Etymologie, Etimología, Étymologie, Etimologia, Etymology, (griech.) etymología, (lat.) etymologia, (esper.) etimologio
CH Schweiz, Suiza, Suisse, Svizzera, Switzerland, (esper.) Svislando, Svisio, Svisujo - Schweizerische Eidgenossenschaft - Confoederatio Helvetica
Zahlen, Número, Nombre, Numero, Number, (esper.) nombroj
Zahl 00002 in Alltag und Sprache
zwei, dos, deux, due, two, duo

2

2 mit a (W3)

Wie aus "d" (wie in ide. "*dwou") ein "t" (wie in engl. "two") und ein "z" (wie in dt. "zwei") wurde, läßt sich auf die "Erste Lautverschiebung" (auch "Germanische Lautverschiebung", ab etwa -500) und die "Zweite Lautverschiebung" (auch "Hochdeutsche Lautverschiebung", ab etwa +500) zurückführen.

Dass es auch "Zweier-Worte" mit "a" gibt, wie in "Amphore" = dt. "Zweiträger", ist der Nutzung von "Präfixen" anzulasten.

Dass es auch "Zweier-Worte" mit "b" gibt, wie in "Bigamie" = dt. "Doppelehe", wird auf phonetische Ähnlichkeit (lat. "bi- zu altlat. "dui-") zurückgeführt.

Die "Zweier-Worte" mit "v" lassen sich auf lat. "vice" = dt. "anstelle von", Ablativ von "vicis" = dt. "Wechsel", "Wechselseitigkeit", "Platz", "Stelle", zurückführen.

Die "Zweier-Worte" mit "a" erhält man mit einer kleinen Vorsilbe "-am-", die man grob mit dt. "um", "umherum" übersetzen könnte. Damit kommt man zu lat. "ambi-" und dann auch zu griech. "amphi-" = dt. "zu beiden Seiten", "rings umher", "alle zwei zusammen".

Damit kommt man zu dt. "ambivalent" = dt. "zweiwertig", "Amphitheater" = "das aus zwei halbkreisförmigen Theatern bestehende Theater", "Umherumtheater", und "Amphibie", dem in zwei Lebensbereichen existierenden Lebewesen oder Fahrzeug, oder "Amphore" = dt. "Zweiträger".

Und völlig unerwartet findet man in dieser Wortfamilie auch frz. "aller" = dt. "gehen", das auf lat. "ambulare" = dt. "umherstreunen", "umherschlendern" "daherschreiten", "wandern", "reisen" zurück geht.

Und dann muß man auch noch dt. "Amt" erwähnen, das auf einem langen Weg über mhdt. "ambet", "ambt", "ambahte", ahdt. "ambaht", "ambahti", got. "andbahti", altengl. "ambeht", schwed. "ämbete" = dt. "Dienst", und ahdt. "ambaht", got. "andbahts", altengl. "ambeht" = dt. "Diener", "Bote", zurück geht auf kelt. "*ambaktos", "*ambiaktos" = dt. "Diener", "Bote", und gallolat. "ambactus" = dt. "Herumgeschickter", "Herum-Agierender", zurück geht.

Als weitere Abkömmlinge findet man:



Erstellt: 2023-09

2 mit z (W3)

Wie aus "d" (wie in ide. "*dwou") ein "t" (wie in engl. "two") und ein "z" (wie in dt. "zwei") wurde, läßt sich auf die "Erste Lautverschiebung" (auch "Germanische Lautverschiebung", ab etwa -500) und die "Zweite Lautverschiebung" (auch "Hochdeutsche Lautverschiebung", ab etwa +500) zurückführen.

Aus ide. "*dwou" gingen durch die "Erste Lautverschiebung" (um -500) und die "Zweite Lautverschiebung" (um +500) folgende "Zweier-Worte" hervor:

A

B

C

D

E

F

G

H

I

J

K

L

M

N

O

P

Q

R

S

T

U

V

W

X

Y

Z

Zwick (W3)
Zwitor
Zwicktor
Zwitter

(E?)(L?) https://www.idiotikon.ch/wortgeschichten/zwitter

Drittes Geschlecht: Zwick, Stack und Bidibeidi, Zwitter, Zwitor, Zwicktor

This Fetzer Donnerstag, 23. November 2017

Seit das deutsche Bundesverfassungsgericht die rechtliche Anerkennung eines dritten Geschlechts gefordert hat, ist das Stichwort inter/divers in aller Munde. Uneindeutige Geschlechtsmerkmale gab es natürlich schon vorher. Zur Benennung von Menschen dieser Geschlechtsausprägung griff man einfach auf Bezeichnungen für tierische Zwitter oder Hermaphroditen zurück:

Ein "Zwick" m./n. ist ein «Tier mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen». Da solche Tiere keinen Nachwuchs haben, ist ein "Zwick" aber ebenso ein «unfruchtbares Tier», nach einer Angabe sogar eine «verschnittene weibliche Ziege». Meistens sind Zwicke äusserlich weibliche Rinder, Ziegen und Pferde, aber auch Ochsen. Obwohl für die Zucht ungeeignet, waren solche Tiere wichtig: Per Inserat wird in der Innerschweiz 1883 «ein Zugtier, Zwick, Ochs oder ein ganz schweres Rinderhaupt» gesucht, und auch im Berner Seeland galten Zwicke als gute Bruuchrösser. Dagegen wurden überflüssige Bock- ebenso wie zwittrige Lämmer nach der Geburt aussortiert. Besonders oft Zwicke im Sinn von «unfruchtbar» sind Kuhkälber, die gleichzeitig mit einem Stierkalb geboren werden.

Bei den Menschen bezeichnet "Zwick" eher eine generelle Abweichung von der Normerwartung als tatsächliche Intersexualität: einerseits sind das «sterile Frauen», andererseits aber auch «Frauen mit etwas männlichem Exterieur und Wesen», teilweise verbunden mit der Vorstellung, diese hätten wirklich kein eindeutiges Geschlecht. Und wenn in einer Chronik Hitler ein "Zwick" genannt wird, weil er ja nichts mit Frauen habe, spielt wohl auch die Vorstellung von Asexualität hinein. Auf ganz andere Weise «unfruchtbar» sind Zwicke dagegen im Wallis, nämlich «grüne Sommertriebe der Rebe», die für die Blüte zu spät kommen.

Eine älteres Wort für «zweigeschlechtliches Lebewesen» ist "Zwitor" m. Seine Herkunft ist ungewiss, vielleicht ist die ursprüngliche Bedeutung «zweifach Geschlechtsglieder aufweisendes Lebewesen». Die moderne Form dieses Worts ist "Zwitter", die ältere Form ist in der Schweiz bis um 1700 belegt, auch in einer Mischform "Zwicktor".

Bis heute erhalten hat sich in den südwalserischen Sprachinseln Gressoney und Issime sowie im Churer Rheintal und im Prättigau das althochdeutsche Wort "widilla" f. «Hermaphrodit, Zwitter». Als "Widele" f. bezeichnet es «Zwitterrinder weiblichen Geschlechts» (also wohl mit weiblichem Äusserem), die zum Mästen sehr geschätzt waren.

Schliesslich gibt es einige Wörter, die neben anderem auch für "Zwittertiere" stehen: "Narrewärch" n. ist nicht nur «närrisches Zeug», sondern im Rheinwald ein «missratenes Gebilde; "Zwitterzicklein"; Darm, der sich beim Wursten nicht strecken lässt.» Ein "Chiber" m., eigentlich ein «Keifer, Zänker», meint auch ein «Pferd, das man nur zur Hälfte verschneiden konnte» (wegen ausgebliebener Hodensenkung), weil solche Tiere einen zweifelhaften Charakter haben, und dann «Hermaphrodit, Zwitter mit vorwiegend männlichem Charakter». In Solothurn nannte man solche "Zwitterpferde" lautlich abweichend "Chipper".

Ähnlich verläuft die Bedeutungsentwicklung bei "Stack", Stacke m./f. Neben einem «verschnittenen (Ziegen-, Schaf-)Bock» ist das eine «ein- bis zweijährige Ziege» (weil die eben keine Milch gibt) und dann eine "Zwitterziege" und sogar ein «unfruchtbarer Mensch», was in Nidwalden zum Schimpfwort dui Stack dui! führt. Umgekehrt zeigt die Bezeichnung einer «zwittrigen Ziege» als "Hans-Anni" in Lauerz eine fast schon vermenschlichte Vorstellung des Tiers an.

Wohl in erster Linie eine Lautspielerei mit "beidi" ist schliesslich "Bidibeidi" m. «(menschlicher) Zwitter, Hermaphrodit», zu dem sich als Variante "Bisibäusi" m. stellt.

Viele Belege für "Zwitterhaftigkeit" – kein Problem im Umgang mit geschlechtlicher Uneindeutigkeit? Nicht unbedingt. Zwittrige Tiere stellen kein Problem dar, soweit sie dennoch nutzbar sind. Menschen, die unfruchtbar oder tatsächlich intersexuell sind oder einfach im Aussehen oder Verhalten abweichen, sind aber durchaus Kritik ausgesetzt, wie die Beschreibung des sonst nirgends genannten "Kowenz" in der Zeitschrift «Sintemal» aus dem Jahr 1759 illustriert: «Kowenz ist ein Zwitter, bey welchem dennoch etwas Männliches vorzutreffen scheint.» "Zwitter" ist hier in moralischem Sinn zu verstehen: Obwohl ein Mann, verhalte er sich wie eine Frau, führe ein grosses Maul, sei Freunden gegenüber illoyal, buckle dafür feig vor Feinden und verrate jedes ihm anvertraute Geheimnis.

Markiert in: Tiere Personen


Erstellt: 2023-09