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Es war einmal … das Althochdeutsche
Von Kristin Kopf
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Das Althochdeutsche wird für die Zeit zwischen 500 und 1050 nach Christus angesetzt, also für rund 550 Jahre. Das ist eine Menge Zeit, man kann sich also schon denken, dass man da nur schwer von einer einheitlichen Sprache ausgehen kann.
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750: Aus der Mitte des 8. Jahrhunderts stammt der erste überlieferte althochdeutsche Text.
500: Obwohl es für die Zeit vorher keine Texte gibt, geht man davon aus, dass bereits vor 750 Althochdeutsch gesprochen wurde. Gestützt wird diese Einschätzung durch Inschriften, die seit dem 6. Jahrhundert zu finden sind.
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Vielmehr gab es nach und nach verschiedene Veränderungen in einem bestimmten Gebiet. Die Summe dieser Veränderungen sorgte dafür, dass sich die Varietät so stark von anderen westgermanischen Varietäten unterschied, dass man heute eine neue Sprache (das Deutsche) ansetzt.
Womit fing es an?
Stark vereinfacht setzt man als sprachlichen Beginn des Althochdeutschen die abgeschlossene 2. Lautverschiebung an. Worin genau die bestand, könnt Ihr in “Von Pentekoste zu Pfingsten: Die 2. Lautverschiebung schlägt zu” nachlesen.
Es geht dabei um die Veränderung von "p" > "pf", "ff" oder "f", "t" > "z", "ss" oder "s", "k" zu "chch" oder "ch" und "d" zu "t". Diese Prozesse wirkten nur in den Dialekten, die gemeinsam das Althochdeutsche bilden. Deshalb sind ihre Auswirkungen in anderen germanischen Sprachen nicht zu sehen:
"apfel"
- Englisch, Niederländisch, Afrikaans: "appel"
- Dänisch: "æble"
- Schwedisch: "äpple"
- Norwegisch: "eple"
- Isländisch: "epli"
- Färöisch: "surepli"
Das erste althochdeutsche Buch ist der “Abrogans”, ein lateinisch-althochdeutsches Wörterbuch aus der Mitte des 8. Jahrhunderts.
Warum Althochdeutsch Althochdeutsch heißt
Wie so oft in der Sprachgeschichtsschreibung des Deutschen hat Jacob Grimm den Begriff geprägt, und zwar in seiner “Deutschen Grammatik” von 1819. Die einzelnen Elemente haben dabei die folgenden Bedeutungen:
Alt: Das stellt eine zeitliche Einordnung dar. Das Althochdeutsche ist die älteste Sprachstufe des Deutschen.
hoch: Das habe ich in “Wir können jetzt auch Hochdeutsch” erklärt: Es ist ein geografischer Bezug auf die höhergelegenen Regionen Mittel- und Süddeutschland.
deutsch: Das Wort geht auf ein Adjektiv zurück, das ‘zum Volk gehörig’ bedeutete (thiudisc). Es ist eine soziale Eingrenzung: Im Gegensatz zu Adel und Klerus, die hauptsächlich Lateinisch sprachen, sprach das Volk seine eigene Sprache.
Althochdeutsch als Dialektgruppe
Das Althochdeutsche war zu Beginn noch sehr uneinheitlich. Es bestand aus den Dialekten der Franken, Thüringer, Baiern, Alemannen und Langobarden. Erst Ende des 11. Jahrhunderts, also bereits in der mittelhochdeutschen Zeit, bildete sich eine einigermaßen einheitliche Sprache heraus.
Für das Althochdeutsche besonders wichtig waren die oberdeutschen Dialekte und das Fränkische. Die Hauptorte der althochdeutschen Überlieferung – in der Regel Klöster – liegen zwischen Köln im Norden und St. Gallen im Süden. (Hier habe ich sie Euch, nach Sonderegger 2003:57, eingezeichnet.)
Ein Text, ein Text!
Das Althochdeutsche ist vom Neuhochdeutschen zu weit entfernt, um es einfach so lesen zu können. Hier ist, als Kostprobe, ein Stück aus dem Wessobrunner Gebet (ca. 790), ich habe es schon einmal hier verwendet:
Dat gafregin ih mit firahim firiuuizzo meista,
dat ero ni uuas noh ûfhimil,
noh paum nihheinîg noh pereg ni uuas,
ni suigli sterro nohheinîg noh sunna ni scein,
noh mâno ni liuhta noh der mâreo sêo.
Dô dâr niuuiht ni uuas enteo ni uuenteo
enti dô uuas der eino almahtîco cot, …
(Text nach TITUS)
“Das habe ich bei den Menschen als größtes Wunder erfahren: dass es die Erde nicht gab und nicht den Himmel, es gab nicht den Baum und auch nicht den Berg, es schien nicht ein einziger Stern, nicht die Sonne, es leuchtete weder der Mond noch die glänzende See. Als es da also nichts gab, was man als Anfang oder Ende hätte verstehen können, gab es schon lange den einen, allmächtigen Gott, …” (Übersetzung aus Nübling 2006:23)
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