnen, besonders in der ersten Bedeutung, versinnen, welches nicht so veraltet ist, als Frisch behauptet. Übrigens hatte man hiervon ehedem auch das Factitivum besinnigen, zum Besinnen, Verstehen, Erkennen bringen, wovon Frisch ein Beyspiel aus Menkens Script. Saxon. anführet.


Besippen (W3) [Adelung]


* Besippen, verb. reg. act. welches größten Theils veraltet ist, und wovon am einigen Orten nur noch das Mittelwort besippt, für befreundet, verwandt, üblich ist. S. Sippschaft.


Besitz (W3) [Adelung]


Der Besitz, des -es, plur. car. der Zustand, da man eine Sache besitzet, oder allein in seiner Gewalt hat. Der Besitz eines Hauses, eines Landes, eines Gutes. Ein rechtmäßiger, gegründeter, streitiger Besitz. Besitz ergreifen, Besitz von etwas ergreifen. Eine Sache in Besitz nehmen. Im Besitze einer Sache seyn, bleiben. In Besitz bekommen. Einen Gläubiger in den Besitz des verpfändeten Gutes setzen. Einen aus dem Besitze einer Sache setzen. Sich im Besitze eines Rechtes befinden. Mein ganzes Bemühen gehet dahin, mir den Besitz ihres Herzens zu verschaffen, Weiße. Niemand soll ihnen den Besitz dieses Herzens streitig machen. Bey dem Notker Pisezzi und Bisez, im Nieders. Besate.


Besitzen (W3) [Adelung]


Besitzen, verb. irreg. act. ( S. Sitzen,) 1) * Oft und viel auf einem Orte sitzen, so lange als nöthig ist, auf demselben sitzen. In dieser im Hochdeutschen veralteten Bedeutung sagt man noch im gemeinen Leben, die Eyer sind besessen, wenn das Huhn so lange über selbigen gesessen hat, daß sie Küchlein anfangen, sich in denselben zu erzeugen. 2) Figürlich, eine Sache allein in seiner Gewalt haben. Ein Haus, einen Garten, ein Gut besitzen. Viele Güter besitzen. Er besitzt es mit Recht. Ein Land besitzen. Er besitzt dich nicht, er hat dich nur. Dahin gehöret auch die theologische Bedeutung des Mittelwortes, vom Teufel besessen seyn, oder nur schlechthin besessen seyn, dem Leibe nach in dessen unmittelbaren Gewalt seyn, und das Hauptwort ein Besessener, der von dem Teufel besessen ist. Ingleichen in weiterer Bedeutung von dem Geitze, von dem Hochmuthe, von dem Neide besessen seyn, diesen Lastern die Herrschaft über sich lassen. Die Anschläge, die mein Herz besessen haben, Hiob 17, 11, ist im Hochdeutschen nicht nachzuahmen; so wenig als die Klage Jacobs von Warte: Swie si hat mit sorgen mich besessen. 3) In weiterer Bedeutung für haben, mit etwas versehen seyn. Schönheit, Tugend, Verstand, ein edles Herz besitzen. Der Geitzige hat nichts von dem, was er besitzt, Dusch; d. i. er genießt nichts von dem, was er in seiner Gewalt hat. Wie wenig Tugend muß der Mann besitzen, der sein Vaterland bloß um sich liebt! ebend.Daher die Besitzung, besonders, 1) in der theologischen Bedeutung der Besitzung von dem Teufel; in dem ersten Falle der zweyten Bedeutung ist Besitz üblicher. 2) Ein Grundstück, welches man besitzet, in welcher Bedeutung auch der Plural üblich ist. Die Besitzungen der Engländer in Amerika.

Anm. Besitzen, bey dem Übersetzer Isidors chisitzan, bey dem Ottfried bisizzen, bey dem Notker besizzen, in Nieders. besitten, bedeutete ehedem auch sein Testament machen, und Besitzung das Testament. Wenigstens heißt es in einem 1477 in Oberdeutschland gedruckten Vocabelbuche: Testamentare, den letzten Willen besitzen, testamentum, Besitzung; wo es aber für aufsetzen zu stehen scheinet. Auch bey den Schwäbischen Dichtern kommt besitzen, für einnehmen oder besetzen vor. Das Mittelwort besessen, wird in Oberdeutschland, und beseten, in Niedersachsen auch für ansässig gebraucht. In diesem Verstande heißt es auch Sir. 37, 14, ein Tagelöhner, der nirgends ist besessen.


Besitzer (W3) [Adelung]


Der Besitzer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die -inn, plur. die -en, eine Person, welche eine Sache im Besitz hat. Der Besitzer eines Hauses, eines Ackers, eines Gutes.


Besitzlehen (W3) [Adelung]


Das Besitzlehen, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z. B. im Öttingischen, ein lehnbares Bauergut, welches mit dem Besitze eines Hauses unzertrennlich verbunden ist: zum Unterschiede von dem Feldlehen, welches überall hin gezogen werden kann.


Besocken (W3) [Adelung]


Besocken, verb. reg. act. mit Socken versehen. Ein Paar Strümpfe besocken.


Besohlen (W3) [Adelung]


Besohlen, verb. reg. act. mit einer Sohle versehen. Schuhe, Strümpfe besohlen. Daher die Besohlung.


Besolden (W3) [Adelung]


Besolden, verb. reg. act. mit dem gehörigen Solde versehen. Einen Beamten, einen Bedienten besolden. Er wird besoldet, er bekommt Geld. Ingleichen, in seinem Solde haben, oder halten. Viele Truppen, viele Bediente besolden. Daher die Besoldung, so wohl für die Handlung des Besoldens, als auch den Gold selbst. Eine ansehnliche, eine geringe Besoldung. In Besoldung stehen, besoldet werden. Besoldung haben. Einem Besoldung geben. Rückständige Besoldungen auszahle.


Besömmern (W3) [Adelung]


Besömmern, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, mit Sommergewächsen bestellen. Die Felder besömmern.


Besondere (W3) [Adelung]


Der, die, das Besondere, adj. welches in allen seinen Bedeutungen eine Absonderung von andern Dingen bezeichnet, obgleich oft mit verschiedenen Nebenbegriffen. 1) Eigentlich, von andern Dingen absondert, eine Sache nur zukommend. Ein jedes Ding an seinen besondern Ort stellen. Ein besonderes (eigenes) Buch von etwas schreiben. Caleb gab Zeugniß und strafte das Volk, darum hat er eine besondere Erbe erlangt, 1 Maccab. 2, 56. Die besondere Vorsehung Gottes, die Vorschung Gottes für jedes besondere (einzelne) Geschöpf, im Gegensatze der allgemeinen. In dieser Bedeutung ist im Oberdeutschen auch das einfache sonder üblich. Die sondere Vorsehung, Opitz. Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an sondere Örter, 1. Mos. 1, 9. So auch Kap. 49, 28; Sir. 29, 15; Joh. 20, 7; Apostelg. 23, 9 u. s. f. 2) Was sich durch vorzügliche Eigenschaften von andern Dingen seiner Art unterscheidet, so wohl im guten als nachtheiligen Verstande. Ein ganz besonderer (von andern merkwürdiger) Fall. Ein besonderes Kunststück. Ich fühle eben kein besonderes Verlangen, ihn zu sprechen. Eine ganz besondere Liebe. Eine besondere Schönheit. In der Hofsprache nennt ein Fürst den Minister oder Rath eines andern Fürsten in Briefen Lieber, Besonderer, im Gegensatze des Lieber, Getreuer, welchen Titel seine eigenen Minister und Räthe bekommen. Auch hier wird im Oberdeutschen das einfache sonder gebraucht.Ich wil euch lern ein sonndern ranck, Theuerd. Kap. 68. So auch 2 Mos. 8, 22. 3) Sonderbar, seltsam. Er ist doch ein besonderer Mann. Das ist eine ganz besondere Tracht.

Anm. Das einfache sonder ist sehr alt. Schon bey dem Ulphilas bedeutet sundro, privus, singularis, peculiaris; suntrigo, bey dem Kero, und sundrie bey dem Isidor ist privatus. Auch die Niedersachsen sagen sunder, für besonder, und die Engländer sundry, asunder. S. Sondern. Übrigens ist dieses Adjectiv, so wie baldig, dasig, dortig, in der Gestalt eines Adverbii nicht gebräuchlich, welche Form nur dem folgenden besonders aufbehalten ist


Besonderheit (W3) [Adelung]


* Die Besonderheit, plur. die -en, ein von einigen Neuern gewagtes Wort, so wohl die besondere, ungewöhnliche Beschaffenheit, (ohne Plural,) als auch dergleichen Dinge oder Erscheinungen (mit den Plural) auszudrucken. Die Besonderheiten seines Charakters. Allein, ist um mehr als Einer Ursache willlen verwerflich. Denn, 1) mit -heit können von Adjectivis nur Substantiva in der Adverbial-Form gebildet werden. Kühnheit, Kleinheit, Weisheit. Zwar hat man in Besonderheit das Adjectiv besondere durch Wegwerfung des End -e in ein Adverbium zu verwandeln gesucht; allein dieses ist nicht gewöhnlich, weil das Adverbium von besondere, besonders lautet, dieses aber noch weniger ein Substantivum auf -heit aus sich bilden lässet. 2) Von den Adverbiis auf -er, läßt sich nie ein Substantiv auf -heit bilden, Sicherheit etwa ausgenommen; sondern für diese ist die Ableitungssylbe -keit, Bitterkeit, Munterkeit, Heiterkeit, Heiserkeit u. s. f. Nach dieser Analogie müßte es Besonderkeit heißen, welches aber um der ersten Ursache willen gleichfalls unrichtig ist. Sonderbarkeit, wenn man ja ein viersylbiges Wort, welches den Ton so weit vom Ende hat, dulden kann, ist weit regelmäßiger.


Besonders (W3) [Adelung]


Besonders, adv. von dem obigen Beyworte. 1) Von andern Dingen abgesondert, einzeln. Eine Sache besonders stellen. Besonders wohnen. Ich will es besonders schreiben. Einen jeden besonders ermahnen. Die biblischen Redensarten, besonders zu jemanden treten, Matth. 17, 19; besonders jemandenzu sich nehmen, Kap. 20, 17; besonders in eine Wüste gehen, Marc. 6, 31; auf einen hohen Berg besonders allein führen, Kap. 9, 2, u. s. f. für bey Seite, von andern Menschen abgesondert, sind mehr Ober- als Hochdeutsch. 2) Vorzüglich, vorandern. Jemanden besonders (auf eine besondere Art) lieben. Er ist nicht besonders groß. Ich habe nichts besonderes Schönes an ihm gesehen. Nachdem der Platz ist, den man diesem Nebenworte anweiset, leidet auch der Verstand einige Änderung: z. B. die grüne Farbe ist besonders den Augen gut, ist unter andern vornehmlich den Augen gut; und die grüne Farbe ist den Augen besonders gut, in einem hohen Grade, sehr gut. Ich freue mich ganz besonders über dein Wohlseyn, und ich freue mich besonders über dein Wohlseyn. Auch in den Anreden der Briefe ist dieses Nebenwort üblich, wo es dem Hochgeehrt vorgesetzet wird; z. B. Wohlegebohrner, Hochgelehrter, besonders Hochgeehrster Herr, wo einige noch das veraltete insonders gebrauchen. Der Kaiser schreibt an gekrönte Häupter: Unserm besonders lieben Freund, Oheim und Bruder. Nur Schweden bekommt Kraft eines besondern Vertrages den Titel: Unserm geliebtesten Oheim und Bruder. Zuweilen nimmt besonders in dieser Bedeutung auch die Gestalt eines Bindewortes an. Die Geschichte verdienet eine vorzügliche Achtung, besonders weil sie vielen Einfluß auf das Herz hat. Ich freue mich über dein Wohlseyn, besonders aber über deinen Fleiß.

Anm. Dieses Adverbium ist in seiner heutigen Gestalt so gar alt nicht. Ottfried gebraucht noch suntar, und Stryker in seinem alten Gedichte bey dem Schilter besunder für besonderes. In der ersten Bedeutung gebraucht Opitz auch sonderlich, und in der zweyten ist in Oberdeutschland auch sonderbar üblich. S. diese Wörter.


Besonnenheit (W3) [Adelung]


Die Besonnenheit, plur. inus. von dem Participio besonnen, des irregulären Verbi besinnen, und zwar in dessen fünften Bedeutung. 1) Das Vermögen, sich seiner und anderer Dinge deutlich bewusst zu seyn; die Reflexion. Nicht jede Handlung der Seele ist unmittelbar eine Folge der Besinnung, jede aber ist eine Folge der Besonnenheit, Herder. 2) In engerer Bedeutung, das Vermögen, sich alle in einem gegenwärtigen Falle nothwendige Vorstellungen schnell zu erwecken, welches auch die Gegenwart des Geistes genannt wird.

Anm. Das Participium besonnen, von welchem dieses abgeleitet ist, ist als ein eigenes Adjectiv im Hochdeutschen ungewöhnlich, aber im Oberdeutschen ist es für verständig, vorsichtig, dem Geiste nach gegenwärtig, noch völlig gangbar. Nur ist es wider die Natur der Participien der vergangenen Zeit, wenn es bey einigen neuern Schriftstellern mit Besinnungskraft, mit Reflexion begabt, bedeuten soll: Der Mensch ist ein besonnenes Geschöpf, Herd. weil es, so wie der Gegensatz unbesonnen, sich nur auf einzelne Fälle beziehen kann. Das Substantiv die Besonnenheit aber, ist nicht allein alt, sondern auch völlig analogisch. Die Besunnenheit was der Genieß des Helden, Theuerd. Kap. 30; war des Helden Glück. Nur scheint es darum ein wenig unbequem, weil die eingeschränkte Bedeutung der entgegen gesetzten Unbesonnenheit sich gern mit einschleicht, daher der Ausdruck Besinnungskraft bequemer ist. Sulzer gebrauchte dafür Besinnlichkeit, welches aber um deß willen tadelhaft ist, weil besinnlich völlig ungewöhnlich ist.


Besorgen (W3) [Adelung]


Besorgen, verb. reg. act. 1) Sorge für etwas tragen, sorgen, daß etwas geschehe. Ein Geschäft besorgen. Das Hauswesen besorgen. Wer besorgt die Pferde? wer sorgt dafür, daß Pferde bestellet werden, ingleichen, daß die Pferde ihre gehörige Pflege erhalten? Es ist alles besorgt. In dieser Bedeutung wird zuweilen auch das Participium der vergangenen Zeit in der thätigen Bedeutung gebraucht. Besorgt für etwas seyn, Sorge dafür tragen. Für die Wirthschaft besorgt seyn. Ich bin für dein Glück besorgt. Und stets besorgt für ihre Nahrung seyn, Gell. Doch ist diese Form in der folgenden Bedeutung üblicher. 2) In Sorgen stehen, daß etwas Unangenehmes geschehe. Einen Krieg besorgen. Ich besorge, die Sache möchte anders ausschlagen. Es ist sehr zu besorgen, daß das Wetter nicht beständig seyn werde. Dieses Verbum als ein Reciprocum zu gebrauchen, ich besorge mich, besonders mit der zweyten Endung der Sache, sich eines Unfalles, eines Krieges besorgen, welche Wortfügung mehrmahls in der Deutschen Bibel vorkommt, ist Oberdeutsch. Wohl aber ist im Hochdeutschen das Participium der vergangenen Zeit in der thätigen Bedeutung üblich. Um oder wegen etwas besorgt seyn, in Sorgen stehen. Ich bin sehr besorgt um dich. Wir sind wegen dieser Sache lange besorgt gewesen. Was mich besorgt macht, ist dieses u. s. f. Auch als ein Adjectiv ist es in dieser Gestalt so selten nicht. Kaum hört es die Vergänglichkeit, So schlug mit ihr besorgtes Neid Mit diesem Hand und Feder nieder, Günth. Stets hängt über unsern Wiegen Dein besorgter wacher Blick, Weiße. Schon lange hast du meine besorgte Zärtlichkeit mit Kaltsinn beantwortet, Dusch. Allein das Participium der gegenwärtigen Zeit in passiver Bedeutung gebrauchen, und aller besorgenden Gefahr vorbeugen, wollen, ist im Hochdeutschen unerlaubt.Daher die Besorgung in beyden Bedeutungen.

Anm. Bisuorgan kommt schon bey dem Ottfried und Tatian in beyden Bedeutungen vor. In der ersten ist auch das Schwedische besörja üblich.


Besorglich (W3) [Adelung]


Besorglich, adj. et adv. welches im Oberdeutcshen bekannter ist, als im Hochdeutschen, was zu besorgen ist, in der zweyten Bedeutung des Zeitwortes. Eine besorgliche Gefahr, Unruhe. Allen besorgliche Anstoß zu vermeiden. In den gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes bedeutet sorglich auch etwas, das Sorgen erwecket, wenn es schon da ist. Sorgliche (schlechte, kümmerliche) Zeiten. Ein sorglicher (betrübter) Umstand. Und in eben dieser Bedeutung kommt sorglich auch bey dem Notker vor.


Besorglichkeit (W3) [Adelung]


Die Besorglichkeit, plur. die -en. 1) Die besorgte Entstehung oder Annäherung einer unangenehmen Sache; ohne Plural Die Besorglichkeit eines Krieges. 2) Die Sorge, daß ein Übel geschehen möge. gleichfalls ohne Plural; und 3) das Übel, welches man besorgt, selbst. Allen Besorglichkeiten vorbeugen. Dich in allen drey Bedeutungen kommt dieses Wort im Hochdeutschen nur selten vor.


Besorgniß (W3) [Adelung]


Die Besorgniß, plur. die -sse. 1) Die Besorgung einer Sache in der ersten Bedeutung des Verbi, und diese Sorge selbst; ein am häufigsten im Oberdeutschen bekanntes Wort. Künstig werde ich ihm die Besorgniß meines ganzen Vermögens anvertrauen, Weiße. Besorgnis für sich selbst veredelt bald die Triebe, Und mäßigt Eigennutz durch sanfte Menschenliebe, Dusch. 2) Die Besorgung einer Gefahr, und diese Sorge selbst. Du hast aus einer edeln Besorgnis für das Glück deines Freundes dem Gerüchte zu sehr getrauet. In beyden Bedeutungen findet der Plural nur alsdann Statt, wenn dieses Wort die Sorgen selbst bezeichnen. S. Beysorge.


Bespannen (W3) [Adelung]


Bespannen, verb. reg. act. mit einem Gespanne, d. i. Zugviehe, versehen. Einen Wagen mit Pferden, mit Ochsen bespannen. Ein wohl bespannter Wagen. Daher die Bespannung.


Bespeyen (W3) [Adelung]


+ Bespeyen, verb. irreg. act. ( S. Speyen,) in niedrigen Ausdrücken, mit seinem Auswurfe besudeln. Sich bespeyen, die Kleider bespeyen. Das Mittelwort bespuuian findet sich schon bey dem Ottfried.


Bespicken (W3) [Adelung]


Bespicken, verb. reg. act gehörig, überall spicken. Eine Kalbskeule bespicken; wofür doch das einfache spicken üblicher ist. Sich mit etwas, oder bey einer Sache bespicken, bereichern, nach einer niedrigen Figur. Daher die Bespickung.


Bespiegeln (W3) [Adelung]


Bespiegeln, verb. reg. recipr. sich bespiegeln, sich überall im Spiegel besehen. Daher die Bespiegelung.


Bespielen (W3) [Adelung]


* Bespielen, verb. reg. act. welches nur in Niedersachsen üblich ist, mit den gehörigen Spielen ( S. dieses Wort) versehen. Die Bienestöcke bespielen, die Sprießen oder Spreitzen in selbige stecken.


Bespinnen (W3) [Adelung]


Bespinnen, verb. irreg. act. ( S. Spinnen,) mit einem Gespinnste überziehen. Die Raupen bespinnen die Bäume. Besponnener Draht.


Besprechen (W3) [Adelung]


Besprechen, verb. irreg. act ( S. Sprechen,) 1) Zum voraus behandeln, als ein anständiger Ausdruck für das niedrige bestellen. Waaren besprechen. Ein Haus, ein Zimmer besprechen. 2) Durch Worte übernatürliche Wirkungen an etwas hervor bringen, in der Hofsprache des Aberglaubens. Eine Büchse besprechen, daß sie dem Eigenthümer versagen muß, wofür auch versprechen üblich ist. Das Feuer, das Gewitter besprechen. 3) Sich mit jemanden besprechen, sich mit ihm unterreden, besonders, um über eine Sache rathzuschlagen. Wir haben uns noch nicht mit ihm darüber besprochen. Einen besprechen, in dieser Bedeutung, ist Oberdeutsch. Daher die Besprechung in der ersten und zweyten Bedeutung.

Anm. Folgende Bedeutungen sind in Hochdeutschen ungewöhnlich. 1) Um etwas aussprechen, bitten. Dein Sinn, Herr, wolle nichts gewähren, Wenn dich ein böser Mensch bespricht, Opitz Ps. 141. Du verstößest keinen nicht, Welcher deinen Schutz bespricht, ebend. Ps. 86. So auch Ps. 66, 9. Für jedes schöne Kind, das unsern Schutz bespricht, Gefahr und Wunden zu verlachen, Wiel. 2) Zur Rede setzen. Udus läuft den ganzen Tag; wird er drüber wo besprochen, u. s. f. Logau. Der nach den Waffen greift, den kühnen Feind bespricht, Opitz. 3) In Anspruch nehmen, gerichtlich belangen, welche Bedeutung das Nieders. bespreken noch hat. Auch Opitz übersetzt das: Contra hominem iustum prave contendere noli, des Cato, durch:Wer recht lebt und gerecht, den sollt du nicht besprechen. 4) Tadeln. Thaz bisprah tho Judas, Ottfr. B. 4, Kap. 2; wofür die heutigen Oberdeutschen auch bereden gebrauchen. 5) In ein böses Gerücht bringen, in welcher Bedeutung besprechen in Niedersachsen vorkommt, wo bespraken auch berüchtiget bedeutet. Schon bey dem Kero bedeutet pisprehhon, "detrahere", detractare; und in einem alten Verzechnisse des Fränkischen Aberglaubens von 790 ist Bisprachidu vermuthlich schon der heutige Aberglaube des Besprechens.


Besprengen (W3) [Adelung]


Besprengen, verb. reg. act. sprengend befeuchten. Die Wäsche besprengen. Sich mit einem wohlriechenden Wasser besprengen. In weitere Bedeutung auch zuweilen von trockenen Körpern, wie in der Hauswirtschaft das Fleisch mit Salz, und ein Bienenschwarm mit Sand besprenget werden. In der höhern Schreibart für benetzen überhaupt. Mit Blut besprengt. So auch die Besprengung.

Anm. Bey dem Kero lautet dieses Zeitwort kesprengen, bey dem Notker pesprengen, und bey dem Stryker besprengan. Die Engländer haben das Frequentativum to besprinkle.


Bespringen (W3) [Adelung]


Bespringen, verb. irreg. act. S. Springen. 1) Auf etwas springen, besonders zur Befruchtung, von einigen größen Thieren, im gemeinen Leben. So bespringt der Hengst die Stute, und der Ochs die Kuh. 2) Sich mit einem Sprunge nähern, in welcher Bedeutung die Jäger einen balzenden Auerhahn bespringen, wenn sie sich ihm hurtig um einige Schritte nähern. Daher die Bespringung.

Anm. Von dieser letztern Bedeutung haben einige Oberdeutsche Gegenden den figürlichen Gebrauch des feindlichen Angriffes. Samson - als er ward besprungen, Befochten und gedruckt, Opitz Will die Sünde mich bespringen, Gryph. Wie heftig Sturm und WetterEin schwaches Reis bespringt, ebend. In der ersten Bedeutung kommt dieses Wort so wohl mit dem Schwed. bespringa, als auch dem Latein. satire und dem Angels. stallion überein. Von dem letztern haben die Franzosen noch das Wort Etalon für einen Zuchthengst, Beschäler. S. auch Begatten und Beschälen.


Bespritzen (W3) [Adelung]


Bespritzen, verb. reg. act. spritzend bewerfen. Mit Wasser, mit Wein bespritzen. Sich mit Koth bespritzen, im Gehen, Fahren u. s. f. mit Koth bespritzet werden. So auch die Bespritzung.


Bespucken (W3) [Adelung]


Bespucken, verb. reg. act. mit seinem ausgeworfenen Speichel besudeln. Das Kleid bespucken.


Besser (W3) [Adelung]


Besser, adj. et adv. welches der Comparativus von gut ist, und eigentlich einen höhern Grad des Guten bezeichnet, aber doch auch in eingen Fällen vorkommt, wo man im Positivo das Wort gut nicht gebrauchen kann. Es ist aber,I. Ein Adjectivum und Adverbium zugleich, und deutet alsdann alle Mahl etwas an, das mehr Vorzüge hat, als andere Dinge seiner Art; obgleich mit allerley Nebenbegriffen, je nachdem die Vorzüge aus einem verschiedenen Gesichtspuncte betrachtet werden.1. In Absicht auf die Empfindung der Sinne, für angenehmer, schöner u. s. f. Sie stehet besser aus, als ihre Schwester. Ich will dir noch eine bessere Bildung zeigen. Wein schmeckt besser als Wasser. Die Rose riechet gut, aber die Nelke hat einnen bessern Geruch. Es wird bald besseres Wetter werden. Es stände dir besser an, du schwiegest gar still. Das ist für mich ein besserer Zeitvertreib. Das fällt besser ins Gehör. Ich habe alles gethan, etwas ausfindig zu machen, das ihnen besser gefiele.2. In Absicht auf die Natur, den Endzweck, die Bestimmung einer Sache, für vollkommener, der Absicht gemäßer. Er ist ein besserer Redner als du. Ich will dir etwas Besseres dafür geben. Auf Gebirgen ist die Luft besser (gesünder) als in den Thälern. Ich will eine noch bessere Gelegenheit abwarten. Er macht es besser, als er soll. Die Sache fängt an, besser zu gehen, oder eine bessere Gestalt zu gewinnen. Ich will es ein anderes Mahl besser machen. Er glaubte, ihn nicht besser erziehen zu können, als wenn er ihn nach sich selbst bildete. Ich werde viele Feinde bekommen, desto besser. Je eher je besser.3. In Absicht auf den Nutzen für gesünder, heilsamer u. s. f. Bessere (kräftigere) Arzeneyen. Ein besseres (einträglicheres) Amt. Je bitterer die Arzeneyen sind, desto besser sind sie. Es wäre besser (nützlicher) du kämest gar nicht. Aber besser, ohne Liebe zu leben, als unglücklich lieben, Gell. Ingleichen für rühmlicher. Ein ehrlicher Tod ist besser als ein schändliches Leben. Ich will deiner Ehrbegierde eine bessere Laufbahn zeigen. Ein Tod, der des Vaterlands Thränen verdient, ist besser als das allerlängste Leben.4) In Absicht auf die sittliche Beschaffenheit. Er hat ein besseres Herz als du. Sich eines Bessern besinnen, einen Bessern Entschluß fallen. Gehorsam ist besser denn Opfer, 1. Sam. 15, 22. Es ist besser, Unrecht leiden, als Unrecht thun. Der Knabe wird durch Schläge nicht besser, nicht frömmer. Nichts ist, wie ich glaube, mit besserm Rechte erworben. Auch in Absicht der logischen Beschaffenheit, für richtiger, der Wahrheit gemäßer, doch nur in einigen wenigen Fällen. Jemanden eines Bessern belehren oder berichten, ihm einen der Wahrheit gemäßere Nachricht ertheilen. Ich weiß es besser. Er will alles besser wissen.5. In Absicht auf den bürgerlichen Wohlstand. Er befindet sich jetzt in bessern Umständen, als vor einem Jahre. Es geht ihm besser, als man glaubt. Er hat es besser als ich. Es wird bald besser werden. Er ist besser dran als wir.II. Als ein Adverbium allein, da es wiederum in verschiedenen Absichten gebraucht wird. 1. In Absicht auf den Wohlstand des Körpers, oder die Gesundheit. Der Kranke befindet sich heute etwas besser. Es wird besser mit dem Kranken. Es wird ihnen bald besser werden, die Übelkeit, die Ohnmacht wird sich bald verlieren. 2. In Absicht auf die Würde. Er will immer besser seyn als andere. Du bist nichts besser als er. Christus ist besser worden als die Engel, Ebr. 1, 4; welche Verbindung mit dem Zeitworte werden aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. 3. In Absicht auf die innere Stärke, oder überhaupt einen höhern Grad derjenigen Handlung auszudrücken, die das folgende Verbum andeutet, größten Theils nur im gemeinem Leben. Du mußt besser (lauter) schreyen. Er soll mir noch besser daran. Besser reden, denn Abels Blut, Ebr. 12, 24, d. i. Stärker. Ihre Liebkosungen sollen ihre Untreue nur besser verhehlen. Er verstehet keine Rechnung besser als wir. Ich will mich besser darnach erkundigen. Er nimmt sich jetzt besser in Acht. Dieses ist ihm nicht besser gelungen. 4. In Absicht auf den Ort, für weiter, doch nur in einigen, besonders Niedersächsischen Mundarten. Besser hin, besser hinauf, besser hinunter, besser hierher.

Anm. 1. Besser ist zwar ein Adjectiv, wird aber doch am häufigsten als ein Adverbium, und hier wieder am liebsten mit dem Verbo seyn gebraucht. Einige Bedeutungen verstatten es als ein Adjectiv gar nicht. Weil es der Comparativus ist, so fordert es das als entweder ausdrücklich, oder doch versteckt nach sich. Die Oberdeutschen gebrauchen statt des las auch denn und weder, welches Luther häufig nachgeahmet hat; im Hochdeutschen aber ist es ungewöhnlich.

Anm. 2. Besser, bey dem Ulphilas batizo, bey dem Kero pezzira, bey dem Ottfried baz, bey dem Notker baz, bey dem Willeram bezzer, im Angels. bet und beter, im Nieders. und Holländ. beter, im Engl. better, im Dän. bedre, im Schwed. baettre, im Isländ. bettri, im Persischen bither, kommt mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - überein. Dessen älteste Deutsche Form war baß und im Niedersächs. bat, welches man gemeiniglich für den veralteten Positivum von besser hält, ob es gleich auch hier eine comparative Bedeutung hatte. Dieses baß kommt noch in dem veralteten fürbaß, ingleichen in unpaßlich vor. In der Unterpfalz ist baßlich noch jetzt für gut, und in und um Lübeck bad für besser üblich. S. auch Büßen. In einigen Oberdeutschen Gegenden hat man auch das Verbum batten, für nutzen, helfen. Was battet mich das? Es battet mich nichts, das hat ihn wenig gebattet. S. auch das folgende. Bey einem der Schwäbischen Dichter bedeutet baß eher. Mines todes wande ich bas, ich vermuthete eher den Tod.


Bessern (W3) [Adelung]


Bessern, verb. reg. act. besser machen, in den meisten Bedeutungen des vorigen Bey- und Nebenwortes. 1) In Absicht auf den physischen und moralischen Zustand. Die Wege bessern. Ein Haus bessern. Ein Kleid, die Strümpfe bessern. Unser Wust von Erziehungsschriften bessert nichts. Sand bessert den thonigen Boden. In allen diesen Fällen sind im Hochdeutschen ausbessern und verbessern üblicher. 2) Besonders in Absicht auf die Gesundheit, als ein Reciprocum. Der Kranke bessert sich, oder es bessert sich mit dem Kranken, er nähert sich der Genesung. Er wird sich bald bessern, oder, es wird sich bald mit ihm bessern. 3) In Absicht auf die Fähigkeiten, gleichfalls als ein Reciprocum. Er hat sich gebessert, nehmlich im Schreiben, in Tanzen, im Reden, u. s. f. Ich spiele zwar noch schlecht, aber ich werde mich schon bessern. 4) In Absicht auf den bürgerlichen Wohlstand, auch als ein Reciprocum. Seine Umstände bessern sich. Hierher gehöret auch die so gewöhnliche R. A. in der thätigen Gattung: Was bin ich dadurch gebessert? was hilft, was nutzet mir das? Ich war dadurch um nichts gebessert, es half mir nichts. Was bist du damit gebessert? Schleg. Wofür die Oberdeutschen auch das Zeitwort batten haben; S. Besser, Anm. 2. 5) In Absicht auf den sittlichen Zustand, immer noch als ein Reciprocum. Sich bessern, frömmer, tugendhafter werden. Wenn wirst du dich bald doch einmahl bessern?Anm. Bessern bedeutete ehedem auch ersetzen, einen Schaden bessern, welches Bedeutung das Nieders. beteren noch hat. Ingleichen strafen; an Leib und Gut bessern. Kepezziran gebraucht schon Kero von einem Kranken. Von der sittlichen Besserung gebraucht Notker sih pezzeron. Einen Acker bessern heißt in Schwaben so viel als denselben düngen. S. auch Büßen, welches seiner ältesten Bedeutung nach gleichfalls hierher gehöret.


Besserspitzer (W3) [Adelung]


Der Besserspitzer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Feinspitzer.


Besserung (W3) [Adelung]


Die Besserung, plur. inusit. 1) Die Handlung des Besserns, so fern dieses Verbum ein Activum ist. Die Besserung der Wege, oder, die Wegebesserung. Ein Haus in Bau und Besserung erhalten. In welchen und andern ähnlichen Fällen dieses Wort auch im Hochdeutschen üblich ist, obgleich das Verbum bessern in dieser Mundart seltener gehöret wird. 2) Der Zustand, da eine Sache, noch mehr aber eine Person besser wird, in allen Bedeutungen des Reciproci. Es lässt sich mit dem Kranken zur Besserung an. Es ist keine Besserung zu hoffen, so wohl von dem physischen als moralischen Zustande. Gott schickt die Strafen zu unserer Besserung. Daher das Besserungshaus, welchen Rahmen an einigen Orten, z. B. zu Frankfurt am Main, das Zuchthaus führet.


Bestallen (W3) [Adelung]


Bestallen, S. Bestellen.


Bestallung (W3) [Adelung]


Die Bestallung, plur. die -en, das Substantiv des veralteten Verbi bestallen, so fern solches in engerem Verstande zu einem Amte bestellen bedeutet, welches noch in der Kanzelleysprache des Hochdeutschen so wohl für die Bestellung zu einem Dienste oder Amte, als auch, und zwar am häufigsten, von der damit verbundenen Besoldung üblich ist. Einen in Bestallung nehmen. Er hat jährlich 100 Kthlr. Bestallung. Bestallung geben. Daher der Bestallungsbrief, diejenige Urkunde, worin jemand zueinem Dienste oder Amte bestellet, und ihm darin sein Gehalt versichert wird.


Bestammen (W3) [Adelung]


* Bestammen, verb. reg. act. von welchem nur das Mittelwort bestammt in der Wapenkunst üblich ist, wo ein Baum mit Koth, mit Gold u. s. f. bestammt heißt, wenn dessen Stamm mit diesen Farben angeleget ist.


Bestand (W3) [Adelung]


Der Bestand, des -es, plur. car. von dem Verbo bestehen, und zwar,1. So ferne dasselbe Neutrum ist. 1) Der Zustand des Bestehens, oder Stehenbleibens überhaupt. Besonders aber, (a) die ununterbrochene und unverletzte Fortdauer einer Sache. Die Sache hat Bestand. Deine Freundschaft wird nicht lange Bestand haben, oder, es wird mit deiner Freundschaft nicht lange Bestand haben. Bis jetzt gehet es gut, ich wünsche nur Bestand. Hier ist doch kein Bestand, die Menschen müssen sterben, Can. Hierher gehören auch die in der Gerichts- und Kanzelleysprache üblichen R. A. mit Bestand der Wahrheit, mit Bestand seines Ansehens, mit Bestand Rechtens, so daß die Wahrheit, sein Ansehen, das Recht dabey bestehen kann; wofür man oft nur Bestand allein setzet. Man kann den Ursprung der Deutschen Lehen mit Bestand nicht wohl über die Zeiten Carls des Großen setzen, mit Bestand der Wahrheit. (b) Widerstand, am häufigsten in Oberdeutschland. Einem Bestand thun, sich ihm widersetzen, ihm die Spitze biethen, von bestehen, angreifen. 2) Dasjenige woraus etwas bestehet; nur in einigen Gegenden. Der Bestand des Waldes ist von tausend Ackern, er bestehet daraus. 3) Dasjenige, was bestehen oder stehen bleibet. In diesem Verstande nennet man in Rechnungssachen, dasjenige, was nach abgezogener Ausgabe von der Einnahme übrig bleibt, den Überschuß, auch den Bestand, und im Plural auch wohl die Bestände. Daher der Cassen-Bestand, was in der Casse übrig bleibt.2. So fern bestehen ein Activum ist, kommt dieses Hauptwort, am meisten aber in den Oberdeutschen Gegenden, häufig für Pacht oder Miethe vor. Einem etwas in Bestand geben. Ein Haus im Bestand haben. Ein Gut in Bestand nehmen. Daher der Gartenbestand, der Hausbestand u. s. f. der Pacht eines Gartens, eines Hauses. Ingleichen ein Bestandmann, ein Pachter oder Miethmann; ein Bestandgärtner, Bestandmüller u. s. f. der einen Garten oder eine Mühle im Bestand hat; ein Bestandgut, welches jemanden in Pacht, auch wohl in Erbpacht gegeben worden; das Bestandgeld, das Pachtgeld; der Bestand-Contract, die Bestandzeit u. s. f.

Anm. Wider den Hochdeutschen Sprachgebrauch ist es, wenn einige Dichter dieses Wort für Beständigkeit gebrauchen. z. B. Die durch Bestand nicht Gegentreu erhält, Die wird vom Glück zu grausam hintergangen, Hag. Durch mehr als jährigen Bestand Verehren was man artig fand, Das war den Vätern vorgeschrieben, ebend.


Beständer (W3) [Adelung]


Der Beständer, des -s, plur. ut nom. sing. in den Oberdeutschen Gegenden, der etwas im Bestand hat, ein Pachter, der auch wohl Beständner und Bestandinhaber genannt wird. Ein Erbbeständer, ein Erbpachter.


Bestandjagd (W3) [Adelung]


Die Bestandjagd, plur. die -en. 1) Eine Jagd, welche jemanden in Bestand, oder in Pacht gegeben worden, eine verpachtete Jagd. 2) In engerer Bedeutung zuweilen eine Jagd, welches fürstlichen Bedienten zur Verbesserung ihres Gehaltes verstattet wird, und auch wohl eine Gnadenjagd heißet.


Beständig (W3) [Adelung]


Beständig, -er, -ste, adj. er adv. was Bestand, d. i. eine ununterbrochene Dauer hat, und auf eine ununterbrochene Art; doch oft mir verschiedenen Nebenbegriffen und Einschränkungen. 1) Von der bloßen ununterbrochenen Fortdauer. Wir haben seit vielen Jahren in beständiger Freundschaft gelebt. Eine beständige Freude kann kein dauerhaftes Vergnügen erregen, wenn sie nicht oft unterbrochen wird, Dusch. Hier in der Welt ist nichts Beständiges. Seinen beständigen Aufenthalt an einem Orte haben. In beständigen Sorgen leben. Noch mehr als ein Adverbium. Beständig bethen, arbeiten, lachen u. s. f. Klagest du, daß nichts beständig dauert? Dusch. Die Leidenschaft spornet den Ehrgeizigen beständig, ebend. Er soll beständig euer seyn, Gell. Unglückliches Leben, wenn man fast beständig zu kämpfen oder zu bereuen hat! Dusch. Folge beständig den Fußkrapfen der Tugend. Auch mit Bestand des Rechtes, doch nur in der Gerichtssprache. Ein zu Recht beständiger Tausch. - Ein rechtsbeständiger Vertrag. 2) Von der Fortdauer einerley Eigenschaften, auch bey Reitzungen zum Gegentheile; unveränderlich. Ich hoffe, wir werden nunmehr beständiges Wetter bekommen. Die Farbe wird wohl nicht beständig seyn. Besonders von dem unverrückten Beharren in seinem Vorsatze, in seinen Gesinnungen, standhaft. Ein beständiger Freund. Ein beständiger Liebhaber. Wer sagt dir, daß deine Reitzungen groß und dauerhaft genug sind, einen Liebling getreu und beständig zu machen? Dusch. Beständig bleiben, treu, standhaft bleiben.

Anm. Die Niedersachsen gebrauchen statt dieses Wortes nur das einfache ständig; daher heißen in einigen, besonders Niederrheinischen Gegenden, ständige Frohnen, ständige Spanndienste, diejenigen, die beständig fortdauern. Das Adverbium beständiglich, Apostelg. 18, 28, ist im Hochdeutschen veraltet.


Beständigkeit (W3) [Adelung]


Die Beständigkeit, plur. car. die Eigenschaft einer Sache, oder Person, nach welcher sie beständig ist. 1) In der ersten Bedeutung des Beywortes, für Bestand. Die Schönheit hat keine Beständigkeit. Wer bürgt ihnen für die Beständigkeit ihrer Kräfte? Gell. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen selten geworden, 2) In der zweyten Bedeutung des Beywortes, von dem unverrückten Beharren in seiner Gesinnung, auch bey Reitzungen zum Gegentheile; Standhaftigkeit. Die Beständigkeit eines Freundes, eines Liebhabers.


Beständner (W3) [Adelung]


Der Beständner, des -s, plur, ut nom. sing. S. Beständer.


Bestandtheil (W3) [Adelung]


Der Bestandtheil, des -es, plur. dei -e, in der Philosophie diejenigen Theile, aus welchen ein Körper ursprünglich bestehet; der Grundstoff, der Urstoff, die Elemente. Keiner, feiner Thon und Sand sind die Bestandtheile des Porzellans. Kalkerde und Vitriolsäure sind die Bestandtheile des Gypses. Einen Körper in seine Bestandtheile auflösen.


Bestärken (W3) [Adelung]


Bestärken, verb. reg. act. stärker machen, doch nur in der figürlichen Bedeutung, Bewegungsgründe ertheilen, auf etwas zu beharren. Einen andern in seinen Gedanken, in seiner Hartnäckigkeit, in seinem Vorsatze u. s. f. bestärken. Ich will dich nicht in dem Verdachte bestärken, daß du unglücklich seyest. Die Liebe ersinnet unwahrscheinliche Zeugnisse, um sich in ihrem angenehmen Bertrage zu bestärken, Dusch. Daher die Bestärkung.

Anm. Bestärken für bestätigen, eines Aussatze, eines Zeugniß bestärken, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. S. auch Besteifen.


Bestäter (W3) [Adelung]


Der Bestäter, des -s, plur. ut nom. sing. in großen Handelsstädten eine Person, die dahin sehen muß, daß die Waaren sicher und zu rechter Zeit mit Fuhrleuten fortgeschaffet werden;ein Güterbestäter, in Niedersachsen Besteder, in Nürnberg und Ulm ein Gutfertiger.

Anm. Dieses Wort ist von bestätigen oder bestätten, so fern es ehedem einer Sache ihre Stätte oder Stelle anweisen bedeutete. S. Bestatten.


Bestätigen (W3) [Adelung]


Bestätigen, verb. reg. act. stet, d. i. haltbar, dauerhaft machen. 1) * Im eingentlichsten oder physischen Verstande, der aber im Hochdeutschen veraltet ist. In dem 1483 zu Augsburg gedruckten Buche der Natur heißt es: darumb spricht die Schrift, die Vaß des Hafners bestätiget der heiß ofen. 2) * Dauerhaft machen, von der Zeitdauer. Denn er hätte dein Reich bestätiget über Israel für und für, 1. Sam. 13, 13. Ich will den Stuhl seines Königreichs bestätigen ewiglich, 2. Sam. 7, 13. Durch Gerechtigkeit wird der Thron bestätiget, Sprichw. 16, 12. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet. 3) Gültig machen, für gültig erklären. Eine geschehene Wahl bestätigen. Einen in seinem Amte bestätigen. Die Reichsgutachten müssen von dem Kaiser bestätiget werden, wenn sie die Kraft eines Gesetzes bekommen sollen. Ein gegebenes Gesetz, das Urtheil eines Richters bestätigen. Einen in dem Besitz eines Rechtes, eines Gutes u. s. f. bestätigen, oder einem den Besitz u. s. f. bestätigen. Wenn in den Bergwerken dem Lehnträger am Verleihtage ein gemuthetes Revier wirklich übergeben wird, so wird dasselbe gleichfalls bestätigen, das Geld aber, welches der Bergbeamte dafür bekommt, das Bestätigungsgeld genannt. 4) Gründe oder Zeugnisse für die Wahrheit einer Sache beybringen. Etwas mit einem Eide bestätigen. Eine Sache mit vielen Beyspielen bestätigen. Eines andern Aussage bestätigen. Dieses Wunder ist von glaubwürdigen Personen bestätiget worden. Ehe beständigte sie die Unschuld dieser Sitten mit ihrem Tode. Es bestätiget sich, es wird bestätiget. Ich hoffe noch immer, diese Nachricht soll sich nicht bestätigen, soll nicht bestätiget werden. 5) In einer etwas veränderten Bedeutung heißt, einen Hirsch bestätigen, bey den Jägern so viel, als sich von dessen Aufenthalt in einer Gegend nochmahls versichern. In dieser Bedeutung kommt in dem Theuerdanke schon das Zeitwort besteten vor: Man zeucht an einem morgen frü Mit den leythunden in den walt Bestet darinn ein hirschen, Kap. 33. Als es nu am morgen tag wardZoch hin in den wald der Jeger Und bestettet in dem leger Den Hirschen mit seinem gehürn, ebend. Daher das Bestätigungsjagen, eine Jagd, welche angestellet wird, wenn die Hirsche vorher bestätiget, d. i. mit Gewißheit ausgemacht worden.So auch die Bestätigung in allen obigen Bedeutungen.

Anm. Bestätigen ist das Intensivum von bestäten, welches noch in Oberdeutschland üblich ist, und nicht so wohl von Statt oder Stätte, als vielmehr von stät oder stet, fest, dauerhaft, herkommt. Stat, stet, kommt in dieser Bedeutung bey dem Notker vor, und stede ist in derselben noch in Niedersachsen üblich. Der Hauptbegriff in bestätigen ist, fest, dauerhaft machen. Von den vielen Unterarten, die dieser Begriff leidet, sind im Hochdeutschen nur die oben angeführten üblich. Ehedem kamen deren noch mehrere vor, Bestadigete er ime sine ere, Er wolte is ime iemer lonen, heißt es in dem alten Fragmente auf den Feldzug Carls bey dem Schilter V. 1774. Opitz gebraucht das einfache Zeitwort an einem Orte für gründen: Der großen Tugend Ruhm, der Römer strenge Thaten, Was war es als ihr Thum durch Menschenblut bestaten? Wenn bestättigen ehedem für ausstatten, bestatten, d. i. zur Ehe geben, gebraucht wurde, und man im Österreichischen noch jetzt saget, eine Leiche zur Erde bestättigen, so gehöret es in diesen Fällen umstreitig zu Statt, und ist alsdann als das Frequentativum von bestatten anzusehen.


Bestatten (W3) [Adelung]


Bestatten, verb. reg. act. mit der gehörigen Statt oder Stätte versehen, ein im Hochdeutschen größten Theils veraltetes Wort, welches nur noch in einigen wenigen Fällen üblich ist. 1) * Eine Tochter bestatten, ausstatten, verheirathen, und mit der nöthigen Aussteuer versehen; in welcher Bedeutung es im Oberdeutschen am üblichsten ist. 2) Eine Leiche zur Erde bestatten, sie seherlich beerdigen, in der anständigeren Sprech- und Schreibart; wofür im Oberdeutschen auch das Frequentativ bestättigen üblich ist. 3) * In einigen Handelsstädten, Sorge für die Fortschaffung der Waaren und Güter tragen, welches von besonders dazu bestellten Bestätern geschiehet; S. dieses Wort.So auch die Bestattung in allen obigen Bedeutungen. Die Gegend hatte noch nie so viele Hirten versammelt gesehen, als am Tage seiner Bestattung, Geßn. seines Begräbnisses.

Anm. Schon Kero gebraucht bestaton für collocure, und Notker pistaten, constituere. Sih bestaten heißt im Schwabenspiegel rebus suis prospicere, und in einigen Gegenden, besonders Oberdeutschlandes, kommt dieses Wort auch für bestellen vor; z. B. den Acker bestatten. Opitz gebraucht es für anwenden, anlegen: Sie sollen bloß mit Schlafen Mit Tanzen und mit Luft bestatten ihre Zeit. Die R. A. einen zur Erde bestatten ist schon alt. In Strykers altem Gedichte bey dem Schilter heißt es: Und bestattet si zu der erden. Nach küngklicher Art ward er bestet, Theuerd. In eben demselben kommt auch bestätigen vor: Als nun der Künig Komrich werdt Was bestetiget zu der erdt. Die leich bestaten findet sich im Schwabenspiegel.


Bestauben (W3) [Adelung]


Bestauben, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, voll Staub werden. Die Betten, die Kleider bestauben, wenn man sie nicht zudeckt.


Bestäuben (W3) [Adelung]


Bestäuben, im Oberdeutschen Bestauben, verb. reg. act. voll Staub machen. Sey immer unfreundlich, Winter; meine Flöte soll doch nicht bestäubt in der Hütte hangen, Geßn. Der Thau wusch die bestäubten Fluren, Lichtw. In den gemeinen Mundarten lautet dieses Zeitwort bestüben, und bedeutet alsdann bey den Kohlenbrennern, einen Meiler mit Erde bewerfen, um das Feuer zu dämpfen und aufzuhalten. S. auch Gestübe.


Bestauden (W3) [Adelung]


Bestauden, verb. reg. recipr. welches in der Landwirthschaft üblich ist, wo man von dem Getreide und andern Feld- und Gartenfrüchten sagt, daß sie sich gut bestanden, weil sie gute Stauden bekommen. Die Blattgerste bestaudet sich in einem schweren und feuchten Boden ungemein. Der Weizen hat sich vortrefflich bestaudet. Man merkte nicht die geringste Bestaudung am Korne. S. auch Bestocken.


Beste (W3) [Adelung]


Beste, der, die, das, adj. welches der Superlativ von besser ist, und den höchsten Grad des Guten oder Vollkommenen in seiner Art ausdrucket, aber doch zuweilen auch mit allerley Nebenbegriffen vergesellschaftet ist. Es beziehet sich,1. Auf die Empfindung durch die Sinne. Die Nelke hat unter allen Blumen den besten Geruch. Die Ananas hat unterallen Früchten den besten Geschmack. Die beste Aussicht. Das gefällt mir am besten, das schmeckt, das klingt am besten, am angenehmsten.2. Auf die Natur, die Bestimmung und den Endzweck einer Sache, das Vollkommenste in seiner Art, und was für die jedesmahlige Absicht das gemäßeste ist. Das beste Mehl. Früchte von der besten Art. Das beste (das reineste) Gold. Die besten Äcker. Die beste Mannschaft ist geblieben. Der beste Wein. Ich brachte ihm von mir die beste Meinung bey, die ich nur konnte. Ein Mann in seinen besten Jahren. Er ist in seinem besten Alter. Hierher gehöret auch die im gemeinen Leben gewöhnliche R. A. der erste der beste, der erste, wer es auch ist, ist meiner Absicht gemäß. Ich will es dem ersten dem besten geben. Schaffe mir ein Haus, das wohlfeilste das beste.3. Auf den Nutzen, die Wohlfahrt u. s. f. Ich halte es für das beste, ihn nicht zu sprechen. Das beste ist noch, daß u. s. f. Vornehmlich aber als ein Substantiv. Ich suche dein Bestes, deinen Nutzen. Es gereicht, es dienet zu deinem Besten. zu deiner Wohlfahrt. Der ganzen Welt zum Besten. Das gemeine Beste, die Wohlfahrt des Staates. Reden sie mein Bestes, reden sie für meinen Vortheil. Zum Besten rathen, die heilsamsten, friedlichsten Rathschläge geben.4. Auf die sittliche Beschaffenheit. Ich hoffe noch das Beste von ihm. Einem die besten (freundlichsten) Worte geben. Besonders von der Güte des Herzens. Er ist der beste Mensch von der Welt. Wie auch im Gegensatze des Argen. Eines im besten gedenken, nichts als Gutes von ihm reden. Eine Sache im besten, oder zum besten vermerken, auslegen. Man redet nicht zum von ihrer Tugend, man sagt nicht viel vorzüglich Gutes davon.5. Auf den Wohlstand des Körpers, doch wohl nur in der R. A. sich nicht zum besten befinden, nicht vollkommen gesund seyn6. Auf den bürgerlichen Wohlstand, doch nur in einigen in der vertraulichen Sprechart üblichen Ausdrücken, wo dieses Wort zugleich als ein Hauptwort stehet. Nicht viel zum Besten haben, nicht viel zu leben, nicht viel im Vermögen haben. Etwas zum Besten geben, eigentlich, es Preis geben, damit es von andern verschmauset werde. Einen Eimer Wein, einen gebratenen Ochsen, zehn Thaler zum Besten geben. In weiterer Bedeutung aber auch überhaupt für Preis geben. Vielleicht stammet auch die R. A. jemanden zum Besten haben, ihn aufziehen, seine Leichtgläubigkeit mißbrauchen, von dieser Bedeutung ab.7. Auf die innere Stärke, oder überhaupt den höchsten, oder doch hohen Grad desjeniges Begriffes anzudeuten, der in dem folgenden Worte lieget. Er ist noch im besten Wachsen. Da sie im besten Tanzen war, mußte sie fort. Als man im besten Essen war, kam Feuer aus. Er hat das beste (das größte) Recht von der Welt. Ich weiß es am besten. Das stimmt mit meinen Wünschen am besten überein. Was mir am besten (am meisten) daran gefiel. Ingleichen als ein Hauptwort. Sein Bestes thun, alle seine Kräfte anstrengen, sich alle Mühe geben. Thut euer Bestes, ihn auszufragen. Ich habe das Beste (das meiste) bey der Sache gethan. Mein Bester, meine Beste, auch wohl im Neutro mein Bestes, sind Ausdrücke des gemeinen Lebens, vertraute Personen schmeichelhaft anzureden.

Anm. Beste, bey dem Ulphilas battist, bey dem Ottfried beziste, und im Plural di bezhzhesten, beym Tatian bezisia, Engl. best, ist der Superlativus von dem alten baß oder bar und sollte eigentlich besseste lauten. S. Besser. Die R. A. nicht viel zum Besten haben, und etwas zum Besten geben, lauten im Nieders. mit einiger Veränderung in der Form, to Bate ge- ven, und to Bate hebben, von Bate, Vortheil, Nutzen. S. auch Bestens.


Bestechen (W3) [Adelung]


Bestechen, verb. irreg. act. ( S. Stechen,) 1) Mehrmahls in einen Körper stechen, doch nur in der Sprache der Bergleute, wo man das Gezimmer mit dem Grubenmesser besticht, um zu sehen, ob es frisch oder faul ist. 2) Im Nähen, anstatt eines eingeschlagenen gewöhnlichen Saumes die Enden mit kleinen Stichen umschlingen, wodurch die so genannte Bestechnaht entstehet. Auch die Buchbinder pflegen die Capitäle der Bücher in der Bestechpresse zu bestechen, mit Fäden zu umschlingen, und die Schuster bestechen das Leder, wenn sie mit Nähen nur die obern Theile des Leders durchstechen, ohne mit dem Orte ganz durch das Leder zu fahren, wozu sie zuweilen ein besonderes Bestechholz, alle Mahl aber den Bestechdraht, und einen Bestechort nöthig haben. S. auch Steppen. 3) In einer figürlichen Bedeutung, deren Ursprung aber noch ungewiß ist, mit Geschenken zu Begehung einer unerlaubten Handlung bewegen. Er ist dazu bestochen worden. Man hatte ihn mit vielen Gelde bestochen, ein solches Zeugniß abzulegen. Besonders einen Richter durch Gaben zur Ungerechtigkeit verleiten. Ein bestochener Richter. Er hat sich bestechen lassen. Ingleichen in weiterer Bedeutung, durch Geschenke gewinnen. Keine Geschenke haben ihr Herz für mich bestochen, Dusch. In dieser dritten Bedeutung ist bey den Niedersachsen bekopen und ümmekopen, gleichsam bekaufen und umkaufen üblich.So auch die Bestechung in allen obigen Bedeutungen, besonders der dritten, so wohl von der Handlung des Bestechens selbst, als auch zuweilen von den dazu gebrauchten Geschenken. Personen, die sich ihre Ämter durch Bestechung erkauft haben.


Bestechlich (W3) [Adelung]


Bestechlich, -er, -ste, adj. et adv. fähig bestochen zu werden, in der letzten Bedeutung des Verbi. Ein bestechlicher Richter. Am üblichsten ist es in dem Gegensatze unbestechlich, und in dem Substantive die Bestechlichkeit.


Besteck (W3) [Adelung]


Das Besteck, des -es, plur. die -e. 1) Ein Futteral, in welches gewisse zusammen gehörige Werkzeuge gesteckt werden. Noch mehr aber, 2) diese Werkzeuge selbst. Ein Besteck Messer, Messer und Gabel in einem Futterale. Ein mathematisches, chirurgisches, optisches Besteck. 3) Bey den Seefahrern bedeutet dieses Wort die Bemerkung ihres muthmaßlichen Ortes auf der Seekarte, vermuthlich, weil solches mit Stichen geschiehet. Ein Besteck machen, diesen Ort auf der Seekarte anmerken.

Anm. Das Niedersächsische Bestik bedeutet auch einen Entwurf, einen Plan, vermuthlich von dem Abstecken der Landmesser.


Bestecken (W3) [Adelung]


Bestecken, verb. reg. act. 1) Für das einfache stecken; doch nur in den gemeinen Mundarten, wo man mehrmahls bestecken bleiben, für stecken bleiben höret. Ob er besteckt mit seinem füeß So thu im deßhalben khein püeß, d. i. hilft ihm nicht, Theuerd. Da traff ein Loch Der Held und besteckt darinnen, ebend. Wo dieses Zeitwort zugleich ein Neutrum ist. 2) Was in eine Sache gehöret, in dieselbe stecken, oder so viel in oder um dieselbe stecken, als sie fassen kann. So besteckt man das Grab eines Freundes mit Blumen; der Gärtner besteckt ein Beet mit Erbsen oder Bohnen, und der Koch eine Speise mit Zimmer. Auf ähnliche Art werden die Bohnen oder Erbsen besteckt, wenn man die Stangen in die Erde steckt, an welche sie sich hinauf ranken sollen. Der Bergmann besteckt die Bergeisen, wenn er sie mit einem Helme oder Stiele versiehet, und der Jäger bestecktdie Feldhühner, wenn er das Steckgarn um selbige her aufstellet, sie zu fangen. So auch die Besteckung.


Besteg (W3) [Adelung]


Der Besteg, des -es, plur. inusit. in dem Bergbaue eine lettige lektige Materie, welche sich zwischen den Gängen befindet, oft aber auch gangweise bricht. Wenn sie sich vor Ort befindet, wird sie auch Ausschramm genannt.


Bestehen (W3) [Adelung]


Bestehen, verb. irreg. ( S. Stehen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, und zwar,A. Mit dem Hülfsworte seyn, da es denn überhaupt stehen bleiben bedeutet, so daß das be, die Bedeutung bloß verstärker.1. Eigentlich.1) Für das einfache stehen; welche Bedeutung doch im Hochdeutschen selten mehr vorkommt, und nur noch in den gemeinen Sprecharten üblich ist. Der Tisch soll hier nicht bestehen (stehen) bleiben. In einer Rede bestehen bleiben, nicht weiter fortreden können, den Zusammenhang vergessen haben.2) Stehen bleiben, besonders von flüssigen Körpern, wenn sie ihre Flüssigkeit verlieren; gestehen. So bestehet das Wasser wenn es gefrieret, Milch, Blut, wenn es gerinnet, fette Sachen, wenn sie erkalten. Der Flüsse Sand besteht, der Schiffer fleucht die See, Opitz. Ingleichen, aufhören zu fließen, stehen bleiben. Alsbald bestund ihr der Blutgang, Luc. 8, 44. Die Glieder sinken hin, das Blut bestehet mir, Opitz. Wies Erythräer Meer bestand als eine Wand, ebend. 3) Zur Genüge stehen. In dieser Bedeutung heißt im Forstwesen ein bestandenes Holz, welches so lange ruhig gestanden hat, daß es mit vielen Haupt- und angehenden Bäumen bewachsen konnte.2. Figürlich, mit verschiedenen Nebenbegriffen.1) Heftige Eindrücke von außen aushalten. Und die Bogenschützen sollen nicht bestehen, Amos 2, 15. Wer kann wider die Kinder Enack bestehen? 5. Mos. 2, 15. Wer kann vor dir bestehen, wenn du zürnest? Ps. 76, 8. Ingleichen nach angestellter Prüfung, Untersuchung, erfunden werden. Er ist in dem Eramine wohl, gut, übel, schlecht bestanden. In der Probe bestehen, bewährt erfunden werden. Mit dieser Rechnung wirst du nicht bestehen. Mit Lügen bestehen, lügenhaft erfunden werden. So auch mit Schanden, mit Ehren bestehen, im gemeinem Leben, so erfunden werden, daß man Schande oder Ehre davon hat. Du wirst mit dieser Entschuldigung sehr kahl bestehen, gleichfalls im gemeinem Leben. Dahin auch der niedrige Ausdruck; er besteht wie Butter an der Sonne, welcher zugleich eine Anspielung auf die erste eigentliche Bedeutung enthält. Der biblische Gebrauch: in dem Munde zweyer oder dreyer Zeugen soll die Sache bestehen, 5. Mos. 19, 15, sie soll durch zwey oder drey Zeugen bestätiget werden, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.2) Dauerhaft bleiben, sein Wesen, sein Daseyn behalten. Sein Reich kann nicht bestehen. Kann wohl ein Freygeist ohne Gesetze bestehen? Mit ihm besteht und fällt die ganze Sache. Eine solche Freundschaft kann unmöglich bestehen. Der Staat besteht nicht anders, als durch das Bündniß der Glieder, Dusch. Wenn die Tugend bestehen soll, so muß sie in aller ihrer Strenge bestehen, ebend. Im gemeinem Leben auch von dem bürgerlichen Wohlstande. Er kann bey dem hohen Pachte nicht bestehen. Der Mann kann bey seiner Verschwendung unmöglich bestehen, nicht im Wohlstande bleiben, er muß zu Grunde gehen. S. Bestand und Beständig. 3) Beharren, von dem Beharren in einer Entschließung, einer Meinung u. s. f. mit de Vorworte auf. Auf seinem Kopfe bestehen, im gemeinen Leben, in seinem Eigensinne beharren. Auf seiner Meinung bestehen. Sie bestehet darauf, ich soll heute wieder nach Hause. Ingleichen, auf etwas bringen, eine Sache mehrmals verlangen, als wichtig vorstellen, mehrmals behaupten, u. s. f. Wie oft bin ich nicht darauf bestanden, daß du zu ihm geben möchtest? Sie bestand darauf, es verhielte sich so. S. Beständig.4) Vorhanden seyn, da seyn. Besteht ihr Verdacht noch? Der Tempel zu Delphis, der zu Plinii Zeiten noch bestand. Er ist es; sein Gerichte geht,So weit der Erdenskreis besteht, Opitz Ps. 105Zu meiner Zeit Bestand noch Recht und Billigkeit, Haged. Opitz nennet ein Mahl Dinge, die kein eigenes Daseyn haben, unbestehende Dinge: Auch vielen hat beliebt aus unbestehenden Sachen Lieb', Ehre, Tugend, Glück und Fieber Gott zu machen. Auf ähnliche Art nennen die neuern Philosophen seit Wolfs Zeiten. Die Substanz, oder ein Ding, welches die Quelle seiner Veränderungen in sich selbst hat, ein für sich bestehendes Ding. B. Mit dem Hülfsworte haben. 1) Aus Dingen als aus Theilen zusammen gesetzet seyn, mit dem Vorworte aus. Das Buch bestehet aus sechs Theilen. Das Gesetz bestehet aus zweyen Tafeln. Der Mensch besteht aus Leib und Seele. Die Rede bestand aus den ausgefurchtesten Bildern. Die Predigt hat aus vier Theilen bestanden.2) Sein Wesen in etwas haben, mit dem Vorworte in. Die christliche Vollkommenheit bestehet in der Liebe. Sein ganzes Vermögen hat in Häusern und Zinsen bestanden. Das Unglück bestehet nicht so sehr in der Empfindung des Übels, als in dem Mißbrauche der Freuden, Dusch. Die Glückseligkeit der Seele bestehet in der Thätigkeit, ebend.II. Als ein Activum.1. Für pachten, miethen, am häufigsten im Oberdeutschen. Ein Haus bestehen, miethen. Ein Gut, eine Mühle, einen Garten bestehen, pachten. S. auch Bestand.2. * Als einen Gehalt aussetzen; nur in einigen Gegenden. Einem monathlich 100 Thlr. bestehen.3. * Widerstehen, überstehen. Sie wissen allen Fall des Lebens zu bestehen, Opitz. Wie wir der Seelen Feind bestehen nach Gebühr, ebend. Ist allzeit ausgerüstet Die Widerwärtigkeit mit Ehren zu bestehen, ebend. Ich hab- groß geferlichait bestanden, Theuerd. Kap. 98. Wie nennet die Probe sich, die ich bestehen soll? Weil. 4. * Angreifen. Einen bestehen, einen mit Streite bestehen. Daß mich die Maselsucht (der Aussatz) bestehe, die Naemann verließ, und Jezi ankam, heißt es noch in dem Judeneide. Ich will die Sau kecklich bestan, Theuerd. Kap. 19. Nu het mich ein gros unheil Also minneklich bestanden, Markgr. Otto v. Braudb. Ingleichen in weiterer Bedeutung. Es bestand ihn die Regiersucht, sieh kam ihn an.5. * Überwinden. Das ihren Feind besteht, In einer solchen Schlacht, Opitz. Du Wein bist stark genug, den Türken zu bestehen, ebend. Ich wis bi mir wol das ein zageUnsanfte ein sinnig wib bestat, Reinmar der Alte. Do liebe kom und mich bestuont, ebend. 6. * Unternehmen. Ein Abenteuer bestehen, Wiel. Mit dem wolt er ein Kampf bestan, Theuerd. Kap. 77. Wenn ich ewrs geleichen werUnnd un solchem grossen gelück, So wolt ich bestab ein truglich stück, ebend. Kap. 85.

Anm. Diese vier letzten Bedeutungen, welche in der Schriften der vorigen Jahrhunderte häufig vorkommen, sind im Hochdeutschen längst veraltet gewesen, bis sie von einigen unserer neuern Schriftsteller wieder in die komische Schreibart eingeführet worden, welcher sie auch völlig angemessen sind, weil sie die ehemahlige Gewohnheit der irrenden Ritterschaft, Abenteuer zu bestehen, in das Andenken bringen. Das Nieders. bestaan bedeutet auch noch, theils anfangen, theils eingestehen, gestehen, theils aber auch verwandt seyn; einem im Blute bestehen. Das Schwedische besta, hat mit dem Hochdeutschen die meisten Bedeutungen gemein, bedeutet über dieß aber auch noch bewilligen, zugestehen.


Bestehlen (W3) [Adelung]


Bestehlen, verb. irreg. act. ( S. Stehlen,) durch Diebstahl um das Seinige bringen. Jemanden bestehlen. Die Kirche, das gemeine Wesen, eine Casse bestehlen. Einen Schriftsteller bestehlen, ihn auf eine unerlaubte Art ausschreiben. So auch die Bestehlung.


Besteifen (W3) [Adelung]


Besteifen, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben für bestärken üblich ist. Jemanden in seiner Bosheit, in seinem Eigensinne, in seinem Vorhaben besteifen. Daher die Besteifung.


Besteigen (W3) [Adelung]


Besteigen, verb. irreg. act. ( S. Steigen,) in oder auf etwas steigen. Das Schiff besteigen, in dasselbe steigen. Das Bett besteigen. Ein Dach, das Haus besteigen, auf das Dach steigen, um es zu besichtigen, auszubessern. So auch die Besteigung.


Bestellen (W3) [Adelung]


Bestellen, verb. reg. act. überhaupt, einer Person oder Sache die gehörige Stelle anweisen. So gebraucht man in Oberdeutschland dieses Wort noch für das einfache stellen; z. B. das Bild wurde auf die Brücke bestellt, gestellt, Bluntschli. Und so heißt es noch 2 Kön. 7, 17: Aber der König bestellte den Ritter unter das Thor; und Jos. 10, 18: Bestellt Männer davor, die ihrer hüthen. Allein im Hochdeutschen ist es nur in einigen figürlichen Bedeutungen üblich. 1) Einer Person die Stelle anweisen, wo sie etwas verrichten, oder wo sie sich einfinden soll, im gemeinen Leben. Ich habe ihn hierher bestellt, ihm aufgegeben, sich hier einzufinden. Ich weiß wohl, daß wir erst um vier Uhr her bestellt sind, Gell. Ingleichen einen zu etwas bestellen, ihm solches auftragen, auch nur im gemeinen Leben. Einen zu einem Amte bestellen, und metonymisch, ein Amt bestellen. Richter im Lande bestellen, 2 Chron. 19, 5. 2) Veranstalten, anordnen, gleichfalls nur im gemeinen Leben. Falsche Zeugen, einen falschen Ankläger bestellen. Ich habe ohne dein Wissen die Musik bestellt, Gell. Bestelle einen Hinterhalt hinter der Stadt, Jos. 8, 2. Besonders so fern solches vermittelst eines Befehles oder Vertrages geschiehet. Sich ein Paar Schuhe bey dem Schuster, ein Kleid bey dem Schneider bestellen. Viele bestellte Arbeit haben. 3) Ein Geschäft ausrichten, auch nur im gemeinen Leben. Einen Brief bestellen, an den gehörigen Ort abgeben. Ich habe etwas auf dem Markte zu bestellen gehabt. Haben sie etwas nach Berlin zu bestellen? 4) Zubereiten, in Ordnung bringen. In dieser Bedeutung sagt man im Hochdeutschen nur, den Acker, das Feld, den Garten bestellen, welcher Ausdruck zwar überhaupt die ganze Ackerarbeit, in engerer Bedeutung aber nur die nächste Zubereitung des Ackers zum Säen, und in noch engerm Umfange, das Säen allein andeutet. Daher die Bestellzeit, die Zeit, wenn Felder und Gärten bestellet werden. In Oberdeutschland ist dieses Wort auch in andern Fällen üblich. So sangten die Greise, indeß daß Daphnis mit Milch und Brot den Tisch bestellt hatte, heißt es bey den Geßner; und, bestellte dein Haus, denn du mußt sterben, in Luthers Übersetzung Es. 38, 1. Die Färber bestellen den Kessel oder die Rüpe, wenn sie selbige mit Wasser anfüllen.So auch die Bestellung, theils von der Handlung des Bestellens in allen obigen Bedeutungen, theils aber auch von Dingen, welche in der zweyten Bedeutung bestellet worden. Er hat viele Bestellungen bekommen, es sind viele Waaren, Arbeiten, bey ihm bestellet worden.

Anm. Das Schwedische bestaella hat die meisten Bedeutungen mit dem Deutschen gemein. In der zweyten Bedeutung, so fern es das Bestellen einer Arbeit ausdruckt, ist in Oberdeutschland anfremmen üblich, ein Wort, welches noch die alte eigenthümliche Bedeutung der Wörter fromm und frommen aufbehalten hat. S. Fromm.


Bestens (W3) [Adelung]


Bestens, adv. welches eigentlich auf die beste Art bedeutet, aber nur in einigen wenigen Redensarten für sehr üblich ist, einen hohen Grad des in dem folgenden Verbo befindlichen Begriffes auszudrucken. Ich empfehle mich ihnen bestens. Nein, denn sie fängt schon an, sich bestens zu empfehlen. Hageborns Gebrauch dieses Wortes: Als dieses Paar die Welt betrat, Beriethen beyde sich, was bestens anzufangen, auf die beste, nützlichste Art, ist wider den Hochdeutschen Sprachgebrauch.


Besternen (W3) [Adelung]


Besternen, verb. reg. act. mit Sternen versehen, ein im gemeinen Gebrauche ungewöhnliches Zeitwort. Was Titans Haus besternt, Opitz. Besternte Hügel, Gryph.


Besteuern (W3) [Adelung]


Besteuern, verb. reg. act. mit Steuern belegen. Eine Stadt, ein Dorf, ein Unterthan besteuern. Daher die Besteuerung, und das Besteuerungsrecht, das Recht, gewissen Personen Steuern anzulegen.


Bestialisch (W3) [Adelung]


Bestialisch, -er, -te, adj. et adv. S. folgende.


Bestie (W3) [Adelung]


Die Bestie, plur. die -n, ein aus dem Latein, bestia entlehntes Wort, ein unvernünftiges Thier im verächtlichen Verstande auszudrucken. In der niedrigen Sprechart ist es auch ein Schmähwort auf einen, unvernünftigen, grausamen und niedrigen Lastern ergebenen, Menschen. Das Niedersächs. Beest wird auch oft im gleichgültigen Verstande von allem großen Haus- und Zuchtviehe gebraucht. Daher bestialisch, Nieders. bestig, viehisch, tief unter der Würde der Vernunft und Menschheit.


Bestimmen (W3) [Adelung]


Bestimmen, verb. reg. act. welches nur in der figürlichen Bedeutung des einfachen Verbi stimmen üblich ist. 1) Genau bezeichnen, die Merkmahle einer Sache genau anzeigen. Jemanden die Zeit zu etwas bestimmen. Sich zur bestimmten Stunde einfinden. Einem einen Ort bestimmen, wo er sich einfinden soll. Einem seinen Theil bestimmen. Ein bestimmter Begriff, der so viele Merkmahle enthält, daß er seinem andern Dinge zukommen kann. Diese Art Bäume ist noch nicht genug bestimmt, man hat noch nicht Merkmahle genug, si von allen übringen Arten der Bäume zu unterscheiden. Die Bewegungsgründe bestimmen die Grade des Lasters. In dieser Bedeutung ist so wohl das Verbum, als auch dessen Substantiv die Bestimmung am häufigsten in der philosophischen Schreibart üblich, wo aber beyde oft nur als ein bloßer Scherwenzel gebraucht werden, leere Räume in den Gedanken und Ideen damit auszu-füllen. 2) Jemandes Entschließung auf eine überwiegende Art auf etwas lenken. Diese Entdeckung bestimmte ihn zu unserm Vortheile. Die Empfindungen können wohl Veranlassungen zu freyen Handlungen werden, allein sie können uns nicht dazu bestimmen, so dazu bewegen, daß das Gegentheil moralisch unmöglich werde. Wenn diese Bedeutung in dem schärfsten Verstande genommen wird, so kommt bestimmen in derselben gleichfalls nur bey den neuern Phylosophen vor. Doch gebraucht man es im gesellschaftlichen Umgange auch zuweilen für sich entschließen. Ich habe mich noch nicht bestimmt. Sich zu etwas bestimmen. Ingleichen für entscheiden. Sein Schicksal ist noch nicht bestimmt. Ein Augenblick kann das Glück deines ganzen Lebens bestimmen. Keine bestimmte Lebensart haben. 3) zu einem gewissen Gebrauche, zu einer gewissen Veränderung aus- oder fest setzen. Geld zu etwas bestimmen. Es war dazu bestimmt. Ich hatte es zu dem Ankaufe eines Landgutes bestimmt. Das habe ich dir bestimmt, dir ausgesetzt, dir zugedacht. Es ist mir nicht bestimmt gewesen. Schon in der Kindheit waren sie für einander bestimmt.


Bestimmtheit (W3) [Adelung]


Die Bestimmtheit, plur. inus. die Eigenschaft, da etwas bestimmt, d. i. genau bezeichnet, nach allen nöthigen Merkmahlen angegeben ist.


Bestimmung (W3) [Adelung]


Die Bestimmung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Bestimmens; ohne Plural. 2) Die überwiegende Lenkung des Willens und der Entschließung. Daher der Bestimmungsgrund, der die Entschließung lenket. Die Bestimmungsgründe seines Verhaltens aus der Vorschrift des Gesetzes hernehmen. 3) Dasjenige was bestimmt ist, in der ersten Bedeutung des Verbi, und zwar so wohl in der weitesten Bedeutung, alles was von einem Dinge gesagt werden kann, ein jedes Prädicat; so ist die Gelehrsamkeit eine Bestimmung in dem Menschen: als auch in engerer Bedeutung, was an einer Sache genau bezeichnet ist. Daher das Bestimmungswort, des -es, plur. die -wörter, in der Sprachkunst einiger Neuern, ein Wort, welches sich mit den verschiedene Bestimmungen der Dinge, mit ihren Verhältnissen, Verbindungen und Umständen beschäftiget; eine Partikel. 4) Der Endzweck, wozu etwas bestimmt ist. Das ist meine Bestimmung, dazu bin ich bestimmt.


Bestocken (W3) [Adelung]


Bestocken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, einen Stock, d. i. eine Staude, oder Stamm bekommen, in der Landwirthschaft, von dem Getreide. Die Saat war vortrefflich aufgegangen, aber nicht durchgängig bestocket. Ingleichen als ein Reciprocum. Das Getreide hat sich nicht gut bestocket, S. auch Bestauden. Daher die Bestockung.


Bestoßen (W3) [Adelung]


Bestoßen, verb. reg. act. ( S. Stoßen,) mehrmals an etwas stoßen; am häufigsten in figürlicher Bedeutung, verschiedene mit einem Stoße verbundene Arten der Bearbeitung auszudrucken. So bestoßen die Pergamentmacher die Löcher an den Fellen, wenn sie solche eben stoßen. Bey den Metallarbeitern und Kammmachern ist bestoßen, mit groben Feilen befeilen. Beyde haben dazu besondere Bestoßfeilen, die letztern aber auch einen Bestoßnagel, woran das Horn im Bestoßen angestämmet wird. Bey den Tischlern und andern Holzarbeitern ist bestoßen mit dem Bestoßhobel oder Schrupphobel aus dem Groben behobeln, und die Schriftgießer bestoßen, d. i. behobeln, die gegossenen Buchstaben in einem eigenen Bestoßzeuge, welches ein dicker Klotz mit einer Rinne und einem Keile ist, die Schriften darin zu befestigen. So auch die Bestoßung.


Bestrafen (W3) [Adelung]


Bestrafen, verb. reg. act. Strafe zufügen, strafen. Einen Verbrecher bestrafen. Einen Übelthäter mit dem Tode bestrafen. Jemanden mit Worte bestrafen, ihm einen Verweis geben. Ingleichen, durch Strafe ahnden. Ein Vergehen, ein Verbrechen, eine unerlaubte That bestrafen. Daher die Bestrafung. Bestroufen findet sich schon in dem Fragmente eines alten Gedichtes auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter.


Bestrahlen (W3) [Adelung]


Bestrahlen, verb. reg. act. die Strahlen an etwas gehen lassen. So bestrahlt die Sonne die Erde, ein Licht die umher stehenden Gegenstände. Daher sie Bestrahlung.


Bestranden (W3) [Adelung]


* Bestranden, verb. reg. act. welches im Hochdeutschen ungewöhnlich ist, aber von dem Opitz für besegeln, anländen gebraucht wird: Ein Volk das Africa bestrandet, Von welchem Theil es will, und mit ihm fechten kann.


Bestreben (W3) [Adelung]


Bestreben, verb. reg. recipr. sich bestreben, alle Kräfte zur Erreichung eines Endzweckes anwenden. Ich bestrebe mich, dir zu gehorchen. Sich nach Ruhm und Ehre bestreben. Sich mit allem Fleiße (in Oberdeutschland, sich alles Fleißes) bestreben. Bestrebt seyn, sich bestreben, doch nur bey einigen. Daher die Bestrebung. Alle deine Bestrebungen ihn glücklich zu machen, sind nichts mehr, Dusch.

Anm. Ehedem hatte man für dieses Wort auch das Reciprocum sich niten, welches in Nürnberg noch üblich ist, und mit dem Latein. niti genau überein kommt.


Bestreichen (W3) [Adelung]


Bestreichen, verb. irreg act. ( S. Streichen,) 1) Einen weichern Körper auf einen härtern streichen. Ein Bret mit Farbe, das Brot mit Butter, den Leib mit Öhl bestreichen. 2) In einer schnellen Bewegung berühren, wo es für bestreifen zu stehen scheinet, obgleich dieses nicht üblich ist. S. Anstreichen,

Anm. Eine Stadt, einen Wall mit Stücken bestreichen, beschließen. Diese Anhöhe bestreicht die Stadt, von dieser Anhöhe kann man die Stadt bestreichen. Ingleichen von dem Winde. Ihr Saft wird welk und sie verbleicht; Wenn sie ein kleiner Wind bestreicht, Opitz. Sobald sie (die Blume) nur vom Winde wird bestrichen, ebend. Pf. 103.Kränze; Die Balsamdüften, stets ein sanfter Weft bestreicht, Weiße.

Anm. Ehedem wurde dieses Wort, wie es scheint, überhaupt für berühren gebraucht. Swas irs Olifiers swert bestraich, heißt es in Strykers altem Gedichte bey dem Schilter, und bey den Schwäbischen Dichtern bedeutet ein Land bestreichen, in dasselbe kommen. S. Streichen.


Bestreiten (W3) [Adelung]


Bestreiten, verb. irreg. act. ( S. Streiten,). 1) Mit Streit, d. i. mit gewaffneter Hand, angreifen, in der höhern, besonders biblischen Schreibart. Den Feind, ein Land bestreiten. Ingleichen mit Worten oder Gründen angreifen. Einen Satz, eine Wahrheit bestreiten. Ich will das nicht bestreiten, die Wahrheit dessen nicht zweifelhaft machen. Das Hauptwort der Bestreiter, welches Pf. 35, 1, vorkommt, ist ungewöhnlich. 2) Die nöthigen Kräfte zu etwas haben, demselben gewachsen seyn: Du nimmst mehr auf dich, als du bestreitest kannst. Zwey Pferde können so vieles Land nicht bestreiten. Wovon soll ich die Kosten zu einer so weiten Reise bestreiten? Kaum kann ich die Arbeit meines Berufes bestreiten. Daher die Bestreitung, besonders in der ersten Bedeutung.

Anm. In der zweyten Bedeutung muß dieses Zeitwort aus den Niederdeutschen und verwandten Mundarten erläutert werden. Striden, heißt im Nieders. so wie stride im Engl. straedan im Angels. und stritte im Dän. schreitet, und Stred, Straede, Suide, ein Schritt. Bestriden bedeutet also im Nieders. eigentlich im Schritte erreichen, und dann figürlich einem Dinge gewachsen seyn.


Bestreuen (W3) [Adelung]


Bestreuen, verb. reg. act. streuend bedecken. Das Papier mit Sand, den Kuchen mit Zucker, ein Grab mit Blumen bestreuen.


Bestricken (W3) [Adelung]


Bestricken, verb. reg. act. 1) Eigentlich, mit Strickwerk umgeben. Einen Ball bestricken. 2) Mit Banden belegen. Einen Übelthäter bestricken. O führe, Herr, auch aus Beschwer, Die noch bestrickt sind, wieder her, Opitz Pf. 126. Ich fliehe nun die Bande, Die mich so lang bestrickt, Can. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen nur noch in der Gerichtssprache üblich. S. auch verstricken. 3) Nach einer noch weitern Figur, mit unsichtbaren Banden fesseln, doch alle Wahl in verhaßter Bedeutung. Er ist ganz von dem Teufel bestrickt. Sie both alle ihre Reitze auf, den Jüngling zu bestricken. Wie der bestrickte Graf das Schneidermädchen liebt, Zachar. So auch die Bestrickung.

Anm. Das Nieders. bestricken wird in der letzten Bedeutung auch in gutem Verstande gebraucht. Einem bestrickt seyn, heißt in Niedersachsen, ihm verpflichtet seyn. In der Ausgabe des neuen Testamentes Lutheri, Basel 1523, wird bestricken als, ein unbekanntes Wort durch fahen, binden, erkläret. Vermuthlich ist es aus dem Niedersächsischen in das Hochdeutsche gekommen.


Beströmen (W3) [Adelung]


Beströmen, verb. reg. act. im Strömen berühren. Der Fluß beströmt die Stadt.


Bestüben (W3) [Adelung]


Bestüben, S. Bestäuben.


Bestücken (W3) [Adelung]


Bestücken, verb. reg. act. mit Stücken oder Kanonen versehen, in der Seefahrt. Ein Schiff bestücken. Die Bestückung eines Schiffes entdecken, entdecken wie viel Kanonen es führet.


Bestufen (W3) [Adelung]


Bestufen, verb. reg. act. im Bergbaue, ein wenig behanen: Das Gestein bestufen, Stufen davon abhauen, um es zu probiren. Daher die Bestufung.


Bestürmen (W3) [Adelung]


Bestürmen, verb. reg. act. auf etwas stürmen. Wind und Wellen bestürmen das mastlose Schiff. Eine Stadt bestürmen, sie mit Sturm angreifen. Besonders figürlich von heftigen Leidenschaften. Sein Gewissen wird von Reue, Scham und Furcht bestürmt. Wenn der Verstand durch die Thriebe des Willens bestürmt wird, so ist er nicht aufmerksam, Gell. Bestürmt von Scham, von Zärtlichkeit und Pflicht, Wirft sich der Zohn zu seinen Füßen, Gell. So auch die Bestürmung.


Bestürzen (W3) [Adelung]


Bestürzen, verb. reg. act. 1) Stürzend mit etwas bedecken, eine Sache über die andere stürzen. So bestürze man in den Schmelzhütten den Ofen, wenn man die gehörige Erze und Kohlen in denselben schüttet. Ingleichen voll schütten; in welchem Verstande sich bestürzen, ehedem so viel bedeutete, als sich mit Essen und Trinken überladen. 2) Figürlich, durch einen unvermutheten Schrecken in den Stand dunkeler Empfindungen versetzen. Nu hat mir de sin bestiurzet Das ir lob noch stet gekiurzet, Bruder Eberhard von Gar. Alle Fragen bestürzen, deren wir nicht gewärtig sind, Less. Laß dich auch dieses nicht bestürzen, Gryph. Bestürzt die Nachricht dich, die Phöbus dir entdecket, Cron. In welcher Bedeutung aber das Mütelwort bestürzt, in einen solchen Zustand versetzt, am üblichsten ist. Bestürzt werden, bestürzt machen, bestürzt seyn. Ein bestürztes Gemüth. Er stand ganz bestürzt und beschamt da. Der Antrag machte ihn sehr bestürzt. Daher die Bestürzung, vornehmlich von demjenigen Zustande des Gemüthes, da es wegen eines gehabten Schreckens nur dunkele Empfindungen hat.

Anm. In der ersten eigentlichen Bedeutung sagt schon Ottfried B. 2, Kap. 17. Mit muttu bisturze, mit einem Schäffel bedecke. Es scheint, daß die zweyte Bedeutung eine bloße Figur von dieser sey; ob es gleich an andern Wörtern nicht mangelt, die hier auch mit in Anschlag kommen können. Denn so bedeutet das Isl. stirdr starr, unbeweglich, und das Angels. styrian beunruhigen. Doch beyde sind vermuthlich mit stürzen aus Einer Quelle hergeflossen. S. dieses Wort. Bestürzt heißt im Schwed. bestört, im Ital. stordito, und im Franz. étourdi. Die Niedersachsen sagen zwar auch bestürt; sie haben aber noch eine Menge anderer Wörter, eben denselben Begriff auszudrucken, dahin ihr bedonnert, bedönnert, bestorven, betuckt, betückt, bedutzt, bedudt, bedust u. s. f. gehören. In der Deutschen Bibel kommt für bestürzt vor, wie Ef. 29, 9; Jer. 4, 9; 3 Maccab. 5, 24; Marc. 9, 6; Apostelg. 2, 6, welches das Nieders. verstürt ist.


Besuch (W3) [Adelung]


Der Besuch, des -es, plur. die -e. 1. Die Handlung des Besuchens; ohne Plural. 1) Bey den Jägern, das Aufsuchen des Wildes mit dem Leithunde. Einen Besuch vornehmen. Auf den Besuch gehen, oder ziehen. Ingleichen die Zeit, wenn die Jäger auf den Besuch zu gehen pflegen, welche auch das Behängen genannt wird; S. dieses Wort. Daher der Besuchknecht, ein Jäger, welcher mit den Leithunden auf den Besuch ziehet, und sie arbeitet. S. auch Vorsuche. 2) Die mehrmalige oder gewöhnliche Begebung an einen Ort in seinen Verrichtungen. Der Besuch der Messen, der Jahrmärkte, eines Weinhauses u. s. f. 3) Die Begebung zu jemanden aus freunschaftlicher Höflichkeit. Ein Besuch bey jemanden ablegen, abstatten, machen. Ich komme jetzt zu ihnen zum Besuche. In Besuch gehen, einen Besuch ablegen. Gönnen sie mir doch die Ehre ihres Besuches. Einen Besuch annehmen, abschlagen. 2. Personen, welche zum Besuche an einen Ort kommen, in der Sprache des Umganges; ohne Plural. Es war viel Besuch da. Wir bekommen heute Besuch. Haben sie heute Besuch? oder haben sie Besuch bey sich?


Besuchen (W3) [Adelung]


Besuchen, verb. reg. act. 1) Wie das einfache suchen; in welcher Bedeutung dieses Wort aber nur noch bey den Jägern gebraucht wird, und daselbst so viel bedeutet, als vorsuchen, oder auf den Besuch ziehen, d. i. Wildbret mit dem Leithunde aufsuchen. S. Besuch 1. 2) Mehrmahls oder zu gewissen Zeiten an einen Ort kommen, in anständiger Bedeutung. Einen Jahrmarkt besuchen. Eine Schule besuchen. Gesellschaft besuchen. Die Weinhäuser besuchen. Oft auch nur überhaupt, sich an einen Ort begeben. Die Stadt besuchen. Einen Kranken als Arzt besuchen. Laß uns den stillen Grund besuchen, Wo sich nichts regt als ich und du, Hall. 3) Besonders aus freundschaftlicher Höflichkeit zu jemanden kommen. Einen Freund besuchen. Ich habe ihn in langer Zeit nicht besucht. Besuchen sie mich doch. Jemanden besuchen gehen, oder kommen ist niedrig.So auch die Besuchung, wofür aber, besonders in der dritten Bedeutung der Besuch üblicher ist.

Anm. Um das Jahr 790 kommt in der Fränkischen Mundart das einfache suahen für besuchen vor; aber eben daselbst findet sich auch uuisoda, für besuchen. Dieses uuisan, von welchem Kero auch ganuuison für besuchen hat, ist unstreitig nach dem Latein visitare gebildet, und kommt so wohl bey dem Ottfried als Notker in eben derselben Bedeutung vor, dagegen besuochen bey beyden beständig prüfen, untersuchen bedeutet, und nochim Osnabrückischen ist, fik besoken, für sich prüfen üblich, ob man gleich auch besoken für besuchen kennet. Wachter leitet besuchen nicht von suchen, quaerere, sondern von einem alten Scandischen sekia, kommen, her, welches dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, sehr nahe kommt. Allein aus Herrn Ihre Glossario erhellet deutlich genug, daß dieses sekia nichts anders ist, als das heutige Schwebische söka, Nieders. söken, und Oberdeutsch suchen. S. Suchen. Übrigens ist für besuchen in der dritten Bedeutung im Oberdeutschen auch heimsuchen üblich, und in Oberschwaben bedeutet hemigarte eine Zusammenkunft einander besuchende Personen. Das Hauptwort der Besucher, welches zuweilen bey den Dichtern vorkommt, z. B. - Hier wird kein unbequemer Besucher Und keiner, welcher kein Freund ist, gesehn, Gieseke, ist im gemeinen Gebrauche nicht üblich.


Besudeln (W3) [Adelung]


Besudeln, verb. reg. act. beschmutzen, schmutzig machen. Die Kleider besudeln. Sich besudeln. Ingleichen figürlich. Seine Hände mit mit unschuldigem Blute besudeln. Seinen Wandel mit Lastern besudeln. Daher die Besudelung.

Anm. Die älteste Form dieses Wortes ist bisauljan; denn so lautet es bey dem Ulphilas. Die Franken sagten kisalon, die Angelsachsen sylian, die Schwäbischen Dichter versalen; alles von dem alten salo, welches schwarz, in andern Mundarten aber auch schmutzig bedeutet. Mit besudeln kommen denn auch das Nieders. besölen, besolgen, besülchen, besulwen, besulvern, das Meißnische besülen, das Engl. to soil, das Schwed. söla, das Italiän. sogliare, und das Franz. souiller überein. Woher die Oberdeutschen das - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - in der Mitte dieses Wortes haben, ist noch ungewiß. In der 1523 zu Basel heraus gekommenen Ausgabe des neuen Testamentes Lutheri wird besudeln unter die unbekannten Wörter gesetzt, und durch verunreinigen, bestecken erkläret. Übrigens ist dieses Wort, so wie beschmutzen, ein anständiger Ausdruck einer an sich unangenehmen Sache. Die gemeinen Mundarten haben eine Menge anderer, oft weit niedrigerer Ausdrücke, dergleichen das Nieders. tostijen, bestijen, torakken, begeistern, bemaken, beseen, besmullen, besmuddern, beklakken, betakeln, gaddern, begaddern, das Oberdeutsche bekoseln, beschedern, motzen, u. s. f. sind.


Betagen (W3) [Adelung]


Betagen, verb. reg. welches nur noch zuweilen in einer doppelten Gattung vorkommt.I. Als ein Activum, einen Tag ansetzen, anberahmen. Sich mit jemanden betagen, eine Zusammenkunft auf einen gewissen Tag und an einen gewissen Orte verabreden. Ingleichen, einen betagen, ihn auf einen gewissen Tag vorfordern, und in engerer Bedeutung, ihn vor Gericht fordern. Heiß aber nicht auch darneben Dir vor Gerichte Rechnung geben; Betage ja nicht deinen Knecht, Opitz Pf. 143. Verwirf die Völker durch Gerichte,Betage sie vor dein Gerichte, ebend. Der Götter großer Rath ließ dich hierin betagen, ebend. d. i. vor Gericht fordern. In dieser Bedeutung war in dem mittlern Lateine auch adiornare üblich, wovon die Franzosen noch ihr adjourner haben.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, verfallen, besonders von Zinsen, Schulden u. s. f. Die Schuld ist betagt, die Zahlungszeit ist vorhanden. Betagte Zinsen. S. auch Betagt.

Anm. In beyden Bedeutungen kommt dieses Wort in der Sprache des gemeinen Umganges nicht mehr, wohl aber zuweilen noch in der Gerrichtssprache vor. Ehedem bedeutete dieses Wort auch noch: 1) Begegnen, widerfahren, wovon in Pezens Glossarie Beyspiele vorkommen. 2) Den Tag über an einem Orte bleiben. Der ritter soll nicht hie betagen, der Markgr. von Hohenberg. O we sol aber er iemer meDen morgen hie betagen, Heinrich von Morunge.


Betagt (W3) [Adelung]


Betagt, -er, -este, adj. et adv. welches das Mittelwort einer jetzt unbekannten Bedeutung des vorhin gedachten Verbi ist, und für alt, doch nur von dem hohen Alter eines Menschen, gebraucht wird. Ein betagter Mann. Abrahem war alt und wohl betagt. 1. Mos. 24, 1. Und war betagt unter den Männern, 1 Sam. 17, 12. und waren beyde wohl betagt, Luc. 1, 7. Auch dieses Wort kommt in dem gemeinsamen Gebrauche gar nicht, und zuweilen nur noch in Schriften, als ein anständiger Ausdruck für alt vor. Schon in der Baselschen Ausgabe von Luthers neuem Testamente von 1523 wird es als ein unbekanntes Wort durch alt, hat vil tage, erkläret. S. auch Bejahrt.


Betakeln (W3) [Adelung]


Betakeln, verb. reg. act. in der Seefahrt, mit dem gehörigen Takelwerke versehen. Ein Schiff betakeln. Daher die Betakelung, so wohl von der Handlung, als auch von dem zu einer Reise nöthigen Tau- und Takelwerke selbst.


Betasten (W3) [Adelung]


Betasten, verb. reg. act. oft und viel an etwas tasten oder greifen. Laban aber betastete die ganze Hütte und fand nichts, 1 Mos. 31. S. Tasten. In der niedrigern Sprechart betappen, auf eine ungeschickte Art betasten.


Betäuben (W3) [Adelung]


Betäuben, verb. reg. act. taub machen. 1. Eigentlich. Der Donnerschlag hatte uns ganz betäubet. Ingleichen nach einer nicht seltenen Hyperbel: Jemanden mit seinem Geschreye betäuben. 2. Figürlich. 1) Der Empfindung berauben. Ich stand vor Schrecken ganz betäubt da; ein hoher Grad der Bestürzung. 2) * Wehe thun, unterdrücken, entkräften. Ich betäube meinen Leib und zähme ihn, 1. Cor. 9, 27. Diese Bedeutung ist zwar im Hochdeutschen nicht mehr üblich; sie ist aber doch alt, weil Willeram douuuan und bethuwan von der Unterdrückung der Lüste, Notker douben für bezähmen, und der alte Verfasser des Gedichtes auf den h. Anno bitoibin für kasteyen gebrauchen. In der Baselschen Ausgabe von Luthers neuem Testamente von dem Jahre 1523 wird betewben als ein unbekanntes Wort durch trunken, kraftlos machen, gegeben.Daher die Betäubung, so wohl von der Handlung des Betäubens, als auch von dem Zustande der Beraubung aller Sinne. Eine trunkene Betäubung scheint sie fühllos gemacht zu haben. Hier starrt das menschliche Nachsinnen, die Vernunft geräth in eine Betäubung, aus welcher sie sich nicht los winden kann. S. Taub.1.


Bete (W3) [Adelung]


Die Bete, plur. die -n, im l'Hombre Spiele. 1) Ohne Artikel und ohne Plural. Bete werden, sein Spiel verlieren, so daß man zusetzen muß; welches man auch Lahet werden nennet. 2) Dasjenige Geld, welches nach verlornem Spiele zugesetzet wird; im nöthigen Falle auch mit dem Artikel und dem Plurale. Es ist das Französische Bete, bestia, wo faire la Bete, eigentlich eine Thorheit begehen, hernach aber auch ein unternommenes Spiel verlieren bedeutet. Das Französische wird mit dem tiefen e, Bete, gesprochen; allein im Deutschen ist das hohe e (wie in gehen) einmahl hergebracht.2.


Bete (W3) [Adelung]


Die Bete, ein Gewächs, S. Beete.


Beth (W3) [Adelung]


Beth, S. Bienenharz und Vorstoß.


Bethauen (W3) [Adelung]


Bethauen, verb. reg. act. 1) Mit Thau benetzen, in welcher Bedeutung doch das Participium bethaut am üblichsten ist. Die bethauten Fluren des Frühlings. Vom Morgenroth bethaut, Hall. Auch figürlich, besonders bey den Dichtern der vorigen Zeiten. Der Himmel selbst der früh mit Segen sich bethauet Can. Laß mich mildiglich bethauen Deines Segens überfluß, ebend. Wenn ein Monarch sie pflegt, und Gnade sie bethauet Uz. 2) * Aufthauen, schmelzen machen, in welcher im hochdeutschen ungewöhnlichen Bedeutung Opitz sang: Sonne, deren schönes Licht Nunmehr Eis und Schnee bethauet.


Bethbruder (W3) [Adelung]


Der Bethbruder, des -s, plur: die -brüder, eine Person männlichen Geschlechtes, welches aus Heucheley beständig bethet, im verächtlichen Verstande, wie Bethschwester, von einer solchen weiblichen Person.


Bethbuch (W3) [Adelung]


Das Bethbuch, S. Gebethbuch.


Bethe (W3) [Adelung]


* Die Bethe, plur. die -n, ein Niedersächsisches Wort, welches in dieser Mundart Bede lautet, und überhaupt eine jede Bitte, ins besondere aber freywillige Gaben oder Dienste bedeutet, zu welchen die Unterthanen nicht verbunden waren, und die daher bittweise von dem Guts- oder Landesherren erhalten werden mußten. In dem Lateine der mittlern Zeiten heißen dergleichen Bethen, welche auch in Obersachsen vorkommen, Precariae, zuweilen auch wohl Bettae nach dem Deutschen. Seitdem die ordentlichen Steuern üblich geworden, sind diese Bethen, selbst dem Nahmen nach, unbekannt geworden; indessen gibt es doch noch, besonders in Niedersächsischen Gegenden, Bethefuhren, die ein Nachbar dem andern auf dessen Bitte ohne Entgelt thut, Bethkorn, Zinskorn, Bethgarben, Zinsgarben, Bethhühner, Zinshühner u. s. f. S. Haltaus v. Bede, Altes aus allen Theilen der Gesch. Th. 1, S. 138.


Betheeren (W3) [Adelung]


Betheeren, verb. reg. act. mit Theer bestreichen; welches auch nur theeren genannt wird. Daher die Betheerung.


Bethefahrt (W3) [Adelung]


* Die Bethefahrt, plur. die -en, im Oberdeutschen, eine gottesdienstliche Wallfahrt, weil man sie verrichtet, um an einem heiligen Orte zu bethen.


Betheilen (W3) [Adelung]


* Betheilen, verb. reg. act. zu Theil werden lassen; ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort, welches nur bey dem Opitz vorkommt, wenn er Pf. 74 von Gott sagt: Der alles Heil und Schutz zu würden pfleget, Die ganze Welt betheilet er darvon.


Bethen (W3) [Adelung]


Bethen, verb. reg. act. et neutr. welches im letztern Falle das Hülfswort haben erfordert, sich mit Gott unterreden. Fleißig bethen. Zu Gott bethen. Aus dem Herzen bethen. Für jemanden bethen. Vor Tische, nach Tische bethen. Sie bethet uns oft um das Mittagsessen, Gell. Sie bringt uns durch ihr übel angebrachtes Bethen oft um das Mittagsessen, lässet sich nur im vertraulichen Scherze sagen, so wie die Wortfügung mit der vierten Endung der erbetheten Sache: Er steht, er bethete mit aufgehobner Hand, Vom Himmel Ruh für uns, und Sieg für seine Feinde, Weiße; nur in der höhern dichterischen Schreibart gewagt werden kann. Ganz richtig aber sagt man active, den Morgensegen, den Abendsegen u. s. f. bethen. Den Glauben bethen, hersagen, im gemeinen Leben.

Anm. Bethen, bey dem Kero petoon, bey dem Ottfried bethen, bey dem Notker beton, war ehedem in allen den Fällen üblich, wo wir jetzt dessen Frequentativum bitten gebrauchen. In dieser Bedeutung sagt noch Tatian beto, im Imperativ für bitte. Es ist aber schon sehr frühe auf das gottesdienstliche: Bitten eingeschränkt worden, und jetzt außer demselben gar nicht gebraucht. Die Oberdeutsche Mundart kennet in diesem Worte nur ein t; die Niederesächsische hat dagegen mit ihren Nachbarn ein d, Nieders. beden, Dän. bede, Schwed. bedia, welches auch zuweilen gar verbissen wird, wie in dem Nieders. been, dem Angels. bene, dem Isländ. haen, und Schwed. bön, Gebeth. Da nun die Hochdeutsche Mundart das Mittel zwischen der harten Oberdeutschen und allzu weichen Niedersächsischen hält, so hat sie hier ein th angenommen, den Mittellaut zwischen dem t und d wenigstens für das Auge zu bezeichnen, wenn er gleich in der Aussprache nicht Statt findet, wo t und th völlig gleich lautend sind.


Bether (W3) [Adelung]


Der Bether, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Betherinn, plur. die -en, der, oder die da bethet. Ein fleißiger Bether. Noch mehr aber in der höheren Schreibart, der Rühnste der Bether, Klopft. Da, wo die Ehre Gottes Bether versammelte, da versammelte der Krieg seine blutenden Opfer, Dusch. Notker hat schon Betaro, indessen ist dieses Wort in der Sprache des täglichen Umgangs doch nie allgemein gewesen.


Betheuern (W3) [Adelung]


Betheuern, verb. reg. act. bey allem was theuer oder heilig ist, versichern. Etwas betheuern. Er betheuerte, daß er es nicht gethan habe. Er hat es mit vielen Eidschwüren betheuert. Schwed. bedyra. Daher die Betheuerung, so wohl von der Handlung des Betheuerns als auch von den Ausdrücken, in welchen solches geschiehet. Eine Sache unter vielen Betheuerungen versprechen. Sie mischte Thränen unter ihre Betheuerungen und Liebkosungen, Dusch.


Bethglocke (W3) [Adelung]


Die Bethglocke, plur. inusit. im gemeinen Leben, die Glocke an welche man zu der zum Gebethe bestimmten Zeit schlägt, ingleichen das an dieselbe gegebene Zeichen selbst.


Bethhaus (W3) [Adelung]


Das Bethhaus, des -es, plur. die -häuser. 1) Ein jedes zum Gebethe oder zu gottesdienstlichen Handlungen bestimmtes Gebäude. In dieser Bedeutung wird in der Bibel der Tempel zu Jerusalem mehrmahls ein Bethhaus genannt. 2) In engerer Bedeutung, im Gegensatze der Pfarrkirchen, ein gottesdienstliches Gebäude, in welchem nur gebethet und geprediget werden darf., wo aber keine eigentliche Pfarrverrichtungen Statt finden, und welches oft keine Glocken hat, in dem Lateine der mittlern Zeiten Oratorium; S. auch Capelle. Dergleichen Bethhäuser hatten die Protestanten in Schlesien unter der Österreichischen Regierung, welche auch unter der Preußischen diesen Nahmen an einigen Orten behielten, ob sie gleich die Gestalt wahrer Kirchen bekamen. Betahus kommt schon bey dem Ottfried vor; bey dem Stryfer aber bedeutet Pethaus einen Götzentempel.


Bethonie (W3) [Adelung]


Bethonie, S. Betonie.


Bethören (W3) [Adelung]


Bethören, verb. reg. act. zum Thoren machen, des Gebrauches seiner Vernunft berauben, doch nur in weiterer Bedeutung, für verblenden, verführen. So sagt man im gemeinen Leben, das Gespenst hat mich bethöret, oder es hat mich bethöret, wenn man durch ein eingebildetes Gespenst von seinem Wege abgebracht, oder sonst getäuschet worden. In einer etwas anständigern Bedeutung wird dieses Zeitwort auch von der Reitzung durch die Sinne gebraucht. Schöne Weiber haben manchen bethöret, Sir. 9, 9. Wein und Weiber bethören die Weisen, Kap. 19, 2. Der Jüngling sieht und hört, was Götter zu bethören Vermögend war, Wiel. Daher die Bethörung.

Anm. Unter den Schwäbischen Kaisern kommt bethören und das einfache thoren in eben dieser Bedeutung vor. Ir lachen und ir schone ansehen Und ir guot geberdehant betoeret lange mich, Heinr. von Morungen. Sus ir schoene torte mich hier vor, Burth von Hohenfels. Bey dem Hornegk heißt betört seyn, unwissend seyn, und im Nieders. ist sik doren, sich bethören lassen.


Bethränen (W3) [Adelung]


Bethränen, verb. reg. act. 1) Mit Thränen benetzen, in der höhern Schreibart. Bethränt seh' ich den Körper an, Der langsam stecht, alt zu erbleichen, Erweit. 2) Beweinen, gleichfalls nur in der dichterischen Schreibart.


Bethschwester (W3) [Adelung]


Die Bethschwester, plur. die -n, in verächtlichen Verstande, eine Person weiblichen Geschlechtes, welche aus Heucheley unaufhörlich bethet; wie Bethbruder im männlichen Geschlechte.


Bethsonntag (W3) [Adelung]


Der Bethsonntag, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, der fünfte Sonntag nach Ostern, welcher im Lateinischen der Sonntag Rogate genannt wird, wornach der Deutsche Nahme gebildet worden. S. Bethwoche.


Bethstuhl (W3) [Adelung]


Der Bethstuhl, des -es, plur. die -stühle, ein Stuhl, in welchem man knien und sein Gebeth verrichten kann.


Bethstunde (W3) [Adelung]


Die Bethstunde, plur. die -n, die zum Gebethe bestimmte Stunde, und das in derselben verrichtete Gebeth, nebst den damit verbundenen gottesdienstlichen Übungen selbst. Bethstunde halten. In die Bethstunde gehen.


Bethtag (W3) [Adelung]


Der Bethtag, des -es, plur. die -e, ein von der Obrigkeit zum Gebethe, und besonders zum Bußgebethe bestimmter feyerlicher Tag; ein Bußtag, ein Buß- und Bethtag.


Bethun (W3) [Adelung]


+ Bethun, verb. irreg. recipr. ( S. Thun,) welches nur in den niedrigen Sprecharten üblich ist. 1) Sich bethun, die erforderliche Kräfte zu seinen Bewegungen und Geschäften haben. Er kann sich nicht bethun, ist unvermögend sich zu bewegen, sich zu helfen. Eben daselbst sind auch die abgeleiteten bethulich und Bethulichkeit üblich. Si ist noch eine bethuliche Frau, eine rüstige. 2) Sich bethun, sich mit seinen Excrementen besudeln, als ein höflicher Ausdruck der niedrigern Sprecharten.


Bethwoche (W3) [Adelung]


Die Bethwoche, plur. die -n, die Woche zwischen dem Sonntage Rogate, und dem Sonntage Vocem Jucunditatis, nach dem Latein. Hebdomas rogationum. Sie wird sonst auch die Kreuzwoche genannt; S. dieses Wort, und Bethsonntag.


Betiteln (W3) [Adelung]


Betiteln, verb. reg. act. mit einem Titel versehen, im gemeinen Leben, doch am häufigsten nur von den Titeln der Bücher. Wie ist das Buch betitelt?


Betonen (W3) [Adelung]


Betonen, verb. reg. act. Eine Sylbe betonen, den Ton auf selbige legen, in der Sprachlehre. Eine betonte Sylbe, im Gegensatze einer unbetonten.


Betrag (W3) [Adelung]


Der Betrag, des -es, plur. inus. von dem folgenden Verbo, doch nur in der Bedeutung einer Summe. Der Betrag der Kosten, die Summe, welche die Kosten ausmachen. Ich werde den Betrag wieder erstatten. Der Betrag der Einkünfte ist nicht groß.


Betragen (W3) [Adelung]


Betragen, verb. irreg. ( S. Tragen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1) Auf eine Sache so viel als nöthig ist, oder so viel sie fassen kann, tragen. So betragen die Goldschmiede das Silber, welches sie vergolden wollen, wenn sie das verquickte Gold auf dasselbe tragen oder verbreiten, welches vermittelst eines Betragestiftes, oder einer flachen kupferner Klinge geschiehet, welche an dem einen Ende etwas aufgeworfen ist. Im gemeinen Leben höret man auch nicht selten, daß die Fliegen das Fleisch betragen, wenn sie ihre Eyer in dasselbe legen, oder es, wie der gröbere Haufe spricht, beschmeißen. 2) Sich betragen, sich verhalten, von allen sittlichen Handlungen deren Absichten, welche die Beschäftigung unsers Lebens ausmachen. Sich wohl, oder übel betragen. Er hat sich in seinem Amte sehr schlecht betragen. In dieser Bedeutung, in welcher schon Ottfried B. 2. Kap. 4 das einfache dragen gebraucht, ist der Infinitivus in Gestalt eines Hauptwortes, das Betragen, des -s, plur. inus. noch üblicher, die Beschaffenheit der menschlichen Handlungen in Ansehung ihrer Sittlichkeit, besonders im gesellschaftlichen Umgange, auszudrücken. Ein gutes, ein schlechtes Betragen. Dein Betragen hat mich sehr gewundert. Ich vermuthete von dir ein billigeres Betragen. Im Oberdeutschen sagt man statt dieses Wortes auch der betrag, die Betragenheit, oder die Betragniß. Sich mit jemanden wohl oder übel betragen, vertragen, fängt an in Hochdeutschen zu veralten. S. auch Benehmen und Verhalten.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, eine gewisse Summe ausmachen. Die ganze Summe beträgt zehn Thaler. Es wird nicht viel betragen. Wie viel betragen seine sämtlichen Schulden?Anm. Sich betragen, in der zweyten Bedeutung des Activi lautet in Niedes. sik gedrängen. Veraltete Bedeutungen dieses Zeitwortes sind, sich betragen, für sich ernähren, im Schwabenspiegel, und sich betragen lassen, sich verdrießen lassen, bey dem Hornegk.


Betrappeln (W3) [Adelung]


+ Betrappeln, verb. reg. act. unvermuthet über etwas betreffen, überraschen; nur in der niedrigen Sprechart. Jemanden über eine Näscherey betrappeln.


Betrauen (W3) [Adelung]


* Betrauen, verb. reg. act. welches aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist, für vertrauen. Du sagest ja, der König betraute dir die Schrift von seinem Willen, Schleg. nach dem Nieders. betrouen, anvertrauen. Indessen ist von diesem Verbo doch im Hoch- und Oberdeutschen das Mittelwort betraut üblich, welches aber nur noch zuweilen in den Titeln vornehmer fürstlicher Bedienten, mit den vorgesetzten wohl und hoch gebraucht wird, das Vertrauen auszudrucken, welches der Herr wegen ihrer Verdienste in sie setzet. Sr. Churfürstl. Durchl. hochbetrauter General der Cavallerie. S. auch Traut.


Betrauern (W3) [Adelung]


Betrauern, verb. reg. act. über etwas trauern. Eines Tod betrauern, so wohl mit dem Gemüthe, als auch im Äußern durch Trauerkleider. Das ganze Land betrauert ihn. Es hat ihn niemand betrauert.


Beträufen (W3) [Adelung]


Beträufen, und dessen Diminutivum Beträufeln, verb. reg. act. tropfenweise auf etwas fallen lassen; betropfen, betropfeln. Einen mit Wasser beträufen, oder beträufeln. Einen mit seinem eigenen Fette beträufeln wollen, im gemeinen Leben.


Betreff (W3) [Adelung]


* Der Betreff, plur. car. ein Wort, welches nur noch in den Kanzelleyen mit der Präposition in adverbisch gebraucht wird. In Betreff seines Alters, so viel sein Alter betrifft, was sein Alter betrifft.


Betreffen (W3) [Adelung]


Betreffen, verb. irreg. ( S. Treffen,) 1) Über einer bösen That antreffen, Nieders. bedrapen. Er ist im Diebstahle, oder über dem Diebstahle betroffen worden. Einen auf dem fahlen Pferde betreffen. S. Pferd. Du kommst ans Kreuz, so bald man dich betrifft, Hag. Obgleich diese Bedeutung in Niedersächsischen am üblichsten ist, so hat man doch im Hochdeutschen von derselben das Mittelwort betroffen für bestürzt, denjenigen Gemüthszustand auszudrucken, in welchem sich der befindet, der über einer bösen That betroffen worden. Er ward ganz betroffen, als er mich sahe. Sie sann betroffen nach, Gell. Ich ward betroffen, eine allgemeine Bewegung zu hören, Less. Du zauderst, fuhr sie fort, du schweigst, und bist betroffen, Wiel. 2) Eine unerwartete unangenehme Veränderung von außen erleiden. Es hat ihn vieles Unglück, ein großer Verlust betroffen. 3) Der Gegenstand einer Veränderung seyn; und zwar, (1) der Gegendstand, auf welchen eine Bewegung gerichtet ist, doch nur in figürlicher Bedeutung. Die Sache betrifft mich, gehet mich an. Was mich betrifft. Ich will thun, als wenn es mich selbst beträfe. Betreffen druckt in dieser Bedeutung mehr das Ziel der Bewegung aus, angehen aber auch den Antheil, den das Herz oder das Gemüth daran nimmt, oder nehmen soll. Da träumete - einem jeglichen sein Traum, deß Deutung ihn betraf, 1. Mos. 41, 11 ist also wider den Sprachgebrauch. Die gemeinen Oberdeutschen Mundarten lieben auch hier, doch aus bloßer Liebe zu langen Wörtern, das verlängerte anbetreffen. Mich, dich betreffend, und ähnliche Wortfügungen mit dem Participio der gegenwärtigen Zeit lassen sich eher in der Kanzelleysprache, als in der edlen Schreibart entschuldigen. Übrigens ist betreffen in dieser und der folgenden Bedeutung ein Activum, ob es gleich dem Gebrauche nach ein Neutrum ist, wenigstens nicht im Passivo gebraucht werden kann. (2) Der Gegendstand seyn, um welchen eine Veränderung geschiehet, gleichsam der Preis derselben seyn. Es betrifft die Wohlfahrt des ganzen Landes. Es betrifft Leib und Leben. Der ganze Streit betraf zehn Thaler. Die Sache betrifft mein Glück. Das Substantiv die Betreffung ist nicht üblich.


Betreiben (W3) [Adelung]


Betreiben, verb. irreg. act. ( S. Treiben,) 1) Vieh auf etwas treiben, in der Landwithschaft. Die Felder mit den Schafen, die Tangelhölzer mit dem Rindviehe betreiben. 2) Sehr treiben, d. i. in Ausübung eines Geschäftes einen besondern Trieb, eines besondere Geschäftigkeit zeigen. Einen Prozeß betreiben, dessen Fortsetzung thätig besorgen. Er betrieb diesen Bau mit dem größten Eifer. Eines Geschäfte betreiben; auch nur für besorgen überhaupt. S. auch Betrieb. 3) * In weiterer Bedeutung, begehen. Vielen Unfug betrieben. Steht nicht, was er betreiben, Zusammt der Todesart an seiner Stirn geschrieben? Can. Gottes Auge steht viel hellerUnd noch schneller, Was ein Sterblicher betreibt, ebend. Doch diese Bedeutung, in welcher es nur im nachtheiligen Verstande gebraucht wird, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich, und vermuthlich aus dem Niedersächsischen entlehnet.So auch die Betreibung.

Anm. Die Nieders. bedriven ist in der zweyten Bedeutung ein Intransitivum. Man hat davon auch das Beywort bedriestik, arbeitsam, geschäftig, betriebsam, und das Mittelwort bedreven, geübt, durchtrieben. Das Schwed. bedriswa, und Dän. bedrive sind auch in der dritten Bedeutung für begehen üblich.


Betreten (W3) [Adelung]


Betreten, verb. irreg. act. ( S. Treten,) 1. Auf, oder in etwas treten. 1) Ein Land, einen Ort betreten, in das Land, in den Ort kommen. Ich werde sein Haus niewieder betreten. Ichverwunderte mich, daß ich diesen Garten so oft betreten hatte, ohne alle seine Pracht zu bemerken. Die raubsüchtigste Buhlerinn, welche jemahls die Erde betreten hat, Dusch. 2) Zur Fortpflanzung besteigen, von dem Federviehe, besonders bey den Jägern. So betritt der Auerhahn die Auerhenne, und der Fasan sein Weibchen.2. An etwas treten, doch nur in verschiedenen figürlichen Bedeutungen. 1) * Jemanden betreten, ihn bittend anreden, bittend vor ihn treten. Mit Heulen muß ich dich (Gott) betreten, Opitz Ps. 55.Gnade, Herr, du stehst mein Bethen Dich den ganzen Tag betreten, ebend. Ps. 86. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen ganz unbekannt. S. Antreten, welches üblicher ist. 2) * Widerfahren, begegnen, von unangenehmen Dingen. Du weißt alle die Mühe, die uns betreten hat. 4 Mos. 20, 14. Hat mich nicht dieß übel alles betreten? 5 Mos. 31, 17. Und wenn sie denn viel Unglück und Angst betreten wird, ebend. V. 21. Hab ich mich erhaben, daß ihn Unglück betreten hatte? Hiob 31, 29. Es hat euch noch keine denn menschliche Versuchung betreten. 1 Cor. 10, 13. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltete. 3) Antreffen. Laß dich nicht wieder auf meinem Grunde und Boden betreten. In dieser weitern Bedeutung wird es nur im Infinitiv mit dem Zeitworte lassen gebraucht. Besonders, in Begehung einer unerlaubten Handlung antreffen, für das niedrige ertappen, erwischen. Einen auf frischer That betreten. Er ist im Diebstahle, im Ehebruch betreten worden. So mann eynen an warer Übelthat betritt, in Kaiser Carls des Fünften peinl. Haltsgerichtsordnung Art. 16. Von dieser Bedeutung, welche im Hochdeutschen noch gänge und gebe ist, stammet vermuthlich auch, 4) der Gebrauch des Participii betreten her, da es, wie betroffen, oft als ein Adverbium, für bestürzt, verwirrt, in Verlegenheit: gesetzt, stehet, so wie jemand, der in einer unwürdigen Handlung betreten wird. Da diese Rede höreten der Hohepriester - wurden sie über ihnen betreten, was doch das werden sollte, Apostelg. 5, 24. Er schien über meinen Antrag ganz betreten zu seyn. Du hättest schon sehen sollen, wie betreten er ward, als er mich sahe. Man hat diesen Gebrauch tadeln wollen, allein ich weiß nicht warum. Er ist im Hochdeutschen bekannt genug, und die Metapher ist auch nicht seltsamer, als in betroffen und bestürzt, welche doch in ähnlicher Bedeutung gebraucht werden. Indessen scheinet dieses Participium in Oberdeutschland fremd zu seyn. In der Baselschen Ausgabe des neuen Testamentes von 1523 stehet betreten unter den unbekannten Wörtern durch rathschlagen, unterreden, erkläret. Allein in diesem Verstande kommt es weder in der Deutschen Bibel, noch bey einem andern Schriftsteller vor. Vermuthlich wird auf die vorhin angeführte Stelle aus der Apostelgeschichte gezielet, wo man aber den wahren Verstand verfehlet hat. Im Angels. bedeutet ondraeden erschrocken seyn.Daher die Betretung. Im Betretungsfalle, im Falle, da sich jemand betreten, oder irgend wo antreffen lässet; ein Ausdruck, der allen Steckbriefen gewöhnlich ist.


Betrieb (W3) [Adelung]


Der Betrieb, des -es, plur. inusit. von dem Verbo betreiben. 1) Das Betreiben eines Ortes mit dem Viehe. Der Betrieb eines Waldes, eines Feldes mit dem Viehe. 2) Das Betreiben eines Geschäftes, und die Geschäftigkeit, die man dabey äußert. Der Betrieb eines Prozesses, einen Baues. Der schwache Betrieb der Stollörter, im Bergbaue. Das Nieders. Bedref bedeutet über dieß noch, theils eine jede Handthierung, theils aber den Absatz an Waaren; den Vertrieb. 3) Antrieb, doch nur in einigen gemeinen Mundarten. Ich habe es auf seinen Betrieb gethan.


Betriebsam (W3) [Adelung]


Betriebsam, -er, -ste, adj. et adv. Geschäftig, der eine Sache gern und fleißig betreibet. Ein betriebsamer Mensch. Er ist sehr betriebsam. Daher die Betriebsamkeit, die lebhafte Geschäftigkeit.


Betriegen (W3) [Adelung]


Betriegen, verb. irreg. act. ( S. Triegen,) die gegründete Erwartung eines andern, in der Absicht ihm zu schaden, unerfüllet lassen. Dieses geschiehet im gesellschaflichen Leben, 1) auf die gröbste Art, wenn man einen andern unter dem Versprechen eines Ersatzes, eines Äquivalentes, oder unter dem Scheine eines Rechtes, um den Besitz seines Eigenthumes bringet. So betriegt ein böser Schuldener seine Gläubiger, wenn er sie mit Vorsatz um die ihm geliehenen Summen bringt, und ein falscher Spieler betriegt seine Mitspieler unter dem Scheine eines Rechtes. Die Sache, die dem andern auf diese Art entzogen wird, bekommt in diesem Falle das Vorwort um. Er hat mich um vieles Geld, um mein ganzes Vermögen betrogen. Er betrog mich um das Vergnügen, worauf ich einiges Recht zu haben glaubte, Dusch. 2) Wenn man ihm Schlechtes für Gutes, wenig für viel gibt. So betrog Michal die Bothen Sauls, da sie ein Bild an Davids Stelle in das Bett legte, 1 Sam. 19, 13. Die Wucherer betrogen die Armen, da sie ihnen Spreu für Korn verkauften., Amos 8, 6. Laban betrog den Jacob, als er ihm die Lea statt der Rahel gab, 1 Mos. 29, 25; und der Krämer betriegt, der falsches Gewicht und Maß führet, Hof. 12, 17. 3) Wenn man ihm Irrthum für Wahrheit gibt, oder ihm einen Irrthum beybringt, in der Absicht, ihm zu schaden. So ließ sich Eva von der Schlange betriegen, 1 Mos. 3, 13. Wer leicht glaubt, wird leicht betrogen. In weiterer Bedeutung wird dieses Wort zuweilen gebraucht, wenn der Vorsatz zu schaden auch nicht erweislich ist. So betrog Jacob seinen Vater, als er sich in Esaus Gestalt verkleidete, 1 Mos. 27, 12; und die Gibeoniten betrogen den Josua, da sie vorgaben, sie kämen aus einem weit entlegenen Lande, Jos. 9, 22. Leicht läßt sich die Vernunft, doch schwer das Herz betriegen, Gell. S.

Anm. 1. Und in noch weiterer Bedeutung wird das Reciprocum sich betriegen im gemeinen Leben nicht selten, für sich irren gebraucht. Du betriegst dich, die Sache verhält sich anders. 4) Wenn man des andern Hoffnung unerfüllet lässet, wo dieses Wort oft auch figürlich in solchen Fällen gebraucht wird, wo weder eine gegebene Hoffnung, noch ein böser Vorsatz vorhanden ist. Daher die so wohl im gemeinen Leben, als auch in der edlern Schreibart üblichen R. A. Sich in seiner Hoffnung betriegen. Ich habe mich gar sehr in meiner Hoffnung betrogen. Sich in seiner Hoffnung, in seiner Erwartung betrogen finden. Betrogene, d. i. fehl geschlagene, Hoffnungen; in der höhern Schreibart. S. auch Betrug.

Anm. 1. Da Betriegen eigentlich den Begriff eines böslichen Vorsatzes bey sich führet, so ist es in den drey ersten Bedeutungen ein harter und beleidigender Ausdruck, statt dessen man, wenn der Vorsatz noch nicht völlig erweislich ist, oder man sich aus andern Ursachen behuthsam ausdrucken will, lieber die mildern Wörter täuschen, hintergehen u. s. f. gebraucht. Die gemeinen Mundarten haben eine große Menge Wörter, die verschiedenen Arten des Betruges nach allen Schattirungen der Feinheit auszudrucken. Aufsetzen, anführen, prellen, schnellen, belisten, beschleichen, betörkeln, betölpeln u. s. f. sind auch im Hochdeutschen nicht unbekannt. Die Niedersachsen haben ihr beteen, beziehen, besellen, gigeln, begigeln, (Engl. to beguile, Holländ. gyhlen, Altfrz. "guiller", bey einigen Oberdeutschen auch gillen, begil-len) betrecken, (beziehen) beschummeln, beschuppen, belugsen, bemöhlen, beswichen, (bey den alten Franken und Alemannen, piswichan, besuuichan, Dän. besvige) betalgen, u. s. f.

Anm. 2. Betriegen, Nieders. drögen, bedrögen, Holländ. bedrieghen, triegen, Schwed. bedraga, Engl. to betray: Lautet bey dem Tatian betriegen, und bey dem Notker triegen. Das einfache triegen kommt in dieser Bedeutung noch in den gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes vor. Sy haben oft trogen mich, Theuerd. So äfft die Eitelkeit, den der sich trügen läßt, Günth. S. Triegen. Die Abstammung und eigentliche Bedeutung dieses Wortes ist noch nicht ausgemacht. Herr Ihre leitet es von dem Niedersächs. Trecken, ziehen, her, womit das Franz. trahir, und in dem mittlern Lateine seducere und "trahere", und das Deutsche beziehen, in der Bedeutung überein kommen. Richtiger könnte man es von tragen ableiten; denn trecken, ziehen, ist doch wohl nur das Frequentativum von drägen, tragen, und bedrögen, betriegen, und betrecken sind im Niedersächsischen so wohl in der Aussprache als Schreibart ziemlich weit von einander unterschieden. Wie es übrigens auch mit der Abstammung beschaffen seyn mag, so hat man doch keinen überwiegenden Grund, dieses Wort lieber betrügen, als betriegen zu schreiben. Das Hauptwort Betrug entscheidet hier nichts, weil von biegen, fliegen, fliehen, fließen, genießen, gießen, riechen, schieben, schießen, schließen, verlieren u. s. f. gleichfalls Bug, Flug, Flucht, Fluß, Genuß, Guß, Ruch und Geruch, Schub, Schuß, Schluß, Verlust u. s. f. kommen. Betrügen hat nichts weiter als eine rauhere Aussprache für sich. Eben dieß gilt auch von der Conjugation im Präsenti du betreugst, er betreugt, für betriegst, betriegt, welche im Hochdeutschen nur noch zuweilen in der höhern Schreibart vorkommt. S. Triegen.


Betrieger (W3) [Adelung]


Der Betrieger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Betriegerinn, plur. die -en, der, oder die betriegt, in den beyden ersten Bedeutungen des Verbi und mit aller Härte des Nebenbegriffes, deren dasselbe nur fähig ist. Im Niedersächsischen ein Drog, bey dem Hornegk Trugner und bey dem Notker Trugenar.


Betriegerey (W3) [Adelung]


Die Betriegerey, plur. die -en, im gemeinen Leben, eine Handlung, durch welche man betriegen will, in den beyden ersten Bedeutungen des Verbi. Es ist eine Betriegerey. Alle deine Betriegereyen sind an den Tag gekommen. Triegerey bey dem Opitz und Gryphius.


Betriegerisch (W3) [Adelung]


Betriegerisch, -er, -te, adj. et adv. im gemeinen Leben, was da betriegt, oder zu betriegen sucht. Ein betriegerischer Tausch. Ein betriegerischer Mensch. Driagero uuorto, bey dem Ottfried. Der edlen und höhern Schreibart ist betrüglich angemessener. S. dasselbe.


Betrinken (W3) [Adelung]


Betrinken, verb. irreg. act. ( S. Trinken,) trunken machen. Jemanden betrinken. Sich betrinken. Betrunken seyn. Daher die Betrunkenheit, der Zustand da man betrunken ist, die Trunkenheit. Bey dem Ottfried bedeutet iruuinen, im Weine betrinken; Notker braucht irtrenchen, und Tatian foltrincan, für betrinken. S. Trunken.


Betröpfeln (W3) [Adelung]


Betröpfeln, verb. reg. act. welches das Diminutivum des folgenden ist und mit demselben einerley Bedeutung hat. Die Flügel, Die ihm vom Thau befeuchtet Und so betröpfelt waren, Haged. Er siehet betröpfelt aus betreten, niedergeschlagen; im gemeinen Leben.


Betropfen (W3) [Adelung]


Betropfen, verb. reg. act. tropfenweise benetzen. Jemanden mit Wasser, mit Wein betropfen, S. auch Beträufen.


Betrüben (W3) [Adelung]


Betrüben, verb. reg. act. trübe machen. 1) * Eigentlich, von dem Wasser. Darnach ain cleine Zeit verging Das sich ein großer windt anfing Der das meer betrübet, Theuerd. Kap. 32. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet, doch hört man noch zuweilen: Er steht so unschuldig aus, als wenn er kein Wasser betrübt hätte. 2) Figürlich, dem Gemüthe nach trübe Machen, durch Vorstellung eines Übels im Innern unangenehme Empfindungen erwecken. Dein Abschied hat mich sehr betrübt. Eine solche Nachricht muß mich nothwendig betrüben. Er hat noch kein Kind betrübt. Sich betrüben, dergleichen unangenehme Empfindungen haben. Sich über den Tod eines Freundes, über einen Verlust, über eine unangenehme Nachricht betrüben. S. auch Betrübt.

Anm. Das einfache sih druaben kommt schon bey dem Ottfried für sich betrüben vor. Notker gebraucht getruoben für betrüben. Bey den Schwäbischen Dichtern ist getruwen leiden überhaupt, welche Bedeutung auch das Angels. drowian hat. Das Engl. Throws sind Geburtsschmerzen; das Nieders. bedröven und dröven, und das Schwed. bedröfwa aber haben mit dem Hochdeutschen einerley Bedeutung. S. das folgende.


Betrübniß (W3) [Adelung]


Die Betrübniß, plur. die -sse. 1) Die unangenehme innere Empfindung, welche durch die Vorstellung eines Übels entstehet; ohne Plural. 2) Ein Übel, welches Betrübniß erwecket. Ein närrischer Sohn ist die Betrübniß seiner Mutter, Sprichw. 17, 25.

Anm. Betrübniß, bey dem Tatian Pitruobnessi, ehedem auch Betrübde, im Nieders. Bedrövniß, Drövniß, ist ein geringerer Grad der Traurigkeit und gehet mehr auf die innere Empfindung, so wie dieses mehr die äußern Merkmahle derselben ausdruckt. Bey dem Opitz, Haller, und fast allen Oberdeutschen ist es, wie die meisten Hauptwörter auf -niß, sächlichen Geschlechtes, dagegen die Hochdeutschen es jederzeit im weiblichen gebrauchen. S. -Niß.


Betrübt (W3) [Adelung]


Betrübt, -er, -este, adj. et adv. welches eigentlich das Participium des Verbi betrüben ist. 1) Betrübniß empfindend. Betrübt seyn, werden. Er kam sehr betrübt zu Hause. Ein betrübtes Gemüth. Die Nachricht machte mich sehr niedergeschlagen und betrübt. Sey nicht um mich betrübt, Cron. 2) Betrübniß verrathend. Ein betrübtes Gesicht. Er sahe sehr betrübt aus. 3) Betrübniß zum Grunde, zum Gegenstande habend. Betrübte Gegenstande. 4) Betrübniß erweckend, für betrübend. Betrübte Umstände. Das ist betrübt. Allein dieß war für ihn betrübt, Gell. Ein betrübter Fall. Es laufen betrübte Nachrichten ein.

Anm. Für betrübt, Nieders. drövt, bedrövt, gebraucht Ottfried gidruabit, Notker truobmuotig, und der heutige Oberdeutsche zuweilen leidmüthig.


Betrug (W3) [Adelung]


Der Betrug, des -es, plur. car. eine betrügliche Handlung, in allen Bedeutungen des Verbi betriegen. Einen Betrug begehen. Er gehet mit einem Betruge um. Ein Mensch der voller List und Betrug ist. Es steht ein Betrug dahinter, im gemeinen Leben. Ohne Betrug handeln, mit jemanden umgehen. Die meisten Gespenstergeschichten sind Einbildung und Betrug. Sie müssen ihm zum Besten einen kleinen Betrug spielen, Gell. Ein frommer Betrug, da man aus so genannten anten Absichten jemanden die Wahrheit verhehlet, oder ihm einen Irrtum beibringt.

Anm. Das alte einfache Troh und Troc, Nieders. Drog, Hochdeutsch Trug, kommt für Betrug zuweilen noch im Ober-deutschen vor, S. Trug. Truckniß findet sich in dem Buche Belial von 1472. Bey dem Ottfried ist Gedrog ein Gespenst für Betrug aber gebraucht Kero Vrkusti, und Notker Bisuuich und Chrize. Im Persischen bedeutet Drog gleichfalls Betrug.


Betrügen (W3) [Adelung]


Betrügen, S. Betriegen.


Betrüglich (W3) [Adelung]


Betrüglich, -er, -ste, adj. et adv. was uns betriegt, oder zu betriegen sucht, einem Betruge gleich. Er handelt betrüglich. Du bist sehr betrüglich mit mir umgegangen. Eine betrügliche Waare. Ein betrüglicher Handel. Ingleichen in weiterer Bedeutung, unecht, was den Werth, die Dauer nicht hat, die es verspricht. Eine betrügliche Schönheit. Wenn nun aller betrüglicher Nebel vor deinen Blicken zerfließen wird. Eine betrügliche, d. i. ungegründete Hoffnung. Drugilicho bey dem Ottfried, trugelicho bey dem Notker. Daher die Betrüglichkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da eine Person oder Sache betrüglich ist, auch in der weitern Bedeutung und der höhern Schreibart. Die Betrüglichkeit unserer Hoffnungen, Less. Betrüglich scheinet unmittelbar von dem vorigen Substantivo zu seyn, und wird in so fern mit einem ü geschrieben. Da es sich aber auch unmittelbar von dem Verbo ableiten lässet, so ist auch die Schreibart betrieglich zu vertheidigen.


Betrunken (W3) [Adelung]


Betrunken, die Betrunkenheit S. in Betrinken.


Bett (W3) [Adelung]


Das Bett, des -es, plur. die -en, Diminutivum das Bettchen, Oberdeutsch das Bettlein. 1. Eigentlich ein jeder Platz, welchen sich ein lebendiges Geschöpf zur Ruhe zubereitet oder ausersiehet. In dieser ältesten und weitesten Bedeutung nennen noch die Jäger denjenigen Platz in einem Gehölze, auf welchem das Roth- und Tannwildbret ruhet, das Bett, dagegen sie dem Bär, den Sauen, dem Wolfe, dem Luchse und den Hasen ein Lager zuschreiben. Figürlich, vermuthlich in Beziehung auf die Vertiefung, wird auch die Vertiefung des Erdbodens, in welcher Ein Fluß seinen Lauf hat, das Bett genannt, und in einer noch weitern Bedeutung führet diesen Nahmen auch das Behältniß an den Mühlen, durch welches sich das Wasser auf die Räder stürzet, das Fluthbett, das Gerinne; in welcher Bedeutung Bedum, Bedale, Bedalium in dem Lateine der mittlern Zeiten nicht selten sind.2. In engerer Bedeutung, das hölzerne Gestell nebst den mit Federn ausgestopften Polstern, zur Ruhe und zum Nachtlager der Menschen. Das Faulbett, Feldbett, Reisebett, Himmelbett u. s. f. Ein einschläferiges Bett, im gemeinen Leben mancher Provinzen, ein Bett auf Eine Person, in Meißen, ein einmännisches, in andern Gegenden ein einspänniges Bett. Ein zweyschläferiges Bett, in Meißen, ein zweymännisches, anderwärts ein zweyspänniges. Im Hochdeutschen werden diese provinziellen Ausdrücke am richtigsten umschrieben. Das Bett machen, die dazu gehörigen Polster und Küssen aufrühren und in Ordnung legen. S. Betten. In das Bett oder zu Bette gehen, sich zu Bette legen, sich, um zu schlafen, in das Bett legen. Einen zu Bette bringen, ihn bis an das Bett begleiten. Im Bette liegen, zu schlafen, oder zu ruhen. Zu Bette liegen, Bettlägerig, krank seyn. Das Bett hüthen müssen, in eben der Bedeutung, Franz. garder le lit. Auf dem Bette sterben, eines natürlichen Todes sterben. Auf dem Bette der Ehren sterben, in einer Schlacht bleiben.3. In noch engerer Bedeutung, einzelne Theile eines solchen Bettes. 1) Das hölzerne Gestell, welches auch ein Bettgestell, eine Bettstatt, eine Bettsponde u. s. f. genannt wird. Sein eisern Bett ist allhier zu Rabbath, 5 Mos. 3, 11. Noch häufiger aber, 2) die in dasselbe gehörigen Polster, die Federbetten, besonders die größern unter denselben, im Gegensatze der Küssen und eigentlichen Polster. Das Unterbett, das Oberbett oder Deckbett. Unter keinem Bette, sondern unter einer Decke Schlafen. Die Betten sonnen. Man lieget, wenn noch jetzt das Sprichwort gelten soll, Auf guten Betten hart, auf harten Betten wohl, Haged. Die wunden sich in ihren weichen Betten, Gell. 4. Figürlich von einiger Ähnlichkeit mit einem Schlafbette, die abgetheilten Plätze in den Gärten und auf den Äckern, Gewächse darauf zu pflanzen, wo aber dieses Wort im Hochdeutschen Beet lautet. S. Beet. An den Weinkeltern wird das Behältniß, in welches die zum Pressen bestimmten Trauben geleget werden, und in weiterer Bedeutung auch so viel Trauben, als auf Ein Mahl gekeltert werden können, ein Bett genannt.

Anm. In Ansehung des Plurals ist der Sprachgebrauch sich nicht völlig gleich. Ein Gestell mit oder ohne Federbetten macht den Plural im Oberdeutschen Better, ein Federbett aber Bette. Wenn die große weite Welt Schläfrig in die Bette fällt, Opitz. Im Hochdeutschen ist wohl der Plural die Betten in allen Bedeutungen ohne Unterschied am häufigsten; obgleich auch viele mehrere Gestelle mit oder ohne Federbetten im Plural Bette nennen: sechs Gastbette, drey Krankenbette. Hingegen die Betten sonnen u. s. f. in welchem zweyten Falle der dritten Bedeutung der Plural im Hochdeutschen ohne Ausnahme Betten lautet. Der Plural wird in der ersten Bedeutung wohl nur selten vorkommen. In der zweyten und dritten lautet er im Hochdeutschen ohne Unterschied Betten. Allein in einigen Oberdeutschen Gegenden haben die Federbetten im Plural Bette, in andern aber Better oder Bether. Mit den benöthigten Kleidern und Bethern verstehen, Bluntschli. In Österreich hingegen hat nur ein Gestell nebst den dazu gehörigen Federbetten im Plural die Better. Bett lautet übrigens schon bey dem Kero Pett, um das Jahr 790 in der Fränkischen Mundart im Plural Betdi, im Gothischen Bad, bey dem Ottfried und Willeram Bette, im Nieders. Bedde, im Angels. und Engl. Bed; im Schwed. Baedd. Herr Ihre hält den Begriff der Wärme für den herrschenden in diesem Worte, und rechnet es zu dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, calere, mit welchem das Schwed. badda, rösten, überein kommt; S. Bähen. Allein Wachters Meinung, der es zu beiten, warten, rechnet, hat mehr Wahrscheinlichkeit für sich, und schickt sich besser für das hohe Alterthum dieses Wortes und die Einfalt der damahligen Sitten, da man von einem Nachtlager wohl eben keine Wärme zu verlangen Ursache hatte. Vermittelst des Zeitwortes beiten ist Bett mit dem Chald. Arab. und Äthiop. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - übernachten, und dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, oder Ort, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Haus, verwandt. S. Bude und Bauen.


Bettbank (W3) [Adelung]


Die Bettbank, plur. die -bänke, ein Bettgestell ohne Füße, in Gestalt einer Bank, welche zusammen geleget werden kann, und, so fern sie sich auch zu einem Tische gebrauchen lässet, auch ein Betttisch heißet. S. auch Bettstatt.


Bettbarchent (W3) [Adelung]


Der Bettbarchent, des -es, plur. inus. in den Fabriken und dem gemeinen Leben, eine Art Barchent, welche am häufigsten zu den Federbetten gebraucht wird.


Bettbehänge (W3) [Adelung]


Das Bettbehänge, des -s, plur. ut nom. sing. dasjenige, womit ein Himmelbett behänget wird, die Vorhänge. Zwey Bettbehänge, so viel Vorhänge, als zu zwey Himmelbetten gehören.


Bettdecke (W3) [Adelung]


Die Bettdecke, plur. die -n, eine Decke, welche man über das Bett zu breiten pfleget, damit es nicht bestaube. Das Deckbett Hingegen, ist ein Federbett, womit man sich zudecket.


Bettel (W3) [Adelung]


Der Bettel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) * Das Betteln, und das Geschäft, welches man aus dem Betteln im eigentlichsten Verstande macht; ohne Plural, und nur im Oberdeutschen. Dem Bettel nachhängen. Arme, die im Bettel herum laufen. Von dem Bettel leben. Sich im Bettel betreten lassen. Den Gassenbettel abstellen, das Betteln auf den Gassen. Alle diese Ausdrücke sind nebst der ganzen Bedeutung im Hochdeutschen unbekannt. 2) Eine schlechte, geringe Sache, im verächtlichen Verstande. Das ist ja nur ein Bettel. Schwören sie den Bettel ab. Soll sich denn ein Mann, wie ich, auf allen Bettel besinnen?Anm. Im gemeinen Leben hat man verschiedene Zusammensetzungen mit diesem Worte, die schlechte, geringe Beschaffenheit einer Sache mit niedriger Verachtung auszudrucken. Ein Bettelkönig, Bettelfürst, ein armseliger König oder Fürst. Ein Bettelschmaus, eine Bettelhochzeit, ein elender Schmaus, eine elende Hochzeit. Bettelode ist bey dem Notker mendicitas. In der zweyten Bedeutung lautet dieses Wort im Nieders. Bödel, Böel, welches eigentlich geringen Hausrath bedeutet, der auch wohl Budel, Inbudel genannt wird. Es ist daher glaublich, daß Bettel in dieser Bedeutung nicht zu betteln, mendicari, sondern zu einem ganz andern Stammworte gehöret. S. Budtheil.


Bettelarm (W3) [Adelung]


Bettelarm, adj. et adv. im gemeinen Leben, im höchsten Grade arm, so daß man betteln möchte.


Bettelbrief (W3) [Adelung]


Der Bettelbrief, des -es, plur. die -e. 1) Eine schriftliche Erlaubniß betteln zu dürfen. 2) Im gemeinen Leben und verächtlich, ein Brief, in welchem man um etwas bittet.


Bettelbrot (W3) [Adelung]


Das Bettelbrot, des -es, plur. car. im gemeinen Leben, das. Brot, oder die Nahrung, welche man sich durch Betteln erwirbt. Das Bettelbrot essen.


Bettelbube (W3) [Adelung]


Der Bettelbube, des -n, plur. die -n, ein Bube oder Knabe, der vom Betteln lebet; ein Bettelknabe, Betteljunge.


Betteley (W3) [Adelung]


Die Betteley, plur. die -en. 1) Das Betteln, die Lebensart der Bettler; ohne Plural, und am häufigsten im Oberdeutschen. Sich auf die Betteley legen, sich von der Betteley ernähren. Betteley schmecket wohl dem unverschämten Maule, Sir. 40, 32. Verachtung und Betteley würden sein gewisses Loos seyn, Less. 2) Unverschämtes, beschwerliches Bitten. Ich bin deiner Betteleyen müde.


Bettelfrau (W3) [Adelung]


Die Bettelfrau, plur. die -en, eine Frau, welche sich vom Betteln ernähret; verächtlich ein Bettelweib.


Bettelgeld (W3) [Adelung]


Das Bettelgeld, des -es, plur. inus. Geld, welches durch Betteln erworben wird. Bettelgeld ist nicht von langer Dauer.


Bettelhaft (W3) [Adelung]


Bettelhaft, -er, -este, adj. et adv. nach Art der Bettler, armselig. Das kommt sehr bettelhaft heraus. Ein bettelhafter Aufzug.


Bettelherberge (W3) [Adelung]


Die Bettelherberge, plur. die -n, im gemeinen Leben, eine Herberge der Bettler; eigentlich Bettlerherberge. Figürlich, eine armselige, elende Herberge.


Bettelhoffahrt (W3) [Adelung]


Die Bettelhoffahrt, plur. car. lächerliche Hoffahrt armer Leute. S. Bettelstolz.


Betteljagd (W3) [Adelung]


Die Betteljagd, plur. die -en, an einigen Orten, besonders Oberdeutschlandes, die Aufsuchung und Verjagung der Bettelleute.


Bettelleute (W3) [Adelung]


Die Bettelleute, singul. car. Leute beyderley Geschlechtes, welche sich vom Betteln nähren.


Bettelmann (W3) [Adelung]


Der Bettelmann, des -es, plur. die -männer, oder -leute, ein Bettler männlichen Geschlechtes.


Bettelmönch (W3) [Adelung]


Der Bettelmönch, des -es, plur. die -e, in der Römischen Kirche, ein Mönch, der zu einem der vier Bettelorden gehöret.


Betteln (W3) [Adelung]


Betteln, verb. reg. act. et neutr. welches das Frequentativum von Bitten ist, und als ein Neutrum das Hülfswort haben erfordert. 1) Oft und sehr bitten. Um ein Amt betteln. Es hilft kein Bitten noch Betteln. 2) In engerer Bedeutung, um eine Gabe zur Nothdurft bitten, Almosen bitten. Sich auf das Betteln legen. Betteln gehen, herum gehen und betteln. Sein Brot betteln. Vor den Thüren betteln. Er kann sich kaum des Bettelns erwehren. Auf den Brand betteln, wegen eines erlittenen Brandes betteln gehen. Bey ihm geht meine Kunst betteln, Less. bey ihm ist sie vergebens, bey ihm richte ich nichts aus. 3) Im Schach- und Damen-Spiele, Stein um Stein ohne weitern Vortheil nehmen.

Anm. Bey dem Ottfried lautet dieses Wort betolon, und bey dem Notker betelen. So fern es bloß anhaltend bitten bedeutet, gebraucht man dafür in Baiern auch fergeln, in Pommern gungeln, in Hamburg und Bremen truggeln, an andern Nieders. Orten gyren, göhnen, geilen, jalpern, treufeln, u. s. f. Betteln in der zweyten Bedeutung heißt in Niedersachsen bedeln, prachern, in Baiern gnenken, garden (von Garde, Franz. Guarde, ein Soldat, S. Frischens Wörterb.) fechten u. s. f.


Bettelorden (W3) [Adelung]


Der Bettelorden, des -s, plur. ut nom. sing. In der Römischen Kirche ein Orden solcher Mönche, welche nichts Eigenes an Grundstücken besitzen, sondern von Almosen leben sollen. Es sind solcher Orden vier, nehmlich, der Franciscaner, der Dominicaner, der Augustiner und der Carmeliter.


Bettelsack (W3) [Adelung]


Der Bettelsack, des -es, plur. die -säcke, ein Sack, worin die Bettler das erbettelte Brot bey sich führen.


Bettelsammt (W3) [Adelung]


Der Bettelsammt, des -es, plur. inus. Bey den Zeugmachern, eine Art groben wollenen oder baumwollenen Sammtes oder Plüsches.


Bettelschelle (W3) [Adelung]


Die Bettelschelle, plur. die -n, eine Schelle oder kleine Glocke mit welcher an einigen Orten die Bettelleute ihre Gegenwart vor den Thüren ankündigen. Mit der Bettelschelle kommen, um etwas zu bitten kommen, figürlich und verächtlich.


Bettelstaat (W3) [Adelung]


Der Bettelstaat, des -es, plur. car. im gemeinen Leben, armseliger Staat oder Putz geringer und bedürftiger Leute, und verächtlich auch ein jeder Staat, der wenig Kosten erfordert.


Bettelstab (W3) [Adelung]


Der Bettelstab, des -es, plur. car. figürlich, der Stand und das Leben eines Bettlers; doch nur in den Redensarten an den Bettelstab kommen, oder gerathen. Einen an den Bettelstab bringen, ihn zum Bettler machen.


Bettelstolz (W3) [Adelung]


Der Bettelstolz, des -es, plur. car. der lächerliche Stolz armer bedürftiger Leute. So auch das Adject. und Adverb. bettelstolz.


Betteltanz (W3) [Adelung]


Der Betteltanz, des -es, plur. die -tänze, eigentlich, ein Tanz der Bettelleute unter einander. Figürlich eine Zänkerey, auch wohl jede geräuschvolle Handlung mehrerer, in verächtlichem Verstande.


Betteltrotz (W3) [Adelung]


Der Betteltrotz, des -es, plur. car. der Trotz armer, bedürftiger Leute. Daher betteltrotzig.


Bettelvogt (W3) [Adelung]


Der Bettelvogt, des -es, plur. die -vögte, eine verächtliche Benennung derjenigen Knechte oder Diener der Polizey, die zur Abhaltung und Aufhebung der Bettelleute bestellt sind; Gassenvögte, Armenvögte, Armenwächter, sonst aber auch Kirchenknechte, Hundeschläger, Hundevögte, weil sie gemeiniglich auch dazu bestimmt sind, die Hunde während des Gottesdienstes aus den Kirchen zu treiben.


Betten (W3) [Adelung]


Betten, verb. reg. act. 1) Das Bett machen, d. i. die Federbetten aufrühren und in Ordnung legen. Die Magd hat noch nicht gebettet. Sprw. Wie man sich bettet, so schläft man, ein jeder ist seines Glückes Schmid. Stehe auf und bette dir sel-ber, Apostelg. 9, 34. In dieser Bedeutung folgt die dritte Endung der Person, so wie in der folgenden die vierte. Dein Tibur bettet dir die Wollust auf dem Klee, Günth. Wenn sich die Wolken am Tage unter der Sonne zusammen ziehen, so sagt man im gemeinen Leben, die Sonne bette unter sich. 2) Seine Schlafstätte erwählen, bereiten. Sich zusammen betten, seine Schlafstätte bey einem andern Wählen. Sich von einander betten, seine Schlafstätte von ihm entfernen. Bettete ich mir (mich) in die Hölle Pf. 139, 8. Er liegt da auf Stroh gebettet, von Krankheit entkräftet, Dusch. Vom Himmel nur gedeckt, gebettet auf der Erden, ebend. S. auch Bettung.

Anm. Gebetten bedeutet schon in dem alten Gedichte auf den h. Anno, das Bett bereiten. Sik bedden heißt im Nieders. auch sich zu Bette legen. Das Angels. beddian, und Schwed. bedda kommt mit dem Hochdeutschen überein.


Bettflasche (W3) [Adelung]


Die Bettflasche, plur. die -n, eine zinnerne Flasche, in welche warmes Wasser gethan wird, die Betten im Winter damit zu wärmen; eine Wärmflasche.


Bettfrau (W3) [Adelung]


Die Bettfrau, plur. die -en, in großen Haushaltungen, und an Höfen, eine Frau, deren Verrichtung es ist, die Betten zu machen.


Bettgeräth (W3) [Adelung]


Das Bettgeräth, des -es, plur. inus. Ein Collectivum, alle zu einem oder mehrern Schlafbetten gehörige Geräthschaften zu bezeichnen; im gemeinen Leben das Bettwerk.


Bettgestell (W3) [Adelung]


Das Bettgestell, des -es, plur. die -e, das hölzerne Gestell eines Schlafbettes, in welches die Federbetten geleget werden. In Niedersachsen die Bettstelle. S. Bettstatt.


Bettgurt (W3) [Adelung]


Der Bettgurt, des -es, plur. die -e, Gurte, welche die Stelle der Bodenbreter in einem Bettgestelle vertreten. Ein solches Bettgestell wird ein Gurtbett genannt.


Betthimmel (W3) [Adelung]


Der Betthimmel, des -s, plur. ut nom. sing. der obere Theil eines Himmelbettes.


Bettkammer (W3) [Adelung]


Die Bettkammer, plur. die -n; eine Kammer, worin man schläft; eine Schlafkammer, bey dem Notker Bettechameron. Ingleichen eine Kammer, in welcher Betten aufbewahret werden.


Bettkasten (W3) [Adelung]


Der Bettkasten, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Bettgestell, welches bey Tage zusammen geleget werden kann, und alsdann einen Kasten vorstellet; an einigen Orten die Bettlade. 2) Ein Kasten, worin Federbetten aufbewahret werden.


Bettkorb (W3) [Adelung]


Der Bettkorb, des -es, plur. die -körbe, ein Korb in Gestalt eines hölzernen Bettes, theils die Betten darin aufzubewahren, theils sich dessen im Falle der Noth statt einer Bettstatt zu bedienen.


Bettlade (W3) [Adelung]


Die Bettlade, plur. die -n, S. Bettlacken. In Schwaben wird ein jedes Bettgestell eine Bettlade genannt.


Bettlägerig (W3) [Adelung]


Bettlägerig, adj. et adv. Krankheit halber das Bett hüthend. Bettlägerig seyn, werden. Nieders. hedderedig, legerhaft, bey dem Ottfried betterison, Oberdeutsch bettrüstig, von rüsten, ruhen, bey dem Tatian bettisioch, bettstech.


Bettlaken (W3) [Adelung]


* Das Bettlaken, S. Betttuch.


Bettler (W3) [Adelung]


Der Bettler, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Bettlerinn, eine Person, welche um etwas bettelt, so wohl in der ersten Bedeutung des Verbi, als auch, und zwar am häufigsten, in der zweyten. Ingleichen in weiterer Bedeutung, ein sehr armer Mensch. Zum Bettler werden, verarmen. Einen zum Bettler machen, ihn alles des Seinigen berauben.

Anm. Schon bey dem Ulphilas findet sich das Wort Bidalar. Bey dem Ottfried lautet es Betalor, bey dem Notker Betelar, im Schwed. Bedlare. Im Nieders. ist Pracher üblicher, von dessen Abstammung das Bremisch-Nieders. Wörterbuch nachgesehen werden kann.


Bettlerisch (W3) [Adelung]


+ Bettlerisch, adj. et adv. welches nur in den niedrigen Mundarten für bettelhaft üblich ist.


Bettlerläuse (W3) [Adelung]


Bettlerläuse, S. Klebkraut.


Bettlermantel (W3) [Adelung]


Der Bettlermantel, des -s, plur. die -mäntel, der figürliche Nahme einer Seemuschel, welche von einigen zu den Chamiten, von andern aber zu den Austern gerechnet wird, und auch Lazarus-Klappe heißt.


Bettmeister (W3) [Adelung]


Der Bettmeister, des -s, plur. ut nom. sing. an den Höfen, ein Aufseher über die Betten und das Bettgeräth, welcher den Bettschreiber unter sich hat.


Bettpfanne (W3) [Adelung]


Die Bettpfanne, plur. die -n, eine Pfanne, in welche man glühende Kohlen thut, das Bett damit zu wärmen; eine Wärmpfanne, ein Bettwärmer. S. auch Bettflasche.


Bettpfoste (W3) [Adelung]


Die Bettpfoste, plur. die -n, eine der vier Pfosten an einem Bettgestelle.


Bettquast (W3) [Adelung]


Der Bettquast, des -es, plur. die -e, S. Anhalter.


Bettsack (W3) [Adelung]


Der Bettsack, des -es, plur. die -säcke. 1) Ein, gemeiniglich lederner, Sack, die Federbetten darin auf Reisen bey sich zu führen. 2) Ein mit Stroh oder Haaren gefüllter Sack, welchen man unter die Betten in das Bettgestell legt; der Strohsack, Haarsack.


Bettscheere (W3) [Adelung]


Die Bettscheere, plur. die -n, in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, zwey dünne, um einen Nagel bewegliche Breter, welche man zwischen das Federbett und Bettbret steckt, damit den Kindern das Deckbett nicht abfalle.


Bettschreiber (W3) [Adelung]


Der Bettschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. an Höfen ein Schreiber, welcher über die zu den Betten gehörigen Ausgaben Rechnung führet, und unter dem Bettmeister stehet.


Bettspinne (W3) [Adelung]


Die Bettspinne, plur. die -n, eine Art großer und ekelhaften Spinnen, welche sich in den Bettgestellen aufhält und daselbst von den Wanzen lebt, daher man ihr Schuld gibt, daß sie Blut sauge.


Bettsponde (W3) [Adelung]


Die Bettsponde, plur. die -n, S. das folgende.


Bettstatt (W3) [Adelung]


Die Bettstatt, plur. die -stätte, oder Bettstätte, plur. die -n, ein besonders Oberdeutscher Nahme des hölzernen Gestelles eines Schlafbettes; ein Bettgestell, im Nieders. Bedstede, Bedstelle, Engl. Bedstead, in Schwaben eine Bettlade, an andern Orten eine Bettsponde, ein Bettgespond, S. Spünden. In manchen Orten hat man Bettstätte, welche bey Tage mit den darin befindlichen Betten zusammen geleget werden, und alsdann eine Bank, Commode, einen Kasten, Tisch u. s. f. vorstellen. Eine solche Bettstatt wird eine Bettbank, eine Bett-Commode, ein Bettkasten, eine Bettlade, ein Bettschrank, ein Betttisch u. s. f. genannt.


Bettstollen (W3) [Adelung]


Der Bettstollen, des -s, plur. ut nom. sing. der Fuß an einem hölzernen Schlafbette, oder an einer Bettstatt. S. Stollen.


Bettstroh (W3) [Adelung]


Das Bettstroh, des -es, plur. car. 1) Das in ein Schlafbett gehörige Stroh. 2) Unser Frauen Bettstroh, S. Labkraut, Meierkraut, ingleichen Waldstroh.


Betttisch (W3) [Adelung]


Der Betttisch, des -es, plur. die -e, S. Bettstatt.


Betttuch (W3) [Adelung]


Das Betttuch, des -es, plur. die -tücher, das leinene Tuch, welches in einem Bette über das Unterbett gedecket wird; Niedersächs. Bettlaken, in Oberdeutschland Leihtuch, Leihlaken, ( S. Leiche,) im Schwabenspiegel Lilachen, im Angels. Lilid, in dem Capitul. de villis Batlinia, im Gemma Vocab. Slapelaken.


Bettung (W3) [Adelung]


Die Bettung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Bettens; ohne Plural, und selten. 2) In der Befestigungs- und Geschützkunst, der mit Holz belegte Ort einer Batterie, auf welchem die Kanonen stehen, und zuweilen auch die Batterie selbst; die Stückbettung. Oft heißt auch eine jede Lage, worauf ein anderesDing geleget wird, eine Bettung; z. B. die Grundlage einer Schleuse in dem Wasserbaue; eine Lage Pulver, worauf die Granaten gesetzt werden, in der Artillerie u. s. f.


Bettwagen (W3) [Adelung]


Der Bettwagen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wagen, das herrschaftliche Bettgeräth auf Reifen darauf fortzuschaffen.


Bettwanze (W3) [Adelung]


Die Bettwanze, plur. die -n, eine Art Wanzen, welche sich in den Schlafbetten aufhält, und auch nur die Wanze schlechthin genannt wird; Cimex lectularius, L.


Bettwärmer (W3) [Adelung]


Der Bettwärmer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Bettpfanne.


Bettwerk (W3) [Adelung]


Das Bettwerk, des -es, plur. inusit. S. Bettgeräth.


Bettzopf (W3) [Adelung]


Der Bettzopf, des -es, plur. die -zöpfe, S. Anhalter.


Bettzüge (W3) [Adelung]


Die Bettzüge, plur. die -n, (in den gemeinen Mundarten die Bettzieche,) der äußere Überzug über das Deckbett; im Nieders. Büre, Bettbüre. Der innere Überzug, der die Federn zusammen hält, und über welchen die Bettzüge gezogen wird, heißt in den gemeinen Mundarten ein Inlid, an einigen Orten auch Einguß, ein Inguß, ein Ingefütter. Bettzüge, ist von ziehen; aber irregulär gebildet, daher sagt man lieber Bettbezug, oder Überzug. Doch bedeutet im Wendischen Zycha so wohl eine jede Decke, als auch ein Dach.


Betze (W3) [Adelung]


Die Betze, S. Petze.


Beuche (W3) [Adelung]


Die Beuche, plur. die -n. 1) Die Handlung des Beuchens, oder des Einweichens der Wäsche in Lange; ohne Plural. 2) So viel Wäsche, als man auf Ein Mahl beuchen oder waschen will, oder kann. Eine volle Beuche haben. Im Nieders. Büke, im Oberdeutschen Peuche.


Beuchel (W3) [Adelung]


Der Beuchel, S. Bügel.


Beuchen (W3) [Adelung]


Beuchen, verb. reg. act. schmutzige Wäsche oder andere Leinwand in Lauge einweichen, welche Verrichtung an andern Orten laugen, und einlaugen heißt. Daher das Beuchfaß, ein besonderes Faß auf hohen Füßen, in welchem die Wäsche gebeuchet wird, und welches an einigen Orten auch eine Beuchstunze heißt.

Anm. Die unbeständigen Mundarten sprechen dieses in Ober- und Niederdeutschland bekannte Wort bald bäuchen, beichen, buchen, und büchen, bald aber auch peuchen und püchen aus. In Niedersachsen lautet es büken, im Schwed. byka, im Dän. byge, im Franz. buquer, buer, im Ital. bucalare. Im Engl. bedeutet Buck, im Ital. Bucata, im Franz. Buee, und im Span. und dem mittlern Lateine Bugada, Lauge. Menage hält ein gewisses Buca, ein Loch, für das Stammwort, weil man die Lauge durch ein Loch wieder abfließen lässet; die ungereimteste Ableitung, die vielleicht nur möglich ist. Nach Frischen und dem Junius ist Bak, ein Gefäß, und nach den Verfassern des Bremisch-Niedersächsischen Wörterbuches die Büche das Stammwort, weil die Lange gemeiniglich von Büchenasche gemacht werde. Wahrscheinlicher ist Huetii und Wachters Meinung, die es zu dem Lateinischen buo, buere rechnen, welches noch in imbuere vorhanden ist. S. auch Bökel.


Beuge (W3) [Adelung]


Die Beuge, plur. die -n, ein nur in einigen Fällen übliches Wort, von dem folgenden beugen. 1) Eine krumme gebogene Fläche, doch wohl nur in der gemeinen Redensart, etwas aus der Krümme in die Beuge bringen, es verbessern wollen, und nur noch mehr verschlimmern. Die Kniebeuge, der Ort hinter dem Knie, wo sich der Schenkel beuget. 2) Bey den Böttchern, ein hölzernes rund geformtes Bret, die Reife darüber zu beugen; die Reifbeuge, Scheibenkrücke, Biegscheibe. S. auch Biege und Bug.


Beugen (W3) [Adelung]


Beugen, verb. reg. act. aus der geraden Richtung durch Drücken oder Dehnen in eine Krumme bringen, die äußersten Puncte der Länge eines Körpers durch Drücken einander nähern. 1. Eigentlich. Der Baum beuget sich. Einen Reif beugen. Sich vor jemandem beugen, im gemeinen Leben bücken. Die Kniee vor Gott beugen. Einem den Nacken beugen, figürlich seinen Eigensinn brechen, ihn zum Gehorsam bringen. So wie die Kosen vom Nordwind gebeugt, Zachar. Das durch eignes Verdienst der musicalischen LorberUm die Schläfe sich beugt, ebend. Das Alter beugte schon den abgelebten Rücken, ebend. Und wenn sie im Schlummer Ihren Geliebten noch fleht, beugt sie sich über sein Antlitz, ebend. In dieser eigentlichen Bedeutung ist beugen nur im Oberdeutschen und in der edlern und höhern Schreibart der Hochdeutschen üblich. Im gemeinen Leben der letztern vertritt biegen dessen Stelle.2. Figürlich. 1) Das Recht beugen, unrecht verfahren, von dem Richter. Beugt ungescheut das Recht, Haged. Der Gebrauch Hiob 36, 18: Siehe zu, daß - groß Geschenk dich nicht gebeuget habe, dich nicht bewogen habe, das Recht zu beugen, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. 2) Demüthigen. Sich unter Gott beugen, Hiob 9, 13. Schaue die Hochmüthigen, wo sie sind, und beuge sie, Hiob 40, 7. Der Spröde bändigte, Hochmüthige gebeugt, Zachar. Schreckendes Grab, du letzte Behausung für Götter im Leben, O wie beugst du den träumenden Stolz! ebend. So oft der Herr der Wasser und der Erden Die Krämer beugt, daß sie nicht Fürsten werden, Haged. 3) Kränken, bemüthigenden Gram, schwere Sorgen verursachen. Meine Tochter wie beugest du mich! Die Last irdischer Sorgen, die deine Seele beugen, Dusch. Sorgen, die allein gesalbte Häupter beugen, Haged. So auch die Beugung, von der Handlung des Beugens. S. auch Beuge, Biege, Bug.

Anm. 1. Dieses eigentlich Oberdeutsche Zeitwort ist, wie Schon bemerkt worden, in der eigentlichen Bedeutung im Hochdeutschen nur in der höhern Schreibart üblich. In den figürlichen Bedeutungen wird es allein, biegen aber niemals gebraucht. Einige Sprachlehrer haben das Latein. flectere, d. i. das Verändern der Wörter am Ende, durch beugen ausdrucken, und dieses Zeitwort alsdann irregulär, wie biegen abwandeln wollen. Allein der Ausdruck ist unbequem und die irreguläre Abwandelung hier sehr willkürlich.

Anm. 2. Beugen lautet im Gothischen buga, bey dem Notker bougan und kebaugan, im Angels. bugan, bygan, im Engl. to bow, im Holländ. buygen, im Schwed. buga, im Dän. boye, Nieders. bögen, Latein. pago, pango, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Itali. piegare. S. auch Biegen. Übrigens ist die Familie dieses alten Wortes sehr groß, indem außer den schon oben angeführten Substantiven auch Bauch, Bühel, Buckel nebst andern dahin gehören.


Beugsam (W3) [Adelung]


Beugsam, -er, -ste, adj. et adv. was sich leicht beugen oder biegen lässet. 1. Eigentlich, so wohl im Oberdeutschen, als auch in der höhern Schreibart der Hochdeutschen. Ein beugsames Reis. 2. Figürlich. 1) In der Sprachkunst, obgleich nur bey einigen. Beugsame Redetheile, welche sich am Ende verändern lassen. 2) Folgsam, der sich willig beuget, d. i. lenken lässet. Er ist sehr beugsam. Ein beugsames Gemüth. Daher die Beugsamkeit, plur. inusit. in allen obigen Bedeutungen, besonders in der letztern. S. auch Biegsam.


Beule (W3) [Adelung]


Die Beule, plur. die -n, Diminutivum das Beulchen, eine fehlerhaft halb runde Erhöhung an den thierischen Körpern, welche entweder nach einem Schlage oder Stoße an den festen Theilen heraus tritt, oder von einer bösartigen Materie von innen heraus getrieben wird. Einem eine Beule schlagen. Es läuft mir eine Beule auf. Eiterbeulen, Pestbeulen. Ingleichen ähnliche fehlerhafte Erhöhungen an metallenen Geschirren, welche von einem Stoße oder Schlage entstehen.

Anm. Schon in den alten Alemannischen, Baierischen und Longobardischen Gesetzen kommt Puleslach, Pulislac und Pulslahi für Beulenschlag vor. Im Nieders. lautet dieses Wort Bule, Büle, im Angels. Byle, im Engl. Boil, Beal, Bile, im Schwed. Bula, im Dän. Bugle, Baule, Byld, im Holländ. Puyle, im Böhmischen Baula. Aus diesem Unbestande in Ansehung des Vocales erhellet zugleich, daß die Schreibarten Bäule und Beule gleich richtig sind. So fern die Beule durch Schlagen, Stoßen entstehet, könnte man dieses Wort mit Wachtern von bluan herleiten. S. Bläuen. Allein es scheinet, daß die äußere Gestalt der Grund der Benennung sey, da es denn zu Ball, Bollen und Bühel gehören würde. Bulga bedeutet im Schwed. und bulen im Dän. aufschwellen, und Bolde ist in der ersten Sprache ein Geschwür. Für Beule findet man im Oberdeutschen auch Peuderling. Eine Beule, die durch einen Stoß oder Schlag entstehet, heißt in Niedersachsen und Preußen eine Brüsch, und in Österreich ein Dippel.


Beunruhigen (W3) [Adelung]


Beunruhigen, verb. reg. act. Unruhe erwecken, in allen Bedeutungen dieses Hauptwortes. Diese Nachricht hat die ganze Stadt beunruhiget. Einen in dem Besitze einer Sache beunruhigen. Beunruhige mich nicht mit deinem Geschwätze. Deine schmeichelhaften Gefälligkeiten beruhigen mich nicht, sie beunruhigen mich vielmehr. Daher die Beunruhigung, so wohl für die Handlung des Beunruhigens, als auch die verursachte Unruhe selbst.


Beurbaren (W3) [Adelung]


Beurbaren, verb. reg. act. urbar machen. Eine Wüsteney beurbaren.


Beurkunden (W3) [Adelung]


Beurkunden, verb. reg. act. mit Urkunden belegen oder beweisen. Daher die Beurkundung.


Beurlauben (W3) [Adelung]


Beurlauben, verb. reg. act. 1) Urlaub, d. i. Erlaubniß auf einige Zeit zu verreisen geben. Soldaten beurlauben. Ein beurlaubter Soldat. Ingleichen, jemanden beurlauben, jemanden, den man zu Besuche bey sich hat, auf eine anständige Art von sich lassen. 2) Sich bey jemanden beurlauben, in der anständigen Sprechart, Abschied von ihm nehmen. In dieser letzten Bedeutung kommt sich einem gelauben so wohl bey dem Notker und Willeram, als auch bey den spätern Oberdeutschen Schriftstellern vor. S. Urlaub, welches auch zuweilen Abschied bedeutet. Daher die Beurlaubung.


Beurtheilen (W3) [Adelung]


Beurtheilen, verb. reg. act. sein Urtheil über eine Sache fällen, in der weitesten Bedeutung. Die Wahrheit einer Erzählung beurtheilen, bemerken, in wie fern ihr der Begriff der Wahrheit zukomme. In engerer Bedeutung, das Gute oder Böse, das Nützliche oder Schädliche u. s. f. an einer Sache entdecken. Derjenige Begriff, dessen Übereinstimmung oder Verschiedenheit mit dem Gegenstande man entdecket, und der gleichsam das Maß ausmacht, bekommt das Vorwort nach. Andere Leute nach sich, eine Wahrheit nach seinen Vorurtheilen, etwas nach seinem Geschmacke, nach seinen Empfindungen beurtheilen. Sie beurtheilen die Glückseligkeit allein nach der Lüsternheit ihrer Leidenschaften, Dusch.Daher die Beurtheilung, die Handlung des Beurtheilens, und die Beurtheilungskraft, plur. inusit. das Vermögen des Verstandes, die Übereinstimmung oder Verschiedenheit der Begriffe zu entdecken; und in engerer Bedeutung, das Vermögen, das Gute oder Böse an einer Sache genau zu bemerken.


Beute (W3) [Adelung]


1. Die Beute, plur. inusit. dasjenige, was dem Feinde im Kriege an beweglichen Gütern abgenommen wird. Beute machen, dem Feinde dergleichen Sachen abnehmen. Eine Sache Beute machen, sie auf solche Art bekommen. Auf Beute ausgehen. Mein ganzes Vermögen ist dem Feinde zur Beute geworden. Mit Beute beladen zurück kommen. Die Beute theilen.

Anm. Beute, Engl. Booty, Dän. Bytte, Holländ. Buyt, Schwed. und Isländ. Byta, Französ. Butin, Ital. Botino, ist wunderlichen Ableitungen ausgesetzet gewesen. Martinius leitet es von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Verlangen, Wachter von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, einen Ochsen opfern, Ihre von dem Schwed. byta, tauschen, wovon auch in Niedersachsen büten, für tauschen üblich ist. Es scheinet, daß Beute ehedem einen jeden Theil, und besonders den Theil eines Gewinnes bedeutet habe. Das übrige kam alß an die Beut, ward vertheilet, heißt es in dem 1514 gedruckten Deutschen Livius, S. 12. Das gut ließ er alles nemen und verbüten, ebend. S. 13. In dem Lüneburgischen Salzwerke bedeutet, in die Beut kommen, dem Frisch zu Folge, noch jetzt in die Theilung kommen, und Beutmeister ist daselbst eine Person, die den Gewinn vertheilet. S. auch Ausbeute. Wem diese Ableitung noch nicht Genüge thut, mag sehen, ob die von dem veralteten Bat, Nutzen, Vortheil, und batten, nützen, wahrscheinlicher ist. S. Besser. Das Verbum beuten, Beute machen, erbeuten, ist nur noch in Oberdeutschland üblich.


Beutel (W3) [Adelung]


1. Der Beutel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminutivum Das Beutelchen, ein kleiner Sack, etwas darin zu verwahren, besonders Geld darin aufzubehalten, und bey sich zu tragen. Figürlich, 1) das darin befindliche Geld, und nach einer noch weitern Figur, der Vermögenszustand. Seinen Beutel füllen, oder spicken, sich bereichern. Sich nach seinem Beutel (Vermögen) richten. Aus seinem eignen Beutel (auf seine eigene Kosten) zehren. Welche und andere ähnliche R. A. doch insgesammt gemein und niedrig sind. 2) Der öffentliche Schatz, die Casseeiner Gemeinheit, einer Stadt, oder eines Landes; doch nur in einigen Gegenden. Gemeiner Stadt Beutel, die Stadt-Casse Der Armenbeutel, die Armen-Casse. S. auch Beutelherr. 3) Bey den Türken ist Beutel eine Art das Geld zu zählen, indem ein solcher Beutel 500 Löwenthaler hält.

Anm. Beutel lautet im Nieders. Büdel, Büel, Pytel ist im Böhmischen ein Sack. Es ist vermuthlich mit dem vorigen verwandt, so daß der Begriff des hohlen Raumes der herrschende ist.


Beutel (W3) [Adelung]


2. Der Beutel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Sieb in den Mühlen, welches einige Ähnlichkeiten mit einem Beutel hat, von einem besonderen Werkzeuge beständig erschüttern wird, und dadurch die Absonderung des feinen Mehles von der Kleye befördert. Das Mehl durch den Beutel lassen.

Anm. Ein solcher Beutel in den Mühlen heißt in dem Lateine der mittlern Zeiten bey dem du Fresne und Carpentier, Batillus, Buletellum, Buletellus und Bultellus, Französ. Bluteau, alt Französ. Batel, Pohln. Pytel; beuteln aber, oder durch ein solches Sieb laufen lassen, im mittlern Lateine buletare, Franz. bluter, Engl. to bolt, Holländ. buydelen. Du Fresne hält das Bretagnische Bleut, reines Mehl, Lat. Pollen, im Deutschen an einigen Orten Poll für das Stammwort. Die meisten Deutschen Sprachforscher halten es mit dem vorigen für einerley Wort, welches auch die Ähnlichkeit dieses Siebes mit einem Beutel nicht unwahrscheinlich macht. Allein es scheinet doch, daß mit dieser Benennung vornehmlich auf die beständige Erschütterung gesehen werde, in welcher dieses Sieb erhalten wird, und daß dieses Wort zu dem Geschlechte des veralteten hatten, schlagen, Franz. battre, gehöre. Sich beuteln, heißt im Oberdeutschen sich schütteln, wie man thut, wenn einem ein Schauer überläuft, und das folgende Beutelsieb, läßt sich wohl auch nicht anders erklären, als durch ein Sieb, welches gebeutelt, d. i. hin und her beweget wird. S. Beutheye, Beuteln, ingleichen das folgende.3.


Beutel (W3) [Adelung]


Der Beutel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Landwirthschaft, ein rundes Holz mit einem dünnen Griffe, mit welchem der Flachs an einigen Orten vor dem Brachen, auf einem flachen Balken mürbe geklopfet wird; ein Bläuel, Schlägel. S. Beuteln.

Anm. Dieses Wort erhält nebst dem Engl. Beetle, noch das Andenken des im Deutschen veralteten Zeitwortes hatten, schlagen, welches noch in dem Franz. battre, dem Schwed. badda. dem Wallis. baeddu, und dem Latein. battuo, oder batuo. übrig ist. Im Angels. hieß dieses Zeitwort beatan, Engl. to beat.4.


Beutelfaß (W3) [Adelung]


Das Beutelfaß, des -sses, plur. die -fäßer, ein oben mit Leder eingefaßtes Faß, welches wie ein Beutel zugezogen wer- den kann, dergleichen die Kanonier auf den Schiffen gebrauchen.


Beutelfaul (W3) [Adelung]


Beutelfaul, adv. welches nur im gemeinen Leben üblich ist. Beutelfaul seyn, nicht gerne bezahlen oder Geld geben, von 1 Beutel.


Beutelgarn (W3) [Adelung]


Das Beutelgarn, des -es, plur. die -e, in der Fischerey, eine Art-Garne oder Netze mit einem Beutel; das Beutelnetz.


Beutelgeld (W3) [Adelung]


Das Beutelgeld, des -es, plur. inus. dasjenige Geld, welches die Bäcker an einigen Orten zur Unterhaltung des Beuteltuches in den Mühlen geben. S. 2 Beutel.


Beutelherr (W3) [Adelung]


Der Beutelherr, des -en, plur. die -en, an einigen Orten, z. B. zu Braunschweig und Halle, der Nahme des Kämmerers, Säckelmeisters oder Schatzmeisters, der den gemeinen Schatz in seiner Bewahrung hat. S. Beutel.


Beutelig (W3) [Adelung]


Beutelig, adj. et adv. welches nur im Bergbaue für löcherig, mit Höhlen versehen, üblich ist. Beuteliges Spießglaserz.


Beutelkasten (W3) [Adelung]


Der Beutelkasten, des -s, plur. ut nom. sing. in den Mühlen, der Kasten, in welchem sich der Beutel bewegt. S. 2 Beutel.


Beutelkrabbe (W3) [Adelung]


Die Beutelkrabbe, plur. die -n, eine Art Indianischer Krabben oder Krebse, welche einen überaus schönen Beutel unter dem Schwanze trägt; der Beutelkrebs, Astucus Cancer Latro, L.


Beutellehen (W3) [Adelung]


Das Beutellehen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Lehen, welches nicht mit Ritterdiensten, sondern mit dem Beutel, d. i. mit Gelde verdient wird, im Gegensatze der adeligen oder Ritterlehen. Weil solche Lehen auch von bürgerlichen, ja von Bauern besessen werden können, so werden sie auch Bauerlehen genannt. Der Nahme Beutellehen ist noch im Österreichischen am üblichsten. In andern Gegenden heißen sie Säckellehen, Zinslehen, Zinsgüter, Erbzinsgüter u. s. f.


Beutelmeise (W3) [Adelung]


Die Beutelmeise, plur. die -n, eine Art Meisen, welche grau und dunkelbraun ist, ihr Nest, wie einen Beutel an den Bäumen aufhängt, und in Volhynien, Sendomir und Litthauen angetroffen wird. Im Pohlnischen heißt sie Remiz.


Beuteln (W3) [Adelung]


Beuteln, verb. reg. act. welches nach Maßgebung der Bedeutungen des Wortes Beutel, auch verschiedene Bedeutungen hat. 1) Von dem Beutel in den Mühlen, bedeutet beuteln, durch den Beutel laufen lassen. Gebeuteltes Mehl, im Lateine der mittlern Zeiten, farina bultellata. S. Beutel 2. 2) Im Oberdeutschen bedeutet beuteln, schütteln. Man beutelt sich daselbst, wenn einem ein Schauer antritt. Den Staub von sich beuteln, abschütteln. 3) Von Beutel, Schlägel, bedeutet beuteln an einigen Orten auch klopfen, besonders den Flachs vor dem Brachen mürbe klopfen. 4) Sich beuteln, von Zeugen, wenn sie beutelförmige Vertiefungen bekommen; wie z. B. das Futter eines Kleides, wenn es vor dem Überzuge heraus tritt.


Beutelnetz (W3) [Adelung]


Das Beutelnetz, des -es, plur. die -e, S. Beutelgarn.


Beutelperucke (W3) [Adelung]


Die Beutelperucke, plur. die -n, eine Perucke, deren gerades Hinterhaar in einen Beutel gesteckt wird.


Beutelratze (W3) [Adelung]


Die Beutelratze, plur. die -n, eine Amerikanische Katze, welche an Größe einer Katze gleicht, einen Saurüssel, und unter dem Bauche eine großen Beutel hat, worin sie ihren Jungen verbirgt; Didelphis marsupialis, L. Sie ist eine Art des Beutelthieres, Didelphis, L.


Beutelschneider (W3) [Adelung]


Der Beutelschneider, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, ein listiger Dieb, der andern die Geldbeutel unvermerkt abzuschneiden oder zu entwenden weiß; in dem Augsb. Stadtbuche von 1276 Seckelschneider, im Nieders. Sackmann, im Dän. Pungsuider, von dem Angels. Pung, eine Tasche, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bey dem Plautaus sector zonarius, Crumenileca, bey dem Festus Manticularius. Daher die Beutelschneiderey, plur. die -en, ein solcher listiger Diebstahl.


Beutelsieb (W3) [Adelung]


Das Beutelsieb, des -es, plur. die -e, ein feines Sieb von Pferdehaaren bey den Müllern und Bäckern, das feine Mehl von dem groben abzusondern; vermuthlich von dem Beuteln oder Rütteln, welches dazu nöthig ist, denn mit einem Beutel, crumena, hat wenigstens dieses Sieb seine Ähnlichkeit. S. 2 Beutel und Beuteln.


Beutelstolz (W3) [Adelung]


Beutelstolz, adj. et adv. im gemeinen Leben, stolz auf sein Vermögen oder auf seinen Reichthum. Beutelstolz seyn. Auch als ein Substantivum, der Beutelstolz.


Beutelthier (W3) [Adelung]


Das Beutelthier, des -es, plur. die -e, S. Beutelratze.


Beuteltuch (W3) [Adelung]


Das Beuteltuch, des -es, plur. von mehreren Arten oder Quantitäten, die -tücher, ein grobes wollenes Tuch mit einem weitlöcherigen Gewebe, aus welchem die Beutel in den Mühlen verfertiget werden. Auch eine Art klarer Leinwand, fein gepülverte Sachen dadurch zu beuteln oder zu sieben.


Beutelwelle (W3) [Adelung]


Die Beutelwelle, plur. die -n, in den Mühlen, diejenige Welle, woran sich der Beutel bewegt.


Beutelwurst (W3) [Adelung]


Die Beutelwurst, plur. die -würste, eine Art Würste, welche in leinene Beutel gestopft wird.


Beuten (W3) [Adelung]


Beuten, verb. reg. act. 1) Von Beute, praeda, Beute machen, ein nur im Oberdeutschen übliches Wort, welches auch bey dem Logau vorkommt. Die Soldaten stehlen nicht, sondern beuten nur. 2) Von Beute, ein Bienenstock, mit wilden Bienen besetzen; Nieders. hüten. S. 2 Beute.


Beuten (W3) [Adelung]


Der Beuten, S. 2 Beute.


Beutenheide (W3) [Adelung]


Die Beutenheide, plur. die -n, eine Heide oder ein Wald, worin wilde Bienen gehalten werden; in andern Gegenden die Zeidelheide, der Zeidelwald. S. 2 Beute.


Beutenhonig (W3) [Adelung]


Das Beutenhonig, des -es, plur. car. das Honig von wilden oder Waldbienen, zum Unterschiede von dem Gartenhonige, S. 2 Beute.


Beutenleim (W3) [Adelung]


Der Beutenleim, des -es, plur. car. in einigen Gegenden, ein Nahme desjenigen Leimes oder Harzes, womit die Bienen die Ritzen und Öffnungen des Bienenstockes inwendig verkleiben; in andern Gegenden Vorstoß, Vorwachs, Stopfwachs, Pichwachs.


Beutheye (W3) [Adelung]


Die Beutheye, plur. die -n, bey den Böttchern ein hölzerner Schlägel, die Reise damit anzutreiben; die Pochheye. Die erste Hälfte dieses Wortes ist von dem veralteten batten, schlagen, S. 3 Beutel; die letzte Hälfte aber ist das im gemeinen Leben noch übliche Heye oder Hoye, eine Namme, S. Heye.


Beutler (W3) [Adelung]


Der Beutler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Beutelmacher, ein Handwerker, welcher lederne Beutel verfertiget und verkauft; die Beutlerinn, plur. die -en, dessen Gattin. Ehedem hießen sie Bürsner, von Burs, bursa, ein Beutel. Sie haben den Nahmen von den ledernen Beuteln, dem ehemaligen vornehmsten Gegenstande ihrer Beschäftigung. Heut zu Tage verfertigen sie vornehmlich Handschuhe, daher sie auch an einigen Orten Handschuhmacher heißen, Collette, lederne Kleider, Degengehenke u. s. f. haben aber wegen der Grenzen ihrer Beschäftigungen mit den Täschern, Senklern, und Gürtlern häufige Streitigkeiten. Daher die Beutlergare, diejenige Gare oder Beitze, mit welcher die Beutler ihre Felle gar machen oder abbeitzen.


Beuttheil (W3) [Adelung]


Der Beuttheil, S. Budtheil.


Bevogten (W3) [Adelung]


Bevogten, verb. reg. act. welches noch im Oberdeutschen am üblichsten ist, mit einem Vogte versehen. Unmündige bevogten, ihnen einen Vormund setzen. Ehedem sagte man auch Parteyen vor Gericht, ein Kloster bevogten, wenn man ihnen einen Anwalt, einen Vogt, d. i. Advocatum, verordnete.


Bevölkern (W3) [Adelung]


Bevölkern, verb. reg. act. mit Volk, d. i. Einwohnern, versehen. Eine Stadt, ein Land bevölkern. Ingleichen die Ein- wohner eines Ortes oder Landes vermehren; im Gegensatze des entvölkern. So sucht Rußland seit vielen Jahren das Orenburgische Gouvernement, Österreich Ungarn, das Haus Brandenburg Preußen zu bevölkern. Daher die Bevölkerung, die Besetzung eines Landes oder Ortes mit Einwohnern, oder die Vermehrung derselben. Einige Neuere gebrauchen dieses Wort auch von der Zahl der Einwohner eines Ortes oder Landes, der Volksmenge, oder von ihrem Zustande in Ansehung ihrer Menge, dem Bevölkerungsstande. Daher die Bevölkerungsliste, die Liste oder das Verzeichniß von der zu- oder abnehmenden Volksmenge eines Ortes oder Landes, wovon, die Geburts- und Sterbelisten Unterarten sind. Bevölkern, ist von dem Plural des Wortes Volk; von dem Singular hat man im Oberdeutschen bevolken In eben derselben Bedeutung.


Bevollmächtigen (W3) [Adelung]


Bevollmächtigen, verb. reg. act. mit Vollmacht versehen, Vollmacht ertheilen. Jemanden bevollmächtigen. Jemanden zu einem Geschäfte bevollmächtigen. Er ist mein Bevollmächtigter, er hat von mir Vollmacht. Nieders. mächtigen, ehedem befulwotten. Gevollmächtigen für bevollmächtigen, ist ungebräuchlich. Daher die Bevollmächtigung.


Bevor (W3) [Adelung]


Bevor ein Oberdeutsches Nebenwort, welches im Hochdeutschen von einem sehr eingeschränkten Gebrauche ist. Es ist,1. Ein Nebenwort der Zeit und Ordnung, für ehe, oder eher. Noch ein Wort, bevor du den Ausspruch thust, Less. Ingleichen, für ehe als, als bis. Ich komme nicht, bevor du mich rufest. Ich sahe dich nicht, bevor du den Berg herunter kamest. Im Hochdeutschen kommt dieses Wort nur zuweilen in der höhern und dichterischen Schreibart vor, besonders wenn eher wegen des Sylbenmaßes unbequem wird. Ich unterbreche dich Durch gar kein Wort, bevor du selbst wirst schweigen, Haged. 2. Des Ortes, doch nur in einer figürlichen Bedeutung und mit Dem Zeitworte stehen. In bevor stehender (nächst künftiger) Woche. Eine Krankheit steht ihm jetzt bevor, Gell. er wird eine Krankheit bekommen. Ich muß ihnen sagen, daß uns vielleicht ein kleines Glück bevor steht, ebend. Nein etwas Großes steht Athen und mir bevor, Cron. 3. Der Ordnung allein, für zuvor, ingleichen voraus. Es einem bevor thun, es ihm zuvor thun. Einem bevor kommen, ihm zuvor kommen. Meinen Gruß bevor, eine längst veraltete Eingangsformel in Briefen. Er hat dieses vor andern bevor, zum voraus. So habt ihr viel Vortheil bevor, Theuerd. Kap. 78. Was hat ein Fürst bevor, das einem Schäfer fehlet? Hall. In dieser dritten Bedeutung ist es im Hochdeutschen am seltensten.

Anm. Dieses Nebenwort lautet schon bey den Übersetzer Isidors und bey dem Ottfried bifora, und wird so wohl von der Zeit, als auch von dem Orte, und der Ordnung für vor gebraucht. Die Zusammensetzungen, hiebevor, hierbevor, vor diesem, ehedem, bey dem Ottfried hiar befora, bey den Schwäbischen Dichtern hiebeuor, bevorab für vornehmlich, zumahl, bevoraus, welches Opitz so wohl für zum voraus, als auch für zumahl gebraucht, sind im Hochdeutschen noch fremder, obgleich die Kanzelleyen bekannter mit ihnen sind. Beforan the, vor dir, in deiner Gegenwart, wird auch im Angels. gefunden. Für bevor stehen ist im Oberdeutschen auch vorseyn, im Hochdeutschen auch insiehen üblich. Übrigens wird dieses Adverbium mit seinem Verbo, richtiger getheilt geschrieben, als zusammen gezogen. S. die Orthographie.


Bevormunden (W3) [Adelung]


Bevormunden, verb. reg. act. mit einem Vormunde verstehen, Im Oberdeutschen auch bevogten. Einen Unmündigen bevormunden. Daher die Bevormundung. Man sieht leicht, daß die beyden ersten Sylben dieses Wortes mit dem Nebenworte bevor nichts gemein haben.


Bevorstehen (W3) [Adelung]


Bevorstehen, richtiger bevor stehen. S. Bevor.


Bevortheilen (W3) [Adelung]


Bevortheilen, verb. reg. act. durch unmäßige Beförderung seines Vortheils einem andern zu nahe treten. Jemanden bevortheilen. Er hat mich hierin bevortheilt. Zuweilen hat dieses Wort auch den Nebenbegriff einer baden gebrauchten List bey sich, und ist alsdann so viel, als einen andern mit List um seinen Vortheil bringen. So auch die Bevortheilung.

Anm. Vortheil bedeutet heut zu Tage im Hochdeutschen Gewinn. Bevortheilen, müßte also gerade das Gegentheil von seiner heutigen Bedeutung haben, nehmlich Gewinn, Nutzen bringen. Allein es ist erweislich, daß Vortheil ehedem auch Betrug bedeutet habe; daher gebraucht noch Logau das Zeitwort vortheilen für betriegen: Bürger sind Füchse zum schmeicheln und schmiegen, Vortheln, berücken, finanzen und lügen. S. Vortheil. Bevortheilen, welches in eben dieser Bedeutung auch nicht unbekannt ist, ist dem heutigen Gebrauche des Wortes Vortheil angemessener und bedeutet, einen andern um seinen Vortheil bringen.


Bewachen (W3) [Adelung]


Bewachen, verb. reg. act. Wache bey etwas halten. Einen Gefangenen bewachen, damit er nicht entkomme. Einen Verbrecher durch Soldaten bewachen lassen. Das Haus bewachen, damit nichts daraus gestohlen werde, oder in demselben kein Feuer entstehe. Daher die Bewachung.


Bewachsen (W3) [Adelung]


Bewachsen, verb. irreg. ( S. Wachsen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.1. Als ein Neutrum, mit Hülfsworte seyn, bewachsen werden, von einem wachsender Körper, besonders von Pflanzen, überzogen werden. Die Erde bewächst mit Gras. Die Laube ist ganz bewachsen, mit Gewächsen überzogen worden. Der Acker ist ganz mit Dornen bewachsen. Ein mit Dornen bewachsener Acker. Ich saß auf einer mit Moos bewachsenen Wurzel einer Eiche, Dusch.2. Als ein Activum, im Wachsen überziehen, bedecken, welcher Gebrauch doch eben nicht der häufigste ist. Das Moos bewächst die Bäume, das Gras die Erde.


Bewaffnen (W3) [Adelung]


Bewaffnen, verb. reg. act. mit Waffen verstehen, rüsten. 1. Eigentlich. Soldaten bewaffnen, sie mit dem gehörigen Gewehre Versehen. Das Landvolk bewaffnen. Mit bewaffneter, oder gewaffneter Hand, eigentlich ein Gewehr in der Hand haltend, und dann auch figürlich, mit bewaffneten Leuten. Mit bewaffneter Hand in ein Land einziehen. 2. Figürlich. 1) Anlaß, Ursache geben, sich zu rüsten, oder zu den Waffen zu greifen, in der edlen Schreibart. Der Vorwand der Religion bewaffnete ganz Deutschland. 2) Mit Gründen versehen, einer Versuchung, einer Vorstellung u. s. f. Widerstand leisten. Bewaffne dein Herz gegen alle diese Schmerzen. 3) Einen Magneten bewaffnen, ihn mit Eisen einfassen; ihn armiren. Daher die Bewaffnung.


Bewägen (W3) [Adelung]


* Bewägen, ein ungewöhnliches Verbum für wägen, welches nur Sir. 21, 27, vorkommt: Die unnützen Wäscher plaudern, das nichts zur Sache dienet, die Weisen aber bewägen ihre Worte mit der Goldwage. S. Wägen.


Bewahren (W3) [Adelung]


Bewahren, verb. reg. act. Sorge für etwas tragen, so wohl in Ansehung der Erhaltung des Zustandes einer Sache, als auch ihrer Beschützung vor aller Verschlimmerung von außen; ein Wort, welches im Hochdeutschen anfängt selten zu werden, in der biblischen Schreibart aber mit verschiedenen Nebenbegriffen vorkommt. 1) An einem sichern Orte aufbehalten, verwahren. Du hast das sehr unbedachtsam bewahret. Ich bin gewiß, daß er mir kann meine Beylage bewahren bis an jenen Tag, 2 Tim. 1, 12. 2) Den Zustand einer Sache unverletzt erhalten. Sich rein und keusch bewahren. Gott setzte den Menschen in den Garten Eden, daß er ihn baute und bewahrte, 1 Mos. 2, 15. Bewahre ewiglich solchen Sinn und Gedanken im Herzen deines Volkes, 2 Chron. 13, 18. Das gerechte Volk das den Glauben bewahret, Es. 26, 2. 3) Besonders, durch Beobachtung der Gefahr, für bewachen. Zu bewahren den Weg zu dem Baum des Lebens, 1 Mos. 3, 24. Da Saul hinsandte und ließ sein Haus bewahren (bewachen) daß er ihn tödtete, Pf. 59, 1. 4) Ingleichen, durch Abhaltung dessen, was schädlich seyn kann. Das Fleisch vor der Fäulniß bewahren. Sich vor der Kälte, der Hitze bewahren, verwahren. Die Grenzen vor den feindlichen Streifereyen bewahren, bedecken. Jemanden vor Gefahr, vor Unglück bewahren. Hüte dich nun, und bewahre deine Seele wohl, 5 Mos. 4, 9, 15. In dieser Bedeutung wird es im Hochdeutschen noch am häufigsten von Gott gebraucht. Bewahre mich mein Gott, von dem ich alles habe, Vor Stolz und Übermuth, Gell. Gott bewahre mich! eine im gemeinen Leben übliche Formel, sein Mißfallen, Abscheu, Schrecken u. s. f. auszudrucken. 5) Wie auch, durch Erfüllung seiner Verbindlichkeiten. Daher die so häufigen biblischen R. A. die Gebothe Gottes, seinen Bund u. s. f. bewahren, 5 Mos. 4, 2; Kap. 33, 9.So auch die Bewahrung.

Anm. Von allen diesen Bedeutungen ist bewahren in der vierten, so fern es von Gott für behüten gebraucht wird, im Hochdeutschen noch am üblichsten. Das einfache wahren, bey dem Ulphilas wardjan, bey dem Ottfried uuara, bey Isidors Übersetzer uueran, ist noch in dem Nieders. wahren, bewahren, behüthen, erhalten, vorhanden, welches auch einige in das Hochdeutsche einführen wollen. So heißt es z. B. in den Litteratur-Briefen: Wenn die Gleichheit unter ihnen hätte können gewahret werden. Das zusammen gesetzte bewahren kommt schon bey dem Willeram und Notker vor. In den mit der Deutschen verwandten Sprachen sind beyde Formen üblich, wie aus dem Engl. beware, und to ware, und Schwed. beware erhellet. Selbst im Böhmischen ist warowati, sich hüthen, bewahren. Herr Ihre leitet dieses Wort mit vieler Wahrscheinlichkeit von wara, sehen, ab, zumahl da auch das verwandte Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich sehe, bewahren bedeutet. S. Gewahr, Wahr, Warte und Warten. Das Substantiv der Bewahrer, ist außer den Zusammensetzungen Siegelbewahrer, Kleiderbewahrer, und vielleicht noch einigen andern, wenig gangbar. Opitz gebraucht es ein Mahl für einen Beschützer.


Bewähren (W3) [Adelung]


Bewähren, verb. reg. act. 1) Die Wahrheit einer Sache darthun, sie beweisen. Eine Sache mit vielen Gründen bewähren. Wer will mich Lügen strafen und bewähren, daß meine Rede nichts sey: Hiob 24, 25. Paulus bewährete es, das Jesus von Nazareth der Christ sey, Apost. 9, 22. Des Cadmus Staate kann dir meine Macht bewähren, Lohenst. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen größten Theils veraltet, obgleich noch Hagedorn singt: Das Werk das deinen Witz bewährt. 2) Prüfen, die echte Beschaffenheit einer Sache durch die Erfahrung zu erkennen suchen. Gleichwie der Ofen bewähret die neuen Töpfe, also bewähret die Trübsal des Menschen Sinn,Sir. 27, 6. Ein Mann wird durch den Mund des Lobers bewährt, wie das Silber im Tiegel, Sprichw. 27, 21. Welcherley eines jeden Werk sey, wird das Feuer bewähren, 1 Cor. 13, 3. Auch diese Bedeutung ist wenig mehr gebräuchlich. 3) Prüfen und wahr oder echt befinden, in welcher Bedeutung es im Hochdeutschen noch am meisten im Passivo vorkommt. Die Kraft dieses Arzeneymittels ist durch eine lange Reihe von glücklichen Erfahrungen bewähret worden. Ein bewährtes Mittel. Eine bewährte Treue, eine bewährte Freundschaft, die in mehrern Proben standhaft befunden worden. Ingleichen in weiterer Bedeutung das Participium bewährt, für glaubwürdig. Ein bewährter Mann. Bewährte Zeugnisse. Bewerte Bücher, in dem 1514 gedruckten Deutschen Livius. 4) Dauerhaft machen, als eine figürliche Bedeutung der vorigen; obgleich nur selten. Die Reitzungen haben seine Standhaftigkeit nur noch mehr bewähret. Wir haben unsern Bund die Zeit bewähren lassen, Günth.

Anm. In der ersten Bedeutung, wo beuuaren schon bey dem Stryker, in dem alten Gedichte auf Carln den Großen, und im Schwabenspiegel vorkommt, scheinet dieses Wort zunächst von wahr, verus, abzustammen. Allein in der zweyten und den folgenden ist es vermuthlich eine Figur von wara, sehen. In einer Urkunde von 1470 kömmt bewähren auch wirklich für wahrnehmen vor. S. Gewahr und Wahrnehmen. Im Theuerdanke steht es auch für ausführen verrichten. Der gar oft hat bewehrt Tewrlich sach mit der hanndt.


Bewahrheiten (W3) [Adelung]


* Bewahrheiten, ein albernes Wort einiger Neulinge für beweisen, S. Be - Anm.


Bewährtheit (W3) [Adelung]


Die Bewährtheit, plur. car. der Zustand, da etwas in der Prüfung wahr und echt befunden worden, von bewährt in der dritten Bedeutung des vorigen Verbi.


Bewaldrechten (W3) [Adelung]


Bewaldrechten, verb. reg. act. welches nur bey den Zimmerleuten üblich ist, und von ihnen auch wohl bewaldrapen ausgesprochen wird. Bäume bewaldrechten, sie in dem Walde aus dem Gröbstein beschlagen. Daher die Bewaldrechtung.


Bewallen (W3) [Adelung]


Bewallen, verb. reg. act. im Hopfenbaue, mit einem Walle, das ist, aufgeworfene Erde versehen; im Oberdeutschen bemollen, vermuthlich von dem noch im Nieders. üblichen Moll, Mull, Staub, Erde. Den Hopfen bewallen, die Erde an demselben aufhäufen, welches bey den andern Gewächsen bewerfen, behacken, genannt wird. S. Wall. Daher die Bewallung.


Bewandert (W3) [Adelung]


Bewandert, adj. et Adv. welches eigentlich das Participium des ungewöhnlichen Zeitwortes bewandern ist, und im gemeinen Leben nur figürlich für erfahren, geschickt, üblich ist. In einer Sache wohl bewandert seyn, erfahren. Vermuthlich ist dieses Wort anfänglich von Leuten gebraucht worden, die viel gewandert hatten, d. i. viel gereiset waren. S. Erfahren, das Abject.


Bewandt (W3) [Adelung]


Bewandt, adj. et adv. von einer ungewöhnlich gewordenen Bedeutung des folgenden Verbi bewenden, für beschaffen. Die Sache ist so bewandt, so beschaffen. Bey so bewandten Umständen. Es ist hier so bewandt, Das nichts beständig sey, als nur der Unbestand, Opitz.

Anm. Giuuanta kommt für Zustand, Beschaffenheit, schon bey dem Ottfried B. 3, Kap. 16, V. 128 vor, und Hornegk gebraucht giwant seyn, für bewandt seyn. So ist mein vart wol bewant, hei ßt es in Strykers Gedichte bey dem Schilter. S. Wenden und im folgenden Bewenden. Eine besondere Bedeutung ist es, wenn dieses Wort in einigen Gegenden, z. B. der Mark Brandenburg, so viel als Nutzen bringend bedeutet. Es ist nicht bewandt dieses zu thun, es bringt keinen Nutzen, belohnt die Mühe nicht. S. Bewenden die Anm.


Bewandtniß (W3) [Adelung]


Die Bewandtniß, plur. inus. Die Beschaffenheit, die Verbindung mehrerer Umstände, am häufigsten mit dem Verbo haben, und unpersönlich. Es hat eine ganz andere Bewandtniß mit ihm, mit ihm verhält es sich ganz anders. Es hat eine wunderliche Bewandtniß damit, die Umstände dieser Sache sind wunderlich beschaffen. Das Gebäude muß nach Bewandtniß (nach Beschaffenheit der Umstände) zwanzig bis dreyßig Ellen hoch seyn.

Anm. S. das vorige. Im Oberdeutschen ist dieses Wort, wie mehrere auf -niß, ungewissen Geschlechtes, das Bewandtniß, des -sses. In eben dieser Mundart ist auch Bewandtsame üblich.


Bewässern (W3) [Adelung]


Bewässern, verb. reg. act. für das einfache wässern. Ein Feld, eine Wiese bewässern, sie unter Wasser setzen, um sie dadurch anzufeuchten. Daher die Bewässerung.


Bewegbar (W3) [Adelung]


Bewegbar, -er, -ste, adj. et adv. fähig beweget zu werden, wie beweglich 1) So auch die Bewegbarkeit. Da bewegbar schärfer bestimmt ist, als beweglich, so ist es auch für die philosophische Schreibart bequemer, selbst bequemer als die von andern dafür gebrauchten bewegsam und Bewegsamkeit.


Bewegen (W3) [Adelung]


Bewegen, verb. reg. act. außer in der dritten figürlichen Bedeutung, wo es bewog, bewogen hat; den Ort eines Körpers verändern.1. Eigentlich, wo dieses Wort in einem verschiedenen Umfange der Bedeutung gebraucht wird. 1) In der weitesten Bedeutung. Lasset ihn liegen, niemand bewege seine Gebeine, bringe sie aus ihrem Orte. Kein Körper kann den andern bewegen, wenn er nicht selbst in Bewegung ist. Am häufigsten ist es in dieser Bedeutung als ein Reciprocum üblich: sich bewegen, beweget werden, seinen Ort nach gewissen Gesetzen verändern. So bewegen sich die Himmelskörper, wenn sie die von ihrem Schöpfer ihnen vorgeschriebene Bahn durchlaufen. Der Vogel bewegt sich in der Luft wenn er flieget; der Fisch im Wasser, wenn er schwimmt; das Thier auf der Erde, wenn es kriecht, geht oder läuft. 2) In verschiedenen engern Bedeutungen. (a) Sich bewegen, von Menschen, den Leib und dessen Theile zur Erhaltung der Gesundheit bewegen, welches auf vielerley Art geschehen kann. (b) Die Theile eines ganzen bewegen. So bewegt der Sturm das Meer, der Wind die Luft. Es bewegte sich kein Lüftchen. (c) Hin und her bewegen, einen Körper ohne Veränderung seiner Grundfläche bewegen, für erschüttern, zittern machen. So bewegt der Wind das Laub an den Bäumen. Der Sturm machte, daß sich das ganze Haus bewegte. Die Erde bebte und ward bewegt, 2 Sam. 21. 8. Die Kräfte der Himmel werden sich bewegen, Matth. 24, 29.2. Figürlich. 1) Aufsehen, Bestürzung, Unruhe, einen Auflauf verursachen. Alle beyden will ich bewegen, Haggai 2, 8. Das Volk bewegen, Apostelg. 6, 12; Kap. 13, 50; Kap. 17, 8, 13. Und die ganze Stadt ward bewegt, und ward ein Auflauf, Kap. 21, 30. In dieser Bedeutung ist in Bewegung bringen oder setzen im Hochdeutschen üblicher. 2) Empfindungen hervor bringen, besonders Empfindungen des Mitleidens, der Reue, der Zärtlichkeit u. s. f. Er wurde durch meine Vorstellungen sehr bewegt, gerührt. Die Zuhörer waren insgesammt sehr bewegt, gerührt. Ingleichen, den Willen lenken, Entschließungen hervor bringen. Er wollte sich durch nichts bewegen(zur Änderung seines Entschlusses bringen) lassen. 3) Besonders, mit ausdrücklicher Meldung des Zieles der Bewegung, entweder mit dem Vorworte zu, oder mit dem Bindeworte daß; in welcher Bedeutung es zugleich irregulär abgewandelt wird; ich bewog, habe bewogen. Jemanden zu etwas bewegen. Ich habe mich zur Fortsetzung dieser Sache bewegen lassen. Jemanden zur Andacht, zum Mitleiden, zum Weinen, zum Lachen bewegen. Was mich am meisten dazu bewog, war dieses. Was hat dich zu diesem Zorne bewogen? Deine Aufführung hat mich bewogen, meine Hand von dir abzuziehen. Was hat dich bewogen, daß du mir so begegnest?Anm. 1. Der Unterschied in der Conjugation rühret vermuthlich aus einer verschiedenen Mundart her. Bewegen gehet im Nieders. ganz regulär. Im Oberdeutschen kommt es mit dem Hochdeutschen überein; allein dessen ungeachtet kann die irreguläre Conjugation ein Überbleibsel irgend einer besondern Oberdeutschen Mundart seyn, von welcher die übrigen das Verbum in dieser Bedeutung entlehnet haben; zumahl da das Verbum wägen, welches von bewegen abstammet, mit diesem in der dritten figürlichen Bedeutung gleichförmig conjugiret wird. Die Niedersachsen haben, wenn sie Hochdeutsch schreiben wollen, sich in diese verschiedene Conjugation oft nicht finden können. Z. B. Du aber hast mich bewegt, daß ich ihn ohne Ursache verderbt habe, Hiob. 2, 5. Siehe zu, daß dich nicht vielleicht Zorn bewegt habe, jemand zu plagen, Kap. 36, 18. So auch Sprichw. 19, 18; 2 Maccab. 3, 2; Kap. 14, 27. Hingegen 4 Esr. 3, 3 heißt es: Und mein Herz ward heftig bewogen, daß ich anfing, zu dem Allerhöchsten mit furchtsamen Worten zu reden, für bewegt; neuerer Beyspiele zu geschweigen. Einige Sprachlehrer halten es so gar für gleichgültig, ob man in der dritten figürlichen Bedeutung bewegt oder bewogen sagt.

Anm. 2. Be ist in diesem Worte bloß um der schärfern Bestimmung willen da. In den ältern Mundarten und der heutigen Nieders. kommt das einfache wegen in eben der Bedeutung vor. Im Goth. lautet es vagjan, bey den Franken und Alemannen uuagon und uuechan, im Angels. wagan, waegan, wegan. Es ist das Stammwort eines sehr zahlreichen Geschlechtes, zu welchem Weg, Wagen, die Wage, wägen, wiegen, Woge, und vielleicht auch machen und wehen, und als Frequentativa die Zeitwörter wackeln, weigern, wanken, winken und wecken gehören. Mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und dem Latein. agere und vehere kommt es deutlich überein. Bey dem Hornegk bedeutet bebegen, pewegen, nicht allein movere, sondern auch sich entschließen, und sich weigern. Si bewigt sih min, kommt für, sie begibt sich mein, bey einem der Schwäbischen Dichter vor. Bewegen für erwägen, welches Luc. 2, 19 vorkommt, ist im Hochdeutschen veraltet. Die Niedersachsen haben außer dem Activo wegen auch noch das Neutrum wogen, sich bewegen, oder beweget werden. Die Bewegung. S. hernach besonders.


Beweglich (W3) [Adelung]


Beweglich, er, -er, -ste, adj. et adv. 1) Was sich bewegen lässet, bewegbar, in der ersten eigentlichen Bedeutung des Verbi, im Gegensätze des unbeweglich. Bewegliche Güter, die von einem Orte zum andern geschaffet werden können. Bewegliche feste, die nicht immer auf einen Tag des Jahres fallen. 2) Was andere zu bewegen fähig ist, rührend, in der zweyten figürlichen Bedeutung des Verbi, doch nur im gemeinen Leben. Einen beweglich bitten. Ich habe ihn sehr beweglich ermahnet. Eine bewegliche Rede.

Anm. Notker gebraucht unuuegig für unbeweglich. Bewegliche Ursachen, für bewegende, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Beweglichkeit (W3) [Adelung]


Die Beweglichkeit, plur. inus. 1) Die Eigenschaft eines Körpers, nach welcher er beweget werden kann. 2) Die Fähigkeit ei ner Sache, andere zu bewegen, d. i. zu rühren, im gemeinen Leben.


Bewegsam (W3) [Adelung]


Bewegsam, S. Bewegbar.


Bewegung (W3) [Adelung]


Die Bewegung, plur. die -en. 1. Eigentlich, die Veränderung des Ortes, so wohl in der thätigen als leidentlichen Bedeutung; größten Theils ohne Plural. in Bewegung seyn, kommen, oder gerathen. Eine Körper in Bewegung bringen oder setzen. Die Bewegung des Leibes, zur Gesundheit. Sich eine Bewegung machen, seinen Körper zur Erhaltung der Gesundheit bewegen. Daher die Bewegungskunst, eine Wissenschaft, Körper mit Vortheil der Kraft, oder der Zeit zu bewegen; die Mechanik. Der Bewegungspunct, der Punct, um welchen sich ein Körper beweget. Weil derselbe auf diesem Puncte zugleich auflieget, so wird er auch der Ruhepunct genannt. Das Bewegungsgesetz, ein Gesetz, nach welchem die Bewegung eines Körpers erfolget.2. Figürlich. 1) Eine Sache in Bewegung bringen, machen, daß sie betrieben wird. Der Prozeß hat lange geruhet, aber man hat ihn wieder in Bewegung gebracht. 2) Aussehen, Auflauf, Bestürzung unter mehrern. Die ganze Stadt gerieth über diese Nachricht in Bewegung. Es entstand ein Lärm, das gemeine Volk wurde in Bewegung gebracht. Die Bewegung unter dem Volk stillen. 3) Empfindungen, Leidenschaften, und deren Ausbruch. Sein Gemüth gerieth in eine heftige Bewegung. Die ersten Bewegungen des Zornes bezwingen. 4) Antrieb. Ich habe es aus eigener Bewegung gethan. Daher der Bewegungsgrund, des -es, plur. die -gründe, der Grund, der das Gemüth in Bewegung setzet, der Grund des Wollens und Nichtwollens.

Anm. In den ältern Zeiten kommt für dieses Wort Wegung und Wege vor. In der eigentlichen Bedeutung ist im Oberdeutschen auch Bewegde, und in der vierten figürlichen auch Bewegniß üblich, welches letztere auch wohl bey einigen Hochdeutschen gefunden wird.


Bewehren (W3) [Adelung]


Bewehren, verb. reg. act. mit Gewehr versehen, wehrhaft machen, vorzüglich in der anständigen Schreibart. Oft mit Dolchen bewehrt, Zachar. Mit Rache will ich selbst den schwachen Arm bewehren, Weiße. Wags mit gerechtem Grimm dich jetzt nicht zu bewehren, ebend. In der Wappenkunst heißt ein Thier bewehrt, wenn dessen Zähne und Nägel sichtbar sind. Daher die Bewehrung, so wohl von der Handlung des Bewehrens, als auch in der Wappenkunst von den Zähnen, Hörnern und Klauen der Thiere, die denselben zur Wehre dienen. S. Gewehr und Wehr.

Anm. Ottfried gebraucht biuuerien für abwehren; hunger biuuerien.


Beweiben (W3) [Adelung]


Beweiben, verb. reg. act. mit einem Weibe versehen, von niedrigen Personen. Er ist beweidt. Am häufigsten als ein Reciprocum, sich beweiben, ein Weib nehmen, im gemeinen Leben.

Anm. Im Oberdeutschen kommt auch das einfache weiben für heirathen vor. Das Nieders. bewiven hat zugleich einen verächtlichen Nebenbegriff, und bedeutet auch, sich an ein Weib hängen. In eben dieser Mundart ist auch sich bemenschen, für sich beweiben üblich. Opitz gebraucht für beweiben das im Hochdeutschen ungewöhnliche verweiben.


Beweinen (W3) [Adelung]


Beweinen, verb. reg. act. über etwas weinen. Den Tod eines Freundes, den Verlust eines Vaters beweinen. Der Weinstock beweint seine verlornen Reben noch, wenn jene schon lange verdorret sind, Weiße.

Anm. Biuueinon kommt in dieser Bedeutung schon bey dem Ottfried, beuueinen bey dem Notker, und bewainen bey dem Stryker vor. Von Wein, vinum, hatte man ehedem auch das Zeitwort beweinen, im Weine betrinken, wofür Ottfried iruueinon sagt.


Beweißen (W3) [Adelung]


Beweißen, verb. reg. act. mit Tünche weiß machen. Eine Wand, eine Mauer beweißen; wofür auch nur weißen üblich ist.


Bewenden (W3) [Adelung]


Bewenden, verb. irreg. neutr. ( S. Wenden,) von welchem nur der Infinitiv und das Mittelwort der vergangenen Zeit, obgleich in zwey ganz verschiedenen Bedeutungen üblich sind.Der Infinitiv mit dem Verbo lassen, wird für beruhen lassen gebraucht. Wir wollen es dabey bewenden lassen, wir wollen hierbey aufhören, die Sache nicht weiter treiben. Er ließ es nicht bey bloßen Worten bewenden. Wir wollen es bey dem Alten bewenden lassen. Sie läßt es selten bey dem, was ich sage, bewenden, Gell. Lassen sie es bey dem Gelde bewenden, ebend. Ingleichen, dieser Infinitiv als ein Substantiv gebraucht. Dabey hat es sein Bewenden, dabey soll es bleiben. Provinziell ist es, wenn man dieses Wort in einigen Gegenden als ein Neutrum gebraucht: Dabey bewendet es unabänderlich, dabey verbleibt es, dabey hat es sein Bewenden. Das Participium Bewandt, S. an seinem Orte.

Anm. Von wenden, vertere, hatte man ehedem auch ein Neutrum, welches unter andern auch enden bedeutete, und wovon bewenden, für am Ende seyn, das Ende erreichen, gebraucht wurde. S. Wenden. Diesen Sinn hat das Nieders. bewenden noch, und davon stammet ohne Zweifel die heutige Hochdeutsche Bedeutung ab. Zu den Zeiten der Schwäbischen Dichter wurde bewenden auch für anwenden, verwenden gebraucht. Daher sang Reimar der Alte: Es dunket mih unselicheit Das ich mit truwen allen minen sinBevendet han dar es mih dunket vil. Auch im Nieders. sagt man noch, es ist daran nicht bewendet, für, es ist daran nicht angewandt. S. auch Bewandt. Übrigens ist für bewenden lassen, in Niedersachsen auch betämen laten, und in Preußen bezähmen lassen üblich.


Bewerb (W3) [Adelung]


* Der Bewerb, des -es, plur. die -e, ein Wort, welches von dem folgenden Verbo nur in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens üblich ist. 1) Die Bewerbung, Bemühung um eine Sache; ohne Plural. 2) Ein Geschäft. Sie machte sich einen Bewerb in das Zimmer. 3) Verdienst, Erwerb. Er hat großen Bewerb, er verdient sich viel.


Bewerben (W3) [Adelung]


Bewerben, verb. irreg. recipr. mit der Präposition um; sich um etwas bewerben, sich bemühen dessen Besitz zu erlangen. Sich um ein Amt, um eines Gunst, um eines Freundschaft bewerben. Sich um eine Person bewerben, sie zur Gattin zu bekommen suchen. Sie haben sich umsonst um ihre Liebe beworben. Daher die Bewerbung.

Anm. Bewerben scheinet in dieser Bedeutung nach ambire gebildet zu seyn, denn daß werden ehedem auch gehen bedeutet habe, wird an seinem Orte gezeiget werden. Ulphilas gebraucht biuuairben schon für circumire. Ze lib biuuerban, bedeutet bey dem Ottfried ad vitam redire; ob er gleich auch be-werben in der heutigen Bedeutung mehrmals, so wohl active, als reciproce gebraucht. Außer dem war dieses Verbum ehedem üblich, 1) für wirken, hervor bringen. Vuer thaz biuuerbe, qui hoc operetur, Ottfr. 2) Für erwerben, gleichfalls bey dem Ottfried. 3) Für ausüben, üben, auch bey dem Ottfried. 4) Für besitzen, so wohl eigenthümlich, als auch verwaltungsweise, in welchem Verstande man noch jetzt in der Schweiz sagt, ein Gut, ein Schloß, ein Amt bewerben. 5) Sich bewerben, bedeutet im Nieders. auch ein Geschäft auf sich nehmen.


Bewerfen (W3) [Adelung]


Bewerfen, verb. irreg. act. ( S. Werfen,) werfend bekleiden, Bedecken, besudeln u. s. f. Jemanden mit Roth bewerfen. Eine Wand mit Kalk, eine Mauer mit Lehm bewerfen. Den Hopsen bewerfen, die Erde um denselben aufhäufen; S. Bewallen. Daher die Bewerfung.

Anm. Peuuersen findet sich schon bey dem Notker. In Oberdeutschland wird dieses Wort auch für beziehen gebraucht. So bewerfen wir uns auf dessen Inhalt. Worauf unsere Zuschritt sich lediglich bewirft, beziehet.


Bewerkgeld (W3) [Adelung]


* Das Bewerkgeld, des -es, plur. inusit. bey den Handwerkern, dasjenige Geld, welches ein Meister für das Recht, seine Arbeit feil zu haben, an das Handwerk erlegen muß; vielleicht, weil er dadurch das Recht erhält, sein Handwerk zu bewirken, d. i. auszuüben.


Bewerkstelligen (W3) [Adelung]


Bewerkstelligen, verb. reg. act. in das Werk stellen, werkstellig machen, zur Wirklichkeit bringen. Was niemand bewerkstelligen konnte, hast du endlich ausgerichtet. Einen Vorsatz bewerkstelligen. Wenn ich eine zufriedene Ehe bewerkstelligen helfe, Gell. Daher die Bewerkstelligung. S. Werkstellig und Bewirken.


Bewickeln (W3) [Adelung]


Bewickeln, verb. reg. act. wickelnd mit etwas bedecken. Die Bäume mit Stroh bewickeln. Daher die Bewickelung. S. auch Bewinden.


Bewilligen (W3) [Adelung]


Bewilligen, verb. reg. act. seinen Willen zu eines Verlangen geben. Seinen Freunden bewilligt er alles. Werden sie mir mein Verlangen wohl bewilligen? Auf Bitte der Unterthanen hat es die Obrigkeit bewilliget. Einem eine Gnade bewilligen, bewilligen, daß ihm eine Gnade widerfahre. Mit Verschweigung des Accusativs, wie Luther dieses Zeitwort einige Mahl gebraucht, ist es im Hochdeutschen nicht gewöhnlich. Z. B. So bewillige nicht und gehorche ihm nicht, 5 Mos. 13, 8. Und Mose bewilligte bey dem Manne zu bleiben, 2 Mos. 2, 21. Ihr bewilliget in euer Väter Werk, Luc. 11, 48 u. s. f. S. auch Verwilligen.Daher die Bewilligung. Es geschiehet mit meiner Bewilligung. Es wird hierzu aller Stände Bewilligung erfordert.


Bewillkommen (W3) [Adelung]


Bewillkommen, verb. reg. act. willkommen heißen. Jemanden bewillkommen, ihn bey seiner Ankunft mit höflichen Worten empfangen. Daher die Bewillkommung.

Anm. Im Angels. Lautet dieses Zeitwort wilcumian, und im Nieders. wilkamen. Da es im Hochdeutschen regulär gehet, so erhellet daraus, daß es nicht zunächst von kommen, sondern von dem Hauptworte Willkommen abgeleitet ist; S. dieses Wort.


Bewimmern (W3) [Adelung]


Bewimmern, verb. reg. act. über etwas wimmern. Was hilft es, daß ich meinen Verlust bewimmere?


Bewinden (W3) [Adelung]


Bewinden, verb. irreg. act. ( S. Winden,) windend, oder wickelnd mit etwas bedecken, bewickeln. Einen Baum mit Stroh, einen Ball mit Zwirn bewinden. Daher die Bewindung. Bey dem Ulphilas biwindan, bey dem Kero und Ottfried biuuintan, involvere.


Bewindhaber (W3) [Adelung]


* Der Bewindhaber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Niederländisches Wort, den Oberaufseher oder Director einer Hand- lungsgesellschaft zu bezeichnen; von dem Holländ. Bewind, Herrschaft, Gewalt, Regierung.


Bewinseln (W3) [Adelung]


Bewinseln, verb. reg. act. über etwas winseln. Sein Schicksal bewinseln.


Bewirken (W3) [Adelung]


Bewirken, verb. reg. act. in das Werk richten, zur Wirklichkeit bringen, doch nur selten und in einigen wenigen Fällen. Das hat seinen Tod bewirkt. Ein Roßschweif konnte leicht des Prinzen Fall bewirken, Wiel.

Anm. Ottfried gebraucht giuuerkon für efficere, verschaffen, hervor bringen. Im Schwabenspiegel kommt beuuürken, für saepire, bezäunen, vor.


Bewirthen (W3) [Adelung]


Bewirthen, verb. reg. act. einen Gast mit Speise und Trank versehen. Viele Leute bewirthen. Wir sind von ihm vortrefflich bewirtet worden. Man hat uns sehr mittelmäßig bewirthet. Daher die Bewirthung.

Anm. Im Gothischen bedeutete wara auch essen, und ward die Speise; S. Wirth. Ehedem hieß sich bewirthen auch so viel, als sich verheirathen, und das Vieh bewirthen, das Vieh hüthen.


Bewirthschaften (W3) [Adelung]


* Bewirthschaften, verb reg. act. Ein Gut bewirthschaften, die Wirthschaft oder Besorgung des Haus- und Feldwesens auf demselben führen; im gemeinen Leben. S. Be - Anm.


Bewitthumen (W3) [Adelung]


Bewitthumen, verb. reg. act. mit einem Witthum, das ist, Witwensitz oder Witwengehalt, versehen; ein größten Theils veraltetes Zeitwort. Seine Gemahlin war mit drey Herrschaften bewitthumet.


Bewitzeln (W3) [Adelung]


Bewitzeln, verb. reg. act. über etwas witzeln. Und wenn gleich Scherz in deine Saiten tönt, (Wird durch dich) kein guter Mann, auch wenn er irrt, bewitzelt, Alxing.


Bewohnen (W3) [Adelung]


Bewohnen, verb. reg. act. an einem Orte, oder in einem Lande wohnen. Ein Haus bewohnen, in demselben wohnen. Die Krimm wird von den Tartarn bewohnt. Die alten Britten bewohnen jetzt das Land Wallis. Dieser Ort wird von Unmenschen bewohnt. Die Glückseligkeit bewohnt nicht die Palläste der großen allein. Daher die Bewohnung; das Bey- und Nebenwort bewohnbar, für wohnbar, und das Substantiv der Bewohner, des -s, plur. ut nom. sing. die Bewohnerinn, plur. die -en, für Einwohner, in der höhern Schreibart, S. Einwohner.


Bewölken (W3) [Adelung]


Bewölken, verb. reg. act. mit Wolken überziehen, in der höhern Schreibart. Wenn Sturm und Regen den Himmel bewölkt. Ingleichen figürlich. Ein trüber Gram bewölkt dein Auge, welches sich umsonst bemühet, sich zu erheitern, Dusch. Ich seh dein schönes Aug bewölkt von stummen Thränen, Cron.


Bewunderer (W3) [Adelung]


Der Bewunderer, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas bewundert. Ohne Liebe würden wir ruhige Bewunderer der vollkommensten Schönheiten seyn.


Bewundern (W3) [Adelung]


Bewundern, verb. reg. act. seine Verwunderung über etwas zu erkennen geben. Etwas bewundern. Ich bewundere deinen Fleiß. Thoren und Schmeichler bewundern alles, aufrichtige Leute und Männer von Geschmack bewundern wenig. Das Participium bewundert, als ein Adjectiv wird selten gebraucht, indem man wohl nicht gern ein bewunderter König sagen, sondern den Ausdruck lieber umschreiben wird.


Bewunderung (W3) [Adelung]


Die Bewunderung, plur. inusit. so wohl die Handlung des Bewundern, die lebhafte Empfindung des großen Unerwarteten, als auch der Gegenstand, welcher bewundert wird; in der letztern Bedeutung vermuthlich nach dem Franz. Admiration. Er ist die Bewunderung seines Jahrhunderts.


Bewurf (W3) [Adelung]


Der Bewurf, des -es, plur. die -würfe, dasjenige, womit etwas beworfen wird. So pflegen die Mäurer den Mörtel oder Kalk, womit die Mauer beworfen wird, einen Bewurf zu nennen.


Bewurzeln (W3) [Adelung]


Bewurzeln, verb. reg. neutr. mit seyn, Wurzeln bekommen, und sich vermittelst derselben befestigen, wie anwurzeln. Der Baum ist noch nicht genug bewurzelt.


Bewußt (W3) [Adelung]


Der Bewußt, (nicht so richtig Bewust,) ein Oberdeutsches Substant. indecl. Welches nur in einigen wenigen R. A. ohne Artikel üblich ist, das Wissen. Es ist ohne meinen Bewußt geschehen. Mit meinem Willen und Bewußt soll er es nicht erhalten. S. auch Vorbewußt.

Anm. Es stammet von dem ungewöhnlichen Verbo bewissen her, welches irgend wo für wissen üblich gewesen seyn mag. Opitz gebraucht dafür das einfache Wußt. Sag' ich, daß sie auch nicht gelüftet hat zu lügen Mit Wußt und Willen zwar.


Bewußt (W3) [Adelung]


Bewußt, (nicht so richtig Bewust,) adj. et adv. welches im Hochdeutschen üblicher ist, als das vorige Hauptwort. 1) Wissend. Die Sache ist mir nicht bewußt, ich weiß nichts von derselben. Es ist der ganzen Welt bewußt, wie ärgerlich er sich betragen hat. Mit andern Verbis klingt es fremd; z. B.Herr mache mir den rechten Weg bewußt, Opitz Pf. 119. Auch als ein Beywort. Die bewußte Sache, die demjenigen, mit welchem man spricht, bewußt ist. In der bewußten Absicht. 2) Erinnernd, gleichfalls mit dem Zeitworte seyn, und der zweyten Endung des Hauptwortes. Ich bin mir keiner Schuld, keines Fehlers, keines Verbrechens bewußt, erinnere mich nicht, dasselbe begangen zu haben. Er ist sich seiner selbst nicht mehr bewußt, er ist nicht mehr im Stande, sich von andern Dingen zu unterscheiden. Ich bin mir der Sache noch gar wohl bewußt, erinnere mich derselben noch gar wohl.

Anm. Notker gebraucht keuuizti, gewitzet für conscius, bewußt. In dem Baselschen Nachdrucke des Neuen Testamentes Lutheri von 1523 wird bewußt, durch erkant, erfaren erkläret.


Bewußtseyn (W3) [Adelung]


Das Bewußtseyn, des -s, plur. car. der Zustand, da man sich seiner und anderer Dinge bewußt ist. Er liegt ohne Empfindung und Bewußtseyn. Konntest du dich noch der Ruhe erinnern, die deine noch unschuldige Seele in dem Bewußtseyn der Tugend genoß? Dusch, da sie sich noch ihrer Tugend bewußt war. Laß dir dein eigen Bewußtseyn sagen, ob ich wahr rede, ebend.


Bey (W3) [Adelung]


Bey, eine Präposition, welche mit der dritten Endung oder dem Dative verbunden wird, zur Bestimmung so wohl eines Ortes, als auch einer Zeit dienet, und besonders in dem erstern Falle, einen Zustand, oder eine Handlung so wohl in der Nähe, als auch im Innern eine Sache ausdruckt. Sie bezeichnet also,I. Einen Ort, und zwar,1. Einen Zustand, oder eine Handlung nahe an der Seitenfläche einer andern Sache. Diese Bedeutung, in welcher bey in vielen Fällen durch an ersetzet werden kann, ist die fruchtbarste, indem sie nicht nur in dem eigentlichsten und weitern Verstande vorkommt, sondern auch verschiedene figürliche Arten des Gebrauches veranlasset.a) Eigentlich. Bey der Rieche wohnen. Ich saß nahe bey ihm. Bey jemanden liegen, stehe, schlafen. Bey der Thür, nahe bey der Thür stehen. Bey Tische sitzen, um zu speisen. Sie sind noch bey Tische. Damit sie nicht bey Tische auf dich warten dürfen. Die Sache ist bey der Hand, in der Nähe. Ich habe es bey der Hand, in der Nähe; in welchem Verstande schon Tatian bi hautun sagt. Ich suchte ihn bey dir. Er nimmt es bey der Erde weg, nahe an der Erde. Bey der Klinge bleiben, figürlich, von der Hauptsache nicht ausschweifen. Ich habe kein Geld bey mir. Behalte das bey dir, in deiner Verwahrung, ingleichen, plaudere es nicht aus.Der Gebrauch des Wortes bey hat hier seine bestimmten Grenzen, und darf nicht auf solche Fälle ausgedehnet werden, die das Herkommen nicht gebilliget hat; weil das Vorwort an sich der meisten Redensarten bemächtiget hat, wo dem Verstande nach gar wohl bey stehen könnte. Bey dem Rheine wohnen, bey der Wand stehen u. s. f. sagt man im Hochdeutschen nicht, wohl aber an dem Rheine wohnen, an der Wand stehen. In der Niedersächsischen Mundart erstreckt sich der Gebrauch dieser Präposition viel weiter, und wird daselbst in den meisten Fällen gebraucht, wo im Hochdeutschen das an der eigentlichen Bedeutung stehet. So sang z. B. Hr. Utz: Da sah ich durch die Sträuche Mein Mädchen bey dem Teiche; wo an dem Teiche, nach des Hrn. Rammlers Verbesserung, dem Hochdeutschen Sprachgebrauche freylich angemessener ist.Am häufigsten wird dieses Vorwort im Hochdeutschen gebraucht, wenn die Nachbarschaft einer Stadt, eines Schlosses, eines Dorfes und zuweilen auch einer Insel ausgedrucket werden soll. Die Schlacht bey Lügen. Der weiße Berg bey Prag. Die Sandfelder bey Berlin. Die Barde, welche sich bey Leipzig in die Pleiße ergießet. Die Elbe ist bey Hamburg breiter als bey Magdeburg. Das Schiff ist bey Dresden untergegangen. Er begegnete uns bey Roßbach. Der Schiffer lief bey der Insel Wight auf den Strand. Die Ostsee hat bey der Insel Rügen viele Untiefen. Die Nachbarschaft der Berge, Flüsse, Wälder, u. s. f. hat sich in den meisten Fällen das Vorwort an vorbehalten.(b) In weiterer und figürlicher Bedeutung bezeichnet es,1) Den persönlichen Gegenstand, auf welchen eine Handlung gerichtet ist, oder auf welchen sie sich beziehet, mit thätigen Verbis. Bey dem Richter klagen. Etwas bey Rathe, bey Hofe, bey der Obrigkeit, bey seinem Vorgesetzten anbringen. Man hat mich bey ihm angemeldet. Gnade bey Gott finden. Er gilt alles bey mir. Das ist das einzige Mittel, dich bey mir beliebt zu machen. Sich bey jemanden bedanken. Wir richten damit nichts bey ihm aus. Bey einem um Vergebung bitten. Um mir Verdruß bey dir zu machen.Auch wenn dieser Gegenstand zugleich der Sitz des Prädicates ist. Bey sich überlegen, denken. Ich habe es bey mir beschlossen. Es stehet bey ihnen, ob sie meinen Rathe folgen wollen. Mein Glück stehet bey dir. Bey sich selbst seyn, sich seiner bewußt seyn. Das ist bey ihm (nach seinem Urtheile) einerley. Bey ihr sind alle Dinge schädlich, die man nicht umsonst bekommt, Gell. Bey mir ist ja ja, und nein nein. Ihr Glück geht bey mir über alles. Bey Gott ist kein Ansehen der Person. Bey ihm haben diese Hirngespinste alle Reitze der Wahrheit. Jener bey dem Terentius. Der Esel bey dem Phädrus, der in Phädri Fabeln aufgeführet, vorgestellet, beschrieben wird. Bey dem Cicero lautet die Sache ganz anders, in dessen Schriften. Zuweilen kann das Vorwort, besonders in der höhern Schreibart, hier auch weggelassen werden. Mir geht dein Glück über alles. Euch heißt der Wein der Unart Zunder, Haged. 2) Eine moralische Verbindung. Bey einem wohnen, in seinem Hause. Bey jemanden essen, an seinem Tische. Bey einem in Diensten seyn. Bey Hofe leben, in Diensten des Hofes. Bey einem Meister in der Lehre stehen. Er hat seine Schwester bey sich, in seinem Hause, in seiner Gesellschaft. Ich hatte niemanden bey mir, um mir, in meiner Gesellschaft. Warumwollen sie nicht bey uns bleiben? Er ist ein Mann bey der Stadt im gemeinen Leben, er ist ein wichtiger, glaubhafter Mann; eigentlich wohl ein Mann in Diensten der Stadt. Bey einem einkehren. Man hat es bey ihm gefunden, an seinem Leibe, oder auch in seinem Hause. Bey einander wohnen, bleiben, schlafen u. s. f.3) Einen Gegenstand der Sache, einen Gegenstand der Beschäftigung. Bey harter Arbeit aufwachsen. Bey Wasser und Brot gefangen sitzen. Er ist bey dem Weine erstochen worden. Bey dem Tanze seyn. Bey dem Biere ist er sehr beredt. Bey einer Hochzeit, bey einem Begräbnisse seyn. Sagen sie mir, was bey der Sache anzufangen ist. Es ist mir nicht wohl bey der Sache. Es ist bey der Sache niemand unglücklicher als ich. Er wird bey der Waare gut fahren. Er kann nicht lange bey einer Arbeit bleiben. Es könnte bey dieser Sache noch vieles angemerket werden.4) Das Mittel, das Werkzeug einer Handlung. Jemanden bey der Hand nehmen, oder führen. Halten sie mich nicht bey der Hand. Einen bey den Haaren herum ziehen. Etwas bey den Haaren herbey ziehen, in einer niedrigen Figur, es ohne begreifliche Verbindung anführen. Zum Unglück hielt er mich im Falle noch beym Bein, Wiel. Einen bey dem Kopfe nehmen, im gemeinen Leben, ihn in Verhaft nehmen. Einen bey seinem Nahmen nennen. Wie lange wirst du ihn bey diesem Nahmen nennen? Weiße. Bey der Lampe arbeiten. Bey Licht lesen, schreiben. Etwas bey dem Lichte besehen, figürlich, es genau erwägen. Bey dem Scheine der Fackeln. Bey dem blassen Schimmer des Mondes.5) Eine Coexistenz, oder das mit und neben einer Sache vorhandene Daseyn einer andern. Wie einfältig sind sie bey ihrer Behutsamkeit! Wenn man anders bey einer so heftigen Gemüthsbewegung schlummern kann. Er, der ein böses Herz bey der einnehmendsten Miene der Aufrichtigkeit hat. Wenn wir bey einer zärtlichen Liebe Verstand und Tugend haben, so haben wir alles, was ein vernünftiger Ehemann fordern kann, Gell. Der Geitzhals ist bey großem Gute arm. Bey allem meinem Glücke mache ich vielleicht meine Freundinn unglücklich, Gell.Auch wenn die eine Sache der Grund oder die Veranlassung der andern ist. Er ward bey diesem Auftritte sehr gerührt. Bey dieser Neigung wirst du unglücklich werden. Das Feuer griff bey dem heftigen Winde schnell um sich. Kaum aber sah ich sie, so wich bey ihrem Blicke Mein erst so dreistes Herz schon ganz beschämt zurück, Gell. Ja fühle, wie mir bey seinem Nahmen das Herz schlägt, Weiße. Trauergedanken bey dem Absterben eines Freundes.Ingleichen, wenn sie dem Vermuthen nach eine entgegen gesetzte Wirkung hervor bringen sollte, da es für ungeachtet stehet. Er hat bey seiner großen Gelehrsamkeit sehr wenig hinterlassen. Wohin auch das so gewöhnliche bey alle dem, oder bey dem allen gehöret, d. i. ungeachtet alles dessen, S. All,

Anm. 1.6) Zuweilen verschwindet der Begriff der Coexistenz, und lässet nur die Vorstellung des Besitzes zurück. Wenigstens lassen sich folgende R. A. in welchen bey das Hauptwort in den meisten Fällen um seinen Artikel bringet, am füglichsten auf die Art erklären. Einen bey Leben (im Besitze des Lebens,) erhalten. Ist er noch bey Leben? Einen bey Ehren, bey Ansehen erhalten. Suche ihn bey diesen guten Gedanken zu erhalten. Einen bey guter Gesundheit antreffe. Bey Verstande, bey Vernunft, Bey Sinnen seyn. Er ist schon bey Jahren, ziemlich alt. Bey Gelde seyn, mit barem Gelde versehen seyn. Bey Mittel, bey Vermögen seyn, Mittel, Vermögen besitzen. Bey Kräften seyn. Gut bey Leibe seyn. Welche Redensarten doch größten Theils nur im gemeinen Leben üblich sind.7) Das Ziel, so wohl, wo eine Handlung ihren Anfang nimmt, als auch, wo sie aufhöret. Bey dir will ich anfangen, bey dir will ich den Anfang machen. Bey diesen Worten fing sie bitterlich an zu weinen. Er bleibt dabey, er behauptet es beständig. Es bleibt dabey, es bleibt, wie es verabredet, versprochen worden. Es bleibt bey meinem Versprechen. Bey einer Sache stehen bleiben. Er bleibt immer bey äußern Scheine stehen. Wie wollen es dabey bewenden lassen. Er hat mich bey Häller und Pfennig bezahlt, im gemeinen Leben, bis auf den letzten Häller und Pfennig. Bey einem Haar, bis auf ein Haar, es fehlte kaum noch ein Haar.8) Eine Ordnung. Sie gingen Mann bey Mann, ein Mann an dem andern, in welchem Verstande schon Ottfried bi manne für viritim gebraucht. Sie kamen bey Paaren, paarweise, ein Paar hinter dem andern. Eine Waare bey Fässern, bey Ballen kaufen, faßweise, ballenweise. Der kalte Morgen schickt seine Kinder bey Tausenden zur Schlachtbank, Dusch. Wo Cornetten und Hemder und Schürzen bey Dutzenden liegen, Zachar.Im Beyseyn der Alten verstellte sich die Jugend, Sie trinkt nur bey Tropfen, Haged. 9) Einen Bewegungsgrund. Bey Gott schwören. Ich beschwöre sie bey ihrer Aufrichtigkeit. Bey der Liebe sey es geschworen. Nein bey der Thräne, die ich an deiner Leiche geweint habe, Dusch. Bey meiner Treu! Bey meiner Seele! und hundert andere in der niedrigen Sprechart übliche Arten des Schwörens. Etwas bey Strafe verbiethen. Thue das bey Leibe nicht. Es scheint, daß dieser Gebrauch eine buchstäbliche Übersetzung des Lat. per ist; denn daß bey ehedem auch für durch gebraucht worden, wird aus der dritten Anm. erhellen.2. Einen Zustand oder eine Handlung in dem Innern einer andern; und zwar wiederum,(a) Eigentlich; von welcher Bedeutung aber nur noch sehr wenig Redensarten üblich sind, obgleich auch viele von der vorigen ersten figürlichen Bedeutung hierher gerechnet werden könnten. Bey Hofe seyn, in der Residenz. Vor Zorn, vor Schrecken nicht bey sich selbst seyn, welches mit einem andern Ausdrucke auch außer sich selbst seyn heißt. Bey so verwirrten Umständen, in. Da man indessen nicht sagen kann, sich bey verwirrten Umständen befinden, so scheinet es, daß bey hier mehr eine Coexistenz, als den Ort bezeichne. Ich weiß, daß bey dir ein Verlangen nach mir entstanden ist, für, in dir.(b) In weiterer Bedeutung, für unter, oder ein Prädicat anzudeuten, das mehrern gemein ist. Wie steht es bey euch? in eurem Lande, in eurem Orte, in eurem Hause. Bey uns ist der Wein theuer. Indessen sagt man gern, bey den Schweden, bey den Russen ist der Wein theuer, sondern in Schweden, in Rußland. Bey uns nennt man dieses Ding anders. Es war eine Gewohnheit bey den Alten. Sein Nahme allein muß bey allen gesitteten Völker seinen besten Lobspruch ausmachen. Ferner dienet dieses Vorwort auch, II. Eine Zeit zu bezeichnen, und zwar,1. Eine Zeit, wenn eine Handlung geschiehet, oder geschehen ist, und so fern solche nur überhaupt ausgedruckt werden soll, ohne sie eben auf das genaueste zu bestimmen. Bey Tage, währendes Tages, am Tage. Bey Tage reisen. Bey der Nacht arbeiten. Bey anbrechendem Tage aufstehen. Bey Nacht und Nebel ausziehen. Bey schönen Wetter spazieren gehen. Ich bin bey der Nacht sehr furchtsam. Bey Menschen Gedanken (so lange Menschen denken können,) ist keine solche Dürre gewesen. Bey frühem Morgen kam der arme Amyntas aus dem dichten Haine, Geßn. Bey ihren jungen Jahren (besser in) haben sie so etwas Gesetztes. Ich möchte dich bey meinem Leben noch gerne versorgt sehen. Ich kann ihm zwar bey meinem Leben nicht mit vielem Gelde dienen, Gell. Bey Gelegenheit, wenn sich eine Gelegenheit dazu anbiethet. Bey Zeiten, welches einige ohne Noth als Ein Wort beyzeiten geschrieben wissen wollen, bey früher Zeit, frühe. Kommen sie fein bey Zeiten. Wir wollen bey Zeiten sehen, wie wir aus einander kommen. Im Theuerdanke heißt es Kap. 66, ein Mahl bey der Zeit für bey Zeiten. Ottfried gebraucht dafür gizito.Auch diese Bedeutung hat im Hochdeutschen ihre Grenzen, die man nicht nach Gutdünken erweitern darf. Es sind sogar viele Fälle, in welchen dieses Vorwort ehedem von der Zeit üblich war, im Hochdeutschen veraltet. Ich bin bey all meinen tagen Nye zorniger auf dich gewesen, Theuerd. Kap. 91; wofür man jetzt in gebraucht. Bey den Zeiten Saul, 1. Chron. 14, 3, heißt es zu, oder in den Zeiten Sauls.2. Eine Dauer, aber auch hier, wenn solche nur ungefähr angegeben werden soll. Mein liebes Kind, daß ich bey dreyen Jahren gesäuget, 2. Maccab. 7, 27. Da ward eine Stille im Himmel bey einer halben Stunde, Offenb. Joh. 8, 1. Bey acht Tagen nach diesen Reden, Luc. 9, 28. Bey vierzig Jahren lang, Apostelg. 18, 13. Bey einer Stunde lang, Dan. 4, 16. Doch dieser Gebrauch kommt im Hochdeutschen wenig mehr vor, indem man statt desselben lieber andere gleich bedeutende Ausdrücke wählet, z. B. fast, an die, ungefähr, etwa u. s. f. oder wenn man das Vorwort bey ja behält, es in der folgenden Gestalt eines Nebenwortes gebraucht. Luther selbst sagte Ruth 1, 4: Sie hatten daselbst bey zehn Jahre gewohnt. Denn,III. Bey pflegt sich endlich auch zuweilen den Zahlen zuzugesellen, und druckt alsdann gleichfalls den Begriff des Ungefähren aus. Allein alsdann verliert es auch die Gestalt einer Präposition und nimmt die Form eines Adverbii an. Die Wellen hatten die Erde bey drey Schuh tief ausgehöhlt, ungefähr drey Schuh tief, oder fast drey Schuh tief. Der König wird sich bey sechs Wochen daselbst aufhalten. Es wären bey neun tausend, 2 Maccab. 10, 18. Es waren bey fünf tausend Mann, Luc. 9, 15. Die Lohe schlug bey neun und vierzig Ellen hoch aus dem Ofen, Geb. Asar v. 47. Man siehet leicht, das bey hier ein wirkliches Adverbium ist, daher man nicht nöthig hat, demselben als einer Präposition mit einigen Sprachlehrern auch den Accusativ zuzuschreiben; denn die Endung des Hauptwortes hängt in allen diesen Fällen nicht von der Partikel bey, sondern von dem Zeitworte ab. Luther, oder dessen spätere Herausgeber, haben sich eben so sehr geirret, wenn sie dem Worte bey in dieser Bedeutung die dritte Endung zugesellen. Es war bey einem Epha Gerste, Ruth 2, 7. Bey hundert Pfunden, Joh. 19, 39. Er riß sich von ihnen bey einem Steinwurfe, Luc. 22, 41.Eine andere Frage ist es, ob der Artikel in dieser Bedeutung bey dem Hauptworte Statt finden könne. Man höret im gemeinen Leben nicht selten, es waren bey die sechs Meilen, bey die hundert Zentner, bey die tausend Thaler. Da der Artikel alle Mahl eine genaue Bestimmung gewähret, hier aber die Zahl nur ungefähr angegeben werden soll, so scheinet der erstere hier freylich nicht nur überflüssig, sondern auch widersinnig zu seyn. Indessen ist doch diese Art sich auszudrucken ziemlich allgemein, und auch mit dem Vorworte an üblich, an die sechs Meilen u. s. f. Freylich zwar nur unter dem großen Haufen; allein diesem gehöret auch dieser ganze Gebrauch der Partikel vornehmlich zu; denn in der anständigen und reinen Schreib- und Sprechart wird man bey wohl nicht gerne mehr für fast und ungefähr gebrauchen.Zu dieser adverbischen Gestalt dieser Partikel gehöret auch die Redensart bey nahe und dessen Gegentheil bey weiten. Ich wäre bey nahe gefallen, fast, es fehlete nicht viel. Bey nahe wäre ich nicht gekommen. Bey weiten, es fehlet viel. Das ist bey weiten noch nicht alles. Die größten Reichthümer sind bey weiten nicht so wichtig, als der Nahme eines ehrlichen Mannes. S. Nahe und Weit. Für bey nahe war ehedem auch vilbi oder viel bey üblich, wie aus dem Straßburgischen Stadtrechte bey dem Schilter erhellet. S. auch Anm. 3.

Anm. 1. Aus dem, was bisher angeführet worden, erhellet zugleich, daß bey im Hochdeutschen nur einen Stand der Ruhe bezeichnen, oder einer Handlung im Stande der Ruhe betrachtet zugesellet werden kann. Die Niedersächsische Mundart gebraucht dieses Wort auch, eine Richtung oder eine Bewegung nach einem Gegenstande zu auszudrucken, und verbindet es alsdann mit der vierten Endung; z. B. einen Topf bey das Feuer setzen; sich bey die Stadt lagern. Dieser Niedersächsische Gebrauch hat sich auch in die Deutsche Bibel eingeschlichen. Z. B. Ehe denn er nahe bey sie kam, für zu ihnen, 1. Mos. 37, 18. Begrabet mich bey meine Väter, für bey meinen, Kap. 49, 29. Die Kinder Israel sollen sich lagern ein jeglicher in sein Lager, und bey das Panier seiner Schaar, für bey dem, 4 Mos. 1, 52. Tritt bey dein Brandopfer, für zu deinem, Kap. 23, 3. Joas ward begraben bey die Könige Israel, für bey den, 2 Kön. 13, 13; Kap. 14, 20. Und trat bey das Rad, für an das Rad, Ezech. 10, 6. Und er kam hart bey mich, für nahe zu mir, Dan. 8, 17. So auch Sir. 11, 1; Matth. 26, 58; Marc. 2, 4; Luc. 10, 32 u. s. f. Diese Wortfügung nachzuahmen, würde im Hochdeutschen alle Mahl ein Fehler seyn; noch mehr aber, wenn man um deßwillen bey unter diejenigen Vorwörter rechnen wollte, welche so wohl die dritte, als vierte Endung zu sich nehmen, wie von einigen Sprachlehrern wirklich geschehen ist. Wie aber keine Regel ohne Ausnahmen ist, so sind auch im Hochdeutschen wenigstens einige Fälle vorhanden, wo das Vorwort bey eine Bewegung nach einem Orte bezeichnen hilft. Dahin gehören vornehmlich die R. A. bey Seite gehen, jemanden bey Seite nehmen, rufen, ziehen, etwas bey Seite legen; wofür man doch billig lieber sagen sollte auf die Seite. S. auch Beysammen und Beyseits.

Anm. 2. Bey lautet schon bey dem Ulphilas bi, im Angels. bi, im Dän. und Nieders. bi, im Engl. und Holländ. by. Im alten Preußischen hatte po eben diese Bedeutung, daher auch die Nahmen Porussen oder Preußen, und Pommern, Länder bedeuten sollen, die an Reußen, und an dem Meere liegen. Das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ist mit dieser nördlichen Partikel sehr nahe verwandt. Ob aber dieses bey zu dem alten bio, bo, bauen, so fern es wohnen bedeutet, oder zu dem alten bi, bin, seyn; wovon das Engl. to be und das Deutsche ich bin, abstammen, gehöret, lässet sich bey dem hohen Alterthume aller dieser Wörter nur muthmaßen. Ehedem hatte man von dieser Partikel im Deutschen auch das Verbum sich bien, für sich nahen. S. auch Be-, welches wenigstens in einigen Fällen aus diesem Vorworte entstanden ist.

Anm. 3. Diese Präposition ist eine von denjenigen Partikeln, die in ihren meisten Bedeutungen von dem Gebrauche nur auf gewisse Fälle eingeschränket worden sind, die man nicht nach Gutdünken vervielfältigen darf. Manche Arten des Gebrauches, welchein den gemeinen Mundarten erlaubt sind, würden in der anständigen Schreibart niedrig klingen. Z. B. ich entdecke viele Schwachheiten bey ihm, für an ihm; ich habe es bey dem Spaziergange erfahren, für auf; er erblickt bey der Heirath nicht als Fallstricke, besser in dem Ehestande, u. s. f. Ehedem war dessen Gebrauch nicht so eingeschränkt. Denn es bedeutete, 1) Durch. Bi thinen mahtin, durch deine Macht, Ottfried. 2) Nach, von der Zeit. Bi iaron quimit er iu heim, nach einigen Jahren kommt er zu euch, Ottfried. 3) Für, Opphoron er scolta bi die sino sunto, er sollte für seine Sünden opfern, ebend. Bi richi sin irsterban, für sein Reich sterben, ebend. 4) Von. Zalta in - bi eine brutloufti, erzählte ihnen von einer Hochzeit, ebend. 5) Aus. Bi bilauue gidan, aus Bosheit geschehen, ebend. Bi nide, aus Neid, ebend. 6) Wegen. Bi iro missodati, wegen ihrer Sünde, ebend. Bi thia meina, wegen des Verderbens, ebend. 7) Fast, als ein Nebenwort. Und do Hannibal hette bi die stat gewunnen, in Königshov. Chron wovon unser heutiger Gebrauch mit den Zahlen noch ein Überbleibsel ist. 8) Eine Zeitdauer. Bi iaron io ginuagi, viele Jahre lang, Ottfried. 9) Unter. Bi Pontisgen Pilate, unter Pontio Pilato, in der Catech. Theod. bey dem Eckard. 10) Das Mittel einer Erkenntniß. Bey der That mogt ir verstan, Theuerd. Kap. 85. Anderer zu geschweigen.

Anm. 4. Bey wird zuweilen auch mit einigen Partikeln zusammen gesetzet, dergleichen beyan, beyher, beyhin sind; allein diese sind Niedersächsisch; anbey ist Oberdeutsch. Dabey, wobey, vorbey, herbey, hingegen sind auch im Hochdeutschen üblich. S. diese Wörter. Zahlreicher sind die Zusammensetzungen mit Nenn- und Zeitwörtern. Bey bedeutet daselbst, 1) eine Verbindung einer Sache mit der Seitenfläche der andern, wie in beybiegen, beybinden, beydrucken, beydrücken, Beylage, beylegen, beyschließen u. s. f. welche eigentliche Bedeutung zugleich eine Quelle verschiedener figürlicher ist; wohin die Wörter beymischen, Beyspiel, Beyfall, beymessen, beypflichten, Beystand, beystehen, beystimmen, u. a. m. gehören. 2) Eine Annäherung; daher, beykommen, beygehen, beybringen u. s. f. 3) Eine Sache, die neben einer andern gleicher Art da ist, wohin die Hauptwörter Beybothe, Beyessen, Beyfrau, Beyhülfe, Beylade, Beyläufer, Beynahme, Beywagen u. s. f. gehören. In einigen Fällen schleicht sich auch der Begriff des Geringern oder Unechten mit ein; wie in Beyschmack, dem veralteten Beyglaube für Aberglaube, Beyschlag, eine falsche nachgeschlagene Münze u. s. f. Viele Hauptwörter dieser Art sind nur im gemeinen Leben üblich; in der anständigern Schreibart setzet man sie lieber mit Neben - zusammen.


Beyan (W3) [Adelung]


* Beyan, ein Niedersächsisches Nebenwort des Ortes, welches im Hochdeutschen ungewöhnlich ist, für neben an. Er wohnt hier gleich beyan.


Beyarbeiter (W3) [Adelung]


Der Beyarbeiter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Derjenige, welcher einem andern in seiner Arbeit zum Gehülfen gegeben wird, ohne eben dessen Titel zu führen; dergleichen Beyarbeiter man z. B. in großen Küchen hat. 2) * Ein Mitarbeiter, College; in welcher ungewöhnlichen Bedeutung es Apostelg. 19, 25. vorkommt.


Beybehalten (W3) [Adelung]


Beybehalten, verb. irreg. act. ( S. Halten,) eine Sache in Verbindung mit sich behalten, fortfahren, dieselbe um sich zu haben. oder sie zu gebrauchen, doch nur in einigen Fällen. Einen Bedienten beybehalten, ihn in seinem Dienste behalten. Einen Freund, einen Liebhaber, einen Arzt, einen Arbeiter beybehalten. In weiterer Bedeutung, einen Gebrauch, ein Gewohnheit, ein Wort beybehalten, im Gegensatze des Abschaffens. Einen Festtag beybehalten. Daher die Beybehaltung.


Beybiegen (W3) [Adelung]


Beybiegen, verb. irreg. act. ( S. Biegen,) eine Sache an die andere biegen; doch nur in weiterer Bedeutung in den Kanzelleyen, für beyfügen, beyschließen. Der Bericht, welcher dem Schreiben beygebogen ist.


Beybinden (W3) [Adelung]


Beybinden, verb. irreg. act. ( S. Binden,) an das andere binden, besonders von Büchern. Gellerts Lieder waren seiner Moral beygebunden. Daher die Beybindung.


Beybothe (W3) [Adelung]


Der Beybothe, des -n, plur. die -n, ein Bothe, der außer dem ordentlichen Bothen angenommen wird. In den Graubünden kommt dieses Wort in edlerer Bedeutung von den Bothen, d. i. Abgeordneten aus jedem Hochgerichte vor, welche auf die so genannten Ehrenbothen, oder Bothen in engerer Bedeutung, folgen.


Beybringen (W3) [Adelung]


Beybringen, verb. irreg. act. ( S. Bringen,) Herbey bringen, doch nur in weiterer und figürlicher Bedeutung. Zeugen beybringen, zum Verweise einer Sache aufführen. Das Original einer Urkunde beybringen, herbey schaffen. 2) Eine Sache an oder in die andere bringen, gleichfalls nur in weiterer und figürlicher Bedeutung. Jemanden Gift beybringen, machen, daß er ohne sein Wissen Gift bekommen muß. Seinem Gegner einen Stoß beybringen, im Fechten. Der Jugend nützliche Wissenschaften beybringen, sie zur Erkenntniß derselben bringen. Wer hat dir diese üble Meinung von mir beygebracht? Einem eine Furcht, ein Mißtrauen beybringen, bey ihm verursachen. So auch die Beybringung.

Anm. Die Wortfügung einem etwas beybringen, es ihm beweisen, darthun, Hiob 39, 32, und Apostolg. 24, 13. ist im Deutschen nicht gewöhnlich.


Beyde (W3) [Adelung]


Beyde, ein Adjectiv, welches alsdann gebraucht wird, wenn zwey Dinge zusammen genommen werden, oder als zusammen genommen betrachtet werden sollen, für alle zwey. Es ist in doppelter Gestalt üblich.I. Als ein eigentliches Adjectiv, welches in manchen Stücken den Pronominibus ähnlich ist, weil es nur selten einen Artikel vor sich leidet. Es stehet in dieser Gestalt,1. Am häufigsten im Plural, in so fern die zwey Dinge, welche als zusammen genommen betrachtet werden, wirklich zwey verschiedene Dinge sind, da es dann in allen drey Geschlechtern beyde lautet. Beyde Hände gebrauchen. Auf beyden Augen blind seyn. Auf beyden Achseln tragen. Man muß beyde Theile hören. Sind denn beyde Geschlechte nur dazu geschaffen, daß sie einander schaden sollen? Ingleichen mit einigen Pronominen. Meine beyden Brüder. Die Armuth seiner beyden Verwandten. An diesen beyden Orten war ich auch. Die beyden Weiber da, wo die nicht der Artikel, sondern das verkürzte anzeigende Pronomen ist.Beyde kann auch relative ohne ausdrückliche Beyfügung des Hauptwortes stehen. Abraham und Sara waren beyde alt. Zwey Briefe, die beyde zu Einer Zeit geschrieben worden. Ich will sie beyde nehmen. Es geschehe denn mit beyder Bewilligung. Aus beyden eines machen. Sie sind beyde arm. Du mußt eines von beyden wählen. Das hieße an beyden zum Verräther werden. Wir beyde sind neugierig, oder wir sind beyde neugierig. Einer von beyden, in der Schweiz einetweder. Keiner von beyden, eben daselbst keinetweder.Zuweilen wird um des Nachdruckes willen auch alle vorgesetzet. Sie beschämet uns alle beyde. Sie werden alle beyde in die Grube fallen. Auch gibt es einige, doch nur wenige Fälle, wo man es mit dem Artikel antrifft, obgleich dieses Beywort seine Hauptwörter schon so genau bestimmt, daß der Artikel unnöthig wird; z. B. die beyden Häuser in der Peters-Straße gehörenihm. Der beyden keiner soll es haben, wofür man doch lieber sagt, keiner von beyden soll es haben.2. Wenn aber diese zwey zusammen genommene Dinge als ein Ganzes betrachtet werden, so stehet statt beyde das Neutrum beydes im Singular, mit Auslassung der Hauptwörter. Lasset beydes, nehmlich das Unkraut und den Weitzen, mit einander wachsen. Man muß beydes thun. Es gestand beydes. Ich will dir beydes geben. Beydes ist ungegründet. Beydes Werth ist zu hoch angegeben. Ich will zu beyden behülflich seyn. Von beydem ist hier die Rede nicht. Zuweilen auch mit dem verstärkenden alles. Man muß alles beydes thun. Es gehöret alles beydes dazu. Indessen lässet sich dieser Singular nicht von Personen, sondern nur von Sachen gebrauchen, und auch bey diesen nur von solchen Sachen, welche sich mit Anstande als ein Ganzes betrachten lassen. Von zwey Häusern sagt man z. B. nicht, beydes gefällt mir nicht, sondern beyde gefallen mir nicht.II. Als eine Conjunction, zwey Sachen oder Sätze mit einander zu verbinden, für so wohl. In dieser Gestalt kommt so wohl der Plural beyde, als auch der Singular beydes, jener mehr von Personen, dieser aber mehr von Sachen vor. Beyde Männer und Weiber. Beyde groß und klein. Es fielen beyde Mann und Pferd. Beyde Juden und Griechen. Beyde wir und unsere Väter. Beydes Leben und Tod steht in deiner Gewalt. Was Jesus beydes gethan und gelehret hat. Er regieret beydes im Weltlichen und im Geistlichen. Beide im Herze und auch im Sinne, Kaiser Heinrich. Baide plumen und das gras, Stryker. Doch diese ganze Conjunction ist im Hochdeutschen veraltet, und verdienet nur bloß um deßwillen angemerket zu werden, weil sie in der Deutschen Bibel noch häufig vorkommt.

Anm. 1. In den wenigen Fällen, wo das Adjectiv beyde den Artikel leidet, wird es auch nach der zweyten Declination der Adjectiven decliniret. Eben dieses geschiehet auch, wenn es die zueignenden, anzeigenden und fragenden Pronomina vor sich hat. Meine beyden Brüder; meiner beyden Augen; diese beyden Häuser; welche beyden meinest du? Mit den persönlichen Pronominen und in den übrigen Fällen folget es der dritten Declination der Beywörter. Sie beyde haben ihn gesehen. Ihr beyde seyd thöricht u. s. f.

Anm. 2. Beyde lautet bey dem Kero pedo, und in der zweyten Endung pedero, in dem alten Bündnisse des Königes Ludwig von 1842 in der zweyten Endung bedhero, bey dem Ottf. bethiu, bethe, bediu, bey dem Tatian beidu, im Angels. butu, butwo, batwo, im Engl. both, im Dän. baade, im Böhm. und Pohln. oba. Die Abstammung dieses Wortes ist so ausgemacht noch nicht. Die letzte Sylbe de ist vermuthlich das alte twa, two, Nieders. twey, zwey. Daß aber die erste Sylbe das gleichfalls alte Zahlwort ba, bo, bey dem Ulphilas bai sey, welches gleichfalls zwey bedeutet, und wovon das Lat. bis, und ambo, seiner letzten Sylbe nach, abzustammen scheinen, ist um deßwillen unwahrscheinlich, weil beyde Wörter gerade eines und eben dasselbe bedeuten, welches wider die Gewohnheit fast aller Sprachen ist. Herr Ihre, dem dies Ableitung zugehöret, hat diesen Zweifel selbst nicht gehoben. Bey dem Ulphilas kommt noch eine andere Form dieses Wortes vor, welche vielleicht die älteste ist, nehmlich bagotho, bagothum, wovon bai bey eben demselben nur eine Zusammenziehung zu seyn scheinet. Das Dänische begge, welches auch beyde bedeutet, ist hiermit genau verwandt. Einige gezierte Mundarten sprechen dieses Wort beede, und in einigen Oberdeutschen Gegenden unterscheidet man alle drey Geschlechter durch beede, bode, beyde, welches denen jenigen zur Nachahmung empfohlen wird, welche den Hochdeutschen das gleichfalls Oberdeutsche zween, zwo, zwey, so gerne aufdringen wollen.


Beyderley (W3) [Adelung]


Beyderley, ein Beywort, welches in allen Geschlechtern, Zahlen und Endungen unverändert bleibt, auf beyde Arten, oder von beyden Arten. In beyderley Glück, in beyden Arten des Glückes. Ein Wort beyderley Geschlechtes, das beyde Geschlechter hat. Die beyderley Leuten, nehmlich Juden und Griechen widerfahrene Gnade. Indessen gehört es im Hochdeutschen unter die zum Theil veralteten Wörter, welche so wohl im gemeinen Leben, als auch in Schriften selten mehr gebraucht werden.


Beyderseitig (W3) [Adelung]


Beyderseitig, adj. auf beyden Seiten, oder von beyden Seiten, in der figürlichen Bedeutung des Wortes Seite; ein Wort, welches erst seit einiger Zeit üblich geworden, aber in der Gestalt eines Nebenwortes nicht gebraucht werden kann. Ihr beyderseiges Glück freuet mich von Herzen, ihrer beyder Glück. Ihre beyderseitige Liebe, ihrer beyder Liebe, so wohl gegen einander, als auch gegen einen dritten.


Beyderseits (W3) [Adelung]


Beyderseits, adv. eigentlich, von beyden Seiten; allein im Hochdeutschen wird es nur figürlich für beyde gebraucht, wenn dieses Beywort absolute ohne Hauptwort stehen sollte. Grüße sie beyderseits, sie beyde. Sie grüßen dich beyderseits, sie grüßen dich beyde. Nun sind wir beyderseits frey. Was würde die Frucht von diesen Lehren seyn, wenn man sie beyderseits nach dem Buchstaben verstehen wollte? Im Schwabenspiegel kommt für dieses Wort baidenthalb, und im Theuerdanke bedesambt vor.


Beyding (W3) [Adelung]


* Das Beyding, des -es, plur. die -e, in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, ein außerordentliches Gericht, welches außer den gewöhnlichen Tagen gehalten wird, und welches in Schlesien ein beyfälliges Recht heißt. In Preußen führen aber auch die Civil- und Criminal-Gerichte den Nahmen eines Beydinges.


Beydlebig (W3) [Adelung]


* Beydlebig, adj. was so wohl auf dem festen Lande als im Wasser lebet. Ein beydlebiges Thier. Ein Wort, welches zu buchstäblich, und wider den Sprachgebrauch nach dem Latein. oder vielmehr Griech. amphibium zusammen gesetzet worden. Weil man indessen kein besseres hat, eben denselben Begriff auszudrucken, so wird man es wohl so lange behalten müssen, bis einmahl ein schicklicheres eingeführet wird.


Beydrehen (W3) [Adelung]


Beydrehen, verb. reg. act. S. Beylegen II. 2.


Beydrucken (W3) [Adelung]


Beydrucken, verb. reg. act. von gedruckten Schriften, bey oder an etwas drucken. Die Schrift war einem gewissen Buche beygedruckt. S. Drucken.


Beydrücken (W3) [Adelung]


Beydrücken, verb. reg. act. eine Sache der andern drücken. Sein Siegel beydrücken. Daher die Beydrückung. S. Drücken.


Beyessen (W3) [Adelung]


Das Beyessen, des -s, plur. ut nom. sing. im Gegensatze des Hauptessens oder Hauptgerichtes, ein Gericht in einer kleinen Schüssel, welches man zwischen die größern einzuschreiben pflegt; ein Nebenessen, Nebengericht. Mehrere Beyessen, welche auf Ein Mahl aufgetragen werden, heißen an großen Tafeln eine Zwischentracht.


Beyfall (W3) [Adelung]


Der Beyfall, des -es, plur. car. der Zustand des Gemüthes, da man die Worte oder Handlungen eines andern billiget. Jemanden in etwas Beyfall geben. Beyfall finden. Du wirst damit wenigen Beyfall finden. Jedermann gab ihm Beyfall, billigte seine Rede. Einem, oder einer Sache seinen Beyfall versagen. Ich habe keine andere Ursache, deiner Liebe meinen Beyfall zu versagen, als deine Glückseligkeit, Dusch. Und Beyfall lächelte der ganze Hof umher, Weiße. Hornegk druckt den Begriff des Beyfalles durch Zuwort aus.


Beyfallen (W3) [Adelung]


Beyfallen, verb. reg. neutr. ( S. Fallen,) welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt, und nur in figürlicher Bedeutung gebraucht wird. 1) In das Gedächtniß kommen, einfallen. Es will mir nicht wieder beyfallen, ich kann mich nicht wieder darauf besinnen. Jetzt fällt mir ein Mittel bey. Doch jetzt fällt mir manchmal bey, Ob ich nicht zu furchtsam sey, Zachar. 2) Beyfall geben. Einem beyfallen, dessen Rede billigen. Ich falle dir darin nicht bey. Ich falle seiner Meinung bey. 3) Diesen Beyfall thätig machen, eines Partey thätig ergreifen. Das ganze Land fiel dem Aufrührer bey. Und die hohen Satrapen Germaniens Fielen zahlreich dem Bunde bey, Raml.

Anm. Es scheinet, daß diese letzte Bedeutung die erste und eigentliche gewesen sey, indem bifalla im Schwedischen ehedem zu Hülfe kommen, bedeutet hat. Das Nieders. bifallen wird auch für zerfallen, gebraucht. Fallt Gott mir diesem Lobe bey, Daß er allein nur mächtig sey, Opitz Ps. 68, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Beyfällig (W3) [Adelung]


* Beyfällig, adj. et adv. welches doch im Hochdeutschen nur in der Sprache der Gerichtsstuben und Kanzelleyen üblich ist. 1) In der ersten Bedeutung der Verbi, was jemanden beyfällt. Es ist mir nicht beyfällig, ich erinnere mich dessen nicht. 2) In der zweyten Bedeutung, einem beyfallend. Nach erfolgter beyfälliger Erklärung der Stände, günstiger. Sie werden mir darin beyfällig seyn, Raben. Er ist so glücklich, durch diesen Witz einen beyfälligen Richter zu erhalten, ebend. Ein beyfälliges Urtheil erhalten, ein günstiges. 3) Zufällig. Beyfälliger Weise, von ungefähr. Es ist beyfällig (beyläufig, bey Gelegenheit,) erinnert worden. Das beyfällige Recht ist in Schlesien dem ordentlichen Rechte entgegen gesetzet. Zu jenem gehören das Gastrecht, das Elendrecht, und Nothrecht, zu diesem gehören das Großding oder Stadtrecht, und das Kleinding. S. auch Beyding.


Beyfang (W3) [Adelung]


Der Beyfang, des -s, plur. die -fänge, besonders bey den Fischern, der Fang einer nicht erwarteten oder nicht verlangten Sache, z. B. wenn neben den Fischen und Krebse mitgefangen werden.


Beyfrau (W3) [Adelung]


Die Beyfrau, plur. die -en, eine Person weiblichen Geschlechtes, welche einer andern in gewissen Verrichtungen an die Seite gesetzet ist, ihr Hülfe zu leisten. So wird z. B. an einigen Orten diejenige Frau, welche der Hebamme beystehet, eine Beyfrau genannt.


Beyfreude (W3) [Adelung]


Die Beyfreude, plur. car. ein Wort, welches nach dem Muster des Beyleid von einigen Reuern versucht worden, die Freude auszudrucken, welche man bey eines andern angenehmen Vorfällen empfindet. Einem seine Beyfreude bezeigen. Andere haben das Wort Mitfreude für schicklicher gehalten; allein noch hat keines von beyden großen Beyfall gefunden, weil sie, besonders das erstere, nach veralteten Analogien gebildet sind.


Beyfuge (W3) [Adelung]


Die Beyfuge, plur. die -n, was beygefüget worden, besonders eine beygefügte Schrift, wie Beylage.


Beyfügen (W3) [Adelung]


Beyfügen, verb. reg. act. zu einer andern Sache fügen oder mit derselben verbinden. Zu einer Erzählung noch einen Umstand beyfügen, hinzu fügen, hinzu setzen. Besonders eine Schrift als einen Anhang, eine Beweisschrift u. s. f. zu einer andern fügen. Die dem Berichte beygefügten Rechnungen.


Beygang (W3) [Adelung]


Der Beygang, des -es, plur. die -gänge, in dem Bergbaue, Gänge, welche sich mit dem Hauptgange bald vereinigen, bald aber auch wieder von demselben abgehen.


Beygeben (W3) [Adelung]


Beygeben, verb. irreg. act. ( S. Geben,) als einen Gehülfen in einer Sache verordnen; wie zugeben, welches in diesem Falle üblicher ist. Einen einem andern als Nebenvormund beygeben.


Beygehen (W3) [Adelung]


Beygehen, verb. irreg. neutr. ( S. Gehen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1) Zugleich mit gehen, nebenher gehen; doch nur in der figürlichen Bedeutung, für beygefüget seyn, und auch hier nur in den Kanzelleyen und in dem Participio der gegenwärtigen Zeit. Aus beygehendem Schreiben wird zu ersehen seyn. 2) In die Gedanken kommen, einfallen, mit dem Zeitworte lassen. Ich konnte mir unmöglich beygehen lassen, daß er es sollte gethan haben. In dieser Bedeutung ist es zugleich ein etwas glimpflicher Ausdruck für das härtere sich unterstehen. Wenn sich jemand sollte beygehen lassen, unsern Befehl zu übertreten.

Anm. Ottfried gebrauchte schon das einfache gehen für unterstehen. Ther ingahe, der sich unterstehen sollte. Das Niedersächsische bigaan bedeutet aus dem Wege gehen.


Beygehülfe (W3) [Adelung]


Der Beygehülfe, des -n, plur. die -n, in manchen Fällen so viel als Gehülfe oder Beyarbeiter; dergleichen Beygehülfen sich an den Höfen in der Küche, der Kellerey, Silberkammer u. s. f. befinden.


Beygeleit (W3) [Adelung]


Das Beygeleit, des -es, plur. die -e, ein neben dem Hauptgeleite angelegtes Geleit, S. Hauptgeleit.


Beygeschmack (W3) [Adelung]


Der Beygeschmack, S. Beyschmack.


Beygeschworne (W3) [Adelung]


Der Beygeschworne, des -n, plur. die -n, S. Beysaß.


Beygethan (W3) [Adelung]


* Beygethan, adv. welches eigentlich das Mittelwort des ungewöhnlichen Verbi beythun ist, und im Oberdeutschen in Unterschriften der Briefe von Höhern an Geringere für gewogen, günstig, gebraucht wird. Wir verbleiben euch wohl beygethan. O Juli, die du mir vor allen beygethan, Opitz. Wie das Araber Volk den für gemahlten Wahn Mit seinen Satzungen gar leicht war beygethan, ebend.


Beyglied (W3) [Adelung]


Das Beyglied, des -es, plur. die -er, in der Baukunst, ein weniger wesentliches Glied in der Säulenordnung; ein Nebenglied, zum Unterschiede von dem Hauptgliede.


Beyhalm (W3) [Adelung]


Der Beyhalm, des -es, plur. distributive die -e, collective, die -en, ein neben dem Haupthalme des Getreides aufschließender Halm.


Beyher (W3) [Adelung]


* Beyher, ein Niedersächsisches Nebenwort des Ortes. 1) Für nebenher. Beyher gehen, neben dem Wagen her. Und Michel scherzt beyher, Weiße. 2) Figürlich. Je nun, so wird er das Geschäfte mit ihnen so beyher treiben, Less. nebenher, als eine Nebensache.


Beyhülfe (W3) [Adelung]


Die Beyhülfe, plur. inus. diejenige Hülfe, wodurch man einem Theile des Mangels eines andern abhilft. Jemanden eine Beyhülfe an Geld, Getreide, Truppen u. s. f. thun oder leisten. Die Stände wurden um eine ansehnliche Beyhülfe ersucht.


Beyjagen (W3) [Adelung]


Das Beyjagen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Jagen, oder eine Jagd zu außerordentlicher Zeit, ein Nebenjagen, im Gegensatze des Hauptjagens.


Beykind (W3) [Adelung]


* Das Beykind, des -es, die -er, im gemeinen Leben einiger Gegenden, ein uneheliches Kind; als ein glimpflicher Ausdruck für das härtere Hurkind.


Beykirche (W3) [Adelung]


Die Beykirche, plur. die -n, an einigen Orten ein Nahme einer Tochterkirche, zum Unterschiede von der Hauptkirche.


Beyknecht (W3) [Adelung]


Der Beyknecht, des -es, plur. die -e, ein Knecht, der dem ordentlichen Knechte an die Hand gehet, und dessen Stelle im Nothfalle vertritt; dergleichen Knechte es z. B. in den Marställen gibt.


Beykoch (W3) [Adelung]


Der Beykoch, des -es, plur. die -köche, in großen Küchen, 1) ein Gehülfe des ordentlichen Koches. Noch häufiger aber, 2) der Koch für die Beytische, zum Unterschiede von dem Mundkoche.


Beykommen (W3) [Adelung]


Beykommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen,) mit dem Hülfsworte seyn. 1) Zugleich mit kommen; doch nur in den Kanzelleyen, und im Participio der gegenwärtigen Zeit, so wie beygehen. Beykommendes Schreiben. Wie solches in beykommender Rechnung verzeichnet ist. 2) Einem, oder einer Sache beykommen, derselben nahe kommen; doch nur in engerer Bedeutung, feindlich nahe kommen, anhaben. Die Feinde konnten, aller Mühe ungeachtet, dem Orte nicht beykommen. Dieser Stadt ist leicht beyzukommen. Siehe zu, wo ihm am besten beyzukommen ist. 3) Gleich kommen, gleich seyn. Er kömmt ihm an Gelehrsamkeit bey weiten nicht bey. Seinem Schaden beykommen, denselben ersetzen. Ich bin meinem Verluste so ziemlich wieder beygekommen.

Anm. Das Nieders. bikamen bedeutet theils aufkommen, sich von einer Krankheit wieder erhohlen, theils aber auch sich zutragen, in welcher letztern Bedeutung schon Kero biqueman gebraucht.


Beykriechen (W3) [Adelung]


+ Beykriechen, verb. irreg. neutr. welches nur im gemeinen Leben, und auch hier nur im Infinitive gebraucht wird. Beykriechen müssen, in das Gefängniß wandern müssen. S. Beystecken.


Beylade (W3) [Adelung]


Die Beylade, plur. die -n, eine kleine Lade, an der Seite einer größern.


Beylage (W3) [Adelung]


Die Beylage, plur. die -n, was beygeleget wird. 1) Was einer Sache mit beygeleget wird. Die Beylagen einer Schrift, einer Deduction, die zum Beweise oder zur Erläuterung dienen, und auch Anlagen und Beyfugen genannt werden. 2) Was beygeleget, d. i. verwahret wird, besonders si fern es einem andern gehöret; in welcher Bedeutung dieses Wort aber wenig mehr gebraucht wird, weil es von dem Lateinischen Depositum verdränget worden. So wird 2 Maccab. 3, 15, das geld, welches andere zu treuen Händen in den Tempel gelegt hatten, eine Beylage genannt. Und bin gewiß, daß er mir kann meine Beylage bewahren bis an jenen Tag, 2 Tim. 1, 12, 14. In dem 1523 zu Basel gedruckten neuen Testamente wird dieses Beylage als ein fremdes Wort durch vertrawt, hindergelegt Gut, erkläret.


Beylager (W3) [Adelung]


Das Beylager, des -s, plur. ut nom. sing. die Vollziehung der Vermählung vornehmer Personen. Das Beylager halten. S. Beyliegen.


Beyland (W3) [Adelung]


Das Beyland, des -es, plur. die -länder, in der Landwirthschaft einiger Gegenden, Länder oder Acker, welche außer den Hufenschlägen liegen.


Beylassen (W3) [Adelung]


Beylassen, verb. irreg. act. S. Zulassen.


Beylast (W3) [Adelung]


Die Beylast, plur. inusit. in der Schifffahrt, diejenige Last oder Fracht, welche jedem Schiffsbedienten für sich mitzunehmen erlaubt wird.


Beyläufer (W3) [Adelung]


Der Beyläufer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Diener, welcher nur zum Verschicken gebraucht wird, und im Nothfalle der ordentlichen Diener Stelle vertritt. Figürlich auch wohl in einigen Fällen, was geringer ist, als andere Dinge seiner Art.


Beyläufig (W3) [Adelung]


Beyläufig, adj. et adv. welches aber in der Gestalt eines Adverbii am üblichsten ist. 1) Als oder in Gestalt einer Nebensache. Dieß habe ich nur beyläufig melden wollen. Beyläufig soll auch dieß beygebracht werden, nebenbey, als eine Nebensache. Zuweilen, besonders im Oberdeutschen, auch als ein Adjectiv. Eine beyläufige Lesung eines Buches, ein Lesen, welches nur bey Gelegenheit, als eine Nebensache geschiehet. Das sind meine beyläufigen Gedenken, die mir bey dieser Gelegenheit beygefallen sind. 2) Ungefähr. Vor beyläufig zwanzig Jahren. Es waren beyläufig tausend Mann. Doch in beyden Bedeutungen ist dieses Wort eher dem Kanzelleystyle, als der edlen Schreibart nachzusehen. Das Verbum beylaufen, von welchem dieses und das vorige Wort abstammen, ist im Hochdeutschen nicht üblich.


Beylegen (W3) [Adelung]


Beylegen, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist.I. Als ein Activum. 1. Eine Sache bey oder neben der andern legen. 1) In eigentlicher Bedeutung. Einer Klagschrift die Beweisstücke, einer Ausführung die Urkunden, einem Briefe eine Rechnung beylegen. 2) Figürlich. (a) Jemanden seine Tochter beylegen, sie ihm zur Ehe geben; welche Redensart aber im Hochdeutschen größten Theils veraltet ist. (b) Eine Sache von der andern behaupten. Man leget ihm viel Verstand bey. Er hat ihm die größten Lobsprüche beygeleget. Einem Geiste menschliche Bildung beylegen, sich ihn unter einer menschlichen Bildung vorstellen. Ich lege dir die Schuld davon bey. Einem ein Verbrechen beylegen. Indessen wird dieses Verbum doch lieber in einem guten, wenigstens gleichgültigen Verstande, als in nachtheiliger Bedeutung gebraucht. S. Beymessen. 2. Bey Seite legen. 1) * Eigentlich, welche Bedeutung aber im Hochdeutschen nicht üblich ist. Doch sang Opitz zu seiner Zeit: Wer dich im Kriege sieht, der legt die Waffen bey. 2) Verwahrlich beylegen, bey Seite legen und aufheben. Geld im Gerichte beylegen. Daß er den Leuten das Ihre, so sie an den Orten zu treuen Händen beygeleget hatten, wollte erhalten, 2 Maccab. 3, 15. Um der Hoffnung willen, die euch beygeleget ist im Himmel, Coloss. 1, 6. Hinfort ist mir beygelegt die Krone der Gerechtigkeit, 1 Timoth. 4, 8. Welche Wortfügung mit der dritten Endung der Person aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. Ingleichen, aufsammeln, sammeln und verwahren. Der Schatz, den die guten Alten, Aus Einfalt beygelegt, Can. 3) Endigen, von Streitigkeiten, oder streitigen Sachen, schlichten, doch mehr durch gütliche Vermittelung, als durch Urtheil und Recht. Einen Streit beylegen. Die Sache ist längst beygelegt. So auch die Beylegung in allen obigen Bedeutungen. S. auch Beylage.II. Als ein Neutrum, mit haben. 1. * Einem beylegen., ihm beyfallen, ihm recht geben, am häufigsten im Oberdeutschen, wofür daselbst auch zulegen üblich ist. S. Beypflichten. 2. In der Seefahrt bedeutet beylegen, das Schiff gegen den Wind drehen, so daß es langsamer gehe, welches auch beystechen und beydrehen genannt wird. Das Schiff wurde, weil es nicht beylegen wollte, in den Grund gebohret.


Beylehen (W3) [Adelung]


Das Beylehen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Bergwerken, die nach dem Hauptlehen aufgekommenen Lehen, d. i. Berggebäude und Zechen.


Beyleid (W3) [Adelung]


Das Beyleid, des -es, plur. car. ein Leid, oder ein Schmerz, welchen man bey des andern Unfalle empfindet. Jemanden sein Beyleid bezeigen. Im Hochdeutschen wird dieses Wort nur in der Sprache der Höflichkeit, in den Versicherungen dieser Empfindung bey dem Absterben werther Personen anderer gebraucht. Allein im Oberdeutschen scheinet es auch überhaupt für Mitleiden üblich zu seyn, indem man daselbst auch sagt: jemanden zum Beyleid bewegen. S. Mitleid.


Beyliegen (W3) [Adelung]


* Beyliegen, verb. irreg. neutr. ( S. Liegen,) mit dem Hülfsworte haben, zur Fortpflanzung seines Geschlechtes bey einer Person liegen. Gib mir nun mein Weib, denn die Zeit ist hie, daß ich beyliege, 1. Mos. 29, 21. Also lag er auch bey mit Rahel, V. 30. Alle Weiber die Männer erkannt und beygelegen haben, 4. Mos. 31, 17, 18. Im Hochdeutschen gehöret dieses Wort schon seit langer Zeit unter die veralteten, obgleich das Hauptwort Beylager noch davon übrig ist. S. Beywohnen.

Anm. Zware e ich ir lege lasterlichen bi E lies ich mich schern und villen, sang ehedem Reinmar der Alte. Das einfache liugan bedeutete schon im Gothischen heirathen. Allein es hatte oft auch einen verhaßten Nebenbegriff bey sich. Daher bedeutet furlegan bey dem Tatian, die Ehre brechen, und beligga und laegra im Schwedischen stuprare.


Beymessen (W3) [Adelung]


Beymessen, verb. irreg. act. ( S. Messen,) 1) Für die wirkende Ursache einer Veränderung ausgeben, wodurch es sich von dem bloßen beylegen unterscheidet. Ich werde dir die Schuld nicht beymessen. Ich messe es deinem Unverstande bey, gebe deinem Unverstande die Schuld. Er mißt sich alles bey, gibt sich für den Urheber alles dessen aus. 2) Beylegen, etwas von einer andern Sache behaupten; doch nicht so richtig. Einem Vollkommenheit beymessen, die er nicht besitzt, besser zuschreiben, beylegen. 3) Einem Glauben beymessen, ihm glauben.

Anm. Es scheinet, daß dieses Wort, welches in den ältern Zeiten gar nicht, in den mittlern aber nur sehr sparsam vorkommt, nicht so wohl zu dem Verbo messen, metiri, als vielmehr zu dem veralteten messen, missen, schelten, gehöret, welches in dem Angsburgischen Stadtrechte bey dem Schilter vorkommt. Swer dem andern mizzet einem Hurnsun der ist dem Vogt ains phunts pfennig schuldig. Schilt er ihn aber u. s. f. Soll ich fridlich herz ward im inn ein Zagheit gemessen und verkert, heißt es in dem 1514 gedruckten Deutschen Livins. Daher wird es auch begreiflich, warum dieses Wort immer mehr im nachtheiligen, als guten Verstande gebraucht wird. Wem diese Ableitung nicht gefällt, wird bey Anmaßen eine vielleicht eben so bequeme finden.


Beymetze (W3) [Adelung]


Die Beymetze, plur. die -n, eine Metze, welche an einigen Orten außer der gewöhnlichen Mahlmetze der Obrigkeit gegeben wird, und gemeiniglich in Kriegszeiten angeleget, aber nachmahls beybehalten worden.


Beymischen (W3) [Adelung]


Beymischen, verb. reg. act. eine Sache zu der andern mischen. Dem Wein Wasser beymischen. Den abgezogenen Geistern mischet sich immer vieles Öhl mit bey. Beygemischte Mate- rien sind keine vermischte, wohl aber vermengte, S. Mischen. Daher die Beymischung.


Beynahe (W3) [Adelung]


Beynahe, besser bey nahe, S. Bey III. und Nahe.


Beynahme (W3) [Adelung]


Der Beynahme, des -ns, plur. die -n, ein Nahme, welchen jemanden außer seinem Tauf- und Geschlechtsnahmen wegen besonderer Umstände bekommt. So war Bastard ein Beynahme Wilhelm des Eroberers.

Anm. Pinemi kommt schon bey dem Kero, aber von einem Vornahmen, praenomine, vor, Kap. 2. Ein Beynahme welchen jemand aus Spott oder Verachtung bekommt, heißt im gemeinen Leben auch ein Spitznahme, Schimpfnahme, in und um Osnabrück ein Korneelsnahme, Korneetsnahme, Korneusnahme, in Niedersachsen und Preußen ein Ökelnahme, Schwed. Oekname, nicht von Ekel, wie einige glauben, sondern von dem alten Verbo öka, vermehren, zusetzen. S. Auch. Das Baierische annameln bedeutet, jemanden einen solchen Schimpfnahmen beylegen. Einige Sprachlehrer z. B. Aichinger, nennen das Adjectivum einen Beynahmen.


Beyneben (W3) [Adelung]


* Beyneben, Beynebst, Beynebenst, ein im Hochdeutschen veraltetes Adverbium des Ortes, für neben an, in der Nähe. Die unverhoffte Frucht so hier entspringt beyneben, Opitz. Ingleichen für nebst, Sachen mit einander zu verbinden. S. Benebst.


Beynöthig (W3) [Adelung]


* Beynöthig, adj. et adv. welches nur in einigen gemeinen Sprecharten für nöthig üblich ist. Geld ist ihm immer sehr beynöthig, er hat es immer nöthig, es fehlt ihm immer.


Beypfanne (W3) [Adelung]


Die Beypfanne, plur. die -n, in den Sächsischen Salzwerken, eine Pfanne neben der großen, welche von ihrem Feuer zugleich mit erwärmet wird.


Beypferd (W3) [Adelung]


Das Beypferd, des -es, plur. die -e, an einigen Orten so viel, als das Handpferd, welches neben dem Sattelpferde gehet.


Beypflichten (W3) [Adelung]


Beypflichten, verb. reg. neutr. mit haben. Einem beypflichten, dem, was er sagt, aus Überzeugung Beyfall geben, ihm beystimmen. Eines Rede beypflichten. Ich kann dir hierin nicht beypflichten. Daher die Beypflichtung.

Anm. Man wird dieses Wort in den ältern und mittlern Zeiten vergebens suchen. Es scheinet, daß es nicht so wohl zu Pflicht, officium, als vielmehr zu pflegen, warten, gehöret, von welchem es das Frequentativum seyn kann. Im Niedersächs. bedeutet zupflegen, jemanden an die Hand gehen, dessen Handlanger seyn, welche Bedeutung denn zu dieser figürlichen Anlaß gegeben haben kann. Im Oberdeutschen ist für beypflichten, beylegen und beyplatzen, im Niedersächsischen beyschlagen, und im Hochdeutschen auch beystimmen üblich.


Beyrath (W3) [Adelung]


* Der Beyrath, des -es, plur. inusit. ein Rath, welchen man einem andern gibt, ein Wort, welches im Oberdeutschen am üblichsten ist; Nieders. Mederad, Mitrath. Und jeder Freund kam angerannt, Ihm Trost und Beyrath mitzutheilen, Haged. In eben dieser Mundart hat man auch das Zeitwort, einem beyrathen, ihm einen guten Rath geben, von welchem auch der Infinitiv als ein Hauptwort gebraucht wird; ohne Beyrathen meiner Freunde.


Beyräthig (W3) [Adelung]


* Beyräthig, adj. et adv. welches gleichfalls in Oberdeutschland einheimisch ist. Ein beyräthiger Mann. Einem beyräthig seyn. Nieders. inrädig.


Beyrücken (W3) [Adelung]


* Beyrücken, verb. reg. act. mit Worten hinzu setzen; gleichfalls am häufigsten im Oberdeutschen.


Beysammen (W3) [Adelung]


Beysammen, adv. loci, bey einander, von einem gemeinschaftlichen Daseyn in einem Orte. Beysammen seyn, beysammenstehen, beysammen leben, beysammen wohnen. Etwas beysammen lassen, es nicht trennen. Ich möchte sie beyde beysammen sehen, Gell. Da sind sie ja alle beysammen, ebend. Hier findet man alles beysammen, was andere Gutes haben.

Anm. Die letzte Hälfte dieses Wort ist das alte sam, sammen, Goth. saman, zugleich. S. Sammt und Sammeln. Da bey im Hochdeutschen nur noch von dem Daseyn an einem Orte gebraucht wird, so gilt solches auch von den Zusammensetzungen. Für beysammen gehen, beysammen kommen, sagt man daher richtiger zusammen.


Beysaß (W3) [Adelung]


Der Beysaß, des -ssen, plur. die -ssen, ein nur in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden übliches Wort, wo es eine gedoppelte Art von Einwohnern eines Ortes oder Landes bezeichnet. 1) Bauern, welche nicht so viel Land haben, daß sie Pferde darauf halten können, und daher auch nur mit der Hand frönen, und an andern Orten Hintersassen genannt werden. S. Bauer. 2) Einwohner in Städten, welche das Bürgerrecht nicht haben, aber doch bürgerliche Hantierung treiben; in Regensburg Beysitzer, an andern Orten Beygeschworne, Schutzverwandte, in Westphalen Mitwohner.


Beyschlaf (W3) [Adelung]


Der Beyschlaf, des -es, plur. car. die fleischliche Vermischung zweyer Personen. Der eheliche Beyschlaf. Kinder so aus unehelichem Beyschlafe geboren werden, Weish. 4, 6.

Anm. Notker gebraucht dafür Mitesclaf, Mitschlaf. Das Verbum beyschlafen, welches auch Weish. 7, 2, vorkommt, ist im Hochdeutschen nicht üblich. Man gebraucht dafür entweder das einfache schlafen mit dem Vorworte bey, oder beschlafen. Bey dem Matthesius kommt Beyschlaf in der folgenden Bedeutung einer Beyschläferinn vor.


Beyschläferinn (W3) [Adelung]


Die Beyschläferinn, plur. die -en, eine Person weiblichen Geschlechtes, welche einem Manne zum unehelichen Beyschlafe dienet, welche ehelich mit ihm lebet, ohne nach den Gebräuchen der Kirche dazu berechtiget zu seyn; ein Kebsweib, mit einem ausländischen Worte eine Concubine. Zuweilen, doch seltener, findet man es auch im männlichen Geschlechte, der Beyschläfer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Person männlichen Geschlechtes auszudrucken, welche mit einer andern weiblichen Geschlechtes in unerlaubter Verbindung lebt. S. Beysorge und Concubine. Im Scherze gebraucht man oft beyde Wörter, von Personen, welche bey einander in Einem Bette schlafen.


Beyschlag (W3) [Adelung]


Der Beyschlag, des -es, plur. die -schläge. 1) Eine falsche, nachgeschlagene Münze, welche neben und nach dem Muster einer guten geschlagen wird. Das Nieders. Bislang wird in noch weiterer Bedeutung von einer jeden unechten und schlechten Sache gebraucht. 2) In einigen Niedersächsischen Städten, z. B. in Danzig, der einige Stufen erhöhete Altan vor einem Haufe, über welchen man in das Haus gehet, der im Schwedischen gleichfalls Bislag, in Augsburg aber Beystall heißt. In Bremen führen alle steinerne Sitze vor den Häusern diesen Nahmen.


Beyschlagen (W3) [Adelung]


Beyschlagen, verb. irreg. neutr. ( S. Schlagen,) welches das Hülfswort seyn, erfordert, ein wohl nur in Niedersachsen übliches Wort, für beystimmen, beypflichten. Einem beyschlagen. Er schlägt nicht übel bey, in weiterer Bedeutung, er macht es fast eben so arg.


Beyschließen (W3) [Adelung]


Beyschließen, verb. irreg. act. ( S. Schließen,) 1) Bey Seite schließen, verschließen; doch nur in den gemeinen Mundarten einiger Gegenden. Ich will es beyschließen, verschließen. S. Beschließen. 2) Beyfügen, beylegen. Einem Briefe eine Rechnung, eine Urkunde beyschließen. Wie aus beygeschlossenem Schreiben zu ersehen ist.


Beyschluß (W3) [Adelung]


Der Beyschluß, des -sses, plur. die -schlüsse, was einer Schrift beygeschlossen, oder beygelegt ist; die Beylage, Beyfuge.


Beyschlüssel (W3) [Adelung]


Der Beyschlüssel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schlüssel, den man neben dem ordentlichen Schlüssel führet; besonders, wenn derjenige, der ihn führet, nicht dazu befugt ist; ein Nachschlüssel. S. Dieterich.


Beyschmack (W3) [Adelung]


Der Beyschmack, besser Beygeschmack, des -es, plur. inus. ein unreiner Geschmack, welcher nicht zur Sache gehöret. Der Wein, die Butter hat einem Beyschmack.


Beyschreiben (W3) [Adelung]


Beyschreiben, verb. irreg. act. ( S. Schreiben,) bey, oder neben einer Sache schreiben.


Beyschreiben (W3) [Adelung]


Das Beyschreiben, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schreiben, welches außer dem Hauptschreiben erlassen wird. So heißet in den Rechten ein Schreiben, in welchem bey Versendung der Acten die Sache nochmahls empfohlen wird, ein Bey- oder Nebenschreiben.


Beyschreiber (W3) [Adelung]


Der Beyschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schreiber, welcher dem ordentlichen Schreiber als Gehülfe zugeordnet wird.


Beyschrift (W3) [Adelung]


Die Beyschrift, plur. die -en, was bey oder neben einer Sache, zur Seite derselben geschrieben ist, zum Unterschiede von den Auf- Über- und Unterschriften. S. Aufschrift.


Beyschütten (W3) [Adelung]


Beyschütten, verb. reg. act. in dem Fränkischen Weinbaue, die im Räumen der Weinberge nur einiger Maßen herbey gezogene Erde, bey dem Beschneiden völlig an den Weinstock schütten oder aufhäufen.


Beysegel (W3) [Adelung]


Das Beysegel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Schifffahrt, ein Segel, welches im Nothfalle, z. B. bey schwachem Winde, neben den Hauptsegeln aufgespannet wird.


Beyseit (W3) [Adelung]


Beyseit, ein Nebenwort des Ortes für bey Seite, abwärts, von andern Personen oder Sachen abgesondert. Jemanden beyseit führen. Beyseit gehen, treten. Stehen sie doch nicht immer so beyseit am Fenster. Etwas beyseit legen, stellen.

Anm. Im Oberdeutschen ist dieses Wort mit dem s am Ende üblich, welches sich auch in allerseits, beyderseits, anderseits befindet. Daß dieses s aber eben nicht unentbehrlich ist, beweisen diesseit und jenseit. Beyseits kommt indessen Luc. 15, 19; Apostelg. 5, 6; 2 Kön. 5, 24; u. s. f. vor. Bey hat hier noch die Oberdeutsche Bedeutung, einer Richtung nach dem Orte, welche im Hochdeutschen fast in allen übrigen Fällen veraltet ist. S. Bey. Man schreibt dieses Wort eben so richtig auch getrennt, bey Seite gehen, stehen u. s. f. Im Henisch lautet dieses Nebenwort beseits. S. Be -, Anm.


Beyseite (W3) [Adelung]


Die Beyseite, S. Beytisch.


Beysetzen (W3) [Adelung]


Beysetzen, verb. reg. act. 1) Eine Sache bey oder neben der andern setzen, in welcher Bedeutung dieses Wort aber nur in Niedersachsen üblich ist, weil man im Hochdeutschen bey nicht gern mehr von der Richtung nach einem Gegenstande gebraucht. 2) Eine Leiche beysetzen, sie in die Gruft oder in ihr Erbbegräbniß setzen, von vornehmen Leichen. 3) Die Segel beysetzen, in der Schifffahrt, sie ausspannen. Alle Segel beysetzen. So auch die Beysetzung.


Beyseyn (W3) [Adelung]


Beyseyn, ein ungewöhnliches Zeitwort, von welchem im Hochdeutschen nur der Infinitiv als ein Hauptwort für Gegenwart, doch ohne Artikel und am häufigsten mit den Vorwörtern in und ohne gebraucht wird. Ohne jemandes Beyseyn. Es geschahe in meinem, in seinem Beyseyn. In Beyseyn einiger guten Freunde. In Beyseyn der Alten verstellt sich die Jugend, Haged. Im Oberdeutschen gebraucht man dieses Wort auch außer der Verbindung mit den Vorwörtern in und ohne, welcher Gebrauch aber im Hochdeutschen ein wenig hart klingt; z. B. Er war mir schon hinweg gegangen, Und ich war seines Beyseyns los, Opitz. So ist dein Beyseyn mir das liebste das man findt, ebend.

Anm. Ehedem war das Zeitwort beyseyn, für bey jemanden seyn, um ihn seyn, sehr gewöhnlich. Das kumt von einer frouuen schoene Der ich gerne were bi, Ditmar von Ast. Darzuo were ich dir vil gerne bi, ebend. Wen ich ir were bi, Heinrich von Morunge. Ingleichen für zugethan, ergeben seyn. Min herze ist ir mit truiwen bi, Reinmar der Alte. Das si mir mit truiwen were bi, Heinr. v. Morunge. Wie auch für bevor stehen. Mir ist vil lichte ein froeide nahe bi, Reinm. der Alte.


Beysitz (W3) [Adelung]


Der Beysitz, des -es, plur. inus. zuweilen, obgleich selten, das Beysitzen in einem Gerichte, und die Würde und das Amt eines solchen Beysitzers.


Beysitzen (W3) [Adelung]


Beysitzen, verb. irreg. neutr. ( S. Sitzen,) mit dem Hülfsworte seyn, so aber wenig mehr gebräuchlich ist, bey oder neben etwas sitzen; besonders mit in einem Gerichte sitzen, um das Urtheil zu sprechen. S. das folgende.


Beysitzer (W3) [Adelung]


Der Beysitzer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Rath in einem Collegio, welcher nebst dem Präsidenten die Urtheile über die vorkommenden Sachen sprechen hilft; besonders ein solcher Rath in einem Gerichte. Die Benennung ist an vielen Orten anstatt des ehemaligen Nahmens der Schöppen aufgekommen, der aber auch noch hin und wieder üblich ist. Bey den "Longobarden" hießen diese Beysitzer oder Schöppen Gastaldii, und Sculdasii, Schultheißen, bey den Westgothen Tyuphadi und Gardingi, bey den Sachsen und Westphalen Scabini, Scaviones, Schöppen, bey den Franken Rachinburgi, Sachibarones, und Tungini, in den spätern Zeiten Urtheilsfinder, Urtheilssprecher, Urtheiler, Zulassen, Stuhlgenossen u. s. f. 2) An einigen Orten, z. B. zu Regensburg, ein Bürger, welcher nicht ansässig ist. S. Beysaß 2.


Beysorge (W3) [Adelung]


Die Beysorge, plur. inusit. die Besorgung einer Gefahr, die Besorgniß; ein Wort, welches im Hochdeutschen zu veralten anfängt. Meine Beysorge war nicht ungegründet. S. Besorgniß 2. In dem Lübeckischen Rechte bedeutet Beysorge die Vormundschaft, Curatel, und Beysorger einen Curator. In andern Gegenden kommt hingegen Beysorge für eine Beyschläferinn vor.


Beyspiel (W3) [Adelung]


Das Beyspiel, des -es, plur. die -e. 1) Ein einzelner Fall, welcher zur Erläuterung einer allgemeinen Wahrheit angeführet wird, wodurch es sich von dem Gleichnisse unterscheidet; ein Exempel. Ein Beyspiel anführen. Eine Geschichte zum Beyspiele erzählen. Ich habe ein lebendiges Beyspiel an meiner Schwester, Gell. Ihre Ehe wird alsdann ein Beyspiel der besten Ehen seyn, ebend. Zum Beyspiel, oder abgekürzt; z. B. pflegt alsdann derjenigen Sache vorgesetzt zu werden, die man zur Erläuterung anführet. 2) In engerer Bedeutung, eine Begebenheit, welche man zur Vorschrift seines Verhaltens annimmt. Folge meinem Beyspiele. Laß dir ein Beyspiel seyn. Jemanden durch sein Beyspiel vorleuchten. An etwas ein Beyspiel nehmen.

Anm. Die letzte Hälfte hier das alte Spel, Spil, eine Erzählung, S. Kirchspiel und Spiel. Bispel, Bispili, kommt in der heutigen Bedeutung erst in dem alten Gedichte auf den h. Anno, und in der Paraenes. Tyrol. beyde bey dem Schilter vor. Das Angels. Bispilla, Bispel, ein Gleichniß, scheinet älter zu seyn. Kero übersetzt Kap. 27 Exempel oder Beyspiel in der zweyten Bedeutung durch Keleisanit, welches dem heutigen Worte Gleichniß nahe kommt. An einem andern Orte gebraucht er Pilade, Bild, und verbi gratia, heißt bey ihm Pilad qhue dan. Dieses Bilide gebrauchen auch noch Ottfried und Tatian für Beyspiel; S. Vorbild. Bey den Schwäbischen Dichtern kommt Bischaft, in einer alten Übersetzung der goldenen Bulle Ebenbild, und bey dem Königshoven Bizichen für Beyspiel vor.


Beyspiellos (W3) [Adelung]


Beyspiellos, adj. et adv. kein Beyspiel verstattend, nichts ähnliches seiner Art habend. Eine beyspiellose Unverschämtheit. So auch die Beyspiellosigkeit.


Beyspringen (W3) [Adelung]


Beyspringen, verb. irreg. neutr. ( S. Springen,) mit dem Hülfsworte seyn, eigentlich bey oder an etwas springen, doch nur in figürlicher Bedeutung, für helfen, zur Hülfe kommen, aber auch hier nur im gemeinen Leben. Einem beyspringen. Jemanden mit Gelde, mit gutem Rathe beyspringen. Opitz gebraucht dieses Wort auch in anständiger Bedeutung von Gott: Spring mir deinem Diener bey, Ps. 86.


Beystand (W3) [Adelung]


Der Beystand, des -es, plur. die -stände. 1) Hülfe, welche man jemanden leistet, so wohl etwas zu verrichten, als auch sich aus einer Verlegenheit zu befreyen; ohne Plural. Jemanden Beystand leisten, thun. Mit göttlichen Beystande. 2) Eine Person, welche jemanden beystehet, oder hilft; besonders in den Gerichten, ein Advocat, der einer der Parteyen beystehet, in welcher Bedeutung, die im Hochdeutschen zu veralten anfängt, im Oberdeutschen auch das Hauptwort Beyständer üblich ist.


Beyständer (W3) [Adelung]


Der Beyständer, des -s, plur. ut nom. sing. S. das vorige. In der Seefahrt wird ein Schiff, welches dem andern zum Beystande zugeordnet wird, dessen Beyständer genannt.


Beyständig (W3) [Adelung]


* Beyständig, adj. et adv. 1) Hülfe oder Beystand leistend, doch nur im Oberdeutschen, und Niedersächsischen, wo bistandig eben diese Bedeutung hat. 2) Einige Neuere, z. B. Hallbauer, wollten das Adjectiv ein beyständiges Nennwort nennen, worin sie aber wenig Nachfolger bekommen haben. S. Beywort.


Beystechen (W3) [Adelung]


Beystechen, verb. irreg. act. S. Beylegen II. 2.


Beystecken (W3) [Adelung]


Beystecken, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist, eine Sache neben der andern stecken; ingleichen figürlich; jemanden beystecken, oder beystecken lassen, ihn eines geringen Verbrechens wegen auf kurze Zeit in das Gefängniß setzen lassen. Daher die Beysteckung.


Beystehen (W3) [Adelung]


Beystehen, verb. irreg. neutr. ( S. Stehen,) welches mit dem Hülfsworte haben verbunden wird. 1) Eigentlich, bey oder neben jemanden stehen; in welcher Bedeutung es aber nicht üblich ist. 2) Figürlich, Hülfe leisten, so wohl in Verrichtung eines Geschäftes, als auch, und zwar, am häufigsten, zur Befreyung aus einer Noth, aus einer Verlegenheit. Einem beystehen, ihm mit Rath und That beystehen. Ich danke ihnen, daß sie mir so redlich beygestanden haben. Wer hat ihm beygestanden? Schleg. Im gemeine Leben sagt man auch von den Geistlichen, welche einen Kranken oder Verurtheilten zum Tode bereiten, daß sie ihm beystehen; oft gebraucht man es auch von den Wehmüttern, welche einer Kindbetterinn Hülfe leisten.

Anm. Bistan, puistan, bigestan, kommt in dieser Bedeutung schon bey dem Notker, Stryker und andern alten Schriftstellern vor. Der absolute Gebrauch dieses Verbi, mit Auslassung der dritten Endung der Person; ein treuer Freund stehet besser bey, denn ein Bruder, Sprichw. 18, 24, ist im Hochdeutschen eben so ungewöhnlich, als der Gebrauch des einfachen Verbi stehen mit dem Vorworte bey, in der Bedeutung des Helfens: wer stehet bey mir wider die Boshaftigen? Ps. 94, 16. Billig sollte bey stehen mit dem Hülfsworte seyn verbunden werden; allein im Hochdeutschen ist das haben fast allgemein, vermuthlich weil beystehen, wirklich eine Thätigkeit ausdruckt, ob es gleich der Form nach ein Neutrum ist.


Beysteuer (W3) [Adelung]


Die Beysteuer, plur. die -n, eine Steuer, womit man jemandes Bedürfnissen zu Hülfe kommt; eine Geldhülse. Jemanden eine Beysteuer geben, bewilligen.


Beysteuern (W3) [Adelung]


Beysteuern, verb. reg. act. eine Beysteuer oder Geldhülse zu etwas geben. Zu einem Kirchenbaue beysteuern.


Beystich (W3) [Adelung]


Der Beystich, des -es, plur. die -e, in der Landwirthschaft eine Fischgrube in den Teichen, welche auch ein Stich, oder Auszug genannt wird. S. Auszug.


Beystimmen (W3) [Adelung]


Beystimmen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. Beyfall geben. Einem beystimmen, das was ein anderer behauptet, gleichfalls behaupten. Ich kann deiner Meinung nicht beystimmen. S. Beypflichten, Anm. Daher die Beystimmung.


Beystoß (W3) [Adelung]


Der Beystoß, des -es, plur. die -stöße, bey den Tischlern. eine schmale Leiste an der einen Thür eines Schrankes, welche über die andere Thür übergreift. Ingleichen ein schmales Bret, woran die Thür gefüget wird.


Beystrich (W3) [Adelung]


Der Beystrich, des -es, plur. die -e, oder das Beystrichlein, des -s, plur. ut nom. sing. ein Ausdruck, welchen Bödicker und andere für das Lateinische Comma einführen wollen, aber darin wenig Nachfolger gehabt haben.


Beystrom (W3) [Adelung]


Der Beystrom, des -es, plur. die -ströme, ein Nebenarm eines Flusses, im Gegensatze seines Hauptbettes oder Hauptstromes. S. auch Altwasser.


Beystück (W3) [Adelung]


Das Beystück, des -es, plur. die -e, nur in einigen Fällen ein Nebenstück, außerwesentliches Stück zu bezeichnen. Die Beystücke eines Gutes, die erst seit kurzen dazu erkauften Stücke, zum Unterschiede von den eigentlichen Pertinenz-Stücken. An einigen Orten werden auch die Zulagen der Fleischer Beystücke genannt.


Beytag (W3) [Adelung]


Der Beytag, des -es, plur. die -e, in Graubünden eine außerordentliche allgemeine Versammlung. S. Tag.


Beytisch (W3) [Adelung]


Der Beytisch, des -s, plur. die -e. 1) Ein kleiner Tisch, welcher an einen größern angesetzet wird; nur im gemeinen Leben einiger Gegenden. 2) An den Höfen werden die Tische, woran die Kammerherren u. s. f. speißen, Beytische genannt, zum Unterschiede von dem Herrentische; für welche Beytische denn auch eigene Beyköche gehalten werden, welche die Speisen auf der Beyseite der fürstlichen Küche zurichten.


Beytrag (W3) [Adelung]


Der Beytrag, des -es, plur. die -träge, von dem folgenden Verbo. 1) Die Mitwirkung einzelner Dinge zur Hervorbringung eines gemeinschaftlichen Ganzen, und was jedes einzelne Ding dazu mitwirkt. Ein Ganzes, welches aus dem gemeinschaftlichen Beytrage aller Theile entstehet, deren jeder zur Bildung des Subjectes das Seinige thut. 2) In engerer Bedeutung, thätige Mitwirkung zur Vollendung einer Quantität, und dasjenige, was man dazu beyträgt. Einen Beytrag thun. Ein Beytrag an Geld, an Getreide, an Lebensmittel u. s. f. 3) * Ein Zusatz zu einer Schrift; ein Nachtrag; doch nur im Oberdeutschen.


Beytragen (W3) [Adelung]


Beytragen, verb. irreg. act. ( S. Tragen,) welches nur in figürlicher Bedeutung des Verbi tragen üblich ist. 1) Zu einer gemeinschaftlichen Absicht mitwirken. Deine Abwesenheit trug viel zu diesen Unruhen bey. Die üble Witterung hat zu dem Mißwachse das meiste beygetragen. Wer ist dir gut dafür, daß nicht auch die Liebe zu dieser Regung das Ihre beygetragen hat? Gell. Der absolute Gebrauch dieses Verbi mit Auslassung des Accusativs ist im Deutschen ungewöhnlich und eine übel klingende Nachahmung des Französischen; z. B. Unfruchtbare Gebirge tragen durch Mannigfaltigkeit zur Schönheit bey, Dusch. 2) In engerer Bedeutung, zur Vollendung einer Quantität thätig mitwirken. Er hat vieles Geld dazu beygetragen. Zu den allgemeinen Bedürfnissen des Staats das Seinige mit beytragen; in welcher Bedeutung auch Beytrag thun üblich ist. Das Hauptwort die Beytragung kommt wenig vor.


Beytreiben (W3) [Adelung]


Beytreiben, verb. irreg. act. ( S. Treiben,) 1) Herbey treiben, doch nur in figürlicher Bedeutung und im gemeinen Leben, in den Ausdrücken: die Steuern, die Contribution, die Abgaben u. s. f. beytreiben, sie durch ernstliche oder gewaltsame Mittel heben, eintreiben. Daher die Beytreibung. 2) Das Beytreiben, des -s, plur. ut nom. sing. im Jagdwesen, ein Treiben, welches bey einem Hauptjagen nach dem verlorenen Treiben angestellet wird.


Beytreten (W3) [Adelung]


Beytreten, verb. irreg. neutr. ( S. Treten,) welches das Hülfswort seyn erfordert, bey oder neben etwas treten, doch nur in figürlicher Bedeutung, mit Überlegung Beyfall geben, oder beystimmen. Jedermann ist seiner Meinung beygetreten. Sie müssen meinen Erinnerungen selbst beytreten. Ingleichen, diesen Beyfall thätig machen, auf jemandes Seite treten, Theil an etwas nehmen. Einem Bündnisse beytreten. Er trat den ungestümen Drohungen des Treulosen bey, Dusch. Vernunft - ergriff jetzt die Partey, Der mächtigern Begierden und trat dem Herzen bey, ebend. Daher die Beytretung, wofür aber doch das folgende üblicher ist.


Beytritt (W3) [Adelung]


Der Beytritt, des -es, plur. inus. 1) Die Handlung des Beytretens, besonders in der zweyten Bedeutung des Verbi. Jemandem zum Beytritte bewegen. Du kannst meines Beytrittes versichert seyn. 2) In mehr eigentlicher Bedeutung wird dieses Wort bey den Jägern gebraucht, von demjenigen Tritte, welchen der Hirsch mit dem Hinterfuße neben dem vordern thut, da es denn auch im Plural gebraucht werden kann.


Beyurtheil (W3) [Adelung]


Das Beyurtheil, des -es, plur. die -e, ein Urtheil, in welchem nur auf Einem Punct der streitigen Sache erkannt wird; im Gegensatze des Endurtheiles.


Beywagen (W3) [Adelung]


Der Beywagen, des -s, plur. ut nom sing. besonders im Postwesen, ein Wagen, welcher neben dem ordentlichen Postwagen bespannet und fortgeschaffet wird.


Beyweg (W3) [Adelung]


Der Beyweg, des -es, plur. die -e, ein Weg, welcher bey oder neben dem Hauptwege geht, z. B. der, auf welchem der Fuhrmann gehet. Ingleichen ein Weg, der außer dem ordentlichen Wege nach einem Orte führet; ein Nebenweg, Nieders. Biweg.


Beywerk (W3) [Adelung]


Das Beywerk, des -es, plur. die -e, ein Nebenwort, ein Werk, welches nicht wesentlich zu dem Hauptwerke gehöret. Besonders werden in den bildenden Künsten die Neben-Figuren eines Gemähldes u. s. f. Beywerke genannt.


Beywohnen (W3) [Adelung]


Beywohnen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, bey oder neben etwas wohnen. 1) Eigentlich, in welcher im Hochdeutschen veralteten Bedeutung ehedem auch das Hauptwort ein Beywohner für Anwohner üblich war.2. Figürlich. 1) Den Beyschlaf vollbringen, in edlen und anständigen Ausdrücken. Einer Person ehelich beywohnen; im mittlern Lateine habitare und cohabitare. 2) Mit bestimmter Absicht bey etwas gegenwärtige sey; größten Theils nur von höhern Personen, von denen man mit Achtung spricht. Einer Schlacht, einem Spiele, einem Leichenbegräbnisse, einer Rathsversammlung beywohnen. So wohnt er Geistern bey, Dusch. Sie wohnt den Engelschaaren Und deiner Mutter bey, Opitz. Wirke du in meinen Sinnen, Wohne mir im Schatten bey, Can. 3) Haben, besitzen, am häufigsten von den Fähigkeiten und Eigenschaften des Geistes. Es wohnt ihm große Klugheit bey. In welcher im Hochdeutschen größten Theils veralteten Bedeu-tung man nur noch zuweilen gegen Höhere sagt, die Ew. - - beywohnende Einsicht, Klugheit u. s. f. Im Oberdeutschen ist dieses Wort von einem desto weitern Umfange der Bedeutung. Sit mir wont di froide bi, Gottfr. von Nifen. Mir wont vil vngemaches bi, Dietmar von Ast.Ob mir ir gnade wonet bi, Reinmar der Alte. Den das Recht wonet pey, Hornegk. Kap. 13, die das Recht haben. Und wonet im noch so viel beySchicklichait mir gelückes vall, Theuerd. Kap. 17. Ihm wohnt viel Gutes bey, Opitz. Dergleichen wohnet nichts des Helden Söhnen bey, ebend. Dem Zorne wohnt kein Maaß und Glanz der Wahrheit bey, ebend. Den Frommen wohnet bey. Viel Ungemach, viel Kreutz und Noth, ebend. Wofür eben derselbe auch das einfache Zeitwort mit dem Vorworte bey gebraucht: Wohnt Kunst und Witz bey dir. 4) * Beystehen, welche Bedeutung im Hochdeutschen gleichfalls veraltet ist. Drum hat der Herr der Unschuld beygewohnet, Opitz. Wer ihn, den Herrn, liebt. Bey diesen hält er Stand,Wo er sich hingewandt, Wohnt ihnen kräftig bey, ebend. Ps. 97. 5) Bekannt, bewußt seyn, welche Bedeutung gleichfalls mehr im Oberdeutschen, als im Hochdeutschen vorkommt. Es wohnt mir nicht bey, es ist mir nicht bekannt, ich kann mich nicht darauf besinnen. Mir wohnt kein Wort von Freuden bey, Das tröstlich oder nicht, gut oder böse sey, Opitz. Denn dieß wohnt ihm genugsam bey, Was unser Zeug und Ursprung sey, ebend. Es wohnt mir eine dunkele Erinnerung bey, die Stelle schon anderswo gelesen zu haben, Litter. Briefe.So auch die Beywohnung, in allen obigen Fällen, besonders von dem ehelichen Beyschlafe.


Beywollen (W3) [Adelung]


* Beywollen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, einem beyzukommen trachten; ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort. Sie wollen ihm mit glatten Reden bey, Opitz.


Beywort (W3) [Adelung]


Das Beywort, des -es, plur. die -wörter. 1) In den Kanzelleyen werden gewisse abstracte Titel Beywörter genannt. Se. Maj. haben den - zum geheimen Rathe mit dem Beyworte Excellenz ernannt. 2) Bey den Deutschen Sprachlehrern werden die Adjectiva, oder diejenigen Bestimmungswörter des Substantives, wodurch eine denselben beygelegte Eigenschaft (eine Eigenschaft in Concreto,) ausgedruckt wird, Beywörter genannt. Allein da der Ausdruck viel zu unbestimmt ist, und eben so gut auch auf die Adverbia, Pronomina, Artikel u. s. f. paßt, so behält man lieber den Lateinischen Nahmen, oder druckt ihn, wenn man ja einen Deutschen verlangt, durch Eigenschaftswort aus, welches den Begriff eher erschöpft. Die von andern versuchten Nahmen, zusetzliche Wörter, beyständige Nennwörter, Beynahmen u. s. f. sind noch unbequemer.


Beyzählen (W3) [Adelung]


Beyzählen, verb. reg. act. zu einer Anzahl oder Art von Dingen rechnen; nur noch selten. Man zählte ihn den Frommem bey, rechnete ihn unter dieselben.


Beyzeichen (W3) [Adelung]


Das Beyzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Zeichen, welches einem Hauptzeichen beygefüget wird oder außer einem Hauptzeichen zur Bezeichnung einer Sache dienet. So sind Beyzeichen in einem Wapen diejenigen Merkmale, wodurch sich verschiedene Linien eines Geschlechtes, oder jüngere Kinder von den ältern, eheliche von den unehelichen, unterscheiden. In der Musik sind es Zeichen, welche nicht unmittelbar hinter dem vorgezeichneten Musikschüssel stehen, sondern nur dann und wann innerhalb des Systems vor den Noten gesetzet werden. Königshoven gebraucht Beyzeichen für Beyspiel, Exempel.


Beyzeiten (W3) [Adelung]


Beyzeiten, richtiger getheilt bey Zeiten, S. Bey II. 1. und Zeit.


Beyzoll (W3) [Adelung]


Der Beyzoll, des -es, plur. die -zölle, ein geringerer Zoll, ein Nebenzoll, im Gegensatze des Hauptzolles.


Beyzug (W3) [Adelung]


Der Beyzug, des -es, plur. die -züge, ein außerwesentlicher Zug, ein Nebenzug, so wohl in der Schreiberey, zum Unterschiede von den Haupt- oder Grundzügen, als auch in der Mahlerey.


Bezahlen (W3) [Adelung]


Bezahlen, verb. reg. act. welches eigentlich vom Gelde gebraucht wird, und sich so wohl auf dasjenige beziehet, was man zahlet oder auszahlet, als auf den Werth der Sache, der dadurch vergolten wird, als endlich auch auf die Person, an welche die Zahlung geschiehet.1. In Beziehung auf das, was man auszahlet, stehet es im gemeinen Leben zuweilen für das einfache zahlen. Geld bezahlen. Ich habe heute schon viel Geld bezahlt, ausgezahlt.2. In Beziehung auf den Werth der Sache, der mit Gelde vergolten wird, da es die vierte Endung der Sache, und wenn die Person dabey ausgedruckt wird, die dritte Endung derselben erfordert. Eine Waare bezahlen. Eine Waare mit barem Gelde bezahlen. Du hast das Haus zu theuer bezahlt. Die Zeche bezahlen, so wohl eigentlich, als auch figürlich, für andere büßen. Seine Schulden bezahlen. Steuern und Gaben bezahlen. Den Zoll bezahlen. Die Arbeit wird nicht bezahlt, ihrem Werthe nach. Ich habe ihm seine Arbeit theuer genug bezahlt. Sie ist eine Frau, die nicht mit Golde zu bezahlen ist, Weiße. Wer sich dem Vaterlande widmet, muß es für unvermögend halten, ihn zu bezahlen, denn was er für dasselbe wagt, ist unschätzbar. Wenn meine Thränen dich auch einen Seufzer kosten sollten, so werden ihn tausend, die du mich kostest, bezahlt machen, Dusch; obgleich bezahlt machen, für bezahlen, nur in der folgenden dritten Bedeutung üblich ist.3. In Absicht auf die Verbindlichkeit, den Werth empfangener Sachen mit Gelde zu vergüten; da es denn so wohl absolute, als auch mit der vierten Endung der Person gebraucht wird.1) Eigentlich. Er muß bezahlen, was er schuldig ist. Er kann nicht bezahlen. Er hat mich längst bezahlt. Er hat mich bey Häller und Pfennig bezahlt, im gemeinen Leben. Ich bin noch nicht bezahlt worden Wenn soll ich bezahlt werden? Er bezahlt mich mit seiner Arbeit. Jener bezahlt ihn mit Fluchen und Schelten. Sir. 29, 9. Ich habe es mir fest vorgesetzt, ihn mit gleicher Münze zu bezahlen, figürlich. Mit dem Leben bezahlen, für etwas mit dem Leben büßen müssen. Die Schuld der Natur bezahlen, sterben. Sich bezahlt machen, seine Bezahlung selbst nehmen. Ich habe mich mit seinem Hause, an seinen Einkünsten bezahlt gemacht. Es würde niederträchtig seyn, wenn du dich mit dem Verluste der Ehre ihrer Tochter bezahlt machen wollest, Dusch.2) Figürlich. (a) Für vergelten, in welcher Bedeutung dieses Wort außer der biblischen Schreibart nur in gemeinen Leben üblich ist. Er ist seiner Nachlässigkeit wegen bezahlt (bestraft) worden. Ich will dich bezahlen, ich will es dir gedenken. Eine Stimme des Herren, der seine Feinde bezahlte, Jes. 66, 6. Herr hilf mir auf, so will ich sie bezahlen, Ps. 41, 11. Also bezahlte (vergalt) Gott Abimelech das Übel, das er an seinemVater gethan hatte, Richt. 9. 56. Er bezahlet mir Gutes mit Bösem, 1. Sam. 25, 21. Noch ungewöhnlicher, ja fehlerhaft find die Wortfügungen, einem sein Blut, seine Boßheit auf seinen Kopf bezahlen, 1. Kön. 2, 32, 44. Seine Beine werden seine heimliche Sünde wohl bezahlen, Hiob 20, 11. Der seinen Widersachern vergelten und seinen Feinden mit Grimm bezahlen will, Jes. 59, 18; in welcher letztern Stelle die vierte Endung der Person stehen sollte. (b) Erfüllen, entrichten; aber auch nur in der biblischen Schreibart. Seine Gelübde bezahlen, Hiob 22, 27; Ps. 22, 26. Bezahle dem Höchsten deine Gelübde, Ps. 50, 14. Ich habe Dankopfer für mich heute bezahlt, für meine Gelübde, Ps. 7, 14.

Anm. Wenn die vierte Endung der Sache nicht ausdrücklich da ist, oder wenn sie mit dem Vorworte für ausgedruckt wird, so erfordert, dieses Verbum allezeit die vierte Endung der Person. In der im gemeinen Leben üblichen Redensart: du sollst mir schon dafür bezahlen, wird mir nicht von dem Zeitworte regieret, sondern es ist das Flickwort des gemeinen Umganges, wie man auch sagt: du sollst mit schon dafür büßen, du sollst mit schon dafür leiden. Aus einigen Beyspielen bey dem Frisch erhellet, daß dieses Zeitwort ehedem auch überhaupt für geben, verleihen, gebraucht wurde. S. Zahlen.


Bezahler (W3) [Adelung]


Der Bezahler, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Bezahlerinn, eine Person in Rücksicht auf die Art und Weise, wie sie bezahlet. Er ist ein guter, ein schlechter Bezahler, er bezahlet gern, er bezahlt nicht gern was er schuldig ist.


Bezahlung (W3) [Adelung]


Die Bezahlung, plur. inusit. die Handlung des Bezahlens, ingleichen die Art und Weise, wie sie geschiehet, zuweilen auch das bezahlte Geld selbst. Ich habe meine Bezahlung erhalten. Ich kann nicht zu meiner Bezahlung kommen. Jemanden lange auf die Bezahlung warten lassen.


Bezähmen (W3) [Adelung]


1. Bezähmen, verb. reg. act. zahm machen, eigentlich von wilden Thieren und allen Arten derselben. Ein Thier, einen Vogel bezähmen, wofür man aber doch lieber zähmen, oder zahm machen gebraucht. Figürlich, mäßigen, besonders von Begierden und Leidenschaften. Bezähme dies unmäßige Betrübniß. bezähme dein Herz. Bezähme deine Triebe. Nieders. betämen, Hell. betemmen, Schwed. betämma. Daher die Bezähmung.


Bezähmen (W3) [Adelung]


2. * Bezähmen, verb. reg. neutr. et recipr. welches nur in Niedersachsen, und bey den Niedersächsischen Hochdeutschen üblich ist. 1) Jemanden bezähmen lassen, ihm seinen Willen lassen; in welcher Bedeutung es auch 2 Sam. 16, 11, heißt laßt ihn bezähmen, laßt ihn thun was er will. S. auch Frischen v. Zahm, wo er aber die Stellen, die er daselbst aus dem dritten Theile der Script. Brunsw. anführet, nicht verstanden zu haben scheinet, weil er sie zu zahm, domitus, rechnet. 2) Es wobey bezähmen lassen, es dabey bewenden lassen; besonders in Preußen. 3) Sich bezähmen, an sich wenden, besonders in solchen Dingen, die die Nothdurft und Bequemlichkeit betreffen. Er bezähmet sich nicht, ein Glas Wein zu trinken. Er bezähmet sich das nicht, er getrauet sich nicht, das an sich zu wenden.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort betamen, tamen, tämen, teimmen. Es scheinet, daß es zu ziemen, geziemen gehöret, zumahl da betamen im Nieders. auch für geziemen gebraucht wird. S. Zähmen und Ziemen.


Bezanken (W3) [Adelung]


Bezanken, verb. reg. act. über etwas zanken. Alles bezanken.


Bezaubern (W3) [Adelung]


Bezaubern, verb. reg. act. Zauberey an jemanden ausüben, in welcher eigentlicher Bedeutung aber dieses Wort veraltet, weil die Sache selbst aus der Mode gekommen ist. Man gebraucht es daher nur noch figürlich, 1) für in hohem Grade reitzen, einnehmen. Dieses Gedicht hat mich ganz bezaubert. Er bezaubert die Leute mit seinen Worten. Eine bezaubernde Gestalt. Die Phantasie versetzt dich auf einmahl in ihre bezauberten Gegenden, Dusch. 2) Zahm, menschlich machen, mildern, mäßigen. Seine Stimme bezaubert meine Schmerzen. Das Gesicht dieses schönen Mädchens würde auch das wildeste Herz bezaubert haben.Daher die Bezauberung, am häufigsten figürlich für den höchsten Grad des Reitzes. Er war von dieser Großmuth bis zur Bezauberung entzückt. Ingleichen Einbildung, Phantasie. Die Bezauberung verschwand, und die süßen Träume der Einbildung machten der Vernunft Platz.


Bezäunen (W3) [Adelung]


Bezäunen, verb. reg. act. mit einem Zaune verschließen, umzäunen. Ein Feld, einen Garten bezäunen. Daher die Bezäunung.


Bezechen (W3) [Adelung]


Bezechen, verb. reg. act. im vertraulichen Umgange, für betrinken. Jemanden bezechen. Sich bezechen. Die Säfte waren alle bezecht. S. Zechen. Ich ehrlicher Alter verstellte mich auch Bezeche den Jüngling und leere den Schlauch, Hag.


Bezeichnen (W3) [Adelung]


Bezeichnen, verb. reg. act. 1) Mit einem Zeichen versehen, zeichnen. Die Schafe bezeichnen. Am häufigsten in der höhern Schreibart, vermittelst eines Zeichens von andern Dingen unterscheiden. Welch ein Unglück, daß oft kein sichtbarer Unterschied die schwärzeste Boßheit und die edelste Tugend bezeichnet, Dusch. 2) Vermittelst eines Zeichens deutlich, kenntlich machen. Einem ein Haus, eine Gegend, einen Weg bezeichnen. Bezeichne seinen Schülern den blumenreichen Pfad Zum Heiligthum der Wahrheit, den er getreten hat, Dusch. So auch die Bezeichnung.

Anm. Kero gebraucht kizeichan, Isidors Übersetzer chizeihnan und zeihnan für bezeichnen. Bezeichnen kommt erst bey dem Notker und Willeram vor. Im Nieders. lautet dieses Wort betekenen, und beliektenen, von Liekteken, ein Kennzeichen, im Holländ. beteekenen, im Dän. betagne, im Engl. betoken.


Bezeigen (W3) [Adelung]


Bezeigen, verb. reg. act. welches nur in der figürlichen Bedeutung des einfachen Zeitwortes üblich ist, durch die That zu erkennen geben, thätig erweisen. Jemanden seine Gewogenheit bezeigen, ihm Ehre, Wohlthaten bezeigen; in welchen beyden letztern Fällen man doch lieber erweisen sagt. Ingleichen als ein Reciprocum für sich betragen, durch Handlungen eine gewisse Gemüths- oder Denkungsart an den Tag legen. Sich feindselig gegen jemanden bezeigen. Er bezeigt sich im Unglücke sehr standhaft. Sich übel, hart gegen jemanden bezeigen. In welcher Bedeutung auch der Infinitiv häufig als ein Substantiv gebraucht wird. Dein ganzes Bezeigen gefällt mir nicht. Ich kann mich gar nicht mehr in ihr Bezeigen finden, Gell. Ich werde über ihr Bezeigen recht unruhig, ebend.So auch die Bezeigung, besonders in der ersten Bedeutung.


Bezeihen (W3) [Adelung]


Bezeihen, S. Bezichtigen.


Bezeugen (W3) [Adelung]


Bezeugen, verb. reg. act. 1) Mit Zeugen versehen. Ich kann es mit euch bezeugen, kann euch zu Zeugen anführen. 2) Mit einem Zeugnisse versehen, ein Zeugniß ablegen. Die Wahrheit einer Sache bezeugen. Ich bezeuge es vor Gott und Menschen. Daher der Bezeugungseid, des -es, plur. die -e, in den Rechten, ein Eid, womit die Wahrheit einer Aussage bezeuget wird; ingleichen die Bezeugung.

Anm. Veraltete Bedeutungen dieses Wortes sind. 1) Überzeugen. Bezewget in des sin vater, in einer Verordnung Kaiser Friedrichs von 1236. Sintemal ihr Gewissen sie bezeuget, Röm. 2, 15. 2) Ermahnen. Und ließest sie bezeugen, daß sie sich bekehren sollten, Nehem. 9, 29; ingleichen V. 26. Ich habe euren Vätern bezeuget, u. s. f. Jer. 11, 7. S. auch Kap.32, 44. 3) Versichern. So bezeuge ich heut über euch, daß ihr umkommen werdet, 5 Mos. 8, 19. 4) Befehlen. Denn du hast uns bezeuget und befragt: mache ein Gehänge um den Berg, 2 Mos. 19, 23. 5) Bekannt machen. Nehmet zu Herzen alle Worte, die ich heut bezeuge, 5 Mos. 32, 46. Bezeuge ihnen und verkündige ihnen das Recht des Königes, 1 Sam. 5, 9. So auch 2 Kön. 17, 13; Zach. 3, 6; Offenb. 1, 2, und in andern Stellen mehr. 6) Zum Zeugen anrufen, im Oberdeutschen. Gott und Menschen bezeugen, daß man die Wahrheit rede.


Bezichtigen (W3) [Adelung]


Bezichtigen, verb. reg. act. welches größtens Theils veraltet, und das Frequentativum von dem noch ungewöhnlichern bezeihen ist. Jemanden bezichtigen, ihn eines Verbrechens beschuldigen. Wovon Christus andere erlöset, dessen wird er bezichtiger, Opitz. Jemanden der Dieberey bezichtigen. Daher die Bezichtigung, und im Oberdeutschen auch die Bezicht, für die Beschuldigung.

Anm. Man schreibet und spricht dieses Wort auch bezüchtigen. Allein da es von zeihen herkommt, wie besichtigen von sehen, so ist die Schreibart mit einem f richtiger. Im Nieders. lautet es betichten, betigten; aber in eben dieser Mundart ist auch bezeihen, betigen, betijen, noch üblich, welches im Angels. beteon lautete. S. Zeihen, und Inzicht.


Beziehen (W3) [Adelung]


Beziehen, verb. reg. act. ( S. Ziehen,) dessen verschiedene Bedeutungen aus dem verschiedenen Gebrauche des einfachen Verbi ziehen erläutert werden müssen.1. In der eigentlichen Bedeutung des einfachen Verbi. 1) Das Gehörige auf eine andere Sache ziehen. Ein Instrument mit Saiten beziehen. Eine Laute beziehen, d. i. mit Saiten. Das Bett beziehen, es mit dem nöthigen Überzuge versehen. 2) Umziehen. Das Bett mit Vorhängen beziehen. Einen Wald mit Netzen beziehen. In weiterer Bedeutung auch in dem Gartenbaue, eine Wand, ein Lufthaus beziehen, grün bewachsen lassen. 3) Überziehen. Ein schreckliches Blaß beziehetIhr jugendlich Gesicht, Weiße. Ingleichen, als ein Reciprocum. Der Himmel beziehet sich, wird mit Wolken überzogen. Es siehet so bezogen aus.2. Von ziehen, wandern, reisen. 1) Die Grenzen beziehen, einen feyerlichen Umgang halten, die Grenzen zu besichtigen. 2) Ein Haus, ein Zimmer, eine Wohnung beziehen, in dasselbe einziehen. 3) Einen Posten, eine Anhöhe beziehen, von Soldaten, sie einnehmen, besetzen, sich dahin verfügen.3. Mit Krieg beziehen, wofür aber im Hochdeutschen überziehen gewöhnlicher ist. Die Phryger zu beziehn und ihre Macht zu schlagen, Opitz. Mit Krieg hab ich bezogenDie ganze schöne Welt, Gleim. 4. Den Genuß einer Sache, besonders einer bestimmten Geldsumme, bekommen. Einen Wechsel beziehen. Die Gerichtsfälle beziehen. Die Prinzessinn bezieht jährlich sechs tausend Ducaten Pension.5. Hinterlistig betriegen. Jemanden beziehen; in welcher Bedeutung auch die Niedersachsen ihr beteen gebrauchen.6. Sich beziehen, heißt bey den Jägern so viel, als empfangen, trächtig werden, besonders von den Hündinnen. Das Nieders. beteen bedeutet überhaupt Kinder zeugen, und betagen, betogen, ist daselbst so viel als beerbt.7. Sich auf etwas beziehen, sich darauf berufen. Er bezog sich dabey auf Zeugen. Ich beziehe mich auf dich. Ich beziehe mich auf mein voriges Schreiben. Ingleichen auf etwas verweisen. Alle Weitläufigkeit zu vermeiden beziehe ich mich auf das, was schon oben gesagt worden. Wie auch, in Verbindung oder Verhältniß mit etwas stehen. Eine Rede, deren Theile sich auf einen gemeinschaftlichen Hauptsatz beziehen. Worauf bezogen sich diese Worte? Ich weiß nicht, worauf sich das beziehet. Zuweilen auch als ein eigentliches Activum. Der Mensch beziehet alles auf sich, siehet alles so an, als wenn er in Verbindung mit ihm stände. In der engsten Bedeutung, seinen Grund in dem andern haben. So beziehen sich Obrigkeiten und Unterthanen auf einander.Daher die Beziehung, in allen obigen Bedeutungen; besonders in der letzten. Gegenstände, welche auf unsere Glückseligkeit Beziehung haben, sich darauf beziehen, mit derselben in Verbindung stehen.

Anm. Bezihan kommt bey dem Ottfried vor; allein es bedeutet daselbst verziehen. In der letzten siebenten Bedeutung scheinet dieses Wort nicht zu "ziehen", "trahere", sondern vielmehr zu "zeihen" zu gehören, welches bey dem Ulphilas "gateihan" lautet, und unter andern auch "sagen", "hersagen", "antworten", bedeutet. S. "Zeihen".


Bezielen (W3) [Adelung]


Bezielen, verb. reg. act. welches im Oberdeutschen am üblichsten ist. Etwas beziehen, darauf zielen.


Beziffern (W3) [Adelung]


Beziffern, verb. reg. act. mit Ziffern versehen. Den General-Baß beziffern, ihn mit den nöthigen Ziffern bezeichnen. So auch die Bezifferung.


Bezirk (W3) [Adelung]


Der Bezirk, des -es, plur. die -e, der Umkreis einer Sache, besonders einer Gegend. Der Bezirk eines Feldes, einer Flur, eines Waldes. Das Gericht hat einen großen Bezirk. Der Ort hat eine Meile im Bezirke. In Bezirk bringen, bey den Jägern, um das Gebüsch gehen, und sehen, ob das Thier sich in demselben befinde. S. Bekreisen. Daher der Bezirkbrief, des -es, plur. die -e, ein Brief, oder eine Urkunde, worin der Bezirk oder die Grenzen eines Gebiethes bestimmt sind.

Anm. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist von dem Lateinischen circus, Umfang, oder doch mit demselben zugleich aus einer gemeinschaftlichen ältern Quelle. Schon Kero gebraucht Umbincirh für einen Zirkel. Im mittlern Lateine ist Cerca so viel als septum.


Bezirken (W3) [Adelung]


Bezirken, verb. reg. act. mit einem Bezirke versehen, den Bezirk, die Grenzen einer Sache bestimmen. Wenn der Verstand, weil ihn kein Amt bezirkt, Uneingesperrt und ungefesselt wirkt, Haged.


Bezoar (W3) [Adelung]


Der Bezoar, des -s, plur. inus. 1) Überhaupt ein jedes Gegengift, besonders in den Apotheken. Daher der Bezoar-Essig, das Bezoar-Pulver u. s. f. welche wider alles Gift nützlich seyn sollen, und aus verschiedenen Ingredienzen zusammen gesetzet werden. 2) In engerer Bedeutung, ein Stein, welcher in den Mägen gewisser Thiere, besonders der Gemsen und Bezoar-Böcke gefunden wird, und lange Zeit in dem ungegründeten Rufe stand, daß er ein kräftiges Gegengift sey; der Bezoar-Stein. Daher der Bezoar-Bock, des -es, plur. die -Böcke, eine Art Böcke, in deren Mägen sich dergleichen Steine erzeugen. Der Nahme Bezoar, Ital. Bezoar, Alt-Franz. Beza, Bazar, Span. Bazar, ist durch die Arabischen Ärzte in Europa bekannt geworden. Denn Bedzahar bedeutet im Arab. und Pahzeher im Persischen ein jedes Gegengift.


Bezüchtigen (W3) [Adelung]


Bezüchtigen, S. Bezichtigen.


Bezug (W3) [Adelung]


Der Bezug, des -es, plur. die -züge. 1) Die Beziehung, so fern sie ein Verhältniß ausdruckt; ohne Plural. Das hat seinen Bezug darauf. Bezug auf etwas nehmen, sich darauf beziehen. 2) Dasjenige, womit etwas bezogen wird. Ein Bezug Saiten, so viel Saiten als auf ein musikalisches Instrument gehören. Ein Bettbezug, oder eine Bettzüge. S. Beziehen.


Bezwacken (W3) [Adelung]


Bezwacken, verb. reg. act. durch Zwacken vermindern, in kleinen Theilen von etwas nehmen. Er kann das Stehlen nicht lassen; was seine Augen sehen, müssen seine Hände bezwacken.


Bezwecken (W3) [Adelung]


Bezwecken, verb. reg. act. 1) Von Zweck, ein kleiner Nagel, mit Zwecken beschlagen, bey den Schustern. 2) * Von Zweck, finis, haben einige Neuere dieses Wort für bezielen, zum Endzweck haben, aufbringen wollen, aber wenig Dank damit verdient. So auch die Bezweckung.


Bezweifeln (W3) [Adelung]


Bezweifeln, verb. reg. act. in Zweifel ziehen. Etwas bezweifeln. Ich will es nicht bezweifeln. Daher die Bezweifelung.


Bezwingen (W3) [Adelung]


Bezwingen, verb. irreg. act. ( S. Zwingen,) durch Zwang oder Gewalt überwinden, unter seine Bothmäßigkeit bringen. Viele Völker bezwingen. Seinen Feind bezwingen. Sein Herz, seine Leidenschaften bezwingen. Daher die Bezwingung.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem alten Übersetzer Isidors chidbuuingan, um das Jahr 840 bethuingen, bey dem Ottfr. bethuingan, und in dem alten Gedichte auf den heil. Anno biduingan, welches denn dem Nieders. betwingen nahe kommt. S. Zwingen. Opitz gebraucht ein Mahl dafür überzwingen. Das Substantiv der Bezwinger wird nur zuweilen in der dichterischen Schreibart gebraucht.


Bezwinglich (W3) [Adelung]


Bezwinglich, -er, -ste, adj. et adv. was bezwungen werden kann, auch nur in der höhern Schreibart. Den Phalangen Europens nicht bezwinglich, Raml.


Bibel (W3) [Adelung]


Die Bibel, plur. die -n, die heilige Schrift, am häufigsten im gemeinen Leben, von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Bücher. Schon in dem mittlern Lateine kommt Biblia, ae, im Singular vor, wonach denn das Deutsche gebildet worden, obgleich Ottfried die heil. Schrift beständig thia Buah nennet. Daher bibelfest, adj. et adv. welches man im gemeinen Leben von demjenigen sagt, der Stellen der Bibel mit Beyfügung der Kapitel und Verse aus dem Gedächtnisse anführen kann; bibelmäßig, adj. et adv. dem Inhalte und den Worten der heil. Schrift gemäß; der Bibelleser, des -s, plur. ut nom. sing. das Bibelwerk, des -es, plur. die -e, eine mit weitläuftigen Auslegungen versehene Ausgabe der Bibel u. s. f. S. auch Fibel.


Biber (W3) [Adelung]


Der Biber, des -s, plur. ut nom. sing. ein langes kurzfüßiges Wasserthier, welches aber auch auf dem festen Lande leben kann, mit einem glatten schuppigen Schwanze von ovaler Gestalt. Es lebt von Fischen, und zeiget in seinem ganzen Betragen überaus viele Kunst und Geschicklichkeit.

Anm. Der Nahme dieses Thiere lautet in der alten Pontischen Sprache Fiber, bey dem Plinius Biber, bey dem Claudian Bebrus, im Ital. Bevero, im Span. Befro, im Franz. Bievre, im Angels. Befor, Befer, im Schwed. Befwer, im Isländ. Bior und Bifr, im Engl. Beaver, im Slavon. Bobr. S. auch des du Fresne Gloss. v. Bever. Castor ist eine andere Benennung dieses Thieres, nach dem Latein. Castor. In einigen zusammen gesetzten Wörtern, z. B. Biberklee, Biberkraut, Biberwurz, ist die erste Hälfte aus Fieber entstanden.


Biberänte (W3) [Adelung]


Die Biberänte, plur. die -n, ein Nahme einer Art Taucher, welche auch Bibervogel, Bibertaucher und Sägetaucher genannt wird; Mergus Castor, L.


Biberbau (W3) [Adelung]


Der Biberbau, des -es, plur. die -e, die künstliche Wohnung des Bibers an dem Wasser, welche auch dessen Burg, ingleichen das Geschleif genannt wird.


Biberbaum (W3) [Adelung]


Der Biberbaum, des -es, plur. die -bäume, ein ausländischer Baum, dessen Blätter den Lorbeerblättern gleichen, und dessen schöne weiße Blumen einen angenehmen Geruch haben; Magnolia, L. Er wächst in Nord-Amerika sehr häufig und hat seinen Deutschen Nahmen den Bibern zu danken, denen seine Rinde eine angenehme Speise ist.


Bibereisen (W3) [Adelung]


Das Bibereisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Fangeisen für die Biber, fast wie ein Fuchseisen.


Biberfang (W3) [Adelung]


Der Biberfang, des -es, plur. die -fänge. 1) Das Fangen der Biber; ohne Plural. 2) Ein Ort, wo Biber gefangen werden. Daher der Biberfänger, ein Jäger, welcher vorzüglich zum Biberfange gebraucht, und auch Biberjäger genannt wird.


Bibergeil (W3) [Adelung]


Das Bibergeil, des -es, plur. car. eine gelbe zähe Materie von einem scharfen Geruche, welche die Biber in einer besondern Blase zwischen den Hinterbeinen tragen. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist vermuthlich das alte geel oder gelb, weil diese Materie gelb von Farbe ist; welches auch der Dänische Nahme Bevergel bestätiget. Indessen sind doch einige und besonders Wachter und Ihre dadurch verleitet worden, diesen zähen Saft nebst der Blase, worin er befindlich ist, für die Seilen oder Hoden des Bibers zu halten.


Biberhaar (W3) [Adelung]


Das Biberhaar, des -es, plur. die -e. 1) Die Haare des Bibers, welche sehr zart und weich sind. Daher biberhären, adj. et adv. aus solchen Haaren verfertiget; biberhärene Strümpfe, Hüte u. s. f. Wenn Biberhaar ein Collectivum ist, so hat es keinen Plural. 2) Auf den Schaf- und Hammelfellen wird die stärkere und gröbere Wolle, welche übrig bleibt, wenn die gute Wolle abgenommen worden, gleichfalls Biberhaar genannt; Franz. le Jarre.


Biberhödlein (W3) [Adelung]


Das Biberhödlein, des -s, plur. inusit. ein Nahme, welcher an einigen Orten auch dem Scharbocke, kleinen Schellkraute, oder Feigwarzenkraute, Ranunculus Ficaria, L. gegeben wird, dessen knollige Wurzeln vielleicht zu dieser Benennung Anlaß gegeben haben. S. Scharbock.


Biberhund (W3) [Adelung]


Der Biberhund, des -es, plur. die -e, eine Art kleiner, stärker, rauchhäriger Hunde, welche zur Biber- und Otterjagd gebraucht werden, und daher auch Otterhunde heißen. Der Bibarhunte wird schon in den alten Legib. Bajwar. und im Schwabenspiegel Kap. 331 gedacht.


Biberhut (W3) [Adelung]


Der Biberhut, des -es, plur. die -hüte, ein aus Biberhaaren verfertigter Hut, dergleichen noch häufiger Castorhüte genannt wird.


Biberjagd (W3) [Adelung]


Die Biberjagd, plur. die -en, die Jagd auf Biber, das Jagen der Biber, sie zu fangen oder zu tödten.


Biberjäger (W3) [Adelung]


Der Biberjäger, des -s, plur. ut nom. fing. S. in Biberfang.


Biberklee (W3) [Adelung]


Der Biberklee, des -s, plur. inus. S. Fieberklee, und Bitterklee.


Biberkraut (W3) [Adelung]


Das Biberkraut, des -es, plur. inus. S. Fieberkraut, ingleichen Tausengüldenkraut.


Bibernelle (W3) [Adelung]


Die Bibernelle, S. Pimpinelle.


Bibernetz (W3) [Adelung]


Das Bibernetz, des -es, plur. die -e, ein Netz, in welchem die Biber gefangen werden.


Biberschwanz (W3) [Adelung]


Der Biberschwanz, des -es, plur. die -schwänze. 1) Eigentlich der dicke, ovalförmige Schwanz des Bibers, dessen glatte Haut durch gewisse Linien in lauter kleine Schuppen eingetheilet wird. 2) Figürlich, die gewöhnlichste Art Dachziegel, welche unten zugerundet sind, und auch Zungen und Flachziegel genannt werden. Sie werden auf dem Dache über einander gelegt, und geben demselben alsdann einiger Maßen die Gestalt eines schuppi-gen Biberschwanzes. 3) Der Nahme einer Art Fische in der Mark Brandenburg, welche aber nicht näher beschrieben wird.


Biberschwarz (W3) [Adelung]


Das Biberschwarz, subst. indeclin. plur. car. eine Art schwarzer Farbe, bey den Färbern.


Biberstrumpf (W3) [Adelung]


Der Biberstrumpf, des -es, plur. die -strümpfe, aus Biberhaaren bereitete Strümpfe; Castor-Strümpfe.


Bibertaucher (W3) [Adelung]


Der Bibertaucher, und Bibervogel, S. Biberänte.


Biberwurz (W3) [Adelung]


Der Biberwurz, plur. inus. S. Fieberwurz, ingleichen Osterlucey.


Bibliothek (W3) [Adelung]


Die Bibliothek, plur. die -en, aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Sammlung mehrerer gebundener Bücher; die Büchersammlung, und wenn sie zahlreich ist, der Bücherschatz. Ingleichen der Ort, wo gebundene Bücher in Menge aufgestellet werden. In beyden Fällen ehedem Liverey, Bücherey, in den Monseeischen Glossen Puch chamar. Auf die Bibliothek gehen, wenn sie sich in einem eigenen Gebäude befindet; aber in die Bibliothek gehen, wenn sie sich in einem eigenen Zimmer befindet. Ingleichen ein Verzeichniß von Büchern, eine periodische Schrift, in welcher Bücher beurtheilet werden u. s. f.


Bibliothekar (W3) [Adelung]


Der Bibliothekar, des -s, plur. die -e, der Vorgesetzte, der Aufseher einer Bibliothek; aus dem Latein. Bibliothecarius.


Biblisch (W3) [Adelung]


Biblisch, adj. et adv. aus der Bibel hergenommen. Biblische Sprüche, Historien, Figuren u. s. f. Ingleichen der Bibel gemäß. Die biblische Schreibart. S. Bibel.


Bickbeere (W3) [Adelung]


* Die Bickbeere, plur. die -n, der Niedersächsische Nahme der Heidelbeere, Vaccinium Myrtillus, L. welchen sie vermuthlich von ihrer schwarzen Farbe erhalten hat. S. Pech. Niedersächs. Beksbeere, Biksbeere, Pickelbeere. S. auch Blaubeere, ingleichen Heidelbeere.


Bicke (W3) [Adelung]


Die Bicke, plur. die -n, ein spitzes eisernes Werkzeug an einem hölzernen Stiele zum Bicken, welches einer Haue gleicht, nur daß es statt der Schärfe eine Spitze hat. Es wird von verschiedenen Arbeitern gebraucht, besonders Steine damit aus der Erde zu brechen, oder kleine Stücke Stein von einem größern abzubicken; Nieders. Bicke, welches aber auch eine jede Hacke oder einen Karst bedeutet, dergleichen auch das Franz. Beche, und Barbarisch-Lateinische Becca ausdruckt. S. Bicken und das folgende.


Bickel (W3) [Adelung]


Der Bickel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welcher in einigen Gegenden dem vorigen Werkzeuge gegeben wird. In einem alten Vocabelbuche von 1482 bey dem Frisch wird Bickel durch Steinpickel oder Steinachs oder Scher erkläret.


Bickelhäring (W3) [Adelung]


Der Bickelhäring, S. Bökelhäring und Pickelhäring.


Bickelhaube (W3) [Adelung]


Die Bickelhaube, plur. die -n, eine veraltete Art einer eisernen Kopfrüstung, welche nur noch an einigen Orten von den Häschern oder Stadtknechten im Falle eines Auflaufes gebraucht wird. Diese Rüstung gleicht einem Becken, daher sie auch den Nahmen bekommen hat. In dem Augsburgischen Stadtrechte bey dem Schilter, und in Lehmanns Speyerischen Chronik wird sie daher auch wirklich Beckenhaube genannt. Das Diminutivum davon Beckelhaube, woraus die Hochdeutschen ihr Bickelhaube gemacht, ist noch im Oberdeutschen üblich. In dem Lateine der mittlern Zeiten heißt sie Bacinetum und Bacinetus, im Alt-Französ. Bachinet.


Bicken (W3) [Adelung]


Bicken, verb. reg. act. 1) Mit dem Schnabel hacken, von den Vögeln. Die Tauben blicken sich in den bunten Hals und jetzt den kleinen Kopf, Geßn. 2) In weiterer Bedeutung, mit einem jeden andern spitzigen Instrumente hauen, wie die Steinmetzen die Steine bicken, d. i. kleine Stücken von denselben abhauen.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. bicken und hicken, im Oberdeutschen picken, im Franz. bequer, bequetter, im Ital. beccare, im Holl. becken, im Engl. to pick, im Schwed. picka, im Isländ. piacka. Man kann es füglich von dem Alten Beck, bey den Galliern, dem Suetonius zu Folge, Becco, im Niders. Bek, im Engl. Beak, im Franz. Bec, ein Schnabel, ableiten. Allein wenn man bedenket, daß Bag, Bich, von den ältesten Zeiten her schlagen, stechen, bedeutet hat, wie aus dem Latein. figere, dem Franz. ficher, erhellet, so lässet sich bicken auch als das Intensivum von einem solchen Zeitworte ansehen. Der Verfasser des alten Fragmentes eines Gedichtes auf Carln den Großen bey dem Schilter, V. 1028 braucht behchen wirklich für stechen: then hat ther wrm gebechet; und das Schwed. böka wird für wühlen von den Schweinen gebraucht. S. Bakel, Bängel, Pochen, und Erpicht.


Bieder (W3) [Adelung]


* Bieder, ein veraltetes Bey- und Nebenwort, welches eigentlich üblich, dann aber auch fromm, tugendhaft, rechtschaffen, ehrlich, tapfer bedeutete, und ehedem sehr häufig gebraucht wurde. In dem alten Liede: O Mensch bewein dein Sünde groß! heißt es noch V. 12 den Menschen auch Herodes sah, und achtet ihn für bieder. Wer gar zu bieder ist, bleibt zwar ein redlich Mann, Bleibt aber wo er ist, kommt selten höher an, Logau. Man machte mit diesem Worte ehedem sehr viele Zusammensetzungen. Ein redliches, rechtschaffenes Herz heißt bey dem Logau ein Biederherz. Biederweib wurde ehedem mehrmahls für eine rechtschaffene Frau gebraucht. Eine der bekanntesten war Biedermann, einen ehrlichen, frommen, rechtschaffenen Mann zu bezeichnen, oft aber auch einen Mann, den man jetzt mit einem ausländischen Worte einen Patrioten nennet. Die dunkele Vieldeutigkeit dieses Wortes ist ohne Zweifel Ursache, daß man es hat veralten lassen, zumahl da man für jede seiner dunkelen Bedeutungen jetzt bestimmtere Ausdrücke hat. Es ist daher nicht zu billigen, wenn manche neuere Schriftsteller dieses alte Wort wieder einzuführen gesucht haben. Unedler Ruhm und unverdiente Schande, O waget euch an keinen Biedermann! Hagedorn, der dieses Wort mehrmahls gebraucht. Andere haben sogar neue Zusammensetzungen damit versucht. So konnte schon voraus sein Biedermund nicht schweigen, Rost. in Biederfürst kennt seine Schwäche, Lichtw.

Anm. Die älteste Form dieses Wortes ist biderve oder bitherbe. Kero hat schon das Verbum piderban für nützlich seyn, nützen, und die Substantiva Biderve, Nutzen, Bederbheit, Redlichkeit, Tapferkeit, Biderkeit, Rechtschaffenheit u. s. f. kommen in den Schriften der mittlern Zeiten häufig vor. Man leitet es gemeiniglich von derb, fest, dauerhaft, ab, und da würde die erste Sylbe das Vorwort bey oder be seyn. S. Frischens Wörterbuch und Schilters und Wachters Gloss. Eine lange aber herzlich schlechte Abhandlung von diesem Worte stehet in den Krit. Beytr. Th. 2, S. 309 f.


Biege (W3) [Adelung]


Die Biege, plur. die -n, in den gemeinen, besonders Niedersächsischen Mundarten, so wohl eine gebogene Fläche, als auch ein Werkzeug der Böttcher, die Reise darüber zu biegen. S. Beuge.


Biegeln (W3) [Adelung]


Biegeln, S. Bügeln.


Biegen (W3) [Adelung]


Biegen, verb. irreg. ich biege, du biegst, er biegt; ich bog: gebogen; welches in einer dreyfachen Gestalt vorkommt.I. Als ein Activum. 1) Eigentlich, die äußersten Puncte der Länge eines Körpers vermittelst einer Krümme an einander zu bringen suchen. Etwas krumm biegen. Einen Reif biegen. Bieg einen alten Stamm, versuchs, und er wird brechen, Weiße. 2) In weiterer Bedeutung, die äußersten Puncte eines Körpers vermittelst einer Krümme einem andern Körper nahe zu bringen suchen. Etwas auf die Seite biegen. Schöner Schmetterling,biege die Blume zum Bach hin, und steh da deine schöne Gestalt, Geßn. 3) In noch weiterer Bedeutung wird das Participium gebogen zuweilen gebraucht, eine jede krummlinige Figur, besonders wenn sie Theilen eines Zirkels ähnlich ist, auszudrucken.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, gebogen werden. Es muß biegen oder brechen. Tadler und Verläumdungsmesser Biegen wie geschliffenes Bley, Günth. Doch in dieser Form kommt es im Hochdeutschen nur selten vor; desto häufiger aber,III. Als ein Reciprocum, sich biegen, die vorige Bedeutung des Neutrius auszudrucken. Das Bret biegt sich. Die Äste biegen sich vor den vielen Früchten. Sich vor einem schmiegen und biegen müssen, im gemeinen Leben. Man biegt sich mit Bedacht in ihr Joch, das uns andere in einer fröhlichen Unbesonnenheit überwerfen müssen, Less. In weiterer Bedeutung, eine gebogene, d. i. krummlinige Gestalt haben. Hier biegt sich der Weg rechter Hand. Der Fluß biegt sich tief in das Land.Daher die Biegung, so wohl von der Handlung der Biegens, als auch von einer gebogenen, d. i. krummlinigen Gestalt. Die Biegung eines Flusses. S. auch Biege, Bogen und Bug.

Anm. Im Oberdeutschen ist biegen das Neutrum von dem Activo beugen. Die Hochdeutschen haben diesen Unterschied aus der Acht gelassen, und gebrauchen beyde Zeitwörter thätig; doch so, daß biegen mehr in der eigentlichen Bedeutung und im gemeinen Leben, beugen aber mehr in der höhern Schreibart und in den figürlichen Bedeutungen üblich ist. S. Beugen. Das Gehör wird daher beleidiget, wenn einige in der edlern Schreibart biegen gebrauchen. Wenn Jahre erdenwärts der Mutter Stirn gebogen, Dusch. Daß ich nicht gleich den Hut gezogen, Und mich nicht tief vor dir gebogen, Erweit. Noch mehr aber, wenn solches in figürlicher Bedeutung geschiehet. Der dem du allbereits durch andre Qual gebogen, Günth. Es bog dein Flehn die säumenden Gemüther, ebend. Indessen ist dieser Unterschied schon in den ältesten Zeiten so genau nicht beobachtet worden. Notker gebraucht biegen thätig und in der eigentlichen Bedeutung: So man alte reba uuinget, unde man sie biegendo in die erda bechrebet, Ps. 79. Ottfried. gebraucht es hingegen als ein Neutrum für sich neigen. Er bieget zemo guateIst vbilo imo in muate, B. 5, Kap. 25: S. Beugen, die Anm.


Biegsam (W3) [Adelung]


Biegsam, -er, -ste, adj. et adv. was sich leicht biegen läßt. 1) Eigentlich. Ein biegsames Metall, Holz u. s. f. 2) Figürlich, geschickt, sich nach den Absichten anderer verändern zu lassen. Eine biegsame Sprache, welche sich leicht nach dem Ausdrucke einer jeden Gemüthsbewegung verändern läßt. Ein biegsames (folgsames) Gemüth. So trotzig er vorhin war, so biegsam ist er jetzt. S. Beugsam, welches im Oberdeutschen üblicher ist.

Anm. Notker gebraucht bouglich für biegsam. Bocsum bedeutete schon im Angels. folgsam, und das Engl. buxom hat eben diese Bedeutung.


Biegsamkeit (W3) [Adelung]


Die Biegsamkeit, plur. inus. der Zustand, in welchem eine Sache biegsam ist, in allen Bedeutungen des vorigen.


Biegscheibe (W3) [Adelung]


Die Biegscheibe, plur. die -n, bey den Böttchern, eine an der Wand befestigte Scheibe, über deren Rand alle Bänder und Reise krumm gebogen werden. S. Beuge. 2.


Biegzange (W3) [Adelung]


Die Biegzange, plur. die -n, bey verschiedenen Metallarbeitern, eine besondere Zange, Draht, Blech u. s. f. damit zu biegen.


Biene (W3) [Adelung]


Die Biene, plur. die -n. 1) Ein bekanntes Insect, dessen künstlichem Fleiße wir das Daseyn des Honiges und des Wachses zu danken haben. Zahme Bienen, welche in den Gärten gehalten, und von Menschen gewartet werden. Wilde Bienen, welche sich in großen Wäldern aufhalten, in hohlen Bäumen bauen, und raucher, schwärzer und dicker als die zahmen sind. 2) * Ein Bienenstock, im gemeinen Leben mancher Gegenden. Die Biene ist schwer. 3) Ein vor kurzem entdecktes Gestirn am Süderpole wird auch die Biene oder Fliege genannt.

Anm. Bey dem Notker lautet dieser Nahme Bine, bey den Schwäbischen Dichtern Bin, im Österreichischen Bein, in andern Oberdeutschen Mundarten Bie, im Dän. Bie, im Schwed. Bi, Angels. Beo, im Engl. Bee. Es scheinet ein sehr altes Wort zu seyn, und schon in dem Latein. apis zum Grunde zu liegen. Aber eben dieses hohe Alterthum macht auch dessen Abstammung ungewiß; denn daß es zu dem Hebr. Banah, und Angels. byan, bauen, wohnen, gehöre, wie Wachter behauptet, ist eine bloße Muthmaßung. Der Niedersächs. Nahme dieses Insectes lautet Imme, Ympe, in Friesischen Ihme. Ymme kommt auch in dem Schwabenspiegel vor. S. auch Zeidel.


Bienenbaum (W3) [Adelung]


Der Bienenbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Nahme, welchen man an einigen Orten der Weiß- oder Maserle Acer campestre, L. gibt, vielleicht, weil ihre Blüthen den Bienen angenehm sind. In einigen Mundarten lautet dieser Nahme auch Bienbaum und Binnenbaum. S. Masholder.


Bienenbeute (W3) [Adelung]


Die Bienenbeute, plur. -n, S. Beute 2. und Bienenstock.


Bienenbrot (W3) [Adelung]


Das Bienenbrot, des -es, plur. car. die Nahrung, welche die Bienen außer dem Honige für sich zubereiten, und welche fester als Honig, und nicht so süß ist, aber so lange es frisch ist, doch angenehm schmeckt. Es wird im gemeinen Leben auch Sandarak, Franz. Sandarac, im Nieders. aber Immenbrot genannt.


Bienenbuch (W3) [Adelung]


Das Bienenbuch, des -es, plur. die -bücher, ein Buch, worin die Wartung und Behandlung die Bienen gelehret wird.


Bienenerz (W3) [Adelung]


Das Bienenerz, des -s, plur. die -e, im Bergbaue, aus gewittertes und löcheriges Erz, welches einiger Maßen den Zellen der Bienen ähnlich ist.


Bienenfalter (W3) [Adelung]


Der Bienenfalter, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Nachtschmetterlinge, deren Eyer die Bienen zuweilen aus Unvorsichtigkeit in die Stöcke tragen, da sie denn das Honig verzehren, und die Bienen endlich gar vertilgen; Phalaena Tinea Mellonella, L. Vor seiner Verwandlung, da er eigentlich den Bienenstöcken am gefährlichsten ist, wird er auch Bienenschabe und Bienenwurm genannt.


Bienenfänger (W3) [Adelung]


Der Bienenfänger, des -s, plur. ut nom. sing. oder der Bienenfraß, des -es, plur. die -e, richtiger Bienenfresser, ein Nahme, welcher in der Naturgeschichte der Neuern verschiedenen Vögeln gegeben wird, denen die Bienen eine vorzüglich angenehme Speise sind. nach dem Klein gehöret dahin, 1) der Bienenspecht, S. dieses Wort. 2) Der graue Bienenfänger, oder der graue Bienenwolf; Merops cinereus, Kl. 3) Der gemeine Bienenfänger, oder die Seeschwalbe; Merops alter, Kl. der einen gelben Kopf und Füße, und schwarze Klauen hat. 4) Der Brasilianische Bienenfraß, oder Rubinglanz; Merops Brasilianus, Kl.


Bienenfasser (W3) [Adelung]


Der Bienenfasser, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein oben durch einen Spriegel offen gehaltener Sack, die schwärmenden Bienen darin zu fallen, und an ihren Ort zu bringen; der Schwärmsack. 2) Ein lediger Bienenkorb, worin man den gefaßten Schwarm eine Zeit lang aufbewahret.


Bienenflug (W3) [Adelung]


Der Bienenflug, des -es, plur. die -flüge, die Anzahl Bienenstöcke, welche sich an einem Orte befinden. Der Bauer, das Dorf hat einen starken Bienenflug. Im Nieders. Bienenflucht, Immenflucht.


Bienenfraß (W3) [Adelung]


Der Bienenfraß, des -es, plur. die -e, S. Bienenfänger.


Bienenfresser (W3) [Adelung]


Der Bienenfresser, des -s. 1) Eine Art Spechte, S. Bienenspecht. 2) Eine Art des Mausefalken, der seine Jungen mit Bienen ernähren soll; Buteo apivorus, L. Falco Buten, Kl. 3) Auch eine Art violett-blauer Käfer, welche oft große Verwüstungen in den Bienenstöcken anrichten; Attelabus apiarius, L. S. Bienenwolf.


Bienengarten (W3) [Adelung]


Der Bienengarten, des -s, plur. die -garten, ein Garten, oder verwahrter Platz, in welchem man Bienen hält.


Bienenharz (W3) [Adelung]


Das Bienenharz, des -es, plur. inus. eine zähe schwarzbraune Materie, womit die Bienen ihren Bau an den Seiten der Stöcke herum befestigen, und den Eingang des Flugloches gegen den Winter verstopfen; im gemeinen Leben Beet, Beth, Vorstoß, Vorgewächs, Waschbinde, Stopfwachs, Lat. Propolis.


Bienenhaube (W3) [Adelung]


Die Bienenhaube, plur. die -n, S. Bienenkappe


Bienenhaus (W3) [Adelung]


Das Bienenhaus, des -es, plur. die -häuser, ein oben bedecktes Gebäude, in welchem die Bienenstöcke stehen; eine Bienenhütte, ein Bienenschauer. S. auch Bienenstand.


Bienenkäfer (W3) [Adelung]


Der Bienenkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Käferart, mit ausgestrecktem Kopfe, Lauffüßen, und Kolben ähnlichen Fühlhörnern mit drey Gelenken; Clerus, L. S. auch Bienenwolf.


Bienenkappe (W3) [Adelung]


Die Bienenkappe, plur. die -n, eine Kappe der Bienenwärter, welche vorn mit einem Bitter von Drahte versehen ist, um vor den Stichen der Bienen gesichert zu seyn; eine Bienenhaube.


Bienenkönig (W3) [Adelung]


Der Bienenkönig, des -es, plur. die -e, oder die Bienenköniginn, plur. die -en, S. Weiser.


Bienenkraut (W3) [Adelung]


Das Bienenkraut, des -es, plur. die -kräuter. 1) Eine allgemeine Benennung aller derjenigen Pflanzen, deren Blumen den Bienen angenehm sind. 2) Besonders der Melisse; im mittlern Lateine Apiago. S. Melisse.


Bienenkunst (W3) [Adelung]


Die Bienenkunst, plur. die -künste, im gemeinen Leben, künstliche und oft abergläubige Hülfsmittel, die Bienen zu erhalten und zu vermehren.


Bienenlage (W3) [Adelung]


* Die Bienenlage, plur. die -n, in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, so viel Bienenstöcke, als jemand hält. Eine starke Bienenlage haben. S. Bienenstand.


Bienenlaus (W3) [Adelung]


Die Bienenlaus, plur. die -läufe. 1) Eine Art kleiner Läufe, welche sich unter die Ringe des Hinterleibes der Bienen einbohren, und sie aussaugen; Pediculus apis, L. 2) In gemeinen Leben auch ein Nahme der Bienenmilbe.


Bienenmann (W3) [Adelung]


Der Bienenmann, des -es, plur. die -männer, S. Bienenwärter.


Bienenmeister (W3) [Adelung]


Der Bienenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. S. Bienenwärter und Zeidelmeister.


Bienenmilbe (W3) [Adelung]


Die Bienenmilbe, plur. die -n, eine Art kleiner Milben, welche von den Bienen lebet, Acarus gymnopter, L. und im gemeinen Leben irrig Bienenlaus genannt wird.


Bienenmotte (W3) [Adelung]


Die Bienenmotte, plur. die -n, die Motte des Bienenfalters, Phalaena Mellonella, L. welche auch Bienenschabe genannt wird. Bey einigen auch ein Nahme der Wachsmotte; Phalaena Cereana, L.


Bienenpflege (W3) [Adelung]


Die Bienenpflege, plur. die -n. 1) Die Pflege oder Wartung der Bienen, die Bienenzucht; ohne Plural. 2) Eine Pflege oder Gegend, wo viele Bienen gehalten werden; ingleichen, welche für die Bienen bequem ist.


Bienenpulver (W3) [Adelung]


Das Bienenpulver, des -s, plur. ut nom. sing. ein Pulver welches man kranken Bienen zu essen gibt.


Bienenrauch (W3) [Adelung]


Der Bienenrauch, des -es, plur. car. ein Rauch für kranke Bienen. Ingleichen, ein aus faulem Holze, Pech, Rinden u. s. f. zusammen gesetzter Rauch, die Bienen damit aus den Stöcken zu treiben.


Bienenrecht (W3) [Adelung]


Das Bienenrecht, des -es, plur. die -e, der Inbegriff der zum Besten der Bienenzucht erlassen obrigkeitlichen Gesetze, und das darin gegründete Recht.


Bienensalbe (W3) [Adelung]


Die Bienensalbe, plur. die -n, eine Salbe aus Weitzenbier, Honig, Kampfer, Melissen, Wein u. s. f. mit welcher man die Bienenstöcke inwendig beschmieret, damit die Bienen solche desto williger beziehen; die Bienenschminke.


Bienensaug (W3) [Adelung]


Das Bienensaug, S. Roßpoley.


Bienenschabe (W3) [Adelung]


Die Bienenschabe, plur. die -n, S. Bienenmotte.


Bienenschauer (W3) [Adelung]


Der Bienenschauer, des -s, plur. ut nom. sing. ein oben bedecktes an den Seiten aber offenes leichtes Gebäude, die Bienenstöcke darein zu stellen; das Bienenhaus.


Bienenschminke (W3) [Adelung]


Die Bienenschminke, S. Bienensalbe.


Bienenschwalbe (W3) [Adelung]


Die Bienenschwalbe, plur. die -n, S. Bienenspecht.


Bienenschwarm (W3) [Adelung]


Der Bienenschwarm, des -es, plur. die -schwärme. 1) Ein Schwarm, oder Haufen junger Bienen, welche zugleich aus einem alten Stocke ausziehen, sich eine eigene Wohnung zu suchen. S. Schwarm. 2) In der Feuerwerkskunst, ein mit Schwärmen besetztes Gefäß, aus welchem viele Schwärmer, wie Bienen, auf Ein Mahl heraus fahren.


Bienenspecht (W3) [Adelung]


Der Bienenspecht, des -es, plur. die -e, eine Art Spechte, welche länger, aber schmäler als ein Krammetsvogel, oben kastanienbraun und grün, unten aber blau ist. Sein Kopf ist vorn blau, hinten grün, oben aber kastanienbraun. Er lebt von Insecten, besonders aber von Bienen, und wird auch Bienenwolf, Bienenschwalbe, und Grünspecht, Nieders. Immenwolf genannt; Apiaster, L. Merops Apiaster, Kl. S. auch Bienenfänger. In dem Lateine der mittlern Zeiten wird dieser Vogel Apiastra und Gaulus genannt. S. des zu Fresne Gloss.


Bienenstand (W3) [Adelung]


Der Bienenstand, des -es, plur. die -stände. 1) Der Ort, wo die Bienenstöcke stehen; ein Bienenhaus. 2) Der Vorrath von Bienenstöcken, welchen jemand hat; ohne Plural. Einen starken Bienenstand haben. In einigen Gegenden die Bienenlage.


Bienenstock (W3) [Adelung]


Der Bienenstock, des -es, plur. die -stöcke. 1) Eigentlich, eine aus einem Stocke oder Klotze gehauene Wohnung der Bienen, welche in den gemeinen Mundarten auch eine Beute heißt; S. dieses Wort. In weiterer Bedeutung eine jede, auch aus Stroh geflochtene Wohnung der Bienen; ein Bienenkorb. Ein liegender Bienenstock, oder Lagerstock. Ein stehender Bienenstock, oder Ständer. Ein ledig gelassener Bienenstock mit noch vollem Werke wird in Niedersachsen auch eine Zänker genannt. 2) Die in einen Stock gehörige Anzahl Bienen selbst. S. auch Stock.


Bienentödter (W3) [Adelung]


Der Bienentödter, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Spinnen, welche sich zwischen den Blumen verbirgt, und daselbst auf die Fliegen und Bienen lauert; Aranea calyana, L.


Bienenvater (W3) [Adelung]


Der Bienenvater, des -s, plur. die -väter, S. Bienenwärter.


Bienenwald (W3) [Adelung]


Der Bienenwald, des -es, plur. die -wälder, ein Wald, in welchem wilde Bienen gehäget und genähret werden. S. Zeidelwald.


Bienenwärter (W3) [Adelung]


Der Bienenwärter, des -s, plur. ut nom. sing. der zur Wartung und Pflege der Bienen bestellt ist, und in gemeinen Le-ben auch Bienenmann, Bienenmeister, Bienenvater, Biener, im Nieders. Imker, und im Oberdeutschen Zeidler genannt wird.


Bienenwirth (W3) [Adelung]


Der Bienenwirth, des -es, plur. die -e, ein Hauswirth oder Hausvater, so fern er Bienen hält. Daher die Bienenwirthschaft, die wirthschaftliche Behandlung und Wartung der Bienen.


Bienenwolf (W3) [Adelung]


Der Bienenwolf, des -es, plur -wölfe, ein Nahme, welchen man verschiedenen Thieren beylegt, welchen die Bienen eine angenehme Speise sind. 1) Dem Bienensänger, und unter diesen besonders dem Bienenspechte; S. diese Wörter. 2) Der Bienenschabe, welche nach ihrer Verwandelung den Bienenfalter gibt; S. dieses Wort. 3) Dem Bienenkäfer; S. dieses Wort. 4) Noch einer andern Käferart mit gebrochenen, geraden, Kolben ähnlichen Fühlhörnern, der die Bienen im Sommer häufig erwürget; Attelabus apiarius, L. der Bienenfresser, im Nieders. Immenwolf.


Bienenwurm (W3) [Adelung]


Der Bienenwurm, des -es, plur. die -würmer, S. Bienenfalter.


Bienenwuth (W3) [Adelung]


Die Bienenwuth, plur. car. eine epidemische Krankheit der Bienen im May, wobey sie wütend aus dem Stocke dringen, eine Zeit lang herum schwärmen, und zuletzt todt zur Erde fallen.


Bienenzehnte (W3) [Adelung]


Der Bienenzehnte, des -n, plur. die -n, der Zehnte, welcher an manchen Orten von den Bienenstöcken gegeben wird; zum Unterschiede von dem Honigzehnten und Wachszehnten.


Bienenzucht (W3) [Adelung]


Die Bienenzucht, plur. car. die Haltung und Pflege der Bienen. Die zahme Bienenzucht, zum Unterschiede von der wilden. Ingleichen die Bienen selbst; die man hält. Dieser Ort hat eine starke Bienenzucht.


Biener (W3) [Adelung]


Der Biener, des -s, plur. ut nom. sing. S. Bienenwärter.


Bier (W3) [Adelung]


Das Bier, des -es, plur. die -e. 1) Ein aus mehlartigen Samen, besonders aus Gersten- oder Weitzenmalz durch die Gährung zubereitetes geistiges Getränk. Braunes Bier, Braunbier, wo das Malz auf der Darre gedörret worden. Weißes Bier, Weißbier, wozu das Malz an der Luft getrocknet worden. Bier brauen, es aus Malz kochen oder zubereiten. Bier schenken, es kannenweise verkaufen. Zu Biere gehen, in niedrigen Ausdrücken, in ein Bierhaus gehen, Bier daselbst zu trinken. Das Bier fassen das gebrauete Bier aus dem Gärbottiche in die Kufen, Fässer und Tonnen füllen. S. Fassen. Der Plural ist in dieser Bedeutung nicht üblich, außer wenn mehrere Arten des Bieres angedeutet werden sollen; z. B. in Niedersachsen gibt es einige gute Biere, Arten des Bieres. Daher der Bieressig, das Bierglas, die Bierhefen, der Bierkrug, die Bierschuld, die Bierzeche u. s. f. welche seiner weitern Erklärung bedürfen. In engerer Bedeutung wird Bier theils nur von dem starken Biere, zum Unterschiede von dem Kofente, theils nur von dem Braunbiere zum Unterschiede von dem Breyhahne gebraucht. 2) An einigen Orten, so viel Bier als auf Ein Mahl gebrauet wird, und das Brauen desselben selbst. Dieses Haus hat des Jahres die Gerechtigkeit auf drey Biere, es darf des Jahres drey Mahl brauen. 3) Bey dem Landmanne, besonders Niedersachsens, bedeutet Bier so viel als einen Schmaus, weil dieses Getränk dabey am wenigstens gesparet wird. Daher das Kindelbier, in Niedersachsen, ein Kindtaufsschmaus; Erntebier, ein Ernteschmaus; Bauerbier, welches ein neuer Wirth der Dorfschaft zu verzehren gibt; Flachsbier, Meßbier u. s. f.

Anm. Bier, bey dem Raban Maurus Peor, Nieders. Beer, Engl. Beer, Angels. Beor, Franz. Biere, Ital. Bira, Birra, ist ein altes abendländisches und mitternächtiges Wort, welches vielleicht so alt ist, als das dadurch bezeichnete Getränk selbst, dessen schon Tacitus gedenket. Dieses hohe Alter macht auch dessen Abstammung ungewiß, zumahl da Bar, Ber, ein Wort ist, welches gar vielen von einander sehr unterschiedenen Dingen zukommt. Wachter hält ein altes berwy, kochen, für das Stammwort, Frisch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welches dem Eustathius zu Folge ein Getränk aus Gerste bedeutete. Man könnte vielleicht mit noch mehrerm Rechte auf das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Getreide, das Angels. Bere, Gerste, rathen. Die alten Spanier nannten eine aus Weitzen bereitete Art des Getränkes, welche mit unserm Breyhahn überein kam, "Celia" oder "Ceria", die alten Gallier aber ein ähnliches Getränk aus Gerste, "Cerevisia"; von welchen beyden Wörtern du Fresne im Gloss. nachzusehen ist. S. auch Öhl.


Bierbank (W3) [Adelung]


Die Bierbank, plur. die -bänke, eigentlich eine Bank in einem Bierhaufe. Es wird auf allen Bierbänken davon gesprochen, im gemeinen Leben.


Bierbann (W3) [Adelung]


Der Bierbann, des -es, plur. inus. an einigen Orten noch das Recht, in einem gewissen Districte allein Bier verkaufen zu dürfen; der Bierzwang, und dieser District selbst, die Biermeile.


Bierbottich (W3) [Adelung]


Der Bierbottich, des -es, plur. die -e, ein großer Bottich der Bierbrauer, worin so wohl das Malz eingemeischet, als auch das braune Bier gekühlet wird. Von der ersten Bestimmung heißt er auch der Meischbottich.


Bierbrauen (W3) [Adelung]


Das Bierbrauen, des -s, plur. inus. die Verfertigung des Bieres aus Malze.


Bierbrauer (W3) [Adelung]


Der Bierbrauer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerker, der das Brauen des Bieres verstehet, und den man auch nur schlechthin einen Brauer, und wenn er Meister ist, einen Braumeister nennet. Daher die Bierbrauerey, so wohl die ganze Kunst und Beschäftigung des Bierbrauens, als auch die Anstalt und der Ort, wo selbige geübt wird.


Biereige (W3) [Adelung]


* Der Biereige, des -n, plur. die -n, an einigen Orten, z. B. in Erfurt, ein Bürger, welcher das Recht hat, Bier zum Verkaufe zu brauen, dergleichen Bürger man an andern Orten Brauherren, ingleichen Brauer zu nennen pflegt. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist das alte Eige, ein eigenthümlicher Besitzer, von dem alten eigen, haben, besitzen. S. Eigen.


Bieren (W3) [Adelung]


* Bieren, verb. reg. act. ein Kunstwort der Corduanmacher, die mit Thran gewalkten Felle von dem Thrane wieder befreyen, welches mit Kleye oder Hühnermist geschiehet, und ohne Zweifel ehedem mit Bier geschahe.


Bieresel (W3) [Adelung]


Der Bieresel, des -s, plur. ut nom. sing. ein vorgegebenes Gespenst in den Bierhäusern, welches alles zerschmeißen soll, wenn ihm nicht alle Nacht ein Krug mit Bier hingesetzet wird. Figürlich in den niedrigen Sprecharten, ein dem Trunke ergebener Mensch.


Bierfaß (W3) [Adelung]


Das Bierfaß, des -sses, plur. die -fässer, ein Faß, in welchem das Bier aufbehalten wird; bey dem Raban Maurus Peorfaz.


Bierfiedler (W3) [Adelung]


Der Bierfiedler, des -s, plur ut nom. sing. in niedrigen Ausdrücken, ein eben so niedriger Musicant, der den Gästen in den Bierhäusern ausspielet; im Oberdeutschen Scheergeiger, in Baiern Scherzlgeiger.


Biergast (W3) [Adelung]


Der Biergast, des -es, plur. die -gäste, ein Gast, oder Kunde, der gewöhnlich an einen Ort zu Biere geht; ingleichen, der sein nöthiges Bier gewöhnlich von einen Brauer nimmt.


Biergeld (W3) [Adelung]


Das Biergeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er. 1) Die Abgabe von dem Biere; die Biersteuer, an einigen Orten Bierziese. 2) In gemeinen Leben so viel als Trinkgeld, eine freywillige Belohnung, die man jemanden zu vertrinken gibt. 3) Geld, welches man dem Gesinde wöchentlich anstatt des Bieres gibt.


Bierhaus (W3) [Adelung]


Das Bierhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, wo Bier im Kleinen verkauft wird; eine Bierschenke, Nieders. ein Krug, oder Kroog, weil dergleichen Häuser gemeiniglich einen Krug zum Zeichen heraus hängen haben.


Bierheber (W3) [Adelung]


Der Bierheber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Heber, das Bier damit aus dem Fasse zu heben.


Bierhefen (W3) [Adelung]


Die Bierhefen, singul. inus. Hefen, welche das Bier durch die Gährung absondert, und welche wieder in Oberhefen oder Spundhefen, und Unterhefen oder Stellhefen getheilet werden. Zum Unterschiede von den Weinhefen.


Bierhohler (W3) [Adelung]


Der Bierhohler, oder Bierhold, S. Goldamsel.


Bierkanne (W3) [Adelung]


Die Bierkanne, plur. die -n, eine hölzerne Kanne zum Biere; im Osnabrück. Töte, Tapptöte, in Hamburg eine Teute.


Bierkegel (W3) [Adelung]


Der Bierkegel, des -s, plur. ut nom. sing. das Zeichen eines Bierhauses, so fern es aus einem vor das Haus aus eine Stange gesetzten Kegel bestehet, welcher Kegel vermuthlich von den bey den Bierhäusern gemeiniglich befindlichen Kegelbahnen entlehnet ist. An andern Orten hat man andere Zeichen. S. einige im folgenden.


Bierkeller (W3) [Adelung]


Der Bierkeller, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein jeder Keller, in welchem Bier aufbehalten wird. 2) Ein öffentlicher Keller, in welchem einheimische und fremde Biere geschenket werden.


Bierknoten (W3) [Adelung]


Der Bierknoten, des -s, plur. ut nom. fing. S. Adamsapfel 2.


Bierkoster (W3) [Adelung]


Der Bierkoster, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, z. B. zu Regensburg, verpflichtete Personen, welche das Bier bey allen Bierbrauern kosten müssen.


Bierkranz (W3) [Adelung]


Der Bierkranz, des -es, plur. die -kränze, ein aus grünen Laube geflochtener Kranz, welchen diejenigen Bierschenken, welche zugleich Kräuterbiere schenken, ihrem ordentlichen Bierzeichen beyzufügen pflegen. Oft ist er auch ein Zeichen eines jeden Bierhauses.


Bierkrug (W3) [Adelung]


Der Bierkrug, des -es, plur. die -krüge. 1) Ein Krug, Bier daraus zu trinken. 2) In Niedersachsen ist der Bierkrug, oder nur schlechthin der Krug, ein Bierhaus. S. Krug.


Biermaß (W3) [Adelung]


Das Biermaß, des -es, plur. die -e. 1) Ein jedes Maß, welches im Verkaufe des Bieres üblich ist, ohne Plural; zum Unterschiede von dem Weinmaße. 2) Ein Gefäß von einem Maße, wornach das Bier verschenket wird. 3) Ein hölzernes Maß in Gestalt einer Elle, wornach der Bierbrauer die Menge, so wohl des Wassers, welches er in die Pfanne, als auch des Bieres, welches er auf den Kühlstock laufen lässet, bestimmt.


Biernahrung (W3) [Adelung]


Die Biernahrung, plur. inus. das Brauen und der Verlauf des Bieres, als ein Nahrungszweig betrachtet. Ein Ort hat gute Biernahrung, wenn er viel von seinen gebraueten Biere absetzet.


Bierprobe (W3) [Adelung]


Die Bierprobe, plur. die -n. 1) Die Untersuchung der Güte des Bieres. 2) Ein Werkzeug, welches einer Salzwage oder Sohlenprobe gleichet, und zur Erforschung der Güte des Bieres dienlich ist; eine Bierwage. 3) An einigen Orten, z. B. zu Hamburg, ein Collegium, welches die in der Stadt gebraueten Biere untersuchet, und den Ort, wo das beste gefunden worden, bekannt macht.


Bierreisig (W3) [Adelung]


Das Bierreisig, des -es, plur. die -e, ein Bündel Reisigholz, so fern es an einigen Orten als ein Zeichen des Bierschankes vor den Bierhäusern aufgestellet wird. S. Bierwisch.


Bierrufer (W3) [Adelung]


Der Bierrufer, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, wo die Bürger das zum Bedürfniß der Stadt nöthige Bierbrauen, ein Knecht, der den Ort, wo frisches Bier zu haben ist, öffentlich ausrufet; ein Vierthelsknecht.


Bierruthe (W3) [Adelung]


Die Bierruthe, plur. die -n, S. Bierwisch.


Bierschank (W3) [Adelung]


Der Bierschank, des -es, plur. car. der öffentliche Verkauf des Bieres im Kleinen, und das Recht dazu. Den Bierschank haben.


Bierschenk (W3) [Adelung]


Der Bierschenk, des -en, plur. die -en, derjenige, welcher Bier schenket, d. i. es im Kleinen öffentlich verkaufet; in Nieders. ein Krüger.


Bierschenke (W3) [Adelung]


Die Bierschenke, plur. die -n, ein öffentliches Haus, wo Bier geschenket, d. i. im kleinen verkauft wird, S. Bierhaus und Schenke.


Bierschicht (W3) [Adelung]


Die Bierschicht, plur. die -en. 1) Bey den Handwerkern an einigen Orten, wenn die Gesellen, anstatt des blauen Montages, einige Stunden früher Schicht machen, um zu Biere gehen zu können. 2) Figürlich, im Bergbaue, wenn ein Bergmann zur Strafe bis zu Ende der Woche feyern muß. S. Schicht.


Bierschragen (W3) [Adelung]


Der Bierschragen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schragen oder Gestell, Biertonnen darauf legen.


Bierschreiber (W3) [Adelung]


Der Bierschreiber, des -s, plur ut nom. sing. an einigen Orten, z. B. im Österreichischen, ein Bedienter der Polizey, der über das richtige Maß des Bieres die Aufsicht hat.


Bierschröter (W3) [Adelung]


Der Bierschröter, des -s, plur ut nom. sing. in den meisten Orten Ober- und Nieder-Deutschlandes, verpflichtete Leute, welche allein das Recht haben, das Bier in die Keller, und aus denselben zu schroten, und welche an andern Orten Bierspünder, Spünder und zu Torgan Zippler heißen. Sie machen zuweilen eine eigene Innung aus, welche das Schrotamt, oder Bierschrotamt genannt wird. S. Schrotamt und Schröter.


Bierschuffe (W3) [Adelung]


Die Bierschuffe, plur die -n, an einigen Orten, z. B. zu Dresden, ein Gefäß an einem langen Stiele, das Bier aus der Pfanne in die Rinnen zu schöpfen; an andern Orten die Gelte. Schuffe ist hier vermuthlich mit Schaff, ein Gefäß, verwandt.


Bierspünder (W3) [Adelung]


Der Bierspünder, des -s, plur ut nom. sing. S. Bierschröter.


Bierständer (W3) [Adelung]


Der Bierständer, des -s, plur ut nom. sing. ein Ständer, d. i. ein auf drey verlängerten Dauben stehendes hölzernes Gefäß, worin die Schenkwirthe einiger Orten die Lasen, Kannen, und Krüge setzen; ein Schenkfaß.


Biersteuer (W3) [Adelung]


Die Biersteuer, plur die -n, die Steuer oder Accise von dem Biere; in Österreich der Bieraufschlag, an andern Orten, das Biergeld, die Bierziese u. s. f.


Bierstoff (W3) [Adelung]


Der Bierstoff, des -es, plur. die -e, in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, ein Stoff, nach welchem das Bier verschenket wird, und welches von dem Milch- und Weinstoffe verschieden ist. S. Stoff.


Bierstrafe (W3) [Adelung]


Die Bierstrafe, plur. die -n, bey den Handwerkern, eine geringe Strafe, so wohl der Meister als Gesellen, weil sie meisten Theils im Biere vertrunken wird.


Biersuppe (W3) [Adelung]


Die Biersuppe, plur. die -n. 1) Eine Suppe aus gekochtem Biere und Brote. 2) An einigen Orten, das Gastmahl, welches nach der Taufe eines Kindes gegeben wird; im Niedersächsischen das Kindelbier.


Biertisch (W3) [Adelung]


Der Biertisch, des -es, plur. die -e, in großen Bierhäusern, ein Verschlag oder Tisch, an welchem derjenige sitzet, der die Bezahlung für das ausgeschenkte Bier einnimmt.


Biertrichter (W3) [Adelung]


Der Biertrichter, des -s, plur ut nom. sing. ein hölzernes Fäßchen mit drey Füßen, deren einer rund und hohl ist, und statt eines Trichters gebraucht wird, das Bier in die Fässer zu füllen.


Bierwage (W3) [Adelung]


Die Bierwage, plur. die -n, S. Bierprobe.


Bierwisch (W3) [Adelung]


Der Bierwisch, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, ein Wisch, d. i. ein Busch grünes Reiß oder Stroh, an einer langen Stange, welches an einigen Orten zum Zeichen eines Bierschankes ausgestecket wird; eine Bierruthe, das Bierreisig.


Bierzapfer (W3) [Adelung]


Der Bierzapfer, des -s, plur ut nom. sing. in den Bierschenken, ein Bedienter, der das Bier auszapfet.


Bierzeichen (W3) [Adelung]


Das Bierzeichen, des -s, plur ut nom. sing. ein jedes Zeichen eines Hauses. in welchem ein Bierschank ist. S. Bierkegel, Bierkranz und Bierwisch.


Bierziese (W3) [Adelung]


Die Bierziese, plur. inus. S. Biersteuer.


Bierzwang (W3) [Adelung]


Der Bierzwang, des -es, plur. inus. das Recht, in einem gewissen Districte allein Bier verkaufen zu dürfen; in den mittlern Zeiten der Bierbann.


Biester (W3) [Adelung]


* Biester, adj. et adv. ein eigentlich Niedersächsisches Wort, welches von wüst, (ehedem war Buste eine Wüste,) abstammet, und wüst, fürchterlich, dunkel u. s. f. bedeutet. Daher biestern, in der Irre gehen; wild herum schwärmen; sich verbiestern, verirren u. s. f. Ingleichen biesterfrey, in den Osnabrückischen Rechten, von einem freyen, welcher sich bey seinem Leben in keine Hode, d. i. in keinen Schutz begeben hat, daher seinem Tode sein Vermögen eingezogen wird.


Biestmilch (W3) [Adelung]


Die Biestmilch, plur. car. in der Landwirthschaft, die erste Milch nach der Geburt; besonders die erste Milch von den Kühen, nachdem sie gekalbet haben; im Nieders. Beest, in Diethmarsen Büst im Holländ. Biest, Beest, im Engl. Beestings, im Oberdeutschen die Bienst, Briest- und Brieschmilch. Die Biestbutter; die Butter, welche aus solcher Milch verfertiget wird, und einen starken, unangenehmen Geschmack hat. In den Monsceischen Glossen bey dem Pez heißt diese Milch Piost, und bey dem Ulphilas ist Beist Sauerteig.


Bieswurm (W3) [Adelung]


Der Bieswurm, des -s, plur. die -würmer, S. Bißwurm.


Biethen (W3) [Adelung]


Biethen, verb. irreg. act. ich biethe, du biethest, er biethet, (Oberdeutsch du beuthst, er beuth,) Imperf. ich both, Supin. gebothen, Imperat. biethe (Oberdeutsch beuth); welches ehedem zwey Hauptbedeutungen hatte, und zum Theil noch hat.I. Befehlen. Der Richter, der über ihn hat zu biethen, Buch Belial 1472. Besonders, mit einem Befehle laden, vorfordern. So sagte man ehedem, jemanden vor Gericht biethen, ihn den Rath biethen. In dieser ganzen Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet, weil sie zusammen gesetzten gebiethen und entbiethen dessen Stelle eingenommen haben. S. auch Aufbiethen, Ausbiethen, Verbiethen.II. Darreichen, vorhalten, und zwar, 1. eigentlich. Welcher ist unter euch Menschen, so ihn sein Sohn bittet ums Brot, der ihm einen Stein biethe? Matth. 7, 9; Luc. 11, 11. Jemanden einen Trunk biethen, im denselben darreichen. Einem die Hand biethen, so wohl eigentlich, als auch figürlich, ihm helfen wollen. In dieser eigentlichen Bedeutung ist es nur zuweilen noch im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens üblich; im Hochdeutschen gebraucht man dafür lieber darbiethen. Nur einige figürliche Redensarten kommen auch in der anständigeren Schreibart vor. Ein Unglück biethet dem andern die Hand. Einem den Kopf, die Spitze biethen, sich ihm widersetzen. Jemanden Trotz biethen, ihm Trotz entgegen setzen.2. Figürlich, mit verschiedenen Nebenbegriffen. 1) Anbiethen, doch auch nur im gemeinen Leben, besonders in Niedersachsen, woraus einige Dichter es in die höhere Schreibart aufzunehmen gesucht. Da er mich stets erhielt, und sich zum Opfer both, Schleg. Vergeblich böthe sie mir heut Mit ihrer Hand Unsterblichkeit, Raml. 2) Zu erdulden zumuthen. Dem Könige Schach biethen, im Schachspiele. Das darf mir niemand biethen, das leide ich von niemanden. 3) Sagen, anwünschen, auch nur in der Sprache des täglichen Umganges, besonders in den R. A. einem einen guten Morgen, einen guten Tag, einen guten Abend biethen. Das ich den liuten guten morgen bot Engegen der nacht, Friedr. von Husen. 4) Am häufigsten wird dieses Wort noch in Handel und Wandel, und zwar so wohl von dem Käufer, als von dem Verkäufer gebraucht. Im ersten Falle wird es mit der dritten Endung der Person, und den Vorwörtern für und auf, wenn die Sache ausgedruckt wird, verbunden, und bedeutet alsdann geben wollen; dem Verkäufer eine gewisse Summe für seine Waare anbiethen. Ich habe ihm zehn Thaler dafür gebothen. Auf etwas biethen, besonders bey einem öffentlichen Verkaufe. Ich habe mit darauf gebothen. Geld auf eines Kopf biethen. Wenn dieses Zeitwort von dem Verkäufer gebraucht wird, so bekommt der bestimmte Preis das Vorwort um, und biethen bedeutet alsdann, eine Sache gegen einen gewissen Preis dem andern anbiethen. Er both den Ring um zehn Thaler. Du biethest deine Waare gar zu theuer, du forderst zu viel dafür. Die Waare ist sein, er kann sie biethen, wie er will.

Anm. 1. In der Bedeutung des Befeblens oder Gebiethens kommt bey dem Ulphilas schon biudan, im Angels, beodan, bey den alten Schweden bioda, bey den heutigen Schweden bjuda, in Engl. to bid, und bey dem Notker pieton vor. So fern es darreichen bedeutet, lautet es bey dem Ottfried biutan, im Angels. biddan, im Engl. to bid, im Holländ. bieden. Das Niedersächsische beden, und zusammen gezogen been, bedeutet so wohl gebiethen, als darbiethen. Herr ihre hält sehr wahrscheinlich die Bedeutung des Einladens für die erste und ursprüngliche Bedeutung dieses alten Wortes, weil solche schon in dem Latein. vito, in invito, angetroffen wird. Wenigstens lassen sich die verschiedenen Bedeutungen dieses Wortes ziemlich ungezwungen daraus herleiten; und besser, als wenn man mit Wachtern für jede Bedeutung ein neues Stammwort annimmt. S. auch Entbiethen, Bothe, Büttel. Isidors Übersetzer gebraucht beodan auch für praedicare.

Anm. 2. Die Conjugation der gegenwärtigen Zeit, du beuthst, er beuth, Imper. beuth, ist in diesem, wie im allen ähnlichen Verbis, bloß Oberdeutsch, und auch hier nur in einigen Provinzen üblich, wird aber doch in der höhern Schreibart im Hochdeutschen der gewöhnlichen Form vorgezogen, theils um der größern Fülle des Mundes, theils aber auch um der Einsylbigkeit willen, welche für die Dichtung in manchen Fällen bequemer ist. Im Conjunctiv findet nur die gewöhnliche Form Statt. Die Niedersächsische und alle mit ihr verwandte Mundarten haben in diesem Worte ein d. die Oberdeutsche aber ein t. Da die Hochdeutsche das Mittel zwischen beyden ist, so hat die seit ihrer Ausbildung das th angenommen, ungeachtet selbiges in der Aussprache von dem t nicht verschieden ist; daher man es hier nicht als ein bloßes Dehnungszeichen ansehen darf, dessen das ie ohnehin nicht bedurft hätte. S. die Orthographie.


Bietz (W3) [Adelung]


* Der Bietz, des -es, plur. die -e, in den niedrigen Sprecharten, im Diminutivo aber, das Bietzchen, auch wohl in der vertraulichen Sprechart der obern Classen, die weibliche Brustwarze, ingleichen die ganze weibliche Brust. Gemeiniglich spricht man es mit einem P; allein die nahe Verwandtschaft mit Butz zeiget, daß auch hier das b der wahre Buchstab ist.


Bigamie (W3) [Adelung]


Die Bigamie, (dreysylbig,) plur. die -n (viersylbig,) das Verbrechen, da jemand zwey Weiber zugleich hat, die Zweyweiberey, aus dem mittlern Lateine Bigamia, und dieß aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .


Bigott (W3) [Adelung]


Bigott, -er, -este, adj. et adv. auf eine übertriebene und abergläubige Art andächtig und religiös. Ein bigotter Mensch, ein Andächtler. Eine Bigotte, eine abergläubig, andächtige weibliche Person. Daher die Bigotterie übertriebene, aber-gläubige Andacht, Andächteley, ohne Plural, und dergleichen Übungen und Meinungen mit demselben.

Anm. Wir haben dieses Wort zunächst von dem Französischen Worte bigot, welches seinen Ursprung von den abergläubigen Normannen, und besonders ihrem ersten Herzoge Rollo haben soll, welcher by Got, d. i. bey Gott, als eine Betheuerungs-Formel gebraucht. S. du Fresne im Gloss. v. Bigothi; Dalins Schwedische Gesch. Th. 1, S. 380. Wie fern das Ital. und Span. Bigotta, ein Knebelbart, hierher gehöret, mögen andere untersuchen.


Bilchmaus (W3) [Adelung]


Die Bilchmaus, plur. die -mäuse, eine Art großer Haselmäuse, welche so groß wie eine Wiesel sind, einen kurzen Schwanz, und einen hellen aschgrauen Balg haben. An dem Kopfe und Maule gleichen sie den gewöhnlichen Hausmäusen, nur daß die Ohren wie an einem Maulwurfe gestaltet sind. Sie wohnen in den gebirgigen Gegenden, besonders in Krain, Kärnthen, und Italien, in der Erde, und leben von Baumfrüchten, Eicheln, Bucheicheln, Nüssen und Getreide, und werden in den Ländern, wo sie sich aufhalten, auch gegessen. Man pfleget sie auch Gebirgmäuse, Zieselmäuse, Biliche, und in einigen ältern Mundarten Billen, Bilgen zu nennen.

Anm. Der Nahme dieses Thieres stammet vermuthlich entweder aus dem Slavonischen Biel, weiß, her, weil es ein weißliches Fell hat, S. auch Balche, Fahl und Falb, so wie es wegen seiner grauen Farbe in Tyrol auch Gräuel heißt; oder von Berg, welches in einigen gröbern Oberdeutschen Mundarten Belch lautet, so wie die Schweizer Kilche für Kirche sagen. Im Französischen heißt es Belette, in der Mundart der Krainerischen Wenden aber Pouh. Im Böhmischen ist Plch eine Spitzmaus. Aus dem Nahmen Zieselmaus ist dem mittlern Lateine Citellus geworden. Übrigens sind diese Bilchmäuse die eigentlichen Glires der alten Römer, die selbige schon als Leckerbissen aßen, obgleich Glis gemeiniglich, aber sehr irrig, durch Ratz übersetzt wird.


Bild (W3) [Adelung]


Das Bild, des -es, plur. die -er, Diminutivum Bildchen, plur. Bildchen und Bilderchen, die Gestalt eines Körpers und deren Vorstellung oder Nachahmung.1. So fern dieses Wort die Gestalt einer Sache bedeutet, ist dasselbe größten Theils veraltet. Ehedem aber war es in dieser Bedeutung sehr häufig. S. die

Anm. Doch sagt man auch noch im Winter fällt die Natur unter einem drohenden, schrecklichen Bilde in die Augen.2. Die klare Vorstellung eines sichtbaren, oder als sichtbar gedachten Gegenstandes. 1) In der weitesten Bedeutung, eine jede klare oder sinnliche Vorstellung. Der Traurige liebt alle die Bilder, die seine Leidenschaft nähren. Die fürchterlichsten Bilder schreckten seine Einbildungskraft. Sommers Werke sind die Quelle geworden, woraus so viel nachfolgende Dichter Bilder und Ideen geschöpft haben. Sich ein dunkles Bild von etwas machen. 2) In engerer Bedeutung, die sichtbare Vorstellung eines Gegenstandes, und zwar so wohl die Vorstellung desselben durch Linien und Züge, als auf einer erhabenen Fläche. Ein gemahltes, ein geschnitztes Bild. Ein wohlgetroffenes Bild. Bilder anbethen. Im gemeinen Leben gebraucht man dieses Wort sehr häufig von einer jeden gezeichneten, gemahlten, und in Kupfer gestochenen Vorstellung einer Sache. In der edlern Schreibart sind dafür Zeichnung, Gemählde u. s. f. üblich. Doch sagt man auch in dem höhern Style. Das Bild der Freyheit. Die Ehrfurcht drückt sein Bild mit Thränen an die Brust. S. auch Bildniß. In der Wapenkunst werden die gemeinen Figuren eines Wapens, welche entweder aus der Natur oder aus der Kunst hergenommen sind, Bilder genannt, im Gegensatze der Heroldsfiguren. bey den Webern heißt ein jedes Gewebe, das eine Figur hat, und nicht gerade durch in Kette und Einschlag wie Tuch geht, ein Bild. Daher, in das Bild wirken, solche Figuren in ein Gewebe wirken. Von der Vorstellung einer Sache auf einer erhabenen Fläche, d. i. von gegossenen, geschnitzten, gehauenen Bildern u. s. f. wird Bild heut zu Tage wenig mehr gebraucht; obgleich diese Bedeutung noch in Bildhauer, Bildgießer, Bildner, Bildstuhl u. s. f. geblieben ist. 3) Die Ähnlichkeit, und diejenige Sache, welche der andern ähnlich ist, nicht nur an der äußern Gestalt, sondern auch an innern Eigenschaften; das Ebenbild. Lasset uns Menschen machen, ein Bild das uns gleich frey, 1 Mos. 1, 26. Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn, V. 27. Adam zeugete einen Sohn, der seinem Sohne ähnlich war, 1 Mas. 5, 3. Sie ist das leibhafte Bild ihrer Mutter. Du blaue Viole, du Bild des Weisen, du stehest bescheiden im niedrigen Grase, Geßn. S. Ebenbild.3) Eine Person oder Sache selbst, besonders in Rücksicht auf ihre Gestalt. So sagt man zuweilen im gemeinen Leben, ein schönes, ein häßliches Bild, für eine schöne, eine häßliche Gestalt oder Person. Noch mehr in der Zusammensetzungen. Hierher gehören auch die, ein Mannsbild, Frauenbild, Weibsbild, für Mannsperson, Frauensperson, Weibsperson. S. diese Wörter. Einige Neuere haben auch Urbild für Original einführen wollen; allein das scheinet der eigentlichen Bedeutung des Wortes Bild völlig zuwider zu seyn. S. Urbild.

Anm. Bild, Nieders. Beld, bey dem Isidor Bilidu, bey dem Ottfried Bilid, bey dem Kero Pilid, Piladi, bey dem Willeram Bilide, bey dem Notker Pild, im Angels. Bilith, im Holländischen Beeld, im Dänischen Billede, und im Schwedischen Belaette, bedeutete ehedem, 1) eine jede Gestalt. Sin bilide ist alse des berges Libani, Willer. 2) Ein Beyspiel, Exempel, S. Beyspiel. 3) Ein Muster, Vorbild, oder Fürbild. 4) Ein Gleichniß. 5) Eine Nachahmung. 6) Den Schatten. Von welchen Bedeutungen bey dem Schilter Beyspiele vorkommen. Die ältesten Schreibarten dieses Wortes, so wohl in der Deutschen, als den verwandten Sprachen zeigen, daß dieses Wort ein zusammen gesetztes ist; vermuthlich von bey und dem alten Lete, das Gesicht, die Gestalt, so daß Bilete, oder Bild, eigentlich faciem adscitiam, wie es Ihre erkläret, bedeuten würde. S. Antlitz und Blitz. Wachter leitet die letzte Hälfte dieses Wortes von lassen, gleich machen, gleich sehen, andere von dem alten Lid, ein Glied, her. im Oberdeutschen lautete der Plural ehedem auch Bilde, und an einigen Orten ist er noch üblich.


Bilden (W3) [Adelung]


Bilden, verb. reg. act. 1. Einem Körper seine äußere Gestalt geben, von Bild, so fern dasselbe ehedem Gestalt bedeutete. 1) Eigentlich und in weiterer Bedeutung, mit Ertheilung der äußern Gestalt verfertigen. Einen Vogel aus Wachs bilden. Ist es nicht thöricht, von dem Schicksale die Unsterblichkeit eines Leibes zu fordern, der aus hinfälligen Staube gebildet ist? Dusch. Sie ist sehr schön gebildet, sie sieht schön aus. 2) Figürlich. (a) Den Fähigkeiten des Geistes und Willens die gehörige Richtung geben. Eines Herz, eines Gemüth bilden. Er trug mir auf, sie zu allen weiblichen Vollkommenheiten zu bilden, Weiße. Er hat sich nach lauter großen Mustern gebildet. (b) * Einbilden, vorstellen. Ey wenne ich bilde mir ir zuht So wirt min muot u. s. f. König Wenzel. In dieser jetzt veralteten Bedeutung sagt noch Zachariä: Klage nicht immer; o Freund, von einem feindlichen Schicksal, Welches wir feindlicher noch in schwarzen Stunden uns bilden. 2. Die Gestalt einer Sache nachahmen, abbilden. Nach wembildet und wem vergleichet ihr mich denn? Es. 46, 5. In dieser Bedeutung kommt es jetzt wenig mehr vor, außer daß man diejenigen Künste, welche die Gestalt anderer Körper sinnlich nachahmen, wie die Zeichenkunst, Reißkunst, Mahlerkunst, Kupferstecherkunst, Bildhauerkunst, Formenschneiderkunst und Modellmacherkunst, mit einem allgemeinen Nahmen bildende Künste zu benennen pflegt.Daher die Bildung, so wohl von der Handlung des Bildens, als auch, und zwar am häufigsten, von der Gestalt eines Menschen, besonders von der Gestalt des Gesichtes. Ein Mensch von guter Bildung. Sie hat eine vortreffliche, eine einnehmende Bildung.

Anm. Kero übersetzet se omnibus conformabat, durch sih alleem kepilide, und bey dem Ottfried ist gibilidet so viel als vorgebildet, praefiguratum. Am häufigsten kommt biliden, bilethen bey den alten Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern für nachahmen vor. Thaz ir Got io thuruh not in thesen datin bilidot, daß ihr Gott sorgfältig in diesen Thaten nachahmet, Ottfr. B. 2, Kap. 19. Daher Notker auch Biledera für Nachahmer gebraucht.


Bilder-Achat (W3) [Adelung]


Der Bilder-Achat, des -es, plur. die -e, ein mit Figuren oder Zeichnungen versehener Achat.


Bilderbibel (W3) [Adelung]


Die Bilderbibel, plur. die -n, im gemeinen Leben, eine mit Bildern, d. i. Kupferstichen, versehene Bibel; ingleichen ein Buch, in welchem die biblische Geschichte in Kupferstichen vorgestellet ist.


Bilderblende (W3) [Adelung]


Die Bilderblende, plur. die -n, eine Blende, d. i. blindes Fenster, oder Vertiefung in einer Mauer, Bilder hinein zu setzen, oder auch nur Steine zu ersparen; mit einem Französischen Ausdrucke eine Niesche.


Bilderbogen (W3) [Adelung]


Der Bilderbogen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) S. Thierkreis. 2) Ein Bogen Papier mit bunten Bildern, welche einzeln können abgeschnitten werden.


Bilderbuch (W3) [Adelung]


Das Bilderbuch, des -es, plur. die -bücher, im gemeinen Leben, besonders in der Sprechart der Kinder, ein mit Kupferstichen versehenes Buch.


Bilder-Cabinett (W3) [Adelung]


Das Bilder-Cabinett, des -es, plur. die -e, eine Sammlung von Bildern, d. i. Gemählden oder Kupferstichen, und das Zimmer, worin sie aufbehalten werden.


Bilderdienst (W3) [Adelung]


Der Bilderdienst, des -es, plur. car. die gottesdienstliche Verehrung der Bilder der Heiligen.


Bilderen (W3) [Adelung]


* Die Bilderen, singul. inusit. S. Zahnfleisch.


Bilder-Gallerie (W3) [Adelung]


Die Bilder-Gallerie, (das letzte dreysylbig), plur. die -n, (das letzte viersylbig) ein langes Zimmer, oder Reihe mehrerer Zimmer, wo Gemählde und Schildereyen aufbehalten werden. S. Gallerie.


Bildergedicht (W3) [Adelung]


Das Bildergedicht, des -es, plur. die -e, ein ehemahliger poetischer Unsinn, da man sich Wörter oder Sylben wählete, die ein Bild vorstellten, oder gemahlet werden konnten, und dieses Bild mit einigen dazu gefügten Buchstaben hinsetzte.


Bilderhandel (W3) [Adelung]


Der Bilderhandel, des -s, plur. inusit. der Handel mit Bildern, oder Kupferstichen. Daher der Bilderhändler, des -s, plur. ut nom. sing. der mit Kupferstichen handelt; im gemeinen Leben auch ein Bildermann.


Bilderladen (W3) [Adelung]


Der Bilderladen, des -s, plur. die -läden, der Laden eines Bilderhändlers, das offene Zimmer, worin er seine Waaren verkauft.


Bilderlehre (W3) [Adelung]


Die Bilderlehre, plur. inusit. die Wissenschaft, sittliche Wahrheiten unter Sinnbildern vorzutragen, und solche Bilder zu erklären, oder die Wissenschaft der Bilder, in so fern sie sittliche Wahrheiten vorstellen; die Bildkunst, welcher Nahme aber nicht so bequem ist, und mit einem Griechischen Ausdrucke, die Ikonologie.


Bildern (W3) [Adelung]


Bildern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, im gemeinen Leben, die Bilder oder Kupferstiche in einem Buche aufsuchen. In einem Buche bildern.


Bildernaht (W3) [Adelung]


Die Bildernaht, plur. car. die Kunst, Bilder, oder allerley Figuren nach dem Leben zu nähen oder zu sticken. Naht bedeutet hier nicht suturam, sondern die Nähkunst.


Bilderreich (W3) [Adelung]


Bilderreich, -er, -ste, adj. et adv. reich an Bildern, oder sinnlichen Vorstellungen. Eine bilderreiche Fantasie. Eine bilderreiche Sprache, welche reich an Benennungen sinnlicher Gegenstände ist, oder in welcher viele und kühne Bilder gewöhnlich sind.


Bilderreim (W3) [Adelung]


Der Bilderreim, des -es, plur. die -e, gereimte Zeilen, welche so zusammen gefüget werden, daß sie durch ihre Stellung eine Art eines Bildes ausmachen; eine ehemahlige eben so abgeschmackte Tändeley, als das Bildergedicht war.


Bilderschere (W3) [Adelung]


Die Bilderschere, plur. die -n, eine Schere mit langen Schenkeln, in Kupfer gestochene Bilder damit auszuschneiden.


Bilderschrift (W3) [Adelung]


Die Bilderschrift, plur. die -en, eine Schrift, welche die Sachen nicht mit Buchstaben und Wörtern, sondern mit Bildern ausdruckt, mit einem Griechischen Ausdrucke Hieroglyphen; zum Unterschiede von der Buchstabenschrift.


Bilderstein (W3) [Adelung]


Der Bilderstein, des -es, plur. die -e, ein mit Zeichnungen und Figuren auf der Oberfläche versehener Stein, dergleichen der Bilder-Achat, Bildermarmor u. s. f. sind. S. Bildstein, welches davon noch verschieden ist.


Bilderstreit (W3) [Adelung]


Der Bilderstreit, des -es, plur. inusit. der Streit über die gottesdienstliche Verehrung der Bilder, besonders so fern er ehedem zwischen der Griechischen und Latein. Kirche geführet wurde.


Bilderstuhl (W3) [Adelung]


Der Bilderstuhl, oder Bildstuhl, des -es, plur. die -stühle, in der Baukunst, ein steinerner Würfel, der oben und unten mit Gesimsen verzieret ist, Bilder, d. i. Statuen darauf zu setzen.


Bilderstürmer (W3) [Adelung]


Der Bilderstürmer, des -s, plur. ut nom. sing. in der Kirchengeschichte der ältern Zeiten, diejenigen, welche die Bilder mit Gewalt aus den Kirchen wegzuschaffen suchten. Daher die Bilderstürmerey.


Bildgießer (W3) [Adelung]


Der Bildgießer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Künstler, welcher Bilder aus Metall oder Gyps gießet.


Bildgraber (W3) [Adelung]


Der Bildgraber, des -s, plur. ut nom. sing eine allgemeine Benennung derjenigen Künstler, welche Bilder oder Figuren in die Tiefe graben; zum Unterschiede von den Bildschnitzern oder Bildhauern, welche sie erhaben vorstellen. Zu den Bildgrabern gehören alle Arten der Steinschneider, der Kupferstecher, der Modellschneider, und der Formschneider.


Bildhauer (W3) [Adelung]


Der Bildhauer, des -s, plur. ut nom. sing ein Künstler, der Bilder hauet, d. i. vermittelst des Meißels aus Stein oder Holz erhaben darstellet. In dem letztern Falle wird er auch zuweilen ein Bildschnitzer genannt. Daher die Bildhauerey, oder die Bildhauerkunst, plur. inusit. ehedem die Bildnerkunst, welches Wort noch 2 Chron. 3, 10, vorkommt; Bildhauerarbeit, Arbeit, die ein Bildhauer verfertiget hat, oder verfertigen muß.


Bildkunst (W3) [Adelung]


Die Bildkunst, plur. inusit. S. Bilderlehre.


Bildlich (W3) [Adelung]


Bildlich, -er, -ste, adj. et adv. einem Bilde gleich, oder ein Bild enthaltend. Ein biblischer Ausdruck. Die bildliche Erkenntniß, da man sich die Dinge unter Bildern vorstellet, die sinnliche Erkenntniß.


Bildmacher (W3) [Adelung]


Der Bildmacher, des -s, plur. ut nom. sing im gemeinen Leben, jemand der Bilder aus Gyps, Thon oder Wachs verfertiget.


Bildner (W3) [Adelung]


Der Bildner, des -s, plur. ut nom. sing eine allgemeine Benennung aller derjenigen Künstler, welche erhabene Bilder aus allerley Materien verfertigen, dahin die Former, Wachsbossirer, Bildschnitzer, Bildhauer, Bildgießer u. s. f. gehören. Die Bildnerkunst kommt in dieser Bedeutung schon 2 Chron. 3, 10 vor. Daher die Bildnerey, plur. inusit. die Kunst des Bildners.


Bildniß (W3) [Adelung]


Das Bildniß, des -sses, plur. die -sse, ein größten Theils der Oberdeutsches Hauptwort, für Bild, in dessen zweyten Bedeutung. Du sollst dir kein Bildniß machen, 2 Mos. 20, 4; 5 Mos. 5, 8. Daß man ein Bildniß und Abgott machen soll, Richt. 17, 3. Dein Bildniß hat mich überall verfolgt, Weiße. Im Hochdeutschen gebraucht man es von einem Porträte vornehmlich alsdann, wenn Bild zu schwankend und unbestimmt ist.

Anm. Bey einigen Oberdeutschen ist dieses Wort weiblichen Geschlechtes; S. -Niß. Zuweilen höret man auch das Wort Bildnißmahler, für Porträtmahler.


Bildsäule (W3) [Adelung]


Die Bildsäule, plur. die -n, überhaupt eine jede Säule, in der weitesten Bedeutung dieses Wortes, welche ein Bild vorstellet. besonders 1) ein jedes aus einer festen Materie verfertigtes erhabenes oder rundes Bild; ein Standbild, eine Statue. Einen Garten, ein Gebäude mit Bildsäulen zieren. Er soll die Bildsäulen zu Beth-Semes in Egyptenland zerbrechen, Jer. 43, 13. 2) In engerer Bedeutung, in der Baukunst, halb gebildete Menschen, mit oder ohne Arme, welche aus einem viereckten unten zugespitzten Steine gleichsam heraus wachsen.

Anm. Dieses Wort scheinet so gar alt nicht zu seyn, ob es gleich schon zu Luthers Zeiten bekannt war. In den Monseeischen Glossen kommt Manaliho, im Angels. Monlica, Manlica, im Alt-Schwed. Manlika, eigentlich Mannsgestalt, für Statue vor. In den spätern Zeiten findet sich auch Bildstock, welches mit Bildsäule genau überein kommt. man hat dieses Wort in der Bedeutung einer Statue ohne Noth getadelt, weil doch nunmehr jedermann weiß, was er für einen Begriff damit verknüpfen soll, und die Zusammensetzung selbst nichts verwerfliches an sich hat, wenn man nur das Wort, Säule in seiner rechten, d. i. in seiner weitesten Bedeutung nimmt. S. auch Standbild und Statue.


Bildschnitzer (W3) [Adelung]


Der Bildschnitzer, des -s, plur. ut nom. sing ein Künstler, welcher erhabene Bilder aus Holz schnitzet, zum Unterschiede von dem Bildhauer, der sie aus Stein verfertiget. Daher die Bildschnitzerey, dessen Kunst.


Bildschön (W3) [Adelung]


Bildschön, adj. et adv. so schön wie ein gemahltes Bild, d. i. sehr schön, von Personen, im gemeinen Leben, Ein bildschöner Mensch.


Bildstein (W3) [Adelung]


Der Bildstein, des -es, plur. die -e, in der Mineralogie, ein jeder Stein, der außerordentlich gebildet ist, dahin nicht allein die Versteinerungen, sondern auch die Klappersteine, Notensteine u. s. f. gehören. S. auch Bilderstein, welches davon noch unterschieden wird.


Bildstuhl (W3) [Adelung]


Der Bildstuhl, S. Bilderstuhl.


Bildung (W3) [Adelung]


Die Bildung, plur. die -en, S. Bilden.


Bildwerk (W3) [Adelung]


Das Bildwerk, des -es, plur. die -e, ein allgemeiner Ausdruck alle Arbeiten bildender Künstler zu bezeichnen, sie bestehen nun auf Flächen, wie Gemählde, oder aus halb und ganz erhabenen Arbeiten. Gemählde sind Bildwerke auf Flächen. Die Tischer- und Zimmerleute, die Tag und Nacht arbeiten und schnitzen Bildwerke, Sir. 38, 28.


Bilge (W3) [Adelung]


Die Bilge, plur. die -n, bey den Tuchscherern, ein längliches Holz, welches an die Stange des Liegers, d. i. der ruhenden Klinge der Tuchschere, befestiget wird, selbige im Gleichgewichte zu erhalten. das Wort ist aus dem Franz. Bille, Billette verderbt. Im gemeinen Leben einiger Gegenden, z. B. im Vogtlande, ist der Bilgenschneider ein eingebildetes Gespenst, welches in den Getreidefeldern seinem Gange nach die Ähren abschneiden soll. was Bilge hier bedeutet, ist mir unbekannt; denn daß es das vorige Wort seyn sollte, ist nicht wahrscheinlich.


Billard (W3) [Adelung]


Das Billard, (sprich Billjard,) des -es, plur. die -e, aus dem Franz. Billard, und dieses wieder von Bille, Kugel. 2) Ein Spi el, wo auf einer großen mit Tuch überzogenen Tafel gewisse Kugeln mit besonders dazu verfertigten Stäben in die am Rande befindlichen Löcher gestoßen werden; ohne Plural. Billard spielen. 2) Die mit Tuch überzogene Tafel, auf welcher man spielet, mit ihrem ganzen Gestelle. S. auch Beilketafel.


Bille (W3) [Adelung]


1. Die Bille, (sprich Bilje,) plur. die -n. 1) Eine elfenbeinerne Kugel, womit man Billard spielet; eine Kugel. Eine Bille machen, sie in eines der Löcher am Rande des Billardes bringen. 2) In der Wapenkunst, eine jede Kugel, welche andere auch einen Pfennig, ingleichen einen Ball nennen. Andere nennen aus einer zu weit getriebenen Pünctlichkeit nur die mit Gold tingirten Kugeln Billen; die mit Silber tingirten Bälle, und die mit Farben Kugeln.

Anm. Dieses Wort ist zunächst aus dem Französ. Bille, aber es stammet doch mit Ball und Pila aus einer gemeinschaftlichen Quelle her.


Bille (W3) [Adelung]


2. Die Bille, plur. die -n. 1) Dem Frisch zu Folge, ein Zapfen in dem Wellbaume der Mühle, um welchen er sich beweget. 2) Eine Sache mit breiter Spitze und zweyen Schneiden, womit die Müller die Mühlsteine schärfen. S. das folgende.

Anm. In beyden Bedeutungen scheinet der Begriff der Schärfe oder Spitze der Grund der Bedeutung zu seyn. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das mittlere Latein. Bella und Bolta bedeuten eine Spitze, ingleichen eine Nadel, S. auch Beil, Pfeil und Bolzen.


Billen (W3) [Adelung]


Billen, verb. reg. act. bey den Müllern, die Mühlsteine schärfen. S. das vorige.


Billenmehl (W3) [Adelung]


Das Billenmehl, des -es, plur. inusit. in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, gröbere Weitzenmehl von zweyten Schlage.


Billett (W3) [Adelung]


Das Billett, (sprich Biljett,) des -es, plur. die -e, aus dem franz. Billet, ein kurzer mit Auslassung aller Feyerlichkeiten abgefaßter Brief; ein Handbriefchen, Zettel; und in weiterer Bedeutung, eine jede kurze Schrift.


Billiard (W3) [Adelung]


Das Billiard, S. Billard.


Billig (W3) [Adelung]


Billig, -er, -ste, adj. et adv. 1. dem Rechte der Natur, oder der im Innern, im Gewissen, empfundenen Verbindlichkeit gemäß; und zwar, 1) in der weitesten Bedeutung, so fern diese Verbindlichkeit allgemein ist, oder erwiesen werden kann, da denn billig in allen Fällen gebraucht wird, wo wir etwas zu thun, oder zu leiden schuldig sind. Das kann ich billig von dir erwarten. Ich hatte es dir geliehen es ist billig, daß du mir es wieder gibst. Ich halte es für sehr billig. Das solltest du billig wissen. Sollte ich dich nicht billig strafen? das ist nicht mehr als billig. Etwas für billig erkennen. 2) In engerer Bedeutung, so fern diese Verbindlichkeit in besondern Umständen empfunden wird, wo sie keine allgemeine Regel leidet, den besondern Umständen nach der innern Empfindung gemäß, da es denn dem, was wir zu thun schuldig sind, entgegen stehet. Es ist billig, daß ich dir diesen Schaden ersetze, ob ich es gleich nicht schuldig bin. Sie kennen die zärtlichen Sorgen eines Vaters, sie werden also die meinigen billig finden. Im gemeinen Leben verlieret sich oft der Begriff der empfundenen Verbindlichkeit, und billig bedeutet alsdann bloß den besondern Umständen gemäß. Eine billige Belohnung, nicht so fern wir uns für verbunden halten, solche zu geben, sondern so fern sie dem Verdienste und dem Vermögen dessen, der sie gibt, angemessen ist. Eine billige Aussteuer. Eine billige Strafe. Ich halte viel auf ein billiges Lob, Gell. Ja zuweilen bedeutet es nur überhaupt so viel wie mässig, bescheiden. Seine Antwort ist noch billig genug. 3) In der engsten Bedeutung wird dieses Wort im Handel und Wandel häufig gebraucht, für mäßig; be-sonders von der Bestimmung des Werthes einer Waare. Ein billiger Preis, der so wohl dem Werthe der Waare, als auch den übrigen Umständen angemessen ist. Seine Forderungen sind sehr billig. Machen sie es billig mit mir, übertheuern sie mich nicht. Ich will es auf das billigste einrichten. Vielleicht nimmt er es für ein Billiges (für einen billigen Preis) wieder an, Gell.2. Geneigt; dieser empfundenen Verbindlichkeit gemäß zu handeln, in allen obigen Bedeutungen. Ein billiger Mann. Sey billig gegen die Vorsicht. Er ist sehr billig, mäßig in seinen Forderungen.

Anm. 1. Dem Kero scheinet dieses Wort noch nicht bekannt gewesen zu seyn, indem er merito durch piuuruhti übersetzt. Ottfried und Notker gebrauchen für Billigkeit auch noch Ebini. Allein bey dem Willeram kommt schon billih, in dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter pillichen, im Schwabenspiegel billich, und bey den Hornegk pilleich vor. Die erste Hälfte ist das alte Bill, empfundenes recht, wovon im Oberdeutschen, besonders der Schweiz, noch Unbill, Unbild, Unbilde, für Unrecht, Beleidigung, üblich ist. Er klagte ihm den angethanen Unbill, heißt es noch in Walsers Appenzell. Chron. Weil weder Wachter noch Ihre dieses alte Oberdeutsche Wort kannten, so schlägt der letztere eine andere Ableitung vor, die aber jetzt unnöthig wird. Nur die letzte Sylbe ist streitig; indem man gefraget hat, ob sie die Ableitungssylbe lich, oder ig ist. In dem ersten Falle müßte man dieses Wort billlich oder billich schreiben. Siehet man auf die vornehmste Bedeutung dieses Wortes, da es dem Naturrechte gemäß bedeutet, so muß man für die erste Schreibart den Ausspruch thun, zumahl da die Alten dieses Wort beständig billich schreiben. Allein da nicht nur der lange heutige Gebrauch das g eingeführet hat, welches auch durch die allgemeine Aussprache in der Verlängerungen des Wortes, wenigstens im Hochdeutschen, unterstützet wird: so muß man daß g behalten; zumahl da die Grenzen der Bedeutungen der beyden Ableitungssylben lich und ig sehr oft zusammen fließen. Die Schweden und Dänen schreiben es gleichfalls billig, mit einem g.

Anm. 2. Dieses Wort ist von je her am häufigsten von dem empfundenen Rechte, oder dem Rechte der Natur, gebraucht worden, im Gegensatze dessen, was dem gegebenen Rechte oder den eigentlichen Gesetzen gemäß ist. Wenn man daher im gemeinen Leben recht und billig oft zusammen setzet, so ist recht daselbst in der engern Bedeutung, den Gesetzen gemäß, zu nehmen.


Billigen (W3) [Adelung]


Billigen, verb. reg. act. für billig erkennen, oder erklären, in dem ersten und zweyten Falle, der ersten Bedeutung des Wortes billig. Ich kann dieß Verfahren unmöglich billigen. Sie haben es alle gebilliget. Oft auch in weiterer Bedeutung für bewilligen. Der Vater wollte die Heirath nicht billigen. Daher die Billigung.


Billigkeit (W3) [Adelung]


Die Billigkeit, plur. inusit. 1) Die Eigenschaft einer Sache, da sie der im Innern empfundenen Verbindlichkeit gemäß ist, in allen Bedeutungen des Bey- und Nebenwortes. Die Billigkeit eines Ausspruches, eines Urtheiles, einer Forderung, eines Preises u. s. f. 2) Diese empfundene Verbindlichkeit selbst, gleichfalls in allen drey Bedeutungen. Es ist der Billigkeit gemäß. Etwas nach der Billigkeit beurtheilen. Nach Recht und Billigkeit. Eine Tochter nach der Billigkeit ausstatten, nach Maßgebung seines Vermögens. 3) Die Fertigkeit, dieser Verbindlichkeit gemäß zu handeln. Ein Mann von großer Billigkeit. Er besitzt natürliche Billigkeit.

Anm. Opitz gebraucht dieses Wort Ein Mahl in einer sehr ungewöhnlichen Bedeutung für Rechtschaffenheit, Unsträflichkeit: Herr, weil ich kann gerecht bestehen, So laß den Spruch auch so ergehen, Und rette meine Billigkeit Durch deinen endlichen Bescheid.


Billing (W3) [Adelung]


Der Billing, des -es, plur. die -e, der Nahme einer Art Weißfische in Sachsen, welcher sich an tiefen Orten, selbst unter den Mühlrädern aufhält, zu Ende des Februars an scharf fließende Örter ziehet, wo er streicht, und für einen Raubfisch gehalten wird; Cyprinus Rubellio, und Idharus, L. Im Deutschen auch Pillent und Rappe.


Billion (W3) [Adelung]


Die Billion, plur. die -en, eine Zahl von tausend Mahl tausend Millionen; aus dem Franz. Billion.


Bilse (W3) [Adelung]


Die Bilse, oder das Bilsenkraut, des -es, plur. inusit. eine Pflanze, welche auf den fetten Rainen Europens wächset, und eine sehr betäubende Kraft hat, daher ein unvorsichtiger Gebrauch derselben Raserey und den Tod wirken kann; Hyoscyamus, L. Um dieses Umstandes willen wird sie im gemeinen Leben auch tolle Bilse, Schlafkraut, Tollkraut, Rasewurzel, Teufelsauge, und an einigen Orten auch Rindswurzel, Schweinsbohne, Saubohne genannt. Im Dänischen heißt sie Bulme, im Norweg. Bulmeurt, und im Böhmischen Blje. Bey dem Alberus wird auch der Schlehenbaum, oder vielmehr dessen Frucht, Bilse, Pinserling genannt. Bey den alten Galliern und Iberiern hieß sie, dem Dioscorides zu Folge, Belinuntia, von Bel, Belenus, weil sie diesem Gotte heilig war, daher sie noch jetzt im Spanischen Veleno genannt wird, welche Nahmen mit dem Deutschen Bilse einige Ähnlichkeit haben.


Bilz (W3) [Adelung]


Der Bilz, S. Pilz.


Bimsen (W3) [Adelung]


Bimsen, verb. reg. act. bey verschiedenen Handwerkern mit dem Bimssteine reiben, glatt machen.


Bimsstein (W3) [Adelung]


Der Bimsstein, des -es, plur. inus. ein rauher, löcheriger, glasartiger Stein, von einem klarkörnigen und faserigen Gewebe, voller Blasen; daher er so leicht ist, daß er auch auf dem Wasser schwimmet. Man findet ihn am häufigsten in der Nachbarschaft feuerspeyender Berge, und hält ihn für einen durch das Feuer zusammen gebackenen Asbest. Der Deutsche Nahme ist von dem Latein. Pumex, daher man ihn billig Pimsstein schreiben sollte, wenn die Hochdeutsche Aussprache es verstattete. Im Nieders. heißt er gleichfalls Pimpsteen.


Bin (W3) [Adelung]


Bin, ich bin, du bist, er ist, S. Seyn.


Bindahle (W3) [Adelung]


Die Bindahle, plur. -n, oder der Bindahl, des -es, plur. die -e, bey den Siebmachern, eine Ahle zum Ausbinden der Siebe. S. Ahle.


Bindaxt (W3) [Adelung]


Die Bindaxt, plur. die -äxte, bey den Zimmerleuten, ein Nahme der gewöhnlichen Zimmeraxt, womit das Holz beschlagen, und zum Abbinden oder Verbinden geschickt gemacht wird.


Bindbalken (W3) [Adelung]


Der Bindbalken, richtiger Bindebalken, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Zimmerleuten, ein Balken, welcher durch die ganze Breite eines Gebäudes geht, und zwey Wände mit einander verbindet; im Gegensatze der kürzern Stichbalken. S. Hauptbalken.


Bindband (W3) [Adelung]


* Das Bindband, des -es, plur. die -bänder, ein nur im Oberdeutschen, besonders in Österreich, übliches Wort, das Band zu bezeichnen, womit man jemanden an seinem Nahmenstage anzubinden pfleget, und in weiterer Bedeutung ein jedes Geschenk, welches man ihm zu dieser Zeit macht.


Binde (W3) [Adelung]


Die Binde, plur. die -n, eigentlich alles, womit etwas gebunden oder verbunden werden kann; ein Band. Heut zu Tage aber wird dieses Wort in eingeschränkter Bedeutung nur von einem breiten Bande gebraucht, und zwar, 1) eigentlich, dergleichen die Binden der Wundärzte, die Hauptbinden, Halsbinden, Leibbinden, Feldbinden u. s. f. sind. So pflegt man die Gerechtig-keit mit einer Binde vor den Augen, zu mahlen. 2) Figürlich. wegen einer Ähnlichkeit. Breite Streifen an den Hemden werden im gemeinen Leben gleichfalls Binden oder Hemdbinden genannt. In der Wapenkunst ist die Binde so viel als ein Streifen, d. i. ein Balken, der nicht seine gehörige Breite hat. In der Baukunst heißen die Streifen, womit man zuweilen die Säulen überzieht, gleichfalls Binden.

Anm. Binde, bey dem Willeram Binta, ist von dem Präsenti des folgenden Zeitwortes, so wie Band von dessen Imperfecto, und Bund von dessen Supino herstammet. Daß Binde bloß von einem breiten Banden gebraucht wird, hat nichts als das Herkommen für sich.


Bindebank (W3) [Adelung]


Die Bindebank, plur. die -bänke, in der Kriegsbaukunst, ein Gestell, auf welchem die Faschinen gebunden werden; die Faschinenbank.


Bindebaum (W3) [Adelung]


Der Bindebaum, des -es, plur. die -bäume, der lange Baum, womit das Heu auf dem Fuder befestiget wird; der Wiesenbaum, Heubaum.


Bindebrief (W3) [Adelung]


* Der Bindebrief, des -s, plur. die -e, ein, wenigstens im Hochdeutschen, ungewöhnliches Wort, welches bey dem Opitz für ein Gedicht vorkommt, mit welchem jemand an seinem Nahmenstage angebunden wird.


Bindeisen (W3) [Adelung]


Das Bindeisen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Glashütten, ein langes rundes Eisen, mit einem eben so langen runden Stiele, durch welches die Glasreifen von geschmolzenem Glase auf die Gläser getragen werden.


Bindelohn (W3) [Adelung]


Das Bindelohn, des -es, plur. von mehrern Summen, die -löhne, der Lohn, welchen man dem Böttcher für das Binden und Ausbessern alter Gefäße gibt; dagegen der Buchbinder Binderlohn bekommt.


Bindemesser (W3) [Adelung]


Das Bindemesser, S. Bandmesser.


Binden (W3) [Adelung]


Binden, verb. irreg. act. Imperf. ich band, Supin. gebunden, 1. in der eigentlichsten Bedeutung, biegen, krümmen, besonders einen langen schmalen biegsamen Körper um die Oberfläche eines andern biegen und daselbst befestigen. Ein Tuch um den Kopf binden. Einen Strick um ein Faß, einen Faden um den Finger binden. In dieser Bedeutung kommt binden größten Theils mit dem verwandten Verbo winden überein, welches auch in andern Fällen dieser Bedeutung gebräuchlich ist.2. In weiterer Bedeutung 1) Vermittelst eines Bandes, d. i. eines langen, dünnen, biegsamen Körpers an etwas befestigen. Den Baum an einen Pfahl, das Pferd an die Thüre, den Kahn an das Schiff binden. Einem die Hände auf den Rücken binden. * Einem etwas auf die Nase binden, in der niedrigsten Sprechart, so wohl es ihm entdecken, als auch ihn einer Unwahrheit überreden. * Einen Verlust an das Bein binden, ihn verschmerzen. 2) Mit Banden belegen, durch Anlegung der Bande seiner Freyheit berauben. Einen Übelthäter binden. Einem die Hände binden, auch figürlich, ihn hindern, nach seinem freyen Willen zu handeln. Die Hände sind mir gebunden. Ich werde mir die Hände nicht binden lassen. Nichts als deine eigene Wohlfahrt bindet mir die Hände, wenn ich deine Wünsche nicht erfülle, Dusch. Auf eine etwas uneigentliche Art sagt man auch, mit Ketten binden, ungeachtet fesseln in diesem Falle angemessener wäre. 3) Zusammen binden und dadurch verfestigen. Garben binden, durch das Zusammenbinden vieler Salme Garben hervor bringen. So auch, Besen binden, Bürsten binden, Kränze binden, Ballen binden, Fässer binden u. s. f. Ein Buch binden, oder einbinden, die einzelnen Bogen zusammen häften und das daraus entstandene Buch mit einem Bande versehen. 4) Ein Clavier heißt gebunden, wenn Eine Saite zwey Töne ausdrücken muß. S. Bundfrey. 3. Figürlich. 1) Ohne Band befestigen. So sagt man z. B. von dem Leime, daß er binde, wenn er anfängt zu erkalten, und die zusammen geleimten Körper zu verbinden. Sich binden, wird auf eben diese Art von dem Sande, Thone u. s. f. gesagt, wenn sie angefeuchtet worden, und nunmehr eine Art von Festigkeit bekommen, so daß ihre Theile zusammen halten und sie sich ballen lassen. Der Kalk bindet sehr gut, wenn er die Steine gehörig befestiget. 2) Die freye Bewegung eines Körpers hemmen. So wird der Flugsand gebunden, wenn man ihn durch allerley Mittel zum Stehen bringt, so daß er die benachbarten Gegenden nicht überschwemmen kann. Ein innerlicher Kampf band meine Zunge, benahm mir die Sprache. Ingleichen, einschränken. Die gebundene Rede, deren Gang in ein gewisses Sylbenmaß eingeschränkt ist; in Gegensatze der ungebundenen oder prosaischen Rede. So auch die gebundene Schreibart in der Musik, welche alle Regeln der Harmonie genau beobachtet; zum Unterschiede von der freyen. Die gebundene Zeit, in der Römischen Kirche, die siebenzig Tage von dem Sonntage Sepmagesima an, da kein Halleluja in der Kirche gesungen wird, und auch keine Hochzeit gemacht werden darf. 3) In noch weiterer Bedeutung, die Freyheit eines vernünftigen Geschöpfes hemmen. Ich bin gebunden, ich kann nicht so handeln wie ich will. Ich bin an die Stadt gebunden, bin verpflichtet, in der Stadt zu bleiben. Er lässet sich durch nichts binden. Da ihn kein Gesetz weiter band. Sich an etwas binden, sich dadurch hindern lassen, das Gegentheil zu thun. er will sich an sein Versprechen nicht binden. Ich werde mich daran nicht binden. Sie sind ja nicht an ihr Wort gebunden, nicht verpflichtet, ihr Wort zu halten. Ein Schäfer pflegt sich nicht stets an sein Wort zu binden, Gell. 4) Von etwas abhängig machen, mit dem Vorworte an. Der Himmel hat deine Glückseligkeit nicht an Schätze gebunden, welche der Betrieger öfter besitzet, als der Redliche, Dusch. Zufriedenheit ist nicht an Geld und Gut gebunden, Ean. Es ist das wahre Glück an Keinen Stand gebunden, Haged. 5) Im Kirchenstyle ist binden, die kirchliche Vergebung der Sünde versagen, und dadurch von der Kirchengemeinschaft ausschließen; im Gegensatze des lösen. S. Bindeschüssel.Daher die Bindung, von der Handlung des Bindens, obgleich selten, und auch hier nur in den eigentlichen und weitern Bedeutungen. In der Musik wird die Verbindung zweyer Noten durch einen halben Zirkel eine Bindung genannt, wie denn auch wohl solche zusammen gehängte Noten selbst Bindungen heißen.

Anm. Binden, bey dem Ulphilas bindan, bey dem Kero pintan, bey dem Ottfried bintan, im Angels. bindan, im Engl. to bind, und to band, im Dänischen binde, im Schwed. binda, ist mit winden genau verwandt, obgleich das letztere mehr die eigentlichste Bedeutung aufbehalten hat. Das Latein. vincire, und vielleicht auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - sind mit demselben vermuthlich aus Einer Quelle hergeflossen. S. auch Binde, Band, und Bund, ingleichen Spannen, Winden, und Fahne.


Binder (W3) [Adelung]


Der Binder, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Binderinn, plur. die -en. 1) Der, oder die etwas bindet; ein Wort, welches selten allein, häufiger aber in den Zusammensetzungen, Bürstenbinder, Besenbinder, Faßbinder, Buchbinder u. s. f. gebraucht wird. In der Landwirthschaft binden die Binder und Binderinnen das abgehauene Getreide mit Strohseilen in Garben. In einigen Oberdeutschen Gegenden werden die Faßbinder oder Böttcher nur schlechthin die Binder, und um Nürnberg dieBühner genannt. S. Böttcher. 2) Ein Ding, welches etwas verbindet, in einigen Fällen. So pflegen die Mäurer Steine, welche nach der Dicke der Maurer liegen, zum Unterschiede von den Läufern; welche nach der Länge liegen, Binder und Bindesteine, und die Zimmerleute die Bindesparren nur Binder zu nennen.


Binderlohn (W3) [Adelung]


Das Binderlohn, des -es, plur. von mehrern Summen, die -löhne, Lohn welches man dem Binder für seine Arbeit gibt, z. B. dem Binder in der Ernte, dem Buchbinder u. s. f. Im Oberdeutschen wird auch das Bindelohn des Faßbinders Binderlohn genannt.


Bindescheide (W3) [Adelung]


Die Bindescheide, plur. die -n, eine lederne Scheide, in welcher die Böttcher oder Faßbinder das Bindemesser führen. S. Bandmesser.


Bindeschlüssel (W3) [Adelung]


Der Bindeschlüssel, des -s, plur. inus. ein kirchliches Wort, wodurch die Gewalt die Sünde zu binden, oder zu behalten, d. i. nicht zu vergeben, verstanden wird; im Gegensatze des Löseschlüssels.


Bindesparren (W3) [Adelung]


Der Bindesparren, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Zimmerleuten, vorzüglich verbundene Sparren, S. Binder; zum Unterschiede von dem Gebinde oder leeren Sparren.


Bindestein (W3) [Adelung]


Der Bindestein, des -es, plur. die -e, S. Binder.


Bindezeichen (W3) [Adelung]


Das Bindezeichen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Sprachkunst, ein Zeichen, welches einige zusammen gesetzte Wörter, die man doch nicht gern als Ein Wort schreiben will, verbindet; Hyphen; z. B. Ober-Hof-Marschall, Ost-Indien. Weil dieses Zeichen auch zur Theilung der Wörter dienet, so nennen die Buchdrucker es den Divis, andere das Theilungszeichen.


Bindezeug (W3) [Adelung]


Das Bindezeug, des -es, plur. die -e, bey den Mundärzten eine Büchse oder Futteral, welches die zum verbinden und andern chirurgischen Arbeiten nöthigen Werkzeuge enthält. In der Landwirthschaft ist das Bindezeug dasjenige geräth, welches zum Binden der Garben erfordert wird, z. B. die Bindeschürze, Bindehandschuhe und Strohseile.


Bindfaden (W3) [Adelung]


Der Bindfaden, des -s, plur. inusit. im gemeinen Leben eine zusammen gedrehete hänfene Schnur, allerley vorkommende Dinge damit zusammen zu binden. Im Niedersächsischen heißt solcher Bindfaden Fisseband, oder Fitzband, vermuthlich von Fitze, Fisse, ein abgetheiltes Bund gehaspelten Garnes; daher das Französ. Ficelle, für Bindfaden; ingleichen Segelgarn, weil die Segelmacher solches zu den Segeln gebrauchen; Sackband u. s. f. Im Oberdeutschen ist Spachat, Spacht, Spagen üblich, ohne Zweifel von dem Slavonischen und besonders Böhmischen Spogiti, binden, häften, obgleich auch im Ital. Spago, Spaghetto, Bindfaden bedeutet. Kurdel, von chorda, war ehedem auch bekannt.


Bindholz (W3) [Adelung]


Das Bindholz, Bindeholz, des -es, plur. die -hölzer, bey den Zimmerleuten, Zimmerstücke, welche andere Bauhölzer mit einander verbinden.


Bindloch (W3) [Adelung]


Das Bindloch, Bindeloch, des -es, plur. die -löcher, bey den Nähterinnen, kleine runde eingefaßte Löcher in der weißen Brodirung.


Bindriegel (W3) [Adelung]


Der Bindriegel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Zimmermannskunst, Riegel, welche bey hölzernen Brückengeländern zur Verbindung der Säulen und Decken dienen.


Bindspeck (W3) [Adelung]


Das Bindspeck, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, der Nahme eines aus Kupfer, Salmiak, Salpeter, Grünspan, Alaun und Kochsalz zusammen gesetzten Metalles, welches eigentlich eine Art Tombakes ist. Es hat den Nahmen von einem Engländer Nahmens Bindspeck, der es erfunden.


Bindung (W3) [Adelung]


Die Bindung, S. Binden, am Ende.


Bindwerk (W3) [Adelung]


Das Bindwerk, Bindewerk, des -es, plur. inus. in der Baukunst, Lusthäuser und Bogengänge von dünnen hölzernen Spänen, welche da, wo sie sich kreuzen, mit Draht zusammen gebunden werden.


Bindzeug (W3) [Adelung]


Das Bindzeug, S. Bindezeug.


Binetsch (W3) [Adelung]


Der Binetsch, des -es, plur. inusit. S. Spinat.


Binge (W3) [Adelung]


Die Binge, S. Pinge.


Bingelkraut (W3) [Adelung]


Das Bingelkraut, des -es, plur. inusit. eine Pflanze; Mercurialis, L. Sie wächset in den Europäischen Hainen und an unwegsamen schattigen Örtern. Der Deutschen Nahme soll von dem Niedersächs. binkeln, den Urin lassen, abstammen, weil die Pflanze den Urin treibet. Weil man sie auch zu Klystieren gebraucht, so wird sie im gemeinen Leben auch Klystierkraut, sonst aber auch Hundskohl, Hundsmelde, Mistmelde, Scheißmelde, Speckmelde, Kühwurz, Wintergrün u. s. f. genannt. Im Dänischen heißt sie gleichfalls Bingelurt.


Binnen (W3) [Adelung]


* Binnen, ein Niedersächsisches Nebenwort des Ortes und der Zeit, für innerhalb, welches die dritte Endung des Hauptwortes erfordert, und auch zuweilen im Hoch- und Oberdeutschen vorkommt. Binnen der Stadtmauer, innerhalb derselben. Binnen acht Tagen soll das Geld ausgezahlet werden, Gell. Binnen einer Stunde will ich wieder da seyn. Binnen dieser Zeit, Gell.

Anm. Man glaubt, daß dieses Nebenwort von bey und innen zusammen gesetzet worden. Indessen findet sich schon um das Jahr 880 im Angels. binnen. S. Innerhalb. Die folgenden Zusammensetzungen kommen eigentlich auch nur in die Niedersachsen vor.


Binnenbaum (W3) [Adelung]


Der Binnenbaum, S. Bienenbaum.


Binnendeich (W3) [Adelung]


* Der Binnendeich, des -es, plur. die -e, in den Niedersächsischen Marschländern, ein Deich innerhalb eines eingedeichten Landes, welcher das ein brechende Wasser abhält, daß es nicht auch andere Gegenden überschwemme; im Nieders. Binnendiek, im Gegensatze der Butendieke, oder äußern Deiche. Im Butjadinger-Lande heißen diese Binnendeiche Sturmdeiche, im Stadlande aber Landdeiche.


Binnengericht (W3) [Adelung]


* Das Binnengericht, des -es, plur. die -e, in Westphalen, eine begrenzte, geschlossene oder umschränkte Gerichtsbarkeit, welche in einen gewissen bestimmten Bezirke ausgeübet wird; Jurisdictio circumsepta, im Oberdeutschen das Zaungericht. S. dieses Wort.


Binnenland (W3) [Adelung]


* Das Binnenland, des -es, plur. die -länder, im Niedersächsischen, ein innerhalb eines gewissen Bezirkes gelegenes Land; ingleichen ein innerhalb eines Deiches gelegenes Land, im Gegensatze des Buten- oder Außenlandes.


Binnenlehen (W3) [Adelung]


* Das Binnenlehen, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Sächsischen rechte, ein Lehen, welches von demjenigen Herren zu Leben gehet, dem das Eigenthum und die Gerichtsbarkeit desjenigen Bezirkes gehöret, worin es lieget; Feudum intra curtem, im Gegensatze der Buten- oder Außenlehen.


Binnung (W3) [Adelung]


* Die Binnung, plur. die -en, auf den Niedersächsischen Flußschiffen, ein starkes Holz, worin der obere Rand des Schiffes inwendig eingefasset wird; gleichfalls von binnen, innerhalb.


Birghirsch (W3) [Adelung]


Der Birghirsch, S. Gebirghirsch.


Birk (W3) [Adelung]


* Das Birk, des -es, plur. die -e, oder -en, eine im Herzogthum Schleßwig übliche Benennung gewisser kleinerer Districte von einigen Kirchspielen, Dörfern oder auch nur Höfen, denen ein Birkvogt vorgesetzet ist, der zugleich das Recht in seinem Birke handhabet, und den Birkschreiber unter sich hat. Mehrere Birken machen eine Harde, mehrere Harden aber ein Amt. Im Dänischen bedeutet Birke die Dorfgerechtigkeit, im Schwedischen aber ist Birke, Biörke eine Stadt; ein Wort, dessen gemeinschaftliche Abkunst mit dem Deutschen Burg wohl niemand verkennen wird.


Birke (W3) [Adelung]


Die Birke, plur. die -n, oder den Birkenbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum, welcher nur in den kältern Gegenden Europens wächset, eine weißliche Rinde und ein weiches Holz hat; Betula, L. besonders diejenige Art, welche bey ihm alba heißt, und die in Deutschland nur allein bekannt ist. S. auch Alpenbirke, Hängelbirke, Maserbirke, und Zwergbirke. Daher das Birkenholz, die Birkenrinde, das Birkenreis, der Birkenstamm u. s. f.

Anm. Der Deutsche Nahme dieses Baumes ist im nördlichen Europa ziemlich allgemein. Im Nieders. lautet er Barke, im Holländ. Berke, im Dän. Birk, im Schwed. Biörk, im Angels. Birc, Beorce, im Engl. Birch, im Böhm. Briza, im Pohln. Brzoza, und im Russischen Beresnik. Dagegen nennen die Lappen ihn Sake, die Finnen Koiwu, die Franzosen Bouleau, die Lateiner Betula, und die ältern Griechen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, wird er auch die Maye oder der Maybaum genannt. S. dieses Wort.


Birken (W3) [Adelung]


Birken, adj. et adv. von der Birke hergenommen, oder aus Birkenholz verfertiget. Ein birkenes Holz.


Birkenbusch (W3) [Adelung]


Der Birkenbusch, des -es, plur. die -büsche, S. Birkholz.


Birkenkork (W3) [Adelung]


Der Birkenkork, der -es, plur. von mehrern Arten die -e, S. Birkenschwamm.


Birkenmeier (W3) [Adelung]


Der Birkenmeier, des -s, plur. ut nom. sing. ein ehedem übliches unansehnliches Trinkgeschirr, welches aus einem Stücke eines Birkenbaumes bestand, dem man die äußere Rinde gelassen, und denselben nur ausgebohret und ausgepichet hatte; Nieders. Barkenmeier. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist noch ungewiß. Frisch leitet sie entweder von Maye, Birke, her, welches aber ein ungewöhnlicher Pleonasmus seyn würde, oder weil man dieses Geschirr zu den Schmausereyen an ersten May gebraucht. Wachters Ableitung, der dieses Wort von dem alten meien, schneiden, abstammen lässet, ist so lange die wahrscheinlichste, bis eine bessere ausfündig gemacht wird.


Birkenpilz (W3) [Adelung]


Der Birkenpilz, des -es, plur. die -e, eine Art schlüpfriger Pilze, welche am liebsten in Birken und Alpenwäldern wachsen, und welche in Meißen Bergpilze und Pfaffenköpfchen genannt werden. es gibt deren braune und rothe; jene heißen im Österreichischen Geißpilze, Hasenpilze und Krahüte, um Leipzig Mehlpilze; diese in Baiern Frauenpilze und Graspilze, in Obersachsen Rothpilze und Rothköpfchen, in Österreich Schafpilze, in Schlesten Rothdocken, Rothkappen, und Tannenpilze.


Birkensaft (W3) [Adelung]


Der Birkensaft, des -es, plur. inusit. ein angenehmer Saft, welcher in Frühlinge aus den Birkenbäumen rinnet, wenn man sie anbohret, ehe die Blätter ausschlagen, und der, wenn er gehörig zubereitet wird, nicht nur dem Champagner nahe kommt, sondern auch eine gute Blutreinigung ist; das Birkenwasser. Wenn man ihn mit Zucker oder Honig bereitet, so entstehet der Birkenwein, oder Birkenmeth.


Birkenschwamm (W3) [Adelung]


Der Birkenschwamm, des -es, plur. die -schwämme, eine Art Schwämme, welche aus den alten Birkenstämmen wachsen, und wohin so wohl der Agaricus betulinus, L. als auch der Boletus suberosus, (Birkenkork,) und der Boletus igniarius, gehören, welcher letztere im gemeinen Leben auch Feuerschwamm, und noch häufiger Zunder genannt wird, aber auch auf andern Bäumen wächset. In einigen gemeinen Mundarten werden die Birkenschwämme auch Birklinge genannt.


Birkenspanner (W3) [Adelung]


Der Birkenspanner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nachtfalter mit weißen, schwarz punctirten Flügeln, welcher sich auf den Birkenbäumen aufhält; Phalaena betularia, L. Birkenvogel, Birkenmesser, Reißling.


Birkenspinne (W3) [Adelung]


Die Birkenspinne, plur die -n, eine gelblich weiße Spinne mit grauen Füßen, welche in der Schweiz auf den Birken lebet; Aranea betulae, L.


Birkentheer (W3) [Adelung]


Der Birkentheer, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein Öhl, welches man aus der auf der Birkenrinde befindlichen Haut destilliret, und welches man in Rußland so wohl zur Zubereitung des Juchtens, als auch zum Wagenschmier u. s. f. gebraucht; Birkenöhl, schwarzes Degenöhl, Rußöhl, im Russischen Dagger oder Daggert.


Birkenthon (W3) [Adelung]


Der Birkenthon, des -es, plur. inusit. ein mit seinem Staubsande vermischter trockener Thon, auf welchem nicht leicht andere Gewächse, als Birken fortkommen.


Birkenvogel (W3) [Adelung]


Der Birkenvogel, des -s, plur. die -vögel. 1) Eine Art Schmetterlinge, welche sich auf den Birkenbäumen aufhält: Papilio betulae, L. 2) Birkenspanner.


Birkenwald (W3) [Adelung]


Der Birkenwald, des -es, plur. die wälder, S. Birkholz.


Birkenwanze (W3) [Adelung]


Die Birkenwanze, plur. die -n, eine Art Baumwanzen, welche nur auf den Birkenbäumen angetroffen wird; Cimex betulae L.


Birkenwasser (W3) [Adelung]


Das Birkenwasser, des -s, plur. inusit. S. Birkensaft.


Birkbusch (W3) [Adelung]


Der Birkbusch, des -es, plur. die -büsche, S. Birkholz.


Birkfalk (W3) [Adelung]


Der Birkfalk, S. Bergfalk.


Birkfuchs (W3) [Adelung]


Der Birkfuchs, des -es, plur. die -füchse, eine Art Füchse, welche kleiner sind, als die so genannten Brandfüchse, röthere Haare, besonders auf den Rücken, weiße Bäuche, und eine weiße Blume, d. i. einen weißen Fleck, unten an dem Schwanze haben, dagegen diese Blume bey den Brandfüchsen schwarz ist. Sie werden auch Rothfüchse genannt. Es stehet dahin, ob Birk hier nicht so viel als Berg bedeutet, wie in Birkfalk unläugbar ist, oder ob es zu - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, in mittlern Lateine, barrus, birrus, burrus, roth, gehöret.


Birkhäher (W3) [Adelung]


Der Birkhäher, plur. ut nom. sing. S. Blaukrähe.


Birkhahn (W3) [Adelung]


Der Birkhahn, des -es, plur. die -hähne, Fämin. die Birkhenne, plur. die -n, oder das Birkhuhn, des -es, plur. die -hühner, eine Art Waldhühner, welche so groß als ein Fasan ist und sich gern in den Birkenwäldern aufhält, wo sie sich von den Samenzäpflein an den Birken nähret. Der Hahn hat schwarze mit weißen vermengte Federn und rothe Augenbraunen, die Henne aber ist grau und braun gesprengt; Tetrao Tetrix, L. Lagopus, Kl. S. auch Haselhuhn. Der Hahn und die Henne zusammen genommen heißen bey den Jägern das Birkwildbret, des -es, plur. inusit. und im gemeinen Leben Birkhühner. In einigen Mundarten lautet dieses Wort Berghahn, Berghenne, als wenn es von Berg herkäme. Übrigens wird dieser Vogel in einigen Gegenden auch Heidelhahn, Laubhahn, Spielhahn oder Spillhahn, weil er die Beeren des Spillbaumes liebt, Bromhahn, weil er sich auch von Brombeeren nähret, Mooshahn, Schildhahn, und in der Schweiz Fasan genannt.


Birkhenne (W3) [Adelung]


Die Birkhenne, S. Birkhahn.


Birkholz (W3) [Adelung]


Das Birkholz, des -es, plur. die -hölzer, ein Ort, welcher mit Birkenbäumen bewachsen ist, und wenn er eine beträchtliche Größe hat, ein Birkenwald, oder Birkwald, und wenn die Birken nur als Stauden gezeuget werden, ein Birkenbusch, oder Birkbusch genannt wird. S. Holz.


Birkhuhn (W3) [Adelung]


Das Birkhuhn, S. Birkhahn.


Birkling (W3) [Adelung]


Der Birkling, des -es, plur die -e, S. Birkenschwamm.


Birkschreiber (W3) [Adelung]


Der Birkschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. S. das Birk.


Birkvogt (W3) [Adelung]


Der Birkvogt, des -es, plur die -vögte, S. ebendaselbst.


Birkwald (W3) [Adelung]


Der Birkwald, des -es, plur. die -wälder, S. Birkholz.


Birkwildbret (W3) [Adelung]


Das Birkwildbret, des -es, plur. inusit. S. Birkhahn.


Birkwurzel (W3) [Adelung]


Die Birkwurzel, plur die -n, in einigen Gegenden ein Nahme der Tormentille, S. dieses Wort.


Birn (W3) [Adelung]


Die Birn, plur. die -en, Diminutivum Birnchen, Oberdeutsch Birnlein. 1) Eigentlich die Frucht des Birnbaumes. Zahme Birnen, welche in den Gärten erzeuget werden. Wilde Birnen, welche in den Wäldern wild wachsen, und in einigen Gegenden Knödel, und wenn sie getrocknet worden, in den niedrigen Mundarten Huzeln, und in Baiern Kletzen heißen. An einigen Orten werden die Beeren des Weiß- oder Hagedornes, Crataegus oxyacantha, L. welche gemeiniglich Mehlbeeren heißen, auch unserer lieben Frauen Birnlein genannt. 2) Im gemeinen Leben, verschiedene Körper, welche einer Birn an der äußern Gestalt ähnlich sind. Bey den Drahtplättern ist die Birn ein hölzerner rund gedreheter Schraubenstock, in welchem der Draht sein Wachs zurück lassen muß, ehe er noch die Walzen erreicht. An einigen Orten steckt man den Inquisiten eine hölzerne Birn in das Maul, um das Schreyen während der Tortur zu verhindern, welche Birn Heil in Iud. et Defens. S. 257 beschreibt.

Anm. Birn, im Oberdeutschen, Biern, Piern, und im Plural Bieren, Pieren, im Nieders. Bere, ist ein altes Wort, welches mit dem Lat. Pyrum genau überein kommt, und ohne Zweifel zu Beere gehöret, wie nicht nur die Niedersächsische Mundart sondern auch die Oberdeutsche beweiset, in welcher Biren noch im 13ten Jahrhunderte für Weinbeere vorkommt. In Italiän. lautet diese Frucht Pera, im Span. Peras, im Franz. Poire, im Dän. Peere, im Schwed. Paeron, im Wallis. Peren, im Engl. Pear, im Holländ. Peere und Peyre. Das hohe Alterthum dieses Wortes erhellet aus dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - welches gleichfalls eine Birn bedeutet. S. Beere. Wachter hält ein so genanntes Celtisches Ber, welches süß bedeutet haben soll, für das Stammwort.


Birnapfel (W3) [Adelung]


Der Birnapfel, des -s, plur. die -äpfel, der Nahme einer Art grauer Renetten, welche wie eine Birn schmeckt.


Birnbaum (W3) [Adelung]


Der Birnbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum, welcher seinen Samen in eine größten Theils pyramidenförmige Frucht hüllet, die unter dem Nahmen der Birn bekannt ist; Pyrus, L. Dieser Baum ist, so wie die meisten unserer Gartenfrüchte, vermuthlich aus dem wärmern Asien nach Europa gebracht worden, obgleich einige Arten desselben nunmehr in unsern Wäldern wild wachsen.


Birnbaumen (W3) [Adelung]


Birnbaumen, adj. et adv. von dem Birnbaume. Birnbäumenes Holz.


Birnkürbiß (W3) [Adelung]


Der Birnkürbiß, des -sses, plur. die -sse, verkürzt der Birnkürbs, eine Art Kürbse, welche eine pyramidenförmige Gestalt, wie die Birnen haben.


Birnmost (W3) [Adelung]


Der Birnmost, des -es, plur. inusit. der aus herben oder wilden Birnen ausgepreßte Saft, welchen man hat gähren lassen, und der auch Birnwein, im Hennebergischen Birnöpel genannt wird. S. auch Cider.


Birnmotte (W3) [Adelung]


Die Birnmotte, plur. die -n, eine Art Motten, deren Larve sich in den Birnen und Äpfel befindet; Phalaena elinguaria L. Obstmotte. Sie gibt die Birnraupe; Tinea pomonella, L.


Birnprobe (W3) [Adelung]


Die Birnprobe, plur. die -n, Physik, eine birnförmige gläserne Rohre zum Abmessen der unter der Glocke der Luftpumpe hervor gebrachten Verdünnung. Der Engländer Smeaton, welcher dieses Werkzeug erfand, nannte es Pear-gage, wovon der Deutsche Ausdruck eine Übersetzung ist.


Birnquitte (W3) [Adelung]


Die Birnquitte, plur. die -n, eine Art Quitten, welche länglich, wie ein Birn ist; im Gegensatze der Apfelquitten. Daher der Birnquittenbaum, des -es, plur. -bäume. S. Quitte.


Birnsaft (W3) [Adelung]


Der Birnsaft, des -es, plur. inus. der ausgepreßte und dicklich eingelochte Saft der wilden und zahmen Birnen.


Birole (W3) [Adelung]


Birole, Birolf, Birolt, S. Goldamsel.


Birschen (W3) [Adelung]


Birschen, S. Bürschen.


Bis (W3) [Adelung]


Bis, ein Bestimmungswörtchen, welches einen terminum ad quem bezeichnet, und in einer doppelten Gestalt üblich ist.I. Als ein Umstandswort, welche Gestalt es alsdann hat, wenn der terminus ad quem durch ein einziges Wort, welches entweder ein Haupt- oder auch ein anderes Umstandswort seyn kann, ausgedruckt wird; in welchem erstern Falle es gewissen Präpositionen vorgesetzet wird, und1. So wohl den Ort bezeichnet, wie weit sich eine Bewegung erstrecket oder erstrecken soll, mit den Vorwörtern an, auf, nach, über, zu, u. s. f. Er stand bis an den Hals im Wasser. Das Wasser gehet mir bis an die Kehle. Komm mit mir, bis an das Thor; Erstieg bis auf die oberste Spitze. Bis zu mir.Bis nach Rom reisen. Den Feind bis über das Gebirge verfolgen, besser über das Gebirge, ohne bis. Ingleichen mit einigen Umstandswörtern, ohne Präpositionen. Bis hierher, bis an diesen Ort. Bis dahin. Bis wohin soll ich gehen? Bis wie weit wolltest du laufen?Wenn das Ziel der Bewegung der Nahme eines Landes, einer Stadt, eines Schlosses oder Dorfes ist, so kann das Vorwort nach im gemeinen Leben auch wegbleiben. Er ist nur bis Frankreich gekommen. Ich reise nur bis England. Komm mit mir bis Leipzig. Man verfolgte ihn bis Berlin. Vor andern eigenthümlichen Nahmen aber lässet sich solches nicht thun.2. Als auch die Zeit, wie weit sich eine Handlung erstrecket, oder erstrecken soll, mit den Präpositionen an, auf, um, gegen u. s. f. Er schlief bis an den Mittag. Wir spielten bis gegen Abend. Ich wachte bis um Mitternacht. Ich träumete bis gegen den Morgen. Bis auf diese Stunde habe ich es noch nicht erfahren können. Bis auf weitern Befehl. Der Kranke hat bis um, oder bis gegen sechs Uhr geschlafen. Ingleichen mit einigen Umstandswörtern ohne Präpositionen. Bis heute, bis gestern. Warte nur bis morgen. Bis hierher (bis auf diese Zeit) hat der Herr geholfen.Vor einigen nahmen der Feste kann das Vorwort gleichfalls weggelassen werden, weil sie als eigenthümliche nahmen betrachtet werden. Bis Neujahr, bis Pfingsten, bis Ostern, bis Michael u. s. f.3. Ingleichen die Intension, oder der Grad der Stärke der Handlung, gleichfalls mit einigen Präpositionen. Er ist bis auf dem Tod krank, tödtlich krank, sehr krank. Er ist krank bis zum Sterben. Eine Kaltsinnigkeit, die bis zum Abscheue geht. Sie war davon bis zur Bezauberung entzückt.4. Endlich auch eine ungefähre Zahl, die man nicht genau bezeichnen will, oder kann. Das kostet mir schon funfzig bis sechzig Thaler. Es sind siebzig bis achtzig Käufer abgebrannt. Es sind etwa zehn bis elf Wochen, zehn oder elf Wochen.II. Als ein Bindewort, in welcher Gestalt es seine Bedeutung in nichts ändert, sondern sich nur alsdann den Nahmen eines Bindewortes erwirbet, wenn das Ziel einer Zeit durch ein Verbum oder einen ganzen Satz ausgedruckt wird, in welchem Falle es zugleich diesen Saß mit dem vorigen verbindet, und sein Verbum bis an das Ende der Rede wirft. Warte, bis ich komme. Verspare es so lange, bis sein Zorn vorbey ist. Er war so lange gesund, bis er hierher kam.Das Bindewörtchen daß dem bis noch zuzugesellen, ist im Hochdeutschen falt völlig veraltet, obgleich diese Wortfügung noch häufig in der Deutschen Bibel vorkommt. So will ich nicht inne halten, bis daß ihre Gerechtigkeit aufgehe, Es. 62, 1; ich will nicht ehe inne halten, als bis ihre Gerechtigkeit aufgegangen ist. Und ihr von ihm nicht schweiget, bis daß Jerusalem gefertiget und gesetzt werde u. s. f. B. 7. Und will das Schwert hinter sie schicken, bis daß es aus mit ihnen sey, Jer. 9, 16.Wenn in dem Vordersatze ein Comparativ befindlich ist, so kann das als vor dem bis, der gewöhnliche Begleiter der Comparative, auch wegbleiben. Laßt ihn nichts ehe merken, als bis ich, oder bis ich mit dir geredet habe. Lottchen will mir nichts eher sagen, bis Herr Damis wieder kommt, Gell.Aber wenn der Vordersatz eine Verneinung enthält, auch dem bis eine Verneinung an die Seite zu setzen, wie einige, besonders Obersächsische Schriftsteller zu thun pflegen, ist ohne Zweifel ein Mißbrauch. Es reget keines eher einen Fuß, bis nicht der Knittel hinter drein ist. Er wird sich ohne dieß nicht zur Ehe entschließen, bis er nicht eine hinlängliche Versorgung hat, Gell. Anm. Die älteste Gestalt dieser Partikel ist unz, bey dem Ulphilas unt, bey dem Kero unzin, bey den Übersetzer Isidors untaza, bey dem Ottfried unz, welches in Oberdeutschen, besonders in Baiern, noch zuweilen gehöret wird, und vermuthlich von hinzu zusammen gezogen ist, zumahl da es auch zuweilen hinz lautet. Im Schwed. ist aenda gleichfalls bis. Unser bis ist vermuthlich auf ähnliche Art von bey zu, oder bey das zusammen gesetzet. Bithaz bedeutet bey dem Ottfried bisher. In den spätern Zeiten schrieb man es bitz, bitze, und nachmahls biß, bis man endlich gar den Satz annahm, daß die Partikeln nicht kurz genug geschrieben werden können, da denn unser bis daraus ward.


Bischen (W3) [Adelung]


Das Bischen, S. Bißchen.


Bischöflich (W3) [Adelung]


Bischöflich, adj. et adv. nach Art der Bischöfe, einem Bischofe ähnlich, gemäß, demselben gehörig. Die bischöfliche Würde. Bischöfliche Güter, Einkünste. Die bischöfliche Kirche, die herrschende Kirche in England, welche bey der Reformation die bischöfliche Regierung nebst andern Ceremonien beybehalten hat. Sie wird auch die hohe, ingleichen die Englische Kirche genannt.


Bischofsgeld (W3) [Adelung]


Das Bischofsgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, dem Frisch zu Folge, in der Mark Brandenburg, ein gewisses geld, welches von dem Anschlage eines Landgutes abgezo- gen wird; weil es ehedem für den Bischof bestimmt gewesen.


Bischofshut (W3) [Adelung]


Der Bischofshut, des -es, plur. die -hüte, S. Bischofsmütze.


Bischofsmütze (W3) [Adelung]


Die Bischofsmütze, plur die -n. 1) Eine grüne, hohe Mütze, welche oben spitzig zugehet, daselbst offen ist, und an jeder Seite einen breiten Streif mit sechs Quasten herunter hängen hat, dergleichen die Bischöfe in der Römischen Kirche tragen; zuweilen auch, obgleich nicht so angemessen, ein Bischofshut, Infula. 2) Wegen einiger Ähnlichkeiten führen verschiedene Producte des Naturreiches den Nahmen Bischofshut und Bischofsmütze, und zwar die beyden Pflanzen wegen der Ähnlichkeit ihrer Blumen. (1) Das Epimedium, L. welches seine Frucht in einer Schale trägt. Es wächset auf den Alpen. (2) Die Mitella, L. eine Amerikanische und Italienische Pflanze, welche bey den neuern Kräuterkennern den Nahmen der kleinen Bischofsmütze führet. (3) Eine Art Schwämme, welche einen irregulär aufgestülpten, zugespitzten und oben und unten ebenen Hut haben, der einer Bischofsmütze gleicht; Heluella mitra, L. (4) Eine Art Bucciniten, welche von andern die platte Papstkrone genannt wird.


Bischofsstab (W3) [Adelung]


Der Bischofsstab, des -es, plur. die -stäbe, ein Stab von Silber oder Gold, der unten spitzig, oben aber krumm gebogen, und ein Zeichen der bischöflichen Würde ist; Pedum episcopale. S. auch Krummstab.


Bischofthum (W3) [Adelung]


Das Bischofthum, S. Bisthum.


Bisher (W3) [Adelung]


Bisher, ein Nebenwort der Zeit, bis auf die gegenwärtige Zeit, und zwar, 1) in näherer Beziehung auf die gegenwärtige Zeit. Ich habe ihn nicht gesehen bisher, 1. Mos. 44, 38, d. i. bis jetzt, bis auf die gegenwärtige Zeit. Von unsrer Jugend auf bisher, Kap. 46, 34. Von Morgen an bisher, Ruth. 2, 7. Seit der Zeit bisher, 1 Sam 29, 3. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen nicht gebräuchlich; weil man in derselben lieber bis hierher oder jetzt u. s. f. gebraucht. 2) In näherer Beziehung auf die vergangene Zeit, so fern sie an die gegenwärtige gränzt. Ich habe bisher reichlich damit auskommen können. Der Baum hat bisher noch nicht getragen. Bisher habe ich noch nichts davon erfahren.

Anm. Von einem Orte ist nicht dieses Wort, sondern bis hieher, oder bis hierher üblich, obgleich 2 Sam, 7, 18 bisher auch in dieser Bedeutung vorkommt. Bis hieher hat der Herr geholfen. Bisher scheinet so gar alt nicht zu seyn. Isidors Übersetzer gebraucht statt dessen untazshaar, Ottfried tharer, daher, und die Winsbeckinn das einfache her. In einer Straßburgischen Schrift von 1524 findet sich bitzhär. Die Oberdeutschen, welchen dieses Nebenwort noch zu kurz ist, gebrauchen dafür bis anher, bid hiehin.


Bisherig (W3) [Adelung]


Bisherig, adj. was bisher geschehen, oder gewesen ist. das bisherige Wetter. Der bisherige Kornpreis. Im Oberdeutschen bis anherig.


Bismar-Pfund (W3) [Adelung]


Das Bismar-Pfund, des -es, plur. die -e, ein Dänisches Gewicht, welches zwölf gewöhnliche Pfund hält. Drey Bismarpfunde machen eine Wage. Bismer, Besman, bedeutet im Dänischen und Schwedischen eine Schnellwage. Die Abstammungdieses Wortes, wovon Herr Ihre im Glossar. nachgesehen werden kann, ist noch ungewiß.


Bismuth (W3) [Adelung]


Bismuth, S. Wißmuth.


Bison (W3) [Adelung]


Der Bison, des -s, plur die -e, ein zunächst aus dem Lat. Bison von den neuern Schriftstellern der Naturgeschichte entlehnter Nahme, einen Auerochsen zu bezeichnen. Die Römer haben diesen Nahmen unstreitig von den Deutschen entlehnt, welche diesen Ochsen auch Wiesant zu nennen pflegten. S. Auerochs und Büffel.


Biß (W3) [Adelung]


Biß, der veraltete Imperativus von seyn, S. Sey.


Biß (W3) [Adelung]


Der Biß, des -sses, plur. die -sse, von dem Verbo beißen. 1) Die Handlung des Beißens. Einen Biß in etwas thun. Ingleichen figürlich von dem Gewissen, dessen Vorwürfe O goldne Zeit, da mit geheimen BissenRein Gram den stillen Busen nagt. 2) Die durch ein Biß verursachte Verwundung, und der Ort, wo etwas gebissen worden. Den Biß von einem Apfel abschneiden, den Ort wo er angebissen worden. Der Biß von einem Flohe, eigentlich der Stich. 3) Bey den Jägern wird auch das Maul eines Fuchses, Wolfes, oder andern Raubthieres der Biß, oder das Gebiß genannt, besonders in Rücksicht auf die Zähne, die Werkzeuge der Beißens. S. Gebiß, welches in gemeinen Leben auch von andern Thieren besonders den Pferden gebraucht wird.

Anm. Biß, bey dem Notker Bizze, Nieder. Bet, Engl. Bite, bedeutete ehedem auch einen Keil. S. Beutel 4. Im Theuerdanke Kap. 54. wird es auch für das Gebiß eines Pferdes gebraucht. Der Biß eines Hundes heißt in der Kunstsprache der Jäger ein Fang.


Bißchen (W3) [Adelung]


Das Bißchen, im Oberdeutschen das Bißlein, des -s, plur. ut nom. sing. das Diminutivum des folgenden Wortes, ein kleiner Bissen. 1. Eigentlich. Schöne Bißchen, Leckerbißchen. 2. Figürlich. 1) In einer niedrigen Ironie, von einer Person. Das ist ein seines Bißchen, ein böser, wunderlicher, seltsamer Mensch. 2) Noch häufiger in der vertraulichen Sprechart, und ohne Plural, für ein wenig, in allen den Fällen, wo dieses Wort gebraucht werden könnte. Ein Bißchen Brot, ein Bißchen Wein. Die Summe ist ein Bißchen groß. Weil dieses Wort alsdann die Gestalt eines Nebenwortes hat, so pfleget man es gemeiniglich in dieser Bedeutung nicht nur mit einem kleinen b, sondern auch wohl mit einem einfachen s zu schreiben, welches letztere aber billig nicht nachgeahmet werden sollte. Nach meinem Tode bleibt ihr mein bischen Armuth gewiß, Gell. Du kannst dein bischen Französisch, ebend. Der gnädige Herr hat mir schon so ein bischen gesagt, wie das alles gehen wird, weiße. das wird mir ein bischen sauer ankommen. Warte ein bischen. Komm ein bischen her.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort, auch in der letztern Bedeutung Betjen, Betken, Bitsken, im Schwed, und Engl. Bit. Man hält nicht unwahrscheinlich dafür, daß das Ital. Pezzo, ein Stück, das Franz. Piece, ein Stück, und petit, klein, und das mittlere Latein. Pecia, Pezia, ein Stück, von diesem Worte abstammen. Im Irländischen bedeutet Beat, und im Gascognischen Batzu, gleichfalls ein wenig. Indessen kommt es doch bey den ältern Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern in dieser Bedeutung nicht vor, indem diese luzhzhil dafür gebrauchen. Die gemeinen Oberdeutschen Mundarten ziehen ein Bißlein in ein Bissel zusammen. Die Niedersachsen haben noch ein anders Wort, den Begriff einer Wenigkeit auszudrucken, nehmlich ein Spier, oder Spierken, welches eigentlich die zarte Spitze des Grases bedeutet, und von welchem Worte die Sprachforscher wunderliche Ableitungen angeben. Das Engl. Spire bedeutet eine Spitze, Nadel, und das Schwed. Spira einen langen dünnen Körper. S. Speer, ingleichen Bitter, in der Anm.


Bißewurm (W3) [Adelung]


* Der Bißewurm, des -es, plur. die -würmer, in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, eine Art Bremsen, welche nicht so dick und rund als die gewöhnliche Bremse, sondern länglicher ist. Er hat große hervor stehende Augen, und einen kleinen Saugerüssel im Munde, der nicht mehr Schmerzen macht, als der Biß einer andern Fliege. Er verfolgt das kurzhaarige Vieh, z. B. das Rindvieh und rothe Wildbret, nicht so wohl um seiner Nahrung willen, als vielmehr und das Ey, welches er in dem Legestachel hat, auf dasselbe fallen zu lassen, woraus denn die in Niedersachsen so genannte Viekbeule bey dem Viehe entstehet. S. Bremse.

Anm. Weil das Vieh vör dieser Fliege heftig läuft, so glauben einige, daß sie den Nahmen von bißen, laufen, hat, welches ehedem im Alemannischen bizzu lautete, und noch jetzt in Niedersachsen, besonders von dem Laufen des Rindvieh in der Brunftzeit üblich ist. In der Meißnischen Mundart lautet es bieseln. Allein es ist wahrscheinlicher, daß dieses Insect den Nahmen von dem ihm natürlichen Summen habe, mit welchem es das Vieh verfolgt. Bizzen bedeutet im Alemannischen gleichfalls brummen, und Bisa den Sturmwind, in den spätern Zeiten Beißwind, Franz. Vent de Bise. S. des du Fresne Glossar. v. Bisa, und Wachten S. 233 f. Das ß wird in diesem Worte, so wohl wenn es laufen, als auch, wenn es summen bedeutet, sehr gelinde, und das i kurz ausgesprochen, daher die Schreibarten biesen und bissen nicht völlig richtig sind.


Bissen (W3) [Adelung]


Der Bissen, des -s, plur. ut nom. sing. so viel man aus Ein Mahl abbeißen oder in den Mund nehmen kan. 1. Eigentlich. Einen Bissen Brotes, oder noch häufiger ein Bissen Brot. Einem den Bissen vor dem Maule wegnehmen, im gemeine Leben, auch figürlich, jemanden einer Sache berauben, die er eben im Begriffe war zu genießen, oder in Empfang zu nehmen. Die Bissen wachsen mir vor Wehmuth in dem Munde, Günth. ich kann vor Wehmuth nicht essen. Es gibt hier schmale Bissen, es geht hier sparsam zu. 2. Figürlich. 1) Ein wenig, doch nur von eßbaren Dingen. Einem einen Bissen Brot geben, ein wenig. Einen Bissen essen, im gemeinen Leben, ein wenig essen. In den übrigen Fällen ist das Diminutivum Bißchen üblicher. 2) Süßer Bissen, ist bey den neuern Kräuterkennern eine Amerikanische Pflanze, deren Früchte ein sehr süßes und saftiges Fleisch haben; Annona squamosa, L.

Anm. Schon Tatian gebraucht Bizzin für einen Bissen. In Boxhorns Glossen kommt Lippizzo, Leibbissen, in eben dieser Bedeutung vor, welches mit dem im gemeinen Leben üblichen Worte Mundbissen überein stimmt, welches man gebraucht, wenn man dem Worte Bissen einen mehrern Nachdruck geben will.


Bisten (W3) [Adelung]


Bisten, verb. reg. act. im gemeinen Leben, mit einem bst, bst, rufen. Einem, nicht so richtig mit der vierten Endung, einen bisten. Wer hat mir gebistet? Die Jäger gebrauchen dieses Wort von dem Laute der Haselhühner, mit welchem sie sich zusammen rufen. Die gröbern Mundarten sprechen es auch bischen, pischen aus.


Bisthum (W3) [Adelung]


Das Bisthum, des -es, plur. die -thümer, das geistliche und weltliche Gebieth eines Bischofes. Ein großes, weitläuftiges Bisthum. Die Truppen rückten in das Bisthum Bamberg ein. Ingleichen, die damit verbundene bischöfliche Würde. Ein Bisthum bekommen.

Anm. Dieses Wort ist aus Bischofthum zusammen gezogen. Bey dem Notker bedeutet Piscetuome die priesterliche Würde. In Strykers Gedichte kommt Pischtum, und im Schwabenspiegel Bistum in der heutigen Bedeutung vor. Daß man im Hochdeutschen das h in der letzten Sylbe nicht weglassen dürfe, ist bey - Thum gezeiget worden.


Bister (W3) [Adelung]


Das Bister, des -s, plur. inusit. ein brauner Farbenkörper zur Wassermahlerey, welcher aus dem mit Wasser oder Harn abgeriebenen Ruß durch Ausschlämmen erhalten wird: Rußbraun. Es ist aus dem Franz. Bistre, welches wieder von dem Niederdeutschen biester, dunkel, abzustammen scheinet.


Bisweilen (W3) [Adelung]


Bisweilen, adv. temp. für zu machen Zeit, dann und wann, zuweilen, und im Oberdeutschen auch unterweilen. Bisweilen sind sie gut, bisweilen auch nicht. Er geht bisweilen ganz vertraut mit mir um. Ich sehe ihn bisweilen sehr geschäftig.

Anm. Dieses Nebenwort ist aus Weile zusammen gesetzt, welches einen jeden Zeittheil bedeutet. Für bisweilen gebraucht Notker wilon, und Willeram ettenuuillo, wo die erste Hälfte die Sylbe icht, et, ist. S. Etwas. Bi wilen findet sich schon bey den Schwäbischen Dichtern. Ein twingen von frouuen Machet mannes herze Bi wilen truric und underwilen fro, Kristan von Hamle; woraus zugleich erhellet, daß die erste Sylbe dieses Nebenwortes nicht die Partikel bis, sondern das Vorwort bey ist, welches nachmahls, vermuthlich um des Wohlklanges willen, ein s mit in seine Gesellschaft genommen hat. Im Nieders. ist für bisweilen bywilen, sumwilen, und sumtieds, im Osnabrückischen alwanner, im Holländ. somwylen, somtyds, im Engl. aber sometimes üblich. Sumestunt kommt auch bey dem Willeram, und unterstunden in den spätern Zeiten vor.


Bittbrief (W3) [Adelung]


Der Bittbrief, des -es, plur. die -e, ein jeder Brief, in welchem man um etwas bittet; in der edlern Schreibart ein Bittschreiben. In den Rechten einiger Gegenden führet diesen Nahmen besonders ein Brief, worin ein fremder Richter gebethen wird, den unter seiner Gerichtsbarkeit stehenden Unterthan vorzuladen; litterae mutui compassus.


Bittdienst (W3) [Adelung]


Der Bittdienst, des -es, plur. die -e, ein Dienst, zu welchem man nicht verbunden ist, sondern wozu man gebethen werden muß; im Nieders. Bethedienst. So auch die Bittfrohne, Bittfuhr u. s. f.


Bitte (W3) [Adelung]


Die Bitte, plur. die -n, die Handlung des Bittens, das Verlangen oder Anliegen. welches solche veranlasset, ingleichen die Worte, in welchen dieses Verlangen vorgetragen wird. Es ist auf seine Bitte geschehen. Eines Bitte gewähren, bewilligen, Statt finden lassen. Einem seine Bitte, ingleichen, einen seiner Bitte gewähren. Eines Bitte erhören, von Gott oder sehr hohen Personen. Eines Bitte, oder einem seine Bitte abschlagen. Eine Bitte für jemanden einlegen. Ich habe noch eine kleine Bitte an sie, nehmlich zu thun. Wollen sie meine Bitte Statt finden lassen? Gell. Ich will mein Glück nicht meinen Bitten, sondern ihrem freywilligen Entschlusse zu danken haben, ebend. Sie wissen schon, daß ihre Bitten für mich Befehle find, Weiße. Kein irdisch Elfenbein noch Gold Sind das, warum er Bitten waget, Haged. Indessen lässet doch der Plural in diesen Fällen immer eine unangenehme Empfindung in dem Ohre zurück, die man gerne wegwünschen möchte, wenn gleich die sieben Bitten in dem Vater Unser durch den häufigen Gebrauch dieses Widerwärtige verloren haben. Er, oder sie gehört in die siebente Bitte, sagt man im gemeinen Leben von einer Person, die man als ein Übel ansiehet. Anm. Bitte lautet im Nieders. Bede, und zusammen gezogen Bee, bey dem Ottfried Beta, bey dem Notker Beto.


Bitten (W3) [Adelung]


"Bitten", verb, irreg. act. Imperf. ich bath, Mittelwort gebethen, Imperat. bitte.

1) Die Erweisung eines Guten als eine Wohlthat oder Gefälligkeit von jemanden verlangen. Einen bitten. Einen um etwas bitten, und etwas von einem bitten. Fußfällig, demüthig bitten. Er bath ihn mit vielen Thränen. Für jemanden bitten. Um Gnade, um Vergebung, um Verzeihung bitten. Der Feind mußte um Friede bitten. Die vierte Endung der Sache zu setzen, wenn die Person nicht ausgedruckt wird, ist ungewöhnlich; doch höret man zuweilen: bitten sie alles in der Welt, nur das nicht, für um alles. In der R. A. eins bitte ich dich, sind so gar zwey Accusativi üblich, welches außer dem nicht nachgeahmet werden darf. Bey einem um etwas bitten, ich wohl nur in Obersachsen einheimisch. Herr Damon wird es schon vermitteln, daß Herr Simon bey dir um Vergebung bitte, Gell. Aber, zu Gott bitten, wie sich bey einigen Dichtern findet, kommt sonst nur in der Deutschen Bibel vor. Dafür ist schon gebethen, im gemeinen Leben, das wird gewiß nicht geschehen, es ist schon veranstaltet worden, daß es nicht geschehe. O dafür ist gebethen, daß man mirs weiß macht, Less. + Jemanden hinter Gott und vor Gott bitten, für sehr bitten, gehöret in die niedrigste Sprechart.

2) In engerer Bedeutung, Gott um etwas bitten, absolute, welcher Bedeutung dieses Wort aber nur in der Bibel und der biblischen Schreibart üblich ist. Doch sagt man auch im gemeinen Leben: für jemanden bitten lassen, in der Kirche.

3) Einladen. Jemanden zu Gaste, zur Hochzeit, zur Leiche, zur Kindtaufe bitten, ihn bitten, diesen Feyerlichkeiten beyzuwohnen. Einen zum Essen bitten. Ich bin nicht gebethen, nicht eingeladen. Ich habe ihn auf eine Tasse Thee, auf ein Glas Wein zu mir gebethen.

Anm. Statt des Substantives "Bittung" ist "Bitte" eingeführet. Dieses Verbum lautet bey dem Kero "pitten", bey dem Isidor "bitdan", bey dem Ottfried "bittan", bey dem Ulphilas "bidjan", im Angels. "biddan", im Nieders. "bidden", im Schwed. "bedja". Es ist ein Iterativum oder Intensivum, vermuthlich von "bethen", so fern solches ehedem in weiterer Bedeutung überhaupt "wollen", "verlangen", bedeutet haben mag. Von diesem einfachen Zeitworte hat "bitten" noch die jüngst vergangene Zeit "ich bath", und das Mittelwort "gebethen" beybehalten, obgleich nach einer verschiedenen Conjugation, die von einer verschiedenen Mundart herrühren kann. In einigen Oberdeutschen Mundarten wird es indessen regulär abgewandelt; "ich bittete", "ich habe gebittet".

Das Hauptwort der "Bitter", ist nur in den Zusammensetzungen "Hochzeitbitter", "Leichenbitter" u. s. f. üblich.


Bitterböse (W3) [Adelung]


Bitterböse, adj. et adv. im gemeinen Leben, sehr böse. Ein bitterböser Mensch, ein sehr lasterhafter Mensch. Ingleichen sehr zornig. Er war bitterböse.


Bitterdistel (W3) [Adelung]


Die Bitterdistel, plur. inus. ein Nahme, welcher von einigen, auch dem Cardobenedicten, Carduus Mariae, L. gegeben wird, wegen des bittern Geschmackes der Blätter. S. Mariendistel.


Bitterfeind (W3) [Adelung]


Bitterfeind, adv. im hohen Grade feind, im gemeinen Leben. Einem bitterfeind seyn; wofür man auch sagt spinnefeind.


Bitterholz (W3) [Adelung]


Das Bitterholz, des -es, plur. inus. die Wurzel des Bitterholzbaumes, welcher in Surinam wächset, und erst in den neuern Zeiten von einem Neger Nahmens Quassi entdeckt worden, daher der Baum auch bey dem Linne Quassia heißt. Das Holz der Wurzel ist überaus bitter, aber doch dabey balsamisch und in bösartigen und nachlassenden Fiebern noch wirksamer als die China.


Bitterkalk (W3) [Adelung]


Der Bitterkalk, des -es, plur. inus. bey den Mäurern, diejenige Art Kalk, welche, wenn sie gebrannt ist, mit Wasser gelöscht wird, sich alsdann lange aufbehalten lässet, und auch Lederkalk heißt, vermuthlich, weil er hernach so zähe wie Leder wird; im Gegensatze des Spar- oder Gypskalkes, der aus einem alabasterartigen Steine gebrannt, und ungelöscht aufbehalten wird. Warum dieser Kalk bitter genannt werde, ist mir unbekannt.


Bitterkeit (W3) [Adelung]


Die Bitterkeit, plur. die -en. 1. Eigentlich, die Eigenschaft eines Körpers, nach welcher er bitter schmeckt, und die dadurch verursachte Empfindung auf der Zunge; ohne Plural. Die Bitterkeit der Galle, des Wermuthes. Man zuckert die Pillen, damit man ihre Bitterkeit nicht schmecke. 2. Figürlich. 1) Die Eigenschaft einer Sache, da sie beleidigend, schmerzhaft und empfindlich ist; gleichfalls ohne Plural. Die Bitterkeit der Wahrheit, eines Scherzes. Unsere Tage sind mit Bitterkeit vermischt, mit unangenehmen Empfindungen. Die Bitterkeit des Todes. In den süßesten Trank mischet das Schicksal seine Bitterkeit, Weiße. 2) Haß, Feindseligkeit; auch ohne Plural. Sein Herz war voller Bitterkeit. Die Liebe redet nicht mit so vieler Bitterkeit. 3) Bittere, d. i. schmerzliche, empfindliche, feindselige Dinge, Vorwürfe u. s. f. Was wollen sie mit allen diesen Bitterkeiten (bittern Vorwürfen) sagen?Anm. Statt dieses Hauptwortes findet sich bey dem Notker und Willeram Pisteri und Bittere, gleichsam die Bittere, und im Angels. Biternis.


Bitterklee (W3) [Adelung]


Der Bitterklee, (dreysylbig,) des -s, (viersylbig,) plur. inus. ein Nahme, welcher auch von einigen dem Fieberklee gegeben wird, weil er einen sehr scharfen und bittern Geschmack hat; Menyanthes trifoliata, L. S. Fieberklee.


Bitterkraut (W3) [Adelung]


Das Bitterkraut, des -es, plur. inus. 1) Eine Pflanze; Picris, L. welche den Nahmen ihrem bittern Geschmacke zu danken hat. 2) Von einigen wird auch das Tausendgüldenkraut mit diesem Nahmen belegt. S. dieses Wort.


Bitterkresse (W3) [Adelung]


Die Bitterkresse, plur. inus. 1) Eine Art Kresse, welche einen bittern Geschmack hat; Cardamine amara, L. 2) Auch das Löffelkraut, Cochlearia, L. führet bey einigen den Nahmen der Bitterkresse. S. Löffelkraut.


Bitterlich (W3) [Adelung]


Bitterlich, adj. et adv. welches doch in der Gestalt eines Adverbii am üblichsten ist. 1) Eigentlich, ein wenig bitter, der Bitterkeit ähnlich. Der Wein, die Frucht schmeckt bitterlich. 2) Mit der Empfindung eines lebhaften Schmerzens, im gemeinen Leben. Petrus weinete bitterlich. Er beklagte sich bitterlich über dich. Bitterlich seufzen, Opitz. Allein bitterlich fasten, Ps. 59, 11, und bitterlich schreyen, Zach. 1, 14, sind ungewöhnlich.


Bitterling (W3) [Adelung]


Der Bitterling, des -es, plur. die -e. 1) Ein eßbarer weißer Schwamm, welcher für die schönste Art der Pilze gehalten wird; Pfifferling. Er fängt in der Ernte an zu wachsen und stehet oft in den Winter; er wird groß, gibt im Schneiden eine Milch und schmeckt bitter. 2) Ein kleiner Fisch in der Mark Brandenburg, der den jungen Rothaugen gleicht, und unter dem Nahmen der Elritze am bekanntesten ist.


Bittersalz (W3) [Adelung]


Das Bittersalz, des -es, plur. inus. ein Mittelsalz, welches bitter schmeckt und sehr leicht im Feuer fließt; Englisches Salz, Purgier-Salz. Es wird aus verschiedenen Sauerbrunnen und Bitterwassern zubereitet, daher es auch Sauerbrunnensalz heißet. Wenn mehrere Arten dieses Salzes ausgedruckt werden sollen, ist auch der Plural üblich.


Bittersohle (W3) [Adelung]


Die Bittersohle, plur. inus. die Mutterlauge bey dem Salzfieden, aus welcher sich ein Bittersalz darstellen läßt.


Bittersüß (W3) [Adelung]


Das Bittersüß, subst. indecl. plur. inus. eine Art Nachtschatten mit einem unbewehrten strauchartigen gebogenen Stamme, welche an den feuchten Zäunen wild wächset; Solanum dulcamara, L. Die Rinde schmeckt im Kauen anfänglich bitter, aber hernach immer süßer, daher die Pflanze auch den Nahmen hat. Sonst wird sie auch Je länger je lieber, Hintschkraut, Alpranken, Zaunrebe, und Nachtschatten genannt.


Bitterwasser (W3) [Adelung]


Das Bitterwasser, des -s, plur. inus. außer wenn mehrere Arten dieses Wassers angedeutet werden sollen; ein mineralisches Wasser, welches wegen des Bittersalzes, so es bey sich führet, einen bittern Geschmack hat, dergleichen das Sedlitzer, Seitschützer, Epsommer u. s. f. sind.


Bitterwein (W3) [Adelung]


Der Bitterwein, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben, ein mit Wermuth bitter gemachter Wein.


Bitterwurz (W3) [Adelung]


Die Bitterwurz, plur. inus. ein Nahme des Enzians, besonders des gelben, weil die Wurzel einen sehr bittern Geschmack hat; Gentiana lutea, L. S. Enzian.


Bittessen (W3) [Adelung]


Das Bittessen, des -s, plur. inus. an einigen Orten ein mäßiger Schmaus vor dem Hochzeittage, zu welchem die nächsten Verwandten gebethen werden, und der auch der Polterabend, oder Bräutigamsabend genannt wird.


Bittfuhre (W3) [Adelung]


Die Bittfuhre, plur. die -n, eine Fuhre, welche man jemanden aus Gefälligkeit thun; im Nieders. Bethfuhre.


Bittlich (W3) [Adelung]


Bittlich, adv. nach Art einer Bitte, einer Bitte gleich, am häufigsten in den Kanzelleyen. Einen bittlich um etwas angehen, ihn bittlich ersuchen. Bittlich bey dem Rathe, bey der Regierung einkommen.

Anm. Opitz gebraucht dieses Wort Ps. 138, 1, für bethend, mit Bethen: O Herr ich will Dir bittlich gebenIn deinem Tempel Lob und Preis.


Bittschreiben (W3) [Adelung]


Das Bittschreiben, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schreiben, worin man um etwas bittet; ein anständiger Ausdruck für das niedrigere Bittbrief.


Bittschrift (W3) [Adelung]


Die Bittschrift, plur. die -en, eine Schrift, in welcher man um etwas bittet, besonders bey dem Höhern; eine Supplike, ein Memorial.


Bittweise (W3) [Adelung]


Bittweise, adv. nach Art einer Bitte, im gemeinen Leben. Jemanden bittweise um etwas angehen. Er hat es bittweise erhalten, durch Bitten. S. Bittlich.


Blache (W3) [Adelung]


Die Blache, S. Plache.


Blachfeld (W3) [Adelung]


* Das Blachfeld, des -es, plur. die -er, das flache Feld, eine ebene Gegend; ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort, welches aber häufig in der Deutschen Bibel angetroffen wird. S. Flach. Blach kommt für flach noch bey den Schwäbischen Dichtern vor. Blach und hungrig was sin lib, singt einer derselben in der 63ten Fabel. Im Nieders. bedeutet Plack, Flag, Flagge unter andern auch ein ebenes Stück Landes, Latein. plaga.


Blachfrost (W3) [Adelung]


Der Blachfrost, des -es, plur. die -fröste, in der Landwirthschaft, ein Frost, der zu einer Zeit einfällt, da der Erdboden noch bloß und nicht mit Schnee bedecket ist. S. auch Barfrost. Der Blachfrost machte den Acker mürbe. Wir haben diesen Winter lauter Blachfröste gehabt. Zuweilen auch Blaufrost. Von blach, welches auch zuweilen bloß, nackt, bedeutet. S. Blecken.


Blachmahl (W3) [Adelung]


Das Blachmahl, des -es, plur. inus. in der Scheidekunst, diejenige schlackenartige Masse, welche oben auf dem goldhaltigen Silber, wenn es im Flusse ist, schwimmt, und Silber, Bley und Kupfer in sich enthält. Vermuthlich führet diese Masse den Nahmen von ihrer schwärzlichen Farbe. Black bedeutet in den Niedersächsischen Mundarten schwarz. Bey dem Willeram befindet sich das Verbum blachmahlen, das Schwarze mit Weiß, und das Weiße mit Schwarz bemahlen, nach Frischens Erklärung. In unurme wis geblahmalot mit silbere, vermiculatus argento.


Blacker (W3) [Adelung]


Der Blacker, ein Fehler, S. Placker.


Blackfisch (W3) [Adelung]


Der Blackfisch, des -es, plur. die -e. 1) S. Tintenfisch. 2) An einigen, besonders Niedersächsischen Orten, auch der Fisch, der sonst unter dem Nahmen der Bleihe bekannt ist, von einer gröbern Aussprache des Wortes bleeg, oder bleich.


Blackscheißer (W3) [Adelung]


+ Der Blackscheißer, des -s, plur. ut nom. sing. in der niedrigsten Sprechart, ein Schmähwort auf Gelehrte und Schreiber, gleichsam einer, der sich und das Papier mit Tinte besudelt, von dem Nieders. Black, Tinte. Ein ähnliches Schimpfwort ist Tintenklecks.


Blaffen (W3) [Adelung]


* Blaffen, verb. reg. neutr. mit haben, ein völlig Niedersächsisches Wort für bellen. Der Hund blafft, bellt.


Blaffert (W3) [Adelung]


Der Blaffert, des -s, plur. die -e, eine Scheidemünze am Ober- und Nieder-Rheine, von geringem Gehalte, welche aber nach den verschiedenen Gegenden einen verschiedenen Werth hat. Im Erzbisthum Cöln hat ein Blaffert drey Clevische Stüver, oder vier Albus, oder 48 Häller. 21/2 Blafferte machen einen dasigen Schilling, 5 einem Ortsthaler, und 10 einen Herrengulden aus. In Basel ist ein Plappert so viel als ein Schilling, und hält 6 Rappen, und 12 Pfennige. 45 Plapperts aber machen einen Thaler.

Anm. Diese Münze, welche im Latein. der mittlern Zeiten Blaffardus, im Franz. Blafard heißt, ohne Zweifel ihren Nahmen von dem Niederländ. Blaf, breit, oder kahl, so daß sie den Blechmünzen entgegen gesetzet wurde, welche nicht so eben war en und ein höheres Gepräge hatten. S. Frisch v. Blappert. Im Dänischen bedeutet Blaffert einen Häller. Außer dem ist Blaffert im Osnabrückischen eine Art Jagdhunde mit breitem Maule, vermuthlich von Flabbe, ein herab hängendes Maul, und in Lübeck bedeutet dieses Wort eine Art schlechter grober Semmel.


Blahe (W3) [Adelung]


Die Blahe, S. Plache und Plane.


Blähen (W3) [Adelung]


Blähen, verb. reg. act. durch Blasen, oder Wehen ausdehnen. 1. Eigentlich, für aufblasen. Doch stürmet Wißbegier in die geblähten Segel, Dusch. Am häufigsten wird dieses Wort von gewissen Speisen, gebraucht, welche Winde verursachen, und den Leib auftreiben, d. i. welche von dem Magen nicht verdauet werden, daher die mit den Speisen eingeschluckte Luft zwischen dem Schleime eingesperret wird. Diese Speise blähet. Blähende Speisen. 2. Figürlich. 1) Sich blähen, sich vor Hochmuth gleichsam aufblasen. Er blähet sich, wie der Frosch bey dem Ochsen. Ein unnützer Mann blähet sich, Hiob 11, 12. Sich mit etwas blähen, sich viel damit wissen. Umsonst straft die Kritik die Stümper die sich blähn, Gieseke. 2) Diesen Hochmuth veranlassen oder nähren, in der Büchersprache. Das Wissen das uns bläht, ist eigennützge Lust, Gieseke. Ein andrer, den ein Strom verhaltner Weisheit bläht, Dünkt, wenn er dunkel schreibt, sich mehr als Epicter, Bernh. O nein, der Schmeichler Lob bläht seinen Übermuth, Haged. Das Substantiv die Blähung, plur. die -en, wird nur allein von der mit Speisen eingeschluckten Luft gebraucht, wenn sie bey der Schwäche der Fibern des Magens und der Gedärme in den Gedärmen eingeschlossen bleibt, und den Unterleib ausdehnet. Blähungen haben, verursachen.

Anm. Blähen, bey den Schwäbischen Dichtern mit einem stärkern Hauchlaute blegen, im Angels. blawan, im Engl. to blow, kommt mit dem Latein. flare überein, und stammet mit blasen aus Einer gemeinschaftlichen Quelle her. S. dieses Wort.


Blake (W3) [Adelung]


Die Blake, plur. die -n, auf den Niedersächsischen Flußschiffen, eine Planke oder Bohle, welche inwendig quer über den Boden, auf die Wechselungen der Bodenplanken geleget wird; in einigen Gegenden die Blade, von Blatt, Platte, so wie Blake mit Planke Eines Stammes ist.


Blaker (W3) [Adelung]


Der Blaker, des -s, plur. ut nom. sing. im Niedersächsischen, 1) ein dünner, platt auf dem Tische stehender blecherner Leuchter, ohne Füße. 2) Ein Wand- oder Hängeleuchter. In beyden Bedeutungen von blach, flach, oder dem davon abstammenden Blech, im Nieders. Blik, Franz. Plaque.


Blame (W3) [Adelung]


* Die Blame, plur. die -n, üble Nachrede, übler Ruf, und Blamiren, verb. reg. act. in einen bösen Ruf bringen, verleumden, zwey ohne alle Noth aus dem Franz. Blame und Blamer entlehnte Wörter, von welchem das letztere bereits in dem Munde des großen Haufen lebt.


Blamüser (W3) [Adelung]


Blamüser, S. Blaumüser.


Blank (W3) [Adelung]


Blank, -er, -este, adj. et adv. welches nur in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens, üblich ist. 1) Für weiß. Blanker Wein, weißer Wein, im Gegensatze des rothen. Ir hende ir arme blanch, Graf Werner von Hohenberg. Kele blank, Graf Kraft von Toggenburg. 2) Glänzend. Blank seyn, blank machen. Ein blankes Schwert. Die Wiese stehet blank, ist völlig überschwemmt. Blank stehen, Gevatterstehen, vielleicht für geputzt. In einer andern Bedeutung ist blank stehen, mit bloßem oder gezogenem Degen da stehen. Wie an der Brust ein früh unglücklich Mädchen Dem blanken Stahl des wilden Mörders lächelt, Zachar. An einigen Orten heißt daher in den Küchen die Blanke ein Ort, wo man das glänzende Zinn und Küchengeschirr hinstellet. S. Blinken. 3) Bloß, unbedeckt. Blank und bloß, im gemeinen Leben für nackt und bloß. Man sahe das blanke Bein. Im blanken Hemde. Das blanke weite Feld, Opitz. Das blanke Feld, in dem viel Helden liegen, ebend. In dem eigenthümlichen Nahmen Blankenstein hat Blank diese Bedeutung, so wie es in Blankenburg vermuthlich weiß bedeutet. Jenes druckt einen kahlen nackten Felsen, dieses eine weiße Burg aus. S. Blachfrost.

Anm. Das Franz blanc, Ital. bianco, und Schwed. blank bedeuten so wohl weiß, als rein, glänzend. Im Engl. ist blank gleichfalls weiß, und to blanch weiß machen. In einer Übersetzung der Sprüche Sal. von 1400 kommt planck für ein Halsband vor.


Blanke (W3) [Adelung]


Die Blanke, S. Planke und Blank 2.


Blänken (W3) [Adelung]


* Blänken, verb. reg. act. blank, d. i. glänzend, machen, in verschiedenen Fällen des gemeinen Lebens.


Blänkern (W3) [Adelung]


Blänkern, verb. reg. neutr. einzelne ungewisse Schüsse thun; ein Wort, welches vornehmlich in dem Kriege von Husaren gebraucht wird, wo auch einzelne oder in kleinen ungeschlossenen Haufen angreifende Husaren Blänker genannt werden. Vermuthlich auch von blank, so fern sie plötzlich erscheinen, und eben so schnell auch wieder verschwinden.


Blankfrost (W3) [Adelung]


Der Blankfrost, S. Blachfrost.


Blankhaken (W3) [Adelung]


Der Blankhaken, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schieferdeckern, ein starker eiserner Haken in Gestalt eines S, womit der Rüstbock an das Dach befestigt wird.


Blankscheit (W3) [Adelung]


Das Blankscheit, des -es, plur. die -e, ein schmaler Stab von Holz oder Metall, welchen die Frauenzimmer vorne in die Schnürbrust oder den Brustlatz stecken, damit sie gerade und steif bleiben. Ein goldenes Blankscheit, Gell. Von dem Französ. Planchette, ein kleines Bret, kleiner Pfahl. Sonst bedeutet Blanchet im Französ., und Blanchetum bey dem du Fresne, weiße Leinwand, ein Unterhemd, welches aber mit dem obigen nichts zu thun hat.


Blanquett (W3) [Adelung]


Das Blanquett, (sprich Blankett,) des -es, plur. die -e, aus dem Franz. Blanquet, und mittlern Latein. Blanquetum, ein mit seinem Nahmen unterschriebenes weißes Papier, welches ein anderer mit dem Hauptinhalte ausfüllet, daher ein solches Blanquet die unumschränkteste Vollmacht ist. Ital. Carta bianca, Franz. Carte blanche.


Blappert (W3) [Adelung]


Der Blappert, S. Blaffert.


Bläschenkraut (W3) [Adelung]


Das Bläschenkraut, S. Blasenkraut.


Blase (W3) [Adelung]


Die Blase, plur. die -n, Diminutivum Bläschen, Oberdeutsch Bläslein, überhaupt ein jeder von der Luft aufgetriebener oder mit Wind angefüllter Körper, obgleich dieses Wort nur in einigen besondern Fällen, theils in eigentlicher, theils aber auch in figürlicher Bedeutung gebraucht wird. 1) Von einzelnen Theilen eines flüssigen Körpers, welche mit einer zähen Haut umgeben und mit Luft angefüllet sind. Daher die Blasen, welche zuweilen auf dem Wasser entstehen. Luftblasen, welche mit Luft angefüllet sind. Wasserblasen, die mit Wasser angefüllet sind, oder auch Luftblasen, die sich auf dem Wasser befinden. Blasen werfen. Ingleichen leere mit Luft angefüllte Räume in harten Körpern. Blasen in dem Brote, in dem Bimssteine, in dem Metalle u. s. f. 2) Von der entweder durch Verbrennen oder durch eine innere Entzündung aufgetriebenen Haut. Blasen auf der Haut. Sich eine Blase brennen. Blasen ziehen. Ein Blasen ziehendes Pflas=ter. 3) Verschiedene häutige Behältnisse bey Menschen und Thieren. Die Urinblase, deren Häute sich sehr weit aufblasen lassen, und welche auch nur schlechthin die Blase genannt wird. Die Gallenblase. Die Fischblase, welche ein Behältniß der Luft ist. 4) Ein rundes oder länglich rundes und weites metallenes Gefäß, darin zu destilliren, oder auch nur Wasser darin heiß zu machen; vermuthlich wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt. Die Destillir-Blase. Die Branntweinsblase. Die Waschblase, welche zum Waschen gebraucht wird. Die Ofenblase, welche in einem Ofen eingemauert wird.

Anm. Man stehet leicht, daß dieses Wort von dem folgenden Verbo blasen abstammet. Auf ähnliche Art bedeutete - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bey den Griechen eine Urinblase, von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich blase auf. S. auch Blatter. Das Diminutivum Bläschen ist außer den beyden ersten Bedeutungen nicht gewöhnlich. Bey dem Notker bedeutet Blaso auch tuba, ein Instrument worauf man bläset.


Blasebalg (W3) [Adelung]


Der Blasebalg, des -es, plur. die -bälge, ein Balg, d. i. hohles und am häufigsten ledernes Werkzeug zum Blasen, oder Wind damit zu erregen. In den Hammerwerken wird es nur schlechthin der Balg oder das Gebläse genannt. Ein kleiner Blasebalg, besonders wie man ihn in den Küchen gebraucht, heißt in Niedersachsen ein Püster. Schwed. Blasbaelg, Angels. Blaesbelg, Engl. Bellow.


Blasehorn (W3) [Adelung]


Das Blasehorn, des -es, plur. die -hörner. 1) Ein Horn, darauf zu blasen, dergleichen an einigen Orten die Hirten und Nachtwächter führen, welches auch nur schlechthin das Horn genannt wird; Nieders. Tuuthorn. 2) Eine gewundene einfächerige Schnecke, welche eine Art Purpurschnecken ist, die in einem dicken Gehäuse steckt, das wie ein Blasehorn aussiehet; Buccinum, und wenn sie versteinert ist, Buccinit. S. dieses Wort. Die Posaunenschnecke und das Kinkhorn sind Arten derselben.


Blase-Instrument (W3) [Adelung]


Das Blase-Instrument, des -es, plur. die -e, ein musikalisches Instrument, welches geblasen wird, S. Blasen 2.


Blaselaut (W3) [Adelung]


Der Blaselaut, des -es, plur. die -e, in der Sprachlehre, eine Art bedeutender Laute, welche mit einer Art von Blasen hervorgebracht werden, dergleichen w, f, v und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - sind.


Blasen (W3) [Adelung]


Blasen, verb. irreg. ich blase, du bläsest, er bläset, oder bläs't; Imperf. ich blies; Particip. geblasen; Imperat. blase; welches überhaupt den Schall nachahmet, den die in einen engern Raum zusammen gepreßte Luft macht, wenn sie nach und nach in Freyheit gesetzt wird. Es ist,I. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, und wird alsdann von dem Winde für wehen gebraucht. Der Wind bläset wo er will, Joh. 3, 8. Ich segne jeden Wind, der von euren Ufern bläst, Dusch. Ingleichen einen ähnlichen Laut hervor bringen. Er bläset wie ein Hamster.II. Ein Activum, die zusammen gedrückte Luft auf solche Art durch den Mund von sich geben. 1. Eigentlich. In das Feuer blasen. Die Speise kalt blasen. In die Büchse blasen müssen, in einer niedrigen Figur, Strafe geben müssen. Der Ursprung dieser R. A. ist unbekannt; Frisch führet eine Muthmaßung an, die so lange gelten kann, bis man eine bessere ausfündig macht. Ehedem sagte man dafür in die goldne Büchse gucken müssen. Einem etwas in die Ohren blasen, figürlich, es ihm heimlich berichten. S. Ohrenbläser.2. Figürlich. 1) In Absicht auf den dadurch hervor gebrachten Ton, durch plötzliches Drücken, und vergönnte bald größere bald kleinere Ausdehnung der Luft, gewisse Töne hervor bringen. Auf der Flöte, der Trompete u. s. f. blasen. Die Flöte, dieTrompete, das Waldhorn blasen, so wohl auf diesen Instrumenten blasen, als auch die Kunst verstehen, sie zu blasen. Mit jemanden in ein Horn blasen, in niedrigen Ausdrücken, mit ihm einstimmig seyn. Diejenigen Instrumente, auf welchen man bläset, pflegt man gemeiniglich Blase-Instrumente, oder blasende Instrumente zu nennen; obgleich die thätige Gattung hier sehr unschicklich ist. Indessen hat man doch keinen bessern Ausdruck, dergleichen Instrumente von den Saiten-Instrumenten zu unterscheiden; denn Wind-Instrument möchte manchem Tonkünstler anstößig scheinen. Zu einem blasen, Zach. 10, 8 ist ungewöhnlich. 2) In engerer Bedeutung in Rücksicht auf das durch Blasen, besonders auf der Trompete gegebene Zeichen. Zur Tafel blasen. Lärmen blasen, eigentlich bey den Kriegesheeren, die Annäherung des Feindes mit der Trompete verkündigen: figürlich im gemeinen Leben, Lärmen machen. Zum Abzuge, zum Aufbruche, zu Pferde blasen u. s. f. 3) Durch Blasen in der eigentlichen Bedeutung verfertigen. Gläser blasen, in den Glashütten. Das Eisen blasen, es in dem hohen Ofen schmelzen.

Anm. Die älteste Form dieses Verbi ist blähen. Die Sylbe sen deutet an, daß blasen das Intensivum von blahen oder blähen ist. Bey dem Kero lautet es platen, S. Blatter. Bey dem Ottfried wird blasen, und im Imperf. blianz, so wohl von dem Munde, als von dem Blasen auf musikalischen Instrumenten gebraucht. In der ersten eigentlichen Bedeutung ist im Nieders. dafür puusten üblich. S. Püster. Das Blasen auf einem Horne druckt man daselbst durch tuuten aus. In den gemeinen Mundarten ist auch der Blas, oder Blast, für Hauch, Wind üblich. Das Hauptwort die Blasung kommt gar nicht vor. Das Schwed. blasa, das Angels. blaestan, und Holländ. vlaesen kommen mit dem Hochdeutschen überein.


Blasenbaum (W3) [Adelung]


Der Blasenbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum, dessen Hülse wie aufgeblasen aussiehet, daher er auch den Nahmen hat; Colutea, L. Bläslein-Senna, Linsenbaum, Schaflinsen. Er wächset in Österreich, Frankreich, Spanien, England und der Levante.


Blasen-Conferva (W3) [Adelung]


Die Blasen-Conferva, plur. inus. eine Art Conferva oder Glasleder, deren ästige Fäden Luftblasen in sich enthalten; Conferva bullosa, L. Wasserschwamm.


Blasenerbse (W3) [Adelung]


Die Blasenerbse, plur. die -n, eine Art kleiner Gartenerbsen in dreyeckigen, den Blasen ähnlichen Hülsen, und die Pflanze, welche sie trägt. Jede Erbse ist mit einem Herze bezeichnet, daher sie im gemeinen Leben auch Herzsamen, Herzerbsen genannt werden.


Blasenerdrauch (W3) [Adelung]


Der Blasenerdrauch, des -es, plur. inus. eine Art Erdrauch, welche in Äthiopien wächset, und deren Frucht eine kugelrunde Blase ist, durch welche eine Achse gehet, an welche der Same angewachsen ist; Fumaria vesicaria, L.


Blasenfieber (W3) [Adelung]


Das Blasenfieber, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art ansteckender Faulfieber mit großen Blasen, welche endlich eine dünne Feuchtigkeit von sich geben; Pemphigus.


Blasenfrosch (W3) [Adelung]


Der Blasenfrosch, des -es, plur. die -frösche, eine Art Frösche, welche auf den Seiten des Maules große Blasen haben, die sie mit Luft anfüllen.


Blasenfuß (W3) [Adelung]


Der Blasenfuß, des -es, plur. die -füße, bey einigen neuern Schriftstellern des Naturreiches, eine Fliege, deren Fußblätter blasenartig sind; Thrips, L.


Blasengang (W3) [Adelung]


Der Blasengang, des -es, plur. die -gänge, in der Zergliederungskunst, ein Gang in der Gallenblase.


Blasengrün (W3) [Adelung]


Das Blasengrün, indecl. plur. inus. eine grüne Saftfarbe, welche aus den Beeren des Kreuzdornes, Rhamnus catharticus, L. zubereitet, und in Blasen aufbehalten wird; Saftgrün. Im gemeinen Leben wird auch dieser Kreuzdorn selbst zuweilen Blasengrün genannt.


Blasenhuth (W3) [Adelung]


Der Blasenhuth, des -es, plur. die -hüthe, der Huth oder gewölbte hohe Deckel einer Destillir-Blase; der Helm.


Blasenkirsche (W3) [Adelung]


Die Blasenkirsche, S. Judenkirsche.


Blasenkohl (W3) [Adelung]


Der Blasenkohl, des -es, plur. inus. eine Art Kohl, welche in Spanien angetroffen wird, dessen Schoten mit steifen Borsten bedeckt sind, welche von einem aufgeschwollenen Kelche bedeckt werden: Brassica vesicaria, L.


Blasenkrampf (W3) [Adelung]


Der Blasenkrampf, des -es, plur. von mehrern Arten, oder mehrern Anfällen, die -e, ein Krampf in der Urinblase; Spasmus vesicae.


Blasenkraut (W3) [Adelung]


Das Blasenkraut, des -es, plur. inus. eine Wasserpflanze, welche in den Sümpfen und Wassergräben wächset, und an den Zasern der Wurzel viele kleine durchsichtige mit Wasser angefüllte Blasen oder Schläuche hat, vermittelst deren sie sich zur Blüthzeit auf die Oberfläche des Wasser erhebet, um sich zu befruchten; Vtricularia, L. Bläschenkraut, Wasserschlauch.


Blasenmuschel (W3) [Adelung]


Die Blasenmuschel, plur. die -n, eine einschälige gewundene Muschel, deren Windungen nicht zu sehen sind, mit einer weiten und glatten Spalte; Rhombus.


Blasennuß (W3) [Adelung]


Die Blasennuß, plur. die -nüsse, in einigen Gegenden, ein Nahme der Pimpernuß, welches S.


Blasenschnur (W3) [Adelung]


Die Blasenschnur, plur. die -schnüre, in der Zergliederungskunst, eine aus Häuten bestehende inwendig dichte Schnur, welche die Urinblase in den thierischen Körpern befestiget; die Harnschnur, Vrachus vrinacula.


Blasenstein (W3) [Adelung]


Der Blasenstein, des -es, plur. die -e, ein Stein, welcher sich in der Urinblase der thierischen Körper erzeuget.


Blasenwurm (W3) [Adelung]


Der Blasenwurm, des -es, plur. die -würmer, eine Art Bandwürmer, mit einer Blase am hintern Ende, welche sich nur bey Saugethieren, und auch hier nie in den Gedärmen, sondern in andern Eingeweiden aufhält; Hydra Hydatula, L.


Blasenzins (W3) [Adelung]


Der Blasenzins, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, z. B. im Hannöverischen, ein Zins, oder eine Abgabe, welche für die Freyheit Branntwein zu brennen der Obrigkeit entrichtet wird; von der Destillir-Blase.


Bläser (W3) [Adelung]


Der Bläser, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Überhaupt jemand der da bläset, doch nur in einigen Zusammensetzungen in figürlicher Bedeutung, Ohrenbläser, Lärmbläser. 2) Ein Magnet, der das Eisen von sich stößt, und gleichsam bläset, im Gegensatze dessen, der es an sich ziehet. 3) Ein elektrischer Edelstein, der die Asche wechselsweise an sich ziehet und wieder von sich bläset. S. Aschenzieher, und Tourmalin.


Blaserohr (W3) [Adelung]


Das Blaserohr, des -es, plur. die -röhre, ein langes Rohr, durch welches geblasen wird, dergleichen die Blaseröhre der Glasmacher sind. Ingleichen, ein Rohr, vermittelst des Blasens daraus zu schießen; Nieders. ein Puustroor. Wie auch das Löthrohr der Metallarbeiter.


Blasig (W3) [Adelung]


Blasig, -er, -ste, adj. et adv. Blasen habend, blasicht, Blasen ähnlich. Der Stein, das Erz ist sehr blasig. Blasiges Brot.


Bläslein-Senna (W3) [Adelung]


Die Bläslein-Senna, plur. inus. S. Blasenbaum.


Blasoniren (W3) [Adelung]


Blasoniren, verb. reg. act. welches zunächst aus dem Französ. blasoner entlehnet ist, ein Wapen mit den gehörigen Farben mahlen, und figürlich auch, ein Wapen auf die gehörige Art aussprechen. Daher die Blasonir-Kunst, plur. inus. zuweilen so viel als die Wapenkunst.

Anm. Die Wortforscher haben von Worte sehr wunderliche Ableitungen abgegeben. Menage hohlt es von latio her, weil die Wapen getragen wurden, Borell von laus und sonare, Furetiere und Frisch von blasen, sonare, weil die, welche bey den Thurnieren erschienen, zum Zeichen ihrer Ankunst in ein Horn bliesen. Das Stammwort ist ohne Zweifel das noch im Deutschen üblich Blässe, welches anfänglich ein jedes Zeichen, und hernach besonders ein Zeichen des Geschlechtes oder ein Wapen bedeutet hat. S. Blässe.


Blasonist (W3) [Adelung]


Der Blasonist, des -en, plur. die -en. 1) Überhaupt ein jeder, der die Wapenkunst verstehet. 2) Besonders, ein kaiserl. Bedienter zu Wien, der Acht hat, daß bey Ausfertigung der Wapenbriefe kein Fehler wider die Wapenkunst begangen werde.


Blaß (W3) [Adelung]


Blaß, blasser, blasseste, adj. et adv. 1) Weißlich von Farbe; von Dingen, welche eine höhere Farbe zu haben pflegen, fast wie bleich. Blaß seyn. Er siehet sehr blaß aus. Er ward vor Bestürzung bald blaß bald roth. Ein schreckliches Blaß beziehet Ihr jugendlich Gesicht, Weiße. In dieser Bedeutung wird es nur von der Farbe des Gesichtes gebraucht. 2) Auch von andern Farben, hell, im Gegensatze des hoch, oder dunkel. Blaßgelb, bleichgelb, blaßroth, blaßgrün, u. s. f. Diese Farbe siehet sehr blaß aus. Eine blasse Farbe. S. Bleich.

Anm. In der Comparation verändert dieses Wort seinen Vocal gemeiniglich nicht, blasser, der blasseste, obgleich auch einige Mundarten blässer, der blässeste sagen. In Boxhorns Glossen bedeutet Pleizza livorem. S. Blässe.


Bläßänte (W3) [Adelung]


Die Bläßänte, plur. die -n, ein Nahme, welchen einige auch der gemeinen wilden Änte bey zulegen pflegen, vermuthlich von der Blässe, oder dem weißen Bauche. Bey andern führet auch das Bläßhuhn, den Nahmen der Bläßänte.


Bläßchen (W3) [Adelung]


Das Bläßchen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Bläßhuhn.


Blässe (W3) [Adelung]


Die Blässe, plur. die -n, 1) Die blasse Farbe des Gesichts, in der höhern Schreibart und ohne Plural. Blässe und Röthe wechselten auf ihren Wangen, Dusch. Schon hatte eine tödtliche Blässe sich über sein ehrwürdiges Gesicht gezogen, von Brawe. Doch welche Blässe, Herr, bezeichnet deine Wangen? Weiße. 2) Ein weißes längliches Zeichen oder Fleck an irgend einem Theile eines Thieres, besonders an dessen Stirn und Füßen, in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens. Ein Pferd mir einer weißen Blässe. In Bremen führet nur ein weißer Streifen auf der Nase der Pferde und des Rindviehes diesen Nahmen, dagegen ein runder weißer Fleck vor der Stirn daselbst Rolle, und in andern Gegenden ein Stern heißt. Auch das Thier selbst, welches auf solche Art gezeichnet ist, wird in Niedersachsen Blässe genannt. S. Bläßhuhn.

Anm. Blaes ist im Schwed. gleichfalls ein länglicher Streifen an der Stirn, Stjerna aber ein runder Fleck. Das Engl. Blaze kommt mit dem Deutschen überein. Blässe scheinet in dieser Bedeutung ehedem ein jedes Zeichen gewesen zu seyn. Die Blasse oder die Blassen bedeutet in einigen Gegenden noch das Vorderhaupt. S. Platte. Von dem Deutschen Blässe stammet vermuthlich das Franz. balzan, das Ital. balzano und das mittlere Lat. balzanus her, welches ein Pferd mit weißen Flecken an den Füßen bedeutet. Übrigens ist Blässe in einigen Gegenden, z. B. dem Hannöverischen, auch männlichen Geschlechtes, der Blessen.


Blassen (W3) [Adelung]


* Blassen, verb. reg. welches im Oberdeutschen, besonders in Schlesien, so wohl als ein Neutrum, für blaß werden, als auch als ein Activum, für blaß machen üblich ist. Großes Gut und stetes Prassen Macht vielmehr die Leute blassen, Logau. Im Hochdeutschen ist dafür in der Bedeutung des Neutrius erblassen üblich.


Bläßhuhn (W3) [Adelung]


Das Bläßhuhn, des -es, plur. die -hühner, eine Art Wasserhühner, welche etwas größer, als ein Repphuhn und über dem ganzen Leibe schwarz ist. Vorn auf dem schmalen spitzigen Schnabel hat es ein Stückchen Fleisch, welches so groß wie eine halbe Haselnuß und mit einer weißen glatten Haut überzogen ist, davon es den Nahmen Bläßhuhn erhalten hat. Es hat lange schwarze Ruderfüße, und einen schweren langsamen Flug, gehöret aber dessen ungeachtet zu den Zugvögeln; Fulica atra, L. Wegen des jetzt gedachten weißen Fleckes wird es in den gemeinen Mundarten auch Bläß, Blässe, Bläßchen, Bläßlein, Bläßling, Bläßänte, in Schwaben Blest, Blessing, in andern Oberdeutschen Gegenden auch Belch, Belchine (vermuthlich von bleich, gleichsam Bleichhuhn, oder von dem Latein. Fulica. Ital. Folega.) Forn, Pfaff, Höllsine, im Hochdeutschen aber auch Horbel, Rohrhun, Wasserhuhn genannt. Wegen seines kreischenden Geschreyes heißt es bey einigen auch Kritschschärbe, S. Frisch Lex. v. Scharb. Sonst wird es auch nur schlechthin das Wasserhuhn genannt.


Bläßlein (W3) [Adelung]


Das Bläßlein, des -s, plur. ut nom. sing. der Bläßling, des -es, plur. die -e, S. das vorige.


Blatt (W3) [Adelung]


Das Blatt, des -es, plur. die Blätter, Diminutivum das Blättchen, des -s, plur. ut nom. sing. oder im Plural auch Blätterchen, im Oberdeutschen das Blättlein; überhaupt ein jeder dünner ebener Körper von einer gewissen Länge und Breite. Indessen ist doch dieses Wort vorzüglich von einigen besondern, so wohl natürlichen als künstlichen Arten solcher Körper üblich, deren die vornehmsten folgende sind.1. Diejenigen ebenen und breiten Theile der Bäume und Pflanzen, welche aus Häuten und einem dünnen faserigen Netze bestehen, so wohl die Fruchtknospen auf den Bäumen, als auch die aus denselben wachsenden Früchte bedecken, und bey den Bäumen collective das Laub genannt werden. Wenn diese Blätter keine breite, sondern eine runde Gestalt haben, so heißen sie auch nicht mehr Blätter, sondern Nadeln oder Tangeln, S. diese Wörter. Die Blätter schlagen aus. Die Bäume bekommen, gewinnen Blätter. Das Blatt hat sich gewendet, figürlich, die Sache hat ein anderes Ansehen bekommen, es hat sich das Gegentheil zugetragen. Sich vor einem rauschenden Blatte (vor einer jeden Kleinigkeit) fürchten; daher man solche furchtsame Leute im gemeinen Leben blattscheu nennet. Kein Blatt vor das Maul nehmen, in niedrigen Ausdrücken, freymüthig reden. Das wir für unser Maul kein Blatt nicht dürfen nehmen, Opitz. Bey den Jägern läuft der Hirsch auf das Blatt, wenn er dem Tone nachgehet, den der Jäger vermittelst eines Blattes von einem Baume macht, und der dem Tone eines alten Rehes gleicht, welches seine Jungen verloren hat, und wenn er alsdann geschossen wird, so wird er auf dem Blatte geschossen. Auch die den Blättern der Pflanzen ähnlichen und nicht unmittelbar zur Befruchtung gehörigen Theile der Blumen und ihrer Kelche, werden so wohl im gemeinen Leben als in der Kräuterkunde Blätter genannt. Daher Rosenblätter, Lilienblätter u. s. f. die Blätter von den Blumen des Rosenstockes, der Lilienpflanze. Im Weinbaue bedeutet Blatt das Alter des Weinstockes. Wein von drey Blättern, von drey Jahre.2. Ein Stück Papier, von einer unbestimmten, aber doch gewöhnlichen Größe. Ein Blatt Papier, es sey nun in der Größe eines halben Bogens, oder eines Viertelbogens u. s. f. Ein Folio-Blatt, ein Quart-Blatt, ein Octav-Blatt u. s. f. DieBlätter eines Buches. Wenn eine Zahl dabey stehet, so lautet der Plural auch zuweilen Blatt. Als Judi drey oder vier Blatt gelesen hatte, Jer. 36. 23, wie solches bey mehrern Wörtern, die eine Zahl, Maß, Gewicht u. s. f. bedeuten, üblich ist; drey Faß, sechs Pfund, hundert Mann u. s. f.3. An vierfüßigen Thieren, der Bug, oder die Schulter, oben über den Vorderläuften, welche besonders bey den Jägern unter dem Nahmen des Blattes bekannt ist. S. auch Schulterblatt.4. Bey den Kindern wird die Gegend des Kopfes, wo die ossa bregmatis zusammen stoßen, oder der nachmahlige Wirbel, das Blättchen genannt, weil diese Stelle alsdann noch offen ist, und die Haut über derselben einem dünnen Blatte gleicht. Es heißt auch das Fontanell. Das Blättchen ist dem Kinde geschossen, oder gefallen, welcher Zufall bey den Ärzten den Nahmen Siriasis hat. Daher vermuthlich die im gemeinen Leben übliche R. A., das Blättchen schoß mir, ich ward bestürzt, ahndete etwas wichtiges. Es scheinet, daß Blatt oder Blättchen in dieser Bedeutung zunächst von Platte abstammet; weil sich die Platte an eben dem Theile des Kopfes befindet, den das Blättchen in der Jugend einnimmt; daher es in diesem Falle billig Plättchen zu schreiben wäre.5. Der oberste bewegliche Knorpel der Luftröhre, der einem krummlinigen Triangel gleicht, und die Luftröhre öffnet oder verschließet, wird im gemeinen Leben auch zuweilen das Blättchen, noch häufiger aber der Zapfen, oder das Zäpfchen genannt, Lat. Epiglottis. Um das Jahr 1479 hieß dieses Zäpfchen in Schwaben das Platt, und um 1530 das Athemblatt. In dem 1482 gedruckten Buche der Natur wird es das Eychelin, (Eylein) mit dem Beysatze: bey den läyen das platt, genannt. In eben diesem Buche heißt es auch der Überfall.6. Das wandelnde Blatt, ist eine Art Heuschrecken in Brasilien, deren Flügel dem Blatte eines Baumes gleichen. Auch eine Tellmuschel mit ausgezackter Schale und sehr spitzig ablaufender Angel, Folium, Rumph. wird in den Muschel-Cabinetten das Blatt genannt.7. Außer dem bekommen noch verschiedene Werke der Kunst den Nahmen eines Blattes, wenn ihre ebene und dünne Gestalt sie dazu berechtiget. Dahin gehöret das Blatt einer Säge; das Blatt eines Tisches, oder das Tischblatt; das Blatt (die Klinge) des Weidemessers bey den Jägern und dieses Weidemesser selbst, daher einem das Blatt schlagen auch so viel heißt, als ihm das Weidemesser geben; das Blatt oder Ried der Weber, ein aus seinen Rohrschienen verfertigter langer ebener Körper, mit welchem der durch die Kette geworfene Faden an das fertige Gewebe angeschlagen wird; das Blatt an den Orgelpfeifen, das messingene Blech, welches auf den Röhren in den Schnarrwerken liegt; die Blätter eines Tuches, bey den Tuchmachern und Tuchbereitern, die Flächen, welche entstehen, wenn das Tuch in gewisse abgemessene Falten gelegt wird; die Blätter der Nähterinnen, Stücke Zeuges oder Leinwand von gewisser Länge, welche zusammen genähet sind; die Blätter in dem Bergbaue, die eingeschnittenen Enden in den Fächern und Kappen, welche auf einander gelegt werden, und die Vierung machen; das Blatt an einem Schlüssel, der Bart; das Blatt einer Schere, die Klinge; bey den Holzarbeitern, ein Bret oder Holz, welches mit seinem Ende in ein anderes eingeschoben wird, u. s. f.

Anm. Von diesem Worte kommt schon bey dem Kero der Plural Pletiru vor. Im Nieders. lautet es Blad, im Schwed. Blad, im Engl. Blade. Es stammet mit platt und dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - aus Einer Quelle her, die vermuthlich in dem Worte breit zu suchen ist; denn l und r werden gerne mit einander verwechselt. Ehedem bedeutete Blade, im mittlern Lat. Bladum, Bladus, Angels. Blaeda, ein jedes Getreide, wovon noch das Ital. Biada und das Franz. Ble abstammen; allein es scheinet nicht, daß es in dieser Bedeutung mit unserm Blatt verwandt sey. Das Slavon. Plot bedeutet überhaupt Frucht. Übrigens wird Blatt im Hochdeutschen oft irrig mit einem langen a ausgesprochen, als wenn es Blat geschrieben wäre; welche Aussprache vermuthlich noch ein Überbleibsel der Sächsischen Mundart ist. S. auch Platte.


Blattauge (W3) [Adelung]


Das Blattauge, des -s, plur. die -n, an den Gewächsen, diejenigen Augen oder Knospen, aus welchen sich die Blätter entwickeln; die Blattknospen, Blätterknospen, zum Unterschiede von den Blüthaugen oder Blüthknospen.


Blatten (W3) [Adelung]


Blatten, verb. reg. act. in gemeinen Leben, der Blätter berauben. Den Tobak, den Wein, den Kohl blatten, die überflüssigen Blätter an diesen Gewächsen abbrechen. Nieders. bladen, blaen, welcher Mundart zu Folge auch das Hochdeutsche zuweilen im gemeinen Leben gedehnt, blaten, ausgesprochen wird. In manchen Gegenden nennet man diese Arbeit geitzen. S. Blättern 2.


Blätten (W3) [Adelung]


Blätten, verb. reg. act. welches nur in der gemeinen Mundart der Jäger üblich ist. Einen Rehbock blätten, die Stimme eines Rehes durch Pfeifen auf dem Blatte eines Baumes nachahmen, und den Rehbock dadurch anlocken.


Blatter (W3) [Adelung]


Die Blatter, plur. die -n. 1) Eine kleine breite Blase auf der Haut. Es ist mir eine Blatter im Gesichte ausgefahren. Eine Hitzblatter. Kein Blätterchen fuhr auf, die Musche mußt es decken, Zachar. Ist die Blase größer und höher, so heißt sie gemeiniglich eine Blase. Dergleichen Blattern auf der Haut werden, wenn sie einzeln zum Vorschein kommen, in Oberdeutschland auch Wimmerlein, Saierl oder Saierlein, Mäslein, Blätzlein, im Nieders. aber Gnidel, Quese, Queschen, Quaddel, Quärl, Quiddel, Stippe u. s. f. genannt. 2) Eine ansteckende Krankheit; besonders der Kinder, welche sich durch Eiterblattern auf der Haut äußert, in welchem Falle dieses Wort nur im Plural, die Blattern, üblich ist; obgleich eine einzelne Erhöhung dieser Art auch den Singular leidet. Die Blattern haben, bekommen. Die Blattern wüthen jetzt stark. An den Blattern sterben. Gutartige, bösartige Blattern. Die Blattern einimpfen, einpfropfen, im Oberdeutschen die Blattern pelzen. In den gemeinen Mundarten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes werden die Blattern auch die Pocken genannt. S. Pocken. Masern ist in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, gleichfalls üblich; obgleich Masern und Blattern richtiger unterschieden werden. In einem alten Vocabulario von 1482 wird Variola durch Rote, oder Barpel, oder die Urschlacht, erkläret. Durchschlächten ist im Oberdeutschen noch als ein Nahme dieser Krankheit bekannt. Auch die Schafe und Karpfen werden von einer den Kinderblattern ähnlichen Art der ansteckenden Krankheit angegriffen, welche gleichfalls die Blattern heißt. 3) In der Landwirthschaft ist die Blatter eine Krankheit des Rindviehes, welche den Nahmen von einer bleyfarbigen Blatter hat, die das Vieh dabey an oder unter der Zunge, zuweilen an der Öffnung des Mastdarmes und oft an beyden Orten zugleich bekommt. Wenn diese Blatter nicht ausgeschnitten wird, verursacht sie den Brand, und das Thier stirbt in kurzen. In den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens, heißt diese Krankheit die Plarre; bey den Schweinen aber wird sie das Rankkorn oder das Gerstenkorn genannt.

Anm. Blatter, Nieders. Bledder, Engl. Bladder, Angels. Blaedr, Schwed. Bladdra, bedeutete ehedem eine jede Blase,von dem Zeitworte platen, welches noch bey dem Kero für blasen vorkommt. Raban Maurus nennt die Urinblase um das Jahr 750 Blatra, und diesen Nahmen führet sie noch in dem 1482 zu Augsburg gedruckten Buche der Natur. Ehedem wurde auch die venerische Krankheit die Blattern, oder die Blatterlähme genannt.


Blätterbinder (W3) [Adelung]


Der Blätterbinder, des -s, plur. ut nom. sing. ein unzünftiger Handwerksmann, der die Blätter von Rohr für die Weberstühle verfertiget und gemeiniglich ein Weber ist; der Blättersetzer, Blattmacher.


Blätterblume (W3) [Adelung]


Die Blätterblume, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Amerikanische Pflanze, deren Blumen aus den Kerben der Blätter entspringen; Phyllanthus, L. Der Ostindische Mirobalanen-Baum ist eine Art derselben.


Blätterdruse (W3) [Adelung]


Die Blätterdruse, plur. die -n, im Bergbaue, eine Druse, welche aus geraden und verschobenen Vierecken bestehet, wo die Zwischenwände dünnen Blättern gleichen.


Blättererde (W3) [Adelung]


Die Blättererde, plur. von mehrern Arten, die -n, in der Chymie ein blätteriges oder schuppiges Essig haltendes Mittelsalz, welches man aus der Essigsäure und dem Weinsteinsalze erhält; Terra foliata.


Blättererz (W3) [Adelung]


Das Blättererz, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein Silbererz, wo das gediegene Silber in Gestalt zarter Blätter auf dem Gesteine lieget.


Blatterflechte (W3) [Adelung]


Die Blatterflechte, plur. inus. eine Art Flechte oder Moos, welches einem Nabel gleichet, auf der untern Seite vertieft und mit schwarzer Kleye besprengt ist, die ihm das Ansehen der Blattern gibt; Lichen pustulatus, L.


Blättergebackene (W3) [Adelung]


Das Blättergebackene, des -n, plur. car. in den Küchen, eine Art Backwerk, welches aus einem Butterteige bestehet, der sich blättert.


Blättergold (W3) [Adelung]


Das Blättergold, S. Blattgold.


Blattergrube (W3) [Adelung]


Die Blattergrube, plur. die -n, S. Blatternarbe.


Blattergrubig (W3) [Adelung]


Blattergrubig, S. Blatternarbig.


Blatterholz (W3) [Adelung]


Das Blatterholz, S. Franzosen-Holz.


Blätterig (W3) [Adelung]


Blätterig, adj. et adv. Blätter habend, doch am häufigsten in den Zusammensetzungen kleinblätterig, großblätterig, breitblätterig u. s. f. Ingleichen, was in Gestalt dünner Blätter von einander getheilet werden kann. Ein blätteriger Teig. Ein blätteriger Stein.


Blätterknospe (W3) [Adelung]


Die Blätterknospe, S. Blattauge.


Blätterkohl (W3) [Adelung]


Der Blätterkohl, des -es, plur. inus. ein jeder Kohl, welcher keine so genannte Köpfe hervor bringt, sondern dessen Blätter, wie bey allen andern Pflanzen, von dem Stamme abstehen; im Gegensatze des Kopfkohles. Er wird auch Blattkohl genannt.


Blatterkraut (W3) [Adelung]


Das Blatterkraut, des -es, plur. inus. eine Art Hahnenfuß, welche wegen ihrer Schärfe Blasen oder Blattern ziehet, daher sie auch Blatterzug genannt wird. S. Brennkraut.


Blätterlese (W3) [Adelung]


Die Blätterlese, plur. inus. von den Bienen, wenn sie von den Blättern eintragen, zum Unterschiede von der Blumenlese.


Blätterlos (W3) [Adelung]


Blätterlos, adj. et adv. der Blätter beraubt, größten Theils nur in der höhern Schreibart.


Blättermagen (W3) [Adelung]


Der Blättermagen, des -s, plur. ut nom. sing. bey dem wieder käuenden Viehe, der dritte Magen, der aus vielen Falten oder Blättern bestehet, zwischen welchen das Futter fast völlig aufgelöset und verdauet wird, und der im gemeinen Leben auch das Buch, der Mannigfalt, das Tausendfach, und der Salter genannt wird.


Blattermase (W3) [Adelung]


Die Blattermase, S. Blatternarbe.


Blattermasig (W3) [Adelung]


Blattermasig, adj. et adv. S. Blatternarbig.


Blattern (W3) [Adelung]


Blattern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, im gemeinen Leben, besonders Oberdeutschlandes, die Blattern haben oder bekommen. Das Kind hat noch nicht geblattert.


Blättern (W3) [Adelung]


Blättern, verb. reg. act. 1) Die Blätter in einem Buche aufsuchen, oder hin und wieder schlagen. Gedankenlos in einem Buche blättern. 2) Der Blätter berauben, blatten. Den Tobak blättern. 3) In Gestalt dünner Blätter von einander theilen. Einen Kuchen blättern. Noch mehr aber als ein Reciprocum, sich blättern, die Blätter fahren lassen. Der Kuchen, der Stein blättert sich, gibt sich in Gestalt dünner Blätter von einander. In Niedersachsen schelfern, schulfern, schulpen. S. auch Schiefern.

Anm. Sich blättern bedeutet in Schlesien auch figürlich, schwer von Statten gehen, viele Hindernisse finden. Es wird sich noch lange blättern, ehe es zu Ende kommt, erkläret Steinbach durch: multum laboris restat ad expediendum istud negotium.


Blatternarbe (W3) [Adelung]


Die Blatternarbe, plur. die -n, die von den Blattern auf der Haut zurück gelassene Narbe; Blattergrube, Blattermase, in Niedersachsen Pockengrube.


Blatternarbig (W3) [Adelung]


Blatternarbig, oder blatternärbig, -er, -ste, adj. et adv. Blatternarben habend; blattergrubig, blattermasig, blattersteppig, blattersteppelicht, pockengrubig, pockennarbig.


Blätterreich (W3) [Adelung]


Blätterreich, S. Blattreich.


Blätterschwamm (W3) [Adelung]


Der Blätterschwamm, des -es, plur. die -schwämme, eine allgemeine Benennung aller derjenigen Schwämme, welche horizontal und auf der untern Seite blätterig sind; Agaricus, L.


Blättersetzer (W3) [Adelung]


Der Blättersetzer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Blätterbinder.


Blätterspath (W3) [Adelung]


Der Blätterspath, des -es, plur. inus. ein Spath, welcher aussiehet, als wenn er aus über einander gelegten Blättern zusammen gesetzt wäre; im Gegensatze des Gitterspathes, Würfelspathes u. s. f.


Blatterstein (W3) [Adelung]


Der Blatterstein, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, ein harter hellgrüner Stein, mit weißen oder andern Flecken, welche den Kinderblattern nicht unähnlich sehen.


Blattersteppig (W3) [Adelung]


Blattersteppig, S. Blatternarbig.


Blätterteig (W3) [Adelung]


Der Blätterteig, des -es, plur. inus. in den Küchen, derjenige Teig, woraus Blättergebackenes bereitet wird.


Blättertobak (W3) [Adelung]


Der Blättertobak, des -es, plur. inus. ein viereckt geschnittener Rauchtobak, welcher eine andere Zubereitung erhält, als der fein oder kraus geschnittene Tobak; Blättchens-Tobak, Holländische Blättchen.


Blättertorf (W3) [Adelung]


Der Blättertorf, des -es, plur. inus. ein leichter, lockerer Torf, welcher sich in Blätter von einander theilen lässet; Papiertorf.


Blätterzahn (W3) [Adelung]


Der Blätterzahn, des -es, plur. die -zähne, ein Zahn, welcher sich blättert oder schiefert, besonders bey den Pferden, wo dergleichen Zähne auch Schälzähne, Schieferzähne genannt werden.


Blatterzug (W3) [Adelung]


Der Blatterzug, des -es, S. Blatterkraut.


Blattgerste (W3) [Adelung]


Die Blattgerste, plur. inus. eine Art Gerste, welche eine Abänderung der vierzeiligen Sommergerste ist. Sie ist zweyzeilig, hat kleine Körner aber stärkere Blätter und Stauden, daher sie auch Staudengerste genannt wird.


Blattgold (W3) [Adelung]


Das Blattgold, des -es, plur. inus. das zu den feinsten Blättern geschlagene Gold; Blättergold, Schlaggold.


Blatthäutchen (W3) [Adelung]


Das Blatthäutchen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den neuern Kräuterkennern, bey einigen Pflanzen, besonders den Grasarten, eine Haut, welche in Gestalt einer kleinen Schuppe in dem innern Winkel zwischen dem Blatte und dem Halme angetroffen wird.


Blattkäfer (W3) [Adelung]


Der Blattkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Käfer, welche dem Sonnenkäfer gleicht, aber oval-länglich, und von Farbe grünblau, übergoldet, kupferig, roth, gelb, schwarz und blau ist; die Goldfliege. Die Larven dieser Käfer fressen die Blätter gemeiniglich bis auf die Rippen auf; Chrysomela L.


Blattknospe (W3) [Adelung]


Die Blattknospe, S. Blattauge.


Blattkohl (W3) [Adelung]


Der Blattkohl, S. Blätterkohl.


Blattküssen (W3) [Adelung]


Das Blattküssen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Goldschlägern, Buchbindern u. s. f. ein ledernes. Küssen auf einem Brete, die Goldblätter darauf zu zerschneiden.


Blattlahm (W3) [Adelung]


Blattlahm, adj. et adv. welches bey den Jägern so viel als buglahm, d. i. auf den Vorderfüßen lahm bedeutet, und nur von den Hunden gebraucht wird; von Blatt, der Bug. S. Buglahm.


Blattlaus (W3) [Adelung]


Die Blattlaus, plur. die -läuse, eine Art kleiner Fliegen mit halb harten Flügeldecken, welche sich in großer Menge auf den Blättern mancher Pflanzen und Bäume aufhält, die sie aussaugt, und deren Farbe sie annimmt; Aphis, L. Sie wird auch die Blattlausfliege, oder die Baumlaus genannt. S. dieses Wort. Der gemeine Mann nennet dieses Insect den Mehlthau, oder Honigthau, weil er glaubt, daß es mit dem Thaue von dem Himmel falle. S. diese Wörter. In Obersachsen heißen die Blattläuse auch Neffen, in Österreich Mauken. Von den Pflanzen, auf welchen sie sich aufhalten, bekommen sie besondere Nahmen, als die Lindenlaus, Kohllaus, Distellaus, Weidenlaus u. s. f.


Blattlausfresser (W3) [Adelung]


Der Blattlausfresser, des -s, plur. ut nom. sing. ein Insect, welches dem Ameisenlöwen sehr ähnlich ist, sich auf den Blättern der Ulmbäume aufhält, sich in eine Fliege verwandelt, und den Blattläusen nachstellet. Es ist noch nicht gar lange bekannt, sondern erst 1770 von dem geheimen Rathe Wilh. Friedr. von Gleichen, genannt Rußworm, umständlich beschrieben worden. Vermuthlich ist es eben dasselbe Insect, welches andere den Blattlauslöwen nennen, Linnee aber zu den Hemerobiis rechnet.


Blattlos (W3) [Adelung]


Blattlos, adj. et adv. kein Blatt, oder keine Blätter habend, wofür doch blätterlos üblicher ist.


Blattlose (W3) [Adelung]


Die Blattlose, plur. die -n, eine Pflanze, welche keine Blätter hat, und auf den Gebirgen um Montpellier wächset; Aphyllanthes, L. Auch die Hauswurz wird von einigen mit diesem Nahmen belegt. S. dieses Wort.


Blattmacher (W3) [Adelung]


Der Blattmacher, S. Blätterbinder.


Blattraupe (W3) [Adelung]


Die Blattraupe, plur. die -n, ein Nahme aller derjenigen Raupen, deren Same von den Schmetterlingen auf die Blätter der Bäume geleget wird; ingleichen derjenigen Raupen, welche sich nur von den Blättern der Bäume und Pflanzen nähren, zum Unterschiede von den Kernraupen, die den jungen obern Anwuchs, oder den Kern der Bäume und Pflanzen abfressen.


Blattreich (W3) [Adelung]


Blattreich, adj. et adv. reich an Blättern, mit Blättern reichlich versehen; blätterreich. Eine blattreiche Pflanze.


Blattreif (W3) [Adelung]


Der Blattreif, des -es, plur. die -e, ein breiter eiserner Reif, welcher im Nothfalle um ein Faß geleget wird, wenn die Reife springen, bis neue Reife angeleget werden können.


Blattsalbe (W3) [Adelung]


Die Blattsalbe, plur. inus. bey den Jägern, eine Salbe, blattlahme Hunde damit zu schmieren.


Blattsauger (W3) [Adelung]


Der Blattsauger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Insect mit vier abhängenden Flügeln, und Borsten ähnlichen Fühlhörnern, welches den Saugestachel auf der Brust, und Springfüße hat. Es gibt einen kleberigen Saft von sich, der wie Wolle aussieht. Das Weibchen ist ungeflügelt; Chermes, L.


Blattscheide (W3) [Adelung]


Die Blattscheide, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreichs, eine Art einer Röhre, welche besonders bey denjenigen Pflanzen, deren Blätter keinen eigentlichen Stiel haben, wie die Grasarten, die Stelle des Stieles vertritt.


Blattscheu (W3) [Adelung]


Blattscheu, adj. et adv. S. Blatt 1.


Blattseite (W3) [Adelung]


Die Blattseite, plur. die -n, die Seite eines Blattes in einem Buche; die Pagina.


Blattsilber (W3) [Adelung]


Das Blattsilber, des -s, plur. inus. das zu den feinesten Blättern geschlagene Silber; Schlagsilber.


Blattstück (W3) [Adelung]


Das Blattstück, des -es, plur. die -e, in der Zimmermannskunst, ein Balken, welcher auf den Säulen oder Ständern eines hölzernen Gebäudes liegt, die in denselben eingezapfet sind, und von ihm gerade zusammen gehalten werden; der Hauptbalken, das Rieschholz, das Rahmstück.


Blattweiser (W3) [Adelung]


Der Blattweiser, des -s, plur. ut nom. sing. oder der Blattzeiger, bey einigen zwey ungewöhnliche Benennungen eines Registers, oder Verzeichnisses des Inhaltes, mit Nachweisung der Blattseite.


Blattwespe (W3) [Adelung]


Die Blattwespe, plur. die -n, eine Art Wespen; Tenthredo, L.


Blattwickler (W3) [Adelung]


Der Blattwickler, des -s, plur. ut nom. sing. eine einsame Raupe, welche grün, oder schwarz, bunt und gestreift von Farbe ist, Blüthen und Blätter frißt, und sich zu ihrer Sicherheit gegen die Härte der Witterung in ein Blatt wickelt, daher sie bey einigen auch die Wickelraupe heißt; Phalaena tortrix, L. Weil sie sehr munter ist, und schnell springt, so wird sie von dem Blankart der grüne Springer genannt. Frisch nennt den Schmetterling, dem sie ihr Daseyn zu verdanken hat, eine Mottenfliege.


Blattzeiger (W3) [Adelung]


Der Blattzeiger, des -s, plur. ut nom. sing. S. Blattweiser.


Blattzinn (W3) [Adelung]


Das Blattzinn, des -es, plur. car. Zinn, welches in Blätter gegossen worden; im Gegensatze des Blockzinnes. Ingleichen Zinn, welches zu dünnen Blättern geschlagen worden; Staniol.


Blau (W3) [Adelung]


Blau, -er, -este, adj. et adv. welches der Nahme einer der fünf Hauptfarben ist. Blau machen, blau seyn. Ein blauer Zeug, blaues Tuch. Dieser Taffet ist blauer als jener, dieser ist unter allen am blauesten; ob man gleich die Farbe, weiß und schwarz ausgenommen, nicht gerne comparirt, sondern statt dessen lieber die Wörter hoch, dunkel, blaß, bleich u. s. f. gebraucht. Himmelblau, so blau, wie der Dunstkreis bey heiterm Wetter den Augen erscheinet. Blaue Augen haben. Mit einem blauen (blau geschlagenen) Auge davon kommen, nur einen geringen Schaden leiden. Jemanden braun und blau schlagen. Hellblau, dunkelblau, bleichblau. Das blaue Gebirge, im Bergbaue, ein bläuliches Gestein, welches für ein gutes Zeichen gehalten wird. Den Stahl blau anlaufen lassen, bey den Eisenarbeitern, poliertem Stahle durch das Ausglühen eine blaue Farbe geben. Blaue Farbe, im engsten Verstande, eine in den Deutschen und besonders Sächsischen Bergwerken aus dem Kobalte verfertigte Farbe, welche im gemeinen Leben auch mit einem Worte genannt wird. Die schlechteste Art derselben ist unter dem Nahmen der blauen Stärke bekannt. S. Äschel und Schmalte. Diese Farbe fällt in das Blaue. Der blaue Montag, im gemeinen Leben, besonders unter den Handwerkern, der Montag, der einem alten Mißbrauche zu Folge, wenigstens seiner Hälfte nach, zum Feyertage gemacht, und mit Müßiggange zugebracht wird. Du sollst dein blaues Wunder sehen, im gemeinen Leben, du sollst erstaunen. Jemanden einen blauen Dunst vormachen, auch nur im gemeinen Leben, ihn einen Irrthum zu glauben bereden, ihm die Wahrheit verhehlen. Wie das Wort blau in diese drey figürlichen Arten des Ausdruckes gekommen, ist noch nicht ausgemacht. Der letzte ist noch am leichtesten zu erklären, theils weil ein jeder Dunst in der Ferne bläulich aussiehet, theils auch, und vielleicht am schicklichsten, aus der Nieders. Mundart, wo blau auch trübebedeutet, blauer Wein, d. i. trüber Wein. S. auch Flau und Montag. Doch Herr Ihre hat die sehr wahrscheinliche Muthmaßung, daß die R. A. blauer Dunst, im Schwed. bla Dunst, eine bloß ungeschickte Übersetzung des Griech. Glaucoma sey, da der Übersetzer sich eingebildet, es sey von glaucus zusammen gesetzet. Wenigstens hat man keinen Grund, mit Wachtern dem Worte blau die Bedeutung des unechten, falschen, anzudichten. Bey den Gärbern ist blau färben, ein Kunstwort, für hintergehen, betriegen; vermuthlich als eine Anspielung auf eine einzelne, jetzt unbekannte Begebenheit. Blauer Zwirn ist im gemeinen Scherze Branntwein.

Anm. Dieses Wort lautet im Niedersächsischen gleichfalls blau, im Angels. bleo, im Engl. blew, im Holländ. blauw, im Franz. bleu, im Span. bloo, im Wallis. blawr, im Schwed. bla, im Dän. blaa, im Isländ. blar, im Slavon. plavu, im Pohln. plawy. In Boxhorns Glossen wird plaviuw durch hyacinthinus, und plawaz, durch cerulum erkläret. In der Alemannischen Mundart der mittlern Zeiten lautet es nur bla. Herr Ihre beweiset, daß es ehedem eigentlich schwarz bedeutet habe, und mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - verwandt sey. Man könnte mit noch stärkern Gründen zeigen, daß es zu dem Lat. flauus, oder dem Deutschen bleich gehöre, zumahl da auch einige Niedersachsen blaag für blau sprechen. Übrigens gehöret dieses Wort zu denjenigen Beywörtern, die in der Comparation ihren Vocal unverändert behalten; blauer nicht bläuer.


Blau (W3) [Adelung]


Das Blau, substant. indecl. plur. inus. das vorige Beywort, als ein Hauptwort gebraucht. 1) Die blaue Farbe in Abstracto. Dieser Zeug hat ein schönes Blau. Der Reitz des lieblichen Blau des Himmels. 2) Gewisse natürliche und künstliche Körper, mit welchen blau gefärbet wird. Die Schmalte, oder aus dem Kobalte zubereitete blaue Farbe wird im gemeinen Leben nur das Blau, oder das Sächsische Blau genannt. Böhmisches Blau, oder das Böhmische Blau, die in Böhmen aus dem Kobalte verfertigte blaue Farbe. Berliner Blau, S. Berliner, Bergblau u. s. f. Blau ist hier das bloße Adverbium, welches in der Declination, wie in andern Fällen unverändert bleibt. Hingegen läßt sich auch das concrete Adjectiv als ein Substantiv gebrauchen, das Blaue, und dieses wird decliniret.


Blauänte (W3) [Adelung]


Die Blauänte, plur. die -n, ein Nahme, welchen man auch den gemeinen wilden Änten beyzulegen pfleget, die sonst auch Märzänten, weil sie schon im März paarweise herum fliegen, Spiegelänten, große Bläßänten, und Zornen heißen.


Blauäugig (W3) [Adelung]


Blauäugig, adj. et adv. im vertraulichen Umgange, blaue Augen habend. Ein blauäugiges Mädchen.


Blaubeere (W3) [Adelung]


Die Blaubeere, plur. die -n, ein Nahme, den man an einigen Orten den Beere des Heidelbeerstrauches, und dem Strauche selbst gibt, und der von der dunkelblauen Farbe der Beeren entlehnet ist; Dän. Blaabär. S. Heidelbeere.


Bläue (W3) [Adelung]


* Die Bläue, plur. car. im gemeinen Leben, so wohl die blaue Stärke, welche in andern Mundarten das Blau genannt wird; als auch die blaue Beschaffenheit, für das Blau. Lackmuß gibt eine egale Bläue. Die Bläue das Himmels, besser, das Blau.


Bläuel (W3) [Adelung]


Der Bläuel, des -s, plur. ut nom. sing. eigentlich ein jedes Werkzeug zum Schlagen; besonders ein rundes Holz mit einem Stiele, so wohl die Wäsche als auch den Flachs damit zu bläuen, d. i. zu schlagen, welches an andern Orten ein Beutel heißt. S. 3 Beutel. Auch dasjenige rund gedrechselte Stück Holz, worauf bey dem Abwinden des Garnes der Anfang des Knauels gemacht wird, heißet ein Bläuel. In der Bergwerken ist der Bläuel theils das breite Ende an den krummen Zapfen in der Welle, theils ein Stück Eisen, welches in den krummen Zapfen und in die gebrochene Schwinge gehet. Alles von der Ähnlichkeit mit einem Bläuel zum Schlagen.

Anm. Bläuel ist von bläuen, wie Schlägel von schlagen. S. das folgende. Der schlag mit den pleyheln, do die Wascherin mit waschen, heißt es in dem 1482 gedruckten Buche der Natur.


Bläuen (W3) [Adelung]


Bläuen, verb. reg. act. schlagen; ein Verbum, welches nur noch in einigen besondern Fällen vorkommt. So wird in der Landwirthschaft der Flachs gebläuet, d. i. vor dem Brachen mit einem hölzernen Knüttel mürbe geklopfet. Auch der Stockfisch will vor dem Kochen gebläuet seyn, wenn er mürbe werden soll. An einigen Orten wird auch die Wäsche von den Wäscherinnen auf einem besondern Bläuetische gebläuet. Wenn er ihr gleich bläut den Leib, Logau. Vnd wil dienen mit truiwen der guoten, Die mich da bluiwet vil sere ane ruoten, Friedrich von Husen. Anm. Bey dem Kero lautet dieses Verbum kapluan, bey dem Ottfried bliuen, bey dem Tatian bliuuen, im Nieders. bläuen, bey dem Ulphilas bligguan, im Schwed. plagga, im mittlern Lateine plagare; welche Wörter mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - für - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich schlage, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, schlagen, und dem Lat. plago, plaga und plango genau überein kommen. Im Engl. ist blow ein Schlag. Einige gröbere Mundarten sprechen dieses Wort auch blauen aus, so wie bey einigen das folgende Zeitwort bläuen lautet. S. Abbläuen.


Blauen (W3) [Adelung]


Blauen, in einigen Mundarten Bläuen, verb. reg. welches im gemeinen Leben in doppelter Gattung üblich ist. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, blau werden, in welcher Bedeutung man aber nur im Oberdeutschen zuweilen sagt: der Himmel blauet, wenn die Luft heiter wird. Die Wälder blauen, syluae colore coeruleo pinguntur, wie es Steinbach erkläret. Die Pflaumen, die Weintrauben blauen schon. 2. Als ein Activum, blau machen. Die Wäsche blauen, wenn eine blaue Farbe unter die weiße Stärke gemischt wird. Einen Fisch blauen, ihn blau sieden, oder ihm im Sieden eine schöne blaue Farbe geben. S. das vorige, die Anm.


Blauer (W3) [Adelung]


Der Blauer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schönfärber, so fern er gut oder schlecht mit der Blauküpe umzugehen weiß. Ein guter, ein schlechter Blauer. Bey einigen Färbern wird der abgesonderte Ort, worin die Küpen stehen, die Blauerey genannt.


Blaufarbe (W3) [Adelung]


Die Blaufarbe, plur. inus. im gemeinen Leben, blaue Farbe, besonders diejenige, welche in den Bergwerken aus dem Kobalte zubereitet wird. S. Blau. Daher das Blaufarbenglas, des -es, plur. inus. ein von Quarz und Kobalt zusammen geschmelztes Glas, woraus die blaue Farbe verfertiget wird. Der Blaufarbenkobalt, des -es, plur. die -e, derjenige Kobalt, woraus die blaue Farbe gemacht wird. Das Blaufarbenwerk, des -es, plur. die -e, diejenige Anstalt, wo solches geschiehet. Der Blaufarbenmeister, welcher derselben vorgesetzt ist. Der Blaufarbensand, des -es, plur. inus. eine quarzige und spathige Gangart, welche dabey gebraucht wird.


Blaufärber (W3) [Adelung]


Der Blaufärber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme welchen ehedem die Schwarzfärber oder gewöhnlichen Färber führeten, als die blaue Farbe in den Zeugen noch die üblichste war.


Blaufelche (W3) [Adelung]


Die Blaufelche, plur. die -n, ein schmackhafter Fisch, S. Balche.


Blaufeuer (W3) [Adelung]


Das Blaufeuer, des -s, plur. inus. dasjenige Feuer, in welchem ehedem der Eisenstein geschmelzet wurde. S. Blauofen.


Blaufuß (W3) [Adelung]


Der Blaufuß, des -es, plur. die -füße, eine Art Bergfalken, welche aschgrau ist, bunte Puncte oder Sternchen und blaueFüße hat; Falco Cyonapus, Kl. Er wird auch Spring genannt, und von den Falkenieren am liebsten zur Beitze gebraucht.


Blauholz (W3) [Adelung]


Das Blauholz, des -es, plur. inus. das Holz eines Süd-Amerikanischen Baumes, dessen Saft leicht eine Violettfarbe annimmt. S. Campesche-Holz, Rothholz und Fernambuck.


Blauhuth (W3) [Adelung]


Der Blauhuth, des -es, plur. die -hüthe, bey der Sächsischen Jägerey, dem Flemming zu Folge, aus den Dorfschaften ausgesuchte Bauern, welche das Treibevolk in Ordnung halten helfen; vielleicht weil sie ehedem grüne Mützen gehabt, die mit der Zeit blau geworden waren.


Blaukehlchen (W3) [Adelung]


Das Blaukehlchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Vogel, welchen Klein zu den Brustwenzeln rechnet, und der den Rothkehlchen gleicht, nur daß er statt der rothen Kehle eine blaue hat; Motacilla Phoenicurus, L. Sylula gula coerulea, Kl. Schwarzkehlchen, Rothschwanz.


Blaukohl (W3) [Adelung]


Der Blaukohl, des -es, plur. inus. S. Braunkohl.


Blaukopf (W3) [Adelung]


Der Blaukopf, des -es, plur. die -köpfe, eine Art Amerikanischer Änten, welche größer als die gemeine Kriechänte, und am ganzen Körper gleichsam geschuppt ist, und himmelblaue Flügel, einen blauen Kopf und braune Ruderfedern hat; Anas querquedula Americana variegata, Kl.


Blaukrähe (W3) [Adelung]


Die Blaukrähe, plur. die -n, ein hellblauer Häher, der auf dem Rücken bräunlich, und auf den blauen Fittigen schwarz gesprengt ist. Er ist so groß wie ein Kibitz und hat einen starken Schnabel wie eine Krähe. Er wird auch Mandelkrähe, Garbenkrähe, Grünkrähe, Goldkrähe, Birkhäher, und wegen seines Geschreyes, welches dem Geschreye der Krähen gleicht, Racker, blaue Racke, Blabarack genannt. Pica oder Garrulus Argoratensis, Kl.


Blauküpe (W3) [Adelung]


Die Blauküpe, plur. die -n, bey den Färbern, ein küpferner Kessel, welcher allein zum Blaufärben üblich ist, und in welchem die dazu nöthige Farbe bereitet wird. Ingleichen diese Farbe und deren Zubereitung selbst. In beyden Bedeutungen ist auch nur das einfache Küpe üblich. Eine Blauküpe oder Küpe anstellen, die zum Färben der wollenen Zeuge nöthige Farbe zubereiten. Eine Blauküpe machen. S. Küpe.


Bläulich (W3) [Adelung]


Bläulich, adj. et adv. ein wenig blau. Ein bläulicher Stein. Der Zeug stehet bläulich aus.


Blauling (W3) [Adelung]


Der Blauling, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welchen man in Oberdeutschen allen Weißfischen, besonders denjenigen Arten derselben beyzulegen pflegt, welche ein wenig in das Blaue fallen. Bey dem Henisch sind Adelfalcher, Blauling, Weißfisch, Haßle, Längele, alles Nahmen eines und eben desselben Fisches. An einem andern Orte erkläret er Blauling, durch "Felken, Adelfelken, Blaufelken, albula coerulea, in Baiern Renchen, in Kärnthen Reinanken, cognatus ei quem Gangfisch vocant." S. Geßner de Pisc. S. 35 f. wo noch mehrere Oberdeutsche Nahmen angeführet werden. S. auch Adelfisch und Balche. Die Bleihe wird an einigen Orten gleichfalls Blauling genannt.


Blaumeise (W3) [Adelung]


Die Blaumeise, plur. die -n, eine Art Meisen, welche nicht so groß als die Kuppmeise ist, eine gelbliche Brust, blau und weiß gesprengte Flügel und einen blauen Schwarz hat; Parus coeruleus, L. und Kl. Im gemeinen Leben wird sie auch Mehlmeise, Käsemeise und Pimpelmeise genannt.


Blaumüser (W3) [Adelung]


Der Blaumüser, oder Blamüser, des -s, plur. ut nom. sing. eine Münze am Nieder-Rheine, besonders im Münsterischen, welche 31/2 Schilling, oder 41/2 Mariengroschen, oder 42 Pfennige gilt. Acht Blaumüser machen einen Thaler.


Blauofen (W3) [Adelung]


Der Blauofen, des -s, plur. die -öfen, eine Art kleiner Öfen zum Eisenschmelzen, welche reines blaues Eisen liefert; ein Stückofen. Man gebraucht ihn nur noch in manchen Fällen zu Kleinigkeiten, denn zum Eisensteine sind die hohen Öfen nunmehr üblicher. S. auch Blaufeuer.


Blauracke (W3) [Adelung]


Die Blauracke, plur. die -n, S. Blaukrähe.


Blauschauer (W3) [Adelung]


Der Blauschauer, des -s, plur. ut nom. sing. in den Färbereyen, derjenige Färber, welcher die gefärbten Tücher untersuchen muß, ob sie gehörig gefärbt worden.


Blauschecke (W3) [Adelung]


Die Blauschecke, plur. die -n, eine Schecke, d. i. buntes Pferd, welches auf einem weißen Grunde blaue Flecken hat.


Blauschimmel (W3) [Adelung]


Der Blauschimmel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schimmel, d. i. weißes Pferd, dessen Weiße ein wenig in das Blaue fällt.


Blauschnabel (W3) [Adelung]


Der Blauschnabel, des -s, plur. die -schnäbel, eine Art Chinesischer Sperlinge, mit schwarzem Kopfe, Brust und Bauche, und blauem Schnabel und Augenwimmern; Passer Sinensis rostro coeruleo, Kl.


Blauspecht (W3) [Adelung]


Der Blauspecht, des -es, plur. die -e, eine Art Meisen, welche die Größe eines Eisvogels hat, am Kopfe, am Rücken und am Schwanze blaulich, am Unterleibe aber ziegelroth ist. Sie hecket in den hohlen Bäumen, lebt von dem Gewürme auf denselben, und wird auch in Sibirien, Indien und Amerika angetroffen. Die Tungusen und Büratten bereiten aus ihren Eingeweiden ein tödtliches Gift, womit sie ihre Pfeile vergiften. Weil dieser Vogel an den Bäumen in die Höhe steigt, so wird er von einigen zu den Spechten gerechnet, mit denen er sonst nichts gemein hat; Parus facie pici, Kl.


Blaustrumpf (W3) [Adelung]


Der Blaustrumpf, des -s, plur. die -strümpfe, im gemeinen Leben an einigen Orten, ein Spottnahme der Gerichtsdiener, und in weiterer Bedeutung auch eines jeden Angebers und Verräthers; weil die erstern an einigen Orten blaue Strümpfe tragen müssen.


Blautaube (W3) [Adelung]


Die Blautaube, plur. die -n, eine Art wilder Tauben, welche nicht so groß als die Ringeltaube, aber blauer von Farbe als diese ist, geschwinder als eine Ringeltaube ruft, und am liebsten in hohlen Bäumen hecket, daher sie auch Hohltaube genannt wird.


Blech (W3) [Adelung]


Das Blech, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, ein breit und dünn geschlagenes Metall. Gold zu Blech schlagen. Blech schlagen, ein Metall zu Blech schlagen. Eisenblech, Silberblech, Kupferblech u. s. f. Schwarzes Blech, Eisenblech, welches nicht verzinnet ist. Verzinntes Blech. Auf den Blechhämmern wird gemeiniglich nur das verzinnte Blech in engerer Bedeutung Blech genannt, dagegen das schwarze oder unverzinnte den Nahmen des Dünneisens führet.

Anm. Blech, in Boxhorns Glossen Plech, Nieders. Blik, Dän. Blik, Holländ. Bleck, Schwed. Bleck. Russ. Bljacha, Böhm. Plech, Pohl. Blacha, kommt mit dem Deutschen flach,dem Franz. Plaque, und dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - überein. Man könnte es auch von blecken, blicken, glänzen, scheinen, ableiten, welches ehedem nur blechen lautete; indem in den Blechhütten, nur allein verzinntes Blech den Nahmen des Bleches führet. S. Blecken. Das Diminutivum Blechlein wird besonders auch von den dünnen Blechen oder Folien gebraucht, welche die Juwelierer unter die Edelsteine legen. Bey den Obersachsen lautet das Diminutivum im gemeinen Leben auch Blechelchen. S. -Chen.


Blechbiege (W3) [Adelung]


Die Blechbiege, plur. die -n, bey den Schmieden, eine Art eines kleinen Amboßes, die Achsenbleche darauf zu biegen.


Blechen (W3) [Adelung]


Blechen, verb. reg. act. welches nur noch im niedrigen Scherze üblich ist, für bezahlen. Er wird schon blechen müssen. Es scheinet, daß dieses Wort noch aus den Zeiten der Blech- oder Hohlmünzen übrig ist; denn in Schwaben bedeutet blechen überhaupt so viel als auszahlen. Im mittlern Lateine ist placare gleichfalls solvere.


Blechern (W3) [Adelung]


Blechern, adj. et adv. aus Blech verfertiget. Ein blecherner Leuchter. Blecherne Kannen, Löffel, Teller u. s. f. In Oberdeutschland lautet dieses Wort blechen.


Blechfeuer (W3) [Adelung]


Das Blechfeuer, des -s, plur. ut nom. sing. Auf den Blechhämmern, 1) dasjenige Feuer, bey welchem die Frischeisenstücke zu Blech geschmiedet werden. 2) In weiterer Bedeutung, die ganze Werkstätte, mit allen dazu gehörigen Werkzeugen. Zu einem Blechfeuer gehören der Blechmeister nebst sechs Arbeitern. Von einem Blechfeuer können wöchentlich 1900 Blätter verzinnet werden.


Blechhammer (W3) [Adelung]


Der Blechhammer, des -s, plur. die -hämmer, ein Hammerwerk, in welchem das Eisen zu Blech geschmiedet wird, wie Blechfeuer 2.


Blechhandschuh (W3) [Adelung]


Der Blechhandschuh, des -es, plur. die -e, ein Stück der ehemahligen Kriegesrüstung, die Hände damit zu verwahren.


Blechhütte (W3) [Adelung]


Die Blechhütte, plur. die -n, eine Werkstätte, in welcher Blech bereitet wird, und zu welcher nicht nur der Blechhammer, sondern auch das Zinnhaus hören.


Blechmann (W3) [Adelung]


Der Blechmann, des -es, plur. inus. in den Ungarischen Bergwerken das weißgüldene Erz, vermuthlich von bleich oder blecken, scheinen.


Blechmeister (W3) [Adelung]


Der Blechmeister, des -s, plur. ut nom. sing. der vornehmste Arbeiter auf einem Blechhammer, der die Aufsicht über die übrigen hat.


Blechmünze (W3) [Adelung]


Die Blechmünze, plur. die -n, eine ehemahlige Münze von Gold- oder Silberblech, welche auf der einen Seite ein erhabenes Gepräge hatte, das sich auf der andern vertieft zeigete; Blechpfennige, Hohlmünzen, Bracteaten.


Blechnagel (W3) [Adelung]


Der Blechnagel, des -s, plur. die -nägel, zwey Zoll lange Nägel mit breiten Köpfen, die Blechstücke auf blechernen Dächern damit zu befestigen.


Blechschere (W3) [Adelung]


Die Blechschere, plur. die -n, eine jede Schere, Blech damit zu schneiden. Auf den Blechhämmern hat man sie von einer beträchtlichen Größe. Die Gürtler, Goldschmiede und andere Metall-Arbeiter haben deren kleinere.


Blechschläger (W3) [Adelung]


Der Blechschläger, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Arbeiter auf einem Blechhammer. 2) Ein allgemeiner Nahme aller der jenigen Handwerker, welche in Blech arbeiten, so daß auch die Flaschner, Klempener u. s. f. darunter gehören. In Hamburg führen auch die Beckenschläger diesen Nahmen.


Blechschmid (W3) [Adelung]


Der Blechschmid, des -s, die -schmiede, im gemeinen Leben, ein Blechmeister; ingleichen ein Pfannenschmid. S. diese Wörter.


Blechschneider (W3) [Adelung]


Der Blechschneider, des -s, plur. ut nom. sing. auf den Blechhämmern, ein Arbeiter, welcher die Bleche beschneidet.


Blechstab (W3) [Adelung]


Der Blechstab, des -es, plur. die -stäbe, eben daselbst, eine Art Stabeisen, woraus schwarzes Blech geschmiedet wird.


Blechstämpel (W3) [Adelung]


Der Blechstämpel, des -s, plur. ut nom. sing. in den Pochwerken, der dritte Stämpel in einem Troge, welcher auch der Austragestämpel genannt wird.


Blechsturz (W3) [Adelung]


Der Blechsturz, des -es, plur. die -stürze, auf den Blechhämmern, ein zu einem Sturze aufgeschmiedetes Stück Eisen, woraus hernach das Blech geschmiedet wird. S. Sturz.


Blechwaare (W3) [Adelung]


Die Blechwaare, plur. die -n, allerley aus Blech verfertigte Geräthschaften als eine Waare betrachtet.


Blechzange (W3) [Adelung]


Die Blechzange, plur. die -n, bey den Grobschmieden, eine große Zange, die Büchse des Rades an die Nabe zu setzen.


Blecken (W3) [Adelung]


1. Blecken, von dem Schreyen der Schafe und des Rindviehes, S. Blöken.


Blecken (W3) [Adelung]


2. * Blecken, verb. reg. welches größten Theils veraltet ist, ehedem aber in doppelter Gattung üblich war. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, für blicken, zum Vorscheine kommen, sich mit einem Scheine sehen lassen. In dieser Bedeutung sagt man noch in den Salzwerken, die Pfanne fängt an zu Blecken, wenn die Sohle so eingekocht ist, daß der Boden zum Vorscheine kommt. Am meisten wurde dieses Zeitwort ehedem für nackt, bloß seyn, gebraucht. Iden (das Gebirge Ida) der nun ganz fast blecket, Weil wir ihn mit uns verbrannt, Hat der Schnee zehnmahl bedecket, Opitz. Mit bleckendem Hals und bloß - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Armen, Matthes. Im Niedersächsischen hat man von diesem Zeitworte noch das Frequentativum bleckern, welches daselbst von der Sonne gebraucht wird, wenn sie des Abends roth durch die Regenwolken strahlet. Von blecchenten beinen, mit bloßen Beinen, kommt schon bey dem Notker vor.2. Als ein Activum, sehen lassen, entblößen. In dieser Gattung ist im Hochdeutschen im gemeinen Leben nur die Redensart üblich, die Zähne blecken, die Zähne zeigen, besonders sie aus niedrigem Zorne, aus Verachtung zeigen, welches ehedem zannen genannt wurde. S. Frisch v. Zannen, ingleichen Fletschen. Alle deine Feinde pfeifen dich an, blecken die Zähne und sprechen, u. s. f. Klagel. 2, 16. Im Oberdeutschen sagt man auch, die Zunge blecken, sie aus dem Munde heraus strecken. Eins theils ir schenkel blecken thetten, Hans Sachs. Bey dem Opitz kommt auch das zusammen gesetzte entblecken für entblößen vor: Der Wasser Kluft und Gang ward aufgedecket, Der tiefe Grund der Erden ganz entblecket. In der Mark Brandenburg bedeutet plecken die Rinde von den Bäumen abschälen, daher Pleckeichen daselbst Eichen sind, welche für die Lederarbeiter zu diesem Behufe bestimmt worden, und Plecker, die dieses Abschälen verrichten. Indessen kann es in dieser Bedeutung auch ein Intensivum oder Iterativum von dem Nieders. plaggen, Rasen abstechen oder abschälen, seyn. S. dieses, von Blecken aber auch Blicken und Blitzen. Die niedrigen ein Bleckzahn, ein hervor stehender Zahn, ingleichen Bleckzahn oder Zahnblecker, sind noch hin und wieder üblich, jemanden zu bezeichen, der seine Zähne nicht bedecken kann. Ehedemlautete dieses Zeitwort auch blechen, und dieser gelindere Hauchlaut ist noch in Blachfrost und vielleicht auch in Blech übrig, welches S. Thie uelt waren betheket,Thaz there erthe niht ne blechet, das Feld war so bedecket, daß die Erde nirgends bleckte, d. i. gesehen wurde, in dem alten Gedichte auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter. Die Niedersächsische Mundart spricht dieses Wort mit einem langen e, bleken aus.


Bleffen (W3) [Adelung]


Bleffen, S. in Verbleffen.


Bleiben (W3) [Adelung]


Bleiben, verb, irreg. neutr. welches mit dem Hülfsworte seyn abgewandelt wird; ich bleibe, du bleibst, er bleibt; Imperf. ich blieb; Mittelwort geblieben; Imperat. bleib; fortfahren zu seyn, in den meisten Bedeutungen dieses Zeitwortes.1. Sein Daseyn behalten, fortfahren zu existiren, im Gegensatze des Vergehens. So lange noch das Andenken von Rom bleiben wird. In dieser Bedeutung wird es heut zu Tage im Hochdeutschen wenig mehr gebraucht. In der Deutschen Bibel kommt es dagegen in derselben desto häufiger vor. Man soll den Stock mit seinen Wurzeln bleiben lassen, Dan. 4, 23. Den Frommen gibt Gott Güter, die da bleiben, Sir. 11, 15. Daß sein Nahme in Israel bleibe, Ruth 4, 14. Der Herr aber bleibet ewiglich, Ps. 9, 8 u. s. f. Doch ist auch das Mittelwort bleibend für dauerhaft im Hochdeutschen nicht selten. Du hast nichts, was deinen Ruhm bleibend machen könne. Wir haben hier keine bleibende Stätte, welche R. A. von einigen unbillig getadelt worden, die diese erste Bedeutung des Zeitwortes nicht gekannt haben. Er hat keine bleibende Stätte, sagt man auch im gemeinen Leben von einem, der sich nicht gern lange an einem Orte aufhält.2. Fortfahren, gewisse Eigenschaften zu haben, in einem gewissen Zustande beharren, da denn dieser Zustand auf mancherley Art ausgedruckt werden kann. 1) Mit der ersten Endung des Hauptwortes. Ich bleibe dein Freund. Willst du denn immer ein Bösewicht bleiben? Wir Menschen bleiben Schüler so lange wir leben. Deine Freude selbst kann ohne Veränderung nicht Freude bleiben, Dusch. 2) Mit dem Infinitiv des Zeitwortes. Stehen bleiben, liegen bleiben, sitzen bleiben, fortfahren zu stehen, zu liegen, zu sitzen. Sie trifft ihn schlafend an, bleibt von der Seite stehen, Gell. So auch kleben bleiben, hängen bleiben, leben bleiben, stecken bleiben. Doch läßt sich diese Wortfügung nur mit wenig Zeitwörter gebrauchen, die man nicht nach Gutdünken vermehren darf. Die eben angeführten werden wohl die vornehmsten seyn. 3) Mit Nebenwörtern. Gesund, reich, arm, blind bleiben. Er blieb unbeweglich. Wir sind noch allein verschont geblieben. Das wird wohl nicht verschwiegen bleiben. Wer kann immer aufgeräumt bleiben? Treu bleiben. Beständig bleiben. Lebendig bleiben. Einem etwas schuldig bleiben. 4) Mit Vorwörtern. Am Leben bleiben, lebendig bleiben. Er bleibt nicht auf Einer Rede, im gemeinen Leben. Bleib bey diesen Gedanken, du wirst wohl dabey fahren, Gell. Bey Ehren bleiben, seinen guten Nahmen behalten. Es bleibt dabey, es bleibt unverändert, so, wie es gesagt, verglichen worden. Es bleibt bey meinem Versprechen. Ich denke, es soll bey der ersten Einrichtung bleiben, Gell. Erklären sie sich, ob es noch bey den tausend Thalern an Gelde bleiben soll, ebend. Er bleibt dabey, er behauptet es beständig. Er bleibt dabey, er habe es dir gegeben. Sie bleibt beständig dabey, daß das Thier Menschenverstand hätte, Gell. Hierher gehöret, 5) auch die Oberdeutsche Wortfügung, da bleiben anstatt des Vorwortes zuw eilen auch mit der zweyten Endung des Hauptwortes verbunden wird. Des festen Entschlusses, des beständigen Vorsatzes bleiben. Diese Wortfügung ist im Hochdeutschen ungewöhnlich, außer etwa in der Redensart, der Meinung bleiben, die aber nicht hinreicht, es mit Bödikern zu einer Regel zu machen, daß bleiben einen Genitiv regiere, wenn es eine Natur, Beschaffenheit oder Sitten andeutet.3. Fortfahren, an einem gewissen Orte zu seyn, den Ort nicht verändern, in welcher Bedeutung es so wohl mit Vorwörtern, als auch mit Nebenwörtern, in einigen figürlichen Bedeutungen aber auch mit Nennwörtern verbunden wird.1) Eigentlich. Zu Hause bleiben, nicht ausgehen. Ich kann hier unmöglich bleiben. Du hättest mit deinen Sittenlehren immer zu Hause bleiben können, figürlich und im gemeinen Leben. Da bleiben. Die Hefen bleiben auf dem Boden. Bey einem bleiben. Bleib bey mir. Bey einem zu Tische bleiben. In seines Vaters Hause, auf dem Berge, im Walde, auf der Gasse bleiben u. s. f. Von einem bleiben, nicht zu ihm gehen. Bleib mir vom Leibe, im gemeinen Leben, nähere dich mir nicht. Beysammen bleiben, bey einander bleiben, zurück bleiben u. s. f. Zuweilen auch absolute. Er weiß vor Jammer kaum zu bleiben, Gell. er ist vor Jammer so unruhig, daß er an keinem Orte bleiben kann. Im gemeinen Leben wird in dieser Bedeutung auch wohl der Infinitiv als ein Hauptwort gebraucht Hier ist meines Bleibens nicht, ich finde es nicht für nützlich, oder rathsam, hier zu bleiben. Sein Bleibens an einem Orte behalten, welche Redensart unter den Bergleuten üblich ist.2) In weiterer und figürlicher Bedeutung. (a) Ausbleiben, nicht kommen. Wo bist du so lange geblieben? Ich weiß nicht, wo die Post bleibt, warum sie nicht ankommt. Er bleibt sehr lange. Ingleichen figürlich: wo bleibt nun dein Versprechen, dein mir so heilig gethanes Versprechen? Wo bleibt nun dein mir gegebenes Wort? (b) Übrig bleiben, mit der dritten Endung der Person. Von seinen großen Reichthümern ist ihm nichts, als sein Garten geblieben. Außer dem, was du hier verschrieben liesest, bleibt mir nichts mehr, Dusch. Was noch von Begierden in ihm bleibt, ist der Wunsch ruhig zu sterben, ebend. Ihm bleibt zum Schirm allein Sein Degen und sein Arm, Wiel. Ingleichen, in eines Besitz bleiben. Das soll dir vor mir wohl bleiben, ich will es dir nicht nehmen. Der Sieg muß mir wohl bleiben. Dein Königreich soll die bleiben, Dan. 4, 23. (c) Verschwiegen bleiben, mit den Vorwörtern bey und unter. Es bleibt zur Zeit noch unter uns, wir wissen es jetzt nur noch allein. Das muß unter uns bleiben. Laß das bey dir bleiben. (d) Nicht zur Wirklichkeit gebracht werden, nicht geschehen, unterbleiben, nur in der gesellschaftlichen Schreib- und Sprechart. Wenn es noch nicht geschehen ist, so mag es bleiben. Es wäre gut, wenn es damit so lange bleiben könnte, bis ich komme. Am häufigsten mit dem Verbo lassen, für unterlassen. Laß deine Reise bleiben. Es wird es wohl bleiben lassen. Das lasse ich wohl bleiben, das thue ich gewiß nicht. Das soll er mir wohl bleiben lassen, das ist ihm unmöglich zu bewerkstelligen.

4. Sterben, umkommen. An einer hitzigen Krankheit bleiben, Gell. Besonders, in einem Treffen, in einem Gefechte umkommen. Auf dem Platze bleiben. Es sind in diesem Gefechte viele tapfere Leute geblieben. Es ist kein Mann geblieben. Gegen den Feind, und noch besser, vor dem Feinde bleiben. Ingleichen auf dem Wasser umkommen. Das Schiffist gestrandet und das ganze Schiffsvolk ist geblieben. Zuweilen gebraucht man dieses Wort auch von dem Schiffe selbst, und alsdann bedeutet es stranden, verunglücken. Das Schiff ist geblieben. In dieser ganzen Bedeutung wird die gegenwärtige Zeit von bleiben wohl nicht leicht vorkommen. Gemeiniglich siehet man diese Bedeutung als die figürliche von der vorigen an, weil einer, der in einem Gefechte umkommt, wirklich auf dem Schlachtfelde zurück bleibt. Man setzet dabey voraus, daß bleiben nur von dem Umkommen in einem Gefechte üblich sey. Allein das Gegentheil erhellet schon aus einigen der oben angeführten Beyspiele. In ältern Zeiten kommen deren noch mehrere vor. Er selbo meinta auur thaz Thaz er tho biliban uuas. Ih uuille iu iz zellen quad er er, Ist Lazarus bilibaner. Er meinete aber damit, daß er (Lazarus) geblieben (d. i. gestorben) war. Ich will es euch sagen, sprach er, Lazarus ist geblieben (gestorben). Ottfried B. 3, Kap. 23, V. 98. Swa ein meiger blibet der des Goteshuses ist, wenn ein Meier stirbt, der dem Gotteshause gehöret, in einem handschriftlichen Salbuche des Klosters Ebersheim bey dem Schilter. Da nun bleiben überhaupt auch sterben bedeutet hat, so lässet sich diese Bedeutung wohl nicht unmittelbar aus den vorigen herleiten, sondern man muß sie aus der ersten eigenthümlichen des Wortes leiben oder leben herleiten. S. die Anmerkung. Be würde hier alsdann so viel als ver oder ab bedeuten. S. auch Ableben.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Kero pilibin, bey dem Übersetzer Isidors bileiphan, bey dem Ottfried biliban, und im Angels. belafan. Aus dieser Schreibart erhellet, daß es ein zusammen gesetztes Wort ist, dessen erste Hälfte die Partikel be ist. Die andere Hälfte lautet bey dem Ulphilas lifnan, und bey den Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern leiban, und bedeutet übrig lassen. Za leiba ist bey dem Kero, und zi leuba bey dem Ottfried, so viel als der Überrest. Das Schwedische lifwa, Isländ. lifa und Engl. to leave, bedeuten noch jetzt hinterlassen; im Nieders. ist leven erblich hinterlassen, und Lawa, Lowa eine Erbschaft oder Verlassenschaft; in Schwaben sagt man noch jetzt, eine Speise leiden, d. i. übrig lassen, und in dieser Bedeutung kommt es mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - genau überein. Indessen ist dieses wohl nicht die erste und eigentliche Bedeutung des Wortes leiben, sondern es scheinet mit Leib und leben genau verwandt zu seyn, ob man gleich nicht sagen kann, welches von allen dreyen der Quelle am nächsten ist. Was lebt, ist da oder übrig, und was übrig bleibt, lebt gewisser Maßen. Be verstärkt nur die Bedeutung und deutet ein fortgesetztes Leben oder Daseyn an. Nur in der vierten Bedeutung, da bleiben für sterben gebraucht wird, hat es die entgegen gesetzte und eine jetzt ungebräuchlich gewordene Bedeutung. Bleiben kommt ohne Zusammenziehung noch in dem Buche Belial von 1472 vor. Das Niedersächs. bliben, das Schwed. blifwa, und Dän. blive kommen in der Bedeutung mit dem Hochdeutschen überein. Die alte Gewohnheit, da man das Augmentum zuweilen von den Verbis wegließ, hat sich bey diesem wohl noch am längsten erhalten. Wären wir doch in Mycene blieben, Gottsch. Heut zu Tage aber wird sich wohl kein guter Schriftsteller dieses Übelstandes mehr schuldig machen.


Bleich (W3) [Adelung]


Bleich, -er, -este, adj. et adv. 1) Kränklich weiß, nur von der Farbe des Gesichtes. Bleich seyn, bleich werden. Er ward vor Schrecken blaß und bleich. Von kaltem Schrecken bleich, bath jeder um sein Leben, Weiße. 2) Abgeschossen, nicht den gehörigen Grad der Lebhaftigkeit habend, von Farben. Eine bleiche Dinte. Die Farbe ist sehr bleich. Bleichgelb, bleichroth u. s. f. verschossen gelb, u. s. f. Zuweilen aber auch für blaßgelb, blaßroth.

Anm. Pleich kommt zwar Ein Mahl bey dem Notker und Stryker vor, allein es scheinet doch vornehmlich der Niedersächsischen und der mit ihn verwandten Mundarten eigen zu seyn. Im Nieders. lautet es bleek, im Dän. bleeg, im Schwed. blek, im Isländ. bleikr, im Angels. blac, im Engl. bleak, im Slavon. und Wend. blady und bled. Die Abstammung dieses Wortes ist noch ungewiß. Wachter rechnet es zu - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Frisch zu blank, Ihre muthmaßlich zu black, schwarz, weil bleich ein schwärzliches Weiß bedeutet. Es stehet dahin, ob man es nicht richtiger von blecken, scheinen, ableiten könne, und da würde bleich denjenigen Zustand eines Körpers bedeuten, da dessen zufällige Farbe vergehet, und die natürliche Grundfarbe hervor blicket oder zum Vorscheine kommt. S. Bleichen und Blecken.


Bleichblau (W3) [Adelung]


Bleichblau, adj. et adv. verschossen blau, Franz. bleu-mourant. So auch mit den Nahmen anderer Farben.


Bleiche (W3) [Adelung]


1. Die Bleiche, plur. die -n. 1) Die bleiche Farbe; ohne Plural. Die Bleiche des Gesichts. Im Hochdeutschen kommt diese Bedeutung selten vor. 2) Die Kunst, gewisse Körper zu bleichen, mit allen dazu gehörigen Nebenarbeiten; auch ohne Plural. Die Bleiche verstehen. 3) Der Platz, wo gewisse Körper gebleichet werden, ein Bleichplatz, eine Bleichstätte. Eine Bleiche anlegen. Eine Wachsbleiche, Leinwandbleiche u. s. f. 4) So viel Leinwand als in Einem Stücke gebleichet wird. In Obersachsen muß eine Magd von Martini bis Palmarum vier Bleichen spinnen, jede Bleiche von 12 Ellen. Im Nieders. Blecke, im Pohln. Blech, im mittlern Lateine Albacia und Blancheria.


Bleiche (W3) [Adelung]


2. Die Bleiche, plur. die -n, eine mit Lehm ausgekleibte Wand. In dieser Bedeutung, in welcher das Wort wohl nur in Obersachsen üblich ist, scheinet es zu Planke zu gehören. S. auch Bleichwand.


Bleichen (W3) [Adelung]


Bleichen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, bleich, d. i. weiß werden, besonders von der Luft und Sonne weiß gemacht werden. Die Leinwand, das Wachs hat noch nicht genug gebleichet. Ein schwarzer Mohr, der aber wieder gebleichet hat, Weiße. In figürlicher Bedeutung sagt Hagedorn von dem Weine: Und wär' es auch der beste Wein, Der an der Mosel bleichet, d. i. an der Sonne reifet.2. Als ein Activum, eine weißere oder bleichere Farbe verschaffen; besonders durch Hülfe der Luft und Sonne weiß machen. Leinewand, Wachs, Knochen, Haare u. s. f. bleichen, sie an die freye Luft legen, damit selbige alle Unreinigkeiten verzehre, und die wahre weiße Farbe zum Vorscheine komme. Vergebens bleicht man einen Mohren, Vergebens straft man einem Thoren, Gieseke. Aber auch vermittelst anderer Mittel. Eisen bleicht man mit Scheidewasser und Zinn, wollene Tücher oder Zeuge mit Seife oder Kreide und Indigo oder Schwefel, die Seide mit Seife und Schwefel. Die Gärtner bleichen Endivien und Sellerie, wenn sie selbige an einem von der Luft und Sonne verschlossenen Orte ziehen, um sie weißer und angenehmer auf den Tisch zu liefern.

Anm. Ottfried gebraucht B. 2, Kap. 14, V. 211 bleichen Ein Mahl von dem weiß werden, d. i. Reifen des Getreides. Das Nieders. bleken, Schwed. bleka, Angels. blaecan, ablican, Engl. bleach, kommen mit dem Hochdeutschen überein. Herr Ihre will dieses Wort nicht zu bleich rechnen, weil es auch in allenSlavonischen Mundarten angetroffen wird, also wohl zunächst aus dem ehemahligen Scythien herstammen müsse. Allein daraus scheinet wohl nichts zu folgen. So fern dieses Wort ein Neutrum ist, gehet es im Oberdeutschen irregulär, ich blich, geblichen; welche Conjugation noch das zusammen gesetzte verbleichen behalten hat. So auch Erbleichen.


Bleicher (W3) [Adelung]


Der Bleicher, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Wein, welcher bleich oder blaß von Farbe ist. So pfleget man einen bleich- oder hellrothen Wein gemeiniglich einen Bleiches zu nennen, und im Cölnischen heißt der Wein, der an dem Rheine wächset, Bleichert, vermuthlich wegen seiner blaßgelben Farbe. 2) Der das Bleichen des Wachses oder der Leinwand verstehet, und sich davon nähret. Fämininum die Bleicherinn, plur. die -en.


Bleichhaar (W3) [Adelung]


Das Bleichhaar, des -es, plur. die -e, bey den Perückenmachern das lange Haar von rother oder einer andern unangenehmen Farbe, weil es gebleicht und hernach gefärbet wird.


Bleichplatz (W3) [Adelung]


Der Bleichplatz, des -es, plur. die -plätze, ein Platz zum Bleichen. S. 1 Bleiche 3


Bleichsalz (W3) [Adelung]


Das Bleichsalz, des -es, plur. inus. ein zu Allendorf an der Werra 1770 erfundenes Salz, womit die Leinwand in kurzer Zeit und weniger Seife weiß gebleichet werden kann.


Bleichstätte (W3) [Adelung]


Die Bleichstätte, plur. die -n, S. 1 Bleiche 3. und Bleichplatz.


Bleichsucht (W3) [Adelung]


Die Bleichsucht, plur. inus. eine Krankheit des weiblichen Geschlechtes, die aus einer Verstopfung der Samengesäße herrühret, und sich besonders durch die bleiche Farbe des Gesichtes und des ganzen Leibes äußert; die weiße Gelbsucht, das Weißfieber, die Jungfernsucht, Chlorosis.


Bleichwand (W3) [Adelung]


Die Bleichwand, plur. die -wände, eine mit Lehm ausgekleibte Wand. S. 2 Bleiche.


Bleihe (W3) [Adelung]


Die Bleihe, plur. die -n, eine Art breiter Weißfische mit einem kleinen Kopfe und mittelmäßig großen Schuppen, welcher gemeiniglich zwey bis drey, zuweilen aber auch sechs und mehr Pfund schwer wird; Cyprinus Brama, L. Er gleichet dem Brassen, mit welchem er oft verwechselt wird, und leichet im May und zu Anfange des Junii. Im Oberdeutschen heißt dieser Fisch auch Plee, Blie, Blauling, Balche, im Nieders. Bleie, Blackfisch, Bleier, Bleiert, im Holländ. Bleye, in den Nordischen Mundarten Bleege. Kleine Bleihen heißen im Oberdeutschen Bliegg, Blickt, Bliggle, in der Mark Brandenburg Plötzen, im Nieders. Bleiken, Bleken. S. auch Albule. Bleihen, welche ein Jahr und darüber sind, werden im Brandenburgischen Bleihfinken, und wenn sie zwey und drey Jahre als sind, Schoßbleihen genannt. Der Nahme rühret ohne Zweifel von der bleichen Farbe her, von welcher diese ganze Classe auch den Nahmen der Weißfische erhalten hat. In einigen Gegenden ist dieses Wort männlichen Geschlechtes, der Bleihe. Viele schreiben es Bley oder Bleye, verdunkeln aber dadurch die Abstammung von bleich noch mehr.


Bleken (W3) [Adelung]


Bleken, S. Blecken.


Blende (W3) [Adelung]


Die Blende, plur. die -n, überhaupt alles, was blendet, doch am häufigsten nur noch in einigen besondern Fällen.1. Was den freyen Gebrauch der Augen hindert. So ist, 1) die Blende bey den Pferden ein Leder, welches sie hindert, auf etwas anders als auf den Weg zu sehen; das Blendleder, das Scheuleder. 2) Eine Spanische Wand, oder ein Verschlag, der einen Ort den Augen der Anwesenden entziehet, heißt im gemeinen Leben gleichfalls eine Blende. 3) In Belagerungen und dem Festungsbaue ist die Blende alles, wodurch man dem Feinde den Anblick einer Sache benimmt. 4) Die Bergleute pflegen auch eine Blendlaterne eine Blende zu nennen. Diesen Nahmen führet bey ihnen aber auch, 5) das Wetterthürlein auf den Strecken und Stollen, vermittelst dessen man die Luft dahin leitet, wohin man sie haben will. 2. Was verblendet, d. i. was eine Sache als gegenwärtig vorstellet, die noch nicht vorhanden ist. In diesem Verstande heißt, 1) vornehmlich eine glänzende Bergart Blende, ohne Plural, welche ein mit Eisen und Schwefel vererzter Zink ist, aus großen und kleinen glänzenden Schuppen bestehet, und kein Erz enthält, ob sie gleich ein schönes Ansehen hat, und daher den Unwissenden oft genug verblendet; Pseudogalaena, im Böhmischen Plent, in den Ungarischen Bergwerken aber, der äußern Ähnlichkeit wegen, Colfon. Zu Freyberg wird diese Blende die grobe Blende genannt, zum Unterschiede von einem strengen eisenartigen Glimmer, der daselbst gleichfalls Blende heißt, und unter die schwarzen Silbererze gehöret, weil er bis eine Mark Silber hält. 2) In der Baukunst ist Blende ein jedes blindes Fenster oder Thür, welche nur um des Ebenmaßes willen da ist; ingleichen eine Vertiefung in eine Mauer, Bilder hinein zu setzen; S. Bilderblende. 3) Wenn der Hirsch mit dem Hinterfuße die Fährte länger oder breiter macht, als sie gewöhnlich ist, und dadurch den Jäger verblendet, daß er ihn für größer und stärker anspricht, als er ist, so heißen dergleichen Tritte gleichfalls Blenden oder Blendetritte.


Blenden (W3) [Adelung]


Blenden, verb. reg. act. blind machen. 1) Eigentlich. Jemanden blenden, ihm die Augen ausstechen. Einen Vogel blenden, ihn mit einem glühenden Drahte des Gesichtes berauben. 2) In weiterer Bedeutung, auf kurze Zeit blind machen, den freyen Gebrauch der Augen hindern. So blendet allzu vieles Licht, gewisse allzu helle Farben u. s. f. Ein gemeines Auge läßt sich durch den Glanz, der weltlichen Güter blenden, Dusch. Muß sich denn alles um mich herum in einem so blendenden Glanze von Tugend zeigen? So blendend weiß ist nicht der Schwan, Weiße. Auch die Pferde werden geblendet, wenn man ihnen vermittelst eines Leders die freye Aussicht auf die Seite benimmt. 3) Verblenden, durch eine gegebene Reitzung den freyen Gebrauch des Verstandes hindern. Geschenke und Gaben blenden die Weisen. Laß dich nicht blenden. Der Sehenden Augen werden sich nicht blenden lassen, Jes. 32, 3. 4) Einen Bienenstock blenden, ihn quer durch die Mitte der Höhe abtheilen; damit die Bienen ihn für kleiner halten, als er ist, und desto fleißiger arbeiten. Geblendete Felle sind bey den Kürschnern durch einen äußern Anstrich gefärbte, zum Unterschiede von den natürlichen. Die Thore blenden, in Belagerungen, sie den Augen des Feindes entziehen. Bey den Jägern blendet der Hirsch den Jäger, wenn er Blendetritte macht, S. Blende. 2. In einem andern Verstande ist bey ihnen das Jagen geblendet, theils wenn es mit Lappen umstellet ist, damit sich das Wild scheue, theils wenn die Jagdzeuge zu Boden liegen und Verrissen werden. Der Färber blendet die Zeuge, wenn er sie zum ersten Mahle in die Farbe eintaucht, und dadurch die Farbe gleichsam gründet.Daher die Blendung, so wohl von der Handlung des Blendens in der ersten Bedeutung, als auch von demjenigen, was da blendet, in einigen besonderen Fällen. In dem Festungsbaue heißet daher alles dasjenige, was man vorsetzet oder vorspannet, dem Feinde die freye Aussicht zu benehmen, eine Blendung, und in den Perspectiven sind Blendungen runde Stückchen Blech oder Pappe, das überflüssige Licht abzuhalten. S. auch Blende.

Anm. Blenden kommt schon bey dem Notker vor, und ist das Activum von dem veralteten blinden, blind werden, wie senken von sinken. S. Blind.


Blendetritt (W3) [Adelung]


Der Blendetritt, des -es, plur. die -e, S. Blende 2. 3).


Blendfenster (W3) [Adelung]


Das Blendfenster, des -s, plur. ut nom. sing. ein mit geöhltem Papiere bezogener Rahm, welchen die Kupferstecher vor das Fenster setzen, das überflüssige Licht abzuhalten.


Blendig (W3) [Adelung]


Blendig, adj. et adv. im Bergbaue, Blende in sich enthaltend. Blendiges Gestein. Eine blendige Bergart.


Blendkugel (W3) [Adelung]


Die Blendkugel, plur. die -n, in Belagerungen, eine Kugel, welche durch ihren Dampf den Feind blendet, d. i. ihm die freye Aussicht benimmt; die Dampfkugel, Rauchkugel.


Blend-Laterne (W3) [Adelung]


Die Blend-Laterne, plur. die -n, eine Laterne, mit einer einzigen runden Öffnung, welche mit einem erhabenen Glase versehen ist, vermittelst deren man alles siehet, ohne selbst gesehen zu werden. Weil diese Lanternen den Dieben vortheilhaft sind, so werden sie auch Diebes-Laternen genannt.


Blend-Leder (W3) [Adelung]


Das Blend-Leder, des -s, plur. ut nom. sing. S. Blende 1.


Blendling (W3) [Adelung]


Der Blendling, des -es, plur. die -e, überhaupt ein jedes Ding, welches von seiner gewöhnlichen Art abweicht, und welches man sonst auch einen Bastard zu nennen pfleget. 1) Ein natürliches, außer der Ehe erzeugtes Kind; welche Bedeutung aber wenig mehr vorkommt. 2) Thiere, die von ihrer gewöhnlichen Art abweichen, oder von Ältern zweyerley Art erzeuget worden. Ich bin ein ächter Engelsmann und kein Blendling, heißt es in dem Thomas Jones. Besonders nennt man in der Jägerey eine Art Hunde Blendlinge, welche von einer niedrigen Dänischen oder andern Hündinn und einem Windhunde erzeuget worden. Lämmer von einheimischen Schafen, die mit Englischen oder Spanischen Widdern belegt worden, heißen gleichfalls Blendlinge. Um Bremen führet diesen Nahmen eine Gattung Rindvieh, welche halb Jütisch und halb Friesisch ist, und eben daselbst nennet man ein jedes Ding, welches von verschiedenen Gattungen etwas an sich hat, halbblandern.

Anm. Dieses Wort kommt von Blende, so fern dasselbe ein Ding bedeutet, das den Schein von einer Sache hat, die es doch nicht ist, also den Zuschauer verblendet. Wenn es nicht vielmehr von dem Schwed. blanda und Engl. to blend, vermischen, ist.


Blendrahmen (W3) [Adelung]


Der Blendrahmen, des -s, plur. ut nom. sing. ein hölzerner Rahmen, auf welchem die Leinwand zum Mahlen gespannet wird. Blend bedeutet hier so viel als blind, ein blinder Rahm, der nur auf kurze Zeit diese Stelle vertritt.


Blendstein (W3) [Adelung]


Der Blendstein, des -es, plur. die -e, eine Art Dachziegel ohne Nasen und mit Löchern, womit man das Holzwerk an den Gebäuden zu verblenden, d. i. den Augen zu entziehen pfleget, damit es von der Witterung nicht beschädiget werde.


Blendung (W3) [Adelung]


Die Blendung, plur. die -en, S. Blenden.


Blendwerk (W3) [Adelung]


Das Blendwerk, des -es, plur. die -e, alles wodurch andere geblendet oder verblendet werden sollen. 1) Eigentlich, in welcher Bedeutung man in Belagerungen alles dasjenige ein Blendwerk nennet, womit man die Mannschaft in der Geschwindigkeit den Augen und dem Geschütze des Feindes entziehet. Auch die Querbalken über die Laufgräben, welche mit Faschinen und Erde bedeckt werden, heißen ein Blendwerk oder Deckwerk. 2) Figürlich, dasjenige, wodurch man jemanden den freyen Gebrauch der Augen seines Verstandes benimmt, besonders eine Erdichtete Erzählung, Entschuldigung, Ursache u. s. f. Einem ein Blendwerk vormachen. Das sind nur Blendwerke.


Blesse (W3) [Adelung]


Die Blesse, S. Blässe.


Blessiren (W3) [Adelung]


* Blessiren, verb. reg. act. und die Blessur, plur. die -en, zwey ohne Noth und Nutzen aus dem Französischen erborget Wörter für verwunden, Verwundung und Wunde.


Bletz (W3) [Adelung]


1. Der Bletz, ein Fisch, S. Plötz.


Bletz (W3) [Adelung]


2. Der Bletz, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, ein eiserner Keil, welcher in das klüftige Gestein getrieben wird, dasselbe damit zu gewinnen. Im Oberdeutschen ist Bletz ein Jeder Flicken oder Lappen, und bletzen flicken. S. Frischens Wörterb. und Schilters Gloss. Das Schwedische Plös hat gleiche Bedeutung, Plaett aber bedeutet in dieser Sprache ein jedes kleines Stück. Wie fern das bergmännische Bletz scheinet auch eine Fuge, und gehöret, weiß ich nicht. Bletz scheinet auch eine Fuge, und bletzen in einander fügen bedeutet zu haben. In dem 1483 gedruckten Buche der Natur heißt es: Die finger seynd in die hend gepletzet, darumb das di hend geschickt und gemachsam seyen zu allen werken.


Bletzfaß (W3) [Adelung]


Das Bletzfaß, des -sses, plur. die -fässer, ein Faß in dem Kupferhämmern, worin die harten Stücke abgelöschet werden. Bey den Kupferschmieden ist es ein Faß, worein die verfertigten Kessel gesetzet werden, ihre Farbe zu bekommen.


Bley (W3) [Adelung]


Der Bley, ein Fisch, S. Bleihe.


Bley (W3) [Adelung]


Das Bley, des -es, plur. inus. ein unedles Metall, von weißlicher Farbe, welches das weichste unter allen, und nach dem Golde das schwerste ist. So schwer wie Bley. Gebranntes Bley, in der Chymie, ein schwarzes Pulver, welches man erhält, wenn man zwey Theile Bley mit einem Theile Schwefel zusammen schmelzet; Plumbum ustum. Zuweilen werden auch aus Bley verfertiget Dinge nur schlechthin Bley genannt, z. B. das Senkbley, das Richtbley u. s. f. besonders in der höhern Schreibart. Ein unglückliches Bley traf sein gütiges Herz, eine bleierne Kugel.

Anm. Dieses Metall heißt bey dem Kero Pliuue, bey dem Notker Bli, im Niders. Bli, im Dän. und Schwed. Bly, bey den Bretagnern und Wallisern Plwm, im Böhm. Wolowo, im Pohln. Olow. Diet. von Stade leitet dieses Wort von bleuen, schlagen, ab, weil es sich leicht hämmern lässet, Herr Ihre aber von dem Latein. Plumbum. Allein wenn er sich dabey auf die alte Alemannische Aussprache beruft, und sagt, daß es in derselben ehedem Plun geläutet habe, so hat sich dieser scharfsinnige Mann geirret. Vermutlich hat ihn die Stelle in den Monseeischen Glossen verleitet, wo mit plunen kolben vorkommt. Aber da ist es das Oberdeutsche Beywort bleyen für bleyern. Es scheint daher fast, daß Bley diesen Nahmen von seiner bleich grauen Farbe habe. Eine andere alte Benennung dieses Metalles ist Loth. S. dieses Wort. Im täglichen Umgange und in den Sprachlehren hat dieses Wort so wie alle Metalle keinen Plural. Allein in den Bergwerken und Schmelzhütten höret man täglich die Bleye, oder Bleyer, nicht nur mehrere Arten des Bleyes auszudrucken, sondern überhaupt für Bley.


Bleyarbeit (W3) [Adelung]


Die Bleyarbeit, plur. inus. in den Hüttenwerken, diejenige Arbeit, da die Silbererze mit bleyhaltigen Zuschlägen ausgeschmelzet werden, so daß Silber in das Bley getrieben wird; im Gegensatze der Roharbeit, da die Erze ohne alle Zuschläge ausgeschmelzet werden. S. auch Verbleyen.


Bleyarzeney (W3) [Adelung]


Die Bleyarzeney, plur. die -en, eine jede Arzeney, welche aus dem Bleye verfertiget wird.


Bleyasche (W3) [Adelung]


Die Bleyasche, plur. inus. 1) Diejenige Schlacke, welche aus dem Bleye in Gestalt eines Schaumes oben auf setzet, und leicht in ein graues, der Asche ähnliches Pulver verwandelt werden kann; Bleyschaum. 1) Ein jeder Bleykalk. S. dieses Wort.


Bleybalsam (W3) [Adelung]


Der Bleybalsam, des -es, plur. inus. ein in Terpenthin-Öhl aufgelösetes Bleysalz oder Bleykalk; Balsamus Saturni, welcher auch wohl Bleyöhl genannt wird.


Bleyblumen (W3) [Adelung]


Die Bleyblumen, singul. inus. die feinesten Theile aus dem Bleye, welche eine Gestalt weißer Flocken durch die Sublimation von den größern Theilen geschieden werden; Flores Saturni.


Bleybutter (W3) [Adelung]


Die Bleybutter, plur. car. eine dicke schmierige Substanz, wie Butter, die man erhält, wenn man Bley mit einem corrosivischen Sublimate in einer Retorte destilliret; Butyrum Saturni.


Bleycolik (W3) [Adelung]


Die Bleycolik, S. Bloykolik.


Bleydruse (W3) [Adelung]


Die Bleydruse, plur. die -n, in den Naturalien-Cabinetten, eine Quarzdruse mit sechseckigen großen aschgrauen Krystallen, diein ein Dreyeck auslaufen, und dem Bleyerze nicht unähnlich sehen.


Bleyen (W3) [Adelung]


Bleyen, verb. reg. act. welches nur bey einigen Handwerkern üblich ist. Die Fischer bleyen die Garne, wenn sie Bley daran binden, damit sie untersinken. Bey andern ist bleyen und abbleyen, vermittelst des Bleygewichtes von der senkrechten Richtung urtheilen. S. auch Verbleyen.


Bleyerde (W3) [Adelung]


Die Bleyerde, plur. inus. ein verwittertes Bley, welches in Gestalt des Bleyweißes in der Erde gefunden wird.


Bleyern (W3) [Adelung]


Bleyern, adj. et adv. aus Bley bereitet, von Bley. Bleyerne Gefäße. Ein bleyernes Dach. Die Nacht bereitet ihren bleyernen Zepter über die schlummernde Welt. Ingleichen schwer wie Bley. Und eine Müdigkeit Liegt bleyern noch auf mir, Weiße.


Bleyerz (W3) [Adelung]


Das Bleyerz, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, ein jedes Erz, welches Bley bey sich führet, und in engerer Bedeutung, ein solches Bleyerz, welches vorzüglich auf Bley genutzet wird. Glänzendes Bleyerz, S. Bleyglanz. Blaues Bleyerz, ein übersinterter Bleyglanz, welcher auf dem Harze bricht. Schwarzes Bleyerz, ein halb verwitterter Bleyglanz. Weißes Bleyerz, S. Bleyspath.


Bleyessig (W3) [Adelung]


Der Bleyessig, des -es, plur. inus. ein Weinessig, in welchem Bley oder ein Bleykalk aufgelöset worden; Acetum Saturni.


Bley-Fabrik (W3) [Adelung]


Die Bley-Fabrik, plur. die -en, eine Anstalt, in welches allerley Arbeiten aus Bley im Großen verfertiget werden.


Bleyfalk (W3) [Adelung]


Der Bleyfalk, des -en, plur. die -en, eine Art Falken mit bleyfarbigen Kopfe, Halse und Rücken. Die Hälfte der Flügel ist gleichfalls bleyfarbig mit weißen Schuppen, die andere Hälfte aber kastanienbraun mit weißen Streifen. Weil das Männchen einen glänzenden Ring um den Hals hat, so wird er auch der Ringelfalk genannt; Falco plumbeus cauda tesselata, Kl.


Bleyfarbe (W3) [Adelung]


Die Bleyfarbe, plur. inus. einen bleichgraue Farbe, die der Farbe des Bleyes gleicht. Daher bleyfarbig, adj. et adv.


Bleyfeder (W3) [Adelung]


Die Bleyfeder, plur. die -n, S. Bleystift.


Bleyfluß (W3) [Adelung]


Der Bleyfluß, deß -sses, plur. die -flüsse, in den Naturalien-Cabinetten, ein Bleyerz, welches krystallinisch angeschossen ist. S. Bleykrystallen 2.


Bleyform (W3) [Adelung]


Die Bleyform, plur. die -en, bey den Metallarbeitern, eine Bleyplatte, welche man auf das Metallblech legt, wenn es in der Stanze erhabene Figuren bekommen soll.


Bleygang (W3) [Adelung]


Der Bleygang, des -es, plur. die -gänge, in dem Bergbaue, ein Gang, welcher reiche Bleyerze enthält.


Bleygeist (W3) [Adelung]


Der Bleygeist, des -es, plur. inus. ein brennender Liquor vom herben Geschmacke, welchen man erhält, wenn man Bleysalz in einer Retorte destilliret; Spiritus Saturni.


Bleygelb (W3) [Adelung]


Das Bleygelb, indecl. plur. inus. eine Mahlerfarbe, welche aus calcinirtem Bleyweiße bereitet wird; Massicot.


Bleygießer (W3) [Adelung]


Der Bleygießer, des -s, plur. inus. ein jeder Arbeiter, welcher allerley Dinge, z. B. Kugeln, Schrot', Knöpfe u. s. f. aus Bley gießet.


Bleyglanz (W3) [Adelung]


Der Bleyglanz, des -es, plur. inus. ein jedes Bleyerz, welches eine würflichte Gestalt hat, und das gemeinste Bleyerz ist; Glanz, Bleyschuß. In den Bergwerken kommt auch der Plural die Bleyglanze oder Bleyglänze vor.


Bleyglas (W3) [Adelung]


Das Bleyglas, des -es, plur. inus. dasjenige Glas, welches aus dem Bleye zubereitet wird. Ingleichen in den Schmelzhütten, ein Fluß zum Schmelzen der strengflüssigen Erze, der aus zerstoßenen Kieselsteinen und Glätte besteht.


Bleyglaser (W3) [Adelung]


Der Bleyglaser, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten ein Glaser, oder derjenige Handwerksmann, der das Fen- sterglas in Bley einsetzet, zum Unterschiede von andern Glasarbeitern.


Bleyglätte (W3) [Adelung]


Die Bleyglätte, plur. inus. S. Glätte.


Bleygraupe (W3) [Adelung]


Die Bleygraupe, plur. die -n, in den Naturalien-Cabinetten, kleine weiße Steine, welche bleyhaltig sind. S. Graupe.


Bleyhaft (W3) [Adelung]


Bleyhaft, adj. et adv. dem Bleye ähnlich, welches aber wenig gebraucht wird. S. Bleyicht.


Bleyhaken (W3) [Adelung]


Der Bleyhaken, des -s, plur. ut nom. sing. in den Schmelzhütten, ein Haken, der in das geschmolzene Bley gesetzt wird, um es nach der Erkaltung daran aus dem Schmelztiegel zu heben.


Bleyhammer (W3) [Adelung]


Der Bleyhammer, des -s, plur. die -hämmer, bey den Klempnern, ein Hammer mit einer ebenen Bahn, das Werkbley damit wieder gerade zu schlagen.


Bleyherd (W3) [Adelung]


Der Bleyherd, des -es, plur. die -e, in den Schmelzhütten, derjenige Herd, worauf das Silber vermittelst des Bleyes abgetrieben wird.


Bleyhütte (W3) [Adelung]


Die Bleyhütte, plur. die -n, in den Bergwerken eine Hütte, in welcher die Bleyerze ausgeschmelzet werden.


Bleyicht (W3) [Adelung]


Bleyicht, adj. et adv. dem Bleye ähnlich. Ein bleyichter Geschmack. Eine bleyichte Farbe.


Bleyig (W3) [Adelung]


Bleyig, adj. et adv. Bley in sich enthaltend. Ein bleyiger Letten, bleyiger Mergel, bleyiger Spath. S. das folgende.


Bleyisch (W3) [Adelung]


* Bleyisch, adj. et adv. welches mit dem vorigen einerley Bedeutung hat, nur daß es im Bergbaue am üblichsten ist. Ein bleyischer Letten, bleyischer Mergel, bleyische Zuschläge u. s. f.


Bleykalk (W3) [Adelung]


Der Bleykalk, des -es, plur. von mehreren Arten, die -e. 1) Ein in Kalk verwandeltes Bley, dergleichen unter andern auch das Bleyweiß und die Mennige ist. 2) Ein aus Säuren niedergeschlagenes Bley. 3) Ein verwittertes Bley, welches in kalkartiger Gestalt gefunden wird; Bleyocher. S. Kalk.


Bleykehlchen (W3) [Adelung]


Das Bleykehlchen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Blaukehlchen, dessen Kehle bleyfarbig ist. Der Hals, Rücken und Schwanz sind dunkelbraun, der Schnabel schwarz, und die Füße gelblich. Es hat einen gelben Fleck quer unter den Augen; Sylvia gula plumbea, Kl. Motacilla modularis, L. Brunellchen, Krauthänfling.


Bleykessel (W3) [Adelung]


Der Bleykessel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Kattundruckern, ein hölzerner mit eisernen Reifen belegter Zuber, der inwendig mit Bleyplatten ausgeschlagen ist, den Kattun zum Drucken darin vorzubereiten.


Bleyknecht (W3) [Adelung]


Der Bleyknecht, des -es, plur. die -e, bey den Glasern, ein Stückchen Elfenbein an dem Griffe des Demants, das Fensterbley damit zu öffnen und zuzustreichen.


Bleykolik (W3) [Adelung]


Die Bleykolik, plur. inus. eine Kolik, oder heftiger Leibesschmerz besonders in dem Grimmdarme, mit Bewegung zum Brechen, Magendrücken und Stuhlgang, wobey sich ein Durchfall befindet; Colica Saturnina. Diejenigen, welche viel in Bley arbeite, sind derselben besonders ausgesetzet, weil sie von den eingeschluckten Bleytheilchen entstehet.


Bleykönig (W3) [Adelung]


Der Bleykönig, des -es, plur, die -e, in der Schreibkunst, dasjenige Stück Bley, welches sich bey dem Probieren unten in dem Tiegel setzt. S. König.


Bleykorn (W3) [Adelung]


Das Bleykorn, des -es, plur. die -körner. 1) Ein jedes in kleine Körner verwandeltes Bley. 2) Bey den Probierern wird auch das wenige Silber, welches noch in dem gekörnten Bley stecket, ein Bleykorn genannt. S. Korn.


Bleykrystallen (W3) [Adelung]


Die Bleykrystallen, singul. inus. 1) Diejenigen Krystallen, welche man aus dem in Säuren aufgelöseten Bleye erhält. 2) Ein in Gestalt kleiner Krystallen vererztes Bley.


Bleyloth (W3) [Adelung]


Das Bleyloth, des -es, plur. die -e, ein Loth, d. i. schwerer Körper von Bley, an einen Faden gebunden, theils den senkrechten Stand anderer Körper, theils aber auch die Tiefe desWassers damit zu erforschen. S. Loth, Bleywurf, und Senkbley.


Bleylöthung (W3) [Adelung]


Die Bleylöthung, plur. inus. bey einigen Handwerkern das Löthen mit Bley.


Bleymilch (W3) [Adelung]


Die Bleymilch, plur. car. in der Chymie, ein milchiger flüssiger Körper, welchen man erhält, wenn man Bleysalz in Wasser und Weinessig auflöset und zerflossenes Weinsteinsalz hinein tröpfelt; Lac Saturni, Lac virginis.


Bleymulde (W3) [Adelung]


Die Bleymulde, plur. die -n, in den Schmelzhütten, eine in Gestalt einer Mulde gegossene Bleymasse.


Bleynagel (W3) [Adelung]


Der Bleynagel, des -s, plur. die -nägel, drey Zoll lange Nägel mit großen runden Köpfen, zu den Bleyröhren unter dem Wasser.


Bleyoccher (W3) [Adelung]


Der Bleyoccher, des -s, plur. inusit. ein Occher, welcher aus verwittertem Bleye entstehet. S. Bleykalk z. ingleichen Occher.


Bleyofen (W3) [Adelung]


Der Bleyofen, des -s, plur. die -öfen, eine Art Krummöfen, worin an einigen Orten, z. B. in Tyrol, das Blech geschmolzen wird.


Bleyöhl (W3) [Adelung]


Das Bleyöhl, des -es, plur. inus. in der Scheidekunst. 1) Ein auf Bleysalz gegossener und hernach eingekochter Salpetergeist. 2) Eine fertige Substanz, welche aus Bley und Essig bestehet. 3) Terpenthin-Öhl, in welchem Bleysalz oder Bleykalk aufgelöset worden; Bleybalsam, Oleum Saturni.


Bleypfanne (W3) [Adelung]


Die Bleypfanne, plur. die -n, ein eisernes Gefäß in den Schmelzhütten, worein das Bley nach dem Frischen geschöpfet wird.


Bleyprobe (W3) [Adelung]


Die Bleyprobe, plur. die -n, die Probierung eines Erzes aus Bley.


Bleypulver (W3) [Adelung]


Das Bleypulver, des -s, plur. inusit. ein gepülvertes Bley, welches entstehet, wenn man das Bley schmelzet und Kohlenstaub darunter mischet. Die Töpferglasur wird aus diesem Bleypulver verfertiget.


Bleyrahm (W3) [Adelung]


Der Bleyrahm, des -es, plur. inusit. in der Chymie, die mit dem Bleyessig verstärkte Citronen-Säure, wenn sie durch den Frost verstärket worden; Cremor Saturni.


Bleyrauch (W3) [Adelung]


Der Bleyrauch, des -es, plur. inus. der Rauch, welcher bey dem Schmelzen des Bleyes aufsteiget.


Bleyrecht (W3) [Adelung]


Bleyrecht, adj. et adv. der Richtung des Bleylothes, oder der natürlichen Richtung eines fallenden Körpers gemäß; lothrecht, senkrecht, perpendiculär. Die bleyrechte Linie. Die Mauer steht nicht bleyrecht.


Bleyreif (W3) [Adelung]


Der Bleyreif, des -es, plur. die -e, bey den Fischern, ein mit bleyernen Ringen versehenes Seil an dem Netze, dasselbe auf den Grund zu ziehen, die Bleyschnur; zum Unterschiede von dem Floßenreife.


Bleyrohr (W3) [Adelung]


Das Bleyrohr, des -es, die -e, ein messingenes Rohr, einen Bleystift darin bey sich zu tragen.


Bleyroth (W3) [Adelung]


Das Bleyroth, indecl. plur. inus S. Mennige.


Bleyruthe (W3) [Adelung]


Die Bleyruthe, plur. die -n, Nadeln oder Stifte von Bley an dem Harnische der Seidenweberstühle, den Harnisch herab zu ziehen; Franz. les Aiguilles.


Bleysack (W3) [Adelung]


Der Bleysack, des -es, plur. die -säcke, in den Schmelzhütten, die Unreinigkeit und das Bley, welches in Gestalt eines Sackes unten an dem geschmelzten und gestandenen Silber hängt, wenn man es aus dem Feuer hebt.


Bleysaffran (W3) [Adelung]


Der Bleysaffran, des -s, plur. inus. ein aus dem Bleye verfertigter Saffran oder Crocus, der unter dem Rahmen der Mennige am bekanntesten ist. S. dieses Wort, ingleichen Saffran.


Bleysalpeter (W3) [Adelung]


Der Bleysalpeter, des -s, plur. inus. in der Chymie, in Salpetersäure aufgelöstes und behuthsam abgerauchtes Bley.


Bleysalz (W3) [Adelung]


Das Bleysalz, des -es, plur. inus. ein Bley in Gestalt eines Salzes, welches man erhält, wenn man Bley in der Essigsäure auflöset, und die Auflösung abdünstet; Sal Saturni, Vitriolum Saturni. Weil dieses Salz süßlich ist, so wird s gemeiniglich Bleyzucker genannt; Saccharum Saturni.


Bleysand (W3) [Adelung]


Der Bleysand, des -es, plur. inus. Bley in Gestalt eines Sandes, welches zu Venedig gemacht, und die Uhrgläser gethan wird, weil es die Feuchtigkeit der Witterung nicht so an sich ziehet.


Bleyschaum (W3) [Adelung]


Der Bleyschaum, de -es, plur. inus. S. Bleyasche.


Bleyscheit (W3) [Adelung]


Das Bleyscheit, des -es, plur. die -e, S. Bleywage.


Bleyschicht (W3) [Adelung]


Die Bleyschicht, plur. die -en, in den Schmelzhütten, so viel Bley als ein Mahl, das ist in 24 Stunden, geschmelzet werden kann.


Bleyschiefer (W3) [Adelung]


Der Bleyschiefer, des -s, plur. inus. ein Schiefer, welcher Bley enthält, bleyischer Schiefer.


Bleyschlacke (W3) [Adelung]


Die Bleyschlacke, plur. die -n, die von geschmelztem Bley übrig bleibende Schlacke.


Bleyschlich (W3) [Adelung]


Der Bleyschlich, des -es, plur. inus. 1) Ein in Schlich verwandeltes Bleyerz. 2) Ein Bleyglanz, der mit rothbraunen Zinnopol eingesprenget ist. S. Bleyschuß 2.


Bleyschmiege (W3) [Adelung]


Die Bleyschmiege, plur. die -n, bey den Zimmerleuten, der schräge Schnitt, vermittelst dessen zwey Sparren oben mit einander verbunden werden, weil er bleyrecht oder perpendiculär fällt.


Bleyschnur (W3) [Adelung]


Die Bleyschnur, plur. die -schnüre, eine mit einem Stücke Bley versehene Schnur, so wohl den bleyrechten Stand der Körper, als auch die Tiefe des Wassers damit zu erforschen. S. Bleyloth, Bleywurf, ingleichen Bleyreif.


Bleyschuß (W3) [Adelung]


Der Bleyschuß, des -sses, plur. inus. 1) In den Ungarischen Bergwerken, ein jeder Bleyglanz, weil derselbe in viereckten Krystallen angeschossen zu seyn scheinet. 2) Besonders der mit lederfarbigem Zinnopol eingesprengte Bleyglanz; Bleyschlich. S. Schuß.


Bleyschweif (W3) [Adelung]


Der Bleyschweif, des -es, plur. inus. ein Bleyerz, welches dem Bleyglanze gleicht, nur daß es klarkörnig und ohne alle Figur ist, sich auch schmierig angreifen lässet; Wasserbley. Das Erz, welches in demselben bricht, wird im Bergbaue bleyschweifiges Erz genannt.


Bleyschwere (W3) [Adelung]


Die Bleyschwere, plur. die -n, bey den Probierern, eine gewisse Quantität Bley, welche den Erz- und Silberproben zugesetzet wird.


Bleyspath (W3) [Adelung]


Der Bleyspath, des -es, plur. von mehreren Arten, die -e, ein weißes oder gelbgrünes, mit Arsenik versetztes Bley, welches dem Spathe gleicht. Zu Johann Georgenstadt wird auch ein bleyhaltiger oder bleyischer Mergel Bleyspath genannt.


Bleystampfe (W3) [Adelung]


Die Bleystampfe, plur. die -n, bey den Silberarbeitern, eine dicke mit Löchern versehene Bleyplatte, den Löffeln darin ihre Figur zu geben.


Bleystange (W3) [Adelung]


Die Bleystange, plur. die -n, eine an den Enden mit Bley ausgegossene hölzerne Stange der Seiltänzer, sich vermittelst derselben im Gleichgewichte zu halten.


Bleystein (W3) [Adelung]


Der Bleystein, des -es, plur. die -e, 1) In den Schmelzhütten, ein durchschwefelter bleyischer Stein, welcher bey dem Verbleyen der Silbererze zuweilen oben auf der Masse schwimmt. Äugiger Bleystein, der sehr löcherig ist. 2) Im gemeinen Leben wird auch das feine Englische Wasserbley, welches härter, aber leichter, als das gewöhnliche ist, Bleystein genannt; ohne Plural.


Bleystift (W3) [Adelung]


Der Bleystift, des -es, plur. die -e, ein in Holz gefaßtes längliches Stück Wasserbley, damit zu zeichnen und zu schreiben;in einigen Gegenden nur das Bley. Die dieses Wort im Ungewissen Geschlechte gebrauchen, haben nur eine besondere Mundart für sich. S. Stift.


Bleystufe (W3) [Adelung]


Die Bleystufe, plur. die -n, eine jede Stufe Bleyerz.


Bleytisch (W3) [Adelung]


Der Bleytisch, des -es, plur. die -e, in den Bley-Fabriken, ein langer und breiter Tisch, das Bley darauf zu Platten zu gießen.


Bley-Vitriol (W3) [Adelung]


Der Bley-Vitriol, des -es, plur. inus. in der Chymie, ein Bleysalz, welches man erhält, wenn man Vitriol-Säure in eine salpetersauere Bleyauflösung gießt.


Bleywage (W3) [Adelung]


Die Bleywage, plur. die -n. 1) Eine Wage, vermittelst eines an einem Faden befindlichen Stückes Bley, die horizontale oder wasserrechte Beschaffenheit einer Fläche zu messen; die Setzwage, Schrotwage, Wasserwage. 2) Bey den Probierern eine Wage, das Bley zum Kapelliren darauf abzuwägen. Sie ist größer als die Probierwage.


Bleyweiß (W3) [Adelung]


Das Bleyweiß, indecl. oft aber auch des -es, plur. inus. 1) Ein vermittelst des Essiges zubereiteter Bleykalk; Böhm. Pleweys. Der feineste wird Schieferweiß genannt. Oft nennet man es auch weißes Bleyweiß, zum Unterschiede von den folgenden, welches bey einigen schwarzes Bleyweiß heißt. Denn, 2) auch das Wasserbley oder Reißbley, wird von einigen Bleyweiß, und schwarzes Bleyweiß genannt. Daher der Bleyweißschneider, des -s, plur. ut nom. sing. der dasselbe zu Bleystiften zubereitet.


Bleywurf (W3) [Adelung]


Der Bleywurf, des -es, plur. die -würfe. 1) Ein Bleyloth, die Tiefe des Meeres und Beschaffenheit des Grundes zu erforschen. Und sie senkten den Bleywurf ein, Apostelg. 27, 28. Indessen ist dieser Ausdruck den Seefahrern unbekannt, indem sie statt dessen die Ausdrücke Bleyloth, Loth, Senkbley u. s. f. gebrauchen. S. Bleyloth und Bleyschnur. 2) der Auswurf dieses Bleyes in das Meer.


Bleywurz (W3) [Adelung]


Die Bleywurz, plur. inus. eine mit fünf Staubfäden und einem Staubwege, wovon eine Art in Ostindien, die andere aber auch in dem mittägigen Europa wächset; Plumbago, L.


Bleyzapfen (W3) [Adelung]


Der Bleyzapfen, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, ein rundes und auf einer Seite breites Eisen, welches in den Rundbaum gesteckt wird, das Erz vermittelst desselben herauf zu ziehen. Bey den Müllern ist es ein eiserner Zapfen an den Enden der Welle eines Wasserrades.


Bleyzeichen (W3) [Adelung]


Das Bleyzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) In den Fabriken, das bleyerne Zeichen, welches nach geschehener Besichtigung an die Zeuge und Tücher gehänget wird; das Fabriken-Bley. 2) Bey den Jägern, der Strich, welchen der Hirsch mit den Spitzen der Schale auf den Felsen macht, weil er eben so glänzt, als wenn er mit einem Bleystifte gezeichnet wäre.


Bleyzinnober (W3) [Adelung]


Der Bleyzinnober, des -s, plur. inus. ein Zinnober, welchen man erhält, wenn man Bleybutter destilliret hat, und das Feuer noch einige Stunden bis zum Glühfeuer fortsetzet; Cinnabaris Saturni.


Bleyzucker (W3) [Adelung]


Der Bleyzucker, des -s, plur. inus. S. Bleysalz.


Bleyzug (W3) [Adelung]


Der Bleyzug, des -es, plur. die -züge, bey den Glasern, ein Werkzeug, das Fensterbley darin zu ziehen, die Ziehmaschine, und dieses Fensterbley selbst. Daher der Bleyzieher oder Bleyzugmacher, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Glasern, der Altgesell, der das Fensterbley ziehet oder verfertiget.


Blick (W3) [Adelung]


Der Blick, des -es, plur. die -e, von dem folgenden Verbo blicken, und zwar,1. So fern dasselbe ein Neutrum ist, 1) der schnell vorüber gehende Schein eines leuchtenden Körpers, obgleich nur in einigen wenigen besonderen Fällen. Die Sonne thut einen Blick durch die Wolken. Regenwetter mit untermischten Sonnenblicken. Der Blick des Silbers auf dem Treibeherde, weil es, indem das Bley von demselben in den Test gehet, einen schnellen vielfarbigen Schein von sich gibt. Das Silber thut einen Blick, oder blicket. S. Blicksilber. Wenn es Hab. 4, 11, heißt: die Pfeile fuhren mit Glänzen dahin und die Speere mit Blicken des Blitzes; so stehet Blick in dieser Verbindung wider den Hochdeutschen Sprachgebrauch; ob es gleich in Strykers altem Gedichte bey dem Schilter heißt: Seines Swertes ort blicke, die Blicke oder Blitze von der Spitze seines Schwertes, S. Blitz.2. Derjenige Körper, der einen solchen Blick von sich gibt, gleichfalls nur in einigen wenigen Fällen. So nennen die Probierer und Hüttenleute diejenige Masse Silber, welche auf Ein Mahl blickt, oder so viel Silber auf Einem Mahle abgetrieben wird, einen Blick. Bey den Mahlern und Kupferstechern sind Blicke diejenigen Theile eines Körpers, welche als erleuchtet vorgestellet werden.II. So fern blicken ein Activum ist, das schnell vorüber gehende Anschauen einer Sache, welches mit einer einzigen Bewegung der Augen geschiehet.1. Eigentlich. Einen Blick auf etwas thun, oder werfen, eigentlich plötzlich darauf hinsehen, ohne eben so geschwinde weder wegzusehen. Der erste Blick, den er auf sie that. Sie warf mir von der Seite einen verächtlichen Blick zu, Dusch. Und jeder Blick, den er auf Lorchen warf, Gell. Ich bekam nichts wie lauter verdrießliche Blicke von ihm. Einem einen. heimlichen Blick geben. Durch Blicke mit jemanden reden. Hey welh ein lebendes ougen brechen Swa spilnde blike bringent munt zu munde, König Wenzel. Ich habe ihn gleich auf den ersten Blick erkannt. Ihr feuriger Blick Schießt mächtige Strahlen umher, Zachar. Auf ähnliche Art sang schon die Winsbeckinn: Schuis wilder blicke niht zevil. 2. Figürlich, das Auge, besonders so fern sich in demselben die Leidenschaften und Empfindungen schildern, in der Höhern Schreibart. Sein Blick ruhete unverwandt auf dem Greife, Geßn. Ja die ganze Geschichtsbildung, so fern sie eine Dolmetscherinn der Seele ist. Je länger er ihn ansahe, desto finsterer ward seine Miene und desto wilder sein Blick. Einen ernsthaften Blick gegen jemanden annehmen. Blöde und seufzend, den Blick zur Erde geschlagen, Geßn. Du weichst von mir zurücke? Was sagt die trübe Stirn? Was die umwölkten Blicke? Weiße.

Anm. Bey den ältern Schriftstellern wird Blick für Blitz gebraucht, S. dieses Wort. In der heutigen Bedeutung kommt es zuerst bey dem Stryker vor. So fern dieses Wort die kurze Zeitdauer eines Blickes bezeichnet, ist jetzt Augenblick üblich, welches Wort ehedem überhaupt von einem jeden Blicke, der vermittelst der Augen geschiehet, gebraucht wurde.


Blicke (W3) [Adelung]


Die Blicke, plur. die -n, ein Nahme, welcher in manchen Gegenden verschiedenen Arten von Weißfischen gegeben wird. 1) Dem Cyprinus Alburnus, L. welcher gemeiniglich im engern Verstande Weißfisch, in andern Gegenden aber Blüthe, Ukeley, Ochelbetze u. s. f. genannt wird. 2) Dem Cyprinus Zerta, L. welcher auch Nase, und in Meißen auch Zerte heißt. S. auch Flinke.


Blicken (W3) [Adelung]


Blicken, ver. reg. welches in einer doppelten Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1. Einen kurzen, schnell vorüber gehenden Schein von sich geben. 1) Eigentlich. Die Sonne blickt durch die Wolken. Das Silber blickt auf dem Treibeherde, wenn es, indem es von dem Bleyeverlassen wird, einen schnellen farbigen Schein von sich gibt. Außer diesen beyden Fällen wird es heut zu Tage im Hochdeutschen in dieser Bedeutung wohl nicht mehr üblich seyn. ehedem gebrauchte man es auch in andern Fällen, theils für blitzen, wovon noch bey dem Logau ein Beyspiel vorkommt: Der Donner, den der Hofehimmel schickt,Trifft, ehe man es merkt, daß er geblickt. In ältern Zeiten kommt diese Bedeutung noch häufiger vor. S. Blitzen. Theils auch für blinken, glänzen. Der Wagen - blicken wie Fackeln, Nahum 2, 4. Nicht kehre mir den Rücken, Laß ja dien Antlitz blicken Als meiner Seelen Licht, Opitz. 2) Figürlich, zum Vorschein kommen. was läßt sich da blicken? Laß dich nie wieder vor mir blicken. Wo er sich nur blicken lässet, da umringt ihn eine Schaar frohlockender Bürger. Nach einer noch weitern Figur. was für eine Verachtung aller andern blickt ihm nicht aus jeder Miene! Less. Die Armuth blickt bey ihm überall hervor. Viele Härte blicken lassen, äußern, verrathen, zeigen.2. Schnell, mit einer einzigen Bewegung der Augen sehen. Ich blicke nur dahin, so ward ich es gewahr. Nach etwas blicken. Seitwärts blicken. Wir dürfen nur recht zärtlich auf sie blicken, Gell. II. Als ein Factitivum, blicken lassen, in der höhern Schreibart, und mit der vierten Endung des Nennwortes. Sein Wildes Auge blickte Tod und Verwüstung um sich her. Grimmige unbekannte Thiere, oder die gar Feuer speieten - - oder grausame Funken aus den Augen blickten, Weish. 11, 19. Auf ähnliche Art heißt in der Mahler- und Zeichenkunst, blicken, das Licht heller machen, es gleichsam blicken lassen, im Gegensatze des Druckens, oder der Verdunkelung des Schattens.

Anm. Blicken, Holländ. blyken, Angels. blican, Schwed. blicka, ist eigentlich das Frequentativum und Intensivum von bliga, welches noch im Schwedischen für ansehen üblich ist, und welches Herr Ihre von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich sehe, herleitet. Noch näher kann man es von dem alten Oberdeutschen in Schwaben noch üblichen lugen, sehen, ableiten. Das b ist die Vorsylbe be, welche mehrern Wörtern ihr e verloren hat. S. auch Belugsen, Ablugsen, Blühen und Licht. Die ältesten Alemannischen und Fränkischen Schriftsteller gebrauchen es für blitzen, welches ein Frequentativum von einem andern gleichlautendem Worte ist. S. dieses Wort. Blicken und blecken gehören genau zusammen, und der Analogie zu Folge, sollte jenes das Neutrum, dieses aber das Activum seyn; allein man hat sie beyde schon von Alters her häufig mit einander verwechselt.


Blickfeuer (W3) [Adelung]


Das Blickfeuer, des -s, plur. ut nom. sing. in der Seefahrt, Losungen, welche man dadurch gibt, daß man nur das Zündkraut abbrennen, und gleichsam blicken lässet. Auch das Feuer, welches auf den Baken und Leuchtthürmen angezündet wird, pflegt von den Seefahrern Blickfeuer genannt zu werden.


Blickgold (W3) [Adelung]


Das Blickgold, des -es, plur. inus. Gold, welches noch Silber in sich enthält, so wie es nehmlich von der Kapelle kommt. S. Blicksilber.


Blickling (W3) [Adelung]


Der Blickling, des -es, plur. die -e, im Hennebergischen, ein Nahme gewisser Weißfische. S. Bleihe und Blicke.


Blicksilber (W3) [Adelung]


Das Blicksilber, des -s, plur. inus. reines Silber, so wie es ist, wenn es auf dem Treibeherde, oder auf der Kapelle geblickt hat, da es außer dem bey sich habenden Golde auf 15 Loth Silber noch 1 Loth Unreinigkeiten und Kupfer bey sich führet.


Blind (W3) [Adelung]


Blind, -er, -este, adj. et adv. des Gesichtes, oder der Werkzeuge des Sehens beraubt. 1. Eigentlich. Blind seyn. Auf einem Auge, auf beyden Augen blind seyn. ein blinder Mann. Sprichw. Ein blinder Mann, ein armer Mann, weil die Blindheit in der Erbfolge von den Lehengütern ausschließet. Er urtheilet, wie ein Blinder von der Farbe, ohne Kenntniß. Einen hohen Grad der Blindheit druckt man im gemeinen Leben durch starrblind, stockblind aus; S. diese Wörter. Hierher gehöret auch die im täglichen Umgange übliche figürliche R. A. blind kommen, oder blind ankommen, wie ein Blinder, der überall anstößet, empfangen werden. wer so etwas von mir verlangt, der kommt bey mir blind, oder der kommt bey mir an, der betriegt sich in seiner Hoffnung. Da kommt die List der Mißgunst blind, Günth. Da kommt Damötas blind, euch macht er wohl nicht dumm, Rost. 2. In weiterer Bedeutung, auf kurze Zeit des Gesichtes beraubt. Jemanden mit sehenden Augen blind machen, im gemeinen Leben, ihm etwas überreden, wovon ihm doch seine Augen das Gegentheil versichern. Unfallo das allein darumb seyt, Das er den Geld möcht machen plindt Mit gesehenden Augen, Theuerd. Kap. 48. Hierher gehöret auch das im gemeinen Leben übliche Spiel, die blinde Kuh, da einer mit verbundenen Augen einen andern aus der Gesellschaft erhaschen muß, welches Spiel in Oberdeutschland, Franken und Thüringen Blinzelmäuschen, Blinzelmaus, blinde Mäuslein, im Schwed. Blindbock, im Dän. Blindebuk, im Franz. aber Cligne-mussette heißt, welche Benennung mit dem Deutschen Blinzelmäuschen überein kommt. im Griech. hieß dieses Spiel Collabismus, von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ansonsten, weil eine solche blinde Kuh überall anstößt. in Italien, wo es, dem Verelius zu Folge, von den Ostgothen soll seyn eingeführet worden, ist es unter dem Nahmen Gioco de la cieca bakannt. Worm hat den wunderlichen Einfall, daß dieses Spiel erfunden worden, der Absichten Julii Cäsaris wider die nordischen Völker zu spotten.3. Figürlich. 1) Trübe, seines Glanzes beraubt. Das Silber siehet ganz blind aus. De Spiegel ist blind geworden.2) Nur den Schein einer Sache habend. Blinde Fenster, blinde Thüren, in der Baukunst, die wie Fenster und Thüren aussehen, ohne es wirklich zu seyn. Blinde Taschen, bey den Schneidern. Blinde Köpfe setzen, bey den Mundärzten, Schröpfköpfe ohne Öffnung der Haut setzen. Blinde Soldaten haben, oder führen, Soldaten als wirklich vorhanden angeben, die doch nicht im Dienste sind. So auch im Bergbaue, blinde Häuer, und in der Seefahrt, blinde Matrosen führen. Ein blinder Lärm, der ohne Grund, ohne wirklich vorhandene Gefahr gemacht wird. Ein blinder Angriff, der nur zum Scheine, oder doch ohne Kugel, Blind laden, entweder nur zum Scheine, oder doch ohne Kugel, bloß mit Pulver laden. Blind schießen, ohne Kugel. Blind blühen, ohne Früchte anzusetzen. Ein blinder Passagier, der heimlich auf der Post mitfähret, ohne eingeschrieben zu seyn, und ohne das gehörige Postgeld zu bezahlen. Blind mitfahren, auf der Post. Blinde Muthung, im Bergbaue, wenn in einem Muthzettel weder der Gang noch der Ort des Gebirges bemerket worden. Blinde Granaten, in der Feuerwehrkunst, die nicht mit doppeltem Feuer geworfen werden, sondern erst Feuer bekommen, wenn sie die Erde oder einen harten Körper berühren. Blinder Hopfen, in Liefland, wilder Hopfen. Blindes Holz, Blindholz, am Rheinstrome, die bey dem Beschneiden des Weines abgeschnittenen Spitzen der Reben, so auch zum Versenken gebraucht werden, und in Franken Rebspitzen heißen. Blinde Hämorrhoiden, ohne Ausfluß des Blutes. Ein blinder Rauf, der nur zumScheine geschiehet. Eine blinde Läuterung, in den Rechten, die wider ein noch nicht geschehenes Urtheil eingelegt wird.3) Der nöthigen und zu seinem Wesen gehörigen Öffnung beraubet. Der blinde Darm, in der Anatomie, ein Darm, der auf der rechten Seite des Grimmdarmes lieget, und unten zu ist; Intestinum rectum. Ein blindes Schloß, welches an allen Seiten verdeckt ist, so daß es nirgends anders, als mit dem dazu gehörigen Schlüssel geöffnet werden kann. Eine blinde Wand, in der Baukunst, die keine Öffnung weder zur Thür, noch zu Fenstern hat.4) Verborgen, versteckt. Ein blinder Schlüssel, der verdeckte Spanner an einem Schlosse, vermittelst dessen dasselbe ohne Schlüssel von innen geöffnet werden kann; der Blindschlüssel. Sie graben mir viel blinde Gruben ein, Opitz Ps. 119, 43. Doch in dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen nur sehr selten.5) Der Augen des Verstandes beraubt, mit den Augen des Geistes nicht sehend. Die Liebe ist blind. Die Glückseligkeit des Reichen bestehet mehr in der Meinung des blinden Haufens, las in wahren Vorzügen, Dusch. Er ist blind gegen sein Glück. Die Freundschaft ist parteyisch, immer blind für die Fehler ihrer Lieblinge, Weiße. Niemahls hat mich das Vorurtheil für diejenigen, die ich liebe, und ihre Mängel blind gemacht. Blind zufahren, ohne Prüfung und Überlegung.6) Aus einer solchen Blindheit herrührend, ohne Wahl und Beurtheilung geschehend. Ein blinder Gehorsam, welchen man leistet, ohne die sittliche Beschaffenheit der befohlnen Sache zu untersuchen. ein blindes Verlangen, das von Leidenschaften, von Vorurtheilen erzeuget wird. Das blinde Glück, weil es oft die am meisten begünstiget, die es am wenigsten verdienen. die blindeste Liebe hat ihn hingerissen. Blinde Gewohnheit, Gewohnheit ohne Bewußtseyn. Blinde Nachahmung, ohne Beurtheilung.

Anm. Blind ist eines von den wenigen Wörtern, die weder durch die Jahrhunderte, noch durch die Mundarten einige Veränderungen erlitten habe. Schon bey dem Ulphilas lautet es blind, und eben so lautet es bey den Alemannen, bey den Franken, bey den Angelsachsen, bey den heutigen Engländern, bey den Niedersachsen, Isländern, Schweden, Dänen und Holländern. Diese seltene Übereinstimmung ist zugleich Ursache, daß man diesem Worte in Ansehung seiner Abstammung wenig anhaben kann. Vermuthlich gehöret es zu dem alten bliga, lugen, blühen, sehen, und scheinen. an das n darf man sich nicht stoßen, weil auch das gleichfalls davon abstammende Zeitwort blinken dasselbe hat.


Blindboden (W3) [Adelung]


Der Blindboden, des -s, plur. die -böden, bey den Bierbauern, der obere blinde oder falsche Boden in dem Maischbottige, welcher weggenommen werden kann.


Blinde (W3) [Adelung]


Die Blinde, plur. die -n. 1) In der Seefahrt an großen Schiffen, das Segel vorn am Bugspriete, welches unter allen das niedrigste Segel ist, und den Wind wassergleich fasset. es gibt derselben zwey, deren eines die Oberblinde, das andere aber die Unterblinde heißt. 2) In der Pegnitz bey Nürnberg ist die Blinde auch eine Art Fische, welche mir aber nicht weiter bekannt ist.


Blindgeboren (W3) [Adelung]


Blindgeboren, der Blindgeborne, des -n, plur. die -n, der von seiner Geburt an blind ist, ein Blindgeborner; besser getheilt, blind geboren wenigstens in Gestalt eines Adverbii.


Blindheit (W3) [Adelung]


Die Blindheit, plur. inus. 1) Der Zustand, da man der leiblichen Augen beraubt ist. 2) Figürlich auch derjenige Zustand, da man der Augen des Geistes beraubt ist, die Wahrheit nicht begreifen will oder kann. er ist mit der Blindheit geschlagen. In großer Blindheit (Unwissenheit, Aberglauben u. s. f.) stecken. Anm. Statt dieses Hauptwortes gebrauchen Ottfried und Notker das Hauptwort Blinti und Blindi.


Blindholz (W3) [Adelung]


Das Blindholz, des -es, plur. inus. 1) Im Weinbaue, blindes Holz, S. in Blind. 2) Bey den Tischlern wird dasjenige Holz, welches mit dessen Hölzern fourniret wird, Blindholz genannt.


Blindkohle (W3) [Adelung]


Die Blindkohle, plur. die -n bey den Kohlenbrennern, blinde oder nicht genug ausgebrannte Kohlen. Eben daselbst sagt man, der Köhler kohle blind, wenn wegen zu starken Windes die Kohlen nicht gehörig ausbrennen.


Blindlings (W3) [Adelung]


Blindlings, adv. im gemeinen Leben, nach Art der Blinden, gleichsam mit verschlossenen Augen. 1) Nach Art der leiblich Blinden. Den Weg wollte ich blindlings treffen. 2) Nach Art der geistlich Blinden, ohne Wahl, Beurtheilung, Überlegung. Blindlings gehorchen. Er wagt es blindlings. Ich ging blindlings zu ihm in Dienste, Schleg. Ein Thor sucht blindlings Ruhm im Labyrinth der Schande,Im Müßiggange Ruh und Zärtlichkeit in Brunst, Haged. Dieser Beyspiele ungeachtet ist doch dieses Wort für die edle und anständige Schreibart zu niedrig. Das Oberdeutsche blinderlings ist im Hochdeutschen unbekannt. Blintilingon kommt schon bey dem Ottfried vor.


Blindrahmen (W3) [Adelung]


Der Blindrahmen, des -s, plur. ut nom. sing. ein blinder Rahmen, d. i. ein schlechter Rahmen, welcher nur auf kurze Zeit um einen Spiegel; ein Gemälde u. s. f. gemacht wird, um ihn hernach mit einem bessern zu vertauschen. Ingleichen das Blindholz eines Rahmens, d. i. das schlechtere Holz, worauf hernach besseres geleimet wird, welches der Bildschnitzer ausschnitzet, vergoldet u. s. f. Im gemeinen Leben auch Blendrahmen.


Blindschleiche (W3) [Adelung]


Die Blindschleiche, plur. die -n, eine Art kleiner giftiger Schlangen, welche dem Ansehen nach blind ist. Sie kriecht so wohl vorwärts als auch rückwärts aber langsam und gleichsam schleichend. Figürlich gebraucht man dieses Wort im gemeinen Leben auch wohl von einem heimlichen, tückischen Menschen.


Blindschlüssel (W3) [Adelung]


Der Blindschlüssel, des -s, plur. ut nom. sing. S. in Blind.


Blindstenge (W3) [Adelung]


Die Blindstenge, plur. die -n, in der Seefahrt, derjenige Mastbaum auf den Schiffen, welcher auf das Bugspriet gesetzet wird, und die Oberblinde führet. Er wird auch die Bugstenge genannt.


Blinken (W3) [Adelung]


Blinken, verb. reg. neutr. mit haben, welches vorzüglich im gemeinen Leben gebraucht wird. 1) Glänzen, schimmernd blicken. Es ist gefegt, daß es, (das Schwert) blinken soll, Hesek. 21, 10. wenn ich mein Schwert wider sie blinken lasse, Kap. 32, 10. Man siehet die Äxte oben her blinken, Ps. 74. Edles Nachtlicht kommt: es kömmt, Luna läßt ihr Silber blinken, Opitz. Er blinkt mit güldnen Strahlen, Der Stern von Mitternacht, ebend. Wie strahlt das Feuer schöner Augen, Wie blinkt der helle Rebensaft! Haged. Ein Schenktisch von Krystall wo frische Weine blinken, Wiel. 2) Mit halb verschlossenen Augenliedern blicken. Mit den Augen blinken. Nieders. plinken, plinkogen, glienken, Engl. to gleam, glimmern, schimmern. S. Blinzen.

Anm. Dieses Wort lautet im Schwed. gleichfalls blinka, und ist das Frequentativum entweder von blicken, oder unmittelbar von dem veralteten bliga, sehen. In den gemeinen Mund-arten ist blinken ein neues Frequentativum blinkern üblich. S. auch Flinker.


Blinzelmaus (W3) [Adelung]


Die Blinzelmaus, plur. car. S. Blind 2.


Blinzen (W3) [Adelung]


Blinzen, und dessen verkleinerndes Iterativum, Blinzeln, verb. reg. neutr. mit haben, welche nur im gemeinen Leben üblich sind, mit halb verschlossenen Augen sehen, blinken. Er blinzet, oder blinzelt. Blinzauge, oder Blinzelauge, eine niedrige Benennung einer Person, welche mit den Augen blinzet.

Anm. Dieses Wort ist von blind, gleichsam blindsen, nach Art eines Blinden oder Halbblinden sehen. In Schlesien lautet es blintschen, im Dän. blunde. Im Oberdeutschen ist dafür auch zwitsern und zwinken üblich. S. auch Blinken. 2. welches eben denselben Begriff ausdruckt.


Blitterstein (W3) [Adelung]


Der Blitterstein, des -es, plur. inus. eine auf dem Harze übliche Benennung einer Steinart, welche auf dem Kupferschiefer lieget. Vielleicht soll sie so viel als Blätterstein bedeuten.


Blitz (W3) [Adelung]


Der Blitz, des -es, plur. die -e, ein jeder schnell vorüber gehender heller Schein oder Glanz. 1) In der weitesten Bedeutung. Wenn ich den Blitz meines Schwertes wetzen werde, 5 Mos. 32, 41. Und des Schwertes Blitz - wird mit Schrecken über ihn fahren, Hiob 20, 25. 2) In engerer Bedeutung, der Schein des schnellen durchdringenden Feuers, welches sich bey einem Gewitter in den Wolken entzündet, oder nach der Theorie der Neuern, desjenigen großen elektrischen Funkens, welcher zwischen elektrisirten und nicht elektrisirten Wolken oder Körpern entstehet, und dieses Feuer oder dieser Funke selbst; der Blitzstrahl. Von dem Blitze getroffen, oder gerühret werden. Von dem Blitze erschlagen werden. schnell wie der Blitz. Sie sind immer wie ein Jupiter, der stets den Blitz in der Hand trägt, ohne zu bedenken, daß er in der Hitze, womit er ihn schlendert, auch einen Unschuldigen treffen könnt, Weiße. Die Blitze schlängeln sich nicht mehr durchs schwangere Gewölk, Geßn.

Anm. Notker gebraucht für Blitz, Blig und Plichfiur, Tatian Blehezunga, Stryker Plick. Im Nieders. lautet dieses Wort Blix, im Schwed. Blixt, im Holländ. Blixem, ingleichen Blos und Blosje, bey den Krainerischen Wenden Blisk. S. Blitzen. Für Blitz ist im gemeinen Leben, besonders Oberdeutschlandes, auch der Strahl, der Strahlstreich, der Wetterstrahl, die Leuchtung üblich. Ein Blitz, der nur berühret, oder zerschmettert, aber nicht zündet, heißt im gemeinen Leben ein kalter Schlag, ein Wasserstreich, oder ein Wasserstrahl; ein Blitz aber, welcher gründet, ein heißer Schlag, ein Feuerstreich, oder Feuerstrahl. Wenn das Gewitter so weit ist, daß man nur den Widerschein des Blitzes siehet, ohne den Donner zu hören, so nennet man solches im gemeinen Leben das Wetterleuchten, einen Wetterleuchter, und in Hamburg das Heidlüchten.


Blitzableiter (W3) [Adelung]


Der Blitzableiter, des -s, plur. ut nom. sing. eine Anstalt, entweder den entstandenen Blitz ohne schaden in der Erde zu leiten, oder auch die Elektricität der Wolken ohne Schlag und Entzündung zur Erde zu führen; eine erst in den neuern Zeiten von Benj. Franklin gemachte Erfindung, welche auch der Wetterableiter, und so fern der Hauptteil eine eiserne Stange ist, die Wetterstange genannt wird.


Blitzblau (W3) [Adelung]


+ Blitzblau, adj. et adv. dunkelblau, nur in den niedrigen Sprecharten. Jemanden blitzblau schlagen.


Blitzen (W3) [Adelung]


Blitzen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, schnell und heftig glänzen. 1) In der weitesten Bedeutung. Blitzende Spieße, Nahum 3, 3. Das Messer, das Schwert blitzt, im gemeinen Leben. Sie blitzen ja heute recht, auch im gemeinen Leben, sie glänzen von dem vielen Putze. Blitzende Augen, die scharfe, durchdringende, glänzende Blitze schießen. Sieh die Blume richtet sich auf; voll blitzender Perlen Lacht sie schöner umher, Zach. In der höhern Schreibart auch zuweilen als ein Factitivum. Der Than der Wipfel blitzet ihr Gold zurück, Denis. 2) In engerer Bedeutung, von dem schnellen heftigen Glanze, welchen die entzündeten Dünste bey einem Gewitter, oder dessen elektrische Funken, verursachen; als ein unpersönliches Zeitwort. Es blitzet. Es hat geblitzet. In der höhern Schreibart auch zuweilen als ein Activum. Der Auf Frevler ihres Throns mit seinem Donner blitzet, Weiße. Opitz gebrauchet es in dieser Gattung sogar in figürlicher Bedeutung: Hier hat Demosthenes gedonnert und geblitzt.

Anm. Die älteste Gestalt dieses Verbi ist blechazan, plechizin, pleckazzan, denn so kommt es bey dem Notker, Tatian und in Boxhorns Glossen vor, und man siehet deutlich, daß es das Intensivum von blecken, blicken, ist. Das heutige Nieders. bliksen, oder blixen, das Holl. bliksem, und das Schwed. blixtra, stammen unstreitig davon ab. Allein, was das Hoch- und Oberdeutsche blitzen betrifft, so scheinet es zu einem ganz anderen, obgleich verwandten Zeitworte, nehmlich zu lita, lassen, sehen und scheinen, zu gehören. S. Antlitz und Lassen, wo die Verwandtschaft dieses Wortes umständlicher gezeiget worden. Die Slavonischen Mundarten haben viele Wörter, die mit zu dessen Familie zu gehören scheinen. Außer den schon bey Antlitz angeführten, sind hier noch zu bemerken, das Krainerische Luzh, Licht, welches mit dem Dän. Lys und Latein. Lux überein kommt; das Pohln. lyskanie, und dessen Frequentativum lyskasie, es blitzet; die Böhmischen Blesk, Gluth, Glanz, blisstiti, blyskani, glänzen, scheinen, blizky, nahe, bliziti, nahen, und das Russische blistati, blitzen. Das alte Oberdeutsche Blas, Blast, Blasma, Glanz, Feuer, Fackel, Blitz, das Angels. blaese, blase, Fackel, das Engl. to blaze, brennen, gehören nebst andern gleichfalls hierher. Für blitzen ist in den gemeinen Mundarten auch leuchten, wetterleuchten, und in Oberdeutschland himmlitzen üblich. Das alte Oberdeutsche blitzen, mit den Füßen hinten ausschlagen, welches zuweilen noch in einigen gemeinen Mundarten vorkommt, gehöret nicht hierher, sondern zu platzen, oder, wie Frisch will, zu dem veralteten blide, fröhlich, lustig.


Blitzstrahl (W3) [Adelung]


Der Blitzstrahl, des -es, plur. die -en, der Blitz, besonders so ferne dieses Wort die entzündete Flamme eines Gewitters oder dessen elektrischen Funken selbst bedeutet. Der Blitzstrahl fuhr in das Haus.


Blochtaube (W3) [Adelung]


Die Blochtaube, S. Blocktaube.


Block (W3) [Adelung]


Der Block, des -es, plur. die Blöcke. 1) Ein jedes großes unbearbeitetes Stück Holz, Stein oder Metall. ein Haublock oder Sackblock, ein Stück von dem Stamme eines Baumes, Holz darauf zu hauen, oder zu behauen. Ein Sägeblock, Bretblock, ein Stück von dem Stamme eines Baumes, Breter daraus zu sägen. Daher ein Block Dielen, die aus einem Blocke geschnittenen Dielen, so lange sie noch nicht aus einander geschlagen sind. Ein Block Marmor, ein unförmliches Stück, so wie es aus der Steingrube kommt. Ein Block Zinn oder Bley, ein großes unförmliches Stück, so wie es in den Schmelzhütten gegossen wird. 2) In engerer Bedeutung. (a) Das Gefängniß, vermuthlich von dem Blocke, woran man die Verbrecher zu schließen pfleget, um weßwillen es auch der Stock heißt. Jemanden zu Stock und Block bringen. Einen in den Block legen. Du schließest meine Füße in einen Block, Hiob 13, 27, nach des Hrn. Hofr. Michaelis Übersetzung, wo es nach Luther heißt: du hastmeinen Fuß in einen Stock gelegt. S. Blöcken. (b) Auf den Schiffen bedeutet der Block zuweilen auch so viel als die Blockrolle. S. dieses Wort. 3) Im Mecklenburgischen ist der Block ein kleines Stück Acker, welches noch nicht Einen Scheffel Aussaat hält. 4) Der Nahme desjenigen Bieres, welches in Colberg gebrauet wird.

Anm. Dieses Wort, welches im Niedersächs. Blok, im Dän. Blok, im Schwed. Block, im Engl. auch Block, und im Franz. Bloc lautet, kommt bey unsern alten Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern nicht vor, vielleicht nur, weil es ihnen an Gelegenheit fehlete, es anzubringen. So fern es von einem Gefängnisse gebraucht wird, scheinet das Friesische blok, niedrig, sumpfig, eine wahrscheinlichere Ableitung darzubieten, als die gewöhnliche Bedeutung ds Wortes Block gibt, weil sich die Wortfügung mit in zu dieser nicht recht schicken will. Im Nieder-Bretagnischen bedeutet bloc'h, alles. Es stehet dahin, ob es dieses nicht eine der ersten Bedeutungen des Wortes Block, truncus, ist. Im Oberdeutschen sagt man das Bloch, oder das Block, und in andern Gegenden macht man den Plural die Blöcker.


Block-Batterie (W3) [Adelung]


Die Block-Batterie, plur. die -en, in der Kriegsbaukunst, eine kleine niedrige bewegliche Batterie, welche man auf vier Blockrädern fortschieben kann. S. Blockhaus 4.


Blockbaum (W3) [Adelung]


Der Blockbaum, des -es, plur. die -bäume, im Forstwesen, ein Baum, aus welchem man Blöcke, Breter daraus zu sägen, hauen kann.


Blocken (W3) [Adelung]


Blocken, verb. reg. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, welches nur bey den Falkenierern üblich ist, und von dem Falken gebraucht wird, sich auf einen Baum setzen. Der Falke blockt, wenn er einen Raub gefangen hat, und sich damit aus einem Baum setzet. 2. Activum, bey den Schuhmachern. Einen Stiefel blocken, ihn auf dem Stiefelblocke ausdehnen, damit er weiter werde.


Blöcken (W3) [Adelung]


Blöcken, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben, und auch hier nur in der R. A. jemanden stöcken und blöcken, d. i. ihn in das Gefängnis werfen, in den Block schließen, üblich ist. Das Schwed. blocka wird in eben dieser Bedeutung gebraucht. S. Block 2.


Blöcken (W3) [Adelung]


Blöcken, mugire, S. Blöken.


Blockhaus (W3) [Adelung]


Das Blockhaus, des -es, plur. die -häuser. 1) Ein vor Blöcken, d. i. unbehauenen über einander gelegten Bäumen verfertigtes Haus. 2) Ein auf diese Art verfertigtes Bollwerk. 3) Auch steinerne Häuser, auf welche man oben an den Hauptseiten Kanonen pflanzet, einen Ort damit zu beschießen. 4) Eine hölzerne auf Blockrollen oder auf Schiffe gelegte Batterie; eine Block-Batterie. 5) An einigen Orten auch so viel als ein Stockhaus, oder ein Gebäude, in welchem man die Übelthäter in den Block leget.


Blockiren (W3) [Adelung]


Blockiren, verb. reg. act. welches ohne Noth aus dem Franz. blocquer angenommen worden, für einschließen, von Städten und Festungen. Eine Stadt blockiren, sie sperren, einschließen, ihr alle Zufuhr benehmen. das Französische stammet von Block ab, weil man in diesem Falle ehedem eine Stadt mit hölzernen aus Blöcken, d. i. unbehauenen Bäumen, verfertigten Werken zu umgeben pflegte.


Blockkasten (W3) [Adelung]


Der Blockkasten, des -s, plur. ut nom. sing. ein hölzerner aus Blöcken verfertigter viereckiger Kasten, der mit Erde oder Mist gefüllet wird, die Thore, Gassen u. s. f. im Kriege damit zu versperren.


Blockkeller (W3) [Adelung]


Der Blockkeller, des -s, plur. ut nom. sing. ein ungewölbter Keller, welcher oben mit Balken belegt ist, und daher auch ein Balkenkeller genannt wird.


Blockmeißel (W3) [Adelung]


Der Blockmeißel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Grob- und Nagelschmieden, ein starker Weißel in einem hölzernen Blocke, Eisen darauf abzuschroten.


Blockmörser (W3) [Adelung]


Der Blockmörser, des -s, plur. ut nom. sing. ein Feuermörser, der anstatt der Lavette, in einen großen Block eingelassen ist.


Blocknagel (W3) [Adelung]


Der Blocknagel, des -s, plur. die -nägel, ein großer, gleichsam einem Blocke ähnlicher hölzerner Nagel, womit die Bänder einer Holzstöße befestigt werden.


Blockpfeife (W3) [Adelung]


Die Blockpfeife, plur. die -n, eine jede Flöte, welche nicht in mehrere Stöcke zerlegt werden kann, sondern aus einem ganzen Stücke oder Blocke verfertigt worden. Die Stillflöten in den Orgeln werden gleichfalls zuweilen Blockpfeifen genannt.


Blockrad (W3) [Adelung]


Das Blockrad, des -es, plur. die -räder, ein aus einem Blocke, d. i. ganzen Stamme, geschnittenes Rad.


Blockrolle (W3) [Adelung]


Die Blockrolle, plur. die -n, eine aus einem ganzen Blocke, d. i. dem Stamme eines Baumes, geschnittene Rolle, Lasten vermittelst derselben zu heben, und in weiterer Bedeutung eine jede auf ähnliche Art verfertiget Rolle. So heißen bey Notker auf den Schiffen, durch welche die Schiffstaue gehen, Blockrollen, und zuweilen nur gar Blöcke. In Niedersachsen, besonders in Bremen, werden sie auch Kraane, Scheiben, Blockscheiben, Hisseblöcke, und Taljen genannt, welchen letztern Nahmen sie auch im Holländischen führen.


Blockschiff (W3) [Adelung]


Das Blockschiff, des -es, plur. die -e, ein aus zusammen geschlagenen Bäumen verfertigtes Fahrzeug, leichte Waaren auf Flüssen darauf fortzuschaffen, welches auch eine Flöße genannt wird. S. dieses Wort.


Blockstück (W3) [Adelung]


Das Blockstück, des -es, plur. die -e, ein Block, besonders so fern ein Block Zinn, oder Bley darunter verstanden wird.


Blocktaube (W3) [Adelung]


Die Blocktaube, plur. die -n, eine große Art wilder Tauben, welche sich auf den Blöcken, d. i. Bäumen, aufhält und daselbst nistet, wegen ihres Ringels um den Hals, wird sie auch Ringeltaube genannt; Columba torquata, L.


Blockwagen (W3) [Adelung]


Der Blockwagen, des -s, plur. ut nom. sing. oder die -wägen. 1) In der Landwirthschaft ein aus bloßem Holze verfertigter Wagen, woran kein Eisen befindlich ist; in der Lausitz ein Puchwagen. 2) Ein Wagen mit vier starken niedrigen Rädern, Blöcke, Mörser und andere schwere Körper darauf fortzuschaffen.


Blockzinn (W3) [Adelung]


Das Blockzinn, des -es, plur. inus. eine große Masse Zinn, Zinn in Blöcken, so wie es aus den Schmelzhütten kommt.


Blöde (W3) [Adelung]


"Blöde", -r, -ste, adj. et adv. welches heut zu Tage noch in einer gedoppelten Bedeutung üblich ist.

1. Für "schwach", im Gegensatze dessen was scharf ist, und in dieser Bedeutung wird es theils von den Augen, theils aber auch figürlich von den Verstande gebraucht.

1) Von den Augen, "blöde Augen" haben, die "nicht gut sehen". Ein "blödes Gesicht". Aber Lea hatte ein "blödes Gesicht", Rahel war hübsch und schön, 1 Mos. 29, 17.

2) Von dem Verstande. Ein blöder, d. i. schwacher, Verstand. Er ist etwas blöden Versandes, Weiße. Den Blöden leuchtet sein Verstand, ebend. Wie oft sah ich mir nicht den blöden Aberglauben, Die Hoffnung und die Ruh des Lebens rauben! ebend. Wie mancher siegt durch eine feine Miene, der blöder ist, als Holz und Stein! Gell.

2. Für "furchtsam", und zwar,

1) * in Ansehung der Gefahr, zaghaft. Rehabeam war jung und eines "blöden Herzens", daß er sich vor ihnen nicht wehrete, 1 Chron. 13, 7. Gott hat mein Herz blöde gemacht, und der Allmächtige hat mich erschrecket, Hiob. 23. 16. Also stehet "das blöde Herz" der Narren in seinem vornehmen wider kein Erschrecken, Sir. 22, 22. Werde nicht blöde, denn du sollt nicht zu Spott werden, Cf. 54, 4. Zähle meine blöden Schritte, Gryph.. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet, wo man es,

2) nur noch von dem zu geringen Zutrauen zu sich selbst im gesellschaftlichen Umgange gebraucht, im Gegensatze des dreist. Der Mensch ist sehr blöde, schüchtern in Gesellschaft. Er thut ein wenig blöde. Der Redner war zu blöde. In dieser Bedeutung gebrauchen auch die Niedersachsen ihr "blöde", "blöe", "bloodhartig". Im Dithmarsischen ist dafür auch "hödel", im Hannöverischen "milern", und im Bremischen "miren" üblich.

Anm. Die Abstammung dieses Wortes ist bisher noch nicht hinlänglich untersucht worden. Schilter lässet es von dem alten "blide" = "fröhlich", "lustig", abstammen. Wachter bleibt bey der Bedeutung der "Furcht" stehen. Nach Frischen ist es so viel als "belöten", "belösen", oder auch als "bloß". Weil "blöd", "blödig", im Schwedischen "furchtsam", "blöt" aber "weich", "feucht" bedeutet, so hält der Herr Ihre beyde für zwey verschiedene Wörter, ohne sie doch genauer zu untersuchen. Im Deutschen ist die Bedeutung der "Furcht" die älteste. "Ploden" bedeutet in den Monseeischen Glossen "sich fürchten"; bey andern Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern kommt es nicht vor.

Hingegen ist im Angels. "blithe" = "einfältig", im Isländ. "blaudur" = "furchtsam", und im Schottländischen "bleat" = "verzagt". In einem 1501 zu Rom gedruckten Deutsch-Italiänischen Vocabelbuche wird "debile" durch "ploed" gegeben. Wenn man, wie es wohl scheinet, für die heutigen Bedeutungen dieses Wortes zwey verschiedene Stammwörter annehmen muß, so wird für die Bedeutung der Schwäche und vielleicht auch der Furchtsamkeit das alte lat, wofür die Hoch- und Oberdeutschen jetzt "laß" sagen, eine vielleicht nicht unbequeme Abstammung an die Hand geben. in einigen gemeinen Mundarten ist "lätsch" = "weich", "faul", "träge". Im Schwed. bedeutet "lat", im Isl. "latur", im Angels. "laet", im Dän. "lad", gleichfalls "träge", "faul", "verzagt", bey dem Ulphilas ist "latjan" = "zaubern", und im Nieders. "lad"., im Engl. "late" = "spät". Das "b" ist die verkürzte Partikel "be". So fern aber "blöde" = "schüchtern", "unzeitig schamhaft" bedeutet, gehöret es vermuthlich zu "blühen" in seiner weitesten Bedeutung, und druckt alsdann eigentlich den Begriff der Schamröthe aus. "Erblöden" und "entblöden" haben diese Bedeutung zum Theil noch, und in dem Überbleibsel eines alten Gedichtes auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter von 1300 bedeutet "erploten" = "vor Zorn roth werden". S. "Blühen" und "Blut".


Blödigkeit (W3) [Adelung]


Die Blödigkeit, plur. inus. der Zustand, da eine Sache oder Person blöde ist, in allen Bedeutungen dieses Wortes. 1) Für Schwäche, so wohl der Augen, als auch des Geistes. die Blödigkeit der Augen, des Verstandes. Opitz gebraucht dieses Wort Ein Mahl in der ungewöhnlichen Bedeutung für Wahnsinn, Thorheit. Wie jener, der sich in einer fröhlichen Blödigkeit einbildete, alle Schiffe, die aus Indien segelten, wären sein. 2) Für Furchtsamkeit, Zaghaftigkeit, bey der Anwesenheit einer Gefahr, in welchem Verstande es aber im Hochdeutschen ebenso veraltet ist, als das Beywort. Wohl aber gebraucht man es noch für Schüchternheit, unzeitige Scham im gesellschaftlichen Umgange. Der Mensch besitzt zu viele Blödigkeit.


Blödsichtig (W3) [Adelung]


Blödsichtig, -er, -ste, adj. et adv. blöde oder schwache Augen habend. Daher die Blödsichtigkeit.


Blödsinn (W3) [Adelung]


Der Blödsinn, des -es, plur. car. die Blödigkeit des Sinnes, d. i. des Verstandes, oder der Beurtheilungskraft. Ist es möglich, daß dein Blödsinn so weit gehen könne?


Blödsinnig (W3) [Adelung]


Blödsinnig, -er, -ste, adj. et adv. blöde am Verstande. ein blödsinniger Mensch.


Blödsinnigkeit (W3) [Adelung]


Die Blödsinnigkeit, plur. car. wie Blödsinn, die Blödigkeit des Verstandes.


Blohm (W3) [Adelung]


Der Blohm, des -es, plur. die -e, oder die Blohme, plur. die -n, bey den Jägern der Brunstplatz des Hirsches, oder derjenige Platz, auf welchem er sich von der Brunsthitze abzukühlen pfleget. Es scheinet, daß dieses Wort nur eine verderbte Aussprache von Plan ist, weil die Jäger diesen Platz auch einen Plan zu nennen pflegen. S. dieses Wort.


Blöken (W3) [Adelung]


Blöken, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort habe bekommt, und das natürliche Geschrey des Rindviehes und der Schafe nachahmet,. Das freudige Blöcken der Kühe. Von den Schafen kommt es 1. Sam. 15, 14, und Tob. 2, 21, gar von den Ziegen vor, wo es aber blecken geschrieben ist.

Anm. Es scheinet dieses Zeitwort das durch die Partikel be verlängerte Frequentativum von dem alten leuen zu seyn, welches von dem Brüllen so wohl des Rindviehes, als auch des Löwen üblich war. In einer alten Bibelübersetzung, deren in den Krit. Beytr. Th. 8, S. 13, gedacht wird, wird leuen von den Kühen gesagt, wofür eine andere nicht viel jüngere Übersetzung pulen hat. Das Nieders. leuen, das Engl. to low, das Holländ. loeyen, werden so wie ehedem das Angels. hlewan, noch jetzt von dem Brüllen der Kühe gebraucht. S. Löwe. Das vorhin gedachte pulen kommt mit dem Schwed. belia und böla, brüllen, und unserm heutigen bellen überein, wovon das Nieders. bölken, welches auch von dem Rindviehe gebraucht wird, nur das Frequentativum ist. Bläken kommt in Niedersachsen auch von dem Bellen der Hunde vor. Übrigens drucken schon die Griechen das Blöken der Schafe durch - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - aus.


Blond (W3) [Adelung]


Blond, -er, -este, adj. et adv. hell, licht, von der Farbe des Gesichtes und der Haare, im Gegensatze des Brunett. Blonde, d. i. hellbraune, gelbliche, Haare. Die blonde Ceres, wegen der gelblichen Ähren. Drum will ich zum Tanz Mit meinem Kranz Die blonden Haare mir schmücken, Weiße. Daher der Blondin, oder die Blondine, eine Person, welche weiß von Gesicht, und lichtbraun von Haaren ist.

Anm. Dieses Wort ist zunächst aus dem Franz. blond, von dessen Abstammung Menage nachgesehen werden kann. Blondus und blundus hatten im mittlern Lateine eben dieselbe Bedeutung.


Blonde (W3) [Adelung]


Die Blonde, plur. die -n, aus dem Franz. Blondes, eine Art aus roher Seide geklöppelter Kanten oder Spitzen; ohne Zweifel auch von der Farbe.


Bloß (W3) [Adelung]


Bloß, -er, -este, adj. et adv. der Decke oder Bedeckung beraubt, besonders von solchen Sachen, welche gewöhnlich bedeckt zu seyn pflegen.1. Eigentlich. Ein bloßer Degen, ein bloßes Schwert, im Gegensatze dessen, welches in der Scheide steckt. Ein bloßes Messer. Auf der bloßen (unbedeckten) Erde schlafen. Besonders für unbekleidet. Mit bloßen Füßen, mit bloßem Kopfe einher gehen. Brust und Arme waren bloß. Er stand nackt und bloß da. Einen Bloßen schlagen, seines Zweckes verfehlen; eigentlich, so fallen, daß man seine Blöße sehen lasse. S. Frischens Wörterbuch.2. Figürlich. 1) * Beraubt, als ein Nebenwort, mit der zweyten Endung des Nennwortes. Kein Mensch ist aller Sünde bloß. Vor leide Sten ich froiden blos, König Conrad. Alles trostes wart si blos, Fabeln der Schwäb. Dichter Fab. 57. Wiplicher ere was si blos, Fab. 53. Doch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet, und man gebraucht statt dessen entblößet.2) Besonders, des Schutzes beraubt, unbeschützet, in welcher Bedeutung dieses Wort besonders im Fechten üblich ist. Sich bloß geben, einen Theil seines Leibes unbeschützt lassen, wo man von seinem Gegner verwundet werden kann, und in weiterer Bedeutung überhaupt, seine Schwäche, sein Geheimnis verrathen. Sich gegen jemanden bloß geben, ihm seine Verlegenheit, sein Bedürfniß offenbaren. Der Himmel entriß dir diene Stütze, und man stehet du selbst den Mühseligkeiten des Lebens bloß, Dusch, du bist ihnen ausgesetzet. Ich verdiene es wohl seinen Vorwürfen bloß gestellet zu werden. In dieser ganzen Bedeutung ist es am häufigsten als ein Nebenwort üblich.3) Aller andern Eigenschaften, oder Prädicate beraubt, für allein, nichts als,; so wohl in Gestalt eines Bey- als auch eines Nebenwortes. Es ist ein bloßer Argwohn, ein bloßes Geschwätz, es ist weiter nichts als ein Argwohn, nichts als ein Geschwätz. Er hat nichts als das bloße Haus. Das bloße Läugnen wird hier nicht helfen. Schon die bloße Vorstellung von einem solchen Glücke entzückt mich. Sie ist noch die bloße Unschuld, Gell. Unter dem bloßen Himmel liegen, weiter nichts als den Himmel zur Decke haben. Die bloß sinnlichen Erregungen stillen nie das ganze Verlangen einer unsterblichen Seele, Dusch. Du glaubtest bloß zum Vergnügen für dich zu leben, ebend. Es kommt bloß darauf an, ob sie sich meinen Vorschlag wollen gefallen lassen, Gell. Nicht bloß mit Schein und Farben prangen, Die nur der Pöbel trefflich heißt, Haged.

Anm. 1. Von diesem Beyworte kommen der Comparativ und der Superlativ nur selten vor, weil es gemeiniglich eine so vollkommene Beraubung bezeichnet, die keiner weitern Grade fähig ist. Von dem Unterschiede zwischen bloß und nackend, S. das letztere. Um des Nachdrucks willen wird dem Nebenworte bloß zuweilen auch allein beygefüget. Ich suche mein Glück bloß und allein in dem Gedanken von Ihm. Bloßer Dingen, bloßerdings, für bloß und allein, ist Oberdeutsch.

Anm. 2. Im Oberdeutschen kommt dieses Wort zuerst im Schwabenspiegel vor, wo es blozz und bloz lautet und nackend bedeutet. Doch singt schon Heinrich von der Vogelweide:Ich sanc hie vor den frowen vmb ir blossen gruos. Die Niedersächsische und alle mit ihr verschwisterte Mundarten haben statt des ß am Ende ein t. Niedersächs. bloot, blaut, Dän. blot, Schwed. blott. Im Altgriechischen ist blot arm. In den Longobardischen Gesetzen kommt blutare für plündern, berauben, gleichsam entblößen, und bey dem Ulphilas bautgan für abschaffen vor. Wachter, Frisch und Ihre leiten bloß von losen, belösen her; eine Ableitung, welche wenig Wahrscheinlichkeit für sich hat. Das alte las, laus, Schein, und das Zeitwort lassen oder laten, sehen und scheinen, schicken sich weit besser hierher. Bloß bedeutet alsdann eigentlich hervor scheinend. Ein bloßes (ein blankes) Schwert, dessen tödtliche Schneide unbedeckt in die Augen fällt. S. Antlitz, Blitzen und Lassen. Blecken, scheinen, wurde ehedem auf ähnliche Art für entblößet seyn gebraucht, und blank, glänzend, kommt noch jetzt zuweilen für bloß vor.


Blöße (W3) [Adelung]


Die Blöße, plur. -n, 1. Der Zustand, da eine Sache bloß, d. i. unbedeckt ist; doch nur von der Blöße des Leibes und einzelner Theile desselben, ohne Plural. Die Blöße des Armes, des Kopfes, der Füße. Und wirst deinem Feind - - die- nen in Hunger und Blöße, und allerley Mangel 5 Mos. 28, 48. In Hunger und Durst, in viel Fasten, in Stroh und Blöße. 2 Cor. 11, 27. Er ist so arm, daß er seine Blöße nicht bedecken kann.2) Figürlich, ein unbedeckter Theil; und zwar, 1) ein unbedeckter Theil des Leibes, in Ansehung des feindlichen Angriffes, ein ungeschützter Theil, derjenige Ort, der von der Klinge des Gegners im Fechten getroffen werden kann. Seinem Gegner eine Blöße geben. Nach der Blöße stoßen. Dem Gegner in seine Blöße fallen. Indessen sieht Sylvan, Daß Raufbold Blöße gibt, Zachar. Nach einer noch weitern Figur, die Schwäche, die schwache Seite, Fehler des Herzens und des Verstandes. Gehen sie, daß ich ihnen ihre Blöße nicht noch ein Mahl aufdecke, Weiße. Der unerwarteste Streich, der ihn in seiner Blöße darzustellen drohete, empfängt eine Wendung, Less. 2) Im Forstwesen werden die von Bäumen entblößten Stellen in einem Walde gleichfalls Blößen oder Lichtungen genannt. 3) Bey den Kürschnern sind Blößen Häute, denen die Wolle abgerupft worden, die also eigentlich weder Felle noch Leder sind. Dergleichen Häute werden auch Blößlinge genannt.


Blößen (W3) [Adelung]


* Blößen, verb, reg. act. welches nur im Oberdeutschen, für bloß machen, üblich ist, aber noch mehrmahls in der Deutschen Bibel vorkommt. Ihr sollet eure Häupter nicht blößen, 3 Mos. 10, 6. Der soll sein Haupt nicht blößen, Kap. 21, 10. Diene Schenkel sind dir geblößet, Jer. 13, 22. Und so an mehreren Orten. Im Hochdeutschen ist dafür entblößen üblich.


Blößling (W3) [Adelung]


Der Blößling, des -es, plur. die -e, S. Blöße 2.


Blötz (W3) [Adelung]


Der Blötz, ein Fisch, S. Plötz.


Blühe (W3) [Adelung]


Die Blühe, S. Blüthe.


Blühen (W3) [Adelung]


Blühen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben zu sich nimmt, einen Schein von sich geben, mit einem lebhaften Scheine sichtbar werden.1. In der weitesten Bedeutung, in welcher man nur noch im gemeinen Leben sagt, eine Person blühe wie eine Rose, wenn sie eine lebhafte, muntere Gesichtsfarbe hat. Auf ähnliche Art sang unter den Schwäbischen Kaisern Herzog Johann von Brabant:Swenne si wellent lachen us bluenden muindelin rot. Und ein andere Schwäbischer Dichter lobt an einem Orte die Blühende Zucht, d. i. die Schamröthe. Figürlich nennt man auch eine lebhafte, fruchtbare Einbildungskraft, eine blühende Einbildungskraft. Ehedem war dieses Wort in mehrern Fällen üblich. Wenn aber der Ausgang blühet in der Haut, und bedecket die ganze Haut, 3 Mos. 13, 12, ausbricht, zum Vorscheine kommt.2. In engerer Bedeutung, welche heut zu Tage zugleich die übliche ist, ist diese Zeitwort dem Pflanzenreiche eigen, und bedeutet, die zur Erzeugung neuer Pflanzen nöthigen Theile der Befruchtung entwickeln und sichtbar machen, weil die dazu gehörigen Blätter gemeiniglich allerley lebhafte, angenehme Farben haben. 1) Eigentlich. Die Bäume blühen. Wenn das Korn blühen wird. Die Nelken, die Rosen haben noch nicht geblühet. Von dem Blühen des Hopfens ist in einigen Gegenden schöpfen üblich. S. dieses Wort. 2) Figürlich. (a) Das Wasser blühet, wenn sich bey der Sommerwärme ein grünlicher Schlamm auf die Oberfläche still stehender Wasser ansetzet. (b) In den Schmelzhütten blühet das Kupfer, wenn es im Erkalten kleine Bläschen bekommt, welches ein Zeichen seiner Reinigkeit ist. (c) Sich in einem Zustande befinden, von dem man Gutes hoffen kann, in der höhern Schreibart. So wohl von dem Lebensalter des Menschen. Das blühende Alter, die Jugend. Er istnicht mehr der blühende Jüngling, den die Gesundheit, die Freude und Lebhaftigkeit überall zu begleiten schienen, von Brawe. Ein junger, blühender und ehrbegieriger Mann, Weiße. Als auch von dem Glück. Jetzt blühet sein Glück, jetzt hat er Gelegenheit sein Glück zu machen. Wer weiß, wo noch mein Glück blühet? (d) Überhaupt, sich im Wohlstande, in den besten Umständen befinden. Die Wissenschaften blühen. Das Land ist glücklich, in welchem die Künste blühen. Nur in süßer Einsamkeit Blühet die Zufriedenheit, Weiße. Jeder Segen, der mir blüht, Blüht mir schöner und gedoppelt, wenn ein Böser ihn nicht sieht, Haged.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Ottfried bluen, blyen, bey dem Notker pluon, bey dem Willeram bluoien und bluouuen, im Nieders. bleuen, bloien, blöggen, im Holl. bloyen, im Angels. blowan, im Engl. to blow. Um die Abstammung dieses Wortes haben sich die Sprachforscher wenig bekümmert. Indessen ist kein Zweifel, daß es nicht zu der großen Familie derjenigen Wörter gehören sollte, welche zu laen, luhen, lugen, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - gehören, und insgesammt den Begriff des Scheinens oder Sichtbar werdens haben, zuweilen aber auch active für sehen gebraucht werden. S. auch Glühen. Bluette bedeutet noch jetzt im Französischen einen Funken. Man kann daher blühen, als das Stammwort ansehen, wovon so wohl blecken und blicken, als auch blöden und bluten bloß Intensiva oder Iterativa sind. S. diese Wörter. Was dieses bestätiget, ist daß im Oberdeutschen auch Blast und Blust für Blüthe üblich sind, welche Wörter von Blüthe bloß der Mundart nach verschieden sind. S. Antlitz, Blitz und Lassen. Das B ist hier wieder die Partikel be, welche vor den Mitlautern ihr e so gerne wegwirft. Indessen ist dieses b doch schon sehr alt, indem es schon in dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, pullulare, befindlich ist. Im Schwedischen bedeutet blia, active, sehen. Die Blühezeit, die Zeit da die Bäume blühen, ist nur im Oberdeutschen üblich. Im Hochdeutschen sagt man dafür die Blüthzeit, oder Blüthe.


Blümchensglanz (W3) [Adelung]


Der Blümchensglanz, des -es, plur. inus. in dem Bergbaue, ein strahliger Bleyglanz, welcher auch Sproterz genannt wird; Galena striata.


Blume (W3) [Adelung]


Die Blume, plur. die -n, Diminutivum das Blümchen, im Oberdeutschen Blümlein. 1. Eigentlich, die zur Erzeugung neuer Pflanzen nöthigen Theile der Befruchtung, nach ihrer ersten Entwickelung. In dieser weitesten Bedeutung kommt diese Wort nur bey den Schriftstellern des Naturreiches vor. Im gemeinen Leben pfleget man diese Theile nur bey den Pflanzen mit dem Nahmen der Blumen zu belegen, da man von den Bäumen und Sträuchen das Wort Blüthe gebraucht. In noch engerer Bedeutung führen nur diejenigen Blüthen der Pflanzen und einiger Sträuche den Nahmen der Blumen, welche man um ihrer angenehmen Farbe oder um ihres Geruches willen schätzet. In dieser Bedeutung heißen die Blüthen der Rosen, Nelken, Tulpen, Aurikeln, Lilien u. s. f. Blumen. S. Blüthe. Blumenpflücken. Blumen sammeln. Ich will sein Grab mit Blumen bestreuen.2. Figürlich. 1) Diejenigen Pflanzen selbst, welche vornehmlich um ihrer Blumen wegen geschätzet werden. So begreift man im gemeinen Leben, die Nelkenpflanzen, die Tulpenpflanzen u. s. f. unter dem allgemeinen Nahmen der Blumen. das Feld ist mit den schönsten Blumen bewachsen. 2) Das feinste und beste von einer Sache, in einigen besonderen Fällen. So nennt man in der Scheidekunst, die feinsten flüchtigsten Theile der Körper, welche in der Sublimation von den gröbern geschieden werden, im Plural. Blumen, flores. 3) Das Nierenfett in den Thieren, und das Schmalzfett bey dem Geflügel wird im gemeinen Leben gleichfalls die Blume, oder im Plural Blumen genannt, entweder nach eben der Figur, nach welcher die Scheidekünstler dieses Wort gebrauchen, oder auch von einem eigenen noch unbekannten Stammworte. Denn im Nieders. heißt dieses Fett Flomen, dagegen eine Blume in eben dieser Mundart Blome lautet. 4) Die monathliche Reinigung des andern Geschlechtes wird von einigen gleichfalls die Blume, oder auch im Plural Blumen genannt; eine Bedeutung, welche vielleicht noch ein Überbleibsel der ersten allgemeinsten Gebrauches des Wortes blühen ist. 5) Bey den Färbern ist die Blume der schöne blaue Schaum, welchen der Indigo im Aufwallen in der Küpe macht. 6) In den Hüttenwerken sind die Blumen Blasen, welche sich auf den Blick des Silbers setzen, wenn es bald abgetrieben ist. das Silber geht in Blumen, es wird bald blicken. 7) Ein weißer Fleck auf der Stirn des Rindviehes und der Pferde, eine Blässe, heißt im gemeinen Leben gleichfalls eine Blume. Bey den Jägern führet die Spitze des Schwanzes an den Füchsen gleichfalls diesen Nahmen. Füchse die eine weiße Blume haben, heißen Birkfüchse, die mit einer schwarzen Blume aber Brandfüchse. 8) Bey dem Rothwildbret wird der ganze Schwanz von den Jägern die Blume, bey den Hafen aber das Blümchen genannt. 9) Die Blume an einem Geschwüre, ist dessen Kopf, oder der erhabene weißliche Fleck, wo es sich gemeiniglich zu öffnen pflegt.

Anm. Blume lautet bey dem Übersetzer Isidors Blomo, bey dem Ottfried, Notker und Willeram Bluomo und Bluoma, bey dem Ulphilas Bloma, im Isländ. Bloma, im Schwed. Blomma, im Holländ. Bloeme, im Nieders. Blome. Einige Mundarten haben noch ein s in der Mitte, wie das Latein. Flos, das alte Oberdeutsche Blast und Blust, das Angels. Blosma, Blosm, Blosan, das Engl. Blossom und das Dän. Blomster. Beyde Mundarten stammen au verwandten Quellen her, welches die Verba blühen und blasen, leuchten, scheinen, sind. S. Blühen. Notker und einige Dichter unter den Schwäbischen Kaisern gebrauchen dieses Wort auch im männlichen Geschlechte, der Blume. In der Blume des Lebens, für in der Blüthe, wie Klopstock Ein Mahl sagt, ist wider den Sprachgebrauch.


Blümeln (W3) [Adelung]


* Blümeln, verb. reg. neutr. mit haben, welches nur im gemeinen Leben von den Bienen gebraucht wird. Die Bienen blümeln, wenn sie aus den Blumen eintragen.


Blümen (W3) [Adelung]


Blümen, verb. reg. act. S. Geblümt.


Blumenbau (W3) [Adelung]


Der Blumenbau, des -es, plur. inus. die Pflege und Wartung der Blumen und ihrer Gewächse. Sich auf den Blumenbau legen, Blumen anpflanzen und warten.


Blumenbeet (W3) [Adelung]


Das Blumenbeet, des -es, plur. die -e, ein Beet in einem Garten, welches mit Blumen besetzt, oder zu Blumen bestimmt ist.


Blumenbesuch (W3) [Adelung]


* Der Blumenbesuch, des -es, plur. inus. in Oberdeutschland, der Austrieb des Viehes auf die Weide, ingleichen das Recht dazu, Huth und Trifft.


Blumenblatt (W3) [Adelung]


Das Blumenblatt, des -es, plur. die -blätter, die abgesonderten Blätter, aus welchen eine Blume oder Blüthe bestehet; Petala.


Blumenbremse (W3) [Adelung]


Die Blumenbremse, plur. die -n, eine Art Bremsen, mit langen Beinen, gleich einer haarigen Biene, welche ihre Speise schwebend aus den Blumen ziehet; Bombylius, L. Von andern wird sie die Rüsselfliege genannt.


Blumendecke (W3) [Adelung]


Die Blumendecke, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, die gewöhnlichste Art des Kelches der Blumen, welche unmittelbar unter der Blume steht; Perianthium. Bey andern führet ein jeder Kelch an den Blumen diesen Rahmen.


Blumenfeld (W3) [Adelung]


Das Blumenfeld, des -es, plur. die -er. 1) Ein zu Blumen bestimmtes Feld, oder abgetheilter Platz in einem Garten; ein Blumenstück. 2) Ein mit Blumen bewachsenes Feld, in der höhern Schreibart. Hand in Hand wollen wir durch die Blumenfelder wandeln und von nichts als Liebe reden, Dusch.


Blumenflor (W3) [Adelung]


Der Blumenflor, des -es, plur. inus. 1) Viele zu Einer Zeit blühende Blumen in einem Garten. Einen starken Blumenflor haben. 2) Die Zeit, da die Blumen zu blühen pflegen. S. Flor.


Blumengarten (W3) [Adelung]


Der Blumengarten, des -s, plur. die -gärten, ein vornehmlich für Blumen bestimmter Garten, im Gegensatze des Küchen- und Obstgartens; in Bremen Blomenhof. Daher der Blumengärtner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Gärtner, der sich vornehmlich auf die Kenntniß und Wartung der Blumen legt; ein Blumist.


Blumengehänge (W3) [Adelung]


Das Blumengehänge, des -s, plur. ut nom. sing. in der Baukunst, eine Verzierung von Blumen, welche zusammen gefüget, und an beyden Enden aufgehänget werden; die Blumenschnur, Franz. Guirlande.


Blumengeld (W3) [Adelung]


* Das Blumengeld, des -es, plur. inus. in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, ein gewisser Zins für die Wald- und Weidenutzung.


Blumengesellschaft (W3) [Adelung]


Die Blumengesellschaft, plur. inus. S. Blumenorden.


Blumengewächs (W3) [Adelung]


Das Blumengewächs, des -es, plur. die -e, ein jedes Gewächs, welches vorzüglich um seiner Blumen willen geschätzet wird.


Blumengöttinn (W3) [Adelung]


Die Blumengöttinn, plur. inus. die Göttin der Blumen, in der Götterlehre der Griechen und Römer; die Flora.


Blumengrapp (W3) [Adelung]


Der Blumengrapp, des -es, plur. inus. das weibliche Geschlecht der wahren Färberröthe, welches zarter von Gewächs ist, feine, kurze und rundliche Blätter hat, und mehr Samen als Blätter trägt.


Blumenhaar (W3) [Adelung]


Das Blumenhaar, des -es, plur. inus. S. Flachsseide.


Blumenhippe (W3) [Adelung]


Die Blumenhippe, plur. die -n, bey den Gärtnern, eine Hippe oder kleines Messer, die Blumen damit zu beschneiden.


Blumenhirt (W3) [Adelung]


Der Blumenhirt, des -en, plur. die -en, S. Blumenorden.


Blumenkelch (W3) [Adelung]


Der Blumenkelch, des -es, plur. die -e, in der Botanik, derjenige Theil einer Pflanze, welcher die Theile der eigentlichen Blume umschließt; zum Unterschiede von dem Fruchtkelche.


Blumenkönig (W3) [Adelung]


Der Blumenkönig, des -es, plur. die -e, bey den neuern Schriftstellern des Thierreiches, ein Ostindischer Vogel, welchen Klein zu den Baumkletten rechnet, und ihn Falcinellus rex florum nennet.


Blumenkunst (W3) [Adelung]


Die Blumenkunst, noch mehr aber im Plural die Blumenkünste, Handgriffe, die Blumen an Farbe, Größe und Geruch zu verändern.


Blumenlese (W3) [Adelung]


Die Blumenlese, plur. die -n, 1) Eigentlich die Sammlung der Blumen; ohne Plural. figürlich, die Sammlung auserlesener Wahrheiten, Redensarten und Aufsätze, ingleichen die Schrift, welche solche enthält; die Anthologie. 2) Die Blumenlese der Bienen, wenn sie aus den Blumen eintragen, zum Unterschiede von der Blätterlese.


Blumenmahler (W3) [Adelung]


Der Blumenmahler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Mahler welcher sich vorzüglich auf die Schilderung der Blumen legt.


Blumenmehl (W3) [Adelung]


Das Blumenmehl, des -es, plur. ut nom. sing. der mehlartige Staub auf den Antheren der Blumen, welcher die Embryonen des Samens befruchtet; der Blumenstaub, Pollen.


Blumenmonath (W3) [Adelung]


Der Blumenmonath, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welchen einige dem Aprill, andere mit mehrerm Rechte dem May beylegen, weil in demselben die meisten Blumen zu blühen pflegen.


Blumennelke (W3) [Adelung]


Die Blumennelke, plur. die -n, ein allgemeiner Nahme aller bey uns wachsenden Nelkenpflanzen, zum Unterschiede von den ausländischen Würz- oder Gewürznelken.


Blumenorden (W3) [Adelung]


Der Blumenorden, des -s, plur. inus. der Nahme einer dichterischen Gesellschaft, welche Harsdörfer um das Jahr 1644 in Nürnberg stiftete, und die noch fortdauert, ob sie gleich so viel von ihren ehemaligen Ansehen verloren hat. Die Glieder dieses Ordens nannten sich auch Blumenhirten, Pegnitzhirten, die Blumengesellschaft, der Pegnitzorden u. s. f.


Blumenreich (W3) [Adelung]


Das Blumenreich, des -es, plur. die -e, der Inbegriff aller Gewächse, welche sich durch ihre Blumen auszeichnen, als ein Theil des Gewächs- oder Pflanzenreiches.


Blumenrohr (W3) [Adelung]


Das Blumenrohr, des -es, plur. inus. eine ausländische, dem Rohre ähnliche Pflanze, welche in Asia, Afrika und Amerika wächset, und eine schöne Blume trägt; Canna, L.


Blumenscheide (W3) [Adelung]


Die Blumenscheide, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Art Blumenkelche, welche einer Scheide gleicht, und auf der einen Seite der Länge nach geöffnet ist; Spatha.


Blumenscherbel (W3) [Adelung]


Der Blumenscherbel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Blumentopf.


Blumenschnur (W3) [Adelung]


Die Blumenschnur, plur. die -schnüre, S. Blumengehänge.


Blumenstaub (W3) [Adelung]


Der Blumenstaub, des -es, plur. car. S. Blumenmehl.


Blumenstein (W3) [Adelung]


Der Blumenstein, des -es, plur. die -e, in den Naturalien-Cabinetten, eine Art Echiniten, welche oben mit einer Blume oder einem Sterne bezeichnet ist; Echinanthus.


Blumenstrauß (W3) [Adelung]


Der Blumenstrauß, des -es, plur. die -sträuße, Diminut. das Blumensträußchen, ein aus Blumen gebundener Strauß; im Oberdeutschen eine Schmecke, ein Schmecker, S. Schmecken; ehedem auch ein Maylein, im Holländ. noch jetzt Meyken, im Nieders. ein Rükelbusch, Rükelken. Im Hannöverischen nennet man denjenigen Strauß, welchen man auf das Grab unverheiratheter Personen zu stecken pflegt, Dodenkasse, Todtenbüschel, von Kasse, ein Büschel.


Blumenstück (W3) [Adelung]


Das Blumenstück, des -es, plur. die -e. 1) In den Gärten, ein Abgetheilter Platz, welcher nach der Kunst mit Blumen bepflanzt wird; ein Blumenfeld. S. Luststück. 2) Bey den Fleischern, ein Stück Rindfleisch von dem Hintervierthel, welches sich in der Kerbe befindet, und eines der schmackhaftesten ist. 3) In der Mahlerey, ein Gemählde, welches vornehmlich Blumen darstellt.


Blumenthee (W3) [Adelung]


Der Blumenthee, (dreysylbig,) des -s, (viersylbig,) plur. car. eine Art Thee, welche nicht aus den Blumen der Theepflanze, sondern nur aus den jungen Blättern bereitet wird, dagegen die gewöhnlichen Arten des Thees von stärkern größern Blättern hergenommen sind.


Blumentopf (W3) [Adelung]


Der Blumentopf, des -es, plur. die -töpfe. 1) Ein zierlich gearbeitetes Gefäß, abgeschnittene Blumen in Wasser darin eine Zeit lang zu erhalten. 2) Ein Topf, d. i. thönernes Geschirr, Blumen vermittelst der Erde darein zu pflanzen; ein Blumenscherbel, Nieders. Kruudpott. Weil diese letztere Art oben weiter als unten ist, so wird sie im Oberdeutschen auch ein Blumenasch, sonst aber auch in eben dieser Mundart ein Würztopf genannt.


Blumenwerk (W3) [Adelung]


Das Blumenwerk, des -es, plur. die -e, 1) Als ein Collectivum, allerley Blumengewächse, obgleich selten, im gemeinen Leben, und ohne Plural. 2) Gemahlte oder geschnitzte Zierathen von Blumen. Mit gedreheten Knoten und Blumwerk, 1 Kön. 6, 18. Schnitzwerk von ausgehöhleten Cherubim, Palmen und Blumwerk, v. 29, 32, 35. 3) Bey den Zuckerbäckern, künstliche Blumen aus Zuckerwerk.


Blumenzapfen (W3) [Adelung]


Der Blumenzapfen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Botanik, gewisse Zapfen ähnliche Blumenkelche an manchen Gewächsen, welche den männlichen Staub enthalten, Iulus masculus; zum Unterschiede von den Samenzapfen, Iulus foemineus. Beyde werden im gemeinen Leben Kätzchen, Lämmerchen u. s. f. genannt. S. 5 Katze.


Blumenzeit (W3) [Adelung]


Die Blumenzeit, plur. die -en, die Frühlingszeit, da die mehresten Gewächse zu blähen pflegen.


Blumenzwiebel (W3) [Adelung]


Die Blumenzwiebel, plur. die -n, die Zwiebel eines Blumengewächses, dergleichen die Tulpen, Narcissen, Lilien u. s. f. haben, zum Unterschiede der Zwiebeln einiger Küchengewächse.


Blumicht (W3) [Adelung]


Blumicht, adj. et adv. Blumen ähnlich.


Blumig (W3) [Adelung]


Blumig, adj. et adv. Blumen habend, enthaltend. Blumiges Zeug, geblümtes. Der blumichte (blumige) Frühling, Klopst. Dort an der blumichten (blumigen) Quelle stehen meine Bienenkörbe in zwey Reihen, Geßn. Blumig, für mit Blumen bewachsen, oder Blumen bringend, wie in den beyden letztern Beyspielen, ist schon hart. aber noch härter ist es, wenn man es in blumicht, verwandelt, indem die Ableitungssylben - icht und - ig sehr bestimmt verschieden sind. S. dieselben. In der eigentlichen Bedeutung, für Blumen enthaltend, lautet es in den Zusammensetzungen gemeiniglich blümig, großblümig, kleinblümig, von Zeugen.


Blumist (W3) [Adelung]


Der Blumist, des -en, die -en, ein im gemeinen Leben übliches Zwitterwort, mit einer ausländischen Endung, einen Liebhaber von Blumen, oder jemanden, der sich vorzüglich mit dem Blumenbaue beschäftiget, einen Blumengärtner zu bezeichnen.


Blumwerk (W3) [Adelung]


Das Blumwerk, S. Blumenwerk.


Blut (W3) [Adelung]


Das Blut, des -es, plur. car. der rothe flüssige Theil in den thierischen Körpern, der seinen Umlauf, so lange das Geschöpf lebt, in den Adern hat, und das welchem alle übrige Säfte der thierischen Haushaltung entspringen.1. Eigentlich. Dickes, flüssiges Blut auswerfen; in niedrigen Ausdrücken, Blut speyen. Blut lassen, durch eine künstliche Öffnung einer Ader es abfließen lassen, zur Ader lassen. Das Blut wallt, wenn es stärker umläuft als gewöhnlich. Die Wallung des Bluts. Wie Milch und Blut aussehen; eine frische, lebhafte Gesichtsfarbe haben. Das Blut stieg mir in das Gesicht, vor Scham, Unwillen u. s. f. Nur nicht erstochen, denn ich kann kein Blut sehen, Weiße. In seinem Blute liegen. Es ist kein Tropfen Blutes an ihm, es ist kein guter Tropfen Blutes in ihm, er ist völlig verderbt, so wohl im physischen als moralischen Verstande. seine Hände mit Blut besudeln, bestecken, figürlich, sich eines Mordes schuldig machen. Unschuldiges Blut vergießen. es ist in diesem Kriege viel Blut vergossen worden, es sind viele Menschen darin umgekommen. Der Sieg hat viel Blut gekostet. Nach Blut dürften, in der höhern Schreibart, grausam seyn. Cäsar dürstete nicht nach Blut, und wollte lieber verzeihen als siegen. Blut und Leben für jemanden wagen, aufsetzen. Einen bis auf das Blut aussaugen, figürlich, ihn unter dem Scheine des Rechtes nach und nach alles des Seinigen berauben. Er handelt allemahl bis aufs Blut, er dinget auf das genaueste. S. auch Geblüt.2. Figürlich. 1) Der Fluß des Blutes, doch nur in der Redensart, das Blut stillen, den Fluß des Blutes. Blutstillende Mittel. 2) In Verbindung mit dem Worte Schweiß, mühsame Arbeit und die dadurch erworbene Nothdurft. Der Armen Schweiß und Blut an sich reißen. es ist mein Schweiß und Blut, dasjenige, was ich mir saure Arbeit erworben habe. Dahin gehöret auch die biblische R. A. Die ihr Zion mit Blut bauet, und Jerusalem mit Unrecht, Micha 3, 10. 3) Der zur Fortpflanzung seines Geschlechtes nöthige flüssige Körper, weil man ehedem glaubte, daß er aus dem Blute abgeschieden würde. Von einem Blute kommt aller Menschen Geschlecht, Apostelg. 17, 26. Noch mehr aber nach einer noch weitern Figur, 4) nahe Verwandtschaft, und die aus derselben entspringende natürliche Verbindlichkeit. Er ist durch die Bande des Blutes mit mir verbunden. Dazu gehöret keine Tugend, einer Person etwas zu gönnen, für welche das Blut in mir spricht, Gell. Wenn du die starken Triebe des Blutes je gefühlt, Wenn du ein Vater bist. S. Blutsfreund, Blutsfreundschaft. 5) * Der ganze Umfang der sinnlichen Triebe und deren ungeordnete Beschaffenheit in Verbindung mit dem Worte Fleisch, doch nur in der biblischen Schreibart. Fleisch und Blut kann das Reich Gottes nicht ererben, 1 Cor. 15, 50. Sich nicht mit Fleisch und Blut besprechen, Gal. 1, 16. Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, Ephes. 6, 12. Auch wohl die natürlichen Kräfte des Verstandes. Fleisch und Blut hat dir das nicht offenbaret, Math. 16, 17. 6) Das Leben der Menschen, weil das Blut einen wesentlichen Theil desselben ausmacht. Mit seinem Blute ist mir nicht gedient. Gut und Blut bey jemanden, oder für jemanden aufsetzen. 7) Ein gewaltsamer Tod. Die Gerechtigkeit fordert dein Blut. Seine Rache konnte nur durch Blut befriedigt werden. Die Stimme deines Bruders Blut schreyet zu mir von der Erden, 1. Mos. 4, 11. Der soll des Bluts schuldig seyn, 3 Mos. 17, 4; 4 Mos. 35, 27. Der Rächer des Bluts, 4 Mos. 35, 19, 21, 24. S. Bluträcher. das dadurch begangene Verbrechen, besonders in einigen biblischen Stellen. Unschuldig Blut auf sich laden, 5 Mos. 22, 8. Sein Blut sey auf ihm, 3 Mos. 20, 9, 11; Jos. 2, 19. Rechne uns nicht zu unschuldig Blut. Jon. 1, 14. S. Blutschuld. 8) Der verdienstliche Tod Christi, das dadurch vollbrachte Versöhnungswerk, und dessen Verdienstlichkeit, gleichfalls nur in der biblischen Schreibart. Ingleichen dessen körperliches Erinnerungsmittel, der Wein in dem heil. Abendmahle. 9) Die Person oder der Mensch selbst, doch nur in einigen niedrigen Ausdrücken. Ein junges Blut. Ein liederliches Blut.

Anm. Blut lautet bey dem Ulphilas bloth, bey dem Ottfr. bluat, im Nieders. Blood, im Dän. und Schwed. Blod, im Engl. Blood. Herr Ihre lässet es entweder von flod, fließen, oder von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, hervor quellen, abstammen. Allein es gehöret unstreitig zu blühen, welches ursprünglich durch eine lebhafte Farbe, dergleichen die rothe ist, sichtbar werden, bedeutet. Ottfried und andere alte Schriftsteller schreiben Blut und Blüthe auf einerley Art bluot und bluat. Erploten bedeutet in dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter erröthen, und das Wort Blüthe wird noch jetzt von einigen für den monathlichen Blutfluß des andern Geschlechtes gebraucht. Die Bergleute, bey welchen sich noch so viele Wörter in ihrer ersten Bedeutung erhalten haben, sagen noch jetzt von dem rothgüldenen Erze, wenn es eine hochrothe Farbe hat, daß es blute. S. auch Blöde, Blühen und Blüthe. Der Hebräische Nahme des Blutes - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ist gleichfalls von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, roth seyn, hergenommen. Die Schlesische Mundart spricht dieses Wort sehr kurz aus, Blutt, und Gryphius schreibt es sogar so. Ehedem wurde das Blut auch Verich, Verh, Färch, genannt, wovon Pez und Haltaus in ihren Glossar. nachgesehen werden können. Die Jäger gebrauchen für Blut die Ausdrücke Fasch, Faisch, Fährte und Schweiß, einige andere Lebensarten aber Farbe. S. diese Wörter. Der Verfasser des alten Gedichtes auf den heil. Anno gebraucht V. 230, Pluot, und Tatian Kap. 56, Blaustar für Opfer. In den nördlichern Mundarten ist diese Bedeutung noch häufiger. S. Ihre Glossar. v. Blota. In einigen im gemeinen Leben üblichen Zusammensetzungen bedeutet Blut so viel als sehr; wie ein blutarm, blutjung, blutsauer, blutfremd, u. s. f. Im Niedersächsischen ist es in verschiedenen Zusammensetzungen zugleich eine Art eines Scheltwortes. Ein Blutjunge, ein arger leichtfertiger Junge, ein Blutschelm, ein arger Schelm, eine Bluthure u. s. f. Beyde Arten des Gebrauches, die sonst keinen begreiflichen Verstand haben würden, lassen sich aus der ersten eigentlichen Bedeutung dieses Wortes sehr ungezwungen erklären, indem es alsdann eine jede Sache oder Eigenschaft bedeutet, welche sehr merklich in die Augen fällt.


Blutacker (W3) [Adelung]


* Der Blutacker, des -s, plur. die -äcker, ein wort, welches nur in dem neuen Testamente vorkommt, einen Acker anzudeuten, welcher für Blutgeld erkaufet worden, Math. 27, 8; Apostelg. 1, 19.


Blutader (W3) [Adelung]


Die Blutader, plur. die -n. 1) Eine jede Ader, welche Blut in sich enthält, im Gegensatze der Erzadern, Bandadern, Wasseradern, u. s. f. 2) In engerer Bedeutung, eine Ader, welche das Blut von den Theilen des Leibes zu dem Herzen zurück führet, vena; im Gegensatze der Puls- oder Schlagadern. S. Ader.


Blutapfel (W3) [Adelung]


Der Blutapfel, des -s, plur. die -äpfel, eine Art kugerlrunder, von außen rosenrother Äpfel, mit einem blutrothen süßen Fleische.


Blutarm (W3) [Adelung]


Blutarm, adj. et adv. im gemeinen Leben, sehr arm, so daß man kaum etwas mehr, als das Blut, d. i. das Leben, in seinem Vermögen hat. Ein blutarmer Mensch. Es ist eine rechtschaffene Frau, die keinen weitern Fehler hat, als daß sie blutarm ist, Gell. S. Blut, Anm.


Blutbad (W3) [Adelung]


Das Blutbad, des -es, plur. inus. figürlich, die Vergießung vieles Menschenblutes. ein Blutbad anrichten.


Blutbann (W3) [Adelung]


Der Blutbann, des -es, plur. inus. in den Rechten der mittlern Zeiten, die peinliche Gerichtsbarkeit, welche über Blut und Leben richtet, und ehedem auch das Blutgericht, der Königsbann; die Malefiz, die Fraiß, die Oberacht u. s. f. genannt wurde, heut zu Tage aber unter dem Nahmen des Halsgerichtes, oder der obern Gerichte am bekanntesten ist.


Blutbirn (W3) [Adelung]


Die Blutbirn, plur. die -en, eine Art Birnen, mit einer rauhen grauen Schale, und einem rothen Fleische.


Blutblume (W3) [Adelung]


Die Blutblume, plur, die -n, in der Kräuterkunde der Neuern, eine Pflanze, Haemanthus, L. Sie ist ein Zwiebelgewächs, trägt eine blutrothe Blume und wächset am Vorgebirge der guten Hoffnung.


Blutbrechen (W3) [Adelung]


Das Blutbrechen, des -s, plur. car. der heftige, einem Erbrechen ähnliche Auswurf des Blutes aus der Lunge; im gemeinen Leben das Blutspeyen.


Blutbüche (W3) [Adelung]


Die Blutbüche, plur. die -n, eine Abänderung der gewöhnlichen Rothbüche, welche sich durch ihre dunkelrothen Blätter unterscheidet, von welchen sie auch den Nahmen hat; Fagus sylvatica foliis atrorubentibus, L.


Blutbühne (W3) [Adelung]


Die Blutbühne, plur. die -n, die Bühne oder das Gerüst, worauf jemand hingerichtet wird; das Blutgerüst, im gemeinen Leben das Schaffott.


Blutdurst (W3) [Adelung]


Der Blutdurst, des -es, plur. car. die heftige Begierde nach Blut, d. i. nach dem gewaltsamen Tode anderer. Grimm und Blutdurst glühen schon in seinen Augen.


Blutdürstig (W3) [Adelung]


Blutdürstig, -er, -ste, adj. et adv. Blutdurst habend, und darin gegründet. Ein blutdürstiger Tyrann. S. Durstig 2.


Blutegel (W3) [Adelung]


Der Blutegel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein kleiner länglicher Wurm, welcher sich in süßen Wassern aufhält, sich an Menschen und Thiere anhängt, und ihnen das Blut aussaugt; ein Egel, Roßegel, Nieders. Eyle, Ile, Achel, im Gemma Gemmar. Muoregel, Nietegel, im Schwed. Blodigel. Einen Blutegel ansetzen, ihn an einen Theil des Leibes setzen, damit er Blut sauge. Im gemeinen Leben wird dieses Wort gemeiniglich Blutigel ausgesprochen. S. Egel. 2) Im niedrigen Scherze, ein Vorgesetzter, der seine Untergebenen bis auf das Blut drücket.


Bluten (W3) [Adelung]


Bluten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Blut fließen lassen, Blut fahren lassen. 1. Eigentlich. Die Wunde blutet. Du blutest ja. Die Nase blutet ihm, oder er blutet aus der Nase. Er hat sich zu Tode geblutet. Mein Vater, der schon von tödlichen Wunden blutete, Weiße. Laß ab! Laß ab! Schon blutet dir das Opfer, Schon stirbt das kalte Herz, Zachar. Welche beyde letzteren Wortfügungen doch nur in der höhern Schreibart gewaget werden können. 2. Figürlich.

1) Eines gewaltsamen Todes sterben, in der höhern Schreibart. Wo Ein Freund, ein Mustapha, ein Bruder bluten soll, Weiße. Ach, trug ich ihn darum in meinem Schoße, damit er bluten soll? ebend.

2) Das Herz blutet, wenn man einen lebhaften Schmerz empfindet. Dein Herz wird von diesem Risse bluten, Dusch. Wie hat mein Herz bey ihrem Unglücke geblutet! ebend. Er, der auch vorsetzliche Gründen vergiebt, weiß, wie mein Herz unter den Gedanken blutet, Weiße. Stets nagt ein scharfer Neid Sein blutend Herz, Haged. 3) Bey den Bergleuten blutet das Erz, wenn sich rothes Silbererz oder Rothgüldenerz findet; der Blutstein blutet gelblich oder braun, wenn er statt der rothen Farbe in das Gelbe oder Braune fällt; welche R. A. vielleicht noch ein Überbleibsel der ersten eigentlichen Bedeutung des Wortes Blut sind. S. Blut, Anm. 4) Im Weinbaue blutet der Wein, wenn der Weinstock nach dem Beschneiden den Saft austropfen läßt. 5) Er soll mir dafür schon bluten, im niedrigen Umgange, mit seinem Vermögen dafür büßen. Alsdann sollen sie mir erst recht bluten. Er wird dafür bluten müssen. Welche Redensart vielleicht noch von der alten Bedeutung der Wörter Blut und bluten, da sie Opfer und opfern bedeuteten, übrig ist; von welcher Bedeutung außer Herrn Ihre Gloss. v. Blota, auch Frischens Wörterbuch v. Blut nachgesehen werden könne.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort bloden, bloen, im Angels. bletan, im Engl. to bleed, im Dän. blode, im Schwed. blöda, S. Blut. Die Jäger gebrauchen statt dieses Wortes schweißen und faschen. S. diese Wörter.


Bluterz (W3) [Adelung]


Das Bluterz, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, im Bergbaue so viel als Rothgüldenerz, wegen seiner blutrothen Farbe. S. Bluten 2.


Blutfahne (W3) [Adelung]


Die Blutfahne, plur. die -n, in dem Lehenswesen der mittlern Zeiten, die rothe Fahne, mit welcher der Blutbann zu Lehen gegeben wurde.


Blutfarbe (W3) [Adelung]


Die Blutfarbe, plur. inus. eine dunkelrothe Farbe, welche der Farbe des Blutes gleich kommt. Daher Blutfarbig, adj. et adv. diese Farbe habend.


Blutfink (W3) [Adelung]


Der Blutfink, des -en, plur. die -en, eine Art Dickschnäbler, welche wegen ihrer schönen Farbe und Gelehrigkeit geschätzt wird. Der Kopf bis an die Augen ist an dem Männchen schwarz, die Brust und Backen sind hoch ziegelroth, unter dem Bauche ist es weiß, der Schwanz ist schwarz, der Rücken und die Flügel bläulich grau. In Niedersachsen heißt dieser Vogel Dompfaff, Thumpfaff, im Oberdeutschen Gimpel, sonst aber auch wegen seiner hochrothen Brust Rothfink, Rothschlägel, Rothvogel, und Lohvogel; Coccothraustes, Kl. Pyrrhula, L. So auch Hellschreyer.


Blutfluß (W3) [Adelung]


Der Blutfluß, des -sses, plur. von mehrern Arten die -flüsse, ein jeder Fluß des Blutes, d. i. starkes Bluten aus einer bereits von der Natur gemachten Öffnung; Haemorrhagia. So werden ein starkes Nasenbluten, der Fluß des Blutes aus der Mutter des andern Geschlechtes (der Mutterfluß, Menorrhagia,) der Fluß der Adern im Mastdarme u. s. f. mit dem allgemeinen Nahmen des Blutflusses belegt. Besonders führet diesen Nahmen zuweilen ein schmerzlicher Bauchfluß mit faulen eiterigen Blute, der gemeiniglich die rothe Ruhr genannt wird. Bluotez fluz kommt schon bey Tatian vor. S. auch Blutgang.


Blutflüssig (W3) [Adelung]


Blutflüssig, adj. et adv. mit dem Blutflusse behaftet.


Blutfremd (W3) [Adelung]


Blutfremd, adj. et adv. im gemeinen Leben, sehr fremd. Ein blutfremder Mensch. Ich bin hier blutfremd. S. Blut, Anm.


Blutgang (W3) [Adelung]


Der Blutgang, des -es, plur. inus. 1) Wie Blutfluß, ein ungewöhnlich starker Abgang des Blutes durch natürliche Öffnungen. Besonders aber ein ungewöhnlich starker Abgang des Blutes durch die Mutter bey dem anderen Geschlechtes; Menorrhagia. In dieser engeren Bedeutung kommt es auch Matth. 9, 20; Marc. 5, 25; Luc 8, 44, vor. 2) * Ehedem bedeutete es auch die Erbfolge, nach dem Rechte des Blutes oder der Verwandtschaft.


Blutgefäß (W3) [Adelung]


Das Blutgefäß, des -es, noch mehr aber im Plural die Blutgefäße, die Gefäße oder Röhren in den thierischen Körpern, durch welche das Blut beweget wird; die Adern.


Blutgeld (W3) [Adelung]


Das Blutgeld, des -es, plur. inus. 1) Dasjenige Geld, welches ein Todtschläger ehedem den Verwandten des Getödteten erlegen mußte, und welches noch häufiger das Wehrgeld genannt wurde. S. dieses Wort. Vermuthlich hat es Amos 5, 12, eben dieselbe Bedeutung. Ich weiß - wie ihr die Gerechten drenget, und Blutgeld nehmet, und die Armen im Thor unterdrücket. 2) Geld, worauf eine Blutschuld haftet, durch eine Blutschuld erworbenes Geld. In dieser Bedeutung wird der Lohn, welchen Judas für seinen Verrath erhielt, Matth. 27, 6, ein Blutgeld genannt. In beyden Bedeutungen kommt dieses Wort wenig mehr vor.


Blutgericht (W3) [Adelung]


Das Blutgericht, des -es, plur. die -e, dasjenige Gericht, welches über vergossenes Blut gehalten wird, 2 Mos. 22, 2. 3. Ingleichen auch der Blutbann, oder die obere Gerichtsbarkeit, welche über Blut und Leben richtet. In beyden Bedeutungen ist dieses Wort wenig mehr gebräuchlich.


Blutgerüst (W3) [Adelung]


Das Blutgerüst, des -es, plur. die -e, in der höhern Schreibart, das Schaffot. S. Blutbühne.


Blutgeschwär (W3) [Adelung]


Das Blutgeschwär, oder Blutgeschwür, des -es, plur. die -e, ein mit Blut, welches noch nicht in Eiter übergegangen ist, angefülltes Geschwür; das Blutschwär, oder der Blutschwären, Dracunculus, im Nieders. Pune oder Pue.


Blutgier (W3) [Adelung]


Die Blutgier, plur. car. die heftige Begierde nach anderer Blut, d. i. gewaltsamen Tod.


Blutgierig (W3) [Adelung]


Blutgierig, -er, -ste, adj. et adv. nach Blut, d. i. dem gewaltsamen Tode anderer begierig. Daher die Blutgierigkeit, d. i. Blutgier.


Blutgras (W3) [Adelung]


Das Blutgras, des -es, plur. inus. S. Bluthirse.


Bluthänfling (W3) [Adelung]


Der Bluthänfling, des -es, plur. die -e, eine Art Hänflinge mit blutrothen Flecken auf der Brust, daher er auch den Nahmen hat; Linaria, Kl. Er wird auch blutrother Brüstling, Flachsfink Krauthänfling, Ziegelhänfling, Rothhänfling und Leimfink, Franz. aber Linotte genannt.


Blutharnen (W3) [Adelung]


Das Blutharnen, des -s, plur. car. eine Krankheit bey Menschen und Thieren, wo der Urin mit Blut begleitet ist. Bey den Pferden wird diese Krankheit gemeiniglich das Blutfallen, bey dem Hornviehe aber der Weidebruch, das Rothnetzen, die Mayseuche, die Blutstaupe, die Blutkrankheit, genannt.


Blüthauge (W3) [Adelung]


Das Blüthauge, des -s, plur. die -n, S. Blüthknospe.


Bluthaus (W3) [Adelung]


* Das Bluthaus, des -es, plur. die -häuser, ein nur in der Deutschen Bibel, 2 Sam. 21, 1, befindliches Wort, wo es ein Haus oder Geschlecht bezeichnet, welches eine Bluschuld auf sich geladen hat.


Blüthe (W3) [Adelung]


1. Die Blüthe, plur. die -n, in manchen Gegenden, z. B. in Obersachsen, eine Art Weißfische, welche an andern Orten Blicke, Uckeley und Ochelbetze genannt wird; Cyprinus Alburnus, L.


Blüthe (W3) [Adelung]


2. Die Blüthe, plur. die -n, von dem Verbo blühen. 1. Der Zustand, da eine Pflanze blühet; ohne Plural. 1) Eigentlich. Die Lindenbäume stehen schon in der Blüthe. Ingleichen die Zeit, wenn eine gewisse Gattung von Gewächsen blühet. In der Lindenblüthe, in der Baumblüthe, in der Kornblüthe, in der Nelkenblüthe. Von der Blüthe solcher Gewächse, welche vornehmlich um ihrer angenehmen Blumen willen geschätzt werden, ist das ausländische Flor beynahe üblicher. Der Tulpenflor, der Nelkenflor, u. s. f. S. dieses Wort. 2) Figürlich, derjenige Zustand einer Sache, da sie viel Gutes von sich hoffen lässet, ein erwünschter Zustand. Sein Glück steht noch in der Blüthe. Meine schönsten Hoffnungen haben sie in ihrer Blüthe verheeret, von Brawe. In der Blüthe seines Alters, in der Blüthe seiner Jahre, d. i. in der Jugend. So unrühmlich fällst du dahin in der Blüthe des Lebens, Zachar. 2. Die zur Befruchtung und Fortpflanzung der Pflanzen gehörigen Theile selbst, nach ihrer ersten Entwicklung. 1) Eigentlich, in welcher Bedeutung dieses Wort bey den Schriftstellern des Pflanzenreiches von den Blumen aller Arten des ganzen Pflanzenreiches gebraucht wird. Männliche Blüthen, welche nur allein Staubfäden und keine Staubwege haben. Weibliche Blüthen, in welchen sich nur allein Staubwege und keine Staubfäden befinden. Zwitterblüthen, die beydes haben. Im gemeinen Leben gebraucht man dieses Wort nur in engerer Bedeutung von solchen Blüthen, die man wegen ihrer Farbe und Geruches keiner besonderen Achtung werth hält, im Gegensatze der Blumen in engerer Bedeutung. S. dieses Wort. Und alsdann wird es so wohl als ein Collectivum von allen Blumen eines Gewächses oder ihrer Art, ohne Plural, als auch von einzelnen Blumen, mit dem Plural, gebraucht. Die Kirschblüthen sind abgefallen. Taube Blüthen, auf welche wegen Frostes, Mehlthaues u. s. f. keine Frucht folget. 2) Figürlich. (a) Eigenschaften, Umstände,von welchen man viel Gutes hoffet, in der höheren Schreibart. Auch du weißt noch den schwarzen Tag, der die Blüthen unserer Hoffnung zu Grunde richtete, Weiße. Hier, wo der Hoffnung Blüthen Ein jäher Frost erstickt, ebend. (b) Das Beste einer Sache, gleichfalls nur in der höhern Schreibart. Mitten in einem Thale bricht er sich die Blüthe aller Vergnügungen ab. (c) Im Bergbaue heißt angesetztes Erz, welches eine zarte krystallinische Gestalt hat, gleichfalls Blüthe, und wenn es einen dichten Körper vorstellet, wird es derbe Blüthe genannt. (d) Zuweilen führet diesen Nahmen auch die monathliche Reinigung des andern Geschlechts, S. Blut, Anm.3. Dasjenige Gewächs selbst, welches vorzüglich um seiner Blüthe willen geschätzet wird. In dieser Bedeutung wird nur der Spanische oder blaue Hohlunder, Syringa, L. in einigen Gegenden, z. B. in Thüringen, blaue Blüthe genannt, S. Hohlunder.

Anm. Die ältesten Fränkischen und Schwäbischen Schriftstellern scheinen unter Blumen und Blüthe keinen Unterschied gemacht zu haben. In dem Ottfried ist bluat eine Blume. Bey dem Willeram lautet dieses dieses Wort bluod, und die Dichter des Schwädischen Zeitalters gebrauchen es zuweilen im männlichen Geschlechte. Vns kumt aber ein lichter meie Der machet manig herze fruot Er bringet bluomen mangerleye Wer gefach ie suesser bluot, Marggraf Otto von Brandenburg. In dem alten Gedichte auf den heil. Anno lautet dieses Wort schon Blüd, und in dem 1483 zu Augsburg gedruckten Buche der Natur wird der plüde der bäume gedacht. Die heutigen Oberschwaben sprechen dieses Wort noch Blüat, die Niedersachsen Bloite, und manche Obersachsen die Bluth, aus. Es ist das Abstractum von dem Verbo blühen, gleichsam die Blühde, wie Zierde, Geberde, Begierde u. a. m. Statt des d ist im Hochdeutschen das th hergebracht, welches in mehrern Stellen das d vertritt, und das man also nicht um sein h bringen darf. Um den Übelstand zweyer so nahe auf einander folgender h zu vermeiden, hat man das h des Verbi weggeworfen, und so ist aus Blühde oder Blühthe unser heutiges Blüthe geworden. Übrigens ist statt dieses Wortes im Oberdeutschen auch die Blühe, die Blust die Blussem und das Blust üblich, welche mit dem Angels. Blosma, Blostin, dem Engl. Blossom, dem Holländ. Bloessem, und dem Latein. Flos überein kommen, und nur verschiedene Formen und verschiedene Mundarten eines und eben desselben Wortes sind. S. Blitz, Blöde Blühen, Blume und Blut.


Bluthirse (W3) [Adelung]


Die Bluthirse, plur. inus. eine Art Schwaden mit Ähren, welche in Finger getheilet sind, doppelten unbewehrten Blüthen, und getüpfelten Blattscheiden; Blutgras, Panicum sanguinale, L. Ital. Sanguinaria, Sanguinella. Es soll diese Nahmen daher erhalten haben, weil man mit den steifen und spitzigen Blumen dieses Grases ein Nasenbluten erregen kann, wenn man die Ähren in die Nase steckt. Allein der hochrothe feine Büschel den der Stängel trägt, wäre zu dieser Benennung vielleicht bequemer. Den Nahmen der Hirse hat es daher, weil der Same, so wie von dem Schwaden, eine angenehme, der Hirse nicht unähnliche Speise gibt. Von einigen wird das Berggras Andropogon Oschaemum, L. weißes Blutgras genannt.


Blüthknospe (W3) [Adelung]


Die Blüthknospe, plur. die -n, diejenige Knospe an den Gewächsen, in welcher die Blüthe noch unentwickelt liegt, zum Unterschiede von den Blätterknospen; das Blüthauge.


Bluthochzeit (W3) [Adelung]


Die Bluthochzeit, plur. inus. in der Geschichte, die Ermordung der Huguenotten in Paris, welche 1572 bey der Hochzeit des Königes von Frankreich angestellet wurde.


Blutholz (W3) [Adelung]


Das Blutholz, des -es, plur. inus. ein blutrothes Amerikanisches Holz, welches zum Färben gebraucht, und in der Landessprache Quammochitl, Englisch aber Bloodwood genannt wird.


Bluthund (W3) [Adelung]


Der Bluthund, des -es, plur. die -e. 1) Zuweilen so viel als ein Schweißhund, der ein verwundetes Wildbret aufzuspüren gebraucht wird; eine Benennung, die in der Kunstsprache der Jäger das Weidmesser verdienet. 2) Ein Tyrann, ein blutdürstiger Mensch; ein niedriger Ausdruck, der ehedem sehr häufig von den Türken und ihrem Groß-Sultan gebraucht wurde, bey feinern Schriftstellern aber längst veraltet ist. Indessen kommt er noch 2 Sam. 16, 7, 8, und Sir. 34, 27, vor.


Blutig (W3) [Adelung]


Blutig, -er, -ste, adj. etadv. 1) * Blut habend. In dieser Bedeut. nannte man ehedem das Vermögen, welches in Vieh oder lebendigen Geschöpfen besiehet, die blutige Habe. In anderen Fällen wird es in dieser Bedeutung wohl nicht üblich seyn. Doch kommt es in den Zusammensetzungen vollblütig und kaltblütig vor; wo es aber das u in ein ü verwandelt. 2) Mit Blut befleckt. Ein blutiges Messer. Sich blutig machen. Mit blutigen Köpfen abgewiesen werden, in einer niedrigen Figur. Die blutige Hand, bedeutete ehedem, theils einen Mörder besonders in dem Rechtssatze, blutige Hand nimmt kein Erbe, theils aber auch die peinliche Gerichtsbarkeit, den Blutbann. 3) Wobey Blut vergossen wird, größten Theils in der anständigern Schreib- und Sprechart. Ein blutiger Krieg. Ein blutiger Sieg. Das Treffen war sehr blutig. Ein blutiges Opfer. Wasch deine Hände rein vom blutigen Verbrechen, Weiße. 4) In der im gemeinen Leben übliche R. A. keinen blutigen Häller haben, (im mittlern Latein. Denarius cruentus) bedeutet blutig wohl nur so viel als roth, weil man auch in eben demselben Verstande sagt, keinen rothen Häller haben; welches denn mit der ersten eigentlichen Bedeutung des Wortes Blut sehr gut überein stimmt. Nieders. blödig, blöerig.


Blutigel (W3) [Adelung]


Der Blutigel, S. Blutegel.


Blutjung (W3) [Adelung]


Blutjung, adj. et adv. im gemeinen Leben sehr jung, Nieders. blootsken jung. Ein blutjunger Mensch. Unsere Bekanntschaft ist noch blutjung. S. Blut, Anm.


Blutkasten (W3) [Adelung]


Der Blutkasten, des -s, plur. ut nom. sing. in der Kunstsprache der Jäger, das Herz.


Blutkohl (W3) [Adelung]


Der Blutkohl, des -es, plur. inus. bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Pflanze, welche in beyden Indien wächset und wie Kohl gegessen wird; Dioscoria sativa, L.


Blutkrankheit (W3) [Adelung]


Die Blutkrankheit, plur. inus. S. das Blutharnen.


Blutlampe (W3) [Adelung]


Die Blutlampe, plur. die -n, eine ehemahlige chymische Quacksalberey, da man Lampen aus dem Blute eines Menschen verfertigte, welche dessen Lebenszeit über brennen, und durch die Veränderungen ihres Scheines zugleich die Veränderungen seines Gemüthes und Geblütes andeuten sollten. Man hatte auch dergleichen Kerzen, welche Lebenskerzen genannt wurden.


Blutlassen (W3) [Adelung]


Das Blutlassen, des -s, plur. car. ein aus der R. A. Blut lassen, zusammen gezogenes Substantiv, für der Aderlaß. Im Oberdeutschen ist auch die Blutlässe üblich. S. Aderlaß.


Blutlauf (W3) [Adelung]


Der Blutlauf, des -es, plur. inus. eine Art des Durchlaufes oder Durchfalles, wo die Schärfe die Gedärme anfrißt, daher der natürliche Auswurf mit Blut vermischt ist; die Kuhr. Der Nahme Blutlauf ist bey den Thieren am üblichsten.


Blutlilie (W3) [Adelung]


Die Blutlilie, (viersylbig,) plur. die -n, eine Art Feuerlilien, deren Blumen eine blutrothe Farbe haben.


Blutlos (W3) [Adelung]


Blutlos, adj. et adv. kein Blut habend. So sind die Insecten blutlose Geschöpfe, weil sie kein Blut, wenigstens kein rothes Blut haben. Ingleichen des Blutes beraubt, in der höhern Schreibart. Blutlos und entseelt lag er da.


Blutnuß (W3) [Adelung]


Die "Blutnuß", plur. die "Blutnüsse",


Blutpfirsich (W3) [Adelung]


Der Blutpfirsich, des -es, plur. die -e, eine Art Pfirsiche mit blutrothem Fleische; im gemeinen Leben die Blutpfirsche.


Blutrache (W3) [Adelung]


Die Blutrache, plur. inus. die Rache oder Bestrafung des vergossenen Blutes. S. das folgende.


Bluträcher (W3) [Adelung]


Der Bluträcher, des -s, plur. utnom. sing. derjenige, welchem es zukommt, vergossenes Blut zu rächen, besonders so fern es der nächste Verwandte des Entleibten ist. Beyde Wörter sind im Deutschen ziemlich ungebräuchlich geworden. Doch kommt Bluträcher noch einige Mahl in der Deutschen Bibel vor.


Blutrath (W3) [Adelung]


Der Blutrath, des -es, plur. inus. in der höhern Schreibart, die Berathschlagung über den gewaltsamen Tod eines andern; besonders wenn er unverdient ist. Kann Albisvinth nicht diesem Blutrath wehren, Weiße.


Blutreich (W3) [Adelung]


Blutreich, -er, -ste, adj. et adv. reich an Blut, viel Blut habend, vollblütig. Ein blutreicher Mensch.


Blutreinigend (W3) [Adelung]


Blutreinigend, adj. et adv. das Geblüt im menschlichen Körper reinigend. Blutreinigende Arzeneyen.


Blutreinigung (W3) [Adelung]


Die Blutreinigung, plur. die -en. 1) Die Reinigung des Geblütes durch dienliche Arzeneymittel; ohne Plural. 2) Diese Arzeneymittel selbst. Eine Blutreinigung gebrauchen. Sauerampfer ist eine gute Blutreinigung.


Blutrichter (W3) [Adelung]


Der Blutrichter, des -s, plur. ut nom. sing. eine noch in einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. in Graubünden, übliche Benennung eines peinlichen Richters, der über Blut und Leben richtet.


Blutronne (W3) [Adelung]


* Die Blutronne, oder die Blutrunst, plur. die -n, -en, ein größten Theils veraltetes Wort, welches nur noch in den Statuten besonderer Gegenden vorkommt. 1) Das Rinnen oder Fließen des Blutes nach einer gewaltsamen Verwundung; ohne Plural. 2) Dergleichen fließende, oder blutrünstige Wunden selbst. 3) Das Recht, dergleichen Beschädigungen, die mit Blutvergießen verbunden sind, zu bestrafen; und in noch weiterer Bedeutung, 4) auch die ganze obere Gerichtsbarkeit, der Blutbann, selbst. Und vvaz her doruffe rechtis hatte von Blutrunst adir von Halsgerichte, heißt es in einer Urkunde Markgr. Theodors von Meißen von 1210. 5) Die Strafe für blutrünstige Beschädigungen. Die mag ain Burgermeister vvol richten und allez daz, damit man den Lip nicht veruuurket und Blutruns git, Schwabensp. Kap. 166. S. Blutrünstig und Rinnen.


Blutroth (W3) [Adelung]


Blutroth, adj. et adv. roth wie Blut. Er wird blutroth im Gesichte.


Blutrünstig (W3) [Adelung]


Blutrünstig, adj. et adv. blutend, blutig. Eine blutrünstige Wunde, aus welcher Blut rinnet. Jemanden blutrünstig schlagen. Dieses Wort ist noch überall üblich, obgleich das Hauptwort Blutrunst, wovon es abstammet, veraltet ist. Für blutrünstig ist im Oberdeutschen auch blutschrötig üblich. S. Rinnen.


Blutsalz (W3) [Adelung]


Das Blutsalz, des -es, plur. car. das in dem wässerigen Theile des Blutwassers befindliche Salz.


Blutsauer (W3) [Adelung]


Blutsauer, adj. et adv. im gemeinen Leben, sehr sauer. Er läßt es sich blutsauer werden. Eine blutsauere Arbeit. S. Blut Anm.


Blutsauger (W3) [Adelung]


Der Blutsauger, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Nahme, welchen an einigen Orten auch der Blutegel führet. S. dieses Wort. 2) Ein gewisses Insect auf den Ahornbäumen; Chermes platanoidis, L. Ingleichen eine Art Milben; Acarus sanguisugus, L. 3) Ein Hirngespinst des Aberglaubens, besonders in Ungarn und den dazu gehörigen Ländern, da man von gewissen Leuten glaubt, daß sie nach ihrem Tode in dem Sarge an ihrem Leibe oder an den Kleidungsstücken saugen. S. Vampyr.


Blutschande (W3) [Adelung]


Die Blutschande, plur. car. 1) * Eine jede große Schande, oder ein großes Verbrechen, in welcher ehedem sehr üblichen, nunmehr aber veralteten Bedeutung Blut für sehr stehet. 2) Fleischliche Vermischung mit Blutsverwandten. Blutschande treiben. Mit seiner Stiefmutter, mit seiner Schwester u. s. f. Blutschande begehen. Daher der Blutschänder, des -s, plur. ut nom. sing. der sich einer Blutschande theilhaftig macht, und Blutschänderisch, adj. et adv. einer Blutschande gleich, dazu gehörig.


Blutschlecht (W3) [Adelung]


Blutschlecht, adj. et adv. im hohen Grade schlecht; im gemeinen Leben.


Blutschöpfe (W3) [Adelung]


Der Blutschöpfe, des -n, plur. die -n, in einigen Oberdeutschen Gegenden noch jetzt, der Schöpfe oder Beysitzer eines Blut- oder Halsgerichtes; der Zentschöpfe, Zentrath, Malefiz-Rath.


Blutschreyer (W3) [Adelung]


Der Blutschreyer, des -s, plur. ut nom. sing. in der Gerichtsverfassung der mittlern Zeiten, derjenige, welcher einen Todtschläger mit einem lauten Geschreye anklagte. In einigen Gegenden, wo das hochnothpeinliche Halsgericht noch mit den alten Gebräuchen gehalten wird, führet diesen Nahmen der Frohnbothe, welcher das Zetergeschrey über den Mörder erhebet, weil auf dieses Geschrey sogleich die Blut- oder Lebensstrafe zu erfolgen pfleget; ehedem der Blutredner. S. auch Zeterschreyer.


Blutschrötig (W3) [Adelung]


Blutschrötig, adj. et adv. S. Blutrünstig.


Blutschuld (W3) [Adelung]


Die Blutschuld, plur. die -en, eine Schuld, d. i. ein Verbrechen, welches durch unschuldiges Blutvergießen begangen wird. Ein Land auf welchem viele Blutschulden haften. Sein Gewissen mit Blutschulden beflecken. Zuweilen auch wohl ein jedes großes Verbrechen. Vergiß nur erst die Blutschuld die mich drückt, Can. Das Bey- und Nebenwort blutschuldig, welches 4 Mos. 35, 33, vorkommt, wer blutschuldig ist, schändet das Land, ist im Hochdeutschen nicht üblich.


Blutschwamm (W3) [Adelung]


Der Blutschwamm, des -es, plur. die -schwämme, ein eßbarer blutrother Schwamm, welcher zu den Boletis des Linnee gehöret, und bey dem Gleditsch Boletus corpore sessili, latissimo, superius lobato, inferius gibboso, tubulis aggregatis, heißt. Er wächst in schattigen gebüschigen Gegenden.


Blutschwär (W3) [Adelung]


Das Blutschwär, des -es, plur. die -e, oder der Blutschwären, des -es, plur. ut nom. sing. S. Blutgeschwär.


Blutschweiß (W3) [Adelung]


Der Blutschweiß, des -es, plur. inus. ein blutiger, mit Blut vermischter Schweiß. Der Blutschweiß Christi.


Blutschwell (W3) [Adelung]


Der Blutschwell, des -es, plur. die -e, oder die Blutschwelle, plur. die -n, im gemeinen Leben, bey den Pferden, eine Geschwulst an der innern Seite des Knies, welche nichts als Blut enthält, und von der zu starken Ausdehnung der Blutader entstehet; der Blutspath, ob er gleich mit dem Spathe nichts als die Stelle, wo er entstehet, gemein hat. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist von dem Zeitworte schwellen. Blutschwell bedeutet also nichts anders als ein Blutschwär oder Blutgeschwür. S. Schwellen.


Blutsfreund (W3) [Adelung]


Der Blutsfreund, des -es, plur. die -e, Fämininum die Blutsfreundinn, eine Person, welche aus einerley Blute, d. i. von einerley Ältern mit uns abstammet. Er ist mein Blutsfreund. Ein solcher naher Verwandter hieß ehedem ein Verichmag, oder Ferchgenoß, von welchen Wörtern Pezens und Haltausens Glossaria nachgesehen werden können. Im Oberdeutschen ist auch der Ausdruck ein verblutschafteter Anverwandter, im Bremischen aber das Wort Sibber üblich; S. Sippschaft.


Blutsfreundschaft (W3) [Adelung]


Die Blutsfreundschaft, plur. inus. nahe Verwandtschaft, welche aus einem gemeinschaftlichen Blute ihren Ursprung hat; ehedem auch der Sipp, das Gesippe. S. das vorige.


Blutspath (W3) [Adelung]


Der Blutspath, des -es, plur. inus. S. Blutschwell.


Blutspeyen (W3) [Adelung]


Das Blutspeyen, des -s, plur. inus. im gemeinen Leben, diejenige Krankheit des menschlichen Körpers, da durch den Husten Blut aus der Lunge ausgeworfen wird; das Blutbrechen, Haemoptisis. Wenn auf solche Art eine große Menge Blutes auf Ein Mahl ausgeworfen wird, so heißt es ein Blutsturz oder eine Blutstürzung.


Blutstallen (W3) [Adelung]


Das Blutstallen, des -s, plur. inus. S. Blutharnen, ingleichen Stallen.


Blutstätte (W3) [Adelung]


Die Blutstätte, plur. die -n, der Ort, wo jemand ermordet oder getödtet worden; ingleichen wo jemand hingerichtet werden soll.


Blutstaupe (W3) [Adelung]


Die Blutstaupe, plur. inus. das Blutharnen der Schafe. S. Blutharnen und Staupe.


Blutstein (W3) [Adelung]


Der Blutstein, des -es, plur. die -e, ein pyramiden- oder kugelförmiger, strahliger, zuweilen auch schuppenförmiger Eisenstein, welcher gemeiniglich roth von Farbe, oft aber auch gelb, braun oder schwarz ist, und durch Reiben dunkelroth wird, daher er den Nahmen hat; Haematites. Man glaubte ehedem, daß er das Nasenbluten stille, wenn man ihn in die Hand nähme. Wenn er pyramidenförmig ist, wird er von dem gemeinen Haufen auch Donnerkeil, wenn er aber eine kugelige Gestalt hat, im Bergbaue auch Glaskopf genannt; S. dieses Wort.


Blutstillend (W3) [Adelung]


Blutstillend, adj. et adv. den Fluß des Blutes stillend. Blutstillende Mittel.


Blutstropfen (W3) [Adelung]


Der Blutstropfen, des -s, plur ut nom. sing. Diminutivum das Blutströpfchen, im Oberdeutschen Blutströpflein, ein Tropfen Blutes. Es ist kein rechtschaffener Blutstropfen in euch. Zuweilen wird die Pimpinella Bluströpflein, und von andern die Sanguisorba, L. Blutstropfen genannt, S. Pimpinelle- und Sperberkraut, weil sie eine zusammen ziehende, blutstillende Kraft haben.


Blutsturz (W3) [Adelung]


Der Blutsturz, des -es, plur. inus. ein heftiger Auswurf vielen Geblütes aus der Lunge, ein heftiges Blutspeyen. Die Blutstürzung, plur. die -en, bedeutet eben das. Einen Blutsturz bekommen. Der Kranke hat diesen Morgen drey Blutstürzungen gehabt. S. Blutspeyen. Im Schwedischen lautet dieses Wort Blotsstörtning, im Niedersächsischen Blotstortung. Im Oberdeutschen bedeutet es noch jetzt so viel als Blutvergießen, ein Blutbad. S. Stürzen.


Blutsverwandte (W3) [Adelung]


Der, die Blutsverwandte, des, der -n, plur. die -en, wie Blutsfreund. Er ist mein Blutsverwandter. So auch die Blutsverwandtschaft, die Blutsfreundschaft.


Bluturtheil (W3) [Adelung]


Das Bluturtheil, des -es, plur. die -e, am häufigsten in der höhern Schreibart, das gerichtliche Urtheil über das Leben eines andern, das Todesurtheil.


Blutvergießen (W3) [Adelung]


Das Blutvergießen, des -s, plur. car. ein aus der R. A. Blut vergießen zusammen gezogenes Hauptwort, die Vergießung des Blutes, oder die gewaltsame Tödtung mehrerer Personen. Dieser Streit kann noch viel Blutvergießen anrichten. Die Hauptwörter, der Blutvergießer, und die Blutvergießerinn, sind im Hochdeutschen nicht üblich, ungeachtet das letztere Ezech. 16, 38; Rap. 23, 45, vorkommt.


Blutwage (W3) [Adelung]


Die Blutwage, plur. die -n, eine kleine Schnellwage, das Blut, welches man aus dem Körper lässet, darauf abzuwägen.


Blutwasser (W3) [Adelung]


Das Blutwasser, des -s, plur. inus. ein kleberiges, gelbes Wasser, welches sich in dem Blute befindet, und demselben durch die Wasseradern zugeführet wird; Lympha, Aderwasser.


Blutwenig (W3) [Adelung]


Blutwenig, adv. sehr wenig, nur im gemeinen Leben.


Blutwurst (W3) [Adelung]


Die Blutwurst, plur. die -würste, eine Wurst, deren Fülle mit Blut vermengt wird, und welche auch Schweißwurst, Rothwurst, im Oberdeutschen Dimpfel, Plunze, Röselwurst, im Nieders. Sweetwurst, Puddewurst, im Franz. Boudin, im Holländ. Beuling genannt wird.


Blutzehente (W3) [Adelung]


Der Blutzehente, des -n, plur. die -n, der Zehnte, welcher von lebendiger Habe, d. i. von dem Viehe, gegeben wird, und auch der Viehzehente, der Fleischzehente, der Hauszehnte, der lebendige Zehente genannt wird.


Blutzeichen (W3) [Adelung]


Das Blutzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Naturlehre des Aberglaubens, so genannte blutige Zeichen am Himmel, oder gewisse Arten des Nordscheines, welche sich noch jetzt oft als Vorbedeutungen von Blutvergießen und Kriegen müssen mißbrauchen lassen.


Blutzeuge (W3) [Adelung]


Der Blutzeuge, des -n, plur. die -n, ein Zeuge, welcher die Wahrheit seiner Aussage mit seinem Blute besiegelt; in engerer Bedeutung, der die Wahrheit seiner Religion mit seinem Blute bestätiget, ein Märtyrer, bey dem Notker Kejihtar, S. Beicht.


Blutzwang (W3) [Adelung]


Der Blutzwang, des -es, plur. inus. ein Krankheit des menschlichen Körpers, welche in einem heftigen Triebe zum Stuhlgange bestehet, wobey Blut mit abgehet, und welche ein geringerer Grad der Ruhr ist. S. Kuhr.


Boberelle (W3) [Adelung]


Die Boberelle, plur. die -n, oder noch häufiger im Plural und ohne Artikel, Boberellen, ein Nahme, welchen auch die Judenkirschen führen; S. dieses Wort.


Bobern (W3) [Adelung]


Bobern, S. Beben


Bocal (W3) [Adelung]


Der Bocal, S. Pokal.


Bock (W3) [Adelung]


1. Der Bock, des -es, plur. Die Böcke. Diminutivum das Böckchen, Oberdeutsch das Böcklein, der Nahme des männlichen Geschlechtes verschiedener Thiere.1. Eigentlich, und zwar, 1) in weiterer Bedeutung, da dieses Wort von dem männlichen Geschlechte mehrerer Thiere gebraucht wird. So wird das männliche Geschlecht der Schafe, der Widder oder Stäre auch der Schafbock, das männliche Geschlecht von den Rehen der Rehbock, und der Hirsch, oder das männliche Geschlecht des Roth- und Damwildbretes nur schlechthin der Bockgenannt. 2) In engerer Bedeutung führet der Mann der Ziege den Nahmen eines Ziegenbockes, oder kürzer eines Bockes. Den Bock zum Gärtner setzen, figürlich, seine Sache ungetreuen Händen anvertrauen, wofür die Niedersachsen sagen, den Bock auf die Haferkiste setzen. * Er weinte, daß ihn der Bock stieß, er weinte, daß er schluchzete.2. Figürlich. 1) Eine Sackpfeife, welche mit einem Bockfelle überzogen ist, und weil sie in Pohlen häufig gebraucht wird, auch der Pohlnische Bock, sonst aber auch die Bockpfeife, der Dudelsack genannt wird. S. dieses Wort. 2) Ein ehemals, besonders bey den Römern im Kriege übliches Werkzeug, die Mauern einzustoßen, welches aus einem langen schweren Balken bestand, der zuweilen vorn die Gestalt eines Widderkopfes hatte; ein Sturmbock, Aries. Mache eine Belägerung darum und baue ein Bollwerk darum - und stelle Böcke rings um sie her, Ezech. 4, 2. Und die Wahrsagung wird auf die rechte Seite gen Jerusalem deuten, daß er soll Böcke hinan führen lassen, - und daß er Böcke führen soll wider die Thore. Kap. 21, 22. Es wird mit Böcken deine Mauern zerstoßen, Kap. 26, 9. Wenn Bock in dieser Bedeutung nicht deutlich genug eine bloße Übersetzung des Latein. Aries wäre, so würde es sich sehr bequem zu einer der folgenden Bedeutungen rechnen, und von bocken, pochen, stoßen, ableiten lassen. 3) Ein in dem sinnlichen Genusse der Liebe ausschweifender Mensch bekommt im gemeinen Leben zuweilen auch den Nahmen eines Bockes, oder eines geilen Bockes, wegen der bekanten Wollust dieses Thieres.

Anm. So fern dieses Wort den Nahmen der Ziege bezeichnet, lautet es dem Notker Boccho, und im Plural di Bocchen, im Galischen Gesetze Buccus, im Angels. Bucca, im Engl. Buck, im Nieders. Buk, im Wallisischen Bwch, im Schwed. Bock, im Dän. Buk, im Franz. Bouc, im Ital. Becco. Leibnitz leitet es von biegen, und zwar von den gebogenen Hörnern dieses Thieres her; Wachter und Frisch von bocken, bochen, pochen, stoßen. Allein das hohe Alter dieses Wortes und dessen unbeständiger Gebrauch, macht alle Ableitungen schwankend und ungewiß. Bey dem Worte Bacher ist schon gezeigt worden, daß Bach, Bak, ein Wort ist, welches so wohl in der Deutschen, als in andern Sprachen von verschiedenen Arten der Thiere vorkommt. Von unserm gegenwärtigen Worte Bock ist ehedem auch das weibliche Geschlecht üblich gewesen. Denn Baegga bedeutet noch jetzt im Schwedischen ein Schaf, Bagge aber einen Widder; eine Ziege heißt im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Bretagnischen Bicq, und in einigen Französischen Gegenden Bique; das Franz. Biche aber bedeutet so wohl eine Ziege, als auch eine Hündinn. S. auch Ziege.


Bock (W3) [Adelung]


2. Der Bock, des -es, plur. die Böcke, überhaupt ein jedes Gerüst oder Gestell etwas zu tragen. Besonders, 1) ein Gestell, welches aus einem geraden Stücke mit Füßen bestehet, etwas darauf zu legen, oder darauf zu stellen. Dahin gehören die Rüstböcke der Mäurer und Zimmerleute; die Kreuzgestelle der Holzhacker, das Holz darauf zu sägen, die Böcke, oder den Holzböcke; die Brandböcke, Feuerböcke oder Brandröste, auf den Herden und in den Öfen, das Holz darauf zu legen, welche auch nur schlechthin Böcke genannt werden; die Böcke in dem Bergbaue, welche die Feldkünste, besonders aber den Steg derselben tragen, und zwey in die Erde gegrabene Hölzer sind, die oben mit einem Holme oder Querholze zusammen gehalten werden; der Bock in den Schmelzhütten, welches ein Stück Holz mit einem hölzernen Kreuze ist, den Räder oder das Sieb zu tragen, durch welches das grobe Erz von dem feinen abgesondert wird; der Sitz des Kutschers hinter den Pferden; das Böckchen in den Brennhüt- ten, oder das Gestell, das Brandsilber darauf abzuwärmen; das hölzerne Gestell der Kammmacher, den zugehauenen Kamm darauf mit dem Bockmesser zu beschaben, der Bock oder Schabebock; das Gestell einer Kornsense, der Bock, das Bockzeug, das Hakenzeug, wegen der daran befindlichen gekrümmten Haken u. s. f. 2) Ein Hebezeug, Kanonen oder andere Lasten bequem in die Höhe zu bringen. Weil man irrig geglaubt, der Nahme dieses Werkzeuges komme von Bock, hircus, her, so haben einige dasselbe auch eine Geiß, und im Latein. Capra genannt. 3) Hierher gehöret vielleicht auch die im gemeinen Leben übliche Redensart, einem den Bock stehen, sich auf die Hände nieder legen, damit der andere bey dem Aufsteigen auf das Pferd auf den Rücken treten könne; eine Behandlung, welche ehedem einen hohen Grad der Beschimpfung ausmachte. Indessen lässet sich dieser Gebrauch auch füglich aus der folgenden Bedeutung des Biegens oder Bückens erklären.

Anm. Alle unsere und auswärtige Wortforscher sehen diese und die folgenden Bedeutungen als einen figürlichen Gebrauch von Bock, hircus, an. Allein wenn es jemahls nothwendig ist, für verschiedene Bedeutungen eines Wortes verschiedene Stammwörter anzunehmen, so ist es gewiß bey dem Worte Bock. So fern es ein Gestell zum Tragen bezeichnet, soll es diesen Gebrauch einer Ähnlichkeit in der äußern Gestalt zu danken haben. Denn, sagt man, ein Ziegenbock hat vier Beine, ein Tragebock gemeiniglich auch. Welche Ähnlichkeit! Man könnte fragen warum man denn ein solches Gerüst nicht lieber eine Kuh, ein Pferd, oder ein Schwein genannt, wenn der Umstand der Füße allein der Grund der Benennung ist. Genug, unsere Vorfahren waren nicht witzig genug, sich von solchen schwankenden und unbestimmten Ähnlichkeiten in Benennung der Dinge leiten zu lassen. Man muß also für diesen und die folgenden Arten des Gebrauches andere Quelken aufsuchen. Daß Bak ehedem irgend wo müsse tragen bedeutet haben, erhellet aus dem Lateine der mittlern Zeiten, wo Bacca, Baccaulum, Bacculus und Bacapulus eine Bahre, Baculona eine Sänfte, und Bajulus einen Träger bedeuten. Die Vertauschung des c mit dem j gehöret eben so wohl den Mundarten zu, als die Veränderung des a in o. Indessen ist nicht zu läugnen, daß von dieser Bedeutung im Deutschen nur sehr wenige Spuren vorkommen. Man könnte das heutige Nieders. Bak, der Rücken, und das Hochdeutsche Buckel hierher rechnen, weil dieser Theil des Leibes am häufigsten zum Tragen gebraucht wird, wenn es nicht wahrscheinlicher wäre, daß er den Nahmen entweder von biegen, oder von Bak, Buk habe, so fern solches eine Erhöhung bedeutet. Indessen stehet es noch dahin, ob nicht diese Bedeutung einer Erhöhung, oder die folgende eines Balkens, bey der Bedeutung eines Tragebockes mit in Anschlag kommen könne.


Bock (W3) [Adelung]


3. Der Bock, des -es, plur. die Böcke, ein Ausdruck, welcher ehedem einen jeden Balken oder Klotz bedeutete, jetzt aber nur noch in einigen Fällen üblich ist, besonders in solchen, wo ein solcher Balken oder Klotz zum Schlagen oder Stoßen gebraucht wird. Der Balken, womit die Weser gesperret wird, und der an andern Orten der Baum heißt, wird in Bremen der Bock genannt. Eben daselbst heißen die Pfähle im Wasser, woran die Schiffe liegen, Böcke. Im Bergbaue führen die Docken oder Hölzer, welche an beyden Seiten der Trift hängen, gleichfalls den Nahmen der Bocke, und in dem Brückenbaue, sind es flach gelegte Sparren, welche vor dem Joche im Wasser stehen, damit das Eis sich daran stoße oder breche, daher sie auch Eisböcke genannt werden. Endlich führet auch der große Klotz in einer Ramme, oder die ganze Ramme selbst, den Nahmen eines Bockes oder Rammbockes.

Anm. Im mittlern Lateine bedeutet Bigus, im Spanischen Biga, im Französ. aber Bigue und Bigot, einen jeden Balken. Buca und Bucha bezeichnet bey dem du fresne einen Stamm, Klotz, Franz. Buche, und Bucharius einen Holzhacker. Wie fern diese Wörter mit dem alten bocken, pochen, schlagen, verwand sind, wird sich wohl nicht genau bestimmen lassen. Boken bedeutet in Niedersachsen noch jetzt schlagen, und eben daselbst sind auch die Frequentativa bökern und baksen für schlagen üblich. Im Französ. ist buquer, bucquer und bocquer stoßen, und im Schwed. Bock ein Stoß. Das Franz. Boucher, Boucherie u. s. f. die mittlern Latein. Beccarius, Bocherius Baccarius, Buccerius, Boucherius, ein Fleischer, und Bocharia, Becharia, Bocheria, Boccaria u. s. f. eine Fleischbank, stammen insgesammt von diesem Zeitworte boken, schlagen, ab, dessen hohes Alterthum aus dem Lateinischen Diminutivo baculus erhellet. S. Bakel, Bängel und Pochen.


Bock (W3) [Adelung]


4. Der Bock, des -es, plur. die Böcke, eigentlich eine jede gebogene oder erhöhete Fläche, doch nur noch in einigen besondern Fällen. 1) Von krumm gebogenen Werkzeugen, oder von Werkzeugen andere Dinge krumm zu biegen. So heißt das Gewölbe unter einem Schmelzofen ein Bock, vermuthlich von der gebogenen Wölbung, welche sonst auch ein Bogen genannt wird. Eben denselben Nahmen führet auch das Messing, welches durch die Krüge lecket, vermuthlich weil es durch die Windlöcher in den Bock fließet. Das krumm gebogene eiserne Werkzeug in den Schmelzhütten, womit die Röste im Brennofen gerühret werden, heißt gleichfalls ein Bock. Bey den Jägern sind Böcke gewisse Stellungen mit Pferdehaaren, die Raubvögel auf ihren Horsten damit zu fangen. Hierher gehöret auch die Art der Folter, welche mit einer Beugung des Rückens des Inquisiten verbunden ist, und im Deutschen überhaupt ein Bock genannt wird. Jemanden in den Bock spannen. Zuweilen hat dieses Werkzeug zugleich Schrauben zu den Zehen und Daumen, und alsdann wird es auch der Spanische Bock, oder das Meklenburgische Instrument genannt. Wenn der Inquisit mit diesem Werkzeuge unter den Waden gespannet wird, so heißt es der Pohlnische Bock. Der Sprenger und der Bambergische Bock sind wieder andere Arten dieser Folter. Der Bock der Schriftgießer, der das Gieß-Instrument, wie die Feder ein Schloß zusammen hält, hat vermuthlich auch von biegen seinen Nahmen. 2) Von verschiedenen runden Erhöhungen, welche einem Bogen oder einer gebogenen Fläche ähnliche sehen. Dahin gehöret in der Anatomie derjenige äußere Theil des Ohres, der durch ein Grübchen oder durch einen Spat von den Lappen abgesondert ist, und im Deutschen ein Bock, im Lateinischen aber Tragus genannt wird. An den Rädern ist es das runde ausgebohrte Holz, in welchem die Achse gehet, das eigentlich an seinem erhabensten Theile, in welchem die Speichen befestiget sind, der Bock, vorn die Nabe, hinten aber der Stoß genannt wird.

Anm. Daß Bock in diesen Fällen von biegen abstamme, wird wohl niemanden befremden, welcher erwäget, daß Bug, Buckel, bücken und Bucht aus eben dieser Quelle hergestossen sind. Bocken bedeutet im Holländ. und bocka, bucka im Schwed. geichfalls beugen. S. Bocken und Bücken.


Bock (W3) [Adelung]


5. Der Bock, des -es, plur. die Böcke, in der gemeinen Sprechart, ein Fehler, ein Versehen. Einen Bock machen, einen Fehler begehen. Da man in eben dieser Bedeutung auch sagt, einen Bock schießen, so könnte man auf die Gedanken gerathen, daß diese Redensart aus einem besondern Falle ihren Ursprung habe, da etwa jemand auf der Jagd aus Versehen einen Bock statt eines andern Thieres geschossen; wenn es nicht glaublicher wäre, daß bloß die Zweydeutigkeit mit Bock, hircus, diese Redensart, einen Boc k schießen, veranlasset hätte. Indessen ist der wahre Ursprung dieses Gebrauches noch unbekannt. Bedeutet Bock hier etwa auch so viel als Bug oder Krümme? Oder schreibt sie sich etwa aus dem Bergbaue her, wo Bock auch einen mangelhaften Rost, d. i. einen Rost bedeutet, der nicht die gewöhnliche Menge Erz hat? Einen Bock machen, heißt daselbst, einen solchen Rost machen, und den Bock umbringen, das geröstete Erz eines solchen Rostes in ein anderes Feuer bringen. In diesem Falle scheinet die Bedeutung der Erhöhung oder eines Haufens der Grund der Benennung zu seyn. Bieg, Beig, Byg, kommt in den vorigen Jahrhunderten häufig für einen Holzhaufen, und biegen für Holz in Klafter setzen vor. Bica ist im Ital. ein Haufen Heu, und das Franz. Abouquer du sel bedeutet, neues Salz auf das alte häufen. In Sachsen wird das Heu in Böcke aufgesetzet, oder geböcket, wenn es in Haufen gesetzet wird. Wenn die Grobschmiede in die Arbeit der Röhrschmiede pfuschen, so nennen die letztern dergleichen von den erstern gemachte Röhre gleichfalls Böcke.

Anm. Bey genauerer Erwägung dieses fünffachen Gebrauches des Wortes Bock wird man die Nothwendigkeit, dasselbe aus mehrern Quellen herzuleiten, nicht verkennen können. Dank sey es daher der Unwissenheit unserer orthographischen Unterscheidungskünstler der vorigen Zeiten, daß ihnen die verschiedene Abstammung dieses Wortes unbekannt geblieben ist, weil sie uns sonst gewiß mit einer fünf- und vielleicht noch mehrfachen Schreibart dieses Wortes geplagt haben würden. Da nun dieses unterbliebenen Unterschiedes ungeachtet wohl kein Fall angegeben werden kann, da jemand die verschiedenen Gegenstände, welche diesen Nahmen führen, mit einander verwechselt habe: so erhellet daraus zugleich, wie unnöthig und überflüssig dergleichen orthographische Unterscheidung ist.


Bocken (W3) [Adelung]


Die Bocken, der Niedersächsische Nahme der Kinderblattern, S. Pocke.


Bocken (W3) [Adelung]


1. Bocken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, von Bock, hircus. 1) Aus einem Naturtriebe nach dem Bocke verlangen, von den Ziegen. Die Ziege bocket. 2) Nach dem Bocke stinken, wofür im gemeinen Leben auch die Frequentativa bocksen, bockseln, bockeln, im Oberdeutschen bockenzen und bockeinen üblich sind.

Anm. Ein anderes gleich lautendes Verbum bedeutete ehedem stoßen. S. z. Bock. Das Hochdeutsche Pocken ist noch ein Überrest davon.


Bocken (W3) [Adelung]


2. Bocken, verb. reg. act. et neutr. im letztern Falle mit haben, stoßen oder schlagen, nur noch in einigen Fälle. 1) Ein Schiff bockt in der Seefahrt, wenn es mit dem Vordertheile bald in das Wasser fällt, bald sich wieder hebt, und dann hinterwärts fällt, wo es so viel als stoßen zu bedeuten scheinet. 2) Ein Pferd bockt, wenn es den Reiter abwerfen will, und zu dem Ende die Vorderschenkel so steif als möglich ist macht, damit im Sprunge der Prall wider den Reiter gehe, und ihn aus dem Sattel hebe. 3) In Obersachsen wird der Flachs gebocket, wenn er auf der Bockmühle gestampfet wird.


Bocken (W3) [Adelung]


* Bocken, oder Böcken, adj. et adv. welches im Hochdeutschen nunmehr veraltet ist, und nur noch zuweilen im Oberdeutschen vorkommt, von dem Bocke. Bockenes oder böckenes Fleisch, Bockfleisch. Im Lateine der mittlern Zeiten bechinus und buccinus.


Böcken (W3) [Adelung]


Böcken, verb. reg. act. welches nur in einigen Gegenden, z. B. in Obersachsen, üblich ist, in Böcke oder Haufen setzen. S. in 5 Bock.


Bockengrube (W3) [Adelung]


Die Bockengrube, richtiger Pockengrube, Pockennarbe, u. s. f. S. Blattergrube u. s. f.


Bockenzen (W3) [Adelung]


* Bockenzen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, S. 1. Bocken.


Bockfell (W3) [Adelung]


Das Bockfell, des -es, plur. die -e. 1) Das Fell von einem Bocke., 2) + In der niedrigen Sprechart, ein niederträchtiges Weibesbild im verächtlichsten Verstande.


Bockflöte (W3) [Adelung]


Die Bockflöte, plur. die -n, eine Flöte, in welche der Wind vorn hinein geblasen wird, im Gegensatze der Querflöte; im gemeinen Leben eine Bockpfeife.


Bockhirsch (W3) [Adelung]


Der Bockhirsch, des -es, plur. die -e, eine Art Böcke, welche in Neu-Spanien angetroffen werden, und viele Ähnlichkeit mit den Hirschen haben.


Bockholz (W3) [Adelung]


* Das Bockholz, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben einiger Gegenden so viel als Fernambuck-Holz.


Bockig (W3) [Adelung]


Bockig, adj. et adv. im gemeinen Leben, 1) nach dem Bocke verlangend. Die Ziege ist bockig. 2) Nach dem Bocke riechend oder schmeckend. Das Fleisch riecht, schmeckt bockig. Im Oberdeutschen bocket.


Bocklamm (W3) [Adelung]


Das Bocklamm, des -es, plur. die -lämmer, in der Landwirthschaft, ein Lamm männlichen Geschlechtes, wenn es noch unter einem Jahre ist, und seine acht spitzigen Zähne noch nicht hat; Nieders. Buklamm. Ist es ein Jahr alt, so heißt es ein Jährling oder Jährlingsbock, und wenn es zwey Jahr alt ist, ein Zeitbock.


Bockmesser (W3) [Adelung]


Das Bockmesser, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Kammmachern, ein breites, vierrecktes Messer mit zwey Griffen, das Horn auf dem Schabebocke damit zu beschaben. S. 2 Bock.


Bockmühle (W3) [Adelung]


Die Bockmühle, plur. die -n. 1) Ein Nahme der gewöhnlichen Deutschen Windmühlen, vermuthlich, weil sie auf einem Bocke, oder einem hölzernen Gerüste, stehen, zum Unterschiede von den Holländischen Mühlen. S. 2 Bock. 2) Eine Art Stampfmühlen, in welchen in einigen Gegenden der Flachs gebocket oder gestampfet wird.


Bockpfeife (W3) [Adelung]


Die Bockpfeife, plur. die -n. 1) S. Bockflöte. 2) Auch ein Nahme der Sackpfeife, oder des Pohlnischen Bockes. Daher der Bockpfeifer, welcher selbigen spielet. S. 1 Bock.


Bockpfennig (W3) [Adelung]


Der Bockpfennig, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, eine Benennung der Schafhäuser und Thurer Pfennige, die sie wegen des darauf geprägten Wapens bekommen haben, welches auf den erstern ein Widder, auf den letztern aber ein aufsteigender Bock ist.


Bocksauge (W3) [Adelung]


Das Bocksauge, des -s, plur. die -n. 1) ein Auge, welches dem Auge eines Bockes gleicht; ingleichen ein Mensch, dessen eines Auge kleiner ist als das andere. 2) Der Nahme einer einschäligen Muschel, welche einem zugespitzten Kegel mit einer breiten Grundfläche gleicht; Patell-Muschel, Schüsselmuschel, Schalmuschel, Patella, Lepas. 3) Eine Art Achat-Onyx, dessen Flecken dem Auge eines Bockes gleichen.


Bocksbeutel (W3) [Adelung]


Der Bocksbeutel, des -s, plur. inus. ein vornehmlich in Hamburg bekanntes Wort, wo es alle hergebrachten Gewohnheiten und alten Gebräuche ausdruckt. Kirchliche Bocksbeuteley, kirchliche Gebräuche und Eifer für dieselben, im verächtlichen Verstande. Man hat von diesem Worte allerley wunderliche Ableitungen angegeben. Erträglicher ist die Ableitung in dem Hamb. Patrioten Th. 2, S. 244, wo es durch einen Bücherbeutel, Nieders. Books-büdel erkläret wird, weil man ehedem nicht nur die Gesangbücher in Beuteln zur Kirche getragen, sondern vielleicht auch die Statutenbücher in Beuteln verwahret. Frisch, der mit dieser Erklärung nicht zufrieden ist, leitet die erste Hälfte dieses Wortes von Bug, Bügel ab, und erkläret Bocksbeutel durch einen Beutel oder Tasche, welche oben mit einem Bogen versehen ist, eine Knipptasche. Aber dabey bleibt die Ähnlichkeit zwischen einem solchen Beutel und den alten Gewohnheiten immer noch unbegreiflich. Das altväterliche Herkommen in der bürgerlichen Lebensart, welches die Hamburger den Bocksbeutel nennen, drucken die Bremer durch Aasbook aus, von dem Asynge- oder Aesiga-Book der Friesen, welches der alten Rustringer Landrecht in sich fasset.


Bocksbohne (W3) [Adelung]


Die Bocksbohne, plur. die -n, ein Nahme, welcher zuweilen auch dem Bitterklee oder Fieberklee Menyanthes trifoliata, L. gegeben wird. Er hat diesen Nahmen vermuthlich wegen seiner bekannten Wirkung wider den Scharbock, daher er auch Scharbocksklee genannt wird. S. Fieberklee.


Bockschemel (W3) [Adelung]


Der Bockschemel, des -s, plur ut nom. sing. der Schemel an den Kutschen, der in der Mitte auf dem Kranze ruhet, und auf welchem sich der Bock des Kutschers befindet. Er wird von zwey Stützen getragen, welche Bockstützen genannt werden.


Bocksdorn (W3) [Adelung]


Der Bocksdorn, des -es, plur. die -en, S. ebend.


Bocksholz (W3) [Adelung]


Das Bocksholz, des -es, plur. inus. S. Franzosenholz.


Bockshorn (W3) [Adelung]


Das Bockshorn, des -es, plur. die -hörner. 1. Eigentlich, das Horn von einem Bocke. In das Bockshorn blasen,figürlich, Lärm blasen. Jemanden in das Bockshorn jagen oder treiben, in einer niedrigen Figur, ihn in die Enge treiben, ihn zaghaft machen. 2. Figürlich. 1) Eine gewisse Art Bänder an den Fenstern und leichten Thüren, deren äußerste Enden wie Bocks- oder Widderhörner gekrümmet sind. 2) Die Badenschen Pfennige werden im gemeinen Leben auch Bockshörner oder Bockshörnlein genannt, weil aus dem darauf geprägten Helme zwey gewundene Bockshörner hervor steigen. 3) Eine Art der Trigonelle mit fast sichelförmigen, zugespitzten, senkrechten Hülsen, und einem aufrechten Stamme; Trigonella Foenum Graecum, L. Sie wächset in Frankreich. Auch diejenige Art der Trigonelle, welche sonst auch Siebenzeiten genannt wird, kommt zuweilen unter dem Nahmen des Bockshornes vor. 4) S. Johannisbrot.


Bockspeterlein (W3) [Adelung]


Bockspeterlein, und Bocks-Pimpinelle, S. Bock-Pimpinelle.


Bockssprung (W3) [Adelung]


Der Bockssprung, des -es, plur. die -sprünge, im gemeinen Leben, possierliche oder verwegene Sprünge, welche den Sprüngen eines Bockes gleichen; Nieders. Kaprals-Putzen, Franz. Caprioles.


Bockstein (W3) [Adelung]


Der Bockstein, des -es, plur. die -e, ein Stein, welcher um Altenberge in der Weißeritz gefunden wird, und einen unangenehmen Geruch wie ein Bock hat.


Bockstück (W3) [Adelung]


Das Bockstück, des -es, plur. die -e, ein kleines Geschütz, welches höchstens drey Pfund schießet, und statt der Lavette auf einem Bocke, d. i. auf zwey mit Rädern versehenen Füßen, ruhet.


Bockstütze (W3) [Adelung]


Die Bockstütze, plur. die -n, an den Kutschen, die Stützen, welche den Bockschemel tragen helfen, S. diese Wort. An den gewöhnlichen Last- und Ackerwägen wird auch die Runge, oder diejenige Stütze, welche unten in die Asche eingezapfet ist, und oben bis an die Trag- oder Schwungbäume reichet, eine Bockstütze genannt.


Bockverstellung (W3) [Adelung]


Die Bockverstellung, plur. die -en, in der Baukunst zuweilen dasjenige Gerüst, welches zu Verfertigung hoher Gewölber, besonders aber bey Kuppeln, aufgeführet wird.


Bödemen (W3) [Adelung]


Bödemen, S. Bödmen.


Boden (W3) [Adelung]


Der Boden, des -s, plur. die Böden, überhaupt das Unterste einer jeden Sache. Besonders,1. Die Oberfläche der Erde, im Gegensatze des Himmels, ohne Plural. 1) So fern diese Oberfläche bloß als das Unterste im Gegensatze des Himmels betrachtet wird. Daher der Erdboden, die ganze Erdkugel, besonders in Rücksicht auf ihre Oberfläche. Siehe das demüthige Veilchen, welches auf der Erde kriecht, und sich kaum über den Boden zu wagen scheinet. Der Boden weicht unter mir. Pfadlos, ach! und rauh ist der Boden! Wenn das Wort Boden von einzelnen Theilen der Erdfläche gebraucht wird, so geschiehet solches in dieser Bedeutung am häufigsten in einigen figürlichen Redensarten. Einen zu Boden treten, ihn unterdrücken. Jemanden zu Boden schlagen, ihn demüthigen, ihm alle Hoffnung benehmen, ihn entkräften u. s. f. Dies schlägt alle deine Entschließungen auf. Ein Mahl zu Boden, Dusch, vernichtet sie, macht sie unnütz. 2) In Rücksicht auf die physische Beschaffenheit des Erdbodens, in der Landwirthschaft. Ein fruchtbarer Boden, ein sandiger, ein kalter, ein hitziger Boden. Sprichw. Das Handwerk hat einen goldenen Boden, es ernähret seinen Meister reichlich. 3) In Rücksicht auf das Recht des Eigenthumes, da dieses Wort gemeiniglich mit dem Worte Grund verbunden wird. Grund und Boden ist mein.2. Der unterste Raum eines Gefäßes, Behältnisses, oder was dem ähnlich ist. Der Boden eines Fasses, eines Sackes, eines Gefäßes, eines Zimmers, der auch wohl der Fußboden genannt wird, zum Unterschiede von dem obern Boden eines Gebäudes. Dem Fasse den Boden ausstoßen, in einer niedringen Figur, eine Sache völlig verderben. Sich zu Boden, oder auf den Boden setzen, sagt man von schweren Körpern, welche sich in einem ftüssigen niederwärts senken. S. Bodensatz. So auch von dem Boden oder Grunde des Meeres. Zu Grund und Boden gehen, in gemeinen Leben, völlig verderbet werden. Die Goldschmiede nennen auch die unrechte Seite einer getriebenen Arbeit den Boden.3. Was die Gestalt des Bodens eines Gefäßes hat. In dieser Bedeutung nennet man nur im Handel und Wandel, ein rundes Stück Wachs oder Talg, welches in eine hölzerne Schüssel gegossen worden, wovon es die Figur angenommen hat, einen Boden Wachs oder Talg.4. Der Raum eines Gebäudes, welcher zwischen zwey gestreckten Gebälken bleibt, oder der Theil eines Gebäudes, welcher nicht unmittelbar zur Wohnung zubereitet ist. Ein Kornboden, ein Haferboden, ein Malzboden, ein Holzboden, ein Fechtboden, ein Tanzboden u. s. f. Auf den Boden gehen. Daher bey Scheuern oder andern nicht zur Wohnung bestimmten Gebäuden Boden eben das ist, was bey andern ein Geschoß, oder Stockwerk heißt. Ein Thurm, ein Vorrathshaus mit vier Böden. Besonders der oberste Raum eines Hauses unter dem Dache, welcher in einigen Oberdeutschen Gegenden die Bühne, im Nieders. der Böhn genannt wird. Er, der Kater, hatte die Nacht durch einsame Böden durchirrt, Zachar. Ehedem wurde ein solcher oberster Boden auch der Söller genannt, S. dieses Wort. Im Nieders. heißt er auch Oken, und im Osnabrückischen Hyle.5. In einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden wird der Grund bunter oder geblümter Zeuge der Boden genannt, in welcher Bedeutung der Plural ungewöhnlich ist. Stoff mit dunkelem Boden.

Anm. 1. So fern dieses Wort so wohl die Erdfläche, als auch das Unterste eines Behältnisses bedeutet, lautet es bey dem Notker Bodem und Podem, im Angels. Botm, im Engl Bottom, im Schwed. Bottn, im Holländ. Boden, im Friesischen Boem, im Nieders. Bodden, im Böhmischen Puda, im Pohln. Spod. Frisch hält die Slavonische Partikel bod, unten, für das Stammwort. So viel ist gewiß, daß es ein sehr altes Wort ist, indem schon das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, dem Hesychius zu Folge, den Boden bedeutete. Herr Ihre rechnet auch das Latein. Fundus hierher, welches durch Versetzung aus dem Griechischen enstanden. Diese Muthmaßung lässet sich aus dem Dänischen bestätigen, wo Bund, durch eine ähnliche Versetzung den Boden bedeutet. Im Isländ. ist Badmur eine ebene Fläche, ein Feld, und um Lauenburg heißen die Flößen, welche Stammung Stabholz nach Hamburg führen, Bodens. Übrigens lautet dieses Wort im Oberdeutschen noch jetzt Bodem, und in der Oberpfalz Büdne. Wenn Boden den Raum eines Gebäudes ausdrückt, so stehet es vermuthlich im Gegensatze des Daches, in dessen Rücksicht ein solcher Boden alle Mahl das Niedrigere ist.

Anm. 2. Der Plural lautet durch ganz Odersachsen, besonders in Meißen, Boden; die Niederdeutschen behalten das o unverändert, welches auch Luther 1 Mos. 6, 16, und 1 Kön. 7, 7, nachgeahmet hat. Die Oberdeutschen sind hier gleichfalls getheilet. Die Schlesier und einige andere Mundarten sprechen Bödemen, dagegen die Oberpfälzer u. s. f. Boden haben.


Bodenblatt (W3) [Adelung]


Das Bodenblatt, des -es, plur. die -blätter, in der Probieröfen, ein Blatt von Thon unter der Muffel, worauf die Kapellen und Scherbel gesetzet werden.


Bodenblech (W3) [Adelung]


Das Bodenblech, des -es, plur. die -e, dasjenige starke Blech, welches zu den Böden der Salzpfannen gebraucht wird; zum Unterschiede von dem Bortbleche.


Bodenbohne (W3) [Adelung]


Die Bodenbohne, plur. die -n, eine Art Phaseolen oder Schminkbohnen, welche sehr niedrig bleiben und auch Zwergbohnen, in Niedersachsen aber Kreuzbohnen heißen; zum Unterschiede von den Steigbohnen oder Stängelbohnen.


Bodenbret (W3) [Adelung]


Das Bodenbret, des -es, plur. die -er, auf den Rüst- und Leiterwägen, ein Bret so lang als der Wagen ist, welches zwischen den Leitern auf den Achsen lieget, und gleichsam den Boden des Wagens ausmacht; die Unterlage. Ingleichen die Breter, welche den Boden eines hölzernen Bettes bilden.


Bodeneisen (W3) [Adelung]


Das Bodeneisen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Bey den Zinngießern, eine Art Dreheisen, die Böden der zinnernen Gefäße damit auszudrehen. 2) In den Blechhämmern, eine Art starker Bleche, davon gemeiniglich 600 Blatt in ein Faß geschlagen werden; ohne Plural. 3) Bey den Schiffszimmerleuten, gerade Meißel, einen Kahn damit zu kalfatern. 4) Bey den Kupferschmieden, ein Amboß, den Boden eines Gefäßes darauf auszuarbeiten.


Bodenfeld (W3) [Adelung]


Das Bodenfeld, des -es, plur. die -er, S. Bodenstück.


Bodenfries (W3) [Adelung]


Der Bodenfries, des -es, plur. die -e, der Fries, oder Zierath hinten an dem Bodenstücke einer Kanone.


Bodengericht (W3) [Adelung]


Das Bodengericht, des -es, plur. die -e, bey den Jägern ein Gericht, d. i. Dohnen oder Schlingen, welche nahe auf dem Boden, oder auf der Erde aufgestellet werden, Schnepfen, Krammetsvögel, Mistler und anderes Federwildbret darin zu fangen. Sie werden auch Bodenschneißen, Laufschlingen und Laufdohnen genannt.


Bodengeschoß (W3) [Adelung]


Das Bodengeschoß, des -sses, plur. die -sse, in großen Häusern, dasjenige Geschoß, welches sich zunächst über dem Erdboden befindet, und das Kellergeschoß unter sich, das Hauptgeschoß aber über sich hat; das Untergeschoß.


Bodenhammer (W3) [Adelung]


Der Bodenhammer, des -s, plur. die -hämmer, bey den Kupferschmieden, eine kurze hölzerne Walze an einem Stiele, die untere Rundung der Schale damit zurück zu schlagen; der Bodenschlägel. In den Messingwerken ist es ein Hammer, die Bestandtheile des Messinges damit in die Krüge einzustampfen.


Bodenhaube (W3) [Adelung]


Die Bodenhaube, plur. die -n, ein Stück des Kopfputzes des andern Geschlechtes in Schwaben, besonders in Ulm, welches in einem Netze bestehet, das über einen breiten Aufsatz gezogen wird.


Bodenhefen (W3) [Adelung]


Die Bodenhefen, singul. inus. bey den Bierbrauern einiger Gegenden, die Hefen, welche sich auf den Boden des Fasses zu setzen pflegen, die Unterhefen; zum Unterschiede von den Spundhefen.


Bodenholz (W3) [Adelung]


Das Bodenholz, des -es, plur. inus. bey den Faßbindern, dasjenige Holz, woraus die Faßbinder die Böden der Fässer verfertigen; im Gegensatze des Daubenholzes. S. Bodenstück.


Bodenhund (W3) [Adelung]


Der Bodenhund, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, ein jeder guter Jagdhund, welcher auf allen Arten des Bodens gehörig suchet.


Bodenkammer (W3) [Adelung]


Die Bodenkammer, plur. die -n, eine Kammer auf dem Boden eines Gebäudes.


Bodenlos (W3) [Adelung]


Bodenlos, adj. et adv. keinen Boden habend, grundlos. Das bodenlose Meer, dessen Boden unergründlich ist. Ingleichen, figürlich für ungegründet. Ein bodenloses Vorgeben.


Bodenmatte (W3) [Adelung]


Die Bodenmatte, plur. die -n, eine Matte, welche auf den Fußboden ausgebreitet wird; eine Flurmatte. Sie werden häufig zu Genemuiden in Overyssel verfertiget und in Holland und den banchbarten Gegenden verbraucht.


Bodenrad (W3) [Adelung]


Das Bodenrad, des -es, plur. die -räder, das unterste Rad in den Uhren, welches unmittelbar von dem Gewichte bewegt wird, daher sich auf dessen Achse eine Welle oder Trommel befindet, um welche sich bey dem Aufziehen die Schnur des Gewichtes wickelt.


Bodenriß (W3) [Adelung]


Der Bodenriß, des -sses, plur. die -sse, eigentlich der Riß in einem Boden, in welcher Bedeutung es aber wenig üblich ist. Man gebraucht es nur, und zwar ohne Plural, von demjenigen, was von dem auf einem Getreideboden aufgeschütteten Getreide sich in den Rissen und Spalten des Fußbodens verlieret, und auch der Schrumpf, Bodenschrumpf, Fruchtschrumpf genannt wird.


Bodensäge (W3) [Adelung]


Die Bodensäge, plur. die -n, bey den Böttchern, eine Säge, womit die Böden zu den Fässern zugerichtet werden. Man hat davon auch das Zeitwort bodensägen, dem Boden mit dieser Säge seine gehörige Gestalt geben.


Bodensatz (W3) [Adelung]


Der Bodensatz, des -es, plur. die -sätze, dasjenige, was sich in flüssigen Körpern auf den Boden setzet.


Bodenschatz (W3) [Adelung]


* Der Bodenschatz, des -es, plur. inus. an einigen Orten, eine Abgabe von demjenigen Weine, welcher aus fremden Orten eingeführet wird, und welche auch das Lagergeld genannt wird. S. Bodenzoll.


Bodenschicht (W3) [Adelung]


Die Bodenschicht, plur. die -en, die unterste auf dem Boden befindliche Schicht oder Lage einer Sache, welche stückweise über einander geleget wird; z. B. von den in den Scheuern und Feimen über einander gelegten Garben.


Bodenschlägel (W3) [Adelung]


Der Bodenschlägel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Bodenhammer.


Bodenschneiße (W3) [Adelung]


Die Bodenschneiße, plur. die -n, S. Bodengericht, ingl. Schneiße.


Bodenschnur (W3) [Adelung]


Die Bodenschnur, plur. die -schnüre, bey den Webern, die jenigen Schnüre, welche unten an die Balkenschnur eines jeden Schaftes angebunden werden.


Bodenschrumpf (W3) [Adelung]


Der Bodenschrumpf, des -es, plur. inus. S. Bodenriß.


Bodenschwelle (W3) [Adelung]


Die Bodenschwelle, plur. die -n, im Mühlenbaue, diejenigen Bohlen, welche in den Grundwerken eines Gerinnes den Boden desselben bilden.


Bodenstein (W3) [Adelung]


Der Bodenstein, des -es, plur. die -e, in den Mahlmühlen, der unterste Stein, welcher fest und unbeweglich lieget; im Gegensatze des obern, oder des Läufers.


Bodenstück (W3) [Adelung]


Das Bodenstück, des -es, plur. die -e. 1) Bey den Böttchern, ein Stück Holz, woraus die Böden der Fässer verfertiget werden; das Bodenholz. 2) An den Kanonen, der hinterste Theil derselben, der die Ladung bekommt, und sich zwischen der Traube und dem Zapfenstücke befindet; das Bodenfeld, das Stoßstück.


Bodenthür (W3) [Adelung]


Die Bodenthür, plur. die -en. 1) Eine jede Thür, welche auf einen Boden führet. 2) Eine kleine Thür in dem Boden großer Fässer.


Bodenzieher (W3) [Adelung]


Der Bodenzieher, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Bey den Wundärzten, ein Werkzeug, mit welchem man versucht, ob das von dem Trepan ausgeschnittene Stück des Hirnschädels sich schon bewegen lasse; nach dem Franz. Tirefond. 2) Ein Werkzeug der Böttcher, den Boden eines Fasses in die Kimme damit einzulegen; der Zargzieher.


Bodenzins (W3) [Adelung]


Der Bodenzins, des -es, plur. inus. 1) Der Miethzins für einen Boden. 2) An einigen Orten auch der Budenzins, das Mark- oder Standgeld. 3) In einigen Oberdeutschen Gegenden, der Grundzins, oder diejenige Abgabe, welche man der Obrigkeit für den Grund, worauf die Häuser und Gebäude stehen, zu entrichten hat.


Bodenzoll (W3) [Adelung]


Der Bodenzoll, des -es, plur. die -zölle, an einigen Orten, ein Zoll, welcher von flüssigen Dingen, die in Fässern verführet werden, entrichtet wird; der Bodenschatz. In beyden Benennungen stehet Boden figürlich für das ganze Faß, so wie es in Niedersachsen ehedem auch einen Kübel bedeutete.


Bödmen (W3) [Adelung]


* Bödmen, verb. reg. act. 1) Mit einem Boden versehen, doch nur im Oberdeutschen, wo man Bodem für Boden sagt; in der Oberpfalz büdnen. Ein Faß, ein Zimmer bödmen. 2) In den Seestädten, mit Bodmerey belasten. Der Schiffer hat gebödmet, oder gebodmet. S. das folgende.


Bodmerey (W3) [Adelung]


Die Bodmerey, plur. die -en, in den Seestädten, ein Vertrag, da jemand auf ein Schiff Geld vorschießet, unter der Bedingung, daß, wenn das Schiff in einer bestimmten Zeit nicht verunglücket, der Schiffer das empfangene Geld mit den bedungenen, gemeiniglich sehr hohen Zinsen, zurück bezahlet; wenn aber das Schiff in dieser Zeit strandet, der Gläubiger sein Capital verlieret. Sein Geld auf Bodmerey austhun. Geld auf Bodmerey aufnehmen. Ein Schiff mit Bodmerey beschweren. Daher, der Bodmereybrief, die darüber errichtete Urkunde; das Bodmereygeld, das auf solche Art ausgethane oder empfangene Geld; der Bodmereygeber oder Bodmerist, der Gläubiger; der Bodmereynehmer, der Schuldner u. s. f.

Anm. Im Dänischen lautet dieses Wort Bodmerie, im Nieders. und Holländ. Bodmerie, in der Normandie Bomerie. Es stammet von Boden her, welches im Niedersächsischen ehedem nicht nur den Schiffsboden, sondern auch das Schiff selbst bedeutete, wie in dem Bremisch-Nieders. Wörterb. v. Bön bewiesen wird.


Bofist (W3) [Adelung]


Der Bofist, des -es, plur. die -e, eine Art Staubschwämme, welche fast kugelförmig, und mit einem feinen braunen Staube angefüllet ist, der, wenn man den Schwamm zerdrückt, mit einem Zischen heraus fähret; Lycoperdon Bovista, L. Die letzte Hälfte dieses Nahmens ahmet den zischenden Laut nach, welchen die eingesperrte Luft im Herausfahren verursachet, und ist in den niedrigsten Sprecharten auch in andern Fällen üblich. Die erste Hälfte ist vermuthlich von dem veralteten puffen, aufschwellen, Engl. to puff, Franz. bouffer; daher dieser Schwamm im Engl. auch Puffball und Pufffist genannt wird. Aus Unwissenheit dieser Ableitung hat man dieses Wort in manchen Gegenden in Bubenfist verwandelt, welches denn wieder zu andern seltsamen Bennenungen Gelegenheit gegeben hat, indem dieser Schwamm im Hennebergischen Pfaffist, oder Pfauenfist, im Österreichischen Weiberfist, um Kremsmünster Hundsfist, und an andern Orten Wolfspiß, heißt, womit auch die im Französischen üblichen Nahmen Pisse de Loup und Vesse de Loup, und die Dänische Benennung Ulfveford, überein stimmen. Im Nieders. heißt dieser Schwamm Püster, von pusten, blasen, in Baiern Stieber, und um Nürnberg Stoiber. Den Lateinischen Nahmen Bovista hat Dillenius nach dem Deutschen gebildet.


Boganker (W3) [Adelung]


Der Boganker, S. Buganker.


Boge (W3) [Adelung]


* Die Boge, oder Böge, plur. die -n. 1) Im Münzwesen, ein Gerinne von Leinwand, welches in Eisen gespannet wird, das kleine Geld darein zu gießen; der Bogen. 2) In dem Weinbaue, die stärksten Reben, welche gebogen und an dem Pfahl gebunden werden; die Bogruthen. In beyden Fällen von dem Zeitworte biegen.


Bogen (W3) [Adelung]


Der Bogen, des -s, plur. die Bogen, alles, was krumm gebogen ist, oder eine gebogene Gestalt hat. Besonders,1. Ein jeder Theil einer krummen Linie. Daher ist in der Mathematik der Bogen, arcus, ein Stück einer Zirkellinie. Der Fluß macht einen Bogen, sagt man, wenn er sich nach einer krummen Linie bewegt. Durch den Bogen fahren, im gemeinen Leben, geradezu gehen, alle Umwege vermeiden. Etwas in Bausch und Bogen kaufen, im gemeinen Leben, überhaupt, Gutes und Schlechtes mit einander. S. Bausch, und Bogenfahrt. Bey den Jägern bedeutet Bogen den Umfang eines Waldes, eines Dickichtes in demselben, oder eines Theiles eines Waldes, in welchem sich Wild befindet, und diesen Theil selbst. Das Wildbret hat sich in einen Bogen gezogen, es ist in das Holz gegangen. Auch der Zug, welchen der Jäger bey der Vorsuche in und um das Holz unternimmt, ingleichen die halbe Rundung, welche man bey dem Lerchenfange mit dem Tagegarne u. s. f. hält, werden ein Bogen genannt.2. Was nach einer krummen Linie verfertiget wird, oder die Gestalt derselben hat. In diesem Verstande wird besonders in der Baukunst die Rundung eines Gewölbes ein Bogen genannt. Ein voller Bogen, der einen halben Zirkel ausmacht. Ein gedruckter Bogen, der die Gestalt einer halben Ellipse hat. Ein flacher Bogen, der nach einem kleinen Zirkelstücke verfertiget wird. Ingleichen eine jede Öffnung oder Blende in einer Wand, welche nach einer krummen Linie verfertiget ist. Einen Bogen schließen, einer Öffnung eine solche gewölbte Gestalt geben.3. Verschiedene Werkzeuge von Holz, Stahl, u. s. f. welche die Gestalt eines Bogens haben, und diese Gestalt vermittelst einer Sehne behalten oder noch weiter gekrümmet werden können. Dahin gehöret der Bogen, Fidelbogen, oder das gekrümmte und mit Pferdehaaren bespannte Holz, womit die Violinen gestrichen werden; der Bogen in den Münzen, S. Boge; der Bogen der Hutmacher, der aus einem starken mit einer Darmschnur gespannten Holze bestehet, womit sie die kurze Wolle zerschlagen, und auseinander schnellen, um sie dadurch zugleich von allen Unreinigkeiten zu befreyen; welcher Bogen auch der Fachbogen, ingleichen der Fachbaum genannt wird. Daher den Bogen schlagen, die Wolle auf solche Art schlagen und reinigen; fachen. Am bekanntesten ist von dieser Art Bogen das ehemahls übliche kriegerische Werkzeug, Pfeile, Bolzen und Kugeln damit abzuschießen. Bogen ist alsdann eine allgemeine Benennung aller so wohl größern, als kleinern Werkzeuge dieser Art, welche nach Maßgebung ihrer Größe und übrigen Beschaffenheit Armbrüste, Balester, Handbogen, Schnäpper, Stähle, Rüstungen u. s. f. genannt wurden. S. diese Wörter. Den Bogen spannen, abschießen. Er habet gespannenen sinen bogen, Notker. Sein Bogen liegt gespannt auf solche Missethäter, Weiße. 4. Ein Bogen Papier, ein Blatt Papier in derjenigen Größe, in welcher es in den Papiermühlen verfertiget wird, vermuthlich weil es Ein Mahl zusammen gebogen oder zusammen gelegt und so verkauft wird.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. gleichfalls Bogen, im Angels. Boga, im Holländ. und Schwed. Boge, im Isländ. Bog, im Engl. Bow, im Dän. Bue, im Wallis. Bwa. Der Plural Bögen ist in mehrern gemeinen Mundarten nicht selten; allein in den anständigern hat Bogen doch alle Mahl den Vorzug.


Bogendecke (W3) [Adelung]


Die Bogendecke, plur. die -n, die gewölbte Decke eines Zimmers oder eines Gebäudes.


Bogener (W3) [Adelung]


Der Bogener, oder Bogner, des -s, plur. ut nom. sing. ein unzünftiger Hadswerksmann, welcher Bogen zum Schießen verfertiget; Bogenmacher, Armbruster, Rüstmeister.


Bogenfahrt (W3) [Adelung]


Die Bogenfahrt, plur. die -en, diejenige Art eines Kaufes, da man eine Waare in Bausch und Bogen, d. i. überhaupt, ohne Behandlung jedes einzelnen Stückes, kauft oder verkauft. Durch eine Bogenfahrt handeln.


Bogenfeile (W3) [Adelung]


Die Bogenfeile, plur. die -n, eine zarte Feile verschiedener Metallarbeiter, welche vermittelst eines stählernen Bogens steif gehalten wird.


Bogenfenster (W3) [Adelung]


Das Bogenfenster, des -s, plur. ut. nom. sing. ein Fenster, welches oben mit einem Bogen geschlossen ist.


Bogenflügel (W3) [Adelung]


Der Bogenflügel, des -s, plur. ut nom. sing. ein musikalisches Instrument, welches aus einem Flügel bestehet, dessen Darmsaiten durch eine Art eines Violin-Bogens gestrichen werden. Ein Berlinischer Künstler, Nahmens Hohlfeld, hat es 1754 erfunden.


Bogengang (W3) [Adelung]


Der Bogengang, des -es, plur. die -gänge, ein jeder Gang, welcher oben mit einem Bogen geschlossen ist. Besonders in den Gärten, dergleichen auf beyden Seiten mit Bäumen bepflanzte und oben in einen Bogen geschlossene Gänge; eine Bogenlaube. In der Baukunst nennet man auch dasjenige zuweilen einen Bogengang, was man sonst eine Bogenstellung, oder nach dem Ital. und Franz. eine Arcade heißt, d. i. mehrere hinter einander folgende gewölbte Bogen, welche auf Säulen ruhen.


Bogengerüst (W3) [Adelung]


Das Bogengerüst, des -es, plur. die -e, bey den Mäurern, ein in Form eines Bogens verfertigtes Gerüst, über welches die Gewölbe und Bogen aufgeführet werden; die Bogenlehre, oder der Lehrbogen.


Bogengröße (W3) [Adelung]


Die Bogengröße, plur. inus. die Größe eines Bogens Papier. Ein Buch in Bogengröße, in Folio.


Bogenlaube (W3) [Adelung]


Die Bogenlaube, plur. die -n, in den Gärten, eine gewölbte Laube, ingleichen ein mit Bäumen gewölbter Gang; ein Bogengang.


Bogenlehre (W3) [Adelung]


Die Bogenlehre, plur. die -n, S. Bogengerüst. Lehre bedeutet bey verschiedenen Arbeitern auch so viel als eine Form. S. Lehre.


Bogenmacher (W3) [Adelung]


Der Bogenmacher, des -s, plur. ut nom. sing. S. Bogener.


Bogenrolle (W3) [Adelung]


Die Bogenrolle, plur. die -n, in der Baukunst, Zierathen in Gestalt der Rollen, Schnecken u. s. f. an dem Schlußsteine eines Bogens oder Gewölbes.


Bogensäge (W3) [Adelung]


Die Bogensäge, plur. die -n, an einigen Orten, die große Säge der Holzhacker und Zimmerleute, entweder weil sie unten an dem Blatte die Gestalt eines Bogens hat; oder auch, weil sie anstatt des Gestelles in einen Bogen gespannt ist.


Bogenschluß (W3) [Adelung]


Der Bogenschluß, des -sses, plur. die -schlüsse. 1) Der Schluß eines Bogens oder Gewölbes; ohne Plural. 2) Der mittelste Stein eines Gewölbes, in welchem sich alle Bogen vereinigen; der Schlußstein.


Bogenschuß (W3) [Adelung]


Der Bogenschuß, des -sses, plur. die -schüsse. 1) Der Schuß von einem Bogen, die Abschießung eines Bogens; ingleichen die Weite, in welcher ein von einem Bogen abgeschossener Pfeil gehet. Und ging hin und sagte sich gegen über von ferne, eines Bogenschusses weit, 1 Mos. 21, 16. 2) In der Artillerie, ein Schuß aus einem Stücke, der in einem Bogen gehet, und alsdann erfolget, wenn das Stück über die Horizontal-Linie gerichtet wird; im Gegensatze des Kernschusses, wo das Stück horizontal gerichtet wird.


Bogenschütze (W3) [Adelung]


Der Bogenschütze, des -n, plur. die -n, ehemahlige Schützen, welche mit Pfeilen und Bogen schossen; ingleichen, ein jeder, der mit einem Bogen zu schießen weiß.


Bogenstellung (W3) [Adelung]


Die Bogenstellung, plur. die -en, in der Baukunst, mehrere hinter einander gestellte Bogen auf Säulen oder Pfeilern S. Bogengang.


Bogenzirkel (W3) [Adelung]


Der Bogenzirkel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Zirkel, durch dessen Fuß ein mit einer Wellschraube versehener Bogen gehet um den Zirkel in einer jeden Öffnung unverrückt zu erhalten.


Bogig (W3) [Adelung]


Bogig, adj. et adv. im gemeinen Leben, was ausgebogen ist, oder die Gestalt eines Bogens hat. Bogige Spitzen, bogige Tressen u. s. f.


Bogner (W3) [Adelung]


Der Bogner, S. Bogener.


Bogruthe (W3) [Adelung]


Die Bogruthe, plur. die -n, S. Boge.


Bogspriet (W3) [Adelung]


Das Bogspriet, die Bogstänge, S. Bugspriet, Bugstänge.


Bohl (W3) [Adelung]


* Das Bohl, des -es, plur. die -e, ein nur in dem Herzogthum Schleßwig übliches Wort, welches so viel als eine Hufe, oder das Land eines Bauern bedeutet, er mag nun ein Bonde oder ein Lanste seyn. Daher der Bohlsmann, im Plural die Bohlsleute, die Besitzer solcher Bohle, ein Bauer, Landmann. Vermuthlich von dem alten bol, bauen, da es denn so viel als Bauland bedeuten würde.


Bohle (W3) [Adelung]


Die Bohle, plur. die -n. 1) Eine Art dicker Breter von zwey bis vier Zoll Dicke, dergleichen in dem südlichen Obersachsen gemeiniglich Pfosten genannt werden. Einen Stall mit Bohlen auslegen, ihn ausbohlen. 2) Bey den Sammt- und Seidenwebern ist die Bohle eine dünne hölzerne Walze, auf welcher man diejenige Seite des Aufzuges besonders aufbäumet, welche hernach aufgeschnitten wird, und alsdann den Pohl oder eigentlichen Sammet und Fälbel macht. Daher die Bohlenarme, die hölzernen Arme, in welchen sich diese Walze bewegt.

Anm. In der ersten Bedeutung lautet dieses Wort im Niedersächsischen Bale, dagegen das Schwed. Bol, und das Holländ. Bohl einen Stamm bedeuten. Es ist Bille, Pfahl und Balken genau verwandt, daher auch in einigen Gegenden ein Balken eine Bohle genannt wird. In der zweyten Bedeutung ist es ohne Zweifel aus Pohl, Franz. Poil, verderbt, S. dasselbe.


Bohlen (W3) [Adelung]


Bohlen, verb. reg. act. mit Bohlen ausschlagen. Einen Stall bohlen, ihn ausbohlen.


Böhlen (W3) [Adelung]


Böhlen, bey den Gärtnern, S. Pöhlen.


Bohlengeld (W3) [Adelung]


* Das Bohlengeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, an einigen Orten dasjenige Geld, welches man in den Jahrmärkten von den Buden vor den Häusern gibt; das Standgelb. Bohle stammt hier noch von dem veralteten bol, bauen, her.


Bohlenjoch (W3) [Adelung]


Das Bohlenjoch, des -es, plur. die -jöcher, im Bergbaue, ein aus Bohlen oder Balken bestehendes Joch, d. i. die vier verbundenen Zimmerhölzer, woraus die Zimmerung eines Schachtes zusammen gesetzt wird. Bohle bedeutet hier noch einen Balken oder ein Zimmerholz.


Böhmen (W3) [Adelung]


Böhmen, plur. car. der eigenthümliche Nahme eines Landes in Deutschland, welches von Slaven bewohnet wird; ehedem Böheim, Latein. Bohemia, gleichsam Bojerheim, d. i. die Heimath der Bojer. Daher der Böhme, (mit dem mildernden e, folglich nicht Böhm,) des -n, plur. die -n, die Böhminn, plur. die -en, der oder die aus Böhmen gebürtig ist. Ein Böhme, oder Kaiserböhme, eine in Böhmen und Mähren gangbare Münze, welche drey Kreuzer gilt, und eben dieselbe ist, die sonst auch Kaisergroschen genannt wird. Kaiser Matthias hat sie zuerst in Böhmen schlagen lassen.


Bohnaxt (W3) [Adelung]


Die Bohnaxt, plur. die -äxte, bey den Zimmerleuten, ein breites, dünnes Beil, das beschlagene Holz damit völlig glatt und eben zu hauen. Vermuthlich von dem folgenden Verbe bohnen, glätten.


Bohnbürste (W3) [Adelung]


Die Bohnbürste, plur. die -n, eine große Bürste, deren man sich zum Bohnen der Fußböden bedienet.


Bohne (W3) [Adelung]


Die Bohne, plur. die -n, Diminitivum das Böhnchen, Oberdeutsch das Böhnlein. 1. Eigentlich, eine längliche harte Frucht, welche sich in Hülsen oder Schoten verschiedener Pflanzen und Bäume erzeuget. Bohnen pflanzen. Türkische, Wälsche Bohnen, Gartenbohnen, Feldbohnen u. s. f.2. Figürlich. 1) Bey den Pferden, ein schwarzer Fleck in den Höhlen der Eck- oder Spitzzähne, an welchen man das Alter eines Pferdes bis in das achte Jahr erkennen kann, und welcher auch der Bohnenkern, Bohnkeim, Bohnenschuß, der Kern, die Kennung genannt wird, weil er dem schwarzen Keime auf den großen Bohnen ähnlich ist. Das Pferd hat die Bohne ausgefressen, oder hat sich ausgefressen, sagt man im gemeinen Leben, wenn die Bohne mit der Höhlung, worin sie sich befindet, nicht mehr vorhanden, sondern abgenutzet ist. 2) Verschiedene Pflanzen, welche statt des Samens Bohnen tragen, in welchem Falle dieses Wort im Plural am üblichsten ist. Dahin gehören, (a) die Türkischen Bohnen, Phaseolus, L. Sie werden auch Schminkbohnen genannt, weil sie sich an Stangen hinauf schmiegen oder ranken; Faselen oder Phaselen, nach dem Lat. Phaseolus; ingleichen Walsche Bohnen, weil sie zunächst aus Italien zu uns gekommen sind. Im Nieders. heißen sie Kickbohnen, weil sie an Kicken, d. i. Stangen, wachsen, Vietsbohnen, und nach einer verderbten Aussprache, Fieksbohnen, weil sie noch spät im Frühlinge- bis um Viti-Tag gepflanzet werden können. Eine Art derselben, welche krumme, säbelförmige Hülsen träget, wird im gemeinen Leben Säbelbohnen, in Preußen Schabbelbohnen genannt. Eine andere Art, welche nicht an Stangen hinauf wächset, sondern niedrig bleibt, und gleichsam an der Erde kriecht, heißt Zwergbohnen, und im Nieders. Kruperbohne, Krüper. S. Bodenbohne. (b) Die so genannten großen Bohnen, Feldbohnen, oder Puffbohnen, mit einem geraden aufrechten Stamme und Blattstielen; Vicia Faba, L. Sie sind am Caspischen Meere, an den Persischen Grenzen zu Hause, aber jetzt bey uns gemein genug. Eine kleinere Art derselben, Vicia faba minor, L. wird im gemeinen Leben kleine Bohnen oder Saubohnen genannt. (c) Die Feigbohne, Lupinus, L. S. dieses Wort.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. gleichfalls Bone und in den gröbern Mundarten Baune, im Holländ. Boon, im Schw. Böna, im Dän. Bonne, im Angels. und Engl. Bean, im Isl. Baun, im Wallisischen Ffaen, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Daß das Lat. Faba mit zu dieser Familie gehöre, erhellet aus dem alten Oberdeutschen Bohn, welches zuweilen für Bohne vorkommt. Das Böhmische und Pohlnische Bob, das Litthanische Pupa, und das Ungarische Bab, sind der alten römischen Aussprache getreuer geblieben.


Bohnen (W3) [Adelung]


Bohnen, verb. reg. act. glatt machen, doch nur in engerer Bedeutung, glatt gehobeltes Holzwerk mit Wachs glatt und glänzend reiben. Einen Schrank, einen nußbäumenen Tisch, einen Stuhl bohnen. Gebohntes Holz. Das Bohnzeug, die zum Bohnen nöthigen Geräthschaften an Wachs, Lappen und Bürsten.

Anm. Das Nieders. bonen, Holländ. boenen, Schwed. bona, haben mit dem Hochdeutschen gleiche Bedeutung. Wachter, der dieses Wort irrig für ein eigenthümliches Wort der Leipziger hält, lässet es von dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, oder dem Isländischen faenna, scheinen, glänzen, abstammen. Allein es gehöhret wohl zu dem Zeitworte bahnen, und bedeutet überhaupt glatt und eben machen. Hans Sachs gebraucht ponen sehr oft für bahnen; um Lincoln in England bedeutet to boon die Wege ausbessern, und im Dänischen ist Bone scheuern, und afbone abreiben, glätten. S. auch Bohnart.


Bohnenbaum (W3) [Adelung]


Der Bohnenbaum, des -es, plur. die -bäume, ein jeder Baum, welcher statt den Sahmens Bohnen in Schoten träget. Besonders, 1) ein Baum von mittlerer Größe, der schöne gelbe Blumen, und kleine Schoten mit schwarzblauen Bohnen trägt. Er wächset in der Schweiz, Savoyen, und am Sollinge im Braunschweigischen, wo er Markweide genannt wird; Cytisus Laburnum, L. 2) Eine Art Cassien, welche in den wärmeren Gegenden von Amerika wächset, und süßer Bohnenbaum genannt wird, weil das Mark der Hülsen, worin die Bohnen liegen, eine angenehme Süßigkeit hat; Cassia alata, L. 3) Ein anderer geichfalls Amerikanischer Baum, der schwarze Bohnen träget, welche mit einem süßen kleberigen Safte umgeben sind; Mimosa Inga, L. wird auch süßer Bohnenbaum genannt. 4) Ein Baum, der in dem wärmern Europa einheimisch ist, und seinen Samen gleichfalls in Gestalt der Bohnen in Hülsen trägt; Anagyris, L. ist unter dem Nahmen des Stinkbaumes bekannter; S. dieses Wort. 5) Noch ein anderer Amerikanischer Baum, Gleditsia, L. Alle diese Arten Bohnen, welche Früchte eines Baumes sind, werden auch Baumbohnen genannt. S. dieses Wort.


Bohnenegel (W3) [Adelung]


Der Bohnenegel, im gemeinen Leben Bohnenigel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Maden, welche sich bey den großen Feld- oder Puffbohnen einfinden, wenn man sie aufbewahren will; der Bohnenwurm, Millis, L.


Bohnenerz (W3) [Adelung]


Das Bohnenerz, des -es, plur. inus. eine Art Eisenerzes, welches als Geschiebe in Gestalt der Bohnen, Erbsen u. s. f. gefunden wird, und vieles und gutes Eisen gibt; Bohnerz.


Bohnenkaper (W3) [Adelung]


Die Bohnenkaper, plur. die -n, ein dem Kaperbaume nicht unähnlicher Asiatischer und Afrikanischer Baum, der seinen Samen als Bohnen in Schoten träget; Zygophillum Fabago, L.


Bohnenkeim (W3) [Adelung]


Der Bohnenkeim, des -es, plur. die -e, eigentlich der Keim oben an den Bohnen. Figürlich auch der schwarze diesem Keime ähnliche Fleck in den Höhlungen der Zähne der Pferde, S. Bohne 2.


Bohnenkern (W3) [Adelung]


Der Bohnenkern, des -es, plur. die -e, wie das vorige in beyden Bedeutungen. S. Bohne 2.


Bohnenkraut (W3) [Adelung]


Das Bohnenkraut, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben, besonders Niedersachsen, ein Nahme des Saturey, Satureia, L. weil man die Bohnen damit zu würzen pfleget; in einigen Gegenden Bohnenkolle.


Bohnenmehl (W3) [Adelung]


Das Bohnenmehl, des -es, plur. inus. das Mehl von Bohnen.


Bohnenschuß (W3) [Adelung]


Der Bohnenschuß, des -sses, plur. die -schüsse, der Schuß, oder schwarze Keim an den Bohnen. Figürlich auch der ähnliche schwarze Fleck in den Zähnen der Pferde. S. Bohne 2.


Bohnensonntag (W3) [Adelung]


Der Bohnensonntag, des -es, plur. die -e, zu Solothurn in der Schweiz, der Sonntag Quasimodogeniti, weil alsdann in der Kirche der heil. Ursula allen Anwesenden Bohnen ausgetheilet werden.


Bohnenstroh (W3) [Adelung]


Das Bohnenstroh, des -es, plur. car. das Stroh von Bohnen, d. i. die trocknen Stängel und Blätter derselben.


Bohnenwurm (W3) [Adelung]


Der Bohnenwurm, des -es, plur. die -würmer, S. Bohnenegel.


Bohnerz (W3) [Adelung]


Das Bohnerz, des -es, plur. inus. S. Bohnenerz.


Böhnhase (W3) [Adelung]


Der Böhnhase, des -n, plur. die -n, im gemeinen Leben, ein Handwerker, welcher ein Handwerk nicht gehörig erlernet hat, und dasselbe dennoch treibet; ein Pfuscher. Besonders pflegen die Schneider ihre Pfuscher, die sie sonst auch Hasenköche heißen, Böhnhasen, zu nennen. Andere Hanwerker haben andere Benennungen. S. Pfuscher. Einen Böhnhasen jagen, einen solchen Pfuscher aufsuchen.

Anm. Dieses Wort stammet zunächst aus Niedersachsen her, wo es auch am meisten üblich ist. Im Dänischen lautet es Bohnhase, im Schwed. Bönhas, und im Isländ. Baunhofer. Wachter leitet es von Bön, Bitte, und Hanse, einem Gehülfen, Gesellen ab, welche beyden Wörter, ich weiß nicht, was für einen socium precarium bedeuten sollen. Allein die gemeine Meinung, nach welcher dieses Wort von dem Nieders. Böhn, der Boden, und Hase, zusammen gesetzet ist, weil dergleichen Pfuscher als furchtsame Hasen auf obersten Böden zu arbeiten pflegen, hat vor jener immer noch den Vorzug. In einigen Oberdeutschen Mundarten lautet es auch Bühnhase, weil Bühn, daselbst auch für Boden gebraucht wird. In Danzig werden alle unangesessene Unbürger Böhnhasen genannt.


Bohrahle (W3) [Adelung]


Die Bohrahle, plur. die -n, oder der Bohrahl, des -es, plur. die -e, bey den Tischlern, ein spitziger Pfriemen oder eine Ahle in einem Häfte, Linien auf dem Holze vorzuzeichnen.


Bohrbank (W3) [Adelung]


Die Bohrbank, plur. die -bänke, bey den Büchsenmachern und in den Gewehrfabriken, eine Bank die Feuerröhre darauf auszubohren. Bey den Wagnern, ein Gestell, die Nabe darauf auszubohren.


Bohreisen (W3) [Adelung]


Das Bohreisen, des -s, plur. ut nom sing. das Eisen eines Drill- oder Bogenbohrers; die Bohrspitze.


Bohrer (W3) [Adelung]


Der Bohrer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der da bohret; z. B. im Bergbaue, derjenige, der die Löcher in das Gestein bohret. 2) Ein Werkzeug zum Bohren; im Nieders. Baar, im Dän. Bore, im Schwed. Bor, im Engl. Bore. S. auch Näber. Wenn Bohrer das Werkzeug ist, so lautet es bey den Bergleuten Böhrer. In Baiern heißt ein solches Werkzeug ein Eiger.


Bohrfäustel (W3) [Adelung]


Der Bohrfäustel, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, ein Fäustel oder Hammer, den Bohrer damit in das Gestein zu treiben.


Bohrführer (W3) [Adelung]


Der Bohrführer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug der Uhrmacher, bey dem Durchbohren der Platten den Bohrer gehörig zu leiten.


Bohrklippe (W3) [Adelung]


Die Bohrklippe, plur. die -n, eine Zange der Bergleute, die Stücke eines abgebrochenen Bohrers damit aus dem Bohrloche zu ziehen. S. Klippe.


Bohrkolben (W3) [Adelung]


Der Bohrkolben, des -s, plur. ut nom. sing. ein kupferner Kolben oder Cylinder, woran bey dem Ausbohren der Kanonen die Bohrstange befestiget ist.


Bohrkrätzer (W3) [Adelung]


Der Bohrkrätzer, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, ein eisernes Wekzeug, das Bohrmehl damit aus dem Bohrloche zu räumen.


Bohrlade (W3) [Adelung]


Die Bohrlade, plur. die -n, in den Stückgießereyen, ein Gerüst, in welches ein Stück, welches ausgebohret werden soll, eingespannet wird; bey dem kleinern Feuergewehre die Bohrbank.


Bohrloch (W3) [Adelung]


Das Bohrloch, des -es, plur. die -löcher, im gemeinen Leben, ein mit dem Bohrer verfertigtes Loch.


Bohrlöffel (W3) [Adelung]


Der Bohrlöffel, des -s, plur. ut nom. sing. an manchen Arten von Bohrern, z. B. an einem Erdbohrer, derjenige Theil des Bohrers, welcher einem Löffel gleicht, und woran die Bohrstange befestigt ist.


Bohrmehl (W3) [Adelung]


Das Bohrmehl, des -es, plur. car. die kleinen Theile eines harten Körpers, welche von dem Bohrer zerrieben und heraus gebracht werden. Wenn sie größer sind, heitzen sie Bohrspäne.


Bohrmeister (W3) [Adelung]


Der Bohrmeister, des -s, plur. ut nom. sing. im Schiffbane, ein Arbeiter, welcher das Bohren der Löcher verstehet und ausübet.


Bohrmühle (W3) [Adelung]


Die Bohrmühle, plur. die -n, eine von dem Wasser getriebene Maschine, Bäume zum Behuf der Wasserleitungen, Flintenröhre u. s. f. auszubohren.


Bohrscheibe (W3) [Adelung]


Die Bohrscheibe, plur. die -n, ein Bret, welches der Holzarbeiter vor die Brust legt, große Arten der Bohrer damit zu drücken; das Brustbret.


Bohrschmid (W3) [Adelung]


Der Bohrschmid, des -es, plur. die -schmiede, in einigen Gegenden, ein Nahme des Zeugschmids, weil er unter andern auch Bohrer verfertiget.


Bohrschnecke (W3) [Adelung]


Die Bohrschnecke, plur. die -n, ein Nahme, welchen man zuweilen auch den Schraubhörnern oder Turbiniten beyzulegen pfleget, wegen ihrer gewundenen, einem Bohrer ähnlichen Gestalt. S. Schraubhorn.


Bohrspäne (W3) [Adelung]


Die Bohrspäne, singul. inus. Späne, welche von dem Bohrer verursacht und heraus gebracht werden. S. auch Bohrmehl.


Bohrspitze (W3) [Adelung]


Die Bohrspitze, plur. die -n, an den Bogen- oder Drellbohrern, das geschliffene eckige und spitzige Eisen, welches eigentlich das Bohren verrichtet. S. Bohreisen.


Bohrstampfer (W3) [Adelung]


Der Bohrstampfer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Stück Eisen, mit welchem das Loch, welches in einen Stein, der gesprenget werden soll, gebohret worden, zugestampfet wird, damit das Schießpulver nicht vorwärts wirke.


Bohrstange (W3) [Adelung]


Die Bohrstange, plur. die -n, eine Stange an den langen Bohrern, womit Pumpen u. s. f. ausgebohret werden. In den Stückgießereyen ist es das küpferne Werkzeug, womit die Kanonen ausgebohret werden.


Bohrstock (W3) [Adelung]


Der Bohrstock, des -es, plur. die -stöcke, ein Gestell der Bürstenbinder, die Löcher der Bürstenhölzer darin zu bohren.


Bohrstuhl (W3) [Adelung]


Der Bohrstuhl, des -es, plur. die -stühle, ein Gestell, große hölzerne Röhren zum Ausbohren darauf zu befestigen.


Bohrzeug (W3) [Adelung]


Das Bohrzeug, des -es, plur. die -e, bey den Schlössern, eine jede Maschine, mit welcher Löcher in Eisen gebohret werden; ingleichen, alle zum Bohren gehörige Werkzeuge; ohne Plural.


Boj (W3) [Adelung]


Boj, eine Art wollenen Zeuges, S. Boy.


Bojar (W3) [Adelung]


Der Bojar, des -en, plur. die -en, Fämininum die Bojarinn, eine ehemalige Benennung der geheimen Räthe bey den Russen, und zuweilen auch, obgleich nur durch einen Mißbrauch, eines jeden Edelmannes. Der geheime Rath Tatischeff hat bewiesen, daß dieses Wort Sarmatischen Ursprunges ist, und eigentlich einen weisen Mann bedeutet.


Boje (W3) [Adelung]


* Die Boje, plur. die -n, in den Niedersächsischen Handelstädten, ein Stück Holz, welches mit einem Seile an den Anker befestiget wird, oben schwimmet, und zugleich die Stelle zeiget, wo der Anker lieget. Oft ist dieses Zeichen eine Tonne, und da wird er gleichfalls eine Boje genannt. S. auch Ankerboje. Daher, die Bojleine, oder das Bojeseil, das dünne Seil, woran die Boje befestiget ist.

Anm. Im Holländ. lautet dieses Wort Boei, im Engl. Buoy, im Dän. Boj, im Schwed. Boja, im Span. Boya, im Franz. Bouée. Ohne Zweifel erhält es noch das Andenken des alten Deutschen Boie, Beie, und Lat. Boja, welches eine jede Art Fessel bedeutete, sie mochten von Eisen oder von Holz seyn. Die wile of dir ir Beie lit, Winsbeck, St. 52. Swer da truog der minne boie, der wilde Alexander. Bey den Schweizern soll Beie noch vinculum ligneum bedeuten. S. Frisches Wörterb. v. Boge, Scherzii

Anm. zu Winsbecks Paraen, S. 34

Anm. 85, und den du Fresne v. Boja.


Bojer (W3) [Adelung]


* Der Bojer, des -s, plur. ut nom. sing. in den Niedersächsischen Seestädten, besonders in Bremen, eine Art Schiffe, mit welchen im Frühlinge die Baken oder Seetonnen geleget werden. Bey dem Chyträus ist Bojarth ein jedes kurzes Schiff. S. das vorige.


Bokal (W3) [Adelung]


Der Bokal, S. Pokal.


Bökel (W3) [Adelung]


Der Bökel, Bökeln u. s. f. Siehe im P.


Bökeleisen (W3) [Adelung]


Das Bökeleisen, des -s, plur. ut nom, sing. bey einigen Kürschnern, dasjenige Werkzeug, welches von andern richtiger das Bakeleisen, oder der Bakeler genannt wird. S. das letztere.


Bolar-Erde (W3) [Adelung]


Die Bolar-Erde, plur. die -n, nach dem Lateinischen terra bolaris, eine Erdart, welche dem Bolus gleicht; S. dieses Wort.


Bolch (W3) [Adelung]


* Der Bolch, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welcher in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden verschiedenen Arten von Fischen gegeben wird. An einigen Orten führet die Balche, oder die Bleihe diesen Nahmen. S. Balche. Bey dem Frischlin heißt der Haufen und bey andern der Weißling, Merlangus, L. Bolch. Pictorius erkläret Bolch durch "Kablen, ein Rheinfisch, Ganus." Gemeiniglich führet diesen Nahmen der Kabeljau, vermuthlich wegen seiner fahlen oder weißen Farbe, von der er auch im Holländ. Bolk, Bolgh, heißt. S. Kabeljau.


Bold (W3) [Adelung]


* Bold, ein veraltetes Wort, welches nur noch in dem Worte Trunkenbold vorkommt, und eigentlich kühn, muthig bedeutet. Die Dichter haben nach dem Muster dieses Wortes zuweilen noch andere ähnliche Zusammensetzungen gewagt, dahin vornehmlich Raufbold und Schlagebold gehören, die aber nie allgemein geworden sind. S. Bald, Anm. 1. und Trunkenbold.


Bole (W3) [Adelung]


Die Bole, S. Bohle.


Boleine (W3) [Adelung]


* Die Boleine, plur. die -n, in der Seefahrt, Seile, welche an jeder Seite der Segel gegen die Mitte befestigt sind, sie damit nach dem Winde zu lenken; Engl. Bowline, Franz. Bouline.


Boll (W3) [Adelung]


* Der Boll, bey den Sammtwebern, S. Pohl.


Boll (W3) [Adelung]


* Boll, adj. et adv. welches nur im gemeinen Leben gebräuchlich ist, und hart, steif, ungeschmeidig bedeutet, vornehmlich aber von solchen Sachen gebraucht wird, welche gewöhnlich geschmeidig sind. So nennen die Gärber das Leder, welches zu lange in der Gahre gelegen hat, boll, bull, oder bollig, weil es hart und spröde ist. Aber auch von dem Eisen sagt man, daß es boll oder bollig ist, wenn es spröde ist. S. Bolleisen. In einer andern Bedeutung ist dieses Wort in Niedersachsen so viel als löcherig, durchlöchert. So sagt man daselbst, der Maulwurf mache das Land holl und boll, hohl und löcherig. So auch von dem Brote, wenn es löchering oder schwammig ist. Eben daselbst ist bollern, bullern, einen hohlen dumpfigen Laut verursachen, verwandt mit poltern.

Anm. Es ist dieses Wort der Niedersächsischen Mundart vorzüglich eigen. Vermuthlich wird mit demselben auf den Schall gesehen, den dergleichen Körper, welche wider ihre Bestimmung ungeschmeidig oder auch hohl sind, von sich zu geben pflegen.


Bolle (W3) [Adelung]


1. Der Bolle, das männliche Geschlecht der Kühe, der Herdochs, S. Bulle.


Bolle (W3) [Adelung]


2. * Die Bolle, plur. die -n, ein Niedersächsisches Wort, welches eigentlich einen jeden runden Körper bedeutet, am häufigsten aber theils von den Augen an den Bäumen und Pflanzen, theils aber auch von den Zwiebeln gebraucht wird, welche mit dem allgemeinen Ausdrucke Bollen genannt werden. Auch die runden Samenbehältnisse des Flachses führen in Niedersachsen diesen Nahmen.

Anm. In einigen Oberdeutschen Gegenden heißen die Zwiebeln Bulben, welches mit dem Latein. Bulbus genau überein kommt. In andern Gegenden, z. B. in Franken, werden sie Bolzen genannt. S. Ball, Ballen, Beule und Bühel. Im Nieders. bedeutet Boll nicht allein rund, sondern Poll ist daselbst auch der Kopf, ja der Gipfel, oder das Oberste eines jeden Dinges.


Bolleisen (W3) [Adelung]


Das Bolleisen, des -s, plur. car. eine Art Stangeneisen, welche zu Sangerhausen gemacht wird, und diesen Nahmen daher hat, weil es boll, d. i. spröde und ungeschmeidig ist. Im gemeinen Leben lautet es oft Balleisen. S. dieses Wort.


Bollen (W3) [Adelung]


Bollen, ein Nahme des schwarzen Pappelbaumes, S. Belle.


Boller (W3) [Adelung]


* Der Boller, des -s, plur. ut nom. sing. in der Seefahrt, ein Pfahl oder Block auf dem Borde eines Schiffes, um welchen die Seile geschlungen und befestiget werden. S. Bohle, mit welchem es Vermuthlich aus Einer Quelle abstammet.


Böller (W3) [Adelung]


Der Böller, ein kleiner Mörser zum Schießen, S. Pöller.


Bollig (W3) [Adelung]


* Bollig, -er, -ste, adj. et adv. 1) Von Boll, hart, steif, im gemeinen Leben, so viel als ungeschmeidig, boll. Bolliges Leder, bolliges Eisen. 2) Von Bolle, rund, rundlich, auch nur im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens. Bollige Gewächse, die runde zwiebelartige Wurzeln haben. Im Oberdeutschen bulbig, Lat. bulbosus, bulbifer.


Bollwerk (W3) [Adelung]


Das Bollwerk, des -es, plur. die -e. 1) In der Befestigungskunst, ein Werk vor dem Hauptwalle, welches gemeiniglich aus zwey Faßen und zwey Flanquen bestehet; eine Bastey oder ein Bastion. Daher der Bollwerkswinkel, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige Winkel, welchen die Faßen eines Bollwerkes mit einander machen; Franz. Angle du bastion, Angle flanqué. 2) In dem Wasserbaue ist das Bollwerk, eine mit Bohlen oder Steinen ausgefütterte Wand am Ufer eines Wassergrabens. 3) Im Erzgebirge wird eine Flöße von Zimmerholz ein Bollwerk genannt.

Anm. Ehedem bedeutete dieses Wort ein jedes Werk von Holz oder Erde, welches so wohl zur Vertheidigung, als auch zur Belagerung eines Ortes aufgeführet wurde. Wenigstens kommt es in der Deutschen Bibel in dieser Bedeutung sehr oft vor. Mit Bollwerk an eine Stadt kommen, 2 Kön. 24, 10. Mit Bollwerk ängstigen, Es. 29, 3. Ein Bollwerk machen, Jer. 33, 4; aufschlagen, Ezech. 26, 8; aufrichten, 2 Macc. 11, 20 u. s. f. In dieser allgemeinen Bedeutung kann es füglich von dem alten Bol, ein Gebäude und bauen, hergeleitet werden, da es denn mit dem alten Bastida, Bastey, einerley bedeuten würde. Frisch und Ihre leiten es dagegen von Bole, ein Pfahl, oder der Stamm eines Baumes ab, weil die alten Festungswerke ehedem aus solchen Stämmen erbauet worden. Man könnte es mit eben so vielem Rechte von boll, rund, abstammen lassen; denn die heutigen Bollwerke sind an die Stelle der runden Thürme, oder halbrunden Werke an den Mauern getreten, Bluntschli erkläret Rundel wirklich durch Bollwerk. Übrigens lautet dieses Wort in der ersten Bedeutung im Engl. Bulwark, im Holländ. Bolwerk, im Franz. Boulevart, im Ital. Baloardo, im Span. Balvarte. Das Dänische Bulwerk bedeutet auch einen jeden Damm, und das mittlere Latein. Ballatorium und Ballium haben eine mit dem Deutschen verwandte Bedeutung. Bey einigen Deutschen Schriftstellern des 15ten und 16ten Jahrhunderts kommt dieses Wort auch von den kriegerischen Werkzeugen zum Werfen vor; aber da stammt es unstreitig von dem mittlern Latein. ballare, schießen, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , werfen, ab, von welchem Zeitworte dergleichen Werkzeuge auch Balistae, Baleae und Bibliae genannt wurden.


Bolus (W3) [Adelung]


Der Bolus, plur. inus. ein feiner, fester, und mit Eisengehalt versehener gefärbter Thon; Eisenthon, Fettthon. Armenischer Bolus, der für den feinsten gehalten wird, jetzt aber auch aus vielen andern Ländern gebracht wird. In weiterer Bedeutung werden auch alle seine gefärbte Märgelarten unter die Bolar-Erden gerechnet. Der Nahme dieses Productes stammet aus dem Morgenlande her, wo man es anfänglich auch herhohlete, ehe man die natürlichen Reichthümer seines eigenen Vaterlandes kennen und suchen lernete.


Bolzen (W3) [Adelung]


Der Bolzen, des -s, plur. ut nom. sing. ein starkes, rundes, zuweilen spitziges Werkzeug verschiedener Handwerker und Lebensarten. Besonders, 1) ein vorn etwas zugespitzter Pfeil, der von einer Armbrust abgeschossen wird. Schlacht auf eur Armbrost einen polz Und schießt ihn herab, Theuerd. Kap. 71. Es lässet sich nicht alles Holz zu Bolzen drehen, non ex quovis ligno fit Mercurius, weil die Bolzen sehr genau und aus gutem Holze gedrehet werden müssen. Einem alles zu Bolzen drehen, übel auslegen. Die Bolzen verschießen, die ein anderer gedrehet hat, eines andern Anschläge in das Werk richten. Einem die Bolzen fiedern, Mittel und Wege zur Ausführung einer Sache an die Hand geben. Alle diese figürlichen Redensarten sind nur noch im gemeinen Leben üblich. 2) Das Eisen, welches glühend gemacht und in ein Bügel- oder Plätteisen gesteckt wird, im Oberdeutschen der Stahl; vermuthlich, weil diese Eisen ehedem eine Cylinderförmige Gestalt hatten. 3) Ein starker runder Nagel, der an dem einen Ende einen Kopf, an dem andern aber gemeiniglich eine längliche Öffnung für einen Nieth oder auch eine Schraube hat, und an verschiedenen Werkzeugen vorkommt. Dergleichen Bolzen befinden sich an den Lavetten zur Befestigung der Wände, an den Wägen zur Befestigung der Deichsel, an den Fensterläden, sie damit zu verschließen, an den Rollen in den Kloben u. s. f. 4) Im Bergbaue und bey den Minitern, ein gerader Baum, welcher das Einfallen des Erd- reiches verhindert; daher im Bergbaue, auf den Polz stehen, oder mit einem Verbo bolzen, so viel bedeutet als Acht geben, ob nicht ein Aufseher kommt. Indessen bedeutet polaz, poladacz im Wendischen überhaupt lauern; daher es in dieser Bedeutung wohl auch ein Überrest dieser Sprache seyn könnte. 5) Ein Keil, besonders bey den Bergleuten und bey den Schustern; die erstern nennen die eisernen Keile, die vefahrnen Wände damit zu gewinnen, die letztern aber die Keile, womit die Nichtleisten aus einander getrieben werden, Bolzen.

Anm. Ehedem wurde auch der Balken an einer Wage, der Bolz genannt. Apherdian nennet einen Gänsekiel einen Gansenbolz, und ein altes Vocabularium von 1482 den Dreschflegel einen Ackerpolz. In Niedersachsen bedeutet es auch die Keule von einem geschlachteten Viehe, einen Schlägel, und in eben dieser Mundart wird es auch für Fessel, Fußeisen gebraucht, welche Bedeutung auch das Schwed. Bult hat. Übrigens lautet dieses Wort im Nieders. Bolte, im Dänischen, Engl. und Angels. Bolt, im Holländ. Bout, im Ital. Bolzone, und im Franz. Boulon, und bedeutet in allen diesen Sprachen so wohl einen Pfeil zu einer Armbrust, als auch einen Riegel. Im Böhmischen ist Palice ein Hammer, Schlägel und Pölice ein hölzernes Gestell. Die Abstammung dieses Wortes ist ungewiß, weil mehrere Wörter Anspruch darauf machen können. So fern es einen Pfeil bedeutet, kommt es so wohl mit diesem Worte, als auch mit Beil überein, und kann seinen Nahmen so wohl der Spitze, als auch dem Begriffe des Werfens zu danken haben. S. Beil, Pfeil und Bollwerk in der

Anm. So fern es ein starkes gerades Werkzeug ist, kann es zu Bohle, Pfahl, Boller, Balken u. s. f. gehören, und wegen des Begriffes der Ründe könnte man es auch zu boll, rund, rechnen; denn -zen ist eine bloße Ableitungssylbe, Bol-zen, für Bolt-sen. In einigen Mundarten, besonders der Oberdeutschen, lautet es der Bolz, des -es, plur. die Bolze, oder Bölze.


Bolzenschloß (W3) [Adelung]


Das Bolzenschloß, des -sses, plur. die -schlösser, ein cylindrisches Vorlegeschloß, welches inwendig einen Bolzen hat, der den Bügel befestiget.


Bolzenschrot (W3) [Adelung]


Der Bolzenschrot, des -es, plur. die -e, eine Art eines Schrotes, oder einer Verzimmerung der Schächte im Bergbaue, wo die Geviere nicht unmittelbar auf einander liegen, sondern auf kurzen Stämpeln oder Klötzen ruhen.


Bolzenstichel (W3) [Adelung]


Der Bolzenstichel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Grabstichel mit abgerundeter Schneide der Petschierstecher, rundliche Flächen damit auszuhöhlen.


Bolzenzeiger (W3) [Adelung]


Der Bolzenzeiger, des -s, plur ut nom. sing. ein kleines Eisen der Edelsteinschneider, Figuren damit in Stein zu graben. S. Steinzeiger.


Bombarde (W3) [Adelung]


Die Bombarde, plur. die -n. 1) Ein ehemahliges kriegerisches Werkzeug, ungeheure Steine damit in die Ferne zu werfen. Vor Erfindung des Pulvers wurde diese Wirkung durch Sehnen und Federn hervor gebracht. S. du Fresne Gloss. v. Bombarda. Nach der Erfindung des Schießpulvers nannte man eine Art großer aber dabey kurzer Kanonen, aus welchen man große Steine schoß, Bombarden, und im Deutschen auch Donnerbüchsen. Der Nahme ist mit dem Geschütze selbst nunmehr veraltet; indessen sind doch im Französischen noch einige abgeleitete Wörter davon übrig, welche auch von den Deutschen sind angenommen worden. Daher bombardiren, mit Bomben beschießen, Franz. bombarder, und figürlich im gemeinen Leben, jemanden mit Briefen u. s. f. bombardiren, beschwerlich fallen; der Bombardier, des -s, plur. ut nom. sing. ein Feuerwerker, welcher die Ladung und Richtung der Feuermörser besorget, Französ. Bombardier; die Bombardier-Galiotte, plur. die -n, einplattes Schiff ohne Verdeck, mit Feuermörsern, Bomben auf der See aus denselben zu werfen. S. Bombe. 2) In den Orgeln, eine Art Pfeifen, welche einen starken, schnarrenden Ton geben, und den Serdunen gleichen, nur daß sie große Mundstücke und Zungen haben.

Anm. In beyden Fällen ist die erste Hälfte dieses Wortes eine Nachahmung des Schalles, welchen beyde Werkzeuge verursachen. S. Bombe. Die letzte Hälfte arda ist sicher nicht von ardeo, wie in Fabers thesauro vorgegeben wird, sondern die bloße Endung er, Bommer, welche von den Ausländern in arda verwandelt worden, wie schon Menage von dem jüngern Bossius gelernet hat. S. auch Baßpommer, welches in Ansehung seiner letzten Hälfte gleichfalls hierher gehöret. In einem alten Vocabulario von 1482 bey dem Frisch ist "Bumhart, eine große Pfeife, Parda oder Pardaun."


Bombasin (W3) [Adelung]


Der Bombasin, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein baumwollener Zeug mit Kreuzen; aus dem Ital. Bombasina. Zuweilen wird auch ein seidener Zeug so genannt, vielleicht, weil er nach Art des erstern gewebet wird. Im gemeinen Leben wird dieses Wort häufig in Baumbast vederbt. S. dieses Wort.


Bombast (W3) [Adelung]


Der Bombast, des -es, plur. inus. bey den Neuern, der Schwulst in der Schreibart, eine aufgeblasene schwülstige Schreibart; ein aus dem Engl. Bombast entlehntes Wort, welches mit Bombarde und dem folgenden Eines Ursprunges ist. Die Franzosen nennen diesen Fehler der Schreibart Phoebus, vielleicht von dem Mißbrauche, welchen dergleichen schwülstige Schriftsteller von dem Nahmen des Gottes der Dichter und der Sonne machten.


Bombe (W3) [Adelung]


Die Bombe, plur. die -n, in der Geschützkunst der Neuern, eine hohle mit Pulver gefüllte eiserne Kugel, welche mit einer Brandröhre versehen und aus einem Mörser geschossen wird, Gebäude damit einzuschlagen und in Brand zu stecken. Bomben werfen, bombardiren. Eine Bombe mit zwey Feuern werfen, wenn die Brandröhre der Bombe und das Zündkraut des Mörsers, jedes besonders angezündet wird. Eine Bombe aus einem Feuer, oder aus dem Dunste werfen, wenn man nur auf die Zündpfanne Feuer gibt, wodurch die Brandröhre zugleich mit angezündet wird.

Anm. Der Nahme dieses zum Unglücke des menschlichen Geschlechtes erfundenen Werkzeuges zeiget den Schall an, den es bey dem Abfeuern macht, oder mit welchem es zerspringet; denn - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und bombus druckten schon bey den Alten diesen dumpfigen Schall aus. S. auch Bamsen. Es scheinet, daß schon vor Erfindung der heutigen Geschütze die großen Steine, welche man durch Sehnen und Federn abzuschießen pflegte, diesen Nahmen geführet. S. Bombarde. Das Franz. Bombe, Ital. Bomba, Dän. Bombe, und Russische Bomba, haben mit dem Deutschen einerley Bedeutung.


Bombette (W3) [Adelung]


Die Bombette, plur. die -n, in den Orgeln, die halben Säckchen in der Windlade über dem Drahte, damit der Wind zu dem Drahtloche, womit das Ventil aufgezogen wird, streichen könne. Aus dem Franz. Bombette, welches eigentlich das Sausen des Windes ausdruckt.


Bommeln (W3) [Adelung]


Bommeln, sich hin und her bewegen, S. Baumeln.


Bompernickel (W3) [Adelung]


Bompernickel, S. Pumpernickel.


Bonde (W3) [Adelung]


* Der Bonde, des -n, plur. die -n, in dem Herzogthume Schleßwig, ein Bauer, der seinen Hof und seine Güter erb- und eigenthümlich besitzet; im Gegensatze der Lansten, welche sie von andern zu Leben nehmen, und der Leibeigenen. Dieses Wort, welches auch im Schwedischen und Dänischen angetroffen wird, in dem erstern aber von einem größern Umfange der Bedeutung ist, ist dem Herrn Ihre zu Folge das Mittelwort von bo, bauen, wohnen, ein boende, bauender oder Bauer. S. dessen Glossar. v. Bonde.


Bonen (W3) [Adelung]


Bonen, S. Bohnen.


Bonit (W3) [Adelung]


Der Bonit, des -en, plur. die -en, der Nahme eines Seefisches, welchen Linne zu den Makrelen rechnet, und der im Ital. Span. und Engl. Bonito, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , bey dem Rondelet Amia, bey dem Linne Scomber Pelamis, bey den Franzosen und einigen Spaniern Byza genannt wird. S. Carpentiers Glossar. v. Byza. Bey einigen Deutschen Schriftstellern des Naturreiches kommt er auch unter dem Nahmen des Streithuhnes vor.


Boot (W3) [Adelung]


Das Boot, S. Both.


Borago (W3) [Adelung]


Borago, eine Pflanze, S. Borrago.


Borat (W3) [Adelung]


Borat, eine Art Zeuges, S. Burat.


Borax (W3) [Adelung]


Der Borax, des -es, plur. inus. 1) Der Nahme eines Mittelsalzes, welches aus China und Japan in Gestalt seifenartiger mit Salzkrystallen, Steinchen u. s. f. vermischter Klumpen gebracht, und in Europa erst gereiniget wird; Borax, Sal Tincal. 2) In weiterer Bedeutung wird auch das Berggrün zuweilen Borax genannt, S. Berggrün 1. 3) In noch weiterer Bedeutung pflegen die Metallarbeiter alle künstliche Zusammensetzungen, welche den Fluß der Metalle befördern, mit diesem Nahmen zu belegen, weil der eigentliche Borax diese Eigenschaft in einem hohen Grade besitzet. Da der eigentliche Borax durch die Araber in Europa bekannt geworden, so soll auch dessen Nahme Arabisch seyn.


Bord (W3) [Adelung]


Bord, der Rand, S. Bort.


Börde (W3) [Adelung]


Die Börde, plur. die -n, am häufigsten in Niedersachsen, ein fruchtbares Getreideland, eine Ebene, vermuthlich von dem alten bären, bören, tragen, eine fruchtbare Gegend überhaupt zu bezeichnen. In ganz Niedersachsen und Westphalen gibt es mehrere dergleichen Börden; z. B. die Söstische Börde, das Gebieth der Stadt Söst, die Lauensteinische Börde, welche jetzt das Amt Lauenstein heißet, und in die obere und niedere Börde getheilet wird. In dem Magdeburgischen sind die hohe Börde, und die Holzbörde bekannt.


Bordell (W3) [Adelung]


Das Bordell, des -es, plur. die -e, ein Haus, in welchem unzüchtige Weibspersonen zur Sättigung der Begierden anderer gehalten werden; aus dem Französ. Bordel, und dem mittlern Lateine Bordellum, Bordellus, welches ehedem ein jedes kleines Haus, hernach aber ein Hurenhaus bedeutete, und das Diminutivum von dem alten Bord, im spätern Lateine Borda, ein Haus, ist. S. des du Fresne Glossar. v. Borda, Bordarius, Bordellum u. s. f. und hernach Bort. Im Ital. lautet dieses Wort Bordello, im Engl. aber durch eine nicht ungewöhnliche Versetzung des r Brothel.


Bordiren (W3) [Adelung]


Bordiren, verb. reg. act. aus dem Franz. border, mit einem Borte, oder einer Borte versehen. Ein Kleid bordiren, es mit Borten besetzen. Ein bordirtes Kleid. Die Beete, die Gänge in einem Garten bordiren, sie mit einer Einfassung versehen. Die Niedersachsen sagen statt dessen borden, verborden, die Hochdeutschen aber auch verbrämen. Daher die Bordirung, plur. die -en, so wohl die Handlung des Bordirens, als auch dasjenige, womit eine Sache bordiret oder eingefasset wird; das Bordirbret, des -es, plur. die -er, ein zierlich ausgeschnittenes Bret, die Vorhänge vor Fenster und Thüren daran zu befestigen.


Borg (W3) [Adelung]


1. * Der Borg, des -es, plur. die -e, ein in den gemeinen Mundarten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes bekanntes Wort, ein verschnittenes Schwein anzudeuten. Im Nieders. lautet dieses Wort Barg, Bolk, Polk, Pork, in andern Gegenden Börgel, Borgel. Ein verschnittener Eber wird in Niedersachsen ein Faselborg, ein verschnittenes Mutterschwein aber Suborg ge-nannt. Schon in dem Salischen Gesetze ist Barecho ein verschnittenes Schwein, welche Bedeutung auch das Angels. Bearg, Bearth hat. So ungezwungen sich hier auch das Latein. porcus dem Gedächtnisse darstellet, so will Wachter das Deutsche Wort doch lieber von dem veralteten bargen, schneiden, ableiten. S. Bär 1, Eber und Ferkel.


Borg (W3) [Adelung]


2. Der Borg, des -es, plur. car. die Handlung des Borgens und Verborgens, doch nur im gemeinen Leben, und in einigen adverbischen Redensarten. Einem etwas auf Borg geben, auf Credit, ihm die Bezahlung dafür borgen. Etwas auf Borg nehmen, oder bekommen. Auf Borg kaufen, spielen u. s. f. S. das folgende. In einigen Mundarten der Burg, im Dänischen Borg.


Borke (W3) [Adelung]


Die Borke, plur. inus. ein vornehmlich in Niedersachsen übliches Wort, die äußere grobe Rinde an den Bäumen, und hernach auch die verhärtete äußere Haut eines Geschwüres auszudrucken; Nieders. Borke, Bark, Engl. Schwed. Dän. Holländ. Bark, Isländ. Borkur. Vermuthlich von bergen, bedecken.


Borkenkäfer (W3) [Adelung]


Der Borkenkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Käfer, welcher die Borke oder Rinde der Fichten und Tannen beschädiget; Dermestes Pipinerda, L. der Rindenkäfer, Holzwurm.


Borkwurm (W3) [Adelung]


Der Borkwurm, des -es, plur. die -würmer, im gemeinen Leben, diejenigen Würmer, welche sich zuweilen hinter der äußern Rinde der Bäume aufhalten. Zuweilen bedeutet es auch eine Krankheit der Bäume, wenn die Rinde verletzet worden, da sich denn allerley Würmer dahin ziehen, und die Rinde weiter durchfressen. Den Borkwurm haben.


Born (W3) [Adelung]


Der Born, des -es, plur. die -e, oder Börne. 1) Wasser, ohne Plural. In dieser Bedeutung ist es nur im gemeinen Leben einiger Gegenden, z. B. in Thüringen, besonders von dem Quell- und Brunnenwasser üblich. Ein Glas Born, ein Glas Wasser. Im Nieders. bedeutet bornen und börnen das Vieh tränken, und Bornblock den Trog, woraus es säuft. Bornkanne, für Wasserkanne, ist auch in Obersachsen üblich. 2) Eine Quelle, doch nur im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens; obgleich in der Deutschen Bibel diese Bedeutung mehrmahls vorkommt. Daher der Borngrund, im gemeinen Leben, ein morastiger mit Wasserquellen versehener Grund. 3) Ein gegrabener Brunnen, auch nur im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens. Am häufigsten wird in den Salzwerken der Brunnen, aus welchem die Sole geschöpfet wird, der Born genannt. S. die folgenden Zusammensetzungen. Zu Borne gehen, Sole herauf ziehen und sieden. Zu Borne rufen, die Bornknechte an ihre Arbeit rufen.

Anm. Born, Nieders. auch Born, Engl. Bourn, Angels. Burn, Byrna, Holl. Borne, kommt im Hoch- und Oberdeutschen selten mehr vor, wo es durch Brunn verdränget worden. Bey dem Worte Born sind die meisten Wortforscher auf das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , eine Grube, Eisterne, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Brunn, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, graben, gefallen. Die Ähnlichkeit ist groß; allein man sollte dabey auch nicht vergessen, Daß Bar in den ältesten Europäischen Sprachen Wasser bedeutet hat, wie aus dem alten Bare, bey dem du Fresne Bara, Welle, Woge, abberrare, abeuerare, bey dem Carpentier, abebrare, bey dem du Fresne, abeourar, in der Provence, alle in der Bedeutung des Wässerns, Tränkens, und andern erhellet. S. Bare 2. und Bier. Bey dem Matthesius ist Borne eine Rinne, und das Angels. byrna und burna kommt auch in der Bedeutung eines Baches vor. S. Brunn.


Borndistel (W3) [Adelung]


Die Borndistel, plur. die -n, ein Nahme, welchen an einigen Orten auch die Mariendistel führet. S. Cardobenedicten.


Bornfahrt (W3) [Adelung]


Die Bornfahrt, plur. die -en, in dem Salzwerke zu Halle, die Besichtigung des Innern eines Salzbrunnens.


Bornherr (W3) [Adelung]


Der Bornherr, des -en, plur. die -en, eben daselbst, Abgeordnete, welche im Nahmen der Eigenthümer die Aufsicht auf den Salzbrunnen haben.


Bornkanne (W3) [Adelung]


Die Bornkanne, plur. die -n, S. Born 1.


Bornknecht (W3) [Adelung]


Der Bornknecht, des -es, plur. die -e, in dem Salzwerke zu Halle, Knechte, welche die Sole aus dem Brunnen ziehen.


Bornmeister (W3) [Adelung]


Der Bornmeister, des -s, plur. ut nom. sing. eben daselbst, ein Vorgesetzter, welcher die Aufsicht über die Bornknechte hat, und deren es so wohl Oberbornmeister, als Unterbornmeister gibt. In den Lüneburgischen Salzwerken werden sie Seiger, in Halle aber auch Äugler genannt, weil sie ein wachsames Auge auf die Vertheilung der Sole haben, S. auch Gabenherr.


Bornpfennig (W3) [Adelung]


Der Bornpfennig, des -es, plur. inus. eben daselbst, ein Almosen, welches von jedem Salzsieden an verarmte Bornknechte gegeben wird.


Bornschreiber (W3) [Adelung]


Der Bornschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schreiber in einem Salzwerke.


Bornseil (W3) [Adelung]


Das Bornseil, des -es, plur. die -e, das Seil, womit die Sole aus dem Borne gezogen wird.


Bornwurz (W3) [Adelung]


Die Bornwurz, plur. car. ein Nahme, der an einigen Orten auch der Mariendistel gegeben wird. S. Cardobenedicten.


Borrago (W3) [Adelung]


Borrago, oder Borragen, plur. car. eine Pflanze; Borrago, L. Sie ist aus Syrien nach Europa gebracht worden, daher ihr Nahme auch vermuthlich morgenländischen Ursprunges ist. In den gemeinen Mundarten wird sie Borretsch, Burretsch, Borrich, im Franz. Beurrache und Bourroche, Ital. Borraggine, Engl. Burrage, sonst aber auch Ochsenzunge, Wohlgemuth, Liebäugelein, Herzblümlein, Herzensfreude u. s. f. genannt. S. diese Wörter. In den um das Jahr 1490 gedruckten Aggregat. practic. heißt sie Borißz.


Borsdorfer (W3) [Adelung]


Der Borsdorfer Apfel, des -s, plur. die -Äpfel, eine Art schmackhafter Äpfel, welche eine vorzügliche Frucht der Obersächsischen Kreislande sind, und ihren Nahmen von dem Dorfe Borsdorf am Tharantischen Walde in Meißen, nach andern aber, von einem Dorfe gleiches Nahmens im Vogtlande haben solle. In Österreich heißen sie Maschanzker Äpfel, welchen Nahmen Popowitsch von dem Malum Scantianum des Plinii B. 15, 14, ableitet. Allein da die Österreicher diese Äpfel aus und durch Böhmen erhalten haben, die Böhmen aber solche Gablko Myssenske, d. i. Meißner Äpfel nennen, so ist glaublicher, daß dieser Ausdruck zu der Österreichischen Benennung Anlaß gegeben hat. Im Cremsthale werden sie, dem eben gedachten Popowitsch zu Folge, Hasenäpfel genannt, weil einer Nahmens Hase, sie daselbst zuerst angepflanzet hat; in Tyrol Böhmische Äpfel, in Franken Porstadter Äpfel, und auf dem Eichsfelde Postäpfel, vermuthlich weil sie anfänglich durch die Post dahin gebracht worden.


Börs (W3) [Adelung]


Der Börs, des -es, plur. die -e, ein eßbarer Fisch in süßen Wassern, welcher kleine harte Schuppen und rothe Floßfedern hat, und gemeiniglich silberfarben ist, mit dunkelen Streifen,, nach Beschaffenheit des Wassers aber auch oft schwärzlich aussiehet; Perca, L.

Anm. Der Lateinische Nahme Perca kommt schon bey dem Plinius vor. Im Englischen heißt dieser Fisch Perch, im Ital. Perca, im Dänischen, Norwegischen und Schwedischen Aborre. Der Deutsche Nahme wird nach Verschiedenheit der Mundarten auf verschiedene Art ausgesprochen. In Niedersachsen lautet er Bars, in Obersachsen Börs, in manchen Gegenden auch wohl Berstch, Berschling, Parsch, Persing, Perß, Pertsch u. s. f. Wachter leitet diesen Nahmen, welcher im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - lautet, von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , schwarz, ab, wegen der schwarzen Flecken dieses Fisches. Allein, da er sehr stachelige Floßfedern hat, so ist glaublicher, daß er von Borste oder Bürste so genannt worden; zumahl da man diesen Fischen um Altorf wirklich die Bürste nennet. Wegen dieser Stacheln heißt er in Oberdeutschland auch Egle, Stichling, Rechling, Reeling, u. s. f. Die meisten, besonders Oberdeutschen Fischer geben diesem Fische nach Maßgebung seines Alters besondere Nahmen, und nennen ihn im ersten Jahre Heuerling, im zweyten, wenn seine Rückenfloßen anfangen zu stechen, Stichling, und im dritten Egle, Rechling oder Reeling, von Rechen. S. auch Stockbörs und Kaulbörs.


Börse (W3) [Adelung]


Die Börse, plur. die -n. 1) Ein Geldbeutel, in der gezierten Sprechart, aus dem Franz. Bourse. 2) In großen Handelsstädten, ein öffentlicher Ort, in welchem die Kaufleute ihrer Geschäfte wegen zusammen kommen; Franz. Bourse, Ital. Boursa, Holl. Borse, Burse. Die gemeine Meinung ist, daß diese Benennung zu Brügge in Flandern entstanden, wo sich die Kaufleute in einem Hause versammelt, welches zwey Beutel in dem Wapen geführet, und einem Geschlechte van der Beurse gehöret habe. Allein da Bursa in den mittlern Zeiten sehr oft nicht nur von einem gemeinen Schatze, sondern auch von einer jeden Zusammenkunft, besonders wenn sie auf gemeinschaftliche Kosten geschiehet, vorkommt, S. des du Fresne und Carpentiers Glossar. so stehet es dahin, ob die Benennung nicht vielmehr daher zu leiten ist. Vielleicht wurde die gemeinschaftliche Casse der Kaufleute, welche nachmahls den Nahmen einer Bank bekommen hat, anfänglich eigentlich mit dem Nahmen der Börse belegt. S. auch Bursch.


Borst (W3) [Adelung]


Der Borst, des -es, plur. die -e, in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens, das Hauptwort des Zeitwortes bersten, ein Riß; bey einigen die Borste. Einen Borst bekommen. Im Oberdeutschen Barst und Berst, im Angels. Berst, Byrst, im Engl. Burst, im Schwed. Brist. S. Bersten, Anm.


Borstbesen (W3) [Adelung]


Der Borstbesen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Besen aus Borsten, ein Borstwisch an einem langen Stiele, die Zimmer damit zu kehren.


Borste (W3) [Adelung]


Die Borste, plur. die -n, steife in die Höhe stehende Haare, der Schweine und Igel, besonders diejenigen, welche sie auf dem Rücken haben. Borsten haben. Schweinsborsten. Die Jäger nennen die Borsten der wilden Schweine, mit einem ihnen eigenen Kunstworte, Federn.

Anm. Im Schwed. lautet dieses Wort Borst, im Dänischen Borste. Im Österreichischen werden die Schweinsborsten ohne Zischlaut Sauborten genannt. Frisch leitet dieses Wort von bären, heben, her ( S. Bahre,). Allein es scheinet hier wohl der Begriff der Spitze der herrschende zu seyn, weil Barr in den alten nordischen Mundarten die spitzigen Blätter oder Nadeln des Tangelholzes, und Borre die Distel bedeutet. S. Börs, Bürste und Burat.


Borsten (W3) [Adelung]


Borsten, verb. reg. recipr. welches nur im gemeinen Leben üblich ist, und von den Thieren gesagt wird, wenn sie die Haare wie Borsten in die Höhe richten. Der Hund, die Katze, der Igel borstet sich. Ehedem war, dem Frisch zu Folge, porsen, porseln nicht nur in eben dieser Bedeutung üblich, sondern es bedeutete auch die Haare kräuseln.


Borstengras (W3) [Adelung]


Das Borstengras, des -es, plur. inus. der Nahme eines Grases, welches diesen Nahmen seiner borstigen geraden Ähre zu danken hat; Nardus, L. Es wird auch Nardengras, Pfriemengras, in der Schweiz Nätsch, im Schwed. aber Aengborst, Elgborst, Swinborst genannt.


Borstig (W3) [Adelung]


Borstig, -er, -ste, adj. et adv. mit Borsten versehen. Bis die borstige Sau in blinkende Lanzen sich stürzet, Zachar. Ingleichen den Borsten ähnlich. Borstige Haare, die wie Borsten in die Höhe stehen.


Borstpinsel (W3) [Adelung]


Der Borstpinsel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Pinsel, welcher aus Schweinsborsten zubereitet wird.


Borstwisch (W3) [Adelung]


Der Borstwisch, des -es, plur. die -e, ein Werkzeug von Borsten, den Staub von dem Hausgeräthe wegzuschaffen. Die Bäcker gebrauchen gleichfalls einen Borst- oder Sprengwisch. S. auch Borwisch.


Bort (W3) [Adelung]


Das, oder der Bort, des -es, plur. die -e, ein altes Wort, welches den Rand eines jeden Dinges bedeutet. 1) Eigentlich. Das Bort (der obere Rand) eines Gefäßes. Etwas mit einem Borte, oder Rande versehen. Der Bort an den Salzpfannen, der obere Rand derselben. Auch das Ufer eines Flusses, Sees u. s. f. wird ein Bort genannt. Das Wasser an dessen blumigen Bort sie oft schlummert, Geßn. Am Ufer, wo kleine Wellen das Bort schlagen, ebend. Am blumenvollen Bort des fließenden Krystalls, Wiel. Im Hochdeutschen kommt es in dieser Bedeutung seltener vor, häufiger im Oberdeutschen, wo es oft die Borte lautet; S. dieses Wort. Am häufigsten findet man es im Hochdeutschen, obgleich auch nur nach Anleitung der Niedersachsen, von dem obern Rande eines Schiffes, wo es aber am häufigsten indeclinabel und ohne Artikel gebraucht wird. Ein Schiff von hohem Borte, ein Kriegesschiff, und in noch weiterer Bedeutung, ein jedes Schiff, welches auf der See gehet. Ein Schiff von niedrigem Borte, ein Handelsschiff, ingleichen ein Flußschiff. Etwas über Bort werfen, es in die See werfen. Über Bort fallen, springen, u. s. f. 2) Figürlich, das Schiff selbst; doch nur in einigen Ausdrücken. An Bort gehen, zu Schiffe gehen. Zu einem an Bort gehen, oder kommen, auf dessen Schiff gehen. An Bort bringen, einschiffen. An Bort legen, sich mit seinem Schiffe so nahe an das andere legen, daß man hinein springen kann. Am Bort des Admirals-Schiffes, auf dem Admirals-Schiffe. Die Französische Sprache hat noch mehrere ähnliche Redensarten, welche aber im Deutschen niedrig klingen, wenn sie von ungeschickten Übersetzern beybehalten werden; z. B. sortir de son bord, aus seinem Borte gehen, für aus seinem Schiffe gehen.

Anm. Im Hochdeutschen ist dieses Wort im männlichen Geschlechte am üblichsten; doch wenn es von dem Rande eines Schiffes oder dem Schiffe selbst gebraucht wird, wird ihm zuweilen das ungewisse beygeleget, das Bort, welches auch in den zusammen gesetzten Backbort und Strybort am häufigsten ist. In eben dieser und den verwandten nordischen Mundarten bedeutet dieses Wort noch: 1) Ein Bret, etwas darauf zu setzen. Ein Bücherbort, ein Bücherbret. Diese Bedeutung hat so wohl das alte Goth. Baurd, als auch das Wallisische Bord, Biord, das Schw. Bord, das Engl. Board, und das Dän. Bord. Von dieser Bedeutung rühret es vermuthlich noch her, daß auch in den Salzwerken die eisernen Bleche, woraus die Salzpfannen bestehen, Borte genannt werden. 2) Einen Tisch, welche Bedeutung sich noch bey dem Schwed. Bord, dem Angels. Board, und dem Dän. Bord befindet. 3) Ein Haus, S. Bordell. 4) Das Äußerste eines jeden Dinges, welches die erste Bedeutung zu seyn scheinet, wenigstens die gemeinste ist, die sich aber nur noch in dem Schwed. Bord, dem Isländ. Bard, und dem Ital. Bordo, erhalten hat. So fern es den Rand eines Schiffes, und das Schiff selbst bedeutet, lautet es im Franz. Bord, im Holländ. Boord, und im Engl. Board. Bording bedeutete in Niedersachsen ehedem ein Fahrzeug. Es ist ungewiß, ob dieses Wort von Ort, das Äußerste eines Dinges, mit dem vorgesetzten B, oder von bor, empor, hoch, und bären, heben, weil der Rand einer Sache gemeiniglich erhaben zu seyn pfleget, oder von einem andern Stammworte herkommt. So fern es das Ufer bedeutet, hat es zu dem Engl. to board, anländen, und zu dem Ital. abbordare, und Franz. aborder, annähern, Anlaß gegeben; ja es stehet dahin, ob nicht das Lat. Portus, ein Hafen, selbst davon herkommt. S. Börde, Borte, und Bret. Die Niedersachsen haben in diesem Worte ein d, welches auch viele Hoch- und Oberdeutsche beybehalten, vermuthlich den gedehnten Ton des Wortes dadurch zu bezeichnen, daher man aus eben derselben Ursache ehedem auch Pabst und Probst schrieb. Allein da diese Analogie längst veraltet ist, und in der Verlängerung des Wortes, wenigstens im Hochdeutschen, das t sehr merklich ist, so schreibt man es lieber mit diesem.


Bortanker (W3) [Adelung]


Der Bortanker, des -s, plur. ut nom. sing. in der Seefahrt, eine allgemeine Benennung der Haupt- und Nachtanker, vermuthlich weil sie am Worte, oder auf dem Verdecke des Schiffes aufbehalten werden, im Gegensatze des Noth- oder Raumtankers, der in dem Schiffsraume verwahret wird.


Bortblech (W3) [Adelung]


Das Bortblech, des -es, plur. die -e, an den Salzpfannen, die Seitenbleche, im Gegensatze der Bodenbleche. Sie werden auch die Bortenbleche genannt.


Borte (W3) [Adelung]


Die Borte, plur. die -n, überhaupt der Rand, oder die Einfassung eines jeden Dinges, in welcher Bedeutung dieses Wort im Oberdeutschen nicht selten ist. In eben dieser Mundart kommt es auch zuweilen von dem Ufer eines Flusses oder Sees vor. Im Hochdeutschen wird es am häufigsten von der künstlichen Einfassung der Kleider und ihrer Nähte gebraucht. Goldene Borten, silberne Borten. Ein Kleid mit Borten besetzen. Die Spiegel, die Koller, die Borten, die Kittel, Es. 3, 23. Oben mitten inne soll ein Loch seyn, und ein Borte um das Loch her zusammen gefalten, 2. Mos. 28, 32, wo es nach dem Muster einiger Oberdeutschen Mundarten, so wie Kap. 39, 23, in dem männlichen Geschlechte vorkommt. Eben dieses männliche Geschlecht ist auch in der Baukunst üblich, wo der mittlere Theil des Hauptgesimses oder Gebälkes, oder der so genannte Fries, von einigen der Borten genannt wird.

Anm. In dem Fragmente eines alten Gedichtes auf den Feldzug Carls des Großen wider die Saracenen kommt di Porte von dem Rande einer Sache vor. Es ist dieses Wort mit dem vorigen Bort einerley. In dem Verbo bordiren, mit Borten versehen, ist das d aus dem Französ. border beybehalten worden, S. dasselbe.


Börteldorn (W3) [Adelung]


Der Börteldorn, des -es, plur. die -dörner, bey den Zinngießern, ein Dorn in der Docke, an welchem sie die Sachen, welche gebörtelt werden sollen, befestigen.


Börteleisen (W3) [Adelung]


Das Börteleisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Klempenern ein Werkzeug von Eisen, runden Sachen einen Bort oder Rand zu geben.


Börteln (W3) [Adelung]


Börteln, verb. reg. act. mit einem Borte, oder einem Rande versehen. So börteln die Klempener ihre Arbeiten, wenn sie den scharfen Rand derselben umbiegen, und die Zinngießer börteln die ihrigen, wenn sie einen Rand an denselben drehen.


Börtelstock (W3) [Adelung]


Der Börtelstock, des -es, plur. die -stöcke, bey den Zinngießern, ein Stock, woran das Geschirr, welches gebörtelt werden soll, befestiget wird.


Borten (W3) [Adelung]


Der Borten, des -s, plur. ut nom. sing. S. die Borte.


Bortenblech (W3) [Adelung]


Das Bortenblech, des -es, plur. die -e, S. Bortblech.


Borten-Filett (W3) [Adelung]


Das Borten-Filett, des -es, plur. die -e, bey den Buchbindern, ein Eisen, den Band der Bücher mit einer künstlichen Borte zu versehen, und dieser Zierath selbst. S. Filett.


Borthaken (W3) [Adelung]


Der Borthaken, des -s, plur. ut nom. sing. in den Salzwerken, große an dem Borte oder Rande der Salzpfannen befestigte Haken, worin sie hängen.


Bortkopf (W3) [Adelung]


Der Bortkopf, des -es, plur. die -köpfe, eben daselbst gediegenes Salz, welches sich zuweilen an den Bort oder die Seiten der Pfanne ansetzet.


Bortplanke (W3) [Adelung]


Die Bortplanke, S. Bartplanke.


Bortschäbe (W3) [Adelung]


Die Bortschäbe, plur. die -n, eben daselbst, Bleche, den Bort oder Rand der Salzpfanne damit zu erhöhen, damit die Sole nicht überlaufe. S. Schäbe.


Bortstein (W3) [Adelung]


Der Bortstein, des -es, plur. die -e, eine Art Schiefer, den Bort oder Rand der Gebäude damit zu decken, zum Unterschiede von den eigentlichen Dachsteinen, Einkehlsteinen und Forststeinen.


Bortzange (W3) [Adelung]


Die Bortzange, plur. die -n, in den Salzwerken, ein Werkzeug, den verbogenen Bort der Pfannen damit gerade zu biegen.


Borwisch (W3) [Adelung]


Der Borwisch, des -es, plur. die -e, in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, ein Kehrwisch an einer langen Stange, hohe Örter damit von dem Staube zu reinigen; der Porwisch, welcher mit dem Borstwisch nicht zu verwechseln ist. Im Österreichischen heißt ein Borwisch ein Abstäuber, in andern Gegenden ein Staubbesen, Rauchkopf, Spinnenkopf, und in Niedersachsen eine Eule, von der rauchen Gestalt. Die erste Hälfte dieses Wortes ist das alte bor, hoch, welches von bären, heben, tragen, abstammet. S. Bahre und Empor.


Bös (W3) [Adelung]


Bös, S. Böse.


Bösartig (W3) [Adelung]


Bösartig, -er, -ste, adj. et adv. eine böse Art habend. 1) So fern böse, schädlich, gefährlich bedeutet. Eine bösartige Krankheit, die mit heftigen Zufällen anfängt, und schwer zu heilen ist. Ein bösartiges Fieber, bösartige Blattern. 2) So fern böse in sittlichem Verstande gebraucht wird, boshaft, lasterhaft. Ein bösartiger Mensch. Ein bösartiges Gemüth. Beydes im Gegensatze des gutartig.


Bösartigkeit (W3) [Adelung]


Die Bösartigkeit, plur. inus. die böse, d. i. schädliche oder lasterhafte, boshafte Beschaffenheit einer Person oder Sache, in beyden obigen Bedeutungen. Die Bösartigkeit einer Krankheit, eines Menschen.


Böschung (W3) [Adelung]


Die Böschung, plur. die -en, in der Baukunst, die Abweichung von der senkrechten Linie, eine Fläche, welche mit dem Horizonte einen spitzen Winkel macht. Die Mauer, der Wall, der Graben, hat drey Fuß Böschung, er ist oben drey Fuß von der Perpendicular-Linie entfernet. Die innere Böschung eines Walles, nach der Stadt zu. Die äußere Böschung, nach dem Felde zu. S. Abdachung. In den Niedersächsischen Torständen wird die Böschung eines Grabens die Gloyung genannt. Frisch leitet dieses Wort von Busch her, welches wenigstens Ein Mahl bey dem Pictorius einen Rasen bedeutet. Allein es scheinet vielmehr zu beißen, niederlassen, abhängig seyn, Französ. baisser, abaisser, im mittlern Lateine baissiare, bassare, herablassen, Baisa, ein Thal, bassus, niedrig, unten u. s. f. zu gehören. S. Beißen,

Anm. Der Zischlaut gehöret den Oberdeutschen zu. Das Zeitwort böschen, abhängig machen, wovon Böschung das Verbale ist, kommt wenig vor, so wie man überhaupt dieses Wort in den mittlern Zeiten so wohl, als in den verwandten Sprachen nicht leicht antreffen wird.


Bose (W3) [Adelung]


* Die Bose, 1) Im Bergbaue, S. Pause. 2) Ein Bündel Flachs, S. Bündel und Stauche. 3) Ein Federkiel, S. Kiel.


Böse (W3) [Adelung]


Böse, -r, -ste, adj. et adv. welches in allen seinen Bedeutungen den Gegensatz von gut ausdrucket, und überhaupt alles dasjenige bedeutet, was den Absichten eines vernünftigen Wesens zuwider ist. Besonders wird es gebraucht, 1. Von den physischen Zustande einer Sache, für schadhaft, verdorben, verfälscht. Böse Augen haben, kranke, ungesunde. Eine böse (verdorbene) Waare. Böses (verfälschtes, geringhaltiges) Geld. Eine böse (taube) Nuß. Ein böser Weg. Einen bösen Hals haben. In dieser Bedeutung, in welcher schon Notker bos für krank, ungesund gebraucht, kommt dieses Wort nur noch hin und wieder im gemeinen Leben, besonders Oberdeutschlandes vor. Ingleichen, was im Gebrauche Beschwerlichkeiten verursacht, unangenehme Empfindungen macht, größten Theils auch nur im gemeinen Leben. Es ist hier böse gehen. Böses muß man mit Bösem vertreiben.2. Von der sittlichen Beschaffenheit. 1) Überhaupt, unsern Absichten, unserm Verlangen, unserer Empfindung zuwider. Er hat jetzt eine sehr böse Sache, seine Sache gehet seinen Absichten ganz zuwider. Böse Zeiten, in Ansehung des Nahrungsstandes. Ein böser Bezahler, der schwer zur Bezahlung zu bringen ist. Ein böser Nachbar, dessen Nachbarschaft uns beschwerlich und unangenehm ist. Aus Bösem kommt oft Gutes. Nichts ist so böse, es ist zu etwas gut. Ich habe es nicht so böse gemeinet. Besonders, 2) zum Zorne geneigt. Ein böses Weib. Ein böses Thier. Ein böser Hund, der gerne beißt. Noch mehr aber, 3) Wirklich zornig, doch nur in einem geringen Grade zornig, obgleich die zusammen gesetzten boßhaft, Boßheit und erboßen einen hohen Grad des Zornes ausdrucken. In dieser Bedeutung ist es nur als ein Adverbium in der vertraulichen Sprache des Umganges üblich. Er ist sehr böse. Mache mich nicht böse. Auf jemanden böse seyn; über etwas böse seyn. Wenn ich werde böse werden. Er that sehr böse, stellte sich böse. 4) Schädlich, gefährlich. Böse Gesellschaft. Einem Böses (Schaden) thun. Einem Böses wünschen. Ein böses Maul, eine böse Zunge, im gemeinen Leben, die Schaden anrichtet. Das böse Wesen, eine gemeine Benennung der Epilepsie, in der Schweiz das Bösweh, in Niedersachsen die Kränkt, d. i. die Krankheit - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . In dieser Bedeutung des Nachtheiligen sagt schon der Verfasser des alten Gedichtes auf den König Ludwig, bey dem Schilter V. 6. Wart er vaterlosThess wart ime ser boss; das war ihm sehr nachtheilig. 5) Schändlich. Ein böser Nahme. Eine böse Krankheit, die ihren Ursprung aus schändlichen Vergehungen hat. 6) Den Gesetzen zuwider, besonders den göttlichen Gesetzen zuwider laufend, in welcher Bedeutung dieses Wort so wohl als ein Bey- und Nebenwort, als auch, als ein Hauptwort sehr häufig in der Deutschen Bibel, und der biblischen Schreibart vorkommt. Böses thun, wider das göttliche Gesetz handeln. Ein böser Mensch. Er hat ein böses Herz. Die böse Luft. Böse Begierden. Ein böser Bube. Das Böse bleibt nicht ungestraft. Er weiß was gut und böse ist. Der böse Feind, bey dem großen Haufen der Böse, der Teufel, so wohl in dieser Bedeutung, als auch wegen seiner Neigung Schaden zu thun. 7) Was diese böse Beschaffenheit entdeckt, vornehmlich in der Benennung des bösen Gewissens, weil es den Verbrecher an seinen gesetzwidrigen Zustand erinnert.

Anm. 1: Man hat das e am Ende dieses Wortes getadelt, wenn es die Gestalt eines Nebenwortes hat, und verlangt, daß es in diesem Falle bös heißen müsse, so wie man gut, groß, arm u. s. f. sagt. Allein man hat nicht bedacht, daß wir im Hochdeutschen ein e euphonicum haben, welches sich an einige gelinde Mitlauter, besonders an das einfache gelinde s; und an das d, wenn sie am Ende stehen, anhängt, und ohne welches diese Mitlauter eigenthümliche und gelinde Aussprache verlieren würden. So sagt man behende, blöde, spröde, leise, weise, böse,obgleich die härtere Oberdeutsche Mundart, nach dem Muster aller übrigen Beywörter behend, blöd, spröd, leis, weis, bös spricht und schreibt.

Anm. 2. Böse lautet im Holländ. boos, und im Engl. bad, welches mit dem alten Gothischen baud, baut, zum Gebrauche untüchtig, verdorben, überein kommt. Die meisten Niedersachsen kennen dieses Wort so wenig, als die Dänen und Schweden. Die erstern gebrauchen statt dessen ihr quaad, leeg, meen, u. s. f. Wachter behauptet, es sey ein fremdes Wort, welches sich in den alten Deutschen Denkmählern gar nicht finde. Allein Ottfried gebraucht Bosa einige Mahl für Boßheit, und daß das Beywort böse auch dem Notker nicht unbekannt gewesen, erhellet aus den bereits oben angeführten Stellen. Indessen ist doch wahr, daß es in den ältern und mittlern Zeiten im Oberdeutschen nur sparsam vorkommt, weil man in den meisten Fällen wirs und bal an dessen Statt findet. Bey dem allen scheinet es doch ein sehr altes Wort zu seyn, welches nicht nur mit dem Hebr. bosch, sondern auch mit dem alten Latein. peus, wovon peior und pessimus abstammen, überein kommt. In den alten Französischen und Spanischen Lehensrechten bedeutet Baudia, Baucia, Bausia, Butia, denjenigen Lehensfehler, welchem man die Felonie zu nennen pflegt, im Alt-Französischen Boisdie, Boidie, und bausiare, Franz. boiser, sich dieses Fehlers schuldig machen; welche Wörter, von welchen des du Fresne Glossar. nachzusehen ist, man gemeiniglich von böse ableitet. Dürfte man in Ansehung der Abstammung dieses dunkeln Wortes eine Muthmaßung wagen, so könnte man es von dem eben so alten bas, abhängig, niedrig, ableiten, welches ursprünglich krumm, im Gegensatze dessen, was gerade ist, bedeutet haben mag, weil mehrere Wörter, die den sittlich verderbten Zustand ausdrücken, von der physischen Krümme entlehnet worden, wie das Hochdeutsche schlimm, und das Niedersächsische leeg; S. Schlimm und Donlege. Im Slavonischen bedeutet Biess den Teufel. Ehedem hatte man von Böse auch die Verba verbosen, bösern, verbösern, böse, oder böser machen, von welchen das erstere schon bey dem Notker vorkommt. Wer sagt mir ob wir selbst so grundverböste Zeiten Verbösern, oder ob die Zeiten uns verleiten? Logau. Allein heut zu Tage sind sie, wenigstens im Hochdeutschen, größten Theils veraltet, indem verschlimmern dafür üblich ist. Das Nieders. und Holländ. verbistern, in Unordnung gerathen, unsinnig werden, eigentlich, sich verirren, welches Frisch anführet, gehöret nicht hierher, sondern zu dem Nieders. bister, dunkel, fürchterlich, irre; S. dasselbe. Einen hohen Grad des Bösen in allen Bedeutungen auszudrucken, gebraucht man im gemeinen Leben die zusammen gesetzten bitterböse, erzböse, grundböse.


Bösewicht (W3) [Adelung]


Der Bösewicht, des -es, plur. die -er, in den härtesten Bedeutung des Wortes böse, ein Mensch, welcher sich grober Laster und Verbrechen schuldig macht. So werden in der Deutschen Bibel Jason, 2. Maccab. 4, 19, Antiochus, Kap. 9, 13, Alcimus, Kap. 14, 27, die Susannenbrüder, Hist. Sus. V. 32, und der Teufel, Ephes. 6. 16; 1 Joh. 2, 13, 14, Bösewichter genannt. Glücklich waren die Tage unserer Väter, wo ein einziges Gefängniß die Bösewichter einer ganzen Nation fassen konnte! Dusch.

Anm. Die Hochdeutschen und Niedersachsen machen den Plural in er, dagegen die Oberdeutschen Bösewichte sagen. Boesuuicht kommt schon im Schwabenspiegel vor; im Theuerdanke findet sich Pößwicht. Die Härte dieses Ausdruckes lieget in dem Worte Wicht, welches in engerer Bedeutung, einen niederträchtigen, lasterhaften Buben bedeutet, daher es im Theuerdanke mehrmahls allein für Bösewicht gebraucht wird. S. Wicht.


Bösfertig (W3) [Adelung]


Bösfertig, -er, -ste, adj. et adv. fertig, Böses, d. i. Schaden zu thun. Ein bösfertiger Mensch. Eine bösfertige Freude, Freude an dem Schaden anderer. Dieses Wort kommt im Hochdeutschen sehr sparsam vor, ob es sich gleich schon in dem Pictorius findet, und auch den Holländern nicht unbekannt ist. So auch das Hauptwort die Bösfertigkeit.


Boshaft (W3) [Adelung]


Boshaft, richtiger Boßhaft, -er, -ste, adj. et adv. 1) Zu einem hohen Grade des Zornes und der Rachgier geneigt, im gemeinen Leben. Ein boshaftes Kind. Ein boshafter Mensch, der sich leicht und sehr heftig erzürnet. Ingl. in dem Zustande dieser Leidenschaften befindlich. 2) Geneigt andern Schaden zu thun, auch ohne gegebene Veranlassung und aus bloßer Neigung zu schaden. Ein boshaftes Gemüth. Ingleichen in weiterer Bedeutung zu groben Verbrechen und Lastern geneigt. 3) Geneigt, dem göttlichen Gesetze mit Wissen und Vorsatze zuwider zu handeln, in welcher Bedeutung boshaftig in der Deutschen Bibel mehrmahls vorkommt, sonst aber wenig gebräuchlich ist.

Anm. Boshaftig und boshaftiglich sind müßige Oberdeutsche Verlängerungen, deren man im Hochdeutschen füglich entrathen kann, ob sie gleich, besonders das erstere, in der Deutschen Bibel vorkommen. Eben dieses gilt auch von dem Hauptworte Boshaftigkeit, für welches Bosheit im Hochdeutschen anständiger und üblicher ist. S. das folgende in der Anm.


Bosheit (W3) [Adelung]


Die Bosheit, richtiger Boßheit, plur. die -en. 1. Eigentlich, die Neigung und Fertigkeit Böses zu thun, und böse zu werden; ohne Plural. Besonders. 1) Der Zustand eines heftigen mit Rachgier verbundenen Zornes, im gemeinen Leben. Etwas in der Bosheit thun. Das Kind ist in einer heftigen Bosheit. Er gerieth in eine außerordentliche Bosheit. Einige gemeine Mundarten, z. B. die Schlesische, gebrauchen dafür das zusammen gezogene Bost. 2) Die lasterhafte Fertigkeit, Böses, besonders andern Schaden zu thun, auch ohne gegebene Veranlassung und aus bloßer kaltblütiger Neigung zum Bösen. Die Bosheit dieses Menschen ist groß. Er besitzt viele Bosheit. 3) Die Fertigkeit, dem göttlichen Gesetze mit Wissen und Vorsatze zuwider zu handeln, in welcher Bedeutung es in der Deutschen Bibel sehr häufig ist. 2. Figürlich, eine boßhafte Handlung, Verbrechen, Laster, die man mit Wissen und Willen begehet, ein Schaden, welchem man jemanden ohne gegebene Veranlassung zufüget, in welcher Bedeutung es auch im Plural üblich ist. Eine Bosheit begehen. Sich vieler Bosheiten schuldig machen. Er ist auf eine jede Bosheit abgerichtet. Auf eine Bosheit gerathen.

Anm. Ottfried gebraucht Bosa für Zorn, Rachgier. Aber eben derselbe hat, so wie Notker, schon Bosheiti im Plural für malitias. Bey dem letztern findet sich auch Posheit für vanitas. Das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - kommt, wenigstens in dem Klange und in der Bedeutung, mit dem Deutschen überein. Boshaft und Bosheit stammen nicht unmittelbar von böse ab, sondern von dem veralteten boßen, welches noch in erboßen üblich ist, daher sie richtiger mit einem ß geschrieben werden, boßhaft und Boßheit. Das einfache boßen, einen mit Rachgier verbundenen Zorn auslassen, wird noch hin und wieder im gemeinen Leben gehöret. S. Erboßen.


Bosheitssünde (W3) [Adelung]


Die Bosheitssünde, plur. die -n, in der Theologie der Protestanten, im Gegensatze der Schwachheitsunde, eine Sünde, welche aus Boßheit, d. i. mit Wissen und Vorsatze, begangen wird; welche Sünden beynahe eben dieselben sind, welche in der Römischen Kirche Todsünden genannt werden. S. Bosheit 3.


Böslich (W3) [Adelung]


Böslich, adv. auf eine böse Art. 1) Den göttlichen und menschlichen Gesetzen zuwider. Böslich leben, Weish. 10, 5, in welcher Bedeutung aber dieses Wort im Hochdeutschen nicht gebrauchtwird. 2) Mit Wissen und Vorsatze böse, in der Absicht zu schaden. Jemanden böslich verklagen, ihn fälschlich anklagen, um ihm zu schaden, Esth. 6, 9. Seinen Ehegatten böslich verlassen. Hier ist es mit boßhaft einerley, ob es gleich den harten Begriff des letztern etwas mildert, kommt aber im Hochdeutschen außer der Gerichts- und Kanzelleysprache wenig vor.


Böswillig (W3) [Adelung]


Böswillig, -er, -ste, adj. et adv. einen bösen Willen, d. i. die Absicht zu schaden, habend; ein im Hochdeutschen ziemlich ungebräuchliches Wort, welches aber schon bey dem Pictorius vorkommt, und auch im Holländischen bekannt ist.


Bossekel (W3) [Adelung]


Der Bossekel, S. Possekel.


Boßeln (W3) [Adelung]


Boßeln, verb. reg. act. in den gemeinen Sprecharten, Kegel schieben, kegeln. Daher die Boßkugel, Nieders. die Boßel, die Kugel, womit man schiebet, der Boßelplatz, der Boßelschub, oder die Boßelbahn, im Munde des großen Haufens Boßelleg, die Kegelbahn, u. s. f. welche Wörter doch insgesammt nur in der gemeinen Sprechart Ober- und Niedersachsens üblich sind.

Anm. Dieses Wort ist das Iterativum von boßen, welches noch an einigen Orten Oberdeutschlandes gehöret wird, und eben das bedeutet. Frisch lässet es von dem alten bossen, stoßen, Franz. pousser, abstammen. Allein es gehöret vielmehr zu dem alten boß, rund, wovon die Franzosen Bosse, eine runde Bäule, die Ital. Bozza, eine Bäule, und Boccia, eine Kugel, haben. S. Bossiren und Butz. Boßelig oder boßelicht, für rund, kugelig, ist in den gemeinen Mundarten gleichfalls noch üblich.


Bossiren (W3) [Adelung]


Bossiren, verb. reg. act. erhabene Arbeit aus Wachs, Gyps oder einer andern weichen Materie verfertigen. In Wachs, in Gyps bossiren. Daher ein Bossirer, ein Wachsbossirer, Gypsbossirer, Bossirarbeit u. s. f.

Anm. Dieses Wort ist zunächst von dem Franz. en bosse, erhaben, obgleich boß schon bey den alten Deutschen rund, rund erhaben bedeutete. S. Butz. Im gemeinen Leben spricht man dieses Wort gemeiniglich pussiren aus, als wenn es von pousser herkäme, welches aber wohl unerweislich ist.


Botanik (W3) [Adelung]


Die Botanik, plur. car. von dem Latein. oder vielmehr Griech. Botanica, die Kenntniß der Kräuter, die Wissenschaft, welche die Pflanzen erzählet, eintheilet und beschreibet; die Kräuterkunde, Kräuterwissenschaft, Pflanzenlehre. Daher botanisch, adj. et adv. zur Kräuterkunde gehörig. Ein botanischer Garten, der zum Behuf der Botanik angeleget worden.


Both (W3) [Adelung]


1. Das Both, des -es, plur. die -e, von dem Verbo biethen. 1) Von biethen, befehlen, ein Befehl, welche Bedeutung noch in Schwaben im Gange ist, im Hochdeutschen aber durch das zusammen gesetzte Geboth verdränget worden. 2) Von biethen, offerre, das Feilbiethen einer Sache, noch mehr aber, das Anbiethen eines Preises für dieselbe, welches von dem Käufer geschiehet, und die Summe, die man dafür biethet. Ein Both auf etwas thun, oder legen. Ein schlechtes Both. In dieser Bedeutung kommt es nur im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens vor, wo es zugleich männlichen Geschlechtes ist, der Both. Im Hochdeutschen ist auch hier Geboth üblicher. S. Biethen.


Both (W3) [Adelung]


2. Das Both, des -es, plur. die -e. 1) Ein Schiff, welches kleiner ist, und leichter segelt, als andere; in welcher Bedeutung es im Deutschen doch nur in dem zusammen gesetzten Packet-Both üblich ist. S. dieses Wort. 2) Ein kleines, leichtes Fahrzeug, dessen man sich bey großen Schiffen bedienet, die Anker zu lichten, an Land zu fahren, Holz, Wasser in das Schiff zu schaffen u. s. f.

Anm. In dieser Bedeutung lautet es im Nieders. und Holländ. Boot, im Dän. Baad, im Schwed. Bat, im Angels. Bate, Baet, im Engl. Boat, im Wallis. Bad, im mittlern Lateine Batus, Batellus, im Pers. Betif. Im Franz. und Ital. ist Bateau und Batello ein Flußschiff. Es scheinet überhaupt ein jedes hohles Gefäß bedeutet zu haben, und da würde es zu Boden, Bett, Bottich, Butte, Pott u. s. f. gehören. Boot bedeutet in Niedersachsen auch eine Art großer Fässer, und besonders ein Spanisches Weingefäß. Im Hebräischen ist Bath ein Maß flüssiger, und bey dem du Fresne Batus so wohl flüssiger als trockner Sachen. Im Plural sagt man richtiger Bothe als Böthe. Die Gewohnheit, dieses Wort mit einem doppelten o Boot zu schreiben, ist der Hochdeutschen Mundart zuwider; das th ist ihr angemessener. S. auch Bothshaken, Bothsknecht und Bothsmann, wo Both noch die alte allgemeine Bedeutung eines jeden Schiffes hat. Wenn Both in Niedersachsen ein Maß der Spanischen Weine ist, so ist es ohne Zweifel aus dem Spanischen Botta entlehnet, welches ein Maß flüssiger Dinge ist, und 30 Arrobas majores hält. In den Niedersächsischen Handelsstädten ist Both gemeiniglich nur ein Maß des Sectes, und bey diesem Weine etwa so viel, als bey andern eine Pipe. In Hamburg hält ein Both Sect 120 bis 140 Stübchen; in Danzig aber 3 Ahm, oder 12 Anker, oder 160 Viertel.


Both (W3) [Adelung]


3. Das Both, ein Bündel Flachs, S. Bündel und Stauche.


Bothding (W3) [Adelung]


* Das Bothding, des -es, plur. die -e, in einigen Niedersächsischen Gegenden, wo dieses Wort Bodding lautet, ein jedes Gericht, welches zu gewissen Zeiten gebothen, d. i. angekündiget wird, und ehedem auch die Acht, die Achtzeit, die Herrenacht, und das Achtding u. s. f. genannt wurde. In dem Thale zu Halle ist es ein Rügegericht, welches jährlich zwey Mahl gehalten wird. In der Mark Brandenburg ist das Lodding und Bodding noch jetzt bekannt, wovon ersteres den Nahmen von laden, vorladen, hat. S. das Bremisch-Niedersächsische Wörterbuch v. Botding.


Bothe (W3) [Adelung]


Der Bothe, des -n, plur. die -n, eine Person, welche zur Ausrichtung eines Geschäftes von einem andern geschickt wird, da es denn ungeändert von beyden Geschlechtern üblich ist. 1) In der weitesten Bedeutung, in welcher Kero und dessen Nachfolger auch die Engel und die Apostel Bothen nannten. Die letztern kommen auch noch in den spätern Zeiten unter dem Nahmen der zwölf Bothen vor. Auch die Gesandten freyer Fürsten und Staaten führeten ehedem den Nahmen der Bothen, und wenn sie von dem ersten Range waren, zuweilen die Nahmen der Hochbothen, Ehrenbothen, Scheinbothen u. s. f. In dieser Bedeutung, in welcher nunmehr das Wort Gesandter und die ausländischen Ambassadeur, Envoye, u. s. f. üblicher geworden sind, kommt das Wort Bothe noch häufig in der Deutschen Bibel vor. S. auch Bothschafter. In einigen, besonders außer Deutschland gelegenen Ländern, z. B. in Pohlen, werden die Abgeordneten der Stände noch jetzt Bothen und Landbothen genannt. Ehedem hieß auch in Deutschland ein jeder Bevollmächtigter ein Machtbothe oder Gewaltbothe. 2) Heut zu Tage gebraucht man dieses Wort nur noch in engerer Bedeutung, von der geringern Art Bothen, welche von andern zur Ausrichtung eines Geschäftes, besonders zur Überbringung einer Nachricht abgeschickt werden. Jemanden einen Bothen schicken. Ein reitender Bothe, im Gegensatze eines Fußbothen. Der hinkende Bothe, figürlich und im gemeinen Leben, eine traurige unangenehme Nachricht. Daher, die Bothenbüchse, ein Behältniß, worin die öffentlichen Bothen zuweilen ihre Briefschaften tragen, wie die Bothen bey dem Kammergerichte; Bothenlaufen, im gemeinen Leben, das Amt eines Bothen verrichten; ein Bothenläufer, ein Bothe, Fußbothe; der Bothenschild, ein blecherner Schild, mit dem Wappen des Landesherrn, welcher ein Merkmahl öffentlicher Bothen ist; der Bothenspieß, der Spieß, welchen die öffentlichen Bothen in einigen Ländern tragen u. s. f. S. auch Postbothe, Amtsbothe, u. s. f.

Anm. Bothe, Nieders. Bade, Bat, bey dem Kero Poto, bey dem Ottfried Boto, im Angels. und Holländ. Bode, im Schwed. Boda, im Dän. Bud, kommt von biethen her, so fern es ehedem benachrichtigen bedeutete. S. dieses Wort. Im Hebräischen bedeutet bata überhaupt reden, sprechen, welches die allgemeinste und vielleicht auch eine der ersten Bedeutungen dieses alten Zeitwortes ist.


Bothenbrot (W3) [Adelung]


* Das Bothenbrot, des -es, plur. car. ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, für Bothenlohn, welches nur noch zuweilen in einigen gemeinen Mundarten gehöret wird, und unter andern auch in dem Theuerdanke vorkommt. Bey dem Notker bedeutet Potinbrot das Evangelium, wo aber die letzte Sylbe eine jetzt unbekannte Bedeutung hat.


Bothenlohn (W3) [Adelung]


Der Bothenlohn, des -es, plur. inus. der Lohn, oder dasjenige, was einem Bothen für seine Bemühungen gegeben wird.


Bothenmeister (W3) [Adelung]


Der Bothenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein Beamter, welcher die Aufsicht über die öffentlichen Bothen hat. Bey dem Oberpostamte zu Leipzig hat derselbe zugleich die Aufsicht über die Postkutschen. An einigen Orten wird er auch ein Bothenschaffer genannt; dagegen an andern der Bothenmeister bey den Kanzelleyen und Gerichten, theils die ein- und abgehende Briefschaften besorgt, theils die Aufsicht über die Gerichts- und Kanzelleybothen hat.


Bothmäßigkeit (W3) [Adelung]


Die Bothmäßigkeit, plur. inus. das Recht andern zu gebiethen, Oberherrschaft, Gewalt. Unter eines Bothmäßigkeit stehen. Ein Land, eine Stadt unter seiner Bothmäßigkeit bringen. Auch dieses Wort ist von biethen, so fern es befehlen bedeutet. Es hat das Ansehen eines alten Wortes; indessen wird man es doch in den ältern Zeiten vergebens suchen. Das Bey- und Nebenwort bothmäßig, von welchem dieses Hauptwort entstanden ist, ist im Hochdeutschen nicht üblich.


Bothschaft (W3) [Adelung]


Die Bothschaft, plur. die -en. 1) + Das Amt, die Verrichtung eines Bothen; ohne Plural, und nur im gemeinen Leben. Bothschaft gehen, laufen, ein Fußbothe seyn. Bothschaft reiten, ein reitender Bothe seyn. 2) Eine überbrachte Nachricht. Eine Bothschaft bringen. Gute Bothschaft bringen. Ihr lachendes Auge verrieth ihm schon gute Bothschaft, Geßn. Im gemeinen Leben ist dieses Wort nur von niedrigem Gebrauche, ob es gleich zuweilen auch in der höhern Schreibart gebraucht wird. 3) Eine Gesandtschaft, ein oder mehrere Gesandten mit ihrem Gefolge; welche Bedeutung doch heut zu Tage nur selten vorkommt, in der Deutschen Bibel aber desto häufiger ist. Jemanden Bothschaft senden, 4. Mos. 20, 14; Richt. 6, 35. Eine Bothschaft begegnet der andern, Jerem. 51, 31, u. s. f. 4) Ein Bothe, zuweilen auch ein Gesandter, in beyden Fällen gleichfalls nur selten. Wir schickten Bothschaft aus, Opitz.

Anm. Bothschaft, Nieders. Botschap, Dän. Budskab, Schwed. Bodsskap, lautet bey dem Ottfried Botoscaf, und in den Monseeischen Glossen Potascapht, Potascepph, Potosceft, wo es so wohl einen Bothen, als auch eine Nachricht, und endlich auch ein Amt bedeutet. Opitz gebraucht auch das Zeitwort verbothschaften, für verkündigen: Willkommen großes Kind, gesehn an allen Enden, Verbothschaft in der Luft.


Bothschafter (W3) [Adelung]


Der Bothschafter, des -s, plur. ut nom. sing. Fämininum die Bothschafterinn, ein neueres, von dem vorigen abgeleitetes Wort, einen Bothen in höherer Bedeutung, einen Gesandten, auszudrucken. Besonders werden an dem kaiserlichen Hofe zu Wien die Türkischen und Päbstlichen Gesandten Bothschafter, und wenn sie von dem ersten Range sind, auch wohl Großbothschafter genannt. 2 Cor. 5, 20, kommt dieses Wort von ei- nem jeden Bothen vor. So sind wir nun Bothschafter an Christi Statt.


Bothsgesell (W3) [Adelung]


Der Bothsgesell, des -en, plur. die -en, S. Bothsknecht.


Bothshaken (W3) [Adelung]


Der Bothshaken, des -s, plur. ut nom. sing. in der weichern Niedersächsischen Mundart Booshaken, Dän. Boodshage, in der Seefahrt, eine Stange mit einem eisernen Haken, die Schiffe damit an Land zu ziehen und von dem Land abzustoßen. In diesem und den beyden folgenden Wörtern bedeutet Both überhaupt ein Schiff.


Bothsknecht (W3) [Adelung]


Der Bothsknecht, des -es, plur. die -e, Nieders. Boosknecht, wie das folgende, ein Arbeiter auf einem Schiffe, welcher bey dem Tau- und Segelwerke gebraucht wird; ein Bothsgesell.


Bothsseil (W3) [Adelung]


Das Bothsseil, des -es, plur. die -e, dasjenige Seil, womit das Both, wenn das Schiff im Hafen liegt, hinten an dasselbige befestiget wird; das Bothstau.


Böttcher (W3) [Adelung]


Der Böttcher, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eigentlich, ein Handwerker, welcher Bottiche, oder in etwas weiterer Bedeutung, welcher solche Holzarbeit macht, die nur Einen Boden hat. In dieser Bedeutung sind die Böttcher, oder wie sie auch zuweilen heißen, Bottichmacher, eine Art der im Oberdeutschen so genannten Binder, welche ihren Nahmen von den großen Bottichen haben, die ihre vornehmste Arbeit sind, daher sie auch Großbinder, Schwarzbinder, im Würtenbergischen Küfner, in Bremen Kimker, in Hamburg Kymer ( S. Kimme,) heißen. 2) In der weitesten Bedeutung wird im gemeinen Leben ein jeder Handwerker, welcher hölzerne Gefäße aus Stäben zusammen setzet, und sie durch Bänder befestiget, ein Böttcher genannt, so daß auch die Kleinbinder, oder Weiß- und Rothbinder, die nur weiches weißes oder rothbüchenes Holz verarbeiten, und auch Faßbinder, Büttner, Kübler, Küper, Fäßler, Schäffler, u. s. f. heißen, mit darunter begriffen sind. S. diese Wörter. Daher, das Böttcherholz, oder ein Böttcherbaum, woraus die großen und kleinen Scheite für die Böttcher, oder die Böttcherscheite gespalten werden; das Böttchergefäß, des -es, plur. die -e, ein hölzernes Gefäß, welches der Böttcher macht; Böttcherarbeit; der Böttcherschlägel, der Schlägel, oder die Pochheye, ein viereckter Klotz mit einem Stiele, zum Schlagen, u. s. f.

Anm. Dieses Wort ist aus Bötticher zusammen gezogen; S. Bottich. Im Dän. lautet es Bodker, im Nieders. Bötker, Bötjer, und nach einer noch weitern Zusammenziehung, Böker.


Böttcherey (W3) [Adelung]


Die Böttcherey, plur. die -en. 1) Das Handwerk und die Kunst eines Böttchers, auch in der weitesten Bedeutung, nebst allen dazu gehörigen Nebenkenntnissen; ohne Plural. 2) Die Werkstätte eines Böttchers, auch in den Klöstern und an Höfen, und hier oft in weiterer Bedeutung für die Kellerey.


Botte (W3) [Adelung]


Die Botte, S. Butte.


Bottelier (W3) [Adelung]


Der Bottelier, des -s, plur. ut nom. sing. auf den Schiffen, derjenige, der die Mundbedürfnisse in seiner Aufsicht hat, und solche der Besatzung täglich austheilet; zunächst aus dem Franz. Bouteille und Bouteiller. Daher die Bottlerey, der Ort auf den Schiffen, wo die Mundbedürfnisse verwahret werden. S.des du Fresne Gloss. v. Buticularia und Buticularius, ingl. Bouteille.


Bouquet (W3) [Adelung]


Das Bouquet, (sprich Buckett,) des -es, plur. die -e, ohne alle Noth aus dem Französischen für Strauß oder Blumenstrauß.


Boussole (W3) [Adelung]


Die Boussole, plur. die -n, die Magnetnadel mit ihrem Gehäuse; aus dem Franz. Boussole, und dieß von dem Deutschen Büchse, Holländ. Boxel, worin sie befindlich ist.


Bovist (W3) [Adelung]


Der Bovist, S. Bofist.


Boy (W3) [Adelung]


Die Boy, oder Boj, plur. car. ein tuchartiges Gewebe, oder ein unvollkommenes Tuch, woran die Kette von gekämmter Wolle ist. In Deutschland hat man sie am häufigsten von schwarzer Farbe, daher sie auch gemeiniglich zur Trauer gebracht wird, und den Dichtern als ein Sinnbild dieser Empfindung nur gar zu bekannt ist. Daher der Boyweber, ein Tuchweber, der hauptsächlich Boy webet.

Anm. Das y wird in diesem Worte wie ein doppeltes j ausgesprochen. Die meisten verwandten Sprachen haben statt des o ein a, wie das Holländ. Baey, das Dänische Baj, das Nieders. Baje, das Franz. Bay, Bays, das Ital. Baietta; nur die Schweden haben Boj. Im Englischen heißt diese Art Zeuges Baize, und in einigen Französischen Gegenden nennet man sie Baze. Wachter leitet beyde Mundarten von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Fell, ab, weil die Boy ein rauches Gewebe ist; eine Ableitung, welche freylich sehr gezwungen scheinet. In Niedersachsen hat man noch eine andere Art groben Zeuges, welches mit der Boy nicht als den Nahmen gemein hat, indem es Bajerwand, d. i. Bajertuch, heißt, und woran der Zettel leinen, der Eintrag aber wollen ist. Man könnte dieses Wort füglich mit einem j, Boj schreiben, wenn nicht das y schon so lange hergebracht wäre. Übrigens ist es im Oberdeutschen männlichen Geschlechtes, der Boy.


Boye (W3) [Adelung]


Die Boye, am Anker, S. Boje.


Boyen (W3) [Adelung]


+ Boyen, adj. et adv. im gemeinen Leben, von Boy.


Boysalz (W3) [Adelung]


Boysalz, S. Bojsalz.


Box (W3) [Adelung]


* Der Box, des -es, plur. die -e, ein nur bey den Müllern übliches Wort, das aus zwey Theilen bestehende Holz in dem Bodensteine zu bezeichnen, worin das Mühleisen gehet. Daher der Boxnagel, welcher in den Box geschlagen wird, damit sich derselbe nicht loswinde. Es ist aus Büchse verderbt, welches schon im Holländischen Box und Boxel lautet.


Brach (W3) [Adelung]


Brach, ein Adverbium, welches in dem Ackerbaue üblich ist, und von den Äckern gesagt wird, wenn sie zu gewissen Zeiten ungebanet und ruhig liegen bleiben. Der Acker lieget brach. Einen Acker brach liegen lassen. Figürlich doch nur in niedrigen Ausdrücken, unbearbeitet, ungebildet. Die Kräfte seines Geistes brach liegen lassen.

Anm. Dieses Wort, welches eigentlich der Oberdeutschen Mundart zugehöret, kommt in den ältern und mittlern Zeiten wenig und vielleicht gar nicht vor; welches aber auch aus Mangel der Veranlassung herrühren kann. Indessen ist es auch in den verwandten Sprachen ziemlich selten, außer daß im Engl. Brake ein mit Dornen bewachsenes Feld bedeutet. Gemeiniglich leitet man es mit dem Hauptworte Brache von dem folgenden Verbo brachen her, und da würde brach, ungebrachet, oder denjenigen Zustand eines Ackers bedeuten, in welchem er nach einiger Zeit gebrachet wird; welche Figur aber viel zu hart und wider die Analogie der Deutschen, ja aller andern Sprachen ist. Indessen ist es doch schwer, die Abstammung dieses Wortes mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu bestimmen. Vielleicht gehöret es zu Brack; vielleicht zu Bruch; vielleicht aber auch zu Ruhe, weil ein solcher Acker in der Ruhe lieget, und die Ruhe auch in einigen Gegenden für die Brache gebraucht wird. Das b ist auch in vielen andern Wörtern kein Stammbuchstab. Doch dergleichen Muthmaßungen ließen sich leicht noch mehrere anbringen. Schilter erkläret in seinem Gloss. brach, brah, durch sterilis. So wahrscheinlich diese Erklärung auch ist, so wenig läßt sie sich noch zur Zeit beweisen; denn das von ihm angeführte Bretagnische brahaing, unfruchtbar, reicht dazu wohl noch nicht hin. Im Dän. findet sich ein Wort, welches dem Deutschen noch näher kommt, denn daselbst bedeutet brak, roh, unbearbeitet, und wird besonders von der Seide gebraucht. Die Niedersachsen haben zwar auch die Wörter Brakland, und braken, brachen, allein statt des Nebenwortes brach bedienen sie sich jederzeit des Wortes drusk, dreesch, dreisch, in Leibnitzens Glossar. Chauc. trosch.


Brachacker (W3) [Adelung]


Der Brachacker, des -s, plur. die -äcker. 1) Ein Acker, welcher brach lieget, das Jahr über in Ruhe gelassen wird; ein Brachfeld, eine Brache. 2) In engerer Bedeutung, ein Acker, der bisher brach gelegen hat, nunmehr aber gebrachet, d. i. zum ersten Mahle gepflüget worden; in welcher Bedeutung dieses Wort zunächst von brachen abstammet. S. auch Acker,

Anm. 2.


Brachdistel (W3) [Adelung]


Die Brachdistel, S. Brackendistel.


Brache (W3) [Adelung]


Die Brache, plur. die -n, 1. Von dem Nebenworte brach, und da bedeutet es, 1) die Ruhe, welche man die Äcker genießen lässet, nachdem sie zwey Jahre bearbeitet worden; ohne Plural. Der Acker liegt in der Brache. 2) Ein Acker selbst, welcher brach lieget, oder brach gelegen hat. Korn in die Brachen säen. In der Lausitz ist in eben dieser Bedeutung auch das Wort Ruhe üblich. Das Kraut wird auch in Ruhe gezeuget, heißt es bey dem Leopold, d. i. in Brachäckern. Die Ruhesaat ist daher eben daselbst die Aussaat, welche in die Brachen kommt. Inweiterer Bedeutung wird auch ein Feld, welches vorher nie gebauet worden, wenn es zum ersten Mahle tragbar gemacht wird, zuweilen eine Brache genannt.2. Von dem Verbo brachen. 1) Die Arbeit des Brachens, ohne Plural; in einigen Gegenden die Brachfahre. In die Brache ziehen, zum Brachen ziehen. Die Brache ist geschehen, das Feld ist gebrachet. Auch wenn brachen eine in den Weinbergen nöthige Arbeit bedeutet, ist dieses Hauptwort, besonders in Franken, üblich. 2) Die Zeit des Brachens.


Bracher (W3) [Adelung]


Der Bracher, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Benennung derjenigen Vögel, welche man noch häufiger Brachvogel zu nennen pfleget; S. dieses Wort. 2) Klein nimmt dieses Wort in weiterer Bedeutung, und macht aus den Brachern ein ganzes Geschlecht von Vögeln, welche bey ihm Arquatae heißen, und wozu er den Bracher, oder Sichler, Numenius, in engerer Bedeutung, den Bienenwolf, oder Bienenfraß, Merops, und den Wiedehopf rechnet. Zu den Brachern in engerer Bedeutung gehören, ihm zu Folge, der Deutsche Bracher oder Brachvogel, der kleine, der weiße, der braune, der rothe, der schwarze, der grüne, der braunrothe und der Seidenbracher. Von der Abstammung dieses Nahmens, S. Brachvogel.


Brachfeld (W3) [Adelung]


Das Brachfeld, des -es, plur. die -er, ein Feld, welches brach lieget. S. Brachacker, und Acker

Anm. 2.


Brachflur (W3) [Adelung]


Die Brachflur, plur. die -en, eine Flur oder Reihe neben einander liegender Äcker, welche brach lieget; der Brachschlag.


Brachgras (W3) [Adelung]


Das Brachgras, des -es, plur. von mehrern Arten, die -gräser, Gras, welches auf den Brachen wächset.


Brachheu (W3) [Adelung]


Das Brachheu, des -es, plur. car. Heu, welches auf den Brachäckern gemacht wird.


Brachhuth (W3) [Adelung]


Die Brachhuth, oder Brachhüthung, plur. die -en, die Huth oder das Weiden des Viehes auf den Brachfeldern; der Brachschlag.


Brachkäfer (W3) [Adelung]


Der Brachkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Mistkäfer, welche sich im Brachmonathe sehen lässet, und in einigen Mundarten auch Brochkäfer genannt wird.


Brachkorn (W3) [Adelung]


Das Brachkorn, des -es, plur. car. in der Landwirthschaft, Korn, welches in die Brachäcker gesäet wird.


Brachläufer (W3) [Adelung]


Der Brachläufer, des -s, plur. ut nom. sing. S. das folgende.


Brachlerche (W3) [Adelung]


Die Brachlerche, plur. die -n, eine Art Lerchen mit dunkelbraunen Flügelfedern, davon die erste halb weiß, die zweyte aber mit einem weißen Fleck versehen ist; Alauda sylvestris, Kl. Sie hält sich gern auf den Brachäckern auf, und wird auch Brachläufer, Heidelerche, Wiesenlerche, Mittellerche, Steinlerche, Saatlerche, Feldlerche, Sanglerche und Waldlerche genannt.


Brachmännchen (W3) [Adelung]


Das Brachmännchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welcher in einigen Gegenden auch den Champignons gegeben wird, weil sie gern auf Brachäckern wachsen.


Brachmeier (W3) [Adelung]


* Der Brachmeier, des -s, plur. ut nom. sing. im Magdeburgischen, dem Frisch zu Folge, ein Meier, welcher an Würde und in der Besoldung geringer ist, als ein Vorwerksmeier.


Brachmonath (W3) [Adelung]


Der Brachmonath, des -es, plur. die -e, der sechste Monath im Jahre, welcher mit einem Römischen Nahmen Junius heißt. Carl der Große hat ihm diesen Nahmen gegeben, weil man schon vor Alters in demselben das Feld zu brachen pflegte. Bey dem Naban Maurus heißt er Bracmanoth, in den spätern Zeiten aber auch Brachet.


Brachschein (W3) [Adelung]


Der Brachschein, des -es, plur. die -e, in den Kalendern, der Neumond in dem Brachmonathe oder Junius; Novilunium Junii.


Brachschlag (W3) [Adelung]


Der Brachschlag, des -es, plur. die -schläge. 1) Ein Schlag, d. i. Reihe Äcker, welche brach lieget; die Brachflur. 2) Die Hüthung des Viehes auf den Brachäckern. S. Brachhuth.


Brachschnepfe (W3) [Adelung]


Die Brachschnepfe, plur. die -n, in Steyermark, ein Nahme der Heideschnepfe.


Brachse (W3) [Adelung]


Die Brachse, oder die Brachsme, S. der Brassen.


Brachvogel (W3) [Adelung]


Der Brachvogel, des -s, plur. die -vögel, ein Nahme, welchen man besonders einer dreyfachen Art von Vögeln beyzulegen pfleget. 1) Dem Brachvogel in der engsten Bedeutung, welcher in den gemeinen Mundarten auch Keilhacke und Fastenschlier genannt wird, über zwey Schuh lang und so dick wie ein Kapaun ist, einen unterwärts gebogenen Schnabel hat, und oben gelblich schwarz, unten aber weiß ist; Numenius Arquata, L. und Kl. Er hält sich am Ufer des Meeres und der Flüsse auf, und wird auch Regenvogel, Windvogel, Wettervogel und Geißhuhn genannt, weil er Regen und Ungewitter durch sein Pfeifen verkündiget. 2) Dem Saathuhne, welches so groß als eine Taube ist, und schöne buntfarbige und sprenkliche grüne Federn hat, und vielleicht der grüne Kibitz bey dem Klein, Gavia viridis, ist. Es lässet sich im Herbste gerne auf den Saatfeldern antreffen, und wird von einigen auch Regenpfeifer genannt, weil es die Veränderung des Wetters gleichfalls verkündiget. 3) Einem noch kleinern Vogel, welcher schöne bunte Federn hat, die am Bauche weißer sind, im gemeinen Leben Ditchen oder Titchen heißt, und sich gleichfalls auf den Saatfeldern aufhält. S. auch Bracher.

Anm. Gemeiniglich leitet man den Nahmen dieser Vögel von dem Worte Brache her, weil sie sich zu gewissen Zeiten am häufigsten auf den Brachen, oder Brachäckern sehen lassen. Allein es ist wahrscheinlicher, daß diese Benennung so viel als Zugvogel bedeutet. Wraeka bedeutet im Schwedischen noch jetzt herumschweifen, keinen gewissen Aufenthalt haben, und Wrakfogel einen Zugvogel, der unsere Gegenden gegen den Herbst verlässet und sich eine wärmere Himmelsgegend sucht. Alle drey obenangeführten Arten von Vögeln sind wirkliche Zugvögel. Ob es alle diejenigen auch sind, die Klein unter dem Nahmen der Bracher begreift, weiß ich nicht. Im Angels. ist vraecca ein Fremder, und vraecnigan, wandern. S. auch 2. Brack.


Brachwaid (W3) [Adelung]


Der Brachwaid, des -es, plur. car. Waid, welcher im Frühlinge, und vielleicht im Brachmonathe gesäet wird.


Brachwiese (W3) [Adelung]


Die Brachwiese, plur. die -n, in der Landwirthschaft, ein Brachacker, wenn er abgehüthet, oder anstatt der Wiese gebraucht wird.


Brachzeit (W3) [Adelung]


Die Brachzeit, plur. die -en, in der Landwirthschaft, die Zeit, in welcher die Äcker gebrachet werden.


Brack (W3) [Adelung]


1. Der Brack, des -en, plur. die -en, oder der Bracke, des -n, plur. die -n, eine größten Theils veraltete Benennung eines Leithundes, oder auch eines jeden Hundes mit langen herabhangenden Oberlippen, welche nur noch in der Wapenkunst beybehalten wird. S. Brackenhaupt.

Anm. In einigen Mundarten lautet dieses Wort auch der Bracken. In dem alten Gesetze der Friesen kommt Braccus von einem jeden Hunde vor, S. du Fresne Gloss. v. Bracco, und im Schlesischen bedeutet Bräcke noch jetzt eine Petze. In den Fabeln der Schwäbischen Dichter ist Brak ein Hund, und Bräkine eine Hündinn. Das Franz. Brac, Brachet und Braque, das Ital. Bracco, das Engl. Brach, das Holländ. Braak und Nieders. Brak, bedeuten noch jetzt theils einen jeden Hund, theils einen Spürhund. Bragge kommt auch im Schwabensp. Tit. 232, vor, und in einem alten 1482 gedruckten Vocabelbuche wird Brack durch Spilhund, Culpar oder Frauenhündlein erkläret. Vermuthlich stammet dieses Wort von dem alten Rack, ein Hund, her; S. Petze und Racker.


Brack (W3) [Adelung]


2. Das Brack, des -es, die -e, oder des -es, plur. die -en, im gemeinen Leben, das Untaugliche in seiner Art, welches ausgeschossen, oder von dem Guten abgesondert wird. In dieser Bedeutung wird dieses Wort so wohl in Oberdeutschland, als auch, und zwar am häufigsten, in Niederdeutschland und den verwandten Mundarten gebraucht, und zwar so wohl als ein Collectivum, und ohne Plural, als auch von einzelnen untauglichen Dingen, mit dem Plural. Es ist nur Brack, d. i. Ausschuß, so wohl von Waaren, als auch von dem Viehe, und einer jeden andern Sache. Bracken und Abständer, sind im Forstwesen abgestandene und zu Nutzholz untaugliche Bäume. Brack, Bracken, oder Brackvieh, in der Landwirthschaft, Schafe oder Rindvieh, welches im Herbste als untauglich abgesondert und geschlachtet oder verkauft wird. Auch die Kürschner nennen die schlechteste Art ihrer Waare Brack. Daher auch die zusammen gesetzten, Brackgut, Brackhäring, Brackkäse, Brackschafe, Brackschöpse, u. s. f. In der Seefahrt bedeutet Brack oder nach der Niedersächsischen Mundart Wrack, die Trümmer eines gescheiterten Schiffes.

Anm. Der letzten Bedeutung zu Folge könnte man diese Wort von brechen oder zerbrechen ableiten. Allein man muß dessen Ursprung wohl etwas weiter suchen. Rek bedeutet im Isländ. Wagrek im Schwed. Warecum im mittlern Lateine, und Vrag im Dänischen, ein gestrandetes Schiff, Hrak, Brak, und Schwed. Rakeri, alles Verwerfliche in seiner Art, und reka, Schwed. reka, raka, wraeka, auswerfen, ausstoßen, auskratzen, und intransitive und fortgetrieben werden, herum irren, ( S. Brachvogel,) welche Bedeutungen auch das Angels. hraecan, das Goth. fracunnan, das Engl. wreake, das Dän. vragern hat. Im Nieders. lautet dieses Wort Wrack. S. Bragen, Brechen, Gebrechen, Kracke, Racker, Wrack und Werk, stupa.


Brackbank (W3) [Adelung]


Die Brackbank, plur. die -bänke, S. Bracken.


Bracke (W3) [Adelung]


* Die Bracke, plur. die -n. 1) Im Oberdeutschen einiger Gegenden so viel als das Brack, d. i. Ausschuß. 2) In einigen Gegenden, z. B. in Liefland ist die Bracke eine Versammlung beeidigter Personen, welche die zur Ausfuhre bestimmten Waaren, besonders aber den Flachs, besichtigen und aussondern müssen. An andern Orten und bey andern Waaren heißt ein solches Gericht das Schauamt oder Beschauamt. 3) In der Mark Brandenburg bedeutet es die Sprengwage, woran die Pferde ziehen, und in manchen Gegenden das Ortscheit an einer Sprengwage.


Bracken (W3) [Adelung]


Bracken, verb. reg. act. im gemeinen Leben, aussondern, von dem Untauglichen seiner Art befreyen; im Nieders. wraken und wroken. Eine Waare bracken. Das Schafvieh, das Rindvieh, die Fische u. s. f. bracken. Daher die Brackbank, oder der Bracktisch, worauf solches geschiehet. S. auch Ausbracken.


Brackendistel (W3) [Adelung]


Die Brackendistel, plur. die -n, ein Nahme, welchen zuweilen auch diejenige Pflanze führet, welche gemeiniglich Mannstreu genannt wird, S. dieses Wort. Vermuthlich hat sie diesen Nahmen von der Ähnlichkeit ihrer Blumen und Samenköpfe mit einem Hundskopfe, daher sie im Dänischen auch Hundrede hoved genannt wird. In einigen Mundarten heißet sie Brachdistel, als wenn sie den Nahmen von den Brachäckern hätte. S. 1. Brack.


Brackenhaupt (W3) [Adelung]


Das Brackenhaupt, des -es, plur. die -häupter, in der Wapenkunst, ein Hundskopf, besonders ein Hundskopf mit langen herab hangenden Lefzen. S. 1. Brack.


Brackenhund (W3) [Adelung]


Der Brackenhund, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden noch ein Nahme des Spürhundes.


Bracker (W3) [Adelung]


Der Bracker, des -s, plur. ut nom. sing. eine Person, welche Vieh oder Waaren zu bracken oder auszusondern bestellt ist. In einigen Niedersächsischen Handelsstädten sind es von der Obrigkeit dazu bestellte Personen, die im Oberdeutschen Schauer oder Beschauer heißen; Nieders. Wracker.


Brackgut (W3) [Adelung]


Das Brackgut, des -es, plur. die -güter, untaugliches Gut oder Waare, Ausschuß. S. 2. Brack.


Brackschaf (W3) [Adelung]


Das Brackschaf, des -es, plur. die -e, der Brackschöps, des -es, plur. die -e, S. 2. Brack.


Bracktisch (W3) [Adelung]


Der Bracktisch, des -es, plur. die -e, S. Bracken.


Brackvieh (W3) [Adelung]


Das Brackvieh, des -es, plur. car. S. 2. Brack.


Brackwasser (W3) [Adelung]


Das Brackwasser, des -s, plur. car. in Niedersachsen, Seewasser, besonders süßes Wasser, welches an der Mündung eines Flusses oder auf andere Art mit Seewasser vermischet worden. Nieders. Brackwater, Holländ. Brak-water, vermuthlich von brack, untauglich, verdorben, weil dergleichen Wasser dadurch zum Trinken untauglich gemacht und gleichsam verderbet wird. Doch bedeutet auch das Nieders. brak und Engl. brackish, salzig.


Bracteat (W3) [Adelung]


Der Bracteat, des -en, plur. die -en, aus dem Lat. Bractea und Bracteatus, Münzen von Gold- oder Silberblech, welche in den mittlern Zeiten häufig geschlagen wurden. S. Blechmünze.


Bragen (W3) [Adelung]


* Bragen, verb. reg. act. ein Kunstwort der Kürschner, welches vornehmlich in dem zusammen gesetzten Ausbragen üblich ist, die Felle über ein scharfes Eisen ziehen. Vermuthlich gehöret dieses Wort auch zu bracken, wenn man es nicht lieber zu recken oder brechen rechnen will; welches sich bey einer nähern Untersuchung der eigentlichen Beschaffenheit dieser Arbeit leicht würde bestimmen lassen. Das Schwed. wracka bedeutet pellere, trudere, agere, depangere, impellere, cogere, jacere u. s. f. S. 2. Brack.


Brahme (W3) [Adelung]


Die Brahme, S. Brame.


Brähnen (W3) [Adelung]


Brähnen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches bey den Jägern von den Sauen üblich ist, wenn sie sich nach dem Eber sehnen. Wenn dieses Wort nicht eine Nachahmung des natürlichen Lautes ist, welchen sie alsdann von sich geben, so stammet es vermuthlich aus Einer Quelle mit dem Worte "ranzen" her, S. dieses Wort.


Brake (W3) [Adelung]


* Die Brake, plur. die -n, in einigen Niedersächsischen Gegenden, Reiser, Reisholz, besonders junge Weiden und Weidenbüsche zum Zäunen. Land welches mit Heidebusch oder Bracken bewachsen ist. Im Engl. ist Brake ein Dorngebüsch.


Bram (W3) [Adelung]


1. Der Bram, des -es, oder der Bramen, des -s, plur. car. ein besonders Niedersächsischer Nahme des Ginstes, oder der Geniste, Spartium scoparium, L. welchen diese Pflanze ihren dünnen spitzigen langen Stängeln und Ästen zu danken hat, daher sie auch Pfriemenkraut genannt wird. S. Ginst. Die zarten Blumenknospen dieser Pflanze gleichen, wenn sie eingemacht werden, den Kapern, und werden daher auch zuweilen Bramkapern und Deutsche Kapern genannt. Schon im Angelsächsischen heißt diese Pflanze Brom. S. 1 Brame.


Bram (W3) [Adelung]


2. Der Bram, des -es, plur. die -e, der Rand, S. 2. Brame.


Bram (W3) [Adelung]


3. Der Bram, eine Art Schiffe, S. Prahm.


Bramarbas (W3) [Adelung]


Bramarbas, ein vermuthlich erdichteter eigenthümlicher Nahme eines Großsprechers, der denn auch oft als ein Appellativum von einem, jeden Prahler großer Thaten gebraucht wird.


Brame (W3) [Adelung]


1. Die Brame, plur. die -n, überhaupt ein langer spitziger Körper, in welcher Bedeutung dieses Wort noch in Niedersachsen in verschiedenen einzelnen Fällen vorkommt. So ist z. B. die Brame oder Prahme an dem jungen Hopfen, ein Schößling oder Keim. Es kommt mit dem Hochdeutschen Pfriem überein. S. dieses Wort, ingleichen Bram, Brämse, Brombeere, und Bramstänge.


Brame (W3) [Adelung]


2. Die Brame, oder Bräme, plur. die -n, ein großen Theils veraltetes Wort, welches einen jeden Rand bedeutet, aber jetzt nur noch in einigen einzelnen Fällen und in einigen Zusammensetzungen üblich ist. Die Bräme ist in einigen gemeinen Mundarten ein Rand von Pelzwerk, wofür im Hochdeutschen das Gebräme üblicher ist. S. auch Verbrämen. Daß in Augenbraunen die letzte Sylbe im Oberdeutschen auch bram lautet, ist bereits bey diesem Worte bemerket worden. Am häufigsten ist dieses Wort noch im Forstwesen üblich, wo die Bräme den mit Laubholz bewachsenen Rand eines Feldes, Waldes oder einer Wiese bedeutet, aber bald Brahne, Brahme und Brohme, bald aber auch Prane und Prone geschrieben und gesprochen wird.

Anm. In dieser letzten Bedeutung kommt in einer Bretagnischen Urkunde von dem Jahre 1205 bey dem du Fresne v. Brunda, Vna birotoea brandae five brueriae ad usum furni, und in einer andern Urkunde ohne Jahrzahl, Branda, fupradictae forestae ad necessaria suorum hominum vor, wo das Wort Branda, welches du Fresne nicht zu erklären gewußt, unser Brame oder Brahne zu seyn, und figürlich Reisholz zu bedeuten scheinet, welches auf dergleichen Bramen zu wachsen pfleget; wenn es nicht das Deutsche Brand ist, und hier überhaupt Feuerung und Feuerholz bedeutet. Übrigens ist Bram, Brame, im Dän. Bräme, in Schwed. Braem, im Angels. Brymme, im Engl. Brim, im Isländ. Brim, im Slavon. Prim, ein altes Wort, welches einen jeden Rand bedeutet und vermittelst der Partikel Be aus Rahm zusammen gesetzet ist. S. dieses Wort, ingleichen 2. Brand. Im Oberdeutschen ist es männlichen Geschlechtes, der Bram.


Bräme (W3) [Adelung]


Die Bräme, tabanus, S. Bremse.


Bramfall (W3) [Adelung]


Der Bramfall, des -es, plur. die -fälle, in der Schifffahrt, das Tau, womit die Bramree aufgezogen und niedergelassen wird. S. Bramstänge.


Bramine (W3) [Adelung]


Der Bramine, des -n, plur. die -n, ein Indisches Wort, einen Priester bey den heidnischen Indiern zu bezeichnen; bey den ältesten Indiern schon zu Alexanders Zeiten ein Brachman.


Bramkaper (W3) [Adelung]


Die Bramkaper, plur. die -n, S. 1. Bram.


Bramling (W3) [Adelung]


Der Bramling, des -es, plur. die -e, eine Art Goldammer von der kleinern Art, welche eine lehmgelbe Brust, und von dem Schnabel an über den Kopf bis an den Steiß schwarze Federn hat, welche mit gelb verbrämet sind; Emberyza, Kl. Bramling scheinet Niedersächsische Nahme dieses Vogels zu seyn.


Brämse (W3) [Adelung]


Die Brämse, S. Bremse.


Bramsegel (W3) [Adelung]


Das Bramsegel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Seefahrt, dasjenige Segel, welches an der Bramstänge befestiget wird, und deren an jedem Schiffe zwey sind, das große und das kleine Bramsegel. Dän. Bramseil, Niedersächs. auch Toppsegel, Holländ. Top-Zeyl, Engl. Topsail. S. Bramstänge.


Bramstänge (W3) [Adelung]


Die Bramstänge, plur. die -n, in der Seefahrt, ein kleiner spitz zulaufender Mast, welcher oben auf den großen und auf den Fockmast gesetzet wird. Der erste wird die große Bramstänge, und der letzte die Vorbramstänge genannt. Der Nahme rühret ohne Zweifel von der Spitze her, welche dieser kleine Mast hat, S. 1. Bram, und 1. Brame, oder auch von Brame, ein Rand, so fern dieses Wort in der weitesten Bedeutung das Äußerste eines jeden Dinges bedeutet haben mag. Im Niedersächs. heißt diese Bramstänge auch der Topp, ( S. Zopf,) und im Franz. Perroquet.


Brand (W3) [Adelung]


1. Der Brand, des -es, plur. die Brände, von dem Verbo brennen, in dessen beyden Gattungen.1. Derjenige Zustand, in welchem ein Körper brennet, und gebrennet wird, ohne Plural. 1) Eigentlich. Warte bis das Feuer, bis das Licht in den Brand kommt. Den Brand einer Sache befördern. Das Feuer im Brande erhalten. Am häufigsten wird es im gemeinen Leben von einer Feuersbrunst, oder demjenigen Zustande einer Sache gebraucht, da sie von dem Feuer verzehret wird. Aber da gebraucht man es nur von großen Körpern, welche bey dem Verbrennen eine starke Flamme geben. In Brand stecken, oder setzen. Das Haus, das Dorf, das Schiff ist in Brand gerathen. Ein Haus von dem Brande (der Feuersbrunst) erretten. Einen Brand löschen. Auf den Brand betteln, wegen des durch eine Feuersbrunst erlittenen Schadens an seinem Vermögen betteln. S. Abbrennen und Brandbettler. Der letzte Brand zu Portsmouth war sehr heftig. Wenn das Wort in dieser Bedeutung auch von kleinen, geringen Dingen gebraucht wird, so geschiehet es gemeiniglich nur im Scherze. Auch in der thätigen Gattung des Verbi brennen, bedeutet Brand zuweilen die Handlung, da man eine Sache in Brand setzet, oder auch nur durch Brennen eine gewisse Wirkung hervor bringet. Der Brand der Ziegel, des Kalkes, des Porzellans u. s. f. So ist der Brand zuweilen auch eine chirurgische Operation bey Menschen und Thieren, da man schadhafte Theile brennet. Auch die Einbrennung eines Zeichens heißt im gemeinen Leben mehrmahls ein Brand. Den Brand vornehmen.

2) Figürlich.

(a) Eine Krankheit bey Menschen, Thieren und Gewächsen, welche wie ein brennendes Feuer schnell um sich greift, weil die innern Theile in eine tödliche Entzündung gerathen. Der kalte Brand, Schwed. Kallbrand, welcher die Gefäße und Muskeln angreift, und bey welchem die entzündeten Theile schwarz werden und absterben, Sphacelus. Der heiße Brand, die Fäulniß der flüssigen Theile, Gangraena. Den Brand bekommen. Der Brand ist dazu geschlagen. Auch der Beinfraß, caries, wird zuweilen der Brand, der Gliederbrand, oder Knochenbrand, besonders bey Thieren, genannt. Bey dem Viehe, besonders dem Rindviehe und den Schafen, hat man außer den jetzt angeführten noch einige andere Arten dieser Krankheit. Dahin gehören der schwarze oder innerliche Brand, der Herzbrand, wobey das Thier plötzlich umfällt und stirbt, worauf das Fleisch schwarz und verbrannt aussiehet, welcher Brandaber eigentlich eine Art des Schlages ist; der weiße Brand greift die innern Theile an, besonders die Leber, welche alsdann braun und dick wird, in welchem Falle er der Leberbrand genannt wird. Der Brand an den Bäumen macht den Stamm inwendig um das Mark schwarz und anbrüchig, und verzehret auch die Rinde von außen, so daß sie ganz schwarz aussiehet. Bey den Weinstöcken kennet man einen doppelten Brand, oder wie man ihn in Oberdeutschland und Franken nennet, Brenner, den rothen Brand, der in Franken auch Laubrausch heißt, weil er nur das Laub angreift und es roth und dürre macht, und den schwarzen Brand, der schwarze Flecken an den Beeren und an dem Holze hervor bringt. S. Brenner. Beyde Arten hält man für eine Wirkung schädlicher Dünste. Der Brand in dem Getreide, hat seinen Nahmen bloß von der schwarzen verbrannten Farbe, welche die damit behafteten Körner des Getreides haben, und besteht nach den neusten Beobachtungen aus gewissen Würmern, oder vielmehr aus kleinen Eyern eines unmerklich kleinen Insectes, welche sich mit Aussaugung des Kornes weiter fortpflanzen. Das Korn, welches davon betroffen wird, ist größer, als gewöhnlich, und von außen oft schwarz. Man kennet im gemeinen Leben eine dreyfache Art dieses Brandes: den Steinbrand, der besonders den Weitzen anfällt, und wobey das Mehl in den Körnern verderbt wird und schwarz aussiehet; das Mutterkorn, der in dem Rocken am häufigsten ist, S. dieses Wort; und den Staub- und Flugbrand, der in dem Weitzen, Gersten und Hafer angetroffen wird, und das Korn in einen schwarzen Staub verwandelt. Im Franz. heißt dieser Fehler des Getreides Nielle, Brulure, im Italiän. Fuligine, Volpe, Nigella, bey den Alten Fuligo oder Uredo, im Oberdeutschen auch das Brenner. S. Brandkorn und Mutterkorn.

(b) Eine große Dürre und Hitze, doch nur in der biblischen Schreibart. Wenn eine Theurung, oder Pestilenz, oder Dürre, oder Brand - im Lande seyn wird, 1 Kön. 8, 37; 2 Chron. 6, 28. (c) Eine heftige verzehrende Leidenschaft, besonders der Liebe, welche in allen Sprachen und Jahrhunderten ein Feuer genannt wird. Vielleicht bereut sie schon den unglückselgen Brand Weiße. Und was in diesen Blicken Ein stiller Brand mir schien, ebend. Obgleich das Wort in dieser ganzen Bedeutung der Regel nach keines Plurals fähig ist, so findet sich doch derselbe zuweilen, und zwar nicht nur im gemeinen Leben, sondern selbst bey den Dichtern in figürlicher Bedeutung, besonders in den vorigen Zeiten. Die Brände im Walde. Die Seele Will unter heißen Bränden Ihren tollen Lauf vollenden, Gryph. Ihr fühlt den Puls, ihr merkt die schnellen Brände, ebend. Dämpfet die Brände der irdischen Lust, ebend. 2. Was da brennet oder gebrannt hat; und zwar, 1) eigentlich. So wird ein brennendes Stück Holz im gemeinen Leben häufig ein Brand genannt, im mittlern Lateine Branda. Ein glimmender, ein rauchender Brand. Er wurde noch wie ein Brand aus dem Feuer gerissen, figürlich, er wurde plötzlich aus einer großen Gefahr errettet. Auch wenn dieses Holz nicht mehr brennet, aber doch ehedem gebrannt hat, heißt es noch ein Brand, und zuweilen auch ein Löschbrand, d. i. ein gelöschter Brand. Auf eben diese Art führen unausgebrannte Kohlen, Rauchkohlen, im gemeinen Leben auch den Nahmen der Brände, oder Bränder. 2) Figürlich, was eine verbrannte Gestalt hat, was so aussiehet, als wenn es ein Mahl gebrannt hätte, von der gelben oder noch häufiger von der schwarzen Farbe. So nennen die Jäger den schwarzen Flecken, welchen die Hirsche zur Brunstzeit unter dem Zaume bekommen, den Brand. In den Blechhütten ist es der gelbliche Strich unten an den Blechtafel, der von dem Abstreifen der überflüssigen Zinntropfen mit einem ledernen Handschuhe herrühret. S. auch Brandfuchs, Brandhirsch und andere Zusammensetzungen mehr, wo dieses Wort so viel als braun, schwärzlich, dunkel bedeutet.3. Was zum Anzünden, oder zum Verbrennen dienet. In diesem Verstande wird nicht nur im gemeinen Leben das nöthige Brennholz, zuweilen der Brand, oder Verbrand genannt, sondern bey den Feuerwerkern heißt auch ein Zünder, der so lange brennet, bis eine Brandkugel an denjenigen Ort kommt, wo sie zünden soll, ingleichen das geriebene und mit Kohlenstaub vermengte Pulver, welches zu solchen Zündern, Lauffeuern u. s. f. genommen wird, und eine helle Flamme und Funken gibt, der Brand. O sprich, wer war des Kriegs unseliger Brand? Weiße. Wer zündet oder stiftete diesen Krieg an?4. So viel als man auf ein Mahl durch das Feuer zubereiten oder brennen kann, bey verschiedenen Arbeitern. Ein Brand Ziegel, so viel als Ziegel, als auf Ein Mahl in dem Ziegelofen gebrennet werden. Zwey Brände Pech. Drey Brände Kalk.5. Der Ort, wo ein Feuer gebrannt hat, oder wo etwas eingebrennet worden. So heißt diejenige Stelle, wo man sich mit Feuer und siedendem Wasser verbrannt hat, im gemeinen Leben der Brand. Eben diese Benennung führen auch die Zeichen, welche man Thieren oder andern Dingen einbrennet; ja zuweilen werden auch solche Zeichen ein Brand genannt, die nur durch Scheidewasser eingeätzet worden. Plätze im Walde, welche durch das Feuer verwüstet worden, heißen nicht nur Brandstätten und Brandplätze, sondern zuweilen auch nur schlechthin Brände, welchen Nahmen auch figürlich unfruchtbare Stellen auf dem Acker führen, wo nichts fortkommen will; S. Brandader. Ein neu ausgereutetes Feld, ein Neubruch, wurde ehedem gleichfalls ein Brand genannt, vermuthlich, weil man das Holz auf demselben mit Feuer vertilget hatte.6. Der Schmutz, welcher von dem entzündeten Pulver in dem Gewehre verursachet wird. Auf den Brand laden, ohne das Gewehr vorher zu reinigen. Der Brandschuß, welcher aus einem schmutzigen Gewehre geschiehet.

Anm. Brand, in der verwandten Holländischen, Dänischen und Schwedischen Mundarten gleichfalls Brand, kommt von brennen, wie Stand von stehen. Indessen hat es doch darin etwas besonders, daß der harte Mitlauter des Verbi in dem Hauptworte in den verwandten weichern verwandelt wird, welches sonst nicht üblich ist. In einigen Zusammensetzungen stehet Brand deutlich genug für das Participium brannt oder gebrannt. Bey dem Verfasser des alten Gedichtes auf den heil. Anno lautet das Hauptwort schon Brand. Unser d rühret vermuthlich von einer veralteten Form des Verbi her, wovon noch in dem Holländischen eine Spur vorhanden ist, wo branden, brennen bedeutet. S. Brandung. Im Französischen ist Brandon eine Fackel. Wenn Brand titionem bedeutet, so lautet es in den gemeinen Mundarten im Plural oft Bränder. Ehedem gebrauchte man dieses Wort auch in der figürlichen Bedeutung des Scheines, Glanzes, welche noch in den eigenthümlichen Nahmen Hildebrand, u. s. f. zum Grunde liegen soll. Aus eben dieser figürlichen Bedeutung leitet Ihre auch die Bedeutung eines Schwertes her, welche dieses Wort in den mittlern Zeiten in mehrern Sprachen hatte, wie aus dem Schwed. und Schottländ. Brand, dem Altfranzös.Brand, und dem Ital. Brando erhellet. In der im gemeinen Leben üblichen figürlichen Redensart, einem auf den Bränden liegen, d. i. ihn nicht aus den Augen lassen, genau auf ihn Acht haben, stehet Brände vermuthlich für Branten. S. Brante.


Brandader (W3) [Adelung]


Die Brandader, plur. die -n. 1) Ein Nahme desjenigen Astes der untern Hohlader, welcher über die Schenkel gehet, und daher auch die Schenkelader, Vena cruralis, genannt wird. Zuweilen führet die Krummdarmader, Vena iliaca, welche ein Ast oben dieser untern Hohlader ist, diesen Nahmen. In beyden Fällen vielleicht, weil man die Öffnung derselben in der Krankheit des Brandes für heilsam hält. 2) In der Landwirthschaft ist es ein unfruchtbarer Fleck auf dem Acker, auf welchem das Getreide bey anhaltender Dürre vertrocknet, und keine Körner ansetzet, welches von einem felsigen und salpeterigen Boden herrühren soll; Brandfleck.


Brandänte (W3) [Adelung]


Die Brandänte, plur. die -n, eine Art der braunen wilden Änte, Anas fere fusca, Kl. welche diesen Nahmen wegen ihrer braunen Farbe hat. Weil sie eine rothen Hals und Kopf hat, so wird sie auch Braunnacke, Rothhals und Rothkopf genannt. Bey den Alten heißt sie Penelops.


Brandapfel (W3) [Adelung]


Der Brandapfel, des -s, plur. die -äpfel, eine Art eyförmiger Äpfel, welche halb gelblich und blaßroth, überall schön hellroth gestreift ist, aber oft Brandflecken, d. i. schwarze Flecken hat.


Brandasche (W3) [Adelung]


Die Brandasche, plur. inus. Asche von gebrannten Gebäuden.


Brandbecher (W3) [Adelung]


Der Brandbecher, des -s, plur. ut nom. sing. der Schlund eines Feuer speyenden Berges, Lat. Crater.


Brandbegnadigung (W3) [Adelung]


Die Brandbegnadigung, plur. die -en, eine Begnadigung, welche Abgebrannten von der Obrigkeit ertheilet wird.


Brandbettler (W3) [Adelung]


Der Brandbettler, des -s, plur. ut nom. sing. der wegen eines durch Brand erlittenen Verlustes seines Vermögens bettelt.


Brandblase (W3) [Adelung]


Die Brandblase, oder Brandblatter, plur. die -n, eine Blase oder Blatter, welche von einer Verbrennung auf der Haut entstehet. Auch Blasen, welche bey dem heißen Brande auf der Haut ausfahren, und voller Eiter sind, führen diesen Nahmen.


Brandblut (W3) [Adelung]


Das Brandblut, des -s, plur. car. eine Krankheit der Schweine, welche von schwarzen oder brandigen Blute herrühren soll, und wobey sie blaß an der Nase und den Augen werden, nicht fressen, röcheln und plötzlich sterben.


Brandbock (W3) [Adelung]


Der Brandbock, des -es, plur. die -böcke, ein Bock, oder eisernes Gestell auf den Herden, in den Öfen und Kaminen, das brennende Holz darauf zu legen, damit es hohl liege; ein Brandeisen, eine Brandruthe, ein Feuerbock.


Brandbogen (W3) [Adelung]


Der Brandbogen, des -s, plur. die -bögen, in den Schmelhütten, ein Bogen in der Brandmauer nach dem Balge zu.


Brandbrassen (W3) [Adelung]


Der Brandbrassen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Brassen, welche dunklere Schuppen hat, als die übrigen Arten; Melanurus, im Oberdeutschen Brandbrachse. S. Brassen.


Brandbrief (W3) [Adelung]


Der Brandbrief, des -es, plur. die -e. 1) Ein öffentliches schriftliches Zeugniß eines erlittenen Brandes. 2) Im gemeinen Leben, ein Brief, worin der Feind, oder auch ein Mordbrenner mit dem Brande drohet.


Brandbuchstab (W3) [Adelung]


Der Brandbuchstab, des -en, plur. die -en, in den Blechhütten, der Buchstab, welcher den Blechfässern eingebrennet wird, und der die Sorte des darin befindlichen Bleches anzeiget.


Brand-Casse (W3) [Adelung]


Die Brand-Casse, plur. die -n, eine öffentliche Casse, aus welcher denenjenigen, die ihre Häuser und Vermögen durch einen Brand verloren haben, ihr Verlust entweder ganz oder zum Theile wieder ersetzet wird; die Brand- und Assecuranz-Casse, die Brandversicherungs-Casse, die Feuer-Casse, im Schleßwigischen die Brandgilde u. s. f. Es haben dergleichen Brand-Cassen ihre besonderen Brand-Directores, Brand-Verordnungen u. s. f.


Brandeisen (W3) [Adelung]


Das Brandeisen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Brandbock.


Brander (W3) [Adelung]


Der Brander, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein mit Feuer fangenden Sachen angefülltes Schiff, welches angezündet, und auf feindliche Schiffe getrieben wird, solche in Brand zu stecken; ein Brandschiff, Franz. Blutot. Daher der Branderhaken, Haken, welche an das Bogspriet und an die Segelstangen eines Branders befestiget werden; damit er sich vermittelst derselben an ein feindliches Schiff anhänge. 2) In der Feuerwerkskunst, ein hohler hölzerner Nagel, welcher mit einem besondern langsamen Brandersatze gefüllet, und in die Feuerkugeln geschlagen wird, selbige damit anzuzünden; der Zünder. So lange diese Röhre noch ungefüllet ist, heißt sie eine Brandröhre; so bald sie aber gefüllet ist, ein Brander, und im Plural bey einigen Bränder.


Brandfeyer (W3) [Adelung]


Die Brandfeyer, plur. die -n, an einigen Orten, ein Buß- und Feyertag, der jährlich zum Andenken eines erlittenen großen Brandes gehalten wird.


Brandfieber (W3) [Adelung]


Das Brandfieber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Fieber, welches nach geschehener heftigen Verbrennung einiger Theile des menschlichen Körpers zu erfolgen pfleget. Ingleichen ein Fieber, welches den kalten und heißen Brand begleitet.


Brandfleck (W3) [Adelung]


Der Brandfleck, des -es, plur. die -e, ein Fleck, d. i. Stück Landes, wo wegen darunter befindlicher Felsen, oder aus einem andern Fehler des Bodens nichts fortkommt; eine Brandader. S. dieses Wort.


Brandflecken (W3) [Adelung]


Der Brandflecken, des -s, plur. ut nom. sing. ein Flecken, welcher durch Brand oder Verbrennung verursacht wird. Auch rothe Flecken auf den Blättern, Blumen und Früchten, die man dem so genannten Brande zuschreibt. S. 1. Brand.


Brandfuchs (W3) [Adelung]


Der Brandfuchs, des -es, plur. die -füchse. 1) Eine Art Füchse, welche auf dem Rücken mehr grau als roth sind, aber schwarze Bäuche, eine schwarze Spitze an der Ruthe und schwarze Läufe haben. 2) Eine Art Füchse, d. i. röthlicher Pferde, deren Haare dunkelröthlich sind.


Brandgasse (W3) [Adelung]


Die Brandgasse, plur. die -n, ein schmaler Zwischenraum zwischen den Gebäuden, das Feuer abzuhalten; im gemeinen Leben, eine Schlippe oder Feuerschlippe, Nieders. ein Blek, vermuthlich von Fleck, ein kleiner Raum. Ingleichen in den Lägern, der kleine Zwischenraum hinter den Zelten der Gemeinen. In beyden Fällen entweder wegen des Endzweckes dieses Raumes, das Feuer abzuhalten, oder auch von Brand, so fern es das Äußerste oder den Rand einer Sache bedeutet.


Brandgiebel (W3) [Adelung]


Der Brandgiebel, des -s, plur. ut nom. sing. eine starke Mauer zwischen den Giebeln zweyer an einander stoßender Häuser, das Feuer bey einem entstandenen Brande aufzuhalten.


Brandgilde (W3) [Adelung]


Die Brandgilde, plur. die -n, S. Brand-Casse, und Gilde.


Brandglocke (W3) [Adelung]


Die Brandglocke, plur. inus. an einigen Orten, die Sturmglocke, so fern sie zur Verkündigung einer entstandenen Feuersbrunst dienet; die Feuerglocke.


Brandhafer (W3) [Adelung]


Der Brandhafer, des -s, plur. car. ein schwarzer Hafer, welcher durch den Brand verderbet worden. S. 1. Brand.


Brandhaken (W3) [Adelung]


Der Brandhaken, des -s, plur. ut nom. sing. ein starker Haken mit einer langen Stange, die Häuser bey einem entstandenen Brande damit einzureißen; ein Feuerhaken.


Brandhäring (W3) [Adelung]


Der Brandhäring, des -es, plur. die -e, Häringe, welche etwas später als andere, z. B. um Bartholomäi, mit den Schiffen ankommen; von dem Zeichen, welches auf die Tonnen gebrennet wird, um sie dadurch von den andern zu unterscheiden.


Brandhemd (W3) [Adelung]


Das Brandhemd, des -es, plur. die -en, in der Seefahrt, ein Stück mit Feuer fangenden Sachen überzogenes Segeltuch, welches an ein feindliches Schiff gehäftet wird; dasselbe dadurch in Brand zu stecken; ein Feuerhemd.


Brandherr (W3) [Adelung]


Der Brandherr, des -en, plur. die -en, an einigen Orten, z. B. Cöln, obrigkeitliche Personen, welche die Aufsicht bey der Löschung eines entstandenen Brandes haben. S. Brandmeister.


Brandhirsch (W3) [Adelung]


Der Brandhirsch, des -es, plur. die -e, eine Art Hirsche mit dunkelbrauner Brust, und langen schwarzen Zoten am Halse, welche häufig in Böhmen angetroffen werden.


Brandholzbaum (W3) [Adelung]


Der Brandholzbaum, des -es, plur. die -bäume, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Art des Zapfen- oder Silberbaumes, welcher ein steifes, dickes, schmales Blatt und einen kleinen Zapfen hat, und am Vorgebirge der guten Hoffnung wächset; Protea conifera, L.


Brandhuhn (W3) [Adelung]


Das Brandhuhn, des -es, plur. die -hühner, an einigen Orten ein Huhn, welches man als einen Zins für ein verliehenes ausgereutetes Feld entrichtet, weil ein ausgereutetes Feld ehedem ein Brand genannt wurde; S. dieses Wort, ingleichen Rauchhuhn.


Brandicht (W3) [Adelung]


Brandicht, adj. et adv. was nach dem Brande riecht, schmeckt oder siehet. Ein brandichter Geschmack. Das Essen riecht oder schmeckt brandicht. S. Branstig, Brennzelig und Brennzeln. Nieders. snirrig.


Brandig (W3) [Adelung]


Brandig, adj. et adv. was den Brand hat, doch nur von dem Brande in dem Gewächsreiche. Die Rinde der Bäume wird brandig, d. i. schwärzlich, von dem Brande angegriffen. Brandiges Getreide, was von dem Brande verderbet worden.


Brandkitt (W3) [Adelung]


Der Brandkitt, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein Kitt von Ziegelmehl, Asche, Feilspänen und Leimwasser, das Holzwerk damit zu bestreichen, damit es von dem Feuer nicht angegriffen werde.


Brandkorn (W3) [Adelung]


Das Brandkorn, des -es, plur. die -körner. 1) Als ein Collectivum, und ohne Plural, Korn, welches von dem Brande verderbet worden. 2) Einzelne von dem Brande verderbte Getreidekörner. Auch die langen, schwarzen, und oft krummen Körner in dem Rocken führen im gemeinen Leben den Nahmen der Brandkörner, ob es gleich, einem erfahrnen Landwirthe zu Fol ge, von dem eigentlichen Brande noch verschieden sind. Dieser verderbt das in den Körnern befindliche Mehl, bringt es in die Fäulniß, und verwandelt es endlich in Staub. Allein in diesen größern ist das Mehl sehr weiß, obgleich nach dem Rande zu röthlich, süß und unschädlich zu essen, dagegen jenes die so fürchterliche Kriebelkrankheit verursachen soll. Dieses unschädliche Brandkorn heißt im gemeinen Leben auch Mutterkorn, Mehlmutter, und Hungerkorn, in Niedersachsen Krähenkorn, Krähenspier, Krähenroggen, von der schwarzen Farbe, und an andern Orten Kornzapfen. S. Mutterkorn und 1. Brand.


Brandkugel (W3) [Adelung]


Die Brandkugel, plur. die -n, in der Feuerwerkskunst, eine doppelte Art runder Körper, Städte und Häuser damit in Brand zu Stecken. 1) Ein zwillichener Sack, welcher über zwey kreuzweise liegende Eisen gespannet, und mit Feuer fangenden Sachen angefüllet, von außen aber mit Pech und Talg beschmieret wird. 2) Längliche Kugeln, welche mit kleinern Kugeln, Handgranaten u. s. f. gefüllet, mit eisernen Reifen und Stricken gebunden, mit einer Brandröhre versehen, und mit einem getheerten Tuche umwickelt werden; Carcassen. Beyde Arten werden aus Bomben geworfen.


Brändlein (W3) [Adelung]


Das Brändlein, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art kleiner schwarzbrauner Grasmücken; bey dem Frisch Curruca fusca, bey dem Klein Luscinia fusca. Es wird von einigen auch das Mohrvögelein genannt.


Brandleiter (W3) [Adelung]


Die Brandleiter, plur. die -n, eine lange starke Leiter, deren man sich bey einer entstandenen Feuersbrunst bedienet; Feuerleiter.


Brandloch (W3) [Adelung]


Das Brandloch, des -es, plur. die -löcher, ein Loch in den Brandkugeln, in welches die Brandröhre geschlagen wird. Auch das Loch in den Brandröhren, sie vermittelst desselben anzuzünden. Ingleichen in den Theeröfen, ein Loch in der Brandmauer.


Brandmahl (W3) [Adelung]


Das Brandmahl, des -es, plur. die -e, ein durch Brennen verursachtes Mahl oder Zeichen; besonders das Zeichen, welches Missethätern angebrennet wird. Ingleichen, eine Narbe, oder ein Zeichen von einem Brande auf der Haut. Ehedem auch das Brandmark, im Oberdeutschen eine Brandmase, Brandmaser. Figürlich. Durch die so in Gleißnerey Lügenredner sind und Brandmahle in ihrem Gewissen haben, 1 Tim. 4, 2; denen ihr Gewissen ihre bösen Handlungen auf eine unwiderstehliche Art vorwirft.

Anm. In der gemeinen Sprechart ist von diesem Worte auch der Niedersächsische Plural Brandmähler üblich.


Brandmahlen (W3) [Adelung]


Brandmahlen, verb. reg. act. mit einem Brandmahle versehen; besonders, einen Verbrecher durch ein angebrennetes Zeichen kenntlich machen. Einen Missethäter brandmahlen. Figürlich. Ein gebrandmahltes Gewissen, das sich grober Verbrechen bewußt ist. Die Schuld, die mein erstes Leben brandmahlt, durch Tränen auszulöschen, Dusch. Daher die Brandmahlung. S. das folgende.


Brandmarken (W3) [Adelung]


Brandmarken, verb. reg. act. in eben dieser Bedeutung. Einen Missethäter brandmarken. Ein gebrandmarktes Gewissen. Man braucht aber dieses Wort auch zuweilen in einem gleichgültigen Verstande, von einer jeden Aufbrennung eines Zeichens, von welcher das vorige nicht gebräuchlich ist. Ein Faß brandmarken. Das Hauptwort, das Brandmark, im Dän. Brändemärke, kommt wenig mehr vor.


Brandmauer (W3) [Adelung]


Die Brandmauer, plur. die -n, eine Mauer zwischen zwey Gebäuden, das Feuer bey einem entstandenen Brande abzuhalten. Ingleichen eine jede Mauer an einer Feuerstätte, weil siegleichfalls zur Abhaltung des Feuers dienet. Daher die Brandmauer in den Küchen, in den Schmelzöfen vor den Blasebälgen, bey den Pechöfen, wo sie um den ganzen Ofen herum gehet, u. s. f. Zuweilen bedeutet dieses Wort auch die äußerste Mauer eines Gebäudes. S. 2. Brand.


Brandmehl (W3) [Adelung]


Das Brandmehl, des -es, plur. car. Mehl von brandigem Getreide.


Brandmeise (W3) [Adelung]


Die Brandmeise, plur. die -n, eine Art großer Meisen mit schwarzen Füßen, einem rabenförmigen Kopfe, weißen Backen, gelben Nacken, grünen Rücken, gelber Brust und gelben Bauche, die mit einem schwarzen Striche der Länge nach getheilet sind; Kohlmeise, Spiegelmeise, große Meise, Finkmeise, Parus maior, Kl. Parus maximus, Frisch.


Brandmeister (W3) [Adelung]


Der Brandmeister, des -s, plur. ut nom. sing. 1) In dem Kriegswesen, wenigstens der vorigen Zeiten, ein Befehlshaber, welcher die Brandschatzung einzutreiben hatte; S. Brandschatzen. 2) An einigen Orten, eine obrigkeitliche Person, welche bey dem Löschen eines entstandenen Feuers die Aufsicht führet. S. Brandherr.


Brandopfer (W3) [Adelung]


Das Brandopfer, des -s, plur. ut nom. sing. in den Kirchengebräuchen der ehemahligen Juden, ein Opfer, welches Gott zu Ehren völlig verbrennet werden mußte, so daß niemanden andern etwas davon zu Theil wurde; Holocaustum. Daher der Brandopferaltar, der Altar, auf welchem diese Opfer verbrennet wurden, und auf welchem zu dem Ende ein immerwährendes Feuer unterhalten wurde. Prantopher und Brantopfer findet sich zuerst bey dem Notker.


Brandordnung (W3) [Adelung]


Die Brandordnung, plur. die -en, an einigen Orten, eine obrigkeitliche Verordnung, wie Feuersbrünste zu verhüthen und entstandene zu löschen sind; noch häufiger eine Feuerordnung.


Brandotter (W3) [Adelung]


Die Brandotter, plur. die -n, S. Brandschlange.


Brandpappe (W3) [Adelung]


Die Brandpappe, plur. inus. bey den Tuchbereitern, eine dicke Pappe, mit welcher die Tücher oben und unten beleget werden, wenn sie gepresset werden sollen. Wenn dieses Wort einzelne Stücken Pappe bedeutet, so ist auch der Plural üblich. Brand hat hier die Bedeutung des Äußersten, einer Einfassung am Rande. S. 2. Brand.


Brandpfahl (W3) [Adelung]


Der Brandpfahl, des -es, plur. die -pfähle, ein Pfahl, an welchem ein Missethäter verbrennet worden.


Brandpfeil (W3) [Adelung]


Der Brandpfeil, des -es, plur. die -e, in dem Kriegswesen, ein Feuerballen, welcher aus Bomben geworfen wird, und unten mit einer Pfeilspitze versehen ist, damit er in dem Holze der Gebäude stecken bleibe, und sie anzünde; der Feuerpfeil.


Brandpredigt (W3) [Adelung]


Die Brandpredigt, plur. die -en, eine Predigt nach gewesener Feuersbrunst an einem Orte. Ingleichen eine Predigt zum jährlichen Andenken eines großen Brandes.


Brandprobe (W3) [Adelung]


Die Brandprobe, plur. die -n, in den Münzen, die Probe, welche der Münzwardein mit den Brandstücken anstellet, um zu sehen, ob sie recht gebrennet oder gereiniget worden. Ingleichen das kleine Stück Silber selbst, welches er zu dem Ende aus einem Brandstücke schlägt.


Brandregen (W3) [Adelung]


Der Brandregen, des -s, plur. inus. im gemeinen Leben, ein schädlicher Regen, welcher für die Ursache des Brandes in dem Getreide gehalten wird.


Brandrocken (W3) [Adelung]


Der Brandrocken, des -s, plur. inus. Rocken, welcher von dem Brande verderbet worden. S. Brandkorn. In Niedersachsen auch Rocken, der in einem ausgebrenneten Mohre erzeuget worden.


Brandröhre (W3) [Adelung]


Die Brandröhre, plur. die -n, S. Brander 2.


Brandrose (W3) [Adelung]


Die Brandrose, plur. inus. bey den Ärzten, ein hoher Grad der so genannten Rose oder des Rothlaufes, welcher mit dem Brande verbunden ist; Erythema gangraenosa.


Brandrost (W3) [Adelung]


Der Brandrost, des -es, plur. die -röste, in den Hüttenwerken, ein Rost, auf welchem man das Erz in den Röstofen brennet.


Brandruthe (W3) [Adelung]


Die Brandruthe, plur. die -n, S. Brandbock.


Brandsalbe (W3) [Adelung]


Die Brandsalbe, plur. inus. eine Salbe, verbrannte Glieder damit zu heilen. Auch eine Salbe aus Baumöhl, Harz und Schmer, den Brand in den Bäumen zu vertreiben. Mehrere Arten dieser Salben verstatten auch den Plural.


Brandsatz (W3) [Adelung]


Der Brandsatz, des -es, plur. die -sätze, bey den Feuerwerkern, ein Satz, d. i. Mischung von Schießpulver, Schwefel, Salpeter u. s. f. womit die Brandkugeln gefüllet werden.


Brandschade (W3) [Adelung]


Der Brandschade, des -ns, plur. die -schäden, ein jeder Schaden, welchen man durch eine Feuersbrunst an seinem Vermögen leidet. Viele Brandschäden erlitten haben. Auch die Verwundung eines Gliedes oder Theiles des menschlichen Leibes durch Verbrennen. Ein Pflas=ter wider alle Brandschäden.


Brandschatzen (W3) [Adelung]


Brandschatzen, verb. reg. act. im Kriege, mit einer Schatzung zur Abkaufung des ehedem üblichen Sengens und Brennens belegen. Eine Stadt, ein Land brandschatzen. Daher die Brandschatzung, plur. die -en, so wohl die Auflegung dieser Schatzung, ohne Plural, als auch die verlangte Summe selbst, mit dem Plural; im Oberdeutschen die Nothschatzung. Ehedem wurde auch derjenige Befehlshaber, dem diese Verrichtung aufgetragen wurde, der Brandschatzer genannt. S. Brandmeister 1. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort brandschätzen, Brandschätzung. S. Schatz.


Brandschiff (W3) [Adelung]


Das Brandschiff, des -es, plur. die -e, ein mit Feuer fangenden Dingen beladenes Schiff, andere Schiffe damit in Brand zu stecken; ein Brander.


Brandschlag (W3) [Adelung]


Der Brandschlag, des -es, plur. die -schläge, bey den Feuerwerkern, Schläge, d. i. mit Zündpulver angefüllte Röhren Lustfeuerwerke damit anzuzünden.


Brandschlange (W3) [Adelung]


Die Brandschlange, plur. die -n, eine Art giftiger Schlangen, welche diesen Nahmen von ihrer schwarzröthlichen Farbe hat; die Brandotter, Feuerschlange.


Brandschuß (W3) [Adelung]


Der Brandschuß, des -sses, plur. die -schüsse, S. 1. Brand 6.


Brandschutt (W3) [Adelung]


Der Brandschutt, des -es, plur. car. der Schutt von abgebrannten Gebäuden.


Brandsilber (W3) [Adelung]


Das Brandsilber, des -s, plur. inus. in den Schmelzhütten, Silber, welches auf der Kapelle von allen fremden Theilen geschieden ist, Silber, welches der Silberbrenner bis auf 15 Loth 16 Gran fein gebrennet hat. Das Brandsilber beschicken, in den Münzen, demselben Kupfer zusetzen. Ein solches Stück Brandsilber wird in den Schmelzhütten ein Brandstück genannt. Schon bey dem Willeram ist Branda silber ein durch das Feuer gereinigtes Silber.


Brandsohle (W3) [Adelung]


Die Brandsohle, plur. die -n, die erste innere Sohle der Schuhe, welche gemeiniglich von Rindsleder ist. Auf der Brandsohle gehen, sagt man, wenn die untere Sohle zerrissen ist. Man könnte die erste Hälfte dieser Benennung daher leiten, weil diese Sohle, wenn die Schuhe eine Zeit lang getragen worden, schwärzlich wird. Allein Brand scheinet hier das Äußerste oder Unterste eines Dinges zu bedeuten. In einem alten handschriftlichen Glossario in der königlichen Bibliothek zu Paris, bey dem Carpen-tier, wird Branda durch solida erkläret. Dieses letztere Wort stehet hier vermuthlich für solea, so daß Brand, ehedem eine jede Sohle bedeutet haben kann.


Brandspritze (W3) [Adelung]


Die Brandspritze, plur. die -n, eine Spritze, Feuersbrünste damit zu löschen; besonders eine größere dieser Art, zum Unterschiede von den Handspritzen.


Brandstätte (W3) [Adelung]


Die Brandstätte, plur. die -n. 1) Eine Stätte oder Platz, wo ein Brand gewesen ist, oder wo eine Sache verbrennet worden. Eine Brandstätte in dem Walde, auf dem Felde u. s. f. Besonders, die Stätte, wo ein Gebäude gestanden, welches durch einen Brand in die Asche geleget worden; eine Brandstelle. 2) Eine Stätte, wo ein Küchenbrand unterhalten wird, d. i. ein Wohnhaus, mit allen dazu gehörigen Scheuern, Ställen und Nebengebäuden; eine Feuerstätte. Dieser Ort hat dreyßig Brandstätten.


Brandstein (W3) [Adelung]


Der Brandstein, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben zuweilen, so viel als ein Backstein, Ziegel, gebrannter Stein; im Gegensatze der Bruchsteine, und der an der Luft getrockneten Steine.


Brandstelle (W3) [Adelung]


Die Brandstelle, plur. die -n, S. Brandstätte 1.


Brandsteuer (W3) [Adelung]


Die Brandsteuer, plur. die -n, eine Steuer zum Besten derer, welche ihr Vermögen in einem Brande verloren haben.


Brandstifter (W3) [Adelung]


Der Brandstifter, des -s, plur. ut nom. sing. zuweilen so viel als ein Mordbrenner.


Brandstück (W3) [Adelung]


Das Brandstück, des -es, plur. die -e, S. Brandsilber.


Brandthür (W3) [Adelung]


Die Brandthür, plur. die -en, eine eiserne Thür an einem Gewölbe, oder in einer Feuermauer, das Feuer abzuhalten.


Brandung (W3) [Adelung]


Die Brandung, plur. die -en, in der Seefahrt, das Schäumen und Brausen des Meeres an steilen Küsten, oder auch in der See über verborgene Felsen; ohne Plural. Ingleichen solche Stellen in dem Meere, wo die Wellen auf solche Art schäumen und toben; der Wellenbruch, Wellenschlag.

Anm. Im Niedersächsischen lautet dieses Wort gleichfalls Brandung, im Holländ. Barning, im Engl. Branding, im Franz. Brisant. Man hat verschiedene Ableitungen von diesem Worte versucht. Gemeiniglich glaubt man, daß es von brennen, leuchten, scheinen, herkomme, weil das stäubende Seewasser an solchen Stellen zur Nachtzeit zu brennen scheint. Andere leiten es von dem alten Worte brant ab, welches in den nordischen Mundarten ehedem steil bedeutete, welchen Sinn das Spanische Brenna noch hat. Bey dem du Fresne kommt auch Branum für einen steilen, abschüssigen Ort vor. Auch das alte Gothische Wort brana, schäumen, toben, könnte auf die Verwandtschaft mit diesem Worte Anspruch machen, wenn es nicht glaublich wäre, daß es selbst zu brennen gehöret, indem dieses Wort ehedem einen weit größern Umfang oder Bedeutung hatte, als jetzt. S. Brennen. Zuweilen wird dieses Wort auch Brennung gesprochen und geschrieben.


Brandvogel (W3) [Adelung]


Der Brandvogel, des -s, plur. die -vögel, eine Art kleiner schwarzer Meven, welche auch schwarze Meve, Mayvogel und kleine schwarze Seeschwalbe genennet wird; Larus minor niger, Kl. Den Nahmen Brandvogel hat sie entweder von ihrer schwarzen Farbe, oder, wie andere wollen, weil sie sich gern auf den Brandungen aufhält.


Brandwache (W3) [Adelung]


Die Brandwache, plur. die -n. 1) An einigen Orten z. B. zu Hamburg, eine Wache, welche zur Nachtzeit die Gassen bewachet, Feuersbrünste zu verhüthen. 2) In den Kriegeslägern ist die Brandwache, im Gegensatze der Fahnenwache, eine Wache hinter der Fronte eines Bataillons, so wohl zur Bewachung der Arrestanten, als auch zur Sicherheit des Lagers von hinten. Bey den Flotten ist die Brandwache ein Schiff, welches in einiger Entfernung von der Flotte die Wache hält, oder Erkundigung von dem Feinde einziehet. Vermuthlich wird in dieser zweyten Bedeutung auf die Bedeutung des Äußersten in einer Sache gesehen; wenigstens bey einer Flotte ist diese Wache wohl nicht um der Feuersgefahr willen da.


Brandwein (W3) [Adelung]


Brandwein, S. Branntwein.


Brandweitzen (W3) [Adelung]


Der Brandweitzen, des -s, plur. car. Weitzen, welcher von dem Brand verderbet worden.


Brandzeichen (W3) [Adelung]


Das Brandzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein eingebranntes Zeichen. S. Brandbuchstab und Brandmahl. 2) Das Zeichen, womit man einen entstandenen Brand und dessen Beschaffenheit kund macht. 3) Zeichen, vermittelst deren Mordbrenner zuweilen mit Feuer zu bedrohen pflegen, wie Kohlen, Brände, Schießpulver u. s. f.


Brandzeug (W3) [Adelung]


Das Brandzeug, des -es, plur. inus. bey den Feuerwerkern, mit Weingeist benetztes Schießpulver, Kunstfeuer damit anzuzünden. Auch alle brennbare Sachen, womit die feindlichen Werke in Kriegszeiten in Brand gestecket werden, führen diesen Nahmen. S. Zeug.


Branke (W3) [Adelung]


Die Branke, S. Brante.


Branntwein (W3) [Adelung]


Der Branntwein, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein aus Weinhefen oder Früchten und Gewächsen abgezogener Geist, besonders, wenn er geläutert oder zum zweyten Mahle abgezogen worden; denn nach der ersten Destillation nennet man ihn gemeiniglich Lutter, und an einigen Orten Brandwasser, nach der dritten und der folgenden aber, da er zum Trinken zu stark ist, Weingeist. Weinhefenbranntwein, Kornbranntwein u. s. f. Branntwein brennen, diesen Geist aus den Gewächsen abziehen. Daher die Branntweinsblase, eine Blase, worin der Branntwein abgezogen wird; der Branntweinbrenner, der aus dieser Destillation ein Geschäft macht; die Branntweinbrennerey, dieses Geschäft selbst, ingleichen der Ort, wo der Branntwein abgezogen wird; das Branntweinspülicht, plur. inus. was nach geschehener Destillation in der Blase übrig bleibt u. s. f.

Anm. Im Niedersächsischen lautet dieses Wort Brannewien, Barnewien, im Holländ. Brandewiin, im Dän. Brandeviin, im Schwed. Braenwin, im Engl. Brandywine, Brandy. Weil es wirklich einen gebrannten, d. i. gebrenneten oder destillirten Geist bedeutet, es über dieß auch neuern Ursprunges ist, so schreibt man es füglich Branntwein. Die es Brandwein schreiben, haben indessen die Analogie älterer Wörter vor sich, wo Brand häufig für Brannt stehet. Die letzte Sylbe Wein rühret entweder daher, weil man dieses Getränk zuerst aus Wein und Weinhefen bereitet, oder weil man ehedem auch alle starke Getränke einen Wein genannt. Die niedrigen Mundarten haben mehrere zum Theil seltsame Ausdrücke, diesen Geist, besonders die schlechteste Art desselben, zu benennen; z. B. Fusel, blauer Zwirn, Mauernschweiß, Finkeljochen, eigentlich Fenchelbranntwein von dem Nieders. Juche, Jauche, Juchen, Brühe. S. aber auch Ihre Glossar. v. Finckel.


Branstig (W3) [Adelung]


Branstig, -er, -ste, adj. et adv. in einigen Gegenden, z. B. in Obersachsen, nach dem Brande riechend oder schmeckend, welchen Fehler man auch wohl mit einem Substantivo den Branz zu nennen pflegt. In andern Gegenden ist dafür brandig, brandericht und brennzelig üblich. S. das letztere.


Brante (W3) [Adelung]


Die Brante, plur. die -n, bey den Jägern, die Klauen an den Vorderfüßen, oder in der Kunstsprache, an den Armen des Bären, und in weiterer Bedeutung auch dessen Arme oder Vorderfüße selbst. Auch die Klauen des Wolfes, werden von einigen Branten genannt.

Anm. In einigen Mundarten lautet dieses Wort auch Branke und Pranke. In dem Lateine der mittlern Zeiten bedeutet Branca, Brancea, Brancia, Brancus, Branchea, Branchia u. s. f. nicht nur die Klauen an allen Raubthieren und Raubvögeln, sondern auch das Querholz an einem Kreuze, die Äste eines Baumes, den Kinnbacken u. s. f. daher Frischens Ableitung von wrangen, ringen, hier wohl nicht fruchtbar genug ist. Im Hannöverischen ist Prange ein großer Stock, eine Stange. S. auch Ranke und Ranken. Die im gemeinen Leben übliche figürliche Redensart, einem immer auf den Bränden liegen, ihm immer auf dem Halse liegen, nahe um ihn seyn, gehöret ohne Zweifel auch hierher.


Bränte (W3) [Adelung]


Die Bränte, ein Gefäß, S. Brente.


Bräntgans (W3) [Adelung]


Die Bräntgans, S. Brentgans.


Brasilien-Holz (W3) [Adelung]


Das Brasilien-Holz, des -es, plur. car. das Holz eines Baumes, welcher in beyden Indien wächset; Caesalpinia Sappan, L. Das Holz ist fest, schwer, dunkelroth, fast ohne Geruch und Geschmack, und wird zum Färben gebraucht. Ob es gleich mit dem wahren Sandel fast nichts gemein hat, so wird es doch von einigen rother Sandel von andern aber Sapan-Holz genannt, Franz. Bois de Bresil, de Sapan oder de Japon, vielleicht weil man es anfänglich auch aus Japan bekommen hat. Im gemeinen Leben nennet man es auch Rothholz, Braunholz. Das Campesche-Holz ist von diesem Holze noch verschieden, so wie auch das Fernambuck, ob man gleich noch nicht weiß, von welchem Baume dieses letztere kommt.

Anm. Weil die beste Art dieses Holzes über Portugall aus Brasilien in Süd-Amerika zu uns gebracht wird, so glaubt man gemeiniglich, daß es auch von diesem Lande, den Nahmen habe. Allein man hat dieses Wort, und zum Theil auch dieses Holz lange vorher gekannt, ehe Amerika entdecket worden. In einer alten Handschrift von 1400 bey dem Carpentier heißt es: Bresillum est arbor quaedam, e cujus succo optimus fit color rubeus; in einer andern Urkunde von 1368 eben daselbst: In colorem Brisiaci aut alterius boni ligni; in einer Urkunde Carls 4 von 1321: Brisolium et quodcunque pastellum; in einer Urkunde von 1193 in Muratorii Antiquit. Ital. Th. 2, S. 594 werden die grana de Brasile erwähnet, wodurch vermuthlich die Cochenille verstanden wird. S. Carpentiers Glossar. v. Brasile, Braxile, Brisiacum, Brisillum, Brisolium u. s. f. Es scheinet daher fast, daß mit diesem Worte eine jede hochrothe Farbe, und die Körper, woraus man solche bereitet, angedeutet worden. Wenn es in dieser Bedeutung kein ausländisches Wort ist, welches mit der Sache selbst aus Asien gekommen, so könnte man es füglich von dem alten Bras, Feuer, und brasen, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, brennen, ableiten. Brasa ist im Schwed. ein helles Feuer, Braise im Franz. eine Kohle, Brys, im Isländ. eine brennende Farbe, brusare im Ital. brennen. Die Amerikanische Provinz hat vielmehr von diesem Holze den Nahmen, weil die ersten Entdecker dasselbe wider Vermuthen daselbst antrafen, da man es bisher nur aus Ostindien gehohlet hatte.


Braß (W3) [Adelung]


Der Braß, des -sses, plur. inus. ein Haufe schlechter unnützen Dinge, im gemeinen Leben so wohl Ober- als Niedersachsens. Da hast du den ganzen Braß. Der gemeine Praß (Braß) Französischer Schauspiele, Less. Vielleicht ist es aus dem Franz. Embarras verderbt.


Brasse (W3) [Adelung]


Die Brasse, plur. die -n, in der Schiffahrt, diejenigen Seile, welche an die Enden der Segelstangen befestiget sind, und vermöge welcher man selbige nach dem Winde lenken kann; Franz. Bras.


Brassen (W3) [Adelung]


Brassen, verb. reg. act. die Segel vermittelst der Brassen wenden. Die Rahen brassen, die Segelstangen nach der Länge des Schiffes wenden. Die Segel brassen, oder aufbrassen, sie aufziehen; Franz. brasser.


Brassen (W3) [Adelung]


Der Brassen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welcher einer gedoppelten Art eßbarer Flußfische gegeben wird. 1) Der Bleihe, Cyprinus Brama, L. welche in den Oberdeutschen Gegenden die Brachse, Brachsme, in Österreich die Brächs, um Cöln Brysem, in den Niederdeutschen Gegenden aber Brasse genannt wird. 2) Dem Sparus, L. welcher in Oberdeutschland gleichfalls die Brachsme heißt, und wohin der Goldbrassen, der Meerbrassen, der Steinbrassen, und der Zahnbrassen gehören. In beyden Fällen soll der Nahme von dem breiten Körper herrühren, indem bradsum auch im Angelsächsischen breit bedeutet.


Brassenfarn (W3) [Adelung]


Der Brassenfarn, des -s, plur. car. eine Art Farnkrautes, welches nur in den nördlichen Gegenden Europas auf dem Boden der Seen wächset; Isoetes, L. Es hat den Nahmen von den Brassen, welche, wenn sie leichen, die Wurzeln dieses Krautes an das Ufer zu werfen pflegen.


Brast (W3) [Adelung]


* Der Brast, des -es, plur. car. ein veraltetes Wort, welches Kummer, Gram, Sorgen bedeutete, und noch in dem Kirchenliede, Erleucht mich Herr mein Licht, vorkommt. Scultetus, ein Schlesischer Dichter aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhundertes, gebraucht in derselben Bedeutung das zusammen gesetzte Herzensprast. Es scheinet zu dem alten Brest, Mangel, Gebrechen, und presten, mangeln, gebrechen, zu gehören. S. Bresthaft.


Bratbock (W3) [Adelung]


Der Bratbock, des -es, plur. die -böcke, in den Küchen, ein eisernes Gestell, das eine Ende des Bratspießes zu tragen. S. 2. Bock.


Bratenmeister (W3) [Adelung]


Der Bratenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. in großen fürstlichen Küchen, der die Aufsicht über die Braten hat, und unter welchem die Bratköche stehen.


Bratenwender (W3) [Adelung]


Der Bratenwender, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Person, welche dazu bestellet ist, den Braten an dem Spieße zu wenden, oder umzudrehen; im Oberdeutschen ein Bräter, Spießtreiber, Bratenkehrer. 2) Eine von Rädern getriebene Maschine, welche eben diese Wirkung hervor bringt; im Oberdeutschen auch ein Bräter.


Bräter (W3) [Adelung]


* Der Bräter, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur im Oberdeutschen übliches Wort, einen Bratenwender auszudrucken: S. das vorige. So allzeit volle Bräter Beym Feuer hatten stehn, Opitz.


Bratfisch (W3) [Adelung]


Der Bratfisch, des -es, plur. die -e, eine Benennung aller derjenigen Fische, welche schmackhafter sind, wenn sie auf dem Roste gebraten werden; dahin z. B. die meisten Weißfische gehören.


Bratkoch (W3) [Adelung]


Der Bratkoch, des -es, plur. die -köche, in großen Küchen, ein Koch, welcher allein die Braten besorget.


Brätling (W3) [Adelung]


Der Brätling, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, besonders Oberdeutschlandes, ein breiter, braun- oder ziegelröthlicher eßbarer Schwamm, welcher, wenn er in Butter gebraten wird, eine angenehme Speise ist. Er gibt eine weiße süße Milch, daher er an einigen Orten auch Süßling heißt. Weil dieser Schwamm auch roh gegessen werden Kann, so wird er im Wendischen Srowenka, im Böhmischen Syrowinky genannt, von Srow, roh. Bey dem Bauhin heißt er: Fungus pileolo lato lacteum et dulcem succum fundens. Er scheint der Agaricus deliciosus L. zu seyn. S. auch Förchling, und Brödling.


Bratofen (W3) [Adelung]


Der Bratofen, des -s, plur. die -öfen, in den Küchen, ein kleiner Ofen zum Braten. In einigen Gegenden auch der Röstofen; S. Braten, das Verbum.


Bratpfanne (W3) [Adelung]


Die Bratpfanne, plur. die -n, eine Pfanne, in welcher Fleisch oder Fische gebraten werden. Auch diejenige Pfanne, in welcher die Braten in den Bratofen gesetzet werden, oder welche man unter die Braten am Spieße setzet, das abtröpfelnde Fett aufzufangen; im Oberdeutschen ein Bratrain, in Boxhorns Angels. Glossen Bredipanna, im Pohln. Brytpfanna.


Bratröhre (W3) [Adelung]


Die Bratröhre, plur. die -n, in den Küchen, eine Röhre mit einer Thür in den Herden und Öfen, Fleisch darin zu braten.


Bratrost (W3) [Adelung]


Der Bratrost, des -es, plur. die -röste, in den Küchen, ein eiserner Rost, Würste u. s. f. darauf zu braten.


Bratsau (W3) [Adelung]


Die Bratsau, plur. die -en, ein thönernes Gefäß, unten platt und oben cylindrisch, mit einem Deckel, einen Braten in glühender Asche darin zu machen.


Bratsche (W3) [Adelung]


Die Bratsche, plur. die -n, aus dem Ital. Viola da braccio, eine große Geige, welche den Alt spielet, und welche im Spielen mit ausgestrecktem Arme gehalten werden muß. S. Armgeige. Daher der Bratschist, des -en, plur. die -en, der sie spielet.


Bratseite (W3) [Adelung]


Die Bratseite, plur. die -n, in fürstlichen Küchen, derjenige Theil der Küche, wo die Braten zugerichtet werden; im Gegensatze der Mundseite, wo Suppen und gekochte Speisen zubereitet werden.


Bratspieß (W3) [Adelung]


Der Bratspieß, des -es, plur. die -e, ein Spieß in den Küchen, die Braten daran zu stecken und zu braten. Figürlich auch, vermuthlich wegen einiger Ähnlichkeit, auf den Schiffen, eine horizontale Welle auf dem Verdecke am Vordertheile, das Ankertau oder andere Lasten damit in die Schiffe zu winden; der Cabestan.


Bratwurst (W3) [Adelung]


Die Bratwurst, plur. die -würste, eine Wurst, welche gebraten gegessen wird, deren man im gemeinen Leben mehrere Arten hat.


Bratze (W3) [Adelung]


Die Bratze, S. Pratze.


Brätzel (W3) [Adelung]


Die Brätzel, S. Bretzel


Brau (W3) [Adelung]


* Das Brau, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, z. B. in Hamburg, so viel als ein Gebräude, so viel als auf Ein Mahl gebrauet wird. S. Brauen.


Braubottich (W3) [Adelung]


Der Braubottich, des -es, plur. die -e, ein Bottich, oder großes hölzernes Gefäß in den Brauhäusern, in welches das Bier aus dem Braukessel geschöpfet wird; eine Braukufe.


Brauch (W3) [Adelung]


* Der Brauch, des -es, plur. die Bräuche, von dem folgenden Verbo brauchen. 1) Die Anwendung einer Sache zu seinen Bedürfnissen; ohne Plural. Die Gefäße zu unserm Brauch, Weish. 15, 7. Schau alle Mittel an, Durch welcher Brauch ein Mensch zu rechte kommen kann, Opitz. 2) Gewohnheit. Nach altem Brauch, 2 Macc. 5, 3. Nach ritterlichem Brauch, Wiel. Nur wenig ächte Deutsche Bräuche Sind unverjährt im Deutschen Reiche, Uz.

Anm. In beyden Bedeutungen ist dieses Wort im Hochdeutschen veraltet, und durch das zusammen gesetzte Gebrauch verdränget worden. Nur in der zweyten wird es um der Kürze willen noch zuweilen von den Dichtern im Andenken erhalten. Im Nieders. lautet es Bruuk, im Dän. Brug, im Schwed. Bruk. Es stehet eigentlich für Bruchede, oder Bruchte, und zu Notkers Zeiten sagte man noch wirklich Missebrucheda für Mißbrauch. S. Brauchen und Gebrauch.


Brauchbar (W3) [Adelung]


Brauchbar, -er, -ste, adj. et adv. zum Gebrauche in der weitesten Bedeutung tauglich, was gebraucht werden kann. Die Waare ist nicht mehr brauchbar, sie ist verderbt. Ein brauchbarer Mensch. S. Bräuchlich.


Brauchbarkeit (W3) [Adelung]


Die Brauchbarkeit, plur. inus. die Eigenschaft einer Sache oder Person, nach welcher sie brauchbar ist.


Brauchen (W3) [Adelung]


Brauchen, verb. reg. welches in dreyfacher Gestalt üblich ist.I. Als ein Activum, zu seinem Bedürfnissen anwenden, in der weitesten und allgemeinsten Bedeutung, so daß die Art und Weise dieser Anwendung unbestimmt bleibt. Eine Sache brauchen, sich ihrer bedienen. Eine Brille brauchen. Eine gebrauchte Sache, deren man sich schon bedienet hat. Sich von einem brauchen lassen, sich nach dessen Absicht thätig erweisen. In dieser ganzen Bedeutung ist im Hochdeutschen gebrauchen üblicher; wenigstens gehören die meisten Ausdrücke, wo noch das einfache Zeitwort vorkommt, in die Sprache des täglichen Umganges, wohin auch die Redensarten gehören: Arzeney brauchen, d. i. sie zu sich nehmen, einnehmen; ich habe in meiner Krankheit nichts gebraucht, d. i. keine Arzeney eingenommen; eine Cur brauchen, sich ihrer bedienen; brauchen sie ihre Bequemlichkeit, eine List brauchen, Ernst brauchen, ein Wort in der eigentlichen, in der figürlichen Bedeutung brauchen. In welchen und allen übrigen Fällen gebrauchen nicht allein edler, sonder auch bestimmter ist. S. die Anm.Die Oberdeutsche Wortfügung, in welcher dieses Zeitwort die zweyte Endung der Sache erfordert, kommt noch mehrmals inder Deutschen Bibel vor. Der Gerechte brauchet seines Guts zum Leben, aber der Gottlose brauchet seines Einkommens zur Sünde, Sprichw. 10, 16. Brauche des Lebens, mit deinem Weibe, Pred. 9, 9. Sein Stab, des er am Meere brauchte, Es. 10, 26; und in andern Stellen mehr. Ehedem war es auch als ein Reciprocum üblich. Sie bruchten sich des Kleyds, heißt es in dem 1514 gedruckten Livius.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, nöthig haben, bedürfen, und zwar so wohl mit der vierten Endung des Hauptwortes: ich brauche Bücher, habe Bücher nöthig; als auch mit dem Infinitiv und dem Wörtchen zu. Du brauchst dieses nicht zu thun. Ein Frauenzimmer braucht nicht gelehrt zu seyn. Sie brauchen ihm nichts davon zu sagen, es ist nicht nöthig, daß sie ihm etwas davon sagen. Wir brauchen ja nicht zu lieben, Gell. Wenn das geschehen sollte, so brauchte ich ja nicht befördert zu werden, so war es nicht nöthig, daß man mich beförderte. Wir brauchen nur verstellt zu weinen, So thun sie ihre Schuldigkeit, Gell. Ihr braucht ja nur die Schuld auf ihren Reitz zu schieben, Wiel. Die Oberdeutsche Mundart liebt auch in dieser Bedeutung die zweyte Endung des Hauptwortes, die auch im Hochdeutschen noch nicht ganz veraltet ist. Ich brauche deiner Dienste nicht.III. Als ein Impersonale, gleichfalls in der vorigen Bedeutung. Wenn die Sache, welche als nöthig vorgestellet wird, ein Substantivum ist, so stehet sie so wohl in der zweyten, als auch in der vierten Bedeutung. Was braucht es einer Abschrift? Was für Zeit braucht es nicht, alles das zu lesen? Es hätte nicht so vielen Aufwand, oder so vieles Aufwandes gebraucht, ein Paar gute Freunde zu bewirthen. Brauchts ihn zu finden einer Reise? Haged. Es brauchte viele Mühe, ihm sein Geheimniß abzuzwingen, Wiel. Um Beyfall zu verdienen, Brauchts einer edlen That, Weiße. Wird aber der nöthige Gegenstand durch ein Verbum ausgedruckt, so folgt daß. Es braucht es nicht, daß ich es thue. Es hätte es nicht gebraucht, daß du zu ihm gegangen wärest.

Anm. Da dieses Verbum so wohl zu seinem Bedürfnissen anwenden, als auch nöthig haben bedeutet, so ist diese Zweydeutigkeit, welche oft einen ganz entgegen gesetzten Sinn verursachen kann, vermuthlich die Ursache, warum in der ersten Bedeutung, in den meisten Fällen gebrauchen üblicher und anständiger geworden ist. In der zweyten Bedeutung aber hat sich das einfache Zeitwort besser behauptet. S. Gebrauchen. Frischens Regel, daß brauchen in dieser zweyten Bedeutung nach Art der Griechen die zweyte Endung erfordere, wenn man nur einen Theil der Sache nöthig hat, aber die vierte, wenn man ihrer ganz bedarf, ist eine Grille.Pruhhan bedeutet schon bey dem Kero, pruchen bey dem Notker, und gebruchan bey dem Willeram, uti. Im Nieders. lautet dieses Zeitwort bruken, im Angels. brucan, im Holl. bruyken, im Schwed. bruka, im Dän. bruge. Frischens und Ihre's Muthmaßung, daß es das Intensivum von einem ältern Verbo sey, welches sich noch in dem Latein. frui erhalten habe, hat alle Wahrscheinlichkeit. Indessen kann der untergeschobene Hauchlaut auch nur eine bloße Folge des Dialectes seyn. In Fructus, und Fruges ist derselbe auch schon vorhanden. Im Griechischen bedeutet - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ich esse.


Bräuchlich (W3) [Adelung]


* Bräuchlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Was gebraucht werden kann. Ein geheiligt Faß - - dem Hausherren bräuchlich, und zu allem guten Werk bereitet, 2. Tim. 2, 21. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen völlig veraltet, weil brauchbar üblicher geworden ist. 2) Was im Gebrauche ist, was der Gebrauch, die Gewohnheit mit sich bringt. Es ist einmal bräuchlich gewesen. Auch in dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet, und durch gebräuchlich verdränget worden. Im Oberdeutschen ist dafür auch bräuchig bekannt.


Brauen (W3) [Adelung]


Brauen, verb. reg. act. welches ehedem überhaupt kochen bedeutete, jetzt aber nur noch vornehmlich von dem Biere gebraucht wird, Bier aus Malz zu kochen. Bier brauen. Wir werden heute brauen. Zuweilen gebraucht man dieses Wort auch von der Zubereitung des Branntweines, Methes und Essigs, so fern letzteres durch Kochen geschiehet. Branntwein, Meth, Essig brauen. In noch weiterer Bedeutung kommt es im gemeinen Leben in verächtlichem Verstande, für vermischen, verfälschen, doch nur von Getränken vor; wohin auch folgende Stelle aus dem Logau gehöret: Mein Trinken ist nicht falsch, ich darf mir nicht gedenken, Es sey gebrauen zwier, vom Brauer und vom Schenken. Anm. Brauen in der heutigen Bedeutung lautet im Nieders. brouen, bruen, im Oberdeutschen bräuen, bey dem Stryker bruuuen, im Angels. briwan, im Engl. to brew, im Holländ. brouwen, im Dän. brygge, im Schwed. brygga. Daß dieses Wort ehedem für kochen gebraucht worden, erhellet noch aus dem Wallisischen bervi, dem Angels. Briw, jusculum, und dem Deutschen Brühe und Brodem. Wenn sich ein gewisser dicker Nebel nahe an der Oberfläche der Erde erhebet, so sagen die Niedersachsen der Hase brauet. Man hüthe sich, diesen Ausdruck für eine figürliche Redensart zu halten. Hase, Engl. Haze, ist ein dicker Nebel, vielleicht von har, hase, grau; brauen aber stehet hier intransitive, für aufsteigen, sich wie ein siedendes Wasser erheben. Es bedeutet also diese Redensart, die dem ersten Anscheine nach sinnlos ist, eigentlich so viel als, es steigt ein dicker Nebel auf. Vermuthlich drucken brauen und das davon abstammende Franz. bruir das Geräusch aus, welches flüssige Körper im Aufsieden machen, und alsdann würde brausen dessen Intensivum seyn. S. dieses Wort. Im mittlern Lateine kommt brassare und braxare, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, von dem Brauen des Bieres vor. Aber dieses gehöret vermuthlich zu einem andern Stammworte. S. Brasilien-Holz.


Brauer (W3) [Adelung]


Der Brauer, des -s, plur. ut nom. sing. der das Bierbrauen verstehet und verrichtet; ein Braumeister. In einigen Städten auch ein Bürger, der das Recht hat, Bier auf den Verkauf zu brauen; ein Brauherr, Brauerbe, in Erfurt ein Biereige. Im weiblichen Geschlechte die Brauerinn, plur. die -en. In Baiern heißt der Brauer ein Bräu, und die Brauerschaft, die Bräuschaft.


Brauerey (W3) [Adelung]


Die Brauerey, plur. die -en, im gemeinen Leben. 1) Die Kunst des Bierbrauens; ohne Plural. Die Brauerey verstehen. 2) Das Geschäft, das Gewerbe des Bierbrauens; auch ohne Plural. Die Brauerey aufgeben. 3) Der Ort, wo das Brauer des Bieres verrichtet wird; ein Brauhaus.


Brauergilde (W3) [Adelung]


Die Brauergilde, plur. die -n, an einigen besonders Oberdeutschen Orten, eine Gilde, d. i. Zunft der Brauherren, oder derjenigen Bürger, die das Recht haben, Bier zum Verkaufe zu brauen; an andern Orten die Brauerschaft, die Brauerzunft, die Braugesellschaft, die Brauinnung.


Brauerschaft (W3) [Adelung]


Die Brauerschaft, plur. die -en, S. das vorige.


Braugerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Braugerechtigkeit, plur. inus. das Recht Bier zu brauen, welches entweder auf den Personen oder auf den Häusern haftet; das Braurecht. Wer dieses Recht besitzet wird brauberechtigt genannt. An einigen Orten heißt die Braugerechtigkeit das Brauurbar.


Brauhaus (W3) [Adelung]


Das Brauhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, welches vornehmlich zum Brauer des Bieres bestimmt ist. Zuweilen auch in weiterer Bedeutung, ein Haus, auf welchem die Braugerechtigkeit haftet; in Thüringen ein Biereigenhof.


Brauherr (W3) [Adelung]


Der Brauherr, des -en, plur. die -en, der Besitzer eines Hauses, auf welchem die Braugerechtigkeit haftet; an andern Orten ein Brauer, ein Biereige.


Brauinnung (W3) [Adelung]


Die Brauinnung, plur. die -en, die Innung oder Zunft aller Brauherren eines Ortes. S. Brauergilde.


Braukabel (W3) [Adelung]


Die Braukabel, plur. die -n, S. Braureihe.


Braukessel (W3) [Adelung]


Der Braukessel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Kessel, in welchem das Bier bey dem Brauen gekocht wird.


Brauknecht (W3) [Adelung]


Der Brauknecht, des -es, plur. die -e, ein Gesell des Braumeisters; ingleichen ein jeder Arbeiter, der dem Braumeister bey dem Brauen an die Hand gehet. Ist es eine Person weiblichen Geschlechtes, so wird sie eine Braumagd genannt.


Braukufe (W3) [Adelung]


Die Braukufe, plur. die -n, S. Braubottich.


Braumagd (W3) [Adelung]


Die Braumagd, plur. die -mägde, S. Brauknecht.


Braumeister (W3) [Adelung]


Der Braumeister, des -s, plur. ut nom. sing. der das Brauen des Bieres rechtmäßig erlernet hat, und solchem vorstehet; im gemeinen Leben ein Brauer.


Braun (W3) [Adelung]


Braun, -er, -ste, nicht, wie oft im gemeinen Leben, bräuner, bräunste, adj. et adv. welches der Nahme einer dunkeln Farbe ist, die oft aus der Vermischung von schwarz und roth entstehet. Ein braunes Pferd; im gemeinen Leben ein Brauner. Braune Kastanien. Jemanden braun und blau schlagen, im gemeinen Leben. Braune Butter, braun gebratene Butter, in den Küchen. Kastanienbraun, kaffeebraun, nelkenbraun, dunkelbraun, schwarzbraun, hellbraun, lichtbraun u. s. f. Braun von Haaren. Braune Schatten, die braune Nacht, bey den Dichtern. Zuweilen wird dieses Wort auch als ein Hauptwort gebraucht, eine braune Farbe im Abstracto anzudeuten; in welchem Falle es denn, wie andere Wörter dieser Art, indeclinabel ist, auch wenn es einen braunen Farbenkörper bezeichnet. Das ist ein schönes Braun. Ein helles, ein dunkeles Braun. Auf seinen Wangen ist zu schaun Anstatt der Jugend Milch, ein lebhaft männlich Braun, Haged. Augen vom schönsten Braun, nicht braunen. Der hohe Preis des Englischen Braun, eines Farbenkörpers, nicht Braunes oder Braunen.

Anm. Braun, Nieders. und Dän. bruun, Holländ. bruyn, Angels. brun, Französ. brun, Ital. bruno, Engl. brown, Schwed. brun, im mittlern Lateine brunus, stammet, dem Hrn. Ihre zu Folge, vermuthlich von brennen, brinnen ab, welches im Oberdeutschen in einigen Zeiten gleichfalls ein u hat. Die braune Farbe gleicht wirklich der, welche Körper haben, die von dem Feuer oder von der Sonne gebrennet sind, daher auch Brand in einigen Zusammensetzungen nichts anders als braun bedeutet. Übrigens hatte braun, brun, ehedem noch zwey andere Bedeutungen, davon wenigstens die eine von unserm gegenwärtigen Worte sehr verschieden ist, indem es so wohl den Rand, als auch glänzend bedeutet. S. Augenbraune und Bruniren.


Brau-Nahrung (W3) [Adelung]


Die Brau-Nahrung, plur. inus. das brauen des Bieres, als ein Nahrungszweig betrachtet.


Braunbier (W3) [Adelung]


Das Braunbier, des, -es, plur. von mehrern Arten, die -e, braunes Bier, zu welchem das Malz auf der Darre gedörret worden; im Gegensatze des weißen Bieres, oder Weißbieres.


Bräune (W3) [Adelung]


Die Bräune, plur. inus. 1) Die braune Farbe im Abstracto. Die bräune des Gesichtes, des Kupfers, der Kastanien. In welcher Bedeutung aber dieses Wort wenig gebraucht wird, indem in den meisten Fällen das Indeclinabile das Braun dafür üblich ist. 2) In dem Bergbaue wird so wohl eine gewisse räuberische Erzart die Bräune, und das Braunerz genannt, als auch ein angeflogenes braunröthliches Wesen an dem Gesteine, welches für ein gutes Zeichen in der Nähe befindlicher reichhaltiger Erze gehalten wird, und eigentlich eine Eisenerde von verwitterten Kiesen ist. 3) Eine Krankheit des Halses bey Menschen und Thieren, welche sich durch die Entzündung der Theile der Luftröhre und des Magenschlundes äußert, und diese Theile braunroth färbet; die Kehlsucht, Halssucht, Angina Synanche, Nieders. Brun, Böhm. Prym. Unter den Thieren sind besonders die Pferde, das Rindvieh und die Schweine dieser Krankheit ausgesetzet. Eine gefährliche Art derselben bey den letztern, wo der Tod in vier und zwanzig Stunden erfolget, wird im gemeinen Leben das wilde Feuer genannt.


Braunelle (W3) [Adelung]


1. Die Braunelle, plur. die -n, noch häufiger im Diminutivo, das Braunellchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleiner Vogel, welchen Klein zu den Brustwenzeln, Linne aber zu den Bachstelzen rechnet, und der diesen Nahmen seiner Farbe zu danken hat; Sylvia rectricibus alarum macula alba, Kl. bey dem Johnston Prunella. Frisch rechnet ihn zu den Grasmücken und nennet ihn Curruca fusca, alba macula in alis.


Braunelle (W3) [Adelung]


2. Die Braunelle, eine Pflanze, S. Brunelle.


Bräunen (W3) [Adelung]


Bräunen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist. 1. In der thätigen Gattung, braun machen. Die Sonne bräunet die Kirschen, die Haut. Von der Sonne gebräunet. Mehl in brauner Butter bräunen, braten, rösten. Auch als ein Reciprocum. Eh noch die Wange sich männlich bräunte, Denis. 2. In der Mittelgattung, mit dem Hülfsworte haben, braun werden. Die Kirschen bräunen an der Sonne.


Braunerz (W3) [Adelung]


Das Braunerz, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, eine Benennung, mit welcher die Bergleute so wohl eine gewisse räuberische Bergart belegen, die sie auch Bräune nennen, als auch ein gewisses derbes Erz, welches ehedem zu Schneeberg gebrochen wurde, und auf dem Schnitte grün aussahe.


Braunfisch (W3) [Adelung]


Der "Braunfisch", des -es, plur. die -e, eine Art Delphine oder Meerschweine, welche dicker und kürzer als der eigentliche Delphin ist, eine stumpfe Schnautze, und am Halse eine Blaseröhre hat; Phocaena, L. Phocaena vel Tursio, Kl. Weil er vor einem Sturme häufig aus dem Wasser in die Höhe springt, so wird er auch der "Springer", und in den nordischen Mundarten der "Tumbler", wegen seiner dicken kurzen Gestalt aber auch "Tonnin" genannt. Einige belegen auch den "Buttskopf" mit dem Nahmen des großen Braunfisches.


Braungeyer (W3) [Adelung]


Der Braungeyer, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, eine Benennung des Fischaaren, wegen seiner kastanienbraunen Farbe.


Braunholz (W3) [Adelung]


Das Braunholz, S. Brasilien-Holz.


Braunhuhn (W3) [Adelung]


Das Braunhuhn, des -es, plur. die -hühner, noch häufiger im Diminutivo, das Braunhühnchen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art der Sand- oder Strandläufer, welche man im gemeinen Leben mit zu den Schnepfen rechnet. Es ist kastanienbraun von Farbe, hat einen fleckigen weißen Streifen unter den Flügeln, und graublaue Füße; Glareola castanea, Kl.


Braunkehlchen (W3) [Adelung]


Das Braunkehlchen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Bachstelzen mit brauner Kehle; Motacilla rubetra, L. Es wirdim gemeinen Leben auch der Fliegenstecher, der Fliegenvogel, das Pfäffchen, der Todtenvogel, der Nesselfink, die Steinfletsche, die Steinpatsche, der kleine Steinschmätzer genannt. Die letztern drey Nahmen hat er daher, weil er in Steinhaufen und Felsen brütet, und seine Stimme so lautet, als wenn man mit der Zunge schmatzet.


Braunkohl (W3) [Adelung]


Der Braunkohl, des -es, plur. inus. eine Art Kohles, welche diesen Nahmen von ihrer braunrothen Farbe hat, und von welcher es so wohl krausen Braunkohl, als auch braunen Kopfkohl gibt. Doch führet die erste Art vorzüglich den Nahmen des Braunkohles. Weil die Farbe zugleich in das Blaue fällt, so wird er in Oberdeutschland Blaukohl, sonst aber auch Rothkohl genannt.


Braunkohle (W3) [Adelung]


Die Braunkohle, plur. die -n, eine Art Erdkohlen von brauner Farbe, welche eigentlich aus verschlämmten und von dem Erdöhle durchdrungenen Holze bestehet.


Braunkopf (W3) [Adelung]


Der Braunkopf, des -es, plur. die -köpfe, eine Art weißer Meven mit braunrothem Kopfe, rothköpfiger Seeschwalm, Larus albus Erythrocephalus, Kl. Engl. the Brownhead.


Bräunlich (W3) [Adelung]


Bräunlich, -er, -ste, adj. et adv. ein wenig braun. Ein bräunliches Tuch. Eine bräunliche Farbe.


Bräunling (W3) [Adelung]


Der Bräunling, des -es, plur. die -e, eine Art Äpfel mit dunkelbrauner Schale, welche gut zum Kochen sind.


Braunnacke (W3) [Adelung]


Der Braunnacke, des -n, plur. die -n, S. Brandänte.


Braunroth (W3) [Adelung]


Braunroth, adj. et adv. bräunlich roth, ein Roth welches in das Braune fällt. Ein braunrothes Gesicht. Das Kupfer ist braunroth. So auch braunröthlich, und welches davon noch verschieden ist, bräunlichroth. Oft wird das Braunroth indeclinabel als ein Substantiv gebraucht, eine braunrothe körperliche Farbe zu bezeichnen, welche gemeiniglich ein Ocher ist, dem man durch das Brennen eine braunrothe Farbe gegeben, und worunter das Englische Roth, oder Englische Braunroth, eine der feinsten Arten ist. Die eine Art desselben bringt ihre braunrothe Farbe schon aus dem Schooße der Erde mit. Von der Declination dieses Substantives gilt eben das, was schon bey Braun ist erinnert worden.


Braunschecke (W3) [Adelung]


Die Braunschecke, plur. die -n, eine Schecke, d. i. ein fleckiges Pferd, welches braune Flecken auf einer weißen Grundfarbe hat.


Braunsilge (W3) [Adelung]


* Die Braunsilge, plur. inus. eine in dem Munde des großen Haufens verdorbene Benennung des Basilien-Krautes. S. Basilien.


Braunstein (W3) [Adelung]


Der Braunstein, des -es, plur. inus. ein schwarzgrauer, abfärbender vermischter Stein, welcher unter andern auch aus eisenfarbigem Glimmer bestehet. Er hat unordentlich laufende Strahlen, sieht von außen dem Spießglase gleich, fließt im Feuer, und wird von den Töpfern zur schwarzen Lasur, von den Glasmachern aber zur Reinigung der Gläser gebraucht; Schwarzstein, Eisenglanz, Magnesia vitriariorum.


Braunwurz (W3) [Adelung]


Die Braunwurz, plur. car. ein Nahme verschiedener Pflanzen, welche diesen Nahmen entweder von der braunrothen Farbe ihrer Stängel und Blumen, oder auch von der ihnen beygelegten Wirkung wider die Bräune haben. 1) Der Scrophularia, L. welche auch Knollenwurz, Knotenwurz, Fischkraut, Rauchwurz, weil sie die Würmer bey den Schweinen vertreiben soll, Sauwurz, Wurmkraut, Wurmwurz, und wegen einer andern medicinischen Wirkung auch Feigwarzenkraut genannt wird. 2) Der Prunella, L. S. Brunelle. 3) Des kleinen Schellkrautes, Chelidonium minus, L.


Brauofen (W3) [Adelung]


Der Brauofen, des -s, plur. die -öfen, der Ofen, worin das Wasser zu einem Gebräude gesotten wird.


Brauordnung (W3) [Adelung]


Die Brauordnung, plur. die -en. 1) Die Ordnung, nach welcher die brauberechtigten Bürger einer Stadt das Brauen verrichten; die Braureihe. 2) Eine obrigkeitliche Vorschrift, nach welcher das Bier gebrauet werden muß.


Braupfanne (W3) [Adelung]


Die Braupfanne, plur. die -n, die Pfanne in dem Brauofen, in welcher das Bier bey dem Brauen gekocht wird.


Braurecht (W3) [Adelung]


Das Braurecht, des -es, plur. inus. S. Braugerechtigkeit.


Braureihe (W3) [Adelung]


Die Braureihe, plur. die -n, die Reihe oder Ordnung, in welcher die Brauherren eines Ortes nach einander brauen dürfen; die Brauordnung, an einigen Orten die Braukabel; S. Kabel.


Braus (W3) [Adelung]


Der Braus, des -es, plur. car. von dem Zeitworte brausen, im gemeinen Leben, das Brausen, doch wohl nur in der R. A. im Sause und Brause leben, sich immer mit lärmenden Vergnügungen beschäftigen.


Brausche (W3) [Adelung]


Die Brausche, plur. die -n, Diminutivum das Bräuschchen, eine mit Blut unterlaufene Bäule, besonders so fern sie von einem Falle herrühret. Das Kind hat sich eine Brausche gefallen. Es ist im täglichen Umgange Ober- und Niedersachsens am üblichsten. In Niedersachsen lautet es Brusche.


Brauschen (W3) [Adelung]


Brauschen, S. Brausen.


Brauschenke (W3) [Adelung]


Die Brauschenke, plur. die -n, auf den Dörfern, eine Schenke, welche zugleich das Recht hat, das Bier, welches sie verschenket, selbst brauen zu dürfen; in Niedersachsen der Braukrug.


Brause (W3) [Adelung]


Die Brause, plur. inus. 1) Von brausen, gähren, der Zustand, da ein flüssiger Körper gähret. Das Bier, der Wein ist noch in der Brause. 2) Der blecherne durchlöcherte Aufsatz an einer Gießkanne der Gärtner, weil das Wasser mit einem gelinden Brausen aus derselben spritzet.


Brausebeutel (W3) [Adelung]


Der Brausebeutel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine gewisse Krankheit der Schweine, besonders im Chur-Braunschweigischen, welche mir doch nicht näher bekannt ist. 2) Ein ungestümer, brausender, windiger Mensch, im verächtlichen Verstande.


Brauseerde (W3) [Adelung]


Die Brauseerde, plur. inus. im gemeinen Leben, ein rother eisenhaltiger Thon, der sich im Wasser mit einem Geräusche aufblähet.


Brausen (W3) [Adelung]


Brausen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und den Schall nachahmet, den gewisse Körper, besonders das Wasser und die Luft, erregen, wenn sie in eine heftige Bewegung gerathen. 1. Eigentlich. Der Wind brauset um die beschneyeten Dächer. Das Meer schäumet und brauset. Die Flammen brauseten wie ein Sturmwind. Die Ohren brausen mir, im gemeinen Leben, figürlich, ich empfinde ein brausendes Geräusch in den Ohren. Das Sausen und Brausen der Ohren. Warum brausen deine Ungewitter, o Rache, noch immer von ferne? Der Rache Donner braust schon über mich daher, Weiße. Wenn die Pferde niesen, so sagt man gleichfalls sie brausen, und im Nieders. ist brusten, prusten, Schwed. prusta, von dem Niesen überhaupt, auch der Menschen, üblich; welches Wort also nicht von dem Prosit der Anwesenden herkommt, wie sich jemand hat einfallen lassen. Aber die Pferde brausen auch, wenn sie in einer heftigen Leidenschaft ein brausendes Geräusch von sich hören lassen, wofür man im gemeinen Leben auch wohl brauschen sagt, nach dem Muster des Nieders. brusken, brüsken. Die Gelben (die gelben Pferde) merken dieß und fangen an zu brauschen, von Brand in Canitzens Gedichten. Die Sau brauset, in Obersachsen, wenn sie läufig ist. 2. Figürlich. 1) Gähren, von dem Biere und Weine, weil dasselbe mit einer Art von Brausen verbunden ist. Der Most brauset. Das Bier hat schon gebrauset. 2) Eine heftige Leidenschaft ausbrechen lassen. So schnaubet und brauset ein Zorniger. Auch die Jugend brauset, oderist im Brausen, wenn sie ihren Leidenschaften den Zügel schießen lässet.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. brusen, im Schwed. brusa, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und nach einer andern Mundart - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Im Ital. und Franz. ist brusco, brusque, zornig, ungestüm, brausend, welches mit dem Frequentativum brauschen, Nieders. brusken, überein kommt. Brausen selbst aber ist nichts anders als ein Intensivum von einem alten Verbo brauen, welches jetzt nur noch kochen bedeutet, ehedem aber ein siedendes Geräusch auch in andern Fällen ausgedruckt haben muß, wie aus dem Franz. bruir, bruit, dem Latein. bruitus, und dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Wasser mit einem Geräusche ausschütten, erhellet. S. auch Brauen. Das Anfangs-B ist auch hier die Partikel be; denn das Schwed. rusa, das Nieders. rusen, und die Frequentativa rieseln, rauschen, rasseln, brausen, prusten, brauschen, prasseln, und viele andere mehr, sind in verschiedenen Formen lauter Nachahmungen eines ähnlichen Schalles nach allen seinen veränderten Umständen. Das Wort Braut, in den großen Theils veralteten Ausdrücken Windsbraut und Wasserbraut, gehöret gleichfalls hierher; denn s und t sind oft nur der Mundart nach verschieden, wie schon aus dem oben angeführten Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Latein bruitus erhellet. S. Windsbraut.


Braushahn (W3) [Adelung]


Der Braushahn, des -es, plur. die -hähne, eine Art Sand- oder Strandläufer, wovon die Männchen sehr schön und bunt, aber fast mit unendlichen Abänderungen sind; Glareola pugnax, Kl. Tringa pugnax, L. Sie haben den Nahmen daher, weil die Männchen unaufhörlich mit einander kämpfen, so bald sie sich auf der Erde befinden, wobey sie ein brausendes Geräusch machen. Braushahn ist eigentlich der Schwedische Nahme dieses streitbaren Vogels, in Pommern wird er Hausteufel, um Danzig Kampfhähnchen, in andern Gegenden Streithahn, Streitschnepfe, Plerrhahn, und im Engl. Ruff genannt.


Braut (W3) [Adelung]


1. Die Braut, plur. die Bräute, Diminutivum Bräutchen, Oberdeutsch Bräutlein, eine verlobte Person weiblichen Geschlechtes, und in engerer Bedeutung, eine solche Person am Tage der Hochzeit. Sie ist eine Braut, sie ist mit einem Manne versprochen. Ist sie schon Braut? Sie sind ja geputzt wie eine Braut Sprichw. Wer das Glück hat, führt die Braut heim; welches um das Jahr 871 seinen Ursprung genommen haben soll, in welchem Jahre die Mähren die Prinzessinn eines Böhmischen Herzogs, die eine Braut war, raubten, solche aber nebst allem geraubten Gute dem Gefolge des Bischofes Arno von Würzburg überlassen mußten, von welchem sie unvermuthet überfallen wurden.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Ulphilas Bruth, bey dem Ottfried und Tatian Brut, bey dem Notker Prud, im Nieders. Brunt, im Holländ. Bruyd, im Dän. Schwed. und Isländ. Brud, im Angels. Bryd, im Engl. Bride. Die Abstammung desselben hat die Wortforscher zu allen Zeiten sehr verlegen gemacht. Siegmund Feyerabend und lange nach ihm Leibnitz legten diesem Worte eine ursprüngliche schmutzige Bedeutung bey; Skinner leitete es von brüten ab; Wachter und die meisten nach ihm von dem alten Scand. pryda, schmücken, zieren, Schwed. prud, geschmückt; doch schlägt Wachter auch die Zeitwörter betrauen und berathen vor. Allein alle diese und hundert andere Ableitungen sind unnütz, so lange die erste eigentliche Bedeutung dieses Wortes nicht bekannt ist. Die heutige Bedeutung ist es gewiß nicht. Bey dem Ulphilas bedeutet Bruth, so wie noch das Franz. Bru, des Sohnes Frau, die Schnur, so wie das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - so wohl eine Schnur, als auch eine Braut, und das Latein. Nurus so wohl eine Schnur, als eine jede Person weiblichen Geschlechtes bedeutete. In der Sprache der heutigen Bretagnier ist Priod nicht nur eine Ehefrau, sondern auc h ein jedes Eigenthum, Priodas die Hochzeit, Priodwr und Priodufah ein Bräutigam, und Priaud eine Wittwe. Im alten Isländ. wird Brudur, und im Angels. Bryda von einer jeden Person des andern Geschlechtes gebraucht. Bey dem Notker ist Prutsamina die Kirche, und Alliliche Prutsaminga die katholische Kirche. Brutloufti, Brautlöbde, bedeutet im Oberdeutschen von Ottfrieds Zeiten an sehr häufig die Hochzeit, von welchem Worte Schilters Glossar. und Frischens Wörterbuch nachgesehen werden können. S. Bruder. in einigen der folgenden Zusammensetzungen bedeutet Braut auch den Bräutigam. Übrigens heißt eine Braut in den gemeinen Mundarten, so wohl Oberdeutschlandes als Niedersachsens auch ein Gespons, und unter den Braunschweigischen Landleuten eine Nöthe, vermuthlich von Genossinn.


Braut (W3) [Adelung]


2. Die Braut, plur. inus. ein nur bey den Gärbern übliches Wort, wo es eine Art Erhitzung oder Gährung bedeutet, worein das Gemische Leder nach dem Walken versetzet wird, damit der Thran tiefer eindringe, und das Leder seine gehörige gelbe Farbe erhalte. Es stammet vermuthlich von Brut, brüten, in Rücksicht auf die Wärme her. Noch ein anderes Braut, welches aber nur noch in Wasserbraut und Windsbraut üblich ist, ist von brausen. S. dasselbe in der

Anm. und Windsbraut.


Brautbett (W3) [Adelung]


Das Brautbett, des -es, plur. die -e, und -en. 1) Das Bett, in welchem die Hochzeit vollzogen wird, und welches gemeiniglich ein Stück von der Aussteuer der Braut ist; plur. die -e. Das Brautbett beschreiten. Im Angels. Brid-bed, in Boxhorns Glossen Prutbetti. 2) Eines der dazu gehörigen Federbetten; plur. die -en. S. Bett.


Braut-Casse (W3) [Adelung]


Die Braut-Casse, plur. die -n, eine Anstalt zur unentgeldlichen Ausstattung armer Mädchen.


Brautdiener (W3) [Adelung]


Der Brautdiener, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, wie in Thüringen und Niedersachsen, unverheirathete Mannspersonen, welche den Bräutigam am Tage der Hochzeit bedienen, und ihn in das Schlafgemach führen. S. Brautjungfer.


Brautführer (W3) [Adelung]


Der Brautführer, des -s, plur. ut nom. sing. diejenigen Personen, welche die Braut und den Bräutigam am Tage der Hochzeit vor den Altar begleiten; Kirchführer, an einigen Orten Brautleiter, im Schwed. Brudmann, ehedem Brudcarlar, und im Gothländischen Gesetze Bryttuga, von toga, ziehen, führen. Im Salischen Gesetze wird ein solcher Brautführer Druthe genannt, wofür Herr Ihre lieber Bruthe oder Bruthtog lesen will.


Brautgeschenk (W3) [Adelung]


Das Brautgeschenk, des -es, plur. die -e. 1) Geschenke, welche verlobte Personen einander zum Zeichen ihrer Liebe machen. 2) Geschenke, welche die Hochzeitgäste dem Bräutigam am Tage der Hochzeit machen.


Brauthaube (W3) [Adelung]


Die Brauthaube, plur. die -n, an einigen Orten, ein gestricktes Netz in Gestalt einer Haube, welches der Braut aufgesetzet wird, wenn ihr der Kranz abgenommen worden.


Brauthaus (W3) [Adelung]


Das Brauthaus, des -es, plur. die -häuser, das Wohnhaus einer Braut, besonders an ihrem Hochzeittage.


Brauthemd (W3) [Adelung]


Das Brauthemd, des -es, plur. die -en. 1) Das zierliche Hemd, welches so wohl die Braut, als auch der Bräutigam am Hochzeittage anlegen. 2) Ein Hemd, welches die Braut den nächsten Verwandten des Bräutigams zum Hochzeittage zum Geschenke macht.


Bräutigam (W3) [Adelung]


Der Bräutigam, des -s, plur. die -e, eine verlobte Person männlichen Geschlechtes, besonders am Tage der Hochzeit.

Anm. Im Nieders. Brödegam, Broegam, bey dem Ottfried Brutigomo, bey dem Notker Priutegom, im Holländ. Bruydgom, im Angels, Bridguma, im Engl. Bridegroom,im Dän. Brudgam, im Schwed. Brudgumme. Die letzte Sylbe dieses Wortes hätte den Wortforschern nicht so schwierig vorkommen sollen, als wirklich geschehen ist; denn Gam ist ein sehr altes bekanntes Wort, welches bey allen unsern alten Schriftstellern und Nachbarn einen Mann oder eine Mannsperson bedeutet; bey dem Kero Comman, bey Isidors Übersetzer Gomo, bey dem Ottfried Gomman und Gomo, Angels. Guma, bey den alten und heutigen Schweden Gam, Gome und Gumma. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - scheinen genau damit verwandt zu seyn. Ulphilas nennt einen Bräutigam Bruthfaths, bey dem Ottfried heißt er auch Vuirit, Wirth, bey dem großen Haufen in Niedersachsen und Baiern Gespons, und unter den Harzischen Bergleuten Gammel. S. auch Gemahl. Die Niedersachsen machen von diesem Worte ohne Bedenken den Plural Bräutigams. Im Hochdeutschen müßte er Bräutigamme heißen, und alsdann müßte man auch das Wort im Singular, wenigstens einer noch jetzt als gültig angenommenen Regel zu Folge, Bräutigamm schreiben. Allein im Hochdeutschen wird man den Plural wohl nur selten finden, obgleich das Wort desselben gar wohl fähig ist, daher dieser Mangel bloß von dem unterlassenen Gebrauche herrühret. Doch kommt er 4 Esr. 16, 35, vor; allein da lautet er die Bräutigam, als wenn das Wort indeclinabel wäre.


Bräutigamsabend (W3) [Adelung]


Der Bräutigamsabend, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden besonders Niedersachsens, gewisse Abende, da der Bräutigam vor der Hochzeit seine Braut besucht, und welche alsdann mit Schmausereyen zugebracht werden. Der Abend unmittelbar vor der Hochzeit hat noch andere Nahmen. S. Polterabend.


Brautjungfer (W3) [Adelung]


Die Brautjungfer, plur. die -n, Jungfern, die am Tage der Hochzeit neben der Braut sitzen, und sie am Abende in das Schlafzimmer führen; Nieders. Bruutsüfter, d. i. Brautschwester, in Baiern Kranzjungfer, in Dithmarsen Spriddeldocke, im Alt-Schwed. Brudemör, im heutigen Schwed. Brudframma, von freman, schmücken, ingleichen Brudsaeta, weil sie neben der Braut sitzen.


Brautkind (W3) [Adelung]


Das Brautkind, des -es, plur. die -er, ein Kind, welches von verlobten Personen vor der priesterlichen Einsegnung erzeuget worden.


Brautkleid (W3) [Adelung]


Das Brautkleid, des -es, plur. die -er, das Kleid der Braut oder des Bräutigams am Tage der Hochzeit.


Brautkranz (W3) [Adelung]


Der Brautkranz, des -es, plur. die -kränze, ein Kranz, welchen die Braut am Hochzeittage träget, wenn sie, wenigstens vor der Welt, in Keuschheit gelebt hat.


Bräutlich (W3) [Adelung]


Bräutlich, -er, -ste, adj. et adv. einer Braut anständig, angemessen.


Brautlied (W3) [Adelung]


Das Brautlied, des -es, plur. die -lieder, ein Lied, in welchem der Dichter eine Hochzeit besinget, oder auch, welches von Verlobten am Tage der Hochzeit gesungen wird; bey dem Notker Prutelob.


Brautlösung (W3) [Adelung]


Die Brautlösung, plur. inus. bey einigen Handwerkern, z. B. den Schustern, die Auswirkung der Erlaubniß, heirathen zu dürfen, welche von der Gilde vermittelst eines Stück Geldes erhalten wird, welches daher das Brautlösungsgeld heißt.


Brautmaye (W3) [Adelung]


Die Brautmaye, plur. die -n, an einigen Orten auf dem Lande, ein mit allerley Hausgeräthe behangener Maybaum, welchen die jungen Leute einer Gemeinde dem Brautpaare am Tage der Hochzeit vor dessen Wohnung aufstecken.


Brautmesse (W3) [Adelung]


Die Brautmesse, plur. die -n, ein noch aus der Römischen Kirche übrig gebliebenes Wort, die Musik auszudrucken, welche bey Hochzeiten kurz vor der Trauung angestimmet wird. Zuweilen bedeutet dieses Wort auch wohl die ganze priesterliche Trauung.


Brautmutter (W3) [Adelung]


Die Brautmutter, plur. die -mütter. 1) Die Mutter der Braut. 2) In einigen Gegenden, z. B. im Magdeburgischen, verehelichte Frauenspersonen, welche den Tag vor der Hochzeit das Brautbett bereiten.


Brautpaar (W3) [Adelung]


Das Brautpaar, des -es, plur. die -e, die Braut und der Bräutigam, als ein Paar betrachtet, zwey verlobte Personen.


Brautring (W3) [Adelung]


Der Brautring, des -es, plur. die -e, diejenigen Ringe, mit welchen sich zwey Personen am Tage der Verlobung beschenken.


Brautschatz (W3) [Adelung]


Der Brautschatz, des -es, plur. inus. 1) In der weitesten Bedeutung, zuweilen alles, was die Frau so wohl an beweglichen als unbeweglichen Gütern ihrem Manne zubringt. 2) In engerer und heutiges Tages der eigentlichsten Bedeutung, dasjenige Geschenk, welches zwey Personen bey der Verlobung sich zum Unterpfande ihrer Liebe und Treue einhändigen; der Mahlschatz. 3) An einigen Orten auch der Schatz, d. i. die Abgabe, welche Unterthanen, die sich verheirathen, der Herrschaft entrichten müssen; der Brautschilling. S. Brautvieh, und Brautmiethe.


Brautschauen (W3) [Adelung]


Das Brautschauen, des -s, plur. inus. in einigen Gegenden, z. B. in Meißen, auf dem Lande, die feyerliche Besichtigung, welche die Ältern oder Freunde der Braut oder des Bräutigams bey dem einen Theile, so wohl in Ansehung seiner Person, als auch der Vermögensumstände anstellen.


Brautschilling (W3) [Adelung]


Der Brautschilling, des -es, plur. inus. S. Brautschatz.


Brautschmuck (W3) [Adelung]


Der Brautschmuck, des -es, plur. inus. der Schmuck, d. i. der ganze Inbegriff, Bändern, Spitzen u. s. f. womit sich eine Braut am Tage der Hochzeit schmücket.


Brautsuppe (W3) [Adelung]


Die Brautsuppe, plur. die -n. 1) An einigen Orten, ein mäßiger Schmaus, welchen die Braut vor der Hochzeit ihrer Verwandten, Brautmüttern u. s. f. gibt. 2) An andern Orten, die Speisen, welche man den Tag nach der Hochzeit den Gästen in das Haus schicket. Bey den Handwerkern wird die Brautsuppe den Ältesten des Handwerkes geschickt.


Brauttag (W3) [Adelung]


Der Brauttag, des -es, plur. inus. 1) Der Tag des Verlöbnisses, der Verlobungstag. Der heutige Tag ist ja nicht nothwendig ihr Brauttag, Gell. 2) Der Hochzeittag.


Brautvieh (W3) [Adelung]


Das Brautvieh, des -es, plur. inus. an einigen Orten, eine Abgabe an Vieh, welche die Unterthanen bey Ausstattung ihrer Kinder der Herrschaft entrichten müssen. S. Brautschatz 3.


Brautwagen (W3) [Adelung]


Der Brautwagen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der festliche Wagen, worin Verlobte am Tage ihrer Hochzeit zur Kirche fahren. 2) An einigen Orten, besonders in Niedersachsen, auch die Ausstattung, d. i. was der Braut außer dem Heirathsgute an Kleidern, Hausgeräthe, u. s. f. mitgegeben wird; weil man es dem Bräutigam an einigen Orten noch auf einem feyerlichen Wagen zuführet. Zuweilen wird auch das Heirathsgut mit unter dieser Benennung begriffen.


Brautwerber (W3) [Adelung]


Der Brautwerber, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, der im Nahmen des künftigen Bräutigams um eine Person bey ihren Ältern oder Vorgesetzten wirbt oder anhält; der Freywerber.


Brauurbar (W3) [Adelung]


Das Brauurbar, des -es, plur. die -e, nur an einigen Orten. 1) Die Nutzung, der Gewinn von dem Brauen des Bieres. 2) Das Recht selbige zu genießen, das Recht Bier zu brauen; die Braugerechtigkeit. S. Urbar.


Brauwesen (W3) [Adelung]


Das Brauwesen, des -s, plur. inus. das Gewerbe, welches mit dem Brauen des Bieres getrieben wird, und alles was dahin gehöret.


Brauwirth (W3) [Adelung]


Der Brauwirth, des -es, plur. die -e, ein Schenkwirth, welcher zugleich das Recht hat, sein benötigtes Bier selbst zu brauen; der Besitzer einer Brauschenke.


Brav (W3) [Adelung]


Brav, -er, -ste, adj. et adv. in seiner Art gut, schön, vortrefflich. Ein braves Gehörn, bey den Jägern, ein schönes Geweih. Am häufigsten aber im moralischen Verstande. Einbraver, d. i. rechtschaffener, brauchbarer, Mann. Nun das ist brav, das ist recht gethan. Besonders von der Herzhaftigkeit, Unerschrockenheit in Gefahren. Ein braver Soldat. Das Regiment hat sehr brav gethan. Zuweilen auch, besonders im Niedersächsischen, für sehr, viel. Er hat brav geerbt. Jemanden brav abprügeln. Sehr brav druckt man im gemeinen Leben durch kreuzbrav aus.

Anm. Dieses Wort lautet im Niedersächsischen gleichfalls braf. Es ist noch ungewiß, ob wir dieses Wort erst in den neuern Zeiten von unsern Nachbarn den Italiänern und Franzosen angenommen, die ihr bravo und brave auf eben die Art gebrauchen; oder ob alle diese Wörter aus einer gemeinschaftlichen Quelle herfließen, zu welcher dann auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, muthig, und das Latein. probus, welches ehedem auch tapfer bedeutete, gehören würden. In unsern ältern Denkmahlen kommt brav nicht vor. Doch findet sich bey dem Jeroschin, einem Schriftsteller des vierzehnten Jahrhundertes, den Frisch anführet, pravelich, für herzhaft. Das Wallisische braw, das Engl. brave, das Dän. brav und Schwed. braf, werden wie das Deutsche gebraucht. Allein im Böhmischen bedeutet prawe recht, und Prawo das Recht, und die Baiern gebrauchen brav für straff, steif. In wie fern in diesen beyden Wörtern vielleicht noch die erste ursprüngliche Bedeutung verborgen lieget, mögen andere untersuchen. Herrn Ihre Ableitung von dem alten Brage, ein Held, scheinet zu gezwungen zu seyn. Wenn man in den vorigen Jahrhunderten, besonders in Niedersachsen, berf und barf in ähnlicher Bedeutung findet, so sind diese Wörter ohne Zweifel von biderb, biderf zusammen gezogen. S. Bieder, können also nicht hierher gerechnet werden.


Brecharzeney (W3) [Adelung]


Die Brecharzeney, plur. die -en, eine jede Arzeney, welche ein Brechen oder Erbrechen verursacht; Vomitorium, das Brechmittel, im gemeinen Leben auch ein Vomitiv.


Brechbank (W3) [Adelung]


Die Brechbank, plur. die -bänke, bey den Bäckern, besonders den Weißbäckern, ein Tisch oder Bank, auf welcher der Teig mit dem Knetscheide gebrochen und von neuen geknetet wird; die Breche. S. Brechen.


Brechbar (W3) [Adelung]


Brechbar, -er, -ste, adj. et adv. was sich brechen läßt. Daher die Brechbarkeit, plur. inus. Die Brechbarkeit der Lichtstrahlen.


Brechblock (W3) [Adelung]


Der Brechblock, des -es, plur. die -blöcke, auf den Kupferhämmern, ein Klotz, die Platten des Garkupfers darauf mit dem Brechhammer zu zerschlagen.


Brechbohne (W3) [Adelung]


Die Brechbohne, plur. die -n, eine Art weißer Schminkbohnen, welche sich wie Zucker brechen lassen, daher sie auch Zuckerbohnen heißen, ob sie gleich nicht süßer als andere Bohnen sind; Schweizer-Bohnen.


Brech-Confect (W3) [Adelung]


Das Brech-Confect, des -es, plur. inus. in den Apotheken, eine Brecharzeney in Gestalt eines Confectes.


Breche (W3) [Adelung]


Die Breche, plur. die -n. 1) Die Handlunge des Brechens, ohne Plural; doch wohl nur in den Weinbergen, wo das Abbrechen der überflüssigen Blätter und Reben mit diesem Ausdrucke beleget wird. 2) Ein Werkzeug zum Brechen, z. B. die Brechbank der Bäcker. Besonders in der Landwirthschaft, dasjenige hölzerne Werkzeug, mit welchem der Flachs oder Hanf nach dem Rösten gebrochen wird; im Oberdeutschen auch eine Kätsche, in Niedersachsen die Brake, im mittlern Lateine Broia, nach dem Franz. Broye. S. Brechen. 3) Bey den Schmieden führet diejenige starke Platte, welche in der Schmiedeesse von oben herab hängt, und die Hitze von dem Kopfe der Arbeiter abhält, den Nahmen einer Breche; entweder, weil sich die Hitze daran bricht, oder auch mit dem Latein. bractea aus einer und eben derselben ältern Quelle.


Brecheisen (W3) [Adelung]


Das Brecheisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Eisen, etwas damit ab- aus- oder einzubrechen, dergleichen Brecheisen die Bergleute, Steinmetzen, Mäurer, Pflas=terer, Schlösser u. s. f. gebrauchen. Wenn dieses Eisen lang ist, so heißt es eine Brechstange, und wenn diese unten gespalten und etwas krumm gebogen ist, so wird sie um der Ähnlichkeit willen, auch ein Geißfuß, Ziegenfuß, Kühfuß genannt.


Brechfalle (W3) [Adelung]


Die Brechfalle, plur. die -n, bey den Jägern, kleine hölzerne Fanggestelle, welche in die Vogelschneißen und vor die Gänge der Raubthiere gestellet werden.


Brechfieber (W3) [Adelung]


Das Brechfieber, des -s, plur. inus. ein Fieber, welches mit einem heftigen Erbrechen begleitet ist.


Brechgraupe (W3) [Adelung]


Die Brechgraupe, plur. die -n, im Bergbaue, zusammen gewachsene Zinngraupen, welche in den Gruben auf Zwittergängengebrochen werden; im Gegensatze der so genannten Kesser. S. dieses Wort.


Brechhaare (W3) [Adelung]


Die Brechhaare, singul. inus. oder als ein Collectivum, das Brechhaar, des -es, plur. inus. bey den Perucken-Machern, Böhmische Wolle, oder schlechtes Menschenhaar, welches zwischen die guten Haare dressirt, und hernach abgebrochen wird, damit die eingeschlungenen Wurzeltrümmer die leeren Räume zwischen den Gängen ausfüllen.


Brechhammer (W3) [Adelung]


Der Brechhammer, des -s, plur. die -hämmer, bey den Maurern, ein großer Hammer, Mauern, damit ab- und einzubrechen. Auf den Kupferhämmern ein großer Hammer, das Kupfer auf dem Brechblocke damit in Stücke zu schlagen.


Brechkamm (W3) [Adelung]


Der Brechkamm, des -es, plur. die -kämme, bey den Tuchmachern, eine Art grober Kämme, welche auch Reißkämme genannt werden.


Brechkolben (W3) [Adelung]


Der Brechkolben, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Kammmachern, ein Kolben, oder krummes Eisen, welches glühend gemacht wird, die alten Ochsenhörner von innen dünner zu brennen.


Brechmeißel (W3) [Adelung]


Der Brechmeißel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schlössern und andern Handwerkern, ein kurzer Meißel, Thüren und andere Sachen damit aufzubrechen.


Brechmittel (W3) [Adelung]


Das Brechmittel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Ärzten, eine Art Arzeney, welche ein Erbrechen erreget; Vomitorium.


Brechmühle (W3) [Adelung]


Die Brechmühle, plur. die -n, eine Art Stampfmühlen, auf welcher die Bestandtheile des Schießpulvers an manchen Orten einzeln zerrieben werden, ehe man sie in der eigentlichen Pulvermühle mit einander vereiniget.


Brechnuß (W3) [Adelung]


Die Brechnuß, plur. die -nüsse, die Frucht eines Amerikanischen Strauches oder Baumes, welcher gleichfalls die Brechnuß genannt wird; Purgiernuß, Jatropha, L. Die eine Art, Jatropha gossypifolia, trägt Samen, und ist ein Strauch; die zweyte Art, Jatropha Cureas, ist ein Baum, der schwarze glatte Nüsse hervor bringt. Beyde erregen ein heftiges Erbrechen und Purgieren, so wie auch die Wurzel einer dritten Art, welche bey dem Linne Jatropha Manihot heißt.


Brechpulver (W3) [Adelung]


Das Brechpulver, des -s, plur. ut nom. sing. ein Pulver, welches ein erbrechen erreget.


Brechpunct (W3) [Adelung]


Der Brechpunct, des -es, plur. die -e, in der Mathematik, derjenige Punct, in welchem ein Strahl oder eine Linie gebrochen wird.


Brechschraube (W3) [Adelung]


Die Brechschraube, plur. die -n, ein Werkzeug mit einer starken, eisernen Schraube, Thore damit aufzusprengen.


Brechstange (W3) [Adelung]


Die Brechstange, plur. die -n, eine jede gemeiniglich eiserne Stange, etwas damit ab- und loszubrechen. S. Brecheisen. Auch auf den Eisenhämmern hat man Brechstangen, das Eisen in dem Herde auszubrechen.


Brechtanne (W3) [Adelung]


Die Brechtanne, plur. die -n, in einigen Orten ein Nahme des Lärchenbaumes, vermuthlich von dem alten brechen, glänzen, wegen seiner lebhaften Farbe, daher er auch wohl Schönbaum genannt wird.


Brechung (W3) [Adelung]


Die Brechung, plur. inus. S. Brechen in der Anmerkung. In der Musik ist die Brechung, Ital. Arpeggio, wenn einer Note einige oder alle harmonische Nebennoten beygefüget werden.


Brech-Vitriol (W3) [Adelung]


Der Brech-Vitriol, des -es, plur. inus. ein salzartiger Körper, welcher aus dem Todtenkopfe des Vitriols bereitet wird, und ein Erbrechen erreget; Vitriolum album vomitorium, Gilla.


Brechwein (W3) [Adelung]


Der Brechwein, des -es, plur. inus. ein in Wein digerirter metallischer Ocher, oder Glas des Spießglases, wodurch dieser Wein zu einem Brechmittel wird; Aqua benedicta Rulandi.


Brechweinstein (W3) [Adelung]


Der Brechweinstein, des -es, plur. inus. ein Brechpulver, welches aus metallischen Ochern und Cremore Tartari zubereitet wird; Tartarus emeticus.


Brechwurz (W3) [Adelung]


Die Brechwurz, plur. car. ein Nahme, welchen man auch zuweilen der Ipecacuanha beyzulegen pflegt, weil sie ein Erbrechen verursacht.


Brechzange (W3) [Adelung]


Die Brechzange, plur. die -n, auf den Messinghütten, eine große Zange mit Widerhaken, daß aus der Krätze erhaltene Kupfer damit zu zerbrechen.


Brechzeug (W3) [Adelung]


Das Brechzeug, des -es, plur. car. ein Collectivum, alle diejenigen Werkzeuge auszudrucken, welche zum Auf- oder Einbrechen der Thüren, Schlösser u. s. f. dienen.


Bregen (W3) [Adelung]


* Der Bregen, des -s, plur. inus. der Niedersächsische Nahme des Gehirnes. Daher die Bregenwurst, in Niedersachsen, eine Art Würste, welche aus dem Gehirne der Schweine bereitet werden; Hirnwurst. Bregen hat einige Ähnlichkeit mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, der Vordertheil des Kopfes. S. Gehirn.


Brehme (W3) [Adelung]


Die Brehme, S. Bräme und Brombeere.


Breit (W3) [Adelung]


Breit, -er, -ste, adj. et adv. welches eine Art der körperlichen Ausdehnung im Gegensatze der Länge und Dicke ausdruckt.1. Eigentlich, da dieses Wort, 1) die Ausdehnung überhaupt bezeichnet, ohne Rücksicht auf deren Umfang. In diesem Verstande wird es mit den Zahlwörtern, und den Beywörtern kein, einige, viel, wenige u. s. f. ingleichen in Vergleichung und zwar als ein Nebenwort gebraucht. Das Tuch ist zwey Ellen breit. Der Fluß ist eine Viertelmeile breit. Der Rand ist zwey Finger breit. Keine Hand breit. Er war nur wenige Zoll breit. Es ist so breit, als es lang ist. Dieser Weg ist breiter als jener, aber der da ist doch der breiteste. Kein Fuß breit (nehmlich Landes) steht daselbst dir ohne Waffen offen, Schleg. Im Oberdeutschen wird dieses Wort mit der zweyten Endung des Substantives verbunden, welches auch noch in einigen Hochdeutschen Redensarten üblich ist. Einer Elle breit. Nicht eines Fingers breit von seiner Meinung abgehen. Breit ist in dieser Bedeutung nur als ein Nebenwort üblich; es klingt daher unangenehm, wenn man zuweilen höret, ein drey Finger breiter Rand, ein zwey Ellen breites Tuch. Nur der Superlativ kann füglich als ein Beywort gebraucht werden. Wenn der Bergmann die Breite eines Ganges bezeichnen will, so gebraucht er dafür mächtig, und die Werkleute drucken die Breite eines Hauses durch gespannt aus. S. Mächtig und Spannen.2) Was sehr breit ist, eine beträchtliche Breite habend, als ein Bey- und Nebenwort. Ein breites Feld, welches sehr breit ist. Das Tuch ist breit, im Gegensatze dessen, das schmal ist. Ein breiter Graben. Ein breiter Rand. Der Weg, der Fluß ist nicht breit. Weit und Breit, im gemeinen Leben, in einer großen Entfernung. Er ist weit und breit bekannt. Man spricht weit und breit von ihm. Sie schlief, und weit und breit Erschallten keine Nachtigallen, Less. 2. Figürlich. 1) * Für viel, doch nur im Oberdeutschen und in einigen Fällen. Wir haben solches des breitern Inhaltes vernommen, d. i. umständlich, ausführlich. 2) Sich breit machen, im gemeinen Leben, stolz, vornehm thun. Sich mit etwas breit machen, sich dessen rühmen. Liebes Mädchen laß dich küssen, Sagt' ich zärtlich zu Clarissen; Doch das Mädchen that ganz breit, Ey wer küßt die ganze Zeit? Zachar. Man könnte auf die Gedanken gerathen, das breit in dieser Bedeutung zu dem alten Nordischen pride, geziert, prächtig, gehöre, von welchem in der 87ten Fabel der Schwäb. Dichter breit für herrlich vorkommt; wenn es nicht glaublicher wäre, daß es hier eine bloße buchstäbliche Übersetzung des Latein. elatus ist. Denn so übersetzt Kero nicht nur elatus durch preiter, sondern auch elationis, des Stolzes, durch Preitii. S. indessen auch Spröde. 2) * Jemanden breit schlagen, im niedrigen Leben, dessen Gutwilligkeit mißbrauchen, oder nur nützen. 3) Die breite Aussprache mancher Oberdeutschen Mundarten, welche für ä, ö und ü gerne a, o und u sprechen, fugen für fügen. Im Nieders. ist breit sprechen, so viel als platt. Die Hamburger sprechen daselbst breiter als die Pommern.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Ottfried breit, bedeutet aber bey ihm auch geräumig, ingleichen zahlreich: Skara filu breita, eine große Schaar, B. 4. Kap. 16. Im Nieders. lautet es breed, in einigen Oberdeutschen Mundarten brad, in Steyermark prat, im Angels. brad, bey dem Ulphilas braid, im Engl. broad, im Schwed. bred, im Isländ. breidur, im Dän. breed. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Latein. latus, und das Deutsche platt und Blatt, sind wegen der gewöhnlichen Verwechselung des l und r genau damit verwandt. S. auch Bret.


Breitaxt (W3) [Adelung]


Die Breitaxt, plur. die -äxte, S. Breitbeil.


Breitbaum (W3) [Adelung]


Der Breitbaum, des -es, plur. die -bäume, der Tuchbereiter, S. Bauerfuß.


Breitbeil (W3) [Adelung]


Das Breitbeil, des -es, plur. die -e, bey den Zimmerleuten, ein breites Beil mit einer geradelinigen Schneide, einem dreyeckigen Blatte und einem schief eingesetzten Helme, der Zimmeraxt damit nachzuhauen; die Breitaxt.


Breitblatt (W3) [Adelung]


Das Breitblatt, des -es, plur. inus. ein Nahme, welcher an einigen Orten dem gemeinen Ahorne, Acer pseudoplatanus, L. wegen seiner breiten Blätter gegeben wird, daher er auch bey andern Breitlaub heißt.


Breitblätterig (W3) [Adelung]


Breitblätterig, adj. et adv. breite Blätter habend.


Breite (W3) [Adelung]


Die Breite, plur. die -n. 1) Diejenige Ausdehnung eines Körpers, die der Länge und Dicke oder Höhe entgegen gesetzet ist; ohne Plural. Die Breite des Hauses, des Weges, des Flusses, des Landes. Der Graben hat keine große Breite, ist von keiner beträchtlichen Breite. In der Erdbeschreibung ist die Breite eines Ortes, dessen Entfernung von dem Äquator; die Polhöhe. Daher die Süderbreite, oder südliche Breite, die Entfernung eines Ortes auf der südlichen Halbkugel von dem Äquator. Die Norderbreite, oder die nördliche Breite, die Entfernung eines Ortes auf der nördlichen Halbkugel, S. Länge. In der Astronomie hingegen wird die Entfernung eines Sternes von der Ekliptik oder der Sonnenstraße dessen Breite genannt. 2) Eine breite Fläche. In dieser Bedeutung kommt es in der Deutschen Bibel mehrmahls für eine Ebene vor. Bis an die Breite von Mizpa, Jos. 11, 8. Die Breite Sittim, 4 Mos. - 33, 49. Die Berge gehen hoch hervor und die Breiten setzen sich herunter, Ps. 104, 8. So gebraucht man dieses Wort im Hochdeutschen nicht mehr, wohl aber in der Landwirthschaft, von einem ebenen und in einer Fläche, ohne Rain oder andern Unterschied liegenden Stücke Feld von unbestimmter Größe, welches oft viele Äcker, ja ganze Hufen enthält; in Meißen eine Gebreite. In dieser Bedeutung kommt Braida, Braidum, Bradia in dem mittlern Lateine vor, welches du Fresne durch campum suburbanum erkläret; wo aber das letzte Wort überflüssig zu seyn scheinet. 3) In der Landwirthschaft, der Zustand, da der Flachs, Hanf u. s. f. zum Trocknen ausgebreitet auf dem Felde liegt. Der Flachs liegt auf der Breite. Ingleichen, so viel als von einer Art beysammen liegt. Eine Breite Flachs. In dieser Bedeutung ist es unmittelbar von dem Verbo breiten.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Notker Preiti, im Schwed. Bredd, und im Dän. Brede.


Breiteisen (W3) [Adelung]


Das Breiteisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein gewöhnlicher Meißel der Bildhauer mit geradeliniger Schneide, die geraden Flächen damit zu ebenen.


Breiten (W3) [Adelung]


Breiten, verb. reg. act. in die Breite ausdehnen. 1) Eigentlich. So werden in den Blechhämmern die Stäbe, aus welchen das Blech entstehen soll, vermittelst des Zainhammers gebreitet, breit oder platt geschmiedet. Moses breitete seine Hände gegen den Herrn, 2 Mos. 9, 33. S. Ausbreiten. 2) In weiterer Bedeutung, der Länge und Breite nach ausdehnen, doch nur im gemeinen Leben. Ein Tuch aus einander breiten. Ein Tuch über den Tisch breiten. Die Kleider auf den Weg breiten. Elisa breitete sich über das Kind, 2 Kön. 4, 34. Den Flachs, den Mist auf dem Felde breiten, ausbreiten, im gemeinen Leben auch spreiten. Wenn Opitz dieses Wort in der höhern Schreibart für ausbreiten gebraucht, so ist solches nicht zur Nachahmung zu empfehlen: Es ist dein Reich ein Reich von allen Zeiten, Der Herrschaft werth, und muß sich ewig breiten, Pf. 145.

Anm. Kepreittemumu herzin sagt schon Kero für dilatato corde. Sin rih imo gibreita ist bey dem Ottfried, eius regnum ipsi ampliaverat. Vermittelst des Zischlautes ist aus diesem Worte auch Spreiten geworden.


Breitfisch (W3) [Adelung]


Der Breitfisch, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, eine Benennung aller derjenigen Speisefische, welche einen vorzüglich breiten Körper haben, wohin die meisten Weißfische, Börse u. s. f. gehören.


Breitgold (W3) [Adelung]


Das Breitgold, des -es, plur. car. bey den Goldschlägern, eine Art Goldblätter, welche ohne Zusatz aus Ducaten-Gold geschlagen werden, und 3 Zoll in das Gevierte groß sind.


Breithammer (W3) [Adelung]


Der Breithammer, des -s, plur. die -hämmer, in den Blech- und Seigerhütten, ein großer Hammer, die Metalle damit zu Blechen zu schlagen.


Breitlaub (W3) [Adelung]


Das Breitlaub, des -es, plur. inus. S. Breitblatt.


Breitlich (W3) [Adelung]


Breitlich, adj. et adv. ein wenig breit.


Breitling (W3) [Adelung]


Der Breitling, des -es, plur. -e, dem Frisch zu Folge, eine Art Weißfische, welche er zu den Alosen rechnet, und die längs der Ostsee gefangen werden. Sie sind eine Art kleiner Häringe, die man einzusalzen pfleget. Der Fisch, der in der Mark Ukeley genannt wird, soll eine Art davon seyn.


Breitmuschel (W3) [Adelung]


Die Breitmuschel, plur. die -n, ein Nahme, der zuweilen den Gienmuscheln, Chamis, wegen ihrer breiten Schalen gegeben wird.


Breitschnabel (W3) [Adelung]


Der Breitschnabel, des -s, plur. die -schnäbel, ein Nahme, welchen verschiedene Arten von Änten führen. Die Löffelänte, deren schwarzer und weiter Schnabel die Gestalt eines Löffels hat, Anas latirostra, Kl. und welche auch Schallänte, Schildänte und Löffelgans, genannt wird, führet zuweilen auch den Nahmen des Breitschnabels. Eine Art wilder Änten, welche einen breiten, und nach unten zu gekrümmten grünen Schnabel hat, heißt bey dem Klein krummer Breitschnabel, Anas adunco rostro; und eine dritte Amerikanische Art, mit einem schwarzen Schnabel, der vorn etwas zurück gebogen ist, aufgeworfener Breitschnabel, Anas latirostra Americana.


Breitschnäbler (W3) [Adelung]


Der Breitschnäbler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Vogel mit einem breiten Schnabel. Bey dem Klein machen die Breitschnäbler, zu welchen er die Gänse und Änten rechnet, das erste Geschlecht seiner fünften Familie aus.


Breitstahl (W3) [Adelung]


Der Breitstahl, des -es, plur. die -stähle, bey den Drechslern, ein Dreheisen oder Drehstahl mit einer schrägen Schneide, das Horn damit zu ebenen; der Flachstahl.


Breitwind (W3) [Adelung]


Der Breitwind, des -es, plur. inus. in der Seefahrt, diejenige Richtung des Windes auf das Schiff, in welcher er auf die meisten Segel wirkt, und welche sich vom nahe am Winde an, bis zum halben Vorwinde erstrecket. Mit Breitwind segeln.


Breme (W3) [Adelung]


Die Breme, S. 1. Bram. 2. Bräme und Bremse.


Bremmer (W3) [Adelung]


Der Bremmer, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, ein kurzer Schacht, oder vielmehr ein Absatz in einem Schachte, welcher nicht in einer geraden Linie senkrecht nieder gehet, sondern getheilet ist; vielleicht, weil alsdann die Theile oder Absätze, woraus er bestehet, gebremmert werden. S. das folgende.


Bremmern (W3) [Adelung]


Bremmern, verb. reg. act. in Schächten, welche die gehörige Teufe zu einem zweymännischen Schachte noch nicht haben, oder in deren Absätzen, die Erze und Berge herauf ziehen, welches alsdann von Einem Manne geschiehet; vermuthlich von Bremse, so fern solches eine Handhabe oder Kurbel bedeutet, womit die Welle bey dem Bremmern umgedrehet wird.


Bremmerschacht (W3) [Adelung]


Der Bremmerschacht, des -es, plur. die -schächte, ein solcher mit Bremmern oder Absätzen versehener Schacht, ingleichen ein Absatz in demselben.


Bremse (W3) [Adelung]


Die Bremse, plur. die -n. 1) Eine Art großer Fliegen von grauer Farbe, welche sehr empfindlich sticht, und besonders den Pferden und Hornviehe nachstellet, daher die Pferdebremse und Viehbremse genannt wird; Tabanus, L. Der Bißwurm ist eine Art derselben. In einigen Mundarten lautet dieses Wort Bräme. 2) Verschiedene Werkzeuge, damit zu drücken oder zu klemmen. Bey den Hufschmieden ist es ein Werkzeug, welches man den Pferden, wenn sie bey dem Beschlagen oder einer andern Operation nicht halten wollen, an die Nase, Lippe oder Ohren legt, und ihnen diese Theile fest damit einklemmt, ihre Aufmerksamkeit auf diesen Schmerz zu richten. Im Bergbaue ist die Bremse, oder in einigen Gegenden der Brems, ein langes Holz, welches in die Erde befestiget wird, die Seile, wenn Holz in die Schächte gelassen werden soll, darum zu wickeln, damit sie nicht zu schnell nachlassen. Eben daselbst wird auch der Handgriff oder die Kurbel an einem kleinen Rade in der Welle des Kehrrades der Brems oder die Bremse, in den Oberdeutschen Bergwerken die Premse, genannt, vermittelst deren man dieses kleine Rad, welches daher auch das Bremsrad heißt, nach Belieben hemmen kann. Ja in alten Arten von Mühlen wird das Mittel, wodurch die Wirkung des Hauptrades gehemmet wird, die Bremse genannt. Bey den Seilern ist die Bremse ein härenes Seil, welches um die Lehre gewickelt wird, und das Tau beym Seilen glättet.

Anm. In der ersten Bedeutung kann dieses Wort so wohl von dem alten premen, Angels. bremman, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, brummen, summen, als auch von dem alten bremen, stechen, ( S. 1. Brame und Pfriem,) herstammen. In der zweyten ist es zwar mit dem Latein. premere aus einer und eben derselben Quelle; indessen gehöret doch auch bremen, stechen, dahin, weil doch stechen und drücken zwey Begriffe sind, welche einander nicht entbehren können. Eine Viehbremse heißt im Engl. Breese, im Angels. Briesa, im Ital. Brissio, im Holländ. Bremme, Bremse, und im Dän. Bremse.


Bremsen (W3) [Adelung]


Bremsen, verb. reg. act. 1) Ein Pferd bremsen, demselben die Bremse anlegen. 2) + Drücken, pressen überhaupt, nur in den gemeinen Mundarten. Etwas zusammen bremsen. 3) Den Umlauf eines Rades oder das Sinken einer Last durch die Bremse hindern. Ein Rad bremsen.


Bremsenthaler (W3) [Adelung]


Der Bremsenthaler, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art rarer Thaler, welche Nicol. Brömse, Bürgermeister zu Lübeck 1537 schlagen, und die Bremse, als sein Wapen darauf prägen ließ. Da er selbst aber sich Brömse schrieb, so wäre auch die Schreibart Brömsenthaler richtig.


Bremsrad (W3) [Adelung]


Das Bremsrad, des -es, plur. die -räder, S. Bremse 2. Das Bremsrad wird durch die Bremsbäume, oder Bremszungen, oder Bremsschwellen, welche auf den Bremssäulen oder Bremsdocken beweglich sind, vermittelst einer Handhabe, welche der Bremsschwengel, der Bremsschuh oder die Bremsstange heißt, gehemmet oder in Bewegung gesetzt. Alles zusammen wird das Bremswerk, und der Raum oder die Hütte, worin sich dasselbe befindet, die Bremsstube genannt.


Brennarbeit (W3) [Adelung]


Die Brennarbeit, plur. inus. im gemeinen Leben, diejenige Arbeit, da man durch Brennen neue Producte hervor bringet, oder schon vorhandenen Producten eine größere Vollkommenheit gibt. In den Schmelzhütten druckt man mit diesem Worte diejenige Arbeit aus, da das Silber fein gebrennet wird.


Brennbar (W3) [Adelung]


Brennbar, -er, -ste, adj. et adv. des Brennens fähig, was brennen, oder gebrennet werden kann. Brennbare Körper. Ein brennbares Wesen. Das Brennbare, Phlogiston. So auch die Brennbarkeit, plur. car. die Eigenschaft eines Körpers, nach welcher er brennbar ist.


Brennblase (W3) [Adelung]


Die Brennblase, plur. die -n, eine Destillir-Blase.


Brennbock (W3) [Adelung]


Der Brennbock, des -es, plur. die -böcke, im Schiffsbaue, ein eiserner Bock, die Bohlen darauf über dem Feuer zu brennen.


Brenneisen (W3) [Adelung]


Das Brenneisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein jedes Eisen, etwas damit zu brennen, oder einzubrennen. Daher das Brenneisen der Friseur, die Haare damit zu brennen, der Wundärzte, Wunden damit zu brennen, im gemeinen Leben, Thieren oder Gefäßen gewisse Zeichen einzubrennen u. s. f.


Brennen (W3) [Adelung]


Brennen, verb. irreg. ich brenne, du brennest, oder brennst, er brennet, oder brennt; Imperf. ich brannte; Mittelwort gebrannt; Imperat. brenn oder brenne. Es ist:I. Ein Neutrum mit haben, und wird gebraucht,1. Von dem Feuer, vermittelst einer Flamme leuchten und Hitze verursachen, und zwar,1) Eigentlich. So wohl von dem bloßen Zustande des Brennens und des dadurch verursachten Leuchtens, ohne Rücksicht auf die damit verbundene Wirkung der Hitze. Das Feuer brennet, gibt Flammen von sich. Das Feuer will nicht brennen. Als auch in Rücksicht auf die Hitze und die dadurch verursachte Empfindung. Das Feuer brennt, erweckt eine schmerzhafte Empfindung auf der Haut. Eine brennende Hitze.2) Figürlich. (a) In Ansehung des Lichtes, des Glanzes. Eine brennende rothe Farbe, welche gleichsam zu brennen scheinet. In seinen Augen brannte Ungeduld und Liebe. Brennende Augen, blitzende, strahlende Augen, dergleichen auch die Augen eines Zornigen zu seyn pflegen. Die Augen brannten mir, das Herze ward mir kalt, Hofmansw. (b) In Ansehung der Empfindung, von verschiedenen körperlichen Dingen, welche eine Empfindung verursachen, die dem Brennen ähnlich ist. So sagt man von der Nessel, daß sie brenne, S. Brennessel. Ein brennender Durst. Ein brennender Schmerz, ein brennendes Jucken. Der Pfeffer brennt auf der Zunge. O möcht' ich ihn nie verlieren, diesen einzigen Balsam für meine brennende (heftig schmerzende) Wunde! von Brawe.Wenn es in dieser Bedeutung die vierte Endung der Person, bey sich hat, so wird es ein Activum.2. Von den Körpern, welche dem Feuer zur Nahrung dienen. 1) Eigentlich. (a) Brennbar seyn. Steine brennen nicht, wohl aber Holz. Ingleichen, Feuer fangen. Das Licht, das Holz will nicht brennen. Nasses Holz brennt nicht leicht. (b) Von einem Flammenfeuer verzehret werden, einem Flammenfeuer zur Nahrung dienen. Das Holz, das Licht brennt. Das Haus brennt. Die ganze Stadt brannte. Der Busch brennt mit Feuer, 2 Mos. 3, 2, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Er läuft, als wenn ihm der Kopf brennete, ist niedrig. Auch in weiterer Bedeutung gebraucht man dieses Wort zuweilen von einem bloß glimmenden Feuer. Die Kohlen brennen. Brennende Kohlen, glühende.2) Figürlich. (a) Eine große Hitze haben oder von sich geben. Brennender Sand. Die Sonne brennet heute sehr heftig. Siedendes Wasser brennt auch. Ihm brennt die Stelle unter den Füßen, er äußert eine höchst ungeduldige Eilfertigkeit. (b) Besonders im sittlichen Verstande, eine heftige Leidenschaft empfinden, da denn die Leidenschaft das Vorwort vor bekommt, welches alsdann die dritte Endung erfordert. Vor Liebe, vor Verlangen, vor Zorn, vor Eifer, vor Begierde, vor Ungeduld brenne. Er brannte vor Verlangen sein Schicksal zu wissen. Ich brenne vor Scham, dir mein ganzes Verbrechen zu entdecken, Dusch. Zuweilen findet man auch das Vorwort von. Schon brennet meine Seele von einem heißen Durste darnach, Weiße. Aber in andern Fällen macht es einen merklichen Übelklang. Umsonst beschreibest du den Trieb von dem er brennet, Schleg. Ein edles Herz kann nur von edlen Flammen brennen, Chron. Die biblischen Ausdrücke, mein Eifer, mein Zorn brennet, sind im Hochdeutschen noch ungewöhnlicher, ob man gleich mit dem Mittelworte sehr wohl sagen kann, ein brennender Eifer, ein brennendes Verlangen, eine brennende Liebe u. s. f. Was entzündete in dem Römer den brennenden Eifer, für sein Vaterland zu fechten und zu sterben? Oft wird auch das Verbum mit Auslassung der Präposition und ihres Casus allein gesetzt, und da bedeutet es, vor Liebe, vor Verlangen brennen. Er brennt, den Mann von Antlitz zu kennen, Less. Ach genade kiuniginneIn sender not ich brinne Nach iuch in aller stund, Herzog Johann v. Brabant. Wenn der persönliche Gegenstand ausgedruckt werden soll, so bekommt derselbe das Vorwort für. Für jemanden brennen, vor Liebe zu ihm. Drey Jahre brenn' ich nun für dich. So hab' ich lange schon für sie allein gebrannt, Cron. Für dich brannt' er allein, wie sollt' er für mich brennen? Weiße. Die Wahrheit; sollten sie nur alle Geister kennen! Es würden bald für sie auch alle Geister brennen, Kästn. Von andern Leidenschaften, als der Liebe und höchstens dem Verlangen, ist diese Wortfügung nicht üblich; noch weniger aber die mit dem Vorworte auf, die sich Ein Mahl bey dem Opitz findet: Der Juden Volk, das zornig auf ihn brennet. II. Als ein Reciprocum. Sich brennen, sich an oder mit etwas brennen, sich am Feuer oder mit einem heißen Körper beschädigen. Das Rind hat sich am Feuer gebrannt. Er hat sich mit heißem Wasser gebrannt. S. auch Verbrennen. Sich rein brennen, sich weiß brennen, figürlich, sich zu rechtfertigen, sich als unschuldig darzustellen suchen.III. Als ein Activum. 1. Vermittelst das Brennens beschädigen; so wohl von dem Feuer, als von brennenden und andern ähnlichen Körpern. Das Licht brannte mich an die Finger. Die Sonne brennet mich auf den Kopf. Der Sand brannte unsere Sohlen, und die Sonne die Scheitel, Geßn. Ich bin von der Nessel gebrannt worden. Ein gebranntes Kind scheutet das Feuer. Er ist von der Sonne ganz schwarz gebrannt worden. Auch von den Empfindungen des Gemüthes, von einer heftigen Unruhe, großen Angst. Meiner Mutter Thränen brannten mich schmerzlicher als deine Schläge, Weiße. Es brennt ihn auf der Seele, die Ungeduld auszudrucken, welche man empfindet, wenn man gerne ein Geheimniß offenbaren möchte. Hierher gehöret vermuthlich auch der nur im gemeinen Leben übliche Ausdruck, einem alles gebrannte Herzeleid anthun, d. i. alles brennende, empfindliche Herzeleid. Daß das Mittelwort der vergangenen Zeit sehr oft für das Mittelwort der gegenwärtigen gebraucht werde, ist schon bey dem Worte Bediente angemerket worden.2. Durch das Feuer verzehren lassen. Sengen und Brennen, im gemeinen Leben, mit Feuer verwüsten. Besonders, um sich Licht Wärme zu verschaffen. Licht, Öhl brennen. In vornehmen Häusern brennet man nichts als Wachslichter. Holz, Steinkohlen, Torf brennen. In Holland brennet man kein Holz, sondern Torf.3. Vermittelst des Feuers hervor bringen, bey verschiedenen Handwerkern und Lebensarten. Holz zu Kohlen, zu Asche brennen. Steine, Metalle zu Kalk brennen. Kohlen brennen, das Holz bis auf den Grad durchbrennen, den es haben muß, wenn es zu Kohlen werden soll; in Niedersachsen Kohlen schwälen, weil solches nur vermittelst eines glimmenden Feuers geschiehet. Kalk brennen. Pech, Theer brennen, fettes Holz durch das Feuer zwingen seinen Theer herzugeben. Potasche brennen. Branntwein brennen, destilliren. Gebrannte, abgezogene, destillirte, Wasser. Messing brennen, ihn vermittelst des Feuers aus Kupfer und Gallmey hervor bringen. Stahl brennen, geschmelztes Eisen bey einem starken Feuer nochmals schmelzen, und so lange im Feuer lassen, bis alle Schlacken zerstreuet worden, und nur allein die Stahlmasse zurück bleibt.4. Durch das Feuer reinigen, oder auf eine andere Art zubereiten. Silber brennen. Das Silber fein, oder rein brennen, es, wenn es von dem Treibeherde kommt, im Feuer reinigen, bis es 15 Loth und 3 Quentchen fein wird. S. Brandsilber. Einen Kost brennen, im Bergbaue, die in den Erzen befindlichen Unreinigkeiten durch das Feuer verjagen oder verzehren lassen. Ziegel, Töpfe, Pfeifen brennen, ihnen im Feuer die gehörige Festigkeit geben. Gebrannte Steine. Die Pfanne brennen, in den Salzwerken, den Schöpp in der Pfanne mit Stroh los brennen, welches auch steinigen genannt wird. Leder brennen, bey den Schultern, das Leder mit Wachs, Salz und Kienruß einschmieren, und es über dem Feuer einziehen lassen, bis die Schäfte schwarz werden. Gebrannte Stiefeln, die aus solchen Leder verfertiget worden. Bey den Glasern bedeutet brennen so viel als löschen. Auch am Feuer rösten. Mehl brennen, gebranntes Mehl, in den Küchen. Kaffe brennen. Gebrannter Käse, figürlich, alter Käse, der mit Wasser oder Wein eingesprenget, und in Kohlblätter eingewickelt wird, bis er weicher wird. 5. Mit einem glühenden Eisen zeichnen. Die Schweine brennen. Ein Gefäß brennen.

Anm. 1. Dieses Wort führet den Begriff einer hellen Flamme bey sich, im Gegensatze des Glimmens und Schmauchens, ob es gleich in manchen Fällen auch von einer jeden Art des Feuers gebraucht wird. Mit dem Brennen in der dritten und vierten thätigen Bedeutung ist zugleich eine Zerstreuung oder Vernichtung gewisser überflüssigen oder schädlichen Theile verbunden, wodurch es sich von dem Schmelzen und andern Feuerarbeiten unterscheidet. In andern Fällen gebraucht man für brennen auch die Verba rösten und backen.

Anm. 2. Unser heutiges brennen, lautet im Nieders. gleichfalls brennen, bey dem Ottfreid und Notker brennan, im Angels. bren, im Schwed. brena, im Dän. brände, im Isländ. brenne, bey dem Ulphilas brinnen, im Ital. brucciare und brugiare, im Französ. bruler. Das Lateinische pruna und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, gehören gleichfalls hierher. Es ist ohne Zweifel aus einer sehr gewöhnlichen Versetzung des x aus dem noch ältern börnen, bernen, für brennen, entstanden, welches schon in dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - befindlich ist, und im Angels. bernan, byrnan, im Holländ. barnen, im Engl. burn, und in eigenen Niedersächsischen Gegenden noch jetzt bernen lautet. S. Bernstein. Das Stammwort ist vermuthlich - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , Feuer. Daß auch die Lateiner für urere anfänglich burere gesagt haben müssen, erhellet aus den Zusammensetzung amburere, comburere.

Anm. 3. Die Alten haben das Neutrum von dem Activo in der Conjugation sehr genau unterschieden. Das Neutrum lautet bey dem Ottfried, Notker und andern alten Schriftstellern brinnan, bey dem Ulphilas brinna, im Schwed. brinna; das Activum hingegen brennan, bey dem Ulphilas branjan, im Schwed. braenna. Die heutigen Oberdeutschen beobachten diesen Unterschied, wenn sie sich nicht nach der Hochdeutschen Mundart bilden, noch vollkommen. Das Neutrum heißt noch bey ihnen ich brinne oder prinne, Imperf. ich brann oder brunn, Mittelwort gebrunnen, Infinitivus brinnen; und das Activum brennen oder prennen. Vvio thaz herza brann in in, Ottfried. In ferbrinno, Notker. Denn die stub yetz brunnen ist, Theuerd. Kap. 74. für hat gebrannt. Als ob sie brunne, für brannte, Bluntschli. Das Haus verbranne, eben derselbe. An einem andern Orte aber sagt er, es wurde verbrennet, weil hier das Activum, dort aber das Neutrum stehet. Die Hochdeutschen haben diesen Unterschied abkommen lassen. Indessen wäre es sehr nützlich, wenn man ihn, wenigstens so viel die Conjugation betrifft, wieder einführete, und das Activum regulär abwandelte, die irreguläre Conjungation oder bloß dem Neutro vorbehielte. S. Brand und Brunst. Ehedem bedeutete dieses Wort auch überhaupt beschädigen. Der stein einer im bed sporradern prennt, einer der Steine verwundete ihm beyde Sporadern, im Theuerd. Kap. 49. S. auch Brandung.


Brenner (W3) [Adelung]


Der Brenner, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Derjenige, der das Brennen verrichtet, oder gewissen Körpern durch das Feuer eine Vollkommenheit oder Zubereitung gibt. In den Schmelzwerken wird derjenige, der auf das Feuer und den Ofen Acht hat, der Brenner genannt. In den übrigen Fällen ist dieses Wort nur in den Zusammensetzungen, Silberbrenner, Kohlenbrenner, Aschenbrenner, Ziegelbrenner, Messingbrenner, Mordbrenner, u. s. f. üblich. 2) Der Brand im Getreide und an den Pflanzen, im Oberdeutschen. S. Brand. Besonders wird in Franken derjenige Zufall der Weinstöcke der Brenner genannt, wenn ein Nordwind kleinen Reif an denselben verursacht hat, und die Sonne darauf scheinet, da sie denn alle jungen Blätter, Knospen und Trauben verbrennet, als wenn das Feuer sie verzehret hätte. Anm. Bey dem Opitz kommt dieses Wort Ps. 57, in einer besondern Bedeutung vor: Bey Löwen liegt schier meine Seel' allein, Der Brenner Schaar die faßt mich mitten ein; wo es in Luthers Übersetzung heißt: Ich liege mit meiner Seele unter den Löwen, die Menschenkinder sind Flammen.


Brenn-erde (W3) [Adelung]


Die Brenn-erde, plur. von mehrern, Arten, die -n, brennbare Erde, in einigen Gegenden eine Benennung des Torfes.


Brenngeld (W3) [Adelung]


Das Brenngeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, ein jedes Geld, welches man für die Bemühung des Brennens bezahlet. In den Schmelzhütten ist es dasjenige Geld, welches der Silberbrenner für die Mark sein zu brennen bekommt. In der Landwirthschaft, dasjenige Geld, welches die Forstbedienten für das Brennen oder Zeichnen der Schweine, die in die Mast geschickt werden, erhalten.


Brennglas (W3) [Adelung]


Das Brennglas, des -es, plur. die -gläser, ein auf einer oder auf beyden Seiten erhaben geschliffenes Glas, welches die Sonnenstrahlen bricht, so daß sie die hinter dem Glase in dem Brennpuncte liegenden Körper anzünden oder schmelzen.


Brenngras (W3) [Adelung]


Das Brenngras, des -es, plur. inus. ein Nahme, welchen man in einigen Gegenden auch dem Berstgrase, Carex Pseudo-Cyperus, L. gibt, weil es die Eingeweide des Viehes gleichsam verbrennet, S. Berstgras.


Brennhaus (W3) [Adelung]


Das Brennhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, worin gebrannt wird, z. B. ein Haus, welches zum Brennen oder Destilliren des Branntweines bestimmt ist. In den Schmelzhütten ist es das Haus, worin das Blicksilber völlig rein gebrannt wird; ingleichen dasjenige Gebäude, in welchem die bey den Zwittern befindliche Unart durch das Feuer vernichtet wird.


Brennhelm (W3) [Adelung]


Der Brennhelm, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, der Helm oder Deckel eines Brennkolbens; der Blasenhut.


Brennhitze (W3) [Adelung]


Die Brennhitze, plur. car. eine Hitze, bey welcher die Körper anbrennen möchten.


Brennholz (W3) [Adelung]


Das Brennholz, des -es, plur. car. alles Holz, welches in der Haushaltung verbrannt oder zur Feuerung gebraucht wird; Feuerholz, im Gegensatze des Bau- und Nutzholzes. In den Hüttenwerken bezeichnet man mit diesem Ausdrucke in engerer Bedeutung ein kurzes gespaltenes Holz, die Schliche damit zu brennen.


Brennhütte (W3) [Adelung]


Die Brennhütte, plur. die -n, eine Hütte, d. i. schlechtes hölzernes Gebäude, in welcher gebrannt wird. In den Schmelzhütten ein Gebäude, in welchem das Silber fein gebrannt wird.


Brennkasten (W3) [Adelung]


Der Brennkasten, des -s, plur. ut nom. sing. ein viereckter Kasten von Fliesen, worin die Pfeifen gebrannt werden.


Brennknecht (W3) [Adelung]


Der Brennknecht, des -es, plur. die -e, in den Schmelzhütten, der Knecht oder Gehülfe des Brennmeisters. Ingleichen der Knecht eines Branntweinbrenners.


Brennkolben (W3) [Adelung]


Der Brennkolben, des -s, plur. ut nom. sing. der Kolben oder das ganze Gefäß, worin gebrannt, d. i. destilliret wird. Besonders derjenige Theil desselben, in welchen die Materie, welche destilliret werden soll, gethan wird; im Gegensatze des Brennhelmes, oder Blasenhutes.


Brennkraut (W3) [Adelung]


Das Brennkraut, des -es, plur. inus. eine Art Hahnenfuß, welche so scharf und ätzend ist, daß der Saft die Haut anfrißt; Brennwurzel, brennender Hahnenfuß, Ranunculus sceleratus, oder Clematis recta, L. Weil die Pflanze von einigen auch zum Blasenziehen gebraucht wird, so nennet man sie auch Blatterzug.


Brennlinie (W3) [Adelung]


Die Brennlinie, plur. die -n, in der Mathematik, eine Linie, welche entstehet, wenn man einen Kegel so durchschneidet, daß derDiameter des Schnittes mit der einen Seite des Kegels parallel gehet; die Parabel, Parabola.


Brennmeister (W3) [Adelung]


Der Brennmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein Hüttenbeamter, welcher die Aufsicht über das Brennen der Röste hat.


Brennmesser (W3) [Adelung]


Das Brennmesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein kupfernes Werkzeug der Viehärzte, den Pferden in verschiedenen Krankheiten das Englische Feuer zu geben, d. i. Striche auf den kranken Theil des Leibes zu brennen.


Brennmittel (W3) [Adelung]


Das Brennmittel, des -s, plur. ut nom. sing bey den Ärzten, ein jedes Mittel, welches, wenn es an die Haut und an das Fleisch gebracht wird, solche dergestalt brennet, daß es oben eine Rinde setzet, wohin nicht allein Brenneisen, sondern auch alle scharfe ätzende Sachen gehören; Caustica, Ätzmittel.


Brennnessel (W3) [Adelung]


Die Brennnessel, plur. die -n, eine Art Ressel, welche brennet, d. i.: durch ihre an den Blättern befindlichen Stacheln, welche mit einem kleberigen Safte angefüllet sind, ein brennendes Jucken erwecket; Urtica urens, L. an einigen Orten Eiter- oder Heiternessel, Nieders. Hiddernettel. S. Eiternessel.


Brennofen (W3) [Adelung]


Der Brennofen, des -s, plur. die -öfen, ein jeder Ofen, in welchem gewisse Körper durch das Brennen zur Vollkommenheit gebracht werden. In den Hüttenwerken sind es diejenigen Öfen, worin das Silber gebrannt, und der Schlich geröstet wird. Öfen, worin Ziegel, Töpfe, Kalk u. s. f. gebrennet werden, führen gleichfalls diesen Nahmen.


Brennöhl (W3) [Adelung]


Das Brennöhl, des -es, plur. inus. Öhl, so fern man es in den Lampen brennet.


Brennort (W3) [Adelung]


Der Brennort, des -es, plur. die -örter, in dem Bergbaue, ein Ort, wo man das Gestein durch angesetzte Holzhaufen mürbe brennet.


Brennpfanne (W3) [Adelung]


Die Brennpfanne, plur. die -n, eine jede Pfanne, worin ein Körper gebrannt wird. Besonders in den Glashütten, die Pfanne, worin man das Glas brennet.


Brennpunct (W3) [Adelung]


Der Brennpunct, des -es, plur. die -e, in den optischen Gläsern, derjenige Punct, in welchem sich die Strahlen sammeln, welche von dem Brennglase oder von dem Brennspiegel gebrochen worden, Focus; weil sie in diesem Puncte zu brennen und zu zünden pflegen. In der höhern Mathematik nennet man auch diejenigen zwey Puncte auf der großen Achse einer Ovale, die von beyden Enden gleich weit abstehen, Brennpuncte.


Brennsilber (W3) [Adelung]


Das Brennsilber, des -s, plur. car. bey den Gürtlern, eine Mischung von Salmiak, Glasgalle, Salz und Silberkalk, womit dasjenige bestrichen wird, was mit Schmelzsilber versilbert worden.


Brennspiegel (W3) [Adelung]


Der Brennspiegel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Spiegel, welcher die Sonnenstrahlen sammelt und zurück wirft, so daß man in dem Brennpuncte allerley Sachen anzünden oder schmelzen kann, eine Art Hohlspiegel; bey dem Logau ein Feuerspiegel.


Brennung (W3) [Adelung]


Die Brennung, plur. die -en, S. Brandung.


Brennweite (W3) [Adelung]


Die Brennweite, plur. die -n, bey den optischen Gläsern, die Entfernung des Brennpunctes von der Mitte des Glases oder Spiegels.


Brennzeln (W3) [Adelung]


Brennzeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, nach dem Brande riechen oder schmecken; in einigen Mundarten brennseln, brinseln, in Schlesien brenninzen, S. Brandig.


Brennzlich (W3) [Adelung]


Brennzlich, -er, -ste, adj. et adv. nach dem Brande riechend oder schmeckend. Brennzliche Öhle, welche durch die Destillation einen brennzlichen Geruch bekommen, empyrevmatische. In einigen Gegenden brandig, branderig, branstig.


Brennzeug (W3) [Adelung]


Das Brennzeug, des -es, plur. car. ein Collectivum, im gemeinen Leben, alle zum Brennen, oder Destilliren nöthige Werkzeuge auszudrucken.


Brente (W3) [Adelung]


Die Brente, plur. die -n, im Oberdeutschen der Nahme eines hölzernen Gefäßes mit niedrigen Rande. In Schwaben wird so wohl das Gefäß, worin das Bier gesotten wird, als auch dasjenige, worin man das Tropfbier auffasset, eine Brente oder ein Brenten genannt. In der Schweiz, besonders in Bern, ist Brente zugleich ein Maß flüssiger Dinge, welches daselbst so viel als ein Eimer ist und 25 Maß hält. Bier Brenten machen einen Saum und sechzehen Brenten ein Faß. In Baiern ist Brente so wohl eine Kufe, als auch der lange Kegelplatz. Mit dieser letzten Bedeutung kommt eine Stelle in Pictorius bey dem Frisch überein, wo die Brente das Bretspiel bedeutet. Bey dem Golius, Frischlin und andern wird dieses Wort auch von einem Trichter gebraucht. Im Ital. ist Brenta ein Kahn mit niedrigem Borte, ingleichen eine Butte, wie auch ein Maß flüssiger Dinge, und bey dem du Fresne kommt Brenta so wohl von einer Art Weinfässer, als auch von andern Gefäßen vor.


Brentgans (W3) [Adelung]


Die Brentgans, plur. die -gänse, S. Baumgans.


Bresche (W3) [Adelung]


Die Bresche, plur. die -n, ein aus dem Französischen Breche entlehntes Wort, eine Öffnung in der Mauer einer Stadt, oder in einem Festungswerke auszudrucken; die Sturmöffnung, der Wallbruch, der Mauerbruch. Bresche schießen. Eine Bresche erweitern. Der Feind rückte durch Bresche in die Stadt. Das Franz. Breche, Ital. Breccia, stammet ursprünglich von dem Deutschen brechen her.


Bresthaft (W3) [Adelung]


Bresthaft, -er, -este, adj. et adv. mit einem Gebrechen des Leibes behaftet. Ein bresthafter Mensch. Ein bresthafter, d. i. verstümmelter, Soldat.

Anm. Dieses Wort, welches immer mehr veraltet, bedeutet eigentlich jemanden, dem ein Glied seines Leibes fehlet, von dem alten Brest, ein Fehler, bresten, mangeln, fehlen. Gebrest, ein Mangel, wofür jetzt Gebrechen üblicher ist; S. dieses Wort. Die meisten Hochdeutschen schreiben dieses Wort nach dem Muster der Oberdeutschen preßhaft, welches aber der unlängbaren Abstammung völlig zuwider ist. S. auch Bersten und Brechen. In der Schweiz bedeutet der Prästen die Pest.


Bret (W3) [Adelung]


Das Bret, des -es, plur. die -er, Diminutivum das Bretchen, Oberdeutsch das Bretlein, ein jedes Holz, welches breiter als dick ist.1. Eigentlich. Ein tännenes Bret, ein eichenes Bret. Ein Bodenbret, ein Seitenbret u. s. f. In engerer Bedeutung, ein solches Holz von einer gewissen aber unbestimmten Länge, welches einen bis anderthalb Zoll dick ist, und in Niedersachsen auch eine Diele, in einigen Oberdeutschen Gegenden ein Laden, im Mainzischen ein Bort genannt wird; im Gegensatze der Bohlen, welche dicker sind. Ein Boden von Bretern. Den Fußboden mit Bretern belegen. Die Wand mit Bretern beschlagen. Breter sägen. Breter schneiden.2. Figürlich, verschiedene aus Bretern verfertigte Dinge. 1) Ein Zählbret. Er hat mich auf Einem Brete, d. i. auf Ein Mahl, bezahlt. Die tausend Thaler muß ich bar und auf Einem Brete haben, Gell. 2) Ein Spielbret, Dambret, oder Bretspiel. Im Brete spielen. Eine Affe sah ein Paar geschickte Knaben, Im Bret einmahl die Dame ziehn, Gell. Einen guten Stein im Brete haben, einen mächtigen Gönner haben. 3) Ein Tisch, doch nur in einigen figürlichen Redensarten im gemeinen Leben, wo zunächst auf den Tisch in einer Rathsvesammlung gesehen wird. Hoch am Brete sitzen, hoch bey einem am Brete seyn, oder stehen, in großem Ansehen bey ihmstehen, eigentlich, eine der obersten Stellen an dessen Rathstische haben. Vernichte heimlich die, so vor am Brate seyn, Opitz. Hoch ans Bret kommen, ein hohes Ehrenamt bekommen, zu Ansehen gelangen. Er denkt nicht, wie er komm hoch an das Bret für allen, Opitz. Er muß vors Bret, vor Gericht. Vor das heiße Bret kommen, vor Gericht. Jemanden zu Brete treiben, in die Euge.3. Im Bergbaue wird dieses Wort in einer besondern Bedeutung gebraucht. Eines Bretes mächtig, ist daselbst so viel als 12 bis 14 Zoll mächtig. Vielleicht nähert sich dieser Ausdruck noch der ersten eigentlichen Bedeutung; denn bey dem Kero ist Kepret ein Balken.

Anm. Bret, im Angels. Braed, Bred, im Dän. Bred, im Nieders. Brede, im Schwed. Braede, wird von einigen von breit, von andern aber von dem alten bretten, im Angels. brytan, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, spalten, zerschneiden, hergeleitet. S. Brechen.

Anm. Aber da es auch in einigen Mundarten Bord, bey dem Ulphilas Baurd, im Angels. Bord, im Holländ. Berd, im Engl. Board lautet, so ist noch die Frage, ob es nicht vielmehr zu Bort, Rand, gehöret. S. dieses Wort.


Bretbaum (W3) [Adelung]


Der Bretbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum, woraus Bretklötzer gehauen, oder gesäget werden können; ein Bretstamm.


Bretbeute (W3) [Adelung]


Die Bretbeute, plur. die -n, eine aus Bretern zusammen gesetzte Beute; zum Unterschiede von den Klotzbeuten, welche aus einem Klotze gehauen werden.


Bretbohle (W3) [Adelung]


Die Bretbohle, plur. die -n, gesägte Bohlen, welche gemeiniglich dünner zu seyn pflegen, als die gehauenen.


Breteiche (W3) [Adelung]


Die Breteiche, plur. die -n, eine Eiche, aus welcher Breter geschnitten werden können.


Breterdach (W3) [Adelung]


Das Breterdach, des -es, plur. die -dächer, ein Dach von Bretern, zum Unterschiede von einem Schindeldache, Ziegeldache u. s. f.


Breterdecke (W3) [Adelung]


Die Breterdecke, plur. die -n, die Decke eines Zimmers, welche aus eingeschobenen oder aufgenagelten Bretern bestehet.


Bretern (W3) [Adelung]


Bretern, adj. et adv. von Bretern, aus Bretern verfertiget. Ein breterner Fußboden. Eine breterne Wand. Figürlich, breit und dürre, wie ein Bret. Und die Französinn schlug sich vor ihren breternen Busch, Zachar.


Bretern (W3) [Adelung]


Bretern, verb. reg. act. im gemeinen Leben, mit Bretern belegen. Einen Boden bretern.


Bretgeige (W3) [Adelung]


Die Bretgeige, plur. die -n, eine Geige, wo die Saiten auf ein bloßes Bret gezogen sind, dergleichen die Tanzmeister in ihren Lehrsinnden gebrauchen; im gemeinen Leben eine Bretfiedel, oder Bret-Viole.


Bretklotz (W3) [Adelung]


Der Bretklotz, des -es, plur. die -klötzer, ein Klotz, d. i. Theil eines Bretbaumes, in der Länge, als die Breter haben sollen.


Bretmeister (W3) [Adelung]


Der Bretmeister, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schustern, ein Schuhknecht, welcher bey einer Wittwe die Werkstätte regieret, und an dem Werkbrete nur zuschneidet; der Bretschneider, bey den Schneidern der Tafelschneider.


Bretmühle (W3) [Adelung]


Die Bretmühle, plur. die -n, eine Mühle, in welcher Breter geschnitten werden; eine Sägemühle, Schneidemühle.


Bretnagel (W3) [Adelung]


Der Bretnagel, des -s, plur. die -nägel, eiserne Nägel, die gewöhnlichen Breter oder Dielen damit zu befestigen, und deren man ganze und halbe bat.


Bretsäge (W3) [Adelung]


Die Bretsäge, plur. die -n, eine große Säge, mit welcher der Bretklotz zu Bretern geschnitten wird.


Bretschneider (W3) [Adelung]


Der Bretschneider, des -s, plur. ut nom. sing. 1) S. Bretmeister. 2) Ein Arbeiter, der aus Bretklötzern Breter schneidet oder säget.


Bretspiel (W3) [Adelung]


Das Bretspiel, des -es, plur. die -e. 1) das Spielen in dem Brete mit Damsteinen oder Würfeln, ohne Plural; ingleichen die Kunst dieses Spieles. Er ist kein Freund von dem Bretspiele. Das Bretspiel verstehen. 2) Das viereckte Bret selbst, welches in vier und sechszig Felder getheilet ist, und auf welchem man mit runden gebrechselten Steinen spielet. S. auch Dambret, Triktrak, Doppeln. Daher der Bretspieler, des -s, plur. ut nom. sing. der gern im Brete spielet, in diesem Spiele erfahren ist.


Bretstamm (W3) [Adelung]


Der Bretstamm, des -es, plur. die -stämme, S. Bretbaum.


Bretstein (W3) [Adelung]


Der Bretstein, des -es, plur. die -e, das runde gebrechselte Holz, mit welchem man in dem Brete spielet; der Damstein; Nieders. Dobbelstein, Dabelstein Bricke. S. Stein.


Bret-Viole (W3) [Adelung]


Die Bret-Viole, plur. die -n, S. Bretgeige.


Bretwand (W3) [Adelung]


Die Bretwand, plur. die -wände, eine Wand von Bretern.


Bretzahl (W3) [Adelung]


Die Bretzahl, plur. die -en, ein meist veraltetes Wort, welches nur noch bey einigen Rechenmeistern vorkommt, eine Zahl anzudeuten, die aus der Multiplication dreyer andern entstanden ist, wovon zwey einander gleich, die dritte aber größer ist. Z. B. 2 Mahl 2 ist 4; diese 4 mit 3 multipliciret, gibt die Bretzahl 12.


Bretzel (W3) [Adelung]


Die Bretzel, S. Brezel.


Breuhahn (W3) [Adelung]


Der Breuhahn, S. Broihan.


Breve (W3) [Adelung]


Das Breve, des -s, plur. die -n, aus dem Latein. breve, nehmlich scriptum, in der päpstlichen Kanzelley zu Rom, ein Rescript des Papstes oder Groß-Pönitentiarii, welches in minder wichtigen Sachen ohne Eingang und gemeiniglich auf Papier ausgefertiget und mit Wachs gesiegelt wird; zum Unterschiede von einer Bulle.


Brevier (W3) [Adelung]


Das Brevier, des -es, plur. die -e, aus dem mittlern Lat. Breviarium, in der Römischen Kirche, das Buch, welches den ganzen täglichen Gottesdienst der Geistlichen mit allen seinen Abänderungen enthält; weil es gleichsam ein kurzer Auszug des Gottesdienstes ist. Sein Brevier bethen, die Gebethe aus demselben herlesen.


Brey (W3) [Adelung]


Der Brey, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein dick gekochter Körper. Einen Brey kochen. Mehlbrey, Apfelbrey, Brotbrey u. s. f. Viele Köche versalzen den Brey, und, um etwas herum gehen, wie die Katze um den heißen Brey, sind nebst andern ähnlichen Ausdrücken nur im gemeinen Leben üblich.

Anm. Brey, Nieders. Brij, im Angels. Briw, im Wallisischen Bray, scheinet zu brauen und Brühe zu gehören. Ein Brey ist eine eßbare Brühe, dagegen die eigentliche Brühe bloß trinkbar ist. Doch gibt es auch noch andere Wörter, die auf die Verwandtschaft mit diesem Anspruch machen können. Dergleichen ist das alte Franz. Bray, im mittlern Lateine Braium, Schlamm; Koth, und das Engl. bray, Franz. brayer, broyer, zerreiben, welche eigentlich zu brechen zu gehören scheinen. Breiare bedeutet im mittlern Lateine backen, denn der Teig ist nichts anders, als ein dicker ungekochter Brey. Im Oberdeutschen heißt der Brey das Koch, von kochen, so wie Brey von brauen, kochen. Im Niedersächsischen haben Pappe, Pampe, und im Hochdeutschen Müß, eben dieselbe Bedeutung.


Breygeschwulst (W3) [Adelung]


Die Breygeschwulst, plur. die -schwülste, eine Geschwulst, in welcher sich ein dicker, dem Breye ähnlicher Eiter erzeuget.


Breyhahn (W3) [Adelung]


Der Breyhahn, S. Broihan.


Breyig (W3) [Adelung]


Breyig, adj. et adv. im gemeinen Leben, so weich wie Brey;


Breyumschlag (W3) [Adelung]


Der Breyumschlag, des -es, plur. die -schläge, bey den Ärzten, ein Umschlag, welcher aus einem gekochten Breye bestehet; Cataplasma.


Brezel (W3) [Adelung]


Die Brezel, plur. die -n, 1) Ein Gebäck von Weitzenmehl, welches die Gestalt zweyer in einander geschlungener Arme, oder eines entweder einfachen oder doppelten in einander geschlungenen Kreises hat. Fastenbrezeln, und ungesäuerte Brezeln, wozu der Teig in Wasser gesotten wird, und welche an den meisten Orten nur in der Fasten gebacken werden. Butterbrezeln, Eyerbrezeln, Milchbrezeln, Zuckerbrezeln u. s. f. 2) Figürlich, ein eisernes Geschmeide, worein Verbrechern geringerer Art, wenn sie an dem Pranger stehen müssen, die Hände geschlossen werden; von ihrer Ähnlichkeit in der Gestalt. Jemanden in die Brezel spannen.

Anm. In der ersten Bedeutung lautet dieses Wort schon in dem mittlern Lateine Bracellus, Brachellus und Brachiolum, und im Ital. Bracciello, daher es wohl das Diminutivum von brachium, ein Arm, seyn muß, weil eine Brezel zwey in einander geschlungenen Armen nicht unähnlich ist. Andere leiten es mit geringerer Wahrscheinlichkeit von Pretiolum her, welches in den mittlern Zeiten eine Art Süßkuchen bezeichnete, welche man Kindern zur Belohnung ihres Fleißes in den Schulen gab. In jedem Falle ist die Schreibart Brezel unrichtig, indem die erste Sylbe gedehnt ist, und daher nur einen einfachen Consonanten verstattet. Wer noch genauer gehen wollte, und dabey die erste Ableitung annimmt, müßte es Bräzel schreiben. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort die Brezen oder Prezen. Der Niederdeutsche Nahme dieses Gebäckes ist Kringel, Schwed. Kringla, Holländ. Craeckling, Franz. Craquelin, Engl. Crackling, vielleicht nicht so wohl von krachen, als vielmehr von Kring, King, ein Kreis, wegen der Ähnlichkeit.


Bricke (W3) [Adelung]


1. Die Bricke, plur. die -en, ein Nahme der Neunaugen oder Lampreten, wenn sie marinirt, d. i. gebraten und in Essig eingemacht sind, wozu nur Lampreten von mittlerer Größe genommen werden.

Anm. Im Niedersächsischen, wo diese Benennung einheimisch zu seyn scheinet, werden die Neunaugen auch Pricken, Prickaale genannt. Frisch glaubt, daß sie aus der letzten Hälfte des Wortes Lamprete entstanden, welches der älteste Nahme dieses Fisches ist. Was diese Muthmaßung bestättigen kann, ist, daß in den Monseeischen Glossen die Muräne Landfrigun heißt. Sonst bedeutet brick im Nieders. rund, fleischig, pricken aber stechen. Im Böhmischen heißt dieser Fisch gleichfalls Brycka.


Bricke (W3) [Adelung]


2. * Die Bricke, plur. die -n, eine Niedersächsische Benennung eines jeden kleinen Bretes. So werden daselbst die Steine im Bretspiele, runde hölzerne Teller, kleine Breter, welche man den Kühen als ein Zeichen anzuhängen pfleget, u. s. f. Bricken genannt. Daher der Brickenkäse, in Niedersachsen, kleine Handkäse, welche auf eine Bricke oder kleines Bret gesetzt und an der Sonne getrocknet werden.

Anm. Das Dän. Brikke und Schwed. Bricka, bedeuten gleichfalls einen Stein in dem Bretspiele. Das Engl. Brick, das Holländ. Bricke, das Franz. Brique, das mittlere Lat. Brica, sind alles Nahmen der Back- oder Ziegelsteine, besonders der Dachziegel, womit auch die letzte Hälfte des Latein. Imbrex überein kommt. Das Böhmische Prkno bezeichnet ein Bret.


Brief (W3) [Adelung]


Der Brief, des -es, plur. die. -e, Diminutivum das Briefchen, Oberdeutsch das Brieflein, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine jede schriftliche Urkunde, in welcher Bedeutung dieses Wort aber größten Theils veraltet ist, und nur noch in einigen Zusammensetzungen, und gemeinen Redensarten vorkommt. Einem Brief und Siegel über etwas geben, eine rechtskräftige Urkunde. Ein eiserner Brief, S. Anstandsbrief und Eisern. So auch in den Zus ammensetzungen, Ablaßbrief, Adelsbrief, Bestallungsbrief, Frachtbrief, Freyheitsbrief, Kaufbrief, Lehnbrief, Lehrbrief, Pachtbrief, u. s. f. wo dieses Wort noch die allgemeine Bedeutung einer Urkunde hat. Unter den Kaufleuten kommt dieses Wort in der Bedeutung eines Wechselbriefes noch häufig vor; S. dieses Wort. Holländische Briefe (Wechselbriefe) kaufen. Daher, der Briefsinhaber, der Inhaber oder Besitzer eines Wechselbriefes. Einem hinter die Briefe kommen, oder dessen Briefe finden, im gemeinen Leben, figürlich, seine Geheimnisse ausforschen, hinter seine Heimlichkeiten kommen. Hierher gehöret auch die Bedeutung einer obrigkeitlichen Verordnung, eines Befehles, welche in der Deutschen Bibel mehrmals vorkommt. Antiochus sandte Briefe gen Jerusalem - darin er geboth u. s. f. 1. Macc. 1, 46.2) In engerer, und jetzt noch üblicher Bedeutung, ein kurzer schriftlicher Vortrag an einen Abwesenden. Einen Brief schreiben. Einen Brief an jemanden schreiben. Einen Brief bekommen, auffangen, unterschlagen, zumachen, zusiegeln, überbringen, erbrechen u. s. f. Briefe mit jemanden wechseln. Einen Brief stellen, eine in der guten Sprechart veraltete Redensart, für abfassen, aussetzen; S. Briefsteller. Daher, der Hochzeitsbrief, Trauerbrief, Bettelbrief, Brandbrief u. s. f. Im gemeinen Leben gebraucht man, nach dem Muster des Lateinischen Litterae, oft den Plural Briefe anstatt des Singulars. Ich habe Briefe bekommen, ich muß Briefe schreiben, wenn man gleich nur einen Brief bekommen oder zu schreiben hat.3) Ein Brief Nadeln, oder Stecknadeln, ein zusammen gelegtes Blatt Papier, worin die Steck- und Haarnadeln gesteckt, und so im Einzelnen verkauft werden. Ein Brief Stecknadeln hat gemeiniglich zehen Reihen, deren jede zehen dreyßig Nadeln in sich fasset. Diese Benennung erhält noch den alten Gebrauch, da man nicht nur eine jede Schrift, sondern oft ein jedes zusammen gelegtes Papier, ja sogar die Spielkarten Briefe nannte, wie unter dem gemeinen Volke noch geschiehet.

Anm. Brief, im Oberdeutschen Priaf, Briaf, bey dem Ottfried Briaf, im Nieders. Breef, im Dän. Brev, im Schwed. Bref, im Isländ. Brief, im Engl. Brief, und Franz. Bref, ist aus dem Lat. Breve und Brevis, und bedeutet eigentlich eine jede kurze Schrift. S. des du Fresne Glossar. Zu des Kero Zeiten scheinet dieses Wort im Oberdeutschen noch nicht bekannt gewesen zu seyn, weil er einen Brief noch ein Puah nennet, so gern er sonst auch Deutsche Wörter aus dem Lateinischen bildet. Zu Ottfrieds Zeiten kommt es schon häufig vor, der auch briefan für anschreiben, aufschreiben gebraucht. S. Verbriefen. Prieuarra ist bey dem Notker ein Schriftgelehrter. S. auch das Schreiben, und Sendschreiben.


Briefadel (W3) [Adelung]


Der Briefadel, des -s, plur. car. 1) Diejenige adelige Würde, welche von einem Höhern durch einen Brief, d. i. eine Urkunde ertheilet worden, zum Unterschiede von dem Geburtsadel; der Papieradel, und zuweilen auch, obgleich nicht so richtig, der Buchadel, S. dieses Wort. 2) Mehrere auf diese Art geadelte Personen, als ein Collectivum.


Briefbothe (W3) [Adelung]


Der Briefbothe, des -n, plur. die -n, ein Bothe, welcher Briefe zu überbringen hat, im Gegensatze dessen, der zu mündlichen Nachrichten gebraucht wird.


Briefbuch (W3) [Adelung]


Das Briefbuch, des -es, plur. die -bücher. 1) Ein Buch, welches Briefe zu schreiben lehret; ein Briefsteller. Noch mehr aber, ein Buch welches Muster oder Formulare zu Briefen enthält. 2) Ein Buch, in welches die Abschriften von den Briefen, welche man an andere schreibt, eingetragen werden; dergleichen unter andern auch die Kaufleute zu haben pflegen. Bey dem Notker bedeutet Briefpuoch ein jedes Buch.


Briefgeld (W3) [Adelung]


Das Briefgeld, des -es, plur. inus. Geld für eine oder mehrere überbrachte Briefe; mit einem ausländischen Worte das Porto.


Briefgewölbe (W3) [Adelung]


Das Briefgewölbe, des -s, plur. ut nom. sing. ehedem, und zuweilen noch jetzt, ein Gewölbe, in welches Briefschaften oder Urkunden verwahret werden; ein Archiv.


Briefgut (W3) [Adelung]


Das Briefgut, des -es, plur. die -güter, im gemeinen Leben, besonders in der Handlung, Güter oder Waaren, welche in einem Brief verzeichnet sind, und zugleich mit demselben übergeben werden.


Brieflich (W3) [Adelung]


Brieflich, adj. et adv. 1) Schriftlich, welche Bedeutung doch größten Theils veraltet ist, und nur noch in der Redensart vorkommt, briefliche Urkunden, d. i. schriftliche. 2) In Gestalt eines Briefes, vermittelst eines Briefes, gleichfalls nur selten. Eine briefliche Unterredung. Jemanden brieflich fragen, schriftlich.


Briefmahler (W3) [Adelung]


* Der Briefmahler, des -s, plur. ut nom. sing. ehedem, und an einigen Orten, z. B. zu Nürnberg noch jetzt eine Benennung der Kartenmahler, weil man ehedem auch die Spielkarten Briefe nannte. S. Brief 3.


Briefpapier (W3) [Adelung]


Das Briefpapier, des -es, plur. inus. ein besonders zu Briefen verfertigtes Papier.


Briefpost (W3) [Adelung]


Die Briefpost, plur. die -en, eine Post, welche nichts als Briefe befördert, dergleichen die reitenden Posten sind.


Briefpresse (W3) [Adelung]


Die Briefpresse, plur. die -n, eine kleine Presse, die Briefe, welche man auf der Post versenden will, darin zu pressen.


Briefschaften (W3) [Adelung]


Die Briefschaften, singul. inus. Briefe, Urkunden und andere Schriften, welche aufbehalten werden.


Briefstecher (W3) [Adelung]


Der Briefstecher, des -s, plur. ut nom. sing. ein noch zuweilen in den Kanzelleyen übliches Werkzeug, welches in einem breiten Pfriemen bestehet, Löcher damit in die pergamentene Briefe oder Urkunden zu stechen, an welche man ein Siegel hängen will.


Briefsteller (W3) [Adelung]


Der Briefsteller, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der Briefe für andere stellet, oder aufsetzet, welche Bedeutung aber wenig mehr vorkommt. 2) Ein Buch, in welchem Muster oder Formulare zu Briefen enthalten sind; ein Briefbuch. S. Stellen. 3) Bey den Kaufleuten wird auch der Aussteller eines Wechselbriefes, der Trassant, zuweilen der Briefsteller genannt.


Brief-Styl (W3) [Adelung]


Der Brief-Styl, des -es, plur. inus. diejenige mittlere Art des Styles deren man sich in Briefen bedienet.


Brieftasche (W3) [Adelung]


Die Brieftasche, plur. die -n, eine Tasche oder Behältniß, Briefe darin bey sich zu tragen.


Brieftaube (W3) [Adelung]


Die Brieftaube, plur. die -n, eine Art zahmer Tauben, mit einem großen fleischigen Gewächse auf dem Schnabel, welche einen starken Flug hat, zu Überbringung der Briefe gebraucht werden kann, und im Morgenlande wirklich gebraucht wird. Nur muß sie an dem Orte, wohin sie Briefe bringen soll, ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben; Columba tabellaria, Kl. und L. Pavadette, Franz. Courier, Engl. the Horseman Pidgeon.


Briefwechsel (W3) [Adelung]


Der Briefwechsel, des -s, plur. car. die mehrmahlige schriftliche Unterhaltung mit jemanden. Im Briefwechsel mit jemanden stehen, Briefe mit ihm wechseln, Briefe an ihn schreiben und von ihm bekommen. Einen starken Briefwechsel haben.


Brigade (W3) [Adelung]


Die Brigade, plur. die -n, ein aus dem Französischen Kriegeswesen entlehntes Wort, einen abgetheilten Haufen der Armee zu bezeichnen. Bey dem Fußvolke bestehet eine Brigade aus drey bis sechs Bataillons, bey der Reiterey aber aus vier bis acht Eskadrons. Bey der Artillerie ist Brigade ein abgetheiltes Corps Officier; welches zu einer gewissen Unternehmung bestimmt ist. Daher der Brigadier, des, -s, plur. ut nom. sing. ein hoher Officier, welcher einer Brigade vorgesetzt ist, den Rang nach den General-Majors, aber in dem Kriegsrathe weder Sitz noch Stimme hat.

Anm. Das Franz. Brigade, Ital. Brigata, Engl. Brigade, soll von den Brigans, im mittlern Lateine. Brigancii, Brigantini, herkommen, welches anfänglich eine besondere Art Fußvölker war, ehe diese Benennung im Franz. von einer Bande Straßenräuber gebraucht wurde. S. du Fresne Gloss. v. Brigancii. Eben daselbst kommt auch Brigata von einem Haufen Soldaten, turma, und Brigendarius von einem Vorgesetzten einer solchen Brigata vor. S. auch Carpentiers Gloss. v. Briganda, Brigandi, Brigandina, Brigantes u. s. f.


Brigantine (W3) [Adelung]


Die Brigantine, plur. die -n, eine Art Kriegsschiffe mit niedrigem Borte, aber ohne Verbeck, welches auf jeder Seite zehen bis fünfzehen Ruderbänke hat, und zugleich Segel führet. Es ist ein sehr leichtes Fahrzeug, dessen Ruderknechte zugleich Soldatendienste thun, daher sich die Seeräuber im mittelländischen Meere desselben häufig bedienen. Einige leiten diese Benennung von der Stadt Brigantinum in Spanien, jetzt Corunna, her, wo ehedem diese Schiffe sehr üblich gewesen seyn sollen; du Fresne aber v. Brigantinus, von dem vorhin gedachten Brigant, Lat. Brigandum, ein Räuber, Seeräuber. Das Deutsche ist aus dem Franz. Brigantin und Ital. Brigantino.


Brillant (W3) [Adelung]


Der Brillant, (spricht Briliant), des -en, plur. die -en, ein oben und unten mit etlichen Reihen gebrochener Flächen, oder Faßetten, über einander versehener Diamant. Aus dem Franz. Brillant, und dieß von briller, glänzen, weil ein auf diese Art geschliffener Stein den meisten Glanz von sich wirft. Daher brillantiren, einen Edelstein auf diese Art schleifen. S. Diamant.


Brille (W3) [Adelung]


Die Brille, plur. die -n, 1. Eigentlich, ein Erleichterungsmittel des Sehens, welches aus zwey vermittelst eines Bügels vereinigten geschliffenen Gläsern bestehet, und auf die Nase gesetzet wird. Die Brille aufsetzen. Durch die Brille sehen, lesen, schreiben. Die Brille gebrauchen. Die Brille ablegen, den Gebrauch der Brille. 2. Figürlich. 1) Von der vergrößernden Eigenschaft der Brille. Jemanden Brillen verkaufen, ihm eine Brille aufsetzen, in der niedrigen Sprechart, ihn hintergehen. Das sind Brillen, das ist ein Betrug, eine Verblendung. 2) Wegen einiger Ähnlichkeit in der äußern Gestalt. Die Brille eines heimlichen Gemaches, die runde Öffnung in diesen Sitze, und das ganze Bret, welches diese Öffnung enthält. In der Landwirthschaft wird das Leder mit Stacheln, welches man jungen Lämmern, die man von dem Saugen entwöhnen will, auf der Nase befestiget, eine Brille genannt, und im Festungsbaue ist die Brille ein Außenwerk von zwey Faßen, welches zu beyden Seiten des Novelins angeleget wird.

Anm. Im Oberdeutschen und Niedersächsischen ist dieses Wort auch männlichen Geschlechtes, der Brill, welches der Abstammung gemäßer ist, als das Hochdeutsche weibliche Geschlecht. Im Dänischen lautet es Brille, im Schwed. Briller, als ein Plurale, im mittlern lateine Berillus, im Böhmischen Breyle. Die gewöhnlichste Meinung ist, daß dieses Wort von Beryll, Beryllus, abstammet. Allein Beryll bedeutet alsdann nicht so wohl den in engerer Bedeutung so genannten meergrünen Edelstein, sondern einen jeden Krystall oder krystallähnliches Glas. Daher heißt es in dem Onomastico Paracelsi: Berillus speculum cristallinum consecratum; ingleichen: Berillistica est ars ipsa vi-siones in berillis et cristallis videndi. Brill, Brille, im alten Franz. Bericle, bedeutet also eigentlich den Krystall, in welchen man allerley unbekannte Dinge zu sehen glaubte, und der noch unter dem großen Haufen bekannt ist. Herrn Ihre's Ableitung von dem Ital. Briglia, ein Zaum, weil die Brille gleichsam ein Nasenzaum sey, ist dieß Mahl mehr witzig als gründlich. Ein Florentinischer Edelmann, Nahmens Salvini, der 1317 gestorben ist, soll der Erfinder der Brillen seyn, wenigstens wird ihm diese Erfindung in seiner Grabschrift beygelegt. Wenn es in einem Briefe eines Abtes Johann von dem Ende des 12ten Jahrhundertes bey dem du Fresne heißt: Statim ut litterarum vestrarum bajulum vidi, bustulam arripiens, non solum avide legi et relegi u. s. f. so erklären du Fresne und andere Bustula hier gleichfalls durch eine Brille. Allein es ist hier vielmehr das Diminutivum von Busta, ein Kasten, Büchse, und bedeutet weiter nichts, als das Behältnis, worin sich der Brief befand, welches Diminutivum auch Buxula, Buxtula, Bustilla, Bussola, Buxola u. s. f. lautet. Ehedem nannte man eine Brille auch einen Augenspiegel.


Brillenfutter (W3) [Adelung]


Das Brillenfutter, des -s, plur. ut nom. sing. das Futeral zu einer oder mehrern Brillen.


Brillenglas (W3) [Adelung]


Das Brillenglas, des -es, plur. die -gläser, eines von den zwey Gläsern, woraus eine Brille besteht.


Brillenkraut (W3) [Adelung]


Das Brillenkraut, des -es, plur. inus. S. Bauernsenf.


Brillenmacher (W3) [Adelung]


Der Brillenmacher, des -s, plur. ut nom. sing. ein ungünstiger Handwerker, welcher Brillen, Perspective u. s. f. schleifet und einfasset.


Brillennase (W3) [Adelung]


Die Brillennase, plur. die -n, bey dem Klein, eine Art Schwalben, welche sich in Jamaika aufhält, und deren Nasenlöcher aus Röhren bestehen, die über zwey Englische Zoll lang sind, und kleine Brillen oder Ferngläser vorstellen; Hirundo Jamaicensis, Kl.


Brillenschlange (W3) [Adelung]


Die Brillenschlange, plur. die -n, den neuern Schriftstellern des Naturreiches, eine Art sehr giftiger Rattern, welche um den Hals eine Haut hat, die wie eine Brille gezeichnet ist, und in Ostindien angetroffen wird; Coluber Naja, L.


Brillenthaler (W3) [Adelung]


Der Brillenthaler, des -s, plur. ut nom sing. eine Art Thaler mit einer darauf geprägten Brille, welche Herzog Julius von Braunschweig in den Jahren 1586, 1587 und 1589 schlagen ließ.


Brillofen (W3) [Adelung]


Der Brillofen, des -s, plur. die -öfen, in den Schmelzhütten, ein Schmelzofen mit zwey Augen und einer Brille, d. i. zwey Vorderherden, welche wechselweise gebraucht werden.


Bringen (W3) [Adelung]


Bringen, verb. irreg. act. Imperf. ich brachte; Mittelwort gebracht; Imperf. bring- oder bringe. Dieses Zeitwort bedeutet überhaupt die Bewegung eines Dinges zu einem andern, so wohl im eigentlichen als figürlichen Verstande, verursachen.I. In der weitesten und vermüthlich eigentlichsten Bedeutung, den Ort eines Körpers verändern, ihn von einem Orte weg und einen andern schaffen, ohne die Art und Weise dieser Veränderung zu bestimmen. Und zwar,1. Eigentlich, da denn dieses Wort, um der Allgemeinheit des Begriffes willen, nur in einigen bereits eingeführten Fällen vorkommt. Das Seinige an einen sichern Ort bringen. Sein Vermögen in Sicherheit (an einen sichern Ort,) bringen. Steine von einem Orte zum andern bringen. Man konnte den Stein nicht von der Stelle bringen. Geld zusammen bringen. Er hat ein großes Vermögen mit aus Amerika gebracht. Einen Flecken aus einem Kleide bringen. Pech ist schwer von der Hand zu bringen. Das Unkraut von dem Acker bringen. Siehe zu, wie du den Baum aus der Erde bringest, u. s. f. 2. Figürlich, da es in sehr vielen uneigentlichen. Redensarten gebraucht wird, wo es überhaupt den Begriff der Verursachung, der Hervorbringung einer Wirkung hat. In einigen schleicht sich auch der Nebenbegriff der Mühe, in andern aber der Nebenbegriff des Widerstandes des Körpers, der bewegt werden soll, mit ein. Es stehet alsdann,Theils mit allerley Nebenwörtern des Ortes. Ich konnte es nicht dahin bringen, daß er zu uns käme. Wie weit haben sie die Sache gebracht? wie weit haben sie dieselbe befördert? wie weit sind sie in und mit derselben gekommen? Ich kann die Sache weiter bringen. Er hat es weit, er hat es hoch gebracht, er hat großes Vermögens erworben, ist zu großem Ansehen gelanget. Er hat es in der Tugend, in der Standhaftigkeit, in dem Laster sehr weit, oder sehr hoch gebracht. Er wird es nicht weit bringen. Er wird es mit der Zeit noch höher bringen. Er hat sein Leben sehr hoch gebracht, er ist sehr alt geworden. Er wird sein Leben nicht hoch bringen. Seine Ausschweifungen haben ihn sehr herunter gebracht, haben den Zustand seines Vermögens, seiner Gesundheit, verderbet. Die zerstreuten Truppen wieder zusammen bringen. Etwas hervor bringen, demselben die Wirklichkeit ertheilen.Theils aber auch mit Präpositionen. 1) Mit an. Etwas an sich bringen, es erwerben, es zu seinem Eigenthume machen, wobey die Art und Weise des Erwerbes, und dessen Rechtmäßigkeit noch unentschieden bleibt. Er hat es an mich gebracht, er hat mich zum Zorne gereitzet. Habe ich mich im Zorne übereilet, so haben sie es an mich gebracht. Personen an einander bringen, sie verhetzen. Seine Tochter an einen Mann bringen, sie verheirathen, ihr einen Mann verschaffen. Eine Waare an den Mann bringen, ihr einen Käufer verschaffen, sie verkaufen. Etwas an den Tag, an das Licht bringen, es entdecken, eine unbekannte Sache bekannt machen. Himmel bringe es an den Tag, wer ein Betrieger ist! Gell. Und han das ze Liecht pracht, heißt es schon bey dem Hornegk. 2) Mit auf. Etwas auf die Seite bringen, es heimlich fortschaffen, den Augen anderer entziehen. Etwas auf die Bahn bringen, machen, daß davon geredet, darüber berathschlaget werde. Truppen auf die Beine bringen, anwerben. Etwas auf einen bringen, ihn desselben als eines Verbrechens beschuldigen. Man konnte nichts auf ihn bringen, man konnte ihn keines Bösen überführen. Er hat sein Leben auf neunzig Jahre gebracht, er ist neunzig Jahre alt geworden. Ich kann es wohl noch auf eine Million bringen, ich kann wohl noch eine Million erwerben. Den Segen, den Fluch auf oder über ein Land bringen. So bringt ein Bösewicht, den Erb' und Himmel scheuet, Der Götter schweren Grimm zugleich aufs ganze Land, Schleg. 3) Mit aus. Streitende Parteyen aus einander bringen, sie von einander entfernen, sie versöhnen. Einem etwas aus dem Kopfe bringen, machen, daß er einen Vorsatz fahren lässet, einen Gedanken vergißt. 4) Mit in. Etwas in Rechnung bringen, es in die Rechnung schreiben. Etwas in Ordnung bringen. Eine Sache in Bewegung bringen. Etwas in Vergessenheit, in Andenken, in Erinnerung bringen. Es ist nichts in ihn zu bringen, er will nichts lernen, nichts begreifen. Etwas ins Reine (in Ordnung,) bringen. Etwas in Erfahrung bringen, es durch seine Bemühung erfahren, Sein Versprechen in Erfüllung bringen, es erfüllen. 5) Mit über. Etwas über das Herz bringen, sich nach einem empfundenen Widerstande dazu entschließen. Ich konnte es nicht über das Herz bringen, ihn zu verlassen. Soll ich nicht schon damit zufrie-den seyn, Armuth und Verachtung über ihn gebracht zu haben? Weiße. 6) Mit um. Jemanden um das Seinige bringen, ihn dessen mit List oder unter dem Scheine eines Rechtes berauben. Dein Unsinn hat mich um die Früchte aller meiner Sorgen gebracht. Verwünscht sey der Groschen, um welchen sie mich bringt! Gell. Jemanden um das Leben bringen. S. Umbringen. 7) Mit unter. Etwas unter sich, oder unter seine Gewalt bringen. Eine Nachricht unter die Leute bringen, sie bekannt machen. Einen Verstorbenen unter die Erde bringen, ihn zur Erde bestatten. Jemanden unter die Erde bringen, im gemeinen Leben, Ursache an dessen Tode seyn. 8) Mit von. Einen Übelthälter von dem Leben zum Tode bringen, ihn hinrichten. 9) Mit vor und dem Accusative. Etwas vor sich bringen, Vermögen erwerben. Dabey bringt man nichts vor sich. Ich kann nichts vor mich bringen. S. Vor. 10) Mit dem Vorworte zu. Etwas zu Wege bringen, im gemeinen Leben, machen, daß es zu Stande, zur Wirklichkeit komme. Er bringt es zu nichts, er erwirbt nichts. Bringst du es zu etwas, erwirbst du Vermögen, so denke an uns. Etwas zu Papiere bringen, es aufschreiben. Etwas zum Vorscheine bringen. Ein Werk zu Stande bringen, es vollenden. Eine Sache zu Ende bringen. Ich will die Abschrift als einen Beleg zu der Rechnung bringen, Gell. sie der Rechnung beylegen.II. In engerer Bedeutung.1. Tragen, um es einem andern zu überliefern, theils mit der dritten Endung der Person, theils auch absolute.1) Eigentlich. Bringe mir mein Kleid. Bringe mir das Buch hierher. Bringe es zu mir. Bringe es meinem Freunde. Ein Opfer bringen. Etwas zum Opfer bringen. Wer etwas bringt, ist überall angenehm. Einem ein Geschenk, oder etwas zum Geschenke bringen. Der Bothe bringt Briefe. Etwas zu Markte bringen, auch in einer figürlichen Bedeutung mit Verachtung, es vortragen. Sie hat keinen Heller zu mir gebracht, ich habe, da ich sie heirathete, keinen Heller mit ihr bekommen.2) Figürlich. (a) Melden, vermelden. Einem eine gute, eine böse Nachricht bringen. Einen Gruß von jemanden bringen. Was bringen sie? Was ist ihr Begehren, ihr Verlangen? Etwas vor einen bringen, es ihm bekannt machen, oder durch andere bekannt werden lassen. Etwas an den Rath, an die Obrigkeit bringen. (b) Hervor bringen. Ein Kind zur Welt bringen, gebären. Die Zeit bringt Kosen. Früchte bringen, welche Redensart zwar biblisch, sonst aber wenig gebräuchlich ist. Dagegen gebrauchen die Jäger dieses Wort von dem Gebären der Lüchsinnen und kleinen Raubthiere, für werfen. Der Biber, die Fischotter hat Junge gebracht. Schlecht bringen, heißt bey ihnen in diesem Falle verwerfen. (c) Verursachen. Du bringst mir nichts als Schande. Diese Handlung wird ihm viele Ehre bringen. Das kann wenig Schaden bringen. Diese Nachricht hat ihm viel Vergnügen gebracht. Wahrheit bringt Haß, Glück bringt Neid. Gewalt bringt dir Gefahr, Schleg.2. In einem gewissen Falle, an oder bey sich haben. 1) Eigentlich. Das Kind hat ein Muttermahl mit auf die Welt gebracht. Wir haben nichts mit auf die Welt gebracht. Wenn sie schon ein Herz voll Galle mit die Gesellschaft bringen, so kann es ihnen freylich an Verdruß nicht fehlen. Wenn man die Wahrheit erforschen will, so muß man keine Vorurtheile mit sich bringen.2) Figürlich. (a) Erfordern, nothwendig machen. Die Zeit bringt es so mit sich, die Umstände der Zeit erfordern es. Wie es die Mode mit sich bringt. Mein Amt brachte es mit sich, daß ich es thun mußte, es erforderte es. Die Sache hat es so mit sich gebracht. Allein, weil es ihr Alter mit sich brachte, Daß sie um Mitternacht erwachte, Gell. (b) Erwerben, erlangen und behalten; mit davon. Er hat den Sieg davon gebracht. Wir müssen aus der Welt und bringen nichts davon, können nichts mitnehmen. Schimpf und Schande, Lob und Ehre bringen.3. Führen, leiten, begleiten, von Personen.1) Eigentlich. Einen Missethäter in Verhaft, in das Gefängniß bringen. Wer wird mich wieder auf den rechten Weg bringen, wenn ich mich verirre? Jemanden nach Hause bringen, begleiten. Einen durch einen Wald bringen. Jemanden zu Bette, zur Ruhe bringen. Bringen sie doch ihren Freund zu uns.2) Figürlich (a) Zu etwas bewegen, besonders durch Gründe. Meine Vorstellungen brachten ihn zum Weinen. Der Himmel hat mir eine Wohlthat erwiesen, die mich vor Erkenntlichkeit zu Thränen bringt, Gell. Wozu bringen sie mich? Bringen sie mich nicht zur Verzweifelung. Deine Aufrichtigkeit bringt mich zu der äußersten Wehmuth. Ich habe ihr Blut in eine sanfte Wallung gebracht. Man kann ihn nicht aus dem Hause bringen, man kann ihn nicht bewegen, aus dem Hause zu gehen. Siehe doch zu, daß du hierher bringest, daß du ihn bewegest, hierher zu kommen. Jemanden auf seine Seite bringen. Man kann nichts aus ihm bringen, man kann ihn nicht bewegen, etwas zu gestehen. Man wird ihn schon zum Geständnisse der Wahrheit bringen. Wie weit hast du sie durch deine Gründe gebracht? Jemanden in Zorn, in den Harnisch bringen. Ein Mann, mein Kind, ist leicht in Zorn zu bringen, Gell. Jemanden zu etwas bringen, bewegen. Man kann ihn nicht zur Arbeit bringen. Einem zum Gehorsam, zur Vernunft, zu sich selbst, zur Reue, zur Erkenntniß bringen. (b) Veranlassen. Jemanden auf einen Gedanken bringen. Du bringest mich jetzt einen guten Einfall. Einen auf böse Gedanken bringen, Anlaß geben, daß böse Gedanken, d. i. ein Argwohn, in ihm entstehe. (c) Ursache seyn, daß einer Person etwas widerfahre, eine Person in einen gewissen Zustand versetzen. Jemanden an den Bettelstab bringen. Einen in Ansehen, zu Ehren, zu Gnaden bringen. Jemanden auf das Äußerste bringen, machen, daß er in die größte Verlegenheit gerathe. Jemanden wieder zu sich selbst bringen. Jemanden in die Rede, in andere Leute Mäuler bringen, machen, daß von ihm geredet werde. Eine Person zu Falle bringen, im gemeinen Leben, sie entehren.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Ulphilas briggan, bey dem Kero pringan, bey Isidors Übersetzer bibringan bey dem Ottfried bringan, bey dem Milleram bringon, im Nieders. brengen, im Dän. bringe, im Schwed. bringa, im Angels. bringan. im Engl. to bring. Es ist von den ältesten Zeiten an als ein unregelmäßiges Zeitwort bekannt. Bey dem Kero lautet das Imperf. keprahhot, bey dem Ottfried braht und brang, im Angels. brohte. Helwig und Wachter sind beynahe die einzigen, die es gewagt haben, an die Abstammung dieses Wortes zu denken; allein ihre Ableitung ist zugleich sehr unglücklich gerathen, indem sie auf das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , gefallen sind. Herr Ihre hält es für verwegen, die Quellen eines so alten Wortes aufzusuchen. Allein man darf sich dadurch doch nicht ganz abschrecken lassen. Das Anfangs-B ist auch hier wie in so vielen andern Wörtern, das bloße Vorwörtchen be. Wenn man dieses absondert, so bleibt das Wort "ringen" übrig. Daß dieses ehedem wirklich für "bringen" gebraucht worden, erhellet aus Herrn Schelhorns Nachricht von einem alten Fränkischen Dichter in den krit. Beytr. Th. 1, wo es in einer S. 604 aus demselben angeführten Stelle heißt: Sie sprachen ringt zu unser swär; sie sprechen, bringt uns unser Schwert. Daß auch ringen nicht bloß luctari bedeutet habe, erhellet aus den verwandten Sprachen. Denn im Isländ. ist rigga bewegen, im Schwed. ringa die Glocken bewegen, und im Englischen to ring die Klingel anziehen. Wenn man nun ferner erwäget, daß bringen einige Tempora von einem andern Zeitworte entlehnet hat, welches rachen, raggen oder racken gelautet haben muß, so führet uns das auf das Verbum regen, Isländ. reka, Schwed. wräka; S. 2. Brack, Brachvogel und Brechen. Bringen würde also nach dieser Ableitung eigentlich bewegen, den Ort einer Sache verändern, bedeuten, und diese Bedeutung hat es auch wirklich. S. auch "Regen", "Ringen". Bey dem Pictorius bedeutet, "bering", hurtig, behende. Die Substantiva die Bringung und der Bringer sind nur in einigen zusammen gesetzten Wörtern üblich.


Brink (W3) [Adelung]


* Der Brink, des -es, plur. die -e, ein Niedersächsisches Wort, welches so wohl einen grünen, mit Gras bewachsenen Hügel, als auch den grünen schmalen Rand zwischen den Äckern, im Oberdeutschen ein Hain, ja endlich auch einen jeden grünen Platz, im Oberdeutschen ein Anger, bedeutet. Im Schwed. und Dän. lautet dieses Wort gleichfalls Brink, im Isländ. aber Breckur. Wenn man das k am Ende als einen zufälligen Buchstaben ansiehet, so können das alte Brynn, ein Hügel, Rand, und das Oberdeutsche Hain, auf die Verwandtschaft mit diesem Worte Anspruch machen.


Brinklieger (W3) [Adelung]


* Der Brinklieger, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Niedersächsischen Gegenden, ein Hänsler, welcher in einem gemietheten Hause wohnet, weil dergleichen Häuser gemeiniglich auf einem Brinke erbauet worden.


Brinksitzer (W3) [Adelung]


* Der Brinksitzer, des -s, plur. ut nom. sing. eben daselbst, ein Bauer, welcher nur ein kleines Haus mit einem Garten besitzet, und keinen Ackerbau, folglich auch keine Pferde hat; ein Brinksaß, im Oberdeutschen ein Angerhäusler.


Britsche (W3) [Adelung]


Die Britsche, oder Pritsche, plur. die -n, ein breites Bret zum Schlagen, und in einigen Fällen auch zu einem andern Gebrauche. 1) Zum Schlagen, da dieses Wort im gemeinen Leben verschiedenen breiten, gemeiniglich hölzernen Werkzeugen gegeben wird, womit man schläget, und welche bey ihrem Gebrauche einen Schall verursachen, der dem Worte Britsche nahe kommt. Dahin gehöret, die Britsche, oder das klappernde Bret, der lustigen Person in Komödien, und bey andern Feyerlichkeiten, die Anwesenden damit vor den Hintern zu schlagen; das breite schwere Holz, den Herd in den Schmelzhütten und die Lehmtennen in den Scheuern damit fest und eben zu schlagen, welches in der Landwirthschaft auch wohl eine Patsche heißt; der hölzerne Hammer in den Hüttenwerken, die Kupferscheiben damit platt zu schlagen; das flappernde Bret in den Reitschulen von drey oder vier Blättern, den Pferden bey den doppelten Courberten damit die Hülfe zu geben, u. s. f. Einem die Britsche geben, im gemeinen Leben, ihn vor den Hintern schlagen, ingleichen auch einer verächtlichen Figur, ihn aus dem Hause, aus einem Dienste jagen. So auch, die Britsche bekommen. 2) Auch zu andern Arten des Gebrauches, vielleicht wegen einer Ähnlichkeit mit dem vorigen. So heißt das Bret hinten an den Rennschlitten welches zu einem Sitze dienet, eine Britsche. Eben diesen Nahmen führen auch die Englischen ganz glatten und ebenen Sättel für die Courier und Jäg er, welche ganz von Leder sind. In den Wachstuben, Backstuben, Mühlen u. s. f. die Britsche die breite hölzerne Lagerstatt, welche oben gemeiniglich höher als unten ist. in der Geschützkunst ist es eine erhabene Stückbettung, wovon man über Bank schießet, und in der Windbüchse ist die Britsche, ein vierecktes Stück Stahl, welches zwischen dem Schloßbleche und der Studel um eine Schraube beweglich ist, und die Stelle bekleidet, welche in den übrigen Büchsen die Schlagfeder einnimmt.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort Britze, im Holländ. Bridse, im Dän. Brix. Es scheinet, daß der Schall, welchen eine Britsche verursachet, wenn damit geschlagen wird, zu diesem Worte Anlaß gegeben, obgleich andere das Wort Bret als das Stammwort angenommen haben. S. das folgende. Die Oberdeutsche Mundart spricht dieses Wort mit einem P aus, Pritsche. Ist das Wort, wie es scheinet, eine Onomatopöie, so ist es gleichgültig, welchen Buchstaben man wählet, indem es bloß darauf ankommt, ob man sich den Anfang des dadurch ausgedruckten Schalles härter oder gelinder denkt.


Britschmeister (W3) [Adelung]


Der Britschmeister, Pritschmeister, des -s, plur. ut nom. sing. eigentlich, die lustige Person der Schützengesellschaft, der den getroffenen Ort in der Scheibe zeiget, und mit der Britsche in der Hand die Zuschauer zum Lachen beweget; in Nürnberg der Pritschebakele. Weil sich dergleichen lustige Personen zuweilen auch mit Versemachen abgaben, so wurde nachmahls eine Art lustiger Reimschmiede, welche bey öffentlichen Aufzügen, Vogelschießen u. s. f. aus dem Stegreife reimeten, Britschmeister genannt, die man aber zur Ungebühr mit den Meistersängern verwechselt hat.


Brocat (W3) [Adelung]


Der Brocat, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, ein künstlich gewebter seidener Zeug mit erhabenen Blumen. Goldener, silberner Brocat, der einen goldenen oder silbernen Grund hat; Goldstoff, Silberstoff. Aus dem Ital. Broccato und Span. Brocado, Franz. Brocad. Dieses Wort soll von Brocco herkommen, welches nicht nur einen Nagel, sondern ein jedes spitziges Werkzeug bedeutet, weil ehedem die gestickten Zeuge Brocat genannt worden. S. des du Fresne Gloss, v. Brocca, Brocat, Brocatum, Brodatus u. s. f. und des Carpentiers Gloss v. Brocare, Broccalum, Broccatum u. s. f.


Brocatell (W3) [Adelung]


Der Brocatell, des -es, plur. von mehreren Arten, die -e, aus des Ital. Brocatello, welches das Diminutivum des vorigen ist. 1) Ein schlechter Zeug von grober Seide oder Baumwolle, der nach Art des Brocates mit erhabenen Blumen gewebet wird, und ehedem zu Tapeten gebracht wurde. 2) In dem Mineralreiche führet eine Art rothen Porphyrs, ingleichen der gelb gefleckte Marmor, wie auch ein gelber Achat Cerachates, den Nahmen des Brocatelles, vermuthlich wegen einiger Ähnlichkeit mit dergleichen Zeugen.


Brochen (W3) [Adelung]


Brochen, für brachen, S. Brachen.


Brocke (W3) [Adelung]


Der, oder die Brocke, S. 1. der Brocken.


Bröckelig (W3) [Adelung]


Bröckelig, S. Bröcklig.


Bröckeln (W3) [Adelung]


Bröckeln, verb. reg. act. welches das Diminutivum des Zeitwortes brocken ist, in kleine Brocken brechen. Das Brot bröckeln. Sich bröckeln, oder als ein Neutrum, bröckeln, in solche kleine Brocken zerfallen. Das Brot, der Stein bröckelt sich. Es bröckelte Kalk von dem Gewölbe herunter. Nieders. brockeln, ingleichen krömeln, krömken, grüsen, grüsseln, prümmeln. S. Bröseln.


Brocken (W3) [Adelung]


1. Der Brocken, des -s, plur. ut nom. sing. Diminutivum das Bröckchen, Oberdeutsch Bröcklein, ein kleines abgebrochenes oder zerbrochenes Stück. Die Brocken in der Steingrube. Besonders von dem Brote. Die übrig gebliebenen Brocken aufheben; wodurch oft auch die Überbleibsel des Brotes, ja in weiterer Bedeutung aller Speisen, verstanden werden. Auch figürlich, doch nur in verächtlichen Verstande, für ein wenig, ein Bißchen. Hier. kann er einen Brocken Weisheit wieder auskramen, den er sich erst gestern einbettelte, Less. Mit Lateinischen Brocken um sich werfen, einzelne Lateinische Wörter mit einmischen, im verächtlichen Verstande.

Anm. Dieses Wort, welches im Nieders. gleichfalls Brocken lautet, ist von brechen, und zwar von dessen Mittelworte, gebrochen. Im Oberdeutschen lautet es auch der Brocke, des -n, plur. die -n. Andere Mundarten gebrauchen es auch im weiblichen Geschlechte, die Brocke, plur. die -n. Für Brocken war ehedem auch Murk üblich, und die Niedersachsen gebrauchen Kröme, Procke, Prümmel in eben der Bedeutung. S. auch Brosame. Statt Brocken sagte man ehedem auch Brich, davon noch das Ital. Bricia abstammet.


Brocken (W3) [Adelung]


2. Der Brocken, des -s, plur. inus. der eigenthümliche Nahme eines hohen Berges in der Grafschaft Wernigerode, welcher ein Theils des Herzes und unter dem Nahmen des Blocksberges am bekanntesten ist; Lat. Mons Bructerus.


Brocken (W3) [Adelung]


Brocken, verb. reg. act. in kleine Stücke, oder Brocken brechen. Brot in die Brühe brocken. Er hat nichts zu beißen, noch zu brocken, im gemeinen Leben, es fehlet ihm auch an der unentbehrlichsten Nothdurft. S. 1. der Brocken


Brocken-Birke (W3) [Adelung]


Die Brocken-Birke, plur. die -n, eine Art niedriger Birken, welche eine Spielart der gemeinen weißen Birke ist, und auf dem Brocken oder Blocksberge wächtet.


Brockenperle (W3) [Adelung]


Die Brockenperle, plur. die -n, in der Handlung, Perlen, welche ungleich und eckig sind, aber doch dabey noch eine beträchtliche Größe haben. Dem Werthe nach stehen sie zwischen den Zahlperlen und Kartenperlen mitten inne.


Brockenstahl (W3) [Adelung]


Der Brockenstahl, des -es, plur. car. in den Eisenhütten, eine Art guten Kernstahles, welche nicht in Stangen verkauft, sondern in kleinen Stücken in Fässer gepackt wird.


Brockenweise (W3) [Adelung]


Brockenweise, adv. in Gestalt kleiner Brocken.


Brockkohle (W3) [Adelung]


Die Brockkohle, plur. die -n, eine Art Steinkohlen, welche in großen harten Brocken oder Stücken bricht; Stückkohlen, zum Unterschiede von den Grußkohlen.


Bröcklig (W3) [Adelung]


Bröcklig, -er, -ste, adj. et adv. sich leicht bröckeln oder zerbröckeln läßt. Die Steine sind sehr bröcklig. Ein bröckliger gelber Zahn. Nieders. Brockelig, Brockerig. Es ist von bröckeln und der Ableitungssylbe -ig, daher nicht bröcklich.


Brodel (W3) [Adelung]


Der Brodel, S. das folgende, ingleichen Prudel.


Broden (W3) [Adelung]


Der Broden, oder Brodem, des -s, plur. car. der sichtbare Dampf oder Dunst, besonders von heißem Wasser oder andern heißer Körpern. So steiget von dem heißen Brote, von Kochendem Wasser u. s. f. ein Broden auf. In dem Bergbaue wird jed e, auch metallische Ausdünstung ein Broden genannt, weil sie oft sichtbar genug ist. S. Dampf.

Anm. In einem 1482 gedruckten Vocabulario stehet prodmen, tympfen (dampfen) vaporare. S. Ausbrodemen. Das Franz. Brouee, ein dicker Nebel oder Staubregen, Brouillard, ein Nebel, und das Engl. Breath, der Athem, und to breathe, athemen, gehören gleichfalls hierher. Es scheinet dieses Wort zu brauen und Brühe zu gehören. S. Brauen,

Anm. Die Niedersachsen setzen statt des B ein F voran, und da bedeutet Frathem, Fradem und Fraam bey ihnen so wohl sichtbaren Athem, als auch einen jeden Broden. In Schwaben lautet dieses Wort 1479 Praden. S. auch Prudel.


Brodenfang (W3) [Adelung]


Der Brodenfang, des -es, plur. die -fänge, in den Salzwerken, ein Fang in Gestalt einer Feuermauer über der Salzpfanne, den Broden damit zum Dache hinaus zu führen. In den Ställen, wo man zuweilen gleichfalls dergleichen Öffnungen hat, werden Brodenröhren genannt.


Broihan (W3) [Adelung]


Der Broihan, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, eine Art Weißbier, welche aus Weitzen, gemeiniglich aber mit einem Zusatze von Gerste gebraucht wird. Broihan brauen, schenken u. s. f. Daher der Broihanbrauer, die Broihanschenke u. s. f.

Anm. Der gemeinen Meinung zu Folge hat dieses Getränk den Nahmen von einem gewissen Curt Broihan, der aus dem Dorfe Stöcken bey Hannover gebürtig war, sich aber in Hamburg von dem Bierbrauen nährete, und nach Hannover verschrieben wurde, um daselbst Hamburgisches Bier zu brauen, aber dafür 1526 den Broihan erfunden haben soll. Allein der ehemahlige Gothaische Bibliothekarius Schläger, hat schon die Muthmaßung gehabt, daß Broihan der alte Nahme des Weitzenbieres gewesen, und daß Curt Broihan diesen Zunahmen bloß von seiner Hanthierung nach der Gewohnheit der damahligen Zeiten bekommen. Was diese Muthmaßung gar sehr bestätiget, ist dieses, daß in den Stellen der gleichzeitigen Verfasser, mit welchen C. U. Grupen in seinen Orig. et antiquit. Hanover. die gemeine Meinung beweisen will, der Nahme dieses Getränkes als ein schon bekannter Nahme angeführet wird. So schreibt z. B. der Bürgermeister Homeister: Dat erste Bruwe Hannöverischen Broyhans is düt Jahr 1526 - gebrawet; und Conrad Weck: Anno Christi nati 1526 - hefft Cord Broihan tom ersten undergeboth - Broyhan to bruwende. Der Broihan war also schon damals ein bekannter Nahme, und mit dem Beysatze Hannöverischen Broihans, in der ersten Stelle, wird dieses Getränk sehr deutlich von andern Arten desselben unterschieden. Daß das Weitzenbier schon in den ältesten Zeiten in Europa bekannt gewesen, ist eine ausgemachte Sache. Die erste Hälfte des Nahmens Broihan stammet vermuthlich von brauen her, daher es, wenn dieses Abstammung völlig erweislich wäre, billig Bräuhan geschrieben werden sollte. Im gemeinen Leben ist die Aussprache Bruhan die üblichste. Die letzte Sylbe han ist freylich noch dunkel; aber sie ist es in mehrern Zusammensetzungen. Ja es stehet dahin, ob das Gerstenbier, welches die Seythen dem Suidas zu Folge - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - nannten, nicht mit unserm Broihane, wenigstens dem Nahmen nach, einerley ist. S. D. E. Barings zwey Abhandlungen von dem Broihane, Hannov. 1750, 1751, wo aber noch die alte Meinung behauptet wird.


Brokat (W3) [Adelung]


Der Brokat, Brokatell, S. Brocat, Brocatell.


Bromhahn (W3) [Adelung]


Der Bromhahn, des -es, plur. die -hähne, das Bromhuhn, des -es, plur. die -hühner, oder die Bromhenne, plur. die -n, an einigen Orten eine Benennung der Birkhühner, weil sie sich gern an solchen Orten aufhalten, wo es viele Brombeeren gibt.


Brömmelbier (W3) [Adelung]


* Das Brömmelbier, des -es, plur. inus. bey den Handwerkern, eine Strafe, welche diejenigen Meister geben müssen, die im ehelosen Stande leben, welche Strafe alle Jahre erleget werden mußte, aber jetzt an den meisten Orten abgeschaffet ist.


Brommer (W3) [Adelung]


Der Brommer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Die Brombeere, S. dieses Wort. 2) Eine Pohlnische Münze, S. Brummer. 3) Der Herdochs, S. Brummer.


Brömse (W3) [Adelung]


Die Brömse, S. Bremse.


Bronze (W3) [Adelung]


Die Bronze, (sprich Brontzse,) plur. car. aus dem Französischen Bronze, ein vermischtes Metall aus Zinn, Messing und vornehmlich Kupfer, woraus Bildsäulen, Glocken, Kanonen, u. s. f. gegossen werden; daher es in diesen Rücksichten auch Glockenspeise, Glockengut, Glockenmetall, Stückgut, Gießerz, sonst aber auch Erz und Metall, beydes in engerer Bedeutung, genannt wird. Daher bronzieren, (spricht brontzsiren,) Gypsfiguren durch aufgetragenes zerriebenes Messing oder Kupfer das Ansehen metallener Figuren geben; die Bronzier-Erde, eine feine falkartige Erde, welche zu eben dieser Absicht dienet.


Brosame (W3) [Adelung]


Die Brosame, plur. die -n, 1) Der innere weiche Theil des Brotes, Gegensatze der Rinde, ohne Plural; in den gemeinen Mundarten die Krume. 2) Kleine zerbrochene Theile derselben, und des Brotes überhaupt, in welcher Bedeutung im Plural am üblichsten ist. Die Brosamen aufheben, aufsammeln. Diminutivum das Brosamlein, oder Bröselein, des -s, plur. ut nom. sing.

Anm. Dieses Wort ist vorzüglich der Oberdeutschen Mundart eigen. In der ersten Bedeutung lautet es in Meißen auch Brossen. Es stammet ohne Zweifel von dem alten brosen, brechen, ab, wovon im Nieders. und Holländ. noch bros, broß, zerbrechlich, und im Franz. briser, und im Holländ. bryser, zerbrechen, zerreiben bedeutet. S. Bröseln. Die Brosamen, im Plural lauten bey dem Ottfried Brosmono. Im Ital. ist Bricia und Briciola gleichfalls die Brotkrume. S. auch Krume.


Bröschen (W3) [Adelung]


Das Bröschen, des -s, plur. ut nom. sing. eine im gemeinen Leben übliche Benennung der Brustdrüse, besonders bey Kälbern und Lämmern. S. Brustdrüse. Daher die Bröschen- wurst, plur. die -würste, eine Wurst, zu welcher klein gehackte Bröschen kommen.

Anm. Dieses Wort kann so wohl von der äußern Gestalt, als auch von der weichen zerreiblichen Beschaffenheit dieser Drüse hergenommen seyn; in dem letztern Falle würde es zu Brosame und bröseln gehören. In dem erstern aber zu dem Oberdeutschen Brosse, Broste, eine Knospe. S. Alberbrosse. Bries bedeutet in Baiern eine jede Drüse, im Schwed. ist Brusk ein Knorpel, und im Ital. bedeuten Brozze, Broggie Finnen.


Broschiren (W3) [Adelung]


Broschiren, verb. reg. act. aus dem Franz. brocher. 1) Bey den Buchbindern, ein Buch nur heften, und allenfalls mit Papier überziehen, ohne ihm einen ordentlichen Band zu geben. 2) Bey den Zeugwebern, vielfarbige Blumen nach dem Leben in seidene oder wollene Zeuge weben. Broschirte Zeuge, broschirter Sammt. Daher der Broschirer, ein Weber, welcher diese Kunst verstehet.


Bröseln (W3) [Adelung]


Bröseln, verb. reg. act. in kleine Brosamen oder Stücke verwandeln, besonders von dem Brote. Das Brot bröseln. Das Brot bröselt sich, zerfällt in Brosamen. Im Hannöv. kröseln, krösseln. von kroß, zerreiblich. Bröseln ist das Diminutivum von dem veralteten brosen, zerreiben. S. Brosame.


Brösling (W3) [Adelung]


Der Brösling, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, ein Nahme der weißen Erdbeeren; fragaria fructu albo, Tab. Den Nahmen Bröslinge führen sie vermuthlich aus eben der Ursache; um welcher willen sie an andern Orten auch Knackbeeren genannt werden. S. dieses Wort.


Brosse (W3) [Adelung]


Die Brosse, plur. die -n, S. Alberbrosse.


Brot (W3) [Adelung]


Das Brot, des -es, plur. die -e. 1. Eine aus Mehl und Wasser gebackene gemeine Nahrung der Europäer, ohne Plural.1) Eigentlich und in engerer Bedeutung, diese Nahrung so fern sie aus andern Getreidearten als dem Weitzen zubereitet wird, im Gegensatze der Semmeln und Kuchen. Gesäuertes Brot, ungesäuertes Brot. Neugebackenes, frisches Brot. Altgebackenes, altes Brot. Schwarzes, grobes Brot, das aus groben Mehle gebacken wird; weißes, feines Brot, wozu feines weißes Mehl kommt. Bäckerbrot, im gemeinen Leben Bäckenbrot, welches der Bäcker bäckt, im Gegensatze des hausbackenen. Kockenbrot, Gerstenbrot, Haferbrot, Kleyenbrot u. s. f. Brot backen. Wasser und Brot, die Speise grober Verbrecher in dem Gefängnisse. Butter und Brot, Käse und Brot, Bier und Brot, werden im gemeinen Leben zuweilen auch für gemeine, schlechte Speise gebraucht. Das Brot brechen, ist ein biblischer Ausdruck für speisen.2) Figürlich. (a) Verschiedene künstlichere Nahrungsmittel, wenn sie die gewöhnliche Gestalt des Brotes haben. Zuckerbrot, Milchbrot, Eyerbrot u. s. f. (b) Nahrung und Unterhalt, in welchem Verstande dieses Wort in vielen größten Theils niedrigen Ausdrücken und Redensarten ohne Artikel vorkommt. Er hat sein Brot, seinen reichlichen Unterhalt. Sein Brot mit etwas verdienen. Sein Brot suchen, nach Brote gehen. Jemanden zu Brote helfen, ihm seinen Unterhalt verschaffen. Jemanden zu einem Stücke Brotes verhelfen, ihm einen Verdienst verschaffen. Jemanden vom Brote helfen, ihn heimlich umbringen. Dieß bringt kein Brot. Einen um sein Brot bringen. Er stehet in meinem Lohne und Brote. Er isset mein Brot, hat seinen Unterhalt bey mir. Sein eigenes Brot essen, sein eigener Herr seyn. Er verdienet sein Brot mit Sünden. Ich vergesse es, daß sie so lange in meinem Hause Brot gehabt haben, Gell. Nach Homers Tode sritten sich sieben Städte um die Ehre, ihm die Geburt gegeben zu haben; aber keine von allen sieben hatte ihm in seinem Leben Brot gegeben. (c) Eine Mahlzeit, doch nur in einigen gemeinen Zusammensetzungen. Das Abendbrot, Mittagsbrot, Morgen-brot, für Abendmahlzeit, Mittagsmahlzeit, Frühstück. (d) Das Bienenbrot, oder auch nur Brot schlechthin, der Samenstaub der Blumen, welchen die Bienen zu ihrer Nahrung eintragen, und welcher auch Wachsmehl genannt wird. Quittenbrot, ein dick eingesottenes Quittenmuß.2. Eine in eine gewisse, gemeiniglich runde Gestalt gebrachte Masse dieses Brotes, da es nicht nur einen Plural hat, sondern auch im Diminutivo das Brötchen, Oberdeutsch das Brötlein, lautet. Christus speisete vier tausend Mann mit wenig Broten. Eine solche große Masse Brotes, dergleichen man in den Haushaltungen gebraucht, heißt im Oberdeutschen ein Laib Brot, S. Leib. Bey den Zuckersiedern wird ein Hut Zucker, nach dem Muster des Franz. Pain de Sucre, ein Brot Zucker genannt, daher der Brotzucker, (Hutzucker,) daselbst dem Kochzucker entgegen gesetzet wird.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. Brood und Braud, im Dän. Brod, im Schwed. Bröd, im Isländ. Braud, im Angels. Breod, im Engl. Bread, in Bretagne Bara, bey den Krimmischen Tatarn Brot, Broe, bey dem Kero Prot, bey dem Ottfried Brot, in dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter Broud. Man hat verschiedene zum Theil nicht unwahrscheinliche Ableitungen dieses Wortes angegeben. Wachter und andere vor ihm leiten es von dem Begriffe des Essens her, wobey ihnen das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, essen, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Speise, und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich esse, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Speise, zu Statten kommen. Da aber eben dieses Wort auch brechen, zerreiben bedeutet, so glauben Dietrich von Stade, Schilter und andere, daß mit der Benennung des Brotes vornehmlich auf diese Zerbrechlichkeit gesehen werde, indem die Alten ihr Brot in Gestalt harter Kuchen backen, die gebrochen werden mußten. Skinner findet den Begriff des Backens fruchtbarer, und rechnet es zu dem Verbo brüten, Angels. bredan. Herr Ihre aber fällt auf Brey, Brühe, braten, zumahl da die Westgothen für Brot backen noch jetzt Brot braten sagen. S. Braten und Brühe. Alle diese Ableitungen, denen man noch mehrere beyfügen könnte, haben ihre Wahrscheinlichkeit; allein das Alterthum dieses Wortes macht, daß diese Wahrscheinlichkeit noch auf keiner Seite überwiegend wird. S. Leib. Daß schon die Alten dieses Wort für eine jede Speise gebraucht, erhellet aus den zusammen gesetzten Bothenbrot und Wildbret. S. diese Wörter. In dem ersten bedeutet es sogar den Lohn, vermuthlich weil derselbe ehedem nur in Eßwaaren gegeben wurde. In verschiedenen Nahmen der Pflanzen, als Gauchbrot, Johannisbrot, Saubrot u. s. f. wird theils auf diesen allgemeinen Begriff der Speise, theils auf die den Broten ähnliche Figur des Samens gesehen. Die Niederdeutschen ziehen in diesem Worte das d, die Oberdeutschen und mit ihnen die meisten Hochdeutschen das t vor, welches aus der Verlängerung des Wortes, des Brotes, die Brote, sehr deutlich erhellet.


Brotbäcker (W3) [Adelung]


Der Brotbäcker, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben Brotbeck, ein Bäcker, der Brot bäcket; im Gegensatze der Kuchenbäcker, Zuckerbäcker, Pastetenbäcker u. s. f.


Brotbank (W3) [Adelung]


Die Brotbank, plur. die -bänke, die Bude oder der Tisch, in und vor welchem die Bäcker ihr Brot verkaufen; noch häufiger aber das öffentliche Gebäude, in welchem solches geschiehet, und welches auch wohl im Plural die Brotbänke genannt wird, weil mehrere Bäcker daselbst feil haben. Im Oberdeutschen die Brotschranne, im Nieders. der Bretscharren, S. Bank 3.


Brotbann (W3) [Adelung]


Der Brotbann, des -es, plur. inus. ein größten Theils veraltetes Wort, welches nur noch in einigen Oberdeutschen Gegenden vorkommt, der Bann, d. i. die Abgabe, der Zoll, von dem Verkaufe des Brotes.


Brotbaum (W3) [Adelung]


Der Brotbaum, des -es, plur. -bäume, ein Baum, in dem südlichen Asien, dessen unter dem Nahmen der Brotfrucht bekannte Frucht den Einwohnern statt des Brotes und der gewöhnlichen Nahrung dienet.


Brotbrey (W3) [Adelung]


Der Brotbrey, des -es, plur. inus. ein aus Brot gekochter Brey.


Brotdieb (W3) [Adelung]


Der Brotdieb, des -es, plur. die -e, in den niedrigen Sprecharten, eine schimpfliche Benennung desjenigen, der den andern böslich um sein Brot, d. i. um seine Nahrung, bringt; in welchem Verstande die Handwerker dieses Wort eigentlich von den Pfuschern gebrauchen.


Brotfrucht (W3) [Adelung]


Der Brotfrucht, plur. die -früchte, S. Brotbaum.


Brothange (W3) [Adelung]


Die Brothange, plur. die -n, in der Hauswirtschaft, ein hängendes Gerüst, das Brot darauf zu legen, um es vor dem Ungeziefer zu bewahren; in den gemeinen Mundarten ein Brotschragen.


Brotherr (W3) [Adelung]


Der Brotherr, des -en, plur. die -en, der Hausherr, im Gegensatze der Diensbothen oder Brötlinge, die von ihm ihr Brot haben. S. Brötling.


Brotkäfer (W3) [Adelung]


Der Brotkäfer, des -es, plur. ut nom. sing. eine Art Käfer mit glänzenden grün und goldgewürfelten Flügeldecken, welcher in den Weinbergen wohnet und eigentlich von Insecten lebt, aber auch den Brosamen nachgehet; Dermestes paniceus, L.


Brotkorb (W3) [Adelung]


Der Brotkorb, des -es, plur. die -körbe, der Korb, in welchem das Brot aufbehalten wird. Einem den Brotkorb höher hängen, in einer niedrigen Figur, seine Nahrung, seinen Unterhalt einschränken, vermindern.


Brotkorn (W3) [Adelung]


Das Brotkorn, des -es, plur. car. als ein Collectivum, dasjenige Korn, oder Getreide, welches man in seiner Haushaltung zum Brote gebraucht, im Gegensatze des Saatkornes.


Brotkrume (W3) [Adelung]


Die Brotkrume, plur. inus. die Krume, d. i. der inwendige weiche Theil des gewöhnlichen Brotes, im Gegensatze der Semmelkrume. S. Krume. Im Oberdeutschen die Schmolle, von mollis, weich.


Brotkuchen (W3) [Adelung]


Der Brotkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. Brot in Gestalt eines Kuchens; im gemeinen Leben ein Platz. 1 Sam. 6, 19: Und theilete aus allem Volk, - - jeglichem einen Brotkuchen, und ein Stück Fleisch.


Brodkümmel (W3) [Adelung]


Der Brodkümmel, des -s, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme des gemeinen Wiesenkümmels, weil man ihn in das Brot zu thun pflegt.


Brotlehen (W3) [Adelung]


Das Brotlehen, des -s, plur. inus. an einigen Orten, das Recht, Brod backen und verkaufen zu dürfen, wenn solches zu Lehen gegeben wird.


Brotlese (W3) [Adelung]


Die Brotlese, plur. inus. in der Bienenzucht, die Einsammlung des Brotes, d. i. Blumenstaubes, welchen die Bienen zu ihrer Nahrung eintragen; zum Unterschiede von der Honiglese.


Brötling (W3) [Adelung]


Der Brötling, des -es, plur. die -e, 1) An einigen Orten, z. B. in Franken, derjenige Schwamm, welcher sonst auch Brätling genannt wird. S. dieses Wort. Brötling ist entweder eine verderbte Aussprache dieses Wortes, oder der Schwamm hat diesen Nahmen daher, weil er auch roh als Brot, oder anstatt des Brotes gegessen werden kann; denn man findet, daß er auch zuweilen Brotschwamm genannt wird. 2) In einigen Gegenden, besonders Oberdeutschlandes, bedeutet dieses Wort einen Dienstbothen, und Brötlinge das Gesinde, weil man sie in seinem Brote hält, daher das Gesinde ehedem auch gebrotetes Gesinde, gebrötete Diener u. s. f. genannt wurde. Diese Gewohnheit, das Gesinde von dem Brote, das es isset, zu benennen ist, schon alt, und liegt auch in dem mittlern Latein. Buccellarius, Cliens, zum Grunde. Bey dem Ulphilas ist Galaibans, beyden alten Alemannen Kaleibon, im Angels. Hlafeta, ein Haus oder Amtsgenoß, gleichfalls von Laib, Brot. 3) In den Klöstern, derjenige, welcher einen Panis-Brief bekommen hat.


Brotlos (W3) [Adelung]


Brotlos, -er, -este, adj. et adv. 1) Kein Brot, d. i. keine Nahrung, keinen Gewinn bringend. Brotlose Künste, mit welcher Benennung Geitz und Unwissenheit zuweilen auch die schönen Künste zu belegen pflegen. Notker gebraucht in dem Lobgesange Annä schon brotelos; aber bey ihm bedeutet es hungerig. 2) Des Brotes, d. i. der Nahrung beraubt. Jemanden durch Absetzung von seinem Amte brotlos machen. So auch die Brotlosigkeit.


Brotmahl (W3) [Adelung]


Das Brotmahl, des -es, plur. die -e, dasjenige Mahl oder Zeichen, womit das Brot in manchen Fällen bezeichnet wird, welches vermittelst des Mahlholzes geschiehet.


Brotmarkt (W3) [Adelung]


Der Brotmarkt, des -es, plur. die -märkte, derjenige Marktplatz, auf welchem Brot verkaufet wird.


Brotmarte (W3) [Adelung]


* Die Brotmarte, S. Brotscheibe.


Brotmesser (W3) [Adelung]


Das Brotmesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein Messer, welches man zum Essen gebraucht; ein Eßmeser, Tischmesser.


Brotneid (W3) [Adelung]


Der Brotneid, des -es, plur. car. derjenige Neid, da man einem andern seine Nahrung beneidet.


Brotpfeffer (W3) [Adelung]


Der Brotpfeffer, des -s, plur. car. bey den Köchen, ein Pfeffer, d. i. Gewürz, aus Brot, welches in einem Breye aus geröstetem Brote bestehet, den man unter die Brühen verschiedener Speisen mischet.


Brotrinde (W3) [Adelung]


Die Brotrinde, plur. inus. die Rinde des Brotes; die Kruste, im Gegensatze der Krume. Einzelne Stücke dieser Rinde verstatten auch den Plural. Daher das Brotrindenpflas=ter, ein aus solcher Rinde zubereitetes Pflas=ter.


Brotscharren (W3) [Adelung]


Der Brotscharren, des -s, plur. ut nom. sing. S. Brotbank.


Brotschätzer (W3) [Adelung]


Der Brotschätzer, des -s, plur. ut nom. sing. eine von der Obrigkeit verpflichtete Person, welche den jedesmahligen Preis des Brotes bestimmt, und in diesem Stücke die Aufsicht über die Bäcker hat; an andern Orten Brotschauer, Brotschneider. An einigen Orten gehöret diese Verrichtung mit zu dem Amte des Marktherren oder Marktmeisters.


Brotschauer (W3) [Adelung]


Der Brotschauer, des -s, plur. ut nom. sing. S. das vorige.


Brotscheibe (W3) [Adelung]


Die Brotscheibe, plur. die -n. 1) Ein in Gestalt einer Scheibe abgeschnittenes Stück Brot, in welcher Bedeutung aber dieses Wort wenig gebräuchlich ist. 2) In den Bienenstöcken, die mit Bienenbrot angefüllten Wachsscheiben; die Brotwaben, Nieders. Brotmaarten, von Maarte, eine Wachsscheibe. 3) Bey den Bäckern zuweilen auch so viel als der Brotschieber, da es denn unmittelbar von schieben herkommt. S. das folgende.


Brotschieber (W3) [Adelung]


Der Brotschieber, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bäckern, ein Bret an einer Stange, das Brot damit in den Ofen zu schieben; die Brotscheibe, Backschaufel.


Brotschneider (W3) [Adelung]


Der Brotschneider, des -s, plur. ut nom. sing. S. Brotschätzer.


Brotschragen (W3) [Adelung]


Der Brotschragen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Brothänge.


Brotschrank (W3) [Adelung]


Der Brotschrank, des -es, plur. die -schränke, in der Haushaltung, ein Schrank, das Brot darin zu verwahren; nach Verschiedenheit der Mundarten, eine Brotköthe, ein Brotspind, Brotschapp, Brotalmer, u. s. f. S. Schrank.


Brotschwamm (W3) [Adelung]


Der Brotschwamm, des -es, plur. die -schwämme, S. Brötling.


Brotspende (W3) [Adelung]


Die Brotspende, plur. die -n, die Spende, d. i. Vertheilung einer gewissen Quantität Brotes an die Armen, zu welcher an einigen Orten eigene Stiftungen sind. S. Spende. Das Brot- spender- oder Erbbrotspenderamt war ehedem ein besonderes Erbamt des Erzstiftes Bremen, nach welchem der Brotspender nicht nur bey öffentlichen Gastmahlen das Brot darreichen, sondern auch alsdann Brot und andere Eßwaaren unter die Armen vertheilen mußte. S. Pratje Alt und Neues aus dem Herzogth. Bremen und Verden, B. 2. S. 141.


Brotstab (W3) [Adelung]


* Der Brotstab, des -es, plur. die -stäbe, ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort, welches aber bey dem Opitz Ps. 105, 9, vorkommt: Drauf ruft er Theurung in das Land, Schlug ihm den Brotstab aus der Hand; wo es in Luthers Übersetzung B. 16 heißt: Und er ließ eine Theurung ins Land kommen, und entzog allen Vorrath des Brots.


Brot-Taxe (W3) [Adelung]


Die Brot-Taxe, plur. die -n, die von der Obrigkeit den Bäckern gesetzte Taxe des Brotes.


Brottorte (W3) [Adelung]


Die Brottorte, plur. die -n, bey den Zuckerbäckern, eine aus geriebenen Brote verfertigte Torte.


Brötung (W3) [Adelung]


* Die Brötung, plur. inus. im gemeinen Leben, besonders Obersachsens, das Backen des Brotes, ingleichen das in einer Haushaltung unentbehrliche Brot. Jährlich zehn Schäffel Korn zur Brötung verbrauchen. Das Zeitwort broden, broten oder bröten, von welchem dieses noch ein Überrest ist, bedeutete ehedem nicht nur Brot backen, sondern auch mit Brot ernähren, und in weiterer Bedeutung unterhalten. S. Brötling.


Brotwabe (W3) [Adelung]


Die Brotwabe, plur. die -n, S. Brotscheibe und Wabe.


Brottwagen (W3) [Adelung]


Brottwagen, S. Brotzen


Brotwandlung (W3) [Adelung]


Die Brotwandlung, plur. inus. in der Römischen Kirche, die Verwandlung des sacramentlichen Brotes in den Leib Christi; auch nur die Wandlung schlechthin.


Brotwasser (W3) [Adelung]


Das Brotwasser, des -s, plur. inus. 1) Mit Brotrinde schmackhaft gemachtes Wasser zum Trinken. 2) Ein über Brotrinde abgezogener Branntwein. 3) Ein schöner Wein, der im Würtembergischen zu Stetten im Ramsthale wächset, und diesen Nahmen bekommen hat, weil seine Farbe der Farbe des Brotes gleicht.


Brotz (W3) [Adelung]


Der Brotz, S. Kröte.


Brotzen (W3) [Adelung]


Brotzen, Brottwagen; S. Protzen, Protzwagen.


Bruch (W3) [Adelung]


Der Bruch, des -es, plur. die Brüche, von dem Verbo brechen.1. Der Zustand, da ein Körper bricht oder zerbrochen wird, so wohl in der mittlern als thätigen Bedeutung des Verbi, in beyden Fällen aber ohne Plural. 1) Eigentlich. Der Bruch eines Beines, der Beinbruch. Die Grube gehet zu Bruche, kommt zu Bruche, im Bergbaue, wenn das Gestein einbricht, und die Grube verschüttet. Bey den Pferdeverständigen wird das Ausfallen der Milch- oder Füllenzähne, oder das so genannte Schieben, zuweilen auch ein Bruch genannt. Der erste Bruch geschiehet, wenn das Pferd zwey oder dritthalb Jahr alt ist. Von der mehrmaligen Wiederhohlung dieses Zustandes sagt man alsdann auch wohl im Plural, das Pferd hat seine Brüche gethan. Übrigens ist das Hauptwort in dieser Bedeutung nur von einem eingeschränkten Gebrauche, obgleich die zusammen gesetzten Abbruch, Aufbruch, Ausbruch, Durchbruch, Einbruch u. s. f. ingleichen Schiffbruch, Wolkenbruch u. s. f. häufiger sind. 2) Figürlich. Der Bruch der Ehe, oder noch häufiger der Ehebruch. Der Bruch des Friedens, des Bundes, der Friedensbruch, Bundesbruch. Es ist zwischen beyden Mächten zu einem Bruche, (nehmlich des Friedens oder der Freundschaft,) gekommen. Diese "Zwistigkeiten" lassen einen neuen Bruch befürchten. Es muß nothwendig zum Bruche kommen, die Freundschaft muß nothwendig gebrochen werden.2. Die dadurch entstandene Öffnung oder Beschäftigung. Das Porzellan, der Topf hat einen Bruch. Einen Bruch zustopfen. Der Bruch in einem Damm. Das Zeug bekommt Brüche, wenn es zu lange in Falten lieget. Der Bruch an einem Blatte Papier, die Falte, welche entstehet, wenn es gebrochen wird. Bey den Jägern heißt der Ort, wo wilde Schweine gebrochen, d. i. gewühlet haben, gleichfalls ein Bruch. Der Bruch des Beines, die dadurch verursachte Beschädigung. Im Oberdeutschen ist Bruch oder Neubruch ein urbar gemachtes Feld, welches bisher wüste gelegen hat; novale. Bey den Köhlern heißt der Ort eines Meilers, wo sie angebrochen haben, und die dadurch verursachte Öffnung, der Bruch, welchen Nahmen auch die Öffnungen in der Erde führen; wo man Erze, Steine Kalk u. s. f. gebrochen hat, wofür doch Erzbruch, Steinbruch, Marmorbruch, Schieferbruch, Kalkbruch u. s. f. üblicher sind. Bey Menschen und Thieren ist der Bruch eine Krankheit des Unterleibes, da ein Theil der Eingeweide verschoben wird, oder durch eine Öffnung der innern Haut hervor bricht, und eine Geschwulst oder einen Sack bildet. Hernia. Einen Bruch haben, bekommen. Den Bruch schneiden, heilen u. s. f. Die Ärzte kennen mehrere Arten dieser Krankheit, daher die Nahmen Blasenbruch, Netzbruch, Hodenbruch, Windbruch, Wasserbruch, Darmbruch, Fleischbruch, Nadelbruch u. s. f. entstanden sind. Wenn ein Stück Hornvieh den Bruch hat, so sagt man im gemeinen Leben es sey weidewund.3. Der Ort, wo etwas abgebrochen worden. Dahin gehöret vermuthlich die Gewohnheit der Jäger, wenn sie den Ort, wo sie die letzte Spur eines Thieres gesehen haben, wo es sich folglich befinden muß, einen Bruch nennen; vielleicht weil sie diesen Ort alsdann zu verbrechen, d. i. vermittelst abgebrochener Zweige zu zeichnen pflegen. Figürlich heißen auch an dem Geschütze die beyden Stellen, wo die mittlern Verstäbungen angebracht werden, Brüche; vermuthlich weil die Kanone hier einen Absatz bekommt, und gleichsam abgebrochen wird. In den übrigen Fällen fließt diese Bedeutung mit der vorigen zusammen. 4. Dasjenige, was gebrochen oder abgebrochen wird. So nennen die Jäger einen abgebrochenen grünen Zweig von einem Baume eine Bruch. In der Rechenkunst ist der Theil eines Ganzen, so fern derselbe durch wenigstens zwey Zahlen ausgedruckt wird, davon die obere der Zähler, und die untere der Nenner heißt. In dieser Bedeutung erhält dieses Wort vermuthlich noch das Andenken der alten einfältigen Art zu rechnen, ehe die heutigen Ziffern üblich wurden, da man statt der Zahlen Späne oder Stückchen Holz brauchte, und die Theile eines Ganzen durch körperliche Brüche an denselben ausdruckte. Daher vermuthlich die figürlichen Ausdrücke, in die Brüche fallen oder gehen, verloren gehen; in die Brüche kommen, bey einer Sache übel fahren. In dem Bergbaue sind Brüche Steine, welche nicht zusammen hängen, sondern in zerbrochenen Stücken liegen.5. Die Brüche des Mondes, die Mondbrüche, dessen periodisches Zu- und Abnehmen; die Mondswandlungen.

Anm. Bey dem Notker lautet dieses Wort Bruche, bey dem Willeram Bruch, im Nieders. Brake, Bräk, im Dän. Brek. Die Äolier sagten ehedem - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, für - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Bruch, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, für - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Lappen. Das Böhmische Pruch, ein Erdfall, ist wohl durch die Deutschen Bergleute in das Slavonische gekommen.


Bruch (W3) [Adelung]


Das Bruch, des -es, plur. die Brücher, ein am häufigsten in Niedersachsen übliches Wort, eine sumpfigen Ort, einen Morast, ingleichen ein Gehölz in solchen morastigen Gegenden auszudrucken. Das Wild in Busch und Brüchen, Opitz. Auc h die urbar gemachten sumpfigen Gegenden werden in der Mark Brandenburg Brücher genannt.

Anm. Dieses Wort, welches im Niedersächsischen Brook, und um Bremen Blok, im Holländ. Broeck, im Engl. Broke, lautet, wird gemeiniglich von brechen hergeleitet, weil man in einem solchen sumpfigen Orte leicht einbricht. Allein diese Figur ist zu hart und wider die Analogie. Im Angels. bedeutet Broca einen Fluß. Die Wörter Brua, Bruarium, Bruera, Brugaria, Bruguera, Bruguerium, Brugga, Bruida u. s. f. die bey dem du Fresne und Carpentier vorkommen, scheinen nicht hierher zu gehören, weil sie bloß wüste, mit Heide und Dornen bewachsene Plätze bedeuten; wohl aber Bracus, und Bragium, ein Thal. Daß dieses Wort auch im Oberdeutschen nicht unbekannt ist, erhellet unter andern auch aus einem 1477 zu Augsburg gedruckten Vocabulario, wo Palus durch yn bruche, oder phule, oder pucze, erkläret wird.


Bruch (W3) [Adelung]


* Der Bruch, des -es, plur. die Brüche, ein in Ober- und Niederdeutschland bekanntes, im Hochdeutschen aber seltenes Wort, eine Art langer weiter Beinkleider zu bezeichnen, welche in Niedersachsen noch von den Schiffern, in Ober- und Niederdeutschland aber noch an einigen Orten von den Bauern getragen werden.

Anm. Das hohe Alter dieses Wortes setzet es gegen alle Bemühungen des Wortforschers in Sicherheit. Denn schon zu des Diodors aus Sicilien und Hesychii Zeiten trugen die Gallier und Scythen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ; obgleich in andern Fällen die Gallischen Braccae, nicht so wohl Beinkleider, als vielmehr eine Art kurzer Oberkleider waren. S. Frack. S. des du Fresne Gloss, wo so wie bey dem Carpentier mehrere hierher gehörige Wörter vorkommen. Der älteste Deutsche Schriftsteller, Kero, gebraucht schon Pruah für Beinkleider. Im Nieders. lautet dieses Wort Brook, im Engl. Breeches, im Irländ. Broages, im Schwed. Brack, Brackor, im Esthnischen Prokit, im Albanischen Breka, im Dän. Brog, im Angels. Braec, im Holländ. Broecke, im Franz. Bragues, im Ital. Braghe, im Wendischen Bruchusa. Einige haben es von dem Hebr. Berec, das Knie, herleiten wollen, allein es ist noch unbekannt, welches die erste Bedeutung des Wortes Bruch ist; denn das Slavon. Bricho, und Brucha bedeutet den Bauch; und Isidors Übersetzer und Tatian gebrauchen Brucha für einen Gürtel. Im Nieders. bedeutet die Brüche den Unterleib großer Thiere, und Brüchentalg noch jetzt das Fert am Eingeweide des Hornviehes. S. auch Schilters und Ihre Glossaria. Übrigens bedeutet dieses Wort nur große weite Hofen; dagegen die engen und kurzen Beinkleider, welche wir jetzt tragen, in Niedersachsen Büren und im Esthnischen Pyxit heißen.


Brucharzt (W3) [Adelung]


Der Brucharzt, des -es, plur. die -ärzte, im Oberdeutschen ein Wundarzt, welcher sich vorzüglich auf die Heilung der Brüche des menschlichen Körpers leget. S. Bruchschneider.


Bruchband (W3) [Adelung]


Das Bruchband, des -es, plur. die -bänder, ein Gürtel, durch welchen die Brüche des menschlichen Leibes zurück gehalten werden; im mittlern Lateine Bracale, Bracarium, Bracchiale, Bracheriolum, Brachile, Brachirolum, u. s. f. welche Wörter aber vielmehr zu Braccae gehören, so fern Bruch ehedem auch einen Gürtel bedeutete; denn auch der lederne Riemen. womit der Klöppel in der Glocke befestiget wird, kommt unter dem Nahmen Brachale vor.


Bruchbeere (W3) [Adelung]


Die Bruchbeere, plur. die -n, ein Nahme, welchen an einigen Orten auch die großen Heidelbeeren, Vaccinium uliginosum, L. führen, weil sie gern in Brüchen, oder Morästen, zu wachsen pflegen. S. Heidelbeere.


Bruchdorf (W3) [Adelung]


Das Bruchdorf, des -es, plur. die -dörfer, vornehmlich in Niedersachsen, ein Dorf, welches in einem Bruche, d. i. einer urbar gemachten morastigen Gegend lieget.


Brüche (W3) [Adelung]


* Die Brüche, oder Brüchte, plur. die -n, ein nur in Niedersachsen übliches Wort, so wohl ein Verbrechen, als auch die darauf gesetzte Geldstrafe zu bezeichnen. Jemanden zu Brüche schreiben, ihn am Selbe strafen.

Anm. Dieses Wort stammet von brechen her. In der Bedeutung einer Übertretung des Gesetzes ist Verbrechen im Hochdeutschen noch jetzt üblich. Im Nieders. lautet es so wohl Brok als Bröke, und ist im ersten Falle männlichen, im zweyten aber weiblichen Geschlechtes; daher es bey den Niedersachsen, wenn sie Hochdeutsch schreiben, bald der Bruch, bald die Brüche, bald aber auch die Brüchte lautet; doch ist das mittelste das üblichste.


Brüchen (W3) [Adelung]


* Brüchen, oder Brüchten, verb. reg. act. in Niedersachsen, am Gelde strafen. Jemanden brüchen. Nieders. bröken. S. das vorige.


Brüchenanschlag (W3) [Adelung]


* Der Brüchenanschlag, oder Brüchtenanschlag, des -es, plur. die -schläge, in den Niedersächsischen, besonders Westphälischen Untergerichten, die Bestimmung eines Tages zur Taxirung der Strafgefälle.


Brüchenbuch (W3) [Adelung]


* Das Brüchenbuch, des -es, plur. die -bücher, in Niedersachsen, ein Buch, worein die Brüchen oder Geldstrafen verzeichnet werden; das Bruchbuch.


Brüchengeld (W3) [Adelung]


* Das Brüchengeld, oder Brüchtengeld, des -es, plur. die -er, in Niedersachsen, Geld, welche aus zuerkannten Geldstrafen gehoben wird.


Brüchengericht (W3) [Adelung]


* Das Brüchengericht, oder Brüchtengericht, des -es, plur. die -e, in Niedersachsen, eine Art Untergerichte, welche nur über geringe Frevel erkennen, und nur Geldbußen auflegen kann. S. auch Holzgericht. Einige Hochdeutsche Schriftsteller, welche diese Gerichte nicht kannten, haben Brückengerichte daraus gemacht.


Bruchfällig (W3) [Adelung]


* Bruchfällig, adj. et adv. in Niedersachsen, straffällig. S. Brüche. Einige Oberdeutsche Schriftsteller gebrauchen dieses Wort auch für baufällig, was den Einbruch drohet.


Bruchgold (W3) [Adelung]


Das Bruchgold, des -es, plur. inus. bey einigen Schriftstellern des Mineralreiches, Gold, welches in sichtbarer Gestalt gebrochen wird; Gegensatze des Waschgoldes.


Brüchig (W3) [Adelung]


Brüchig, -er, -ste, adj. et adv. 1) Was wirklich Brüche hat, oder bekommt. So wird das Tuch brüchig, wenn es Löcher bekommt, welche größten Theils von abgerissenen Fäden im Weben entstehen, an daran Statt keine neuen eingezogenen worden. 2) Der etwas bricht, in figürlicher Bedeutung, doch nur in den Zusammensetzung, eidbrüchig, bundbrüchig, u. s. f. 3) Was sich leicht zerbrechen lässet, im Gegensatze dessen, was biegsam ist, besonders von Metallen, für spröde. Der Zink ist brüchig. Bruchiges Eisen. 4) In Niedersachsen, und besonders Westphalen, bedeutet brüchig und brüchtig auch straffällig, der sich einer Brüche oder Geldstrafe schuldig gemacht hat.


Bruchkraut (W3) [Adelung]


Das Bruchkraut, des -es, plur. die Kräuter, ein Nahme verschiedener Kräuter, welche die Brüche des menschlichen Leibes, so wohl im Unterleibe als an den Knochen heilen sollen. 1) Einer Pflanze, welche auch Tausendkorn, kleiner Wegetritt und Harnkraut genannt wird, eine scharfe und zusammen ziehende Kraft hat, und in den trocknen und sandigen Gegenden Europens wächset, Herniaria, L. 2) Dem Knabenkraute oder Stendel, Satyrium, L. S. diese Wörter. 3) Dem Durchwachse, Bupleurum, L. S. Durchwachs. 4) Der Agrimone oder Obermennig, Agrimonia Eupatoria, L. Agrimone. 5) der Osterluzey, Aristolochia, L. S. dieses Wort. Und vielleicht noch andere mehr. S. auch Bruchwurz.


Bruchmandel (W3) [Adelung]


Die Bruchmandel, plur. die -n, im Oberdeutschen, Mandeln in Schalen. S. Krachmandel.


Bruchort (W3) [Adelung]


Der Bruchort, des -es, plur. die -örter, in Bergbaue, ein Ort, welcher durch Brüche, d. i. zusammen geschobenes lockeres Gestein getrieben wird. Ingleichen ein Ort, wo in der Grube ein Bruch entstanden ist.


Bruchschneider (W3) [Adelung]


Der Bruchschneider, der -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, ein Wundarzt, der sich vornehmlich auf das Schneiden der Brüche des Unterleibes leget; im Oberdeutschen ein Brucharzt.


Bruchschnepfe (W3) [Adelung]


Die Bruchschnepfe, plur. die -n, eine Art Schnepfen, welche sich gerne in Brüchern oder morastigen Örtern aufhält; Mohrschnepfe.


Bruchsilber (W3) [Adelung]


Das Bruchsilber, des -s, plur. inus. im gemeinen Leben, zerbrochene Stücke verarbeiteten Silbers, welche weiter nichts als zum Einschmelzen gebraucht werden können; Werksilber.


Bruchstein (W3) [Adelung]


Der Bruchstein, des -es, plur. die -e, 1) Ein aus Steinbrüchen gebrochener Stein, im Gegensatze der gebrannten Steine. Am häufigsten in engerer Bedeutung, rauhe unbearbeitete Steine, so wie sie aus den Steinbrüchen kommen; im Gegensatze der Werk- und Quatersteine. 2) Im gemeinen Leben auch ein Nahme der Osteocolla, weil sie gebrochene Beine heilen soll. S. Beinbruch 2.


Bruchstück (W3) [Adelung]


Das Bruchstück, des -es, plur. die -e, ein Stück eines zerbrochenen harten Körpers. So pflegen die Maurer die zerbrochenen Stücke Steine, die sie zum Ausfüllen gebrauchen, Bruchstücke zu nennen.


Brüchte (W3) [Adelung]


* Die Brüchte, mit den Zusammensetzungen, Brüchtengeld u. s. f. S. Brüche und Brüchen.


Bruchwasser (W3) [Adelung]


Das Bruchwasser, des -s, plur. inus. Wasser; welches über Brüchern, d. i. morastigen Örtern stehet; Mohrwasser, Stumpfwasser.


Bruchwurz (W3) [Adelung]


Die Bruchwurz, plur. inus. ein Nahme, welcher so wie Bruchkraut, verschiedenen Pflanzen im gemeinen Leben gegeben wird, deren Wurzeln die Brüche des Unterleibes und der Knochen heilen sollen; z. B. dem Samenkraute, Potamogeton perfoliatum, L. der Osterluzey, der Agrimone, dem Donnerbarte, u. s. f. S. diese Wörter.


Brücke (W3) [Adelung]


Die Brücke, plur. die -n, Diminutivum das Brückchen, Oberdeutsch das Brücklein, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein von Holz oder Steinen gebauter Weg über einen Fluß oder Wasser. Über eine Brücke gehen. Eine Brücke über einen Fluß bauen, oder schlagen. Eine Brücke über einen Morast legen, d. i. bauen. Eine Brücke abwerfen, abbrechen. Eine fliegende Brücke, S. Fliegen. Einem die Brücke treten, seinePartey nehmen, ihm beystehen, von den Aufziehbrücken, welche bey dem Herablassen nieder getreten werden. An den Buchdruckerpressen werden zwey zusammen gefügte Stücke Holz, welche in die Preßwände eingelassen sind, und durch welche die Büchse gehet, figürlich die Brücke genannt. Bey den Jägern ist die Brücke oder Kehle ein kleines Gestricke, welches in dem Treibezeuge, ungefähr nach dem vierten Bügel eingebunden wird, so daß die Feldhüner darüber hinauf in den Zeug, aber hernach nicht wieder zurück können. Im gemeinen Leben wird in mehrern Fällen ein horizontal liegender Steg oder ein solches Bret eine Brücke genannt. 2) Ein Gerüst; nur noch in manchen einzelnen Fällen. So ist ein Schaffot oder eine Richtbühne in manchen Gegenden noch unter diesem Nahmen bekannt. Ehedem war Brüge, Brügine, Prieche in dieser Bedeutung häufiger, ein Gerüst zum Zuschauen zu bezeichnen.

Anm. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort die Bruck, die Brucken, im Schwabenspiegel Brugge, im Nieders. Brügge, im Angels. Brich, Brygga, im Engl. Bridge, alt Franz. Brique. Weil in der Schweizerischen Mundart dieses Wort auch Kick lautet, so glaubet Frisch, daß es, wie so viele andere Wörter, vermittelst des Vorwortes Be von Reihe, Nieders, Kick gebildet worden. Indessen ist doch das Anfangs-B schon sehr alt; denn die Endungen Bria, Briga, Briua, die an so vielen Nahmen Gallischer Örter gefunden werden, gehören vermuthlich hierher. S. du Fresne Glossar. h. v. Brücke ist von einem alten Worte Bro oder Bru abgeleitet, welches ehedem in allen nordischen Mundarten vorhanden war, und noch im Schwed. und Dän. angetroffen wird, wo eine Brücke Bro oder Broc heißt. Ursprünglich scheinet dieses Wort eine jede Erhöhung bedeutet zu haben, und da könnte es wohl zu bor, hoch, gehören, S. Bahre und Empor; denn die Versetzung des r ist in allen Sprachen gewöhnlich. Im Wendischen bedeutet Breh, Broh, das Ufer, Gestade. Im Pohlnischen ist Bruk ein Steinpflas=ter, und brukuje, ich pflas=tere. Selbst im Niedersächsischen bedeutet bruggen, und im Dänischen brolegge, pflas=tern, und in der ersten Mundart Steenbrugger ein Pflas=terer. Das Ungarische Berw, Brw, im Dual Berwe, und im Plural Berwi, eine Brücke, kommt mit der alten Endung - briua genau überein.


Brücken (W3) [Adelung]


Brücken, verb. reg. act. mit einer Brücke versehen, welches aber im Hochdeutschen wenig vorkommt. Ein gebrückter Weg, ein Weg durch einen Morast, der mit Holze gepflas=tert ist; in den gemeinen Mundarten ein Knitteldamm. S. Brüchung.


Brückenamt (W3) [Adelung]


Das Brückenamt, des -es, plur. die -ämter. 1) Ein Amtsbezirk des Stadtrathes in Dresden, welcher eigentlich der Kirche zum heiligen Kreuze gehöret, und dessen Einkünste zur Unterhaltung der Elbbrücke bestimmt sind. 2) Im Österreichischen ein Collegium, welches die Unterhaltung der Brücken und Wege besorgt.


Brückenbalken (W3) [Adelung]


Der Brückenbalken, des -s, plur. ut nom. sing die horizontalen Querbalken einer Brücke, auf welchem die Bedeckung von Bohlen ruhet, und welche auch Brückenbäume und Brückenruthen genannt werden; zum Unterschiede von den Lagerbalken, Jochträgern, oder Schwellen, welche nach der Länge der Brücke gehen, und jene tragen.


Brückenbau (W3) [Adelung]


Der Brückenbau, des -es, plur. inus der Bau einer Brücke. Ingleichen die Kunst, Brücken zu bauen. Den Brückenbau verstehen. Daher die Brückenbaukunst, plur. inus.


Brückengeld (W3) [Adelung]


Das Brückengeld, des -es, plur. die -gelder, ein Geld oder Zoll für die Überfahrt über eine Brücke, welches denn zum Unterhalte der Brücke angewendet wird; Brückengeleit, Brückenzoll, Brückenpfennig.


Brückengericht (W3) [Adelung]


Das Brückengericht, des -es, plur. die -e. 1) S. Brüchengericht. 2) In einigen Gegenden, z. B. im Hessischen, ein Gericht, welches auf einer Brücke, unter freyem Himmel gehalten wird.


Brückenjoch (W3) [Adelung]


Das Brückenjoch, des -es, plur. die -e, im Niedersächsischen Brückenjöcher, das Joch, d. i. hölzerne Gerüst, welches eine Brücke trägt.


Brückenmeister (W3) [Adelung]


Der Brückenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. 1) An einigen Orten ein Zimmermeister, welcher den Schiff- und Brückenbau verstehet. 2) An andern, z. B. im Österreichischen, ein Aufseher über die Brücken eines gewissen Bezirkes.


Brückenpfennig (W3) [Adelung]


Der Brückenpfennig, des -es, plur. die -e. 1) An einigen Orten so viel als Brückengeld. 2) Auch Pfennige, das ist, Schaumünzen, welche zum Andenken einer neu erbauten Brücke geschlagen werden.


Brückenruthe (W3) [Adelung]


Die Brückenruthe, plur. die -n, im Brückenbaue, Ruthen, d. i. Bäume, die man quer über einen schmalen Fluß leget, und diese wieder mit Bretern oder Pfosten beleget. S. auch Brückenbalken.


Brückenschanze (W3) [Adelung]


Die Brückenschanze, plur. die -n, eine Schanze vor einer Brücke zu einer Vertheidigung; Franz. tete de pont.


Brückenscherfer (W3) [Adelung]


Der Brückenscherfer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welchen 59 Dörfer um Eilenburg in Meißen führen, deren Einwohner von Friedrich dem Streitbaren das Recht erhalten haben, daß sie gegen Erlegung eines Scherfes, d. i. kleinen Pfenniges, den sie jährlich am S. Stephanstage, des Morgens um vier Uhr erlegen müssen, leinen Brückenzoll und andere Abgaben erlegen dürfen.


Brückenschreiber (W3) [Adelung]


Der Brückenschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten der Einnehmer des Brückengeldes oder Brückenzolles.


Brückensteg (W3) [Adelung]


Der Brückensteg, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welchen einige in der Wapenkunst den Thurnierkragen geben. S. dieses Wort.


Brückenzoll (W3) [Adelung]


Der Brückenzoll, des -es, plur. die -zölle, der Zoll, der für die Überfahrt über eine Brücke entrichtet wird; im Schwabenspiegel Bruggen zoll. S. Brückengeld.


Brückung (W3) [Adelung]


Die Brückung, plur. die -en, in der Landwirthschaft, ein hölzerner Fußboden in den Pferdeställen, der unten hohl und vorn etwas höher ist, damit die Feuchtigkeiten desto bequemer abfließen können. In den Sägemühlen ist das schräge liegende Gerüst von zwey Balken, worauf der Sägeblock in die Höhe gebracht wird. S. Brücken.


Brudel (W3) [Adelung]


Der Brudel, und Brudeln, S. in P.


Bruder (W3) [Adelung]


Der Bruder, des -s, plur. die Brüder, Diminutivum das Brüderchen, Oberdeutsch Brüderlein. 1. Eigentlich, eine Person männlichen Geschlechtes, welche mit einer andern Person einerley Ältern hat, in Beziehung auf diese Person. Er ist mein Bruder. Ein leiblicher Bruder, ein vollbürtiger Bruder, im gemeinen Leben auch wohl ein rechter Bruder, Nieders. Vullbruder, wenn beyde Ältern einerley sind; im Gegensatze des Stiefbruders und Halbbruders. S. diese Wörter. Es ist zehn Thaler unter Brüdern werth, im gemeinen Leben, es ist vollkommen zehn Thaler werth.2. In weiterer Bedeutung. 1) Ein Blutsfreund, daher sich Schwäger im gemeinen Leben auch Bruder zu nennen pflegen. In der Deutschen Bibel kommt diese Bedeutung, welche außer dem jetzt angezeigten Falle veraltet ist, noch mehrmahls vor. So werden 1 Mos. 31, 23, 32, 37, unter Jacobs Brüdern; Matth. 12, 46; Marc. 3, 31, u. s. f. unter Christi Brüdern, und Gal. 1, 19, unter Jacob des Herren Bruder, nichts anders als nahe Anverwandte verstanden. 2) In noch weiterer Bedeutung kommt dieses Wort von weitläuftigern Verwandten, so fern sie von einemgemeinschaftlichen Stammvater abstammen, in der Bibel häufig vor, in welcher Bedeutung es auch zuweilen noch in der höhern Schreibart gebraucht wird, selbst das Verhältniß aller Menschen gegen einander auszudrucken, so fern sie insgesammt von Adam herstammen.3. Figürlich. 1) Im gemeinen Leben, Personen, die wegen alter gepflogener Freundschaft, oder beym vertraulichen Trunke einander brüderliche Treue zugesagt, und sich daher wie leibliche Brüder du zu nennen pflegen. S. Dutzbruder. 2) Die einerley Art, Stand, Gesinnung mit einander haben, in einerley Verbindung und Gesellschaft leben, in welcher Bedeutung dieses Wort noch häufig gebraucht wird. Daher pflegen sich gekrönte Häupter um der Gleichheit der Würde willen, in ihren Titulaturen Brüder und Schwestern zu nennen. Personen, welche einerley Glauben und Religion haben, werden in der Bibel häufig Brüder genannt, welchen Nahmen sich zuweilen auch diejenigen geben, die in einerley Amte stehen. S. Amtsbruder, Glaubensbruder. Auch die Herrenhuther nennen sich unter einander Brüder, und die weiblichen Personen ihrer Kirche Schwestern. S. Brüdergemeinde. Bey verschiedenen Mönchsorden, besonders den Bettelorden, nennen diejenigen, welche nicht eigentliche Geistliche sind, nicht nur sich unter einander Brüder, sondern sie bekommen diesen Nahmen auch von andern außer dem Orden, und in noch weiterer Bedeutung wurden ehedem wohl alle Mönche und Ordensglieder Brüder genannt. Die barmherzigen Brüder. S. Barmherzig. Daher heißen nicht nur in manchen Städten verschiedene Gassen, wegen der ehedem in denselben befindlichen Klöster der Bettelmönche, noch jetzt Brüdergassen; sondern brudern wurde ehedem auch für betteln, Brudermann für einen Bettler, und Bruderfrau für eine Bettelfrau gebraucht. Wenn aber in Niedersachsen brudern noch an einigen Orten schmausen bedeutet, so rühret solches vermuthlich von den Schmausereyen der ehemahligen Kalandsbrüder her. S. Brüderschaft und Gebrüder. 3) Im weitesten Verstande werden zuweilen zwey Dinge, welche einander völlig ähnlich sind, Brüder genannt; daher die Hoden in ältern Schriften diesen Nahmen häufig führen.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Kero Pruader, im Plural Priadra, bey dem Ottfried Bruader, bey dem Willeram Bruoder, im Oberdeutschen noch jetzt Bruader, Bruoder, im Nieders. Broder, Broer, Broor, bey dem Ulphilas Brothr, im Isländ. Brodur, im Schwed. und Dän. Broder, im Irländ. Brutha, im Wallisischen Brawd, im Slavon. Bratr, im Angels. und Engl. Brother, bey den Krainerischen Wenden Brat, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Lat. Frater, im Persischen Berader. Bey diesem hohen Alter und weiten Umfange dieses Wortes darf man wohl auf keine weitere Ableitung bedenken; indessen wagt es doch Skinner, es von brüten, Wachter aber von dem Wallisischen Bru, der Bauch, abzuleiten, wie das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, uterus, abstammet. S. auch Braut. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort in der zweyten Endung des Brudern, und im Plural die Brüderen. Man hat auch an einigen Orten das Fämininum die Brüderinn, des Bruders Frau auszudrucken.


Brüdergemeinde (W3) [Adelung]


Die Brüdergemeinde, plur. die -n, bey den Herrenhuthern, eine Gemeinde von Gliedern ihrer Partey, deren Kirche sie eine Brüderkirche nennen.


Bruderkind (W3) [Adelung]


Das Bruderkind, des -es, plur. die -er, Kinder des Bruders; im Plural auch wohl Brüderkinder, wenn Kinder zweyer Brüder ausgedruckt werden sollen.


Brüderkuchen (W3) [Adelung]


Der Brüderkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Glasern, eine figürliche Benennung der runden Glasscheiben in den Fenstern, vielleicht weil sie in den Klöstern und Kirchen der Mönche ehedem sehr üblich waren.


Brüderlich (W3) [Adelung]


Brüderlich, -er, -ste, adj. et adv. nach Art leiblicher Brüder. Brüderliche Liebe. Brüderliche Treue. Das ist nicht brüderlich. Bey dem Kero pruaderlih, in dem alten Gedichte auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter, brutherlich. Daher die Brüderlichkeit.


Bruderliebe (W3) [Adelung]


Die Bruderliebe, plur. car. die Liebe, welche leibliche Brüder gegen einander tragen, oder tragen sollen. In weiterer Bedeutung in der biblischen Schreibart, die Liebe, welche Christen, ja alle Menschen einander schuldig sind; die erstern wegen ihres gemeinschaftlichen Glaubens, die letztern aber wegen ihres gemeinschaftlichen Stammvaters.


Brudermord (W3) [Adelung]


Der Brudermord, des -es, plur. inus. ein Mord, da ein Bruder den andern, oder eines Schwester ihren Bruder ermordet. Daher der Brudermörder, des -s, plur. ut nom. sing. und die Brudermörderinn, plur. die -en.


Brüderschaft (W3) [Adelung]


Die Brüderschaft, plur. die -en. 1) Die Verbindung zwischen Brüdern, aber nicht so wohl zwischen leiblichen Brüdern, in welcher Bedeutung dieses Wort nicht üblich ist, als vielmehr zwischen gewählten Brüdern, in der dritten Bedeutung des Wortes Bruder; ohne Plural. Bruderschaft mit jemanden machen, trinken, im gemeinen Leben, ihn vermittelst des Trunkes zu seinem Dutzbruder erwählen. Besonders ist dieses Wort noch in der Römischen Kirche von der Verbindung mehrerer Personen zu einerley gottesdienstlichen Übungen gebräuchlich, wo es aber doch noch häufiger in der folgenden concreten Bedeutung vorkommt. 2) Die in einer solchen Verbindung stehenden Personen selbst, als ein Ganzes betrachtet. Dahin gehören die Zünfte verschiedener Handwerker, welche sich Brüderschaften, und die Glieder derselben Brüder nennen; vornehmlich aber in der Römischen Kirche mehrere zu einerley gottesdienstlichen Übungen verbundene Personen. Daher die Brüderschaft des Leibes Christi, des Rosenkranzes u. s. f.

Anm. Schon bey dem Ottfried lautet dieses Wort Bruaderscaf, im Nieders. Brörschup, und im Schwed. Broderskap.


Brügel (W3) [Adelung]


Der Brügel, S. Prügel.


Brühan (W3) [Adelung]


Der Brühan, S. Broihan.


Brühe (W3) [Adelung]


Die Brühe, plur. von mehrern Arten, die -n, ein jeder zusammen gesetzter und gekochter sehr flüssiger Körper. So nennen die Färber den gefärbten flüssigen Körper, worin sie ihre Zeuge färben, und andere Arbeiter die Lauge u. s. f. eine Brühe. In engerer Bedeutung bezeichnet dieses Wort in den Küchen, so wohl das Fluidum von einem gekochten oder gebrauten eßbaren Körper, Fleischbrühe, Fischbrühe, Bratenbrühe; als auch ein zusammen gesetztes Fluidum, mit welchem die Speisen begossen oder genossen werden, nach dem Französischen eine Soße. Eine Brühe an etwas machen. Mit Brühe begießen. Eine kurze, d. i. dicke, eine lange, d. i. dünne, Brühe. In den niedrigen Redensarten, in der Brühe stecken, jemanden in der Brühe stecken lassen, d. i. in Verlegenheit, bedeutet dies Wort dünnen flüssigen Koth. Eine lange Brühe über etwas machen, figürlich, viele Worte.

Anm. Brühe, bey den Schwäbischen Dichtern Bruege, im Nieders. Broi, im Holländ. Broye, Brue, im Franz. Brouet, im Engl. Broth, im Ital. Brodo, im mittlern Lateine Brodium, im Angels. Briw, ist mit brauen, kochen, genau verwandt. S. auch das folgende. Eine Brühe, welche mit Löffeln gegessen wird, heißt im gemeinen Leben Suppe; eine Brühe zum Eintunken, eine Tunke, und im Nieders. Stippels; eine dicke Brühe, ein Brey u. s. f.


Brühen (W3) [Adelung]


Brühen, verb. reg. act. mit Brühe, d. i. gekochtem Wasser, begießen. Schweine, Hühner brühen, sie in kochendes Wasser tauchen, damit die Haare oder Federn abgehen. Die Wäsche brühen, sie mit siedendem Wasser oder Lauge begießen, damit sieden Schmutz fahren lasse. Den Kohl brühen. Das Futter für das Vieh brühen, in der Landwirthschaft; daher der Brühetrog oder das Brühefaß, worin welches geschiehet. Im Nieders. broten, im Ital. bruare, broare, S. Brauen und Brühe.


Brühfutter (W3) [Adelung]


Das Brühfutter, des -s, plur. inus. in der Landwirthschaft, Futter für das Vieh, welches man im Winter mit heißem Wasser brühet; in Obersachsen auch die Siede.


Brühheiß (W3) [Adelung]


Brühheiß, oder mit einer Tautologie brühsiedendheiß, adj. et adv. sehr heiß, so heiß wie kochendes Wasser. Ja, da wird mir brühsiedendheiß.


Brühkäse (W3) [Adelung]


Der Brühkäse, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Käse, welcher durch brühen geschieden und bereitet wird.


Brühl (W3) [Adelung]


Der Brühl, des -es, plur. die -e, ein sumpfiger morastiger Ort, besonders wenn er mit Gebüsch bewachsen ist. Dieses Wort ist zwar größten Theils veraltet, aber es kommt noch in vielen Städten vor, wo theils Gassen, theils unbebaute Plätze diesen Nahmen führen, weil sie ehedem morastige mit Buschwerk bewachsene Örter waren, welche man nachmahls ausgetrocknet und angebauet hat. Ein Erfurt heißt eine gewisse wasserreiche und mit Gärten angefüllte Gegend der westlichen Vorstadt noch jetzt der Hirschbrühl, und in Leipzig führet eine lange angebaute Gasse den Nahmen des Brühls. Doch es werden wenig ansehnliche Städten in Deutschland, Frankreich und Italien seyn, wo dieses Wort nicht noch einigen Gegenden zukommen sollte.

Anm. Im Franz. lautet dieses Wort Breuil, im Ital. Broglio, im Angels. Broel, im Lateine der mittlern Zeiten Brolium, Briulum, Brollum u. s. f.. Man hat allerley wunderliche Ableitungen von diesem Worte angegeben, die man in den Glossarien finden kann. Da dieses Wort auch Brogel, Brögel, im mittlern Lateine Brogilus, Brugilus, Broialium u. s. f. lautet, so scheinet es von Bruch, ein sumpfiger Ort, abgeleitet zu seyn, aus welchem durch Zusammenziehung Brühl geworden. S. das Bruch und Prudel. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - gehöret weder der Bedeutung noch der Abstammung nach hierher, ob es gleich viele hierher ziehen wollen. Im Osnabrückischen bedeutet Pruil ein Gebüsch. Hans Sachs gebraucht Prüel für Prudel, Sumpf: Dazu schütt man um dich vil wusts Von Viech und leuten groß unlusts Des wirst unlustig wie ein prüel, Stinkend und trüb wie ein Misthül.


Bruhne (W3) [Adelung]


Die Bruhne, plur. die -n, an kleinen Flußschiffen und Kähnen, die unterste Planke, welche nach der Brüstung an dem Boden befestiget wird. Es gehöret ohne Zweifel zu dem alten Braun, der Rand, das Äußerste. S. Augenbraune und Bräme.


Brühwarm (W3) [Adelung]


Brühwarm, adj. et adv. so warm wie kochendes Wasser. S. Brühheiß. Eine Nachricht brühwarm überbringen, figürlich, in ihrer völligen Neuigkeit.


Brüllen (W3) [Adelung]


Brüllen, verb. reg act. et neutr. welches im letztern Falle das Hülfswort haben erfordert, und eine Nachahmung des natürlichen lauten Geschreyes des Löwen und des Rindviehs ist, von welchen es auch im Hochdeutschen nur allein gebraucht wird. Der Löwe brüllt. Das Brüllen des Löwen. Auch die Herden brüllen ihre Freude von den grasreichen Hügeln, Geßn. Figürlich wird dieses Wort auch in der höhern Schreibart von dem Krachen des Donners gebraucht, in welchem Verstande es schon Hiob, 37, 4, vorkommt; aber wenn es in der Bibel mehrmahls von Gott gebraucht wird, so erwecket diese morgenländische Figur im Deutschen Nebenbilder, die dem höchsten Wesen unanständig sind.

Anm. Im Schwedischen lautet dieses Wort wrala, im Engl. to brawle, und im Dän. brole. Das Verbum rüllen, aus welchem es vermittelst des Vorwortes be entstanden ist, kommt noch bey dem Hans Sachs vor: Anfieng sie zu schreyen und rüllen. Um das Jahr 1477 findet sich auch in Schwaben das Wort Rühlüng für Geschrey, welches auch von dem Geschreye des Esels und von dem Wiehern der Pferde vorkommt. S. Frisch Wörterbuch v. Röcheln. Übrigens gibt es in den Mundarten und verwandten Sprachen noch mehrere Wörter, den Begriff des Brüllens auszudrucken. Von dem Rindviehe gebrauchen die Niedersachsen bölken ( S. Bellen,) lauen, lögen ( S. Löwe) und raren, Engl. to roar, Angels. raran, Franz. reer. S. auch Brummen. Notker hat von dem Brüllen des Löwen das Verbum ruhen, und die Hauptwörter Rivohit und Ruode, welche mit dem Latein. rugire und rugitus überein kommen.


Brüllochs (W3) [Adelung]


Der Brüllochs, des -en, plur. die -en, an einigen Orten ein ungeschnittener Ochs; ein Herdochs. S. Brummochs. Ein jähriger Ochs oder Stier wird von den Fleischern auch ein Brüllerding genannt.


Brumft (W3) [Adelung]


Brumft, S. Brunft.


Brummbär (W3) [Adelung]


Der Brummbär, des -en, plur. die -en, im gemeinen Leben der Bär, wegen seiner brummenden Stimme. Figürlich, wie das Folgende, eine mürrischen Person, welche alles mit lautem Unwillen tadelt.


Brummeisen (W3) [Adelung]


Das Brummeisen, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben eine Benennung der Maultrommel, S. dieses Wort, wegen des brummenden Tones, welchen sie hervor bringt, im Böhmischen Brumeyzel. In einer niedrigen Figur auch ein mürrischer Mensch, der beständig brummet, d. i. lauten Unwillen äußert.


Brummen (W3) [Adelung]


Brummen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und eine Nachahmung des langsamen dumpfigen Tones ist, welchen gewisse Thiere, als Bären, Kühe und Ochsen von sich hören lassen. Der Bär brummet vor Unmuth. Die Kühe brummen. Zuweilen wird dieses Wort auch von dem tiefen Tone der Bienen und Wespen gebraucht, von welchen aber summen üblicher ist. In der niedrigsten Sprechart druckt dieses Wort oft das langsame Zanken oder Tadeln eines Unwilligen aus, wofür man im gemeinen Leben auch das Frequentativum bremmeln, ingleichen die Zeitwörter nurken und nörgeln hat. Ein solcher unwilliger Mensch, der aus dem Tadeln und langsamen Zanken eine Gewohnheit macht, wird im niedrigen Umgange auch ein Brummbart, Brummbär, Brummeisen genannt. Mein Herz brummet über Moab. Es. 16, 4, und an andern Orten, ist daher allemahl eine sehr niedrige und unanständige Figur.

Anm. Brummen, bey dem Notker premen, im Niedersächsischen brummen, im Dänischen brumme, im Schwedischen bromma, im Angels. bremman, im Lateinischen fremere, Griech - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , ist vermittelst des Vorwortes be von ramen, rumen zusammen gesetzt, von welchem im Schwed. rama, im Angels. hreaman, Engl. brim, und im Isländ. rymia für brüllen üblich sind. Notker gebraucht premen von dem Brüllen des Löwen. Das Nieders. brummen und Engl. to brim, wird auch von den Sauen gesagt, wenn sie nach dem Eber verlangen, S. Brunft, und im Franz. ist bramer von dem Geschreye der Hirsche üblich. Von dem langsamen Brummen der Kühe gebrauchen die Niedersachsen drumsen.


Brummer (W3) [Adelung]


Der Brummer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Ding welches brummet. So wird der Herdochs im gemeinen Leben oft der Brummer genannt, S. Brummochs. Dicke Saiten auf der Baßgeige, brummende Pfeifen in den Orgeln führen zuweilen gleichfalls diesen Nahmen. Auch der brummende Ton, der erfolget, wenn man mit den Fingern auf den Lippen schläget, heißt im gemeinen Leben ein Brumm oder Brummer. 2) Eine Pohlnische Münze, welche im Pohlnischen Poldrack heißt, und derenfünf zwey gute Groschen, sechzig aber einen Reichsthaler machen. Der Ursprung dieser Benennung ist mir unbekannt. In beyden Bedeutungen lautet dieses Wort zuweilen auch Brommer oder Brömmer.


Brummfliege (W3) [Adelung]


Die Brummfliege, plur. die -n, eine Art großer Schmeißfliegen, welche im Fliegen brummet, oder vielmehr summet.


Brummig (W3) [Adelung]


+ Brummig, adj. et adv. lauten Unwillen äußernd, im hohen Grade mürrisch.


Brummkreisel (W3) [Adelung]


Der Brummkreisel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Kreisel, welches aus einer ausgehöhlten Kugel mit einem Zapfen bestehet, und wenn er vermittelst einer Schnur zum Umlaufen gebracht wird, ein brummendes Geräusch verursacht; ein Hohlkreisel, Heulkreisel, Kugelkreisel, im Oberdeutschen ein Damtiegel, Nickel, Nippel, Topf, Trandel, in Niedersachsen ein Brummkiesel, im Osnabrückischen Huddeldopp, in Thüringen Brummturrel, in Schlesien Triebskaule. S. Kreisel. Daß er schon den Römischen Knaben bekannt war, erhellet aus Virg. Aeneid. 7, 378.


Brummochs (W3) [Adelung]


Der Brummochs, des -en, plur. die -en, im gemeinen Leben, ein ungeschnittener Ochs, der zur Fortpflanzung seines Geschlechtes gehalten wird; ein Herdochs, Brummer, Reitochs, Spielochs, Springochs, Bullochs u. s. f. S. Bulle.


Brummvogel (W3) [Adelung]


Der Brummvogel, des -s, plur. die -vögel, eine Benennung, die man auch den Colibriten beyleget, weil sie im Fliegen ein brummendes Getöse machen. S. Colibrit.


Brunelle (W3) [Adelung]


Die Brunelle, plur. die -en. 1) Eine Pflanze, welche auf den Europäischen Triften wächset; Prunella, L. Sie ist ein gutes Mittel wider die Bräune, daher sie auch ihren Nahmen haben soll. Sonst wird sie auch Braunwurz, Braunelle, Prunelle, Antonikraut, Gottheil u. s. f. genannt. 2) Eine Art großer Pflaumen, welche um Brignole in der Provence am schönsten angetroffen werden, und auch Catharinen-Pflaumen heißen. Sie werden an dem Orte, wo sie wachsen, geschälet, aufgeschnitten von dem Kerne befreyet, getrocknet und verschickt, da sie denn eigentlich den Nahmen der Brunellen führen. In weiterer Bedeutung werden auch die großen Ungarischen Pflaumen, und in noch weiterer, alle geschälte und aufgeschnittene trockene Pflaumen mit diesem Nahmen belegt. Ob es gleich natürlich scheinen könnte, diesen Nahmen als das Diminutivum von Prunum anzusehen, so ist doch erweislich, daß er von dem Nahmen der Stadt Brignole seinen Ursprung hat, daher diese trockenen Pflaumen im Franz. Brignoles, und im Deutschen auch Brignoler Pflaumen und Brinellen genannt werden. 3) Die Brunelle, am häufigsten im Diminutivo, des Brunellchen, eine Art Bachstelzen, welche schön singet, und diesen Nahmen von ihrer braunen Farbe hat; Grasmücke, Fliegenschnepper, Spitzlerche, Krauthänfling u. s. f. Motacilla modularis und ficedula, L.


Brunett (W3) [Adelung]


Brunett, -er, -este, adj. et adv. aus dem Franz. brunet, ein wenig braun, doch nur von der Farbe des Gesichtes und der Haare; im Gegensatze des blond. Ein brunettes Gesicht. Brunette Haare. Sie ist Brunette.


Brunett-Rose (W3) [Adelung]


Die Brunett-Rose, plur. die -n, S. Adonis-Blume.


Brunft (W3) [Adelung]


Die Brunft, plur. car. bey den Jägern, das sinnliche Verlangen nach Begattung bey dem rothen und schwarzen Wildbrette, besonders bey dem erstern. In der Brunft seyn. Der Hirsch tritt in oder auf die Brunft. Die Brunft vollbringen, sich begatten. Aus der Brunft treten, aufhören sich zu begatten. - Denn wilder Thiere Zunft Hegt nur zu manche Zeit der süßen Liebe Brunft, Logau.

Anm. Einige Jäger gebrauchen dieses Wort von allen großen Wildbrette; andere, die ekeler sind, wollen den Bären, den Sauen, Wölfen, Luchsen u. s. f. keine Brunft zugestehen, sondern gebrauchen dafür die Wörter rollen, "ranzen", streichen u. s. f. Doch gebrauchen sie es noch ohne Bedenken von den Bibern. Im gemeinen Leben ist in dieser Bedeutung Brunft üblich; allein in der Jägerey wird dieser Ausdruck mit dem Weidemesser bestrafet. Da dieses Wort auch brumften geschrieben und gesprochen wird, so ist glaublich, daß es von brummen kommt, und daß damit vornehmlich auf das Geschrey gesehen werde, womit manche Thiere diesen Trieb der Natur an den Tag legen. Bey dem Worte brummen ist bereits bemerket worden, daß bramer in Franz. von dem Schreyen der Hirsche, und das Niedersächsische brummen von dem Verlangen der Säue nach der Begattung gebraucht wird. Brunft ist von brummen, wie Kunst von kommen.


Brunftbürsche (W3) [Adelung]


Die Brunftbürsche, plur. inus. die Bürsche oder das Schießen des Hirsches in der Brunftzeit; das Brunftschießen.


Brunften (W3) [Adelung]


Brunften, verb. reg. neutr. mit haben, den Trieb zur Begattung fühlen, und merklich machen, von dem rothen und schwarzen Wildbrette und von den Bibern bey den Jägern. Der Hirsch brunftet. Der Biber brunftet im Hornung. Ingleichen sich begatten. Der Hirsch brunftet mit der Wildbrette.


Brunfthirsch (W3) [Adelung]


Der Brunfthirsch, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, ein Hirsch, der in der Brunft ist.


Brunftplatz (W3) [Adelung]


Der Brunftplatz, des -es, plur. die -plätze, der Platz, auf welchem der Hirsch seine Brunft vollbringet, und sich nach derselben abkühlet, der Brunftstand.


Brunftstand (W3) [Adelung]


Der Brunftstand, des -es, plur. die -stände, S. Brunftplatz.


Brunftwildbrett (W3) [Adelung]


Das Brunftwildbrett, des -es, plur. inus. Wildbret, d. i. das weibliche Geschlecht des Hirsches, welches in der Brunft ist.


Brunftzeit (W3) [Adelung]


Die Brunftzeit, plur. die -en, die Zeit, da das rothe und schwarze Wildbret in der Brunft zu seyn pfleget, welche sich bey dem erstern um Ägidii, bey dem letztern aber um Martini anzufangen und vierzehn Tage zu dauern pfleget.


Bruniren (W3) [Adelung]


Bruniren, verb. reg. act. welches noch bey einigen Metallarbeitern, besonders den Goldschmieden, üblich ist, wo es so viel als polieren, glänzend machen, bedeutet. Daher das Brunir-Gold, des -es, plur. car. polirtes Gold, welches mit einem Wolfs- oder Hundszahne, oder mit Blutstein glänzend gerieben ist. Der Brunir-Stahl, des -es, plur. die -stähle, ein stählernes Werkzeug bey den Goldschmieden, Instrumentmachern und Messerschmieden, metallene Arbeiten damit zu poliren, welches Werkzeug bey andern Handwerkern der Gärbstahl genannt wird.

Anm. Dieses Zweitwort ist zunächst aus dem Franz. brunir und Ital. brunire, welches gleichfalls glätten, poliren bedeutet, und auch von dem Glätten des Leders und der Schnitte an den Büchern bey den Buchbindern gebraucht wird. Es stammet freylich von braun her, aber nicht so fern dieses Wort eine dunkele verbrannte Farbe ausdruckt, sondern so fern es glänzend bedeutet; denn daß brennen ehedem auch glänzen, leuchten bedeutet hat, und zum Theil noch bedeutet, ist schon oben gezeiget worden. Eben diese Bedeutung scheinet das Wort braun, in dem alten Gedichte auf Carls des Großen Feldzug V. 1715 zu haben: menegen helm prunen, manchen glänzenden Helm; und V. 1901: mit menegeme helme pruner uarwen. Was diese Ableitung von brennen noch bestätiget, ist da Engl. to burnish, welches gleichfalls poliren bedeutet, von to burn, brennen. Im Schwed. bedeutet bryna wetzen, schärfen, welche Bedeutung sich mit dieser ganz wohl vereinigen lässet. S. Braun und Brennen. Da Brunia, Bryn, Brinja, bey dem Ottfried und andern alten Schriftstellern auch ein Helm, ingleichen einen Harnisch bedeutet, so leiten die meisten Sprachforscher entweder bruniren von Brunia oder dieses von jenem her. Allein der Übergang von einem zum andern bleibt allemahl sehr hart und unge-wöhnlich, daher man beyde besser für zwey verschiedene Wörter hält. Brunia würde sich figürlicher von bryn, braun, brun, der Rand, oder das Oberste einer Sache ableiten lassen. S. Augenbraue, Bräme und 2. Brand.


Brunitschen (W3) [Adelung]


Brunitschen, S. Steinbeere.


Brunnäscher (W3) [Adelung]


Der Brunnäscher, des -s, plur. ut nom. sing. bey dem Pergamentmachern, ein Gefäß mit Kalkwasser, die abgehaarten Kalbfelle darin zu brunnen, d. i. zu erweichen.


Brunnen (W3) [Adelung]


Der Brunnen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Quellwasser, im Gegensatze des Fluß- Regen- und Teichwassers; ohne Plural, und nur im gemeinen Leben einiger Gegenden. Ein Glas Brunnen, in Thüringen, ein Glas Brunnenwasser. Auch das Wasser mineralischen Quellen wird sehr häufig bloß Brunnen genannt. Den Brunnen gebrauchen, den Brunnen trinken, das Wasser eines mineralischen Brunnens. Es ist frischer Pyrmonter Brunnen angekommen. In dieser Bedeutung lautet es in der ersten Endung des Singulars fast niemahls Brunn, sondern jederzeit Brunnen; vermuthlich, weil sich diese Bedeutung eigentlich aus dem Oberdeutschen herschreibt. 2) Eine Quelle, die am Tage, oder auf der Oberfläche der Erde ausbricht; in welcher Bedeutung es noch am meisten von mineralischen Quellen gebraucht wird, der Gesundbrunnen, Heilbrunnen, Sauerbrunnen u. s. f. außer dem aber veraltet ist. In der Deutschen Bibel kommt es in dieser Bedeutung so wohl eigentlich als figürlich noch häufig vor. 3) In engerer Bedeutung, eine zur Sammlung des Wassers in die Erde gegrabene Vertiefung. Diminutivum das Brünnchen, Oberdeutsch Brünnlein. Einen Brunnen graben. Ein Schöpfbrunnen, Ziehbrunnen, Springbrunnen u. s. f. Wasser in den Brunnen tragen, figürlich, vergebliche Arbeit thun. Die Hoffnung ist in den Brunnen gefallen, sie ist vereitelt worden.

Anm. 1. Dieses Wort ist vorzüglich der Oberdeutschen Mundart eigen, indem die Niederdeutsche statt dessen Born gebraucht; S. dieses Wort. Allein in dessen Declination weichen die Oberdeutschen sehr von einander ab. Der Prunn, des -es, die Prünne; der Brunnen, plur. die Brünnen; der Brunn, des -en, plur. die -en, sind alles Gestalten, unter welchen dieses Wort angetroffen wird. Im Hochdeutschen ist die zu Anfange dieses Artikels angegebene Abänderung die üblichste; zumahl da der Nominativ Brunn eine harte Einsylbigkeit hat. Aus dieser Ungleichheit in der Declination rühret auch die Verschiedenheit in der folgenden Zusammensetzung her, indem in einigen Wörtern dieses Wort Brunnen in andern aber nur Brunn lautet.

Anm. 2. Dieses Wort lautet bey dem Ulphilas Brunna, bey dem Ottfried, Notker und Willeram Brunno und Prunno, im Angels. Brunna, im Schwed. Brunn und Brund, im Dän. Brond. Wenn Born und Brunn nicht durch eine sehr gewöhnliche Versetzung des r aus einander entstanden sind, wobey es doch schwer seyn möchte, zu entscheiden, welche von beyden die erste und älteste Form ist, so ist Brunn vermuthlich aus rinnen entstanden, weil es in den ältesten Zeiten häufig von einer jeden Quelle, ja von einem jeden rinnenden Wasser gebraucht wird. Bey dem Ottfried kommt es für Wasser überhaupt vor, und wenn Ulphilas den Blutfluß Brunna Blothis nennt, so heißt dieselbe in einer andern Stelle bey ihn auch Runa Blothis. Das Isländ. brynna bedeutet wässern, tränken, wie das Nieders. börnen. Bey den Bergschotten, deren Sprache noch ein Überbleibsel der ältesten Europäischen Mundart ist, ist Purn Wasser, und im Altengl. bedeutet Brun einen Bach. Im Theuerd. kommt Brunn für den Urin vor. Ihr habt seinen Brunnen beschawet, Kap. 67. S. Brunzen. Daß indessen das Vorwörtchen be in diesem Worte schon sehr alt ist, erhellet aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, quellen, welches vermuthlich auch hierher gehöret. Ein Ziehbrunnen heißt in den gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes ein Sod, Schwed. Saud.


Brunnen (W3) [Adelung]


Brunnen, verb. reg. act. welches nur bey den Pergamentmachern üblich ist, in Wasser, besonders in Kalkwasser erweichen, einwässern. S. Brunnäscher.


Brunnenader (W3) [Adelung]


Die Brunnenader, plur. die -n. 1) Die Ader, d. i. Quelle eines Brunnens unter der Erde. 2) Eine im gemeinen Leben übliche Benennung zweyer Adern unter der Zunge des Rindviehes, welche man in der Feuerkrankheit zu öffnen pfleget.


Brunnenbohrer (W3) [Adelung]


Der Brunnenbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bohrer der Brunnengräber, der Sand oder die Erde damit heraus zu heben.


Brunnen-Cur (W3) [Adelung]


Die Brunnen-Cur, plur. die -en, der Gebrauch eines mineralischen Brunnens zur Genesung. Einen Brunnen-Cur gebrauchen.


Brunnendecke (W3) [Adelung]


Die Brunnendecke, plur. die -n, die breterne Bedeckung eines Brunnens, in welchem eine Pumpenröhre stehet.


Brunnendeckel (W3) [Adelung]


Der Brunnendeckel, des -s, plur. ut nom. sing. der Deckel auf dem obern Kranze eines Ziehbrunnens.


Brunneneimer (W3) [Adelung]


Der Brunneneimer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Eimer, mit welchem man das Wasser aus einem Brunnen ziehet.


Brunnenfeger (W3) [Adelung]


Der Brunnenfeger, des -s, plur. ut nom. sing. der sich zur Reinigung der Brunnen gebrauchen lässet. An einigen Orten auch eine anständige Benennung derjenigen Personen, welche die heimlichen Gemächer reinigen.


Brunnengast (W3) [Adelung]


Der Brunnengast, des -es, plur. die -gäste, eine Person, welche einen mineralischen Brunnen an Ort und Stelle gebraucht. S. Gast 3.


Brunnengräber (W3) [Adelung]


Der Brunnengräber, des -s, plur. ut nom. sing. ein unzünftiger Handwerker, der sich von dem Graben der Brunnen ernähret; der Brunnenmacher.


Brunnenhaus (W3) [Adelung]


Das Brunnenhaus, des -es, plur. die -häuser, ein über einen Brunnen gebautes Haus.


Brunnenkasten (W3) [Adelung]


Der Brunnenkasten, des -s, plur. ut nom. sing. die hölzerne Einfassung des Wassers in einem Brunnen über der Quelle.


Brunnenkraut (W3) [Adelung]


Das Brunnenkraut, des -es, plur. inus. S. Steinflechte.


Brunnenläufer (W3) [Adelung]


Der Brunnenläufer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welchen man im gemeinen Leben auch dem Baumhacker zu geben pflegt, weil er die Brunnen mit großer Geschwindigkeit auf- und absteiget. S. Baumhacker.


Brunnenloch (W3) [Adelung]


Das Brunnenloch, des -es, plur. die -löcher, die Grube zu einem Brunnen, bis man auf das Wasser kommt.


Brunnenmeister (W3) [Adelung]


Der Brunnenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. der die Aufsicht über die öffentlichen Brunnen, Wasserleitungen und Wasserkünste eines Ortes hat; Röhrmeister, Kunstmeister. Zuweilen führen auch bloße Pumpenmacher den nahmen der Brunnenmeister. An andern Orten ist es der Aufseher eines Gesundbrunnens.


Brunnenrad (W3) [Adelung]


Das Brunnenrad, des -es, plur. die -räder, an einigen Brunnen, ein Rad, vermittelst dessen das Wasser aus denselben in die Höhe gebracht wird.


Brunnenröhre (W3) [Adelung]


Die Brunnenröhre, plur. die -n, an einem Pumpbrunnen, die senkrechte Röhre, vermittelst welcher das Wasser gepumpet wird. Ingleichen eine jede Röhre, welche Wasser aus oder in einen Brunnen führet.


Brunnensalz (W3) [Adelung]


Das Brunnensalz, des -es, plur. inus. bey den Schriftstellern des Naturreiches, Salz, welches aus salzigen Quellen zubereiten wird, im Gegensatze des gegrabenen oder Steinsalzes.


Brunnensäule (W3) [Adelung]


Die Brunnensäule, plur. die -n, an den gemeinen Ziehbrunnen, eine senkrechte Säule, in welcher der Brunnenschwengel oder die Ruthe zum Herausziehen des Wassers beweglich ist. Siewird auch die Brunnenschere genannt, weil sie oben, wo sie den Schwengel aufnimmt, wie eine Schere gespalten ist.


Brunnenschrank (W3) [Adelung]


Der Brunnenschrank, des -es, plur. die -schränke, die obere hölzerne Einfassung eines Ziehbrunnens.


Brunnensteiger (W3) [Adelung]


Der Brunnensteiger, des -s, plur. ut nom. sing. bey tiefen in Felsen gehauenen Brunnen, der Aufseher über dieselben, der sie zugleich im nöthigen Falle besteiget, um das Schadhafte auszubessern, oder sie zu reinigen.


Brunnenstube (W3) [Adelung]


Die Brunnenstube, plur. die -n, ein jedes Gebäude über einen Brunnen. Besonders ein Behältniß oder Gebäude der Wasserleitungen, aus welchem das Wasser weiter vertheilet wird.


Brunnenwasser (W3) [Adelung]


Das Brunnenwasser, des -s, plur. inus. das Wasser aus gegrabenen Brunnen, im Gegensatze des Quell- Fluß- und Regenwassers.


Brunnenziegel (W3) [Adelung]


Der Brunnenziegel, des -s, plur. ut nom. sing. rundliche Ziegelsteine, mit welchen runde Pfeiler und Brunnen gemauert werden; Kesselsteine.


Brunnkresse (W3) [Adelung]


Die Brunnkresse, plur. inus. eine Art Kresse, oder Rauke, deren Blättchen fast herzförmig sind; Sisymbrium Nasturtium, L. Sie wächset in dem mitternächtigen Europa, in und an den Quellen, und wird in Niedersachsen Bornkasse, in Thüringen Braunkirsch, an andern Orten Bachkresse, im Dän. aber Vandkarse, d. i. Wasserkresse genannt. In einigen Gegenden führet auch die Bergkresse, Cardamine palustris, L. diesen Nahmen.


Brunnquelle (W3) [Adelung]


Die Brunnquelle, plur. die -n, die Quelle eines Brunnens und in weiterer Bedeutung eine jede Quelle; ein im gemeinen Leben ungewöhnliches Wort, welches aber doch in der Bibel vorkommt, und zuweilen auch noch in der Büchersprache, besonders der vorigen Zeiten, gefunden wird.


Brunst (W3) [Adelung]


Die "Brunst", plur. die Brünste.

1. Der Zustand, da ein Körper von der Flamme verzehret wird, in welcher Bedeutung dieses Wort nur im Oberdeutschen üblich ist, besonders in den Fällen, wo im Hochdeutschen "Feuersbrunst" gebraucht wird. Ther wihrouh brunsti, des brennenden "Weihrauches", Tat. Für "Feuersbrunst" kommt dieses Wort bey dem Opitz vor, und im Oberdeutschen, wo es in dieser Bedeutung noch völlig üblich ist, hat es im Plural auch die Brünsten.

2. Figürlich.

1) Hitze, auch nur im Oberdeutschen. Der Herr wird dich schlagen mit Schwulst, Fieber, Hitz, Brunst, Dürre u. s. f. 5 Mos. 28, 22. Prunst des Sumares, Kero. Ich will bis daß die Hitze weicht, Und ihre Brunst uns nicht erreicht, Mich zu dem Myrrhenberge lenden, Opitz. Ich bin schwarzbraun von der Sonnen, Ihre Brunst hat das gethan, ebend. Und an einem andern Orte sagt er von der Morgenröthe, du bist der Brünste Mutter, wo Triller ohne Noth vermuthet, es müsse heißen der Künste Mutter.

2) Eine heftige Leidenschaft, besonders der Liebe, ohne Plural, und zwar so wohl von einer erlaubten und pflichtmäßigen Liebe: Die Seele, Die von nichts anders hingt Als ihres Schöpfers Brunst, Opitz. Sieh daß ich dich, du höchstes Gut, In reiner Brunst betrachte, Can. Brennt, ihr Lampen heiliger Brunst, Gryph. S. Inbrunst; als auch, und zwar am schicklichsten von dem heftigen sinnlichen Triebe zur fleischlichen Vermischung. Brunst leiden, 1 Cor. 7, 9. In der Brunst laufen, Es. 57, 5. Jer. 2, 22. Mit Brunst entzündet seyn, Judith 12, 17. Die zügellose Liebe wird zur Brunst, die den Menschen tief unter das Thier erniedriget, Gell. Am häufigsten gebraucht man es noch im gemeinen Leben, von dem Triebe der Thiere zur Begattung, wofür bey den Jägern "Brunst" üblich ist. Wenn Opitz dieses Wort Ein Mahl im Plural gebraucht: Ihr laget nun beysammen Und hiengt den Brünsten nach, so lässet sich das im Hochdeutschen nicht entschuldigen; er müßte denn Liebeshändel darunter verstanden haben. Übrigens fängt dieses Wort in der edlern Schreibart an zu veralten, und ob es gleich noch zuweilen von den geistlichen Dichtern von der Liebe gegen Gott gebraucht wird, so sollte man es doch, um der widrigen Zweydeutigkeit willen, lieber ganz vermeiden. S. auch "Inbrunst".

Anm. Dieses Wort stammet von "brennen" her, so fern solches im Oberdeutschen im Imperf. ich brunn, und im Mittelworte "gebrunnen" hat. Um die Häufung der Consonanten zu vermeiden hat man schon von alten Zeiten her das eine "n" des Stammwortes weggelassen, so wie solches auch in "Kunst", "Gunst", "Gewinst" und a. m. geschehen ist.


Brünstig (W3) [Adelung]


Brünstig, -er, -ste, adj. et adv. 1. Eigentlich, brennend, in welcher Bedeutung aber dieses Wort nicht üblich ist. 2. Figürlich. 1) Heiß, doch nur im Oberdeutschen. Ein heiß brünstig Jahr, Bluntschli. 2) Von einem hohen Grade der Leidenschaften, besonders der Liebe, des Verlangens u. s. f. Eine brünstige Liebe. Ein brünstiges Verlangen nach etwas haben. Brünstig im Geiste, Röm. 12, 11, von einer lebhaften Andacht durchdrungen. Voll brünstiger Dankbarkeit strecke ich meine Hände zur Vorsicht aus. In dieser edlen und anständigen Bedeutung ist dieses Wort im Hochdeutschen üblicher als das Hauptwort, ob es gleich auch von den Thieren gebraucht wird, wenn sie heftig nach der Begattung verlangen. Brünstig seyn, werden.


Brünstigkeit (W3) [Adelung]


Die Brünstigkeit, plur. inus. eine brünstige, brennende Leidenschaft, obgleich nur selten. Vergebens wünsch ichs auszudrucken, Mit welcher Brünstigkeit die Frau den Mann empfing, Gell.


Brunstzeit (W3) [Adelung]


Die Brunstzeit, plur. inus. die Zeit, da die Thiere, oder eine Art derselben, in die Brunst zu treten pflegen; bey den Jägern die Brunstzeit.


Brunzen (W3) [Adelung]


+ Brunzen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfswort haben, in der niedrigsten Sprechart, den Urin lassen. Dieses Wort, welches von Brunn abstammet, so fern es ehedem Wasser, und in engerer Bedeutung auch den Urin ausdruckte, war anfänglich vermuthlich ein edler und anständiger Ausdruck. Allein er ist mit allen seinen Ableitungen und Zusammensetzungen, nunmehr schon lange dem niedrigsten Volke Preis gegeben worden, daher ich mich hier nicht länger dabey aufhalten, sondern nur noch bemerken will, daß um das Jahr 1479 im Oberdeutschen brunnlen in eben dieser Bedeutung vorkommt, und das die Jäger in eben derselben, von den wilden Thieren auch brunsten gebrauchen.


Brüsch (W3) [Adelung]


Der Brüsch, des -es, plur. inus. ein Nahme, welchen im gemeinen Leben eine gedoppelte Gattung von Pflanzen führet. 1) Die Heide, Erica, L. S. Heide; und 2) der Mäusedorn, Ruscus aculeatus, L. der auch Breusch und Brüsken genennet wird, und auch im Lateinischen bey einigen ältern Kräuterkundigen Bruscus heißt. S. Mäusedorn und Brustwurz.


Brust (W3) [Adelung]


Die Brust, plur. die Brüste, Diminutivum das Brüstchen, Oberdeutsch das Brüstlein. 1. Der vordere gemeiniglich erhabene Theil des menschlichen und thierischen Körpers von dem Halse an bis an den Magen. Eine breite, eine hohe Brust haben. Sich an die Brust schlagen. Drücke deinen Freund an deine Brust. Meine Brust klopft mit voll Unmuth, daß mich die Natur nicht männlich schuf, Weiße. Die Kälberbrust,in den Küchen, der Theil an der vordersten Kalbesviertel unter dem Buge, der bey dem erwachsenen Rindviehe der Brustkern genannt wird. Zuweilen wird unter dem Nahmen der Brust auch die Brusthöhle, und die in derselben befindlichen Eingeweide, besonders aber die Lunge verstanden. Daher die Redensarten: es liegt mir auf der Brust, wenn sich Schleim in der Lunge gesammelt hat; es beklemmt mir die Brust, wenn das freye Athemhohlen gehindert wird; eine schwache, eine starke Brust, d. i. Lunge, haben u. s. f. Siehe auch die Zusammensetzungen Brustarzeney, Brustbeschwerde, Brustkrankheit u. s. f. Oft verstehet man unter dieser Bedeutung auch nur die eine Hälfte der Brust, bey beyden Geschlechtern. Einen Stich in die rechte Brust bekommen. In allen jetzt angeführten Stellen dieser ganzen Bedeutung ist der Plural selten, ja fast ganz ungewöhnlich, außer wenn von mehrern Brüsten geschlachteter Thiere die Rede ist.2. In engerer Bedeutung, die fleischigen Erhöhungen zu beyden Seiten der Brust, besonders bey dem weiblichen Geschlechte, wo sie zugleich zur Absonderung des Milchsaftes dienen. Selig sind die Brüste, die du gesogen hast! Luc. 11, 27. Einem Kinde die Brust reichen oder geben, es an die Brust legen. Ein Kind von der Brust entwöhnen. Sie schütten Segen herab, und tränken Felder wie Brüste, Kleist. Da die Schamhaftigkeit diese Theile des weiblichen Körpers in den gewöhnlichen Fällen zu bedecken bestehet, so kann es oft den Wohlstand beleidigen, sie im Plural zu nennen, in welchen Falle man aber diese engere Bedeutung unter die vorige allgemeine im Singular versteckt, und z. B. statt schöner Brüste, eine schöne Brust sagt. In der anständigen Schreibart leget man auch solchen Thieren, die ihre Milchgefäße an der Brust haben, Brüste bey; von den übrigen aber ist das Wort Euter gebräuchlich.3. Figürlich. 1) Eine Bekleidung der Brust, besonders bey dem andern Geschlechte. So wird die ausgesteifte Bekleidung Oberleibes ohne Ärmel zuweilen eine Brust, und bey Kindern ein Brüstchen, sonst aber auch eine Schnürbrust genannt. An einigen Orten ist des Brüstchen ein kurzes feines Oberhemd mit Ärmeln der gemeinen Weibesleute, welches sie über das Unterhemd ziehen. 2) Was vor der Brust ist. So wird an den Orgeln alles dasjenige Brust genannt, was der Organist bey dem Spielen der Orgel vor sich hat. S. auch Brustwerk. 3) Wegen einiger Ähnlichkeit, besonders in Ansehung der Hervorragung. So wird in den Schmelzhütten die Wand an dem Schmelzofen über dem Herde die Brust genannt, welchen Nahmen auch an der Glättgasse die Abdachung von Asche in der Scharte des Abtreibeherdes führet. Ja in dem Grubenbaue führet diesen Nahmen beynahe eine jede Hervorragung an dem Gesteine. S. Zubrüsten. An den Degengefäßen heißt der massive Theil zwischen dem Griffe und dem Stichblatte gleichfalls die Brust. 4) Die untern Kräfte der Seele, die man sonst auch das Herz nennet, weil dasselbe seinen Sitz in der Brusthöhle hat, besonders bey den Dichtern. Wenn die Dankbarkeit eine weibliche Brust erwärmet. Sprich, ob ich deiner Brust je werth gewesen bin, Weiße.

Anm. In der ersten Bedeutung lautet dieses Wort bey dem Ulphilas Brusts, bey dem Ottfried und Willeram Brust, im Angels. Breost, im Engl. Breast, im Isländ. Briost, im Schwed. Brost, im Dän. Bryst, im Böhmischen Prs, Prsni. Andere Mundarten versetzen das r, wie das Nieders. Borst, Bost, bey dem Tatian Burst, im Holländ. Borst, im Russischen Persi, bey den Krainerischen Wenden Perse. Die Abstammung dieses Wortes ist noch ungewiß; denn wenn einige dasselbe gleich von bersten, andere von bären, heben, weil sich die Brust bey dem Athem hohlen hebet, und noch andere von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, anterior, herleiten; so sind das doch nur bloße Muthmaßungen. Die letzte ist noch die wahrscheinlichste; denn es scheinet, daß man mit diesem Worte zunächst auf die Erhöhung oder Hervorragung gesehen; S. Alberbrosse und Bröschen, und alsdann könnten die figürlichen Arten des Gebrauches im Bergbaue, besonders die letzte, als die eigentlichen und ersten Bedeutungen dieses Wortes angesehen werden. Von den Brüsten des andern Geschlechtes waren ehedem auch die Ausdrücke Spunne, ( S. Abspänen,) und Manzon üblich, welches letztere bey dem Tatian vorkommt. In einem alten Vocabulario aus dem funfzehnten Jahrhunderte heißt Pectus, Borst, und Mamilla, Memchyn. Doch gebraucht schon Raban Maurus im achten Jahrhunderte Prusti von den Brüsten des weiblichen Geschlechtes. Im Meklenburgischen nennt man eine entblößte weibliche Brust im verächtlichem Verstande die Brüchen. S. auch Bietz, welches diesen Theil des weiblichen Körpers in der niedern Vertraulichkeit bezeichnet.


Brustader (W3) [Adelung]


Die Brustader, plur die -n, in der Zergliederungskunst, zwey Äste der Leberader, welche sich zu beyden Seiten der Brust des menschlichen Körpers erstrecken.


Brustarzeney (W3) [Adelung]


Die Brustarzeney, plur. die -en, eine jede Arzeney, welche den in der Lunge steckenden Schleim auflöset, und dessen Auswurf befördert; Brustmittel.


Brustbalsam (W3) [Adelung]


Der Brustbalsam, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, einer Brustarzeney in Gestalt eines Balsames.


Brustbaum (W3) [Adelung]


Der Brustbaum, des -es, plur. die -bäume, bey den Webern, der runde Baum vor der Brust des Webers, worauf sich das Gewebe windet. Bey dem Seidenwebern heißt er der Spannbaum, und bey dem Sammetwebern der Pinnebaum. An einer Malzbarre ist der Brustbaum der obere scharfe Theil, welcher der Firste eines Daches gleicht, und in Schlesten der Welfbaum genannt wird.


Brustbeere (W3) [Adelung]


Die Brustbeere, plur. die -n, die Beeren einer gedoppelten Art Pflanzen, und diese Pflanzen selbst. 1) Eines Gewächses, welches in Ostindien einheimisch ist; Cordia, L. Die eyförmigen schwärzlichen Beeren, welche den kleinen Pflaumen gleichen, inwendig aber eine Nuß enthalten, sind eine gute Arzeney in Brustbeschwerden. Die eine Art derselben wird auch Sebesten, Cordia Sebestena, L. genannt. 2) Eines Baumes, Rhamnus Oenoplia, L. welcher auch der Brustbeerbaum genannt wird. Er wächset in den wärmern Theilen Europens, und trägt rothe, den Oliven ähnliche Beeren, welche in Brustkrankheiten sehr heilsam sind.


Brustbein (W3) [Adelung]


Das Brustbein, des -es, plur. die -e, ein halb knorpeliges oder schwammiges Bein, in dem vordern Theile der Brust, an welchem die Rippen befestiget sind, und welches wegen seiner Gestalt auch das schwertförmige Bein, sonst aber auch der Brustknochen und im gemeinen Leben der Herzknorpel genannt wird; Os sterni, Os pectoris.


Brustbeschwerde (W3) [Adelung]


Die Brustbeschwerde, plur. die -n, eine Beschwerde, d. i. leichte Krankheit der Brust, oder vielmehr der Lunge in derselben, welche gemeiniglich von einem angehäuften Schleime in derselben entstehet.


Brustbild (W3) [Adelung]


Das Brustbild, des -es, plur. die -er. 1) Ein Gemählde oder auch ein erhaben gearbeitetes Bild, welches eine Person bis unter die Brust vorstellet; ein Bruststück, wenn es erhaben gearbeitet ist, mit einem unnöthigen Französischen Ausdrucke eine Büste. 2) Zuweilen auch ein Gnadenpfennig, welchen man auf der Brust träget.


Brustblatt (W3) [Adelung]


Das Brustblatt, des -es, plur. die -blätter, an den Pferdegeschirre, der breite Riemen, welcher um die Brust des Pfer-des gehet, und mit dem Strängen verbunden ist; der Brustriemen.


Brustbohrer (W3) [Adelung]


Der Brustbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. bey einigen Holzarbeitern, ein Bohrer, auf welchen man im Bohren mit der Brust drücket. Bey den Büchsenmachern heißt er die Brustleyer, und bey den Drechslern der Trauchbohrer.


Brustbret (W3) [Adelung]


Das Brustbret, des -es, plur. die -breter, ein Bret, welches man im Bohren von die Brust hänget, um damit auf den Brustbohrer zu drücken; bey den Böttchern die Brustdaube oder Brustdaubel, bey den Schlössern auch das Vorbret, bey andern Holzarbeitern das Brustholz, die Bohrscheibe.


Brustdaube (W3) [Adelung]


Die Brustdaube, plur. die -n, S. das vorige, ingleichen Daube.


Brustdrüse (W3) [Adelung]


Die Brustdrüse, plur. die -n, eine zusammen gesetzte Drüse in dem Obertheile der Brust unter Der Kehle bey Menschen und Thieren, welche bey einem zarten Alter weich, locker und saftig, bey zunehmenden Alter aber klein und trocken ist; Thymus. Ihr Nutzen in dem Mechanismo des thierischen Körpers ist noch unbekannt; aber ihr Nutzen in den Küchen ist entschieden, indem man die Brustdrüsen der Kälber und Lämmer für eine angenehme Speise hält. Im gemeinen Leben sind sie unter dem Nahmen der Bröschen (im Oberdeutschen Brutzen,) Kälberpreis, Kälbermilch, Kalbsdrüse, Milchfleisch, Milchstück, Milchdrüse, ob sie gleich keine Milch enthalten, in Niedersachsen Sweder, Midder, bekannt.


Brüsten (W3) [Adelung]


Brüsten, verb. reg. recipr. eigentlich, die Brust empor tragen; figürlich, stolz seyn, und diesen Stolz äußern. Er brüstet sich wie ein fetter Wanst, Hiob 15, 27. Sich mit etwas brüsten, eiteln Ruhm darin suchen. Sich auf etwas brüsten, stolz darauf seyn. Wenn man denn nun aber einen Mann vor sich hat, der sich auf solche Kleinigkeiten brüstet, Less. Ihr Enkel lebt und brüstet euch; Ihr sollt noch größre Wunder sehen, Haged.

Anm. Schon Hans Sachs sagte ehedem in dieser Bedeutung: Täglich sie sich ziert, preyst, und putzt, Vor dem Spygel streycht, zafft und mutzt. In den zusammen gesetzten Aufbrüsten, Ausbrüsten, Zubrüsten, hat dieses Wort noch eine andere thätige Bedeutung. S. diese Wörter; ingleichen Brüstung. Das Oberdeutsche sich parzen, welches das Frequentativum entweder von bären, heben, oder auch von berden, geberden, ist, und die Nieders. sich krammen, sich rämen, sich spradden, sich strunßen u. s. f. drucken eben den Begriff aus, den sich brüsten im Hochdeutschen hat. Um Osnabrück bedeutet brüstig auch ansehnlich, gesetzt.


Brustentzündung (W3) [Adelung]


Die Brustentzündung, plur. die -en, eine fieberhafte Krankheit mit einem Schmerze in einem Theile der Brusthöhle; Pneomonia. Eine Art davon ist die Lungenentzündung; Peripnevmonia.


Brust-Essenz (W3) [Adelung]


Die Brust-Essenz, plur. von mehrern Arten, die -en, eine Brustarzeney in Gestalt einer Essenz.


Brustfelge (W3) [Adelung]


Die Brustfelge, plur. die -n, die Felgen an der Seite des Umfanges eines Kammrades, in welche die Kämme gesetzt werden.


Brustfell (W3) [Adelung]


Das Brustfell, des -es, plur. die -e, S. Zwerchfell.


Brustfieber (W3) [Adelung]


Das Brustfieber, des -s, plur. inus. ein Fieber, welches von einem Fehler der Brust, oder vielmehr der Lunge verursachet wird.


Brustfinne (W3) [Adelung]


Die Brustfinne, plur. die -n, an den Fischen, Finnen oder Floßfedern, welche an den Seiten des Körpers neben dem Kopfe sitzen.


Brustfleck (W3) [Adelung]


Der Brustfleck, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, ein Fleck, d. i. Stück Zeug oder Leder, welches die Brust bedecket. Bey dem Schustern führet der obere Theil des Schurzfelles den Nah men eines Brustfleckes oder Brustleders. Im Oberdeutschen ist Brustfleck so viel als ein Brustlatz oder Brusttuch.


Brustgang (W3) [Adelung]


Der Brustgang, des -es, plur. die -gänge, in der Zergliederungskunst, ein Nahme, welchen man auch den Milchbrustader Gibt, weil sie sich nach der Länge der Brust erstrecket; Ductus thoracicus.


Brustgefäß (W3) [Adelung]


Das Brustgefäß, des -es, noch mehr aber im Plural die Brustgefäße, in der Zergliederungskunst, Adern, Röhren oder Gänge in der Brust, und besonders in den Brüsten des andern Geschlechtes. S. Gefäß.


Brustgeschwür (W3) [Adelung]


Das Brustgeschwür, des -es, plur. die -e, ein Geschwür in der Brust, d. i. der Lunge; ein Lungengeschwür, Vomica.


Brustgesimse (W3) [Adelung]


Das Brustgesimse, des -s, plur. ut nom. sing. in der Baukunst, das Gesimse über dem zweyten Stockwerke eines Gebäudes.


Brustglas (W3) [Adelung]


Das Brustglas, des -es, plur. die -gläser, ein gläsernes Gefäß mit einer kleinen Öffnung, welches warm gemacht und über die Brustwarze des andern Geschlechtes gestürzet wird, damit sie sich heraus gebe, wenn sie zu klein ist.


Brustharnisch (W3) [Adelung]


Der Brustharnisch, des -es, plur. die -e, ein Harnisch, welcher nur die Brust, oder den Vorderleib bedecket; das Bruststück, ehedem der Krebs, die Brustplatte, oder Platte.


Brusthecke (W3) [Adelung]


Die Brusthecke, plur. die -n, in den Gärten, eine niedrige Hecke, welche nur bis an die Brust reichet, und über welche man wegsehen kann.


Brusthöhle (W3) [Adelung]


Die Brusthöhle, plur. die -n, in der Zergliederungskunst, der obere hohle Raum in den thierischen Körpern zwischen den Schlüsselbein und dem Zwerchfelle, worin sich das Herz, die Lunge und ein Theil der Luft- und Speiseröhre befindet.


Brustholz (W3) [Adelung]


Das Brustholz, des -es, plur. die -hölzer, ein Holz, welches man vor die Brust nimmt, oder an welches man die Brust lehnet. So führet diesen Nahmen bey den Schustern ein Holz, welches sie vor die Brust nehmen, die Absätze daran glatt zu schneiden. Bey andern Arbeitern ist es so viel als ein Brustbret. An den Stühlen der Bortenwirker ist es ein kleines senkrechtes Bret, woran sich der Bortenwirker mit der Brust anstämmet. In der Schiffsbaukunst sind Brusthölzer diejenigen krummen Hölzer, welche die Gallion unterstützen, sich oben über dem Vordersteven ausbreiten, unten an die Verkleidung anschließen, und gleichsam die Brust des Schiffes ausmachen. Auf den Schmelzhütten ist es ein rundes Holz, welches die Höhlung der Brust des Vorherdes bildet.


Brusthonig (W3) [Adelung]


Der Brusthonig, des -es, plur. inus. in den Apotheken, eine Brustarzeney, welche mit Honig eingekochet wird.


Brustkern (W3) [Adelung]


Der Brustkern, des -es, plur. die -e, ein derbes und kerniges Stück Fleisch von der Brust eines Rindes, welches bey den Kälbern schlechtweg die Brust genannt wird. S. auch Bruststück.


Brustkette (W3) [Adelung]


Die Brustkette, plur. die -n, eine Kette an dem Kummet der Pferde, woran die Hemmkette hängt, welche an die Deichsel gespannet wird


Brustkleid (W3) [Adelung]


Das Brustkleid, des -es, plur. die -er, ein jedes Kleid, welches zunächst die Brust bedecket; im gemeinen Leben, ein Brustlatz, Brusttuch, Brustfleck, Wammes, Mieder u. s. f.


Brustknochen (W3) [Adelung]


Der Brustknochen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Brustbein.


Brustkrankheit (W3) [Adelung]


Die Brustkrankheit, plur. die -en, eine jede Krankheit der Brust, d. i. der Lunge, besonders, wenn sie von angehäuften Schleime oder einem Geschwüre herrühret.


Brustkuchen (W3) [Adelung]


Der Brustkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. oder das Brustküchlein, des -s, plur. ut nom. sing. eine Brustarzeney von Anies, Lakritzensaft u. s. f. in Gestalt kleiner Kuchen.


Brustlattich (W3) [Adelung]


Der "Brustlattich", des -es, plur. inus. S. "Lungenkraut".


Brustlatz (W3) [Adelung]


Der Brustlatz, des -es, plur. die -lätze. 1) Im gemeinen Leben, ein kurzes Kleid ohne Ärmel, welches bis auf die Hüften gehet, und von beyden Geschlechtern gemeiniglich über dem Unterhemde getragen wird; ein Brusttuch, Brustkleid, im Oberdeutschen ein Brustfleck, Brustleib, Leibchen, Latz, in Boxhorns Glossen Prustroch, im Nieders. Brustlappe, (Schwed. Bröstlapp,) Burstdok, Burstwambs, im Osnabrückischen Pökeldeel, Peekeldeel. 2) Ein kleiner, nach der Brust, meisten Theils dreyeckig geschnittener Latz oder Fleckchen des andern Geschlechtes zur Bedeckung der Brust, welcher zuweilen mit Bändern u. s. f. gezieret wird.


Brustleder (W3) [Adelung]


Das Brustleder, des -s, plur. ut nom. sing. S. Brustfleck.


Brustlehne (W3) [Adelung]


Die Brustlehne, plur. die -n, ein Holz oder eine Mauer, woran man sich mit der Brust anlehnen kann. So heißt in den Gebäuden der Theil der Wand unter dem Fenster die Brustlehne, die Brustmauer, die Brüstung. Eben diesen Nahmen führet auch eine dünne Mauer, oder ein hölzernes Geländer, an der Seite einer Brücke oder eines Grabens, oder eines andern gangbaren Ortes, damit man nicht hinunter falle.


Brustleib (W3) [Adelung]


Der Brustleib, des -es, plur. die -er, S. Brustlatz.


Brustleyer (W3) [Adelung]


Die Brustleyer, plur. die -n, bey den Büchsenmachern, ein Bohrer, dessen bewegliches Gestelle gekrümmet ist, und wovon man im Bohren das untere dickere Ende an die Brust setzet; bey den Drechslern ein Traubenbohrer, Trauchbohrer. S. Brustbohrer.


Brüstling (W3) [Adelung]


Der Brüstling, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welchen an einigen Orten der Bluthänfling wegen seiner rothen Brust führet. S. dieses Wort.


Brustmauer (W3) [Adelung]


Die Brustmauer, plur. die -n, S. Brustlehne.


Brustmaus (W3) [Adelung]


Die Brustmaus, plur. die -mäuse, oder noch häufiger der Brustmuskel, des -s, plur. die -n, in der Zergliederungskunst, ein Muskel, welcher den größten Theil der Brust einnimmt, und zur Bewegung des Armes dienet; Musculus pectoralis.


Brustmilch (W3) [Adelung]


Die Brustmilch, plur. inus. in den Apotheken, eine Brustarzeney in Gestalt einer Milch; Emulsio pectoralis.


Brustmittel (W3) [Adelung]


Das Brustmittel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Brustarzeney.


Brustnetz (W3) [Adelung]


Das Brustnetz, des -es, plur. die -e, derjenige Theil eines Fliegennetzes, welcher sich vor der Brust eines Pferdes befindet..


Brustpflug (W3) [Adelung]


Der Brustpflug, des -es, plur. die -pflüge, ein Pflug, welchen ein starker Arbeiter mit der Brust vor sich hinschiebet, Rasen damit abzustechen.


Brustpillen (W3) [Adelung]


Die Brustpillen, singul. inus. eine Brustarzeney in Gestalt der Pillen.


Brustpulver (W3) [Adelung]


Das Brustpulver, des -s, plur. ut nom. sing. eine solche Arzeney in Gestalt eines Pulvers.


Brustpumpe (W3) [Adelung]


Die Brustpumpe, plur. die -n, ein von dem Professor Stegemann zu Cassel erfundenes Werkzeug, nicht nur, die zu kleinen Brustwarzen des andern Geschlechtes heraus zu ziehen und zu bilden, ( S. auch Brustglas,) sondern auch die Milch aus den Brüsten zu saugen; in welchem letztern Falle sie auch die Milchpumpe genannt wird.


Brustriegel (W3) [Adelung]


Der Brustriegel, des -s, plur. ut nom. sing. der Riegel, oder ein horizontales Stück Bauholz an einer Brustlehne.


Brustriemen (W3) [Adelung]


Der Brustriemen, des -s, plur. ut nom. sing. ein lederner Riemen an dem Vorderzeuge eines Pferdes, welcher um die Brust gehet; das Brustblatt.


Brustring (W3) [Adelung]


Der Brustring, des -es, plur. die -e, eiserne Ringe an dem Brustriemen, woran die Stränge befestiget werden.


Brustschild (W3) [Adelung]


Das Brustschild, des -es, plur. die -er, Diminutivum das Brustschildlein, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schild, welches auf der Brust getragen wird. Besonders, ein Stück des Schmuckes des Hohenpriesters im alten Testamente, welches mit Edelsteinen besetzt war, und auf der Brust getragen wurde. S. Amtsschildlein.


Brustschleife (W3) [Adelung]


Die Brustschleife, plur die -n, eine Schleife zur Zierde an der Brust des andern Geschlechtes.


Bruststange (W3) [Adelung]


Die Bruststange, plur. die -n, in den Schmelzhütten, zwey Stangen, welche die Brust des Floßofens tragen.


Bruststimme (W3) [Adelung]


Die Bruststimme, plur. inus. in der Singekunst, die natürliche Stimme bey den höhern Tönen, welche auch die Kopfstimme genannt wird; zum Unterschiede von der Falset- oder Fistelstimme, welche auch die künstliche Stimme genannt wird.


Bruststück (W3) [Adelung]


Das Bruststück, des -es, plur. die e, Diminutivum das Bruststückchen. 1) Ein Stück Fleisch von der Brust eines Ochsen, welches zuweilen mit dem Brustkerne einerley ist, oft aber auch von demselben noch unterschieden wird, und alsdann unter dem Brustkerne sitzet. S. auch Vorbrust und Nachbrust. 2) Eine Bekleidung der Brust; S. Brustharnisch. Bey den Fechtmeistern ist das Bruststück ein Leder, welches sie vor die Brust nehmen, und auch welches die Lehrlinge die Stöße thun müssen. 3) Ein mit Perlen und Edelsteinen besetzter Schmuck auf der Brust des andern Geschlechtes. 4) Ein Gemählde oder auch ein erhaben geformtes Bild einer Person bis unter die Brust; S. Brustbild. In der Wapenkunst hingegen wird das Bild eines ganzen geharnischten Mannes ein Bruststück genannt.


Brust-Thee (W3) [Adelung]


Der Brust-Thee, (zweysylbig,) des -s, (dreysylbig,) plur. inus. ein Decoct verschiedenen heilsamen Kräutern, in Gestalt eines Thees, zur Heilung verschiedener Brustbeschwerden.


Brusttrank (W3) [Adelung]


Der Brusttrank, des -es, plur. die -tränke, eine Brustarzeney in Gestalt eines Trankes.


Brusttropfen (W3) [Adelung]


Die Brusttropfen, singul. inus. eine solche Arzeney in Gestalt der Tropfen.


Brusttuch (W3) [Adelung]


Das Brusttuch, des -es, plur. die -tücher, S. Brustlatz.


Brüstung (W3) [Adelung]


Die Brüstung, plur. die -en. 1) Eine Mauer, welche nur bis an die Brust reicht. Besonders in den Gebäuden, die schwächere Mauer unter den Fenstern; die Brustmauer. Auch ein hölzernes Geländer, welches nur bis an die Brust reicht, z. B. die Brüstung eines Brunnens. S. Brustlehne. 2) An den Flußschiffen und Kähnen wird die keilförmige Zuspitzung derselben so wohl hinten als auch vornen die Brüstung genannt.


Brustwarze (W3) [Adelung]


Die Brustwarze, plur. die -n, die Warze an der Brüsten des andern Geschlechtes.


Brustwasser (W3) [Adelung]


Das Brustwasser, des -s, plur. inus. 1) Dasjenige Wasser, welches sich in einer Art der Wassersucht in der Brusthöhle sammelt. S. das folgende. 2) Im gemeinen Leben, eine Art, abgezogenen Branntweines, welche der Brust heilsam seyn soll, und auch Luftwasser genennet wird.


Brustwassersucht (W3) [Adelung]


Die Brustwassersucht, plur. inus. eine Art der Wassersucht, da sich das Wasser in den Höhlen der Brust anhäufet.


Brustwehre (W3) [Adelung]


Die Brustwehre, plur. die -n, in der Kriegsbaukunst, der oberste Theil eines Walles, einer Mauer, oder einer Batterie, welche der Besatzung bis an die Brust reicht, und die Brust derselben beschützet; in Boxhorns Glossen Prustweri, im Schwabenspiegel Brusteuuer, bey dem Willeram nur schlechthin Vuere, im Dän. Brystvär, im Schwed. Bröstwärn, im Ital. und Franz. von eben diesem Umstande Parapetto, und Parapet.


Brustwenzel (W3) [Adelung]


Der Brustwenzel, des -s, plur. ut nom. sing. bey dem Klein, eine allgemeine Benennung aller derjenigen Vögel, welche eine erhabene und gewölbte Brust haben, welchen ihnen das Ansehen gibt, als wenn sie mit einem Brustharnische bekleidet wären; Sylviae.Er rechnet dahin das Rothkehlchen, das Schwarzkehlchen, das Blaukehlchen, das Graukehlchen, die weiß und schwarze Bachstelze, die Kuhstelze, den gelben Sticherling, das Fleckkehlchen, den Todtenvogel, das Brunellchen, den Mönch, das Scharlachkehlchen, den Buntwenzel, den Kurzschwanz, einige Wenzelarten, das Weißkehlchen u. s. f. S. Wenzel.


Brustwerk (W3) [Adelung]


Das Brustwerk, des -es, plur. inus. an den Orgeln, alle Theile derselben, die der Organist im Spielen vor sich hat, welche auch nur schlechthin die Brust genannt werden. Im Scherze auch wohl die Brust des andern Geschlechtes.


Brustwinde (W3) [Adelung]


Die Brustwinde, plur. die -n, im Bergbaue, eine Art Winden, schwere Körper damit in die Grube zu bringen.


Brustwurzel (W3) [Adelung]


Die Brustwurzel, plur. inus. S. Angelike. Auch der Mäusedorn, Ruscus aculeatus, L. wird im gemeinen Leben Brustwurz genannt, weil dessen Wurzel für eine gute Brustarzeney gehalten wird.


Brut (W3) [Adelung]


Die Brut, plur. die -en, 1. Die Verrichtung des Brütens von Vögeln und dem Federviehe, ohne Plural. Die Tauben, die Hühner sind in der Brut, sie brüten. Die Tauben sind in der Brut gestöret worden. In engerer Bedeutung, die Ausbringung der Jungen vermittelst des Brütens, da man auch wohl den Plural gebraucht. Manche Arten von Vögeln verrichten des Jahres zwey Bruten, manche nur eine. 2. Die ausgebrüteten Jungen selbst, so wohl von Vögeln, als auch in weiterer Bedeutung von den Fischen, dem Gewürme und den Insecten. 1) Als ein Collectivum, Junge, welche zu Einer Zeit mit einander ausgebrütet worden, und in weiterer Bedeutung, überhaupt die junge Zucht der Vögel, Fische, Insecten und Gewürme; in welchem Falle dieses Wort im Hochdeutschen nur allein im Singular gebraucht wird. Die junge Brut der Vögel. Die Fische setzen Brut, wenn sie leichen. Die jungen Fische werden so lange Brut genannt, bis sie in einen andern Teich versetzet werden, da sie denn den Nahmen der Setzlinge bekommen. Der Same, woraus junge Bienen erzeuget werden, und diese Jungen selbst, werden gleichfalls Brut genannt. So auch die Schlangenbrut. Zuweilen gebraucht man dieses Wort auch figürlich, aber allemahl in einem gehässigen und verächtlichen Verstande, von lasterhaften Kindern. Es ist eine böse Brut. 2) Von einzelnen ausgebrüteten Jungen, in den obigen Fällen; in welcher Bedeutung aber dieses Wort im Oberdeutschen üblicher ist als im Hochdeutschen. Doch gebraucht man es auch zuweilen figürlich von einem lasterhaften, ungerathenen Kinde. Zerschmettr' ihn, gib der Brut des Vaters ganzen Lohn, Weiße. Im Oberdeutschen ist in dieser Bedeutung auch der Plural die Bruten üblich, der aber im Hochdeutschen nicht gewöhnlich ist.

Anm. Das Nieders. Brot, und Engl. Brood, bedeuten auch Fischleich. Andere Mundarten, z. B. die Schwedische, sagen mit einer gewöhnlichen Versetzung des r Börd, und auf ähnliche Art heißt Berde schon bey dem Tatian Brut. Doch diese beyden letztern Wörter kommen unstreitig von bären, gebären, Geburt her, und werden daher auch überhaupt von allen Jungen seiner Art gebraucht. S. Brüten. In einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. in Österreich, ist dieses Wort ungewissen Geschlechtes, das Brut.


Brutal (W3) [Adelung]


Brutal, -er, -este, adj. et adv. welches im gemeinen Leben, aus dem Französ. Brutal üblich ist. 1) Auf eine thierische, d. i. unvernünftig sinnliche Art. Eine brutale Liebe. 2) Im höchsten Grade wild, grausam, ungesittet, nach Art der wilden Thiere. Ein brutaler Mensch. Eine brutale Wuth. Kein Mensch ist so brutal und wild, der nicht seinen Nahmen mit Vergnügen verewiget sähe. Doch diese ausländische Wort ist nur in der Sprache des täglichen Umganges üblich. Das Verbum brutalisiren, brutal, grob, ungesittet seyn, ist selbst im Französischen neu.


Brütbiene (W3) [Adelung]


Die Brütbiene, plur. die -n, diejenigen Bienen in einem Stocke, welche sich mit Ausbrütung und Versorgung der jungen Brut beschäftigen. S. Drohne und Thräne.


Brüten (W3) [Adelung]


Brüten, verb. reg. welches in doppelten Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, durch die Wärme lebendig machen. 1) Eigentlich, da es von allen Eyer legenden Thieren, besonders der Vögeln und dem Federviehe üblich ist, welche die Eyer mit ihrem Leibe erwärmen, und bedecken. Das Huhn, der Vogel brütet. Daher die Brüthenne, Brütgans u. s. f. eine Henne oder Gans, die da brütet; das Brütfach, ein Fach, worin man Federvieh brüten lässet; das Brüthaus, ein dazu bestimmtes Haus; die Brützeit u. s. f. Die brüten Basilisken-Eyer und wirken Spinnenweb, Es. 59, 5. Wenn aber Kap. 34, 15, dieses Verbum von dem Igel gebraucht wird, so ist das eine Figur, die man im Hochdeutschen nicht nachahmen darf. Indessen lässet es sich füglich, 2) figürlich gebrauchen, für etwas Böses nach und nach zur Wirklichkeit bringen. Und Langmuth brütet oft der Staaten Ungeziefer, Dusch. Und Zwiespalt brütete Verdorbenheit der Sitten, ebend. Wo es aber für ausbrüten stehet.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, zur Hervorbringung erwärmet werden. Die Eyer brüten schon. Noch mehr aber figürlich. Ha! brütet nicht hierunter ein Betrug? Weiße. Und zuweilen, obgleich selten, auch in einem guten Verstande. Da diese That zur Reife brüten soll, Weiße. Anm. Im Holländ. lautet dieses Wort broeden, brueden, im Angels. bredan, im Engl. to brood, bey dem Notker pruten. Die Abstammung ist noch ungewiß, zumahl da mehrere Wörter darauf Anspruch machen können. Indessen scheinet doch der Begriff der Wärme das nächste Recht darauf zu haben; denn Notker gebraucht dieses Wort Ps. 147, 5, ausdrücklich für erwärmen. So er mannige beginnet mit sinemo guote bruoten unde skirmen, also unsih diu uuolla bruotet unde uuider froste skirmet. Und da würde es zu Brühe, Braten, Brodem u. s. f. gehören.


Brütey (W3) [Adelung]


Das Brütey, des -es, plur. die -er, Eyer, welche zur Brut tauglich sind, im gemeinen Leben einiger Gegenden.


Brütig (W3) [Adelung]


Brütig, adj. et adv. auch nur im gemeinen Leben, für bebrütet. Ein brütiges Ey, das bereits bebrütet worden. Ingleichen für brütend. Wenn der Vogel brütend ist, wenn er brütet, oder brüten will.


Brutmast (W3) [Adelung]


Die Brutmast, plur. car. in der Landwirthschaft und dem Forstwesen, das Gewürm und die Maden in der Erde; im Gegensatze der Holzmast, welche in Eicheln und andern Baumfrüchten bestehet. S. auch Erdmast.


Brütofen (W3) [Adelung]


Der Brütofen, des -s, plur. die -öfen, ein Ofen, viele Eyer auf ein Mahl durch die Kunst auszubrüten; welche Ofen eine Ägyptische Erfindung ist, die Reaumür in Europa bekannter gemacht hat.


Brutscheibe (W3) [Adelung]


Die Brutscheibe, plur. die -n, in den Bienenstöcken, die mit Brut besetzten Scheiben, zum Unterschiede von den Brot- und Honigscheiben. Die in einer Brutscheibe befindlichen Zellen werden daher Brutzellen genannt.


Bryonie (W3) [Adelung]


Die Bryonie, plur. inus. S. Zaunrübe.


Bube (W3) [Adelung]


Der Bube, des -n, plur. die -n, Diminutivum das Bübchen, Oberdeutsch das Büblein, ein Kind männlichen Geschlechtes, ein Knabe; in welcher Bedeutung dieses Wort im Oberdeutschen nochgänge und gebe ist. Im Hochdeutschen gebraucht man es nur im gehässigen und verächtlichen Verstande, von einem ungezogenen lasterhaften Knaben. Ein böser, ungezogener Bube. In noch härterm Verstande aber auch von boshaften, lasterhaften erwachsenen Personen männlichen Geschlechtes, in welcher Bedeutung auch die Bubinn, im weiblichen Geschlechte, üblich ist. Das Gewissen läßt einen Buben nirgends Ruhe, Lichtw. Ein verruchter Bube, ein verhärteter Bösewicht. St. in Esth. 5, 10, heißt Hamann der verjagte Bube; 2. Mace. 5, 22, sind die Amtleute und 1 Sam. 2, 13, die Söhne Eli böse Buben. Weil ihr einen andern Gottesdienst anrichtet mit den Huren und opfert mit den Bübinnen, Hof. 4, 14. S. auch Schandbube, Lotterbube, Spitzbube.

Anm. Im Hochdeutschen kann dieses Wort das euphonische e am Ende nicht entbehren, ob es gleich in den härtern Alemannischen Mundart Bub lautet. Alle Japhetische Mundarten haben dieses Wort aufzuweisen. Dahin gehören das Nieders. Bove, das Baierische Bua, das Schwed. Babe, das Engl. Babe, Baby, das Ital. Bambino, das Lat. Puber, Puer, Pupus, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Hebr. Bob, des Engl. Boy, und andere mehr, welche insgesamt weder einen Knaben, oder doch klein bedeuten. S. auch Puppe. Woher dieses Wort den so verhaßten Nebenbegriff bekommen, ist noch nicht ausgemacht. Das Schwed. Bof, und Isländ. Böse, Bowe, bedeuten gleichfalls einen lasterhaften Menschen, und Herr Ihre möchte diese Wörter lieber vom Engl. Bawd, leno, und bawdy, spurcus, als von Babe, Bube, herleiten. Im mittlern Lateine bedeuten Bubii, Bubones, Bubigi, gleichfalls Bösewichter, und in eben derselben Bedeutung kommt das Deutsche Bube auch im Schwabenspiegel vor. Beynahe sollte man mit Herrn Ihre annehmen, daß in unserm Hochdeutschen Bube die Bedeutungen zweyer verschiedener Wörter von ähnlichem Klange zusammen geflossen sind.


Buben (W3) [Adelung]


Buben, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur mit huren in harten gehässigen Verstande üblich ist. Huren und buben, die schändlichsten Ausschweifungen begehen. Bey dem Logau findet sich auch das Diminutivum bübeln, in nicht so verhaßter Bedeutung, welches aber sonst ungewöhnlich ist: Wer im Geringen bübelt, wo man nicht viel gewinnt, Wird mehr in Sachen vortheln, die mehr genießlich sind. Und an einem andern Orte: Wenn im Schatten kühler Myrthen Sie sich kamen zu bewirthen, Folgte nichts als lieblich Liebeln, Folgte nichts als tückisch Bübeln.


Bubendistel (W3) [Adelung]


Die Bubendistel, S. Kartendistel.


Bubenfist (W3) [Adelung]


Der Bubenfist, S. Bofist.


Bubenkraut (W3) [Adelung]


Das Bubenkraut, S. Mangold.


Bubenstängel (W3) [Adelung]


Der Bubenstängel, Bubensträl, S. Kartendistel.


Bubenstreich (W3) [Adelung]


Der Bubenstreich, des -es, plur. die -e, ein Streich, d. i. boßhafte That, eines bösen Buben, im gemeinen Leben.


Bubenstück (W3) [Adelung]


Das Bubenstück, des -es, plur. die -e, wie das vorige. Sie haben ein Bubenstück über mich beschlossen, Ps. 41, 9. Im Schwed. Böfstycke. In einigen Gegenden bedeutet dieses Wort einen Buben, oder lasterhaften Menschen, so wie das Lat. Scelus gleichfalls in beyden Bedeutungen üblich ist. S. auch Stück.


Büberey (W3) [Adelung]


Die Büberey, plur. die -en, eine schändliche, boßhafte Handlung. Man hat mit eine Büberey bewiesen. Er gehet mit lauter Bübereyen um. Im Theuerdank Püberey, im Nieders. Boverie, im Schwed. Bosweri.


Bübinn (W3) [Adelung]


Die Bübinn, plur. die -en, S. Bube.


Bübisch (W3) [Adelung]


Bübisch, -er, -te, adj. et adv. nach Art boßhafter Buben. Bübischer Weise. Ein bübischer Streich.


Buccinit (W3) [Adelung]


Der Buccinit, des -en, plur. die -en, eine versteinerte gewundene Schnecke, deren erstes Gewinde sehr dickbäuchig, und die Öffnung eyförmig ist. Wegen dieser ihrer Ähnlichkeit mit einer Posaune oder einem Horne, wird sie in ihrem natürlichen Zustande auch die Hornschnecke, Posaunenschnecke, Seetrompete, im Holländ. das Kinkhorn, Lat. Buccina, genannt.


Buch (W3) [Adelung]


Das Buch, des -es, plur. die Bücher, Diminutivum das Büchelchen, im Oberdeutschen Büchlein, Büchel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Mehrere zu einem Ganze verbundene Blätter Papier oder Pergament, ein Buch machen, mehrere Bogen Papier zu einem Buche mit einander verbinden. In weiterer Bedeutung auch bedrucktes Papier, welches ein Buch abgehen soll; ingleichen dessen Inhalt, so fern er in einem Buche begriffen ist, oder eine Schrift, so fern sie zu einem künftigen Buche bestimmt ist. Ein gebundenes Buch. Ein rohes, oder ungebundenes Buch. Ein vortreffliches, ein mittelmäßiges, ein schlechtes Buch. Das ist ja ein allerliebstes Büchelchen! Ein Buch schreiben, verfertigen, drucken, binden. Ein Buch in den Druck geben, es unter die Presse geben. Die Redensart, ein Buch ausgeben, für herausgeben, ingleichen ein Buch ausgeben lassen, oder in den Druck ausgehen lassen, sind in der bessern Schreibart veraltet. Immer über den Büchern liegen, im gemeinen Leben, beständig lesen. Ein Buch unter die Presse nehmen, anfangen daran zu drucken. Ein Buch verlegen, von neuem auflegen u. s. f. Buch erfordert in dieser engern Bedeutung einen gewissen größern Umfang; denn Dissertationen und andere ähnliche kleine Schriften pflegt man nicht leicht Bücher zu nennen. Bey den Kaufleuten wird unter dem Worte Buch vorzüglich ihre Rechnungsbuch verstanden. Daher die Redensarten, Buch halten, die Rechnung führen, S. Buchhalter; etwas zu Buche tragen oder bringen, es in das Rechnungsbuch schreiben, wofür einige auch wohl das Verbum buchen brauchen. Figürlich wird auch wohl der dritte Magen der wiederkäuenden Thiere, dessen Falten den Blättern eines Buches gleichen, das Buch genannt, S. Blättermagen. 2) Ein Theil eines geschriebenen oder gedruckten Buches, eine Abtheilung des Inhaltes. Das erste Buch, das zweyte Buch. Das Werk ist in sechs Bücher getheilet. Buch gehet hier bloß auf den Inhalt und dessen Eintheilung, Band auf die äußere Verbindung, und Theil auf beydes. Eine Schrift kann aus Einem Bande bestehen, und doch mehrere Bücher oder Theile enthalten. 3) Ein Maß des Papiers, welches des zwanzigste Theil eines Rießes ist. Ein Buch Schreibpapier hält 24, ein Buch unbedrucktes Druckpapier aber wegen des Ausschusses 26 Bogen. Bedrucktes Papier wird nicht nach Büchern, sondern nach Alphabeten, jedes zu 25 Bogen gerechnet. Auch die geschlagenen Gold- oder Silberblätter werden nach Büchern verkauft, und da hält ein Buch Gold oder Silber zwölf bis fünf und zwanzig Blätter. In dieser dritten Bedeutung eines Maßes hat es, wenn ein Zahlwort vorher gehet, wie Pfund, Loth, und hundert andere, nicht Bücher, sondern nur Buch. Drey Buch Papier.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Kero Puah, bey dem Übersetzer Isidors Bochh, bey dem Ottfried Buah, bey dem Willeram Buoch, in Oberschwaben noch jetzt Buoch, Puoch, im Nieders. Book, im Holländ. Book, im Angels. Boec, im Dän, Bog, im Schwed. und Isländ. Bok, im Engl. Book, bey dem Ulphilas Bok. Die Ableitungen von Büche oder Buchsbaum. weil man anfänglich auf Täfelchen dieser Bäume geschrieben, oder die Bücher in büchene oder buchsbäumene Breter ge-bunden, wie Lipsius will, haben wenig Wahrscheinlichkeit. Vermuthlich stammet es, so wie ds gleich lautende Bug, von biegen ab, so daß damit auf die zusammen gebogenen Blätter Pergament gesehen worden, welche man durch diese Benennung den zusammen gerollten entgegen gesetzt. So wie man nun diese von dem Zusammenrollen Volumina nannte, so nannte man jene von dem Zusammenbiegen im Deutschen Bücher. In der achten zu Toledo gehaltenen Kirchenversammlung wird daher auch ein Buch nach einer buchstäblichen Übersetzung Complicamentum genannt. Ja man nannte anfänglich auch wirklich ein jedes zusammen gebogenes Blatt Pergament ein Buch, und daher kommt es, daß Puah bey dem Kero, und Briefpuoch, bey dem Notker, so oft einen Brief bedeuten. Der Plural lautet im Oberdeutschen von den ältesten Zeiten an Buche oder Büch, und daher rühret es auch, daß in einigen Zusammensetzungen Buch - für Bücher - stehet, wie in Buchführer, Buchhändler, Buchbinder u. s. f. Unser Hochdeutscher Plural stammet zunächst aus der Niederdeutschen Mundart her. Dagegen bedeuten thie Buachara bey dem Ottfried Schriftgelehrten. Um der am Ende dieses Wortes befindlichen Aspiration willen, müssen die Hochdeutschen, wenn sie das Diminutivum dieses Wortes machen wollen, ihr chen, an das Oberdeutsche Diminutivum hängen, Büchelchen, wie in Sächelchen und andern geschiehet. Im Plural lautet dieses Diminutivum auch zuweilen Bücherchen. Das Niedersächsische Diminutivum heißt Böksken. Übrigens gebraucht Ottfried auch Livel so wohl für ein Buch, als auch für eine besondere Abtheilung desselben.


Buchadel (W3) [Adelung]


Der Buchadel, des -s, plur. car. ein Wort, welches so wohl im Abstracto von der Würde, als auch im Concreto, und zwar collective von den damit begabten Personen gebraucht wird. 1) Von demjenigen Adel, welcher ehedem mit gewissen gelehrten Würden, z. B. der Doctor-Würde, verbunden war. 2) In weiterer Bedeutung von einer jeden durch eine Urkunde neu ertheilten adeligen Würde, und den auf diese Art in den adeligen Stand versetzten Personen, von Buch, so fern es ehedem eine Urkunde bedeutete; daher dieser Adel auch der Briefadel und in verächtlichem Verstande der Papieradel genannt wird. In beyden Bedeutungen wird der Buchadel dem Erb- Standes- oder Geburtsadel entgegen gesetzt.


Buchampfer (W3) [Adelung]


Der Buchampfer, des -s, plur. inus. eine Art Sauerklees, welche gern unter den Buchbäumen wächset, daher sie auch den Nahmen hat; Oxalis Acetosella, L. Den Nahmen Ampfer hat diese Pflanze ihrer angenehmen Säure zu danken, S. Ampfer. Weil sie eine angenehme Speise der Hasen ist, so wird sie auch Hasenampfer, und weil man an einigen Orten die frische Butter damit zu bedecken pflegt, Butterampfer genannt. Außerdem aber ist sie in den verschiedenen Gegenden Deutschlands auch unter den Nahmen Hasenklee, Sauerklee, Guckgucksklee, Gauchklee, Buchbrot, Buchklee, Buschampfer, Herzklee u. s. f. bekannt.


Buchäsche (W3) [Adelung]


Die Buchäsche, plur. die -n, eine Benennung, 1) der Hagebüche oder Hainbüche, S. Buche. 2) Des gemeinen Ahorns, Acer Pseudoplatanus, L. welcher an manchen Orten auch Buchäscher oder Waldäscher genannt wird, S. Ahorn.


Buchbaum (W3) [Adelung]


Der Buchbaum, des -es, plur. die -bäume, S. Buche.


Buchbäumen (W3) [Adelung]


Buchbäumen, adj. et adv. von dem Holze des Buchbaumes, büchen. Buchbäumenes Holz. Buchbäumene Breter.


Buchbinder (W3) [Adelung]


Der Buchbinder, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerker, welcher Bücher bindet, oder einbindet, d. i. den Bogen oder Blättern Papier die Gestalt eines Buches gibt. Die Buchbinderinn, plur. die -en, dessen Ehefrau. Daher das Buchbinderhandwerk, die Buchbinderpresse, Buchbindergold, ge- schlagenes Gold, dergleichen die Buchbinder gebrauchen. Buchbinderleim, Mundleim, Buchbinderspäne, Späne von beschnittenen Büchern u. s. f.


Buchbrot (W3) [Adelung]


Das Buchbrot, des -es, plur. inus. S. Buchampfer.


Buchdrucker (W3) [Adelung]


Der Buchdrucker, des -s, plur. ut nom. sing. ein zünftiger Künstler, welcher Bücher, vermittelst beweglicher Buchstaben druckt. In engerer Bedeutung der Drucker im Gegensatze des Setzers; S. Drucker. Daher die Buchdruckerkunst, die Buchdruckerpresse, der Buchdruckerstock, eine in Holz oder Metall geschnittene Verzierung der Bücher, S. Stock.


Buchdruckerey (W3) [Adelung]


Die Buchdruckerey, plur. die -en. 1) Die Buchdruckerkunst, ohne Plural. Die Buchdruckerey lernen, verstehen. 2) Die Werkstätte eines Buchdruckers; die Druckerey.


Büche (W3) [Adelung]


Die Büche, oder Buche, plur. die -n, ein einheimischer Waldbaum, dessen Blätter eine eyförmige, schöne grüne Gestalt haben, und am Rande etwas eingekerbt sind; der Buchbaum. Die glatte Rinde ist bey jungen Stämmen graugrün, bey ältern aber aschfarbig und weiß. Das Holz ist in seinem Baue fest, im Gewichte schwer, und an Farbe weiß oder grau. Nach dieser Farbe des Holzes und der Höhe des Stammes pflegt man diesen Baum so wohl im gemeinen Leben, als auch bey den Kräuterkennern in zwey Unterarten einzutheilen. Die eine Art, welche zu einem hohen starken Baume wächset, und ein bräunliches Holz hat, wird im gemeinen Leben Rothbüche, Mastbüche, Thalbüche, Tragebuche, und bey dem Linne Fagus silvatica genannt. Die zweyte Art, welche ain weißes Holz hat, heißt im gemeinen Leben Weißbüche, Hagebüche, Hainbüche, Bergbüche, Hornbüche, Steinbüche, Zwergbüche, Rauchbüche, Buchäsche u. s. f. und bey dem Linne Carpinus Betulus. Daher der Buchenwald, der Buchenhain u. s. f.

Anm. Im Nieders. heißt dieses Wort Böke, Booke, im Angels. Bocce, Beoce, Bece, im Holländ. Beucke, Bueche, im Schwed. Bok, im Dän. Bog, im Engl. Beech-tree, im Franz. Feau, Fau, Foyard, Fouteau, im Pohlnischen, Böhmischen und Russischen Bug, Bukt, im Ungarischen Bikt, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und im Latein. Fagus. Man siehet leicht, daß alle diese Benennungen aus einer gemeinschaftlichen Quelle herstammen. Ob diese aber, wie Servius behauptet, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich esse, ist, weil man die Früchte dieses Baumes bey der anfänglichen Einfalt der Sitten gegessen, daher die Lateiner diesen Baum auch Aesculus genannt, von esca, Speise, muß man dahin gestellet seyn lassen. Was diese Ableitung bestätigen könnte, ist, daß im Nieders. Book, und im Oberdeutschen Büchel, eigentlich die Frucht des Buchbaumes, die Bucheichel, bedeutet. Der Nahme Aesculus kommt mit dem Deutschen Nahmen Äsche überein, welchen dieser Baum zuweilen auch führet, und dieser kann eher von der aschgrauen weißlichen Farbe der Rinde als von essen abstammen. Herr Ihre leitet den Nahmen des Büche von der bekannten Biegsamkeit des Holzes dieses Baumes, wenigstens der Weißbüche her. S. auch Buchsbaum. Im Nieders. heißt eine junge Büche, und oft ein jeder junger Baum, Hester, und daraus haben die Franzosen ihre Hestre, Hetre gemacht. Die Oberdeutschen sprechen dieses Wort Buche, die Hochdeutschen nach dem Muster der Niedersachsen am häufigsten Büche.


Bucheichel (W3) [Adelung]


Die Bucheichel, plur. die -n, die dreyeckige Frucht der Rothbüche, welche nicht nur zur Mast der Schweine gebraucht wird, S. Buchmast, sondern ein reichliches schmackhaftes Öhl gibt. In unsern Gegenden hat diese Frucht einen bittern unangenehmen Geschmack; allein in den wärmern Ländern, besonders in Spanien, gibt sie den Kastanien wenig nach. Nieders. Book, Bökeckern, daher auch im gemeinen Leben mancher HochdeutschenGegenden Buchecker; im Oberdeutschen Buchnuß, Puechnuß, ehedem auch Büchel.


Büchen (W3) [Adelung]


Büchen, adj. et adv. von dem Holze des Buchbaumes. Büchenes Holz. Büchene Breter.


Büchen (W3) [Adelung]


Büchen, das Verbum, S. Beuchen.


Buchenraupe (W3) [Adelung]


Die Buchenraupe, plur. die -n, eine Art Raupen, welche auf den Buchen wohnet; Phalaena Noctua fagi, L.


Buchenwand (W3) [Adelung]


Die Buchenwand, plur. die -wände, in den Gärten, eine Wand von jungen Hagebüchen, welche wenn sie niedrig ist, eine Buchenhecke genannt wird.


Büchenbret (W3) [Adelung]


Das Büchenbret, des -es, plur. die -er, ein Bret, d. i. ein aus Bretern verfertigtes Behältniß ohne Thüren, Bücher darein zu stellen; ein Repositorium, Regal, Bücher-Regal, im Oberdeutschen Bücherrahm.


Bücherjude (W3) [Adelung]


Der Bücherjude, des -n, plur. die -n, im Scherze, ein Mensch, der gebundene alte Bücher zum Verkaufe herum trägt; ein Antiquarius.


Bücherkenntniß (W3) [Adelung]


Die Bücherkenntniß, plur. car. die Kenntniß der Bücher, ihres Werthes und ihrer historischen Umstände; die Bücherkunde.


Bücherlaus (W3) [Adelung]


Die Bücherlaus, plur. die -läuse, ein Insect, Termes pulsatorius, L. S. Holzwurm.


Bücher-Polizey (W3) [Adelung]


Die Bücher-Polizey, plur. inus. die obrigkeitliche Aufsicht über die gedruckten Bücher und deren Verkauf, welche gemeiniglich von einer dazu verordneten Bücher-Commission gahandhabet wird. Die Bücher-Censur ist ein Theil dieser Bücher-Polizey.


Büchersaal (W3) [Adelung]


Der Büchersaal, des -es, plur. die -säle, ein Saal, in welchem Bücher aufgestellet werden.


Büchersammlung (W3) [Adelung]


Die Büchersammlung, plur. die -en, eine Sammlung von Büchern; Bibliothek, welche wenn sie ansehnlich ist, ein Bücherschatz heißt.


Bücherschrank (W3) [Adelung]


Der Bücherschrank, des -es, plur. die -schränke, ein Schrank, Bücher darin zu verwahren.


Büchersprache (W3) [Adelung]


Die Büchersprache, plur. die -n, die ausgebildetste Mundart eines Landes, so fern sie in Büchern gebraucht wird, zum Unterschiede von den gemeinen oder provinziellen Mundarten.


Bücherwurm (W3) [Adelung]


Der Bücherwurm, des -es, plur. die -würmer. 1) Eigentlich, eine Made, welche aus dem Eye entstehet, welches ein kleiner Käfer (so wohl der Ptinus pertinax, als auch der Dermestes paniceus, L.) im August zwischen den Pergamente und dem Deckel der Bücher leget. Die Made, die daraus entstehet, sucht sich einen Weg aus ihren Gefängnisse zu bahnen, und verzehret darüber die prächtigsten Denkmähler des menschlichen Geistes. 2) Im figürlichen Scherze, ein Mensch, der immer über den Büchern liegt.


Buchfink (W3) [Adelung]


Der Buchfink, des -en, plur. die -en, eine Benennung, welche gemeiniglich dem gemeinen Finken mit schwarzen Schultern und weißen Ruderfedern auf beyden Seiten gegeben wird; S. Fink. Andere aber geben diesen Nahmen auch den Bergfinken; S. dieses Wort. In beyden Fällen rühret er wohl von den Buchwäldern her, in welchen sich beyde Arten gern aufzuhalten pflegen.


Buchführer (W3) [Adelung]


Der Buchführer, des -s, plur. ut nom. sing. eigentlich jemand, der Bücher zum Verkaufe herum führet, dergleichen Leute im Oberdeutschen noch häufig sind. Zuweilen gebraucht man dieses Wort für einen Buchhändler, obgleich nicht ohne Widerspruch der letztern, welche diese Benennung für unanständig halten; obgleich bey mehrern Arten von Kaufleuten eine Waare führen, auch in edlem Verstande bedeutet, mit derselben handeln.


Buchhalten (W3) [Adelung]


Das Buchhalten, des -s, plur. car. ein von der Redensart Buch halten, d. i. ein Rechnungsbuch in Ordnung halten, zusam- mengezogenes Hauptwort; die Buchhaltung. Das Buchhalten verstehen. S. das folgende.


Buchhalter (W3) [Adelung]


Der Buchhalter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein hölzernes Werkzeug, die Blätter eines Buches zu halten, damit sie nicht zufallen. 2) Eine Person, welche die Rechnungen eines Gewerbes in Ordnung hält, die Rechnungsbücher in ihrer Aufsicht hat, so wohl bey den Kaufleuten, als auch bey den obrigkeitlichen Einnahmen.


Buchhalterey (W3) [Adelung]


Die Buchhalterey, plur. die -en. 1) Die Wissenschaft des Buchhaltens; ohne Plural. 2) Ein Buchhalter mit den ihm untergeordneten Personen, und der Ort, wo sie Sitz haben.


Buchhaltung (W3) [Adelung]


Die Buchhaltung, plur. inus. das Buchhalten. Die doppelte Buchhaltung.


Buchhandel (W3) [Adelung]


Der Buchhandel, des -s, plur. car. der Handel mit gedruckten Büchern. Den Buchhandel treiben, verstehen. Sich auf den Buchhandel legen. S. Buchhandlung.


Buchhändler (W3) [Adelung]


Der Buchhändler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Kaufmann, welcher mit Büchern, besonders mit rohen gedruckten Büchern, handelt. Fämininum die Buchhändlerinn, plur. die -en. S. Buchführer.


Buchhandlung (W3) [Adelung]


Die Buchhandlung, plur. die -en. 1) Der Handel oder die Handlung mit Büchern; ohne Plural, wie Buchhandel. 2) Ein Buchhändler mit seinem Gewölbe und Waarenlager.


Buchklee (W3) [Adelung]


Der Buchklee, des -s, plur. inus. S. Buchampfer.


Buchkohl (W3) [Adelung]


Der Buchkohl, des -es, plur. inus. S. Habichtkraut, welches diesen Nahmen vermuthlich daher hat, weil dessen Blätter den Blättern des Buchbaumes gleichen.


Buchladen (W3) [Adelung]


Der Buchladen, des -s, plur. die -läden, ein Laden, wo man Bücher, besonders rohe Bücher verkauft. S. Laden.


Buchmarder (W3) [Adelung]


Der Buchmarder, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welchen an einigen Orten auch der Baummarder führet, weil er sich gern in Buchwäldern aufhält.


Buchmast (W3) [Adelung]


Die Buchmast, plur. car. ein Collectivum, die Eicheln der Buchbäume auszudrucken, so fern sie zur Mast der Schweine dienen. Die Schweine in die Buchmast treiben. S. Mast.


Buchmaus (W3) [Adelung]


Die Buchmaus, plur. die -mäuse, in einigen Oberdeutschen Gegenden, ein Nahme der Bilchmaus. S. dieses.


Buchnuß (W3) [Adelung]


Die Buchnuß, plur. die -nüsse, S. Bucheichel.


Buchöhl (W3) [Adelung]


Das Buchöhl, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, aus den Bucheicheln gepreßtes Öhl.


Buchsbaum (W3) [Adelung]


Der Buchsbaum, oder Buxbaum, des -es, plur. obgleich selten, -bäume, ein Gewächs, welches größten Theils in Stauden, zuweilen auch zu der Größe eines kleinen Baumes wächset, kleine dicke dunkelgrüne Blätter, und ein gelbes festes Holz von einem feinen Gewebe hat; Buxus, L.

Anm. Dieser Nahme lautet im Nieders. Bußboom, Buskboom, bey einigen Hochdeutschen auch Buschbaum, im Engl. Box, im Angels. Boxtreow, im Dän. Buxboom, im Span. Box, im Ital. Busso, Bosso, im Franz. Buis, Bouis, im Pohlnischen Bukszpan, im Latein. Buxus, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Da dieses Gewächs mit dem Nahmen zunächst aus Italien zu und gekommen ist, aber auch dahin vielleicht aus entferntern Gegenden gebracht worden, so würde es zu viel gewagt seyn, die Abstammung seines Nahmens erforschen zu wollen; obgleich Skinner sich dadurch nicht abschrecken lassen, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich verdicke, für das Stammwort anzunehmen, weil dieses Gewächs nicht nur ungewöhnlich dicke Blätter, sondern auch ein überaus festes Holz hat. In einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, lautet dieser Nahme nach dem Muster unserer Nachbarn auch nur schlechthin Buchs. Wie seine Pfeile flogen Geschnitzt aus leichten Buchs, Utz. Das chs ist in diesem Wort dem Deutschen angemessener, als das r.


Buchsbäumen (W3) [Adelung]


Buchsbäumen, adj. et adv. aus dem Holze des Buchsbaumes verfertiget. Ein buchsbäumener Kamm.


Buchschuld (W3) [Adelung]


Die Buchschuld, plur. die -en, in den Rechten und im Handlungswesen, eine Schuld, worüber man keine andere Sicherheit hat, als daß sie in den Rechnungs- oder Handlungsbuche aufgezeichnet ist, im Gegensatze derjenigen Schulden, worüber man Wechsel, Handschriften u. s. f. hat.


Buchschwamm (W3) [Adelung]


Der Buchschwamm, des -es, plur. die -schwämme, in einigen Gegenden, besonders Oberdeutschlandes, eine Art Schwämme, welche in einem Klumpen von Hüten auf einem gemeinschaftlichen eßbaren Stocke wachsen und unter den Hüten Samenblätter haben; in einigen Gegenden der Eichhase, in Schlesten der Eichpiltz. In Meißen soll er Habichtschwamm heißen. Ein anderer brauner Schwammklumpen, welcher inwendig weiß, und nicht eßbar ist, soll um Regensburg gleichfalls den Nahmen Buchschwamm führen. Beyde ohne Zweifel, weil sie gern in Buchwäldern wachsen.


Buchsdorn (W3) [Adelung]


Der Buchsdorn, des -es, plur. inus. eine Art Kreuzdornes, welche in Spanien angetroffen wird, und schwarze Beeren träget; Rhamnus Lycioides, L.


Büchse (W3) [Adelung]


Die Büchse, plur. die -n, Diminutivum das Büchschen, Oberdeutsch das Büchslein. 1) Ein jedes hölzernes, beinernes oder metallenes cylindrisches Gefäß, welches von seinem Gebrauche verschiedene zusammen gesetzte Nahmen bekommt. Daher die Apothekerbüchse, Balsambüchse, Geldbüchse, Sparbüchse u. s. f. Besonders eine Geldbüchse. Die Büchse in seiner Verwahrung haben. In die Büchse blasen müssen, Strafe geben müssen, eine niedrige Figur, welche Frisch von den Taschenspielern herleitet, welche die Unwissenden in eine mit Kohlenstaube angefüllte Büchse blasen ließen. Die Niedersachsen sagen statt dessen: in die goldne Büchse gucken müssen. Bey dem Matthesius bedeutet in das Büchslein blasen so viel als sich schminken. In Regensburg ist die Büchse ein halbes Schaff, oder 16 Regensb. Metzen. 2) In engerer Bedeutung, eine Büchse zum Schießen, eine Art eines Feuergewehres, weil es anfänglich mehr Ähnlichkeit mit einer eigentlichen Büchse hatte, als jetzt. Im Theuerdanke kommt Büchse von einer Kanone vor. S. auch Donnerbüchse und Büchsenmeister. Nachmahls nannte man nur die kleinen Feuergewehre Büchsen; daher büchsen noch überhaupt für schießen gebraucht wird. S. auch die Zusammensetzungen Büchsenmacher, Büchsenschäfter u. s. f. Heut zu Tage aber beleget man mit diesem Nahmen nur diejenigen langen Feuergewehre, welche einen gezogenen Lauf haben, im Gegensatze der Flinten. Eine Kugelbüchse, Schrotbüchse, Bürschbüchse, Windbüchse u. s. f. 3) In weiterer Bedeutung, verschiedene hohle Körper, welche keine eigentlichen Gefäße sind; doch nur in einigen Fällen, als ein Kunstwort. So werden die breiten eisernen Ringe, welche vorn und hinten inwendig in die Radenaben geschlagen werden, und mit zwey Ohren oder Widerhaken versehen sind, Büchsen genannt. Eben diesen Nahmen führen auch ähnliche Ringe in den hölzernen Röhren der Wasserleitungen, wodurch zwey Röhren mit einander verbunden werden. Das viereckte Holz an den Buchdruckerpressen, wodurch die Spindel gehet, heißt eben so wohl eine Büchse, als die Vertiefung, worin der Zapfen einer Welle geht, welche letztere auch die Pfanne genannt wird. Daß auch enge Beinkleider in Niedersachsen. Büchsen genennet werden, ist schon bey dem Worte Bruch angemerket worden.

Anm. Im Niedersächsischen lautet dieses Wort Büsse, Büspe, im Angels. und Engl. Box, im Ital. Bosso, im Schwed. Byssa, im Dän. Bosse, im Böhmischen Pusska, im Pohlnischen Buszka, im Latein. Pyxis, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Es scheinet eine Ableitung von Bug, Bak, Buk zu seyn, welches fast in allen Japhetischen Mundarten ein hohles oder vertieftes Gefäß von aller Art bedeutet, und vermuthlich von biegen abstammet. So fern eine Büchse ehedem aus einem zusammen gebogenen Holze oder Metalle verfertiget worden, ließe es sich auch unmittelbar von biegen ableiten. Das Angels. Pocca, Pochha, Poha, im Engl. Pocket, Poke, Pouch, Bag, im Franz. Poche, eine Tasche, Ficke, das Franz Boisseau, ein Schäffel, Boussole, die Magnetbüchse der Schiffer, und tausend andere Wörter in allen Europäischen Sprachen gehören gleichfalls hierher.


Büchsen (W3) [Adelung]


Büchsen, verb. reg. act. mit einem Feuergewehr schießen, ein nur in den vertraulichen Sprecharten, so wohl einfach, als auch in den Zusammensetzungen wegbüchsen, niederbüchsen u. s. f. übliches Wort.


Büchsenfutter (W3) [Adelung]


Das Büchsenfutter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Futteral von Tuch oder Leder, eine Feuerbüchse darin vor der Nässe zu bewahren; ein Büchsensack.


Büchsengeld (W3) [Adelung]


Das Büchsengeld, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben, Geld, welches in eine Armenbüchse gesammelt wird.


Büchsengesell (W3) [Adelung]


Der Büchsengesell, des -en, plur. die -en, bey einigen Handwerkern, 1) Gesellen welche weder Wochenlohn bekommen, noch stückweise bezahlet werden, sondern ihren Verdienst, der in eine Büchse gesammelt wird, am Ende der Woche mit dem Meister theilen; Wochengesellen. 2) Ein Gesell, welcher in den Zusammenkünften der Gesellen die Büchse in seiner Aufsicht hat, die Rechnung darüber führet, und auch wohl der Ladengesell heißt.


Büchsenkuchen (W3) [Adelung]


Der Büchsenkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Küchen, eine Art Buttergebackenes, welches in einer Form gebacken wird, die einer Büchse gleicht; in Österreich Büchsenkrapfen.


Büchsenkugel (W3) [Adelung]


Die Büchsenkugel, plur. die -n, eine Kugel, welche aus einer Feuerbüchse geschossen wird.


Büchsenmacher (W3) [Adelung]


Der Büchsenmacher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerker, welcher Feuerbüchsen und anderes kleines Schießgewehr verfertiget; ein Büchsenschmid.


Büchsenmeißel (W3) [Adelung]


Der Büchsenmeißel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Meißel der Grobschmiede, das Holz aus der Nabe für die Büchse damit auszuschneiden, um es mit dem Büchsenräumer, einer gebogenen Klinke an einem Stiele, völlig auszubilden.


Büchsenmeister (W3) [Adelung]


Der Büchsenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. eine großen Theils veraltete Benennung eines Artilleristen oder Feuerwerkers, von dem Worte Büchse, so fern es vor Alters auch eine Kanone bedeutete. Indessen wird die Geschützkunst, oder Artillerie daher noch von einigen die Büchsenmeisterey, plur. inus. genannt. S. Büchsenschießer.


Büchsenpulver (W3) [Adelung]


Das Büchsenpulver, des -s, plur. inus. Schießpulver, zum Unterschiede anderer Arten Pulver.


Büchsenräumer (W3) [Adelung]


Der Büchsenräumer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Büchsenmeißel.


Büchsenrohr (W3) [Adelung]


Das Büchsenrohr, des -es, plur die -e, das Rohr oder der Lauf zu einer Feuerbüchse; der Büchsenlauf.


Büchsensack (W3) [Adelung]


Der Büchsensack, des -es, plur. die -säcke, S. Büchsenfutter.


Büchsenschaft (W3) [Adelung]


Der Büchsenschaft, des -es, plur. die -schäfte, der hölzerne Schaft an einer Feuerbüchse. S. Schaft. Daher der Büchsenschäfter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Holzarbeiter, welcher die Schäfte zu den Büchsen und andern kleinen Feuergewehren verfertiget; im Nieders. Rohrschäfter.


Büchsenschicht (W3) [Adelung]


Die Büchsenschicht, plur. die -en, in den Mansfeldischen Bergwerken, eine Schicht, welche jeder Häuer alle Quartal um-sonst arbeiten muß, deren Betrag den in eine Büchse zur Unterhaltung der Verunglückten, Kranken und Witwen gesammelt wird.


Büchsenschloß (W3) [Adelung]


Das Büchsenschloß, des -sses, plur. die -schlösser, das Schloß an einer Feuerbüchse, welches von einem Flintenschlosse noch verschieden ist.


Büchsenschießer (W3) [Adelung]


Der Büchsenschießer, des -s, plur. ut nom. sing. eine ehedem übliche Benennung eines gemeinen Feuerwerkers, welche noch auf den Kriegsschiffen üblich ist, wo die Handlanger des Constabels diesen Nahmen führen. S. Büchsenmeister.


Büchsenschmid (W3) [Adelung]


Der Büchsenschmid, des -s, plur. die -schmiede, S. Büchsenmacher.


Büchsenschuß (W3) [Adelung]


Der Büchsenschuß, des -sses, plur. die -schüsse, der Schuß aus einer Feuerbüchse; ingleichen die Weite, in welcher eine Feuerbüchse eine Kugel treibt. Einen Büchsenschuß weit.


Büchsenschütz (W3) [Adelung]


* Der Büchsenschütz, des -en, plur. die -en, eine veraltete Benennung derjenigen Soldaten, welche im Kriege mit Feuergewehren schossen, im Gegensatze der Bogen- und Armbrustschützen. Die Carabiniers sind an die Stelle dieser Büchsenschützen getreten.


Büchsenspanner (W3) [Adelung]


Der Büchsenspanner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Jäger, welcher seinem Herren auf der Jagd da Gewehr ladet; von den ehemahligen Büchsen, welche gespannet werden mußten, ehe die heutigen Flintenschlösser üblich wurden; ein Leibschütz.


Büchsenwärter (W3) [Adelung]


Der Büchsenwärter, des -s, Plur. ut nom. sing. derjenige, welcher die Gewehrkammer eines großen Herren in seiner Aufsicht hat.


Buchsiren (W3) [Adelung]


Buchsiren, S. Bugsiren.


Bucht (W3) [Adelung]


2. * Die Bucht, plur. die -en, ein völlig Niedersächsisches Wort, einen Verschlag, so wohl in einem Gebäude, als im Freyen, zuweilen auch ein kleines elendes Haus auszudrucken; in welcher Bedeutung es ohne Zweifel von bauen herkommt, welches im mehrern Mundarten einen starken Hauchlaut hat und byggia lautet. Bey dem Carpentier kommen Bugia und Bugetum gleichfalls von einem kleinen Hause vor.


Buchweitzen (W3) [Adelung]


Der Buchweitzen, des -s, plur. inus. die Frucht einer Pflanze, welche nach dem Linnee eine Art des Wegetrittes ist, und die Pflanze selbst; Polygonum Fagopyrum, L. Die Pflanze hat den Nahmen von ihrer Frucht, welche dem Geschmacke und Nutzen nach dem Weitzen, in der dreyeckigen Gestalt und braunen Farbe aber den Bucheicheln gleichet, nur daß sie weit kleiner ist. Daher die Buchweitzengrütze, plur. inus. Grütze, welche aus dieser Frucht gestampfet wird. Im Nieders, lautet dieser Nahme Bookweten, im Dän. Boghvede, im Schwed. Bokhwete, im Engl. Buckwheat, in der Schweiz aber Butzweitzen. Weil dieses Gewächs aus der Türkey nach Europa gebracht worden, so wird es im Oberdeutschen auch Heidekorn, Heidel, in OberkrainHaden, im Franz. Ble Sarrasin, im Böhmischen Pohanka, von Pohan, eine Heide, genannt. An einigen Orten heißt es Franzweitzen.


Buchwinde (W3) [Adelung]


Die Buchwinde, plur. inus. eine Pflanze, welche nach dem Linnee auch eine Art des Wegetrittes ist, und dem Buchweitzen so wohl an der Blüthe als auch an dem Samen gleicht, und auf allen Äckern wächset; wild Heidekorn, Vogelzunge, Polygonum Convolvulus, L.


Buckel (W3) [Adelung]


Der Buckel, des -s, plur. ut nom. sing. eine fehlerhafte Erhöhung des Rückens. Einen Buckel haben. S. auch Höcker. In der gemeinen Sprachart auch wohl den Rücken selbst. Etwas auf den Buckel nehmen. Einen Buckel voll Schläge bekommen. S. das folgende.


Buckel (W3) [Adelung]


Die Buckel, plur. die -n, eine jede erhabene Ründung. Doch gebraucht man dieses Wort nur von den erhabenen metallenen Zierathen an Pferdegeschirren, Büchern u. s. f. Ein Buch mit messingenen Buckeln beschlagen. Ein Pferdegeschirr mit silbernen Buckeln. Ein gewisses kegelförmiges Geschirr, Metalle und andere flüssige Körper darein zu gießen, wird gleichfalls eine Buckel oder Gießbuckel genannt.

Anm. Beyde Wörter sind von Buk, Buck, welches ehedem einen Hügel bedeutete, ( S. Frischens Wörterb. v. Bug,) und ohne Zweifel auch zu der zahlreichen Familie des Zeitwortes biegen gehöret. Der Unterschied in dem Geschlechte und der Declination gehöret bloß den Mundarten zu. In der Bedeutung eines Höckers und des Rückens haben die Hochdeutschen dieses Wort von den Niedersachsen bekommen, bey welchen ihr Puckel eben dieselbe Bedeutung hat. Die andern Bedeutungen gehören der Oberdeutschen Mundart zu. Dahin gehören auch das Engl. Buckle, das Schwed. Buckla, und das Ital. Boccola, eine Schnalle, Spange; das Franz. Boucle, das Dän. Buckle, und Nieders. Buckel, eine Haarlocke; das Wallisische Bwccl, eine Bäule, Pocke; das Oberdeutsche Bockel, Buchel, Puckel, der mittlere erhöhte Theil eines Schildes, wovon hernach der Schild selbst im mittlern Lateine Bucula, im Franz. Bouclier, im Engl. Buckler, im Wallisischen Bwcled, genannt wurde, nebst andern mehr. S. Pocken, Bücken und Bug.


Buckeleisen (W3) [Adelung]


Das Buckeleisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Perruckenmachern ein Eisen, vermittelst desselben die zwey Rollen zu schlagen, welche an einigen Perrucken hinten gerade hinab hängen; von dem Franz. Boucle, eine Haarlocke.


Buckelig (W3) [Adelung]


Buckelig, -er, -ste, adj. et adv. mit einem fehlerhaften Buckel versehen. Ein buckeliger Mensch. Hinten und vorn buckelig seyn. Buckelig gehen, gedrückt, als wenn man einen Buckel hätte. Sich buckelig lachen wollen, ist ein niedriger Scherz. Zusammen gezogen lautet dieses Wort bucklig. Wenn es von jemanden gebraucht wird, der wirklich einen Buckel hat; so lautet es billig buckelig; bedeutet es aber nur einem Buckel gleich oder ähnlich, wie in der Redensart buckelig gehen, so sollte es vielmehr buckellich, buckelicht, oder doch bucklich, bucklicht lauten. Doch wer beobachtet wohl alle diese Kleinigkeiten? S. -ich und -ig.


Buckelkäfer (W3) [Adelung]


Der Buckelkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. bey einigen neuern Schriftstellern des Naturreiches, ein Käfer mit Faden ähnlichen Fühlhörnern und einem runden buckeligen Brustschilde; Bruchus, L.


Buckelmeißel (W3) [Adelung]


Der Buckelmeißel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Bunzen der Klempener, erhabene Figuren damit aus dem Bleche auszutreiben.


Buckeln (W3) [Adelung]


+ Buckeln, verb. reg. act. auf dem Buckel tragen, nur in einigen gemeinen Sprecharten. Das Getreide auf den Boden buckeln.


Bücken (W3) [Adelung]


Bücken, verb. reg. recipr. den eigenen Rücken biegen. Sich bücken etwas aufzuheben. Indem nun Sylvia sich nach dem Bande bückt, So küßt sie ihn geschwind, Gell. Gebückt gehen. Besonders von der Neigung aus Ehrerbiethung. Sich vor einem bücken. Sich tief, sich bis zur Erde bücken. In dieser Bedeutung sind in der anständigern Sprechart sich neigen, sich verbeugen, und sich beugen üblicher.

Anm. Bücken, Nieders. bukken, Dän. bukke, im Oberdeutschen gleichfalls bucken, ist das Intensivum von biegen oder beugen, wie packen von plagen, nicken von neigen, und andere mehr. Bey dem Ottfried bedeutet bouhnan mit dem Kopfe nicken, innuere. Die gemeinen, besonders Oberdeutschen Mundarten, machen von diesem Worte ein neues Frequentativum buckern, wofür andere kauern sagen: sich auf die Erde buckern, sich mit gebogenen Knien auf die Erde setzen. Einem ein Bein buckern, bedeutet eben daselbst, ihm ein Bein unterschlagen.


Bucklig (W3) [Adelung]


Bucklig, S. Buckelig.1.


Bückling (W3) [Adelung]


Der Bückling, des -es, plur. die -e, in den gemeinen und komischen Sprecharten, die Neigung des Leibes aus Ehrfurcht; die Verbeugung. Kahlmann machte hierauf den ehrerbiethigsten Bückling, Zach. Im Oberdeutschen ist dafür das Wort Bucker üblich, welches aber besonders von der Verbeugung des Frauenzimmers gebraucht wird. S. Bücken.2.


Bückling (W3) [Adelung]


Der Bückling, des -es, plur. die -e, ein Häring, welcher nachdem er in Salzwasser gelegen, geräuchert worden; ein Bückling. in Nieders. Peckling, Bukken, Bukking, Tibukken, im Holländ. Bucking, Bockshaering; gewiß nicht von dem Bocksgeruche, wie Kilian und Frisch wollen, sondern vermuthlich von backen, so fern es dörren, trocknen überhaupt bedeutet. Mit dem voran gesetzten Zischlaute werden diese Häringe in einigen Niedersächsischen Gegenden auch Spickhäringe, im Holl. Spickhaeringe genannt, ein Wort, welches mit Speck, lardum, wohl zunächst nichts als den Klang gemein hat; den bey den Westgothen bedeutet speka dörren. Häringe, welche in ihrem Salzwasser liegen bleiben, und nicht geräuchert werden, heißen eigentlich Böckelhäringe, allein man legt diesen Nahmen vermuthlich aus Verwechselung, auch zuweilen den Bücklingen bey.


Bude (W3) [Adelung]


Die Bude, plur. die -n, Diminutivum das Büdchen. 1) * Ein Gebäude, besonders ein kleines Gebäude. In dieser im Hochdeutschen veralteten Bedeutung, werden in den Seestädten noch kleine Häuser, zum Unterschiede von den Giebelhäusern, Buden genannt. Im Osnabrückischen heißt Bode, Boe, ein kleines Bauernhaus, und Bodling, Büder, ein Kothfaß oder Kossath, und um Bremen bedeutet Butze, ein jedes altes schlechtes Haus. 2) In engerer Bedeutung wird dieses Wort noch von den breternen Gebäuden gebraucht, welche auf kurze Zeit aufgebauet werden. Eine Zollbude, Komödiantenbude, Marktschreyerbude u. s. f. Besonders aber von den breternen Kramläden der Kauf- und Handelsleute. Eine Bude aufbauen, abbrechen u. s. f. Daher der Budenmann, des -es, plur. die -leute, in großen Städten, Arbeitsleute, welche die Buden aufschlagen und abbrechen. Auf den Flußschiffen einiger Gegenden wird die Kajüte die Bude genannt. Anm. In Schlesien lautet dieses Wort Baude, im Nieders. Bode, Bodem, Boe. Das Dän. Boe, Bod, das Schwed. Bo, Bod, das Isländ. Bu, Bud, das Wallisische Bod, das mittlere Latein. Boda, Bodium, das Holländ. Boede, Bode, das Engl. Booth, bedeuten ein jedes, besonders kleines Haus. Im Böhmischen ist Bauda, eine Hütte, und im Franz. Boutique, der Ort, wo die Kaufleute ihre Waaren feil haben, es sey nun eine Bude oder ein Laden. S. Bauen.


Budenzins (W3) [Adelung]


Der Budenzins, des -es, plur. inus. der Zins, welcher für eine Bude entrichtet wird. S. Bodenzins, und Bolengeld.


Budel (W3) [Adelung]


Der Budel, S. Pudel.


Büdner (W3) [Adelung]


* Der Büdner, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur in einigen Gegenden, besonders Niedersachsens, übliches Wort, einen Häusler zu bezeichnen, von Bude, ein kleines Haus.


Budtheil (W3) [Adelung]


* Das Budtheil, des -es, plur. die -e, ein altes Wort, welches noch in Niedersachsen üblich ist, und die ganze fahrende Habe eines Bauern ausdruckt, im Gegensatze der Grundstücke. es wird daselbst gemeiniglich Bödel, Böel, Budel, Inbudel, gesprochen und geschrieben. Figürlich bedeutet es auch das Recht, sich die fahrende Habe, oder einen Theil davon, nach dem Tode des Eigenthümers anzumaßen, welches Recht nach Verschiedenheit der Umstände noch verschiedene andere Nahmen bekommen hat; S. Baulebung.

Anm. Im mittlern Lateine kommt in dieser Bedeutung schon Bidella und Budteil vor. Die Abstammung dieses Worts ist noch ungewiß. Einige leiten es von Bode, Boe, Bude, ein Häuschen her, und erklären es durch Hausrath. Andere von dem Nieders. buten, außen, da es denn so viel als Außentheil, oder den Theil der Erbschaft außer den Grundstücken bedeuten würde. Wenn Bettel im Hochdeutschen zuweilen geringe schlechte Sachen bedeutet, so stammet es alsdann vermuthlich aus diesem Niedersächsischen Worte her.


Büffel (W3) [Adelung]


Der Büffel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Art wilder Ochsen mit zotigen Haaren am Halse und auf der Brust, welche kleiner als der Auerochs ist, sich leicht zähmen lässet, und in Italien, Ungarn und der Türkey häufig angetroffen wird; Bubalus, L. Das männliche Geschlecht dieses Thieres wird auch der Büffelochs, das weibliche aber die Büffelkuh genannt. Figürlich, doch nur in den niedrigsten Sprecharten, ein grober, plumper, ungesitteter Mensch. 2) Ein grober Oberrock, von dickem und oft zotigem Tuche, aus dem Franz. Bufle, welches gleiche Bedeutung hat, weil man diese Röcke ehedem aus Büffelsleder verfertigte. 3) Zu Frankfurt an der Oder wird das einheimische Gerstenbier Büffel genannt.

Anm. Büffel, Nieders. Buffel, Engl. Buffle, Franz. Bufle, Ital. Buffalo, Span. Bufano, im Pohln. Bawl, im Böhm. Buwol, im Dän. Byffel, im Latein. Bubalus, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, soll von dem alten Gallischen und Britannischen Bu, ein Ochse, und al, fremd, ausländisch, ( S. Elend,) zusammen gesetzt seyn, weil in Bretagne ein Büffel noch jetzt Bual heißet. Aber es kann auch von einem Worte seyn, welches sich noch in dem Franz. Boeuf, und Engl. Beef, ein Ochse, erhalten hat, und schon in dem Römischen Bos, bovis, zum Grunde lieget. Die Ausdrücke büffelhaft und büffelicht, für grob, ungesittet, und büffeln, grobe schwere Arbeit verrichten, sind nur in den gemeinen Mundarten gangbar.


Büffelskopf (W3) [Adelung]


Der Büffelskopf, des -es, plur. die -köpfe. 1) Eine der niedrigsten Benennungen eines groben dummen Menschen. 2) Ein Nahme einer kleinen Art wilder Änten, mit purpurrothem Kopfe, weißen Backen, und weichen Federn auf dem Kopfe, welche auch das Purpurköpfchen heißt; Anas minor capite purpureo, Kl. Engl. the Buffels-Head Duck.


Bug (W3) [Adelung]


Der Bug, des -es, plur. die Büge, überhaupt eine jede gebogene Fläche, und der Ort, wo der Körper gebogen ist, oder sich bieget. So wird an den Thieren derjenige Theil, wo sich ein Wirbelknochen befindet, welcher Theil daher sehr biegsam ist, der Bug genannt. Der Vorderbug, der Hinterbug. Gemeiniglich verstehet man unter Bug den Vorderbug, oder das Schulterblatt, und in weiterer Bedeutung wohl den ganzen Vorderfuß. Dem Pferde schwindet der Bug, oder er hat das Bugschwinden, wenn demselben die obere Röhre des Vorderfußes schwindet. Auch an dem Menschen wird die Kniekehle zuweilen der Kniebug genannt. Im Schiffsbaue heißt der vordere Theil eines Schiffes, wo es sehr stark gebogen ist, gleichfalls der Bug.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort Boog, Bauge, Bau, im Angels. und Schwed. Bog, im Dän. Boug. Schon in Boxhorns Glossen ist Buac armus. Es stammet von biegen ab. Der Plural kommt nur selten vor.


Bugader (W3) [Adelung]


Die Bugader, plur. die -n, eine Ader oberhalb des Knies an dem Buge oder dem Schulterblatte eines Pferdes; die Regelader.


Buganker (W3) [Adelung]


Der Buganker, des -s, plur. ut nom. sing. auf den Schiffen der gewöhnliche Anker, dessen man sich in allen ordentlichen Fällen bedienet, weil er an oder auf dem Buge oder Vordertheile des Schiffes aufbehalten wird.


Bugband (W3) [Adelung]


Das Bugband, des -es, plur. die -bänder, an den Schiffen, die gekrümmten Hölzer, welche die Bordirung vorn an dem Buge des Schiffes verbinden.


Büge (W3) [Adelung]


Die Büge, plur. die -n, ein von Bretern oder Pfosten ausgeschnittener Bogen, welcher den Bogenstellungen und Bodengängen in den Gärten zum Gerippe dienet; bey den Mäurern die Bogenlehre. S. Biege.


Bügel (W3) [Adelung]


Der Bügel, des -s, plur. ut nom. sing. überhaupt ein jedes nach einem halben Zirkel gebogenes Holz oder Metall. Der Bügel an einem Degen, über einem Wagen, die Decke darüber zu spannen, an einem Schießgewehre, unter dem Schlosse, den Abzug zu bedecken u. s. f. Der Steigbügel, an dem Reitgeschirre. Krumm gebogene Reiser, dergleichen die Dohnen sind, heißen gleichfalls Bügel, welchen Nahmen in der Landwirthschaft in mehrern Fällen auch aus Weiden- oder andern zähen Holze geflochtene Ringe bekommen. In der Seefahrt sind es Schleifen von Stricken, und bey den Fleischern zwey vereinigte messingene Ringe, deren man sich bey dem Wurststopfen statt des Wursthornes bedienet. In der Baukunst ist der Bügel ein eisernes plattes Band, welches um einen Balken gelegt wird; und so in andern Fällen mehr.

Anm. Bügel Nieders. Bögel, Schwed. Bygel, ist von Bug abgeleitet, ein Ding, welches einen Bug, zu bezeichnen.


Bügeldohne (W3) [Adelung]


Die Bügeldohne, plur. die -n, bey den Jägern, Dohnen, welche aus weidenen Bügeln bestehen; im Gegensatze der Bastdohnen, welche aus Bast verfertiget werden.


Bügeleisen (W3) [Adelung]


Das Bügeleisen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Das starke, oben mit einem Bügel versehene Eisen der Schneider, die Büge oder Falten, und Nähte damit auszubügeln. Auch bey den Wäscherinnen ist es ein Eisen, welches warm gemacht wird, die bogenweise gekrümmte Wäsche damit zu plätten. Ja in einigen Gegenden wird ein jedes Platt- oder Plätteisen ein Bügeleisen genannt. S. Bügelmesser. 2) Eine Art Hufeisen mit einem Bügel, wodurch ungeschickte Schmiede buglahme Pferde heilen wollen.


Bügelgarn (W3) [Adelung]


Das Bügelgarn, des -es, plur. die -e, im Vogelfange, ein Garn oder Netz, welches über hölzernen Bügeln zusammen gezogen wird; das Bügelnetz.


Bügelmesser (W3) [Adelung]


Das Bügelmesser, des -s, plur. ut nom. sing. der Nahme eines gewissen Bügeleisens bey den Perruckenmachern, welches die Gestalt eines stumpfen Messers hat.


Bügeln (W3) [Adelung]


Bügeln, verb. reg. act. mit dem Bügeleisen glatt machen. So bügelt der Schneider das Tuch oder die Nähte eines Tuches. Die Wäscherinnen bügeln die krause, oder bogenweise verfertigte Wäsche, und in weiterer Bedeutung heißt zuweilen auch das Plätten der glatten Wäsche bügeln. Daher Bügeltuch, beyden Schneidern und Wäscherinnen, welches bey dem Bügeln untergeleget wird.


Bügelträger (W3) [Adelung]


Der Bügelträger, des -s, plur. ut nom. sing. an den Sätteln, ein mit Leder überzogener Sattelknopf, woran man die Steigbügel hängt, um sie im Stürzen sogleich heraus heben zu können. Ingleichen die ledernen Riemen, womit man, wenn man abgesessen ist, die Steigbügel hinten an den Sattel befestiget.


Buglahm (W3) [Adelung]


Buglahm, adj. et adv. lahm am Buge, an dem obern Gelenke des Vorder- oder Hinterfußes beschädiget, von den Thieren. Das Pferd ist buglahm. Ein buglahmes Thier. Daher die Buglähme, plur. car. der Zustand, da ein Thier buglahm ist.


Buglieger (W3) [Adelung]


Der Buglieger, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Niedersächsischen Gegenden, ein kleines Schiff, welches zu einem Größern gehöret, und neben dessen Buge lieget.


Bugschwinden (W3) [Adelung]


Das Bugschwinden, des -s, plur. car. S. Bug.


Bugsiren (W3) [Adelung]


Bugsiren, verb. reg. act. in der Seefahrt, hinter sich herziehen. Ein Schiff in den Hafen bugsiren, es vermittelst eines oder mehrerer kleiner Schiffe in den Hafen ziehen. Einen todten Wallfisch an das Schiff bugsiren, ihn mit Schaluppen an das Schiff ziehen. Daher der Bugsiranker, ein Anker, mit welchem eine Schaluppe bey der einen Art des Bugsirens befestiget wird.

Anm. In Niedersachsen lautet dieses Wort boogsern, im Holländ. boechseerden, im Dän. bogsern. Es stammet, seiner ausländischen Endung ungeachtet, dennoch von biegen ab; denn im Dänischen bedeutet bogse überhaupt lenken oder wenden. Für bugsiren ist in einigen Gegenden auch treilen, und im Franz. remorquer üblich.


Bugspriet (W3) [Adelung]


Das Bugspriet, des -es, plur. die -e, in der Schifffahrt die Stange, welche vorn an dem Buge, oder dem Vordertheile des Schiffes hervorraget, und zwey Segel führet, welche die obere und untere Blinde genannt werden; im Nieders. Boogspret, im Dän. Bougsprid, im Engl. Bowsprit, Boltsprit, im Franz. Beaupre. Das Nieders. Spreet, und das Holl. Spriet, bedeutet ein jede Stange, welche vorn eine Gabel hat; S. Spreitze.


Bugstänge (W3) [Adelung]


Die Bugstänge, oder Bugstenge, plur. die -n, der Mastbaum, welcher auf das Bugspriet gesetzet wird, und auch die Blindstenge heißt, weil er die beyden Blinden führet.


Bugstück (W3) [Adelung]


Das Bugstück, des -es, plur. die -e, 1) Auf den Schiffen, die vier ersten Stücke oder Kanonen, welche in dem Buge des Schiffes stehen. 2) Das abgehauenen Schulterblatt eines Thieres. Das Bugstück von einem Rehe, von einem Hirsche u. s. f.


Bühel (W3) [Adelung]


* Der Bühel, des -s, plur. ut nom. sing. eine im Hochdeutschen veraltete Benennung eines Hügels. Im Oberdeutschen, wo sie noch üblich ist, lautet sie in einigen Gegenden auch Bichel, oder Pichel, bey dem Ottfried Buhil, bey dem Notker Buol, Puol, bey dem Willeram Buhel, im Theuerdanke Pühel. Für Bäule findet man im Oberdeutschen gleichfalls Bühel, und Notker gebrauchte Puol von einem jeden Haufen. Es scheinet eine Ableitung von Bulk, Buk, Bieg zu seyn, welches ehedem häufig in der Bedeutung eines Hügels oder Haufens vorkam, und dann würde es zu dem Zeitworte biegen gehören. Wenn man aber die Aspiration für nichts rechnen will, so könnte es sich auch von boll, rund, ableiten lassen. Im Nieders. ist Bult, Bulten, gleichfalls ein Hügel. Besonders bedeutet Bülte im Torfgraben einen runden Haufen Torf, der wie ein Bienenstock gewölbet ist, damit das Wasser ablaufe. Stellet dieser Haufe ein Viereck vor, so heißt er eine Klote.


Buhle (W3) [Adelung]


* Der Buhle, des -n, plur. -n, ingleichen die Buhle, plur. die -n, eine geliebte Person beyderley Geschlechtes; ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, welche aber noch in der Deutschen Bibel vorkommt, und zwar, 1) im guten Verstande, von einer rechtmäßigen und erlaubten Liebe. Du sollt meine Lust an ihr, und dein Land lieber Buhle heißen. Denn der Herr hat Lust an dir, und dein Land hat einen lieben Buhlen. Denn wie ein lieber Buhle einen Buhlen lieb hat u. s. f. Es. 62, 2, wo der Buhle auch von dem weiblichen Geschlechte gebraucht wird. Ehedem bedeutete dieses Wort auch unter vornehmern Personen so viel als einen Gemahl. So nennet in Höns Coburg. Chron. S. 208 die Gräfinn Gutta von Henneberg den Grafen Heinrich von Henneberg ihren lieben Buhlen. Ja es war in noch weiterer Bedeutung auch ein Ehrentitel vohrnehmer Personen beyderley Geschlechtes. wofür jetzt Eure Liebden üblich ist. Die Markgräfinn Elisabeth von Brandenburg schrieb, wie in den Schriften der Anhältischen Deutschen Gesellschaft angemerket wird, an den Bischof Johann den Zweyten zu Würzburg: Lieber Herr und Buhl, und dieser nennet sie in dem Antwortschreiben, liebe Frau und Buhl. Besonders bedeutete dieses Wort ehedem eine geliebte Person, um deren Liebe man sich bewarb. Unnd het ritterliche begir Ein spieß mit euch zerbrechen schir Von seines Pulen wegen zwar, Theuerd. Kap. 85. Als auch die andern thetten Die ir pulen am Danntz hetten, Kap. 102. Wo es aber auch bedeuten kann, die Gefallen am Tanze hatten. 2) Im nachtheiligen Verstande, von einer unerlaubten Liebe. Ich will sammeln alle deine Buhlen, mit welchen du Wollust getrieben hast, Ezech. 16, 37. Ahala - - brannte gegen ihre Buhlen, Kap. 23, 5, und in andern Stellen mehr. Heut zu Tage pflegen die Fleischer die Pfuscher ihres Handwerks noch im figürlichen Verstande Buhlen oder Buhler zu nennen. S. auch das folgende.


Buhlen (W3) [Adelung]


Buhlen, verb. reg. neutr. sich um die Liebe einer Person bewerben, ingleichen lieben, verliebten Umgang pflegen; ein im gemeinen Gebrauche eben so veraltetes Wort, wie das vorige. Es wurde ehedem gebraucht, 1) im guten Verstande, sich um die Liebe einer Person bewerben. Um eine Person buhlen. Es war die Zeit um dich zu buhlen, Ezech, 16, 8. Wie denn der Herr um die Kinder Israel buhlet, Hos. 3, 1. In dieser Bedeutung kommt dieses Wort zuweilen noch bey den Dichtern vor. Nisus buhlte stark um Nisa, Logau. Der Zephirn gleich um alle Blumen scherzet, Um alle buhlt, doch nur die schönsten herzet, Wiel. Öfters strahlte als dann von jungen glühenden Wangen Liebe hervor und buhlte auch hier aus siegenden Augen, Zachar. Ja zuweilen wird es auch figürlich gebraucht, für sich um etwas bewerben. So sagt Opitz ein Mahl, sich die Liebe des Lasters erbuhlen, und bey dem Bluntschli buhlet Herzog Albrecht von Österreich um ein Bündniß mit der Stadt Zürch. Um den Preis buhlen, Raml. 2) Im nachtheiligen Verstande, so wohl sich auch unerlaubten Absichten um die Gunst einer Person bewerben, um eine Person buhlen, als auch einen unerlaubten Umgang mit ihr pflegen, mit ihr buhlen. In beyden Fällen kommt es im Hochdeutschen, wenigstens in der Sprache des Umganges und des gemeinen Lebens, nicht mehr vor. Juda buhlet mit eines fremden Gottes Tochter, Mal. 2, 11.

Anm. Auch im Isländischen, Dänischen und Schwedischen bedeutet beila, beile, und bela, um eine Person werben, und Beiler einen Freyer; dagegen bedeutet bole in eben diesen Sprachen, die Ehe brechen. Herr Ihre leitet das erste von biddla, bitten, betteln, das letzte aber von dem Isländ. Bol, das Bett, und mit demselben von bo, wohnen, ab. Allein hier scheinen zwey Stammwörter unnöthig zu seyn, und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -,lieben, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Freund, eine geliebte Person, verdienet wirklich mehr Aufmerksamkeit. Wird doch das Wort Liebste, so wie ehedem Buhle, so wohl in guter als schlimmer Bedeutung gebraucht, und das Zeitwort lieben ist auf eben dem Wege. Buhlen wurde ehedem auch für lieben gebraucht. Sie wird mich bulen, heißt es in einer Schrift von 1400 bey dem Pez. In Niedersachsen bedeutete Bole ehedem einen Better, Ohelm, und Bölkenkinder sind daselbst noch jetzt Geschwister Kinder. S. auch Balzen und Bolle. Merkwürdig ist doch, daß im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, einen Ehemann, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - einen Ehegatten bedeutet, wovon schon Luther das Wort buhlen abgeleitet hat.


Buhlengeld (W3) [Adelung]


* Das Buhlengeld, des -es, plur. inus. in Preußen, dem Frisch zu Folge, dasjenige Geld, welches die Gesellen bey Erlangung des Bürgerrechtes, als ein Unterpfand erlegen müssen, daß sie in Jahresfrist heirathen wollen. S. Brömmelbier.


Buhler (W3) [Adelung]


Der Buhler, des -s, plur. ut nom. sing. der sich um die Liebe einer Person des andern Geschlechtes bewirbt, oder mit derselben einen unerlaubten Umgang unterhält. Du aber hast mit vielen Buhlern gehuret, Jer. 3, 1. Ephraim schenkt den Buhlern, Hos. 8, 9. Im Hochdeutschen ist auch dieses Wort veraltet, außer daß es noch zuweilen von den Dichtern im Andenken erhalten wird. S. Mitbuhler. Im Dän. und Schwed. bedeuten Boler und Bolare einen Ehebrecher. Daß die Fleischer die Pfuscher ihres Handwerkes Buhler zu nennen pflegen, ist schon bey dem Worte Buhle angemerket worden.


Buhlerey (W3) [Adelung]


Die Buhlerey, plur. die -en. 1) Die Bemühung zu gefallen, besonders von Seiten des andern Geschlechtes, und Handlungen, Mienen u. s. f. durch welche man zu gefallen sucht, wie das Franz. Coquetterie, welches man bey mehrerm Gebrauche dieses Wortes füglich entrathen kann. Ihre kleinen Buhlereyen gefallen jedermann. 2) Liebe, verliebter Umgang. Die sanfte Schmeicheley Die Mittlerinn vergnügter Buhlerey, Haged. Besonders im nachtheiligen Verstande. Ich will ihm die Federn schon so ausrupfen, daß er seine altväterischen Buhlereyen gewiß darüber vergessen soll, weiße. Belebt die Buhlerey nicht jeden Sperling mehr, Als alle Lüsternheit den traurigen Tiber? Haged.Die Buhlerey, die oft sich Liebe nennet, ebend.


Buhlerinn (W3) [Adelung]


Die Buhlerinn, plur. die -en, eine Person weiblichen Geschlechtes, welche sich einer unerlaubten Liebe ergibt. Fleuch die Buhlerinn, daß du nicht in ihre Stricke fallest, Sir. 9, 3. Sollte er sich von einer Buhlerinn Treue versprechen wollen? Dusch.


Buhlerisch (W3) [Adelung]


Buhlerisch, adj. et adv. bemühet zu gefallen, von dem andern Geschlechte, wie das Franz. coquet. Sie ist ein wenig buhlerisch. S. Verbuhlt. Noch mehr aber verliebt, doch mehr in der Sprache der Dichter, als in der Sprache des Umganges. Eine buhlerische Dirne. Wie buhlerisch, wie so gelindeErwärmen die weltlichen Winde Das Ufer, den Hügel, die Gruft! Haged. Dort tönt ihr Lob in buhlerischen Chören, ebend. In der Deutschen Bibel kommt dieses Wort Hos. 3, 1 in härterm Verstande für unzüchtig vor; dagegen heißt bey dem Opitz eine buhlerische Dirne, im guten Verstande, eine zierliche, einnehmende Rede.


Buhlschaft (W3) [Adelung]


Die Buhlschaft, plur. die -en. 1) Verliebter Umgang; ohne Plural. Sie wußte, daß die Buhlschaft das Gegengift der Liebe war, Dusch. Eh sollen meine Schlangen Zu Tauben auf die Buhlschaft gehn, Günth. 2) Ein geliebter Gegenstand. Mit seiner Buhlschaft aus dem Lande fliehen. Man ist nur bloß bedacht Der Buhlschaft lieb zu seyn, Opitz. Und du wirst auch bey meiner Buhlschaft stehen, O Delia, ebend. In beyden Bedeutungen kommt dieses Wort im Hochdeutschen wenig mehr vor, obgleich im Dän. Bolskab, und im Schwed. Bolskap, in gleichen Bedeutungen üblich sind.


Buhlschwester (W3) [Adelung]


Die Buhlschwester, plur. die -n, eine weibliche Person, welche einer unerlaubten Liebe nachhängt.


Bühne (W3) [Adelung]


Die Bühne, plur. die -n, Diminutivum das Bühnchen, Oberdeutsch Bühnlein. 1. Eigentlich, ein Bret oder Stange. In dieser größten Theils veralteten Bedeutung kommt dieses Wort noch im Bergbaue vor, wo es eine Art von starken Kastenstangen oder Bretern bedeutet, welche gleich einer Brücke auf die Querstämpel unter die Schächte gemacht werden müssen, darunter zu arbeiten. S. Bühnloch. In Franken bedeutet Bühn noch jetzt dasjenige, was man in Obersachsen eine Latte nennet, nehmlich eine viereckte Stange, die Ziegel eines Daches darauf zu legen. Frisch führet verschiedene Beispiele aus dem Fronsberg an, aus welchen erhellet, daß Binne auch so viel als eine Diele oder Bret bedeutet habe. Z. B. Binnen oder Dielen zu den Schiffbrücken. Ingleichen Handten oder Binnen. Ferner: Pinnen oder Dielen aus dicken Bretern machen, die Stücke auf einer Batterie darauf zu stellen. 2 Figürlich. 1) Ein aus Bühnen oder Bretern erbautes Gerüst. (a) In einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, bedeutet es die oberste Decke eines Gemaches, ingleichen den obersten Boden unter dem Dache, womit auch das Nieders. Böhn und Holländ. Boen überein kommt, welche aber auch figürlich den Gaumen ausdrucken. (b) Ein erhöhetes Gerüst von Bretern, eine merkwürdige Handlung darauf vorzustellen. Eine Schaubühne, Henkersbühne, Richtbühne. Besonders bedeutet dieses Wort die Schaubühne, da es denn nicht allein den Ort ausdruckt, auf welchem Schauspiele vorgestellet werden, sondern auch die ganze Schauspielkunst. Man ist jetzt sehr auf die Verbesserung der Deutschen Bühne bedacht. Wir müssen den Franzosen die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß ihre Bühne unter allen am besten bestellt ist. Es gibt gottlose Charaktere, denen die Bühne durchaus verbothen ist, Dusch, die man nicht auf der Schaubühne vorstellen darf. (c) In dem Bergbaue sind die Bühnen Absätze in einem Schachte, die Fahrten desto gewisser einzuhaspeln, und auch darauf auszuruhen. (d) Der obere Theil des Schlammgrabens, von welchem das Schoßgerinne gesäubert wird, heißt im Bergbaue gleichfalls die Bühne. (e) In den Niedersächsischen Seestädten ist der Raum oder Hof, wo die aus den Schiffen geladenen Güter hingeleget werden, ehe man sie in die Speicher schafft; wo das Wort gemeiniglich Buhne lautet; S. auch Bühnenmeister. (f) Eine aus Bohlen oder Balken aufgeführte Bekleidung des Ufers des Meeres oder Flüsse, zur Befestigung des Erdreiches; im Nieders. eine Bune, Schälung, Franz. Quai. (g) Ein Zaun am Strande eines Flusses, vor welchem die Fische bey dem Ablaufe der Fluth liegen bleiben; Nieders. eine Bune. aber in dieser Bedeutung scheinet es zu Benne zu gehören, welches der eigentliche Ausdruck für dergleichen Flechtwerk ist. 2) Wegen einiger Ähnlichkeiten mit einer erhöheten Bühne, wird in den Schmelzhütten derjenige Absatz, welchen die Schlacken und andere Unarten bilden, wenn sie sich oben auf dem Vorderherde aussetzen, eine Bühne, Bihne, oder Biene genannt.

Anm. Da dieses Wort bisher weder in unsern alten Denkmählern noch in den verwandten Sprachen angetroffen worden,so lässet sich dessen Abstammung auch nicht leicht mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit bestimmen. So fern es in Oberdeutschland und Niedersachsen die Decke eines Zimmers oder den Oberboden bedeutet, ist es vermuthlich aus Boden zusammen gezogen, welche Zusammenziehung in ganz Niedersachsen etwas sehr gewöhnliches ist; z. B. been für beden, bethen; raen für raden, rathen; döen für döden, tödten, und hundert andere mehr. Nur die übrigen Bedeutungen wollen sich dazu nicht recht schicken, man müßte denn dem Worte Boden eine viel weitere Bedeutung beylegen, als es heut zu Tage hat. Frischens Ableitung von dem Binden der Vereinen der Breter ist so gezwungen als möglich. Wenn es auf Muthmaßungen ankäme, so ließen sich weit wahrscheinlichere angeben, wenn man gleich nicht auf das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und das Deutsche bauen fallen wollte. Das Nieders. Bön bedeutet auch einen Kübel, und im Oberdeutschen ist Bühner so viel als Büdner, Büttner, oder Böttcher.


Bühnen (W3) [Adelung]


Bühnen, verb. reg. act. mit Bretern belegen; im Oberdeutschen büdnen, in welcher Mundart auch bühnen üblicher ist, als im Hochdeutschen. S. Zubühnen.


Bühnenmeister (W3) [Adelung]


Der Bühnenmeister, des -s, plur. ut nom., in den Seestädten, derjenige, welcher die Aufsicht über eine Bühne hat, wo die Schiffe ausgeladen werden. S. Bühne.


Bühnloch (W3) [Adelung]


Das Bühnloch, des -es, plur. die -löcher, im Bergbaue, Löcher im Gesteine, die Stämpel zu den Bühnen hinein zu legen.


Bühre (W3) [Adelung]


Die Bühre, S. Züge.


Buhu (W3) [Adelung]


Der Buhu, des -s, plur. ut nom. sing. eine im gemeinen Leben übliche Benennung der Bergleute; S. dieses Wort, ingleichen Uhu.


Bukardit (W3) [Adelung]


Der Bukardit, des -en, plur. die -en, eine versteinerte Muschel, welche zu den Chamiten gehöret, nur daß sie rund ist, und die Gestalt eines Herzens hat, wovon sie auch den Nahmen führet; das Ochsenherz, die Herzmuschel, Bucardites.


Bulbe (W3) [Adelung]


Die Bulbe, plur. die -n, S. Bolle.


Bulbig (W3) [Adelung]


Bulbig, adj. et adv. S. Bollig 2.


Bulge (W3) [Adelung]


Die Bulge, plur. die -n, ein nur noch bey den Wasserkünsten übliches Wort, einen ledernen Wasserkübel oder Wasserkasten zu bezeichnen. Daher die Bulgenkunst, wo das Wasser vermittelst solcher Bulgen gehoben wird. Es ist aus dem Lat. oder vielmehr alt Gallischen Bulga, welches nach dem Festus einen ledernen Sack oder Schlauch bedeutete.


Bulle (W3) [Adelung]


1. Der Bulle, des -n, plur. die -n, der Mann der Kühe, ein unverschnittener Ochs zur Belegung der Kühe, welcher auch der Stier, der Herdochs, der Reitochs, der Stammochs, der Zuchtochs, der Faselochs u. s. f. genannt wird. einige Mundarten sprechen dieses Wort auch Bolle aus. Im Holländ. lautet es Bolle, im Engl. Bull, im Dän. Boll-Oxe, im Wendischen Wola, Vol, Bola, im Böhmischen Wul, im Pohlnischen Wol. Schon in dem Galischen Gesetze kommt der Nahme Bellio und Tresbellio in dieser Bedeutung vor, welches von dessen Alterthume zeuget. Dietrich von Stade hatte den Einfall, daß es von buhlen, lieben, zur Liebe reißen, herkomme, wovon auch balzen und das Hannöverische Bolze, ein Kater, abgeleitet wird. allein es ist wahrscheinlicher, daß mit dem Nahmen Bulle, auf das eigenthümliche bullen oder brummen dieses Thieres gesehen worden zumahl da es um deßwillen auch Brummer und Brummochs, und in Baiern Pummel genannt wird, und die Benennung Bullochs, welche man ihm zuweilen auch gibt, sonst eine wahre Tautologie seyn würde. In dem vorhin gedachten Galischen Gesetze wird der Gemeinochs auch Camin Teuto, und der Herdochs, Here-theuto genannt, wofür in den meisten Ausgaben Cherecheto gelesen wird.


Bulle (W3) [Adelung]


2. Die Bulle, plur. die -n. 1) Ein jedes erhabenes Siegel von Wachs oder Metall, welches ehedem an öffentliche Urkunden gehänget wurde, wie zum Theil noch geschiehet; aus dem Latein, Bulla, S. des du Fresne Gloss. In dieser Bedeutung führet besonders das bleyerne Siegel, welches in der päbstlichen Kanzelley einigen Urkunden angehänget wird, und das goldene Siegel an wichtigen kaiserlichen Urkunden diesen Nahmen. 2) Eine mit einem solchen Siegel versehene Urkunde. In diesem Verstande werden nicht nur die aus der päbstlichen Kanzelley ausgefertigten Briefe auf Pergament, wenn sie mit einem solchen bleyernen Siegel versehen sind, noch jetzt Bullen genannt, sondern man hat auch in dem Staatsrechte goldene Bullen, d. i. mit einem solchen goldenen Siegel versehene Urkunden. Die berühmteste darunter ist die goldene Bulle Kaiser Carls des vierten, welche ein 1356 zwischen dem Kaiser und den Reichsständen in eine öffentliche Urkunde gebrachter und mit der goldenen Bulle bestätigter Vertrag wegen des Wahlgeschäftes und der churfürstlichen Vorrechte, und das einzige Reichsgesetz dieser Art ist. Bulle gehöret in dieser ganzen Bedeutung zu dem alten boll, rund, S. 2. Bolle, und Beule.


Bulle (W3) [Adelung]


3. Die Bulle, plur. die -n, eine Art platter Schiffe mit einem Mastbaume ohne Segel, welche bey dem Schiffsbaue gebraucht werden, die Masten damit auf andere Schiffe zu setzen, oder Schiffe, welche kalfatert werden sollen, auf die Seite zu legen. eine Art platter Schiffe, welche bey Bremen auf der Weser gebraucht werden, heißen gleichfalls Bullen. die Verfasser des Brem. Nieders. Wörterbuches leiten dieses Wort von Bole her.


Bullenbeißer (W3) [Adelung]


Der Bullenbeißer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Bärenbeißer.


Bullengeld (W3) [Adelung]


Das Bullengeld, des -es, plur. die -er, eine Art der Steuer in Spanien, welche die Unterthanen für die päbstlichen Bullen erlegen, in welchen ihnen erlaubt wird, Freytags und Sonnabends Fleisch zu essen.


Bullenkalb (W3) [Adelung]


Das Bullenkalb, Bullkalb, des -es, plur. die -kälber, in der Landwirthschaft, ein Kalb männlichen Geschlechtes; ein Ochsenkalb, zum Unterschiede von einem Kuhkalbe.


Bullochs (W3) [Adelung]


Der Bullochs, des -en, in plur. die -en. 1) An einigen Orten viel als ein Bulle, indem Ochs an vielen Orten auch einen ungeschnittenen Bullen bedeutet. 2) An andern Orten, ein Bulle, welcher, wenn er schon einige Jahre zur Zucht gebraucht worden, verschnitten, und dadurch zu einem Ochsen im engern Verstande gemacht wird.


Bullwurz (W3) [Adelung]


Die Bullwurz, plur. car. in einigen Gegenden, ein Nahme der Tollkirsche oder Wolfsbeere, Atropa Belladonna, 1. vielleicht wegen ihrer knolligen Wurzel von 2. Bolle.


Bülte (W3) [Adelung]


Die Bülte, plur. die -n, S. Bühel, Anm.


Bültrocken (W3) [Adelung]


Der Bültrocken, des -s, plur. car. eine Art Winterrocken in den Vierlanden bey Hamburg, welcher in Niedersachsen häufig zu Saatrocken gekauft wird, weil er sich besser bestaubet als anderer. Vielleicht von den Bülten, worauf er wächset.


Bund (W3) [Adelung]


Der Bund, des -es, plur. Bünde, von dem Participio der vergangenen Zeit des Verbi binden.1. Der Zustand, da mehrere Körper mit einander verbunden, oder durch ein Band an einander befestiget sind; in welcher Bedeutung dieses Wort aber nur figürlich von demjenigen Zustande gebraucht wird, da sich mehrere Personen, und besonders ganze Staaten, zu gewissen Pflichten vereiniget haben, und in welcher es nur allein im Singular üblich ist. Mit jemanden im Bunde stehen. Rußland und Preußen haben Österreich mit in ihren Bund aufgenommen. S. die folgende Bedeutung, welche in den meisten Fällen mit dieser zusammen fließet.2. Dasjenige, was zwey oder mehrere Körper mit einander verbindet, oder an einander befestiget; ein Band. 1) Eigentlich, in welcher Bedeutung dieses Wort nur in einigen bereits eingeführten Fällen üblich ist. So ist der Bund bey den Schlössern ein Band von Eisen, welches zwey ein wenig von einander entfernte Theile, besonders in einem Gitterwerke, umgibt und befestiget. Bey den Buchbindern sind die Bünde diejenigen Schnüre, worauf ein Buch geheftet wird, welche auch die Gebünde genannt werden. Bey den Feuerwerkern ist der Bund dasjenige, womit die Feuer-Leucht-Brand- und andern Kugeln von außen beschnüret werden, damit sie in der Gewalt des Pulvers desto besser widerstehen, wo dieses Wort auch zuweilen die Art und Weise dieser Beschnürung ausdruckt. Daher der Trommelbund, der Rosenbund, der Ballenbund, der Schneckenbund, der Rippenbund u. s. f. Bey den Nähterinnen wird der doppelt eingeschlagene schmale Streif, womit ein Stück Wäsche, da es in Falten gereihet ist, eingefasset wird, ein Bund, und wenn es schmal ist ein Bündchen genannt. Die Glaser schwingen einen Bund, wenn sie die aufgeschlitzten Ecken des Fensterbleyes mit Zinn zugießen, wobey der Kolben mit einem Schwunge herum gedrehet wird. 2) Figürlich, der Vertrag, die Verabredung, wodurch sich mehrere Personen oder freye Staaten zu gewissen gegenseitigen Pflichten verbinden. Einen Bund mit jemanden machen. Den Bund brechen. im Hochdeutschen ist der Plural in dieser Bedeutung nicht üblich, wohl aber im Oberdeutschen, und besonders in der Schweiz, wo die Verträge, welche die Cantons unter sich errichtet haben, sehr häufig die Bünde und Pündten genannt werden. Überhaupt kommt dieses Wort im Hochdeutschen in dieser ganzen figürlichen Bedeutung, auch wo es den Zustand bedeutet, außer der dichterischen Schreibart, immer seltener vor, indem das Wort Bündniß üblicher geworden ist. dagegen wird es in der Deutschen Bibel sehr häufig in allerley ungewöhnlichen Verbindungen gebraucht, das göttliche Gesetz auszudrucken, welches daselbst als ein Bund Gottes mit dem Menschen vorgestellet wird; woraus denn auch die Zusammensetzung Bundesengel, Bundessiegel, Bundeszeichen, Bundeshandlung, Bundesgnade u. s. f. erkläret werden müssen.3. Mehrere mit einander verbundene Dinge. 1) Eigentlich. Dahin gehöret der Bund in dem Bretspiele, d. i. einige Paar ohne Zwischenraum aufeinander folgende Steine. Einen guten Bund in dem Brete haben. Der Türkische Bund, eine Bekleidung des Kopfes den Türken, welche aus einem langen schmalen zusammen gebundenen, oder vielmehr gewundenen Stücke Zeuges bestehet. wegen einiger Ähnlichkeiten in der Gestalt der Blumen heißt eine Art Lilien mit eingebogenen Blumen, deren Kronen zurück gerollet sind, der Türkische Bund, Lilium Martagon, L. welche an andern Orten Fellilie, wilde Lilie, Goldwurzel genannt wird. In den meisten übrigen Fällen, wo dieses Wort zusammen gebundene Körper bedeutet, ist es im Hochdeutschen ungewissen Geschlechtes. S. das folgende. 2) Figürlich, mit einander verbundene Staaten oder Personen. In dieser Bedeutung ist es nur im Oberdeutschen, und besonders in der Schweiz gebräuchlich, wo die drey Republiken der Graubünde, der graue oder obere Bund, der Bund des Hauses Gottes, und der Bund der zehen Gerichte, alle drey zusammen genommen aber, die drey Bünde, oder die Graubünde genannt werden.

Anm. Woher die bey den Falkenieren übliche R. A. komme, der Falk macht einen Bund, d. i. einen Bogen, wenn er auf ein Thier stößet, ist mir unbekannt. Im Dän. lautet dieses Wort gleichfalls Bund, im Schwed. Bunt. In Boxhorns Glossen wird Winiscat durch foedus übersetzt.


Bund (W3) [Adelung]


Das Bund, des -es, plur. die -e, oder Bünde, Diminut. das Bündchen, Oberdeutsch das Bündlein, ( S. auch Bündel,) mehrere zusammen gebundene Dinge. Ein Bund Heu, ein Bund Stroh, ein Bund Reiser, oder Reisholz, ein Bund Schlüssel u. s. f. Siehe auch Gebund. Zuweilen zeigt dieses Wort eine gewisse bestimmte Zahl zusammen gebundener Sachen an. So ist bey den Böttchern ein Bund Reife eine Zahl von fünf bis sechs Stücken, welche auf einem Fasse unmittelbar neben einander zu liegen kommen. Ein Bund Fensterglas ist der zwanzigste Theil einer Kiste und hält sechs Tafeln. In Braunschweig hält der Bund Garn zwanzig Löpfe, oder 18 bis 20 000 Haspelfäden. In einigen Gegenden ist es in dieser Bedeutung einer Zahl auch männlichen Geschlechtes. wenn es in dieser Bedeutung ein Zahlwort vor sich hat, so bleibt es nach dem Muster so vieler anderer im Plural unverändert, sechs Bund Stroh, nicht Bunde.

Anm. Im Oberdeutschen wird es in dieser ganzen Bedeutung zusammen gebundener Sachen im männlichen Geschlechte gebraucht. Der Bund Stroh, Heu u. s. f. Das ungewisse ist nur den Hochdeutschen eigen, die es von den Niedersachsen angenommen haben. S. auch Bündel. Ein Bund Stroh heißt in Obersachsen und Thüringen auch eine Schütte Stroh, und in Niedersachsen ein Schauf oder Schov Stroh, und wenn es klein ist, eine Klape Stroh.


Bundaxt (W3) [Adelung]


Die Bundaxt, plur. die -äxte, bey den Zimmerleuten, eine Art, oder vielmehr ein starkes Eisen in Gestalt eines Winkelhakens mit einer Schneide an dem längern Schenkel, etwas damit glatt abzustoßen; welche mit der Bindaxt nicht zu verwechseln ist, obgleich Bund hier auch von binden und verbinden abzustammen scheinet. eben daselbst wird die mit der Bundaxt bearbeitete glatte Seite die Bundseite genannt.


Bundbrüchig (W3) [Adelung]


Bundbrüchig, adj. et adv. der den Bund in figürlicher Bedeutung bricht. Frankreich ist im vorigen Jahrhunderte mehrmahls bundbrüchig geworden. Ein bundbrüchiger Freund. Daher die Bundbrüchigkeit.


Bündel (W3) [Adelung]


Das Bündel, des -s, plur. ut nom. sing. das Diminutivum des Wortes Bund, welches auch im Hochdeutschen üblich ist, ein kleines Bund zusammen gebundener Sachen auszudrucken. Ein Bündel Stroh. Ein Reisebündel, das Reisegeräthe armer Leute, welche zu Fuße reisen. Er trägt sein Bündel, sein Reisebündel, auf dem Rücken. Einem Bündel und Gruß versagen, bey den Handwerkern, seine Abreise durch Aufhaltung des Reisebündels und Vorenthaltung des Abschiedsgrußes hindern. Bey den Weißgärbern ist ein Bündel eine Zahl von 12 Fellen. Ein Bündel gerauften Flachses ist an einigen Orten eine gewisse bestimmte Menge solchen Flachses, welche im Oberdeutschen eine Stauche, im Bremischen ein Both, in Obersachsen und im Oberdeutschen eine Bose, Pose, Büsse, oder ein Büssel, im Franz. Botte, heißt. S. Busch und Büschel. Ein solches Bündel ist ungefähr eine Hand voll und zwanzig derselben machen eine Steige Flachs. Figürlich wird auch das Gedärme eines Fisches, besonders eines Karpfen, mit dem Rogen oder der Milch das Bündel, an andern Orten aber das Gebütte genannt. aber da schon im mittlern Lat. eine Budella, Buella, Budellus, und Botellus, im Ital. Budello, und im Franz. Boyau, das Eingeweide überhaupt bedeutet, so stehet es dahin, ob Bündel in dieser Bedeutung nicht noch zu einem andern Stammworte gehöret. S. auch Pudel.

Anm. Im Angels. lautet dieses Wort Byndel, Byndela, im Engl. Bundle, im Holländ. Bondle, Bundel bey dem Willeram Gebuntelin, im mittlern Latein Bundela, Bundella, Bundellus. Im Oberdeutschen ist auch dieses Wort, wider dieNatur der Diminutiven, männlichen Geschlechtes, der Bündel. In Niedersachsen bedeutet Bundel, und in Hamburg Bund, auch so viel als eine Windel. Pung, Punge, Pungel sind gleichfalls Niedersächsische, und Bingel, Büngel, Oberdeutsche Wörter, ein Bund oder Bündel auszudrucken, aus welchen sie vermuthlich auch entstanden sind, weil die Verwechselung des g und d, besonders nach einem n, nichts seltener ist. Das Angels. Schwed. und Dän. Bung, Pung, und Punga, Bungellus bey dem du Fresne kommen damit überein.


Bundeslade (W3) [Adelung]


Die Bundeslade, plur. inus. in den Kirchengebräuchen der ehemaligen Juden, ein Kasten, in welchem die Tafeln des Bundes, oder des Gesetzes aufbehalten wurden; die Lade des Bundes. S. der Bund 2. und Lade.


Bundesschreiber (W3) [Adelung]


Der Bundesschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. in den Graubünden, der Schreiber oder Secretarius bey der Versammlung eines Bundes oder mehrerer Bünde. S. der Bund 3.


Bundestag (W3) [Adelung]


Der Bundestag, des -es, plur. die -e. 1) Der Tag, an welchem sich verbundene Saaten oder Fürsten versammeln. Einen Bundestag ansetzen. 2) Diese Versammlung selbst. Dergleichen Bundestage kommen nicht nur in der Reformations-Geschichte vor, sondern in den Graubünden wird auch eine allgemeine Zusammenkunft aller drey Bünde noch jetzt ein Bundestag genannt.


Bundesverwandt (W3) [Adelung]


Bundesverwandt, adj. et adv. der mit einem andern im Bunde stehet; ein Bundesgenosse, S. dieses Wort. Bundesverwandte Nationen, Raml. in der Schweiz werden diejenigen Staaten bundesverwandte Orte, oder Confoederati genannt, welche mit der ganzen Eidsgenossenschaft, oder doch mit einigen Cantons im Bunde stehen, dergleichen Staaten Graubünden, Genf, Wallis und Neuburg sind, welche auch mitverbündete Orte heißen. Zugewandte Orte oder Socii sind hingegen diejenigen, welche zu dem Staatskörper der Schweiz gehören, und auf den allgemeinen Tagesatzungen Sitz und Stimme haben. Dergleichen sind, der Abt von St. Gallen, die Stadt St. Gallen, Mühlhaufen, welche aber doch mit einigen Cantons verbindet ist, und Biel.


Bundfrey (W3) [Adelung]


Bundfrey, adj. et adv. welches nur bey den Clavieren üblich ist, und diejenige Beschaffenheit derselben andeutet, da jeder Tangent seine zwey Saiten hat; zum Unterschiede von denjenigen, wo Eine Saite zwey oder mehrere Tangenten bedienet.


Bundhaube (W3) [Adelung]


Die Bundhaube, plur. die -n, ein Kopfputz des andern Geschlechtes im Salzburgischen, welcher aus einem Netze von Seide, Gold, oder Silber bestehet, und auch eine Gatterhaube genannt wird.


Bundholz (W3) [Adelung]


Das Bundholz, plur. inus. im gemeinen Leben, Reisholz, welches in Bündeln verkauft wird.


Bündig (W3) [Adelung]


Bündig, -er, -ste, adj. et adv. 1) Verbindend, rechtskräftig, gültig. Eine bündige Handschrift. Noch mehr aber, 2) Überzeugend. ein bündiger Beweis, der die Kräfte des Geistes gleichsam bindet. Er hat es sehr bündig bewiesen. Eine bündige Rede. Sie reden mit der deutschen und bündigen Beredsamkeit eines reichen Mannes, Gell. Eine bündige, d. i. gründliche, Kürze. Daher die Bündigkeit.

Anm. Dieses Wort scheinet nicht zunächst von Bund, sondern von binden zu kommen. Es bedeutet daher eine bindende oder verhindernde Kraft habend. Frischens Einfall, daß es so viel als pfündig, wichtig, und von Pfund abstamme, ist daher sehr überflüssig.


Bündner (W3) [Adelung]


Der Bündner, des -s, plur. ut nom. sing. einer der in einem der drey Bünde in der Schweiz, oder in den Graubünden, wohnet, oder daher gebürtig ist. S. der Bund 3.


Bündniß (W3) [Adelung]


Das Bündniß, des -sses, plur. die -sse, der Vertrag, durch welchen sich mehrere Staaten oder Personen zu einer gesellschaft- lichen Absicht verbinden. Ein Bündniß mit jemanden machen. in einem Bündniß treten. Im Bündnisse mit jemanden stehen. Von Privat-Personen ist dieses Wort im gemeinen Gebrauche nicht üblich, wohl aber in der höhern Schreibart. S. der Bund 1. und 2.

Anm. Es ist vermittelst der Endsylbe niß von Bund gebildet. S. -Niß. Im Oberdeutschen ist es auch weiblichen Geschlechtes, die Bündniß.


Bundschuh (W3) [Adelung]


* Der Bundschuh, des -es, plur. die -e. 1) Eigentlich, eine veraltete Benennung eines ehemaligen großen Schuhes, welcher über die Knöchel reichte und mit Riemen zugebunden wurde, wovon er auch den Nahmen hatte. 2) Figürlich, ein Aufstand der Bauern, besonders in Oberdeutschland, in der ersten Hälfte des 16ten Jahrhunderts, weil die Aufrührer einen solchen Schuh zum Zeichen ihres Aufruhres auf eine Stange stecken, oder auch in ihre Fahnen mahlten. S. davon Eckards Hist. geneal. Saxon. S. 157 und Wellers Altes aus allen Theilen der Geschichte, Th. 2, S. 281 f.


Bundseite (W3) [Adelung]


Die Bundseite, S. Bundaxt.


Bundsgenoß (W3) [Adelung]


Der Bundsgenoß, des -ssen, plur. die -ssen, der Theil an einem Bunde hat, der mit einem andern im Bunde stehet; nach dem Französischen, ein Alliirter. Rußland ist ein Bundsgenoß von Österreich. Frankreichs Bundesgenossen wurden geschlagen. S. Genoß.


Bundsteg (W3) [Adelung]


Der Bundsteg, des -es, plur. die -e, bey den Buchdruckern, die Stege welche zwischen die Columnen kommen, weil ein Buch daselbst am Rücken geheftet und gebunden wird; Franz. les Bois de fond.


Bundsverwandt (W3) [Adelung]


Bundsverwandt, S. Bundesverwandt.


Bune (W3) [Adelung]


Die Bune, S. Bühne.


Bunge (W3) [Adelung]


* Die Bunge, plur. die -n, ein Niedersächsisches Wort, welches um einiger auch im Oberdeutschen bekannten Zusammensetzungen willen, nicht übergangen werden kann. Es bedeutet aber: 2) Eine Trommel oder Pauke. Daher bungen, trommeln; die Bungensucht, plur. inus. die Wassersucht, Trommelsucht, weil sie den Leib wie eine Trommel aufspannet, daher sie in Bremen auch Bungenwasser heißet. Das Bungenblut, eine Krankheit der Kühe, da sich zwischen Fell und Fleisch setzet. In dieser Bedeutung ist es, so wie Pauke ohne Zweifel eine Nachahmung des Schalles, welchen eine Trommel verursacht. Im Schwed. bedeutet bunga schlagen. 2) Eine Fischreuse, wo die Fische an beyden seiten hinein, aber nicht wieder hinaus können; vielleicht wegen der Ähnlichkeit mit einer Trommel, oder mit einem Beutel. Denn daß dieses Wort, 3) auch ein Bündel, oder Beutel bedeutet, ist schon bey dem Worte Bündel angemerket worden. Das Angels. Engl. und Dän. Bung, und Punch bedeuten gleichfalls einen Beutel, oder eine Tasche. 4) In den Nahmen der pflanzen Bachbungen und Wasserbungen scheinet dieses Wort aus Bohne verderbt zu seyn. S. Bachbunge. 5) Im Osnabrückischen bedeutet dieses Wort auch ein mit Leinwand bezogenes Behältniß, Eßwaren vor dem Ungeziefer zu verwahren, einen Fliegenschrank.


Bünge (W3) [Adelung]


Die Bünge, im Bergbaue, S. Pinge.


Bunken (W3) [Adelung]


* Bunken, verb. reg. act. welches nur in den Niedersächsischen Torfgegenden üblich ist, wo es diejenige Arbeit bedeutet, da die Oberfläche des auszugrabenden Moores bis auf den Torf von dem darauf befindlichen Unrathe, als Heide, Moos, Strauchwerk, untüchtiger Erde gereiniget wird; welche Erde daher die Bunkerde genannt wird, so wie die Arbeiter, die diese Arbeit verrichten, Bunker heißen. Das Schwed. und Dän. Bunke bedeutet einen Haufen, besonders einen Haufen Erde. S. aber auch Pinge.


Bunt (W3) [Adelung]


Bunt, -er, -este, adj. et adv. 1) Mehr als Eine Farbe habend. So sagt man, daß jemand bunt aussehe, wenn er Flecken auf der Haut hat. Er ist so bekannt, wie ein bunter Hund, ist zwar ein niedriger Ausdruck, der aber doch den Gebrauch dieses Wortes von gefleckten Thierfellen beweiset. S. Buntfütterer. Bunte Federn. Der Zeug siehet zu bunt aus. 2) Eine andere Farbe, als schwarz oder weiß, habend. so nennen die Färber alle Farben, welche nicht schwarz oder weiß sind, wie roth, grün, gelb, blau u. s. f. bunte Farben. Auch im gemeinen Leben sagt man, sich bunt tragen, bunt gehen, wenn man den Gegensatz der schwarzen oder weißen Tracht ausdrucken will. Bey den Webern ist bunt so viel als geblümt, wenn gleich die Blumen von Einer Farbe sind, und bey andern Handwerkern bedeutet es erhaben und vertieft, im Gegensatze des glatt; z. B. eine bunte Degenscheide, wenn sie gleich schwarz ist. 3) Figürlich. (a) Aus Dingen verschiedener Art bestehend; nur in einigen Fällen. Eine bunte Reihe, wenn männliche und weibliche Personen in Einer Reihe abwechseln. (b) Verworren, doch nur im gemeinen Leben. Er macht es mir zu bunt, er macht es mir zu arg. Die Sache sieht sehr bunt, sehr verworren aus. Hier ging es bunt zu. Es gehet bunt über Eck, eine gemeine Redensart von unbekannten Ursprunge. Sollt' alles nach der Zeit bunt über Ecke gehn, Opitz. Laß alles von mir laufenBunt über Ecke gehn, ebend.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort gleichfalls bunt, im Oberdeutschen punt, im Holländ. bont, im Dän. bunted. Die Abstammung ist ungewiß, zumahl da es in unsern alten Denkmählern nicht angetroffen wird. Da es ehedem hauptsächlich von den vielfärbigen Fellen der Thiere gebraucht wurde, S. Buntfütterer, so glaubt Frisch, daß es von Pontus herkomme, woher man anfänglich die schönsten Felle, als Hermelin, Zobeln u. s. f. bekam, daher der Hermelin ehedem auch mus ponticus hieß; eine Ableitung, welche noch erst einer mehrern Bestätigung bedarf, ehe man sie annehmen kann. In Niedersachsen und Holland wird das Rauchwerk nur schlechthin Bunt und Bont, sonst aber auch Buntwerk und Bontwerk genannt.


Buntfärbig (W3) [Adelung]


Buntfärbig, -er, -ste, adj. et adv. bunt von Farben; ein Wort, welches keine Tautologie seyn würde, wenn Bunt anfänglich nur Rauchwerk bedeutet hätte.


Buntflügel (W3) [Adelung]


Der Buntflügel, des -s, plur. ut nom. sing. bey dem Klein, eine Art Taucher mit rothem Schnabel, kastanienbraunem Kopfe und Halse und weißen Streifen über den dunkelbraunen Flügeln; Colymbus maximus, Kl.


Buntfütterer (W3) [Adelung]


* Der Buntfütterer, des -s, plur. ut nom. sing. eine noch in Niedersachsen und Holland übliche Benennung der Kürschner, welche vermuthlich von dem Füttern und Verbrämen ihre Waare mit Fellen von anderer Farbe entlehnet ist, welches Verbrämen von ihnen bunt machen genannt wird; um weßwillen sie auch Buntmacher, und zu Cöln am Rheine Buntwerker heißen. Zu Lübeck hatte man ehedem einen eigenen Markt zu den kostbaren ausländischen Fellen, welche der Bundemark genannt wurde. S. Bunt.


Buntmacher (W3) [Adelung]


Der Buntmacher, des -s, plur. ut nom. sing. S. das vorige.


Buntscheckig (W3) [Adelung]


"Buntscheckig", -er, -ste, adj. et adv. Flecken von mancherley Farben habend, besonders wenn sie ohne Geschmack geordnet sind. S. Scheckig. In Niedersachsen druckt man diesen Begriff durch "kunterbunt" und "kakelbunt" aus.


Buntschwänzel (W3) [Adelung]


Der Buntschwänzel, des -s, plur. ut nom. sing. bey dem Klein, eine Art Taubenfalken mit buntem Schwanze und kurzen Flügeln, welche in Carolina angetroffen wird; Falco Carolineusis palumbarius.


Buntspecht (W3) [Adelung]


Der Buntspecht, des -es, plur. die -e, eine Art Spechte, welche bunter von Farbe sind, als andere ihrer Art. Bey dem Klein kommen davon vor, der große Buntspecht, Picus discolor major, welcher auch Älsterspecht und Weißspecht heißt, S. Älsterspecht; der kleine Buntspecht, Picus discolor minor, dessen Schnabel himmelblau, der Scheitel bey dem Männchen roth, bey dem Weibchen aber weiß ist; der gelbbrüstige kleine Buntspecht, Picus varius minor, ventre luteo, welcher einen bleyfarbigen Schnabel, einen rothen Wirbel mit einem schwarzen Zirkel und einen gelben Bauch hat.


Buntwenzel (W3) [Adelung]


Der Buntwenzel, des -s, plur. ut nom. sing. bey dem Klein, eine Art Brustwenzel, welche einen rothen Kopf, einen safrangelben Kropf, Brust und Bauch, ein himmelblaues Genick, einen lasurfarbenen Rücken u. s. f. hat, und nur in Amerika angetroffen wird; Sylvia versicolor. S. Brustwenzel und Wenzel.


Buntwerk (W3) [Adelung]


Das Buntwerk, des -es, plur. inus. S. Bunt, Anm.


Buntwerker (W3) [Adelung]


Der Buntwerker, des -s, plur. ut nom. sing. S. Buntfütterer.


Bunzen (W3) [Adelung]


Der Bunzen, des -s, plur. ut nom. sing. ein stählernes Werkzeug aller derjenigen Arbeiter, welche erhabene Arbeiten aus Blech verfertigen, und bey welchen es ein Stämpel ist, dem Bleche vermittelst des Hammers eine verlangte erhabene Gestalt zu geben. Die Goldschmiede, die Gürtler, die Schlösser u. s. f. können dieses Werkzeug nicht entbehren. Bey den Schwertfegern wird es ein Meißel genannt. Die Arbeit selbst heißt bunzeln, und bey einigen auch bunzeniren. Daher der Bunzelhammer, der Hammer womit man bey dieser Arbeit auf den Bunzen schläget; das Bunzzeug, alles was zum Bunzen gehöret; die Bunzenbüchse, worin die Bunzen verwahret werden u. s. f.

Anm. Dieses Wort kommt mit dem Franz. Poincon, und dem Ital. Punzello überein; es ist aber noch nicht ausgemacht, welcher Sprache es eigentlich zugehöre. Im Oberdeutschen lautet es auch Punze, und ist daselbst zugleich weiblichen Geschlechtes.


Bunzenzins (W3) [Adelung]


+ Der Bunzenzins, des -es, plur. von mehrern Summen, die -e, eine niedrige und größten Theils veraltete Benennung derjenigen Summe, womit sich leibeigene Personen von dem Gutsherren die Erlaubniß zu heirathen erkaufen müssen; das Bunzengeld, von dem noch im niedrigen Leben üblichen Bunze, vulva. S. Schürzenzins.


Burat (W3) [Adelung]


Der Burat, Borrat, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein Nahme, unter welchem besonders eine gedoppelte Art Zeuge bekannt ist. 1) Ein Art groben wollenen Zeuges, welche jetzt unter dem Nahmen Tuschrasch bekannter ist. Doch werden die Zeugwirker noch jetzt an einigen Orten Buratmacher, in Erfurt aber Raschmacher genannt. 2) Ein schwarzer Zeug, welcher in Niedersachsen häufig gemacht und getragen wird, und woran der Aufzug Seide, das übrige aber Wolle ist. In beyden Fällen ist der Nahme aus dem Franz. Burat, und Ital. Burato, welche wiederum von Bourre, Borra, im mittlern Lateine Burra, grobe Wolle, abstammen.


Bürde (W3) [Adelung]


Die Bürde, plur. die -n, eigentlich so viel jemand tragen kann, oder was jemand zu tragen verpflichtet ist, so wohl in eigentlicher als figürlicher Bedeutung. Eine Bürde Holz, Gras, im Oberdeutschen. Sich eine schwere Bürde auf den Hals laden. Einem eine Bürde auflegen, ihm seine Bürde abnehmen. Er hat eine schwere Bürde zu tragen. In engerer Bedeutung wird dieses Wort so wohl allein, als auch in der Zusammensetzung Leibesbürde, zuweilen von der Leibesfrucht gebraucht. Sieist von ihrer weiblichen Bürde, oder von ihrer Leibesbürde entbunden worden.

Anm. Bürde, bey dem Kero Purdi, bey dem Ottfried und Tatian Burdi, bey dem Stryker Purde, im Angels. Byrthun, im Engl. Burden, im Isl. Byrth, im Dän. Byrde, im Schwed. Börda, im Franz. Fardeau, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, kommt von bären, tragen, her. S. Bahre. Bürde kommt im Hochdeutschen in der Sprache des gemeinen Lebens und des täglichen Umganges wenig vor, häufiger aber in der Büchersprache und in der anständigern Schreibart. In Schlesien bedeutet Pürdel den Schmiedehammer; in Preußen ist Berde eine große Menge, eine Berde Obst, wofür man im Hochdeutschen auch wohl eine Last Obst sagt. Im mittlern Latein wird Burdo von einem Lastthiere gebraucht. Im Oberdeutschen ist Bürde auch unter der Bedeutung eines Bündels bekannt. S. Bürdestahl.


Bürden (W3) [Adelung]


Bürden, verb. reg. act. zu tragen auflegen, welches aber außer der im gemeinen Leben üblichen figürlichen Redensart, einem etwas auf den Hals bürden, wenig gebraucht wird. Das zusammen gesetzte aufbürden ist bekannter. Giburdinct kommt schon bey dem Ottfried für onerata vor.


Bürdestahl (W3) [Adelung]


Der Bürdestahl, des -es, plur. inus. im Handel und Wandel eine Art Steiermärkischen Stahles, welcher in lange Stangen geschmiedet wird, die bündelweise verschickt werden; Gebündestahl. Von Bürde, so fern es im Oberdeutschen ein Bündel bedeutet.


Burg (W3) [Adelung]


Die Burg, plur. die Bürge. 1) Ein jeder befestigter oder mit Festungswerken eingeschlossener Ort. Von dieser ersten und weitesten Bedeutung, welche aber nunmehr völlig veraltet ist, ist noch das zusammen gesetzte Wagenburg ein Zeuge. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist Vorburg noch so viel als eine Vorstadt, welche Bedeutung in dem Franz. Fauxbourg noch gäng und gebe ist. Besonders wurde dieses Wort in den ältesten Zeiten von einer Stadt gebraucht, welche Bedeutung Baurgs bey dem Ulphilas, und Burc oder Burg, bey dem Ottfried, Willeram und Tatian mehrmahls haben. Das heutige Schwed. Birke, und Engl. Borough, Burgh, eine Stadt, ist auch noch ein Überbleibsel davon. 2) Ein befestigter Wohnsitz eines Fürsten, Grafen oder Dynasten, welcher mit verschiedenen Hoheitsrechten versehen ist. In diesem Verstande wird der kaiserliche Wohnsitz zu Wien noch jetzt die Burg oder die Hofburg genannt. In den mittlern Zeiten gab es in Deutschland eine Menge solcher Bürge, welche zum Theil auch noch vorhanden sind, aber jetzt gemeiniglich Schlösser genannt werden, so daß das Wort Burg auch in dieser Bedeutung im Hochdeutschen wenig mehr gebraucht wird, außer wenn von den Bürgen der mittlern Zeiten die Rede ist. Die Wohnsitze der gemeinen Edelleute werden zwar oft Schlösser, aber so viel mir bekannt ist, nicht Bürger genannt; obgleich das Diminutivum Bürglein oder Bürgel zuweilen in dieser Bedeutung vorkommt. Bey dem Tatian ist Burgilu ein Castell, im Gegensatze der Burg oder Stadt.

Anm. Burg, im Angels. Byrig, Burg, im Dän. und Schwed. Borg, ist ein altes Wort, welches in allen Europäischen Mundarten angetroffen wird. Man hat es bisher von Berg und bergen abgeleitet, weil man die Bürge ehedem auf Berge bauete, und sich in demselben zu bergen, d. i. zu vertheidigen, suchte. Hr. Ihre gibt hingegen dem alten byrgia, schließen, den Vorzug; welche Muthmaßung dadurch bestätiget wird, daß auch das Wort Schloß von schließen abstammet. Einigen Schriftstellern des mittlern Zeitalters zu Folge bedeutete Burg ehedem auch einen offenen Ort, einen Flecken, im Gegensatze einer ummauerten Stadt; allein in Deutschland ist diese Bedeutung wohl nie allgemein gewesen. S. Bürger 4. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Thurm, scheinet mit der Burg genau verwandt zu seyn. Der Plural Bürge war ehedem vollkommen gebräuchlich; und kommt auch noch in der Deutschen Bibel vor. Heut zu Tage gebraucht man ihn wenig, welches aber wohl nur von dem immer mehr abnehmenden Gebrauche des Wortes Burg selbst herrühret. Im Oberdeutschen heißt der Plural auch die Burgen. An den meisten Nahmen der Örter, welche sich auf burg endigen, ist dieses Wort ein Beweis, daß sie aus Bürgen entstanden sind, welche zuerst daselbst befindlich gewesen. Die Gentilia von diesen Wörtern behalten ihr u unverändert. Ein Hamburger, Straßburger u. s. f. Nicht Hambürger.


Burgbann (W3) [Adelung]


* Der Burgbann, des -es, plur. inus. ein veraltetes und nur noch in einigen Oberdeutschen Gegenden übliches Wort. 1) Die Gerichtsbarkeit, welche einer Burg anklebet, und sich in die obere und untere Gerichtsbarkeit theilet. Schon in einer Urkunde des Kaisers Otto II von 980 kommt der Ausdruck vor: Vrbalem bannum, quem vulgariter Burgbann vocant. 2) Der Bezirk, in welchem diese Gerichtsbarkeit ausgeübet wird, das Gebieth einer Burg. So fern Burg ehedem eine Stadt bedeutete, wurde Burgbann auch von dem Stadtgebiethe gebraucht, welches man in Sachsen das Weichbild, und in Schlesien den Florzaun nennet. S. Bann.


Burgdienst (W3) [Adelung]


Der Burgdienst, des -es, plur. die -e, Dienste, welche theils von den Burgmännern zur Vertheidigung der Burg, theils von den Unterthanen zur Befestigung derselben geleistet werden mußten; ein Wort, welches mit der Sache selbst in Abgang gekommen ist.


Burgding (W3) [Adelung]


* Das Burgding, des -es, plur. die -e, in den mittlern Zeiten, das Gericht, welches der Besitzer einer Burg über die seinem Gerichtszwange untergebenen Leute hält; im Österreichischen das Landgericht. S. Ding.


Bürge (W3) [Adelung]


Der Bürge, des -n, plur. die -n, eine dritte Person, welche dem Gläubiger für dessen Schuldner Sicherheit verspricht, sich, im Falle der Noth für ihn zu bezahlen, anheischig macht; in der weitesten Bedeutung, eine jede Person, welche die Verbindlichkeit einer andern übernimmt, im Falle diese sie nicht erfüllet. Einen Bürgen stellen, oder geben. Bürge für jemanden werden. Wer ist mir Bürge dafür? Man gebraucht dieses Wort auch von dem weiblichen Geschlechte. Die Frau ist für ihren Mann Bürge geworden. eine Frau kann für einen andern nicht Bürge werden. Indessen hat doch Opitz das Fämininum Bürginn.

Anm. Bürge, im Nieders. Borge, im Oberdeutschen um das Jahr 840 Burigu, in spätern Zeiten Purigo, Purgel, Purkel, im Dän. Borg, im Angels. Borge, im Holländ. Borghe, im Engl. Borrow, stammet vermuthlich von borgen ab, welches Zeitwort ehedem einen größern Umgang der Bedeutung hatte als jetzt. S. Borgen. Ein Bürge wurde ehedem auch ein Leister, Leistbürg, und Gült genannt, und in der Schweiz ist in dieser Bedeutung auch Tröster, und in manchen Gegenden Gutsprecher üblich. Das Niedersächsische Borge bedeutet auch einen Gläubiger, ein Umstand, der die Verwandtschaft der Wörter Bürge und borgen bestätiget.


Bürgel (W3) [Adelung]


Das Bürgel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) * Eine kleine Burg, ein im Hochdeutschen veraltetes Wort. S. Burg. 2) Bey den Jägern, der kleine Hügel in der Fährte des Hirsches, welchen derselbe mit seinen Ballen macht, und der auch Burgstall genannt wird. In dieser Bedeutung ist es vermuthlich das Diminutivum von Berg, Birg, und sollte daher billig Birgel lauten.


Bürgelkraut (W3) [Adelung]


Bürgelkraut, S. Burzelkraut.


Burgemeister (W3) [Adelung]


Der Burgemeister, S. Bürgermeister.


Bürgen (W3) [Adelung]


Bürgen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Bürge werden. Wer mir dafür? Gottes Aug' und meine HandBürgen vor den Unbestand, Günth. Mir bürgt dien edles Herz Für Bosheit und Betrug, in dem was du gethan, Weiße. Der Unschuld? Jüngling sprich, wer bürgt für diese dir? ebend. Doch, o, mich dünkt, mein Herz bürgt für das seine, Schleg. In dieser Bedeutung kommt porokan schon bey dem Kero vor. Im Schwed. lautet dieses Zeitwort borga, im Dän. borge.


Bürger (W3) [Adelung]


Der Bürger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämininum die Bürgerinn, von dem Worte Burg, so fern es ehedem einen befestigten Ort bedeutete, da denn dieses Wort in einem sehr mannigfaltigen Umfange der Bedeutung gebraucht wird. 1) In der ersten Bedeutung drucket es diejenigen Einwohner einer Stadt aus, welche die Freyheiten und Gerechtsamen derselben genießen, aber zugleich an der Regierung mit Theil haben, oder zu Rathspersonen erwählet werden können. Diese Bedeutung findet sich nur noch in einigen Oberdeutschen Städten, besonders in der Schweiz, wo diese Bürger im ausnehmenden Verstande den Einwohnern entgegen gesetzet werden. 2) In etwas weiterer Bedeutung; welche noch in vielen Reichsstädten gangbar ist, werden alle diejenigen Einwohner einer Stadt, welche in Ansehung ihres Nahrungsgeschäftes die Freyheiten der Stadt genießen, aber zugleich ihre Lasten mit tragen helfen, Bürger genannt, sie mögen nun an der Regierung mit Theil haben oder nicht. Alsdann theilet man sie in adelige oder rathsfähige Bürger, und in ehrbare oder unrathsfähige Bürger. Die ersten, welches die obigen Bürger in der engsten Bedeutung sind, werden auch Patricier genannt. 3) Dagegen verstehet man unter diesem Ausdrucke sehr oft nur die letzte Classe dieser Bürger, welche im eigentlichen Verstande die einer Stadt verliehenen Freyheiten in Ansehung ihres Nahrungsgeschäftes genießen, aber auch dafür die Lasten der Stadt mit zu tragen verbunden sind; welche Eigenschaft eigentlich durch das Bürgerrecht erworben wird. S. dieses Wort. Bürger werden. Bürger seyn. In dieser Bedeutung werden die Bürger den Schutzverwandten, Beysassen u. s. f. entgegen gesetzet, und da die Handwerker gemeiniglich den größten und vornehmsten Theil dieser Bürger ausmachen; so werden Bürger und Handwerker oft als gleich bedeutende Ausdrücke gebraucht. 4) In weiterer Bedeutung heißen oft alle Einwohner einer Stadt, sie mögen nun das Bürgerrecht erlangt haben, oder nicht, Bürger, im Gegensatze der Bauern, oder des Landvolkes. In diesem Verstande kommt das Wort nicht nur häufig in der Deutschen Bibel, sondern auch noch jetzt so wohl im täglichen Umgange, als in der anständigern Schreibart vor. Diese Bedeutung scheinet zugleich die erste und älteste dieses Wortes zu seyn; denn daß Burg ehedem so viel als eine Stadt bedeutet habe, ist schon oben bemerket worden. Ja, da Burg, wenigstens in einigen Gegenden Oberdeutschlandes, auch für einen Flecken oder großes Dorf gebraucht wurde, so bedeutet Bürger in Oberschwaben noch jetzt einen Bauer und Burgemeister den Schuldheiß oder Dorfrichter. S. auch Bauer. 5) In noch weiterer Bedeutung begreift man unter dem Nahmen der Bürger, auch den dritten Stand eines Staates, im Gegensatze der Adeligen und Geistlichen; der Bürgerstand. Der Bürger muß fast überall die Lasten des Staates tragen. Diese Bedeutung hat wieder einen verschiedenen Umfang, indem man zuweilen auch die Bauern mit darunter begreifet, oft aber solche als den vierten und nie- drigsten Stand annimmt. In beyden Fällen bekommt dieses Wort in dem Munde des Adels und des Hofmannes oft den verächtlichen Nebenbegriff des Unedlen und Ungesitteten. 6) Figürlich. Ein jedes Mitglied einer bürgerlichen Gesellschaft, d. i. einer Gesellschaft, welche sich dem Willen eines einzigen unterworfen hat. In diesem Verstande werden die Einwohner eines jeden Staates und Landes nach dem Muster des Latein. Civis, besonders in der höhern Schreibart, Bürger genannt. Er ist ein guter Bürger, er erfüllet die Pflichten des gesellschaftlichen Lebens. In engerer Bedeutung kommt dieser Nahme nur Unterthanen solcher Staaten zu, deren Einwohner ein Eigenthum und wenigstens noch einige Freyheit haben, zum Unterschiede despotischer Staaten, wo die Unterthanen Sclaven und nicht Bürger sind. Nach einer noch weitern Figur ist in der höhern Schreibart ein Bürger dieser Welt, ein Bürger der Erde, ein Mensch, ein Mitglied der menschlichen Gesellschaft. Ich rede hier als Mensch und Bürger dieser Welt, Hofmansw.

Anm. Das Fämininum die Bürgerinn, wird wohl nur in der dritten und vierten Bedeutung gefunden werden. Statt dessen ist im gemeinen Leben auch das zusammen gesetzte Bürgerfrau oder Bürgersfrau üblich. Schon bey dem Ulphilas bedeutet Baurjans den Einwohner einer Stadt, einen Städter. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort Burger, Purger, im Niedersächsischen und Dän. Borger, im Schwed. Borgare, im Holl. Burgher, Borgher, im Franz. Bourgeois, im mittlern Lateine Burgarius, Burgenlis u. s. f. Ottfried gebraucht Burgliuti für Bürger; S. Burgmann.


Bürgerbuch (W3) [Adelung]


Das Bürgerbuch, des -es, plur. die -bücher, dasjenige öffentliche Buch, worin die Nahmen aller Bürger einer Stadt verzeichnet sind; die Bürgerrolle.


Bürgereid (W3) [Adelung]


Der Bürgereid, des -es, plur. die -e, der Eid der Treue und des Gehorsames, welchen jemand bey Erlangung des Bürgerrechts der Stadtobrigkeit ableget. S. Bürger 2. 3.


Bürgerey (W3) [Adelung]


* Die Bürgerey, plur. die -en, S. Bürgerschaft.


Bürgerfrau (W3) [Adelung]


Die Bürgerfrau, plur. die -en, S. Bürger Anm.


Bürgergeld (W3) [Adelung]


Das Bürgergeld, des -es, plur. inus. dasjenige Geld, welches für Erlangung des Bürgerrechtes bezahlet wird. S. Bürger 2. 3.


Bürgerglocke (W3) [Adelung]


Die Bürgerglocke, plur. inus. die Glocke, durch deren Klang die Bürger einer Stadt zusammen berufen werden.


Bürgerinn (W3) [Adelung]


Die Bürgerinn, plur. die -en, S. Bürger, Anm.


Bürgerkrone (W3) [Adelung]


Die Bürgerkrone, plur. die -n, bey den Römern, ein Kranz von Kastanienlaub, welcher demjenigen gegeben wurde, der einem Römischen Bürger das Leben gerettet hatte; Corona civica.


Bürgerlehen (W3) [Adelung]


Das Bürgerlehen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Leben, welches auch Personen bürgerlichen Standes verliehen werden kann, welches daher nicht mit Ritterdiensten, sondern mit Gelde verdienet wird; im Gegensatze der Ritterlehen oder adeligen Lehen; S. Beutellehen. 2) Ein Haus oder anderes unbewegliches Gut, welches dem Bürger einer Stadt von der Stadt selbst zu Lehen gegeben wird, wofür derselbe zur Beschützung der Stadt verpflichtet wird. Diese Lehen sind vermuthlich aus dem Burglehen entstanden, oder doch nach deren Muster in den Zeiten des Faustrechtes eingeführet worden.


Bürgerlich (W3) [Adelung]


Bürgerlich, adj. et adv. einem Bürger, oder dem Bürgerstande gemäß, in dessen Verhältnissen gegründet, doch, nach dem verschiedenen Gebrauche des Wortes Bürger, mit verschiedenen Nebenbegriffen. 1) So fern den Einwohner einer Stadt bedeutet, welcher in Ansehung seines Nahrungsgeschäftes der Rechte und Freyheiten der Stadt theilhaftig ist. Sich bürgerlichnähren, wie Bürger sich zu nähren pflegen. Bürgerliche Nahrung treiben. Bürgerliche Freyheiten, bürgerliche Beschwerden, bürgerliche Abgaben. Ein bürgerlicher Krieg, ein Krieg unter den Bürgern einer Stadt. Der bürgerliche Gehorsam, ein gelindes Gefängniß für straffällige Bürger. Bürgerliche Sachen, dergleichen unter Bürgern vorkommen, und den Verlust des Bürgerrechtes nicht nach sich ziehen; Civil-Sachen. Das bürgerliche Recht, so fern es dem peinlichen entgegen gesetzt ist, welches über bürgerliche Sachen richtet. Weichbild Art 17. in Gloss. "Die Klagen sind entweder burglich oder peinlich. Burgliche Klagen sind, da beyde der Kläger und der Antworter vor der Klag und nach der Klag Burger bleiben, also daß keiner den andern nicht vorflüchtig darf werden. Peinliche Klage ist anders nichts, denn da man sondert von dem Bruchhaftigen seine verdiente Pein und keinen Abtrag noch Buße." In einer weitern Bedeutung kommt es im dritten Absatze vor. Die bürgerliche Obrigkeit, die nächste Obrigkeit einer Stadt, welche die Polizey und den äußern Wohlstand der Stadt zu besorgen hat, zuweilen aber auch mit der bürgerlichen Gerichtsbarkeit versehen ist; die Civil-Obrigkeit. 2) So fern unter dem Worte Bürger der dritte Stand eines Staates verstanden wird, bedeutet dieses Wort, (a) oft so viel, als im gemeinen Leben üblich, dem gemeinen Leben gemäß, doch mit verschiedenen Einschränkungen und Nebenbegriffen. Das bürgerliche Leben, die Lebensart der meisten in einem Staate. Der bürgerliche Tag, in der Astronomie, der Tag der aus Tag und Nacht oder 24 Stunden bestehet, in welcher Zeit sich die Erde Ein Mahl um die Sonne beweget, der Sonnentag, der natürliche Tag; im Gegensatze des künstlichen, welcher nur die Zeit begreift, in welcher die Sonne über dem Horizonte gesehen wird. Das bürgerliche Jahr, welches nur nach Tagen berechnet wird, und wozu so wohl das gemeine Jahr, als das Schaltjahr gehören; im Gegensatze des astronomischen Jahres, dessen Dauer nach Stunden und Minuten berechnet wird. Die bürgerliche Baukunst, welche im gemeinen Leben gebraucht wird; im Gegensatze der Kriegsbaukunst, Schiffsbaukunst und Wasserbaukunst. (b) In der Sprache der großen Welt bedeutet bürgerlich figürlich oft so viel, als von seinen Sitten entfernet, den Gewohnheiten des Hoflebens und Adelstandes nicht gemäß. Sehr bürgerliche Sitten haben. Sein Wort halten, läßt heut zu Tage gar zu bürgerlich. Ein Sprößling eigennütz'ger Ehe, Der stolz und steif und bürgerlich, Im Schmausen keinen Künsten wich, Haged. 3) So fern unter Bürger die Glieder eines Staates verstanden werden. Die bürgerliche Gesellschaft, da sich viele dem Willen Eines unterworfen haben, im Gegensatze derjenigen Gesellschaft, welche aus Ältern und Kindern bestehet. Bürgerliche Gesetze, in der weitesten Bedeutung, wonach man im gemeinen Leben seine Handlungen einzurichten hat, besonders in Rücksicht auf seinen Nächsten. Das bürgerliche Recht, in der weitesten Bedeutung, der Inbegriff der Rechte, welche Unterthanen oder Bürger als Bürger gegen einander haben; im Gegensatze des Staatsrechtes, und des Staatenrechtes oder öffentlichen Rechtes. In engerer Bedeutung verstehet man unter dem bürgerlichen Rechte (Jus civile) nur die Sammlung der darauf gerichteten Römischen Gesetze, im Gegensatze des kanonischen und Municipal-Rechtes. In der engsten Bedeutung ist es im ersten Absatze vorgekommen. Ein bürgerlicher Krieg, ein innerlicher Krieg, unter den Unterthanen eines Staates.


Bürgermeister (W3) [Adelung]


Der Bürgermeister, des -s, plur. ut nom. sing. dessen Gattinn, die Bürgermeisterinn. 1) Der vornehmste unter der bürgerlichen Obrigkeit einer Stadt; Consul, nach der Gewohnheit der mittlern Zeiten aber auch an vielen Orten Proconsul, indem sich die Rathsherren oft Consules zu nennen pflegten. S. Rathsmeister. 2) Bey dem Klein eine Art dreyzehiger Patschfüße, welche nur in den nordischen Gewässern angetroffen wird; Plautus Proconsul, welcher im Engl. gleichfalls Burghermaster heißt.

Anm. Im gemeinen Leben, so wohl Ober- als Niederdeutschlandes lautet dieses Wort Burgemeister. Frisch tadelt es, aber ehe Noth; ja es ist den Sprach- und Gehörwerkzeugen minder unangenehm, da es einer weniger hat. Burgemeister, bedeutet den Vornehmsten einer Burg oder Stadt, der ehedem auf ähnliche Art auch Städtemeister genannt wurde. Im Schwedischen heißt er gleichfalls Borgmaestare, im Dän. Borgemester, im Franz. Bourguemaitre, aber im Schwabenspiegel schon Burgermaister. S. auch Burgmann. In einigen Oberdeutschen Gegenden heißt der Schultheiß eines Dorfes Bürgermeister.


Bürgerpflicht (W3) [Adelung]


Die Bürgerpflicht, plur. die -en, eine Pflicht, zu welcher der Bürger einer Stadt, als Bürger verbunden ist. Zuweilen auch der Bürgereid.


Bürgerrecht (W3) [Adelung]


Das Bürgerrecht, des -es, plur. inus. 1) Der Inbegriff aller Gerechtsamen, welche ein Bürger in der engern Bedeutung in Ansehung seines Nahrungsgeschäftes zu genießen hat. Das Bürgerrecht erhalten, erlangen. sich um das Bürgerrecht bewerben. Einem das Bürgerrecht ertheilen. Das Bürgerrecht verwirken. Aufs Bürgerrecht arbeiten, bey den Handwerker, wenn ein Handwerk unter dem Schutze seines Bürgerrechtes sein Handwerk treibet, ohne in die Innung aufgenommen zu seyn. 2) In weiterer Bedeutung, der Inbegriff aller Gerechtsamen, welche ein Einwohner eines Staates oder einer Provinz, als ein solcher zu genießen hat; das Einzöglingsrecht, in der Schweiz das Landrecht, in Niedersachsen die Landlage, sonst aber auch mit einem fremden Worte das Indigenat. S. Bürger 6.


Bürgerrolle (W3) [Adelung]


Die Bürgerrolle, plur. die -n, S. Bürgerbuch.


Bürgerschaft (W3) [Adelung]


Die Bürgerschaft, plur. die -en. 1) * Der Stand, die Würde eines Bürgers, ohne Plural; in welcher Bedeutung aber dieses Wort nicht üblich ist. 2) Die Bürger einer Stadt, als ein Ganzes betrachtet. Die Bürgerschaft zusammen berufen. Die ganze Bürgerschaft war beysammen. Auch in weiterer Bedeutung, die sämmtlichen Einwohner einer Stadt. Wenn aber Ephes. 2, 12, unter der Bürgerschaft Israel, der ganze Jüdische Staat verstanden wird, so ist das wider den Sprachgebrauch, wenigstens im Hochdeutschen. In Westphalen ist statt dieses Wortes auch die Bürgerey üblich.


Bürgerstand (W3) [Adelung]


Der Bürgerstand, des -es, plur. die -stände, der Stand der Bürger, so wohl im Abstracto und ohne Plural, als auch im Concreto, die sämmtlichen Bürger eines Staates oder einer Provinz und deren Gevollmächtigte.


Bürgerstube (W3) [Adelung]


Die Bürgerstube, plur. die -n, eine Stube, oder ein Zimmer, in welchem sich die Bürger versammeln.


Burgflecken (W3) [Adelung]


Der Burgflecken, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z. B. der Mark Brandenburg, ein bey einer Burg angelegter Ort, welcher mehr Rechte als ein Dorf, aber weniger als eine Stadt oder als ein Flecken hat.


Burgfreyheit (W3) [Adelung]


Die Burgfreyheit, plur. die -en, an einigen Orten noch der Gerichtsbezirk einer Burg, welcher auch der Burgbann, die Burgwart, die Castellaney, Franz. Chatelenie, hieß. Das Wort Burgfreyheit wurde ehedem oft zusammen gezogen Burgfreyt und Burgfriede geschrieben. S. Freyheit.


Burgfriede (W3) [Adelung]


Der Burgfriede, des -ns, plur. die -n, 1) Eine Art Befriedigung oder Befestigung ohne Mauern nur mit Wall und Graben. 2) Eine Burg zum Frieden, d. i. zur Sicherheit gewisser Geschlechter und Gegenden. 3) Eine befreyete Gegend umeine Burg, um welche der öffentliche Friede nicht gestöret werden durfte, und in weiterer Bedeutung auch wohl der ganze Gerichtsbezirk einer Burg. S. Burgfreyheit. 4) Ein Vertrag oder Bündniß gewisser Familien zur gemeinen Sicherheit einer Burg und ihres Gebiethes. Einen Burgfrieden aufrichten. 5) Die öffentliche Sicherheit, welche die Rechte den fürstlichen Bürgen oder Residenzen, und in weiterer Bedeutung auch allen öffentlichen Örtern beylegen; ehedem auch der Weichfriede. Den Burgfrieden brechen. Welche Bedeutung unter allen angeführten heut zu Tage noch die übliche ist. S. Schilters und Haltaus Gloss. und Frischens Wörterbuch.


Burggerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Burggerechtigkeit, plur. inus. die Gerechtigkeit, oder das Recht, eine Burg, oder ein Schloß zu besitzen. S. Beschlossen und Schloßgerechtigkeit.


Burggericht (W3) [Adelung]


Das Burggericht, des -es, plur. die -e, das Gericht, welches von dem Besitzer einer Burg bestellet und gehalten wird, und zuweilen unter dem Nahmen des Burggrafengerichtes vorkommt.


Burggesessen (W3) [Adelung]


Burggesessen, adj. et adv. S. Beschlossen und Schloßgesessen.


Burggraf (W3) [Adelung]


Der Burggraf, des -en, plur. die -en, der Graf oder Richter einer Burg; Fämininum die Burggräfinn. 1) So fern Burg ein mit Regalien versehenes Schloß bedeutet, führete derjenige diesen Nahmen, welcher von dem Eigenthümer einer solchen Burg zum Hauptmanne in derselben ernannt wurde, die Aussicht über dieselbe und über die Besatzung und Verwaltung des Gerichtswesens und der Einkünfte in das aus ihrem Gebiete hatte. Dergleichen Burggrafen gab es in den mittlern Zeiten eine große Menge, und viele ihrer Nachkommen haben diesen Titel beybehalten, ob sie gleich jetzt dergleichen Bürge weder erblich noch auf andere Art besitzen. Der Vorsteher eines Ganerbenschlosses, welcher von den Ganerben erwählet, und von dem Kaiser bestätiget wird, führet noch jetzt den Nahmen eines Burggrafen, dergleichen der Burggraf von Friedberg ist. In Thoren ist der erste Bürgermeister zugleich königlicher Burggraf. Die Vornehmsten unter diesen Burggrafen waren die Vorgesetzten der kaiserlichen Bürge, dergleichen ehedem die Burggrafen zu Magdeburg, Regensburg, Brandenburg, Antwerpen, Würzburg u. s. f. waren, von welchen einige ihre Bürge und das dazu gehörige Gebieth erblich an sich gebracht haben, die Reichsfürstliche Würde besitzen, und noch vorhanden sind. In den mittlern Zeiten kommen die Burggrafen auch unter dem Nahmen der Burgrichter, Burgvögte, Burgmänner, und Weichgrafen vor. 2) So fern Burg eine Stadt bedeutet, war Burggraf, nach der ehemaligen weiten Bedeutung des Wortes Graf, wie aus dem Schwabenspiegel erhellet, auch eine obrigkeitliche Person, welche die Aufsicht über Maß und Gewicht, und über die Preise der Lebensmittel hatte. Dahin gehöret vermuthlich auch diejenige obrigkeitliche Person zu Cöln am Rhein, welche noch jetzt den Nahmen eines Burggrafen führet, deren nähere Bestimmung aber mir unbekannt ist.


Burggräflich (W3) [Adelung]


Burggräflich, adj. et adv. einem Burggrafen gehörig, in seiner Würde gegründet. Die burggräfliche Würde. Burggräfliche Güter.


Burggrafschaft (W3) [Adelung]


Die Burggrafschaft, plur. die -en. 1) Die Würde eines Burggrafen, ohne Plural. 2) Dessen Gebieth; ein Burggrafthum.


Burggrafthum (W3) [Adelung]


Das Burggrafthum, des -es, plur. die -thümer, wie das vorige in der zweyten Bedeutung. Zuweilen auch nur in geringerer Bedeutung, eine geringere Burg mit einigen dazu gehörigen Gütern, welche von einem Stifte oder Fürsten jemanden unter der Bedingung zu Lehen gegeben wurde, entweder Kriegsdienste dafür zu leisten, oder die Burg zu beschützen.


Burghalde (W3) [Adelung]


Die Burghalde, plur. die -n, im gemeinen Leben, eine Halde, d. i. ein Berg, auf welchem ehedem eine Burg gestanden hat; ein Burgstadel, Burgstall, d. i. Burgstelle.


Burghauptmann (W3) [Adelung]


Der Burghauptmann, des -es, plur. die -männer, oder -leute, der Hauptmann in einer Burg, welcher über die Besatzung in derselben gesetzt ist.


Burgherr (W3) [Adelung]


Der Burgherr, des -en, plur. die -en, der Herr oder Eigenthümer einer Burg.


Burghirsch (W3) [Adelung]


Der Burghirsch, S. Gebirghirsch.


Burghuth (W3) [Adelung]


Die Burghuth, plur. inus. die Huth, d. i. Beschützung und Vertheidigung einer Burg, um das Jahr 1361 im Oberdeutschen Purchuta.


Burgkeller (W3) [Adelung]


Der Burgkeller, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Städten, der Stadt- oder Rathskeller, entweder weil Burg hier noch so viel als Stadt bedeutet, oder auch, weil ein solcher Keller ehedem zu einer in der Stadt befindlichen landesfürstlichen Burg gehöret hat.


Burglehen (W3) [Adelung]


Das Burglehen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine zu Lehen gegebene Burg mit ihrem Gebiethe. 2) Ein Gut, welches ein Afterlehen eines Ganerbengutes ist. 3) Ein Lehen, welches der Eigenthümer einer Burg jemanden unter der Bedingung verleihet, die Burg dafür zu vertheidigen oder vertheidigen zu helfen; dergleichen Lehen auch Seßlehen oder Sitzlehen genannt werden, im Gegensatze der Reitlehen.


Burgleute (W3) [Adelung]


Die Burgleute, S. Burgmann.


Burgmann (W3) [Adelung]


Der Burgmann, des -es, plur. die -männer, und -leute, ein Wort, welches in den mittlern Zeiten unter verschiedenen Bedeutungen vorkommt. Es bedeutet aber, 1) den Eigenthümer oder Bewohner einer Burg, einen Schloßgesessenen, Castrensem, Castellanum. 2) Einen Burggrafen, S. dieses Wort. 3) Einen Kriegsmannn, welcher sich zu Vertheidigung und Beschützung einer Burg verpflichtet hat, deren es wieder verschiedene Arten gab. Dahin gehören, (a) diejenigen von hohen und niederm Adel, welche mit einer Burg und deren Zubehör belehnet wurden, und sich dafür verpflichteten, entweder Kriegsdienste zu leisten, oder doch die Burg zu beschützen; Castrenses, Advocati castrenses, Castellani, welche zuweilen auch Burggrafen und Burgvögte genannt werden. Hierher gehören auch die Burgleute oder Burgmänner der Ganerbenhäuser, welche sich durch einen Vertrag verbunden haben, eine ihnen untergebene Burg zu vertheidigen, welche in Burgmeister, Regiments-Burgmänner und gemeine Burgmänner getheilet werden. (b) Diejenigen, welche für den Genuß eines Lehengutes zu Vertheidigung einer burg verbunden waren, und die Besatzung des Burgherren als Ober-Officiers commandireten; Milites castrenses, Castellani, Ministeriales castrenses. Man findet Personen von hohem Adel, welche als solche Burgmänner bey ihres Gleichen dieneten. Aus diesen Burgmännern sind vermuthlich die heutigen Amtssassen erwachsen, da doch die meisten heutigen Ämter ehemahlige Bürge waren. S. dieses Wort. (c) Diejenigen, welche in der Freyheit einer Burg wohneten, meisten Theils leibeigen Unterthanen der Burgherren waren, als gemeine Soldaten bey Bewachung und Vertheidigung der Burg Dienste leisten mußten, und bey den Gerichten des Burgherren die Schöppen abgaben, werden sehr häufig gleichfalls Burgleute genannt. Bey der neuen Einrichtung des Kriegswesens nach Erfindung des Schießpulvers hat aber diese ganze Verfassung der Bürge, in und mit dem 15ten Jahrhunderte aufgehöret.


Burgmannschaft (W3) [Adelung]


Die Burgmannschaft, plur. inus. 1) Die Würde und das Amt eines Burgmannes. So sind bey den heutigen Ganerbenschlössern alle diejenigen, welche von einem Burgmanne abstammen,zur Burgmannschaft berechtiget. 2) Collective, die sämmtlichen Burgmänner oder Burgleute.


Burgmeister (W3) [Adelung]


Der Burgmeister, des -s, plur. ut nom. sing. S. Burgmann.


Burgrichter (W3) [Adelung]


Der Burgrichter, des -s, plur. ut nom. sing. der Richter über den zu einer Burg gehörigen Gerichtsbezirk, in welcher Bedeutung dieses Wort noch in Pommern üblich ist. S. Burggraf.


Burgsaß (W3) [Adelung]


Der Burgsaß, des -ssen, plur. die -ssen, ein Unterthan, welcher einem Burggerichte in der ersten Instanz unterworfen ist, und der heut zu Tage gemeiniglich ein Amtssaß genannt wird. S. dieses Wort.


Bürgschaft (W3) [Adelung]


Die Bürgschaft, plur. die -en. 1) Die Verbindlichkeit, zu welcher sich ein Bürge anheischig gemacht hat. Ingleichen der Vertrag, durch welchen jemand Bürge wird, oder die Verbindlichkeit eines andern übernimmt. Bürgschaft leisten. Die Bürgschaft angeloben. Eine Bürgschaft auf sich nehmen. Sich in Bürgschaft einlassen. Daß du meinen Entschluß billigen wirst, dafür übernimmt mein Herz die Bürgschaft, Dusch. 2) Der Bürge selbst. Bürgschaft stellen, einen Bürgen. S. Bürge.


Burgsitz (W3) [Adelung]


Der Burgsitz, des -es, plur. die -e, der Sitz, welchen jemand als Burggraf, oder Burgmann in einer Burg hat. Ingleichen die Burg selbst, welche der Sitz eines Dynasten ist.


Burgstall (W3) [Adelung]


Der Burgstall, des -es, oder das Burgstadel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der Hügel in der Fährte eines Hirsches, S. Bürgel. 2) Die Stelle, wo ehedem eine Burg gestanden hat, im gemeinen Leben, S. Burghalde. 3) Im Oberdeutschen bedeutet Burgstahl, Burgstall, im Plural Burgstähl, Burgställe, häufig eine noch vorhandene Burg, ein Schloß.


Burgvogt (W3) [Adelung]


Der Burgvogt, des -es, plur. die -vögte, ehedem so viel als ein Burggraf, S. dieses Wort. In geringerer Bedeutung ist dieser Burgvogt noch in einigen Orten, z. B. in Zelle, ein Richter, welcher das Recht in dem zu einer ehemaligen Burg gehörigen Gebiethe handhabet.


Burgvogtey (W3) [Adelung]


Die Burgvogtey, plur. die -en. 1) Die Würde und das Amt eines Burgvogtes, ohne Plural. 2) Dessen Gebieth, besonders der District, in welchem er die Gerechtigkeit zu handhaben hat.


Burgwache (W3) [Adelung]


Die Burgwache, plur. die -n, die Wache in einer Burg. Die Burgwache verrichten. Auf die Burgwache ziehen.


Burgwarte (W3) [Adelung]


Die Burgwarte, plur. die -n, ehedem in Ober- und Niedersachsen, eine Burg oder ein befestigter Ort, mit einer Warte, den ankommenden Feind zu entdecken, so wohl für sich allein, als mit dem dazu gehörigen, oft sehr ansehnlichen Bezirke. Als Meißen den Sclaven abgenommen wurde, so wurden die Gauen zur Sicherheit in solche Burgwarten eingetheilet.


Burkhard (W3) [Adelung]


Burkhard, Genit. -s, Dat. -en, ein alter Deutscher männlicher Vornahme, dessen Bedeutung so ausgemacht noch nicht ist. Ehedem wurde er oft in Bucco und Bock verkürzt.


Burlesk (W3) [Adelung]


Burlesk, -er, -este, adj. et adv. welches ohne Noth aus dem Franz. burlesque entlehnet ist, geschickt, durch das Unnatürliche oder Ungereimte Lachen zu erregen, possierlich.


Bursch (W3) [Adelung]


Der Bursch, des -en, plur. die -e, ein Wort, welches nur in der gemeinen und vertraulichen Sprechart üblich ist, und 1) eigentlich einen Mitgenossen einerley Besoldung, einen Mitgenossen einerley Lebensart bedeutet. In diesem Verstande nennen sich nicht nur die Studenten auf Universitäten, sondern auch die gemeinen Soldaten, die Handwerksgesellen, die Lehrlinge der Jägerey u. s. f. unter einander Bursche. Daher Stubenbursch, Tischbursch, Handwerksbursch, Schneiderbursch, Bäckerbursch, Jägerbursch u. s. f. 2) Figürlich, ein jeder junger Mensch, doch nur in der vertraulichen Sprechart, wo auch zuweilen das Diminutivum das Bürschchen, Oberdeutsch Bürschlein, üblich ist. Ein junger Bursch. Es ist ein gutes Bürschchen. Nur dieses fiel mit alle dem, Dem guten Burschen unbequem, Lichtw. Zuweilen gebraucht man dieses Wort auch mit einiger Verachtung von erwachsenen Personen, so wie das Wort Geselle auch auf ähnliche Art üblich ist. Es ist ein lockerer, ein liederlicher Bursch.

Anm. Aus den Glossarien erhellet, daß Bursa im mittlern Lateine sehr oft von Zusammenkünften auf gemeinschaftliche Kosten gebraucht wurde. S. Börse. Daher kommt Burß bey dem Dasipodius und Pictorius noch von einer jeden Gesellschaft vor, und die gemeinen Soldaten wurden ehedem mehrmals Bursgesellen genennet, weil sie aus Einer Casse unterhalten wurden. Als nun auch auf der Universität zu Paris die Stipendiaten, welche aus der Bursa des Königes unterhalten wurden, den Nahmen Bursarii bekamen, nach dem Muster der Parisischen Universität aber alle alte Universitäten eingerichtet wurden, so hat sich auch diese Benennung auf denselben mit eingeschlichen. Das ausschweifende Leben der gemeinen Soldaten, und vielleicht auch der Studenten, gab nochmahls zu dem Verbo burschiren Gelegenheit. Mit bulen, danzen und burschiren, Hans Sachs. Und frisch bemerkt, daß ein gewisser Erzbischof von Mainz wegen seiner Fertigkeit im Trinken Bursmann genannt worden. In einer Holländischen Urkunde Kaiser Ruprechts von 1403 in Schilters Gloss. werden die Mitbelehnten Burss genannt.


Bürsch (W3) [Adelung]


Die Bürsch, oder Bürsche, plur. die Bürschen. 1) Das Schießen aus einem gezogenen Rohre, ohne Plural. Auf die Bürsche gehen, bey den Jägern, wenn sie mit einem Bürschrohre ausgehen, hohes Wildbret zu schießen. In weiterer Bedeutung auch das Schießen und die Jagd überhaupt, besonders in Oberdeutschland. Auf die Bürsch gehen, auf die Jagd gehen. 2) Die Jagdgerechtigkeit, das Recht an einem Orte jagen zu dürfen, auch ohne Plural. Die freye Bürsch, die Freyheit an ungehägten Orten zu jagen. Die obere Bürsch, die niedere Bürsch. 3) Ein Bezirk, in welchem man jagen kann oder darf, besonders ein Bezirk, in welchem ein jeder die Jagdfreyheit hat, im Gegensatze eines Forstes, oder eines gehägten Jagdbezirkes. In dieser Bedeutung ist das Wort vornehmlich im Schwäbischen Kreise gangbar, wo die Bürsch oder die freye Bürsch, ein ansehnlicher aber durch Forsten sehr unterbrochener Jagdbezirk ist, wo viele Stände und deren Unterthanen die freye Jagd haben.

Anm. In den beyden letzten Bedeutungen ist dieses Wort am meisten in Oberdeutschland, und auch hier am häufigsten in Schwaben üblich, wo auch nur die meisten der folgenden Zusammensetzungen gangbar sind. S. Bürschen.


Bürschabschied (W3) [Adelung]


Der Bürschabschied, des -es, plur. die -e, in Schwaben, ein Abschied oder Beschluß der Bürschstände, welchen sie auf einem Bürsch-Convente abfassen.


Bürsch-Advocat (W3) [Adelung]


Der Bürsch-Advocat, des -en, plur. die -en, eben daselbst, ein gemeinschaftlicher Advocat der Bürschstände.


Bürschausschuß (W3) [Adelung]


Der Bürschausschuß, des -sses, plur. die -schüsse, eben daselbst, eine Person, welche von den Bürschständen erwählet wird, eine gemeinschaftliche Bürschangelegenheit zu besorgen. Sind dieser Person mehrere, so hat der Ausdruck alsdann eine collective Bedeutung. S. Ausschuß.


Bürschbezirk (W3) [Adelung]


Der Bürschbezirk, des -es, plur. die -e, eben daselbst, ein Bezirk, in welchem jeden die freye Jagd erlaubet ist; der Bürsch-District.


Bürschbüchse (W3) [Adelung]


Die Bürschbüchse, plur. die -n, S. Bürschrohr.


Bürsch-Casse (W3) [Adelung]


Die Bürsch-Casse, plur. die -n, im Schwäbischen Kreise, die gemeinschaftliche Casse der Bürschstände.


Bürsch-Convent (W3) [Adelung]


Der Bürsch-Convent, des -es, plur. die -e, eben daselbst, ein Convent, oder eine Zusammenkunft der Bürschstände; ein Bürschtag.


Bürsch-District (W3) [Adelung]


Der Bürsch-District, des -es, plur. die -e, S. Bürschbezirk.


Bürsche (W3) [Adelung]


Die Bürsche, S. Bürsch.


Bürschen (W3) [Adelung]


Bürschen, verb. reg. act. 1) In weitesten Bedeutung, mit einem Schießgewehre erlegen, schießen. Einen Hasen, ein Rebhuhn bürschen. In dieser Bedeutung ist es noch im gemeinen Leben so wohl Oberdeutschlandes als Obersachsens üblich, wird aber alsdann oft bürsten, geschrieben und gesprochen. 2) In engerer Bedeutung gebrauchen die Jäger dieses Wort nur allein von dem Schießen aus einem gezogenen Rohre, folglich auch größten Theils nur von dem Hochwildbrete, weil das niedere nur mit Jagdflinten geschossen wird.

Anm. Bürschen, im Oberdeutschen birschen, bürsten, pirschen, pürschen, ist im Deutschen ein sehr altes Wort, welches schon vor Erfindung des Feuergewehres von dem Schießen mit Armbrüsten gebraucht wurde. Ich kan iagen birsen schiessen, Burkart von Hohenfels unter den Schwäbischen Dichtern. Es scheint aber schon von Alters her von schießen noch verschieden gewesen zu seyn, wie man denn auch eine besondere Art von Armbrüsten davon benannte. Nembt mit euch das pirsch armbrost mein Dann es ist stark und scheust geradt, Theuerd. Kap. 30. Da im mittlern Lateine bersare mehrmals für jagen vorkommt, Bersa aber einen geflochtenen Zaun bedeutet, so glauben Spelmann und du Fresne, daß Bersa eigentlich einen Forst, oder gehägten Wald bedeutet habe, und daß daher das Verbum bersare eigentlich heißt, in einem gehägten Forste jagen. Allein unser Deutsches Bürsch ist, wie schon oben angezeiget werden, einem Forste gerade entgegen gesetzt, und es scheinet daher immer, daß Wachters Meinung, der bürschen und das Franz. percer aus Einer, aber noch unbekannten Quelle herleitet, den Vorzug verdiene, zumahl da der Begriff des Schießens in diesem Worte allem Ansehen nach der älteste ist. Wenn es mit Muthmaßen ausgerichtet wäre, so könnten Bars, Borst, wegen der spitzigen Beschaffenheit der Pfeile und anderer Schießwerkzeuge, oder auch das alte nordische beria, Lat. ferire, schlagen, fechten, wie Hr. Ihre muthmaßet, den nächsten Anspruch auf die Abstammung dieses Wortes haben. S. 2. Barte. Das Franz. berser, das Schwed. bersa, das Isländ. birsa, bedeuten gleichfalls jagen, das Böhmische porazyti aber schießen.


Bürschfreveler (W3) [Adelung]


Der Bürschfreveler, des -s, plur. ut nom. sing. in Schwaben, der wider die Bürschordnung frevelt.


Bürschgeld (W3) [Adelung]


Das Bürschgeld, des -es, plur. inus. bey den Jägern, dasjenige Geld, welches der Jäger bey Lieferung eines Stückes Wild von der Herrschaft bekommt; im gemeinen Leben das Schießgeld.


Bürschgenoß (W3) [Adelung]


Der Bürschgenoß, des -ssen, plur. die -ssen, in Schwaben, derjenige, welcher an der freyen Bürsch Antheil hat, er sey nun ein Bürschstand, oder dessen Unterthan; ein Bürschverwandter.


Bürschgerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Bürschgerechtigkeit, plur. inus. eben daselbst, das Recht, sich der freyen Bürsch zu bedienen.


Bürschhund (W3) [Adelung]


Der Bürschhund, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, ein Hund, welcher das angeschossene oder gebürschte Wildbret verfolget und niederreißet; ein Schweißhund.


Bürschmeister (W3) [Adelung]


Der Bürschmeister, des -s, plur. ut nom. sing. bey Herrschaften, ein Jäger, welchem ein Jägerhaus mit dessen Zubehör anvertrauet ist, und welcher seine Herrschaft zum Bürschen des Wildes anführet.


Bürschner (W3) [Adelung]


Der Bürschner, des -s, plur. ut nom. sing. in Schwaben, welcher auf die Bürsche gehet. Freye Bürschner, Unterthanen der Bürschstände, welche das Recht haben, sich der freyen Bürsch zu bedienen.


Bürschoberste (W3) [Adelung]


Der Bürschoberste, des -n, plur. die -n, eben daselbst, ein mächtiger Bürschstand, welchen die übrigen erwählen, damit er die Befolgung der Bürschordnung Sorge trage.


Bürschordnung (W3) [Adelung]


Die Bürschordnung, plur. die -en, eben daselbst, ein von den Bürschständen verabredetes Gesetz, wie sich ihre Unterthanen der freyen Bürsch bedienen sollen.


Bürschpaß (W3) [Adelung]


Der Bürschpaß, des -sses, plur. die -pässe, eben daselbst, eine schriftliche Erlaubnis, durch welche ein Bürschstand seinen Unterthan zum Gebrauch der freyen Bürsch berechtiget.


Bürschpulver (W3) [Adelung]


Das Bürschpulver, des -s, plur. car. die feinste Art des Schießpulvers; Scheibenpulver, zum Unterschiede von dem Musketen- und Stückpulver.


Bürsch-Receß (W3) [Adelung]


Der Bürsch-Receß, des -sses, plur. die -sse, ein Vertrag, oder Beschluß der Bürschstände auf einem Bürschtage.


Bürschrohr (W3) [Adelung]


Das Bürschrohr, des -es, plur. die -röhre, bey den Jägern, ein gezogenes Rohr mit einem Deutschen Schlosse, zur Jagd; eine Bürschbüchse, zum Unterschiede von einem Scheibenrohre.


Bürschstand (W3) [Adelung]


Der Bürschstand, des -es, plur. die -stände, in Schwaben, ein Reichsstand, oder ein anderer vom unmittelbaren Adel, welcher Theil an der freyen Bürsch hat.


Bürschtag (W3) [Adelung]


Der Bürschtag, des -es, plur. die -tage, S. Bürsch-Convent.


Bürschverwandt (W3) [Adelung]


Bürschverwandt, adj. et adv. in Schwaben, an der freyen Bürsch Theil habend. Bürschverwandte Stände, bürschverwandte Unterthanen, S. Bürschgenoß.


Bürschwagen (W3) [Adelung]


Der Bürschwagen, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Jagdwesen, derjenige Wagen, auf welchem das gebürschete Wild noch Hofe geführet wird.


Bürschzeit (W3) [Adelung]


Die Bürschzeit, plur. inus. in Schwaben, diejenige Zeit, da sich die Bürschverwandten der freyen Bürsch bedienen dürfen.


Bürste (W3) [Adelung]


Die Bürste, plur. die -n, Diminutivum das Bürstchen, Oberdeutsch Bürstlein, ein aus Borsten verfertigtes Werkzeug, vornehmlich den Unrath von andern Körpern damit abzukehren oder abzutreiben. Auch die aus gefärbten Borsten verfertigten Büschel, welche einen Kopfschmuck der Kutschpferde abgehen, werden Bürsten genannt. In weiterer Bedeutung führen diesen Nahmen auch ähnliche Werkzeuge von Draht, Ziegenhaaren u. s. f. zum Abkehren. Daher die Drahtbürste, die Sammtbürste u. s. f.

Anm. Bürste, Nieders. Borst, Burst, Bust, in Boxhorns Glossen Purst, im Dän. Borste, im Holländ. Borstel, im Angels. mit einer gewöhnlichen Versetzung des r Bristl, im Engl. Bristle, Brush, im Franz. Brosse, gehöret zu Borste, ja es ist mit demselben vielmehr nur ein und eben dasselbe wort. Das st in diesem Worte wird im Hoch- und Oberdeutschen gern wie ein scht ausgesprochen, wie gemeiniglich auch in Durst, Fürst, Wurst, Borste u. s. f. geschiehet.


Bürsten (W3) [Adelung]


Bürsten, verb. reg. act. mit der Bürste reiben. Den Kopf bürsten. das Kleid bürsten. Wofür doch die zusammen gesetzten abbürsten und ausbürsten üblicher sind. Daß im gemeinen Leben bürsten durch eine fehlerhafte Aussprache oft für bürschen gesagt wird, ist schon bey diesem Worte angemerket worden.


Bürstenbinder (W3) [Adelung]


Der Bürstenbinder, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerksmann, welcher Bürsten bindet, oder verfertiget.


Bürstenkäfer (W3) [Adelung]


Der Bürstenkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den neuern Schriftstellern des Naturreiches eine Art Käfer mit Kolben ähnlichen Fühlhörnern, dessen Lauffüße Bürsten ähnliche Fußblätter haben; Anthribus, L.


Bürstenkraut (W3) [Adelung]


Das Bürstenkraut, des -es, plur. die -kräuter, S. das folgende.


Bürstenpflanze (W3) [Adelung]


Die Bürstenpflanze, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches ein Pflanzengeschlecht, deren Blumen einer Bürste gleichen; Bürstenkraut, Carthamus, L. Außer dem Saflore, der aber bey uns auch nicht einheimisch ist, werden die Arten dieser Pflanze nur in den wärmern Gegenden Europens angetroffen.


Bürstling (W3) [Adelung]


Der Bürstling, des -es, plur. die -e, in Baiern, ein Nahme des Flußbörses.


Bürstwurm (W3) [Adelung]


Der Bürstwurm, des -es, plur. die -würmer, im gemeinen Leben Obersachsens, ein Nahme der Baumwanzen.


Bürtig (W3) [Adelung]


Bürtig, adv. der Geburt nach herstammend. Von einem Orte bürtig seyn, daselbst geboren seyn. im Hochdeutschen ist dieses Wort meist veraltet, weil es von gebürtig verdränget worden. S. dieses Wort. Im Oberdeutschen kommt es häufiger vor. Es stammet ohne Zweifel von gebären ab, obgleich Löscher es von dem alten Bord, Haus, herleitet. Dannen du purtig bist, heißt es bey dem Notker; und an einem andern Orte: ander unannen burdige, die anderwärts geboren worden, oder von anderwärts her bürtig sind. Eben derselbe nennet auch einen Bewohner der Erde, erdpurtig. S. Gebürtig, Halbbürtig, Vollbürtig. Opitz gebraucht dieses Wort Ein Mahl in einer seltenen Bedeutung, welches aber doch eigentlich die erste ist, indem er von seiner Geliebten sagt: In der ich alle Tage aufs neue bürtig bin; wo es och wohl nichts anders bedeuten kann, als, in der ich alle Tage von neuem geboren werde.


Bürzel (W3) [Adelung]


Der Bürzel, im härtern Mundarten Pürzel, des -es, plur. ut nom. sing. ein nur im gemeinen Leben und der komischen Sprechart übliches wort, den kurzen Schwanz an gewissen Thieren, und in weiterer Bedeutung auch den Hintern so wohl an Thieren, als Menschen auszudrucken. Die Jäger nennen den kurzen Schwanz der Hirsche und des Schwarzwildbretes den Bürzel, sprechen dieses Wort aber oft auch Förzel aus. Im Oberdeutschen gebraucht man Bürzel am häufigsten von dem Steiße der Vögel.

Anm. Frisch leitet dieses Wort von Bären, heben, her; allein es kann auch damit auf die kurze spitzige Gestalt des Schwanzes einiger Thiere und des Steißes der Vögel gesehen werden, und alsdann würde es zu Börs und Borste gehören. S. Burzeldorn. Das Nieders. Purrel bedeutet alles was kurz und dick ist, und im Engl. ist burly dickleibig. Im Böhmischen heißt Prdel der Hintere. S. Burzeln.


Burzeldorn (W3) [Adelung]


Der Burzeldorn, des -es, plur. inus. ein Pflanzengeschlecht, Tribulus, L. Diese Pflanze hat vermuthlich den Nahmen von ihrem stacheligen Samen, welcher dem Viehe sehr beschwerlich ist; S. Börs, Borste und Bürzel; oder wenn dieß eine Tautologie scheinen sollte, weil sie das Vieh, wenn es darein tritt, burzeln, d. i. fallen macht.


Burzelkraut (W3) [Adelung]


Das Burzelkraut, des -es, plur. inus. eine im gemeinen Leben übliche Benennung des Portulaks, Portulaca, L. aus wel- chem Worte es auch verderbet ist, und auch wohl Bürgelkraut, gesprochen wird. S. Portulak.


Burzeln (W3) [Adelung]


Burzeln, Purzeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, im gemeinen Leben und im komischen Scherze, fallen, besonders so fallen, daß man den Hintern dabey in die Höhe hebt. Einer burzelte über den andern. Nieders. purreln. S. Bürzel.


Busch (W3) [Adelung]


1. Der Busch, des -es, plur. die Büsche. 1) Ein aus niedrigem Gesträuche oder so genannten Unterholze bestehendes Gehölz, auch wenn solches mit hohen Bäumen oder mit Oberholze untermengt ist, im Gegensatze eines Waldes oder Forstes. In dieser Bedeutung ist es im Niedersächsischen am üblichsten. Im Hochdeutschen hat man dafür das zusammen gesetzte Gebüsch. S. Buschholz. 2) Das Individuum eines solchen Gebüsches, ein Strauch, auch nur in den gemeinen Mundarten. S. Strauch und Staude. 3) Mehrere zusammen gebundene Zweige oder Pflanzen, von der Ähnlichkeit mit einem Strauche. Ein Busch Blumen, Kornähren u. s. f. In weiterer Bedeutung auch von der Ähnlichkeit, ein Busch Haare, ein Busch Federn, ein Federbusch. In dieser dritten Bedeutung hat man auch das Diminutivum Büschlein, im Hochdeutschen Büschchen und Büschelchen, noch mehr aber Büschel. S. solches hernach besonders.

Anm. Das Nieders. Busk, Dän. Busk, Schwed. Buske, Engl. Bush, Holländ. Bosch, Ital. Bosco, Span. Bosque, das mittlere Latein. Boscus, Buscus, bedeuten insgesammt entweder ein Gebüsch, oder einen Strauch, oder auch etwas zusammen gebundenes, wozu auch die mittelste Sylbe des Latein. Arbuscula gehöret. Da dieses Wort auch sehr frühe von Holz überhaupt gebraucht worden, wie aus dem Boscus der mittlern Zeiten und dem heutigen Franz. Bois erhellet, so scheinet dieses die erste und Hauptbedeutung zu seyn. Indessen können auch die Verba bauschen und bausen gegründeten Anspruch auf die Verwandtschaft mit diesem Worte machen, und alsdann würde dessen dritte Bedeutung dessen eigentliche und erste seyn. Bey den Schwäbischen Dichtern bedeutet ein Boschen einen Strauch, und im Schwabenspiegel einen Dornstrauch. Die Franzosen haben noch viele Ableitungen von diesem Worte, dahin ihr Buisson, Boscage, Bosquet, ein Strauß oder Büschel, Busche, Buche, Scheitholz u. a. m. gehören. Der Plural lautet im gemeinen Leben besonders Niedersachsens auch Büscher.


Busch (W3) [Adelung]


2. Der Busch, des -es, plur. die Büsche, eine Scheidemünze, in Aachen, welche vier Heller gilt. 324 Büsche machen daselbst einen Reichsthaler courant. Beym du Fresne geschiehet einer Spanischen Münze Meldung, welche Bossanaya hieß, deren Werth aber nicht gemeldet wird. Bey eben demselben kommt bussus für dick, und buscus für fahl vor. Es stehet dahin, ob diese Wörter zur Erläuterung der Abstammung dieses Wortes etwa beytragen können.


Buschaffe (W3) [Adelung]


Der Buschaffe, des -n, plur. die -n, eine Art Affen, welche in Afrika in den Gebüschen und Wäldern aufhält, und dem Menschen vor andern Arten sehr ähnlich ist; der Waldmann, Waldteufel, Satyr, Urang-Utang.


Buschameise (W3) [Adelung]


Die Buschameise, plur. die -n, im gemeinen Leben, Ameisen, welche sich nur in Wäldern und Gebüschen aufhalten; Waldameisen, im Gegensatze der Feldameisen. Die Buschameisen theilen sich in rothe, oder Roßameisen, und in schwarze.


Buschampfer (W3) [Adelung]


Der Buschampfer, des -s, plur. inus. an einigen Orten ein Nahme des Sauerklees.


Buschbaum (W3) [Adelung]


Der Buschbaum, des -s, plur. die -bäume, bey den Gärtnern. ein frey stehender Zwergbaum, welcher als ein Busch gezogen wird, im Gegensatze der Spalterbäume.


Buschbohne (W3) [Adelung]


Die Buschbohne, plur. die -n, im gemeinen Leben, eine Art Bohnen, welche in niedrigen Büschen wächset, holzige Hülsen hat,breite weiße Bohnen träget, und vermuthlich zu dem Phaseolus vulgaris, L. gehöret.


Buschdorn (W3) [Adelung]


Der Buschdorn, des -s, plur. inus. S. Buschdorn.


Büschel (W3) [Adelung]


Das Büschel, des -s, plur. ut nom. sing. das Diminutivum des Wortes Busch, in dessen dritter Bedeutung ein kleiner Busch, obgleich man davon wieder ein neues Diminutivum das Büschelchen macht. Ein Büschel Rosen, Blumen, Haare, Federn, Stroh, u. s. f. Ein Büschel Flachs, wofür in den gemeinen Oberdeutschen Mundarten eine Büse, Bosse, Büsel, Büssel, und in Niedersachsen Both üblich ist. S. Bündel. Bey den neuern Kräuterkennern werden Büschel, oder Blumenbüschel, diejenigen Blumen genannt, wenn alle Blüthen Stängel von ungleicher Länge haben, und gerade in die Höhe stehen; Corymbus. In den Zinnhütten ist Büschel oder Püschel ein Schock zusammen gebundener ausgeschossener untauglicher Bleche, welche an die Röhrenmacher verkauft werden. In einigen Gegenden ist es männlichen Geschlechtes, der Büschel.


Büschelerbse (W3) [Adelung]


Die Büschelerbse, plur. die -n, eine Art Gartenerbse, welche in Büscheln oder Trauben wachsen, und daher auch Traubenerbsen, Träubelerbsen, ingleichen Kronerbsen genannt werden.


Büschelfohre (W3) [Adelung]


Die Büschelfohre, plur. die -n, eine Art dreyblätteriger Fohren, welche in Virginien angetroffen wird, deren Zapfen in dicken Büscheln beysammen wachsen sitzen; Pinus rigida, L. S. Fohre.


Büschelkohl (W3) [Adelung]


Der Büschelkohl, des -es, plur. inus. eine Art Blätterkohles, auf dessen Blättern inwendig wieder kleine Blättchen oder krause Büschel wachsen; krauser Kohl, Buschkohl.


Büschelkrankheit (W3) [Adelung]


Die Büschelkrankheit, plur. inus. eine Krankheit der Bienen, wenn sie im Sommer bey anhaltendem Regenwetter nicht ausfliegen können, da denn der auf den Kopf gefallenen Blumenstaub Wurzeln schläget, und zu kleinen Büscheln wächset; die Hörnerkrankheit, daher man dergleichen Bienen auch Hörnler zu nennen pflegt.


Büschelkunst (W3) [Adelung]


Die Büschelkunst, plur. die -künste, eine Art einer sehr einfachen Wasserkunst, da das Wasser durch mehrere an einer Kette befindliche Büschel in die Höhe gebracht wird.


Buscheule (W3) [Adelung]


Die Buscheule, plur. die -n, eine Abart der gemeinen braunen oder grauen Eule, welche auch nur schlechthin Eule genannt wird.


Buschfang (W3) [Adelung]


Der Buschfang, des -es, plur. inus. bey den Vogelstellern, der Fang der Vögel auf den Buschherden; der Strauchfang.


Buschherd (W3) [Adelung]


Der Buschherd, des -es, plur. die -e, bey eben denselben, ein Vogelherd, welcher mit grünen Büschen bedeckt wird, damit sich die Vögel darauf setzen, und den Lockvögeln nachgehen können; ein Strauchherd.


Buschholz (W3) [Adelung]


Das Buschholz, des -es, plur. die -hölzer. 1) Ein jedes Holz, oder holziges Gewächs, welches keinen hohen Stamm treibet, sondern in Büschen oder Sträuchen wächset, als ein Collectivum und ohne Plural; Unterholz, Unterwuchs, im Gegensatze des Stammholzes. Hier wächset nichts als Buschholz. In weiterer Bedeutung wird im Forstwesen auch zuweilen das Laubholz Buschholz genannt, im Gegensatze des Tangelholzes. 2) Ein mit solchem Buschholze bewachsener Platz, ein Gebüsch, oder Busch. Es befinden sich bey diesem Gute drey schöne Buschhölzer.


Buschhummel (W3) [Adelung]


Die Buschhummel, plur. die -n, eine Art Hummeln von mittlerer Größe, rauch und von gelblicher Farbe, welche sich in Gebüschen aufhält, Apis lucorum; zum Unterschiede von den Waldhummeln, Grashummeln und Mooshummeln.


Buschicht (W3) [Adelung]


Buschicht, -er, -este, adj. et adv. einem Busche gleich. Ein buschichtes Gewächs. Buschichte, d. i. verworrene Haare.


Buschig (W3) [Adelung]


Buschig, adj. et adv. Büsche und Gebüsche habend. Auch der Hase flüchtet sich nun zum buschichten (buschigen) Vorholz, Zach.


Buschkauf (W3) [Adelung]


Der Buschkauf, S. Bauschkauf.


Buschklepper (W3) [Adelung]


Der Buschklepper, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinem Leben, ein Räuber, welcher sich in den Gebüschen versteckt, und den Vorbeyreifenden daselbst auflauert; ein Strauchdieb, Nieders. Tuunsliker, will er gleichsam hinter den Zäunen schleichet. Frisch leitet die letzte Hälfte dieses Nahmens von klappern oder klopfen her, wodurch diese Leute ihren Gehülfen ein Zeichen zu geben pflegen; allein er scheinet vielmehr von dem Nieders. kleppen, laufen, zu seyn, S. Klepper. Im Französischen wurden sie ehedem Feuillars, Galans de la Feuille, Godins genannt, letzteres von Gaudus, Gualdus, Wald. S. aber auch Klepper.


Buschkohl (W3) [Adelung]


Der Buschkohl, S. Büschelkohl.


Buschmaus (W3) [Adelung]


Die Buschmaus, plur. die -mäuse, oder die Buschratze, plur. die -n, eine Art Amerikanischer Mäuse oder Ratzen, welche den Beutelratzen gleichen, nur daß sie keine Beutel haben, worin sie ihre Jungen tragen. In ihrem Vaterlande werden sie Tlaquatzin, in Brasilien Tai-ibi, in Portugall aber Caborro do Marto, d. i. Waldmaus genannt, weil sie sich in Wäldern und Büscher aufhalten.


Buschratze (W3) [Adelung]


Die Buschratze, plur. die -n, S. das vorige.


Buschrege (W3) [Adelung]


Die Buschrege, plur. die -n, auf den Buschherden, ein lebendiger Vogel, welcher auf dem Läuferplatze gereget, d. i. auf und nieder gezogen wird.


Buschschnepfe (W3) [Adelung]


Die Buschschnepfe, plur. die -n, S. Waldschnepfe.


Buschstreu (W3) [Adelung]


Die Buschstreu, plur. inus. in der Landwirthschaft, die Streu aus den Wäldern, das Laub der Bäume, besonders des Nadelholzes, wenn es dem Viehe statt des Strohes untergestreuet wird; Laubstreu, Nadelstreu..


Buscht (W3) [Adelung]


Der Buscht, des -es, plur. die -e, bey den Paviermachern, ein Pack von 182 frisch gemachten und mit Filz durchschossenen Bogen. Drey Buscht machen ein Kieß. Daher der Buschtfilz., des -es, plur. die -e, die Filze, zwischen welche die frisch gemachten Bogen geleget werden.

Anm. So fremd dieses Wort auch klinget, so ist es doch wohl Deutsch, und vermuthlich aus Busch, Büschel verderbt, welches ehedem auch ein Pack, Packet, bedeutete. Frisch führet aus dem Pictorius das Wort Buscholete, ein Pack oder Bündel an. Indessen stehet es noch dahin, ob Buscht, Bust, ehedem nicht einen Haufen bedeutet hat. Das Wort Wust wird im gemeinem Leben noch so gebraucht, und einige Oberdeutsche Mundarten, besonders die Schwäbische, sprechen das st ohnehin allemahl wie scht aus. S. Wust.


Buschwerk (W3) [Adelung]


Das Buschwerk, des -es, plur. car. Buschholz, Gebüsch. Ein Acker der mit Buschwerk umgeben ist.


Büse (W3) [Adelung]


Die Büse, plur. die -n, eine Art Schiffe in Holland, von etwa sechzig Tonnen, welche wie ein Fliboth gebauet sind, und am häufigsten zum Häringsfange gebraucht werden, daher sie auch Häringsbüsen heißen; aus dem Holländ. Buise, Buyse. Es ist ein altes Wort, wie aus dem du Fresne erhellet, bey welchem Bussa, Buza, Bucca, Bucia, Buscia, Burcia, u. s. f. häufig genug von einer Art großer Schiffe vorkommen.


Busenfreund (W3) [Adelung]


Der Busenfreund, des -es, plur. die -e, ein sehr vertrauter, geliebter Freund, welchen man gleichsam in seinem Busen träget; oder auch als eine Anspiegelung auf Johannem den geliebten Freund Christi, der an seiner Brust lag.


Busenstreif (W3) [Adelung]


Der Busenstreif, des -es, plur. die -e, ein schmaler Streif von seiner Leinwand an dem Busen bey der Geschlechter.


Busensünde (W3) [Adelung]


Die Busensünde, plur. die -n, in der Theologie, eine Lieblingssünde; Schooßsünde.


Bußaar (W3) [Adelung]


Der Bußaar, des -en, plur. die -en, eine vornehmlich Oberdeutsche Benennung einer Art Falken, welche so groß als ein Fasan ist, lange Schenkel und kurze Füße hat, aber nicht zur Jagd gebraucht wird, sondern sich von Mäusen und todtem Hase ernähret, daher er auch Mäusefalk genannt wird; Falco Buten vul garis, Kl. Der Nahme Bußaar, welcher auch Bußhard geschrieben und gesprochen wird, ist alt, und liegt schon in dem mittlern Latein. Busio zum Grunde. Die Engländer nennen diesen Falken Buzzard, die Franzosen Busard, Buissart, Buisard, Buse, die Italiäner Buzzago. Den Nahmen soll er von seinem beständigen Schreyen und Busen, d. i. Blasen, haben, daher einige Italiäner ihn auch Trombone nennen. Bey dem Stumpf heißt er Busant, bey andern Oberdeutschen Bußfahrn, Buspart. Die meisten neuern Schriftsteller nennen ihn auch Buteo, allein de Thon behauptet bey dem du Fresne v. Butor, daß der Buteo, bey dem Plinius ein edler Falke oder Adler sey, den man nicht mit dem feigen Buzard verwechseln müsse. Da man in Ober-Elsaß alle große Raubvögel Poussants, Poussanten nennet, von pousser, stoßen, so könnte auch wohl Bußaar davon abstammen, und einen Stoßvogel überhaupt bedeuten. In der Lotharingischen Volkssprache heißt der Falke vermuthlich eben daher Bouhon, Bouho.


Buße (W3) [Adelung]


Die Buße, plur. die -n, von dem folgenden Verbo büßen. 1. * Die Verbesserung einer verdorbenen Sache, im eigentlichsten Verstande, und ohne Plural. In dieser im Hochdeutschen veralteten Bedeutung gebraucht nicht nur Kero schon Puazza, sondern es kommt auch dieselbe noch hin und wieder im Oberdeutschen vor, wo z. B. die Bußwürdigkeit der Wege, die Nothwendigkeit ist, solche auszubessern. Besonders gebrauchte man es ehedem für allerley Art der Hülfe. Ob er besteckt mit seinem fueß, So thu im deß halben khein pueß, Theuerd. keine Hülfe. Das im wurde buoz und heil an sinem fuoz getan, Fabeln der Schwäb. Dicht. Fab. 47. Bey dem Hornegk heißet daher auch ein Arzeneymittel Puezz.2. Verbesserung, d. i. Ersetzung eines zugefügten Schadens, oder einer angethauen Beleidigung. 1) * Überhaupt, in welcher, im Hochdeutschen gleichfalls veralteten Bedeutung dieses Wort in den mittlern Zeiten noch häufig vorkommt. O we truren und klagen Wisol mir din mitfroiden werden iemer buos, Reinmar der Alte, wie soll mir für dich jemahls mit Freuden Vergütung geschehen? Die ich da minne uad miden muos Hat mir sorgen viel gegeben Der mir niemer wirdet buos, Rudolph v. Rotenburg, die mir nie vergütet werden. 2) Besonders. (a) Im rechtlichen Verstande, da Buße diejenigen gerichtliche Genugthuung bedeutet, welche man dem beleidigten Theile geben muß, besonders, wenn sie in Gelde geschiehet; im Gegensatze der Brüche und wette, welche für die Übertretung des Gesetzes an den Richter bezahlet wird. In dieser Bedeutung ist es noch in Niedersachsen, im Hochdeutschen aber auch unter den Handwerkern üblich, wo Bußen mehrmahls Geldstrafen bedeuten. In weiterer Bedeutung führet auch, besonders im gemeinem Leben, eine jede Strafe diesen Nahmen, wenn sie gleich nicht in Gelde, noch an den Beleidigten gegeben wird. Einem eine Buße auflegen. Kirchenbuße. Ich will mir die schrecklichsten Bußen auflegen, Weiße. Der soll sein Urtheil um der That willen haben, es sey zum Tod, oder in die Acht, oder zur Buße am Gut, oder ins Gefängniß, Esr. 7, 26. Darzuo wart ir buos gegeben, ward ihr zur Strafe auferlegt, in der 44ten Fab. der Schwäb. Dichter. Ja es bedeutet auch zuweilen so viel als ein jede Bezahlung, doch nur in den Zusammensetzungen Einbuße und Zubuße. (b) Im theologischen Verstande, die Genugthuung für begangene Sünden durch verdienstliche gute Werke. In diesem Ver-stande kommt das Wort in der Römischen Kirche sehr häufig vor, wo die Buße auch ein Sacrament ist. Einem eine Buße auflegen, oder etwas zur Buße auflegen. In der Protestantischen Kirche hat man dieses Wort behalten, aber einen andern Begriff damit verbunden; denn da ist Buße nichts anders, als die schmerzhafte Reue über die begangenen Sünden, so fern sie mit der Besserung des Lebens verbunden ist, und in dieser Bedeutung ist der Plural ungebräuchlich. Buße thun. Eine ernstliche, rechtschaffene Buße. Deine Buße ist nicht rechter Art.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Kero Puazza, bey dem Notker Buozzo. Beyde gebrauchen es für Verbesserungen, der letzte aber schon für poenitentia. Die Oberschwaben sprechen dieses Wort noch jetzt Buaß aus, um welches alten Doppellautes willen es im Hochdeutschen auch ein langes u hat, dagegen andere Mundarten es mit einem kurzen u Busse sprechen. Die Nieders. Mundart hat hier statt des Zischlautes ein t, Bote, Schwed. Bot, Dän. Boed, Bod, Angels. Bot, Engl. Bote, Holländ. Boete. So fern dieses Wort eine Geldstrafe bedeutet, kommt es mit dem Latein. Emenda, und dem Franz. Amende überein, welche eigentlich gleichfalls eine Verbesserung bedeuten. S. das folgende.


Büßen (W3) [Adelung]


Büßen, verb. reg. welches in dreyfacher Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1. Ausbessern, verbessern, in der eigentlichsten Bedeutung. Die Lücken an der Mauer büßen, Nehem. 4, 5, ausbessern. Daher sagt man noch jetzt im gemeinen Leben, die Lücken büßen müssen, oder Lückenbüßer seyn, eines andern Versehen wieder gut machen, eines andern Stelle vertreten müssen. Außer dieser Redensart ist es im Hochdeutschen veraltet, nicht aber im Oberdeutschen, wo man noch jetzt alte Kleider, böse Wege u. s. f. büßet, d. i. ausbessert. S. Ausbüßen, und Bußstück. 2. Den zugefügten Schaden ersetzen, in welcher jetzt fast veralteten Bedeutung man ehedem sagte, einen büßen, und einen Schaden büßen. Laß die Strafe, die ich erduldet habe, meine Beleidigung büßen, Dusch. Froven guete mannen kumber buesset, Markgr. Otto von Brandenb. Das ich sie sehen muesse, Vnd alle ir sorge buesse, Reinmar der Alte. Ingleichen für etwas genug thun. er büßet mit seinem Leben. Und selbst mit deinem Blute sollst du dieses Beleidigung büßen, Weiße. Mit dem Tode wettet man den Richter und büßet den Kläger, welcher alte Rechtsspruch den Unterschied zwischen Buße und Wette deutlich an den Tag leget. S. auch das folgende Neutrum. Wi mag si die sunde buissen? Ulrich von Winterstetten. 3. Befriedigen, von Empfindungen und Leidenschaften, welcher Gebrauch vermuthlich eine Figur der vorigen Bedeutung ist. Darum, daß die Philister gerochen haben, und den alten Haß gebüßet - - am Schaden meines Volks, Ezech. 25, 15. Da aßen sie und wurden allzusatt. Er ließ sie ihre Lust büßen. Da sie nun ihre Lust gebüßet hatten, u. s. f. Ps. 78, 29, 30. Denn es kamen ihnen Wachteln vom Meer, ihre Luft zu büßen, Weish. 19, 12. In dieser Bedeutung ist es in der Redensart seine Luft büßen, im Hochdeutschen noch am üblichsten, obgleich solche nur im gemeinem Leben gebräuchlich ist. Ottfreid gebraucht es von dem Hunger und dem Durste: Ir gebuaztut in uuarThurst inti hungar, B. 5, Kap. 20, ihr stilletet mir den Hunger und Durst. Obgleich büßen in allen diesen Bedeutungen ein wahres Activum ist, so ist es doch in den beyden letztern im Passivo nicht gebräuchlich.II. Als ein Factitivum, zur Ersetzung des zugefügten Schadens anhalten, an Gelde strafen, und in weiterer Bedeutung überhaupt strafen. So sollen die Ältesten der Stadt den Mann nehmen und züchtigen und um hundert Seckel Silbers büßen, 5. Mos. 22, 19. Und büßte das Land um hundert Centner Silbers, 2. Chron. 36, 3. In dieser Bedeutung ist es nur noch in den Niedersächsischen Gerichten üblich. Ehedem gebrauchte man es auch in weiterm Verstande von Leibesstrafen. Inan gibuoztan vorlazza, ich will ihn gezüchtiget entlassen, ihn züchtigen und los lassen, Tat.III. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, Strafe leiden. er muß jetzt dafür büßen. er soll mir schon dafür büßen. Er hat sein Verbrechen genug büßen müssen. Wenn die Obrigkeit sündigt, müssen die Unterthanen büßen. Bey ihnen kann man das Vergnügen über ungerechte Schmeicheleyen hart genug büßen. Wenn jemand schuldig ist, so laß die Schuld mich büßen, Weiße. Diese Bedeutung hänget mit der zweyten thätigen genau zusammen, ja sie ist nur eine Figur derselben.

Anm. Büßen in Oberschwalben buaßen, bey dem Ottfried buazen, bey dem Kero puazzen, im Nieders. hören, im Dän. bode, im Schwed. bota, im Isländ. baeta, im Angels. bote, bedeutet eigentlich physisch bessern, oder verbessern, und hernach den zugefügten Schaden ersetzen. Ottfried gebraucht es auch für Buße thun im theologischen Verstande. Es stammet von dem alten baß, in den Sächsischen und damit verwandten Mundarten hat, besser, her, welches aber auch als ein Hauptwort üblich war, und Nutzen bedeutete, wie noch das heutige Nieders. Bate, und Holländ. Bate. S. Besser. Das Hauptwort, die Büßung, kann so wohl in den Bedeutungen des Activi als auch in der Bedeutung des Neutrius gebraucht werden.


Büßer (W3) [Adelung]


Der Büßer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämininum die Büßerinn, plur. die -en, der oder die etwas büßet, ein Wort, welches in den Zusammensetzungen Lückenbüßer und Sündenbüßer am üblichsten ist. Doch werden in der Römischen Kirche auch diejenigen, welche zu gewissen Zeiten durch freywillige Geißelung u. s. f. für ihre und anderer Sünden Büßen, zumahl wenn sie von den drey Orden des heil. Franciscus sind, Büßer und Büßerinnen genannt.


Bußfällig (W3) [Adelung]


* Bußfällig, adj. et adv. verbunden Buße, d. i. eine Geldstrafe, zu erlegen; ein im Hochdeutschen veraltetes Wort.


Bußfertig (W3) [Adelung]


Bußfertig, -er, -ste, adj. et adv. 1) * Wie das vorige, in welcher Bedeutung es aber gleichfalls veraltet ist. 2) Im theologischen Verstande, zur Buße bereit, und in weiterer Bedeutung, wirkliche Buße, d. i. schmerzliche Reue über seine Sünden, an den Tag legend. Ein bußfertiges Gemüth. Ein bußfertiger Sünder. Daher die Bußfertigkeit, die Reue über begangene Sünden.


Bußgebeth (W3) [Adelung]


Das Bußgebeth, des -es, plur. die -e, das Gebeth eines bußfertigen Sünders.


Bußhard (W3) [Adelung]


Der Bußhard, S. Bußaar.


Bußkampf (W3) [Adelung]


Der Bußkampf, des -es, plur. die -kämpfe, bey einigen neuern Gottesgelehrten der Evangelischen Kirche, ein sehr uneigentlicher Ausdruck, die schmerzhafte Reue eines bußfertigen Herzens auszudrucken, welche figürlich unter einem Kampfe mit Gott vorgestellet wird.


Bußlied (W3) [Adelung]


Das Bußlied, des -es, plur. die -er, ein Lied für ein bußfertiges Gemüth, oder worin dasselbe seine Empfindungen der Reue ausdruckt.


Bußpredigt (W3) [Adelung]


Die Bußpredigt, plur. die -en, eine Predigt, in welcher die Sünder zur Buße ermahnet werden.


Bußpsalm (W3) [Adelung]


Der Bußpsalm, des -es, plur. die -en, Psalmen, welche David bey und in seiner Buße aussetzte, und deren an der Zahl sieben sind.


Bußstück (W3) [Adelung]


Das Bußstück, des -es, plur. die -e, bey den Hutmachern, ein Stück gefachten Hutzeuges, die dünnen oder fehlerhaften Stellen eines Hutes damit auszubessern; auch nur die Buße. Da dieses auf der linken Seite des Hutes geschiehet, so wird sie auch die Bußseite genannt.


Bußtag (W3) [Adelung]


Der Bußtag, des -es, plur. die -e. 1) Ein zur Buße gegen Gott gewidmeter Tag, besonders ein solcher öffentlicher Tag. 2) In einigen Gegenden werden auch die Waldgerichte, in welchen die Waldverbrecher an Gelde gestrafet oder gebüßet werden, Bußtage, Straftage, Waldbußtage genannt.


Bußtext (W3) [Adelung]


Der Bußtext, des -es, plur. die -e, ein Text, über welchen an einem öffentlichen Bußtage gepredigt wird.


Bußthräne (W3) [Adelung]


Die Bußthräne, noch mehr aber im Plural die Bußthränen, Thränen eines bußfertigen Gemüthes.


Bußübung (W3) [Adelung]


Die Bußübung, plur. die -en, in der Römischen Kirche, Übungen, wodurch man für seine und andere Sünden büßet.


Büste (W3) [Adelung]


Die Büste, plur. die -n, S. Brustbild.


Butskopf (W3) [Adelung]


Der Butskopf, S. Butzkopf.


Butt (W3) [Adelung]


* Butt, -er, -ste, adj. et adv. ein eigentlich Niedersächsisches, im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort. 1) Kurz und dick, ingleichen stumpf; daher man in den gemeinen Sprecharten auch das Verbum verbutten hat, unansehnlich klein bleiben. 2) Figürlich, grob, ungesittet. Ein butter Kerl, ein grober Gesell. Daher die Buttigkeit, Buttheit, Grobheit, Ungesittetheit.


Büttel (W3) [Adelung]


1. Büttel, eine Endung, welche an den eigenthümlichen Nahmen verschiedener Orte in Niedersachsen angetroffen wird; z. B. in Wolfenbüttel, Ritzebüttel u. s. f. Es ist das Diminutivum von Bode, Bude, im Wallisischen Buth, ein Gebäude, oder Haus. Auch das Angels. Botle bedeutet einen Meierhof. S. Bude.


Büttel (W3) [Adelung]


2. Der Büttel, des -es, plur. ut nom. sing. eine selbst im gemeinem Leben verächtlich gewordene Benennung, so wohl der niedrigsten Gerichtsdiener oder Häscher, als auch des Henkers und seiner Knechte.

Anm. Dieses Wort nicht zu allen Zeiten und in allen Gegenden den so verhaßten Nebenbegriff gehabt, welcher jetzt damit verbunden wird. Bey dem Stumpf heißt noch der Priester ein Büttel Gottes, d. i. ein Diener, der dessen Befehle ausrichtet. Am häufigsten wurde der Frohnbothe, oder der Gerichtsbediente Frohnbothen genannt. Im Schwab. Spieg. heißt es von diesen Frohnbothen Kap. 109: Etuua heizzent si gebutel, etuua Rihter, etuua anders, d. i. an einigen Orten heißet man die Gebütel, an andern Orten Richter, an andern anders. Die wahrscheinlichste Ableitung ist von dem Verbo biethen oder gebiethen, weil sie im Nahmen des Richters gebiethen mußten, so wie von warten und weisen, auch Wärtel und Weisel, für Wärter uns Weiser gemacht worden; ohne daß man eben nöthig hätte Bittel für Büttel zu schreiben. Das Nieders. Bödel, Böel, das Engl. Beadle, das Angels. Bydel, das Schwed. Bödel, das Isländ. Bodul, das Dänische Boddel, bedeuten alle entweder einen Bothen, oder einen Gerichtsdiener, oder auch den Henker. Herr Ihre ziehet die Ableitung von dem Isländ. bödla, martern, vor, welche sich aber mit dem Deutschen Gebrauche dieses Wortes nicht reimen lässet. S. auch Pedell. Schilter hält Büttel für das Diminutivum von Bothe, welchem aber das männliche Geschlecht widerspricht. S. auch Henker.


Buttelbier (W3) [Adelung]


* Das Buttelbier, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, in den gemeinen Sprecharten, Bouteillen-Bier, aus welchem Worte es auch zusammen gezogen ist. Daher man daselbst auch das Verbum butteln, schäumen, besonders von dem Bouteillen-Biere, hat.


Bütteley (W3) [Adelung]


Die Bütteley, plur. die -en, im gemeinem Leben einiger Orte, das öffentliche Gefängniß, weil es gemeiniglich unter der Aussicht des Büttels oder Gerichtsdieners stehet, der ehedem auch seine Wohnung daselbst hatte.


Buttelnase (W3) [Adelung]


Die Buttelnase, plur. die -n, in der Niedersächsischen Gegenden, der Nahme einer Art dreyzehiger Patschfüße, welche so groß als eine Änte ist, und einen kurzen dreyeckigen Schnabel hat; Plautus arcticus, Kl. Engl. Bottle-nose. Er hat den Nahmen von dem Nieders. butt, stumpf, wegen seines stumpfen Schnabels. S. 2. Butte. Wegen seiner weißen Backen wird er auch Weißback genannt.


Buttenkorb (W3) [Adelung]


Der Buttenkorb, plur. die -körbe, in den Salzwerken, ein Korb in Gestalt einer Butte, in welchen man das gekochte Salz aus dem Kessel thut.


Buttenträger (W3) [Adelung]


Der Buttenträger, des -s, plur. ut nom. sing. gemeine Krämer, welche ihre Waaren auf dem Lande in Butten hansiren tragen; Reffträger, Tabulett-Träger.


Butter (W3) [Adelung]


Die Butter, plur. car. 1) Eigentlich, das aus der Milch besonders des Rind- und Schafviehes geschiedene Fett. Frische Butter. Gesalzene, ungesalzene Butter. Ausgelassene, ausgeschmelzte Butter, welche geschmelzet und von dem Salze geschieden worden. Er besteht wie Butter an er Sonne, in einer niedrigen Figur, er steht beschämt da, kann nichts zu seiner Entschuldigung vorbringen. 2) Wegen einiger Ähnlichkeit nennet man in der Thymie auch diejenigen schmierige Substanz eine Butter, welche man erhält, wenn man ein Metall oder Halbmetall mit einem corrosiven Sublimate in einer Retorte destilliret. Daher Bleybutter, Spießglasbutter u. s. f.

Anm. Dieses alte Wort lautet im Nieders. Botter, im Holländ. Boter, im Angels. Butere, im Engl. Butter, im Lat. Butyrum, im Ital. Butiro, Burro, und im Franz. Beurre. Allem Ansehen nach haben unsere Vorfahren dieses Wort mit der Sache selbst aus ihren ehemahligen Wohnsitzen, der heutigen Tataren gebracht, denn schon Hippokrat versichert, daß - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bey den damahligen Scythen Butter bedeutet habe. Vermuthlich haben es die Griechen auch daher erhalten; ob es aber, wie Plinius behauptet, von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - eine Kuh, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, coagulum, herstammet, muß man freylich dahin gestellet seyn lassen. So viel ist doch gewiß, daß die heutigen Tataren mit Weglassung der ersten Sylbe, Thur, für Butter sagen. Brauchte man für Butter ein Deutsches Stammwort, so würde sich das alte batten, schlagen ( S. 3. Beutel) oder butten, stoßen, vielleicht nicht uneben hierher schicken, weil doch die Butter durch Schlagen oder Rütteln von der Milch geschieden wird. S. Buttern.Im Hochdeutschen ist das weibliche Geschlecht diese Wortes allgemein. Allein Oberdeutschen ist es männlichen Geschlechtes, der Butter, und in einigen Gegenden sagt man auch das Butter. In beyden Fällen sind schon die Griechen mit ihrem - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - voran gegangen.Kero nennet die Butter Anka, welches, dem Wachter zu Folge, aus Unguentum zusammen gezogen seyn soll. Noch jetzt bedeutet am Oberrheine und in der Schweiz der Anken oder die Anke ausgelassene Butter. In einem 1482 in Oberdeutschland gedruckten Vocabulario heißt es: Puter, Milichschmalz, Ancke; und an einem andern Orte: Ancke, sagimen oder ungeleuterte Butter. Kuhschmer ist ein anderes altes Wort, welches unter andern auch in Lipsil Glossen für Butter gefunden wird. Eingemachte, oder ungesalzene, oder ausgeschmelzte Butter heißt in Oberdeutschland Schmalz, und in Obersachsen Schmelzbutter.


Butterampfer (W3) [Adelung]


Der Butterampfer, S. Buchampfer.


Butterbämme (W3) [Adelung]


Die Butterbämme, plur. die -n, im gemeinen Leben, ein mit Butter bestrichenes Stück Brot; eine Butterschnitte, in Niedersachsen ein Butterbrot, an andern Orten eine Butterstolle. Weil eine solche Butterbämme im franz. Bouteram, und im Holländ. Boteram heißt, so leiten Schilter und Menage das Deutsche von diesen her; allein in diesem ist die letzt Hälfte unstreitig unser Deutsches Rahm. S. dieses Wort. Frisch hat den wunderlichen Einfall, das Wort Bämme komme von bammen, dem Schalle einer Glocke her, und man habe eine Butterschnitte im Scherze mit einer Glocke verglichen. Durch solche Ableitungen kann man aus einem jeden Worte machen, was man nur will. Warum fiel ihm nicht das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein, wovon schon Apulejus und Columella bambatus für intinctus haben. Ver muthlich stammet das deutsche Bämme mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - aus einer gemeinschaftlichen ältern Quelle her. In Franken heißt eine Butterbämme eine Butterweiche, welches mit jenem einerley Bedeutung hat. S. auch Pomade.


Butterbirn (W3) [Adelung]


Die Butterbirn, plur. die -en, eine Art Birnen, welche so weich und saftig wie Butter sind, und im Munde beynahe von sich selbst zerfließen; im Oberdeutschen Schmalzbirn. Man hat zwey Arten derselben, die weiße und graue. Engl. the Pear beurre, Franz. Poire beurree blanche und grise, kürzer Beurre blanc und Beurre gris, welche Nahmen auch im Deutschen üblich sind.


Butterblume (W3) [Adelung]


Die Butterblume, plur. die -n, eine im gemeinem Leben übliche Benennung verschiedener gelber Blumen und deren Pflanzen, mit welchen man die Butter gelb zu färben pflegt, oder von welchen die Butter gelb werden soll, wenn die Kühe sie fressen. 1) Des Löwenzahnes, oder der Dotterblume; Leontodon Taraxacum, L. S. Dotterblume. 2) Einer Art des Hahnenfußes, welche in den Wäldern und an den Zäunen wächset; Ranunculus foliis radicalibus reniformibus, crenatis, incisis, caulinis, digitatis, linearibus, caule multifloro, L. 3) Der Caltha, L. welche gleichfalls Dotterblume genannt wird. S. dieses Wort. Alle diese Pflanzen werden um der angeführten Ursache willen auch Schmalzblumen genannt.


Butterbohrer (W3) [Adelung]


Der Butterbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bohrer, ein Faß mit Butter anzubohren, und etwas Butter zur Probe damit heraus zu hohlen.


Butterbräzel (W3) [Adelung]


Die Butterbräzel, plur. die -n, ein von Butterteige verfertigtes Gebäck in Gestalt einer Bräzel; Nieders. Butterkringel.


Butterbrot (W3) [Adelung]


Das Butterbrot, des -es, plur. die -e. 1) S. Butterbämme. 2) Ein Butterbrot werfen, ein Spiel der Kinder in Niedersachsen und Preußen, da sie Scherben oder platte Steine nach einem spitzigen Winkel auf die Oberfläche des Wassers werfen, so daß sie einige Mahl nach einander davon abspringen; in andern Nieders. Gegenden Püttchen smiten, in Bremen schirken, in Lübeck bleyern. Es war schon den Griechen bekannt, und unter den Lateinern hat es Minutius Felix beschrieben.


Butterbrühe (W3) [Adelung]


Die Butterbrühe, plur. von mehrern Arten, die -n, in den Küchen, eine Brühe, in welcher die Butter der vornehmste Bestandtheil ist.


Butterbüchse (W3) [Adelung]


Die Butterbüchse, plur. die -n, eine Büchse, oder ein ihr ähnliches Gefäß, in welches die Butter zum verspeisen aufbehalten wird.


Butterfaß (W3) [Adelung]


Das Butterfaß, des -sses, plur. die -fässer, in der Haushaltung ein hohes Faß, in welchem die Butter aus der Sahne geschieden wird; an einigen Orten ein Rührfaß, im Nieders. Karne, S. Buttern.


Butterfliege (W3) [Adelung]


Die Butterfliege, plur. die -n, eine besonders in Niedersachsen übliche Benennung der Schmetterlinge, besonders der großen weißen Art derselben, welche nach der Milch und Butter lüstern sind, daher sie auch Buttervögel, Molkendiebe, Molkenteller, Milchdiebe u. s. f. heißen. Holl. Bodervliege, Angels. Bolturfleoge, engl. Butterfly. Skinner glaubt, daß sie diesen Nahmen von dem feinen Staube an den Flügel haben, welcher dem Gefühle so glatt und schmierig wie Butter vorkommt.


Buttergebacken (W3) [Adelung]


Buttergebacken, adj. et adv. welches doch nur als ein Substantiv üblich ist. Das Buttergebackene, oder Buttergebackenes, Backwerk oder Kuchen, wozu der Teig mit heißer Butter angemacht, oder mit vieler Butter vermenget wird.


Butterhose (W3) [Adelung]


Die Butterhose, plur. die -n, eine Hose, d. i. ein kleines längliches enges Faß voller Butter, oder welches zur Aufbehaltung der Butter bestimmt ist. Daher Hosenbutter, welche in solchen Hosen aufbehalten worden. S. Hose.


Butterkraut (W3) [Adelung]


Das Butterkraut, des -es, plur. inusit. eine Benennung des Fettkrautes oder der Schmerzwurz, Pinguicula vulgaris, L. deren Blätter mit einem fettigen Wesen überzogen sind, welches die Milch sehr gerinnen macht. S. Fettkraut.


Buttermilch (W3) [Adelung]


Die Buttermilch, plur. car. diejenige säuerliche Milch, welche übrig bleibt, wenn die Butter aus der Sahne geschieden ist; Nieders. Bottermelk, Karnmelk, Karmelk, Holl. Botermelck, in Franken Schlägelmilch.


Buttern (W3) [Adelung]


Buttern, verb. reg. neutr. mit haben. 1. Durch beständige Bewegung der Sahne Butter hervor bringen. Die Magd buttert. wir werden morgen buttern. 2. Zur Butter werden. Wenn man Zucker in das Butterfaß wirft, so buttert die Sahne nicht. daher auch die figürliche niedrige Art des Ausdruckes, es will nicht buttern, es will mit der Sache nicht fort.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort bottern. Wenn Butter von batten, schlagen, oder butten, stoßen. abstammere, so würde buttern füglich das Frequentativum von einem dieser Zeitwörter seyn können; denn es ist bekannt, daß Buttern nichts anders ist, als ein wiederholtes Stoßen oder Schlagen. Die Niedersächsische und die mit ihr verwandten Mundarten haben noch ein anderes Wort, diese Verrichtung zu benennen, welches karnen lautet, im Dän. kiärne, im Schwed. kerno, im Angels. cernan, im Holländ. kernen, im Engl. to churn, im Finnischen kirna. Daher heißt ein Butterfaß im Nieders. Karne, im Angels. Cerene, im Engl. Churn oder Chern, im Holländ. Kern, im Schwed. Kerna, und im Esthnischen Kirnu. Skinner leitet dieses Wort von cernere, abscheiden, her, Junius von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - mischen; Wachter von einem gewissen alten curo, schlagen, und Ihre von Quern, eine Mühle, und Quirl. Aber man kann hier immer bey dem bekannten Worte Kern stehen bleiben, indem die Butter doch nichts anders ist, als der Kern der Milch.


Butteröhl (W3) [Adelung]


Das Butteröhl, des -es, plur. inusit. in den Apotheken, ein aus Butter und Ziegelmehl destillirtes Öhl.


Butterrolle (W3) [Adelung]


Die Butterrolle, plur. die -n, in der Landwirthschaft, eine Rolle, oder hölzerne Maschine, wo man durch Hin- und Wiederschieben eines an einer Welle befestigten Schwängels den Butterstängel auf und niederziehen, und also Butter verfertigen kann.


Butterschminke (W3) [Adelung]


Die Butterschminke, plur. inus. ein Nahme des Orlean, weil man damit die Butter zu färben pflegt.


Butterschnitte (W3) [Adelung]


Die Butterschnitte, plur. die -n, S. Butterbämme.


Butterstämpel (W3) [Adelung]


Der Butterstämpel, des -s, plur. ut nom. sing. der Stämpel oder Stiel mit einer runden, starken, durchlöcherten Scheibe am Ende, womit die Sahne auf und niedergestoßen und dadurch die Butter aus derselben geschieden wird; der Butterstiel, Buttersterl.


Butterstecher (W3) [Adelung]


Der Butterstecher, des -s, plur. ut nom. sing. ein vorn mit Zähnen versehener gerippter Spatel, die Butter in Gestalt dünner Blätter aus einem Fasse heraus zu stechen.


Butterstolle (W3) [Adelung]


Die Butterstolle, plur. die -n. 1) An einigen Orten eine Butterbämme. 2) Ein Gebackenes, worauf man Butter streicht, wenn es aus dem Ofen kommt. 3) Ein Gebackenes von Weitzenmehl, Ehern, Butter und Hefe, in Gestalt einer Stolle. Wird der Teig geflochten, so heißt es ein Butterzopf.


Butterstriezel (W3) [Adelung]


Die Butterstriezel, plur. die -n. 1) Ein in eine längliche Gestalt wie eine Striezel gebrachtes Stück Butter. 2) In Oberdeutschland, Striezel, welche aus einem Butterteige gebacken werden. S. Striezel.


Butterteig (W3) [Adelung]


Der Butterteig, des -es, plur. inus. ein mit vieler Butter durchgearbeiteter Teig, der zu dem Buttergebackenen, Pasteten u. s. f. gebraucht wird.


Buttertopf (W3) [Adelung]


Der Buttertopf, des -es, plur. die -töpfe, ein irdener unglasurter Topf, Butter darin aufzubehalten.


Buttervogel (W3) [Adelung]


Der Buttervogel, des -es, plur. die -vögel, S. Butterfliege.


Butterweck (W3) [Adelung]


Der Butterweck, des -es, plur. die -e. 1) Ein aus Butterteig gebackener Weck. 2) Ein Stück Butter, welchem man die Gestalt eines Weckes gegeben hat. S. Weck.


Butterzopf (W3) [Adelung]


Der Butterzopf, des -es, plur. die -zöpfe, S. Butterstolle.


Buttfisch (W3) [Adelung]


Der Buttfisch, des -es, plur. die -e, S. 2. Butte.


Büttgesell (W3) [Adelung]


Der Büttgesell, des -en, plur. die -en, bey den Papiermachern, derjenige Arbeiter, welcher an der Bütte stehet, die Formen eintaucht, und die Bogen Papier unmittelbar bildet. S. 1. Butte.


Büttkrücke (W3) [Adelung]


Die Büttkrücke, plur. die -n, bey den Papiermachern, eine Krücke oder durchgelöcherte Scheibe, den Zeug in der Bütte damit umzurühren. S. 1. Butte.


Büttloch (W3) [Adelung]


Das Büttloch, des -es, plur. die -löcher, bey eben denselben, ein breterner Rasten neben der großen Bütte, mit einer Rührstange, welche den in der Holländerey gemahlnen Zeug stüssiger macht. Er wird auch der Kechen genannt.


Büttner (W3) [Adelung]


Der Büttner, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, besonders im Oberdeutschen, ein Bötticher; von den Butten, einer der vornehmsten Arbeiten derselben. S. Böttcher.


Buttsohle (W3) [Adelung]


Die Buttsohle, plur. die -n, ein Seefisch, welcher zu denjenigen Schollen gehöret, welche die Augen auf der rechten Seite haben, und auch nur schlechthin Sohlen, ingleichen Zungen und Zungenfische genannt werden; Platessa Solea, L. Sie haben einen länglichen und ganz scharfen Körper.


Butzkopf (W3) [Adelung]


Der "Butzkopf", des -es, plur. die -köpfe, eine Art Delphine, welche sich in den mitternächtigen Gewässern aufhält, zwanzig bis fünf und zwanzig Schuh lang wird, und einen stumpfen Kopf hat; "Orca, L." Von dieser stumpfen Gestalt seines Kopfes hat er auch den Nahmen erhalten; denn im Nieders. bedeutet "butt", "stumpf". S. "Butt".


Buxbaum (W3) [Adelung]


Der Buxbaum, S. Buchsbaum.


Byrol (W3) [Adelung]


Der Byrol, oder Byrolt, S. Goldamsel.


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