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Deutsche Wörter im Ausland
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Diese deutschen Wörter werden im Ausland benutzt
München - In Finnland macht man "Kaffepaussi", in Neuseeland ist "abseiling" ein Volkssport. Und in Russland muss man "sitzflaijsch" beweisen, wenn der "schlagbaum" runtergeht: Deutsche Lehnworte gibt es in vielen Sprachen.
Im Schaufenster lockt in roten Lettern "Sale". Im "Backshop" gibt es einen "Coffe to go". Auf Schritt und Tritt begegnen einem hierzulande neue Anglizismen. Manche Deutschen sehen dadurch sogar ihre Muttersprache bedroht. Bedenkenlos nehmen sie indes französische Wörter in den Mund, erzählen eine "Anekdote", gehen zum "Friseur". Gerade in Bayern spaziert man gerne auf dem "Trottoir", schimpft über die "Bagage", die "visavis" wohnt, oder bedankt sich mit "Merci". Doch nicht nur englische und französische Wörter lieben das Wandern: So mag es manchen Teutonen überraschen, wenn er gerade in den Vereinigten Staaten einen "strudel" serviert bekommt, einem "dachshund" begegnet oder gar von einem difficult "gedankenexperiment" hört.
Sogenannte Germanismen haben sich in viele Sprachen geschmuggelt. Man hört, liest und spricht sie von Indonesien bis Chile. Dabei kann man auch bei den deutschen Lehnwörtern verschiedene Auswanderungswellen ausmachen. Ob als Besatzer im Krieg, als Kolonialherrscher oder als Auswanderer: Die Deutschen hatten stets auch ihre Sprache im Handgepäck. „So entstehen Sprachkontakte“, erklärt Dr. Lutz Kuntzsch von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS). Über diese Kontakte gelangen Worte in eine andere Sprache. „Dies beweist auch, dass das Deutsche, anders als allgemein angenommen, nicht nur von Anglizismen ,überflutet‘ wurde“, sagt Kuntzsch. Der Austausch sei immer gegenseitig.
Zu Interferenzen, also Sprachkontakten zwischen Nachbarn, kommt es vor allem in Grenzgebieten. So findet man zum Beispiel im Polnischen viele Wörter mit deutschen Wurzeln, etwa der "szlafrok" ("Schlafrock"). Manche Wörter unternehmen auch Fernreisen: Im 18. Jahrhundert fanden viele Deutsche in den USA eine neue Heimat. Im Englischen machen daher Germanismen mehr als ein Viertel aller Fremdwörter aus. Nur Lehnwörter aus dem Lateinischen und Französischen sind häufiger. So verdanken die Engländer den Deutschen den "zeitgeist", den "weltschmerz", aber auch das "kaffeeklatsching".
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So seien sich die Amerikaner nicht einmal einig, was "gemuetlichkeit" genau bedeutet. Es bezeichnet neben dem Gefühl der Zusammengehörigkeit auch die Bierstube. Auch das finnische "besservisseri", das übrigens wohl über Schweden weiter in den Norden wanderte, habe nichts mit dem Außenbild der Deutschen zu tun. Eine Ausnahme ist allerdings der Begriff "angst". Er beschreibt das Gefühl, dass die Zukunft bedrohlich ist. In England wird dieses Lehnwort tatsächlich mit den Deutschen in Verbindung gebracht. Man spricht daher auch von "German angst". Im Amerikanischen benutzt man "angst" dagegen oft in Bezug auf einen hypersensiblen oder hysterischen Menschen, aber auch für das Seelenleben von Teenagern.
Ob und wie eine Sprechergemeinschaft ein Wort übernimmt, hängt laut Kuntzsch wesentlich davon ab, ob es für einen Gegenstand oder einen Sachverhalt in der eigenen Sprache ein passendes Wort gibt. Das fremde Wort füllt die Lücke und wird oft der eigenen Aussprache oder Schreibweise angepasst. Aus der "Wurst" wird in Finnland etwa "wursti", aus dem "Kugellager" wird "kuulalaakeri". Das Wort wird dabei meist nicht bewusst übernommen. Zunächst verwenden es meist nur einige Sprecher. „Passt das Wort und ist die Sache attraktiv, verbreitet es sich von ganz allein“, sagt Kuntzsch. Attraktiv, das war für verwöhnte Gaumen schon immer die fremde Küche. Mit den Gerichten wandern oft auch deren kulinarische Eigennamen ein. So heißen das "Schnitzel" und die "Brezel" überall gleich. In Deutschland isst man dafür "Pizza", "Curry" und "Pommes".
Die "Bratwurst" schmeckt den Chinesen offenbar erst seit kurzem. Seit etwa zwei Jahren gibt es in China "bratwurst", die auch mit "sauerkraut" serviert wird. So wenig man aus den ausgewanderten Wörtern direkt auf die deutsche Mentalität schließen sollte: Sie zeigen doch, welche Leistungen und Produkte auch im Ausland gefragt sind. Vor allem im Bereich Wissenschaft und Technik schätzt man deutsche Erkenntnisse. Das zeigt zum Beispiel die "bremsstrahlung" oder die "Heisenberg’sche unshaerfe relationship". Auch dass der Erfinder des Autos ein Deutscher war, hat sich sprachlich niedergeschlagen: In Griechenland heißt ein Kleintransporter auch "volkswagen", in Indonesien der "Auspuff" "knalpot" und im umgangssprachlichen Farsi (Persisch) gibt es ein "Schiebedach". Eine Autowerbung machte auch das "fahrvergnuegen" international.
Zumindest in den USA und in Griechenland kennt man es. Doch ist auch das Wort "kaput" in vielen Ländern daheim, was man wohl nicht als Hinweis auf die Qualität der Technik interpretieren darf. Auch die deutsche Kunst und Philosophie kennt keine Grenzen: In den Schriften ausländischer Denker liest man vom "Ding an sich". In der Kunst spricht man allgemein vom "leitmotiv", "gesamtkunstwerk" und vom "bildungsroman". International sind "Bauhaus" und "Jugendstil". Hat sich ein Lehnwort bereits vor langer Zeit niedergelassen, kann es seine Bedeutung oder gar die Wortart ändern. Spricht man heute in Japan von "arubaito", meint man den schlecht bezahlten Nebenjob. In "zeitnot" gerät man in Frankreich nur beim Schach-Spiel.
In Ungarn bezeichnet man einen Vertreter als "vigec". Denn im Kaiserreich gingen die Vertreter von Haus zu Haus und begannen ihr Verkaufsgespräch immer mit "Wie geht’s?". Der wahre Weltenbummler ist allerdings ein kleines Wort, das ältere Menschen als neumodischen Anglizismus eher meiden. Deutsche Fachkräfte dominierten in den USA früher den Buchdruck. In Setzereien schrieb man "ohne Korrektur", wenn man nichts an einer Druckfahne auszusetzen hatte oder einfach kurz "o.k.". Die Amerikaner übernahmen die Abkürzung und sprachen die Buchstaben englisch aus. Heraus kam: "okay".
Die witzigsten Auswanderer
- "schubladiser": In dem französischen Verb für "aufschieben" steckt die deutsche "Schublade".
- "Vorspiel" / "Nachspiel": Der Norweger benutzt die Wörter, wenn man hierzulande von "Vorglühen" und "Absacker" spricht.
- "Lumpenproletariat": Das Wort hält sich in sieben Sprachen, ebenso wie der "schnaps".
- Als Internationalismen, die man in sehr vielen Sprachen findet, gelten auch "Edelweiß", "Kitsch" und "Zickzack".
- "brandmauer": In Russland benutzt man das Wort, während sich hierzulande dafür ein Anglizismus eingebürgert hat: "firewall".
- "foosball": Im Englischen wird dabei nicht im Stadion gekickt. "Foosball" steht nur für den "Tischkicker".
- "la Mannschaft": Der Franzose meint damit immer die deutsche Fußball-National-Elf.
Erstellt: 2020-10