abrasseln, crepitando abire, mit geräusch abfahren: der wagen rasselt aus dem thor ab; säbelhiebe pfeifen durch die luft, abrasselnd auf panzer und tartsche. Fr. Müller 1, 359.
"affiliieren" = "anschließen", "beigesellen"
Allergnädigst, adj. et adv. welches gleichfalls nur in der Courtoisie des Kanzelley-Styles von Kaisern und Königen gebraucht wird. So wohl als ein Adjectiv, in Anreden; allergnädigster Kaiser, König; als auch als ein Adverbium: Ew. Majestät werden allergnädigst geruhen u. s. f.
"Allergnädigste Gewährung der Rechte"
Vor 150 Jahren hob Zar Alexander II. die Leibeigenschaft auf
Von Monika Köpcke
Die adligen russische Gutsherren konnten jahrhundertelang über nahezu jeden Lebensbereich ihrer Leibeigenen in der Landbevölkerung bestimmen. Erst vor 150 Jahren, am 3. März 1861 und damit ein halbes Jahrhundert später als in Europa, schaffte Zar Alexander II. die Leibeigenschaft ab - nicht etwa aus humanistischen Gründen, sondern aus reinem Machtkalkül.
...
"Allgemach", ein Umstandswort, mit einer sanften gelinden Bewegung, und figürlich, "nach und nach", wie "allmählich". - Bis endlich allgemach Die Wangen und der Mund mit neuen Rosen prangen, Wiel.
Anm. All verstärkt hier bloß die Bedeutung. Die Niedersachsen lassen es weg, und sagen "gemach". S. "Gemach" und "Allmählich".
"Anheischig", von dem veralteten "anheißen", "versprechen", welches aber nur als ein Adverbium und in dem Ausdrucke üblich ist, "sich zu etwas anheischig machen", "sich dazu verbindlich machen". "Sich gegen einen anheischig machen". Es ist indessen mehr in der unterrichtenden und gerichtlichen, als in der edlern Schreibart: üblich. Wachter und Haltaus haben bereits angemerket, daß es mit "heischen", "fordern", nichts gemein hat, sondern von "heißen", "versprechen", abstammet, und daher billig "anheißig" gesprochen und geschrieben werden sollte, indem daß "ß" bloß durch eine gröbere Mundart in das zischende sch verwandelt worden. "An" ist hier entweder die Alemannische Verstärkung, oder zeiget auch den Gegenstand der Richtung an. S. auch Haltaus v. "Antheiß" und "Handheischung", in welchen aber die erste Sylbe von dem gegenwärtigen ganz verschieden ist.
"Heischen", verb. reg. act. "begehren", "verlangen", "bitten", "fordern". Ich wills geben, wie ihrs heischet, 1 Mos. 34, 12. Heische von mir, Ps. 2, 8. Die jungen Kinder heischen Brot, Klagel. 4, 4. Gesundheit heischet ihr sehr wenig, Wollust viel, Opitz. Nach Heischung der Gerechtigkeit, ebend. Im Hochdeutschen ist es veraltet außer daß es noch zuweilen von den Dichtern im Andenken erhalten wird. Der Tod der Müden heischt mein Lied, Gell. Und was hat er von dir geheischt? Weiße. Der Held, der dreymal Frieden heischt, Bevor u. s. f. Raml.
Anm. Es ist ein sehr altes Wort, welches noch im Oberdeutschen gangbar ist, und überhaupt, "verlangen", und dieses "Verlangen an den Tag legen" bedeutet, daher Ottfried "eiskon" auch für "wünschen" gebraucht. Bey eben demselben bedeutet es auch "forschen", "fragen", wie das Angels. "ascian", "aescian", "ahsian", und das Engl. "to ask", "fragen". Im Nieders. ist "esken", "eschen", gleichfalls "bitten", "verlangen", "fordern"; ein Amteschen, "darum anhalten", "bitten"; im Dän. "edske"; im Schwed. "aeska", im Epirotischen "hiesciun", im Griech. "???". Unser "heißen" ist genau damit verwandt, daher auch bey dem Opitz für "verheißen" mehrmahls "verheischen" vorkommt. Im Oberdeutschen wird auch in einigen Gegenden wirklich "heißen" für "heischen", "fordern", gesagt. Da der Übergang des Zischlautes in das "t" etwas sehr gewöhnliches ist, so gehöret auch "haitan", "bitten", bey dem Ulphilas, so wie das Griech "???", hierher. Im Oberdeutschen gehet es in einigen Mundarten irregulär; "ich hiesch", oder "ich iesch", Mittelw. "geheischen" oder "gehieschen". S. "Erheischen" und "Anheischig".
"anheischig" = "verpflichtet", "schuldig"
...
Nebenformen "antheysick", "hantheyssig", "anheizzig", "einheischig", "antheysick", "anheissig"
...
"Anheischig" ist ein alter Ausdruck für: "sich anbieten", "sich verpflichten".
(Beispiel: "Sich anheischig machen").
"anheischig", promittens, recipiens in se, kann mit dem vorhergehenden "anheischen" nichts zu schaffen haben, sondern scheint, nach ihm, verderbt aus "antheiszig", mhd. "antheizec" (Ben. 1, 660a), ahd. "antheizi" (Graff 4, 1087), alts. "andhêti", vovens, devotus. "anheischig werden" sagt man nicht mehr, nur [Bd. 1, Sp. 374]
"sich anheischig machen", geloben, auf sich nehmen: er machte sich anheischig, mit dem gröszten theile des königlichen kriegsheeres zu ihnen überzugehen. Wieland 7, 96; wer so spricht wie Tifan, macht sich anheischig sehr viel zu thun. 7, 186.
"anheischigmachung", f. votum, promissio: dem gewissen des schwörenden wird nichts zugemutet als die anheischigmachung. Kant 6, 156; so gebietet die ethik, dasz ich eine in einem vertrage gethane anheischigmachung, wenn mich der andere theil gleich nicht dazu zwingen könnte, doch erfüllen müsse. Kants rechtsl. 1798 s. xvi. statt dieses schleppenden ausdrucks wie viel schöner war das ahd. mhd. antheiz.
"anheischig" nur idVbdg "sich anheischig machen": sich (durch Vertrag, Versprechen) verpflichten einen Vergleich .. worinnen Sie sich anheischig machte, ihnen die Schuld ihres Sohnes .. in 4. Terminen abzutragen DjG3 4,214,8 RAnw [25.4.74] Er [Hofmechanikus JChFKörner] wollte sich zwar nicht a. machen bis Johannis das Instrument .. zu liefern, allein versprach doch bis dahin weit vorgerückt zu seyn B30,188,23 Voigt 12.5.15 ein englischer Sprachmeister .. welcher sich a. machte, innerhalb vier Wochen, einen jeden der nicht ganz roh in Sprachen sei, die englische zu lehren 26,194,21 DuW 4 B42,387,10 CarlAug 5.7.27 uö vgl "verpflichten" ("sich verpflichten")
"heischen" im Rhein. sind ahd. "eiscon" "befehlen" und "heizan" "benamen" begrifflich zusammengefallen, indem für beide Bed. hier nur "heischen", da nur "heissen" gilt, ...
...
08. "anheischig": (nur in der Verbindung: "sich anheischig machen") "sich erbieten", "verpflichten"
...
in einer Urkunde vom 13. Februar 1807, den Bau eines Schulhauses in meinem Heimatdorf Sterley betreffend, findet sich der Satz Zitat:
"Jetzt entsteht die neue *annoch* Hochgefälligst zu bestimmende Frage: ob zu der Conferenz mit den *eingepfarreten* Obrigkeiten... auch die Häuslinge mit eingeladen werden sollen?"
Ich habe Verstehensschwierigkeiten mit dem Wörtern "annoch" und "eingepfarret".
zu "annoch":
dem Satzduktus entsprechend ist es als Adverb im Sinne von "zusätzlich" gebraucht. Als Konjunktion scheidet es hier sicher aus. Unerklärlich bleibt mir die Vorsilbe "an". Ist damit nur eine Verstärkung im Sinne einer Dringlichkeit gemeint, oder verbirgt sich hinter dem heute nicht mehr gebräuchlichen Wort ein mir unbekannter Sachverhalt?
"Annoch", das durch das müßige "an" verlängerte Umstandswort "noch", welches im Hochdeutschen nur noch von den Kanzelleyen gebraucht wird. S. "An" und "Noch".
"Án", eine Präposition, welche überhaupt die Bedeutungen der Partikeln "in" und "nahe" in sich vereinigt, und so wohl mit der dritten, als mit der vierten Endung gebraucht wird.
... (und dann schließlich)
Anm. 6.
Diese Präposition ist schon in den ältesten Zeiten mit einigen Partikeln zusammen gesetzet worden; denn daß die letzte Sylbe in "oben", "unten", "hinten", "neben", "vorn" oder "vornen", unser "an" ist, erhellet aus den alten Schreibarten "obana", "untana", "hintana", "vorana". Weil es aber hier durch die Aussprache oft sehr unkenntlich wird, so setzet man es in manchen Fällen noch einmahl daran; S. -Anm. 2.
In der Oberdeutschen Mundart wird auch diese Partikel, so wie andere mehr, sehr gemißbraucht, so genannte Nachdrücke zu bilden, die oft weiter nichts als müßige Verlängerungen sind; wohin das "fornen an", für "vorn bey" dem Opitz Ps. 139, das "füran", "hinfüran", im Theuerdank, für "künftig", und das "anher", "ansonst", "anwo", "andurch", "anheut", "annebst", "annebenst", "anbenebenst", "anwiederum", "anforderist", "anmit", "anzu" u.a.m. der heutigen Oberdeutschen gehören. S. "En" 3. "Enhinter" für "anhinter" hat auch Luther 2. Mos 3, 1. aufgenommen, und "anjetzt", "annoch", und "anbey" sind auch unter den Hochdeutschen üblich geblieben.
...
"Nóch", eine Partikel, welche im Deutschen von einem großen Umfange ist, und bey einem gehörigen Gebrauche viel zu dem Nachdrucke und zu der Ründe der Rede beyträgt. Sie kommt in einer dreyfachen Hauptbedeutung vor, und stammet in denselben allem Ansehen nach auch aus einer dreyfachen Quelle her.
...
Auch in dieser ganzen Bedeutung lautet es schon bey den ältesten Oberdeutschen Schriftstellern "noh", im Nieders. "nog", "nah". Von dem vorigen ist es ganz verschieden, vielleicht auch von dem folgenden. Es scheinet in der Bedeutung der gegenwärtigen Zeit mit "nahe", "nun", und "neu" verwandt zu seyn, zumahl da Kero in dieser Bedeutung "nunoh" für "noch" gebraucht. Die Lateiner drucken es durch "adhuc", "etiam nunc", "etaimnum", "etiam dum" u.s.f. aus. Im Oberdeutschen und zuweilen auch im Hochdeutschen wird dafür auch das verstärkte "annoch" gebraucht. S. dasselbe.
...
"annoch" außer B31,218,25 nur in RAnw u amtl Schr 1)
1 temp: "bis jetzt", "noch immer"
... avertiret Unterzeichneter zum letztenmal hiermit allen und jeden, so allhier an die ehemalige .. Buddeische Handlung .. a. (wohl abgekürzt für "annoch") im Rückstande verblieben, sich .. mit der Zahlung .. einzufinden DjG3 4,281,6 RAnw 17.10.74 der beim Fürstlichen Amte Ilmenau a. (wohl abgekürzt für "annoch") befindlichen Rechnungen von den Jahren 1730 bis 1739 A(LA I 1,33,17) NachrBergb Ilmenau 28.8.83 [Eckardt BergwKomm] DjG3 3,389,19 RAnw [27.9.73] uö
2 additiv: "darüber hinaus", "auch noch"
... Übrigens ist zu Gunsten der sämmtlichen Beauftragten a. (wohl abgekürzt für "annoch") anzuführen, daß die Bibliothek .. eifriger wie sonst benutzt worden B31,218,25 CarlAug 11.7.19 K ist durch ein .. Decret .. Gegnerischem Anwaldt auferlegt worden: Die angezogene Hypothek Verschreibung a. (wohl abgekürzt für "annoch") ad Acta zu geben DjG3 3,395,33 RAnw [20.10.73] uö
3 modal iSv "doch noch"
Nun aber habe schließlich hinzu zu fügen, daß diesem Geschäft a. (wohl abgekürzt für "annoch") eine erwünschte Folge gegeben worden. Es ist nämlich mehrgedachtes Werk auf Großherzogl. Bibliothek schon vorhanden .. so beabsichtigen Höchstdieselben die Schenkung gedachten Werks .. zu Weihnachten [an die Universitätsbibliothek Jena] A(Vogel 395) Nachrichtl 8.12.28
"Auserkiesen", verb. reg. act. welches im Hochdeutschen völlig veraltet ist, und nur noch in der biblischen Schreibart vorkommt, für "erwählen", "aus mehrern auslesen". Bey den Oberdeutschen Schriftstellern ist dieses Zeitwort häufiger. Der ihm zu handeln auserkiest, Als wie es recht und ehrbar ist, Opitz. Bekennt mir, wen von diesen Ein weiser Mensch wohl muß zu folgen auserkiesen, ebend. Und so in mehrern Stellen. S. "Erkiesen".
Anm. Von diesem und den folgenden mit "auser-" zusammen gesetzten Zeitwörtern gilt eben dasselbe, was schon in der Anmerkung zu Auferbauen angemerket worden. Nehmlich, die eigentlich Form dieser Wörter ist die Zusammensetzung mit der Partikel "er", welche so wohl "aus" als "auf" bedeutete. Um nun diese Zweydeutigkeit zu vermeiden, setzte man eines von diesen beyden Vorwörtern voran; und so entstand aus "erkiesen", "erkören", "erlesen" u. s. f. "auserkiesen", "auserkoren", "auserlesen". Auch in der Conjugation und dem Gebrauche der Zeiten kommen die Verba mit denjenigen überein, welche mit "aufer-" zusammen gesetzet sind.
"Auserkören", verb. irreg. act. welches unter die zum Theil veralteten gehöret, indem von demselben nur noch das Imperfectum, und das Particip. Passiv. mit den davon gemachten Zeiten gebraucht wird, welches aber mit dem vorigen einerley Bedeutung hat. Gott hat uns "auserkoren". Ein von Gott "Auserkorner". Den unsre Göttinn sich zum Schauplatz "aus erkor", Wiel. Ich hab euch "auserkorn" Ein annder ganntz luftig gejaid, Theuerd. Kap. 69. S. "Chur" und "Erkoren". Ingleichen die -Anm. zu "Auserkiesen".
...
Bedrohte Wörter erkennt man daran, dass sie nur noch selten benutzt werden und einem altmodisch vorkommen. Es können alte Modewörter sein, die sich inzwischen überlebt haben, zum Beispiel "dufte" oder "knorke". Oder Wörter, die in Vergessenheit zu geraten drohen, weil die Dinge, die sie bezeichnen, aussterben, z.B. "Wählscheibe" oder "Jutebeutel". Ebenso alte Wörter, die von neuen Wörtern (Neologismen) verdrängt werden, wie "Hagestolz" (heute "Single") oder "Backfisch" (heute "Teenager").
(E?)(L?) http://www.bedrohte-woerter.de/
Auf der zum Buch gehörenden Website (oder umgekehrt?) findet man folgende Beispiele:
(Zu den aufgeführten Beispielen auf der Website findet man auch - zwar etwas bescheidene - Hinweise zur Herkunft aber immer interessante Geschichten zur (ehemaligen) Verwendung der Wörter.)
| Duttengretel | Elchtest | Flegel | Hupfdohle | intim werden | Jutebeutel | Kreiswehrersatzamt | | Mittelläufer | Neufünfländer | Ober | Philister | Quarre | Rauke | Sommerfrische | tofte | urst | Vollbeschäftigung | Wählscheibe | Xanthippe | Yuppie | zechen
Das "Berggemach", des -es, plur. die -mächer, ein zu Dresden befindliches Collegium, welches über alle Bergwerke in Sachsen gesetzt ist, und seinen Director, Bergräthe u. s. f. hat.
BERING, levis, facilis, bei MAALER 59a agilis, expeditus, ahd. "ring", "ringi" (GRAFF 2, 530), vgl. "gering":
die wiber anfahend schnöde ding,
zuo rouben, stelen sind bering. (trag. Joh. M 6;)
die drit aigenschaft, die das häslin an im hat, die ist das es beringer und schneller und sicherer ist den berg auf zu laufen, dan den berg ab. KEISERSB. has im pf. Aa 4a; schnell und bering. chr. bilger 132; beringer hand, der schnell von hand ist, bering mit springen, saltatu velox. MAALER 59a.
BERING, adv. leviter, faciliter, subito:
ja gnädiger herr, das thuon ich bering. (trag. Joh. M 8;)
wer do verachtet kleine ding,
dem begegnet schaden bering.
s. "urbering", "urplötzlich".
BERING, m. circulus, circuitus: im "bering", "umkreis der stadt".
"Beringen", verb. reg. act. "mit einem Ringe versehen", "einen Ring um etwas legen"; im gemeinen Leben, besonders in der Landwirthschaft, wo die Säue und Stuten zuweilen beringet werden, die Befruchtung derselben zu verhindern. Ist der Finger beringt, so ist die Jungfer gedingt, ist ein alter Ausspruch, welcher zuweilen noch im gemeinen Leben gehöret wird, weil ehedem nur verlobte und verheiratete Personen Ringe tragen durften.
Käfigvögel-Beringung
...
Für nachgezüchtete Papageien oder Sittiche besteht in Deutschland zum Schutz vor der für Menschen unter Umständen tödlich endenden Papageienkrankheit Psittakose und als Nachweis für eine genehmigte Zucht eine gesetzliche Beringungspflicht. Sie ermöglicht gleichzeitig für zugeflogene Vögel eine eindeutige Identifizierung und über Vogelsuchdienste können Rückschlüsse auf den Eigentümer geschlossen werden. In der Regel wird ein geschlossener Ring angebracht, dessen Buchstaben und Ziffernfolge folgende Bedeutung hat
...
BERINGEN
1) "annulo ornare", "mit einem ring ausstatten": ...
2) "cingere", "circumsedere", "umringen", mhd. starkformig: ...
beringe swv. umzingeln. si berincten mit irme her den kunic dâ von Persîâ Herb. 11027. des sal man si danne beringin, si werdin lîchte in eine flucht gewant, kunden si dar von gedringin rittersp. 741.
be-ringen swv. ( II. 709b) umringen HERB. (11028. 13263). RSP.; erreichen KARLM. 422, 32. - zu rinc.
beringern
beeinträchtigen
voraendern, belestigen noch beringernn
1563 MittOsterland 2 (1845/48) 199
...
Wir stellen z.B. im Neuhochdeutschen das Komparationsparadigma vom Typ "schön - schön-er - schön-st" fest, und ferner eine Ausnahme wie "gut - bess-er - be-st", wo Suppletion herrscht. Dann können wir vermuten, daß es zu dem Komparativ und Superlativ auch einmal einen Positiv von derselben Wurzel gegeben hat. Er kann "*bess" gelautet haben. Aber wenn wir wissen, daß Komparation Umlaut auslösen kann, wie in "hart - härt-er - härt-est", kann jenes Adjektiv auch "*bass" gelautet haben. Die Form des Superlativs "best" wäre dann durch die im Deutschen allgemeingültige Degemination aus "*bess-st" hervorgegangen.
Bis hierhin ist diese Rekonstruktion weitgehend spekulativ. Bestätigt wird sie dadurch, daß "baß" in der Tat existiert, wenn auch nur in der Kollokation "baß erstaunt" "äußerst erstaunt". Wie bekannt, werden Evaluativa ständig erneuert. Es sieht also so aus, als sei älteres "baß" im Positiv von "gut" verdrängt worden, habe jedoch im Komparativ und Superlativ überlebt. So weit würde die innere Rekonstruktion auf der Basis von Neuhochdeutsch führen. Tatsächlich weisen die deutsche Sprachgeschichte und der germanische Vergleich aus, daß "baß" seinerseits im Althochdeutschen ein Komparativ war, der durch "besser" regularisiert wurde. Das wiederum konnte man durch innere Rekonstruktion nicht herausbekommen.
...
"Bohei" kenne ich in der Verwendung "Mach' nicht so einen Bohei" oder "Der macht einen Bohei", bedeutet sowas wie viel "Wind" machen, sich aufspielen, Unruhe oder Hektik verbreiten.
"Borgen", verb. reg. act. eine bewegliche Sache als ein Darlehen nehmen, und als ein Darlehen geben. 1. Als ein Darlehen nehmen. 1) Eine Sache als ein Darlehen nehmen, um sie wieder zu geben, entlehnen. Etwas von einem borgen. Ein Kleid, einen Hut, Getreide von jemanden borgen. Geld borgen, es als ein Darlehen aufnehmen. Geborgtes Geld. Etwas auf eines andern Nahmen borgen. Er borget bey allen Leuten, nimmt bey allen Leuten Geld auf. Ein geborgter Meister, bey den Handwerkern, ein Obermeister, der in einem außerordentlicher Falle nur auf kurze Zeit erwählet wird. 2) Eine Waare nehmen, um den Werth derselben in einer gewissen Zeit in Gelde zu erstatten, auf Borg, auf Credit kaufen. Waaren borgen, sie nicht gleich bezahlen. 2. Als ein Darlehen geben. 1) Einem eine Sache als ein Darlehen geben, sie ihm leihen. Einem ein Pferd, sein Kleid, Getreide borgen. Einem Geld borgen. 2) Eine Waare geben, so daß der Werth derselben erst nach einer gewissen Zeit bezahlet werde, auf Borg, auf Credit geben; verborgen. Einem Waare borgen. Ich borge nicht, ich gebe keine Waaren ohne bare Bezahlung weg. Sprichw. Lange geborgt ist nicht geschenkt.
Anm. In beyden jetzt angeführten Hauptbedeutungen lautet dieses Wort im Nieders. gleichfalls "borgen", im Engl. to "borrow", im Angels. "borgian", im Holländ. "borghen", im Dän. "borge", im Schwed. "borga". "Borgen" oder entlehnen, kommt in dem Schwabenspiegel vor. Bey ältern Oberdeutschen Schriftstellern wird es sich in dieser Bedeutung wohl nicht leicht finden. Dagegen kommt es bey ihnen in andern Bedeutungen desto häufiger vor. Z. B. 1) Für sich hüthen. Ze porgene ist, man muß sich hüthen, Kero. Piporakemes, wir wollen uns hüthen, ebend. Der iro ne borget, der sich nicht vor ihr hüthet, Notk. 2) Sich erinnern. UUer magiro giborgen, wer mag sich ihrer erinnern? Notker. 3) Ansehen, achten. Niemannis ne borgist, du siehest keines Person an, Notker. 4) Versagen, welche Bedeutung bey dem Ottfried B. 2, Kap. 22, und Kap. 18, vorkommt. 5) Bürge werden, versprechen, gut sagen; welche Bedeutung dieses Wort ehedem im Niedersächsischen hatte, wie aus dem Bremisch-Nieders. Wörterb. und Ölrichs Gloss. ad Stat. Bremens. erhellet. S. Bürge. 6) Harren, warten, welche Bedeutung es noch in Baiern hat. Das ich der rede gegen ir so lange borge Das ist des schuld si ist so guot, Graf Werner von Homberg. Aus diesen zum Theil sehr verschiedenen Bedeutungen erhellet, daß "bergen", "borgen", und "Bürge" genau verwandt sind; ob sich gleich die Grade dieser Verwandtschaft nicht so leicht werden bestimmen lassen. Gottsched, Herr Stosch, die Verfasser der Greifswald. krit. Versuche, und des Hamb. gemeinnützigen Magazins haben den Unterschied zwischen borgen, so fern es als ein Darlehen nehmen oder geben bedeutet, und zwischen leihen und lehnen fest zu setzen gesucht, aber sich dabey um die Erforschung der ersten eigentlichen Bedeutung unbekümmert gelassen, ohne welche doch jener unmöglich bestimmet werden kann. Der Sprachgebrauch entscheidet hier nichts, weil derselbe von keinem andern Unterschiede etwas weiß, als daß borgen mehr der Sprache des Umganges, als der edlern und höhern Schreibart angemessen ist. Das Hauptwort der "Borger", derjenige, welcher von einem andern borget, kommt zwar Es. 24, 2, vor, allein im Hochdeutschen ist es nur in der R. A. üblich: ein Borger muß auf den Zahler denken. Im Nieders. bedeutet "Borge", und "Borgmann" einen Gläubiger.
borgen + D + A
"borgen", V., "borgen", "leihen", mhd. "borgen", V., "achtgeben", "schonen", "anvertrauen", "borgen", ahd. "borgÅn" (880), V., "schonen", "sich hüten", "sich kümmern", westgerm. "*borgÅn", "*burgÅn", V., "borgen", "bürgen", idg. "*bhergh-", V., "bergen", "verwahren", "bewachen", vgl. idg. "*bher-" (1), V., "tragen", "bringen"?
Borgen | Borgen in der Kaufmannschaft
Der "Braten", des -s, plur. ut nom. sing. (Diminutivum vulg. "Brätchen") ein, besonders größeres, Stück gebratenen Fleisches. Ein Rindsbraten. Ein Kalbsbraten u. s. f. Ein Lendenbraten, Nierenbraten u. s. f. Braten essen. Den Braten wenden, ihn am Spieße umdrehen, damit er überall gebraten werde; S. Bratenwender. Er riecht, oder merkt den Braten, in einer niedrigen Figur, er bekommt eine dunkele Nachricht von der Sache, muthmaßet sie. Daher Bratenfett, welches von einem Braten abtröpfelt; Bratenfeuer, ein langes helles Feuer, welches zu dem Braten am Spieße nothwendig ist; die Bratenschüssel, Braten darin aufzutragen u. s. f.
Anm. Schon Notker gebraucht "Prato" in der Bedeutung eines "Bratens", und "Pratu" findet sich auch in den Monseeischen Glossen, so wie "Prato" in Boxhorns Glossen.
"Braten", verb. reg. außer daß es in dem Participio der vergangenen Zeit gebraten hat. Es ist in doppelter Gattung üblich.
I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, gebraten werden. Die Fische braten schon. Der Apfel bratet.
II. Als ein Activum, an oder über dem Feuer "rösten". Butter in der Pfanne braten. Kastanien, Fleisch, Fische, Äpfel braten. Am Spieße braten, im Gegensatze des Bratens auf dem Roste, in einem Bratofen, oder in der Pfanne. Gebratene Äpfel. Gebratene Fische, S. Bratfisch. Gebratenes Fleisch, ein Braten. Gesottenes und Gebratenes. In den Steyermärkischen und Ungarischen Eisenhütten ist "braten" so viel als "rösten", und der "Bratofen" der "Röstofen". Daher Bratäpfel, Bratbirnen, welche gebraten werden können u. s. f.
Anm. "Braten", Nieders. "braden", "braen", bey dem Ottfried "braten", im Angels. "braedan", im Schwed. "braeda", bey den Krimmischen Tataren "braten", kommt mit dem Griech. "urere", überein. Indessen scheinet es doch zu dem Verbo "rösten" zu gehören, welches nicht in allen Mundarten den Zischlaut hat, wie das Franz. "rotir" beweiset. Das Anfangs-"B" ist das Vorwörtchen "be". Eigentlich ist so wohl "rösten" als "braten" eine Nachahmung des Schalles, den solche Körper in diesem Zustande verursachen, der nach Verschiedenheit der Umstände im gemeinen Leben auch durch "brägeln", "prägeln", "bratseln" u. s. f. ausgedruckt wird. S. auch 2. "Rösten". Ehedem ging dieses Wort irregulär: ich brate, du brätst, er brät; im Imperf. ich briet. Von dieser irregulären Form ist nicht nur das Mittelwort "gebraten" ein Überbleibsel, sondern es gibt auch Hochdeutsche, welche das ganze Zeitwort noch jetzt irregulär gebrauchen.
Im Zeitalter von Brötchen, Baguette (langes dünnes frz. Weißbrot), Sandwich (belegte doppelte Weißbrotschnitte) und Croissant (Gebäck aus Plunderteig in der Form eines Hörnchens) hat das gute alte "Butterbrot" (belegte Graubrotscheibe) einen schweren Stand. Es ist sozusagen eine bedrohte Spezies und vom Aussterben bedroht.
Überblick | Startseite | Schaufenster | Unterschlupf | Schlemmerecke | Backwahn | Brotdiät | Ratgeberwelt | Comickiste | Kunstecke | Literaturzeit | Butterprobe | BrettchenMuseum | Brotlinks | Extras | Bücher-Ecke | Liedgut | Lehrgang | Erfindungen | Historie | Fernreise | Lieblingsbrote
Beim Starten von Diesel-Fahrzeugen sorgen Glühkerzen in dem noch kalten Verbrennungsraum des Motors für die zur Selbstzündung des Diesel-Luft-Gemischs nötige Temperatur. Anschließend schalten sie sich automatisch wieder ab. Die Glühkerzen gehören zur sogenannten Vorglühanlage von Dieselfahrzeugen, die man bei modernen Kfz - im Gegensatz zum früher oft längeren Vorglühen ("Dieselgedenkminute") - nur noch wenige Sekunden betätigen muß.
Context information for: kiesen
Match N. 1
Author: Ibsen Henrik
Title: Catilina
Source: http://gutenberg.aol.de/autoren/ibsen.htm
Subject: GERMAN FICTION (833)
... AMBIORIX. Und mit gutem Grund. Voll Eifersucht ist Rom auf seine Macht. Und wisse wohl, daß diesem stolzen Weltreich Nicht Häuptlinge gebieten, wie bei uns. Daheim befiehlt der Weise oder Krieger; Im Rat den obersten, im Streit den größten, Ihn "kiesen" wir zum Führer unsres Stamms, Zum Richter und zum Herrscher unsres Volks. Doch hier CATILINA (ruft ihnen von oben zu:) - hier herrscht Gewalt und Eigennutz; Durch List und Ränke wird man Herrscher hier! OLLOVICO. O weh uns, Brüder, er behorchte
Match N. 2
Author: Straßburg Gottfried Von
Title: Tristan
Source: http://gutenberg.aol.de/autneu.htm
Subject: POETRY (811)
... sô nenne wir in Tristan. « nu heizet triste triure, und von der âventiure sô wart daz kint Tristan genant, Tristan getoufet al zehant. von triste Tristan was sîn nam. der name was ime gevallesam und alle wîs gebaere. daz "kiesen" an dem maere. sehen wir trûreclîch ez was, dâ sîn sîn muoter genas. sehen wie vruo im arbeit und nôt ze rucke wart geleit. sehen wie trûreclîch ein leben ime ze lebene wart gegeben. sehen an den trûreclîchen tôt, der
Match N. 3
Author: Wagner Richard
Title: Die Walküre
Subject: DRAMA (812)
... Aug'' erschaute, was tief im Busen das Herz zu heil''gem Beben mir traf. Scheu und staunend stand ich in Scham. Ihm nur zu dienen konnt'' ich noch denken: Sieg oder Tod mit Siegmund zu teilen: dies nur erkannt'' ich zu "kiesen" als Los! Der diese Liebe mir ins Herz gehaucht, dem Willen, der dem Wälsung mich gesellt, ihm innig vertraut, trotzt'' ich deinem Gebot. Wotan So tatest du. Was so gern zu tun ich begehrt, doch was nicht zu tun die
Match N. 4
Author: Wagner Richard
Title: Die Walküre
Subject: DRAMA (812)
... Frau, noch für ihres Schosses Frucht! Brünnhilde Sie wahret das Schwert, das du Siegmund schufest. Wotan Und das ich ihm in Stücken schlug! Nicht streb, o Maid, den Mut mir zu stören; erwarte dein Los, wie sich''s dir wirft; nicht "kiesen" kann ich es dir! Doch fort muss ich jetzt, fern mich verziehn; zuviel schon zögert'' ich hier; von der Abwendigen wend ich mich ab; nicht wissen darf ich, was sie sich wünscht; die Strafe nur muss vollstreckt ich sehn! Brünnhilde
Match N. 5
Author: Wieland Christoph Martin
Title: Oberon
Source: http://gutenberg.aol.de/wieland/oberon/oberon.htm
Subject: GERMAN FICTION (833)
... 10 Doch, wenn ihr etwa lieber schwört In seinen Eisenthurm geraden Wegs zu dringen, Und meine Angela allein zurück zu bringen, So habt ihr freye Wahl, und seyd noch Dankes werth. Prinz, sprach der Paladin, was braucht's hier erst zu "kiesen"? Genug, daß ihr die Ehre mir erwiesen! Kommt, einen Ritt mit euch und eurer ganzen Zahl, Vom übrigen ein andermahl! 11 Der schöne Ritter stutzt, doch läßt er sich's gefallen: Sie reiten, die Trompeten schallen, Und, kurz, Herr Hüon legt
Match N. 6
Author: Morgenstern Christian
Title: In Phanta's Schloß
Source: http://gutenberg.aol.de/morgenst/phanta/phanta.htm
Subject: GERMAN SATIRE & HUMOR (837)
... Dämmer keine Muße. Denksam saß ich. Moose stach ich aus des Waldgrunds braunem Tuch. Und der frische Erdgeruch tat mir wohl, und heiter sprach ich: Wahrlich, ich vergleich euch Riesen unerbittlichen Gedanken, die sich ohne weichlich Wanken Höhenluft der Wahrheit "kiesen". Philosophin Mutter Erde hat euch klar und schlicht gedacht, jeglichem zu Lehr und Acht, wie man teil des Lichtes werde. Stolz aus lauem Dämmer flüchten, Rast und Abweg herb verachten, nur das eine Ziel ertrachten also muß der Geist sich
Match N. 7
Author: Arndt Ernst Moritz
Title: Märchen und Sagen
Source: http://gutenberg.aol.de/autoren/arndt.htm
Subject: POETRY (811)
... allen Minschen recht to dhon: denn to schellen un to brümmeln giwt et jümmer watt, solang de Welt steit. Un nu spitzt de Uhren un markt up, Jungs! De Deerde weren eenes Dags uneenig unner sich, wen se tom Köning "kiesen" schullen. De olde Löwe was dood, un eenen Löwen wullen se nich wedder; denn se seden: De hett scharpe Tänen un eenen Buk as een Oss un frett in Eenem furt, un man schall et sich noch as eene Gnad
Match N. 8
Author: Straßburg Gottfried Von
Title: Tristan
Source: http://gutenberg.aol.de/autneu.htm
Subject: POETRY (811)
... sîner bettemaere mit ir pflac, er leite ir aber mit vrâge sîne stricke und sîne lâge unde betrouc si aber dar în. « seht « sprach er « vrouwe künigîn, ich waene, es muoz uns nôt geschehen. nu lât mich "kiesen" unde sehen, wie vrouwen kunnen lant bewarn. vrouwe, ich muoz von dem lande varn, und ir hie derbî bestân bî mînen vriunden, die ich hân. ez sî der mâc, ez sî der man, der mir dekeines guotes gan, der muoz
Context information for: "erkiesen"
Match N. 1
Author: Richter Johann Paul Friedrich
Title: Jean Pauls Briefe und bevorstehender Lebenslauf
Source: http://gutenberg.aol.de/autoren/jeanpaul.htm
Subject: GERMAN FICTION (833)
... geistig ein wenig aufgeblasen. Aber ich und du vergeben leicht den Stolz, besonders einem armen Schelm; und das ist der Spezial. Wie die Gemeinden, bloß um sich das Almosen zu ersparen, gewöhnlich den Ärmsten im Dorf zum Hirten erlesen, ebenso "erkiesen" sie auch den Seelenhirten. Der Lutheraner kann diesen Kirchen-Sparlampen kaum Öl genug, entziehen, um seine Unterscheidungslehre im Gegensatz der fetten Mönche recht ins Licht zu setzen, die im Tempel das Öl nicht als Docht, sondern als Eulen saufen; wenn
Match N. 2
Author: Richter Johann Paul Friedrich
Title: Flegeljahre
Source: http://gutenberg.aol.de/autneu.htm
Subject: GERMAN FICTION (833)
... persönliche Unsterblichkeit versäuert, ist, daß mein Name nur lange währt, nicht lang.* O wer es wissen könnte bei der Taufschüssel, daß er sich einen großen Namen machte, würde sich ein solcher Mann, wenn er sonst scherzt, nicht einen der ausgestrecktesten "erkiesen", zum Beispiel (denn der Sinn hat nichts zu sagen) den Namen, den schon ein Muskel führt, nämlich Mr. Sternocleidobronchocricothyrioideus? Belesene Damen kämen zu ihm und redeten ihn an: Herr Sternocl und könnten nicht weiter. Militärs tätens nach und sagten: Herr
Match N. 3
Author: Liliencron Detlev Freiherr Von
Title: Cleopatra
Source: http://gutenberg.aol.de/autoren/lohenstn.htm
Subject: GERMAN FICTION (833)
... sind / di den Schmaragd der Auen / Für der Paläste Gold erwehln! Di nicht auf''s Eiß der glatten Ehrsucht bauen / Und sich mit eig''nen Lastern quäln! Di in den Kummer-freien Wiesen / Umb einen Kristallinen Fluß / Di Hürden für den Thron "erkiesen" / Ein frey Gemütte für Verdruß; Di ausser schönen Schäferinnen / Sonst keinen Ab-gott abgewinnen. 1. Gegen-Satz der Schäferinnen. Ja! seelig sind di reine Tugend lieben! Di aller Heuchelei sind feind / Wo reiner Schertz ohn Argwohn wird getrieben / Wo man
Match N. 4
Author: Scheffel Joseph Victor Von
Title: Ekkehard
Source: http://gutenberg.aol.de/autoren/scheffel.htm
Subject: GERMAN FICTION (833)
... seßhaft machen durch süße Bande und Haft, Ihr müßt mit solchen Worten bereden Waltharis Kraft: Du trugst in unserm Dienst viel Müh und Fährlichkeit, Drum merk, wie dein Gebieter huldvollen Dank dir beut, Der Hunnentöchter beste sollst du zum Weib "erkiesen" Und reich an Land und Ehren verdienter Ruh'' genießen. Und was du gehrst an Gute, umsonst nicht sei dein Bitten, Gewährt sei volles Maß dir, du hast es wohl erstritten. Das Wort gefiel dem König, es deucht'' ihm fein und
Match N. 5
Author: Scheffel Joseph Victor Von
Title: Ekkehard
Source: http://gutenberg.aol.de/autoren/scheffel.htm
Subject: GERMAN FICTION (833)
... Tod, viel besser ist''s, zu streiten, Als Hab und Guts verlustig einsam von dannen reiten. Du, Hiltgund, nimm die Zügel und treib das Goldroß fort, Der dichte Hain dort drüben beut sichern Zufluchtsort. Ich will am Bergeshang mir einen Stand "erkiesen" Und harren, wer da kommt, und ritterlich sie grüßen. Die Jungfrau tat sofort, wie sie Walthari hieß. Der machte unbefangen zurecht itzt Schild und Spieß Und ritt des Weges weiter als wie ein fremder Mann. Da schrie ihn schon von
Match N. 6
Author: Richter Johann Paul Friedrich
Title: Auswahl aus des Teufels Papieren
Source: http://gutenberg.aol.de/autoren/jeanpaul.htm
Subject: GERMAN FICTION (833)
... aus dem Staube seiner Geburt aufkam, einen Stammbaum machen lässet und fremde Väter, wie ein anderer fremde Kinder adoptiret: es sollte auch durch Gesetze dafür gesorget sein, daß - so wie nur Leute, die keine eigene Kinder haben, fremde an Kindesstatt "erkiesen" dürfen - auch nur solche Personen fremde Väter adoptiren dürften die keinen eigenen haben. Es wird mich niemals reuen, wenn ich so gut es mit guten Gleichnissen möglich ist, hier ieden lehre, was diese Welt eigentlich ist. Sie kann gar wol
Match N. 7
Author: Fouqué Friedrich Heinrich Karl De La Motte
Title: Der Zauberring
Source: http://gutenberg.aol.de/fouque/zauber/zauber.htm
Subject: GERMAN FICTION (833)
... Stimme, »und stehe nun hier, mein Gelübde von damals zu lösen.« - Gabriele sah wohlgefällig, aber, wie es schien, noch immer zweifelnd auf ihn hin. Da trat Ritter Montfaucon wieder herzu, sprechend: »Dame, wollet diesen edlen Herrn zu Euerm Kämpfer "erkiesen". Ich stehe nicht eben in dem Ruf, ohnmächtige Widersacher zu begehren. Diesen in den Schranken mir gegenüber hätt' ich gern.« - Und alsbald zog Fräulein Gabriele den zierlichen Handschuh von der schwanenweißen Hand, knüpfte ihn an Ritter Trautwangens Feldbinde fest,
"feien"
...
Bedeutung: gegen etwas schützen, unverletzlich machen
...
"feien" Vb. "(durch Feenkraft) unangreifbar, immun machen", fast nur im Part. Prät. "gefeit" = "geschützt", "unempfindlich". Nach dem Vorbild von gleichbed. frz. "féer" (afrz. "faer", zu afrz. "fee" = dt. "Fee") wird "feien" Anfang des 19. Jhs. zu "Fei" gebildet. Ein bereits mhd. bezeugtes gleichbed. "feinen", zu mhd. "fei", "feie", "feine" (s. "Fee"), setzt sich nicht fort.
"feien"
...
"Fee", nhd., F., (12. Jh.): nhd. "Fee", eine Märchengestalt; ne. "fay", "fairy";
Hinweis: s. "feien";
Quellenangaben: 1190-1210 (Albrecht von Halberstadt);
Interferenz: Lw. -;
Etymologie: mhd. "fei", st. F., "Fee"; mhd. "feie", "feine", F., sw. F., "Fee"; mnd. "feie", F., "Fee"; mfrz. "feie", F., "Fee"; lat. "Fata", F., "Schicksalgöttin", "Parze"; vgl. lat. "fatum", N., "Ausspruch", "Götterspruch", "Weissagung"; lat. "fari", V., "verkünden", "kundtun"; vgl. idg. "*bha-" (2), "*beh-", "*bah-", V., "sprechen", Pokorny 105 (169/2) (RB. idg. aus ind., iran.?, arm., gr., ital., germ., slaw., toch.);
Literaturhinweise:
- Kluge 1. A. s. u. "Fee"
- Kluge s. u. "Fee"
- EWD s. u. "Fee"
- DW 3, 1411
- DW2 3, 240
- Duden s. u. "Fee";
Sonstiges: zweimal aus dem Französischen entlehnt; vgl. nndl. "fee", Sb., "Fee"; nschw. "fe", Sb., "Fee"; nnorw. "fe", M., "Fee"; lit. "f?fa", F., "Fee"; GB.: seit dem Hochmittelalter Bezeichnung für ein weibliches mit Zauberkräften ausgestattetes Märchenwesen; BM.: "sprechen"; F.: "Fee", Feen+FW; Z.: "Fee"
"feien", nhd., sw. V., (13. Jh.): nhd. "feien", "sich feien", "gegen etwas schützen"; ne. "make (V.) proof";
Hinweis: s. "Fee";
Quellenangaben: um 1210 (Tristan des Gottfried von Straßburg);
Interferenz: Lw. -;
Etymologie: Hybridbildung mit Rückgriff auf "Fei", eine alte Form für "Fee"; mhd. "fei", st. F., "Fee"; mhd. "feie", "feine", F., sw. F., "Fee"; mnd. "feie", F., "Fee"; mfrz. "feie", F., "Fee"; lat. "Fata", F., "Schicksalgöttin", "Parze"; vgl. lat. "fatum", N., "Ausspruch", "Götterspruch", "Weissagung"; lat. "fara", V., "verkünden", "kundtun"; vgl. idg. "*bha-" (2), "*beh-", "*bah-", V., "sprechen", Pokorny 105 (169/2) (RB. idg. aus ind., iran.?, arm., gr., ital., germ., slaw., toch.);
Literaturhinweise:
- Kluge s. u. "gefeit"
- EWD s. u. "feien"
- DW2 9, 258
- Duden s. u. "gefeit"
- Bluhme s. u. "gefeit";
Sonstiges: hauptsächlich in der Form "gefeit" gebräuchlich
GB.: durch Zauberkraft stark oder unverwundbar machen
BM.: "sprechen"; F.: feien, feie, feist, feit, feiest, feiet, feite, feitest, feiten, feitet, gefeit, gefeit, gefeite, gefeites, gefeitem, gefeiten, gefeiter, feiend, feiend, feiende, feiendes, feiendem, feienden, feiender, fei+FW; Z.: fei-en
"feinen", mhd., sw. V.: nhd. "feinen", nach Art der Feen begaben, mit Zauberkräften begaben, bezaubern, festmachen;
Hinweis: s. "finen";
Quellenangaben: Suol, RqvI (FB "feinen"), Albrecht (1190-1210), Trist;
Etymologie: s. "fei", "feie";
Weiterleben: nhd. (ält.) "feinen", V., "feinen", "schön machen", DW2 9, 295;
Weiterleben: nhd. (ält.) "feien", V., "feinen", "schön machen", DW2 9, 258;
Literaturhinweise:
- Lexer 265b ("feinen")
- Hennig ("feinen")
- FB 407b ("feinen")
- LexerHW 3, 49 ("feinen")
- Benecke/Müller/Zarncke III, 289a ("feine")
"feien"
...
Les grandes familles de mots
« La faconde du fantassin »
La famille "FABLE"
Patriarche indoeuropéen : *BhA-, « parler » [1]
...
Nicht gefeit sein
...geht auf das mittelhochdeutsche "veien" - durch die Zauberkraft von Feen geschützt sein - zurück. Die geisterhaften Fabelwesen kamen schon in der keltischen Mythologie vor, auch die römische Schicksalsgöttin Fata hatte ähnliche Kräfte und Aufgaben.
"Fee": "vor etwas gefeit sein"
Umschreibung: vor etwas geschützt, von etwas nicht bedroht [DUO: "gefeit"]
Analyse der Bedeutung: "Gefeit sein" leitet sich vom mhd. "feien" mit der Bedeutung "durch Feenkraft unangreifbar machen" [PA: "gefeit"] ab. Die Unempfindlichkeit und Sicherheit gegen Bedrohungen sind in der magischen Vorstellung von feenhaften Wesen abgewehrt. Im heutigen Sprachgebrauch scheint die einstige abergläubische Vorstellung der Feenkraft verblasst zu sein. [RR] - Entstehungszeit: 19. Jh. [KLU: "gefeit"] - Interlingual Kompatibles: engl. "charmed" [LA]; "charmed against"; "immune" [dict.cc]; frz. "être à l’abri de"; "être immunisé contre" [LA] - Querverweis: "eine gute Fee (sein)"
"Gefeit sein" = "geschützt sein gegen ..."
Ursprünglich war gemeint, dass jemand durch Zauberkraft z. B. unverwundbar war.
Weitere Bezüge: "Fei".
"FEIEN", "virtute magica imbuere", "fest machen", it. "fatare", "affatare":
...
Karambolage 55 - Sonntag, 12.6.2005 - Der "digicode" - fringsen - Alice Schwarzer - das Rätsel
der Ausdruck: fringsen - Sonntag, 12.6.2005 - Der Franzose Gérard Foussier arbeitet in Bonn. Er liebt die deutsche Sprache und stöbert gerne kuriose Redewendungen auf. Heute das Wort "fringsen".
31. 12. 1946 - Die „Fringsenpredigt“
"gammal" ist ein (schwedischer) Ausdruck für "alt", "schwach", "schmuddelig"; wurde in den sechziger Jahren Schimpfwort für angeblich arbeitsunlustige Jugendliche, die oft nur durch eine passive Haltung gegen die Industriegesellschaft protestierten.
"gemächlich", -er, -ste, adj. et adv. welches im Hochdeutschen statt des größten Theils veralteten "gemach" üblich ist.
1. Eigentlich, "langsam". Sehr gemächlich gehen. Indessen, daß die Rutsche gemächlich fortfuhr u. s. f. So hetzt man die hundt gemeiklich, Theuerd. Kap. 33. Noch mehr aber,
2. Figürlich.
1) "Frey von Mühe", "Frey von Beschwerden". Ein gemächliches Haus, wo man alle seine Verrichtungen ohne Mühe, ohne Hindernisse verrichten kann. Sehr gemächlich wohnen. Der Weg ist gemächlich, ohne Mühe, leicht zu finden. Ein gemächlicher Stuhl, auf welchem man bequem, ohne unangenehme Empfindungen sitzet. Wir haben hier sehr, gemächlich Platz. Das gehet sehr gemächlich an. Sich ganz gemächlich ankleiden.
2) Subjective, geneigt, Mühe und Beschwerden, zu scheuen. Ein gemächlicher Mensch. Er ist ein wenig zu sehr gemächlich. Ingleichen, was diese Neigung an den Tag leget. Ein gemächlicher Gang.
Anm. Im Nieders. ist "maklik" "träge", im Angels. "maccalic" "opportunus", im Dän. "magelig" "bequem", "gemächlich", bey dem Ottfried "kimahhiu" "geschickt", im Schwed. und Isländ. "maklig" "bequem", "commodus", im Oberd. auch möglich "langsam". Siehe "Mählich" und "Allmählich". Um des folgenden Consonanten willen gehet das gedehnte "a" von gemach hier in das geschärfte "ä" über.
- gemaechliche, gemächliche
- gemaechlichkeitsgesellschaft, gemächlichkeitsgesellschaft - [in denen die eine Person] weiter nichts als geld einschießt, die andere hingegen geld, arbeit und namen oder auch nur beide letzteren
44 Vom sichern Port lässt sich’s gemächlich raten.
Die "Gemächlichkeit", plur. die -en, von dem vorigen Bey- und Nebenworte.
1. Der Zustand, da ein Ding gemächlich ist, in den beyden figürlichen Bedeutungen des vorigen Wortes, und ohne Plural.
1) Die Abwesenheit der Mühe oder Beschwerde bey einem Dinge, oder bey einer Handlung. Die Gemächlichkeit eines Hauses, eines Gebäudes, eines Bettes, eines Stuhles. Hier können die Schiffe mit Gemächlichkeit ausgebessert werden.
2) Die sinnliche Abneigung vor den mit einer Handlung verbundenen Beschwerden, die Fertigkeit Beschwerden zu scheuen. Die Gemächlichkeit lieben. Dieser Gemächlichkeit, die den großen Tugenden so hinderlich ist, diesem Hange zur Bequemlichkeit muß der Lehrer durch Arbeitsamkeit wehren, Gell. Mor. 2. Ein gemächliches Ding, ein gemächlicher Umstand. Ein Haus, welches viele Gemächlichkeiten hat. Ich will dieser Gemächlichkeit gern entbehren.
- gemaechliche, gemächliche
- gemaechlichkeitsgesellschaft, gemächlichkeitsgesellschaft - [in denen die eine Person] weiter nichts als geld einschießt, die andere hingegen geld, arbeit und namen oder auch nur beide letzteren
Die Artikel dieser Kategorie erklären allgemeine alte Wörter, die nicht einer der spezielle Kategorien wie Krankheiten, Berufe, Latein, Familiennamen, Vornamen, etc. zugeordnet werden können.
- B: Beysitzer
- C: Collecte
- F: Frauengetauft | Fraungetauft
- G: Gefrautauft
- J: Jähtaufe
- N: Nottaufe
- S: Sermon
- Z: Zseller
Die deutsche Sprache unterliegt einem ständigen Wandel - neue Begriffe kommen hinzu und alte Wörter geraten in Vergessenheit. Können Sie diese zehn altertümlichen Begriffe herleiten?
- Karzer
- saumselig
- Postillion
- Gilbhard
- ponderabel
- Schnurre
- Verkamisolen: Verkamisolen bedeutet, jemanden zu verprügeln. Der Begriff leitet sich von dem altdeutschen "Kamisol" ab, einem ärmellosen Kleidungsstück des 16. bis 18. Jahrhunderts.
- Grasaffe
- Fidibus
- Faktotum: Der Begriff "Faktotum" kam im 16. Jahrhundert auf und bezeichnete eine Person, die im Haushalt oder in einem Betrieb alle möglichen Arbeiten zu erledigen hatte. Das Wort leitet sich aus dem Lateinischen ab ("fac totum!" - "tu alles!").
"Vergeuden", verb. reg. act. welches im Oberdeutschen gangbar, im Hochdeutschen aber veraltet ist, "verschwenden", "verthun". Reichthum wird wenig, wo mans vergeudet, Sprichw. 13, 11. So auch die "Vergeudung", die "Verschwendung", der "Vergeuder", der "Verschwender", die "Vergeuderinn", die "Verschwenderinn".
Es ist von dem einfachen, auch noch im Oberdeutschen gangbaren "geuden", "reichlich ausgeben", ingleichen "lustig leben", "prassen", durch welche letztere Bedeutung Frisch bewogen worden, es von [lat.] "gaudere" [= dt. "sich freuen"] abzuleiten.
Allein, es kann auch mit "gießen", Nieders. "geten", verwandt seyn, so daß der Begriff der Verschwendung, und nicht der Lustigkeit, der Stammbegriff ist, wenn es nicht vielmehr das Stammwort von dem intensiven "getzen", in "ergetzen" ist, (S. dasselbe.) Von dem Worte "geuden" und dessen Ableitungen ist Frisch in dem Wörterbuche nachzusehen.
Geudens, Albert, belg. Maler, Pastellzeichner u. Rad., * 1869 Mecheln. Schüler der Akad. Mecheln u. Antwerpen. Interieurs u. Ansichten aus Mecheln.
Lit.: Seyn, I. - LfArt flam. et holl., 1914 p. 77/92, in. 11 Abbn.
Who is Charlotte Jacob Geudens?
Charlotte Jacob Geudens is a set decorator.
Kevin Geudens (born 2 December 1980 in Geel Belgium) is Belgian football midfielder He currently plays for Beerschot Wilrijk in the Belgian Third Division.
frnhdt. "begeuden", V.; zu mhd. "giuden" - "prahlen" (Lexer 1, 1025).
frnhdt. "gegeude", das; zu mhd. "gegiude" - "Prahlerei" (Lexer 1, 782)."Ausgelassenheit", "laute Freude". Strehlke
Etymologie "vergeuden", nhd. "verschwenden"
- japhet. "*ghëh-" - "weit offenstehen" 419ff
- "*ghëhëu-" - "gähnen", "klaffen" 449
- ahd. "gewon" - "gähnen", "den Mund aufsperren" 106
- mhd. "giwen", "göuwen" - "das Maul aufreißen", "gähnen"
- fnhd. "geuen" - "den Mund aufreißen"
- mhd. "giuden", "geuden", "guden", "göuden" - "prahlen", "großtun", "sich laut freuen"; "Verschwendung treiben"
- fnhd. "geuden" - "prahlen", "prassen" 107, noch 1648
- mhd. "vergiuden" - "verschreien" (?)
- nhd. "vergeuden" - "verschwenden"
mhdt. "giudære"*, "giuder", mhd., st. M.: nhd. "Prahler", "Verschwender";
Quellenangaben: Secr, Teichn (FB "giuder"), Ring, Urk (um 1280);
Etymologie: s. "giude";
Weiterleben: nhd. (ält.) "Geuder", M., "Geuder", DW 6, 4629;
Literaturhinweise: Lexer 73c ("giuder"), Lexer 401a ("giuder"), WMU ("giuder" 402 [um 1280] 10 Bel.)
mhdt. "giude", "göude", "gude", mhd., st. F.: nhd. "Geude" - "Freude", "Jubel", "Verschwendung", "Annehmlichkeit", "Genuss";
Verweise: s. "übergiude";
Quellenangaben: Elis, OvW, Virg (2. Hälfte 13. Jh.);
Etymologie: s. lat. "gaudium", N., "innere Freude"; vgl. idg. "*gau-", V., "sich freuen", "sich brüsten", Pokorny 353;
Weiterleben: nhd. (ält.) "Geude", F., "Geude", "Ruhmredigkeit", "Prahlerie", "Üppigkeit", DW 6, 4618;
Literaturhinweise: Lexer 73c ("giude"), Hennig ("giude")
mhdt. "giudec", mhd., Adj.:
Verweise: s. "giudic"
mhdt. "giudel", "gudel", mhd., st. M.: nhd. "Prahler", "Verschwender";
Hinweis: s. "giudære";
Quellenangaben: Ammenh, Netz, Urk (1293);
Etymologie: s. "giude";
Weiterleben: nhd. (ält.) "Geudel", M., "Geudel", DW 5, 4619;
Literaturhinweise: Lexer 73c ("giudel"), WMU ("gudel" 1687 [1293] 1 Bel.)
mhdt. "giuden" (1), "göuden", "guden", mhd., sw. V.: nhd. "geuden", "prahlen", "großtun", "freuen", "sich freuen", "verschwenden";
Verweise: s. "anegiuden", "ergiuden", "übergiuden";
Hinweis: vgl. mnd. "goiden";
Quellenangaben: Enik, Secr, Jüngl, TvKulm, MinnerI, PsMb, Teichn (FB "giuden"), Berth, BuchdRügen, Elis, Hadam, KvWTroj, Loheng, Neidh (1. Hälfte 13. Jh.), Suchenw;
Etymologie: s. "giude";
Weiterleben: nhd. (ält.) "geuden", sw. V., "geuden", DW 6, 4620;
Literaturhinweise: Lexer 73c ("giuden")
mhdt. "giuden" (2), mhd., st. N.: nhd. "Geuden" - "Prahlen";
Quellenangaben: WvÖst, TvKulm, EvSPaul, Teichn, SAlex (FB "giuden"), Elis, Er (um 1185), Hadam, JTit, KvWTroj, KvWTurn, Roseng, WälGa;
Etymologie: s. "giude";
mhdt. "giudenlich", mhd., Adj.: nhd. "prahlerisch";
Quellenangaben: Ot (1301-1319) (FB "giudenlich"), Hadam;
Etymologie: s. "giude", "-lich";
Literaturhinweise: Lexer 401a ("giudenlich")
mhdt. "giuder", mhd., st. M.:
Verweise: s. "giudære"*
mhdt. "giuderede", mhd., st. F.: nhd. "Prahlrede";
Quellenangaben: Ot (1301-1319) (FB "giuderede");
Etymologie: s. "giude", "rede";
mhdt. "giudic"*, "giudec", mhd., Adj.: nhd. "verschwenderisch";
Quellenangaben: SHort (nach 1298), HvBer (FB "giudec");
Etymologie: s. "giude";
Weiterleben: nhd. (ält.) "geudig", Adj., "geudig", DW 6, 4630;
Literaturhinweise: Lexer 73c ("giudec")
mhdt. "giudiclich", "giuticlich", "giudeclich", mhd., Adj.: nhd. "verschwenderisch", "prahlerisch", "übermäßig";
Verweise: s. "ungiudiclich"*;
Quellenangaben: Ot (1301-1319) (FB "giudeclich");
Etymologie: s. "giude";
Weiterleben: nhd. (ält.) "geudiglich", Adv., "geudiglich", DW 6, 4632;
Literaturhinweise: Hennig ("giudiclich")
mhdt. "giudicliche", "giuticliche", "giudecliche", mhd., Adv.: nhd. "verschwenderisch", "prahlerisch", "übermäßig";
Verweise: s. "ungiudicliche";
Quellenangaben: Frl, Hadam, KvWEngelh (vor 1260);
Etymologie: s. "giudic", "-liche";
Weiterleben: nhd. (ält.) "geudiglich", Adv., "geudiglich", DW 6, 4632;
Literaturhinweise: Lexer 401a ("giudecliche"), Hennig ("giudicliche")
mhdt. "giudiclichen", mhd., Adv.: nhd. "verschwenderisch";
Verweise: s. "ungiudiclichen";
Etymologie: s. "giude", "giudic", "-lichen";
Weiterleben: s. nhd. (ält.) "geudiglich", Adv., "geudiglich", DW 6, 4632;
mhdt. "giudunge", mhd., st. F.: nhd. "Vergeudung", "Verschwendung";
Quellenangaben: Secr (1282) (FB "giudunge"), Vintl;
Etymologie: s. "giude", "-unge";
Weiterleben: nhd. (ält.) "Geudung", F., "Geudung", DW 6, 4633;
Literaturhinweise: Lexer 401a ("giudunge"), Hennig ("giudunge")
mhdt. "giuticlich", mhd., Adj.:
Verweise: s. "giudiclich"
mnddt. "*goiden"?, mnd., V.: nhd. "geuden", "vergeuden";
Verweise: s. "vör-";
Hinweis: vgl. mhd. "giuden" (1);
Etymologie: vgl. mhd. "giuden", sw. V., "geuden" - "grosstun", "verschwenden"; vgl. mhd. "giude", st. F., "Geude" - "Freude", "Verschwendung"; s. lat. "gaudium", N., "innere Freude"; vgl. idg. "*gau-", V., "sich freuen", "sich brüsten", Pokorny 353;
Weiterleben: s. nhd. (ält.) "geuden", sw. V., "geuden", DW 6, 4620?
mnddt. "*guderen"?, mnd., sw. V.: nhd. "vergeuden";
Verweise: s. "vör-";
Etymologie: Herkunft ungeklärt?;
Sonstiges: langes "ü"
"aufgeuden", des auffgeudens oder verschwendens unverdacht
"Vergeuden", ein regelmäßiges thätiges Zeitwort, "verschwenden", "verthun". Sein ganzes Vermögen vergeuden, verschwenden. Er vergeudet die Zeit mit eitlen Dingen. In der Bibel, Sprichwörter 13, 11, heißt es: Reichthum wird wenig, wo man' s vergeudet. So auch die "Vergeudung", die "Verschwendung"; der Vergeuder und die Vergeuderin, der Verschwender und die Verschwenderin. Es kommt in der hochdeutschen Sprache weniger vor, als in der oberdeutschen.
Das Wort soll, nach Adelung, von dem einfachen, noch im Oberdeutschen gangbaren "geuden" - "reichlich ausgeben", ingleichen "lustig leben", "prassen", herkommen.
"geuden", verb. das wort gehört mit der ganzen sippe der vom gleichen stamme abgeleiteten bildungen wie "geudel", "geuder", "geudig", "geudung", "geudarzt" u. s. w. zu dem wortschatze, der sich erst in der nachblüte der mittelhochdeutschen zeit entfaltet. das vorleben liegt im dunkeln. aus der lautform und aus der muthmaszlichen grundbedeutung läszt sich jedoch der schlusz ziehen, dasz "geuden" auf das engste sich mit "geuen" (s. d.) berührt, das seinerseits wieder mit althochdeutschem "gewôn" Graff 4, 107 und auch mit dem neuhochdeutschen "gähnen" in verbindung steht (vgl. oben sp. 1148 ff.). denn für die begriffsbestimmung von "geuden" darf man nicht von dem heute fast allein übrig gebliebenen compositum "vergeuden" ausgehen, sondern musz sich an die älteren und mannigfaltigen verwendungen des grundwortes halten, die übereinstimmend auf die vorstellung der ruhmredigkeit zurückgehen. erst von hier aus hat sich der allgemeinere begriff "grosz thun", "üppig sein" entwickelt, der unserem "vergeuden" zu grunde liegt. ursprünglich stand die "rede als ausdrucksmittel der prahlsucht" im vordergrunde des bedeutungsgehaltes und von hier aus erklärt sich auch die verwandtschaft mit "geuen", "gienen", "gähnen", "geuden", "den mund weit aufthun", "den mund voll nehmen".
...
- geudarzt, m.
- geude, f.
- geudel, m.
- geudeln, verb.
- geuden, verb.
- geudenreich
- geuder, m., nomen agentis
- geudner, m., nomen agentis
- geuderin, f.
- geuderisch, adj.
- geudig, adjectiv und adverb
- geudigkeit, f.
- geudiglich
- geudisch
- geudischheit, f.
- geudnarr, m.
- geudnen, m.
- geudner
- geudnisch
- geudung, f.
"vergeuden", verb. "unnützer weise verwenden", zusammensetzung mit einfachem "geuden", das nhdt. selten nachzuweisen ist, sich aber mhdt. als "giuden", "gûden" noch recht oft findet. die bedeutung in älterer zeit "prahlen", "mit worten groszthun" geht schon früh in die heutige über "verschwenden".
...
- vergeuden, verb.
- vergeuden, n.
- vergeuder, m.
- vergeuderin, f.
- vergeuderisch, adj.
- vergeudisch, adj.
- vergeudung, f.
mhdt. "geuden", "geuder", "geudunge" s.Lexer "giuden", Lexer "giuder", Lexer "giudunge".
mhdt. "giuden" swv. (BMZ I. 538b) md. "gûden" - "pralen", "grosstun", "in geräuschiger freude sein" Berth. (83, 35). swer die werlt vliehen wil, der sol niht giuden ze vil Buch d. r. 490. da? dâ sô vil gegiudet wart Troj. 20326. "geuden" Neidh. 63,28. Ls. (2. 538,105). Such. mit disem namen ir lantvolc wol moht geuden Loh. 903. da? ich von im göuden (rühmen) muo? Teichn. 237. dâ von mit nieman göude Hadam. 49. von süe?em jagen göuden ib. 102. von ungelücke göuden mag ich ib. 364. 722. wir gäuden auch in trubsalen Cgm. 300,80; "verschwendung treiben", hie mide sî nû gûden Elis. 8030. — vgl. "giwen" u. Schm. Fr. 1, 873. mit durch-, über-, ver-;
mhdt. "giuden" stn. (BMZ I. 539a) md. "gûden" - "das pralen", "grosstun", "geräuschige freude" Er. (9065). Roseng. 1877. H. 527. 1602. 2020. 72. durch guften und durch giuden j.Tit. 3880. die niht wan geuden suochten ib. 1334. vgl. 472. 5923. meien lustes geuden Loh. 3687. vgl. 976. schallen unde geuden Wg. 304. da? sîn hôhvart ân guot mit geuden niht wol vart 11944. vgl. 3696. 11376. "geuden" und braht Turn. 41,2. wa? sol di? göuden Troj. 8576 mîn göuden ist gar hin getân Msh. 1,345a. wa? ich göudens verlôs ib. 3,290a. vgl. Hadam. 341. 88. 89; "verschwendung" Elis. 8046;
mhdt. "giuden-lich" adj. "pralerisch". durch göudenlîche? jagen Hadam. 609;
mhdt. "giuder" stm. (BMZ I. 539a) "praler", "verschwender". geuder prodigus Voc. 1482. vier menschen komen von got in armuot: der vrâ?, der unkausch, der gauder und der krieger Mone 7,500. hie ist der gouder, dort der karg; der gouder ist ein sölich man, der nichz nit im behalten kan Ring 30c, 41;
mhdt. "giudisch" adj. "geudisch", prodigalis Voc. 1482;
mhdt. "giudisch-heit" stf. "geudischeit", prodigalitas ib.;
mhdt. "giudunge" stf. arrogantia, güftung geudung Cgm. 3985,1; "verschwendung", der tailt sich von der miltikait in die scham und vellet in der geudung urspring Vintl. 1892. der tadel der geudung ib. 1903.
mhdt. "über-giuden" swv. (BMZ I. 539a) "übermässig", "vollständig rühmen", "preisen" Gsm. Hätzl. (lies 1. 133,56). Roseng. 758 (H. 589); im rühmen, grosstun übertreffen Loh. (1153). ein hôhvertic man gedenket, wie er sol die andern über geuden Wg. 11942; "sich übermässig rühmen", "pralen" Reinfr. B. 12563; an ruhm, preis übertreffen, überh. übertreffen: natûren der gestein kanstû mit adel über göuden (: vröuden) Msh. 3,468aa. si brâtet noch ensiudet, alle trahten si übergiudet Mart. 265,14. sîn tugent übergiudet het aller tugenden würde Part. B. 6452. ir bitterlîchen arbeit kein marter übergiudet ib. 7605. an êren übergiudet het er manegen werden lîp ib. 266. zuo puelen, tanzen, springen sie nieman übergeut (: vreut) Wolk. 17. 4,24.
Das Gewimmel, des -s, plur. car. ein anhaltendes oder starkes Wimmeln, verworrene Bewegung vieler Dinge auf und unter einander. Wenn ihr (Kinder) an der Schwelle mit frohem Gewimmel mich ruft, Geßn.
("gemp" und "gemb") "hüpfen". norw. mundartl. "gimpa" = "wippen", "gamp" m. "großer, plumper, schwerfälliger Kerl", "plumpes Pferd"; mhd. "gampf" m. das "Schwanken", und "gampen" "hüpfen", "springen", "gampel-man", "gumpel-man" = "Possenreißer", "gampel-spil" und "gumpelspil", mnd. "gammel-spel" = "Possenspiel", nhd. "Gimpel".
Der "Glimpf", des -es, plur. car. ein im Hochdeutschen in seinen meisten Bedeutungen veraltetes Wort, von welchem nur die Bedeutung der "Gelindigkeit" noch übrig ist, die Mäßigung in dem Betragen gegen andere zu bezeichnen, besonders die Bemühung, ihnen bey einer nothwendigen unangenehmen Behandlung alle unangenehme Empfindungen so viel möglich zu ersparen. Einem mit vielem Glimpfe die Wahrheit sagen. Glimpf gebrauchen, Gelindigkeit. S. "Unglimpf" und "Verunglimpfen".
Anm. Im Nieders. ohne den Gaumenlaut nur Limpe, "Gelimpicheit", im Schwed. "Lempa", im Angels. "Lempe", im Isländ. "Limpa". Ehedem bedeutete es auch, 1) die Anständigkeit, ein geziemendes äußeres Betragen. 2) Einen gütlichen Vergleich, wie Frisch aus dem Königshoven beweiset. 3) Fug und Recht, bey dem Tschudi im Frisch. 4) Gelegenheit, in welcher Bedeutung "Gelimphida" im Tatian vorkommt. 5) Die zarte weiche Beschaffenheit, bey dem Pictorius im Frisch; welches vielleicht die erste Bedeutung ist, da es denn mit "linde", "gelinde", "lenis", aus Einer Quelle herstammen würde. Bey den ältesten Oberdeutschen Schriftstellern kommt auch das Zeitwort "glimpfen" vor, bey dem Kero "kelimfan" und "chalimfan", im Tatian "gilimfan", sich geziemen, zukommen, gebühren, im Schwed. "lempa", im Angels, "limpian", "belympan". Mehrere Bedeutungen dieses im Hochdeutschen unbekannten Zeitwortes führet Frisch an.
"Glimplich", -er, -ste, adj. et adv. mit "Glimpf", in dem Glimpfe gegründet, bemühet andern alle unangenehme Empfindungen so viel möglich zu ersparen, und darin gegründet. Die Wundärzte pflegen ihre Patienten nicht alle Mahl glimpflich zu behandeln. Besonders von unangenehmen Empfindungen des Gemühtes. Glumpflich mit jemanden umgehen. Ich habe ihn sehr glimpflich ermahnet. Jemanden auf die glimpflichste Art tadeln.
Anm. Im Nieders. "limpig", "limplik", "lumplik", im Schwed. "lempelig". Bey dem Kero bedeutet "kalimflih", bey dem Ottfried "gelumflih", und in Boxhorns Glossen "kilimflih", in weiterer Bedeutung, "gemäß", "anständig", "der Sache angemessen", "bescheiden".
Der "Unglimpf", des -es, plur. car. der Gegensatz des Glimpfes, die Abwesenheit der nöthigen Mäßigung in dem Betragen gegen andere, abgeneigt, andern alle unangenehme Empfindungen, so viel möglich, zu ersparen; als ein gelinder Ausdruck für "Härte", "Strenge" u. s. f. S. "Verunglimpfen".
"Unglimpflich", -er, -ste, adj. et adv. der Gegensatz von "glimpflich", "abgeneigt, andern alle unangenehme Empfindungen, so viel möglich, zu ersparen", und darin gegründet. Unglimpflich mit jemanden umgehen.
"Verunglimpfen", verb. reg. act. mit Unglimpf behandeln. Man gebraucht es nur noch im engern Verstande, auch in der anständigen Sprechart, jemandes Ehre durch Worte beleidigen, als einen glimpflichen Ausdruck für die härtern "schimpfen", "schmähen", "verleumden", "lästern" u. s. f. Sie fordern ihre böse Sache und verunglimpfen andere, Ps. 36, 3. Im Schwed. "förolämpa". (S. "Glimpf".) So auch die "Verunglimpfung", plur. die -en, von einzelnen Fällen.
verunglimpfen
Tier der Woche: Totaler Glimpf - aus FALTER 07/12
Verglimpfung - Falter 47/07, erschienen am 21.11.2007
noch einmal gut / glimpflich davonkommen
beglimpfen | ehrenverunglimpfung | Glimpf | glimpf | glimpfbruch | glimpfen | glimpfig | glimpflich | glimpfruehrig | glimpfschrift | verunglimpfen
BEGLIMPFEN | GLIMPF
Unglimpf | Verunglimpfen
"Gugel", "Gugele", "Kogel", "Kugel", von lateinisch "cucullus", "Kapuze",
1) Bezeichnung für die vom 12.-14. Jh. von Männern (zumeist der unteren Schichten) als Schutz getragene Kapuze mit angeschlossenem Schulterkragen. ...
...
2) Helmform; die Variante, bei der das Visier unter dem Sehschlitz wie eine Hundeschnauze spitz ausgebildet ist, heißt "Hundsgugel".
mnd. "kagel", "kogel", "koggel"; mhd. "gugel", "kogel", "kugel"; mnl. "cogel" = "(Mantel mit) Kapuze", "Mütze".
...
"GUGEL", f., m., "kapuze", mlat. "cuculla", "cucullus", ahd. "cucalun" "cucullam" kl. ahd. sprachdenkm. 145 Steinmeyer; anu "cugulun" sine "cucullo" ahd. gl. 1, 139, 3; mit ypocrisi preitero blattun witero "chugelun" NOTKER 2, 249 Piper; mhd. "gugel" LEXER 1, 1114; nachtr. 222; ags. "cug(e)le", "cu(h)le" BOSWORTH - TOLLER 173a; suppl. 135b; neuengl. "cowl"; mnd. "kogel", "kagel" SCHILLER-LÜBBEN 2, 512; auf dem gesamten sprachgebiet bezeugt und obd. z. t. noch lebendig, s. FISCHER schwäb. 3, 906; SCHMELLER-FR. 1, 880; STAUB-TOBLER 2, 155.
"gugele", "gugel", "kugel", "kogel" swstf. ( ib.) "kapuze über den kopf zu ziehen am rock oder mantel". "gugele" FRL. KOL. DSP. 2,198. BEH. 99,1. 386,29. 410,8. "gugel" PARZ. TRIST. H. MS. KRONE, LS. (2. 225,553).
...
"gugel", "kugel", "gogel", "kogel" capucium DFG. 99b. "kogel" WEIST. EILH. 7272. GA. 3. 238, 1579. 241,1688. DÜR. chr. 570. 681. aus mlat. "cuculla", lat. "cucullus";
"Gugel", "Kapuze mit Hals- und Schulterstück", Kopfbedeckung der alten ägypt. Mönche, auch der Benediktiner; in Bayern noch jetzt bei königl. Leichenbegängnissen 24 Männer in der Gugel. ("Gugelmänner").
...
Der Caminfeger, welcher froh war, daß er Arbeit bekommen, packte alsobald seinen bey sich habenden Bündel aus; zoge die Schuh ab; schürtzte sich um mit einem Vorfell; steckte darzwischen das Feg-Eisen; zoge über den Kopf und Schultern seinen "Caminfeger-Gugel"; sprange auf den Herd hinauf; nahme eine Leiter, und setzte sie an das Camin.
Karnevalumzug: Noch heute ist für den echten Narren eine "Narrenkappe" ein Muss. Den Narren der vergangenen Zeit wurde der Kopf geschoren und eine runde Mütze mit Eselsohren und Hahnenkamm aufgesetzt, die "Gugel". Wir kennen diese Mütze auch vom Till Eulenspiegel. Die heute meist verwendeten Narrenkappen sehen etwas anders aus und gehen auf den Generalmajor Baron von Czettritz zurück, der diese Art von Faschingskappen Anfang 1827 in Köln einführte. Sie haben als Vorbild nicht mehr die alte "Gugel" sondern die Jakobinermützen. Markant dafür ist die nach vorn gebogene Spitze. Der Schmuck aus Federn und buntem Tand sollte die lächerliche Eitelkeit des Narren symbolisieren. Heute hat man oft den Eindruck, dass die Kappenträger vergessen haben, dass sie die Eitelkeiten belächeln und nicht zu ihrem Programm machen sollen.
zu Lüneburg wird die bürgerschaft in vier stände getheilet, als die "geschlechter", "brauer", "kagelbrüder", unter welchen die kaufleute, gewandschneider, factorn, gastgeber und andere vornehme bürger gehören, und endlich "handwercker".
1722 Beier, HdwLex. 204
Ordensbruder des gemeinsamen Lebens
"kugelherr"
oJ. DWB. V 2541
Meyer, KonvLex.6 III 487
Rheingau Kdm. 89
...
Die "Hundsgugel" bezeichnet eine * Beckenhaube, deren Visier an die Form einer spitzen Hundeschnauze erinnert (vgl. * Gugel).
...
Handschuhfach
Warum heißt das Handschuhfach "Handschuhfach"?
...
Die Bezeichnung "Handschuhfach" rührt daher, dass in frühen Automobilen (oft ohne festes Dach und Heizung) "Handschuhe" ein wichtiger Ausrüstungsgegenstand für Autofahrer waren, um die Hände vor kalter Zugluft zu schützen – ähnlich wie heute noch bei Motorradfahrern – und die Kfz-Hersteller daher eine "Aufbewahrungsmöglichkeit für Handschuhe" im Auto erdachten.
...
Die "Haube", plur. die -n, Diminut. das Häubchen, Oberd. Häublein, welches überhaupt eine jede oberste rundliche Bekleidung eines Dinges zu bezeichnen scheinet; besonders in folgenden Fällen.
1) Eine Bekleidung des Hauptes bey Menschen, eine Mütze. In der Oberpfalz und andern Oberdeutschen Gegenden werden auch die Mützen des männlichen Geschlechtes Hauben genannt, in welcher Bedeutung dieses Wort schon im Schwabenspiegel vorkommt. Daher die im gemeinen Leben üblicher figürlicher R. A. jemanden auf die Haube greifen, ihm scharf zusetzen; einem auf der Haube seyn, oder sitzen, genau auf ihn Acht haben; ihn genau beobachten. Geh aber du dem Feinde auf die Hauben, Opitz. Die Söhne Aarons mußten Hauben, d. i. Hauptbinden, tragen, 2 Mos. 28, 40; Kap. 29, 9; 3 Mos. 8, 13. In den Zusammensetzungen "Bickelhaube" und "Sturmhaube" hat es gleichfalls noch die alte Bedeutung einer jeden Bekleidung des Kopfes. Im Hochdeutschen ist es nur von einer Bekleidung des Hauptes des andern Geschlechtes üblich, wo man in manchen Gegenden bald eine jede Bekleidung des Hauptes, ein Kopfzeug, bald nur eine Art einfacher und ungekünstelter Mützen, bald aber auch nur die leinwandene und gemeiniglich mit Spitzen besetzte Bekleidung unter der Mütze eine Haube zu nennen pfleget. Daher die "Nachthaube" oder "Schlafhaube", "Florhaube", "Spitzenhaube" u. s. f. In einigen Niedersächsischen Gegenden tragen noch die Jungfrauen bloße leinwandene Hauben, die Geschwächten und verehelichten Personen aber Mützen, Nieders. "Hüllen". Daher sagt man in Niedersachsen, mit Ehren "unter die Hülle kommen", d. i. mit Ehren "eine Ehefrau werden", wofür man in Hoch- und Oberdeutschen mit Ehren "unter die Haube kommen" sagt, und alsdann eine "Weiberhaube" oder "Mütze" darunter verstehet. Die Kappe, welche dem Falken aufgesetzet wird, ihn zahm zu machen, heißt bey den Falkenieren gleichfalls die Haube, so wie die Jäger den zugespitzten Sack, worin sie den Dachs in seinem eigenen Loche fangen, eine Haube nennen. Einige nennen den zweyten Magen der wiederkäuenden Thiere, vermuthlich wegen einiger Ähnlichkeit mit einer Mütze, die Haube, und im Nieders. die Hülle.
2) Verschiedene Arten der Bedeckung oder der Bekleidung des obersten Theiles lebloser Körper. So wird der obere Theil des Mühlengehäuses an den Holländischen Windmühlen die Haube genannt. Bey den Kohlenbrennern ist die Haube eines Meilers die obere Schicht, welche aus kleinem Holze gemacht wird. In der Baukunst sind die Wälschen Hauben Arten von Kuppeldächern, welche nach zierlichen ausgeschweiften und eingebogenen krummen Linien zusammen gesetzet sind, am häufigsten bey Kirchthürmen und Lusthäusern gebraucht und auch Helmdächer genannt werden. In weiterer Bedeutung pfleget man auch ein jedes Kuppeldach zuweilen eine Haube zu nennen. S. Kuppel.
3) Der oberste Theil mancher Dinge in einigen einzelnen Fällen. So wird an den Vögeln der obere Theil des Kopfes, welcher aus der Stirn, der Scheitel und dem Hinterkopfe bestehet, die Haube genannt. In einem andern Verstande führet diesen Nahmen der Schopf Federn, welchen einige Vögel auf dem Kopfe haben. S. Haubendrossel, Haubenfink, Haubenlerche, Haubenmeise. An den Hämmern hat der oberste mittelste Theil, in welchem sich das Auge befindet, den Nahmen der Haube. Im Böhmischen werden die Schwämme vermuthlich wegen ihres rundlichen Obertheiles Hauba genannt.
Anm. Dieses Wort lautet in der ersten Bedeutung im Nieders. "Huve", im Dän. "Hue", "Huve", im Schwed. "Hufwa", im Engl. "How", "Coif", im Wallis. "Hwf", im Ital. "Coffia", im mittlern Lat. "Coiffa", "Cuphia", daher das Franz. "Coeffe". Durch Vorsetzung des Zischlautes ist daraus das Ital. "Scuffia" und alte Deutsche "Schaube" entstanden. Wachter leitet es von dem Griech. "???", ein Gewebe, Frisch von Rufe, ein hohles Geschirr, Ihre aber von dem Gothischen "Vaib", eine "Hauptbinde", "Haube", und "vaiban", bekleiden, her. Allein, da dieses Wort in allen Fällen, in welchen es gebraucht wird, sich auf das Obertheil einer Sache beziehet, so scheinet es vielmehr zu "Haupt" und "Hause" zu gehören, so fern sie überhaupt etwas, das in seiner Art das oberste oder höchste ist, ausdrucken. S. auch "Hoch".
"color" ist Amerikanisch; der Brite schreibt "colour" nach der französischen "couleur". Die ollen Römer hingegen waren mit der Doppelbedeutung von "color" vertraut.
HEIKEL, adj. | HEIKEL, m. | HEIKELKRAUT, n. | HEIKLICH, adj.
1) zart, delicat, wählerisch, dasselbe was "hackel", "häckel", vergl. spalte 102, wo die form "heikel" schon besprechung erfahren hat: wann du gesund bist, brauche den leib, und seie nicht zu "haiggel". Schuppius 768; was wunderst du dich, dasz die "haigglere" ("heikleren", comparativ) wanderer biszweilen müd, und der arbeit halber ungeduldig, in die wirtshäuser kommen sein? 741; äuszerst "heikel" in der wahl seines umgangs. Stilling 2, 47; wenn du einen braven mann kriegen kannst, musz du nicht zu "heikel" sein. Auerbach dorfgesch. 1, 309.
2) im 16. jahrh. in der etwas modificierten bedeutung "empfindlich", "besorgt": sein sehr heikel, wie man stettes erfehrt (d. h. empfindlich und besorgt, dasz ihre sünde entdeckt und bestraft werde). Joh. Nas der warnungsengel 102.
"heikel", m. "ekel", bedenklichkeit: keinen "heikel" haben Schm. 2, 165.
"heikelkraut", n. "hauhechel", dasselbe was "heckelkraut" spalte 744: resta bovis, "heickelkraut". Gersdorf 104.
"heiklich", adj. für "heikellich", wählerisch, zart, ekel: die jetzige heikliche welt. Abele unordn. 1, 283; der schatz der jungfrauschaft ist so haiklich als ein spiegel, der von geringstem athem verdunkelt wird. A. a s. Clara Judas 2, 132; ist demnach weit besser, wann die jungfrauen haiklich seind, dann (die begriffe) haiklich und heilig seind zwei blutsverwandte. 133; ich habe, wie sie wissen, in angelegenheiten der musik und oper so wenig competenz und einsicht, dasz ich ihnen mit meinem besten willen und vermögen bei dieser gelegenheit wenig taugen werde; besonders da man es in opernsachen mit sehr heiklichen leuten zu thun hat. Schiller an Göthe 763; als Napoleon in Erfurt war, wünschte er ich möchte ein trauerspiel Brutus schreiben. der groszherzog schickte deshalb eine estafette an mich. der gegenstand war mir zu heikelich, daher unterliesz ich es. Göthe im briefwechsel zwischen ihm u. dem rathe Grüner (Leipzig 1853) 86.
Der "Hochzeitbitter", des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die "Hochzeitbitterinn", eine Person, welche dazu bestimmt ist, die Gäste zur Hochzeit zu bitten.
Hochzeitsbitter
...
Hören wir, was der Jubilar – er ist 79 Jahre alt – selbst hier erzählt: Der "Druschma", "Plampatsch", "Hochzeitsbitter", war vor 50 Jahren eine vielgesuchte Persönlichkeit bei einer Hochzeit. Im Zeitalter der vielen Ziviltrauungen und Ehescheidungen ist allerdings der "Druschma", wie so viele Bräuche, "unmodern" geworden. Wie rührend war es, wenn der "Druschma", bevor der Weg zum Traualtar angetreten wurde, das Brautpaar den Eltern gegenüberstellte, eine Dankrede an die Eltern und eine belehrende Ansprache über den Ehestand an das Brautpaar hielt. Es waren manchmal 40 bis 50 Personen anwesend und es blieb kein Auge trocken, wenn auf meine Aufforderung das Brautpaar niederkniete und von den Eltern und Großeltern oder dem Vormund den Segen empfingen. Tief gerührt dankten dann Braut und Bräutigam den Eltern, dem Vormund oder Angehörigen für die empfangenen Wohltaten seit ihrer Geburt und der Weg zur Kirche wurde im Namen Gottes angetreten.
...
"Hochzeitbitter" - der die Gäste zur Hochzeit (II) lädt
bdv.: "Hochzeiteinlader", "Hochzeitlader"
...
"HOCHZEITBITTER", m. mann der zu der feier einer vermählung einladet: die hochzeitbitter, musicanten, aufwärter, und andere, deren dienste man sich bei hochzeiten gebrauchet. der stadt Leipzig ordnungen (1701) s. 475; weil sich nun der hochzeitbitter mit einem bunten hutbande gleich einstellete. Chr. Weise kl. leute 375; als ein junger bursche, der hochzeitbitter, langsam .. gegen das haus zu geschritten kam, dessen verlegene miene mit seinem putze und mit dem lustigen busche von gewisz fünfzig farbigen bändern am hute wenig übereinstimmte. Immermann Münchh. 3, 16;
...
"HOCHZEITBITTERIN", f.: der "hochzeitbitterin" sol man über fünf bisz sechs groschen von jedem tische .. nicht bezahlen. der stadt Leipzig ordnungen (1701) 475.
"Hochzeitbitter", einmal Getrenntschr, männl Person, die zu einer (ländl.) Hochzeitsfeier einlädt; auch als Figur in "Hanswursts Hochzeit" [Zweiter Jäger zu dem fremden Sänger:] Was willst du denn mit deiner Cither? | Du siehst aus wie ein "Hochzeitbitter" 131,132 ZuWallenstein 4 29,85,14 DuW 18 38,445,38 HanswurstsHochz Plp
"Aushöken", verb. reg. act. "etwas als ein Höke, d. i. im Kleinen, verkaufen". Salz, Käse, Mehl, Obst, u. s. f. "aushöken". In Niedersachsen "aushökern". Daher die "Aushökung".
Der "Höke", des -s, plur. die -n, oder der "Höker", des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die "Hökinn" oder "Hökerinn", ein nur im gemeinen Leben übliches Wort, eine Person, welche geringe Waaren, besonders aber Eßwaaren im Kleinen verkauft; in der anständigern Sprechart ein "Victualien-Händler", und wenn er besonders mit Obste handelt, ein "Obsthändler", für "Obsthöke". Daher der "Käsehöke", "Häringshöke", "Tobakshöke" u. s. f.
Anm. In den gemeinen Mundarten wird dieses Wort bald "Hocke", "Höcke" und "Höcker", bald "Häker", "Häcker" bald "Hucker" und "Huker" geschrieben und gesprochen. In dem Augsburg. Stadtrechte aus dem 13ten Jahrh. "Hucker", in andern Oberdeutschen Gegenden "Hägler", "Hofer", im Angels. "Hoeca", im Engl. "Hawker", im Dän. "Höker", im Schwed. "Hökare", im Latein. bey dem Festus "Coctio", im spätern Lateine "Cocio", "Coccio", wovon das heutige Franz. "Coquin" abstammen soll. Man hat viele und zum Theil seltsame Ableitungen von diesem Worte in Vorschlag gebracht. Skinner leitet es von "Hawk", ein "Habicht", ab, wegen den Gewinnsucht dieser Leute; Junius von "Hoek", ein "Haken", aus eben diesem Grunde, das Bremisch-Nieders. Wörterbuch aber, weil sie ihre Waaren gemeiniglich an "Haken" hangen haben; Wachter von "Hocken", "niedersitzen", oder auchen, vermehren; Frisch von dem ersten; Haltaus von "Hocke", eine Bürde, und "hocken", gekrümmt einher gehen; Ihre endlich von dem alten Holländ. "Oeker" und "Hoeker", Gewinn, anderer zu geschweigen. Noch eher könnte man auf das alte "heyen", "schreyen", Franz. "hucher", fallen, von welchem "Hucagium" im mittlern Lat. den Ausruf des zum Verkaufe bestimmten Weines, und im Engl. "to hawk" noch jetzt zum Verkaufe ausrufen bedeutet, da denn "Höker" eigentlich einen Krämer bedeuten würde, der seine Waaren ausruft. Übrigens werden die "Höken" oder "Höker" im Oberdeutschen auch "Fratschler", "Pfragner", "Greisler", "Grempen", "Grempler", welches aber überhaupt einen "Krämer" zu bedeuten scheinet, im Nieders. "Schmeerhäker", "Fettspeiser", in Dresden "Büdchensmänner" u. s. f. genannt.
"Höken", oder "Hökern", verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, ein "Höke" oder "Höker" seyn, mit geringen Waaren, besonders mit Eßwaaren im Kleinen handeln. Mit Käse, Hülsenfrüchten, Fettwaaren u. s. f. "höken". Im Nieders. "häkern". S. auch "Aushöken".
Der "Höker", S. "Höke".
Der "Hökerbann", des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, z. B. in Augsburg, diejenige Abgabe, welche die Futterer d. i. die "Höker" mit Hülsenfrüchten und Pferdefutter, jährlich entrichten müssen.
Die "Hökerey", plur. inus. die Lebensart, das Gewerbe eines "Hökers". "Hökerey" treiben.
hökern [intr, hat]
"Höker", M., "Kleinhändler"., nd., 1276 Augsburg ("hucker"), zu mhd. "hucke", F., "Verkaufsladen des Kleinhändlers", "Hucke".
"hökern", V., "verkaufen"., 16. Jh., s. "Höker"
Die Bücher von Erich Kästner sind schon relativ alt und daher gibt es einige Begriffe, die in der heutigen Zeit nicht mehr vorkommen und deren Bedeutung daher nicht ganz klar ist.
Wenn dir ein solcher Begriff über den Weg läuft, schlage doch einfach einmal hier nicht. Vielleicht findest du ihn ja.
Aberration | Allongeperücke | Brillantine | Courage | dezidiert | Frikassee | Haubitze | Hazienda | Impresario | Kalabreser | Kanaille | | Karzer | Katheder | Kolonialwaren | Komißbrot | lakonisch | melancholisch | Mennige | Okular | ondulieren | Orthographie | Parlamentär | Pedell | Pelerine | Pleureusen | Plissee | Pompadour | Prokurist | Reineclauden | renommieren | Renommist | Repertoire | Requisiten | Reseda | Stearin | stenographieren | Taburett | Tremolo | Vertiko | Viktualiengeschäft
... möchte ich es nicht versäumen, auf eine Wortverwendung hinzuweisen, die mir aus meiner Kindheit (50er Jahre in Ostwestfalen) noch geläufig ist: "Knust" steht dort für den "Anschnitt bzw. das Endstück eines Laibes Brot".
Da dieser Teil in hohem Maße aus Brotkruste besteht, also vergleichsweise großen Kau-Aufwand benötigt, erscheint mir die Wortverwandtschaft zu "knusen" recht einleuchtend.
(A: miha)
...
Er hatte bestimmte Muster ausgemacht und seine ganz persönlichen Sprachregeln daraus abgeleitet, die ihm beim Lernen halfen. So hatte Tammet beispielsweise festgestellt, dass kleine runde Dinge im Deutschen häufig mit den Konsonanten "Kn-" anfangen, wie "Knoblauch", "Knolle", "Knoten" oder "Knospe"; lange, dünne Sachen dagegen oft mit "Str", wie "Strand", "Strecke", "Strahlen" oder "Strumpf".
...
Köbler, Gerhard, Germanisches Wörterbuch, (3. Auflage) 2007
Das Germanische ist die Vorstufe des Deutschen und damit für dieses das Bindeglied einerseits zu den anderen germanistischen Sprachen (z. B. Friesisch, Englisch, Skandinavisch) und andererseits zum Indogermanischen und dessen zahlreichen Einzelsprachen (z. B. Indisch, Persisch, Slawisch, Griechisch, Lateinisch[, Rumänisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Französisch]). Weil die Sprachwissenschaft kein meinen Vorstellungen vollständig entsprechendes Wörterbuch aufwies, versuchte ich schon 1980 ein germanisches Wörterbuch (2. Auflage 1982) und 1981 ein germanisch-neuhochdeutsches und neuhochdeutsch-germanisches Wörterbuch. Mit Hilfe der modernen Elektronik kann ich sie im Rahmen meiner Internationalen Germanistischen Etymologischen Lexikothek in maschinenlesbarer Form der Allgemeinheit zur Verfügung stellen.
Das ins Internet gestellte Wörterbuch wird nach den einzelnen Buchstaben aufgeteilt in
(E?)(L?) http://www.koeblergerhard.de/germanistischewoerterbuecher/germanischeswoerterbuch/Vorwort-Germanisch.pdf
Vorwort
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T TH U V W X Y Z.
Geordnet ist es streng alphabetisch. Der einzelne Artikel besteht aus dem Lemma in einer normalisierten Hauptform und eventuellen Nebenformen, Sprachangabe (germ.), grammatikalischer Bestimmung, neuhochdeutschen Bedeutungsangaben und Angaben zur Rekonstruktionsbasis (in eckiger Klammer Weiterlebensangaben).
Möge damit die Germanistik um ein weiteres einfaches Hilfsmittel bereichert sein. Fördernde Hinweise werden gern aufgegriffen. Jedermann ist es unbenommen, Besseres zu bieten.
Auf dem germanischen Wörterbuch beruht ein germanisches rückläufiges Wörterbuch. Ebenso baut darauf
(E?)(L?) http://www.koeblergerhard.de/germanistischewoerterbuecher/germanischeswoerterbuch/nhd-germ.doc
ein neuhochdeutsch-germanisches Wörterbuch und
(E?)(L?) http://www.koeblergerhard.de/germanistischewoerterbuecher/germanischeswoerterbuch/ne-germ.doc
ein neuenglisch-germanisches Wörterbuch auf.
Vielleicht werden eines Tages zusätzliche Erweiterungen möglich.
Als für die Erstellung von Word-Dokumenten in meiner Schrift „Times German“ notwendige Sonderschriftarten können von jedermann jederzeit heruntergeladen werden
Tmsgerno.ttf Times German Normal
Tmsgerbd.ttf Times German Bold (halbfett)
Tmsgerit.ttf Times German Italic (kursiv)
Tmsgerbi.ttf Times German Bold Italic (halbfett kursiv)
Times German Zip-Datei (enthält alle obigen Fonts).
Derzeit ist leider eine einwandfreie Umsetzung aller Zeichen dieser Schrift durch Acrobat Writer und Acrobat Distiller von Adobe noch nicht gewährleistet, so dass in den pdf-Dateien an einzelnen Stellen unrichtige Zeichen erscheinen.
"kritteln", schwaches Verb, abwertend
...
bekritteln
...
Etymologie
"kritteln", "bekritteln", "herumkritteln"
"kritteln" Vb. "kleinliche Kritik üben", "tadeln", "nörgeln" entsteht (18. Jh.) unter Einfluß von "Kritik", "kritisch", "kritisieren" aus älterem "gritteln" = "Einwürfe machen", "mäkeln", "unzufrieden sein", "zanken" (Ende 17. Jh.). Dessen Herkunft ist ungeklärt. – "bekritteln" Vb. (18. Jh.), "herumkritteln" Vb. (um 1900).
Thesaurus
Synonymgruppe
bemängeln · kritisch betrachten · kritisieren · tadeln - (etwas/jemanden) aufs Korn nehmen ugs. · (jemanden) zusammenfalten ugs. · auseinandernehmen ugs. · bekritteln ugs. · bemäkeln ugs. · schelten geh., veraltet
Synonymgruppe
(etwas) bekritteln · (etwas) bemäkeln · (seinem) Ärger (über / auf etwas) Luft machen · (sich) beklagen (über) · (sich) beschweren · beckmessern · herumkritisieren (an) · immer (et)was auszusetzen haben · immer (et)was zu meckern haben · murren · mäkeln · räsonieren - reklamieren schweiz. · (seinen) Frust loswerden (wollen) ugs. · (seinen) Frust rauslassen ugs. · (sich) auskotzen (über) derb · Frust ablassen ugs. · abkotzen derb, fig. · granteln ugs., österr., bayr. · maulen ugs. · meckern ugs. · mosern ugs. · motzen ugs. · nölen ugs. · nörgeln ugs., Hauptform · pöbeln ugs. · quengeln ugs. · raunzen ugs., österr. · sich unzufrieden äußern fachspr., verhüllend, mediensprachlich
...
herumkritteln
kritteln
"kritteln", nhd., sw. V., (17. Jh.): nhd. "kritteln", nörgeln; ne. niggle (V.);
Quellenangaben: 17. Jh.;
Etymologie: Herkunft ungeklärt, wohl Einfluss von "Kritik";
Literaturhinweise:GB.: herumnörgeln;
- Kluge 1. A. s. u. kritteln,
- Kluge s. u. kritteln,
- EWD s. u. kritteln,
- DW 11, 2338,
- Duden s. u. kritteln;
F.: kritteln, krittel, krittle, krittelst, krittelt, krittelte, kritteltest, krittelten, kritteltet, gekrittelt, gekrittelt, gekrittelte, gekritteltes, gekritteltem, gekrittelten, gekrittelter, krittelnd, krittelnd, krittelnde, krittelndes, krittelndem, krittelnden, krittelnder, krittel
be-kritteln
"kritteln" - Kreis Pinneberg - "kritisieren", "nörgeln"
bekritteln
herumkritteln
kritteln
...
Schon im Mittelalter gab es das Wort "kreten" = "zanken", "streiten", im Norddeutschen "kriddeln" = "zanken", "Einwürfe machen", "sich ärgern" und "kriddelig" = "verdrießlich", "zänkisch".
...
...
2.3 Konnotative Verbsuffixe: Konnotation des Verbsuffixes "-eln"
Aufgrund der engen Wechselbeziehungen zwischen verbaler Wortbildung und Syntax ist Transposition die Hauptfunktion der Verbsuffixe. Modifikation ist nur in geringem Umfang möglich. Nun ist es aber nicht so, dass Verben konnotationslos sind. Im Gegenteil, es lassen sich viele konnotative Verben finden ("kläffen", "pfuschen", "protzen"). Ihre Konnotation wird allerdings von der Basis ausgedrückt. Der Fokus der vorliegenden Untersuchung liegt auf konnotativen Wortbildungsmustern, dadurch ist der Untersuchungsgegenstand deutlich eingeschränkt. Im Wesentlichen handelt es sich um ein einziges verbales Suffix, das konnotative Ableitungen bildet: das Suffix "-eln". Gowerdowskij (2002: 96) charakterisiert den konnotativen Gehalt des Suffixes "-eln" als „krass ausgeprägte Konnotation der mündlichen Rede, die sich in einigen Wörtern in die Pejoration transformiert“. Bereits das erste zur Veranschaulichung angegebene Beispielwort trifft den von ihm beschriebenen Sachverhalt nicht ganz. Mit "blinzeln" liegt nämlich kein Wort des ausschließlich mündlichen Sprachgebrauchs vor, zudem ist keine negative Konnotation erkennbar [153]. Gowerdowskijs weitere Beispiele "dichteln", "französeln", "hüsteln", "kränkeln" sind zwar negativ konnotiert, aufgrund ihrer semantischen Verschiedenheit kann aber keine systematische Struktur des konnotativen Gehalts von "-eln" erkannt werden. Um die Konnotativität des Suffixes erklären zu können, muss ein genauerer Blick auf formale und semantische Eigenschaften der verschiedenen Ableitungen geworfen werden.
(E?)(L?) https://edoc.ub.uni-muenchen.de/16001/1/Birk_Bettina.pdf
...
Das Suffix "-eln" weist eine differenzierte Semantik auf und ist nicht in allen Bedeutungen konnotativ. Konnotationslos tritt es in der Bedeutung "etwas in eine bestimmte Form bringen" auf wie in "fälteln", "häufeln", "stückeln" (vgl. Fleischer/Barz 2012: 430).
Eine zweite semantische Möglichkeit ist die diminutiv-iterative Bedeutung wie in "brummeln", "drängeln", "frösteln", "lächeln", "kritteln", "schlängeln", "schwächeln", "streichen", "süffeln", "tröpfeln" (vgl. Kühnhold/Wellmann 1973: 115 f., Fleischer/Barz 2012: 429). Die diminutiv-iterative Komponente von "drängeln", "lächeln", "frösteln", "schlängeln", "streicheln", "tröpfeln" kann als rein denotativ eingestuft werden, die Bildungen sind demnach konnotationslos. Ist mit der diminutiv-iterativen Bedeutung eine Wertung verbunden, können sich die Ableitungen konnotativ aufladen. Die negative Bewertung von Iterativa ist nicht selten, sie tritt auch bei dem Substantivsuffix "-erei"/"-elei"/"-ei" und dem Zirkumfix "Ge-...-e" auf (Zur Konnotation des Substantivsuffixes "-(er/el)ei" vgl. Kap. IV 2.1.2.2 dieser Arbeit, zur Konnotation des Zirkumsfixes "Ge-...-e" vgl. Kap. IV 3.1 dieser Arbeit).
Wie "Kritisiererei" ist auch "kritteln" als "ständiges Kritisieren" negativ konnotiert. Das Verb "kritisieren" ist dagegen neutral. Durch die diminuierende Komponente wird die "Kritik" in "kritteln" als kleinlich und ungerechtfertigt charakterisiert (vgl. GWDS 2012, Eintrag "kritteln").
...
(E?)(L?) https://www.kruenitz1.uni-trier.de/
"Verkritteln", ein thätiges Zeitwort, durch Kritteln oder Tadeln schlecht machen. Sie haben mein Werk durch ihre Zusätze verkrittelt, schlechter gemacht. Ihre Verkrittelung (Puristerey) ist nicht Jedermanns Sache etc.
(E?)(L?) https://woerterbuchnetz.de/?sigle=DWB#1
"BEKRITTELN", carpere, vellicare: das vortrefliche sollte durchaus nicht bekrittelt noch besprochen, sondern genossen und andächtig im stillen bedacht werden. Göthe an Zelter 533. s. "kritteln".
"BEKRITTLER", m. iniquus censor.
"KRITTELN", ein volkswort, das noch nicht lange in die schriftsprache eingetreten ist.
1) "kritteln", "kleinlich mäkelnd urtheilen".
a) intr.: so sind unsere krittler! jetzt kommt keiner mit rath und that, darnach aber wird des krittelns kein ende sein. Bürger 181b; kerls, die in ohnmacht fallen wenn sie einen buben gemacht haben, kritteln über die taktik des Hannibals. Schiller räuber 1, 2 (kr. ausg. 2, 29); da sieht man denn gleich ... dasz der verfasser mit einem krittelnden publicum zu thun hat, über das er sich nach und nach ganz erheben musz. Göthe 38, 265; schon fangt ihr an, mangel zu empfinden, zu kritteln und zu kritisieren. Tieck ges. nov. 5, 40.
b) trans., doch ungewöhnlich:
man krittle mir den dichter, wie man wolle,
sein Pindusborn setzt doch ein edles blut.
Bürger verm. schr. 1798 2, 417 (Bellin 1, 21).
das heiszt sonst "bekritteln", das überhaupt im gebrauch allgemeiner ist als "kritteln".
c) man sieht übrigens, dasz da überall an kritik und zubehör gedacht ist, "kritteln" als ein deutsches "kritisieren" behandelt, und eben dieser anklang hat das wort in den höhern stil gebracht; s. dazu Klopstock unter "kritmann", der dazu i. j. 1774 den anstosz gab, aber schon früher hatte sich der anklang aufgedrängt, das zeigt Alers "gritteler", "homo criticus" 983a, und Frisch, Stieler unter 2, a.
2) verzeichnet ist es doch schon früher, aber mit "g-".
a) bei Frisch 1, 374a "gritteln", vulg., "einwürfe machen", it. "zanken", "dubia movere", it. "rixari", "jurgare", das gritteln curiositas critica (dazu "grittler", "grittlich"). er ist aber dabei von Stieler 705 abhängig: "grittelen", cridare (diesz des etymol. anklangs wegen), rixari, altercari, jurgare, dubia movere et res ad se non pertinentes curiose et cum injuria alterius inquirere, er grittelt in allen sachen omnia rimatur, quaecunque in controversiam vocat; dazu "grittelen" n., "grittelung" f. curiositas, "wortgrittelung" curiositas critica, "naturgrittelung" curiositas physica, der "grittelung" /Bd. 11, Sp. 2339/ ergeben sein nodum in scirpo quaerere; Stielers quelle kenn ich nicht (Henisch, Schönsleder, Hulsius, Faber haben nichts davon), Adelung gibt unter "gricklich" (s. "kricklich") "gritteln" als 'oberd.' ('man könnte leicht auf "kritikos" fallen') d. h. aus Frisch.
b) es ist aber da in der bed. zu "scheiden" [griech. "krinein" = dt. "scheiden", "trennen", "entscheiden"]. Steinbach 1, 644 trennt denn auch zwei bed.: ich grittele, zanke, tadele, altercor, carpo, vellico, und durchgrübele, curiose rimor (er schöpf nur aus Stieler). genauer scheidet schon Aler 982b und führt getrennt auf: "grittelen" zanken, "grittelen" durchgrübelen, "grittelen" tadlen. freilich hat der "krittelnde" unter 1, a zugleich etwas von einem kleinlichen grübler wie vom widerspruchslustigen zänker, aber dasz man jene bedeutungen doch besser scheidet, wird sich unter "krittlich" zeigen (s. d. 2, e).
c) aber auch der echte anlaut bleibt festzustellen. schon Stieler schwankte, denn er hat auszer "grittelicht" auch "kritlich" 1029, ebenso Schmotther, Frisch auszer "gritteln" auch "kritlich"; die erste aufzeichnung fiel in eine zeit und in gegenden, wo "gr-" und "kr-" nicht mehr geschieden waren. Stielers "gr-" ist beeinfluszt durch das fries. "grittmann" (s. unter "kritmann"), das er kannte und an das er jenes anlehnte. auffallend aber ist, dasz Aler trotz der zuziehung von "criticus" (s. 1, c) an "gr-" festhält, vgl. unter "krittlich" 3, e.
3) mundarten bieten es nd. und md.
a) das kleinliche tadeln erscheint nd. im pomm. "kritteln", mit kleinen fehlern unzufrieden sein, he krittelt dorup, hat diesz und jenes daran auszusetzen. Dähnert 255b (ohne erwähnung von "kritik"); ähnlich scheint altmärk. "kritteln" Danneil 226a bei sehr allgemeiner angabe ("verstimmung äuszern"). fürs westliche md. zeugt wol Schmidt westerw. id. 91, der "krittelfax" (s. "krittel" 2) erklärt: wer 'über jede unbedeutende sache seine anmerkungen macht ("krittelt")', freilich ist nicht klar, ob ers nicht blosz als hd. beisetzt; s. auch Göthes "krittel", "krittelei". im osten schles. "kritteln", "krêteln" zanken Weinhold 47b.
b) das "zanken" find ich sonst nur nd., aber in der form etwas abweichend: "kriddeln" brem. wb. 2, 869 (dazu "kriddeler" = "zänker", "kriddelije" = "zänkerei", "kriddelig" = "zänkisch"), zugleich als refl. "sik kriddelen" mit der etwas ausweichenden bed. "sich ärgern"; letzteres aber gött. "sek kritteln" "sich leicht und anhaltend ärgern" Schambach 113b, das tritt wie verbindend zwischen "zanken" und "tadeln". noch anders hamb. (wie schles. vorhin): "kreeteln" = "zanken", "zwisten", die Märker sagen "krekeln" Richey 138; das lehnt sich an nd. "kreet" = "zwist" ebend., Lauremb. 6, 100 (s. 131 Lapp.), mnd. "kyfkret" gwerra Diefenb. 272c, vergl. unter "kreizen" 2, c, wo auch "krit" vorkommt, altn. "kritr" = "zwist" Biörn 1, 477a. s. auch "kritzen" 5, "zanken".
c) in der form zu b, im sinne zu a stimmt nordostd. "kräteln" kleinlich tadeln bei Hermes (sp. 2069). weitere aufklärung brächte vielleicht das merkwürdige "kreter" sp. 2173, wenn es selber erst klarer wäre (zu dem nd. "kreteler" das. nachträglich "kreeteler" streitentscheider beim ballschlagen auf dem eise Schütze holst. id. 2, 346); aber das zanken und das kleinliche mäkeln lieszen sich beide nach dem thun eines solchen procurator, advocatus benannt denken. vgl. auch "krattelei" kampelei und "sich kretten", streiten. weiteres unter "krittlich", das in ausgedehnterem gebrauch ist als "kritteln".
"KRITTLER", m.
1) kleinlich mäkelnder urtheiler.
a) Klopstock empfahl in der gelehrtenrepublik "kritler" für "kritiker" (s. unter "kritmann"), ohne üblen sinn, der sich denn freilich von selbst einstellte: o der theoreyen für dichtende, welche die deutschen
kritler jahr aus jahr ein aus der luft uns greifen ...
Klopstock 7, 321 (epigr. 6);
dank unsern dichtern! da sich des kritlers ohr,
fern von des urtheils stolze, verhörete,
verlieszen sie mich nicht ...
oden 1798 2, 78 (an Voss),
er brauchte es also zugleich für theoretiker, ästhetiker (vgl. Gottscheds 'kritische' dichtkunst, s. "kritisch" 2, b); schäfer und barden und empfindler und "kritler". Sturz 1, 212, auch das einfache "t" stammt von Klopstocks rate (vgl. unter "kritteln").
b) später aber mit "tt": den "krittlern", die manches ohne alle noth undelicat gefunden haben. Bürger 132b, anm.; kunstrichter und "krittler". 354b (die schreibung vom herausg.);
die (meine lieder) schreib ich immer schöner ...
trotz krittler und verhöhner.
Göthe 5, 195 (divan);
dasz sich auch das publicum nicht durch einen mislaunischen krittler werde irre machen lassen. 45, 134, auch 2, 218 als überschrift eines gedichtes;
geschwätzgen krittlern gönne du die kleinheit.
Platen 92.
/Bd. 11, Sp. 2340/
c) in zusammensetzungen:
schon hör ich kritler-mordgeschrei
in meinem stillen grabe:
wer die Lenore doch wol sei?
ob sie gelebet habe?
Bürger 40b,
im gött. musenalm. 1777 s. 196 schrieb er aber nd. kriddlermordgeschrei (vgl. Klopstock unter kritmann);
brecht, denn ihr thuts, ob dem, was er (Gleim) gesungen,
mit eurem krittlertadel los!
Seume (1853) 7, 212;
der krittlerzunft tagscheue fama.
Voss 6, 119,
auch bei Heyne briefe an J. v. Müller 199.
2) "krittler" auszer diesem literarischen gebrauch.
a) im 17. jh. bei Stieler 705 "gritteler" altercator, jurgiosus, litigator, trico; bei Frisch "grittler" dubia movens, altercator, morosus, difficilis, also auszer zänker auch schon kleinlicher mäkler u. ä., wie jetzt; schon bei Aler 983a auch "gritteler", homo criticus, qui omnia carpit. s. dazu unter "kritteln" 2, a und b.
b) mundartlich find ichs nd. bei Danneil 226a, im brem wb. (s. u. "kritteln" 3, a. b), hamb. "krêteler" zänker Richey 138. aber auch oberd., wo doch "kritteln" fehlt: schwäb. "krittler", streitsüchtiger mensch Schmid 327. s. auch "kritzler" 2.
c) merkw. auch schon bei Fischart, doch mit mir nicht klarem sinne: heiszt nicht Plautus (welchen einmal ein gugelkapp für Paulus las) sich vor den maulginenden diätmalenden tagkritlern und tischpropheten h?ten? Garg. 160b ("tagkrittlern" Scheible 298), es ist von ärzten die rede die strenge diät im trinken vorschreiben.
KRITTLERIN", f., bei Stieler 705 "grittlerin" litigatrix.
"KRITTLICH", adj. zu "kritteln".
1) gebrauch und verbreitung.
a) im schriftdeutsch nicht häufig, weit seltener als "kritteln", "krittler": der, der (beim weintrinken) .. alle kleinen scherze krittlich abwägt. Lichtenberg 1, 331 (2, 44); patrioten und philosophen sind krittliche geschöpfe. Thümmel 4, 551 (144); der zimmermann konnte das kindergeschrei nicht leiden, er ward überhaupt immer krittlicher und unzufriedener. Auerbach dorfg. (1846) 1, 227. aber die wbb. geben es häufiger an als "kritteln": "kritlich" jurgiosus, impatiens Stieler 1029, "krittlich", wunderlich, leicht anstössig Ludwig 1075, "krittelicht" rappelicht, wunderlich M. Kramer 1719 2, 128a ("krittlich" in den ausg. 1768. 1787), "krittlich", der leicht zum zanken zu bewegen Frisch 1, 548a, und sie alle haben kein kritteln daneben. Adelung führt es gar nicht auf, nur unter "gricklich" beiläufig "grittelicht" als 'oberdeutsch', d. h. aus Frisch genommen.
b) auch sachlich: "grittelicht" (s. 2, a) controversus, das ist gar eine grittlichte sache, ingentis praejudicii res est, capitosa est quaestio Stieler 705, ein grittliche sach res delicata Aler 983a, eine krittlichte sache a ticklish or slippery business Ludwig, eine krittelichte kitzlichte sache M. Kramer, eine krittliche materie quod facile lites et rixas movere potest Frisch. so z. b. pomm. bei Dähnert 255b ene krittlike sâk, misliche sache, von der es ungewiss ist ob sie gut oder schlecht ausfällt, vgl. auch unter c, a. ß.
c) auch die mundarten bieten es weit häufiger als "kritteln", nd. md. wie oberd.
a) nd. bei Dähnert eben, bei Schamb. 113b "krittelig" zum ärger geneigt, im brem. wb. "kriddelig" zänkisch und 'kützlich', von sachen, 'woraus leicht zank entstehen kann', verdrieszlich, verworren, nordfries. "kreetlagh" zänkisch, nordschlesw. "kritjle" Kok.
ß) auf md. boden find ichs im osten und westen, schles. "kritlich" (und "krötlich") zänkisch Weinh. 47b, nass. "krittelig" empfindlich, wunderlich, ärgerlich Kehrein 247, auch in Coblenz Wegeler 28, westerw. z. b. "krittlich" in essen Schmidt 91; auch luxemb. "krideleg", 'kricklich, gern tadelnd, unzufrieden' Gangler 256, in Aachen '"krötlich" ("krittlich"), zu Köln "krüddelich", von menschen mürrisch, reiszbar, von dingen "kritisch", "kitzlich"' Müller und Weitz 131.
c) als oberd. find ichs nur schwäb., "krittlig" und "krittig" streitsüchtig Schmid 327; aus dem Bregenzerwalde gab mir Felder ein krittischer mensch, der überall schwierigkeiten macht, wobei an eine übernahme des gelehrten "kritisch" kaum zu denken ist, vgl. nd. "kriddsk", eigensinnig, zänkisch brem. wb. 2, 870.
2) andere nebenformen, ursprung.
a) mit "gr-", wie Stieler 705 "grittelicht" rixosus, controversus, freunde müssen undereinander nicht grittlich sein, Frisch 1, 374a grittlich, der gerne einwürfe macht und zankt (s. auch u. 1, b), so in den briefen der Elis. Ch. v. Orleans, die es als pfälzisch, mrh. bezeugen: das ich seider eine zeit her so "gritlich" /Bd. 11, Sp. 2341/ und von bösem humor gewesen bin. bibl. des Stuttg. vereins 88, 15, v. j. 1681; die sach von monsieur Braun mag ma tante woll gritlich gemacht haben. 432; gritlich und incompatible. 355, auch 423. 448; dasz ordinarie den alten jungfern eine rewe ankompt, welches sie hernach trawerig und "gridlich" macht. 279; "gridtlich" 179. 247. 255. auch mit einem eignen vergleich: ich schreib eüch jetzt, ob ich zwar heüte schon so gritlich bin wie eine wantlaus (wanze). 21, auch 392 (noch westerw. bei Schmidt 91 der mensch ist so krittlich wie eine wandlaus). nur ein paarmal mit "kr-": wen ich dan von sachen höre, so ich nicht recht begreifen kan, den werde ich blutsleünisch (launisch) und kritlich wie eine wandtlaus. 239; Valbel .. hat zum könig gesagt mit einen kritlichen thon (gereizt). 5.
b) um 200 jahr älter aber "grüdlig", bei Keisersberg, von ungeruewigen mönschen, die das beichtwee haben (eine plage für die beichtiger wovon er öfter spricht): die erst regel ist beichten kurzlich. es ist sollichen grüdligen mönschen nütz, daß sie nit haben ein zu fil enge conscienz, zu beichten kleine sünd, sunder kurz und in einer gemein die selben sagen. irrig schaf 1510 4° G ija, in einer andern ausg. grüdlechte (s. Schilter thes. 3, 377b); sollichen grüdligen mönschen ist gar nutz, das sie mit rat irer obren .. handlen wider ire scrupul und grüdelikeit. G iiijb. es sind nach der weitern beschreibung religiöse grübler, die ihr thun und denken mit ängstlicher genauigkeit beobachten und so reizbar, nervös, unleidig werden, und jenes gritlich der fürstlichen Pfälzerin, unser krittlich ist darin nicht zu verkennen.
c) dieses "grüdlich" gehört weiter zusammen mit "eschengrüdel", der in der "eschen grüdlet", bei dems. (s. u. "aschengrittel", "eschengrüdelein"), und "grüdlen" musz bedeuten mit den händen stören, stochern, kleinlich arbeiten. daher wol folg. "gritlich" von kleiner fingerarbeit: er verwundere sich über seine (des goldschmidts) "gritliche" arbeit. zeitvertreiber 1668 s. 243. also jenes "grüdlig" eigentlich "grübelig", wie "grübeln" eig. auch von fingerarbeit, dann von ängstlich kleinlichem denken gilt. dasz "ü" zu "i" ward und "gr-" zu "kr-", ist in dem rhein. deutsch vom Elsasz abwärts durchaus begründet, wie im gesamten md., auch "d" und "t" vor "l" wechseln in der aussprache.
d) aber das erklärt nicht alles. das nd. "krittlik", "krittelig", "kriddelig" hat mit jenem oberrh. grüdlig nichts zu thun, ihm musz man einen ursprung für sich suchen (s. "kritteln" 3, b). von beiden aber trennt sich wieder das nrh. "krüddelich", "krötlich" (1, c, ß), letzteres auch schles., und hess. im 16. jh.: wie kompts, dasz ihr mich so anfahrt? ihr seit "krödlich", ubel zufrieden. Gilhusius gramm. 49 (Vilmar hess. id. 228), es gehört zu "krot" beschwerde, verdrusz, s. dort. daher wol auch bei Frisch 1, 548a "krüttlich" neben "krittlich", bei M. Kramer 1719 2, 128a "krüttelicht" neben "krittelicht", auch diesz "ü" gieng in mrh., md. aussprache notwendig in "i" über.
e) so erscheint denn das nhd. "krittlich" wie aus drei verschiedenen quellen, von drei verschiedenen seiten her zusammengeronnen, der zusammenflusz kann auf mrh., md. boden geschehen sein. in den älteren angaben von "gritteln", "kritteln" (s. d. 2, a. b) scheiden sich die begriffe noch deutlich, das 'durchgrübeln' schlieszt sich klar an das oberrh. "grüdlen" unter c an (auch das bei "kritteln" u. a. lange festgehaltene "gr-" könnte eine nachwirkung davon sein), das 'zanken' u. ä. findet sowol in der nd. wie in der nrh. quelle seinen anhalt, nur für das 'tadeln' scheint noch eine vermittelung wünschenswert, wäre sie doch bei criticus zu suchen? auch für das oberd. "krittig", "krittisch" u. 1, c, ? weisz ich keinen rat.
"KRITTLICHKEIT", f. subst. zum vorigen:
so schuf er mit mistraun und krittlichkeit
dem ganzen kloster verdrieszlichkeit.
Scheffel gaudeamus 163.
schon bei Voss Shakesp. 3, 108 für engl. spleen. bei Keisersberg irrig schaf G 5a "grüdelikeit" (s. u. "krittlich" 2, b).
"KRITTLING", m. kleinlicher kritiker (vgl. "kritmann"): dasz diese weichlinge und "krittlinge2 das grosze verkleinern, das starke verschwächen, ja das mächtige vernichtigen. Göthe bei Riemer mitth. 2, 654, v. j. 1830, vgl. sein "krittel".
"ÜBERKRITTELN", v., übermäszig kritisieren Campe 5, 27b. von Ayrenhoff als 'nicht schriftsprachlich' abgelehnt: redensarten wie ... "bekritteln" und "überkritteln2 u. d. m. gehören nicht in ein werk, das verbesserung des geschmackes bezwecket 5, 199.
"VERKRITTELN", verb. mit "kritteln" (s. th. 5, 2333) zubringen: den ganzen abend "verkritteln". Heinsius 4, 2, 1312b.
(E?)(L?) https://woerterbuchnetz.de/?sigle=GWB#2
- Krittelei
- bekritteln
- kritteln
- Krittler
(E?)(L?) https://woerterbuchnetz.de/?sigle=PfWB#1
"kritteln" schw. : 'nörgeln, kritisieren', "krittele" [KU-Kaulb]. Syn. s. PfWb schelten. un frää dich nore, krittel net, / falls 's scheensche Glick e Fehlplatz hett'! [Christmann Grummet 49]. SHW Südhess. III 1851; RhWb Rhein. IV 1541; ElsWb Els. I 527 "krittlen".
(E?)(L?) http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=RhWB
"kritteln" PfWb ElsWb -et- Dür, Monsch, Eup, Erk, Dinsl, Rees, Klev, Barm; "krideln" Mettm-Wülfr [ein anderes rhfrk., mosfrk. "krideln", –i- gehört zu rip., nfrk. "krüddeln"] schw.: absol. unzufrieden sein, etwas auszusetzen haben; de hät emmer jet ze "krideln", — hält sech am "krideln"; an jet (enem) "krideln" — Abl.: die "Krettel(er)ei", dat "Gekrettel(s)", der "Kretteler".
"bekritteln": etwas b., bemängeln.
"krittelig" "kretelig" Monsch, Eup, Dinsl, Rees, Klev; "kritelig" Köln-Stdt Adj.: gerne mäkelnd, kritisierend, unzufrieden, empfindlich (bes. im Essen); en "kr." Deng (Kind).
"Kritteljann" "kriteltsjan". Dür m.: einer, der gerne krittelt.
"Krittelkopf" "kretelkop" Dinsl-Hiesf m.: dass.
(E1)(L1) http://books.google.com/ngrams/graph?corpus=8&content=bekritteln
Abfrage im Google-Corpus mit 15Mio. eingescannter Bücher von 1500 bis heute.
Dt. "bekritteln" taucht in der Literatur um das Jahr 1650 / 1790 auf.
(E?)(L?) http://corpora.informatik.uni-leipzig.de/
Erstellt: 2023-08
Der Ausdruck stammt aus dem Ruhrgebiet. Laut meinem früheren Chef (immerhin Direktor einer dt. Großbank), der den Ausdruck ständig verwendete (er stammte allerdings auch nur aus Lippstadt, also nicht aus dem Pütt selbst) bedeutet dieser Ausdruck die Umschreibung für einen "aus- oder fremdländischen Mitbürger ohne regionale Spezifikation". Um es etwas einzugrenzen: EU-15-Europäer dürften keine sein, allerdings sämtliche Osteuropäer, Afrikaner, Asiaten (wahrscheinlich nicht alle) aber ich bin kein Spezialist. Bücher sagen auch nichts dazu, nur das Ruhrgebiets-Deutsch-Lexikon, welches ich leider verkauft habe, enthielt eine Definition für "Kuffnucke". Wahlweise auch nur mit einem "f". Naheliegend, dass der Begriff - allein lautmalerisch wirkt er schon so - in abwertiger bzw. geringschätziger Weise benutzt wird.
VONDETLEF GUERTLER, 21.08.2006
Rote Liste der Deutschen Sprache, L – M
In der 24. Auflage des Dudens als „veraltend“ gekennzeichnete Wörter:
- Landmesser
- laugen
- Lebzelten
- Lebzelter
- Lehrmädchen
- Leibesertüchtigung
- Leichenbitter
- leichtlich
- Liaison
- Lichtspieltheater
- Liederjan
- lizitieren
- Lobspruch
- Luginsland
- Lumpazius
- Lustbarkeit
- lustwandeln
- Maie
- meinethalben
- meisterlich
- memorieren
- meucheln
- meuchlings
- Mime
- mimen
- Mirakel
- Missetat
- Mitgift
- mitnichten
- mitteninne
- Mohammedaner
- Moskowiter
- Mummenschanz
- Muschkote
- Mussehe
- Mussheirat
- Mutterschaftsurlaub
"Bitten", verb, irreg. act. Imperf. ich bath, Mittelwort gebethen, Imperat. bitte.
1) Die Erweisung eines Guten als eine Wohlthat oder Gefälligkeit von jemanden verlangen. Einen bitten. Einen um etwas bitten, und etwas von einem bitten. Fußfällig, demüthig bitten. Er bath ihn mit vielen Thränen. Für jemanden bitten. Um Gnade, um Vergebung, um Verzeihung bitten. Der Feind mußte um Friede bitten. Die vierte Endung der Sache zu setzen, wenn die Person nicht ausgedruckt wird, ist ungewöhnlich; doch höret man zuweilen: bitten sie alles in der Welt, nur das nicht, für um alles. In der R. A. eins bitte ich dich, sind so gar zwey Accusativi üblich, welches außer dem nicht nachgeahmet werden darf. Bey einem um etwas bitten, ich wohl nur in Obersachsen einheimisch. Herr Damon wird es schon vermitteln, daß Herr Simon bey dir um Vergebung bitte, Gell. Aber, zu Gott bitten, wie sich bey einigen Dichtern findet, kommt sonst nur in der Deutschen Bibel vor. Dafür ist schon gebethen, im gemeinen Leben, das wird gewiß nicht geschehen, es ist schon veranstaltet worden, daß es nicht geschehe. O dafür ist gebethen, daß man mirs weiß macht, Less. + Jemanden hinter Gott und vor Gott bitten, für sehr bitten, gehöret in die niedrigste Sprechart.
2) In engerer Bedeutung, Gott um etwas bitten, absolute, welcher Bedeutung dieses Wort aber nur in der Bibel und der biblischen Schreibart üblich ist. Doch sagt man auch im gemeinen Leben: für jemanden bitten lassen, in der Kirche.
3) Einladen. Jemanden zu Gaste, zur Hochzeit, zur Leiche, zur Kindtaufe bitten, ihn bitten, diesen Feyerlichkeiten beyzuwohnen. Einen zum Essen bitten. Ich bin nicht gebethen, nicht eingeladen. Ich habe ihn auf eine Tasse Thee, auf ein Glas Wein zu mir gebethen.
Anm. Statt des Substantives "Bittung" ist "Bitte" eingeführet. Dieses Verbum lautet bey dem Kero "pitten", bey dem Isidor "bitdan", bey dem Ottfried "bittan", bey dem Ulphilas "bidjan", im Angels. "biddan", im Nieders. "bidden", im Schwed. "bedja". Es ist ein Iterativum oder Intensivum, vermuthlich von "bethen", so fern solches ehedem in weiterer Bedeutung überhaupt "wollen", "verlangen", bedeutet haben mag. Von diesem einfachen Zeitworte hat "bitten" noch die jüngst vergangene Zeit "ich bath", und das Mittelwort "gebethen" beybehalten, obgleich nach einer verschiedenen Conjugation, die von einer verschiedenen Mundart herrühren kann. In einigen Oberdeutschen Mundarten wird es indessen regulär abgewandelt; "ich bittete", "ich habe gebittet".
Das Hauptwort der "Bitter", ist nur in den Zusammensetzungen "Hochzeitbitter", "Leichenbitter" u. s. f. üblich.
Der "Leichenbitter", des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die "Leichenbitterinn", eine Person, welche dazu verordnet ist, andere zur Leichenbegleitung zu bitten; in einigen Gegenden "Leidbitter". Nieders. "Dodenbidder", "Doonbidder".
Der "Todtenbitter", des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden ein Nahme des "Leichenbitters".
Leichenbitter
Leichenbitter
Leichenbitterordnung, f.
Rechtsordnung, die die Tätigkeit des Leichenbitters regelt (Benachrichtigung über d. bevorstehende Beerdigung, Ordnungsdienste im Trauerhaus usw.)
1652 Hamburg/ZKulturg. 6 (1899) 176
"Leichenbitter", "Leichenbitterinn", im Niedersächsischen "Dodenbidder", "Doonbidder"; diejenigen Personen, welche dazu verordnet sind, die zur Leichenbegleitung verlangten Personen einzuladen. An einigen Orten ist dieser Posten mit dem eines "Hochzeitbitters", verbunden. Bey bürgerlichen Leichen in kleinen Städten hat der "Leichenbitter" die Ordnung der Folge zu besorgen, und gewöhnlich schließt er sich bey dem letzten Pare der Leichenbegleiter mit an. Wird vor oder nach dem Leichenbegängnisse ein kleines Traitement gegeben, so übernimmt gewöhnlich, besonders bey Handwerksleuten, der "Leichenbitter" auch die Besorgung der Gäste, damit keiner zu kurz kommt, und zuletzt stattet er im Nahmen der Leidtragenden jedem vom Gastmahle weggehenden Leichenbegleiter den Dank ab. Eben dieser "Leichenbitter" bringt auch der Geistlichkeit die Gebühren ins Haus, und besorgt die Bezahlung des Geläutes, für welches alles er, je nachdem es an einem Orte gebräuchlich ist, entweder 16 Groschen, 1 Thaler oder auch noch mehr erhält.
Nach einer schlesischen Verordnung sollten zu diesem Posten Invaliden genommen werden.
Im Artikel Leichen=Commissarius wird ein Mehreres vom "Leichenbitter" vorkommen, besonders in Hinsicht des demselben zu erlegenden Geldes, so wie auch in "Leichenbestattung".
"BITTER", m. "petitor": die emsigen bitter erhöret gott; ein grober, unverschämter bitter. Stieler 176. s. "hochzeitbitter", "kindtaufbitter", "leichenbitter".
"BITTER", m. turdus iliacus, die weindrossel, in einigen gegenden.
"LEICHENBITTER", m. der zur begleitung einer leiche im namen der hinterlassenen einladet, praeco feralis Steinbach 1, 96; er giebt einen leichenbitter ab, homines invitat ad exequias alicujus conhonestandas. ebenda. das traurige gesicht, das er bei diesem amte zeigen musz, ist sprichwörtlich:
prinzessin (fängt der ritter mit einer miene, die er von einem leichenbitter geborgt zu haben schien, zu Schatulliösen an), sie sehn sehr aufgeräumt aus.
Wieland 4, 175 (n. Amadis 9, 16);
mit einer wahren leichenbittersmiene. Schiller Fiesko 1, 7.
"LEICHENBITTERIN", f. funera, quae corrogat alios ad exequias. Steinbach 1, 96.
"Leichenbittergesicht", n. : = PfWb "Leichenbittermiene"; e Leichebitte? gesicht mache [Rockhs]. —
"Leichenbittermiene" f. : 'Gesichtsausdruck erzwungener Trauer', "Leichebittemien" [LU-Opp Land], "Leichenbittermiene" [KL-Reichb NW-Kallstdt BZ-Dernb]. Der macht so e triebselich Gesicht, so e echdi "Leichenbittermiene". [KL-Reichb]. SHW Südhess. IV 257.
Leichenbittermiene
Leichenbittermiene
"eine Leichenbittermiene aufsetzen" = "bewusst traurig gucken"
umgangssprachlich; Auf dem Lande war es früher Sitte, dass die Angehörigen eines Verstorbenen einen "Leichenbitter" von Haus zu Haus schickten, der zur Beerdigung ("Leich") bat. Die "Leichenbitter" waren natürlich selbst von dem Sterbefall nicht betroffen, so dass ihr ernster Gesichtsausdruck sprichwörtlich für ein vorgetäuschtes Leid werden konnte. Die Wendung "mit einer wahren Leichenbittermiene" ist ein Zitat aus Schillers "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua", das in anderer Form schon älter ist. Eine Variante ist: "im Leichenbitterton" ("in besonders ernstem Tonfall").
Nichts mit dem Adjektiv "bitter", dafür umso mehr mit dem Verb "bitten" hat das Wort "Leichenbittermiene" zu tun, das heute "kummervolles Gesicht" bedeutet. Es gab früher den Brauch der Hochzeits– und der Leichenbitter, die beide auf ihre Weise gesellschaftliche Ereignisse ankündigten. "Leichenbitter" machten zumeist ein tiefernstes Gesicht, das dem Anlass ihres Kommens angemessen sein sollte.
Sie kamen vor allem im Dorf an die Tür der Einwohner und luden diese zur Beerdigung ein. Dabei verwandten sie oft Redeformeln und ließen für die Verstorbenen beten. Sprichwörtlich wurde das demonstrativ kummervolle Gesicht, dem man seinen Gram nicht vollends abnimmt, mit Schillers Drama Fiesco, in dem er seinen Protagonisten im 7. Auftritt des 1. Akts sagen lässt: "Der Spaß verliert alles, wenn der Spaßmacher selber lacht. Mit einer wahren Leichenbittersmiene!"
"Leichenbittermiene": Etwas mit einer Leichenbittermiene sagen.
Leisten
Wenn man sich etwas leisten möchte, kann man sich Maßschuhe anfertigen lassen. Die werden in der Schusterwerkstatt nach Leisten angefertigt. Wer sich die finanziell nicht leisten kann, kann sich ja etwas anderes leisten.
...
Deutschlandfunk / Kalenderblatt - 25.04.2010
Leugnen unter Strafe
Vor 25 Jahren verabschiedete der Bundestag das Gesetz gegen die "Auschwitz-Lüge"
Von Oliver Tolmein
Heute vor 25 Jahren verabschiedete der Bundestag das 21. Strafrechtsänderungsgesetz, das sich unter anderem gegen die sogenannte "Auschwitz-Lüge" richtete. Ob ein solches Gesetz überhaupt sinnvoll ist und wie es ausgestaltet werden sollte, war in der bundesdeutschen Öffentlichkeit heftig und kontrovers diskutiert worden.
...
...
Etwas mehr hierüber sehe man in Stoschs Versuch in richtiger Bestimmung einiger gleichbedeutenden Wörter der deutschen Sprache, Th. 4. S. 222. wo die Wörter bejahen, bekräftigen, betheuern, leugnen und verneinen ihrer Bedeutung nach untersucht sind.
...
Anm. Notker gebraucht es mit dem vor Zeitwörtern sonst unwöhnlichen "un", "unliumenden". Das Lat. "calumniari" ist seiner mittlern und Stammsylbe nach genau damit verwandt; "ca" aber scheint unser "ge" zu seyn, eigentlich "geleumden". (S. "Leumund", wo von der Abstammung schon das nothwendigste gesagt worden.) Bey andern alten Oberdeutschen Schriftstellern heißt "verleumden" "argogimaran", und ein "Verleumder" "Alhoner", bey dem Notker "Anafristar". In den spätern Zeiten kommt "vermeren", von "Märe", "Sage", für "verleumden" vor.
BELEUMDEN | ENTLEUMDEN | ENTLEUMDUNG, f.
"lûtria" = "nichtsnutzig", "schlecht", "ludra" = "nichtsnutzig", "locker". ags. "lytre" = "nichtsnutzig", "schlecht", "elend"; mhd. "liederlich", "leicht", "geringfügig", "leichtfertig", nhd. "liederlich", ahd. "lotar", mhd. "loter", "lotter" = "locker", "nichtsnutzig", "leichtfertig" (auch "träge", vgl. "loterbank"), nhd. "Lotterbube", "Lotterbank", ags. "loddere" = "Bettler". Vgl. auch mnd. "loi", "loie" (aus "ludja") = "träge", "faul". Vgl. ir. "lott" Hure (aus "*lutna"?).
(375:3)
"Lotterleben", n
liederlicher Lebenswandel. Seit dem 19. Jh.
[Wörterbuch: Lotterleben. Wörterbuch der deutschen Umgangssprache, S. 17050 (vgl. Küpper-WddU, S. 505) (c) Marianne Küpper]
Root / lemma: "*leu-", "*sleu-"
Meaning: "loosely hanging", "loose", "feeble"
Note: esp. with extensions; beyond Germanic only barely provable, in this however, very richly unfolded
Material: Unextended perhaps in: Gothic "slawan" = "keep mum", "keep quiet" ("*slawen" = "*be faint", "languid" from an Adj. "*slawa-"?);
with m-suffix: Norwegian "slum" = "slack", "thin" (from blade of grass), "sluma" = "go limpy and sluggishly", Danish older "slum" = "slumber", Old English "sluma" m. = "slumber", late Middle High German (md.) "slumen", "slummern", "schlummern" = "drowse"; Norwegian "sløyma" = "schnell zu langem, weichen Stroh wachsen";
with n-suffix: Alemannian "schlune" = "drowse", Middle High German "slun" = "idler";
with r-suffix: Norwegian "slure" = "sluggish person", "sluren" = "faint", "languid", "sleepy", "slora", "slura" = "loose hang", "drag", Middle High German "slur" m. = "stroll"; "slacker", "lazy person", Middle Low German "sluren" = "hang loose", "swerve", "be lazy"; Dutch (abl.) "sleuren" ds., "sloor" = "slovenly person"; Middle High German "slier" ("*sleura-") m. n. = "slime", "mud", "loam", "clay" (Modern High German dial. "Schlier" ds., "Schliere" = "slimy mass", Tirol "schlieren" = "glide", "slide", "slip", "stumble"), English "slear", "sleer" = "smear", "slur" = "slime", "mud", Verb. "smear", "glide", "slide".
(s)leug-:
Low German "sluk" = "slack", Dutch "sluik" = "lean", "hager", "smooth", English "slouch" = "sit or stand with the head and shoulders drooping forward", "walk with a relaxed drooping gait"; Old Icelandic "slokinn" = "die", "be extinguished", "slokna" = "be extinguished", "die"; "sløkkva" = "extinguish", "put out", "slay"; Norwegian "sloka" = "be rotten", Low German "slokeren" = "be slack", "hang loose".
with kk: "slukkern" ds. (Modern High German "Schlucker"), "slukk" = "sad", "slokk" = "slack", "weak", Norwegian "slauk" = "limp person", "slauka" = "trudge", "lumber", Old English "sleac" = "slack";
without s-: Old Icelandic "loka" = "let hang down limply", Norwegian "lukr", "lugr" = "loose", "hanging loose"; besides with expressive voiced-nonaspirated gemination Norwegian Swedish "slugga" = "be clumsy" (English "slug", "sluggish" = "sleepy", "idle" is Scandinavian loanword), Middle Low German "luggich" ds.; presumably Lithuanian "slúgstu", "slúgau", "slúgti" = "abate", "become small".
(s)leut-:
Middle Irish "lott" ("lot"?) = "whore" = "Hure" seems Germanic loanword; compare under Old Icelandic "lodda", in addition "lydda" = "laggard woman";
Old English "liedre" = engl. "useless", "evil", "bad", "woeful", "wretched", "miserable", Middle High German "liederlich" = "light and dainty", "slight", "frivolous", Modern High German "liederlich" ("*liuÞri-"); Old High German "lotar", Middle High German "loter", "lotter" = "lax", "frivolous" (Modern High German "Lotterbube"), also "idle" (Modern High German "Lotterbank"), Old English "loddere" = "beggar", Old Swedish "lyddare" f. "incompetent person", Old Icelandic "lodda" f. = "wife", "woman"; here with the meaning "hanging loose cloth", "scrap", "shred" perhaps Old High German "luthara", "ludara" = "diaper", "cradle", Old Saxon "luthara" = "child diaper"; with "u" Old High German "lodera" ds., Old Saxon "lodara" = "scrap", "shred" and Old High German "ludo", "lodo" = " coarse woolen stuff", "mantle", Modern High German "Loden", Old Saxon "lotho", Old English "loÞa" m. = "mantle", Old Icelandic "loði" = "loden coat" (in the meaning influenced by "loðenn", above S. 685,);
Serbian "lûtâm", "lútati" = "amble", vowel gradation Russian "lytát?" = "be on the gad", "wander restlessly"; presumably also altcech. "lútový" = "frail", "fragile", "easily broken"; "unstable", "dilapidated"; "vain", Latvian "lutêt", "lutinât" = "spoil", "pamper";
With s-: Gothic "af-slauÞjan" = "move into dismay" (if "* make slack", "feeble", from an Adj. "*slauÞa-"), "af-slauÞnan" = "get in dismay"; Old Icelandic "sloðra" = "be dragged forward", "slyðra" = "fibre", "filament", Middle High German "slot(t)ern", "sloten" = "wobble", "sway", "tremble", Modern High German "schlottern", Dutch "slodderen" ds., "slodder" = "slovenly person"; Middle High German "sludern" = "swerve", "toss", "fling", "sluder" = "slingshot", "sluderer" = "who works hasty and dissolutely", "slu(de)r-affe" = "bummer", "idler" ("Schlaraffe"), Bavarian "schlaudern" also " drive loose back and forth";
Icelandic "slydda" = "snow and rain in a mess", "sludda" = "clump saliva or nasal mucus", English dial. "slud" = "slime", "mud", South German "schludern" = "to snow and rain at the same time", Middle High German "slate" = "slime", "mud", "thaw", Modern High German dial. "schlott", "schlutt" ds.; vowel gradation Middle High German "slote" = "slime", "mud", "loam", "clay";
Maybe alb. Geg ("*sly") "shkri" = "thaw".
with Germanic t-: Old Frisian "slat", Middle Low German "slot" m. = "moat", "protective body of water surrounding a town or fortress", "puddle", "slop", "swamp", "marsh", English "sleet" (Old English "*sliete"), = "partly frozen rain", "mixture of snow and rain", "graupel", Low German "slöten" = "hail", Middle High German "sloz", "sloze", Modern High German "Schloße", Norwegian "slutr" = "rain and snow in a mess", Old Icelandic "slota" = "hang down", Swedish dial. "be rotten", with lengthened zero grade Old Icelandic "sluta" = "hang down", "hang", "be loose", Modern High German dial. "schlossen" = "become slack", "thaw".
References: WP. II 708 ff., Wissmann Nomina postverb. 84, Vasmer 2, 76.
Page(s): 962-963
"LOTTER" [Lfg. 12,7], adj. "schlaff", "nicht fest sitzend", "hangend"; ahd. "lotar", cassus, vanus, inanis GRAFF 2, 204; mhd. "loter", "locker", "leichtsinnig", "leichtfertig"; die sinnliche bedeutung tritt im bairischen (hier neben der übertragenen) und im Fuldaischen noch heute auf: "lotter", "locker", "abgespannt" SCHM. 1, 1540; "lotter", "locker", "wackelig", "schlaff" VILMAR 254 (vgl. auch "lottericht", "lotterig"); wann derselbig stein, der doch mit einem kalch oder katt wurd vergossen, anfahe lotter werden und wacken. Zimm. chron. 3, 131, 24; damit aber solche helm und sturmhüt durch die hitz und schweisz des kopfs nicht von einander fallen und "lotter" werden. FRONSPERGER kriegsb. 3, 149b; wickelt das hun mit ein oder zwei kälbernetzlein über und über ein, das netz aber musz ganz lotter über dem hun sein. HOHBERG 3, 3, 54b. auch STEINBACH 1, 1081 kennt "lotter" für "locker".
Der stamm von "lotter" tritt als "lod-" in einer sp. 1116 fgg. aufgeführten und als "lud-" in einer unten folgenden reihe von worten auf, in denen gemeinsam mehr oder weniger deutlich der begriff der "zotte" und des "lumpens" zu tage tritt. das schwanken der dentale wie in dem wol auch verwandten verbum "schlottern", für das sich, namentlich mitteldeutsch, auch "slodern", bei LUTHER "schloddern" findet. [Abschnitt reduzieren]
"LOTTER" [Lfg. 12,7], m. nequam. das wort bezeichnet bei seinem frühesten vorkommen als ags. "loddere", schlechthin einen "zerlumpten kerl": ac se rîca besihð on his pällenum gyrlum, and cwyð: nis se loddere mid his tættecum (lumpen) mîn gelîca. ÄLFRIC Homil. 1, 256; im mhd. und noch später geht "loter", "lotter", "loder" vornehmlich auf den herumziehenden "gaukler" und "spaszmacher", "possenreiszer" um geld, mit schimpflichem nebens ...[weiter]
"LOTTER" [Lfg. 12,7], f. in Baiern die "lotterbank", "faulbank hinter dem ofen". SCHM. 1, 1541 Fromm. in Schwaben aber bezeichnet die "lotter" das "gehänge am schnurrrade". SCHMID 360. in Hessen bedeutet die "lotter" die "latte". VILMAR 253.
"LOTTERBALG" [Lfg. 12,7], m. nichtsnutziges, lasterhaftes weibsbild; hier Bezeichnung einer Pfaffenköchin: die do gern wolten sich zu gott keren, und ein sölchen lotterbalg hant an inen hangen. KEISERSBERG bilg. 192b; ist es nit ein grosze dorheit, d? du dîn bilgerfart underwegen lost und verzerst, do zu alle din hab umb einer sölchen gaffelstirn willen, und ein wüsten loterbalg, die doch so bald din vergiszt, und glich eines andren mer acht nimpt weder din? 193d; du hast ouch din eigen fleisch, d? reizt und stupft dich zu bösem, d? sint die lüsz, wilt du dich diser lüsz erweren durch ein lotterbalg, du wilt ein kellerin han, so uberkümpst du erst wentelen. 213b.
"LOTTERBANDE" [Lfg. 12,7], f. nichtsnutzige bande: die ganze bonapartistische lotterbande. aus einem zeitungsartikel von 1873.
"LOTTERBANK" [Lfg. 12,7], f. faulbank hinter dem ofen. in Baiern. SCHM. 1, 1541 Fromm.
"LOTTERBETTLEIN" [Lfg. 12,7], n.: ein edelmann der lag auf dem lotterbettlein. PAULI schimpf 80.
"LOTTEREI" [Lfg. 12,7], f. wesen und art eines lotters, mhd. loterîe, lotterîe. SCHM. 1, 1540 Fromm.; armut, lumperei: dasz mancher durch spielen um das seinige gekommen, an den bettelstab [12,1213] oder in lotterei gerathen. corpus constitut. Brandenb.-Culmb. 2, 1, 575; liederlichkeit, liederliches thun: ...
"LOTTERHAFT" [Lfg. 12,7], adj. nach art eines lotters; vgl. unter lotterisch.
"LOTTERHOLZ" [Lfg. 12,7], n. holz, welches die lotter führten, zu ihren gaukelkünsten verwendeten, und beim spruchsprechen in der hand hielten: man spricht gemeinlich, hut dich vor dem geteilten. die mit dem lotterholz geben eim das selb holz zwischen beide hend, und machent ein heilant (binde) dorumb, und wettent mit eim, ob es härab gang, oder nit. welches er denn erwelet, so ist es verloren. KEISERSBERG postill (1522) ...[weiter]
"LOTTERHOSE" [Lfg. 12,7], f. vgl. lodderhose sp. 1117.
LOTTERIG [Lfg. 12,7], LOTTERICHT, adj. das da lottert, schlaff ist, lumpig herunterhängt: loddericht laceratus SCHOTTEL 1358; es ward selbst in den unteren ständen im allgemeinen eben so sehr, als man sich jetzt lotterig oder ungezogen gehen läszt, nach einer gewissen vornehmigkeit und zierlichkeit gestrebt. ARNDT leben 12. niederdeutsch loddrig, loddrige arbeit, eine arbeit worauf keine mühe, kein fleisz verwandt ist, dat tüg sitt em so loddrig upp'n lîw, er wendet nicht die geringste sorgfalt auf seinen anzug. DANNEIL 127b; im Waldeckschen ludderig, unordentlich CURTZE 483a. vgl. auch unter lotterei.
"LOTTERISCH" [Lfg. 12,7], adj. und adv. nach der weise eines lotters: lotterisch, leichtfertigklich, mit schamperen schimpfworten, scurriliter MAALER 274d; lotterisch, lotterhaft, scurrilis, vernilis, scurriliter, verniliter STIELER 1174;
"LOTTERKEIT" [Lfg. 12,7], f. art eines lotters: scurrilitas lotirkyt DIEF. nov. gloss. 333a; ...
"LOTTERN" [Lfg. 12,7], verb. 1) schlaff sein, schlaff herabhangen: vertreibt die lottrenden und hangenden brüst der weiber. TABERNAEM. 740; die allerreichesten (Deutschen) ... kennet man an den kleidern, die nicht weit umher lottern, wie die Sarmaten und Parthen, sondern eng sind und jedes glied in seiner gestalt darbieten. abentheur von allerhand mineralien (1656) 924.
2) schlendern, bummeln: lottern, umlottern umher schlendern. SCHMID schwäb. wb. 360; er hatte kein geschäft, sondern lotterte in den wirthshäusern. AUERBACH dorfgesch. 1, 398; wenn es (ein zum ersten male eingespanntes füllen) scharf anzieht .. so macht es den nebengaul nur irr, dasz er gar nichts mehr thut und nur so neben her lottert. 499.
3) wie ein lotter verfahren: lodderen, lotteren, scurrari, risum salsum ab omnibus captare, nulla verecundiae habita ratione. SCHOTTEL 1358.
4) lottern, im Nassauischen, rollen, eine last mittelst eines seiles (lotterseiles), das über eine rolle läuft, in die höhe ziehen. KEHREIN 267.
"LOTTERSEIL" [Lfg. 12,7], n., vgl. lottern 4.
"LOTTIGKRAUT" [Lfg. 12,7], n. huflattich, nach dem niederdeutschen namen dieser pflanze loddik, lödke. NEMNICH 4, 1515. brem. wb. 3, 79; ...
"lottern" (heute meist "verlottern") Vswschwaches Verb erw. erweiterter Standardwortschatz obs. obsolet (16. Jh., "lotar" adj. 8. Jh.)Stammwort. Vgl. ae. "loddere" = "Bettler". Hierzu "Lotter-" in Zusammensetzungen wie "Lotterbett" n., "Lotterbube" m. Ebenso Heidermanns (1993), 386f.; liederlich. deutsch gw
"lotterbube"
988. Lotterbube. Taugenichts
...
Daher heißt dann das Wort soviel wie: "nichtswürdiger Landstreicher", der sich schlaff und schlapp herumtreibt und überall Unfug stiftet.
...
"LOTTERBUBE" [Lfg. 12,7], m. "bube eines lotters", "lotter" selbst, "gaukler" (vergl. auch unter "lotterholz"): histrio "lodderboeve" DIEF. 279a; scurra "loterbuob" 522a; in der fürsten hofe vindet man loterbuben, spilleute, schmaicher. A. V. EYBE 41a; begert sich aber mit musziggehn zu erneren, darum übt er sich in reimen und sprechen, wie dann solche lotterbuben vor jaren in sondren deliciis bei unsern vordern sein gewest. Zimm. chr. 3 ...[weiter]
"LOTTERBÜBEREI" [Lfg. 12,7], f.: schandpossen (lotterbüberei) sol mit höchstem fleisz vermeidet werden. COMENIUS sprachenthür von DOCEMIUS § 843. in der form lottersbüberei: glaubet nur, das alles frauenzimmer bei allen kurzweiligen gelagen und zusammenkünften von nichts anderes saget, als von eurer lottersbüberei, wodurch ihr euch alle speranz und hoffnung eines vortheilhaftigen heiraths ganz entziehet und auszlöschet. franz. Simpl. (1683) s. 66.
"LOTTERBÜBISCH" [Lfg. 12,7], adj. und adv.: es schickt sich nicht, wenn einer predigen, leren, oder für gericht reden solt, das er daher keme mit reimen gefaszt, als wolt er ein lied singen, oder lotterbübisch spielen. LUTHER 8, 16a.
"Vermaledeien", verb. reg. act. welches aus dem Lat. "maledicere", wie "benedeien" aus "benedicere", verstümmelt ist, und nur im gemeinen Leben für "verfluchen" gebraucht wird, besonders, so fern jenes, als ein fremdes und unbekannteres Wort, nicht so hart klinget, als das Deutsche. Ein vermaledeiter Mensch. Sich verschwören und vermaledeien. So auch die "Vermaledeiung".
maledeien | maledeiung
literarische Neubelebung, auch Archaismus
Abenteuer | abschätzig | Ahn | Banner | bieder | eitel | Faustrecht | Fehde | galoppieren | Gau | Gebilde | gehalten | Gestein | gruseln | Hain | Halle | hehr | heim | Hort | Hüne | kosen | lasten | Leich | Leis | Norne | Poesie | Quell | Riege | rüstig | Schenk | siedeln | Sippe | stapfen | Statt | Süße | Tarnkappe ungefüge | Unrast | Unwetter | Ur | | Walküre | wallen | Weib
...
In der jüngsten, der immerhin schon 23. Auflage des Dudens sucht man dagegen vergeblich nach Einträgen wie "Ärnte", "Egypten" oder "Ocean". Auch "eblouieren" - das heißt "durch Glanz blenden", "verblüffen" - ist dem Duden im Laufe seiner Auflagengeschichte verloren gegangen. Die 9. Auflage von 1926 führt es noch und zwar mit dem zarten Hinweis darauf, dass man das anlautende "E" im Notfall sogar abtrennen dürfe - eine Sache, welche durch die neue Rechtschreibung von 1996 vollständig sanktioniert wird und seitdem bei Reformkritikern auf vehemente Ablehnung stößt.
...
Melancholie & Nostalgie
Register
- Georg Trakl: In ein altes Stammbuch
- Emanuel von Geibel: Mein Herz ist schwer
- Emanuel von Geibel: Entschwunden
- Richard Dehmel: Heimat
- Rainer Maria Rilke: Kindheit
- Johann Wolfgang von Goethe: Gedichte sind gemalte Fensterscheiben
- Theodor Storm: Liegt eine Zeit zurück
- Emanuel von Geibel: Melancholie
- John Keats: Ode auf die Melancholie
- Rainer Maria Rilke: Sonette 10
- Rainer Maria Rilke: Sonette 18
- Frank Wedekind: Sehnsucht
- Christian Friedrich Hebbel: Das alte Haus
- Rainer Maria Rilke: Am Rande der Nacht
- Gottfried Keller: Jeder Schein trügt
- Joseph Freiherr von Eichendorff: Trauriger Winter
- Gottfried Keller: Feldbeichte
- Wilhelm Müller: Wasserflut
- Sabine Balzer: Festung
- Rainer Maria Rilke: Mädchenmelancholie
- Christian Fürchtegott Gellert: Die Spinne
- Alfred Lichtenstein: Schwärmerei
- Georg Trakl: Melancholie des Abends
- Detlev von Liliencron: Sehnsucht
- Eugenie Marlitt: Ein verfallenes Schloß
- Wilhelm Müller: Gefrorne Tränen
- Rainer Maria Rilke: Der Panther
- Theodor Storm: Schlußlied
- Heinrich Heine: Lyrisches Intermezzo
- Heinrich Seidel: Die gute alte Zeit
- Wilhelm Busch: Wenn ich dereinst
- Friedrich von Schiller: Hoffnung
- Christian Morgenstern: Abenddämmerung
- Sabine Balzer: Traurigkeit
- Gottfried Keller: Melancholie
- Rainer Maria Rilke: Spätherbst in Venedig
- Georg Trakl: Die Raben
- Friedrich Nietzsche: Vereinsamt
- Heinrich Heine: Der Traurige
- Paul Scheerbart: Weit! Weit! Ein Liebeslied!
- Rainer Maria Rilke: Kindheit
- Arno Holz: Fern auf der Insel Nurapu...
- Theodor Storm: Von Katzen
- Heinrich Heine: Der Asra
- Rainer Maria Rilke: Der Einsame
- Arno Holz: Rote Dächer!
- Rainer Maria Rilke: Tränenkrüglein
- Rainer Maria Rilke: Ich liebe meines Wesens Dunkelstunden
- Conrad Ferdinand Meyer: Michelangelo und seine Statuen
- August Kopisch: Die Heinzelmännchen zu Köln
- Otto Lenk: Noch immer sitzt du hier
- Christian Morgenstern: Gleich einer versunkenen Melodie...
- Conrad Ferdinand Meyer: Möwenflug
- Max Dauthendey: Alleingelassen bei Erinnerungen
- Friedrich Rückert: Aus der Jugendzeit
- Max Dauthendey: Die letzte Sonne sah uns ins Gesicht
- Nikolaus Lenau: Einst und Jetzt
- Max Dauthendey: Anfang und Ausgang
- Max Dauthendey: Wie mein Aug' am Sommer hängt
- Max Dauthendey: Trennen ist ein Sterben
- Georg Trakl: Seele des Lebens
- Georg Trakl: Melancholie
- Gerhard Becker: licht
- Gerhard Becker: deine seele aus glas
- Otto Lenk: Du warst
- Otto Lenk: Steinrose
- Otto Lenk: Und nähme am Ende eine mein Herz...
- Otto Lenk: Nichts hat sich geändert
- Otto Lenk: Worte fallen
...
in einer Urkunde vom 13. Februar 1807, den Bau eines Schulhauses in meinem Heimatdorf Sterley betreffend, findet sich der Satz Zitat:
"Jetzt entsteht die neue *annoch* Hochgefälligst zu bestimmende Frage: ob zu der Conferenz mit den *eingepfarreten* Obrigkeiten... auch die Häuslinge mit eingeladen werden sollen?"
Ich habe Verstehensschwierigkeiten mit dem Wörtern "annoch" und "eingepfarret".
zu "eingepfarret"
Ich habe lange an diesem Wort in Kurrentschrift gerätselt und die einzelnen Buchstaben wiederholt mit anderen aus dem Dokument verglichen. Ich komme zu keiner anderen Lesart. Was meint dieses Wort? Wir kennen heute noch die Substantive "Pfarrer" und "Pfarrei". Verbirgt sich hinter der adjektivisch gebrauchten Verbform der Sinn "eingemeindet"?
"pfarren", verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, "in eine Pfarre gehören". Das Dorf N. "pfarret" nach H. = "gehöret zu der Pfarre" H., "ist dahin eingepfarret". S. auch "Einpfarren".
"einpfarren", verb. reg. act. "zu einer Pfarre schlagen"; im Gegensatze des "auspfarren". Dieses Dorf ist nach Nischwitz "eingepfarret" = gehöret zu der Pfarre Nischwitz. Eingepfarrte Dörfer, die zu einer Pfarre gehören. Eingepfarrte Einwohner, die Eingepfarrten, die sämmtlichen zu einer Pfarre gehörigen Personen, die Kirchgenossen, Pfarrkinder, Pfarrgenossen.
"Auspfarren", verb. reg. act. "aus einer Pfarre nehmen", im Gegensatze des "einpfarren". Eine Gemeinde auspfarren, sie aus dem bisherigen Kirchspiele nehmen.
RÜGE, f. | RÜGE, adj. | RÜGEAMT, n. | RÜGEBLICK, m. | RÜGEBUCH, n. | RÜGEFALL, m. | RÜGEGERICHT, n. | RÜGEGERICHTSBARKEIT, f. | RÜGEGRAF, m. | RÜGEHAFER, m. | RÜGEHEER, m. | RÜGELN, v. | RÜGELSAM, adj. | RÜGEMEISTER, m. | RÜGEN, v. | RÜGEN, v. | RÜGEN, v. | RÜGENSWERTH, adj. | RÜGEOPFER, n. | RÜGEORDNUNG, f. | RÜGER, m. | RÜGER, m. | RÜGERICHTER, m. | RÜGERIN, f. | RÜGESACHE, f. | RÜGESCHMERZ, m. | RÜGESCHREIBER, m. | RÜGESCHWERT, n. | RÜGESTRAFE, f. | RÜGESTUBE, f. | RUGET | RÜGETAG, m. | RÜGEURTHEIL, n. | RÜGEWASSER, n. | RÜGEWEIS, adv. | RÜGEWORT, n. | RÜGEZEIT, f. | RÜGEZETTEL, m.
"RÜGE", f. "anzeige", "beschuldigung", "tadel". mhd. "rüege", mnd. "wroge", ahd. noch nicht belegt. die andern dialekte zeigen abweichende bildungen: goth. "wrohs", f. "anklage", altn. "rógr", m., später "róg", n. "verleumdung", "zwist", alts. und angels. "wrôht", f. "streit".
über die etymologie vergl. "rügen".
...
1) zunächst bezeichnet "rüge" die "handlung des rügens", und zwar, den verschiedenen Bedeutungen von rügen entsprechend,
a) die "anzeige eines vergehens", denunciatio ...
b) die "gerichtliche untersuchung", wenig gebräuchlich, s. ADELUNG. eine rüge anstellen.
c) die "gerichtliche ahndung eines vergehens", die "geldbusze", mit der die rüger (s. das.) kleinere vergehen bestraften, besonders im niederd. (s. brem. wb. 5, 295). rug, animadversio in delatos, mulcta. FRISCH 2, 133a.
d) der "tadel", "verweis". in dieser Bedeutung jetzt fast allein gebräuchlich: ...
...
"RÜGEN", verb. "beschuldigen", "tadeln". goth. "wrohjan", ags. "wrêgan", altfr. "wrogia", alts. "wrôgian", ahd. "ruagen", "ruogen", alle in der Bedeutung "anklagen", "vor gericht anzeigen", mnl. "wroeghen", mnd. "wrogen", "wrugen", mhd. "rüegen", md. "rûgen", "wrûgen": accusare .. "vrowen" (l. "wrogen") .. nd. "wrugen", "wrogen" ... die friesischen und die ihnen benachbarten niederd. mundarten haben das "w" bewahrt, ... in den hd. mundarten erscheint schon in den ältesten belegen kein "w" mehr, ebenso im nordischen: altn. "rœ´gja", schwed. "röja". die neueren mundarten des binnenlandes haben das wort meist nicht mehr, nur lusernisch "rüge" ... (vgl. auch rügetag und rügezettel). der grammatische wechsel im stammauslaut, goth. "h" gegenüber westgermanischem "g" beweist, dasz ihm ein indogermanisches "k" zu grunde liegt, doch sind verwandte wörter in andern indogermanischen sprachen nicht bekannt.
1) als Grundbedeutung wird durch die übereinstimmung aller altgermanischen dialekte erwiesen "etwas vor gericht zur anzeige bringen". ...
a) ein vergehen "rügen", "anzeigen": ...
b) gewöhnlicher ist "einen (um ein vergehen) rügen": ...
2) von da aus ist der begriff des rügens ausgedehnt auf die weitere "gerichtliche verfolgung eines vergehens". so bedeutet es:
a) "ein vergehen untersuchen und darüber ein urtheil fällen": ...
b) "ein vergehen strafen", besonders wenn es sich um leichtere strafen handelt: ...
3) daneben geht schon mhd. eine allgemeinere verwendung, indem die ursprüngliche beziehung auf das gerichtliche verfahren abgeblaszt ist und das wort den sinn bekommen hat "einen eines vergehens beschuldigen", "ihm etwas vorwerfen", "ihn tadeln", "schmähen" u. s. w.
a) "beschuldigen": ... b) "ein vergehen bekannt machen": ... oft mit unpersönlichem subject, "offenbar machen", "an den tag bringen": ...
c) besonders "seine sünden bekennen, in der beichte": ... häufig reflexiv "sich rügen", "beichten", auch "sich seiner sünden rügen": ...
d) "etwas tadeln", "schelten", "etwas an jemand auszusetzen haben": ...
e) endlich geht "rügen" auch hier geradezu in die Bedeutung "strafen" über, namentlich auch vom strafgericht gottes: ...
f) im nd. auch reflexiv "sich zanken": ...
4) noch abgeblaszter ist die Bedeutung des wortes, wenn es in dem sinne "bekannt machen", "öffentlich nennen", "erwähnen" steht, ohne dasz dabei der nebenbegriff des tadelns zur geltung kommt. so besonders im mhd. und älteren nhd. "etwas rügen", "bekannt machen", "melden", "angeben": ...
5) andere verwendungen der gerichts- und verwaltungssprache sind auf das ältere deutsch beschränkt.
a) "gemäsze und gewichte auf die richtigkeit ihrer eichung prüfen", ...
b) "verordnen", als veraltet bei ADELUNG und danach bei CAMPE. vgl. "rüge".
Der "Rumor", des -es, plur. die -e, ein unanständiges Geschrey, ein ungesitteter Lärm, lautes Geräusch. Es ward in der Stadt ein sehr groß (großer) Rumor, 1 Sam. 5, 9-11. Daß er ihn überantwortete ohne Rumor, Luc. 22, 6. Ohn alle (allen) Rumor und Getümmel, Apost. 24, 18. Einen Rumor anfangen, machen. Die Stelle des Tones beweiset, daß wir es zunächst aus dem Ital. "Rumore" entlehnet haben, welches wieder von dem Lat. "Rumor" abstammet, und so wohl mit den vorigen Wörtern, als auch mit "Ruhm", "rühmen", genau verwandt ist.
"Rumoren", verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, "einen Rumor machen", "lärmen", "toben". Sie werden trinken und rumoren als vom Wein, Zach. 9, 15. Im mittlern Lat. "rumare", "adrumare", im Nieders. "ramenten", "rammeln".
Der "Rumorer", des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher rumoret.
Das "Rumorhaus", des -es, plur. die -häuser, in Wien, ein öffentliches Haus, worin sich die Rumorwache aufhält, und in welches diejenigen gebracht werden, welche des Nachts auf den Gassen Lärmen und Rumor anfangen.
Die "Rumorwache", plur. die -n, an einigen Orten, z. B. zu Wien, Stadtsoldaten oder Gerichtsknechte, welche allen Rumor auf den Gassen verhindern, und auch Rumorwächter heißen. Ihr Vorgesetzter wird der Rumorhauptmann, zuweilen auch der Rumormeister genannt.
rumoren [intr, hat], in + D
rumor | rumoren | rumorer | rumorerperson | rumorersperson | rumorhandel | rumorhandlung | rumorhauptmann | rumorisch | rumormeister | rumorsache | rumorsoldat | rumorwacht | rumorwandel
Rumor | Rumoren | Rumorer | Rumorhauptmann | Rumorhaus | Rumormeister | Rumorwache | Rumorwächter
Saum (das Fasten)
Im Monat Ramadhan, dem 9. Monat des islamischen Kalenders, zu fasten, ist die dritte Pflicht eines Muslims, der dritte Pfeiler des Islam. Gefastet wird von morgens bis zum Sonnenuntergang. Während dieser Zeit verzichtet ein Muslim auf das Essen, Trinken, Rauchen und den ehelichen Beischlaf.
...
Das Wort "Fasten" ["saum", "siyam"] bedeutet im allgemeinen die Verweigerung einer Handlung. Dabei kann es sich um Handlungen wie Essen, Trinken und Geschlechtsverkehr handeln oder aber auch Sprechen, Schlafen usw.. Neben der allgemein bekannten Form des Fastens kennt der Islam z.B. auch das Sprachfasten.
...
"Saumwege". Schmale Wege, die von den Karawanen der Säumer begangen wurden, wobei die Lasttiere eines hinter dem anderen geführt wurden.
...
"Obersaum", ist ein Glied oben an dem Schafte einer Säule, wo die Säule aufhört, und das Capitäl anfängt. Dieses Glied gleicht einer Platte, und steht rings herum etwas über den Säulenschaft hervor, ist aber mit dem Schafte durch einen Ablauf verbunden, damit es nicht als ein abgesonderter Theil erscheine.
"Quersaum", ein in die Quere, d. i. der Breite nach gehender Saum, dergleichen z. B. die Preischen oder Quader an den Hemdärmeln sind.
Die Gattung der Saumpilze (Lacrymaria) steht den Faserlingen (Psathyrella) recht nahe, zu denen sie früher auch gerechnet wurden. Die Saumpilze unterscheiden sich von diesen durch den namensgebenden Saum am Hutrand.
...
"säuumen", V., "nicht kommen", "säuumen", "säuumig sein", mhd. "sumen", "soumen", V., "aufhalten", "verzögern", ahd. "sumen" (A. 9. Jh.), V., "nachgeben", germ. "*suman", V., "säuumen", "zögern", zu ide. "*seu-", V., "lassen"
"Säumnis", F., N., "Nichterscheinen oder Nichtverhandeln einer Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung zu einem zur notwendigen Verhandlung bestimmten Termin", "Zögerung", "Verzug", "Hindernis"., mhd. "sumnisse", F., "Aufhaltung", "Hinhaltung", "Hinderung", "Säumnis", "Zögerung".
...
Deshalb nennt er die "Erlebnisgesellschaft" auch lieber eine "Versäumnisgesellschaft" , beherrscht von der Angst, etwas zu verpassen, von dem sie nicht einmal weiß, was es ist. "War es gestern, oder war's im vierten Stock?", heißt das bei Karl Valentin. Also öfter mal ganz abschalten.
...
ein nur im gemeinen Leben einiger Gegenden übliches, von dem Zeitworte "abschaben" gebildetes Wort, das Unnütze oder Unreine zu bezeichnen, was von einem andern Dinge "abgeschabet", und in weiterer Bedeutung, "abgesondert" wird; das "Schabsel", "Abschabsel", Nieders. "Schabels". Dem Frisch zu Folge wird der Raden in einigen Gegenden "Schabab" genannt, weil er als untauglich von dem Getreide abgesondert werden muß. Daher gebrauchte man es ehedem auch figürlich für "Auswurf", "Ausschuß", "Scheusal" u. s. f. Er mußte von jedermann bey der Pfaffheit "Schabab" seyn, Hedion in der Kirchenhist. bey dem Frisch. Ich zeuch dahin du bist "Schabab", Hans Sachs. Wo es in unsern jetzigen Bibel-Ausgaben, 1 Cor. 4, 13, heißt, und ein Fegopfer aller Leute, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , da hieß es in den Ausgaben von 1522, 1524 und 1527, und eyns ydermans "schabab". In dem alten Reimspruche hingegen, da man von einem Verstorbenen sagt; Ein Tuch ins Grab, damit "schabab", scheinet es aus "abschieben", Nieders. "abschuven", sich "abführen", "fortmachen", entstanden zu seyn.
"Schäbig", -er, -ste, adj. et adv. von "Schabe", die "Krätze", ein für krätzig in den niedrigen Sprecharten übliches Wort. Wenn ein Mann oder Weib auf dem Haupt oder am Bart schäbigt (schäbig) wird, 3 Mos. 13, 29. Nieders. "schävisk", "schäfsk", Engl. "shabby". So auch die "Schäbigkeit".
schäbig | Schäbigkeit
BLUTSCHÄBIG | BLUTSCHÄBIGKEIT, f. | schäbig, adj. | schäbigkeit, f.
SchäbigSchäbiger
- 1. Je schäwiger de Hund, je mêr Flei'n. (Altmark.)
- 2. Wer nicht schäbig ist, braucht sich nicht zu kratzen. - Holl.: Die niet schurftig is, zal zich niet kraauwen. (Harrebomée, II, 264b.)
- 3. Wer schäbig ist, kann bald blutrünstig werden. - Petri, II, 766.
- 1. Einem Schäbigen ist bald zur Ader gelassen. - Holl.: De schurftige heeft haast zijn bloed gestort. - De schurftige is haast ader galaten. (Harrebomée, II, 264b.)
- 2. Wer einen Schäbigen wäscht, wird selber grindig. - Holl.: Raak den schurftige niet aan, hij is mede besmeerd. - Wasch een ongalijk hoofd, hat zal u schurftig maken. (Harrebomée, I, 329b.)
- 3. Schäbiger, hüte dich vor dem Pocher (s.d.), sonst hängt er dich an den Schnellgalgen. - Eiselein, 513; Wurzbach II, 279. - In Rheinpfalz band ein Hirtenknabe, Namens Pocher, seinen Kameraden an einen niedergebogenen Baum, den er nachher emporschnellen liess, und der Arme starb dabei. Als man den Bösewicht fragte, warum er diese That verübt habe, erwiderte Pocher, nichts anders als, der Bube sei schäbig gewesen, und Ein schäbig Thier verderbe die ganze Heerde.
Bei "Nabil Osaman" findet man unter "Schilling" weiterhin die Anmerkung:
...
2) Oft bedeutet "Schilling" auch eine "Züchtigung", welche einem Verbrecher mit dem Stocke, der Peitsche oder mit Ruthen gegeben wird. In einigen Oberdeutschen Gegenden wird es daher für den "Staubbesen" gebraucht. Der "Stockschilling" ist in den Gerichten noch jetzt eine "Züchtigung" von dem Stockmeister in dem Stocke oder Gefängnisse. Auch die Züchtigung ungezogener Knaben in den Schulen auf den Hintern führet daselbst den Nahmen des "Schillings". Da Plätzer von platzen in ähnlichem Verstande vorkommt, so könnte man auch "Schilling" in dieser Bedeutung von "schallen" ableiten, wenn es nicht wahrscheinlicher wäre, daß es auch hier von der vorigen Bedeutung entlehnet worden, und ursprünglich "eine bestimmte Zahl Streiche, etwa 12 oder 30", bedeutet habe. S. Pfund.
...
... in den Schulen, eine feyerliche Züchtigung ungezogener Schüler vor dem Hintern. Einem Kinde einen "Product" geben. Vermuthlich von dem mittlern Lat. "producere", "productus", "mit Gewalt hervor führen", weil dieses gemeiniglich mit einem "Schul-Producte" verbunden ist, da es denn eigentlich die zur Züchtigung bestimmte Person mag bedeutet haben.
Abgeschirren, S. Abschirren.
Abschirren, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, den Pferden das Geschirr abnehmen. Die Pferde sind schon abgeschirret. Im Gegensatze des Anschirrens.
Angeschirren, S. Anschirren.
Anschirren, verb. reg. act. dem Zugviehe das Geschirr anlegen, angeschirren, ingleichen aufschirren. Die Pferde sind bereits angeschirret. Daher die Anschirrung. In einer Italiänischen Urkunde von 1218 bey dem du Fresne bedeutet Ascheratus ad bellum, zum Kriege gerüstet; welches vermuthlich dieses Zeitwort anschirren ist, welches du Fresne nicht verstanden hat.
Aufschirren, verb. reg. act. Die Pferde aufschirren, ihnen das Geschirr auflegen.
Ausschirren, verb. reg. act. aus dem Geschirre nehmen. Die Pferde ausschirren, ausspannen. S. Abschirren.
Einschirren, verb. reg. act. in das Geschirre bringen, im Gegensatze des Ausschirrens. Die Pferde sind schon eingeschirret, mit Auslegung des Geschirres von den Wagen gespannet. Daher die Einschirrung.
Geschirren, verb. reg. act. Die Pferde geschirren, ihnen das Geschirr auflegen, sie anschirren. S. Schirren.
Schirren, verb. reg. act. welches auch nur noch in den Zusammensetzungen abschirren, anschirren, ausschirren und geschirren üblich ist, S. dieselben.
abschirren | anschirren + D + A | schirren
| Schirren | Schirren, Carl | Schirrmann, Richard
schirren
Angschirren
ABSCHIRREN | ANSCHIRREN | AUSSCHIRREN | BAGSCHIRREN | EINSCHIRREN | GESCHIRREN, v.
abschirren | anschirren | ausschirren
Abgeschirren | Abschirren | Angeschirren | Anschirren | Ausschirren | Einschirren | Geschirren | Schirren
ARD - Feuer und Pfanne - Schlotziges Waldpilz-Risotto mit würzigem Bergkäse vom Lagerfeuer - 10.06.2021
Wörterbuch der Indogermanischen Sprachen: Dritter Teil: Wortschatz der Germanischen Spracheinheit
by August Fick with contributions by Hjalmar Falk, entirely revised by Alf Torp in 1909.
("*slut") 2. schlaff herabhängen, schlaff, weich sein. an. "sluta" und "slota" schw. vb. herabhängen, lässig sein; nhd. mundartl. "schlossen" schlaff oder weich werden, tauen, "schlotzen" mit Schmutz zu tun haben, nachlässig sein. Hierzu norw. mundartl. "slutr" Regen u. Schnee untereinander, unreine Flussigkeit, und germ. "slauta" (das ubrigens auch zur Wz. "sluth" gestellt werden könnte): engl. "sleet" (= ags. "*sliéte") Regen und Schnee untereinander, Schlamm, nnd. "slöten" Hagel; mhd. "sloss": m. n., "slosse" f., nhd. "Schlossen". Wahrscheinlich auch mnd. "slôt" m. Pfütze, Sumpf, Wassergraben, ndl. "sloot", afries. "slât". Verwandt mit "sluss". (541:5)
schlotzä - essen
"schlotzen" Vb. "saugen", "lutschen", "genüßlich schlürfen", auch "träge gehen", "schlurfend gehen" (17. Jh.). Herkunft unbekannt.
"Schlotzer", der = "Schnuller"
...
"schlotzen" = landschaftlich, besonders schwäbisch "genüsslich trinken", "lutschen"
...
"schlotzig"
...
"Viertelesschlotzer", der = schwäbisch, scherzhaft "jmd., der gerne ein Glas Wein trinkt"
...
Lemma: "*slut"
2. schlaff herabhängen, schlaff, weich sein. an. "slûta" und "slota" schw. vb. herabhängen, lässig sein; nhd. mundartl. "schlossen" schlaff oder weich werden, tauen, "schlotzen" mit Schmutz zu tun haben, nachlässig sein. Hierzu norw. mundartl. "slutr" Regen u. Schnee untereinander, unreine Flüssigkeit, und germ. "slauta" (das übrigens auch zur Wz. "sluþ" gestellt werden könnte): engl. "sleet" (= ags., altengl. "*slíete" ) Regen und Schnee untereinander, Schlamm, nnd. "slöten" Hagel; mhd. "slô&z-hook"; m. n., "slô&z-hook;e" f., nhd. "Schlossen". Wahrscheinlich auch mnd. "slôt" m. Pfütze, Sumpf, Wassergraben, ndl. "sloot", afries. "slât". Verwandt mit "sluþ".
"Geschlotz" 9,817 "Schlotze" 9,817 "schlotze" 9,817 "Schlotzer" 9,817 "Schlötzi" 9,817 Gschlotz 9,817 Schlotzen 9,817 Schlotzi 9,817 schlotzocht 9,818 schlötzlen 9,818 Schlötzler 9,818 Schlötzlerin 9,818 weitere Formen mit "schloz-" und "schlez-" und ähnlichen Bedeutungen
"schlotzen", nhd., sw. V., (16. Jh.): nhd. "schlotzen", "im Mund zergehen lassen"; ne. "suck";
Quellen: 16. Jh.; Etymologie: Herkunft ungeklärt?;
Literaturhinweise: Kluge s. u. "schlotzen", DW 15, 793, Duden s. u. "schlotzen";
GB.: "etwas im Mund zergehen lassen";
F.: schlotzen, schlotze, schlotzst, schlotzt, schlotzest, schlotzet, schlotzte, schlotztest, schlotzten, schlotztet, geschlotzt, geschlotzt, geschlotzte, geschlotztes, geschlotztem, geschlotzten, geschlotzter, schlotzend, schlotzend, schlotzende, schlotzendes, schlotzendem, schlotzenden, schlotzender, schlotz+EW;
- Hemd-schlotzer
- herum-schlotzen
- Schlotze
- schlotzen 1
- Schlotzer 1
- schlotz-ern 1
On "sluts" and "slatterns"
...
In the middle of the nineteenth century, Hensleigh Wedgwood, at that time a rising star of English etymology and later the author of an etymological dictionary (now forgotten but far from useless), cited German "schlottern" = “to shiver” and, by inference, “to shake” as a cognate or the source of "slattern". English had the verb "slatter" = “to spill, splash, etc.” The OED cites "slattering" woman and suggests tentatively that "slatter-n" is "slatter" with a suffix added to it. It does not exclude the Scandinavian origin of the English verb. Again, I would prefer to stay away from Scandinavian because of the wide currency of the "slat–" complex on the continent. In this case, we are dealing either with cognates (Scandinavian and West Germanic) or, more likely, with migratory words. Skeat also referred to Scandinavian but cited Bavarian "schlutzen" ~ "schlotzen" = “slut”, along with "schlotzen" “to be careless”.
...
schlotzen
Schlotzer
schlotza...
- 1. lutschen, lecken
- 2. genussvolles Weintrinken ("a Virdale schlotza")
Schlotzer...
- 1. Lutscher
- 2. Weintrinker (Viertelesschlotzer)
Virdalesschlotzer ("Viertel-Liter-Wein-Trinker")...
- Weintrinker
Schlotz, Schlötz m.:Formen: Sg.: Frank. 11.- Pl.: Frank. 15, Frank. 11 Frank. 13. Etym.: Herk. unklar. Lit.: Löwe-Kumpf 1979, 154; WKW 8/28. 9/32.
- 1.a. junger, grüner Rebtrieb Frank. 15.
- 1.b. grüner Trieb Frank. 11.
- 2. ausgewachsener Rebtrieb Frank. 11, Frank. 13.
"KINDERSCHLOTZER", s. "kinderdutte".
"KINDERDUTTE", f. milchfläschchen das säuglingen statt der mutterbrust gereicht wird, mit einer nachbildung der "dutte", "brustwarze" zum saugen, daher der name; östr. "kindertuttel" m., schwäb. "tuttle" n., auch "lämmele", "limele", im Breisgau "memmele", oberschles. "schnäuzel", sächs. "zûtschkännchen", "nûtschkännchen", rheinisch "schnullbüchse", frankf. "suckelbüchse". Campe. bei M. Kramer deutsch-holl. wb. "kindsmämmelein", "kindslülle". bei Stieler 1859 "kinderschlotzer" lagenula siphunculata.
"OHRENSCHLOTZER", m. "Ohrensauger" (s. "schlotzen"): dann, wie man sagt, "schmarotzer seind gemeinklich ohrnschlotzer". Albertinus hofschul 47b; "schmarotzer hält man gemainklich, für ohrnschlotzer". landleben 70b.
"SCHLÖTZ", m. mundartliches wort unsicherer herkunft (sieh "schlotzen").
- 1) schmutz, klebrigkeit Schm. 2, 540; "schlutz", schleim, schleimartiger schmutz Schöpf 626; "schlatz", "schlutz" Lexer 219. Hintner 220, vergl. "schlotzig".
- 2) übertragen, träger, fauler mensch. Schmeller a. a. o.
"SCHLOTZE", f.: "die schlotzen", "die schlutzen", unreinliche weibsperson Schm. 2, 540; "schlutz", f. in gleichem sinne Schröer 288a; s. 1DWb "schlötz" und 1DWb "schlotzig".
"SCHLOTZEN", verb.
- 1) mit schmutz zu thun haben, nachlässig, träge sein Schmeller 2, 540; im Bregenzerwald "schlœze", schmieren, streichen.
- 2) von kindern, am saugbeutel, saugläppchen saugen, lutschen Schmid 468. Schm. 2, 540; von einem gemälde: ...
- 3) die herkunft des verbums, wenn nicht zwei verschiedene vorliegen, ist dunkel. dem unter 1) angeführten worte steht nahe tirol. "schlutzen", ausglitschen Schöpf 626, während kärnt. "schlatz'n", "schletz'n" vielleicht zu dem oben theil 8, sp. 2058 behandelten "schalatzen" zu ziehen ist. in der bedeutung schlieszt sich eng an "schlotzen" 1 an das adj. "schlotzig", "schlutzig", schleimig, morastig. die bedeutung 2) kann man sich unschwer als eine aus 1) abgeleitete vorstellen, wenn man sich das gewicht auf das unsaubere, auf das 'schlabbern' der kinder gelegt denkt. in dem adj. wechselt der stammvocal, es werden "schlatzig", "schlotzig", "schlutzig" in gleicher bedeutung bezeugt. vielleicht liegt bei dieser wortgruppe der gleiche lautwandel vor, wie bei blitzen, blitz (blitzen aus blickezen): dann wären heranzuziehen "schlack", remissus, lassus oben sp. 254, "schlack", m. dicke feuchtigkeit ebenda, nd. "schlick", schlamm sp. 675, mit denen verwandtschaft bestehen könnte; indessen ist diese vermutung unsicher.
"SCHLOTZER", m. saugbeutel, saugbeutel der kinder: "schlotzer", der, sive "kinderschlotzer", lagenula, siphunculata Stieler 1859, vgl. Schmid 468. Schm. 2, 540. Birlinger wörterb. z. volksth. aus Schwaben 82; "schlutzer" Kehrein 355, s. 1DWb "schlotzen" 2. "schlotzer" nimmt auch die bedeutung 'der saugende' an. sprichwörtlich: schmarotzer sind schlotzer, vgl. 1DWb "ohrenschlotzer" theil 7, 1259.
"SCHLOTZIG", adj. (s. 1DWb "schlotzen" 3), nur mundartlich gebräuchlich; eine reihe von formen mit wechselndem stammvocal sind hier zusammenzufassen: "schlötzig", "schlützig", klebrig, schmutzig, morastig, träge, langweilig, "schlatze", schläfrig Schm. 2, 540, "schlutzig", "schlotzig", glatt, schleimig, morastig Schöpf 626, "schlötzig", "schlützig", klebrig Lexer 219, "schlatzig", "schlutzig", schleimig, glatt schlüpfrig Hintner 220, "schlazi" Castelli 244, "schlitzig" Hügel 139b, "schlitzig", "schlitzkig", schlüpfrig, glatt Weinhold /Bd. 15, Sp. 794/ 84b, "schlatzig", "sulzicht", von verdorbenem fleische Klein prov.-wb. 2, 118; s. oben "schlatzig" sp. 501 und "schlitzig" 2, sp. 764.
"schlotzen" [šlòts? Bi. u. s.] tr. v.ElsWb els. 2, 478 "schlutze", "schlotze"; baier. 2, 540 u. 1DWb Gr. Wtb. 9, 793 "schlotzen".
- 1. schlürfen, mit Wohlbehagen trinken, schmatzen: Win schl. —
- 2. saugen, lutschen: e Zuckerstang schl.
"schlotzen" = "schlürfen" s. PfWb "schlutzen".
"Schlotz" -o- = Schutz (s. d.).
"Schlotze" das Wort ist am wmosfrk. WRande als "schlots" in Saarbg-Cahren Wilting, Trier-Stdt Hermeskeil Thomm; als "schlots" in Prüm, Malm verbr., Pl. "schlotse(n)" f.:
- 1. unordentliches, nachlässiges Weib in Kleidung u. Arbeit, auch im Gehen; liederliches, zweifelhaftes W. Allg. —
- 2. -?- breiter Schmutzfleck Saarbg-Cahren.
"schlotzen" PfWb ElsWb LothWb ebd. schw.: nachlässig, schleppend gehen, bes. von unordentlichen Weibern; (doher-, heran)geschlotzt kommen. — Abl.: "die Schlotzerei", "dat Geschlotz", "der Schlotzer", "die Schlotzersch".
"schlotzig" ebd. Adj.: unordentlich, nachlässig, bes. von Weibern; e schlotzig Mensch; schlotzig ogedohn sein; schlotzig gohn.
Schrattenkalk
Der "Schrattenkalk" bezeichnet eine geologische Formation aus der Kreidezeit. Sein Name leitet sich von der "Schrattenfluh" ab, einem Gebirgsstock der Voralpen im Kanton Luzern in der Schweiz.
...
| Schratt, Katharina | Schrattenbach, Freiherren und Grafen von
...
Die Wortherkunft ist unbekannt, aber etymologischische Ursprünge sind:
- altnordisch: "Skratti"
- mittelhochdeutsch: "Schrat"
- westslawisch: "Skrzat" / "Skrzak"
- süddeutsch: "Schrätteli"
schrateln
schwatzen, quatschen, klatschen Guck dir die zwei an, sind mal wieder stundenlang am schrateln. Geschratel Gespräch 2er oder mehrerer (meist sauertöpfischer) Damen, die auf der Straße lautstark über jemanden oder etwas lästern. Geschratelt wird im Bergischen Land und in der Nordeifel.
Bearbeiter: G. (Velbert), Claudia Böhmer (Mechernich)
Kommentare
Claudia Böhmer
Mechernich, Eifel
Als "Geschratel" bezeichnet man bei uns das Gespräch 2er oder mehrerer (meist sauertöpfischer) Damen, die auf der Straße z.B. lautstark über jemanden oder etwas lästern. Schrateln ist nicht positiv.
Schrat | Schratt
Der Schratl beim Hochgreiter | Der Schratl beim Linegger | Der Schratl am Oberschöckl | Der Schratl in St. Radegund | Der Schratl in St. Gotthard | Der Schratlspiegel und das Schratlgatterl | Von Schratln und Hexen bei den Ursulinen
Raderschratt, Prof. Hans
Jazzschrat
schwadronieren [intr, hat]
herumschwadronieren | schwadronieren | schwadroniert | schwadronsweise
Bedeutungsanlehnung auch Volksetymologie: schwadronieren
durchschwadronieren | herumschwadronieren
Betreff: Was bedeutet "schwanen"?
Inhalt: Beispiel: "Mir schwant etwas". Ich las einmal, daß dies mit der Sage betreffend die "Schwanenjungfrauen" zu tun habe, die die Gestalt von "Schwänen" annahmen, wenn sie ihr "Schwanenfederkleid" anzogen. Nach meinem Eindruck hat das von mir gemeinte Wort nichts damit zu tun.
Ob die Wendung etwas mit dem "Schwan" zu tun hat, ist nicht geklärt. Sie findet sich zuerst im Mittelniederdeutschen (Braunschweig 1514), aber in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts auch schon im Hochdeutschen. Möglicherweise liegt das Verb "wanen" = "wähnen", "ahnen" zugrunde, wobei zwischen einem vorgestellten Personalpronomen und diesem Verb die Wortgrenze sich verschoben hat ("mir’s wanet" > "mir swanet"). Ähnliches ist - in umgekehrter Richtung - bei dem Wort "Otter" ("Schlange") eingetreten, das auf "Natter" zurückgeht. Hier wurde das anlautende "n" als Ende eines vorangehenden unbestimmten Artikels empfunden ("ein[e] Atter"); das "a" im vermeintlichen Anlaut wurde zu "o" verdumpft.
Eine andere Herleitungsmöglichkeit bringt doch den "Schwan" ins Spiel: Der Wendung könnte neulateinisch "olet mihi" ("es ahnt mir", von lat. "olere" = "riechen", "sich durch Geruch bemerkbar machen") zugrunde liegen. Von Gelehrten der frühen Neuzeit könnte dieses Verb scherzhaft an das lateinische Wort für den "Schwan", lat. "olor", angeschlossen worden sein, so dass "schwanen" die "wörtliche" Übersetzung von "olere" wäre.
SCHWANEN, v. | SCHWANENAPFEL, m. | SCHWANENARM, m. | SCHWANENARMIG, adj. | SCHWANENBEINROCK, m. | SCHWANENBESUCH, m. | SCHWANENBETT | SCHWANENBRATEN, m. | SCHWANENBRUST, f. | SCHWANENBUSEN, m. | SCHWANENBUSIG, adj. | SCHWANENDAUNE, f. | SCHWANENEIERBIRNE, f. | SCHWANENFARBE, f. | SCHWANENFARBEN, adj. | SCHWANENFARBIG, adj. | SCHWANENFELL, n. | SCHWANENFITTICH, m. | SCHWANENFLAUM, m. | SCHWANENFLUG, m. | SCHWANENFLÜGEL, m. | SCHWANENFRAU, f. | SCHWANENFUSZ | SCHWANENFUTTER | SCHWANENGEFIEDER | SCHWANENGEHEGE, n. | SCHWANENGESCHLECHT, n. | SCHWANENGESELLSCHAFT, f. | SCHWANENGESTALT, f. | SCHWANENGLANZ, m. | SCHWANENHAND, f. | SCHWANENHEMD, n. | SCHWANENJAGD, f. | SCHWANENKIEL, m. | SCHWANENKISSEN, n. | SCHWANENKLANG, m. | SCHWANENKLEID | SCHWANENLAGER, n. | SCHWANENLAUT, m. | SCHWANENLEIB, m. | SCHWANENLIED, n. | SCHWANENLUST, f. | SCHWANENMÄDCHEN, n. | SCHWANENMÄSZIG, adj. | SCHWANENMEISTER, m. | SCHWANENNACKEN, m. | SCHWANENORDEN | SCHWANENPAAR, n. | SCHWANENPELZ, m. | SCHWANENREIN, adj. | SCHWANENREINHEIT, f. | SCHWANENRING, m. | SCHWANENSALZ, n. |SCHWANENSANFTHEIT, f. | SCHWANENSANG, m. | SCHWANENSCHNEE, m. | SCHWANENSCHWUNG, m. | SCHWANENSILBERFLAUM, m. | SCHWANENSOHN, m. | SCHWANENTAUCHER, m. | SCHWANENTEICH, m. | SCHWANENWEICH, adj. | SCHWANENWEISE, f. | SCHWANENWEISZ, adj. | SCHWANENWEISZE, f. | SCHWANENWIRT, m. | SCHWANENWUCHS, m.
Schwanen | Schwanenbett | Schwanenbrust | Schwanenfell | Schwanenfett | Schwanenkiel | Schwanenlaus | Schwanenmismuschel | SchwanenOrden | Schwanentaucher
Ein Design- und Kreativwettbewerb für ein neues Speichern-Symbol von "Stuttgarter Zeitung" und "Wirtschaftsförderung Region Stuttgart".
Die Ausstellung "Heute roth, morgen todt" basiert auf den Aktivitäten von rund 30 Studierenden der Projektseminare "Literarische Sterbekultur des Mittelalters" und "Das Wortfeld 'sterben' diachron" geleitet von Prof. Wernfried Hofmeister. Unterstützt wird sie von der Grazer Stadtpfarre zum Heiligen Blut.
"Heute roth, morgen todt": Dieses alte Sprichwort, das - der "schönsten Jahreszeit" zum Trotz - seit alten Zeiten vor dem immer und überall lauernden Tod warnen will, wendet sich an ein interessiertes Publikum und lädt dieses zu einer kurzen Besinnung ein.
Das organische Ineinandergreifen von literarhistorischen und sprachkundlichen Informationen über 'unsere' Sterbe-Erfahrungen gilt einem ungeahnten kulturellen Reichtum. Als Verknüpfung zwischen beiden Ausstellungsteilen dienen impulsartige Markierungen von 'Resonanzfeldern' unserer modernen Gesellschaft, zu denen u.a. die aktuellen Debatten rund um Euthanasie, Hospizbewegung, Sterbekarenz, Leben nach dem Tod, Selbstmord, Palliativmedizin oder Trauerarbeit zählen.
Haveri Besa - Das Wortfeld 'Sterben' diachron
Nach einer kurzen Definition der Begriffe Denotation und Konnotation, stellt diese Arbeit verschiedene Aspekte vor, die das Verständnis des Wortes “sterben” beeinflussen, wie z.B. das Sterben in verschiedenen Ländern und Zeiten und das Sterben bei verschiedenen Lebensalter unter besondere Berücksichtigung von Kindern. Insbesondere werden die verschiedenen Konnotationen behandelt, die das Wort „sterben“ auslöst, wie z.B. das Jenseits, die Trennung, die physische Zerstörung, der Schmerz oder das Gefühl der Endgültigkeit.
Ikonic Marko - Etymologisch-morphologische Aspekte des Wortfeldes 'sterben'
Die Projektstudie beschäftigt sich mit Etymologie (Wortherkunft) und Morphologie (Formenlehre) des Wortfeldes "sterben". Am Beginn des ersten, etymologischen Teils steht eine Einleitung mit allgemeinen Vorüberlegungen zu einer möglichst 'publikumswirksamen' Ausstellungsgestaltung. Anschließend werden 10 Ausdrücke (von "abkratzen" bis "verrecken") mit besonders interessanter Entstehungsgeschichte vorgestellt. Im zweiten Teil schließlich liegt das Augenmerk auf morphologischen Aspekten wie den im Wortfeld vertretenen Vorsilben (z. B. "aus-sterben", "hin-sterben", "ver-sterben", "weg-sterben") und Wortarten.
Etymologisch-morphologische Aspekte des Wortfeldes "sterben".
Projektstudie am Institut für Germanistik der Karl-Franzens-Universität Graz
Vorgelegt von: Marko Ikonic
SE „Das Wortfeld "sterben" diachron“, SS 2004
LV-Leiter: Ao.Univ.-Prof. Dr. Wernfried Hofmeister
...
"sterben"
Hier wäre anzumerken, dass bereits das so gefürchtete Lexem "sterben" (seit dem 9. Jh. bezeugt) eigentlich ein "Euphemismus" ist. Die ursprüngliche Bedeutung "starr werden" muss schon recht früh in Vergessenheit geraten sein. Wie sonst ließen sich die über viele Jahrhunderte hinweg unermüdlichen Bestrebungen erklären, das "verbotene" Wort mittels zahlloser Ausweichbegriffe zu umschiffen?
Ältere deutsche Formen sind ahd. "sterban", mhd. "sterben" und altsächsisch "stervan". Die rekonstruierte westgermanische Wurzel lautet "*sterb-a-". Als weitere Bezüge sind die zu alt-französisch "sterva", altenglisch "steorfan" und altnordisch "Stjarfi" zu nennen, wobei letzteres Wort mit der Bedeutung "Starrkrampf" noch besonders deutlich auf das semantische Grundkonzept des "Erstarrens" verweist. Ebenso besteht eine Verbindung mit lat. "torpêre" = "steif sein".
Gegenwartssprachlich ist die Ursprungsbedeutung in russisch "stérbnut" = "hart werden", "erstarren", "absterben" konserviert, während das englische "starve" durch Bedeutungsverengung heute den Tod durch Verhungern bezeichnet.
...
Mayrhofer Jürgen - Das Wortfeld 'sterben' diachron
Der Projektbericht versucht mittels wissenschaftlicher Methoden einen differenzierten Zugang zur Wortfeldtheorie zu erstellen und bietet gleichfalls eine theoretische und problembezogene Anleitung zur praktischen Umsetzung eines Fragebogens zur Untersuchung eines Wortfeldes, dessen Auswertung im Zuge der Ausstellung zu begutachten sein wird. Um differenzierte Aussagen bzw. signifikante Korrelationen zu bestimmen, wurden 53 Testpersonen zu unterschiedlichen Themenstellungen befragt. Die Quintessenz des Endergebnisses lässt sich auf folgender These zusammenfassen: Jeder Mensch sieht den Tod anders!
"nachtrachten", verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte "haben", von "nach" und "trachten", nach einer Sache trachten, sie gleichsam trachtend verfolgen, mit der dritten Endung des Nennwortes. Er trachtet und jaget ihm nach, Pred. 3, 15. Am häufigsten für nachstellen, d. i. eine Sache in seine Gewalt zu bekommen suchen; wo es doch den Begriff der Hinterlist nicht bey sich führet, wie nachstellen. Die Juden trachteten Jesu nach, Joh. 5, 18, So auch die Nachtrachtung. S. Trachten.
"Heim trachten", verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, nach Hause trachten.
"Trachten", verb. reg. act. et neutr. welches im letzten Falle das Hülfswort haben erfordert.
1 * "Beobachten", "denken", "erwägen", sich das mannigfaltige an einem Dinge vorstellen; lauter längst veraltete Bedeutungen, von welchen die letzte noch in "betrachten" übrig ist, ( S. dasselbe.) Ottfried gebraucht "drahton" noch häufig für "betrachten" und "bemerken", "Drahta" für das "Nachdenken". In der Parän. Tir. kommt "Trahtu" für "Gedanken" vor.
2. Mit Anstrengung seiner Leibes- und Gemüthskräfte zu erlangen suchen, zum Ziele seiner angestrengten Bemühungen machen, wie streben und zuweilen auch ringen, doch unter andern Bildern. Es kommt in dieser Bedeutung auf gedoppelter Art vor. 1. * Als ein Activum mit der vierten Endung. "trachte nicht Böses wider deinen Freund", Sprichw. 3, 29. Ein loser Mensch trachtet allezeit Böses und Verkehrtes in seinem Herzen, Kap. 6, 14. In dieser Gestalt ist es im Hochdeutschen veraltet.
2) Als ein Neutrum, sowohl mit dem Infinitiv, oder einer Partikel. Saul trachtete David zu spießen, 1 Sam. 19, 10. Sie trachten Schaden zu thun, Ps. 35, 20. Sie trachteten, wie sie Jesum greifen möchten, Matth. 21, 46. Wir müssen das einheimische Laster der Familie am eifrigsten zu verbessern trachten, Gell. Als auch mit dem Hauptworte und dem Vorworte nach. Nach etwas trachten. Nach Ehre, nach Reichthum, nach einem Amte trachten. Jemanden nach dem Leben trachten. Unsere Eigenliebe trachtet mit allen brünstigen Wünschen nach einer ununterbrochene Freude, Dusch. Ehedem gebrauchte man es auch mit dem Vorworte auf, welche Form aber im Hochdeutschen veraltet sind. Wer auf übrig Reichthum tracht, Der wird weiter nichts erstreben, Logau. So auch das "Trachten".
Anm.
Im Schwed. "tragta". Es ist ein vermittelst der Endsylbe "-ten", gebildetes Intensivum von "tragen", wie "schlachten" von "schlagen", wo denn der Übergang des gedehnten "a" in das geschärfte die Verwandelung des gelindern "g" in das härtere "ch" nothwendig macht. Diese intensive Form ist zugleich der Grund des Begriffes der Anstrengung, der mit diesem Worte verbunden ist. Unter andern veralteten Bedeutungen des Zeitwortes "tragen" wurde es auch für "sehen", und figürlich für "denken", "bedenken", "wollen", "verlangen" und andere Wirkungen des Geistes gebraucht. Auf ähnliche Art ist "sehnen" der Form nach ein Intensivum, der Bedeutung aber nach eine Figur von "sehen". "Tragen" selbst ist eine Art eines Intensivi von einem ältern "trahen", Lat. "trahere", welches noch in dem Schwed. "tra", "verlangen", übrig ist, von welchem die Intensiva "träga", "trängta" und "tragta", "sehnlich verlangen" und "trachten" bedeuten. S. "Tragen".
trachten [intr, hat] nach
"trachten", V., "trachten", "streben", mhd. "trahten", V., "erwägen", "bedenken", "beachten", "trachten", ahd. "trahten" (863-71), V., "betrachten", ahd. "trahton" (nach 765?), V., "betrachten", "trachten", "behandeln", as. "trahton", V., "betrachten", "behandeln", germ. "*trahten", V., "trachten", Lw. lat. "tractare", V., "behandeln".
"Trachten", ein regelmäßiges thätiges und ein Zeitwort der Mittelgattung.
1. Beobachten, denken, erwägen, sich das Mannigfaltige an einem Dinge vorstellen, lauter längst veraltete Bedeutungen, von welchen die Letzte noch in betrachten übrig ist. Ottfried braucht "drahton" noch häufig für "betrachten" und "bemerken", für das "Nachdenken" "Drahta".
2. Mit Anstrengung seiner Leibes= und Gemüthskräfte zu erlangen suchen, zum Ziele seiner angestrengten Bemühungen machen, wie streben, und zuweilen auch ringen, jedoch unter andern Bildern. Es kommt in dieser Bedeutung auf eine doppelte Art vor.
(1) Als ein thätiges Zeitwort mit der vierten Endung. Trachte nichts Böses wider deinen Freund, Sprichwört. 3,29. Ein loser Mensch trachtet allzeit Böses und Verkehrtes in seinem Herzen, Kap. 6, 14. In dieser Gestalt ist es im Hochdeutschen veraltet.
(2) Als ein Neutrum, sowohl mit dem Infinitiv, oder einer Partikel. Saul trachtete David zu spießen, 1 Sam. 19, 10. Sie trachten Schaden zu thun, Ps. 35, 20. Sie trachteten wie sie Jesum greifen möchten, Matth. 21, 46. Pilatus trachtete, wie er Jesum loslassen möchte, Luc. 19, 12. Wir müssen das einheimische Laster der Familie am eifrigsten zu verbessern trachten, Gell. So auch mit dem Haupt= und dem Vorworte nach. Nach Etwas trachten. Nach Ehre, nach Reichthum, nach einem Amte trachten. Jemanden nach dem Leben trachten. Trachtet nicht nach Schaden, 1 Cor. 13,5. Nach solchem Allen trachten die Heiden, Matth. 6, 32. Unsere Eigenliebe trachtet mit allen brünstigen Wünschen nach einer ununterbrochenen Freude, Dusch. Ehemals brauchte man es auch mit dem Vorworte auf, welche Form aber im Hochdeutschen veraltet ist. Wer auf übrig Reichthum tracht, der wird weiter nichts erstreben (Logau).
Nach Adelungs Anmerkung:
Im Schwed. "tragta". Es ist ein vermittelst der Endsylbe "ten" gebildetes Intensivum von "tragen", wie "schlachten" von "schlagen", und sollte billig "tragten" geschrieben werden, obgleich dieses nicht gebräuchlich ist. Diese intensive Form ist zugleich der Grund des Begriffes der Anstrengung, der mit diesem Worte verbunden ist. Unter andern veralteten Bedeutungen des Zeitwortes "tragen" wurde es auch für "sehen", und figürlich für "denken", "bedenken", "wollen", "verlangen" und andere Wirkungen des Geistes gebraucht. Auf ähnliche Art ist "sehen" der Form nach ein Intensivum, der Bedeutung nach aber eine Figur von "sehen". "Tragen" selbst ist eine Art eines Intensivi von einem älteren "trahen", Lat. "trahere", welches noch in dem Schwedischen "tra", "verlangen", übrig ist, von welchem die Intensiva "traega", "traengta", und "tragta", sehnlich verlangen und trachten bedeuten. S. "Tragen".
"Geschlacht", -er, -este, adj. et adv. "von guter Art", "gut geartet". 1. Überhaupt. Ein geschlachter Knabe. Ich und ein ritter wol geflaht, Dietmar von Ast. In welcher allgemeinen Bedeutung doch der Gegensatz "ungeschlacht" im Hochdeutschen gewöhnlicher ist.
2. Besonders.
1) * "Gerade", "geschlank", "wohl gebildet"; im Oberdeutschen. Ir lip vil wol geslaht, Heinr. von Morunge. Ein geschlachter Baum. Eine geschlachte Gestalt.
2) * "Weich", "mürbe"; auch am häufigsten im Oberdeutschen. Geschlachtes Holz, weiches Holz, welches gut zu bearbeiten ist. Geschlachte Rüben, weiche. Geschlachtes Fleisch, mürbes. Ein geschlachter Boden, ein guter weicher Boden, in welchem das Wild gut eingreifen und die Fährte wohl ausdrucken kann.
Anm. "Imo ist gislahata", "es ist seinem Geschlechte gemäß", Ottfr. Es stammt von dem veralteten "Schlacht", "Geschlecht", "Art", ab, welches noch im Niedersächsischen üblich ist, wie "artig" von "Art". S. "Geschlecht" und "Schlachten", das Neutrum. Im Oberdeutschen hat man auch das Hauptwort "Geschlachtheit" in allen drey Bedeutungen.
"Ungeschlacht", -er, -este, adj. et adv. der Gegensatz von "geschlacht", welcher im Hochdeutschen gewöhnlicher ist, als das letztere "von übler Art", besonders für "raub", "wild", "ungebildet". Eine raube und ungeschlachte Luft, Opitz. Ein ungeschlachtes Land, ein rauhes so wohl, als ein unangebauetes, ein wildes. Ein ungeschlachter Boden, der nichts trägt. Ein ungeschlachter Mensch, ein roher, wilder, ungebildeter. Die Heldentugend jener Zeit Ruht nicht auf ungeschlachten Sitten, Uz. So auch die "Ungeschlachtheit".
"vergangen" ist eine Lehnübertragung aus dem lat. "praeteritus".
... , ich bin im Rahmen einer bestimmten Suche hierher geraten. Gesucht habe ich nach dem Wort "vergeuden". Es liegt so nahe, und ich wollte wissen, ob es vielleicht auch mit "Gaudi" verwandt ist. Wenn ich mein Geld nur in "Gaudi" stecke, habe ich es ja auch "vergeudet" (das dann natürlich "vergäudet" geschrieben werden müsste) ...
Mit freundlichen Grüßen Jörn Schramm, 2005-06-14
"Vergeuden", verb. reg. act. welches im Oberdeutschen gangbar, im Hochdeutschen aber veraltet ist, "verschwenden", "verthun". Reichthum wird wenig, wo mans vergeudet, Sprichw. 13, 11. So auch die "Vergeudung", die "Verschwendung", der "Vergeuder", der "Verschwender", die "Vergeuderinn", die "Verschwenderinn".
Es ist von dem einfachen, auch noch im Oberdeutschen gangbaren "geuden", "reichlich ausgeben", ingleichen "lustig leben", "prassen", durch welche letztere Bedeutung Frisch bewogen worden, es von [lat.] "gaudere" [= dt. "sich freuen"] abzuleiten.
Allein, es kann auch mit "gießen", Nieders. "geten", verwandt seyn, so daß der Begriff der Verschwendung, und nicht der Lustigkeit, der Stammbegriff ist, wenn es nicht vielmehr das Stammwort von dem intensiven "getzen", in "ergetzen" ist, (S. dasselbe.) Von dem Worte "geuden" und dessen Ableitungen ist Frisch in dem Wörterbuche nachzusehen.
"Auf das Fernsehen sollten wir keine Träume vergeuden, weil es sich einfach nicht finanzieren lässt."
(Dr. Lee Forest, der Vater des Radios, 1926)
Deutsche Konjugationstabellen: "Vergeuden"
"givo" f. 2. "Großtun" oder "ähnliches". an. "gja", "gjo" f. "wollüstiges Leben" (vgl. ags. "giwian" - "verlangen"); mhd. "giude" f. (aus "givitho") "geräuschvolle Freude", "giuden" - "prahlen", "großtun", "in geräuschvoller Freude sein", "verschwenderisch leben", nhd. "vergeuden". (134:3)
Du sollst nie eine Stunde nutzlos vergeuden
Ühte tundi tuluta ära iial kuluta
EV 12199 - 5 Var.
Von dem Menschen zu träumen der du sein willst, heißt den Menschen vergeuden der du bist.
Etymologie "vergeuden", nhd. "verschwenden"
- japhet. "*ghëh-" - "weit offenstehen" 419ff
- "*ghëhëu-" - "gähnen", "klaffen" 449
- ahd. "gewon" - "gähnen", "den Mund aufsperren" 106
- mhd. "giwen", "göuwen" - "das Maul aufreißen", "gähnen"
- fnhd. "geuen" - "den Mund aufreißen"
- mhd. "giuden", "geuden", "guden", "göuden" - "prahlen", "großtun", "sich laut freuen"; "Verschwendung treiben"
- fnhd. "geuden" - "prahlen", "prassen" 107, noch 1648
- mhd. "vergiuden" - "verschreien" (?)
- nhd. "vergeuden" - "verschwenden"
"*ghe-"2 : "*ghe-" und "*ghei-" : "*ghi-"
English meaning: "to gape", "yawn"
German meaning: "gähnen", "klaffen"
General comments: schallmalend für den Gähnlaut (dazu der weitergebildete Stamm "*ghii-a-"); (s. auch u. "*ghans-" "Gans"; ähnlich, aber mit Velar, "gha gha" für "gackern" und dgl., s. dort). Neben "*ghei-" auch "*gheu-" : "*gheu-" (s. dort), entweder als andere Auffassung des Gähnlautes, oder mit ursprüngl. formantischem "u".
Derivatives:
...
Ähnlich, aber nach den e-Verben, ahd. "gien" - "gähnen" (wäre got. "*gijan-", "-aida"); daneben mit noch klärungsbedürftigem (aber schwerlich aus der Wzf. "*gheu-" stammendem) "w" im Hiat ahd. "anagiwen" - "inhiare", "gewon" - "den Mund aufsperren", "gähnen" (mhd. "gewen", "giwen" ds.), ags. "giwian", "giowian" - "verlangen", "fordern" (aus "*mit offenem Munde", "gierig wonach lechzen"); dazu aisl. "gja" f. ("*giwo") einerseits "Spalte", "Kluft in der Erde", andrerseits (von "lechzen" aus) "wollüstiges Leben", mhd. "giude" ("*giwiþo") "geräuschvolle Freude", "giuden" - "prahlen", "großtun" ("*den Mund weit auftun"); "in geräuschvoller Freude sein", "verschwenderisch leben", nhd. "vergeuden"; ahd. "inginnan" - "auftun", "öffnen", "aufschneiden", "spalten" aus "*ginuan" ist wohl Faktitiv zu ahd. "ginen" (s. unten) in formellem Anschlußan das lautähnliche "biginnan".
...
altengl. "agíetan", "agetan", ae., sw. V. (1): nhd. "vergeuden", "zerstören";
Etymologie: s. "a-" (1), "*gíetan";
Literaturhinweise: Hh 130, Lehnert 11a
mhdt. "vergiuden", "fergiuden"*, mhd., sw. V.: nhd. "vergeuden";
Hinweis: vgl. mnd. "vörgoiden";
Quellenangaben: SHort (nach 1298) (FB "vergiuden");
Etymologie: s. "ver", "giuden";
Weiterleben: nhd. "vergeuden", V., "vergeuden", DW 25, 425;
Literaturhinweise: Lexer 479a ("vergiuden"), FB 413a ("vergiuden")
mnddt. "*goiden"?, mnd., V.: nhd. "geuden", "vergeuden";
Verweise: s. "vör-";
Hinweis: vgl. mhd. "giuden" (1);
Etymologie: vgl. mhd. "giuden", sw. V., "geuden" - "grosstun", "verschwenden"; vgl. mhd. "giude", st. F., "Geude" - "Freude", "Verschwendung"; s. lat. "gaudium", N., "innere Freude"; vgl. idg. "*gau-", V., "sich freuen", "sich brüsten", Pokorny 353;
Weiterleben: s. nhd. (ält.) "geuden", sw. V., "geuden", DW 6, 4620?
mnddt. "*guderen"?, mnd., sw. V.: nhd. "vergeuden";
Verweise: s. "vör-";
Etymologie: Herkunft ungeklärt?;
Sonstiges: langes "ü"
mnddt. "vorgoiden", mnd.?, V.:
Verweise: s. "vörgoiden"*
mnddt. "vörgoiden"*, "vorgoiden", mnd.?, V.: nhd. "vergeuden", "verschwenden";
Hinweis: vgl. mhd. "vergiuden";
Etymologie: s. "vör", "goiden";
Weiterleben: s. nhd. "vergeuden", V., "vergeuden", DW 25, 425?;
Literaturhinweise: Lü 501b ("vorgoiden")
mnddt. "vorguden", mnd., sw. V.:
Verweise: s. "vörg?den"*;
Literaturhinweise: MndHwb 1, 826 ("vorgöden"), Lü 502a ("vorguden")
mnddt. "vorguden", mnd., sw. V.:
Verweise: s. "vörg?den"*
mnddt. "vorguderen", mnd., sw. V.:
Verweise: s. "vörguderen"*
mnddt. "vörguderen"*, "vorguderen", mnd., sw. V.: nhd. "vergeuden", "verjubeln";
Etymologie: s. "vör", "guderen";
Literaturhinweise: MndHwb 1, 827 ("vorguderen");
Sonstiges: langes "ü", jünger
Südhessisches Wörterbuch
ver-geuden
Unpünktliche Menschen vergeuden anderer Leute Zeit, als wäre es ihre eigene.
Conjugate a verb: "vergeuden"
Neubelebung, literarische auch Archaismus: "Vergeuden"
"Musikkonsum"
Relativ junger Begriff, abgeleitet von lat. "consumare", das ursprünglich nicht nur "gebrauchen", "verbrauchen" oder "verwenden" bedeutet, sondern auch "vergeuden", "verschwenden" oder "verprassen". Auch "Musikkonsum" hat wenigstens zwei Bedeutungsebenen, die miteinander in Beziehung stehen: 1) eine marktwirtschaftliche, die also mit dem ersten Wortsinn korreliert, und 2) die verhaltensspezifische, die den zweiten Aspekt betrifft.
"Vergeuden", ein regelmäßiges thätiges Zeitwort, "verschwenden", "verthun". Sein ganzes Vermögen vergeuden, verschwenden. Er vergeudet die Zeit mit eitlen Dingen. In der Bibel, Sprichwörter 13, 11, heißt es: Reichthum wird wenig, wo man' s vergeudet. So auch die "Vergeudung", die "Verschwendung"; der Vergeuder und die Vergeuderin, der Verschwender und die Verschwenderin. Es kommt in der hochdeutschen Sprache weniger vor, als in der oberdeutschen.
Das Wort soll, nach Adelung, von dem einfachen, noch im Oberdeutschen gangbaren "geuden" - "reichlich ausgeben", ingleichen "lustig leben", "prassen", herkommen.
"vergeuden", verb. "unnützer weise verwenden", zusammensetzung mit einfachem "geuden", das nhdt. selten nachzuweisen ist, sich aber mhdt. als "giuden", "gûden" noch recht oft findet. die bedeutung in älterer zeit "prahlen", "mit worten groszthun" geht schon früh in die heutige über "verschwenden".
...
- vergeuden, verb.
- vergeuden, n.
- vergeuder, m.
- vergeuderin, f.
- vergeuderisch, adj.
- vergeudisch, adj.
- vergeudung, f.
"vergeuden", "vergeudig" -ei- Neuw-Datzeroth Adj.: "aus Prahlsucht verschwenderisch".
Pfälzisches Wörterbuch
"vergeuden" schw.: wie schd., "vergeide" (-gaid?) [ GH-Kand]; die Zeit "vergeire" [ BZ-Dernb]. Syn. s. PfWB vertun 1 b. Er hot sein ganz Gerschtl vergeit (oder zu PfWB vergeigen?) [ NW-Weish/S]. Südhess. II 493; RhWB Rhein. II 1212; Bad. II 60. [Bd. 2, S. 1165]
"Vergeuden": Wer das Seine vergeudet hat, der muss den Gisel essen. (S. Geisselmahl.) – Eiselein, 239.
"Genug", adj. et adv. welches in doppelter Gestalt üblich ist.
1) Als ein eigentliches Adverbium oder Umstandswort, diejenige Beschaffenheit einer Sache oder Handlung zu bezeichnen, da sie zu einem Bedürfnisse, zu einer Kraft, oder zu einer Absicht hinreichend ist, zunächst wohl von der Menge, dann aber auch von einer jeden Beschaffenheit.
Ich habe genug gegessen, genug geschlafen, genug gearbeitet, genug gegangen, genug gesehen u. s. f. so viel als ich bedurfte, als nöthig war. Sie haben genug zu essen, zu trinken, zu thun, zu arbeiten. Das ist nicht genug. Er wird doch einmahl genug bekommen. Der Geitzige bekommt nie genug. Bald ist es genug. Ich habe genug mit mir selbst zu thun. Eine einzige feyerliche Züchtigung würde bey dem Anfange genug gewesen seyn, hinlänglich, Gell. Ich habe genug erfahren. Der natürliche Trieb der geselligen Eigenschaft, den man nie genug ausbilden kann. Es wäre an Einer genug. Für mich ist es genug; oder mit der dritten Endung, mir ist es genug. Laß dir das genug seyn, laß dich daran begnügen, sey damit zufrieden. Sich genug essen, schlafen u. s. f. im Oberdeutschen, so viel als man verlangte. Sich selbst genug seyn, so viel Kräfte haben, als man zu Erreichung einer Absicht bedarf, oder doch so viel zu haben glauben. Viele glauben, daß sie sich selbst zur Tugend genug sind. Der Weise ist sich selbst genug, ist mit seinem Zustande zufrieden. Wer das thut, was er soll, er thut sich selbst genug, Weiße, der empfindet die angenehme Überzeugung, daß er seine Pflicht erfüllet habe. Einem genug thun, ihm das leisten, wozu man ihm verpflichtet ist. Dem Gesetze genug thun, es wirklich erfüllen, entweder durch Gehorsam, oder durch Erduldung der Strafe; Nieders. "vulldoon". Dem Kläger genug thun. S. "Genugthuung". Ingleichen eines Verlangen, eines Willen erfüllen. Pilatus gedachte dem Volke genug zu thun, Marc. 15, 15. Zuweilen hat es den Begriff der Menge, oder eines ziemlich hohen Grades bey sich, in welchem Falle es auch hinter dem Zeitworte stehen kann. Sie habens ja getrieben genug; und ihr habt euch ja gesperret genug, Weiße. Sehr oft wird es auch andern Nebenwörtern nachgesetzet, eben diesen Begriff der Hinlänglichkeit auszudrucken. Es ist breit, tief, groß, weit genug. Er ist alt genug dazu. Du wirst noch früh genug kommen. Für ihn ist sie artig genug. Er ist mir oder für mich nicht klug genug. Es ist süß genug. Er ist übrig genug, im gemeinen Leben, es ist überflüssig, mehr als hinreichend. Wo es zuweilen, besonders in der vertraulichen Sprechart, den Nebenbegriff der Vielheit, oder eines ziemlich hohen Grades der durch das andere Nebenwort ausgedruckten Beschaffenheit hat. Ich habe ihn oft genug gesehen, schon sehr oft. Ich habe sie oft genug mit der Ruthe aus dem Bette gehohlet, Weiße. Ich habe es theuer genug bezahlen müssen. Schlimm genug, daß man den Neid an so vielen Menschen, gewahr werden muß! Es ist leider gewiß genug! Oft aber auch den Nebenbegriff der Mittelmäßigkeit, für ziemlich. Die Witterung war uns noch günstig genug. Nun, nun, sie mag artig genug seyn, Weiße. Gut genug, wenn man das recht gute dagegen stellt, ist nicht viel mehr als ziemlich schlecht, Less.
2) Als ein unabänderliches Adjectiv, welches Hauptwörtern beygesellet wird, eben diese Hinlänglichkeit zu bezeichnen, da es denn am liebsten hinter dem Hauptworte stehet.
Er gibt den Müden Kraft, und Stärke genug den Unvermögenden, Es. 40, 29. So wird der Herr euch Regen genug geben, Zachar. 10, 1. Ich habe Zeit genug dazu. Ist eine gute Erziehung nicht Erbtheil genug? Gell. Ich bin nicht Kenner genug, um davon urtheilen zu können. Ein Liebhaber, den du verstießest, weil er nicht Weltmensch genug war, Dusch. Wenn ich artiger bin, alsdann ist es Zeit genug, Gell. In einigen Fällen auch vor dem Hauptworte. Ich bin nicht genug Kenner, um darüber urtheilen zu können. Er hat freylich selber genug Vermögen, Gell. Genug Mahl, im gemeinen Leben, besser oft genug. Zuweilen, besonders im Oberdeutschen, wird es auch mit der zweyten Endung des Hauptwortes verbunden. Brots genug, Ps. 132, 15. Zorns genug, Esth. 1, 18. Wassers genug, Ezech. 31, 5. Unglücks genug, 4 Esr. 12, 43. Das ist doch wohl Einwurfs gegen meine Deutung genug? Less. Verdienen sie wohl, daß ich noch Freunds genug bin, mit ihnen ohne Verstellung zu reden? ebend. Ist er nicht Freunds genug, mir ungefragt zu sagen? ebend. Oft hat es in der vertraulichen Sprechart auch hier den Nebenbegriff der Menge oder eines ziemlich hohen Grades. Es gibt überall armer Leute, oder arme Leute genug. Es ist Glück genug für ihn, wenn er noch so davon kommt. Ehedem wurde es in dieser Gestalt eines Beywortes ordentlich abgeändert. Mit reinidon genuagen, mit genugsamer Reinigkeit, Ottfr. Genuege leute, Leute genug, Stryk. S. "Genugsam".
Anm. Dieses Wort lautet bey dem Ottfried "ginuag", "ginuht", "nug", bey dem Notker "genuoge", im Schwabensp. "genuk", bey dem Ulphilas "ganoh", im Angels. "genog", "genoch", im Nieders. "noog", im Dän. "nok", im Schwed. "nog", im Engl. "enough", im Lettischen "gannu". Das "ge" ist die bloße hauchende Verlängerung. "Genung" für "genug" ist ein bloßer Mißbrauch nieselnder Mundarten, welche vor den Hauchlauten so gern ein "n" vorher schleichen lassen.
Die "Genüge", plur. car. das Abstractum des vorigen Wortes.
1) Der Zustand, da man genug hat, d. i. so viel als man bedarf, oder zu Erreichung einer Absicht nöthig hat. Jacob soll wieder kommen, in Friede leben und Genüge haben, Jer. 30, 10. Ich bin kommen, daß sie das Leben und volle Genüge haben, Joh. 10, 10. Dieser stirbt frisch und gesund im Reichthum und voller Genüge, Hiob. 21, 23. Im Hochdeutschen am häufigsten mit dem Vorworte zu. Zur Genüge haben, genug haben, genug gegessen haben. Es ist zur Genüge, es ist genug. Ich habe für heute zur Genüge gearbeitet, geschlafen u. s. f. Er hat Geld zur Genüge. Dieses erhellet zur Genüge daraus, hinlänglich.
2) Besonders die Leistung einer schuldigen Pflicht, ohne Artikel, und mit dem Zeitworte thun oder leisten. Dem Beleidigten Genüge thun, ihm genug thun. Dem Gesetze Genüge thun. Ich habe nunmehr meinem Hauptzwecke Genüge gethan. Oft auch mit dem Nebenbegriffe der Zufriedenheit, oder einer damit verbundenen angenehmen Empfindung. Dieser Beweis thut mir keine Genüge, überzeuget, befriediget mich nicht. Seiner Neugierde eine Genüge thun; sie befriedigen. Ich spielte so, daß ich mir beynahe selbst Genüge leistete, mit mir selbst zufrieden war. Ich habe mir damit noch keine Genüge gethan. An dem allen habe ich kein Genüge, so lange u. s. f. Esth. 5, 12, ich bin nicht damit zufrieden.
Anm. In ältern Oberdeutschen Schriften lautet dieses Wort "Genucht", im Nieders. "Nöge", "Genöge", "Genögte", "Benöge". Bey dem Ottfried ist "Ginuchti" "Sättigkeit", "Überfluß", "Hinlänglichkeit", und bey den Schwäbischen Dichtern wird es auch theils für "Genügsamkeit", theils aber auch für "Vergnügen" gebraucht. S. das folgende. Im gemeinen Leben ziehet man dieses Wort oft in "Gnüge" zusammen, welche Zusammenziehung auch in "begnügen", "Vergnügen" allgemein geworden ist; oft aber gebraucht man es auch als ein Neutrum, das "Genüge", ungeachtet solches wider die Natur der Abstractorum auf "e" ist.
Das "Genügen", des -s, plur. car. welches der Infinitiv des folgenden Zeitwortes, und besonders in der zweyten Bedeutung des vorigen Wortes üblich ist. Einem ein vollkommenes Genügen, oder vollkommenes, völliges Genügen thun. Das thut mir noch kein Genügen. Davon hab ich noch kein Genügen. Zuweilen auch in dessen erster Bedeutung. Wer lobt dich nach Genügen, O du gewünschte Nacht! Opitz. Im Oberdeutschen wurde es auch für "Vergnügen", der nächsten Wirkung der Genüge oder des Genügens gebraucht, welche Bedeutung aber im Hochdeutschen veraltet ist. Dieweil der Bösen Maul in Lügen, Der Schalk in Schmähen sucht Genügen, Opitz. Pf. 109.
"Genügen", verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, genug hinlänglich seyn, als ein unpersönliches Zeitwort, mit der dritten Endung der Person. Es ist noch so viel in dem Glase, als mir genüget. Meinem Herzen will das noch nicht genügen. Was der Natur genügte, der Mensch mit Dank genoß, Dusch. Besonders, unserer Einsicht und Überzeugung nach, mit dem zufrieden seyn, was man hat; S. "Genügsam". Zeug uns den Vater, so genüget uns, Joh. 14, 8. Mir genüget wie Gott es füget. Daran genüget ihm noch nicht, Wiel. Am häufigsten mit dem Zeitworte lassen. Es ist ein großer Gewinn, wer gottselig ist, und läßt ihm (sich) genügen, 1 Tim 6, 6. Leß dir an meiner Gnade genügen, 2 Cor. 12, 9. Sich nimmer genügen lassen, Sir. 14, 9.
Anm. Schon bey dem Kero "kanuagen". Im gemeinen Leben auch oft zusammen gezogen "gnügen". S. "Begnügen" und "Vergnügen".
"Genüglich", adj. et adv.
1) Zur Genüge, genügsam, hinlänglich. Die Sache ist durch Zeugen genüglich erwiesen worden. Der noch in gutem Land in seinem Schatten saß Und sein genüglich Brot mit süßem Frieden aß, Logau.
2) Angenehm, Vergnügen erweckend, im Oberdeutschen. Ein genügliches Wetter, ein genüglicher Ort. Genüglich wohnen, leben. Das Nieders. "genöglik" wird eben so gebraucht. Daher im Oberdeutschen die "Genüglichkeit", die "Annehmlichkeit", das "Vergnügen".
"Genugsam", adj. et adv. so viel als "genug" ist, als erfordert wird, auf eine hinlängliche Art, so wohl der Menge, als dem innern Grade der Stärke noch; da es denn am häufigsten für das Wort "genug" gebraucht wird, wenn es als ein Beywort stehen sollte. Genugsames Vermögen, genugsame Kräfte haben, Vermögen, Kräfte genug. Eine genugsame Versicherung, Bürgschaft. Sein genugsames Auskommen haben. Eine genugsame Zubereitung machen. Genugsamen Grund vor sich haben. Es fehlet an einer genugsamen Deutlichkeit. Ingleichen, hinlängliche Kräfte, hinlängliche Eigenschaften zu etwas besitzend. Der sich und allen zufälligen Dingen genugsame Gott; wo, von Gott gebraucht, auch "allgenugsam" üblich ist. Im Oberdeutschen, wo man die Wörter nie lang genug bekommen kann, gebraucht man es auch für das Nebenwort "genug". Genugsam arbeiten, essen, schlafen. Er ist genugsam alt dazu, für alt genug. Wo man es aber im Hochdeutschen gar wohl entbehren kann, außer wenn es, auf eine hinlängliche Art, bedeutet. Ich habe es genugsam bewiesen, daß u. s. f. Ich sehe den Unterschied genugsam ein. Der Anstoß ist dabey nicht genugsam vermieden worden. Wo es sich durch die Ableitungssylbe "-sam" hinlänglich von "genug" unterscheidet.
Anm. Die Niedersachsen haben dafür "nögehaftig". Bey dem Kero bedeutet "Kenuhtsamo", als ein Hauptwort, die "Genugthuung", und "kenuhtsamen" "genug thun".
"Genügsam", -er, -ste, adj. et adv. geneigt, sich genügen zu lassen, d. i. aus erkannter Hinlänglichkeit einer Sache zu unserer Wohlfahrt, mit derselben zufrieden zu seyn. Ein genügsames Herz haben. Genügsam seyn. Ein redlich Herz, genügsam in Begehren, Kästn.
Die "Genugsamkeit", plur. inus. die Beschaffenheit einer Sache, da sie zu einem Bedürfnisse oder zu einer Absicht genug oder hinlänglich ist. Die "Genugsamkeit" oder "Allgenugsamkeit" Gottes, dessen hinreichendes Vermögen zu allen Dingen. S. "Genugsam".
Die "Genügsamkeit", plur. inus. die Fertigkeit, genügsam zu seyn, oder sich genügen zu lassen. Genügsamkeit ist reich bey Brot und Wasser, Dusch. S. "Genügsam".
Die "Genugthuung", plur. die -en, welches aus der R. A. einem genug thun, zusammen gezogen ist, die Erfüllung einer Pflicht; "Satisfactio". Einem Genugthuung leisten, ihm genug thun, Genüge thun. Die Genugthuung Christi, da er Gott und dessen Gesetzen genug gethan, so wohl durch die Erfüllung der letztern, als auch durch Erduldung der den Übertretern angekündigten Strafe. Einem Beleidigten Genugthuung geben, verschaffen, seine Verbindlichkeit gegen ihn durch Tilgung der Beleidigung oder deren Ersatz erfüllen.
Das "Mißvergnügen", des -s, plur. inus. die überwiegende Unlust an oder über eine Sache; im Gegensatze des Vergnügens. Ein Mißvergnügen an oder über etwas empfinden. Jemanden viel Mißvergnügen machen.
"Mißvergnügt", -er, -este, adj. et adv. überwiegende Unlust empfindend; und darin gegründet; im Gegensatze des vergnügt. Mißvergnügt seyn. Über etwas mißvergnügt seyn. Ein immer mißvergnügtes Gemüth.
"Vergnügen", verb. reg. act. welches von "genug" abstammet.
1. Im eigentlichsten Verstande, genug geben oder machen, d. i. das fehlende, den Abgang an etwas ersetzen; eine noch hin und wieder im gesellschaftlichen Leben gangbare Bedeutung. David brachte ihre Vorhäute, und vergnügte dem Könige die Zahl, 1 Sam. 18, 26. Du mußt mir den Werth vergnügen, ersetzen.
2. Jemandes Verlangen oder Forderung befriedigen, ihm genug thun, ihn befriedigen, wo es im gemeinen Leben noch häufig gebraucht wird. Jemanden vergnügen, seine Anforderung, seinen Ansprüchen Genüge thun. Besonders für bezahlen. Seine Gläubiger vergnügen, bezahlen. Ich bin völlig vergnügt, befriedigt, bezahlet. Im Niedersächsis. werden "vernögen" und "nögeln" in eben derselben Bedeutung gebraucht, welche von "nog", "genug" abstammen. Das Mittelwort "vergnugt" wird noch in weiterm Verstande häufig für befriedigt, zufrieden, gebraucht. Mit seinem Stande vergnügt seyn. Die Natur ist mit wenigem vergnügt; wo es den Nebenbegriff der lebhaften Empfindung, der in der folgenden Bedeutung herrscht, nicht hat, sondern die bloße Abwesenheit einer fernern Begierde ausdruckt.
3. In theils engerer, theils weiterer Bedeutung vergnügt man jemanden, wenn man ihm angenehme Empfindungen erweckt, zunächst durch Befriedigung seines Verlangens, hernach aber auch auf jede andere Art, wo doch das Zeitwort in dieser thätigen Gestalt von nicht so allgemeinem Gebrauche ist, als das folgende Reciprocum und das Hauptwort das Vergnügen. Das vergnügt mich sehr, erweckt mir viele angenehme Empfindungen. Das vergnügt mich von Herzen, Gell. Ingleichen als ein Reciprocum, sich vergnügen, angenehme Empfindungen haben, und sich selbige verschaffen. Sich an der Musik, an der Jagd, am Spiele, mit der Musik, mit der Jagd vergnügen. Ich mache mir eine Ehre daraus, mich an dem günstigen Schicksale meiner Schwester aufrichtig zu vergnügen, Gell. Daher die "Vergnügung", S. solches an seinem Orte. S. "Genug" und "Genügen".
Das "Vergnügen", des -s, plur. doch nur selten, von mehrern Arten, ut nom. sing. von der letzten Bedeutung des vorigen Zeitwortes und nur allein in derselben, die Empfindung des Angenehmen, zunächst so fern sie aus einem befriedigten Verlangen entstehet, in weiterer Bedeutung aber auch jede angenehme Empfindung, so lange sie noch nicht so lebhaft ist, daß sie die Nahmen der Lust, Wollust, Freude, Ergetzung u. s. f. verdienet; im Gegensatze des "Mißvergnügens". Ein Vergnügen an etwas empfinden. Das macht, verursacht mir ein ungemeines Vergnügen. Jemanden ein Vergnügen machen, sich ein Vergnügen machen. Ein Vergnügen aus etwas schöpfen, daran empfinden, eine R. A. welche wenig mehr gangbar ist. Das erweckt, gewähret mir viel Vergnügen. Das gibt mir Vergnügen, eine veraltete R. A. Die Wissenschaften sind das größte Vergnügen eines lehrbegierigen Geistes. Sein Vergnügen an etwas haben, finden. Sein Vergnügen in etwas suchen. Seinem Vergnügen nachhängen. Machen sie mir das Vergnügen, und gewähren sie mir meine Bitte. Der Plural die Vergnügen kommt selten vor, ob er gleich nicht ganz ungewöhnlich ist, Arten des Vergnügens oder auch einzelne angenehme Empfindungen auszudrucken. In dem Besitze Emiliens hatte ich dir schon süße und reine Vergnügen genug vorbereitet. Zuweilen bedient man sich dafür des Plurals von Vergnügung, die "Vergnügungen", obgleich derselbe eigentlich mehrere Handlungen des erweckten Vergnügens bezeichnet.
Anm. Das "Vergnügen" bezeichnet eine angenehme Empfindung von gewisser, obgleich nicht starker Lebhaftigkeit, eine Empfindung, welche sich allenfalls durch Heiterkeit in den Gesichtszügen äußert. Entwickelt sie sich von außen durch stärkere Merkmahle, so wird es Lust, Freude u. s. f. Ist hingegen die Empfindung über das befriedigte Verlangen schwächer, und ohne merkliche Äußerung von außen, so sinkt das Vergnügen zur Behaglichkeit, (ein neues aber auf einem guten alten Grunde aufgeführtes Wort,) zum bloßen Gefallen und zur Zufriedenheit hinab. "Ver" scheint in dieser Zusammensetzung eine Intension zu bezeichnen; "Vergnügen" ist wirklich ein lebhafterer Grad der angenehmen Empfindung, als das kältere "Genügen", obgleich auch dieses ehedem für das erstere gebraucht wurde. Dieweil der Bösen Maul im Lügen, Der Schalk im Schmähen sucht Genügen, Opitz Ps. 109.
Übrigens kommt "Vergnügen" mit allen seinen Ableitungen bey unsern ältesten Oberdeutschen Schriftstellern nicht vor, daher es von neuerer Zusammensetzung zu seyn scheinet.
"Vergnüglich", -er, -ste, adj. et adv. welches so wohl subjective als objective gebraucht wird, aber in beyden Fällen in der edlern Schreibart der Hochdeutschen selten vorkommt.
2. Subjective von Vergnügen in der veralteten weitern Bedeutung der Zufriedenheit, ist es, mit dem, was zur Nothdurft gehöret, zufrieden, wofür aber genügsam und vergnügsam üblicher sind. So auch die "Vergnüglichkeit", besser "Vergnugsamkeit".
2. Objective, Vergnügen erweckend.
(1) In der zweyten Bedeutung des Zeitwortes befriedigend, Zufriedenheit erweckend; in welchem Falle es noch zuweilen im gemeinen Leben gebraucht wird. Vergnüglich Zahlung leisten, vergnüglich bezahlen, zur Zufriedenheit des Gläubigers.
(2) In der Bedeutung des Hauptwortes, Vergnügen erweckend, mit Vergnügen. Wir haben daraus vergnüglich ersehen, in den Kanzelleyen, besser mit Vergnügen. Um diese Pilgrimschaft vergnüglich zu vollenden, Haged. besser vergnügt. So auch die "Vergnüglichkeit".
"Vergnügsam", -er, -ste, adj. et adv. mit der Nothdurft, mit seinen jedesmahligen Umständen zufrieden, ohne ein mehreres zu verlangen, und darin gegründet, im Gegensatze des unvergnügsam; Fertigkeit besitzend, sich an seinen jedesmahligen Umständen zu vergnügen, so daß vergnügsam eigentlich eine lebhaftere Zufriedenheit bezeichnet, als genügsam, obgleich dieses häufiger ist.
"Vergnügt", -er, -este, adj. et adv. eigentlich das Mittelwort des Zeitwortes "vergnügen", besonders in dessen letzten Bedeutung, wo es so wohl subjective als objective, oder so wohl active als passive, gebraucht wird, nach dem Beyspiele so vieler anderer Mittelwörter dieser Art. Subjective, Vergnügen empfindend, verrathend und darin gegründet. Vergnügt seyn. Ein vergnügter Mann. Eine vergnügte Miene. In engerer Bedeutung ist man vergnügt, wenn man Fertigkeit besitzet, in allen Vorfallenheiten des Lebens zufrieden und vergnügt zu seyn. Objective oder passive, Vergnügen gewährend, wofür doch angenehm üblicher ist. Eine vergnügte Nachricht, eine angenehme. Siehe "Vergnügen", das Zeitwort.
Die "Vergnügung", plur. die -en, die Handlung des Vergnügens, besonders von dem Reciproco, sich vergnügen, der Zustand, da man angenehme Empfindungen hat, und sich selbige erweckt, ohne Plural. Ingleichen die angenehme Empfindung selbst, wo es zuweilen im Plural statt des ungewöhnlichern Plurals von Vergnügen gebraucht wird. Die Vergnügungen der Freundschaft gehören zu den süßesten moralischen Empfindungen.
147 Zitate und 2 Gedichte über "Vergnügen".
Video: Dokumentation: Berliner Freizeitvergnügen, 1920er Jahre
Widows - Erst die Ehe, dann das Vergnügen
3 Treffer:
- Der Winter unseres Missvergnügens
- Erst die Rache, dann das Vergnügen
- Schlimm sein ist auch kein Vergnügen
Buchdaten
- Titel: Erst die Rache, dann das Vergnügen
- AutorIn: Heller, Eva
- Kategorie: Roman / Erzählung von 1997
- LeserIn: Herzogin
- Eingabe: 17.10.2005
Was gleicht wohl auf Erden dem Jägervergnügen
Assoziationen zu Orange als Hauptfarbe
- Das Lustige
- Die Aufdringlichkeit
- Die Geselligkeit
- Das Extrovertierte
- Das Vergnügen
- Das Billige
Georg Christoph Lichtenberg: "Vergnügen"
[A 61] Unser Leben hängt so genau in der Mitte zwischen Vergnügen und Schmerz, dass uns schon zuweilen Dinge schädlich werden können, die uns zu unserem Unterhalt dienen, wie ganz natürlich veränderte Luft, da wir doch in die Luft geschaffen sind. Allein wer weiß, ob nicht vieles von unserm Vergnügen von diesem Balancement aghängt, diese Empfindlichkeit ist vielleicht ein wichtiges Stück von dem, was unsern Vorzug vor den Tieren ausmacht.
[C 262] Die Vergnügen der Einbildung sind gleichsam nur Zeichnungen und Modelle, womit die armen Leute spielen, die sich die andern nicht anschaffen können.
Kurt Tucholsky - Kritiken und Rezensionen, Gesammelte Schriften (1907-1935): Amüsiervergnügen
Rudolf Eisler - Kant-Lexikon - Nachschlagewerk zu Immanuel Kant (1930)
"Vergnügen" s. "Gefühl". Das Vergnügen scheint stets in einem "Gefühl der Beförderung des gesamten Lebens des Menschen" zu liegen. Alles wechselnde freie Spiel (s. d.) der Empfindungen vergnügt, weil es das Gefühl der Gesundheit befördert. Das Schöne (s. Schönheit) hingegen "gefällt" bloß in der Beurteilung, KU § 54 (II 188 ff.). Vgl. Angenehm.
Unerlaubtes Vergnügen | Vergnügen | Vergnügen | Vergnüglich | Vergnügsam | Vergnügt | Vergnügung | Vergnügungsreise | Vergnügungssucht | Vergnügungssüchtig
- Enthaltsamkeit ist das Vergnügen an Sachen, welche wir nicht kriegen.
- Je mehr Vergnügen du an deiner Arbeit hast, desto besser wird sie bezahlt.
- Stumpfsinn, Stumpfsinn, du mein Vergnügen!
...
Die Sau im Porzellanladen: Vom Leben der Wörter
Das feine Zürcher Zunfthaus zur Waag hat die jüngste, fünfte Wortgeschichtensammlung von Klaus Bartels am 1. Advent 2008 mit einer festlichen Vernissage begrüsst. Wir geben im Folgenden die Vernissagenrede des Autors wieder.
Majestät! - Der erste Willkommensgruss gilt dem ubiquitären Überraschungsgast auf allen Vernissagen, Königin Berenike II. von Kyrene und Ägypten; verehrte Damen und Herren, verehrte Sprachfreunde, verirrte Porzellansammler: Ich freue mich, dass die Freude an der Sprache, am Leben der Sprache, am Leben der Wörter dem traditionsreichen Zunfthaus zur Waag heute diesen Ansturm beschert hat! Die Sau begrüssen wir später.
Zum Auftakt ein feineres Exempel, und da ich ja Philologe bin, ein speziell philologisches: die Wortgeschichte vom "Profil". Profile gibt es mancherlei: Da sind zunächst die technischen, die "Reifenprofile" am Auto, die "Sohlenprofile" der Schuhe, die stählernen I- und T-, X- und Y-Profile. Und dann sind da die menschlichen Profile, und da wieder zunächst die leiblichen, die der Silhouettenschneider schneidet. Profil haben wir, notabene, nur vom Scheitel bis zum Adamsapfel; an Brust und Bauch haben wir nicht "Profil", sondern "Figur". Schliesslich ist da das geistige Profil: Nicht die markante Stirn, erst der markante Geist dahinter macht die "profilierte" Personlichkeit.
Das alles hängt buchstäblich an einem "Faden". Der rote Faden, der sich von den profilierten Sohlen bis zur profilierten Personlichkeit hinaufzieht, heisst im Lateinischen "filum", eben "Faden".
Sie sehen: unter diesem Stichwort wird der Philologe mit seinem griechischen "Ph" zugleich zum "Filologen" mit einem lateinischen "F", zum "Fadenforscher". Merkwurdige Wortverbindungen wie "forma et filum" oder "figura et filum" deuten darauf, dass dieser Faden mit seinen Schleifen und Schlaufen schon im klassischen Latein den "Umriss" einer Figur nachzeichnen konnte. Der Lobspruch für das "gar nicht so üble filum" eines jungen Mädchens in einer römischen Komödie bezieht sich also keineswegs auf deren Kunstfertigkeit an Spinnrad und Webstuhl.
In der Spätantike ist das Verb "filare" aufgekommen, "(Wolle) zu einem Faden ausziehen", und im Mittelalter das Kompositum "profilare", "im Seitenriss (vor-) zeichnen". Das italienische Substantiv "profilo", im Sinne eines solchen Seitenrisses, ist im 17. Jahrhundert als "profil" ins Französische und Deutsche und als "profile" ins Englische übergegangen, zunächst als ein Fachwort der Festungsbaukunst, bis das Wort im 18. Jahrhundert bei Lessing und Winckelmann von den Mauerstirnen und Mauernasen auf die Menschenstirnen und Menschennasen übersprang.
Was hängt seither nicht alles an diesem Faden! Uber die längst abgelaufenen Sohlenprofile und abgefahrenen Reifenprofile hinaus verzeichnet das Wörterbuch jetzt Firmenprofile und Stellenprofile, immer neue Parteiprofile und Kandidatenprofile, Schulprofile und Maturitatsprofile, profilierte Prominente und profillose Allerweltszeitgenossen und zuletzt noch Profilierungssüchtige und Profilneurotiker. Bei den beiden letzten hat sich der Faden wohl vollends "verheddert".
Als ich vor fast drei Jahrzehnten mit dem Wortgeschichtenschreiben anfing, dachte ich, es gebe vielleicht zwei, drei Dutzend Wörter, deren bunte Lebensgeschichte für eine Tageszeitung taugt. Aber dann gab ein Wort das andere, schärfte eine Entdeckung den Blick für die nächste. Die Geschichte vom "Profil" war die Nr. 208, die jüngste, die von den "Piraten", war die Nr. 546; fünf Sammelbände mit je 77 Wortgeschichten sind aus der Rubrik hervorgegangen.
Wortgeschichte: Zum einen, strengeren Teil geht es da um Sprachgeschichte: um Sprachverwandtschaften und Lautgesetze, um den grossen Baukasten aus Präfixen vorneweg, Wortstämmen und Suffixen hinterdrein. Zum anderen, bunteren Teil geht es da um Kulturgeschichte: um die so vollkommen menschlichen Lebenswege der Wörter durch die Zeiten und die Sprachen, ihre Bedeutungssprünge und Beziehungskisten, ihr Aufsteigen und ihr Wiederabsinken, ihr abenteuerliches Hakenschlagen querfeldein. Da gilt allemal, frei nach der Lustigen Person im "Faust":
"Greift nur hinein ins volle Worterleben! ... und wo ihr's packt, da ist's interessant."
...
"verheddern" 'verwirren (Fäden, Gedanken)'
mnd. "hede" - germ. "*hezdo(n)" 'Werg' - idg. "*kas-" - "*kër(s)-" - japhet. "*kër-" - noach. "*cër-" 'Haar'
dt. "(sich durch Aussagen) verheddern" = dt. "implicari", D1 [~vet.; NLL p.396,2]; "dicendo conturbari", 1 pass [NLL p.396,2]
verheddern
sich verheddern
Aufgespießt
Lauter kleine Zwiebelfischchen (6)
SPIEGEL ONLINE - 17.09.2003
Lesen Sie, was Thai-Mädchen am liebsten tun, wie Ärzte in Hannover sich mit der Behandlung eines Toten strafbar machten; lernen Sie, hart zu kaufen, am besten massive Aktien, und staunen Sie, wie man sich in einer dreifachen Verneinung verheddern kann.
heddern
Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen — sich verheddern oder sich verzetteln, sich vom Wesentlichen durch viele Nebensächlichkeiten ablenken lassen.
"verhättern", Trier-Stdt, Kobl, Neuw, Sieg-NDollend, MGladb-Rheind schw.:
- 1. "etwas verhättern", verwirren, durcheinanderwerfen, in Unordnung bringen, zerwühlen; er verhäddert (-e-) sich /Bd. 3, Sp. 304/ noch de Bein überschlägt sich fast im Laufen Kobl-Vallendar.
- 2. "sich verhättern" beim Reden Dinge sagen, die man nicht sagen wollte u. sollte, und dadurch aufgeregt werden u. einlenken wollen Birkf; "verhäddert" aufgeschreckt, verstört Kobl, Neuw.
verheddern = in Unordnung bringen s. hättern.
"Verhäkern", S. "Verhöken".
"Verhöken", verb. reg. act. im Kleinen, als ein Höke verkaufen, von allerley "Hökerwaaren"; auch "aushöken", und in den gemeinen Sprecharten "verhökern", "verhäkern". Daher das "Verhöken".
das Tafelsilber verkaufen / verscherbeln / verhökern | etwas verhökern
"Verleugnen", s. "Verläugnen"
"Verläugnen", ein regelmäßiges thätiges Zeitwort, welches, nach Adelung, nach Maaßgebung der Partikel ver eine verschiedene Bedeutung hat.
1. Für das einfache Läugnen, jedoch mit einem Nachdrucke, so daß ver hier eine Intension bezeichnet. Hab' ich doch nicht verläugnet die Rede des Heiligen, Hiob 6, 10. In dieser Bedeutung ist es veraltet.
2. Durch Läugnen verbergen, verhehlen, so daß ver hier eine Verbergung bezeichnet. In der Bibel heißt es 3. Mos. 6, 2: Wenn er seinem Nebenmenschen verläugnet - das ihm zu treuer Hand gethan ist. - Dazu haben sie das Verbannte genommen - und verläugnet und unter ihre Geräthe gelegt, Jos. 7, 11. In dieser Bedeutung liegt ganz klar das Verläugnen, und dennoch will sie Adelung auch in der anständigeren Sprechart für veraltet halten. Sie kommt in dieser Sprechart noch täglich vor; denn man sagt, wenn Jemand nicht zu Hause seyn will, es aber dennoch ist: er läßt sich verläugnen. Hätte er doch nur nicht den Kopf zum Fenster hinausgesteckt, so würde man an seine Verläugnung glauben; so würde man in Wahrheit glauben, er sey nicht zu Hause gewesen, als er sich verläugnen ließ. Sich verläugnen lassen. Wenn Jemand nach mir frägt, so verläugnet mich.
3. Sofern "ver" eine entfernende Bedeutung hat, ist "verläugnen"
(1.) wider besser Wissen und Gewissen läugnen, daß man Gemeinschaft, Bekanntschaft, Wissenschaft mit und um Jemanden habe. So verläugnete Petrus Christum. Ihr verläugnetet den Heiligen und Gerechten, Apost. 3, 13. Auch hier soll, nach Adelung, dieses Zeitwort außer der biblischen Schreibart in diesem Verstande veraltet seyn. Aber auch hier kommt es jetzt noch vor, und besonders im Kriminalwesen. Ein Dieb verläugnet den andern, ein Betrieger den andern. Hier verläugnet der Falschschwörer wider besser Wissen und Gewissen seinen Genossen; der Dieb seinen Hehler. Oft ein Freund den andern, wenn Letzterer in eine so üble Lage gerathen ist, daß ihn Jener nicht mehr kennen will; sein Stolz es jetzt nicht zuläßt, den gesunkenen Freund, wenn er ihm in seiner ärmlichen Kleidung begegnet, noch zu kennen, obgleich er ehemals, als er noch einen reich besetzten Tisch hielt, sein bester Freund und Bruder war. Seinen Freund verläugnen; seine armen Anverwandten verläugnen, weil man sich zu stolz und vornehm dünkt.
(2.) Aller Gemeinschaft, Verbindung mit einem Dinge feierlich und förmlich entsagen.
a. Im eigentlichen Verstande, wo es außer der biblischen Schreibart gleichfalls wenig mehr gebraucht wird. Gott verläugnen. Den Glauben, die Religion, seinen Herren verläugnen. Das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste verläugnen, Tit. 2, 12. - Im Kartenspiele, beim l' Hombrespiele verläugnet man Farbe, wenn man der angespielten Farbe kein ähnliches Blatt in derselben Farbe zuwirft, und solches nicht aus Versehen, sondern mit Fleiß thut, indem man Blätter dieser Farbe hat. Wenn Einer der Spieler Farbe verläugnet, und der folgende Spieler hat schon ein Blatt zugegeben, der Erste bemerkt aber den Fehler, und nähme seine Karte wieder zurück, so steht es dem Folgenden noch frei, ein Gleiches mit seiner Karte zu thun, sie also auch wieder zurückzunehmen, und nach Gefallen ein anderes Blatt zuzugeben. Wer seine Farbe verläugnet, setzt Bete, und der l' Hombre hat sein Spiel gewonnen. Wenn während des Spieles ein Fehler gemacht wird, so kann solcher so lange noch verbessert werden, bis der Stich zusammengelegt, und von Neuem ausgespielt worden; ist dieses Letzte aber schon geschehen, so ist es vorbei, und der Fehler wird nach den Gesetzen bestraft. Wenn ein Gegenspieler eine Farbe verläugnet hat, und es wird vor dem sechsten Stiche entdeckt, so setzt dieser Bete; der l' Hombre kann aber nicht auf die Vole spielen; würde es aber bei dem sechsten Stiche oder später entdeckt, so hat der l' Hombre die Vole gewonnen, wenn auch der Fehler schon früher gemacht wäre. Hat aber der l' Hombre die Farbe verläugnet, und auf die Vole gespielt, so hat er solche verloren.
b. Figürlich
a) dem Wesen, den Eigenschaften, der Erkenntniß vorsätzlich zuwider handeln. Die Natur verläugnen. Gott kann sich nicht verläugnen.
ß) Sich verläugnen, seine gegenwärtige Empfindung, seinen gegenwärtigen Willen einem höheren Gute nachsetzen. Ein Geiziger verläugnet sich, wenn er mit Unterdrückung seines Geizes freigebig ist; ein Wollüstiger, wenn er seine Begierde unterdrückt; eben so vom Spieler, wenn er Meister über seine Begierde im Spiele wird; das Spiel und sein Verlangen darnach der Begierde nachsetzt. So auch die Verläugnung.
"Vermaledeien", verb. reg. act. welches aus dem Lat. "maledicere", wie "benedeien" aus "benedicere", verstümmelt ist, und nur im gemeinen Leben für "verfluchen" gebraucht wird, besonders, so fern jenes, als ein fremdes und unbekannteres Wort, nicht so hart klinget, als das Deutsche. Ein vermaledeiter Mensch. Sich verschwören und vermaledeien. So auch die "Vermaledeiung".
Waldschrat u. Grottennix
"Verweigern", verb. reg. act. "sich weigern" etwas zu bewilligen, oder einem andern zum Besten zu thun, mit der vierten Endung dieses Etwas und der dritten der Person; in der edlern Schreibart "versagen", sonst auch "abschlagen". Ich verweigere dir ja nichts. Es ward mir verweigert, meine Meinung zu sagen. Jemanden seine Hülfe verweigern, sie ihm auf dessen Bitte abschlagen. So auch die Verweigerung. In einigen Mundarten verwegern. Im Schwabenspiegel kommt dafür "veruuidern" vor.
"Verwegern", S. "Verweigern".
"Wegern", S. "Weigern".
"Weigern", verb. reg. act. seine Abneigung, etwas zu thun, an den Tag legen, da es denn auf gedoppelte Art vorkommt.
1. Als ein eigentliches Activum, welches das Substantiv der Sache im Accusativ erfordert. Eine Bitte weigern; einem seine Bitte weigern. In diesem Verstande ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich, indem in demselben allenfalls "verweigern" gebraucht wird.
2. Als ein Reciprocum, in welcher Gestalt es im Hochdeutschen allein üblich ist. Sich weigern, etwas zu thun. Ich weigere mich keinen Augenblick. Wird die Sache in Gestalt eines Nennwortes ausgedruckt, so stehet dasselbe im Genitive. Sie weigerten sich dessen, dieser Sache. Daher die "Weigerung" und das "Weigern". Er that es ohne alle Weigerung.
Anm. In einigen Sprecharten nicht so richtig "wegern", im Oberdeutschen schon sehr frühe "weigeren", im Niederdeutschen "weiern", im Angels. "wyrnan", im Engl. "wern", im Schwed. "vägra". Die Endsylbe verräth ein Iterativum oder Intensivum, daher es nur auf die Wurzel "weg" oder "weig" ankommt, welche denn ohne Zweifel mit der Wurzel in "wegen" einerley ist, so daß "weigern" eigentlich bedeutet, "seine Abneigung durch mehrmahlige Bewegung der Hände oder des Hauptes an den Tag legen". Das Angels. "wyrnan" und Engl. "wern", scheinen mehr von "wehren" gebildet zu seyn, so wie das alte, noch in der Schweiz übliche "sich widrigen" von "wider" gebildet ist.
verweigern + D + A | weigern, sich
weigern | Weigerung | Weigerungsklage
abweigern | geweigern
AUSWEIGERN | EIDWEIGERND | FORTWEIGERN | weigern
Verweigern | Verweigerung | Weigern
Gut gemünzt - Darf der Busfahrer die Annahme von Kleingeld verweigern? - 22. 03. 2007
Wimmeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. 1. In einer verworrenen undeutlichen Bewegung begriffen seyn, von einer großen Menge beysammen in Bewegung befindlicher Dinge. Sieh, wie die Ameisen wimmeln. Jene Insecten, die ohne Zahl in dem kleinsten Raume wimmeln. 2. Mit einer solchen Menge angefüllet seyn, da denn diese Menge das Vorwort von bekommt. Der Käse wimmelt von Maden. Die Gassen wimmeln von Menschen. Wie wimmeln die Thäler und Hügel Von Herden und Jungem Geflügel! Bernh. Ingleichen unpersönlich. Es wimmelt hier von Menschen. So auch das Wimmeln und Gewimmel.
Anm. Im Nieders. "wemmeln", "wummeln", im Schwed. "wimla", im Isländ. "wamla". Schon die Form verräth ein Iterativum oder Intensivum eines längst veralteten Verbi, "wimen", "sich bewegen", wovon, obgleich nach andern Formen, auch "Wimpel" und "Wimper" abstammen. In den gemeinen Mundarten ist dafür auch "wibeln" üblich, welches ein ähnliches Iterativum von "weben", "bewegen", ist.
Wimmeln, 1) von einer Menge Gegenstände in einer verworrenen, undeutlichen Bewegung begriffen sein; -- 2) mit einer Menge solcher Gegenstände angefüllt sein.
Der "Zaum", des -es, plur. die Zäume, Diminut. das Zaumchen, Oberd. Zäumlein.
1. Ein Band, Strick; eine längst veraltete Bedeutung, welche aber doch die ursprüngliche zu seyn scheinet, indem "Zaummu" in derselben schon bey dem Kero vorkommt. Man gebraucht es noch in einigen wenigen Fällen figürlich, gewisse fleischige, oder häutige Theile zu bezeichnen, welche zwey verschiedene Theile des Leibes mit einander verbinden. So wird so wohl das Zungenband, welches die Zunge mit dem untern Gaumen verbindet, als auch ein ähnliches Häutchen, welches die Vorhaut mit der Eichel verbindet, das Zäumchen genannt.
2. In der gewöhnlichsten Bedeutung ist der Zaum die Verbindung von Bändern oder Riemen, welche einem Pferde um den Kopf gelegt werden, es vermittelst derselben zu lenken. Zaum bezeichnet hier das Ganze, welches sich wieder in das Kopfgestell und den Zügel theilet. Einem Pferde den Zaum anlegen. Es im Zaume halten. Figürlich ist jemanden, oder seine Begierden, seine Zunge im Zaume halten, sich mäßigen, in den gehörigen Schranken halten. Die Furcht hält die Lasterhaften im Zaume. Mit verhängtem Zaume (besser Zügel) reiten, im Galopp, Sprichw. Er weiß, wo die Zäume hängen, er ist in der Sache bewandert. Wegen einiger Ähnlichkeit wird in manchen Gegenden auch das Leit- oder Gängelband der Kinder der Zaum, oder Leitzaum genannt.
3. Figürlich, ein Mittel der Einschränkung. Die Gesetze sind ein Zaum für die Lasterhaften.
Anm. Im Oberd. schon von den frühesten Zeiten an "Zoum", "Zaum", im Nieders. "Toom", im Schwed. "Töm", im Isländischen "Taum", im Engl. "Team". Die gemeinste Meinung leitet es von "zahm", "zähmen" her; allein aus der ältesten Bedeutung eines Strickes, oder Bandes erhellet, daß es mit dem Griech. "???", und dem Lat. "Thomix", "Tomix", ein hänfner Strick, verwandt ist, welches denn doch die älteste Art der Zäume war. Allein, dieses kann wieder ein Abkömmling von "ziehen" seyn, welches auch aus dem Nieders. erhellet, wo "Toom" nicht allein der "Zaum", sondern auch der "Fischzug" mit einem großen Netz, ingleichen die Nachkommen, das Geschlecht, die Zucht ist. Der Unterschied zwischen Zaum und Zügel erhellet sehr deutlich aus dem Theuerdanke, Kap. 35. Da behing im an einem paum Sein pferdt mit dem Zügel am Zaum.
"Zäumen", verb. reg. act. den Zaum anlegen. 1. Eigentlich. Ein Pferd zäumen. 2. Figürlich. (a) In den Küchen zäumet man die Hühner, Kapaunen u. s. f. wenn man die eine zusammen gebogene Keule durch den Durchschnitt im Bauche, die andere aber durch den über den Rücken hinunter gebogenen Kopf und Schnabel stecket. (b) In den gehörigen Schranken halten. Seine Begierde, seine Zunge zäumen. Ungezäumte Begierden.
Anm. Im Nieders. "tomen", welches aber auch "krampen" bedeutet; "uptömen", den Hut aufkrämpen, "daal tömen", die Krämpe niederlassen.
Das "Zaumgeld", des -es, plur. von mehrern Arten, die -er, bey dem Verkaufe eines Pferdes, das Geld, welches der Käufer dem Stallknechte für den Zaum bezahlet, welcher bey dem verkauften Pferde bleibet.
"Zaumlos", adj. et adv. des Zaumes beraubt. Am häufigsten figürlich, frey von aller nothwendigen Einschränkung, ungezäumt, ungebändigt. Zaumlose Begierden.
"Zaumrecht", adj. et adv. nur in einigen Gegenden. Ein zaumrechtes Pferd, welches bereits an den Zaum gewöhnet ist, ein zugerittenes.
jmd. hält seine Zunge im Zaum
"Zaumschläger" = "Verfertiger von Zaumzeug"
sich / jemanden im Zaum halten | die Zunge im Zaum halten
Zaumzeug
1540. Zügel. Zaum
dienstzaum = dt. "Abhängigkeitszwang", (unter den dienstzaum gezwungen"
Kappzaum | LaufZaum | Pferdezaum | Schnalle (Zaum-) | Stange (Zaum-) | Stangenzaum | Strick (Zaum-) | Zaum | Zaumbinde | Zaumgeld | Zaumzeug
Kurzbeschreibung
Sprache ist etwas ungeheuer Lebendiges. Sie schafft neue Wörter und Begriffe und folgt damit den Entwicklungen in Gesellschaft und Politik, Wissenschaft und Technik. Sie verändert die Bedeutung von bestehenden Begriffen und wirft veraltete Ausdrücke auf den Müll der Sprachgeschichte. Geläufige Wörter sind stabil. Sie bilden den Grundwortschatz, auf den wir alle zugreifen, und verändern sich nur wenig. Seltener gebrauchte Wörter sind "anfälliger", sie verschwinden eher von der sprachlichen Landkarte. Es sind aber gerade diese Wörter, die der Sprache ihren Nuancenreichtum, ihre Farbigkeit, ihre Originalität verleihen. Mit den Wörtern, die der Sprachgebrauch ad acta legt, verschwinden auch die Dinge, die sie bezeichnen, die Werte, die sie umschreiben, Denkweisen, die sich in ihnen niedergeschlagen haben. Und damit verschwindet nicht zuletzt auch ein Teil unserer ganz persönlichen Lebensgeschichte. Dörthe Binkert nimmt den Umgang mit der deutschen Sprache ins Visier und spürt den Trends des Sprachwandels nach. Sie kommentiert Begriff e, Redensarten und Wendungen der deutschen Sprache, die immer weniger Verwendung fi nden und vom Aussterben bedroht oder bereits mehr oder weniger aus dem aktiven Wortschatz verschwunden sind. Eine unterhaltsame und anrührende, aber auch eine zum Nachdenken anstiftende Lektüre.
Über den Autor
DÖRTHE BINKERT, studierte Germanistik, Politologie und Kunstgeschichte. Sie lebt seit 1975 als freie Schriftstellerin in Zürich und arbeitete lange Jahre als Cheflektorin für ein großes Verlagshaus. Zahlreiche Buchveröffentlichungen, unter anderen Die Melancholie ist eine Frau, Meine Zeit mit mir, Das süße Leben und Die Lust des Augenblicks.
Besichtigen Sie die kleine Arche Noah der gefährdeten und bedrohten Wörter unserer Sprache
Unsere Sprache ist einem steten Wandel unterworfen. Während jedes Jahr das Jugendwort des Jahres gekürt wird und nicht selten "Wortneuschöpfungen" darunter zu finden sind, die hier zum ersten Mal auftauchen, verschwinden andere Wörter und Phrasen aus unserem Sprachgebrauch. Nicht selten deswegen, weil auch das dazugehörige "Ding" aus unserem Alltag verschwindet. Und plötzlich findet sich kein "Bandsalat" mehr im "Kassettenrecorder", das "Testbild" ist Geschichte, der "Lebertran" schmeckt "abominabel" und für die Parkuhr fehlt der passende "Groschen".
Dieses Buch stellt solche Wörter zusammen - und lädt ein zum Schwelgen, Erinnern und Schmunzeln.
Petra Cnyrim, geb. 1975, lebt und arbeitet als Autorin in München. Manchmal vermisst sie die gute alte Zeit, dann kramt sie ihren Walkman heraus und arbeitet an diesem Buch.
Softcover, 256 Seiten, Erschienen: November 2016, Gewicht: 346 g, ISBN: 978-3-86883-913-5
„Das Buch der fast vergessenen Wörter“
Diese Wörter sind vom Aussterben bedroht
Wörter wie "Vatermörder" oder "Wuchtbrumme" sind nicht mehr zeitgemäß.
Von "Beelzebub" bis "Gesichtserker": Eine Auswahl der Begriffe, die Petra Cnyrim in ihrem Buch "Das Buch der vergessenen Wörter" vorstellt:
- "Backfisch": Backfisch kommt aus dem Englischen und bezeichnete ursprünglich zu kleine Fische, die wieder zurück, also auf Englisch „back“, ins Meer geworfen wurden. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurden so pubertierende Mädchen genannt.
- "Beelzebub": Der Teufel. Im Alten Testament wird die Bezeichnung „Beelzebub“ (dort: „Beelezebul“) erstmalig als Umschreibung für das Böse erwähnt. Ursprünglich bedeutete der Begriff, der aus dem Hebräischen stammt: „Herr der Fliegen“ beziehungsweise „Herr des Misthaufens“.
- "Blaustrumpf": Abwertende Bezeichnung für Frauen im 19. Jahrhundert, die aufgrund ihrer Bildung und Einstellung als unweiblich galten.
- "Brimbamborium" / "Brimborium": Drumeherum, überflüssiger Aufwand, Rummel, Gehabe, Getue - Danke an Frauke Simon
- "Duckmäuser": Jemand, der sich wegduckt und seine eigene Meinung, Haltung verleugnet; eine Aufgabe nicht übernehmen will. Ein Jawoll-Sager. - Danke an Hanns Gehrke.
- "Dünkel": Hochmut - Danke an Jürgen Timm
- "Feiner Pinkel": Bezeichnung für jemanden, der sich für etwas Besseres hält. Der „feine Pinkel“ entstand in Berlin gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Gemeint waren damals Angehörige der oberen sozialen Schicht, die dem Normalbürger durch ihr Verhalten arrogant und unangenehm erschienen.
- "Fisimatenten": Ein umgangssprachlicher Ausdruck mit der Bedeutung Unsinn, Faxen oder Blödsinn. Im weitesten Sinne sind alle Handlungen gemeint, die Umstände oder Probleme verursachen. - Danke an Edgar Jakobs für diesen Begriff.
- "Groschen": So wurde das 10-Pfennig-Stück genannt.
- "Grüne Witwe": Sie bezeichnete eine einsame Ehefrau, die tagsüber, wenn ihr Mann in der Arbeit war, an Hof und Haus gebunden war und kaum soziale Kontakte hatte.
- "Gummitwist": Hüpfen mit einem Gummiseil, ein beliebtes Kinderspiel auf den Schulhöfen. In diesem Fall starb das Wort vor der eigentlichen Tätigkeit aus. Denn obwohl man schon lange nicht mehr vom „Gummitwist“ sprach, wurde er auf den meisten Schulhöfen in der Pause noch gerne und ausgiebig praktiziert.
- "Hahnrei": Eine Bezeichnung, die zuerst für kastrierte Hähne (Kapaune) verwendet wurde und seit dem Hochmittelalter für betrogene, also „gehörnte“ Ehemänner Anwendung fand.
- "Heiermann": Fünfmarkstück. Das vor allem im norddeutschen Raum bekannte Wort„Heiermann“ war die gängige Bezeichnung für ein Fünfmarkstück.
- "Hupfdohle": Als Hupfdohle wurden besonders in den 50er-Jahren Tänzerinnen aller Art bezeichnet. Später bekam er einen eher missbilligenden Bei-Ton und wurde hauptsächlich als Spottname für Nackt- beziehungsweise für Revuetänzerinnen gebraucht.
- "Isegrim": Bis vor nicht allzu langer Zeit war der „Isegrim“ jedem als der Wolf im Märchen bekannt.
- "Joppe": Bezeichnung für eine taillenlose Jacke, meist aus dickem Wollstoff, für Zuhause, auch Teil der bayrischen Tracht - Danke an Jürgen Timm
- "Juniortüte": Kindermenü einer bekannten Fast-Food-Kette. Zugegeben, die „Juniortüte“ ist nicht gerade ein Beispiel für gehobene Wortkultur. Dennoch ist sie faktisch ein Wort, das eine bestimmte Generation prägte und inzwischen gänzlich verschwunden ist.
- "Klimbim": Unnützes Zeug. Herkunft und Entwicklung des Begriffs „Klimbim“ sind leider nicht genau nachvollziehbar. Sicher ist jedoch, dass es sich um eine Art Modewort der Siebzigerjahre handelte, das damals so populär war, dass man sogar eine Fernsehsendung danach benannte.
- "Lokus": Ein anderes Wort für das WC, die Toilette, das "stille Örtchen" - Danke an Frauke Simon.
- "Lümmeltüte": Kondom. Obwohl der Ursprung des Begriffs nicht hundertprozentig geklärt ist, hält sich die Vermutung, er sei in der Zeit des Ersten Weltkriegs entstanden, am hartnäckigsten.
- "Muckefuck": Der Begriff „Muckefuck“ bezeichnet ein Kaffee-Ersatz-Getränk, das aus verschiedenen Getreidesorten gebrüht wurde. In Zeiten, in denen es unmöglich war, an echte Kaffeebohnen zu gelangen, war der Ersatzkaffee sehr populär.
- "Mumpitz": Unsinn, den man nicht zu beachten braucht. - Danke an Kiki van Nistelrooy.
- "Nase. Gerade in kabarettistischen Texten oder betexteten Karikaturen taucht der „Gesichtserker“ immer wieder auf, bis er dann aber ab ungefähr der Mitte der Achtzigerjahre gänzlich ausstirbt.
- "Schwiegermutter": Klammer mit einem kurzen Gummizug, mit der früher Verbände geschlossen wurden. Heißt eigentlich Verbandklammer, wird aber im Volksmund „Schwiegermutter" genannt. - Danke an Marion Waldera für diesen Begriff.
- "Trockenwohner": Bezeichnung für Mieter während der Industrialisierung, die übergangsweise in Neubauten lebten, die noch nicht vollständig durchgetrocknet waren.
- "Vatermörder": Ironische Bezeichnung für Stehkragen. Der „Vatermörder“ war ein im 19. Jahrhundert getragener Stehkragen, der unter einer Halsbinde angebracht wurde und für das typische männliche Erscheinungsbild sorgte.
- "Vokuhila": Kurzform für die Beschreibung einer bestimmten Frisur: „vorne kurz, hinten lang“. Die „Vokuhila“ ist ein Akronym der in den 80er-Jahren so populären Frisur, bei der das Haupthaar kurz und in Igelform geschnitten war, während die Nackenhaare bis zur Schulter reichten. Wichtig waren dabei auch die Fransen, die in die Stirn gezogen wurden.
- "Wuchtbrumme": Vollweib. Das Wort „Wuchtbrumme“ entstand in den Sechzigerjahren aus der Zusammensetzung von „Wucht“ und „Brumme“, letzteres ist ein anderes Wort für „Hummel“.
- "Zornbinkel"/"Zorngickel": Leicht zu erzürnender und schreiender Mensch, in den meisten Fälle ein kleines Kind. Der „Zornbinkel“ war vor allem in Österreich und Bayern bekannt und trieb dort sein Unwesen. Im Hessischen spricht man vom Zorngickel.
Vergessene Wörter: „Bei Backfisch dachte ich an Fischstäbchen“
Fanden Sie es noch "dufte", zum "Schwofen" zu gehen? Haben Sie Musik auf "Schallplatte" oder im "Walkman" gehört? Dann kennen Sie Begriffe, die vom Aussterben bedroht sind. Petra Cnyrim, 41, aus München hat für „Das Buch der fast vergessenen Wörter“ viele solcher Ausdrücke gesammelt.
...
Unsere Sprache ist einem steten Wandel unterworfen. Während heute der Babo eine nice WhatsApp kriegt, erreichte dereinst womöglich eine poussierliche Depesche den Offizianten - natürlich nur, sofern diese unterwegs nicht gefringst wurde.
Petra Cnyrim hat mit ihrem Bestseller Das Buch der fast vergessenen Wörter bereits gezeigt, wie spannend es ist, alte Wörter wieder hervorzukramen, sich zu wundern und zu erinnern. Mit ihrem neuen Buch begibt sie sich nun in die Welt der Wörter, die komplett in Vergessenheit geraten sind. Was zum Beispiel ist ein Schlotbaron? Was ein Ehegaumer? Und was bedeutet der Ausdruck weidlich?
Eine spannende Zeitreise durch die (Sprach-)Geschichte unseres Landes.
Petra Cnyrim, geb. 1975, lebt und arbeitet als Autorin in München. Ihre Bücher Vervollständige die Funktion und Das Buch der fast vergessenen Wörter schafften es in die Spiegel-Bestsellerliste.
Softcover, 200 Seiten, voraussichtlich ab Oktober 2017 lieferbar, Gewicht: 304 g, ISBN: 978-3-7423-0370-7
Kurzbeschreibung
Sätze wie "Sie macht nicht mit, weil: sie ist total sauer!" und "Ich hol dich dann gegen 4 ab. Obwohl: das geht ja gar nicht, ich hab ja schon was vor" sind inzwischen fast schon die Regel. Immer häufiger erhält man in letzter Zeit Einladungen mit folgendem Wortlaut: "Wollen wir heute ein lecker Bierchen trinken gehen?" oder "lass uns doch mal ein lecker Eis essen!"Den Deutschen liegt ihre Sprache am Herzen. Spätestens seit der Neuregelung der Rechtschreibung haben Vertreter aus Politik und Wissenschaft zu spüren bekommen, wie emotional die Deutschen über den Zustand 'ihrer' Sprache streiten können. Der Versuch, die Diskussion um eine sprachwissenschaftliche Perspektive zu bereichern, bietet also viel Zündstoff. In einer Vortrags- und Diskussionssreihe 2007 in Münster, an der Vertreter aus Schule, Wissenschaft und Medien teilnahmen, wurde lebhaft über Anglizismen, den Sprachgebrauch in den Medien, sprachhistorische Einsichten und insbesondere schulische Konsequenzen gestritten.
Wie flexibel können und müssen wir auf diese oft als "Sprachverlotterung" bezeichneten Veränderungen reagieren? Vergleicht man die unterschiedlichen Auflagen der Duden-Grammatiken fällt auf: Was in den 50er Jahren noch kompromisslos als falsch klassifiziert wurde, wird heute toleriert. Lehrerinnen und Lehrer müssen auf diesen Einstellungswandel reagieren, da nicht mehr pauschal auf "richtiges" oder "falsches" Deutsch verwiesen werden kann. Neue Wege im Umgang mit unserer Sprache sind gefragt. Dieser Band gibt dazu wichtige Anregungen.
„Lichtspielhaus“, „lustwandeln“, „Ottomane“, „Pennäler“, „sapperlot“ und „Sommerfrische“ – welch wunderschöne Wortschätze, die heute keine Relevanz mehr haben und dadurch kaum mehr in Gebrauch sind. Aber sie allesamt zaubern sofort opulente Bilder einer versunkenen Welt vor Augen. Der Band „Versunkenen Wortschätze“ möchte all diesen Wörtern ein kleines Denkmal setzen und sie vor dem Vergessen bewahren. Zu besonders schönen Exemplaren erzählt die Dudenredaktion eine kleine Geschichte zu ihrer Herkunft oder Entwicklung. Unser besonderer Dank gilt unseren Facebook-Fans, die uns durch ihre rege Teilnahme haben wissen lassen, welche Schätze ihnen besonders am Herzen liegen – so konnten wir viele weitere vermisste Wörter retten.
Sprache wandelt sich im Laufe der Zeit und es kommen ständige neue Wörter hinzu – und das ist auch gut so! Ebenso verschwinden Wörter, weil die Sache oder der Sachverhalt, den sie bezeichnen, völlig unüblich geworden ist, wie die „Frisierkommode“ oder die „Landpartie“. Andere Wörter spiegeln unsere heute veränderte Auffassung wider: Kein Mensch würde eine gebildete Frau heute als „Blaustrumpf“ bezeichnen. Und wieder andere Wörter sind deshalb verschwunden, weil neue, moderne Bezeichnungen aufgekommen sind: Zur „Vorführdame“ sagt man heute Model, zur „Leibesertüchtigung“ Sport und zum „Backfisch“ Teenie. Alle diese Wörter haben aber gemein, dass sie es wert sind, gesammelt und vor dem Vergessen gerettet zu werden. Zudem laden sie zum Schmökern, Erinnern und Schmunzeln ein.
ISBN: 978-3-411-71131-4, Erscheinungsdatum: 11.04.2016, 1. Auflage, Seiten: 136, Format: 12.6 x 19 cm
Mannheim 2013
Von der "Maulschelle" über den "Mitgiftjäger" bis zum "Gassenhauer": Dieses Wörterbuch lädt ein zum Schmökern und Staunen. Treffen Sie auf altbekannte, lange nicht gehörte Wörter und schmunzeln Sie über so manches kuriose Wort, das heute keiner mehr kennt.
10 x 16 cm, 80 Seiten, pb.
Verlag Galiani Berlin
112 Seiten
gebunden mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-86971-004-4
Leseprobe (PDF) | Über die Autorin
Was bleibt, ist der Wandel
»Irgendwann, mitten in der Zeit knallt es dann, und das Jahr, das ein Jahr lang Gegenwart genannt wurde, verschwindet aus dieser Gegenwart und verwandelt sich von einer Sekunde auf die andere in Vergangenheit.«
»An Abschiede erinnere ich mich«, ist einer der Absätze, mit denen die kurzen Einträge in Jenny Erpenbecks Dinge, die verschwinden beginnen. Die Stichworte, um die es in diesem Buch des Abschieds geht, sind u.a. Palast der Republik, Sperrmüll, Erinnerungen, Kindergarten, Socken, Hof ohne Grenzen, Öfen und Kohle, Käse, Freundinnen, Diebesgut, Mitte von Nirgendwo, Männer, das einfache Leben, Warschauer Ghetto, Höflichkeit, Wörter, Mütter, Tropfenfänger, Jahre, Splitterbrötchen, Friedhofsbesuche, Jugend, kluge Kommentare und der Autor an und für sich.
Von all diesen Dingen nimmt Jenny Erpenbeck Abschied: manchmal mit tiefer Trauer, manchmal mit einer letzten melancholischen Verbeugung, manchmal aber auch mit Humor. Vieles ist in dieses Buch eingeflossen: Erinnerungen, Reflexionen, »Beobachtungen, die ich während der Recherchen für Heimsuchung gemacht habe, die aber für das Buch aus den oder jenen Gründen nicht geeignet waren«, so Jenny Erpenbeck in einem Interview mit der Literaturzeitschrift Bella Triste, »das reicht von berlinerischen O-Tönen von Leuten, die ich befragt habe, über mich selbst als verschwindende Mutter, die sich als Autorin auf Reisen begibt, bis hin zu einem Spaziergang durchs ehemalige Warschauer Ghetto, das in meinem Buch noch Gegenwart ist, aber nach der Niederschlagung des Ghettoaufstands 1943 buchstäblich vom Erdboden verschwunden ist.« Unterschiedlichstes Material taucht in diesen kurzen Schlaglichtern auf, Berlinisches, Persönliches, aber auch Politisches, Philosophisches und vieles aus Ost und West. Zusammengenommen ergeben die Dinge, die verschwinden ein großes Ganzes - ein Buch über ein sich veränderndes Leben, über ein sich veränderndes Deutschland und eine sich verändernde Welt.
Jenny Erpenbeck
Jenny Erpenbeck wurde 1967 in Ostberlin geboren und lebt heute als freie Schriftstellerin und Regisseurin in Berlin. Ihr Prosadebüt Geschichte vom alten Kind war ein sensationeller Erfolg. Im Jahr 2001 folgte der Erzählband Tand, 2005 der Roman Wörterbuch. 2008 erschien der mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnete Roman Heimsuchung. Jenny Erpenbecks Bücher sind in sechzehn Sprachen übersetzt.
Galiani, 2009. 96 Seiten, Gebunden
"Irgendwann, mitten in der Zeit knallt es dann, und das Jahr, das ein Jahr lang Gegenwart genannt wurde, verschwindet aus dieser Gegenwart und verwandelt sich von einer Sekunde auf die andre in Vergangenheit."
"An Abschiede erinnere ich mich", ist einer der Absätze, mit denen die kurzen Einträge in Jenny Erpenbecks "Dinge, die verschwinden" beginnen. Die Stichworte, um die es in diesem Buch des Abschieds geht, sind u. a. "Palast der Republik", "Sperrmüll", "Erinnerungen", "Socken", "Hof ohne Grenzen", "Freundin", "Öfen und Kohle", "Diebesgut", "Mitte von Nirgendwo", "Männer", "das einfache Leben", "Warschauer Ghetto", "Höflichkeit", "Wörter", "Mütter", "Tropfenfänger", "Jahre", "Splitterbrötchen", "Friedhofsbesuche" und "kluge Kommentare".
Von all diesen Dingen nimmt Jenny Erpenbeck Abschied: manchmal mit tiefer Trauer, manchmal mit einer letzten melancholischen Verbeugung, manchmal aber auch mit Humor. "Dinge, die verschwinden" hieß die Kolumne in der "Bilder und Zeiten"-Beilage der FAZ, aus der viele der hier versammelten Alltagssplitter stammen - zusammengenommen ergeben sie ein Buch über die Vergänglichkeit alles Irdischen. Jenny Erpenbecks bisher persönlichstes Buch.
Jenny Erpenbeck wurde 1967 in eine Berliner Schriftstellerdynastie geboren. Nach einer Buchbinderlehre und Tätigkeiten als Requisiteuse und Ankleiderin an der Staatsoper Berlin studierte sie in Berlin Theaterwissenschaften und Musiktheaterregie. Seit 1991 arbeitete sie zunächst als Regieassistentin und inszenierte danach Aufführungen für Oper und Musiktheater in Berlin und Graz. Jenny Erpenbeck lebt als freie Autorin und Regisseurin in der Nähe von Graz, wo sie im Frühjahr 2000 mit großem Erfolg ihr erstes Stück Katzen haben sieben Leben am Schauspielhaus inszenierte. 2008 wurde Jenny Erpenbeck mit dem Solothurner Literaturpreis für ihr feinsinniges erzählerisches Werk sowie dem Heimito von Doderer-Literaturpreis ausgezeichnet.
"Flugmaschine", "Überschwupper", "Zugemüse", "Federbüchse", "Fagöttchen" und "Nebelbild" - diese Wörter stehen nicht mehr im Duden. Wann und warum wurden sie entfernt?
Ein spannendes zeit- und kulturhistorisches Panorama eröffnet sich unter diesem neuen Blickwinkel auf das berühmte Wörterbuch: Es wird einmal nicht beleuchtet, welche Wörter neu aufgenommen werden, sondern nach dem Gegenteil gefragt.
ISBN: 978-3-411-70384-5, Format: 12,5 x 20,0 cm, Seiten: 224, Marke: Duden, Erscheinungsjahr: 2018
Von Afterweisheiten, Ansteckärmeln und Angstmännern – Unterhaltsame Geschichten rund um vergessene Wörter
Peter Graf: Was nicht mehr im Duden steht. Eine Sprach- und Kulturgeschichte, 2018
Ein spannendes zeit- und kulturhistorisches Panorama eröffnet sich unter diesem neuen Blickwinkel auf das berühmte Wörterbuch: Es wird einmal nicht beleuchtet, welche Wörter neu aufgenommen werden, sondern nach dem Gegenteil gefragt. Abecedieren, beleibzüchtigen, Flugmaschine, Nashornvogel, Nörgelfritz und Entvolkung – diese Wörter stehen beispielsweise nicht mehr im Duden. Wann und warum wurden sie entfernt? In diesem kleinen Büchlein finden Sie die Antworten auf diese und weitere Fragen rund um unseren Wortschatz.
...
Wie Wörter aus dem Duden verschwinden
Veröffentlicht am 25.11.2018 | Lesedauer: 3 Minuten
Von Matthias Heine, Feuilletonredakteur
Bei jeder neuen Auflage des Duden werden still und leise Wörter gestrichen. Manche sind einfach veraltet. Manchmal gibt es aber politische Gründe. Zweimal gab es deshalb regelrechtes Großreinemachen.
...
- Pfebe (Kürbisse und Melonen)
- Table-Tennis - Tischtennis
- Lawn-Tennis - Tennis
- Cochonnerie - Schweinerei
- einpaschen - einschmuggeln
- nonen - Mittagsruhe halten
- rauschelig
- zerknallbar
- kuranzen - schikanieren
- Hutgerechtigkeit
- Nachgenuß
- Nupturient - Heiratswilliger in juristischen Texten
- beleibzüchtigen
- twisten - Garn spulen
- Bluestocking
- Lorette
- Neulauenburg
- Waterberg
- Untermensch
- Alljuda
- Volksschädling
- fremdrassig
- Rassenschande
- Hitlerjunge
- Arbeitsdienst
- ...
Der erste Teil des Buches stellt die 'Ideen' der frühen Germanen vor: Frieden, gesellschaftliche Stellung, Seele, Tod, Unsterblichkeit. Der zweite Teil widmet sich den Institutionen, die normgebenden Einfluß in archaischen Gesellschaften besaßen: z.B. Krieggeschehen, Kultbau, Fest, Opfer und Spiel.
Video-Beitrag in der Sendung "Capriccio" - br.de
Nostalgie pur!
Man nimmt ein Ding in die Hand und plötzlich tauchen intensive Empfindungen und Erinnerungen auf, lässt sich Zeitgeschichte „begreifen“. Wie anders funktionierte ein Fernsprechgerät, so lange auf einer Scheibe gewählt wurde oder über Tasten ein Gerät bedient, das mittels Schnur mit der Wand und dessen Hörer ebenso mit dem Gerät verbunden war.
Ein Kommunikationsmittel, über dessen Gebrauch sich eine Familie oder Wohngemeinschaft verständigen musste. Dieser kurzweilige Bildband versammelt ein Album deutscher Dinge seit den späten 1970er-Jahren, die es (so) nicht mehr gibt. Er vergegenwärtigt Objekte, die völlig eigene, sentimentale, heitere und vielleicht auch ganz absurde Geschichten erzählen. Überraschende Erinnerungen tauchen auf, Stimmungen, Atmosphären und besondere Geschichten vermittelt diese anschauliche Geschichte der Dinge, die es nicht mehr gibt - oder dann doch wieder?
Jens Heilmann arbeitet als Objektfotograf in der Nähe von München. Bekannt ist u.a. seine Serie zu den Weltmeisterschaftsbällen.
Dirk Uhlenbrock arbeitet in Essen als Grafiker, Illustrator und Typograf in den bereichen Print- und Webdesign.
- Vorwort von Ilja Richter 6
- Einleitung 8
- Apple Macintosh 128k 12
- Bezaubernde Jeannie 14
- Bonanza 16
- Bonanzarad 18
- Briefmarke 20
- Charlie von Revlon 22
- Concorde 24
- Dalli Dalli 26
- Deutsche Mark 28
- Diskette 30
- Eurocheque 32
- Fernsehgerät 34
- Fix und Foxi 36
- Flipperautomat 38
- Ford Capri 42
- Führerschein 44
- Game Boy 46
- HB-Männchen 48
- Horten 50
- Kassette 52
- Kassettenrekorder 54
- Kaugummiautomat 56
- Klementine 58
- Klick-Klack 60
- Kugelkopfschreibmaschine 62
- Letraset 64
- MAD 66
- Milchtüte und -halter 68
- Mobiltelefon 72
- 3 Musketiers 74
- Pan Am 76
- Parkuhr 78
- Persico 80
- Pocketkamera 82
- Polaroidkamera 84
- Quick 86
- Rechenschieber 88
- Reisewecker 90
- Rollschuhe 92
- (Sch)Leckmuschel 94
- Single 96
- Spardose 100
- Sunkist-Dreieck 102
- Super 8-Film 104
- Telefon 106
- Telefonzelle 108
- Telegramm 110
- Testbild 112
- Trimm-dich-Pfad 1 14
- Trockenshampoo 1 16
- Videokassette 118
- Vokuhila 120
- Walkman 122
- Das Team 127
- Bildnachweis 130
- Textnachweis 130
- Dank 131
"Das gibt's doch nicht" - Bildstrecke auf zeit.de
"Asozial", "Bombenwetter", "entartet" oder "Volk" - nicht wenige deutsche Begriffe sind im öffentlichen Sprachgebrauch verpönt, weil sie mit der ideologisch und propagandistisch aufgeladenen Rhetorik der Nationalsozialisten in Verbindung gebracht werden. Trotzdem tauchen sie gelegentlich in unserer Alltagssprache auf. Spätestens aber seit in der aufgeheizten politischen Debatte verstärkt sprachliche Grenzen ausgereizt und Tabus gebrochen werden, stellt sich wieder die Frage, welche Wörter man benutzen darf, ohne an die NS-Ideologie anzuknüpfen.
Der Journalist, Historiker und Linguist Matthias Heine setzt sich deshalb mit der Sprache der Nazis auseinander und geht dazu konkret auf etwa 80 Begriffe näher ein. Manche, etwa "Eintopf", dürften dabei überraschen. Umgekehrt zeigt sich, dass nicht alles in die Nazi-Schublade gehört, was wir dort hineingepackt hätten. Informativ und anschaulich bietet Heines Buch wertvolle Orientierung auf einem heiklen Terrain.
ISBN: 978-3-411-74266-0, Format: 12,5 x 20,0 cm, Seiten: 224, Marke: Duden, Erscheinungsjahr: 2019
Berlin 2019, 12,5 x 20 cm, 224 S., geb.
Kurzbeschreibung
Ludwig Wittgenstein schrieb über die Sprache, sie gleiche einer "alten Stadt", einem "Gewinkel von Gäßchen und Plätzen". In diesem linguistischen Raum bewegen wir uns ganz selbstverständlich, während unmerklich neue Vororte entstehen und alte Viertel renoviert oder abgerissen werden.
Um die Historizität der Sprache, die Geburt und das Sterben von Lauten, Worten und Idiomen geht es in Daniel Heller-Roazens einundzwanzig funkelnden Essays. Sprachtheoretische Betrachtungen Benjamins, Jakobsons und Freuds schließt er kurz mit poetischen Anekdoten aus der Geschichte der Linguistik: über die Nymphe Io, die - von Jupiter in eine Kuh verwandelt - ihren Namen mit dem Huf in den Sand schrieb, den Turm von Babel und das Geplapper der Kinder (der Begriff Echolalie bezeichnet das Wiederholen vorgesagter Phrasen), Menschen ohne Zunge, einen Schizophrenen, der systematisch seine Muttersprache vergaß, das Verschwinden des h, dem Karl Kraus seine Elegie auf den Tod eines Lautes widmete, und über "tote" Idiome, die keine Sprachen mehr sind, "sondern nur noch Tinte und Papier".
Gebundenes Buch, Pappband
ISBN: 978-3-7913-8245-6
Erscheint: 21.11.2016
Und für wen waren Sie?
Das Revival von Vinyl und Vintage kann nicht darüber hinwegtäuschen: Viele Dinge und Geräte, die einst ganz selbstverständlich unseren Alltag begleitet haben, sind irgendwann einfach verschwunden. Und mit ihnen all die unglaublich wichtigen Kontroversen von damals: "Dallas oder Denver?" "Geha oder Pelikan?" "Beatles oder Stones?" "Adidas oder Puma?" Jeder Ü40er ist ganz selbstverständlich zwischen diesen scheinbaren Fronten aufgewachsen.
Dieses amüsante Buch holt heiß umkämpfte Rivalitäten aus der Versenkung hervor und ist gleichzeitig eine Einladung zur freudvollen Nostalgie. Denn die harten Gegensätze von damals erscheinen im heutigen Licht betrachtet eher so lustig, dass man sich die prädigitale Welt beinahe zurückwünschen könnte. Nach dem Erfolgstitel "Dinge, die es (so) nicht mehr gibt" erzählt dieser Band mit tollen Abbildungen und heiteren Texten von den damaligen Gegnern und Rivalen.
Gregor Hoppe studierte Literatur in München und Cambridge. Er arbeitete als freier Autor und als Radioredakteur beim BR sowie sechs Jahre als ARD-Auslandskorrespondent im Hörfunk-Studio Rom. Seit 2012 ist er Gestalter und Moderator der Bayern 2-Sonntagsbeilage.
Dirk Uhlenbrock arbeitet in Essen als Grafiker, Illustrator und Typograf in den bereichen Print- und Webdesign.
3. Auflage 2003. Rund 126 S.: Paperback
ISBN 978-3-406-49467-3
Herausgegeben von Andrea Köhler
In unserer Lebenswelt verschwinden mehr Dinge - und das mit ihnen verbundene Stück Leben - als neu hinzukommen, und wir vergessen überdies, was uns entschwindet. Das können ganz unspektakuläre Dinge sein, eine bestimmte Bewegung, eine Geste der Höflichkeit, eine von der Not erfundene Speise, Markenartikel und unterschiedliche Dienstleistungen und natürlich all die technischen Gegenstände, die inzwischen jede Biographie nach ihren jeweils neuesten Gerätschaften lesbar machen. Daß die Welt enger wird mit jedem Tag und alles sich anscheinend immer ähnlicher, ist die Erfahrung, die hinter dem „Kleinen Glossar des Verschwindens“ steht. In den Beiträgen von Peter Nadas, Adolf Muschg, Brigitte Kronauer, Judith Kuckart, Peter Esterhazy, Ulrike Draesner, Moritz Rinke u.v.a. wird das Verschwundene noch einmal beschworen, Zäune, Hakenleisten, Radio Beromünster, die Stenorette oder das Taschentuch.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Drinnen und Draußen
- Bora Cosic: Die Hakenleiste
- Peter Nadas: Unsere verlassenen Wege
- Dorothea Dieckmann: Das Bett hüten
- Adolf Muschg: Waldgeheimnis
- Gertrud Leutenegger: Kabine
- Joachim Güntner: Eisblumen
- Putzen und Schmiegeln
- Brigitte Kronauer: Lächelnde Laken
- Katharina Döbler: Sonntagskleider
- Lazlo F. Földenyi: Überschuhe
- Moritz Rinke: Der letzte Schuhputzer
- Fahren und klettern
- Peter Esterhazy: Die Überwindung der Zäune
- Thomas Hettche: Zwischengas
- Frauke Meyer-Gosau: Holländer, Norweger
- Hören und Sehen
- Karl-Heinz Ott: Radio Beromünster
- Stephan Krass: Das Autokino
- Manfred Papst: Die Langspielplatte
- Luft und Liebe
- Friederike Kretzen: Nicht zustellbar
- Angelika Overath: Kirschbäume und frühe Zweifel
- Beatrix Langner: Nasologisches Niemandsland
- Tippen und Kleckern
- Martin Meyer: Die Schreibmaschine
- Hans Ulrich Gumbrecht: Die Stenorette
- Jochen Hörisch: Der Tintenklecks
- Fräulein und Männer
- Andreas Nentwich: Die Fräuleins
- Ulrike Draesner: Die Trockenhaube
- Harald Weinich: Knickerbocker
- Kurt Drawert: Gott
- Sitten und Länder
- Judith Kuckart: 85/87/99 - 14 Jahre DDR
- Gerhard Neumann: Anständige Dienstfertigkeit
- Thomas Kling: Die Totenrede
- Andrea Köhler: Das Taschentuch
- Die Beiträger
4. Auflage 2014. 167 S.: Broschiert
ISBN 978-3-406-66913-2
"Durchlaucht", "Erlaucht", "Hochwürden", "Exzellenz", "Herr Präsident", "Herr Professor" - landauf, landab werden mit diesen Formeln Ehrengäste begrüßt, Veranstaltungen eröffnet und Reden begonnen. Aber sind wir in der Wahl der Formulierungen immer ganz sicher? Wer trägt heute noch einen Titel? Wem gebührt welche Anrede? Wie lautet die Anschrift, wie die Anrede, will man einer Gräfin schreiben, einem Pater oder Dekan? Was tun, führt eine Person mehrere Titel?
Für den beruflichen Alltag und den gesellschaftlichen Umgang unterrichtet dieses nützliche Lexikon über adlige und geistliche, akademische sowie Amts- und Ehrentitel und ihren korrekten Gebrauch in Anrede und Anschrift. Darüber hinaus erklärt es Entstehung und Herkunft der gebräuchlichsten Titel und führt damit ein in die Hierarchien des Adels und der Geistlichkeit, die Welt der Universität, des Militärs und der Administration.
Reihe: Naturkunden Bd. 049
100 Seiten, 100 Abbildungen, Gebunden
Illustration: Jackie Morris
Originaltitel: The Lost Words (Englisch)
Erschienen: 2018
ISBN: 978-3-95757-622-4
Eisvogel, Brombeere, Zaunkönig – was, wenn die Wörter für die lebendige Natur unbemerkt aus der Sprache, den Märchen und Geschichten, der Wirklichkeit verschwänden? Was wir nicht benennen, können wir nicht wertschätzen. Dieses Buch ist der Gegenzauber zu Beton, Feinstaub und Entfremdung. Die prächtigen Aquarelle von Jackie Morris weisen den Weg in einen geheimen Garten, zu dem jeder den Schlüssel besitzt. Glockenblume, Efeu und Lärche harren gleich vor unserer Haustür ihrer Neu- und Wiederentdeckung. Golden strahlt der Löwenzahn auf dem Fußballplatz, neugierig betrachtet uns der Star von seiner Ehrenloge auf dem Telefonmast. Robert Macfarlanes von Daniela Seel ins Deutsche gebrachte Verse erkunden zart und zugleich mit spielerischer Wildheit die kapriziösen Blätter des Farns, den verführerischen Glanz einer frisch aus der Hülle gebrochenen Kastanie und die majestätische Ruhe des Reihers, sie steigen mutig hinab ins Nest der Schlange und betten sich auf den rauen Kissen der Heide. Und irgendwo dort, zwischen satten Farben und traumversunkenen Zeilen, entdecken wir sie vielleicht – die verlorenen Wörter.
100 verschollen geglaubte Wörter wiederentdeckt!
Spannende und unterhaltsame Fakten rund um Bedeutung und Ursprung der Wörter
Liebevoll gezeichnete Illustrationen mit feinem Humor
"Adamskostüm", "Kokolores", "Schabernack" und "Stelldichein": 100 Wörter, die zum Vergessen viel zu schön sind, stellt dieser liebevoll gestaltete Titel ins Rampenlicht. Zu jedem Wort gibt es spannende und unterhaltsame Fakten rund um Bedeutung und Ursprung sowie Fun Facts für Sprachliebhaber wie Synonyme, Reimwörter und Scrabble-Werte. Die liebevollen Illustrationen begleiten einzelne Wörter mit feinem Humor.
Sprache wandelt sich im Laufe der Zeit und es kommen ständige neue Wörter hinzu - und das ist auch gut so! Ebenso verschwinden Wörter, weil die Sache oder der Sachverhalt, den sie bezeichnen, völlig unüblich geworden ist, wie die "Landpartie". Andere Wörter spiegeln unsere heute veränderte Auffassung wider: Kein Mensch würde eine gebildete Frau heute als "Blaustrumpf" bezeichnen. Und wieder andere Wörter sind deshalb verschwunden, weil neue, moderne Bezeichnungen aufgekommen sind: Zum "Backfisch" sagt man heute Teenie. Alle diese Wörter haben aber gemein, dass sie es wert sind, gesammelt und vor dem Vergessen gerettet zu werden. Zudem laden sie zum Schmökern, Erinnern und Schmunzeln ein.
Katharina Mahrenholtz arbeitet als Redakteurin beim NDR, wo sie sich auf die Themen Literatur und Kultur spezialisiert hat. Besonders reizt es sie, Inhalte kurz und knapp zu erzählen, ohne dabei das Spannende und Humorvolle aus den Augen zu verlieren.
Dawn Parisi ist Buchgestalterin in Hamburg. Die Inspiration für ihre Arbeit hat sie in längeren Aufenthalten in England, Italien und Frankreich gesammelt. Mit ihren Illustrationen vermittelt sie die aufschlussreichen Fakten und verbindet sie mit feinem Humor.
Die Autorin und Illustratorin haben schon viele erfolgreiche Bücher gemeinsam veröffentlich, wie beispielsweise den Titel „Literatur!".
ISBN: 978-3-411-71135-2, Erscheinungsdatum: 09.04.2018, 1. Auflage, Seiten: 160, Format: 14.8 x 21 cm
Info:
Nichts bleibt wie es mal war: Kontinente versinken, Tierarten sterben aus, Bauwerke und Kunstgegenstände zerfallen zu Staub. Artenschutz und Konservierung haben heutzutage eine größere Bedeutung denn je. Den seltenen Tierrassen bleibt der Zoo als letzter Lebensraum, den Kulturgütern das Museum.
Doch auch zahlreiche Wörter der deutschen Sprache sind mehr und mehr vom Zahn der Zeit bedroht. Sei es, weil die Dinge, die sie bezeichneten, in der heutigen Welt nicht mehr existieren. Oder weil es sich um Modewörter der Vergangenheit handelt, die inzwischen einem Anglizismus unter die Räder gekommen sind.
Werden unsere Kinder und Kindeskinder noch wissen, was eine "Wählscheibe" ist, wenn sie auf den Tasten ihres Mobiltelefons tippen? Kann sich der aktive Sportler noch daran erinnern, dass sein flottes "Joggen" einstmals als "Dauerlauf" bezeichnet wurde, sein Schweiß treibendes "Fitnessprogramm" schlicht "Trimm Dich" war? Ob sich kommende Generationen noch entsinnen, dass es sich bei "Pomadenhengst" und "Hupfdohle" keinesfalls um seltene heimische Tierarten handelt?
Dem langsamen aber sicheren Aussterben seltener Wortgattungen tritt der Berliner Autor und Journalist Bodo Mrozek entgegen. Auf der Website "www.bedrohte-woerter.de" hat er ein Auffanglager für all die alten und aus der Mode geratenen Formulierungen erschaffen, die im schnelllebigen Sprachgebrauch der heutigen Zeit keinen Platz mehr gefunden haben.
Und er bittet auch Sie um Mithilfe: All jene, die noch den einen oder anderen dieser Wortveteranen in ihrem Wortschatz ihr eigen nennen, werden gebeten, ihn auf der genannten Webseite abzugeben. Die Sammlung erscheint im Dezember 2005 als "Lexikon der bedrohten Wörter" im Rowohlt Verlag.
...
Vom "Allbuch", das noch in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts als Synonym für das Nachschlagewerk in Gebrauch war, über den "Beutelschneider", das "Bockshorn", den "Haderlump", die "Kokotte", den "Schmock" bis zum "Zwist" reichen die "jenseits des verbissenen Ernstes der üblichen Sprachkämpfe" konsequent subjektiv kommentierten Einträge diesmal. In der Gesamtschau führen sie uns deutlich vor Augen, wie vergänglich Sprache ist, die gegen das Vergessen deshalb unseres besonderen Schutzes bedarf. Um den hat sich Bodo Mrozek schon jetzt große Verdienste erworben. Doch ist sein "Kampf gegen das Vergessen ist mit diesem Band keineswegs beendet". Im Gegenteil stehen wir nach seinem Dafürhalten beim Wörterschutz immer noch erst am Anfang.
Dem ebenso amüsanten wie lehrreichen Buch werden also - hoffentlich - regelmäßig neue Bände folgen. Weiterhin Erfolg zu wünschen ist deshalb auch dem vom Autor ins Leben gerufenen Internet-Projekt bedrohte-woerter.de, auf dem die Lexikoneinträge zu einem guten Teil beruhen und an dem sich jeder beteiligen kann, der sich Sorgen um das Fortleben eines vom Aussterben bedrohten Wortes macht oder vielleicht auch einmal seine Freude darüber zum Ausdruck bringen möchte, dass eine bestimmte verhasste Vokabel endlich keine Verwendung mehr findet. -- Andreas Vierecke
Sie wissen nicht, was eine "Schütteltenne" ist? Ein Tanzlokal, in dem "Schnitten" schon mal "inkommodiert" werden. Als Bodo Mrozek zur Rettung bedrohter Wörter aufrief, erreichten ihn viele tausend Zuschriften. Nun setzt er den Kampf gegen das Vergessen fort - mit neuen unterhaltsamen Wortgeschichten.
16. unveränderte Auflage 2007
263 S.
Paperback
ISBN 978-3-406-56004-0
Erschienen: 15.03.2007
Dieses kleine Lexikon - das erste seiner Art - des Germanisten Nabil Osman verzeichnet Hunderte von Wörtern, die seit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts aus der deutschen Sprache verschwunden sind. Es gibt Auskunft über die einstige Bedeutung der Wörter und geht den Gründen für ihren Untergang nach. Eine unterhaltsame und anregende Lektüre, die „in die Hand eines jeden, der Deutsch schreibt oder Deutsch zu sprechen versucht“ (Die Zeit), gehört.
Wörter werden geboren, sie welken und sterben. (O. Violan, Am Quell der Sprache)
Diese beiden Listen - die ersten ihrer Art - verzeichnen Hunderte von Wörtern der deutschen Sprache, die immer weniger Verwendung finden und vom Aussterben bedroht sind ("Rote Liste") oder die bereits aus dem aktiven Wortschatz verschwunden oder verdrängt worden sind ("Schwarze Liste"). Ein Buch, das den Umgang mit der deutschen Sprache ins Visier nimmt und den Trends des Sprachwandels nachspürt. Unterhaltsam und spannend, aber auch eine zum Nachdenken anstiftende Lektüre, die aufzeigt, dass auch Sprache "sterblich" ist! Neben den notwendigen Kommentaren fanden auch in Vergessenheit geratene Begrifflichkeiten aus der ehemaligen DDR Aufnahme.
Kurzbeschreibung
Die Welt entgleitet uns, wir werden ihrer nicht mehr Herr. Liebgewonnene Objekte, vertraute Phänomene, unverzichtbare Bestandteile unseres Lebens verschwinden einfach. Eben noch da, sind sie plötzlich weg. Und zum "Zigarettenautomaten" können sie nicht sein. Denn die sind ja auch verschwunden ... Volker Wieprecht und Robert Skuppin sind nicht bereit, den Verlust, den wir tagein tagaus erleiden, kommentarlos hinzunehmen. Deshalb will dieses Buch entlarven, offen legen, es möchte schreien, am liebsten sehr, sehr laut: Wo seid ihr, all ihr "Monokassettenrecorder" und "Schreibmaschinen"? Wo sind sie, die "Käseigel", die "Ado-Gardinen" mit Goldrand, die "Fahrradflicken"? Was ist aus dem guten alten "Schweinesystem" geworden? Von Anstand, Ehre, Loyalität und "Klopapierrollen" auf der Hutablage im Wagen - womöglich ein "NSU"? - ganz zu schweigen. Ob "Flugticket" oder "Postfilialen", ob "Einkaufsnetz", "Trockenshampoo", "Makramé" oder "Lesekreise", ob "Petting" oder "Paternoster" - perdu und passé. Auf ebenso unterhaltsame wie kluge Weise versammeln Wieprecht und Skuppin Dinge, die bereits verschwunden sind oder zu verschwinden drohen: Nie wurde Nostalgie charmanter präsentiert, und nie wurde sie derart intelligent und witzig dargestellt.
Über den Autor
Robert Skuppin wurde 1964 geboren und ist Kultmoderator bei radio-eins.
Volker Wieprecht wurde 1963 geboren und ist Kultmoderator bei radio-eins.